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German Pages 496 [526] Year 2023
Kasion 12 Über das Alte Testament hinaus
Festschrift für Herbert Niehr
Über das Alte Testament hinaus Exegetische, religionsgeschichtliche und archäologische Beiträge Festschrift für Herbert Niehr Herausgegeben von Dagmar Kühn, Oliver Dyma und Susanne Maier
Κάσιον
Kasion 12 Zaphon
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06.07.2023 10:08:21
Über das Alte Testament hinaus Exegetische, religionsgeschichtliche und archäologische Beiträge Festschrift für Herbert Niehr
Herausgegeben von Dagmar Kühn, Oliver Dyma und Susanne Maier
Kasion Publikationen zur ostmediterranen Antike Publications on Eastern Mediterranean Antiquity Band 12 Herausgegeben von Sebastian Fink, Ingo Kottsieper und Kai A. Metzler
Über das Alte Testament hinaus Exegetische, religionsgeschichtliche und archäologische Beiträge Festschrift für Herbert Niehr
Herausgegeben von Dagmar Kühn, Oliver Dyma und Susanne Maier
Zaphon Münster 2023
Titelbild: Kulamuwa-Orthostat, Zincirli, Vorderasiatisches Museum, S 6579; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum / Olaf M. Teßmer.
Über das Alte Testament hinaus. Exegetische, religionsgeschichtliche und archäologische Beiträge. Festschrift für Herbert Niehr Herausgegeben von Dagmar Kühn, Oliver Dyma und Susanne Maier Kasion 12
© 2023 Zaphon, Enkingweg 36, Münster (www.zaphon.de) All rights reserved. Printed in Germany. Printed on acid-free paper. ISBN 978-3-96327-218-9 (Buch) ISBN 978-3-96327-219-6 (E-Book) ISSN 2626-7179
Herbert Niehr
Vorwort
Die vorliegende Festschrift für Herbert Niehr versammelt Beiträge, die sich exegetisch oder religionsgeschichtlich mit den Texten des Alten Testaments befassen sowie Beiträge, die „über das Alte Testament hinaus“ gehen und den westsemitischen Kulturraum philologisch, ikonographisch und archäologisch in den Blick nehmen, die sogenannte „Umwelt des Alten Testaments“. Es wird damit der fachlich breiten Ausrichtung Herbert Niehrs Rechnung getragen, dessen Forschungsschwerpunkte im Bereich der Philologie, Geschichte, Literaturgeschichte und Religionsgeschichte der antiken westsemitischen Kulturen verortet sind. Herbert Niehr, der am 13.8.1955 am Niederrhein geboren wurde, nahm im Anschluss an sein Abitur (1975) das Studium der katholischen Theologie und der altorientalischen Sprachen an den Universitäten Bonn und Würzburg (1975– 1981) auf. Nach der Promotion (1986) und Habilitation für das Fach „Altes Testament und Biblisch-Orientalische Sprachen“ an der Universität Würzburg (1989) erhielt er 1992 den Ruf an die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen für die Professur am Lehrstuhl für Biblische Einleitung und Zeitgeschichte. Dort lehrte und forschte er bis zu seiner Emeritierung im September 2021. Zudem war er seit 2006 Professor Extraordinary in Ancient Studies an der Universität Stellenbosch (Südafrika). Gastprofessuren nahm Herbert Niehr an der École Pratique des Hautes Études (Paris) im März 2012 und am Collège de France (Paris) im Mai 2019 an. Um die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verwandten Fächergruppen zu stärken, wurde Herbert Niehr 2007 als Mitglied am Tübinger Institut für die Kulturen des Alten Orients (IANES) kooptiert. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit fand bereits ihren Ausdruck in seiner Mitgliedschaft (2002–2004) im Graduiertenkolleg „Anatolien und seine Nachbarn“ (1998–2004) und vor allem dann im Promotionsverbund „Symbole der Toten“, den Herbert Niehr von 2008 bis 2011 zusammen mit Peter Pfälzner und Ernst Pernicka leitete. Seit 2001 ist Herbert Niehr außerdem Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas e. V. und seit 2004 Mitherausgeber der Schriftenreihe „Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins“ (ADPV ). Von Anfang an bot Herbert Niehr zusätzlich zu den Vorlesungen „Einleitung in das Alte Testament bzw. Neue Testament“ und „Geschichte Israels“ weitere Vorlesungen und Hauptseminare an, die die westsemitischen Kulturen in den Fokus rückten (Ugarit, Aramäer, Phönizier, Ammon, Moab, Edom, Araber/Naba– täer). Auf breite Resonanz bei den Studierenden trafen seine gut vorbereiteten Exkursionen in die Levante (Ägypten, Israel, Jordanien, Syrien, Libanon, Zypern, Kreta, Türkei) und in die Museen (Paris, Berlin, Rom, Leiden, Bonn, Karlsruhe). In seiner fast 30jährigen Lehr- und Forschungstätigkeit in Tübingen hat Herbert Niehr den Lehrstuhl für die Biblische Einleitung und Zeitgeschichte ganz entscheidend geprägt. Es war ihm immer ein Anliegen, den Studierenden eine
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Vorwort
breite und profunde Kenntnis über die kulturelle und historische Einbettung der Texte des Alten Testaments zu vermitteln, auf deren Basis eine fundierte Exegese ansetzen kann. Mit der Emeritierung Herbert Niehrs wurde auch der Lehrstuhl aufgelöst, dem mit dieser Festschrift selbst ein Denkmal gesetzt wird. Auch als Emeritus ist Herbert Niehr weiterhin aktiv in Lehre und Forschung sowie auf Tagungen und Kongressen. Sein aktuelles Publikationsprojekt ist das auf sieben Bände konzipierte „Encyclopaedic Dictionary of Phoenician Culture“, das er seit 2015 zusammen mit Paolo Xella (Rom) und Juan Ángel Zamora (Madrid) herausgibt und dessen erste beiden Bände (I „Historical Characters“; II/1 „Deities and Mythical Characters“) bereits erschienen sind. Der dritte Band (II/3 „Cult and Ritual“) ist derzeit in Arbeit. Wir wünschen Herbert Niehr noch viele Jahre erfolgreiches und frohes Schaffen in Lehre und Forschung! Wir danken herzlich allen Autorinnen und Autoren für ihre Beiträge und Kai Metzler für die verlegerische Betreuung sowie zusammen mit Sebastian Fink und Ingo Kottsieper für die Aufnahme der Festschrift in die Reihe Kasion.
Münster – Tübingen im Juni 2023 Dagmar Kühn, Oliver Dyma, Susanne Maier
Inhaltsverzeichnis
Schriftenverzeichnis Herbert Niehr ................................................................... XI Maria Giulia Amadasi Guzzo A silver bowl with a Phoenician inscription .........................................................1 Walter Ameling Zur Begründung einer christlichen Erinnerungslandschaft in Palaestina. Gelehrte, Mönche, Priester ...................................................................................9 Angelika Berlejung Amulett oder Weihgabe? Zur Verbindung von Form und Inschrift bei einigen „Amulett-förmigen“ Texten des 1. Jahrtausends v. Chr. ..................33 Klaus Bieberstein Zwischen Skylla und Charybdis. Jerusalem in der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit ...........................................................................................63 Erhard Blum – Walter Groß Beobachtungen zu Syntax und Pragmatik des Beschwerdeschreibens von Meṣad Ḥašavyahu ......................................................................................101 Dominik Bonatz Gerçin Höyük in Südost-Anatolien. Ein archäologisches Dornröschen ...........119 Corinne Bonnet « Pour toujours Betochichi ! » Le dieu (de) Baitokaikè et ses multiples appellations .......................................................................................................135 Janca Brenner Prestige und Habitus in Kuntillet ʿAǧrud und Samaria. Zur Ikonographie der Elfenbeine, Pithos-Zeichnungen und Wandmalereien ................................151 Izak Cornelius Le Carnaval des Animaux. The Material Imagery of Animals on the Small Orthostats at Tell Halaf .....................................................................................181 Oliver Dyma Der gesalbte Hohepriester .................................................................................203 Virginia R. Herrmann The Winged Disk and Lotus. Levantine Regenerative Motifs on the Banquet Steles of Samʾal ............................................................................221
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Inhaltsverzeichnis
Ulrich Hübner Eine frühbronzezeitliche Leopardenfalle auf Umm Saisabān/Petra-Region, Jordanien. Bemerkungen zur kulturhistorischen Bedeutung von Leoparden in Palästina (und Syrien) ...................................................................................261 Bernd Janowski „Mein Leben hat die Unterwelt berührt“ (Ps 88,4). Eine Skizze zu den Unterweltsvorstellungen des Alten Testaments ................................................295 Dagmar Kühn – Robert Wenning Aspekte westsemitischer Königsideologie bei den Nabatäern..........................321 Martin Leuenberger Friedvolle Völkereinbürgerung in Zion. Die nachexilische Zionstheologie von Ps 87...........................................................................................................347 Achim Lichtenberger Apollon in Tyros ...............................................................................................361 Susanne Maier Edelmetalle und Edelsteine in der Südlevante von der Späten Bronze- bis zur Frühen Eisenzeit .........................................................................................375 Valentina Melchiorri – Paolo Xella Cremated animal remains in Phoenician Tophet-sanctuaries. Some ritual and ideological implications ..........................................................399 Christophe Nihan „Die Töchter deines Volkes, die aus ihrem eigenen Herzen heraus prophezeien …“. Therapeutik und Hexerei in Ez 13,17–23 .............................413 Mirko Novák A Short Reflection on Funeral Customs in Gōzāna (Tall Ḥalaf) ......................429 Thomas Römer Das Verschwinden der Bundeslade und das Aufkommen des Bilderverbots ..............................................................................................445 Hélène Sader A New Phoenician Cult: The Tell el-Burak Evidence ......................................461 Anne-Maria Wittke König Ḫartapus und das Land Mušku ..............................................................471 Abkürzungen.....................................................................................................491
Schriftenverzeichnis Herbert Niehr I. Monographien 1) 2) 3)
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Herrschen und Richten. Die Wurzel špṭ im Alten Orient und im Alten Testament (Forschung zur Bibel 54), Würzburg 1986. Rechtsprechung in Israel. Studien zur Geschichte der Gerichtsorganisation im Alten Testament (Stuttgarter Bibelstudien 130), Stuttgart 1987. Der höchste Gott. Alttestamentlicher JHWH-Glaube im Kontext syrischkanaanäischer Religion des 1. Jahrtausends v. Chr. (Beihefte der Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft 190), Berlin – New York 1990. Religionen in Israels Umwelt. Einführung in die nordwestsemitischen Religionen Syrien – Palästinas (Die Neue Echter-Bibel Ergänzungsband 5 zum Alten Testament), Würzburg 1998. a. Il contesto religioso dell’Israele antico (Introduzione allo studio della Bibbia. Supplementi 7), Brescia 2002. Baʿalšamem. Studien zu Herkunft, Geschichte und Rezeptionsgeschichte eines phönizischen Gottes. Studia Phoenicia XVII (Orientalia Lovaniensia Analecta 123), Leuven 2003. (mit I. Cornelius) Götter und Kulte in Ugarit. Kultur und Religion einer nordsyrischen Königsstadt in der Spätbronzezeit (Zaberns Bildbände zur Alten Welt), Mainz am Rhein 2004. Aramäischer Aḥiqar (Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Neue Folge II/2), Gütersloh 2007. (mit C. Bonnet) Religionen in der Umwelt des Alten Testaments II. Phönizier, Punier, Aramäer (Kohlhammer Studienbücher Theologie 4,2), Stuttgart 2010. a. La religion des Phéniciens et des Araméens (Le Monde de la Bible 66), Genf 2014.
II. (Mit-)Herausgeber 1) 2) 3)
Der Umgang mit dem Tod in Israel und Juda (Theologische Quartalschrift 177,2), München 1997. Religionen im antiken Syrien (Welt und Umwelt der Bibel 10), Stuttgart 2005. (mit P. Pfälzner – E. Pernicka – A. Wissing) (Re-)Constructing Funerary Rituals in the Ancient Near East. Proceedings of the First International
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Herbert Niehr
Symposium of the Tübingen Post-Graduate School “Symbols of the Dead” in May 2009 (Qaṭna Studien Supplementa 1), Wiesbaden 2012. The Aramaeans in Ancient Syria (Handbuch der Orientalistik I/106), Leiden – Boston 2014. (mit P. Pfälzner – E. Pernicka – S. Lange – T. Köster) Contextualising Grave Inventories in the Ancient Near East. Proceedings of a Workshop at the London 7th ICAANE in April 2010 and an International Symposium in Tübingen in November 2010, Both Organized by the Tübingen PostGraduate School “Symbols of the Dead” (Qaṭna Studien Supplementa 3), Wiesbaden 2014. Teilgebiet 2.7 Östlicher Mittelmeerraum: Syrien, Palästina, Nordarabien und Zypern in: A.-M. Wittke (Hg.), Frühgeschichte der Mittelmeerkulturen. Historisch-archäologisches Handbuch (Der Neue Pauly. Supplemente 10), Stuttgart – Weimar 2015, 651–742. englisch: Eastern Mediterranean world: Syria, Palaestina, northern Arabia and Cyprus, in: A.-M. Wittke (Hg.), The Early Mediterranean World 1200–600 BC (Brill’s New Pauly Supplements 9), Leiden – Boston 2018, 309–351. (mit U. Hübner) Sprachen in Palästina im 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins 43), Wiesbaden 2017. (mit P. Xella) Encyclopaedic Dictionary of Phoenician Culture II.1. Deities and Mythical Characters, Leuven – Paris – Bristol, CT 2021. (mit Th. Römer) Nouvelles Recherches autour de la Stèle de Mésha. Neue Forschungen zur Mescha-Stele. Kolloquium des Collège de France, des Musée du Louvre und des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas anlässlich der 150. Wiederkehr der Entdeckung der Mescha-Stele, 2. und 3. Oktober 2018, Collège de France, Paris (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins 51), Wiesbaden 2021.
III. Aufsätze und Beiträge zu Sammelwerken 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)
Zur Intention von Jes 6,1–9, in: Biblische Notizen 21 (1983) 59–65. Bedeutung und Funktion kanaanäischer Traditionselemente in der Sozialkritik Jesajas, in: Biblische Zeitschrift. Neue Folge 28 (1984) 69–81. Zur Etymologie und Bedeutung von ʾšr I, in: Ugarit-Forschungen 17 (1985) 231–235. Zur Gattung von Jes 5,1–7, in: Biblische Zeitschrift. Neue Folge 30 (1986) 99–104. Götter oder Menschen – eine falsche Alternative. Bemerkungen zu Ps 82, in: Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft 99 (1987) 94–98. Grundzüge der Forschung zur Gerichtsorganisation Israels, in: Biblische Zeitschrift. Neue Folge 31 (1987) 206–227. JHWH als Arzt. Herkunft und Bedeutung einer alttestamentlichen Gottesprädikation, in: Biblische Zeitschrift. Neue Folge 35 (1991) 3–17.
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Ein unerkannter Text zur Nekromantie in Israel. Bemerkungen zum religionsgeschichtlichen Hintergrund von 2Sam 12,16a, in: Ugarit-Forschungen 23 (1991) 301–306. Ein umstrittenes Detail der El-Stele aus Ugarit, in: Ugarit-Forschungen 24 (1992) 293–300. Zum Totenkult der Könige von Samʾal im 9. und 8. Jh. v. Chr., in: Studi Epigrafici e Linguistici 11 (1994) 57–73. Zur Frage der Filiation des Gottes Baʿal in Ugarit, in: Journal of Northwest Semitic Languages 20 (1994) 165–177. JHWH in der Rolle des Baʿalšamem, in: W. Dietrich – M.A. Klopfenstein (Hg.), Ein Gott allein? JHWH-Verehrung und biblischer Monotheismus im Kontext der israelitischen und altorientalischen Religionsgeschichte. 13. Kolloquium der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften 1993 (Orbis Biblicus et Orientalis 139), Freiburg – Göttingen 1994, 307–326. Überlegungen zum El-Tempel in Ugarit, in: Ugarit-Forschungen 26 (1994) 419–426. Exegese – wozu?, in: Theologische Quartalschrift 174 (1994) 316f. Die Reform des Joschija, in: W. Groß (Hg.), Jeremia und die „deuteronomistische Bewegung“ (Bonner Biblische Beiträge 98), Weinheim 1995, 33–55. The Rise of YHWH in Judahite and Israelite Religion. Methodological and Religio-Historical Aspects, in: D. Edelman (Hg.), The Triumph of Elohim: From Yahwisms to Judaisms (Contributions to Biblical Exegesis and Theology 13), Kampen 1995, 45–72. Das Buch Josua, in: E. Zenger (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, Stuttgart 21995, 131–137. Das Buch der Richter, in: ebd. 137–143. Die Samuelbücher, in: ebd. 151–157. Die Königsbücher, in: ebd. 157–165. Das Buch Daniel, in: ebd. 92015, 618–629. Himmel, Hölle, Fegefeuer. Die biblischen Grundlagen, in: A. Biesinger – M. Kessler (Hg.), Himmel – Hölle – Fegefeuer (Kontakte 3), Tübingen – Basel 1996, 55–74. Von Göttern, Gräbern und Gelehrten, in: J.-P. Wils (Hg.), Warum denn Theologie? Tübingen 1996, 89–107. Baʿalšamin-Studien I. Baʿalšamin und Duraḥlun in Palmyra, in: Studi Epigrafici e Linguistici 13 (1996) 59–66. Baʿalšamin-Studien II. Baʿalšamin im Kult von Hatra, in: Studi Epigrafici e Linguistici 13 (1996) 67–73. Zur Semantik von nordwestsemitisch ʿlm als „Unterwelt“ und „Grab“, in: H. Kühne – B. Pongratz-Leisten – P. Xella (Hg.), Ana šadî Labnāni lū allik.
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Beiträge zu altorientalischen und mittelmeerischen Kulturen. Festschrift für Wolfgang Röllig (Alter Orient und Altes Testament 247), Kevelaer – Neukirchen-Vluyn 1997, 295–305. Some Aspects of Working with the Textual Sources, in: L.L. Grabbe (Hg.), Can a ʻHistory of Israelʼ be Written? European Seminar in Historical Methodology 1 (Journal for the Study of the Old Testament. Supplement Series 245), Sheffield 1997, 156–165. In Search of YHWH’s Cult Statue in the First Temple, in: K. van der Toorn (Hg.), The Image and the Book. Iconic Cults, Aniconism, and the Rise of Book Religion in Israel and the Ancient Near East (Contributions to Biblical Exegesis and Theology 21), Leuven 1997, 73–95. The Constitutive Principles for Establishing Justice and Order in Northwest Semitic Societies with Special Reference to Ancient Israel and Judah, in: Zeitschrift für Altorientalische und Biblische Rechtsgeschichte 3 (1997) 112–130; jetzt in: E. Pfoh (Hg.), Patronage in Ancient Palestine and in the Hebrew Bible. A Reader (The Social World of Biblical Antiquity, Second Series, 12), Sheffield 2022, 150–171. Aspekte des Totengedenkens im Juda der Königszeit. Eine Problemskizze, in: Theologische Quartalschrift 178 (1998) 1–13. Herkunft, Geschichte und Wirkungsgeschichte eines Unterweltsgottes in Ugarit, Phönizien und Israel, in: Ugarit-Forschungen 30 (1998) 569–585. Auf dem Weg zu einer Religionsgeschichte Israels und Judas. Annäherungen an einen Problemkreis, in: B. Janowski – M. Köckert (Hg.), Religionsgeschichte Israels – Formale und materielle Aspekte (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 15), Gütersloh 1999, 57–78. Religio-historical Aspects of the ʻEarly Post-Exilicʼ Period, in: B. Becking – M.C.A. Korpel (Hg.), The Crisis of Israelite Religion. Transformation of Religious Tradition in Exilic and Post-Exilic Times (Oudtestamentische Studiën 42), Leiden – Boston – Köln 1999, 228–244. Die Rechtsprechung im Tor, in: Bibel und Kirche 54 (1999) 128–130. Zu den Beziehungen zwischen Ritualen und Mythen in Ugarit, in: Journal of Northwest Semitic Languages 25 (1999) 109–136. Eine Frage der Perspektive, in: Theologische Quartalschrift 180 (2000) 72f. Zur Herkunft und Vorgeschichte des Gottes Baʿalšamem, in: M.E. Aubet – M. Barthélemy (Hg.), Actas del IV Congreso Internacional de Estudios y Púnicos. Cádiz, 2 al 6 de Octubre de 1995, II, Cádiz 2000, 627–633. Die Wohnsitze des Gottes El nach den Mythen aus Ugarit. Ein Beitrag zu ihrer Lokalisierung, in: B. Janowski – B. Ego (Hg.), Das biblische Weltbild und seine altorientalischen Kontexte (Forschungen zum Alten Testament 32), Tübingen 2001, 325–360. Ein weiterer Aspekt zum Totenkult der Könige von Samʾal im 9. und 8. Jh. v. Chr., in: Studi Epigrafici e Linguistici 18 (2001) 83–97.
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Die Weisheit des Achikar und der musar lammebin im Vergleich, in: C. Hempel – A. Lange – H. Lichtenberger (Hg.), Wisdom Texts from Qumran and the Development of Sapiential Thought (Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium 159), Leuven 2002, 173–186. Religionsgeschichtliche Beziehungen zwischen Syrien und Anatolien im 1. Jahrtausend v. Chr., in: H. Blum – B. Faist – P. Pfälzner – A.-M. Wittke (Hg.), Brückenland Anatolien? Ursachen, Extensität und Modi des Kulturaustausches zwischen Anatolien und seinen Nachbarn, Tübingen 2002, 339–362. The Changed Status of the Dead in Yehud, in: R. Albertz – B. Becking (Hg.), Yahwism after the Exile. Perspectives on Israelite Religion in the Persian Era. Papers read at the First Meeting of the European Association for Biblical Studies, Utrecht, 6–9 August, 2000 (Studies in Theology and Religion 5), Assen 2003, 136–155. ungarisch: A halott megítélésének változása a fogság utáni Júdában: Studia Biblica Athanasiana 4 (2001) 21– 38. Zur Entstehung von Dämonen in der Religionsgeschichte Israels. Überlegungen zum Weg des Rešep durch die nordwestsemitische Religionsgeschichte, in: A. Lange – H. Lichtenberger – K.F.D. Römheld (Hg.), Die Dämonen. Demons. Die Dämonologie der israelitisch-jüdischen und frühchristlichen Literatur im Kontext ihrer Umwelt. The Demonology of Israelite-Jewish and Early Christian Literature in Context of Their Environment, Tübingen 2003, 84–107. Götterbilder und Bilderverbot, in: M. Oeming – K. Schmid (Hg.), Der eine Gott und die Götter. Polytheismus und Monotheismus im antiken Israel (Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen Testaments 82), Zürich 2003, 227–247. Zur Interferenz der phönizischen Religion mit den Religionen ihrer Umwelt am Beispiel von Zypern, in: E. Schwertheim – E. Winter (Hg.), Religion und Region. Götter und Kulte aus dem östlichen Mittelmeerraum (Asia Minor Studien 45), Bonn 2003, 9–30. Geschichte Ugarits in der Spätbronzezeit, in: I. Cornelius – H. Niehr, Götter und Kulte in Ugarit. Kultur und Religion einer nordsyrischen Königsstadt in der Spätbronzezeit (Zaberns Bildbände zur Alten Welt), Mainz am Rhein 2004, 18–23. Sprachen, Schriften und Literatur, in: ebd: 37–42. (mit I. Cornelius) Die Götterwelt, in: ebd. 43–57. Tempel, Kulte, Rituale, in: ebd. 58–74. Mantik, Magie und Medizin, in: ebd. 75–78. Der Bereich des Todes, in: ebd. 79–86. Götter und Kulte in Samʾal, in: M. Hutter – S. Hutter-Braunsar (Hg.), Offizielle Religion, lokale Kulte und individuelle Religiosität. Akten des religionsgeschichtlichen Symposiums „Kleinasien und angrenzende Gebiete vom Beginn des 2. bis zur Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr.“ (Bonn, 20–22.
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Februar 2003) (Alter Orient und Altes Testament 318), Münster 2004, 301–318. Zum Geschichtsbild der Deuteronomisten in den Königsbüchern des Alten Testaments, in: U. Baumann (Hg.), Gott im Haus der Wissenschaften. Ein interdisziplinäres Gespräch, Frankfurt 2004, 67–77 (Eberswalde 22021, 65–75). Die Phönizier, der Libanon und das kulturelle Gedächtnis, in: Theologische Quartalschrift 184 (2004) 214f. Auswirkungen der späthethitischen Kultur auf die Religion der Aramäer in Südanatolien und Nordsyrien, in: M. Novák – F. Prayon – A.-M. Wittke (Hg.), Die Außenwirkung des späthethitischen Kulturraumes. Güteraustausch – Kulturkontakt – Kulturtransfer. Akten der zweiten Forschungstagung des Graduiertenkollegs „Anatolien und seine Nachbarn“ der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (20. bis 22. November 2003) (Alter Orient und Altes Testament 323), Münster 2004, 405–424. Editorial, in: Welt und Umwelt der Bibel 10 (2005) 1. „Der barmherzige Gott, zu dem es gut ist, zu beten.“ Religionen in den Königreichen Syriens, in: Welt und Umwelt der Bibel 10 (2005) 12–17. Kontextualität von Religion als Thema von Alttestamentlicher Wissenschaft und Praktischer Theologie, in: D. Nauer – R. Bucher – F. Weber (Hg.), Praktische Theologie. Bestandsaufnahmen und Zukunftsperspektiven. Ottmar Fuchs zum 60. Geburtstag (Praktische Theologie heute 74), Stuttgart 2005, 414–417. (mit D. Schwemer), Texte aus Ugarit, in: B. Janowski – G. Wilhelm (Hg.), Staatsverträge, Herrscherinschriften und andere Dokumente zur politischen Geschichte (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge 2), Gütersloh 2005, 161f. Texte in ugaritischer Sprache, in: ebd. 178–181. Ein Beitrag zur Konzeption des Königtums in Ugarit, in: R. Rollinger – B. Truschnegg (Hg.), Altertum und Mittelmeerraum: Die antike Welt diesseits und jenseits der Levante. Festschrift für Peter W. Haider zum 60. Geburtstag (Orient und Occident 12), Stuttgart 2006, 161–182. Die phönizischen Stadtpanthea des Libanon und ihre Beziehung zum Königtum in vorhellenistischer Zeit, in: R.G. Kratz – H. Spieckermann (Hg.), Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder. Polytheismus und Monotheismus in der Welt der Antike I. Ägypten, Mesopotamien, Persien, Kleinasien, Syrien, Palästina (Forschungen zum Alten Testament II/17), Tübingen 2006 (22009), 303–324. Ein König wird zum Gott. Bestattung und Nachleben der Herrscher von Ugarit (Syrien), in: Antike Welt 37 (2006), 47–52. Bestattung und Ahnenkult in den Königshäusern von Samʾal (Zincirli) und Guzāna (Tell Ḥalāf) in Nordsyrien, in: Zeitschrift des Deutschen PalästinaVereins 122 (2006) 111–139.
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(mit D. Schwemer), Diplomatische Korrespondenzen der Spätbronzezeit. Briefe aus den Archiven von Ugarit, in: B. Janowski – G. Wilhelm (Hg.), Briefe (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge 3), Gütersloh 2006, 248. Briefe in ugaritischer Sprache, in: ebd. 264–272. (mit D. Schwemer), Briefe aus Syrien: Korrespondenzen innerhalb des Königreiches von Ugarit und seiner Verwaltung, in: ebd. 273. Briefe in ugaritischer Sprache, in: ebd. 279–288. The Royal Funeral in Ancient Syria. A Comparative View on the Tombs in the Palaces of Qatna, Kumidi and Ugarit, in: Journal of Northwest Semitic Languages 32 (2006) 1–24. Der Sarkophag des Königs Aḥirom von Byblos, in: N. Kreutz – B. Schweizer (Hg.), TEKMERIA. Archäologische Zeugnisse in ihrer kulturhistorischen und politischen Dimension. Beiträge für Werner Gauer, Münster 2006, 231–243. Einblicke in die Konfliktgeschichte des Bildes im antiken Syrien-Palästina, in: R. Hoeps (Hg.), Handbuch der Bildtheologie I. Bild-Konflikte, Paderborn 2007, 25–52. The Topography of Death in the Royal Palace of Ugarit. Preliminary Thoughts on the Basis of Archaeological and Textual Data, in: J.-M. Michaud (Hg.), Le Royaume d’Ougarit de la Crète à l’Euphrate. Nouveaux Axes de Recherche (Proche-Orient et Littérature Ougaritique 2), Sherbrooke/Québec 2007, 219–242. Abgaben an den Tempel im Yehud der Achaimenidenzeit, in: H. Klinkott – S. Kubisch – R. Müller-Wollermann (Hg.), Geschenke und Steuern, Zölle und Tribute. Antike Abgabenformen in Anspruch und Wirklichkeit (Culture and History of the Ancient Near East 29), Leiden – Boston 2007, 141–157. Texte aus Ugarit, in: B. Janowski – G. Wilhelm (Hg.), Omina, Orakel, Rituale und Beschwörungen (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge 4), Gütersloh 2008, 243–257. Phoenician Cults in Palestine after 586 B.C.E., in: I. Cornelius – L. Jonker (Hg.), “From Ebla to Stellenbosch”. Syro-Palestinian Religions and the Hebrew Bible (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins 37), Wiesbaden 2008, 13–24. Literarische Landschaften, in: Theologische Quartalschrift 188 (2008) 307f. Die Königsbestattung im Palast von Ugarit. Ein Rekonstruktionsversuch der Übergangsriten aufgrund schriftlicher und archäologischer Daten, in: A. Berlejung – B. Janowski (Hg.), Tod und Jenseits im alten Israel und in seiner Umwelt. Theologische, religionsgeschichtliche, archäologische und ikonographische Aspekte (Forschungen zum Alten Testament 64), Tübingen 2009, 323–346.
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Die Gestalt des Aḥiqar im Tobit-Buch, in: H. Lichtenberger – U. Mittmann-Richert (Hg.), Biblical Figures in Deuterocanonical and Cognate Literature (Deuterocanonical and Cognate Literature Yearbook 2008), Berlin – New York 2009, 57–76. Vielfalt der Götter – Syriens Religionen, in: Landesmuseum Württemberg (Hg.), Schätze des Alten Syrien. Die Entdeckung des Königreichs Qatna, Stuttgart 2009, 74–79. Beiträge zur Heilung von Mensch und Tier in Ugarit, in: B. Janowski – D. Schwemer (Hg.), Texte zur Heilkunde (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge 5), Gütersloh 2010, 189–194. ʻIsraeliteʼ Religion and ʻCanaaniteʼ Religion, in: F. Stavrakopoulou – J. Barton (Hg.), Religious Diversity in Ancient Israel and Judah, London – New York 2010, 23–36. Die Grabstelen zweier Priester des Mondgottes aus Neirab (Syrien) im Licht alter und neuer Funde, in: S. Ernst – M. Häusl (Hg.), Kulte, Priester, Rituale. Beiträge zu Kult und Kultkritik im Alten Testament und Alten Orient. Festschrift für Theodor Seidl zum 65. Geburtstag (Arbeiten zu Text und Sprache im Alten Testament 89), St. Ottilien 2010, 41–59. Religion in den Königreichen der Aramäer Syriens, in: C. Bonnet – H. Niehr, Religionen in der Umwelt des Alten Testaments II. Phönizier, Punier, Aramäer (Studienbücher Theologie 4,2), Stuttgart 2010, 187–324. französisch: La religion dans les royaumes des Araméens de Syrie, in: C. Bonnet – H. Niehr, La religion des Phéniciens et des Araméens (Le Monde de la Bible 66), Genf 2014, 211–374. König Hazael von Damaskus im Licht neuer Funde und Interpretationen, in: E. Gass – H.-J. Stipp (Hg.), „Ich werde meinen Bund mit euch niemals brechen!“ (Ri 2,1). Festschrift für Walter Groß zum 70. Geburtstag (Herders Biblische Studien 62), Freiburg 2011, 339–356. Weih- und Votivinschriften aus Ugarit, in: B. Janowski – D. Schwemer (Hg.), Grab-, Sarg-, Bau- und Votivinschriften (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge 6), Gütersloh 2011, 83–88. Herrscherrepräsentation und Kult im Bildprogramm des Aḥirom-Sarkophags, in: G. Wilhelm (Hg.), Organization, Representation, and Symbols of Power in the Ancient Near East. Proceedings of the 54th Rencontre Assyriologique Internationale at Würzburg 20–25 July 2008, Winona Lake 2012, 559–578. Bestattung und Nachleben der Könige von Ugarit im Spiegel von Archäologie und Literatur, in: A. Lang – P. Marinković (Hg.), Bios – Cultus – (Im)mortalitas. Zu Religion und Kultur – Von den biologischen Grundlagen bis zu Jenseitsvorstellungen. Beiträge der interdisziplinären Kolloquien vom 10.–11. März 2006 und 24.–25. Juli 2009 in der LudwigMaximilians-Universität München (Internationale Archäologie 16), Rahden 2012, 145–156.
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103) Körper des Königs und Körper der Götter in Ugarit, in: A. Wagner (Hg.), Göttliche Körper – Göttliche Gefühle. Was leisten anthropomorphe und anthropopathische Götterkonzepte im Alten Orient und im Alten Testament? (Orbis Biblicus et Orientalis 270), Freiburg – Göttingen 2014, 141– 167. 104) Mythen und Epen aus Ugarit, in: B. Janowski – D. Schwemer (Hg.), Weisheitstexte, Mythen und Epen (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge 8), Gütersloh 2015, 177–301. 105) The King’s Two Bodies: Political Dimensions of the Royal Cult of the Dead at Ugarit, Byblos and Qatna, in: P. Pfälzner – M. al-Maqdissi (Hg.), Qaṭna and the Networks of Bronze Age Globalism. Proceedings of an International Conference in Stuttgart and Tübingen in October 2009 (Qaṭna Studien Supplementa 2), Wiesbaden 2015, 157–177. 106) Phönizier auf Kreta und im Ägäisraum, in: A.-M. Wittke (Hg.), Frühgeschichte der Mittelmeerkulturen. Historisch-archäologisches Handbuch (Der Neue Pauly. Supplemente 10), Stuttgart – Weimar 2015, 539f. englisch: Phoenicians on Crete and in the Aegean, in: A.-M. Wittke (Hg.), The Early Mediterranean World 1200–600 BC (Brill’s New Pauly Supplements 9), Leiden – Boston 2018, 255. 107) Phönizier in Kleinasien, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 644–648. englisch: Phoenicians in Asia Minor, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 306f. 108) Überblick: Syrien und Palästina, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 651– 656. englisch: Overview: Syria and Palaestina, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 309–311. 109) Aramäer und aramäische Königreiche, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 656–667. englisch: Aramaeans and Aramaic kingdoms, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 311–317. 110) Kanaan, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 693–696. englisch: Canaan, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 329f. 111) Israel, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 697–702. englisch: Israel, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 331–333. 112) Juda, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 702–707. englisch: Judah, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 333–335. 113) Zypern. Religion, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 735f. englisch: Cyprus. Religion, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 349. 114) Religion: Östlicher Mittelmeerraum, in: Wittke (Hg.), Frühgeschichte, 903–914. englisch: Religion: Eastern Mediterranean, in: Wittke (Hg.), Mediterranean World, 427–432. 115) The Abolition of the Cult of the Dead Kings in Jerusalem (Ezek. 43.6–9), in: M.C.A. Korpel – L.L. Grabbe (Hg.), Open-Mindedness in the Bible and Beyond. A Volume of Studies in Honour of Bob Becking (Library of Hebrew Bible/Old Testament Studies 616), London – New Delhi – New York – Sydney 2015, 223–235.
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116) Kuntillet ʿAjrud and the Networks of Phoenician Trade, in: B.B. Schmidt (Hg.), Kuntillet ʿAdjrud: Iron Age Inscriptions and Iconography. Papers from the 2013 Meetings of the European Association of Biblical Studies (Leipzig) and the International Organization for the Study of the Old Testament (Munich), in: Maarav 20.1 (2013; publ. 2015), 27–38. 117) Religionsgeschichtliche Aspekte der Bleifigürchen aus Baalbek, in: K. Hitzl – P. Kurzmann – H. Niehr – L. Petersen, Ein Bleifigürchen des Jupiter Heliopolitanus, in: Zeitschrift für Orient-Archäologie 8 (2015) 188–235, hier 192–199. 118) Ahnen und Ahnenkult in den Königsepen aus Ugarit, in: L. Hiepel – M.Th. Wacker (Hg.), Zwischen Zion und Zaphon. Studien im Gedenken an den Theologen Oswald Loretz (14.01.1928–12.04.2014) (Alter Orient und Altes Testament 438), Münster 2016, 379–400. 119) The Power of Language. Language situation and language policy in Samʾal, in: O. Sergi – M. Oeming – I.J. de Hulster (Hg.), In Search for Aram and Israel. Politics, Culture, and Identity (Orientalische Religionen in der Antike 20), Tübingen 2016, 305–332. 120) Die rapiʾūma/rephāʾîm als konstitutives Element der westsemitischen Königsideologie. Herkunft – Rezeptionsgeschichte – Ende, in: L.C. Jonker – G.R. Kotzé – Chr.M. Maier (Hg.), Congress Volume Stellenbosch 2016 (Vetus Testamentum Supplements 177), Leiden – Boston 2017, 143–178. 121) Syrien, in: H. Heinen (Hg.), Handwörterbuch der antiken Sklaverei 3 (Forschungen zur antiken Sklaverei Beiheft 5), Stuttgart 2017, 2991–2994. 122) Questions of text and image in ancient Samʾal (Zincirli), in: P. Attinger – A. Cavigneaux – C. Mittermayer – M. Novák (Hg.), Text and Image. Proceedings of the 61e Rencontre Assyriologique Internationale, Geneva and Bern, 22–26 June 2015 (Orbis Biblicus et Orientalis. Series Archaeologica 40), Leuven – Paris – Bristol, CT 2018, 309–319. 123) Kingship in Samʾal. Continuity and Change from Gabbar to Bar-Rakkab (Tenth – Eighth Centuries BCE), in: A. Gianto – P. Dubovský (Hg.), Changing Faces of Kingship in Syria–Palestine 1500–500 BCE (Alter Orient und Altes Testament 459), Münster 2018, 51–79. 124) Gemeinsame Tagung des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas mit dem Collège de France und dem Musée du Louvre (2.–3. Oktober 2018) in Paris, in: Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 134 (2018) 224f. 125) Weisheit in den Königsepen aus Ugarit, in: T.M. Oshima (Hg.), Teaching Morality in Antiquity. Wisdom Texts, Oral Traditions, and Images (Orientalische Religionen in der Antike 29), Tübingen 2018, 70–91. 126) Le roi divinisé et son image dans le culte à Ougarit, in: Th. Römer – H. Gonzalez – L. Marti (Hg.), Représenter dieux et hommes dans le ProcheOrient ancien et dans la Bible. Actes du colloque organisé par le Collège de France, Paris, les 5 et 6 mai 2015 (Orbis Biblicus et Orientalis 287), Leuven – Paris – Bristol, CT 2019, 88–111.
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127) Il Dio unico d’Israele: le aporie del suo esclusivismo, in: M. Zappella (Hg.), Popolo di un “Dio geloso” (Es 34,14): coerenze e ambivalenze della religione dell’antico Israele. Atti del XX Convegno di Studi Veterotestamentari (Venezia, 11–13 settembre 2017) (Ricerche Storico Bibliche XXXI), Bologna 2019, 9–26. 128) The sarcophagus of king Eshmunazor II of Sidon, in: A. Russo – F. Guarneri – P. Xella – J.A. Zamora López (Hg.), Carthago. The Immortal Myth, Rom 2019, 48f. 129) Anton Ritter von Scholz und Johannes Ferdinand Hehn als Wegbereiter der Altorientalistik in Würzburg, in: N.P. Heeßel – D. Schwemer (Hg.) 100 Jahre Altorientalistik in Würzburg. 1916–2016, Wiesbaden 2019, 1–44. 130) Wozu brauchen Religionen Engel? Überlegungen zur Entstehung von Engelsvorstellungen in den antiken semitischen Religionen, in: Diözesanmuseum Rottenburg (Hg.), Engelwelten. Horizonte des Engelglaubens in Geschichte, Kunst, Religion (Participare! Schriften des Diözesanmuseums Rottenburg 7), Ostfildern 2019, 11–25. 131) The Relations between the Kingdoms of Hamath and Israel (10th to 8th Centuries BCE), in: A. Berlejung – A.M. Maeir (Hg.), Research on Aram and Israel. Autonomy, Independence and Related Issues. Proceedings of the First Annual RIAB Center Conference, Leipzig, June 2016. Research on Israel and Aram in Biblical Times I (Orientalische Religionen in der Antike 34), Tübingen 2019, 373–394. 132) Ritual und Magie im Kirta-Epos, in: Ugarit-Forschungen 50 (2019), 273– 293. 133) Royal Inscriptions from Samʾal and Hamath as Sources for the History of Anatolia and Syria in the First Half of the 1st Millennium B.C., in: I. Kalimi (Hg.), Writing and Rewriting History in Ancient Israel and Near Eastern Cultures, Wiesbaden 2020, 61–78. 134) Tartessos – Tarschisch. Von der Iberischen Region zur literarischen Landschaft im Alten Testament, in: J.J. Krause – W. Oswald – K. Weingart (Hg.), Eigensinn und Entstehung der Hebräischen Bibel. Erhard Blum zum siebzigsten Geburtstag (Forschungen zum Alten Testament 136), Tübingen 2020, 497–526. 135) Neue Forschungen zur Geschichte Israels. Drei Fallbeispiele, in: Theologische Quartalschrift 200 (2020) 3–20. 136) Zur Königsideologie der aramäischen Herrscher von Damaskus, in: J. Baldwin – J. Matuszak (Hg.), mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-g͂al2. Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk (dubsar 17), Münster 2020, 283–312. 137) Strategies of Legitimation of the Aramaean Kings in Ancient Syria: Three Case Studies on Damascus, Hamath and Yādiya/Samʾal, in: E. WagnerDurand – J. Linke (Hg.), Tales of Royalty. Notions of Kingship in Visual and Textual Narration in the Ancient Near East, Boston – Berlin 2020, 165–183.
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138) Texte aus Syrien, in: B. Janowski – D. Schwemer (Hg.), Texte zur Wissenskultur (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge 9), Gütersloh 2020, 231–281. 139) Die Ritualtexte aus Ugarit. Eine Einführung aufgrund der Archiv- und Bibliothekszusammenhänge, in: S. Görke – Ch.W. Steitler (Hg.), Cult, Temple, Sacred Spaces. Cult Practices and Cult Spaces in Hittite Anatolia and Neighbouring Cultures (Studien zu den Boğazköy-Texten 66), Wiesbaden 2020, 35–56. 140) Zur religionsgeschichtlichen Botschaft eines palmyrenischen Votivreliefs, in: N. Cholidis – E. Katzy – S. Kulemann-Ossen (Hg.), Zwischen Ausgrabung und Ausstellung. Beiträge zur Archäologie Vorderasiens. Festschrift für Lutz Martin (marru 9), Münster 2020, 423–431. 141) Observations on the Language Situation in Late Bronze Age Ugarit, in: L.C. Jonker – A. Berlejung – I. Cornelius (Hg.), Multilingualism in Ancient Contexts. Perspectives from Ancient Near Eastern and Early Christian Contexts, Stellenbosch 2021, 26–55. 142) Die Tempel des El und des Baʿal als Elemente der sakralen Landschaft Ugarits, in: J. Bründl – Th. Laubach – K. Lindner (Hg.), Zeichenlandschaften. Religiöse Semiotisierungen im interdisziplinären Diskurs (Bamberger Theologische Studien 41), Bamberg 2021, 309–336. 143) (mit P. Xella) Introduction. Deities and Mythical Characters, in: H. Niehr – P. Xella (Hg.), Encyclopaedic Dictionary of Phoenician Culture II.1. Deities and Mythical Characters, Leuven – Paris – Bristol, CT 2021, IX– XV. 144) Introduction au Colloque, in: H. Niehr – Th. Römer (Hg.), Nouvelles Recherches autour de la Stèle de Mésha. Neue Forschungen zur MeschaStele. Kolloquium des Collège de France, des Musée du Louvre und des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas anlässlich der 150. Wiederkehr der Entdeckung der Mescha-Stele, 2. und 3. Oktober 2018, Collège de France, Paris (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins 51), Wiesbaden 2021, 3–19. 145) Baʿal du Ṣaphon et Baʿal d’Ougarit. Quelques réflexions sur les relations et le culte de deux dieux de l’orage à Ougarit, in: V. Matoïan (Hg.), Ougarit, un anniversaire. Bilans et recherches en cours (Ras Shamra – Ougarit XXVIII), Leuven – Paris – Bristol, CT 2021, 247– 272. 146) Die Beterstatue von Tell Fekheriye als Dokument der Königsideologie des Herrschers Haddayisʿi von Bīt Baḫiāni, in: R.M. van Dijk-Coombes – L.C. Swanepoel – G.R. Kotzé (Hg.), From Stone Age to Stellenbosch. Studies on the Ancient Near East in Honour of Izak (Sakkie) Cornelius (Ägypten und Altes Testament 107), Münster 2021, 163–177. 147) Les messages d’outre-tombe en Syrie entre oralité et écriture (Ier millénaire av. J.-C.), in: Th. Römer – H. Gonzalez – L. Marti – J. Rückl (Hg.), Oral et écrit dans l’Antiquité orientale: Les processus de rédaction et d’édition. Actes du colloque organisé par le Collège de France, Paris, les 26 et 27 mai
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2016 (Orbis Biblicus et Orientalis 291), Leuven – Paris – Bristol, CT, 2021, 111–126. Les épopées royales d’Ougarit: Kirta et Aqhatou, in: Annuaire du Collège de France 2018–2019. Résumé des cours et travaux 119, Paris 2022, 761f. Wege zu den Göttern. Tempel, Heiligtümer und Rituale im spätbronzezeitlichen Ugarit, in: Welt und Umwelt der Bibel 27 (2022), 18–21. (mit H.M. Niemann) Gemeinsam auf dem Weg. Der Deutsche Verein zur Erforschung Palästinas e.V. und der Harrassowitz Verlag, in: B. Krauß (Hg.), 150 Jahre Harrassowitz Verlag. Katalog der lieferbaren Titel. Mit Beiträgen zur Verlagsgeschichte und zum Programm, Wiesbaden, 166f. Ein Ritual im Rahmen der Feierlichkeiten einer Königsinthronisation in Ugarit. Zur Situierung von KTU 1.108, in: R. Müller – H. Neumann – R.S. Salo (Hg.), Rituale und Magie in Ugarit. Praxis, Kontexte und Bedeutung (Orientalische Religionen in der Antike 47), Tübingen 2022, 173–196. Die phönizische Inschrift des Regenten Azitawada auf der Statue des Wettergottes vom Karatepe-Aslantaş als Dokument der Königsideologie, in: D. Hofmann – A. Klingenberg – K. Zimmermann (Hg.), Religion und Epigraphik. Kleinasien, der griechische Osten und die Mittelmeerwelt. Festschrift für Walter Ameling (Asia Minor Studien 102), Bonn 2023, 173–202.
IV. Lexikonartikel Theologisches Wörterbuch zum AT 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16)
Art. נשׂיא, in: ThWAT V (1986) 647–657. Art. ספר, in: ThWAT V (1986) 921–929. Art. ערב, in: ThWAT VI (1989) 359–366. Art. ערה, in: ThWAT VI (1989) 369–375. Art. ערום, in: ThWAT VI (1989) 375–380. Art. ערם, in: ThWAT VI (1989) 387–392. Art. פטר, in: ThWAT VI (1989) 564–569. Art. פרשׁ, in: ThWAT VI (1989) 782–787. Art. צהרים, in: ThWAT VI (1989) 924–926. Art. צלמות, in: ThWAT VI (1989) 1056–1059. Art. שׂמלה, in: ThWAT VII (1993) 822–828. Art. שׂר, in: ThWAT VII (1993) 855–879. Art. שׁדי, in: ThWAT VII (1993) 1078–1083. Art. שׁפט: in: ThWAT VIII (1995) 408–428. Art. תנין, in: ThWAT VIII (1995) 715–720. Art. )אל( אלה, in: ThWAT IX (2001) 31–45.
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17) 18) 19) 20) 21) 22) 23) 24) 25)
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Art. שׂדי( אשׁף/כס, חרטם, )אסה, in: ThWAT IX (2001) 91–94. Art. בעל, in: ThWAT IX (2015) 133–137. Art. דין, in: ThWAT IX (2015) 204–209. Art. היכל, in: ThWAT IX (2015) 226–228. Art. ימא/ימי, in: ThWAT IX (2015) 355–357. Art. מלאך, in: ThWAT IX (2015) 414–416. Art. מנחה, in: ThWAT IX (2015) 436–438. Art. מרא, in: ThWAT IX (2015) 443–449. Art. עלם, in: ThWAT IX (2015) 574–577.
Neues Bibellexikon 26) 27) 28) 29) 30)
Art. Bote, in: NBL I (1989) 317f. Art. Botenformel/Botenspruch, in: NBL I (1989) 318f. Art. Botenrecht, in: NBL I (1989) 319f. Art. Sikkut, in: NBL III (1999) 602. Art. Söhne Gottes, in: NBL III (1999) 623f.
Lexikon für Theologie und Kirche 31) 32) 33) 34) 35) 36) 37) 38) 39)
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A silver bowl with a Phoenician inscription Maria Giulia Amadasi Guzzo Rom A short Phoenician inscription is engraved on a silver bowl in the al-Sabah Collection, Dar al-Athar al-Islamiyyah, Kuwait (inv. LNS 1240; catalogue n° 110). The object’s height is 4.9 cm., diameter 22.5 cm., it weighs 0.587 kg, and has a volume of 700 ml. The bowl (figs 1–2) is part of a rich collection of silver objects, the catalogue of which will be published by Trudy Kawami.1 Like many other items in the collection, the bowl lacks an archaeological context, so its chronology must be established based on its typology and on the development of the letters attested. The inscription (fig. 3) is lightly engraved under the rim of the bowl and is composed of fifteen symbols consisting of letters and numerals. The text is divided into two sections by a blank space. The letters and numerals are carefully executed and are clearly legible (measurements not recorded). BYM 20+3 LMPʿ K 20+2 “On the day 23 of (the month) MPʿ S(ilver) 22”.
The date formulary – preposition B- + month name – is regular and already well attested. The word /yōm/ “day” is here in the singular, unlike most of the known examples, where the word indicating the days before a number higher than 1 is in the plural (YMM ). However, some cases of the use of the singular are also attested.2 The number of the counted days is expressed here, as is often the case, by symbols whose shape is already well known: in Phoenician the symbol for 20 shows two variants, one with a downward tick on the right, such as, for example, in the texts engraved on a jug in the Cabinet des Médailles, Bibliothèque Nationale3 and on a golden phiale in the Metropolitan Museum.4 On the contrary, the same shape without the right tick, like the one on the present bowl, recurs on some stone monuments, for example on the so called Maʿsub inscription (KAI 1
My thanks go to the al-Sabah collection for permission to publish the inscription and for the photographs; further thanks to Benjamin Sass and Ran Zadok who first gave me news concerning the Phoenician inscription brought to their attention by R. Kovaks. Special thanks to P.G. Guzzo and C. Zaccagnini for their important advices concerning the typology of the bowl and its weight. 2 Friedrich/Röllig, 1999: § 315 (ex. BYM 4 LMRZḤ…, KAI 60,1, “on the fourth day of the marzeaḥ feast”) 3 Cf. Aimé-Giron, 1939: 22– 27; cf. also Naveh, 1991:140 (= Naveh, 2009: 384). 4 First new by von Bothmer, 1962; on the inscription Lipiński, 1963; Schmitz, 2014 [2017]; on the bowl Docter, 2014 [2017]; Martínez Hahnmüller, 2014 [2017]. Cf. also Guzzo/Spatafora, 2010: 462–463, 469.
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Maria Giulia Amadasi Guzzo
19.5),5 and mainly on seal impressions.6 MPʿ is a month name of uncertain etymology already attested in KAI 43 from Larnaka-tis-Lapithou (Cyprus). According to R. Stieglitz it corresponds to September.7 A possible intercalary month called MPʿ LPNY – the earlier MPʿ– is placed between August and September.8 The letter K preceding the second series of numerals, is probably an abbreviation of KSP “silver”: the expression refers to the weight of the bowl, KSP indicating perhaps the material and the basic unit – the standard unit9 being probably counted in shekels. An indication of weight in silver is attested on more than one inscription, where the noun KSP is either entirely written or implied. In some examples the word for “weight” can be used (MŠQL); instead, the name of the weight unit often is not given. Examples of these different kinds of expressions to indicate a specific weight are known on Cyprus and in the Punic West. For example, in the inscription III from Larnaka-tis-Lapithou (345–315 BCE)10 the dedicator offered to Melqart, among other gifts (line 4), 6 “bowls of silver” (QBʿM ŠLBKSP), “their weight being half (mina) and fifty five …” (MŠQLM PRS WḤMŠM WḤMŠT …)11. In the West, the inscription (mid–3rd century BCE) engraved on the lid of a silver Ionian cup found in Sulcis (Sardinia)12, consists of the offering to Baal Addir of a cup (?)13, “its weight being 59” (MŠQLʾ 10+9+20+20).14 Another text, from the antiquities market,15 probably found in Sardinia and attributed to the 4th–3rd century BCE – although perhaps later –, records the dedication to Eshmun of an object of “cast metal” (NSKT), whose “weight is five in sil” (MŠQLʾ ḤMŠT BKS
)16. On the basis of the present inscription, according to the bowl’s actual weight of about 587 g, it follows that the base unit used was a scale-weight of about 27 g, that is perhaps a double shekel of about 13.5 g. The Phoenician weight systems
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RÉS 1204; TSSI III: 31; Gubel, 2002: 128–129, n° 128 (P. Bordreuil/E. Gubel). Kaoukabani, 2005: passim. 7 Known as Larnaka II; cf. RÉS 1211; TSSI III: 26. On the month names cf. Stieglitz, 2000: 693, figs. 1 and 2. According to Stieglitz, the name MPʿ may derive from a root *YPʿ “arise, appear” (attested in Ugaritic and Hebrew). 8 Or in August if it was a “regular” month: cf. Stieglitz, 2000: 693, 694 (concerning the two possibilities of an intercalary or regular month). The month name MPʿ LPNY is attested in Berthier/Charlier, 1955: nos 56 and 64. 9 For the use of Greek χρυϭοῖ to designate the staters, cf. Guzzo/Spatafora, 2010: 468 and note 74. 10 Honeyman, 1938. 11 The count of the following measures is not completely sure. In any case here KSP seems to mean the material only. 12 The only part preserved of the original object; cf. Bartoloni/Garbini, 1999. 13 The word used, attested only here, is SKT. The object was originally an Ionian cup, a type of vessel typical of the 6th century BCE: the inscription, a dedication to Baal Addir, recalling a “renovation” of the vessel (verb ḤDŠ), was executed much later. 14 The symbols for 20 were added on top of the inscribed line. 15 Röllig, 2002. 16 The inscription is engraved on a bronze plaque, the dedicated object being only mentioned, KSP here indicating perhaps the weight unit. 6
A silver bowl with a Phoenician inscription
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are not unitary17 and not unanimously reconstructed, given the relative dearth and variety of the documents. A shekel of about 13–14 g is known at Hamat already in the 8th century BCE.18 Some Phoenician scale weights of the Persian period, with letters engraved, attest a shekel of about 14 g.19 Moreover, for the Hellenistic period, there was a system in use in Phoenicia whose basic unit was a shekel having, according to J. and G.A. Elayi, a weight “compris entre 11.96 et 14.36 g.”20 A heavy shekel of 13–13.5 g is known at Arwad (two examples), attested by double-shekel scale–weights of 27 g, like the one presumed to be the case here.21 A heavy mina of 917 g composed of 44 shekels of about 14.7 g or by 76 shekels of 3.5 g is also known.22 The unit used later for the money of Tyre corresponded similarly to 14 g (the so called shekel of Tyre). Finally, in the Phoenician West a scale–weight found at Cerro del Villar (Málaga), dated to the 7th century (weight 29.066 g) is regarded as a double shekel of 14 g.23 A weight of two shekels or more used as the base unit does not represent a special problem, as shown by the Arwad examples and also by weight from Byblos. G. Finkielsztejn cites in particular weights inscribed with the number 22 (representing in his opinion shekels of 3.5 g),24 and it is also possible that one of these objects was used for weighing the bowl of the al-Sabah collection. Already in the 8th century, as noted above, an Aramaic inscribed bronze weight from Hamat in the Cabinet des Médailles, Bibliothèque nationale, and a second one, perhaps Phoenician, in the Kadman Numismatic Museum (Tel Aviv), represent two shekels of about 13 g.25 A precise chronology for the bowl inscription based on the vessel’s shape and on the development of the letters is not possible and only approximate dates can be proposed. Regarding the bowl’s typology, two silver phialai26 in the Metropolitan Museum, though smaller, have a similar shape and in particular a similar decoration as the al-Sabah vessel,27 consisting of lobes alternating with lotus flowers. They are classified by von Bothmer as Greek (and both have a Greek monogram engraved in the omphalos), of a type known as Achaemenian, and are dated to the 6th century BCE. They are compared with two more phialai (labelled 17
Cf. for ex. Bordreuil, 1992. Elayi/Elayi, 1997: 320. 19 Elayi/Elayi, 1997: 300, quoting Lemaire, 1980: 31. 20 Elayi/Elayi, 1992: 320, citing the weights n° 285 and n° 286 of their catalogue (p. 115). 21 Finkielsztejn, 2014: 169, 170–171. 22 Kletter, 1994 proposes to reconstruct a Phoenician shekel of 7.6 g. In this case the base unit for our bowl would have been a weight of four shekels (= 28.4 g), giving for the bowl an original weight of 624.8 g. Differently, for the heavy mina in the Phoenician towns of the Hellenistic age (a period later than that attributed to the bowl), cf. Finkielsztejn, 2007: in particular p. 48. 23 Aubet, 2010: especially pp. 31–34. 24 For ex. Finkielsztejn, 2007: 47. 25 Bordreuil/Gubel, 1983: 340 (n° 1971.958, gift Henri Seyrig; weight 26.60 g) and Bron /Lemaire, 1983: 769, IX (K 525; weight 25.7 g). 26 On the name phiale, cf. Guzzo/Spatafora, 2010: 458 and note 14. 27 Von Bothmer, 1984: 26, n. 20–21. N° 20 (68.11.64) belongs to the Fletcher Fund (height 4.8 cm; diameter 17.0 cm; weight 271 g); n° 21 (1970.11.16) is from the antiquities market (height 4.7 cm.; diameter 17.4–17.65 cm.; weight 302.3 g). 18
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as Achaemenian) in the same Museum, also showing similarities with the alSabah bowl.28 Concerning the script type, although the short inscription on the bowl does not show enough letters to recognize a precise stage of development, some remarks may still be made. On the whole the script typology corresponds to that Peckham attributes to Tyre and Sidon, and particularly to the inscriptions from Sidon. Though the shape of beth does not change much over time or space, a similar stance is attested in inscriptions of Eshmunazor II of Sidon.29 The following yod, on the contrary, can be compared with inscriptions attributed to king Bodashtart, Eshmunazor’s cousin and successor, but also with later texts.30 The type of lamed is attested from Bodashtart on, and is already present, with some slight differences, in the inscription of Eshmunazor II; however, its horizontal stance is more characteristic of later inscriptions.31 The type of mem is also attested from the time of Eshmunazor’s II on, and even earlier, although the horizontal stance on the present inscription and the tick at the end of its shaft are more typical of later texts attributed by Peckham to the 4th–2nd centuries BCE.32 Pe and ʿayn are not typical of a specific period; on the contrary kaph with the head line bending downward appears in Peckham’s work as specifically attested in the 4th century BCE.33 On the whole, the script type attested on the bowl finds its best parallels in some inscriptions from the sanctuary of Eshmun at Bostan es-Sheikh (Sidon), belonging to periods not always well specified.34 In particular kaph and mem with a downward tick at the end of the shaft are attested there in inscriptions not precisely dated but later than Bodashtart.35 Unfortunately, the chronologies of Eshmunazor II and Bodashtart have not yet been unanimously established: a high chronology places Eshmunazor II around 530–525 BCE and Bodashtart around 524–510 BCE.36 Accepting these dates, the inscription could be placed around the end of the 6th century. However, according to the development of the script type, the dates now proposed for Eshmunazor II and Bodashtart seem to me a little too early:37 the shapes of the letters of their inscriptions fit better with a period after 28
Von Bothmer, 1984: 27, n. 28–29. The author specifies that “it is by no means certain that all were made by Persians”. 29 Peckham, 1968: pl. V,3 (dated to the mid-fifth century BCE). 30 Peckham, 1968: pl. V,4 (Bodashtart), but even 8 and 9 (attributed to the 3rd and even 2nd century BCE), but also Pl. VI,1–2 (CIS I, 115–116, 4th–3rd century BCE). Peckham’s chronology is however too low, see below. 31 Peckham, 1968: pl. V,3–5 (Bodashtart), but also 9 (ŠLMN inscription, attributed to the 2nd century BCE, but certainly belonging to the 4th century, cf. Mathys, 2005: 295). 32 Peckham, 1968: pl. V,6–9. 33 However, this type of kaph appears already on the Çineköy (Tekoğlu/Lemaire 2000) inscription and in some cases at Karatepe (KAI 26), in the 8th century BCE. 34 Stucky 2005, 24, dates the first podium of the sanctuary to the last quarter of the 6th century BCE or to around the year 500; the building of the second podium (attributed to Bodashtart) would have started soon after 500 BCE, cf. p. 29–30. 35 Cf. e. g. Mathys, 2005: 287–288, Ph. 13, fig. p. 288, Taf. 27. New inscriptions in Mathys/ Stucky 2018. 36 For the dates proposed for Eshmunazor’s dynasty, cf. bibliography in Stucky, 2005: 23, note 31. Particularly, proposing the high chronology, cf. Elayi, 2004 and Elayi, 2008. 37 Amadasi Guzzo, 2017 [2018].
A silver bowl with a Phoenician inscription
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500 BCE for Bodashtart and slightly earlier for Eshmunazor II. Consequently, following the comparisons established for the script type, I would place the bowl inscription no earlier than the 5th century BCE and perhaps a little later. On the whole, the terminus ante quem for the votive material found in the favissa of the Bostan esh-Sheikh sanctuary, including the inscriptions, is fixed in the middle of the 4th BCE.38 It is possible to conclude that the bowl, whose place of origin is unknown, came for some reason (gift, trade, booty) into the possession of a Phoenician of high rank and was then offered to a sanctuary. Its inscription, recording only the day of the donation and the vessel’s weight, was probably engraved at that stage, when it became property of the sanctuary and was recorded as part of its treasure. It is a pleasure and an honour to offer this short study to Herbert Niehr, whose works are so important in many fields, and particularly those of North-West Semitic epigraphy and philology.
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Maria Giulia Amadasi Guzzo
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A silver bowl with a Phoenician inscription
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List of figures Fig. 1–2: Bowl of the al-Sabah Collection, Dar al-Athar al-Islamiyyah, Kuwait (inv. LNS 1240). Copyright©, The al-Sabah Collection, Dar al-Athar al-Islamiyyah, Kuwait. Fig. 3: Phoenician inscription of the bowl LNS 1240. Copyright ©, The al-Sabah Collection, Dar al-Athar al-Islamiyyah, Kuwait.
Fig. 1: Bowl of the al-Sabah Collection, LNS 1240
Fig. 2: Bowl of the al-Sabah Collection, LNS 1240
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Maria Giulia Amadasi Guzzo
Fig. 3: Phoenician inscription of the bowl LNS 1240
Zur Begründung einer christlichen Erinnerungslandschaft in Palaestina Gelehrte, Mönche, Priester Walter Ameling Köln Dass Christen nach Palaestina kommen wollen, zu manchen Zeiten dringender als zu anderen, ist selbstverständlich, denn dort hatte Jesus gelebt und gewirkt, war er gestorben und auferstanden. Hier waren die Orte und die Spuren seines Lebens zu sehen, waren geradezu materielle Beweise für die Richtigkeit des eigenen Glaubens zu finden. Vergleichbare Phänomene, die nicht selten sind, werden gerne als „Erinnerungslandschaften“ bezeichnet.1 Gegenden, spezielle Orte, sogar einzelne Gegenstände – so sie denn mit einem bestimmten Ort verbunden waren – evozieren die Vergangenheit und sollen damit der Gegenwart dienen – wobei dieses „der Gegenwart dienen“ ganz unterschiedliche Bedeutungen annehmen kann: die Erinnerungslandschaft kann einer Privatperson zur Vergewisserung der individuellen Position in der Geschichte dienen; es kann zur Erbauung dienen, und man mag daraus lernen; es kann auch der Schaffung und Vertiefung eines kollektiven Gedächtnisses dienen – wobei „Vertiefung“ ganz unterschiedlich verstanden werden kann: Verinnerlichung des Gewussten; bewusstes Handeln entsprechend der „Lehren“ des Ortes; das Erheben eines Anspruches auf die reale Landschaft, die ja ein konstitutiver Teil der eigenen Geschichte ist; Erheben eines Anspruches auf die evozierte Geschichte, oder, um genauer zu sein: auf die Auslegungen dieser Geschichte und auf die Richtigkeit der eigenen Auslegung, etc.2 Cicero spricht von der vis admonitionis (fin. 5, 2), die in einem Ort liege – und das kann auch religiöse admonitio sein, weshalb aus Erinnerungsorten Kultorte werden können.
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Der erste, der – soweit ich sehe – im Kontext Palaestinas von Erinnerungslandschaft sprach, war Halbwachs, 2003 (ursprgl. Paris 1941; mit einleitenden und begleitenden Aufsätzen noch einmal herausgegeben von Jaisson/Halbwachs, 2017). – Im Folgenden werden eher Quellen (und selbst das nur in Auszügen) als Sekundärliteratur zitiert, daher verweise ich hier schon einmal auf einige der wichtigsten Abhandlungen zum Thema, die an vielen Stellen präsent sind: Cronnier, 2016; Wiśniewski, 2018; und zum Inventar der heiligen Orte Palaestinas Maraval, 22004. 2 Diese Vorstellung ist immerhin wichtig genug, um von den Archimandriten Palaestinas in einem Brief an den Kaiser besonders betont zu werden, Kyrill, v. Sab. 57 p. 153, v. a. aber 154, 15ff. Schwartz.
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Erinnerungslandschaften werden geschaffen – und es ist alles andere als sicher, ob es in der vorkonstantinischen Zeit bereits eine ausgeprägte christliche Erinnerungslandschaft in Palaestina (oder auch nur in Jerusalem) gab.3 Dies sollte sich nach 324 rasch ändern und lässt sich einfach an der Entwicklung in der Grabeskirche vorführen: die erhaltenen Pilgerberichte zeigen, wie die Zahl der heiligen Gegenstände dort immer weiter ansteigt;4 dasselbe gilt für alle anderen Landschaften und Orte Palaestinas. Man mag dies für eine selbstverständliche Entwicklung halten, die sich auch anderswo zeigen lässt (im Angelsächsischen gibt es Ausdrücke wie „disneyfication“ und „bible theme park“ für das spätantike Palaestina), aber sie wirft trotzdem Fragen auf: die einfachen Behauptungen, „hier war der Heilige“, „hier ist ein heiliger Ort“, „hier ist ein heiliger Gegenstand“, sind eben nur „einfache Behauptungen“, die in irgendeiner Form vermittelt und wohl auch begründet werden müssen. Dass solche Begründungen nötig waren, zeigt sich immer wieder, v. a., aber nicht nur bei Reliquien und der Verehrung von Märtyrern. Ich nenne nur ein paar verstreute Beispiele. Das karthagische Konzil von 401 spricht von falschen Träumen und Visionen, von falschen memoriae martyrum (canon 15). Der hl. Martin überprüfte einmal, ob verehrte Gebeine tatsächlich die eines Märtyrers seien (v.Mart. 11); falsche Märtyrer kennen auch die Constitutiones Apostolorum.5 Als die Reliquien des hl. Stephanus in Afrika angekommen waren, kulminierte dies in Uzalis in der stillen Frage einer Frau an sich selbst (liber 1,1): „Et quis scit si vere martyrum sunt reliquiae?“ (Die Antwort erfolgte in einem Traum ...).6 Athanasius warnte ebenfalls davor, gerade neu entdeckte Körper zur Verehrung in eine Kirche zu bringen, während anders herum Sophronius gegen eine (natürlich im Unrecht befindliche) Kritikerin polemisiert.7 Klare Zweifel finden sich auch im sog. Decretum Gelasianum (Ende 5. Jh.): in einer Liste von Schriften, die 3
Es gab natürlich eine jüdische Erinnerungslandschaft, die sich an das Alte Testament anschloss und bereits hoch entwickelt war, vgl. e. g. Timm, 2017: p. CXXXI zu den von Eusebius im Onomastikon erwähnten Gräbern bedeutender atl. Personen. Wilkinson, 1995: 452–455 zu christlichen Besuchern dort. 4 Hartmann, 2010: 604 hat eine aufschlussreiche Tabelle. Der Pilger aus Bordeaux kennt 2 Gegenstände, Egeria dann 5; Petrus Diaconus 9; Hieronymus 2; Eucherius 2; Theodosius 5; das Breviarium: 11; der Pilger aus Piacenza (künftig: AP) hat 13; Adomnanus nur noch 9. Vgl. Hartmann, 2010: 606 n. 57: „Dass Arkulf/Adomnanus manche noch vom Anonymus von Piacenza berichtete Reliquie nicht mehr erwähnen, braucht nach dem Persersturm ... nicht zu erstaunen.“ 5 5, 9: ταῦτα δὲ περὶ τῶν κατὰ ἀλήθειαν ὑπὲρ Χριστοῦ μαρτυρησάντων εἴρηται, ἀλλ’ οὐ περὶ τῶν ψευδομαρτύρων, περὶ ὧν τὸ λόγιόν φησιν· „ὄνομα δὲ ἀσεβῶν σβέννυται· μάρτυς γὰρ πιστὸς οὐ ψεύδεται, ἐκκαίει δὲ ψευδῆ μάρτυς ἄδικος.“ ὁ γὰρ ἐν μαρτυρίῳ ἐξελθὼν ἀψευδῶς ὑπὲρ τῆς ἀληθείας, οὗτος ἀληθινὸς μάρτυς, ἀξιόπιστος ἐν οἷς συνηγωνίσατο τῷ λόγῳ τῆς εὐσεβείας διὰ τοῦ οἰκείου αἵματος. 6 Liber Miraculorum 1, 1 (ed. J. Meyers, 2006: 268). 7 Athanasius, Osterfestbrief 41 von 369 (ed. Lefort, 1955: 62, 23–28; Ü Brakke, 1998: 477: „For indeed they have no martyrs in their city, nor do they know which is a martyr, although they have taken counsel to blaspheme their bodies and take them from the cemeteries of the catholic church“); Sophronios: PG 87 c, 3508ff. – Zu einem vergleichbaren Phänomen, nämlich der Kritik an der Wundertätigkeit der Heiligen s. Dagron, 2012: 64– 78; dal Santo, 2012: 149ff.
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immerhin zur aedificatio gelesen werden durften, werden gewisse Zweifel angedeutet.8 Sozomenos erklärte eine Variante der Helena-Geschichte als falsch (HE 7, 21; s. oben). Einiges dürfte aber selbstverständlich gewesen sein: zu Zeiten des Julian Apostata gab es Märtyrer in Gaza (Soz. HE 5, 9), deren Erinnerung lebendig blieb – einschließlich der Geschichte von der Bergung ihrer Reliquien. Anderes war erklärungsbedürftiger, denn es gab z. B. einzelne Orte und Gegenstände mehrfach: Köpfe des Täufers, Gräber der Propheten (z. B. Habakuk), Taufstellen, Mariengräber – auch das war immer wieder eine Herausforderung an die Begründung für die Echtheit des jeweiligen Anspruchs. Ebenso lag zwischen manchen Orten, manchen Gegenständen und der spätantiken Gegenwart doch eine lange Zeit – eine Zeit, die es schwer machen konnte, das Überleben oder gar die Identifikation eines Gegenstandes glaubhaft zu machen. Überall brauchte man also Begründungen. Um die Formen dieser Begründungen und die Träger, die Akteure bei den Versuchen der Begründung soll es im Folgenden gehen. Gelehrte, Mönche, Priester stehen als Akteursgruppen im Untertitel, doch ist das sicher nicht umfassend: Pilger, die Bewohner der verschiedenen Orte und Städte könnten z. B. noch genannt werden.9 Einige dieser Akteure und ihr unterschiedliches Einwirken auf die Traditionsbildung und die Begründung dieser Erinnerungslandschaft sollen Gegenstand der folgenden Seiten sein.
1. Gelehrte Ich möchte mit „Gelehrten“ beginnen – mit Leuten, die auf bereits bestehende Traditionen und Argumentationsmuster zurückgreifen konnten. Die Christen waren nicht die ersten, die Palaestina als Erinnerungslandschaft verstanden: das hatten vor ihnen bereits die Juden getan, die im Land die Spuren von Abraham, Isaak und Jakob finden wollten, ebenso die von Moses, David, Salomon. Patriarchen- und Prophetengräber zogen Gläubige an (und tun es immer noch). Einige dieser jüdischen Erinnerungsorte werden bereits in den Evangelien erwähnt, direkt oder anspielend. So ist der Jerusalemer Tempel in vielerlei Hinsicht präsent, nicht nur als Handlungsort, sondern auch als Symbolort, an dem 46 Jahre gebaut worden war (Joh 2,20). Die Gräber der Propheten werden erwähnt (Mt 23,29f.), Kenntnis des Rahel-Grabes bei Bethlehem kann man annehmen (Mt 2,18), und schließlich traf Jesus die Samaritanerin am Jakobsbrunnen bei Sychar (Joh 4,5f.12). Das ist erst einmal alles ganz selbstverständliches Wissen für eine 8
Decretum Gelasianum IV 4, 4 p. 10 v. Dobschütz: item scriptura de inventione crucis Dominicae et alia scriptura de inventione capitis beati Iohannis Baptistae, novellae quidem relationes sunt, et nonnulli eas catholici legunt („und nur etliche Katholiken lesen sie“ oder „aber manche Katholiken lesen sie“). sed cum haec ad catholicorum manus advenerint, beati Pauli apostoli praecedat sententia: omnia probate, quod bonum est, tenete. Diese novella relatio kann mit Blick auf das Kreuz kaum die Helena-Legende betreffen, sondern muss sich auf Judas Kyriakos beziehen. 9 Zur Fortführung der alten Städterivalitäten mit anderen Mitteln vgl. für Eleutheropolis und Jerusalem Cronnier, 2016: 291ff.
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Bevölkerung, die im Lande lebt, die noch viele Ortsnamen des AT vorfindet, die die Identifikationen (wie die Patriarchengräber) auf die Autorität ihrer Vorfahren hin angenommen hat und selber diese Form des Wissens weiter tradierte. Die Evangelien bieten uns hier natürlich nur einen Ausschnitt, und selbst die Katastrophe des Bar Kochba-Krieges dürfte nicht dazu geführt haben, dass diese Traditionen abrissen. Für fast alle Ortsnamen des AT gab es bereits in vorchristlicher Zeit Identifikationen, wenn auch oft erst nach einigen Diskussionen. Wir finden diese Tradition und die Ergebnisse damit verbundener Diskussionen im „Onomastikon“ des Eusebius und dessen lateinischer Übersetzung mit, sagen wir, Korrekturen von Hieronymus.10 In diesem Werk spielen das NT, spielen neutestamentliche Orte praktisch keine Rolle.11 Das entspricht natürlich auch dem geringen Interesse der frühen Christen an Palaestina, das als wenig besucht gilt,12 und in dem es zwar den einen oder andere Erinnerungsort geben mochte, aber erst einmal kaum einen Gegenstand, der sich mit Jesus und seinen Jüngern verbinden ließ.13 Trotzdem – oder gerade deswegen – will Eusebius „eine biblisch-christliche Geographie ... schaffen“.14 Im 3. Jh. begann die Suche und gab es erste Identifikationen – und am Anfang standen die Gelehrten, die den Text des NT festlegen und den einen oder anderen
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Zum Datum des Onomastikon s. Timm, 2017: p. LXXXIVff.; er setzt das Werk zwischen 313 und 325 an, vielleicht 313/4. Zur Übersetzung Wilkinson, 1974: 245ff.; Röwekamp, 2017: 37ff. 11 Vgl. das Register der Bibelstellen bei Timm, 2017: 243–58, davon aus dem NT p. 257f. 12 Die namentlich bekannten Besucher Palaestinas lassen sich bekanntermaßen an den Fingern einer Hand abzählen: Melito v. Sardes (Eus. HE 4, 26, 13); Pionios aus Smyrna (MPion 4, 18–20), Alexander aus Kappadokien (HE 6, 11, 2) und der Mönchsvater Chariton. Etwas anders sieht es aus, wenn man Origenes und Eusebius ernst nimmt, die immer wieder sagen, dass einzelne Stätten wie die Geburtshöhle von Fremden besucht resp. ihnen gezeigt würden: Orig. c. Cels. 1, 51: καὶ τὸ δεικνύμενον τοῦτο διαβόητόν ἐστιν ἐν τοῖς τόποις καὶ παρὰ τοῖς τῆς πίστεως ἀλλοτρίοις, ὡς ἄρα ἐν τῷ σπηλαίῳ τούτῳ ὁ ὑπὸ Χριστιανῶν προσκυνούμενος καὶ θαυμαζόμενος γεγέννηται Ἰησοῦς. Eus. DE 1, 1, 4 (auf jeden Fall vorkonstantinisch): ὅτι μὴ τὸ πᾶσι τοῖς ἐκ περάτων γῆς εἰσέτι σήμερον ἐπὶ θεὰν σπεύδουσι βοώμενον τῆς ἐν Βηθλεὲμ γενέσεως αὐτοῦ χώριον σιωπῇ δόντες παρῆλθον; 3, 2, 47: ὡς καὶ σπήλαιον δείκνυσθαι πρὸς τῶν ἐπιχωρίων αὐτόθι τοῖς ἐπὶ θέαν ἀπὸ τῆς ἀλλοδαπῆς ἀφικνουμένοις; 7, 2, 15: καὶ εἰς δεῦρο δὲ οἱ τὸν τόπον οἰκοῦντες, ὡς ἐκ πατέρων εἰς αὐτοὺς κατελθούσης παραδόσεως, τοῖς τῶν τόπον ἱστορίας χάριν εἰς τὴν Βηθλεὲμ ἀφικνουμένοις μαρτυροῦσι τῷ λόγῳ, πιστούμενοι τὴν ἀληθείαν διὰ τῆς τοῦ ἄντρου δείξεως. Zum Ölberg DE 6, 18, 23: ὅπερ ἐστὶν καὶ ἄλλως πρὸς λέξιν ὁρᾶν πεπληρωμένον εἰσέτι καὶ σήμερον, τῶν εἰς Χριστὸν πεπιστευκότων ἁπάντων πανταχόθεν γῆς συντρεχόντων, οὐχ ὡς πάλαι τῆς κατὰ τὴν Ἱερουσαλἠμ ἁγιάσματι, καταλύειν δὲ ἕνεκεν ἱστορίας τε ὁμοῦ τῆς κατὰ τὴν προφητείαν ἁλώσεως καὶ ἐρημίας τῆς Ἱερουσαλὴμ καὶ τῆς ἐπὶ τὸ ὄρος τῶν ἐλαιῶν τὸ κατέναντι Ἱερουσαλὴμ προσκυνήσεως … Zur Taufstelle s. Timm, 2017: 71 mit einer Erweiterung gegenüber seiner Quelle Origines: καὶ δείκνυται ὁ τόπος, ἐν ᾧ καὶ πλείους τῶν ἀδελφῶν εἰς ἔτι νῦν τὸ λουτρὸν φιλοτιμοῦνται λαμβάνειν. 13 Nach Eus. HE 7, 19, 1; 32, 29 war der Thron des Jakobus noch erhalten und wurde verehrt. Der Ort seines Grabes war umstritten; HE 2, 23, 18; Hier. vir. ill. 2. 14 Röwekamp, 2017: 53. Er führt p. 55 als „gezeigte“ ntl. Orte im Onomastikon auf: Ainon, Gergesa, Sychar, Hakeldama, Betesda und Golgotha.
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Ort des Geschehens auf diese Weise zu identifizieren suchten.15 Ich gebe zwei Beispiele aus Origenes: a) bekannt ist die Frage, an welcher Stelle die 2.000 Schweine in den See Genesareth gestürmt sein sollen (Mk 5,1): war es auf dem Gebiet von Gerasa, von Gadara – oder von Gergesa?16 Diese Frage wird mehr oder weniger mit Blick auf die geographischen Verhältnisse geklärt (Orig. comm. Joh. 6, 41 p. 150 Preuschen): in der Umgebung von Gerasa gebe es weder θάλασσα noch λίμνη, während Gadara zwar in Judaea liege, es dort aber kein steiles Ufer gebe; so bleibe einzig Gergesa, das auch von der Lage her passe.17 Ergänzend fügt Origenes die etymologische Beobachtung hinzu, daß auch der Name der Stadt eine Bedeutung habe, die auf das Verhalten der Bewohner zu Jesus weise.18 Auf dieselbe Art beschäftigt er sich mit Joh 1,28, wo in unseren Editionen steht: ταῦτα ἐν Βηθανίᾳ ἐγένετο πέραν τοῦ Ἰορδάνου, ὅπου ἦν ὁ Ἰωάννης βαπτίζων. Origenes nennt dagegen in seinem Johannes-Kommentar einen anderen Ortsnamen und begründet dies auch (6,40)19: ταῦτα ἐν Βηθαρβαρᾷ ἐγένετο πέραν τοῦ Ἰορδάνου, ὅπου ἦν Ἰωάννης βαπτίζων. ὅτι μὲν σχεδὸν ἐν πᾶσι τοῖς ἀντιγράφοις κεῖται „ταῦτα ἐν Βηθανίᾳ ἐγένετο“ οὐκ ἀγνοοῦμεν ... ἐπείσθημεν δὲ μὴ δεῖν Βηθανίᾳ ἀναγινώσκειν, ἀλλὰ Βηθαβαρᾷ, γενόμενοι ἐν τοῖς τόποις ἐπὶ ἱστορίαν τῶν ἰχνῶν Ἰησοῦ καὶ τῶν μαθητῶν αὐτοῦ καὶ τῶν προφητῶν. Βηθανίᾳ γἀρ, ὡς ὁ αὐτὸς εὐαγγελιστής φησιν, ἡ πατρὶς Λαζάρου καὶ Μάρθας καὶ Μαρίας, ἀπέχει τῶν Ἱεροσολύμων σταδίους δέκα πέντε. ἧς πόρρω ἐστὶν ὁ Ἰορδάνης ποταμὸς ἀπὸ σταδίων πλατεῖ λόγῳ ἑκατὸν ὀγδοήκοντα. ἀλλ᾽ οὐδὲ ὁμώνυμος τῇ
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Dass es hier Schwierigkeiten in der handschriftlichen Überlieferung geben konnte, sagt schon Origenes, comm. Joh. 6, 41 (Preuschen 1903: 150): τὸ μέντοι γε ἡμαρτῆσθαι ἐν τοῖς Ἑλληνικοῖς ἀντιγράφοις τὰ περὶ τῶν ὀνομάτων πολλαχοῦ καὶ ἀπὸ τούτων ἄν τις πεισθείη ἐν τοῖς εὐαγγελίοις … (zum AT) τὸ δὲ ὅμοιoν περὶ τὰ ὀνόματα σφάλμα πολλαχοῦ τοῦ νόμου καὶ τῶν προφητῶν ἔστιν ἰδεῖν, ὡς ἠκριβώσαμεν ἀπὸ Ἑβραίων μαθόντες, καὶ τοῖς ἀντιγραφοῖς αὐτῶν τὰ ἡμέτερα συγκρίναντες, μαρτυρηθεῖσιν ὑπὸ τῶν μηδέπω διαστραφεισῶν ἐκδόσεων Ἀκύλου καὶ Θεοδοτίωνος καὶ Συμμάχου. Es folgt eine Reihe von Beispielen. Nur nebenbei sei gesagt, dass die beiden gleich vorzuführenden Beispiele nicht der sonst üblichen textkritischen Methode des Origenes entsprechen (Neuschäfer, 1987: 121f.), und daher doppelt interessant sind. 16 Nach Nestle – Aland27 schreibt die weit überwiegende Mehrheit der Handschriften seit alters Γερασηνῶν wozu es auch die Varianten Γεργυστηνῶν und Γεργεσηνῶν gibt. Die Wittenberger Vulgata-Ausgabe von 1529 wird als Beleg für die Variante „Gadarenorum“ zitiert. Aus dem kritischen Apparat geht daher nicht die ganze Bandbreite der griechischen Überlieferung hervor, die ebenfalls Γαδαρηνῶν (recht häufig) kennt (vgl. die Zusammenstellung von Preuschen, 1903: XCVIII, der zu dem Ergebnis kommt: „Zieht man die wertlosen Differenzen ab, so bleiben drei Formen des Namens bestehen, die bei Markus und Lukas am reinsten zum Ausdruck kommen: Gerasa, Gergesa, Gadara.“). 17 Die Lokalisierung wird dann von Euseb übernommen, der noch den Zusatz macht (Eus. Onom. Timm 2017: 91): καὶ νῦν δείκνυται ἐπὶ τοῦ ὄρους κώμη παρὰ τὴν λίμνην Τιβεριάδος, εἰς ἣν καὶ οἱ χοῖροι κατεκρημνίσθησαν. 18 Preuschen, 1903: 150: ἑρμηνεύεται δὲ ἡ Γεργέσα „παροικία ἐκβεβληκότων“, ἐπώνυμος οὖσα τάχα προφητικῶς οὗ περὶ τὸν σωτῆρα πεποιήκασιν παρακαλέσαντες αὐτὸν μεταβῆναι ἐκ τῶν ὁρίων αὐτῶν οἱ τῶν χοίρων πολῖται. 19 Preuschen, 1903: 149.
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Βηθανίᾳ τόπος ἐστὶν περὶ τὸν Ἰορδάνην, δείκνυσθαι δὲ λέγουσι παρὰ τῇ ὄχθῃ τοῦ Ἰορδάνου τὰ Βηθαβαρά …. Die Argumentation ist ganz ähnlich wie im Fall von Gergesa: Origenes beginnt mit den verschiedenen Lesarten der codices und geht dann zur Sachkritik über und beruft sich auf lokale, mündliche Information (δείκνυσθαι δὲ λέγουσι). Er fährt mit einer etymologischen Überlegung fort, die seine Identifikation stützen soll.20 Noch interessanter ist aber Origenes‘ Bemerkung, dass er ἐπὶ ἱστορίαν der Plätze der ntl. wie atl. Überlieferung in diesen Gegenden gewesen sei (ἐπὶ τῶν τόπων), wenn er auch die Mündung des Jordan nicht erreicht hatte, sondern darüber eben nur vom Hörensagen berichtete.21 Schließlich sagt er, dass der Ort der Johannes-Taufe bereits gezeigt werde (δείκνυσθαι δὲ λέγουσι παρὰ τῇ ὄχθῃ τοῦ Ἰορδάνου τὰ Βηθαβαρᾶ, ἔνθα ἱστοροῦσιν τὸν Ἰωάννην βεβαπτικέναι).22 Origines sagt aber nicht, ob diese Erzählung mit Blick auf das NT oder auf eine jüdische Täufertradition tradiert wurde – nimmt aber das NT als selbstverständlichen (und wohl auch wahrscheinlichen) Hintergrund an. Dies ist also eine Zeit der text- und sachkritisch arbeitenden Gelehrten, die im Land reisten – wie Herodot ἐπὶ ἱστορίαν – oder im Land lebten. In ihren Bemerkungen wird immer wieder gesagt, dass bestimmte Orte bereits gezeigt würden, allerdings meist eben atl. Orte. Die Herangehensweise dieser Gruppe, deren Bemühungen Eusebius im „Onomastikon“ zusammenfasste, entsprechen den Standards der Zeit: Textkritik, Sachkritik, Etymologie sind die wichtigsten Mittel. Den Standards der Zeit entsprach es natürlich auch, die bereits bekannten Informationen und Überlegungen zur Kenntnis zu nehmen, anders gesagt: die topographischen Arbeiten jüdischer Gelehrter, die der Geographie des AT (und später hinzugekommener Gedenkorte) galten, zur Kenntnis zu nehmen. Indem man dies tat, eignete man sich natürlich die Landschaft Palaestinas an.23 Alttestamentliche Traditionen wurden zu christlichen Traditionen und geben zusammen mit den neutestamentlichen Orten das Bild einer neuen christlichen Landschaft – auch wenn dieses Bild sich erst einmal vornehmlich auf der Grundlage des Alten Testamentes befand, das aber inzwischen von den Christen als das 20
Preuschen, 1903: 149f.: ἔστιν τε ἡ ἑρμηνεία τοῦ ὀνόματος ἀκόλουθος τῷ βαπτίσματι τοῦ ἑτοιμάζοντος κυρίῳ λαὸν κατεσκευασμένον. μεταλαμβάνεται γὰρ εἰς ‚οἶκον κατασκευῆς‘, ἡ δὲ Βηθανία εἰς ‚οἶκον ὑπακοῆς‘. ποῦ γὰρ ἀλλαχόσε ἐχρῆν βαπτίζειν τὸν ἀποσταλέντα ἄγγελον πρὸ προσώπου τοῦ χριστοῦ, κατασκευάσαι τὴν ὁδὸν αὐτοῦ ἔμπροσθεν αὐτοῦ, ἢ εἰς τὸν ‚τῆς κατασκευῆς οἶκον‘; ποία δὲ οἰκειότερα πατρὶς τῇ τὴν ἀγαθὴν μερίδα ἐκλεξαμένῃ μὴ ἀφαιρουμένην αὐτῆς Μαριὰμ καὶ τῇ περισπωμένῃ διὰ τὴν Ἰησοῦ ὑποδοχὴν Μάρθᾳ καὶ τῷ τούτων ἀδελφῷ φίλῳ ὑπὸ τοῦ σωτῆρος εἰρημένῳ Λαζάρῳ, ἢ Βηθανία ‚ὁ τῆς ὑπακοῆς οἶκος‘; οὐ καταφρονητέον οὖν τῆς περὶ τὰ ὀνόματα ἀκριβείας τῷ ἀπαραλειπτῶς βουλομένῳ συνιέναι τὰ ἅγια γράμματα. 21 Das ist ein Rückgriff auf herodoteische Tradition, wenn auch ἱστορία hier am ehesten „systematic or scientific observation“ (LSJ) sein will. Wichtig ist, dass Origines Buch VIff. tatsächlich in Palaestina schrieb, also nach 231, Preuschen, 1903: LXXVIII. Vgl. Eusebius zu Alexander, HE 6, 11, 2: εὐχῆς καὶ τῶν τόπων ἱστορίας ἕνεκεν. Eus., DE 7, 2, 15: τοῖς τῶν τόπον ἱστορίας χάριν εἰς τὴν Βηθλεὲμ ἀφικνουμένοις. Hier. vir. ill. 54 sagt, dass der Kappadoker Firmilian „sub occasione sanctorum locorum“ nach Palaestina gekommen sei; cf. auch Eus. DE 6, 18 23. 22 Zu der Erweiterung dieser Nachricht bei Eusebius, s. o. 23 Jacobs, 2004.
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ihre verstanden wurde. Hier löste ein Satz von Ansprüchen an die Erinnerungslandschaften einen älteren ab – wie es ja schon bei der Etablierung der jüdischen Erinnerungslandschaft in Palaestina gewesen sein dürfte, und wie es später auch wieder sein würde, als die christliche Erinnerungslandschaft verblasste und nur noch Reste in einem commemoratorium ihren Platz fanden.
2. Mönche Die Entwicklung des Mönchtums beginnt etwa zeitgleich mit dem Interesse eines Origenes an der Geographie Palaestinas. Mit Chariton kam der erste Mönch, Hieronymus erzählt uns bekanntlich von Hilarion, und in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. waren Mönche an vielen Stellen des Landes zu finden – wobei es ganz unterschiedliche Gründe für ihre Niederlassung an einem Ort gab. Das konnte die Abgeschiedenheit des Ortes in einem der Askese möglichst günstigen Klima sein, das konnte aber auch die Heiligkeit des Platzes sein, was die Ansiedlung an einem Ort wie Jerusalem mit sich bringen konnte, also in einer vielbesuchten Stadt, und das konnte schließlich der Versuch sein, mit Klöstern an den Pilgerstraßen den Pilgern auf ihrer Reise zu helfen.24 Im Folgenden möchte ich bewusst nur die Beispiele aus der Peregrinatio Egeriae vorstellen. Als Egeria durch Palaestina zog, gab es fast keinen Ort, an dem sie nicht wenigstens einen Mönch fand. Es beginnt mit Mönchen am Sinai (3,1; 4; 6f.), und die Heiligen25 am Berg Horeb zeigten ihnen alles (4,2), und nach der oblatio zeigten ihnen die Priester und Mönche noch einen anderen Ort (4,4); der Dornbusch wird gezeigt (4,8), alles, was in dem Tal, in dem die Kinder Israels lagerten, von wo also Moses auf den Gottesberg gestiegen war, zeigten die Heiligen (5,1). In der Wüste, so sagt sie, „sancti ... ostendebant nobis singula loca, quae semper ego iuxta scripturas requirebam“ (7,2).26 Dieses Muster wiederholt sich: Egeria wird von Mönchen begleitet und findet überall Mönche,27 die entweder befragt 24
Aviam/Ashkenazi, 2014: 568: „Both archaeological and literary sources point to the existence of special monasteries that were built on the main pilgrimage routes.“ 25 4,2: et illi sancti singula nobis ostendere dignabantur. Zur Erklärung s. v. 7,2: sancti, qui nobiscum erant, hoc est clerici vel monachi; 10,3: faciens iter cum sanctis, id est presbytero et diaconibus de Ierusolima et fratribus aliquantis, id est monachis. Zur Häufigkeit, mit der das Adjektiv gerade Mönche (und Bischöfe) belegt, s. bereits Löfstedt, 1911: 110. 26 Vgl. auch den Anfang der Schrift, die ja mitten im Satz beginnt (1,1): ... ostendebantur iuxta scripturas. – Insgesamt wird das Wort ostendere im ersten Teil der Schrift 52mal gebraucht, und nur 5mal geht es nicht um das, was Egeria konkret gezeigt wird (2,2: qui locus usque in hodie ostenditur; 21,2: qui usque hodie ostenditur; 12,2 über das Mosesgrab: nam memoria illius, ubi positus sit, in hodie non ostenditur; 14,5f. zweimal für eine Offenbarung). 27 Zur Begleitung s. nur 1,2; 3,1; 3,2; Mönche am Ort, e. g. 3,1: pervenientes ad monasteria quaedam susceperunt nos ibi satis humane monachi, qui ibi commorabantur; 4,5: loca omnia sancta ambulare et monasteria, quaecumque erant ibi, videre; 4,6; 4,7; 5,10: qui tamen nos dignati sunt in monasteriis suis advenientes valde humane suscipere; 7,7: nam ipse vicus ecclesiam habet et martyria et monasteria plurima sanctorum monachorum; 10,9; 15,3: nam et multi fratres sancti monachi de diversis locis venientes tendunt se, ut laventur in eo loco; 6: de sanctis monachis, qui ibi monasteria habebant in ipso horto
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Auskunft geben (Egeria war schließlich „satis curiosa“ [16,3]),28 von selber Auskunft anbieten29 oder einfach als Auskunftspersonen genannt werden.30 Bischöfe und Priester können dieselbe Funktion erfüllen (und natürlich können beide Gruppen auch zu den Mönchen gehören31); nur ein Beispiel (c. 8): Egeria berichtet von einem Ort namens „Ramses“, an dem die Kinder Israels zwei riesige Statuen aufgestellt hätten, die Moses und Aaron zeigten,32 und wo es einen von den Patriarchen gepflanzten, heilkräftigen Sykomorenbaum gab – alles auf Hinweis des Bischofs vor Ort. Derselbe Bischof bietet eine Erzählung, die das Ruinenfeld von Ramses erklären soll: der Pharao habe die Stadt eingenommen und angezündet, als er den Israeliten folgte. Das eine oder andere reicht also schon über den Bereich der atl. Ortstraditionen hinaus: Altertümer am Ort werden im eigenen Sinn interpretiert, sodass (vermeintliche) Leerstellen in der Geschichte ausgefüllt werden. Wir können nicht sehen, ob dies bereits ältere, letztlich jüdische Traditionen oder frische Identifikationen sind, die auf die Fragen der Pilger pomario; 19,4: ac sic ergo vidi in eadem civitate martyria plurima nec non et sanctos monachos, commanentes alios per martyria, alios longius de civitate in secretioribus locis habentes monasteria; 21,3; 23,2. 28 3,7: tunc coepi eos rogare, ut ostenderent nobis singula loca; 5,12: tamen etiam et illis omnibus sanctis nec sufficio gratias agere, qui meam parvitatem dignabantur ... per omnia loca deducere, quae ego semper iuxta scripturas sanctas requirebam; 7,2: in eo ergo itinere sancti, qui nobiscum erant, hoc est clerici vel monachi, ostendebant nobis singula loca, quae semper ego iuxta scripturas requirebam; 10,8: euntibus nobis commonuit presbyter loci ipsius, id est de Libiade, quem ipsum nobiscum rogantes moveramus de mansione; 11,2: tunc interrogavimus nos etiam et illos sanctos monachos, qui ibi manebant; 12,2: tunc ergo interrogavi illos sanctos … qui responderunt; 13,4: requisivi; 15,1: tunc ergo quia retinebam scriptum esse ... requisivi de eo (in diesem Fall ein Priester); 16,3: tunc ego, ut sum satis curiosa, requirere coepi, quae esset haec vallis, ...; 20,11; 12. 29 8,4: hoc autem referente sancto episcopo de Arabia cognovimus; 12,3: tunc autem qui erant loci notores, id est presbyteri vel monachi sancti, dixerunt nobis: „si vultis videre loca, quae scripta sunt in libris Moysi, ..., attendite et videte, et dicimus vobis singula, quae sunt loca haec, quae parent“; 19,5 (in Edessa): „quoniam video te, filia, gratia religionis tam magnum laborem tibi imposuisse, ut de extremis porro terris venires ad haec loca, itaque ergo, si libenter habes, quaecumque loca sunt hic grata ad videndum Christianis, ostendimus tibi“. 30 2,3; 4,2; 4; 5,1: itaque ergo singula, quemadmodum venimus per ipsam totam vallem, semper nobis sancti illi loca demonstrabant; 5,3: Ac sic ergo cetera loca, ..., semper nobis coeperunt ostendere. nam et monstraverunt locum ... monstraverunt etiam locum ... 5,5: ostenderunt etiam ... ostenderunt etiam locum ... 5,6: item ostenderunt nobis locum ... item ostenderunt torrentem illum ... 7: ostenderunt etiam nobis locum ... item ostenderunt locum ... nam ostenderunt nobis etiam et illum locum ... 8: ostenderunt etiam et illum locum ... 9: nam ostensus est nobis et ille locus, ... 31 3,4: presbyter veniens de monasterio suo, qui ipsi ecclesiae deputabatur, senex integer et monachus a prima vita et, ut hic dicunt ascitis ... occurrerunt etiam et alii presbyteri, nec non etiam et omnes monachi ... 8,4: episcopus ... ex monacho (zu derselben Person 9,2: ipse autem sanctus episcopus ex monacho est); 14,2: presbyter iam senior et de scripturis bene instructus, id est qui ipsi loco praeerat ex monacho; 19,1: ecclesia cum episcopo vere sancto et monacho et confessore habet (cf. 5); 20,2; 23,1. 32 8,2: diese Interpretation könnte, wie auch die verschiedenen Orte der Wüstenwanderung, auf jüdische Tradition zurückgehen.
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reagierten, deren Erwartungen man entsprechen wollte. Solche Aufforderungen führten mehr oder weniger direkt zu (wohl meist falschen) Identifikationen – wie z. B. bei der Wüstenreise der Kinder Israels. Ähnlich wird man wohl die „Entdeckung“ der johanneischen Taufstelle bei Ainon bewerten müssen (14f.). In der Nähe von Skythopolis wird Egeria eine Kirche gezeigt, die wegen Melchisedek erbaut worden sei (Gen 14,18), dann werden einige Ruinen als solche des Melchisedek-Palastes identifiziert; Melchisedek war der König von Salem, und bei Ainon in der Nähe von Salem taufte Johannes (Joh 3,23), was Egeria zu einer entsprechenden Frage bewog; der Priester des Ortes weiß sofort die Stelle, eine Quelle, zu zeigen – und Egeria fand dort viele Mönche (15,3ff.).33 Egeria sieht die Autorität der Mönche in ihrer Lebensweise begründet und sie erkennt ihnen – quasi als Einheimischen – zu, die heiligen Orte besser zu kennen.34 Sie sagt auch, dass sich Mönche (und Einsiedler) nicht ohne Grund an einen Ort begaben (16,3), so dass die Anwesenheit von Klöstern einem Ort bereits eine Verbindung mit biblischen Stätten geben konnte. Die Mönche hatten also eine doppelte Funktion – Markierung der loca sancta, ihre Vermittlung, evtl. auch ihre Auffindung, schließlich ihre „Heiligung“. Dabei ist es auffällig, dass hier – entsprechend dem Befund bei Eusebius – vor allem alttestamentliche Plätze interessieren, also die Orte, die bereits seit langem identifiziert waren oder für die es mehrere widerstreitende Identifikationen gab. Mönche halfen noch in einer ganz anderen Weise bei der Entstehung der christlichen Erinnerungslandschaft Palaestina, auch wenn dies in gewisser Weise gegen die Idee des abgeschiedenen Lebens sprach.35 Schon in der vita Hilarionis heißt es (c. 14): Quod postquam auditum est, et longe lateque percrebuit, certatim ad eum de Syria et Aegypto confluebant: ita ut multi crederent in Christum, et se monachos profiterentur. Das hatte in diesem Fall mit dem Neuigkeitswert des Mönchtums zu tun, aber auch – wie Hieronymus impliziert – mit der Heiligkeit Hilarions. Wenn man nun aber die Heiligkeit der Mönche allgemein akzeptiert (Egeria bezeichnet sie ja oft genug als sancti), die Heiligkeit der großen Asketen – wie z. B. Sabas – im Besonderen, dann werden deren Orte in der Einsamkeit,
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Die Verortung der Melchisedek-Tradition war umstritten, auch wenn Eus. Onom. (Timm, 2017: 49) sie an etwa dieser Stelle nennt. Hieronymus erklärt aber (Timm 2017: 200*): sed et alia villa ostenditur usque in praesentem diem iuxta Aeliam contra occidentalem plagam hoc nomine… Iosefus vero Salem esse affirmat in qua regnavit Melchisedec. Dagegen bezog Hieronymus selber, ep. 73, 8, allerdings ausdrücklich Position und sprach sich ebenfalls für diesen Taufort aus. Interessanterweise hatten weder Paula noch Egeria eine präzise Vorstellung von einem Taufort, und die Gestaltung spricht sehr dafür, dass die Stelle hier zum ersten Mal im Pilgerbetrieb eine Rolle spielte. 34 E. g. 3,7: loca, quaecumque desiderabamus vel quae ipsi melius noverant, dignati sunt ostendere nobis; 10,8: euntibus nobis commonuit presbyter loci ipsius, ..., quem ipsum nobiscum rogantes moveramus de mansione, quia melius ipsa loca noverat ...; 12,3: tunc autem qui erant loci notores, id est presbyteri vel monachi sancti, dixerunt nobis; 16,3: tunc dixerunt nobis sancti, qui nobiscum iter faciebant, id est loci notores. 35 Allgemein zum Folgenden: Frank, 2000 (in erster Linie zu Besuchen bei den Mönchen Ägyptens, aber in der Sache übertragbar auf Palaestina).
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ihre Klöster, v. a. aber die Gräber der Klostergründer,36 selber zu heiligen Orten, die eine neue Form der christlichen Erinnerungslandschaft bildeten – eine Erinnerungslandschaft, die unabhängig von den Erzählungen des AT und des NT war.37 Die Viten der Mönchsväter, die jetzt entstanden, beweisen immer wieder die Heiligkeit ihres Gegenstandes, zeigen, wie die großen Mönche von Kaisern und Bischöfen geehrt, von Pilgern besucht werden. Die Lektüre dieser Biographien (e. g. v. Mel. 23) stand neben der Lektüre der Bibel, und damit wurden auch die Orte der Mönche zu Orten, die neben den loca sancta der Bibel standen, während gleichzeitig Mönche wie Euthymius und Sabas neben Moses und Josua gestellt wurden.38
3. Pilger Dieser Abschnitt lässt sich kurz abhandeln, weil Egeria hier pars pro toto stehen kann. Wenn sie die angebotenen Erklärungen ohne jeden angedeuteten Zweifel übernahm und an ihre Leserinnen weitergab, bedeutete das ja nur, dass sie von den Erklärungen überzeugt war und diese Überzeugung weitertrug. Für ihre Leser bestätigte jeder Pilger, der einen schriftlichen Bericht hinterließ, bestätigte jede Erwähnung eines heiligen Ortes (oder Gegenstandes) dessen Historizität – und schließlich kam man, vielleicht nicht in demselben Maße wie heute, mit Erwartungen in das Land, die ganz natürlich erfüllt und nicht hinterfragt wurden. Die Pilger akzeptierten, was sie vorfanden, ließen sich überzeugen und gaben durch ihre Autopsie der Erinnerungslandschaft eine zusätzliche Glaubwürdigkeit.
4. Heilige, Kleriker und Visionen Es gab manche Dinge, die in den Evangelien – und den Apokryphen – nur am Rande oder implizit erwähnt wurden, die es aber trotzdem gegeben haben muss. Auf welchem Weg, der nicht über Jerusalem führte, kehrten die hl. drei Könige in ihre Heimat zurück?39 Es musste Gräber der atl. Propheten geben (und
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Vgl. z. B. Hier. vit. Hilarionis 33 zur Verehrung des Todesortes und des Grabes; Kyrill, v. Euth. 50–59 zu den Wundern am Grab. 37 Pilger spielen in der Überlieferung zu den Mönchsvätern eine geringere Rolle als die Mönche in den Pilgerberichten. Aber wir sehen natürlich, dass die Klöster an Straßen gebaut wurden, und Kyrill, v. Euth. 17 spricht z. B. von 400 armenischen Pilgern, die auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho von der Straße abkamen und auf Euthymius trafen. 38 Jacobs, 2004:170. 39 Theodoros, Lobrede auf Theodosios p. 15 Usener zu der Identifikation der Höhle, in der die Könige sich auf der Heimreise aufgehalten hatten: καὶ ἀπίθανον οὐδὲν τοῖς εὖ φρονοῦσιν. πρῶτον μὲν γὰρ διὰ Ἱεροσολύμων τὴν πορείαν ἔτι μὴ ποιεῖσθαι μέλλοντας οὐ πάνυ τι εὐχερὲς ἑτέρωθεν αὐτοὺς οἰκάδε ἐπανιέναι μὴ ἐνθένδε παριόντας, ὥσπερ ὁρῶμεν καὶ νῦν τὴν συνήθειαν ταύτην κεκρατηκυῖαν ἐπὶ τῇ τῶν παροδευόντων ἀπὸ τῆς Βηθλεὲμ ἤτοι τῆς περιχώρου αὐτῆς. Der Autor fährt fort, dass es viele solcher Ereignisse gegeben habe, die zwar stattgefunden haben mussten, aber keinen Eingang in die Schrift gefunden
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tatsächlich hatte man hierüber eine reiche, fast überreiche, da nicht immer eindeutige Tradition). Von Stephanus wird gesagt, dass er von gottesfürchtigen Männern begraben worden sei (Apg 8,2) – aber Ort und Umstände wurden nicht erwähnt. Solche Leerstellen verlangten danach, aufgefüllt zu werden, sei es durch Übernahme einer fama, sei es mit anderen Gründen. Der wichtigste dieser anderen Gründe war meist eine Vision, oft eine mehrfach sich wiederholende Vision, die am ehesten Mönchen und Priestern zuteil wurden40 – nicht zuletzt wohl, weil diese ein heiligmäßigeres Leben führten als die Laien. Vor allem Gräber und Reliquien wurden auf diese Weise gefunden. Diese Visionen konnten direkt von Gott ausgehend gedacht werden (Soz. HE 7,29,2 zur Auffindung der Gräber der Propheten Habakuk und Micha), sie konnten von einem nicht direkt betroffenen Heiligen kommen (Soz. HE 9,2,7 erscheint der hl. Thyrsus, um auf die Reliquien anderer aufmerksam zu machen), aber in vielen Fällen kommt die Initiative direkt von den heiligen Männern, die gefunden werden wollen: Johannes der Täufer erschien zwei, sagen wir: Pilgern, denen er sich im Traum offenbarte und den Platz angab, wo sein Haupt in Jerusalem zu finden sei.41 Auch die Umsiedlung des Kopfes nach Emesa wurde durch Johannes selber ausgelöst, ebenso etwas später der erneute Fund in Emesa.42 In Emesa hatten: πολλὰ δὲ μὲν οὕτω γεγενημένων, τῇ θείᾳ δὲ μὴ ἐμφερομένων γραφῇ οὕτως ἔχειν πεπιστεύκαμεν πράγματα, ὡς αὐτὴ μόνον παραδίδωσιν ἡ φήμη. 40 Allgemein z. B. Maraval, 1989: 583ff. – Das erste bisher bekannte Beispiel einer solchen Vision bietet Damasus, ep. 21 zu Eutychius: nocte sopifera turbant insomnia mentem, ostendit latebra insontis quae membra teneret, quaeritur, inventus colitur, fovit omnia, prestat. 41 Eine lateinische Übersetzung aus einem arabischen Synaxarium der Maroniten findet sich Acta Sanctorum, Iun., vol. IV p. 712 (über Herodes): abscondit illud (scil. caput Joannis Baptistae) in domo sua ... Über den Ort des Hauses wird nichts Präzises gesagt; er ist auch für die folgende Geschichte nur mäßig erheblich; sie spielt in der Zeit nach dem Konzil von Nikaia (p. 713): habitaverunt autem in ea (scil. im Haus des Herodes) duo peregrini ... contigit autem quadam nocte et ecce apparuit in somno Sanctus, et quis esset indicavit, et docuit locum capitis, et praecepit ut portarent illud ad habitationem suam ... processerunt ad locum quem indicaverat illis sanctus; et foderunt, et invenerunt urnam fictilem signatam; et cum aperuissent illam, ascendit ad eos inde odor suavissimus: tum comparuit caput Sancti, quod ipsis quasi benedictionem impertiri videbatur. Tunc id ... portaverunt ad domum suam, et posuerunt in armario, et maximo honore venerati sunt illud suspensa ante id lampade. Nach ihrem Tod ging dieser Schatz von Hand zu Hand, bis er wieder entdeckt werden will (p. 715): et ecce denuo Sanctus apparuit Marciano cuidam in nocte scilicet in somno; et docuit ipsum locum capitis sui, qui et confestim abiit, idque eruit ex indicato loco, ... 42 S. v. a. Acta Sanctorum, Iun., vol. IV p. 716–718 (griechisch vom Archimandriten Markellos [davon ausgehend die Notiz des Marcellinus comes zum Jahr 453]; lat. Übersetzung des Dionysios Exiguus; BHL 4290; vgl. auch 4291; die fast identische Geschichte auch BHO 485). Wieder kommen zwei Mönche aus dem Osten, wieder erscheint ihnen der Täufer und fordert sie auf, im Haus des Herodes nach seinem Kopf zu suchen. Wieder gibt es eine zweite Vision: sie fanden das Haupt und bargen es in sacco cilicino. Sie machten sich mit dem Haupt auf den Weg in ihre Heimat. Bis hierhin ist die Geschichte eine Variante der oben aus dem arabischen Synaxarium geschilderten Geschichte. Den beiden Mönchen gesellte sich auf der Reise ein Töpfer aus Emesa zu, der (unwissend) das Haupt zu tragen erhielt – und diesem Töpfer erschien der Täufer ebenfalls und sagte ihm, er solle
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schließlich wurde der Kopf in einem Glasbehälter gezeigt, um damit zu beweisen, dass nicht in Konstantinopel, sondern eben hier der richtige Kopf sei.43 Die Märtyrer Lukas, Phokas und Romanus erschienen einem Gärtner und fragten ihn: „weißt du wer wir sind?“ In einer weiteren Erscheinung sollten sie ihm sagen, wo ihr Grab sei, dessen Ort dann dem Bischof der Stadt gezeigt wurde, der – erfolgreich – nachgraben ließ (Johannes Rufus, Petrus der Iberer p. 100ff. Raabe; 211ff. Horn/Phenix). Der Prophet Zacharias leitete die Auffindung seines eigenen Grabes am Ort Kaphar Zacharia mit einer Vision ein.44 Etwa zu derselben Zeit erschien Gamaliel dem Priester Lukianos am Ort Kaphar Gamala und erklärte ihm, Lukianos solle zum Bischof nach Jerusalem gehen, weil „sie“ unter diesem Bischof entdeckt werden wollten.45 Meistens handelte es sich um Traumvisionen, aber wir kennen wenigstens einen Fall zu Beginn des 6. Jhs., in dem klar gesagt wird, der Heilige sei οὐ καθ᾽ ὕπνον, ἀλλὰ φανερῶς erschienen.46 Eine ähnliche Geschichte wird in einer mittelalterlichen, lateinischen Handschrift aus dem 10. Jh. über die Auffindung des Jakobus-Grabes in Jerusalem erzählt – und selbst wenn Kyrill hier als Bischof genannt wird, so scheint es doch möglich, dass das griechische Original nach dem Fund des Stephanos-Grabes entstanden ist.47 sich von den beiden trennen und mitnehmen, was er trage. So gelangte das Haupt des Täufers nach Emesa. Nach dem Tod des Töpfers gelangte die Reliquie nach mehreren Stationen in die Hände eines häretischen Priesters (πρεσβύτερος ἑτερόδοξος), der die Wunder des Hauptes sich selbst zuschrieb. Schließlich wurde das Haupt aber vom Archimandriten Markellos gefunden, auf dessen Worte dieser Bericht zurückging. – U. a. bezeugt AP 46 das Haupt in Emesa. 43 AP 46 mit Wiśniewski, 2018: 207; cf. 158. – Bezeichnenderweise notiert das Chronicon Paschale den Fund des Johannes-Hauptes unter zwei Daten mit jeweils unterschiedlichen Umständen, nämlich 391 und 453. 44 Soz. HE 9, 17, 2. Bezeichnend ist, dass ein Teil des Fundes mit Verweis auf ein apokryphes hebräisches Buch erklärt werden kann; cf. Speyer, 1970: 85ff. 45 Quellen hierzu in CIIP IV 3190; ansonsten s. jetzt Labadie, 2021. – Zur kirchenpolitischen Bedeutung des Stephanus-Fundes in der Situation des damaligen Palaestina s. Wiśniewski, 2018: 107f. 46 IGLS XV 1, 177 (Ezraa/Zorava), wo eine Kirche dem – auch sonst im Osten hochverehrten – Georg geweiht ist: ἀνήρ τις φιλόχριστος, ὁ πρωτεύων Ἰωάννης ... ἐξ ἰδίων δώρον θεῷ προσήνεγκεν ἀξιοθέατον κτίσμα, ἱδρύσας ἐν τούτῳ τοῦ καλλινίκου ἁγίου μάρτυρος Γεωργίου τὸ τίμιον λίψανον τοῦ φανέντος αὐτῷ Ἰωάννῃ – οὐ καθ᾽ ὕπνον, ἀλλὰ φανερῶς. Zum Kontext vgl. dal Santo, 2012: 156: „contemporary miracle collections continually affirmed that apparitions of the saints were real and not an illusion (φαντασία), even when such apparitions occurred, as they mostly did, while their beholder was asleep“. – Selbstoffenbarung der Heiligen im Traum gegenüber einer Ungläubigen, Sophronios, PG 87 c, 3512. 47 AnalBoll 8, 1889, 123f. (BHL 4099; Ü: Küchler, 2007: 718f.); ich zitiere nur aus der ersten Vision des Epiphanios die Anrede des Jakobus an Epiphanios: Viriliter age, Epiphane, et confortare; invenisti enim gratiam in conspectu Dei. etenim remittuntur tibi peccata tua. surgens enim ingredere civitatem et manifesta temetipso episcopo civitatis, et dic ei ut veniens et fodiens hic abstollat nos: quia absconditi sumus in terra a tanto tempore et inmemores sumus, principi sacerdotum dum sistimus. ut enim cognoscas quis ego sum, ego sum Jacobus frater Domini. ceteri qui mecum sunt Simeon sacerdos est et Zaharias. Die Vision muss sich wiederholen, aber der Bischof Kyrill ist unsicher und denkt an visiones fallaces; Epiphanios wird in einer dritten Vision aufgefordert sich „ad Paulum,
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Natürlich sind solche Selbstoffenbarungen nicht auf Palaestina und Syrien beschränkt.48 Diese Visionen, so wichtig sie sind, waren nicht die einzigen Beglaubigungen der Funde. Egeria berichtet (16,5f.), dass einem heiligen Mönch (sanctus monachus, vir ascitis) ein Ort offenbart wurde, an dem er graben sollte: man fand eine Höhle, ging 1000 Schritte weit hinein, fand einen Stein mit Inschrift (invenerunt sculptum in cuperculo ipsius „Iob“), der dem Fund einen Namen gab. Eine solche, weitere Bestätigung war u. a. nötig, weil bereits Eusebius zwei Orte als Heimat des Hiob kannte.49 Eine Vielzahl von Bestätigungen findet man besonders im Fall des Stephanus, dessen Grab ja besonders wichtig war, weil er nicht nur eine ntl. Figur war, sondern in dieser Zeit bereits als erster Märtyrer galt. In einem Ort namens Kaphar Gamala lebte der Priester Lukianos, dem in drei Nächten ein dignus sacerdos erschien, der ihn dreimal beim Namen rief und ihm auftrug, nach Aelia zu gehen, und dem Bischof Johannes zu sagen, dass sie unter ihm entdeckt werden wollten. Auf die Frage, wer entdeckt werden sollte, antwortete er, er sei Gamaliel (der Lehrer des Paulus, vgl. auch Apg 5,38), mit ihm begraben seien sein Sohn Abibas, sein Freund Nikodemos (Joh 3,1ff.; 7,50ff.; 19,39ff.) und eben Stephanos, für dessen Begräbnis er gesorgt habe. Die Gruft wurde genau beschrieben, aber Lukian suchte zuerst an einer falschen Stelle, worauf Migetios, ein einfacher Mönch (innocens et simplex vir), eine Vision hatte, die die richtige Stelle zeigte – einen Ort, „qui dicitur Syra lingua Debatalia, quod interpretatur in Graeco ἀνδρῶν ἀγαθῶν“. Die Gräber wurden gefunden, die Steine trugen Inschriften, hebräische Worte in griechischer Schrift „CELIHEL, quod interpretatur Stephanus Dei, et NASOAM , quod interpretatur Nicodemus, et GAMALIEL“ – und diese Erklärung kam vom Bischof selbst. Der theca des Stephanus entstieg sofort großer Wohlgeruch, der den Ort erfüllte. Eine griechische Version (B) berichtet dann von den zahlreichen Wundern, die die Reliquien des Stephanus vollbrachten.50 Hier stehen ganz unterschiedliche Beglaubigungstechniken nebeneinander: a) die Visionen, die Lukian und Migetios erhielten; b) die Etymologien von Debatalia und Kaphar Gamala, was als „villa Gamalielis“ verstanden wurde; c) die
primum civitatis“ in Eleutheropolis zu wenden – und dann werden die Heiligen gefunden und vom Bischof anerkannt und im Sion zur Ruhe gebettet. 48 Shenute v. Atripe erwähnt z. B. die Auffindung von Märtyrerreliquien auf Grundlage von Selbstoffenbarungen, s. Schenoudi, Oeuvres I p. 212 Amelineau. 49 Eus. Onom. p. 92; 142 Timm (Hieronymus erklärte in seiner Übersetzung einen für falsch [Timm, 2017: p. 93*: licet mihi longe aliter videatur]). Auch der Pilger aus Bordeaux hatte das Grab an einem anderen Ort, p. 25, 5f. Geyer. 50 Avitus (ed Vanderlinden, 1946: 178ff.): primus martyr Stephanus se revelare et manifestare signis et virtutibus evidentissime consequentibus dignaretur. Vgl. zu Heilwundern auch Augustinus, sermo 67 a: hic cotidie fiunt miracula sanitatum per memoriam beatissimi et gloriosissimi martyris praesentis in hoc loco. – Mit dem Grab wurden auch Steine entdeckt, mit denen Stephanus gesteinigt worden war (Augustinus, sermo 323, 2; AP 22), schließlich auch der Fels, auf dem Stephanus starb (Adomnanus 18,2: hic petra monstratur, super quam Stefanus lapidatus extra civitatem obdormivit).
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Inschriften,51 bei denen die Etymologien der Namen eine zusätzliche Bestätigung gaben; d) die Beteiligung des Bischofs an der Interpretation;52 e) der Duft aus der theca des Stephanus und die folgenden, von seinen Reliquien gewirkten Wunder; f) schließlich die Anknüpfung an das NT, das ja nicht nur das Begräbnis als solches erwähnte, sondern auch Gamaliel und Nikodemos kannte. Die Geschichte – mit ihren Bestätigungen – wurde sofort niedergeschrieben und übersetzt, und dieser Akt des Schreibens war wichtig für ihre Verbreitung wie Akzeptanz. Mit den Schriftstücken gingen auch Reliquien in die Welt hinaus, und auch deren Echtheit wurde gegen Zweifel bestätigt – was eine erneute Bestätigung des ursprünglichen Fundes war.53 Visionen dienten schließlich noch dazu, eventuelle Zweifel an einer Lokalisierung auszuräumen. Das beste Beispiel betrifft das Mose-Grab auf dem Berg Nebo. Egeria sah dort in einer Kirche „einen etwas erhöhten Platz, der etwa so groß war, wie Grabmale gewöhnlich sind“ (12,1; Ü Röwekamp); auf ihre Frage sagte man ihr: hic positus est sanctus Moyses ab angelis, quoniam, sicut scriptum est, sepulturam illius nullus hominum scit (Dtn 34,6), quoniam certum est eum ab angelis fuisse sepultum. Nam memoria illius, ubi positus sit, in hodie non ostenditur; sicut enim nobis a maioribus, qui hic manserunt, ubi ostensum est, ita et nos vobis monstramus: qui et ipsi tamen maiores ita sibi traditum a maioribus suis esse dicebant.54 Die Überlieferung der Vorfahren war letztlich nicht genug angesichts der bedenklichen Auskunft des AT, und gut 100 Jahre später erzählt Johannes Rufus eine andere, bessere Beglaubigung – die auf der Offenbarung an einen Hirten beruht.55
5. Literaten Die Erwähnung der Vorfahren als Träger letztlich glaubhafter Traditionen führt uns zu einem offenbar immer wieder als schwierig angesehenen Punkt: wie konnten Gegenstände der Heilsgeschichte die Zeit bis zu ihrer Auffindung überstehen, und wie konnte man glaubhaft machen, dass ein erst im 4., 5., 6. Jh. gefundener Gegenstand tatsächlich auf Jesus oder einen Heiligen zurückging? Bei Stephanus, bei Johannes d. T. u. a. waren es die Visionen, die die Echtheit garantierten und 51
Natürlich in griechischer Schrift, denn Stephanus gehörte ja zu den Hellenisten (Apg 6,1ff.). 52 An der Entdeckung des Jakobusgrabes am Ölberg war – neben dem die Visionen empfangenden Mönch Epiphanios – auch der Jerusalemer Bischof Kyrill beteiligt, AnalBoll 8, 1889, 123f.; cf. Abel, 1919: 480ff.; Cronnier, 2016: 293. Nebenbei heißt das wohl, dass sich die Identifikation des von Eusebius erwähnten Jakobusgrabes (s. oben Anm.13) nicht durchhalten ließ. 53 S. oben zu den Zweifeln der Frau aus Uzalis; neben den Visionen sind es natürlich die Wunder der Reliquien, die als Bestätigung der Auffindungserzählungen und der Echtheit galten. 54 Die Stelle ist textkritisch schwierig, s. Röwekamp, 1995: 170f. n. 60 mit der Diskussion verschiedener Möglichkeiten. Vgl. ansonsten zu φήμη oben. 55 Vita Petr. 120 p. 85ff. Raabe (176ff. Horn/Phenix); cf. Cronnier, 2016: 31ff.; Wiśniewski, 2018: 113.
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auf die man auch nicht ganz verzichten konnte. Aber dabei blieb es nicht: es wurden v. a. Besitzerketten aufgezeigt, wie es in Ansätzen schon bei Johannes d. T. geschehen war, es wurde nach Gründen gesucht, weshalb die Christen sich nicht bereits vorher dieser wichtigen Beweise des Heiles versichert hatten. Hier bildet sich spätestens im 5. Jh. ein Schema heraus, das wir vermutlich literarisch nennen müssen und das dazu dient, die genannten Fragen zu beantworten.56 Hier vermuten wir also Literaten als Akteure – auch wenn die schematische Ähnlichkeit der Verifikationen durchaus etwas von mündlicher Entstehung und Tradition an sich haben mag. Das berühmteste Beispiel für eine Entwicklung der Erzählformen bieten sicher die Kreuzeslegenden, in denen meist Helena eine wichtige Rolle spielte, aber man kann derlei auch noch im 7. Jh. bei der Präsentation des Schweißtuches (cf. Joh 20,6f.) beobachten. Da es gerade über die Auffindung des Kreuzes, die ja eng mit dem Grab und der Anastasis verbunden ist, eine unendliche Literatur gibt, kann ich versuchen, mich hier kurz zu fassen.57 Wir haben hier mehrere, teilweise noch zeitlich fassbare Entwicklungsstufen vor uns58 und müssen daran denken, dass es wohl weder für das Grab noch für die Hinrichtungsstätte eine Tradition gab, die sich in die 1. Hälfte des 1. Jhs. hätte verfolgen lassen – auch wenn Joh 19,41 sagte, dass diese beiden wichtigen Punkte nah beieinander gelegen hätten. Trotzdem wurde schon vor Konstantin die Hinrichtungsstätte gezeigt,59 weshalb man wohl nach dem Grab in der Nähe suchte – es unter Konstantin identifizierte und die Kirche baute. Das Kreuz aber trat erst unter dem Bischof Kyrill in Erscheinung – und Helena taucht in diesem Zusammenhang in den uns erhaltenen Quellen zum ersten Mal bei Ambrosius auf.60 Neben den – leicht unterschiedlichen, teilweise auf Gelasius von Caesarea (F 20) zurückgehenden – Versionen der Helena-Legende gibt es noch eine Protonike- und eine Judas Kyriakos-Legende, die ebenfalls von den Geschicken des Kreuzes sprechen (die Judas Kyriakos-Legende wurde nicht nur durch die legenda aurea zur verbreitetsten dieser drei Versionen, sondern ist zurecht berühmt durch ihre Darstellung in den Fresken des Piero della Francesca in Arezzo). Letztlich dienen alle diese Varianten der Legitimierung des Kreuzfundes und der Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragen. Die Verbindung mit Helena ist geradezu selbstverständlich: sie war in Palaestina gewesen, Konstantin hatte 56
Über den präzisen Ort im Leben solcher Fragen lässt sich wenig sagen; manche Fragen – und die anschließenden Verifikationen – mögen durchaus dem Jerusalemer Pilgerbetrieb ihre Entstehung verdanken. 57 Trotz der Menge an Literatur gibt es immer noch Fragen, von denen Drake, 2017: 107 jüngst eine ganz knapp stellte: „How Helena worked her way into the cross legend remains something of a mystery“. 58 Drijvers, 1992; Baert, 2004; Drijvers, 2011: 125ff.; zu Protonike auch Drijvers, 1997: 298ff. Dort, v. a. bei Drijvers, 1992 finden sich die wichtigsten Quellen, teilweise in Übersetzung. 59 Eus. Onom., Timm, 2017: p. 92: καὶ δείκνυται ἐν Αἰλίᾳ πρὸς τοῖς βορείοις τοῦ Σίων ὄρους. 60 Johannes Chrysostomos scheint noch nichts von Helena zu wissen, fragt sich aber, wie das richtige Kreuz identifiziert worden sei, in Ioannem Hom. 85 (PG 59, 461; wohl späte 390er Jahre).
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die Grabeskirche gebaut, in der inzwischen das Kreuz gezeigt wurde – welch bessere Legitimation als durch die höchste weltliche Autorität? Mit dem Kreuz war ein titulus gefunden worden, außerdem zwei weitere Kreuze und die Nägel. Die Sibylle hatte den Fund vorhergesagt, so dass sogar Heiden ihn akzeptieren mussten. Helena hatte eine Vision, die sie zur Suche aufgefordert hatte; das echte Kreuz erwies sich durch seine Heilkraft (zwischen 356 und 360 hören wir zum ersten Mal von der wundertätigen Heilkraft einer Reliquie61). Schon Ambrosius kennt die Vorstellung, dass böse Menschen das Kreuz vergraben hätten (de obitu 44); Sulpicius Severus war deutlicher: Juden waren dafür verantwortlich, da sie nach dem Tod Jesu seine Anhänger daran gehindert hätten, das Kreuz zu verehren (Chron. 2,31ff.). Sozomenos sagt, Helena habe das Kreuz jedenfalls nicht gefunden, weil ihr ein Jude den Ort auf Grund einer von dessen Vorfahren herrührenden Überlieferung verraten habe (und Verarbeitungen dieser Idee finden sich auch bei Paulinus v. Nola, ep. 31, 1). Dass das Kreuz nicht sofort verehrt und immer erhalten blieb, war damit durch die Helena-Legende hinreichend erklärt – sollte man meinen. Trotzdem führte diese Frage ca. zwei Generationen nach Gelasius zu den beiden nächsten Legenden zur Kreuzauffindung, der Protonike- und der KyriakosLegende; in beiden ist der Anti-Judaismus stärker, vor allem aber sollen sie das Narrativ der Helena-Legende erweitern. Protonike, die Gattin des Claudius, reiste nach Jerusalem, um Kreuz und Grab zu sehen, doch erklärte ihr der Herrenbruder Jakobus, dass die Juden das Grab kontrollierten und den Christen selbst den Zutritt zum Gebet verweigerten und noch nicht einmal bereit seien, ihnen das Holz des Kreuzes zu überlassen. Protonike befahl den Juden, Golgatha an die Christen zu übergeben, und fand im Grab drei Kreuze. Dort starb ihre Tochter, aber die Berührung mit dem dritten, dem echten Kreuz erweckte sie wieder zum Leben. Dann heißt es: „She took the cross of the Messiah and gave it to James that it might be kept in great honor. She also gave orders that an especially great edifice be built over Golgotha and over the tomb ... in order that these places might be honored and that there might be an appointed place for prayer and an assembly for worship“. 62 Hier endet die Legende – und was mit dem Gebäude passierte, wird nicht mehr gesagt. Es geht auch tatsächlich um etwas anderes, nämlich um die Frage, weshalb die Christen Kreuz und Grab nicht von Anfang an verehrten.63 Aber ... wie verschwand das Kreuz wieder? Hier scheint die Geschichte des Judas Kyriakos einzusetzen.64 Unter dem grausamen Kaiser Trajan wurden die 61
Wiśniewski, 2018: 23f.; 31f. Drijvers, 1992: 150. 63 Vgl. Heid, 1991: 81. 64 Drijvers/Drijvers, 1997. Das Verschwinden des Kreuzes wird nicht in allen Varianten der Kyriakos-Legende ausdrücklich thematisiert, aber s. bes. Drijvers, 1992: 173 n. 192 für BL Add. 12174 (ed. Nestle, 1889); dort p. 41f. das folgende Zitat. – Zu einem strukturellen Vergleich zwischen Judas Kyriakos und der Stephanus-Auffindung s. auch Jacobs, 2004: 177ff. 62
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Christen wieder verfolgt, so natürlich auch in Jerusalem. Dort versammelten sich die Juden gegen den Bischof Simeon, legten Hand an ihn und schmähten ihn. „Die Juden aber, die den Simeon marterten, nahmen von ihm das Holz des Kreuzes unseres Erlösers ... Und die Juden beschlossen es in ... der Erde zu verbergen, damit die Christen Christum nicht mehr anbeten sollten ... Sie ... gruben in der Erde gegen 20 Ellen tief und verbargen es“. Helena wiederum versammelte 500 besonders gelehrte Juden und befragte diese – die Geschichte hat nun einige Wendungen, ein gewisser Judas wird für sieben Tage in einen trockenen Brunnen geworfen, bat dann Helena um Befreiung und sagte ihr nach einem Gebet, wo das Kreuz zu finden sei. In 20 Ellen Tiefe fand er drei Kreuze, die er in die Stadt zur Kaiserin brachte – und als um die 9. Stunde ein Toter vorbeigetragen wurde, legte Judas die drei Kreuze auf ihn – und das echte Kreuz erwies sich. Helena hüllte das Kreuz in einen wertvollen Behälter, baute eine Kirche, und Judas wurde getauft und zum Bischof Jerusalems.65 Dasselbe Problem, wie nämlich ein Gegenstand aus der Zeit Jesu so lange verborgen bleiben konnte und wie man trotz der Länge der Zeit seine Echtheit beweisen könne, taucht in dem Bericht auf, den der gallische Bischof Arkulf im ausgehenden 7. Jh. über seine Reise nach Palaestina gab. Der Evangelist Johannes berichtet von dem Schweißtuch, τὸ σουδάριον, das Jesus im Grab um das Haupt gebunden worden sei, das nach der Auferstehung aber nicht bei den Leinentüchern lag, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort (20,6). Im 6. Jh. sei es, so der Pilger aus Piacenza (12), der es aber nicht sah,66 in der Nähe der Taufstelle aufbewahrt worden – aber früher hören wir nichts ihm. Arkulf hingegen sah das Tuch in Jerusalem, was ein erster Beweis für die Echtheit ist (9,1): qui illud propriis conspexit obtutibus; die Geschichte werde außerdem von der gesamten Bevölkerung Jerusalems für wahr gehalten (narrationem, quam totus Hierosolymitanus veram esse protestatur populus), und schließlich hätten sie fideles Hiersolymitani cives öfters erzählt. Anders gesagt: der Augenzeuge ist zuverlässig, seine Quellen sind es auch – und sei es aus moralischen und religiösen Gründen.67 Ungefähr drei Jahre früher sei das Tuch nach langer Zeit aufgetaucht (9,2). Hier wird also eine Neuigkeit verkündet – was das Legitimationsbedürfnis in Jerusalem erhöht haben dürfte. Irgendwie musste das Tuch gerettet worden sein und die Jahrhunderte überdauert haben, wobei das Wissen um seine Bedeutung nicht verloren gegangen sein durfte. Diese Bedingungen waren erfüllt: quidam 65
Strukturell ähnlich ist die von Shoemaker, 2006: 75ff. edierte syrische Variante aus dem späten 5. oder frühen 6. Jh. Auch diese Geschichte soll erklären, weshalb die frühen Christen sich nicht für die Zeugnisse der Kreuzigung interessieren konnten: es habe zum einen an den Juden gelegen, zum anderen sei es der Wille des Herrn gewesen, dass das Kreuz erst später gefunden werde. 66 Hier. ep. 46, 5 über Besuche im Grab: et paulatim ibidem commorantes rursum videmus angelum sedere ad pedes eius, et ad caput sudarium convolutum. 67 Aist, 2018: 20 sieht in Arkulf ein “conduit of Jerusalem tradition”. Im Folgenden tut Adomnanus so, als ob Jerusalem eine durch und durch christliche Stadt wäre (cf. Aist, 2018: 192f.), auch wenn er später nicht nur Moslems, sondern auch Juden in der Stadt erwähnt. – Deutsche Zitate aus Adomnanus nach Donner, 2002.
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satis idoneus credulus Iudaeus entwendete das Tuch nach der Auferstehung und behielt es lange Zeit bei sich; als er starb, fragte er seine beiden Söhne, ob sie lieber das Schweißtuch oder sein Vermögen haben wollten. Der Sohn, der auf das Schweißtuch verzichtet hatte, verlor im Laufe der Jahre seinen Besitz, während der Bruder, der das Schweißtuch gewählt hatte, auch an Reichtum wuchs (magis ac magis crescens donante deo terrenis etiam opibus est ditatus nec fraudatus caelestibus). „Und so übergaben die Väter den Söhnen aus der Nachkommenschaft dieses dreimal glücklichen Menschen das Schweißtuch getreulich im Erbgange, die Gläubigen den Gläubigen nach ihrer Familienfolge bis zur 5. Generation“ (c. 9, 8). Nebenbei bestätigt die Wirkung des Tuches seine Echtheit. Nach der fünften Generation ging das Schweißtuch in den Besitz ungläubiger Juden über (in manus aliquorum infidelium Iudaeorum), die zwar des Geschenks unwürdig waren, es aber in Ehren hielten und überaus reich wurden. „Als die gläubigen Juden im Volke die wahre Geschichte vom Schweißtuch des Herrn hörten, begannen sie, mit den ungläubigen Juden um das heilige Leinentuch ... zu streiten“ (c. 9, 10). Der zeitliche Abstand wird hier nicht mehr genau angegeben, was letztlich dazu dient, in die Gegenwart überzuleiten, denn dann ist sofort von dem Sarazenenkönig Mavias die Rede – das ist Muʿāwiya, der von 661–680 den Titel eines Kalifen trug. Als er angerufen wird, überantwortet er das Tuch dem Feuer. „Zwischen euch ... richte das Feuer durch die Flamme, damit wir erfahren, welche der beiden ... Parteien einer solchen Gabe würdig ist.“ Das Schweißtuch entschied sich für die „Christen, die inzwischen Christus als Richter angerufen hatten“ (c. 9, 13). Die Christen legten das Tuch in einen Schrein der Kirche – und Arkulf sah es, als es aus dem Schrein herausgenommen wurde. „Es ist ungefähr acht Fuß lang“ (c. 9, 16). Donner schrieb dazu: „Diese abgeschmackte Geschichte, ein würdiger Vorläufer späterer Schweißtuchspekulationen, bedarf keines Kommentars.“68 Aber die Unwahrscheinlichkeit seiner Erzählung war auch Arkulf bewusst. Es gibt daher eine Vielzahl von Elementen, die der Beglaubigung dienen sollen: Das wichtigste Element der Neuheit war sicher die Tatsache, dass dieses Tuch damals auftauchte – und man mag sich fragen, ob nicht andere Erzählungen von heiligen Tüchern in dieser Zeit Anlass dazu geboten hatten. Wichtig war aber erst einmal wieder ein biblischer Ansatzpunkt, der noch von keinem anderen Gegenstand besetzt war; die mündliche Überlieferung wird betont – die gesamte Bevölkerung erzählt es, zahlreiche fromme Bürger bestätigen es, Arkulf hatte aufmerksam zugehört. Es wird eine Geschichte erzählt, die mehrere Elemente besitzt, die wir teilweise alle schon kennen: das Schweißtuch gibt seinen Besitzern Reichtum, die Reihe der Besitzer überbrückt die Zeiten; es war – wie auch andere Relikte und Reliquien – eine Zeitlang in jüdischen Händen, was überhaupt erst 68 Donner, 2002: 330 n. 36. – Dietz, 2005: 122f. verbindet das Auftauchen des sudarium bei Arculf mit der Geschichte des Edessener Abgarbildes, verbindet dann die Geschichte der Feuerprobe mit den Brandflecken des sindone. Chronologisch wäre das genau passend, aber s. n. 70.
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das Problem seiner Verifikation hervorrufen konnte. Es wird weiter bestätigt durch das Gottesgericht im Feuer, durch die weltliche Autorität des Muʿāwiya – und wir brauchen letztlich weder Vision noch göttliche Eingebung, um die Echtheit des Schweißtuches zu belegen. Anders gesagt, wir haben hier eine Reihe von Erzählmustern, die wir kennen, und deren wichtigster Zweck es ist, die Wahrscheinlichkeit der Geschichte zu erhöhen.69 Die Gesandten Karls des Großen fanden das Sudarium übrigens immer noch in der Grabeskirche vor.70
6. Fazit Es ging im spätantiken Palaestina immer wieder darum, die christliche Erinnerungslandschaft zu begründen und zu erweitern. Dabei konnten nicht nur Orte, sondern auch Gegenstände einen Teil der Erinnerungslandschaft bilden. Ansatzpunkte gaben das AT, das NT, die neutestamentlichen Apokryphen,71 schließlich Lücken in den Erzählungen. Es muss immer wieder bewiesen werden, dass ein solcher Erinnerungsort tatsächlich ein Ort der Heilsgeschichte ist, dass ein Gegenstand sich tatsächlich bis zu den Erzählungen zurückverfolgen lässt, mit denen er verbunden wird. Ausnahmen bilden natürlich die Mönche, die eine eigene Schicht an Erinnerungen über das Land legten, letztlich nicht hinterfragbar, sondern bestenfalls von den dogmatischen Auseinandersetzungen berührt, die – je nach Standpunkt – an der Heiligkeit des einen oder anderen Asketen zweifeln lassen konnten. Sonst aber musste die Zeit zwischen der Entstehung eines Gegenstandes und der Gegenwart des Finders überbrückt werden, musste gezeigt werden, dass ein Ort tatsächlich der in der Bibel genannte und gemeinte Ort war. Prinzipiell sind das ja ganz vorzügliche Fragen, die wir bei jedem spektakulären Fund ähnlich stellen würden. Woher stammen die Tagebücher eines Diktators, wie wurden sie aufbewahrt, haben sie das entsprechende Alter, stimmt die Handschrift usw. Auf solche Fragen sind natürlich immer unterschiedliche Antworten möglich, wie die bundesdeutsche Mediengeschichte eindrucksvoll bezeugt. Wir müssen uns also immer vor Augen halten, welche Möglichkeiten in der Spätantike zur Beantwortung solcher Fragen existierten – und müssen vor diesem Hintergrund über Ernsthaftigkeit oder Leichtgläubigkeit der vorgeführten Bemühungen urteilen. Echtheitskritik im materiellen Befund war kaum zu leisten, hier gab es wenig Vorbilder, wenig Methoden. Wer hätte sagen sollen, ob die theca des Stephanus tatsächlich aus der 1. Hälfte des 1. Jhs. stammte, oder wer hätte etwas über das Alter und die Herkunft des sudarium sagen können? Und man denke bloß daran, dass es selbst heute noch Menschen gibt, die glauben, der sog. titulus crucis in Santa Croce, Rom, könne aus dem 1. Jh. n. stammen.72 Für 69
Cronnier, 2016: 127ff. zu Kleidern Jesu, die im 5. Jh. auftauchen. Commemoratorium 1 p. 200 McCormick, 2011: ad sanctam crucem et sudarium (presbiteri) I; Aist, 2018: 86f., meint, dort sei es auch vorher aufbewahrt worden. 71 Das bekannteste Beispiel ist sicher die Kirche kurz vor Bethlehem, dort, wo Maria sich niedergelassen hatte – Kathisma Mariae. 72 Es gibt andere Beispiele dafür, wie man versuchte, in der Antike die Schrift einer vergangenen Zeit nachzuahmen, die aber im Grunde ebenfalls missglückt sind, e. g. IGUrbRom II 339. 70
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Provenienzforschung im heutigen Sinn des Wortes fehlten nicht nur die intellektuellen Voraussetzungen, sondern v. a. die Dokumentationen. Gleichzeitig gab es, aus unserer Sicht vielleicht, Grenzen der Kritik, die in dem eigenen Glauben und der eigenen Überzeugung liegen. Weder die Existenz des Moses noch die Berichte über ihn wurden angezweifelt, und dieselbe Haltung hatte man zu den Erzählungen über Jesus. Man glaubte an Gottes Wirken in der Geschichte, glaubte damit an die Traditionen, an Wunder, an die Vermittlungsfähigkeit von Heiligen, und damit auch an die Wirkkraft von Reliquien und Relikten. Das alles waren nicht hinterfragbare Voraussetzungen – für Orthodoxe wie Heterodoxe gleichermaßen. Wenn man also eine Vorstellung davon haben will, ob und wie leichtgläubig die Christen der Spätantike waren, müssen wir nach zeitgenössischen oder vielleicht auch älteren Vergleichen bei Juden und Heiden suchen. Generell dürfen wir nicht vergessen, dass Reliquienfunde in beiden Gruppen „an der Tagesordnung“ waren – denken wir nur an die Gebeine des Theseus, die Kimon nach Athen brachte, oder an das Grab des Achilleus vor Troja,73 und an die Prophetengräber, die schon im NT erwähnt werden. Grundsätzlich können wir also davon ausgehen, dass die genannten Funde nicht als wirklich ungewöhnlich empfunden werden mussten. Gerade was Palaestina angeht, so hatten wir ja gesehen, dass die christliche Erinnerungslandschaft erst einmal auf der Appropriierung des AT beruhte, und mit dem AT natürlich auch auf der Übernahme der bereits in der jüdischen Tradition identifizierten Orte, bei denen es dann bestenfalls um Verifikation und die eine oder andere kleine Veränderung (oder: Verbesserung) gehen konnte.74 Teilweise haben wir bei der Identifikation von Orten Methoden der philologisch-historischen Kritik gesehen, wie man sie bei den antiken Grammatikern lernen konnte (teilweise auch bei einigen älteren Historikern): Vergleich von Handschriften und deren Lesarten, eine auf sachlichen Argumenten beruhende Entscheidung zwischen unterschiedlichen Lesarten, die dann durch etymologische Überlegungen gestützt wurde – immer mit dem Ziel, in den Etymologien auch einen sachlichen Hinweis auf die mit dem Ort verbundenen Ereignisse zu finden.75 Diese Methode, die wir schon bei Origines und Hieronymus sahen, wurde auch für die Funde in Kaphar Zacharia und Kaphar Gamala benutzt – also von der reinen Interpretation heiliger Schriften in die Gegenwart einer Fundsituation übertragen. Echtheitsfragen tauchten auch im Zusammenhang mit einem anderen genus immer wieder auf: bei Büchern, die neu gefunden wurden. Hier sehen wir etwas mehr – und nicht nur im christlichen Bereich. Im Handbuch über literarische Fälschungen findet sich auch ein Kapitel „Die Mittel der Echtheitsbeglaubigung“76; in den Unterkapiteln finden sich Augenzeugenschaft, Wahrheitsbeteuerungen, 73
Allgemein: Pfister, 1909–1912; Hartmann, 2010. Über Beglaubigungsmechanismen für einzelne Orte habe ich in der jüdischen Tradition – sicher aus mangelnder Kenntnis – nichts gefunden. Vor kurzem war das – nicht vor dem 12. Jh. bezeugte – Grab des Shimon bar Yochai aus traurigem Anlass in den Medien. 75 Allgemein: Amsler, 1989: 82ff., der allerdings davon ausgeht, dass die Sinnhaltigkeit von Namen ein spezifisch christlicher Ansatz sei – was in dieser Form natürlich nicht richtig ist. 76 Speyer, 1971: 44ff. 74
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Visionen, Funde in Gräbern, Zeugen, Briefe etc. Das sind natürlich teilweise missbrauchte, aber gerade wegen dieses Missbrauchs typische Mittel des Echtheitsbeweises – und wir haben etliche dieser Mittel in den vorgestellten Beispielen bereits kennengelernt. Die vorgeschlagenen Lösungen bewegen sich also in dem Bereich dessen, was den Gebildeten eingängig und normal erschienen sein dürfte – was ihnen zusätzliche Überzeugungskraft gab. Dass man sich auf vorgefundene Muster stützte (oder: dass man entsprechend den intellektuellen Möglichkeiten der Zeit handelte), zeigt sehr schön, dass die ersten Erzählungen von Reliquienfunden bereits die narrativen Beglaubigungselemente enthalten, die wir aus den Geschichten von der Kreuzauffindung kennen: Vision, Bischof, Heilwunder (der titulus wird demgegenüber nebensächlich).77 Wir sollten immer daran denken, welche Bedeutung Wunder zur Beglaubigung einer Wahrheit hatten – nicht umsonst konnte MacMullen die Idee vertreten, dass der Erfolg der christlichen Mission auf der erfolgreichen Wundertätigkeit der christlichen Prediger beruhte - auch in nachkonstantinischer Zeit.78 Dass der Bischof, dass Helena und Protonike als soziale Autorität fungierten, unterstützt die Behauptung der Richtigkeit – und zwar in unterschiedlicher Richtung: er bestätigt die Etymologie, so wie er eine Vision bestätigen kann.79 Neben der sozialen Autorität sind es Wunder, durch die Visionen bestätigt werden. Eine Vision ist immer der Anfangspunkt, nie das Ende der Geschichte. In manchen Fällen haben wir mehrere Geschichten nebeneinander: das gilt v. a. für die Kreuzauffindung, die Auffindung des Johannes-Kopfes, aber nicht nur für diese besonders herausragenden Reliquien. Von Gibbon gibt es – mit Bezug auf die Stephanus-Reliquien die auch hier anwendbare Bemerkung: „it is the character of falsehood to be loose and inconsistent“.80 Das mag man weniger auf einzelne Geschichten beziehen, die vielleicht auch anders zu bewerten sein mögen,81 aber doch auf solche Abfolgen verschiedener Geschichten, die deutlich darauf aus sind, bestimmte Fragen zu beantworten und Probleme aus dem Weg zu räumen. Kann man das als – zuerst mündlich erfolgte – Anpassungen von Geschichten an die lokalen und zeitlichen Bedürfnisse verstehen? Zeittypische Leichtgläubigkeiten kann man nicht einfach unterstellen, und man kann auch nicht einfach wissenschaftliche und spirituelle Beweise scheiden. So weit man von „Wissenschaft“ sprechen kann, wenn man nicht die Kriterien des 19. und 20. Jhs. anlegen will, so weit waren hier wissenschaftliche und spirituelle Beweise miteinander verwoben, um die jeweilige Argumentation gegenseitig zu stützen. Und wir haben es nicht mit spezifischen Beglaubigungsmecha77
Wiśniewski, 2018: 115. MacMullen, 1984: 183 (Index s. v. miracles, conversion by; der Eintrag listet die Hinweise pre-312, und post-312); MacMullen, 1997: 8f. 79 Speyer, 1970: 20: „Die Schwierigkeiten, die einer reinlichen Scheidung von echter und vorgetäuschter Vision entgegenstehen, sind groß.“ Speyer lässt also die Möglichkeit einer echten Vision zu, sogar die einer echten, zielführenden Vision. 80 Gibbon, 1994: II 92 n. 77. 81 Vgl. Speyer, 1970: 144: „Die nüchterne Art der zuletzt genannten (scil. echten) Fundberichte unterscheidet sich wesentlich von den ausgeschmückten Darstellungen der zuvor besprochenen erschwindelten Buchfunde.“ 78
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nismen zu tun, die die Christen zu „ihren Gunsten“ erfunden hatten. Vergleichbare Argumentationsformen, vergleichbare Mechanismen waren aus der heidnischen Umgebung hinreichend bekannt. Bedeutet das nun, dass wir es in diesen Beglaubigungsfragen mit einer literarischen Erscheinung zu tun haben? Aber Egeria erzählt über das Grab des Hiob, was ihr mündlich mitgeteilt worden war, berichtet in Ainon von ihrem eigenen Erleben. Anders gesagt: hier fanden mündliche Bestätigungselemente in die schriftliche Form Eingang und wurden in ihr weiterentwickelt. Ebenso müssen wir im Laufe der Zeit aber auch mit der umgekehrten Entwicklung rechnen – also mit dem Einfluss der verschriftlichten Fassungen auf den mündlichen Bericht (was ja ohnehin immer der leichtere Wechsel ist).
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Amulett oder Weihgabe? Zur Verbindung von Form und Inschrift bei einigen „Amulett-förmigen“ Texten des 1. Jahrtausends v. Chr. Angelika Berlejung Leipzig – Stellenbosch Abstract: Amulette und Votive gelten als Fundgruppen, die eindeutig der privaten Religiosität zugeordnet werden können. Sie sehen gemeinhin verschieden aus, haben unterschiedliche Funktionen, Fundkontexte und Inschriften, sodass sie u. a. in Grabungsberichten in unterschiedliche Genres eingeteilt werden. Der Aufsatz stellt einige beschriftete Objekte vor, die zwischen Amulett und Weihgabe oszillieren, diskutiert, ob es sich um Amulette mit Weihinschriften oder Weihinschriften in Amulettform handelt und welche Absicht und Funktion hinter dieser ungewöhnlichen Kombination stehen könnte.
1. Einführung Amulette, die ein Mensch an seinem Körper trug, waren seit alters her im gesamten Vorderen Orient und Mittelmeerraum gang und gäbe.1 Diese Stücke wurden von ihrem Eigentümer während seines Lebens kaum abgelegt und waren derart eng und körperlich mit ihm verbunden, dass man sie ihm/ihr im Todesfall als Teil des persönlichen Besitzes mit ins Grab gab bzw. bei Kremationen mitsamt der Leiche verbrannte. Gräber oder Häuser sind denn auch die primären archäologischen Fundplätze der Stücke. Neben dem Schutz des Amulettträgers konnten Amulette auch dazu eingesetzt werden, den Amulettaufstellungsort, also z. B. Häuseröffnungen, Mauern, Brücken, Bett oder einen Stall, zu sichern, sodass ihnen offenbar jeweils ein begrenzter Wirkungsradius zugesprochen wurde, der eng an ihre physische Präsenz und ggf. Sichtbarkeit gebunden war. Der Verkauf von Amuletten fand im Vorderen Orient und Ägypten an Heiligtümern statt, wo der Tempelbesucher eine Devotionalie erwerben konnte, um sie selbst zu behalten oder an den Menschen seiner Wahl weiterzugeben. Fahrende Händler, die Amulette verkauften, sind zwar archäologisch schwer nachzuweisen, jedoch durch die Verteilung von z. B. ägyptischen und ägyptisierenden Amuletten im gesamten Mittelmeerraum anzunehmen. Von den Käufern aus gesehen bestand Interesse, ein Stück der Gottheit, ihrer Wirkmacht und ihres Schutzes, die am heiligen Ort präsent war, am eigenen Körper materialisiert bei sich zu tragen. Als Teil der symbolischen Sinnwelt der religiösen Wirklichkeitsbestimmung ermöglichen sie dem Menschen, Grenzbereiche, die der Einflussnahme oder 1
Zum Folgenden s. Berlejung, 2015; Berlejung, 2022.
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Erfahrung entzogen sind, positiv zu besetzen und sie unter göttlichen Schutz zu stellen. Amulette repräsentierten die Gegenwart der Gottheit oder positiver Kräfte, waren also eine portative Gottespräsenz und ein „Schutzdach“ und konnten diese positiven Mächte an den Körper des Trägers binden und somit für seinen Schutz sorgen. Zugleich wendeten sie Böses ab, das zurückgeschlagen wurde. Amulette konnten zugleich auch ein biographisches Erinnerungsstück sein, wenn der Anblick den Käufer an seinen Heiligtumsbesuch oder eine Priesterbegegnung erinnerte. Daneben waren Amulette Heilmittel (z. B. gegen Unfruchtbarkeit, Impotenz, Fieber2), Statussymbole, kommemorative Gedenkstücke, Zugehörigkeitsund Loyalitätszeichen. Wenn ein Mensch ein Amulett erwarb, so war es für ihn auch Ausdruck und Zeichen seiner besonderen religiösen Beziehung zu einer bestimmten Gottheit und besaß insofern Bekenntnischarakter. Amulette sind entsprechend dieser Zusammenhänge also Objekte, die ggf. im Heiligtum erworben wurden, aber nicht im Heiligtum oder bei einem Priester verblieben, sondern Menschen mit auf den Weg gegeben wurden und sie im Leben wie im Tod begleiteten. Amulette, die im Tempel blieben, sind im Zusammenhang von königlichen Amulettopfern an Gottheiten in Ägypten seit Ramses III. (pHarris) und insbesondere in der Spätzeit gut belegt. Ausweislich entsprechender Texte dienten sie dazu, das Kultbild, also die irdische Gestalt der Gottheit, zu schützen.3 Als Weihgaben werden im Folgenden nicht-konsumptive Objekte4 bezeichnet, die ein Mensch (mit oder ohne Gelübde) einer Gottheit zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Ort und von einer bestimmten Intention geleitet schenkt oder stiftet. Sie können als Dank für vergangene Wohltaten oder als Motivation für die göttliche Unterstützung des menschlichen Anliegens in Gegenwart und Zukunft übereignet werden, wobei die Grenzen oft verschwimmen. Daneben ist ihnen auch eine soziale Dimension eigen, da ihre Aufstellung im Heiligtum dem öffentlichen Bekenntnis und der Gemeinschaftsstiftung dienen kann und innerhalb der sozialen Gruppe Prestigewirkung entfalten soll. Die Gabe bleibt in ihrer Gestalt oder ihrem Wert dauerhaft erhalten und geht in das Eigentum der Gottheit über, sodass sie am Heiligtum verbleibt, oder wie im Fall von Landweihgaben vom Tempel aus verwaltet wird. Dementsprechend sind die üblichen Fundkontexte Heiligtümer, Ritualgruben oder Favissae. Der Unterschied zu Amuletten liegt somit auf der Hand: Amulette gehören einem Menschen, in sein Haus oder an seinen Körper, Votivgaben gehören einer Gottheit, in ihr Heiligtum und können dort auch thesauriert werden. Diese unterschiedliche Ausrichtung spiegelt sich auch sehr deutlich in den Inschriften, die auf Amuletten oder Weihgaben angebracht werden konnten: Mesopotamische oder syrische Amulettinschriften aus dem 1. Jt. v. Chr. enthalten entweder 1. antidämonische Zaubersprüche und Beschwörungen (manchmal, ab dem 7. Jh., tragen Pazuzuköpfe auch den Namen des Amulettbesitzers), oder 2. beschwörende Aufforderungen an Götter und übernatürliche Wesen/ 2
Zu Amuletten als Bestandteil einer Therapie in Mesopotamien im 1. Jt. v. Chr., s. Finkel, 2018. 3 Quack, 2021: 306–315. 4 Davon zu unterscheiden sind konsumptive Gaben, die als Opfermaterie verwendet werden und denen folglich keine Dauerhaftigkeit zukommt.
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„apotropäische Gebete“ mit der Bitte, dem Amulett-Träger beizustehen (mit dem göttlichem Namen und dem menschlichen Eigennamen); 3. können Mesopotamische Hausamulette in Tontafelform Auszüge aus dem Erra-Epos5 oder aus dem Umfeld der Namburbis6 enthalten, die antidämonisch wirken sollen. Die Amulettform in Mesopotamien und Syrien (s. Arslan Tash7) ist insofern charakteristisch, als es sich zumeist um miniaturisierte Tontafeln handelt.8, 9 Die anti-dämonischen Lamaštu- und Pazuzu-Amulette können der Ikonographie dieser Wesen verpflichtet sein.10 Des Weiteren gibt es in Syro-Mesopotamien rollsiegelartige11 und tonbullenartige Objekte, die eine Vorrichtung aufweisen, sodass man sie mittels einer Schnur oder eines Drahtes auffädeln kann. Auch sie enthalten antidämonische Texte und können in therapeutischen Zusammenhängen zum Einsatz kommen. Etwas anders sind die ägyptischen oder ägyptisierenden Amulette gestaltet, und auch die Inschriften differieren.12 Sie enthalten nach Objekt-Gruppe und teilweise Zeitfenster unterschiedliche Aufschriften. Zu unterscheiden sind: 1. SiegelAmulette und Ringe mit kurzen Bekenntnissen; 2. dreidimensionale Objekt5
Grundlegend waren Reiner, 1960; Maul, 1994: 179 (KAR 282), s. nun weiterführend Heeßel, 2014: 59f.; Panayotov, 2018. 6 Maul, 1994: 175–190; Maul, 2016; Panayotov, 2018. 7 Zu den Amuletten aus Arslan Tash s. Berlejung, 2010. 8 Ggf. lautet der akkad. Fachbegriff zehpu; möglicherweise wurden diese miniaturisierten Täfelchen in Modeln hergestellt, die Beschwörungspriester mitführten und vor Ort schnell formen und beschriften konnten, cf. Finkel, 2018: 265, mit Verweis auf BM 137497 und BM 139661. Diese Textamulettform kann in Mesopotamien mit sehr unterschiedlichen Textgenres beschriftet sein, s. Heeßel, 2014: 63–69; Panayotov, 2018. 9 Zur dieser Amulettform in Mesopotamien s. Heeßel, 2014: 54–59 und Abb. 2. Er weist zu Recht darauf hin, dass es neben der miniaturisierten Tafelform mit rechteckiger Ausbuchtung am oberen Ende für die Aufhängung in Mesopotamien auch andere Amulettformen gab. Nichtsdestoweniger ist diese Tafelform für Textamulette typisch. Den Sinn der Umbenennung dieser Tafelform in „tablet with handle“ (so Panayotov) stellt er mit klaren Worten in Frage. Panayotov, 2018: 192 nahm infolgedessen Abstand von „tablets with handle“ und ersetzte „handle“ durch „pierced projection“, also etwa Tafeln mit „durchbohrtem Vorsprung“. Egal wie man die Amuletttafelform nennt, es handelt sich um eine klassische Tontafelform, die an einer Seite teilweise erweitert oder ausgebuchtet ist, sodass die Tafel dort befestigt werden kann. Neu ist die Entdeckung, dass Löcher in den Amulettseiten im Fall von Hausamuletten nicht der Befestigung dienten, sondern dass dort organische Materialien (wie Seifenkraut, Tamariske und Dattelpalmensprossen) hineingesteckt wurden, die die Wirkung des Amuletts unterstreichen sollten, cf. Panayotov 2018. 10 Keilschriftliche Lamaštu-, und Pazuzu-Amulette sind in der südlichen Levante sehr selten, s. ein Lamaštu-Amulettfragment mit Text aus Nahal Guvrin/Schefela (Material Stein; neuassyrische Zeit), s. Horowitz/Oshima, 2006: 126. Weitere Exemplare stammen aus Sendschirli und Ugarit (RS 25.457). 11 Zu diesen beschrifteten Zylindern aus Ton mit Beschwörungen, die Dämonen und Fieber abwehren (oder Babies beruhigen) sollten und am Hals zu tragen oder am Bettpfosten aufzuhängen waren, s. Finkel 2018 (1. Jt. v. Chr.). Das Anfertigen und Umhängen dieser Form von (billigen) Amuletten war offenbar auch Bestandteil der medizinischen Therapie, sodass die Herstellung dieser Tonzylinderamulette (IM.KIŠIB) in den entsprechenden Ritualtafeln angewiesen und beschrieben wird. Entsprechende Objekte aus Stein sind selten, innerhalb der Oberschicht jedoch auch belegt. 12 Zu den verschiedenen Textamuletten in Ägypten s. Quack, 2021: 99–156.
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Amulette mit kurzen göttlichen Schutzversprechen (der göttliche Name wird genannt, nicht der menschliche); 3. Röllchen aus dünnem Metallblech, Papyrus oder Leinen (ggf. auch gefaltet statt gerollt) sowie kleine Holztäfelchen des 13. Jh. v. Chr.–2. Jh. n. Chr., die das Böse abwehren; 4. Hieratische Papyri der 22.–23. Dyn., die z.T. längere göttliche Schutzversprechen bzw. Orakeldekrete (mit göttlicher und menschlicher PN) enthalten, und das Vorbild der Kurzform auf ägyptischen oder ägyptisierenden Objekt-Amuletten (Nr. 2) darstellen. 5. Miniaturisierte Horusstelen aus Stein sind in Ägypten bis in die Römerzeit belegt und können Totenbuchsprüche tragen.13 Nordwestsemitische (alphabetschriftliche) Amulettinschriften finden sich auf tafel- und lamellenförmigen (Ketef Hinnom) Amuletten, Objektamuletten oder Papyri (Malta); sie bieten Segens- bzw. Schutzbitten oder (selten) Abwehrformeln gegen Schadensgestalten, die in ihren kürzesten Formen keinen Namen nennen (z. B. „Schütze und bewahre!“ oder „Geh weg, Böses!“), in längeren Texten aber den göttlichen Namen der angesprochenen Gottheit und/oder den menschlichen Personennamen des Schutzsuchenden angeben. Die Amulette enthalten nur selten längere Beschwörungs- und Abwehrtexte gegen Schadensgestalten, sondern konzentrieren sich auf den Segens- und Bewahrungsaspekt eines Amuletts. Die Verben brk, šmr und nṣr gehören denn im nordwestsemitischen Bereich auch zum Standardvokabular und richten sich im Imperativ, Präkativ oder Jussiv – ohne Wenn und Aber – an die adressierte Gottheit.14 Dieselbe sollte dazu motiviert werden, helfend zu intervenieren. Die kurzen und einfachen Formeln lassen nicht erkennen, dass von menschlicher Seite dazu Vorleistungen (wie etwa ethisches Verhalten, eine Weihgabe oder ein Gelübde) notwendig gewesen wären. Weihinschriften haben ein relativ standardisiertes Formular, bei dem drei Elemente konstitutiv sind, die unterschiedlich angeordnet werden können: Der Name des Stifters (PN), der Name der adressierten Gottheit (GN) und die Beschreibung des geweihten Objekts, also der Gabe. Dazu können optionale Erweiterungen treten, die im Folgenden mit einem * markiert sind. Die eckige Klammer gibt an, dass dieses Element auch fehlen kann, weil es sich im Kontext selbst erklärte. Dies war z. B. der Fall, wenn das geweihte Objekt zugleich der Schriftträger war, auf das sich die Weihinschrift bezog. So ist in Mesopotamien das Folgende üblich: „für/ana GN + PN [+ Objekt] + Weiheverb + *Absicht der Weihung.“ Im nordwestsemitischen Bereich sind alle drei Möglichkeiten der Eröffnung belegt. So können das geweihte Objekt, der Stiftername (PN) oder der Göttername (GN) am Anfang stehen:15 1. „Objekt + (Relativpronomen) + Weiheverb + PN + für/l GN + (*Absicht der Weihung mit Referenz auf Dank für die Vergangenheit oder Bitte für die Zukunft; Formeln des Segens oder Fluchs, Ortsangabe, Datierung).“ 2. „PN + Weiheverb + für/l GN + Objekt + (*).“ 3. „Für/l GN + [Objekt + (Relativpronomen) + Weiheverb] + PN + (*).“ 13
Quack, 2021: 150f. Zu Amulettinschriften s. Berlejung, 2008ab; 2010; 2011; 2012; 2013; 2015. 15 Zum Formular der nordwestsemitischen Weihinschriften s. al-Ghul, 1991. 14
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Der „Votiv-Mechanismus“ wird mit der Präposition l+ verbunden, der die Eigentumsübertragung kennzeichnet. Das Weiheverb steht immer in einer Vergangenheitsform, nie im Jussiv, Präkativ oder Imperativ. Allein der optionale Abschnitt (*) kann im Imperativ, Präkativ oder Jussiv formuliert sein, sofern eine Bitte und kein Dank verschriftlicht wurden. In diesem Satz kann also eine Schnittmenge zu Amulettinschriften bestehen. Das Zurückschlagen negativer Kräfte spielt bei Votivinschriften hingegen keinerlei Rolle.
2. Amulette und Votive: Gemeinsamkeiten, Unterschiede und die Fragestellung Abgesehen von den bereits formulierten Unterschieden und Schnittmengen zwischen Amuletten und Votiven lassen sich die folgenden Gemeinsamkeiten beobachten: 1. Nahezu alle Artefakte und Ökofakte können zu einem Amulett oder Votiv werden. 2. Amulette und Votivgaben bezeugen, performieren und pflegen die göttlich-menschliche Interaktion und Kommunikation. 3. Amulette und Votivgaben etablieren und materialisieren einen intakten menschlich-göttlichen Kontakt ohne zeitliche Begrenzung. 4. Amulette und Votivgaben bleiben in ihrer Form und ihrem materiellen Wert beständig erhalten. Ihr materieller Wert kann – sofern sichtbar für die soziale Gruppe – Prestigewirkung entfalten. 5. Amulette und Votive markieren einen besonderen Moment in der Biographie eines Individuums; dieser Moment kann selbstbestimmt sein, wenn ein Mensch ein Amulett oder Votiv erwirbt oder selber macht, oder der Moment kann von jemand anderem initiiert worden sein, wenn etwa der Hausvorstand stellvertretend für seine Familie agiert, indem er für sein Haus ein Amulett anschafft oder ein Votiv stiftet. 6. Amulette und Votive überschneiden sich teilweise in ihrer Intention (s. oben), wenn sie „Schutz“ und „Segen“ für den Amulett-Besitzer bzw. Dedikanten erbitten. 7. Amulette und Votive überschneiden sich teilweise in ihrer Ausrichtung auf die Zukunft. Amulette werden jedoch nicht als retrospektive Danksagung für vergangene göttliche Hilfe gemacht, sondern prospektiv für die Zukunft. Allerdings kann ein Amulett seinem Träger auch den gelungenen Schutz in vergangenen Tagen vor Augen führen und somit für künftige Aufgaben geeignet erscheinen. Auch Votivgaben können als Dank- und Bittvotive die gesamte Zeitlinie von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einschließen. 8. Amulette und Votive erzeugen positive Gefühle und Assoziationen bei den Menschen, die sie besitzen oder auch sehen. 9. Ob Amulett- und Votivherstellung, -übergabe oder -entsorgung mit Ritualen verbunden waren, wird diskutiert und ist gut möglich, aber noch nicht eindeutig belegbar.
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Wie bereits gezeigt, unterscheiden sich die Fundkontexte und die Inschriften von Amuletten und Votiven deutlich voneinander. Insofern sind zusammenfassend die folgenden Verschiedenheiten zu benennen: 1. Beschriftete Amulette und beschriftete Votivgaben unterscheiden sich in ihren Formen. Beschriftete Amulette sind lamellen-, tafel-, objekt-, bullenoder zylinderförmig. Papyrus- oder Leinenstreifen können ebenfalls entsprechend beschrieben werden. D. h. die genannten Formen weisen eindeutig auf Amulette hin. Da so gut wie alles als Votivgabe gestiftet werden kann, können Votive jedweder Form als Schriftträger fungieren. 2. Votivinschriften erwähnen immer den Gottesnamen und den Namen des Dedikanten, bei Amulettinschriften ist dies nicht unbedingt gegeben. 3. Im Gegensatz zu einigen Amulett-Typen sind Votivinschriften nicht antidämonisch oder schlagen negative Mächte zurück. Sie sind auch keine göttlichen Schutzversprechen oder göttliche Orakeldekrete für einen Menschen; sie richten sich weder an Dämonen noch sind sie als göttliche Äußerungen stilisiert. Votive stellen eine Kommunikation zwischen Menschen und Göttern her, die von den Menschen ausgeht und negative Kräfte ausblendet. 4. Votivinschriften adressieren nur Gottheiten und beziehen sich auf die Übergabe eines Gegenstandes als Geschenk, das die Absichten des Dedikanten unterstützen soll. Amulettinschriften können Gottheiten (aber eben auch Dämonen) ansprechen, übertragen aber kein Eigentum an die Gottheit, sondern bitten ohne eine eigens genannte Gegenleistung um göttliche Unterstützung. 5. Ein Amulett bleibt im Besitz des Amulett-Trägers (Fundkontext Haus und Grab), während ein Votiv in den Besitz der Gottheit übergeht (Fundkontext Heiligtum). Gerade der letzte Punkt ist insofern zu relativieren, als ein Amulett als Teil des persönlichen Besitzes eines Menschen von ihm jederzeit zur Weihgabe umgewidmet und dem Besitz einer Gottheit übergeben werden kann.16 Es wechselte dann den Besitzer und verblieb im Heiligtum. Insofern verlaufen die Grenzen zwischen Amulett und Weihgabe fließend, wobei die Bewegungsrichtung die ist, dass das Amulett zur Weihgabe werden kann.17 Der umgekehrte Fall, dass eine Weihgabe zum Amulett werden kann, ist aber auch nicht auszuschließen. Allerdings ist – außer im Fall einer Tempelplünderung, Hehlerei mit Tempelschätzen oder Notverkäufen eines Heiligtums – schwerlich vorstellbar, dass eine Weihgabe (etwa ein Goldmedaillon oder eine Perle) materialiter aus dem Heiligtumsschatz entfernt und durch die lokalen Priester verkauft, und für einen Heiligtumsbesucher zum Amulett umgewidmet und ihm nach Hause mitgegeben wurde. Doch muss man sich dem Faktum stellen, dass es Objekte mit Weihinschriften an Gottheiten 16
So z. B. die Amulettkapsel mit Inhalt aus dem Heiligtum von Antas (punisch, 4. Jh. v. Chr.), Bernardini et mult., 1997: 274, Nr. 215 (Museo Nazionale di Cagliari, Inv. Nr. 156854) sowie die typisch ägyptisch-ägyptisierenden Amulettformen (Udjat-Augen, BesPatäkus etc.) aus demselben Tempel Nr. 222–241. 17 Zu Beispielen aus Mesopotamien s. Heeßel, 2014: 70f.
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gibt, die nicht in Tempelkontexten, sondern als Grabbeigaben in Privatgräbern gefunden wurden18 und wohl doch für Privatleute – im Leben wie im Tod – als Amulette ihre Schutzfunktion entfalten sollten. Dies könnte so interpretiert werden, dass solch ein Objekt ursprünglich eine Weihgabe mit Weihinschrift war, die dann erst mit einem zeitlich größeren Abstand sekundär als Amulett oder Grabbeigabe Verwendung fand. Es ist nicht auszuschließen, dass sich ein Mensch im Lauf seines Lebens des geweihten Objekts bemächtigt hatte, es als Schmuck und Amulett für sich einsetzte, und damit begraben wurde; der Tote wäre dann mit dem Dedikanten des Schmuckstücks, dessen Name die Weihinschrift verewigt, nicht identisch. Dies wäre auch der Fall, wenn die Priester eines Tempels wertvolle Schmuckstücke bzw. Weihgaben aus dem Tempelfundus an Privatiers weiterverkauften, die sie dann als Amulette nutzten, obwohl sie mit der Weihinschrift nichts zu tun hatten. Dies hat wohl eher als Ausnahme zu gelten. Ebenso ist es m. E. unwahrscheinlich, dass jemand ein Objekt mit einer Weihinschrift für eine Gottheit versieht und es ihr damit übereignet, es danach aber selbst behält. Ausgehend von den diskutierten Möglichkeiten, dass ein Amulett (jedweder Form) als Votivgabe für eine Gottheit geweiht und in den Tempel gebracht (und zu diesem Anlass beschriftet) wird, bzw. dass eine Votivgabe aus dem Tempel in den Privatbesitz eines Menschen übergeht, der sie (ungeachtet der bestehenden Weihinschrift) als Amulett benutzt, stellt sich die Frage, wie amulettförmige Objekte, die Votivinschriften tragen, einzuordnen sind: Sind es Amulette mit Votivinschriften und gehören sie damit in das Privateigentum des menschlichen Besitzers, oder sind es Votive samt Votivinschriften in Form von Amuletten und damit göttliches Eigentum? Muss man von einem Bedeutungswandel im primären und sekundären Gebrauch ausgehen? In welcher Beziehung stehen Form und Inhalt bei diesen Stücken?19 Oder könnte es sein, dass die Kombination von Amulettform + Votivinschrift gezielt vorgenommen wurde, um eine neue Gattung und Bedeutung zu schaffen, deren Intention und Funktion im Folgenden anhand konkreter Beispiele herauszuarbeiten ist?
3. Die Belege Bei den folgenden Beispielen aus dem 1. Jt. ist diskutabel, ob man sie als Amulett mit Weihinschrift oder als Weihinschrift in Amulettform bezeichnen sollte. Leider ist nur bei dem ersten der folgenden Beispiele der Fundkontext bekannt, sodass letztlich viel offenbleiben muss. Die Anordnung folgt diachronen Gesichtspunkten. 18
Weihinschriften außerhalb von Heiligtümern in Privatkontexten sind die Ausnahme. Eine punische Weihinschrift an Anat oder Astarte fand sich auf der Gefäßscherbe eines Kochtopfs in einer Villa in Żejtun auf Malta, s. Frendo, 1999. Die Grabung ist allerdings schlecht dokumentiert, und aufgrund der nachfolgenden Überbauung kann die Interpretation des Ausgräbers A. Bonanno als „Villa“ nicht mehr überprüft werden. 19 Zum Zusammenhang von Form, Funktion und Text bei Textamuletten aus Mesopotamien s. die Überlegungen von Heeßel, 2014.
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3.1. Karthago (9./8. Jh. oder 7./6. Jh.) Ein seit langem bekannter und viel diskutierter goldener Anhänger (1,6/5 cm Durchmesser; 0,1 cm dick; 3 Gramm), der aus einem gebauten Kammergrab in Karthago stammt und im dortigen Museum aufbewahrt wird (Inv.-Nr. 894-2.1),20 ist hier zu nennen. Das reich ausgestattete Grab21 gehört zur Nekropole Douïème, wurde 1894 ausgegraben, und am 2.10.1894 geöffnet. Aufgrund paläographischer Argumente wird die phönizische Inschrift von 6 Zeilen um ca. 800 (also recht zeitgleich zur Gründung Karthagos um 814 v. Chr.) datiert,22 doch wäre es dann deutlich älter als das Grab selbst, das in das 7./6. Jh. gehört. Die Divergenz um mehr als ein Jahrhundert ließe sich insofern harmonisieren, als angenommen werden könnte, dass das Medaillon als Erbstück über mehrere Generationen bewahrt wurde und somit zwischen seiner Herstellung im 9./8. Jh. und Verwendung im Grab im 7./6. Jh. eine lange Zeitspanne bestanden haben kann. Insofern wäre eine Primärverwendung als Votiv und eine spätere Sekundärverwendung als Amulett denkbar. Allerdings wurden gegen die weitreichenden paläographischen Schlüsse auch berechtigte Zweifel vorgebracht, da die Zeichen extrem klein sind und das Material Gold auch leicht nachgibt,23 sodass das Medaillon durchaus mit dem Grab und den sonstigen Beigaben zeitgleich (7./6. Jh.) sein kann. Die Medaillonform selbst ist ein nicht unüblicher phönizischer Anhängertyp, der in Colliers des Öfteren Verwendung fand.24 Ein Armreif, ein Fingerring und ein zylindrischer Smaragd wurden in situ an einem der beiden Skelette gefunden, während das beschriftete Medaillon neben zwei kleinen kugelförmigen goldenen Anhängern, einer goldenen Rosette, einer goldenen Perle mit Granulationen, einem (als Ring) gefassten Skarabäus, und einer goldenen Amulettkapsel erst durch Sieben der aus dem Grab stammenden Erde entdeckt wurden. Der zylindrische Smaragd, die 20
Quillard, 1979: 81–86 und pl. XV no. 14 (A); zur Inschrift s. die folgenden Fußnoten. In vielen phönizischen Gräbern wurde unabhängig von ihrer Form ein Standardinventar gefunden, das aus zwei Amphoren (einer Transportamphora und einer „punischen Urne“), zwei Töpfen, einer Lampe und zwei Krügen (einem Kleeblattkrug und einem Pilzkrug) aus lokaler Produktion sowie einem importierten (protokorinthischen Kotyle) Gefäß besteht. Dieses Repertoire konnte auch durch andere Töpferwaren, Schmuck, Straußeneier, Terrakotten u. a. erweitert werden. Dies war der Fall im vorliegenden Grab, das neben dem Standardinventar zwei Transportamphoren, zwei zusätzliche Krüge, ein Straußenei, eine Silberschale (283 g), einen kleinen zylindrischen Smaragd, Eisengriffe (vielleicht Reste einer Bahre), einen goldenen Fingerring, einen bronzenen Armreif, zwei kugelförmige goldene Anhänger, eine kleine goldene Rosette, eine goldene Perle, einen Skarabäus in einer goldenen Ringfassung, eine goldene Amulettkapsel und das hier zu besprechende goldene Medaillon enthielt. 22 Krahmalkov, 1981; Schmitz, 2008. 23 Kunze, 2002/3. 24 Cintas, 1946: 76–80; Quillard, 1979: pl. III. no. 2 (J-E), IV. no. 3, V. no. 3, VI. no. 4, VIII. no. 5 CD, X. no. 7–8, XI. no. 9–10, XII. no. 11, XIV. no. 12–13 sowie pl. XVII. 22– 23; XXIV.1–6, XXVI.1–6 und XXVIII.1–2; zu Colliers s. Quillard, 2013; Almagro Gorbea, 1989: Nr. 170, 183 (mit vielen Parallelen); Panvini/Sole, 2009: 139 (VII/164; Goldanhänger aus Birgi, 7.–6. Jh.); Panvini/Sole, 2009: 91 (VII/58; Silberanhänger aus Mozia, Necropoli Arcaica Grab 58, 7. Jh.). Aus Tharros s. Bernardini/Santoni/Tronchetti, 2016: 89, Fig. 96. 21
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goldene Rosette, die goldene Perle, die goldene Amulettkapsel (gefüllt mit einem Eisenstückchen und einem nicht identifizierten schwarzen Pulver) und das Medaillon könnten Teil einer einzigen Kette gewesen sein. Da die Medaillonform und die Kette an ein Amulett denken lassen, wohingegen die Inschrift wie eine klassische Weihinschrift beginnt, hat sich die Forschung bei der Klassifikation des Anhängers samt Inschrift in zwei Richtungen entwickelt. Für die einen ist es ein Amulett, für die anderen eine Weihgabe; dazwischen liegt der Vorschlag, (so e. g. KAI 73) dass eine ursprüngliche Weihgabe sekundär zum Amulett wurde, womit auch die zeitliche Differenz zwischen paläographischen Konklusionen (9./8. Jh.) und archäologischem Kontext (7./6. Jh.) überbrückbar wäre.25 Relativ unrezipiert und unwidersprochen blieb der Vorschlag von Krahmalkov (dem sich Schmitz anschloss26), dass es sich bei dem Anhänger um ein „ancient dog-tag“ handle, die Identifikationsmarke eines Soldaten, der sich Astarte und seinem König Pgmlyn verpflichtet wusste.27 Aufgrund des wertvollen Materials Gold halte ich diesen Vorschlag für ausgeschlossen. Für ein Soldatengrab wären zudem Waffen zu erwarten gewesen, die zumindest nicht dokumentiert sind.28 Die Inschrift beginnt wie eine klassische Weihinschrift, die den göttlichen Adressaten der Eigentumsübertragung nennt, wobei diskutabel ist, ob nur Astarte oder auch eine Gottheit (so KAI 73) oder ein König Pgmlyn29 angesprochen werden. Astarte und Pgmlyn werden parallel eingeführt (mit l+), ohne durch ein w- verbunden zu sein. Unzweifelhaft lassen die Syntax und die Wurzel ḥlṣ mehrere Optionen offen,30 doch sind die folgenden Übersetzungen m. E. am wahrscheinlichsten: „Für Astarte (und) für Pgmlyn, Ydʿmlk, Sohn des Pdy, (zum Dank für die) Rettung, die Pgmlyn gerettet hat (ḥlṣ ʾš ḥlṣ).“ (ḥlṣ I, „erretten“) oder: „Für Astarte (und) für Pgmlyn, Ydʿmlk, Sohn des Pdy-ḥlṣ, den errettete Pgmlyn.“31 Egal, wie man sich bei der Zuordnung von (-)ḥlṣ ʾš ḥlṣ entscheiden mag, sicher ist, dass die Inschrift Astarte und Pgmlyn adressiert und ihnen etwas zueignet, und dass es der durch die Filiation eindeutig identifizierte Ydʿmlk ist, der als Kommunikationspartner der beiden auftritt. Der Anlass der Zueignung scheint am 25
Zur Forschungsgeschichte ausführlich Krahmalkov, 1981: 179–184; Kunze, 2002/3 (ohne Krahmalkov zur Kenntnis zu nehmen). 26 Schmitz, 2008. 27 Krahmalkov, 1981: 186. 28 Zum Grabinventar s. die ausführliche Studie von Kunze, 2002/3. 29 Zu Pygmalion als Gott und König s. Krahmalkov, 1981: 179–184. 30 Die Syntaxvarianten hat Gaß, 2004 zusammengestellt. Er schlägt resümierend vor: „Für Astarte bezüglich Pgmlyn, Ydʿmlk, der Sohn des Pdy, (ist) ein Soldat, den Pgmlyn errettet hat“ zu übersetzen, und die zweimalige Verwendung von ḥlṣ auf ḥlṣ I („erretten“) und ḥlṣ II („zum Krieg bewaffnen“) zu beziehen. Ganz auf ḥlṣ II („zum Krieg bewaffnen“) setzen Krahmalkov, 1981 und Schmitz, 2008: „For Astarte; for Pygmalion! Yada-milk, son of Pa/idî, a soldier whom Pygmalion armed.“ 31 So ähnlich schon KAI 73.
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Textende gegeben, sodass es allein Pgmlyn war, der Ydʿmlk gerettet (und nicht etwa „mit Waffen ausgestattet“, ḥlṣ II) hat. Dieser Rettungsakt war der Anlass dafür, die Goldscheibe mit der Inschrift zu beschriften. Zumeist wird angenommen, dass das Scheibchen selbst die Weihgabe war, die Astarte und Pgmlyn zugeeignet wurde. Als Dankvotiv wäre die Übereignung des Stücks an ein Heiligtum der Astarte (und Pgmlyn‘s) zu erwarten gewesen, sodass man es in einem Heiligtumskontext gefunden hätte. Insofern ist der Fundort des Stücks in einem Privatgrab und als Teil einer Amulettkette (s. die Amulettkapsel), die den Privatier im Leben wie im Tod schützen sollte, befremdlich. Es lässt sich zwar nicht ausschließen, dass ein ursprüngliches ex-voto an Astarte (und Pgmlyn) sekundär den Weg in die private Schmuckschatulle des Bestatteten und/oder in seine Grabbeigaben fand, jedoch ließe sich auch die These aufstellen, dass das Schmuckstück mit seiner Weihinschrift nicht selbst die Votivgabe war, sondern eine Stiftung (ungenannter Art oder gar der Selbstweihung des Ydʿmlk) memorierte, die Ydʿmlk im Zuge seiner Rettung am Heiligtum getätigt hatte, sodass das Medaillon diesen einmaligen Weiheakt verstetigte, und die aus der (vergangenen) Weihgabenstiftung resultierende göttliche Segenspräsenz für den Stifter als Amulett (für seine Gegenwart und Zukunft) vergegenwärtigte. Das Stück würde also die göttlich-menschliche Kommunikation, die durch Weihgaben und in Amuletten geschaffen wird, in sich vereinen. Aufgrund des Grabkontexts wäre in diesem Fall also eindeutig zu konstatieren, dass es sich um ein Amulett mit einer Votivinschrift handelt, das die „Eigentumsübertragung“, „Dank für die Rettung“ (= Aspekte eines Votivs) und mobile Aufforderung zum dauerhaften individuellen „Schutz“ (= Aspekt eines Amuletts) in sich vereint und in dieser Kombination etwas Neues schafft. 3.2. Nimrud? (8./7. Jh.) Von besonderem Interesse ist die folgende neuassyrische Kupfertafel BM 118796, deren Gestalt die typische Amulettform der miniaturisierten Schreibtafel mit Ausbuchtung aufweist, wohingegen ihre Aufschrift auf eine Weihgabenstiftung referiert. Man kann also ganz ähnlich wie bei dem bereits vorgestellten Beispiel darüber diskutieren, ob man das Stück als Amulett mit Weihinschrift oder als Weihinschrift in Amulettform bezeichnen möchte.32 Die Kupfertafel (11,3 × 7,7 cm) hat oben ein Bildfeld mit vier Götterdarstellungen (Marduk, Nabû und zwei Göttinnen) und ist daher kein reiner Schriftträger, sondern enthält einen ikonischen Fries. Aufgrund des Gewichts von 114 Gramm ist kaum anzunehmen, dass die Tafel als Anhänger getragen wurde. Eher ist vorstellbar, dass sie als Hausamulett diente. Über den Fundort oder die Fundstelle der Kupfertafel gibt es im British Museum allerdings keine Informationen. Aufgrund des Inhalts wird Nimrud vermutet, z.T. sogar der dortige Nabû-Tempel. Es ist allerdings nicht mit Sicherheit zu sagen, ob die Tafel in einem Tempel war, sie könnte auch aus dem Haus des Stifters Aššur-reṣuʾa stammen.
32
Postgate, 1987 = SAA 12: no. 98 (BM 118796).
Amulett oder Weihgabe?
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Vs. 1. Für Nabû, den großen Herrn, seinen Herrn, Aššur-reṣu’a, 2. für den Erhalt seines Lebens (= für seine Gesundheit) und die Verlängerung seiner Tage (= lange Lebenszeit): 3. ein Haus in Kalhu, ein Gelände von 30 ha (4.) steuerbefreites (3.) Feld 4. im Dorf Mallaṣi; 5. Remanni-Ištar, ein Bauer, (inkl.) 3 Personen; Nabû-qata-ṣabat, 6. Nabû-upahhir, Ṣil-Nabû, ein Hirte (inkl. 3 Personen), 7. einschließlich seiner Schafe; Kapar-ili, ein Bäcker, 8. ein Gelände von 12 ha Feld in der Siedlung des Arad-Ištar, ein Bauer, xx 9. ein xx des Königs, A-xxxx Rs.
Die Rückseite ist bis ca. Z. 13 unlesbar und enthält ab Z. 14ff Flüche gegen jeden, der diese Stiftung anfechten will.
Die umfangreiche Weihgabenstiftung des Aššur-reṣuʿa bestand ausnahmslos aus Objekten, die nicht im Tempel aufgestellt werden konnten: ein Haus in Nimrud/Kalhu, Ländereien, Menschen und ihre Tiere. Bereits Postgate hatte die Tafel als „dedication text on an ‚amulet‘“ bezeichnet und darauf verwiesen, dass dieses Stück Weihurkunden, also rechtlich verbindlich formulierten und justiziablen Dokumenten, ähnelt, denn der Text folgt dem Formular: Göttlicher Adressat, menschlicher Stifter, Stiftungszweck und Gabe mit abschließenden Flüchen gegen spätere Anfechter der Schenkung. Er bemerkte allerdings auch, dass der Kupfertafel Datierung, Zeugenliste und Siegelung des Stifters fehlen,33 sodass sie als Beurkundung einer Stiftung nicht in Frage kommt. Seine plausible Vermutung war daher,34 dass es sich bei der Tafel um eine „display version of the act of dedication“ handle, und die formal korrekte justiziable Stiftungsurkunde auf einer Tontafel im Tempelarchiv lag. M. E. ist Postgate darin zuzustimmen, dass es sich nicht um eine juristisch valable Urkunde handeln kann, sondern um ein Exzerpt derselben. Die Kupfertafel könnte in der Tat im Tempel als Stellvertreter für die umfangreiche Stiftung aufgestellt worden sein, sodass sich der Stifter damit im Heiligtum der Gottheit und den Heiligtumsbesuchern ins Gedächtnis rief. Sie könnte auch selbst als Teil der umfangreichen Weihgabenstiftung angesehen worden sein und wäre im Tempel aufgestellt am ehesten als Weihgabe bzw. Weihgabeninschrift in Amulettform zu bezeichnen. Die Tafel repräsentierte die großzügige Stiftung von Immobilien und Lebewesen, die im Tempel selbst nicht anders als in Schriftform gegenwärtig sein konnte. Sie performierte und memorierte die Gabe bei jedem, der sie sah. Dieselbe Funktion könnte sie allerdings auch für den Stifter erfüllt haben, wenn derselbe sie in sein Haus mitnahm und als Hausamulett nutzte. In diesem Fall wäre die Kupfertafel also am besten als Amulett mit Weihgabeninschrift beschrieben. M.E. sind beide Möglichkeiten gegeben und dadurch, dass der Fundkontext unbekannt ist, leider kaum letztgültig zu entscheiden. Festzuhalten ist aber, dass 33 34
Postgate, 1987: 60. Zum Vergleich s. e. g. SAA 12: no. 95–97. Postgate, 1987: 60.
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Angelika Berlejung
der Text den einmaligen Weiheakt ebenso wie das in Z. 2 recht allgemein formulierte Stiftungsanliegen der erbetenen Gesundheit und langen Lebenszeit bzw. die aus der Weihgabenstiftung resultierende erhoffte göttliche Segenspräsenz für die Zukunft verstetigte. Von Z. 2 her gesehen handelt es sich um eine Bittvotivstiftung bzw. -inschrift. Die Tatsache, dass diese Weihinschrift als Amulett gestaltet wurde, was für die „wirkliche“ Stiftungsurkunde ausgeschlossen werden kann, zeigt, dass die Amulettform mit Bedacht gewählt wurde und dass, ebenfalls mit Bedacht, aus dem rechtlich verbindlich formulierten Stiftungsdokument, das zweifelsohne die Vorlage war, die Textteile exzerpiert wurden, die für die Funktion des vorliegenden Stücks als relevant erachtet wurden. Betrachtet man die Tatsache, dass Datierung, Zeugenliste und Siegelung des Stifters offensichtlich nicht als relevant galten, und dass es genau diese drei Elemente sind, die den juristischen Aspekt, ein festes Datum und die Umgangsformen unter Menschen betreffen, dann wurde die Bittvotivinschrift so verkürzt, dass nun die Kommunikation zwischen dem Dedikanten und seiner Gottheit im Mittelpunkt steht, deren Ungestörtheit nur noch durch die abschließend genannten Fluchformeln abgesichert werden sollte. Es wurde also in der Textauswahl bewusst in Kauf genommen, dass die Kupfertafel keiner Beurkundung einer Weihgabe mehr diente, sondern göttlichen oder menschlichen Betrachtern als Souvenir, Memorabilie, Prestige-Display einer Weihgabenstiftung, deren erhoffte Segenswirkung als Amulett materialisiert wurde. Die rechtliche Ebene wurde durch die Tontafel im Archiv abgedeckt, wohingegen die Kupfertafel biographisch und durativ an die einmalig vorgenommene Stiftung erinnern sollte, deren genaues Datum nicht wirklich für die Textfunktion von Bedeutung war. Wichtiger war offenbar, dass in der Vergangenheit zwischen Dedikanten und Gottheit eine Interaktion stattgefunden hatte, deren segensreiche Folgen zeitlich unbegrenzt erwartet wurden. Öffentlich sichtbar im Haus oder Tempel angebracht, war die Tafel Bekenntniszeichen des Dedikanten und trug zum Prestige des Stifters innerhalb seiner sozialen Gruppe bei. Zudem vergegenwärtigte und performierte sie durch ihre Amulettform die vom Dedikanten erhoffte Schutzfunktion für seine Zukunft. Das Stück ist keine Weihgabenurkunde, sondern in dieser Form ein Amulett, das keine juristische Fakten schafft (und auch nicht schaffen kann), sondern Fakten und Verbindungen ganz anderer Art: es etabliert die göttlich-menschliche Kommunikation, die bei Weihen und in Amuletten gleichermaßen geschaffen werden, wobei die Amulettform deutlich macht, dass sich der Dedikanten durch seine Stiftung ein persönliches „Schutzdach“ geschaffen hatte, das künftig für seine Gesundheit und sein langes Leben sorgen würde. 3.3. Ninive (8./7. Jh.) Aus Ninive stammt eine Tontafel (Rm 2,263) in Amulettform (3,8 × 4,2 × 1,9 cm; ohne Bohrung) mit einer neuassyrischen Weihinschrift an Ištar von Arbela.35 Die genaue Fundstelle innerhalb Ninives ist unklar, aufgrund des Inhalts der Inschrift wurde der dortige Ištartempel vermutet, wenngleich auch für dieses Stück gilt, dass es zu einem Haushalt gehören könnte. 35
Panayotov et al., 2017.
Amulett oder Weihgabe?
Vs. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Rs.
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Für Ištar, (2.) die großartige (1.) Herrin, Königin der Igigi und der Annunake, durch die Götter, ihre Väter, wurde ihre Herrschaft großartig gemacht. xxxx ihr x xxxxx
xxxxx x+1. xxx x+2. die Feinde umstürzen ... x+3. du/sie hat mein Herz vollständig paralysiert. x+4. Zusammen mit vielen Geschenken (it-ti NÍG.BA.MEŠ ma-ʾada-a-ti), x+5. für Ištar, die in Arbela wohnt, x+6. meine Herrin, schenkte (BA-eš) ich.
Aus der Rs. wird klar, dass die Tafel eine größere Schenkung manifestiert, die der Göttin geweiht wurde. Das Amulett bzw. die Tontafel in Amulettform ist stark beschädigt, sodass viel (u. a. der Name des Stifters) offenbleiben muss. Dennoch ist das Ende des Textes klar erhalten und durch zwei Linien begrenzt, sodass klar ist, dass auch hier beabsichtigt die juristischen Formeln (Datierung, Zeugenliste, Siegelung des Stifters) und in diesem Fall auch (anders als bei dem vorhergehenden Stück) auch die abschließenden Fluchformeln gegen eventuelle Anfechter der Schenkung fehlen. Es kann sich also keinesfalls um eine regelrechte Schenkungsurkunde handeln, sondern allenfalls um das Exzerpt eines korrekt beurkundeten Originals, das als Tontafel im Tempelarchiv aufbewahrt wurde. Ansonsten ist anzunehmen, dass die Tafel dem Formular: Göttlicher Adressat, [im zerstörten Teil: menschlicher Stifter, Stiftungszweck] und Gabe folgte, und somit den klassischen Votivinschriften mit Eigentumsübertragungen an Gottheiten entspricht. Der genaue Umfang der Stiftung bleibt unklar, da die „vielen Geschenke“ nicht weiter präzisiert werden. Mit dem abschließenden Satz könnte gemeint sein, dass der Dedikant die vorliegende Tafel zusammen mit den Geschenken der Göttin übereignete, sodass die vorliegende Tafel selbst zu seiner Weihgabenstiftung zählte36 und als solche im Tempel aufgestellt wurde.37 In jedem Fall fällt auf, dass der Text ausschließlich eine Kommunikationssituation zwischen dem Dedikanten und der Göttin herstellt und Anfechter der Schenkung nicht in den Blick genommen werden. Wenn das Stück im Tempel ausgestellt war, memorierte und performierte es die größere Stiftung und rief als 36
So die Deutung von Panayotov et al. 2017. Das Fragment einer Steintafel, die in Amulettform gestaltet war, enthält eine Weihinschrift des Salmanassar III. an Ninurta von Kalhu (im Formular: „für/ana Göttername + Königsname“); auf der Rs. steht ein Auszug aus dem Libanonfeldzug, der evtl. die Weihgabe näher erläutern sollte, die im verlorenen Textteil genannt war. Ggf. handelte es sich um Zedern, s. Grayson, 1996: Shalmaneser III A.0.102.19. Nach Grayson ebd. wurden Tafeln dieses Typs in Tempeln öffentlich ausgestellt, sodass es sich um eine Weihinschrift in Amulettform handelte. 37
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Angelika Berlejung
Votivgabe und -inschrift in Amulettgestalt den Stifter bei der Göttin in positiver Erinnerung. Allerdings stellt sich wie bei 3.2. die Frage, wozu für eine Votivinschrift im Tempel bewusst eine Gestaltung des Texts gewählt wurde, die innerhalb des neuassyrischen Kontexts eindeutig als Amulettgestalt erkennbar und in der sozialen Gruppe mit den entsprechenden Erwartungen, Gefühlen und der entsprechenden Symbolik konnotiert war. Es könnte sich also durchaus um ein Stück handeln, das dem Stifter aus dem Tempel mit nach Hause mitgegeben wurde, damit es ihm als Memorabilie und, klar erkennbar durch die Amulettform, als materielles Zeichen seines göttlichen Schutzes diente, den er als göttliche Gegenleistung für seine Votivgabenstiftung erwarten konnte. 3.4. Tyros? (6./5. Jh.) Auch ein Anhänger des Schreibtafeltyps aus Lapislazuli (13 mm × 8 mm; 3 mm dick) kombiniert auf kleinstem Raum die Amulettgestalt und Amulettmaterialität mit einer phönizischen Votivinschrift.38 Ein genauer Fundkontext besteht nicht, üblich ist seit Bordreuils bewusst enigmatischen Angaben (um Raubgräbern keinen Anhalt zu geben) die Zuschreibung zur Umgebung von Tyros und, aufgrund paläographischer Analysen, eine Datierung in das 6./5. Jh. v. Chr. Daher ist letztlich keine Klarheit darüber zu gewinnen, ob das Amulett-Täfelchen in ein Heiligtum, ein Privathaus oder Grab gehörte. Vs. 1. 2. 3. 4. Rs. 1.
lbʿl ḥ mn wl bʿl ṣp [n] k yb rknn (Restlicher Platz unbeschrieben)
Vs. 1. 2. 3. 4. Rs. 1.
Für Baal Ḥamon und für Baal Ṣaph[on], damit sie mich wahrhaftig segnen (brk)!
Diesem Text fehlen zwar die Elemente der namentlichen Individualisierung des Eigentümers bzw. Stifters, jedoch ist der Eigentümer durch das Suffix der ersten Person benannt. Der Text stellt zwischen ihm und den beiden Baals-Gottheiten eine klare Verbindung her. Was genau der anonyme Segensbedürftige den Gottheiten zueignete, wird nicht genannt. Zumeist wird auch hier angenommen, dass das Lapislazuli-Täfelchen selbst die Weihgabe war, die den Gottheiten zugeeignet wurde. Dann wäre für eine veritable Weihgabe allerdings zu erwarten, dass das Stück im Tempel deponiert und der Name des Stifters explizit angegeben war. Ohne seine Namensnennung ging es im Tempelfundus schnell unter. Ähnliches 38
Veröffentlicht von Bordreuil, 1986: 82–86; kurz diskutiert in Lemaire, 2008b: 526; mit anderen Textamuletten besprochen in Berlejung, 2008a: 54, Nr. 21; Berlejung, 2011: Nr. 1.2; Berlejung, 2012: 135f; Berlejung, 2015: Nr. 8.
Amulett oder Weihgabe?
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gilt für die Überlegung, dass es sich um eine Votivinschrift in Amulettgestalt handelte, die im Tempel als Memorandum oder Zeugnis ausgestellt war. Das „mich“ wäre in diesem Kontext nicht eindeutig genug. Sehr viel wahrscheinlicher ist also m. E., dass das Täfelchen als Amulett in Privatbesitz war, und von seinem Eigentümer als Amulett getragen wurde. Ähnlich wie bei dem o. g. Medaillon ließe sich die Überlegung anstellen, dass nicht das Täfelchen selbst den Baals-Gottheiten zugeeignet wurde, sondern dass das Täfelchen dem Stifter einer ungenannten Weihgabe anlässlich seiner Weihgabenstiftung als Memorabilie für seine Stiftung beschrieben und nach Hause mitgegeben wurde. So wurde seine Weihgabenstiftung nicht nur quittiert, sondern zum Anlass für sein Amulett (mit Votivinschrift), das ihm Quittung, Zeuge, Gedächtnisstück und Erinnerungszeichen mit biographischer und symbolischer Bedeutung und Schutzdach war. Nur in diesem Zusammenhang wäre das „mich“ signifikant, da es sich dann eindeutig auf den Amulettträger bezog, der mit dem Amulett körperlich verbunden war. Die kurze Anrede an die Götter mit dem dringlichen Segenswunsch könnte auch die Niederschrift der Bittgebetsformel sein, die der Stifter anlässlich seiner Weihgabenübereignung an das Heiligtum ausgesprochen hatte. Insofern ließe das Aufschreiben von Bittgebetsformeln den Gedanken erkennen, dass man durch das Aufschreiben auf ein duratives Medium ein einmalig gesprochenes Gebet (und dessen Anlass) perpetuieren kann. 3.5. Byblos? (ca. 500 v. Chr.) Das folgende phönizische Beispiel stammt aus dem Handel und war Teil der Sammlung von Shlomo Moussaieff, die nach dessen Tod seit 2020 sukzessive versteigert wird. Seit der letzten Auktion ist unbekannt, wer der neue Eigentümer ist. Das Stück wurde von A. Lemaire publiziert39 und aufgrund der Inschrift Byblos zugeordnet. Es handelt sich um eine Silberlamelle von 16 cm Länge und 4,6 cm Breite. Die Inschrift von 22 Zeilen ist recht gut zu lesen. Die gerollte Lamelle befand sich in einem Bronzezylinder, der 6,6 cm hoch war und einen Durchmesser von 2,15 cm hatte. Der Zylinder weist keine Aufhängevorrichtung auf, was dafür spricht, dass er aufgestellt wurde und nicht Teil eines Colliers war.40 Die Datierung erfolgt aufgrund paläographischer, orthographischer Elemente,41 die mit der Nennung des Königs Šipitbaal koordiniert werden können. Da es drei Könige dieses Namens in Byblos gab, kann man an Šipitbaal I. (Sohn des Elibaal 10. Jh. v. Chr.), Šipitbaal II. (Zeitgenosse Tiglathpilesers III., ca. 740 v. Chr.) oder Šipitbaal III. (ca. 500 v. Chr.) denken. Kombiniert man alle Argumente, läuft es auf ca. 500 v. Chr. und Šipitbaal III. hinaus. Dazu passt, dass das erste Auftauchen dieser Amulettform im nordwestsemitischen Bereich in diese Zeit fällt und kaum im 10. oder 8. Jh. v. Chr. angesetzt werden kann. Der Text
39
Lemaire, 2003; 2008ab; Berlejung, 2011: Nr. 1.4. Lemaire, 2003: 171 denkt deswegen (und wegen Z.10) daran, dass es sich um ein Hausamulett bzw. ein Amulett für einen Türzugang handelt. Dasselbe nimmt er für das Amulett in der Kapsel mit der Inschrift smr aus Sendschirli an, s. Lemaire, 1990: 323–327. 41 Lemaire, 2003: 167–172. 40
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Angelika Berlejung
beginnt wie eine klassische Weihinschrift, in der der Weihemechanismus der Eigentumsübertragung mit l + GN eingeleitet wird. 1. lrbt lʿštrt 2. rbt gbl ndʿr 3. ʿbdk rkbʾš 4. bn ʿbdʿštrt 5. hgbly ʾš ndr 6. ʾt ndr ʾz ʾš 7. kn ʾnḥn bn/t44 wss 8. l tbrk wtḥlṣʾ46 9. ʾt ʿbdk wbnyʾ49 42
für meine Gebieterin, für Astarte, Gebieterin von Byblos, das Gelübde42 deines Dieners RKB-ʾš,43 Sohn des ʿAbdastart, des Bybliers, wovon gilt er hat geschworen diesen Schwur, wovon gilt (nämlich) dass wir, Haus/Sohn und Pferd45 ihr gehören.47 Sie möge segnen und (ihn) retten48 deinen Diener und seine Söhne
Zur Form s. DNWSI 717 (punisch) als cstr. sg., oder „er gelobte“ s. KAI 147:2. Das ʿAyin als Mater Lectionis ist hier zum ersten Mal im Phönizischen belegt, s. Lemaire, 2003: 169 mit seiner Schlussfolgerung, dass das Phönizische in privaten Texten Matres Lectiones früher und intensiver gebraucht hat als in offiziellen Inschriften. Das Punische schließe demgemäß eher an die Alltagsschrift an und habe nicht wirklich neue Dinge praktiziert, sondern phönizische Alltagssprache übernommen und weiterentwickelt. 43 Rkb ist im Phönizischen neu. Es ist nach Lemaire, 2003: 157f. evtl. eine Abkürzung des Theonyms Rakab-El, ʾš heiße evtl. „er hat gegeben“. Anders Peckham, 2014: 1568 der in ʾš eine Schreibung für Isis annimmt, die zyprischem Einfluss entspringe. In jedem Fall ist es ein Satzname mit der Wurzel rkb, sodass sich für ʾš eine Gottheit nahelegt. Sibilantenwechsel s/š kommt im Text öfter vor, sodass Isis eine Möglichkeit ist. 44 Lemaire, 2003 schreibt in der Umschrift „bt“ und übersetzt entsprechend, aber seine Kopie zeigt „bn“, wobei das Photo leider nicht weiterhilft. 45 Lemaire, 2003: 160f. macht den Vorschlag, dass es um einen Schiffstyp (gr. Hippos) geht, nicht um ein echtes Pferd. Das ist m. E. spekulativ. 46 Das Aleph am Ende ist klar erkennbar, eventuell ist es als Dittographie zum folgenden Aleph zu erklären (oder als Suffix 3ms); s. auch Lemaire, 2003: 161f. 47 Wenn man mit Peckham, 2014 das l zu tbrk zieht und als Präkativ- Partikel ansieht, dann ergibt sich, dass die Inhalte von Z. 7 in den Segenswunsch mit einbezogen werden: 7. (das Gelübde), das er geleistet hatte: „Wir, Haus/Sohn und Pferd 8. mögest du (statt: möge sie) segnen und ihn (Aleph als Suffix 3ms) retten, 9. deinen Diener und seine Söhne ...“ Dass der Präkativ mit „l“ eingeleitet werden kann, bezeugt die (in rot geschriebene) Votivinschrift auf einem Straußenei (6. Jh. v. Chr.), s. „Es gelobte (ndr) und machte (es) ʿAbdBaal für Baal von Byblos. Möge er segnen (lybrk)“, s. Peckham ,2014. Die Interpretation der Z. 7f. des Amuletts von Peckham, 2014 erscheint mir wenig wahrscheinlich, weil von einem Gelübde die Rede ist, dessen Inhalt unmöglich der Segenswunsch des RKB-ʾš sein kann. Der Segenswunsch ist vielmehr erst die erhoffte Folge des vorher geleisteten Gelübdes, dessen Inhalt bei Peckhams Übersetzung unklar bleibt. Nach Peckham, 2014: 1566f.1570 gehört der Präkativ mit l+ und das pronominale Suffix -w zu den typischen „Byblian idioms“, wohingegen der Sibilantenwechsel s/š (diskutabel bei der Schreibung von Isis, aber sicher bei der Schreibung der Zahl 10 [Z. 13]) sowie Lamed und Nun (in Z. 13 ybnm) den Dialekt von Kition widerspiegele. 48 Bisher nur Punisch belegt. 49 In der Kopie von Lemaire, 2003 ist das Aleph klar erkennbar, in der Umschrift S. 155 fehlt es. Im Kommentar S. 162 und 169 ist es hingegen aufgenommen und diskutiert (als Form des Suffixes der 3ms am pluralischen Nomen, was auf den Gebrauch des Aleph als Mater Lectionis am Wortende für lange Vokale deutet).
Amulett oder Weihgabe?
10. wʾštw wbt ʾbyʾ 11. zn wlʾtʾs[x] 12. hmṭn52 z yṭnʾt 13. mzbḥ ʿsr54 ybnm 14. wšnm ʾlp wʿsr 15. wšnm ʿzm 16. wksp ʿsrm 17. wʾrbʿ lšpṭbʿl 18. mlk gbl hnṣr 19. wkn59 rb khnm bt 20. ʾlm ʿštrt
49
und seine Frau/en und dieses Haus seiner Väter. Und für die Samm[lung50/Heilung?]51 diese Votivgabe habe ich dargeboten:53 einen Altar,55 zehn Widder56 und zwei Ochsen und zw ölf Ziegen und Silber: vierund zwanzig (Schekel) für Šipitbaal,57 den König von Byblos, den Bewacher,58 und so/es war der Oberste der Priester des Hauses/oder: und den Ernenner des Obersten der Priester des Hauses der Gottheit Astarte,
50 Lemaire, 2003 kopiert zwar ein P, aber auf dem Photo ist nichts erkennbar. Möglich sind in diesem Fall die Ableitungen von ysp cf. DNWSI 462f. Itp. „hinzugefügt werden“ oder (eher) ʾsp1 cf. DNWSI 89 „versammeln, sammeln“. Lemaire, 2003: 162 konzediert, dass es am Ende auch ein M oder N sein kann, was auch nicht weiterhilft. Falls es ein „Y“ wäre, könnte man an das nur im Aramäischen bezeugte ʾsy1 „heilen“ denken, sodass sich im Itp. evtl. eine Bedeutung der „Heilung“ bzw. des „Geheilt-Werdens“ ergäbe, doch sind die Zeichenspuren damit schwer vereinbar. Lemaire, 2003: 162f. schlägt vor, dass es sich um ein Nomen oder einen Infinitiv Itp. von ʾsp1 handelt mit der Bedeutung „Versammlung/Sammlung“, „dans le cadre d’une cérémonie religieuse liée à l’accomplissement du vœu mentionnée au début de l’inscription.“ 51 Peckham, 2014 übersetzt unter (der m. E. problematischen) Annahme eines weiteren Präkativ: „11. and may you accept 12. this dedication I dedicated ...“ 52 Hier fehlt an sich ein Aleph also hmṭnʾ; Lemaire, 2003: 169 schlägt vor, dass ein Schreiberfehler vorliegt, oder dass ein betontes Aleph am Wortende wegfällt. 53 Yiphil Perf. 1cs. Zur Formulierung s. KAI 48:1, dort bezieht es sich auf eine Stele. Bekanntlich ist die Wurzel ṭnʾ (Verb wie Nomen) im Phönizischen mit Opferungen und Weihgabenstiftungen verbunden und exklusiv religiösen Zusammenhängen vorbehalten, zu Belegen s. Vainstub 2014. Es gehört also eindeutig in das semantische Feld von Weihgaben. 54 Zum Wechsel s/š s. schon KAI 14:1; Lemaire, 2003: 168f.; Peckham, 2014 s.o. 55 Lemaire, 2003: 163 nimmt ein Pt. Piel von zbḥ „opfern“ oder ein Nomen actionis derselben Wurzel mit der Bedeutung „Opfer“ an, m. E. liegt das im Phönizischen gut belegte Wort für „Altar“ aber näher. 56 Ybl „Widder“ kann nur durch den Liquidenwechsel l/n erklärt werden. Die Reihenfolge der Tiere ist so oder so ungewöhnlich, da Opfertiere normalerweise entsprechend der Opferhierarchie sortiert werden, also von oben (Rind) nach unten (Vogel). 57 Satzname: „Rechtsspruch des Baal“. 58 Nach Peckham, 2014: 1573 bezieht sich der Titel „Bewacher“ auf die Funktion des Königs beim Gelübde. Nach Lemaire, 2003: 165 geht es eher um den König als den Wächter des Tempels. 59 Möglich sind kn4 = „so“ cf. DNWSI 516–518, oder kwn Q Perfekt 3ms „und er/es war“ cf. DNWSI 493f., oder eine Piel Inf. abs. Form von kny „ernennen“ (DNWSI 519).
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Angelika Berlejung
21. bdbʿl hkhn 22. hqdš
Bodbaal60, der (22.) heilige61 (21.) Priester.
Der Text zerfällt in zwei Teile, die sich folgendermaßen gliedern lassen: I. Teil: Leitwort ndr; der Text spielt sich zwischen Göttin und dem Gelobenden bzw. Amuletteigentümer und dessen Hausstand ab. 1–2 2 3–5 5 5 6 6f. 7f. 8–11
Adressierte Göttin Gelübde/direktes Objekt Identifikation des Gelobenden und Dedikanten Relativpronomen Weihe-/Schwurverb ndr Gelübde/direktes Objekt Relativsatz mit Rückverweis auf Gelübde Gelübdeinhalt Gelübdefolge: Segenswunsch
II. Teil: Leitwort ṭnʾ; der Text spielt sich zwischen dem Dedikanten/Amuletteigentümer, dem König und ggf. dem Oberpriester ab. 11 12 13–15 16f. 17f. 19f. 19–22
Stiftungszweck Votivgabe/direktes Objekt mit Weiheverb = Weihgabenformel Votivgabenaufzählung: Altar und Tiere Geldstiftung Name des königlichen (!) Adressaten Šipitbaal (III.) Nennung (oder Hinweis auf die Ernennung) des Oberpriesters Bodbaal, oder Datierung nach dem Oberpriester Bodbaal(?).62 [Im Normalfall wurde allerdings nach Regierungsjahren von Königen/Suffeten datiert.]
Wie an der Gliederung ersichtlich, teilt sich der Text in zwei Einheiten, die aufeinander bezogen sind: Der Inhalt von Teil 1 ist die namentliche Identifikation der beteiligten Gottheit Astarte und ihres menschlichen Interaktionspartners, RKB-ʾš. Beide sind durch ein Gelübde aneinander gebunden. RKB-ʾš schwur der Göttin, dass sein Haus und Pferd ihr zugeeignet seien. Mit seinem Gelübde verband sich die Bitte, dass sie ihn, sein Haus und seine Familie segne und rette. Dass es sich bei dieser Lamelle des RKB-ʾš nicht um eine klassische Amulettinschrift handelt, sondern eine Schnittmenge zu Weihinschriften besteht, erhellt der ausführliche Verweis auf das Gelübde, das RKB-ʾš der Göttin geleistet hat, und das sie (erst) dazu 60
Satzname: „Aus der Hand des Baal“. Dies ist ungewöhnlich. Das Adjektiv ist im phönizisch-punischen Bereich bislang auf Götter beschränkt gewesen. Zur Verwendung des Begriffs qdš s. Lipiński, 1995: 419–421. Die Übersetzung „der Priester des Heiligtums“ ist wegen doppelter Determination ausgeschlossen. 62 Dass es sich um eine Datierung handle, schlägt Lemaire, 2003: 166 vor. Das ist aber nur sinnvoll, wenn Bodbaal einen seiner Titel nur je ein Jahr geführt hätte oder seine jährliche Amtszeit gezählt und hier angegeben worden wäre. 61
Amulett oder Weihgabe?
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motivieren soll, seine Segensbitte zu erfüllen. Insofern ist dem Amulett des RKBʾš von vorneherein der Aspekt der Gabenzirkulation mit Gabe und Gegengabe eigen, der an sich nicht zu Amuletten, aber sehr wohl zu Weihgaben und ihren Inschriften gehört. Gegenstand des ersten Textteils ist ein Gelübde, aus dem für den Gelobenden, der zugleich der Eigentümer des Texts ist, und für seinen Hausstand Astartes göttlicher Schutz resultieren soll. Wenngleich nichts darüber gesagt ist, ob oder dass RKB-ʾš seinen Freiheitsstatus aufgeben würde, so nennt der Text als Inhalt des Gelübdes die Zueignung seiner Person und seines gesamten Hausstandes an Astarte. Dies kann im Sinn einer Selbstdedikation oder im Sinn des Abschlusses eines Patron-Klienten-Vertrags interpretiert werden. Was die Selbstweihung des RKB-ʾš an Astarte betrifft, sind allerdings Zweifel an der valablen Beurkundung dieses Sachverhalts durch den Amuletttext angebracht: Denn Selbstweihungen sind aus Ägypten gut bekannt. Sie datieren allerdings in das 2. Jh. v. Chr. und unterscheiden sich von dem hier vorgestellten Text erheblich. Die ägyptischen Texte bieten neben den Namen der Beteiligten eine genaue Datierung, klären die Laufzeit (ggf. inklusive existierender und noch zu zeugender folgender Generationen), benennen die monatlichen Gebühren und sind durch den Schreiber und/oder Zeugen beglaubigt.63 Der Sich-der-Gottheit-Weihende verzichtet zugunsten des Tempels auf seinen Freiheitsstatus, stellt sich unter göttlichen Schutz und vermeidet so offenbar vor allem jedwede Verpflichtung zu Zwangsarbeit.64 Für eine derart rechtliche und weitreichende Vereinbarung fehlen der Lamelle des RKB-ʾš die entsprechenden klaren Verabredungen, Datierung, Siegel und Zeugen. Im Fall des Abschlusses eines „informellen“ Patron-KlientenVertrags zwischen Mensch und Gottheit wäre der Status des RKB-ʾš nicht tangiert, und das Gelübde wäre ebenso wie die folgenden Weihgaben ein Mittel, seiner Bitte um das göttliche Patronat Nachdruck zu verleihen. Der Text stellt in Teil 1 die klassische Kommunikationssituation eines Gelübdes und einer Weihe her: Dedikant, Gottheit und Gelübde plus Segenswunsch. RKB-ʾš und Astarte sind die direkt aufeinander bezogenen Kommunikationspartner in diesem Abschnitt, und RKB-ʾš agiert als Hausvorstand zugleich stellvertretend für seine Familie. Tatsächlich wäre dieser erste Abschnitt allein schon eine plausible Weihinschrift, da eine Eigentumsübertragung an Astarte stattfindet, die beiden Interaktionspartner (Geber und Empfänger) namentlich identifiziert und auch die Intention des Gelübdes benannt sind. In den Zeilen 8–10 besteht bei der Formulierung der prospektiven Bitte des RKB-ʾš eine Schnittmenge zu „klassischen“ Amulettinschriften, indem die Göttin dazu aufgerufen wird, den Gelobenden/Amuletteigentümer zu segnen und zu retten (s.o.). Durch den Vorlauf des Texts ist die Segenswirkung der Astarte und damit in der Sache auch die Schutzwirkung des vorliegenden Amuletts an die Gelübdeerfüllung des RKBʾš gebunden. Die Formulierung einer Bedingung, ist für Amulettinschriften an sich nicht üblich, obgleich nicht ausgeschlossen (s. Ketef Hinnom 1). Tatsächlich ist im vorliegenden Stück eine Kombination von Textamulettgestalt, Textamulettmaterialität, und Weihinschrift mit Bittformel (und hier dann faktisch) eine Schnittmenge zu Textamulettinschriften gegeben. Sowohl Text63 64
Thompson, 1941; Ryholt, 2015; 2019. Ryholt, 2015.
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amulett- als auch Votivinschriften stellen eine Kommunikationssituation her, die sich ganz zwischen dem Amulettbesitzer bzw. Gelübdeleistenden/Dedikanten und der angesprochenen Gottheit abspielt, weitere Protagonisten treten nicht auf. Dies ändert sich im zweiten Teil des Textes. Ab Z. 11 beginnt Teil 2 der Inschrift, der ganz der Aufzählung der Votivgabe mṭnʾ gewidmet ist, die einen Altar, zehn Widder, zwei Ochsen und zwölf Ziegen sowie 24 Schekel Silber beinhaltet, und damit sowohl die Weihung von konsumptiven Opfertieren als auch die Weihung von nicht-konsumptivem praktischem Kultinventar und Stiftungsvermögen umfasst. Hier wird nun das Formular der Weihinschrift einer persönlichen Votivgabe, die sich zwischen Dedikanten und Gottheit abspielte, verlassen und ein anderes Genre aufgerufen. Denn anders als in der Kommunikationssituation der typischen Weihe oder des Gelübdes, die den menschlichen Dedikanten und seinen göttlichen Adressaten durch Gelübde und Gabe unmittelbar miteinander verbindet, werden im Text nun noch weitere Personen eingeführt. Die Kommunikationssituation des Votivs, in der jeweils ein Mitglied der himmlischen und menschlichen Sphäre miteinander verbunden sind, wird erweitert bzw. verlassen. Denn dem leider unklaren Stiftungszweck (Z. 11) folgen das direkte Objekt bzw. die Weihgabe samt Weiheverb und eine Aufzählung der umfangreichen konsumptiven und nicht-konsumptiven Gaben. In diesem Abschnitt ist von der Göttin keine Rede mehr, sondern die irdischen Autoritäten, König und Priester, werden namentlich eingeführt. Sie treten in diesem Texttteil als Kommunikationspartner des RKB-ʾš auf. König Šipitbaal und Priester Bodbaal sind nun seine Interaktionspartner, sodass sich dieser Textabschnitt gänzlich auf der irdisch-sozialen Ebene abspielt. Die Dedikation geht in diesem Textteil nun nicht direkt an die Göttin Astarte, sondern an den König Šipitbaal, dessen Titel als „Bewacher“ (Z. 18) sich m. E. (gegen Peckham65) kaum auf seine Rolle als Wächter über das Gelübde beziehen kann, da Gelübde der Aufsicht von Gottheiten unterstehen. Die parallele Nennung von König und Priester, die die Stiftung entgegennehmen, deutet vielmehr auf deren gemeinsame verantwortliche Rolle im Tempel. In Bezug auf die Kultorganisation in Byblos erfahren wir durch den Text (Z. 19f.), dass für die Herrin von Byblos (hier „Gebieterin“ als Paralleltitel), identifiziert mit Astarte (früheste explizite Gleichsetzung „Herrin/Gebieterin von Byblos und Astarte“), ein Tempel existierte, in dem ein Oberpriester agierte, der zugleich der „heilige Priester“ war. Der Tempel der Gebieterin/Herrin von Byblos (ohne Gleichsetzung mit Astarte) an sich war bereits aus der Inschrift des Yḥmlk (KAI 4) bzw. Yḥwmlk (KAI 10) bekannt. Durch den vorliegenden Text erfahren wir etwas über die Opfermaterie vor Ort und über die Rolle des Königs der Stadt um 500 v. Chr. Er war der „Bewacher“ und für die Kultorganisation verantwortlich, erfüllte aber selbst (noch) nicht das Priesteramt.66 Er musste wohl auch nicht alle Finanzen für den Stadtkult selbst aufbringen, sondern nahm von Privatleuten sachdienliche Stiftungen entgegen. Eine solche ist hier bezeugt. Es fällt auf, dass ab Z. 11 die direkte Begegnung zwischen RKB-ʾš als Dedikant und Astarte aufgegeben ist, und die Stiftung auch nicht direkt an den „hei65
Peckham, 2014: 1573. Vgl. aber KAI 11 (datiert ca. 350 v. Chr.); hier ist der König von Byblos auch als „Priester der Herrin“ aufgeführt. 66
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ligen Priester“ Bodbaal geht, sondern dass der König als Vermittler eintreten muss. Als Bewahrer des Kults und Chef der Priester kam ihm offenbar die Aufgabe zu, die Gaben des Privatstifters an die Priester weiterzuleiten. In diesem Textabschnitt geht es eindeutig nicht mehr um die Begegnung zwischen Mensch und Gott, sondern vielmehr um die sehr irdische Abwicklung einer Stiftung. Wenn man dem Text folgen darf, dann ergeben sich Einsichten in die Weihgabenpraxis in Byblos, die durch den hierarchisch geregelten Zugang zur Göttin geregelt war: RKB-ʾš konnte seine Stiftung nicht direkt der Astarte vorlegen oder an dem von ihm gestifteten Altar tätig werden, sondern musste alles an die Zuständigen übergeben. Die Aufzählung der Weihgaben ab Z. 13 ruft den Eindruck hervor, einer Schenkungsurkunde oder einem Opfertarif zu folgen und ruft damit juristische Kategorien auf. Ein Privatier stiftet diverse Dinge für den offiziellen Kult der Göttin von Byblos, tut dies über den König und ggf. Oberpriester, sodass zwischen RKB-ʾš und dem König (sowie Oberpriester) ein rechtsverbindlicher Stiftungs- und Verwendungsvertrag entsteht. Wie es für eine juristisch valable Urkunde oder Quittung angebracht wäre, werden die einzelnen Gaben aufgeführt, das Silber gewogen und sein Wert festgestellt und der bzw. die Empfänger benannt. Doch fehlen hier (ebenso wie in 3.2.) die Elemente, die bei einem juristisch einwandfreien Stiftungsvertrag notwendig sind. Bei einer regelrechten Urkunde oder Quittung wären allerdings eine klare Datierung, Zeugen und eine Siegelung des Stifters zu erwarten (s.o.). So wie der Text nun steht, ist er jederzeit anfechtbar und nicht justiziabel. Dass Weihgabenstiftungen durchaus angefochten werden konnten, bezeugen keilschriftliche Stiftungsurkunden, die für diesen Fall Poenalklauseln enthalten. Auffällig ist, dass die hier vorliegende Stiftung von einem Altar, zehn Widdern, zwei Ochsen, 12 Ziegen und 24 Schekeln Silber das Ausmaß einer Opferhandlung im Privathaus, aber auch das einer persönlichen Stiftung an ein Heiligtum deutlich übersteigen. Dies gilt unabhängig davon, ob dies eine einmalige oder jährliche Zahlung ist. Leider ist Z. 11 nicht klar deutbar, sodass der Anlass der üppigen folgenden Votivgaben nicht deutlich wird.67 A. Lemaire68 denkt daran, dass RKB-ʾš sich und sein Haus in einer feierlichen Zeremonie der Astarte geweiht, und diese öffentliche Zeremonie mit den genannten materiellen Stiftungen selbst finanziert habe. Das Amulett sei im Zuge dieser Feierlichkeiten hergestellt und dann als Memorabilie am Hauseingang des Hauses des RKB-ʾš fixiert worden, um daran zu erinnern, dass Haus samt Inhalt Astarte gehörten (Selbstdedikation) und sie auf ihren Schutz hofften.69 Auch wenn im ersten Textteil das Gelübde offensichtlich inhaltlich so zu konkretisieren ist, dass sich RKB-ʾš der Göttin weiht, so sind Zeremonien zu diesem Anlass nicht bezeugt. Zudem ist die ab Z. 11ff. dargebotene Weihgabenliste nichts, was mit einer Zeremonie (oder 67
Möglich wäre auch, dass Z. 11 mit erfolgter Heilung den Grund des Votivopfers benennt, was aber sprachlich problematisch ist. Vielleicht ist in Z. 11 auch der Name eines Fests oder einer Feier enthalten. Peckhams, 2014 Vorschlag eines Präkativs kann ich aus sprachlichen Gründen nicht folgen. 68 Lemaire, 2003: 174; 2008: 91a. 69 Lemaire, 2003; 2008a sieht im Amulett ein Vorläufer der Mezuzot (u. a. wegen der Zeilenzahl, da Mezuzot traditionell 22 Zeilen hätten).
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einem Gelübde) zu verbinden ist, da die Gaben genau genommen an den König und das Tempelpersonal der Astarte gehen. Ähnlich wie bei dem oben besprochenen Stück (3.2.) scheint es sich ab Z. 11ff. um das Exzerpt aus dem Text der formal einwandfreien und juristisch abgesicherten Stiftungsurkunde des RKB-ʾš zu handeln, die im Tempel oder Palast hinterlegt war. Fasst man das Gesagte in Bezug auf eine mögliche Einordnung des Texts zusammen, dann wiegt das Fehlen klarer Verabredungen, der Datierung, der Zeugen und der Siegelung des Stifters schwer. Weder der erste (als Weihinschrift mit Selbstdedikation, Bezeugung der Gelübdeerfüllung) noch der zweite Teil (als Stiftungsurkunde) der Amulettaufschrift können juristische Relevanz oder Bindung auf administrativer Ebene gehabt haben. Es stellt sich also die Frage, wozu der Text sonst diente und wieso er in Amulettform gebracht wurde. Ausgangspunkt weiterer Überlegungen ist, dass der erste Teil des Texts eine Weihinschrift mit Selbstdedikation im Rahmen eines Gelübdes und nachfolgender Segensbitte an die Göttin Astarte, der zweite Teil die Auflistung einer Weihgabenstiftung, ggf. ein Exzerpt der Stiftungsurkunde an den König und Tempel ist. Dazu muss die äußere Form des Texts als Amulett in Form einer Lamelle, die in einer Amulettkapsel verborgen war, mit bedacht werden. Als gerollte Silberlamelle in einer Kapsel war der Text unlesbar, sodass es sich (anders als bei 3.2.) nicht um die verkürzte „display version“ der Selbstdedikations- und Stiftungsurkunde handeln kann, die im Tempel ausgestellt worden war. Der Kapsel sah man von außen nicht an, worum es in ihrem Inneren ging. Allerdings steht der Verborgenheit des Texts die Signalfunktion des typischen Amulettbehälters entgegen, der vom Eigentümer und innerhalb der sozialen Gruppe der Zeit ohne Zweifel eindeutig als Schutzamulett erkannt werden konnte. Doch hätte das Stück im Tempel ungeöffnet im Tempel nicht weiter zugeordnet werden können (welches Individuum nun aber genau und warum von welcher namentlichen Gottheit geschützt wurde, ist nur aus dem 1. Abschnitt des Texts zu entnehmen), sodass es sehr viel wahrscheinlicher ist, dass es dem Eigentümer in seinen Privatbesitz übergeben wurde. Auch dort war es keine „display version“ und nicht zum wiederholten Lesen bestimmt. Nach Verschluss der Kapsel bestand die Funktion des Stücks darin, den Eigentümer und sein Haus an eine vergangene Abmachung, Gelübde und Weihe zu erinnern und in der Gegenwart und Zukunft den göttlichen Schutz der Familie zu symbolisieren und zu performieren. Im Text in der Kapsel war zwar nachzulesen, worauf sich diese Segenshoffnung begründete, doch musste m. E. die Erinnerung des Eigentümers RKB-ʾš und der Blick auf die Amulettkapsel dafür genügen, da die Lamelle nicht dafür geschaffen war, dass man sie wiederholt aufrollte und nachlas, was da stand. Es ist davon auszugehen, dass RKB-ʾš diesen sehr speziellen Text kannte und ihn anlässlich seiner umfangreichen Weihgabe erhalten hatte. Der Text war zwar für ihn von biographischer und religiöser Bedeutung, aber nachdem derselbe in der Kapsel verschlossen worden war, ging es weniger um Gelübde und Weihgabeninventar als vielmehr um die Schutzamulettfunktion, die auch über sein Ableben hinaus in der Familie tradiert werden konnte. Denn es gilt: „Allen Textamuletten liegt die Überzeugung zugrunde, dass dem geschriebenen Wort Wirkmacht zukommt. Es hat, gleich ob ein Gebet, eine
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Beschwörung, Bitte, ein Ritual oder Versprechen, und selbst wenn keiner den Text laut liest oder lesen kann, durch seine pure Präsenz auf Dauer performative Kraft. Daher ist es für die Wirkung eines Amuletts in der Sache nicht notwendig, den genauen Text zu kennen.“70 Anders als bei den o. g. mesopotamischen Textamuletten, für die Heeßel konstatiert „... die Anbringung dieser Texte an geeigneten, sichtbaren Orten sind zentral für die Wirksamkeit von Textamuletten. Die Schrift braucht eine ,Sichtbarkeit‘ an günstiger Stelle, um ihren (sic!) Wirksamkeit bestmöglich zu entfalten.“71, war die Sichtbarkeit der Schrift für die Textlamelle des RKB-ʾš nicht zentral, und kann es auch für das Corpus der beschriebenen Amulette, die in Kapseln aufbewahrt wurden,72 nicht gewesen sein. Möglicherweise war die Sichtbarkeit der Kapsel von Bedeutung, der Schutzwirkung zugesprochen wurde, auch wenn man als Betrachter nicht wissen konnte, was sich darinnen verbarg. Die verschlossene Kapsel war es also, die RKB-ʾš und seine Familie samt Nachkommen sahen, nicht den Text. Diese Kapsel war für sie wichtig, da sie allein schon durch ihre Gegenwart und ihre typische und konventionalisierte Form Medium und Marker portativer Gottespräsenz war. Der gesamte und hoch komplexe Inhalt der Inschrift in allen seinen Details war für den Besitzer und die Betrachter des Amuletts nach dessen Verschluss weder les- noch erkennbar. Insofern wurde der komplexe Sachverhalt des biographisch verankerten Gelübdes des RKB-ʾš an Astarte samt der Selbstweihe und kostenintensiven Weihgabenauflistung an die menschlichen Autoritäten nach Verschluss der Amulettkapsel reduziert und verdichtet auf die Schutzfunktion des Amuletts. So ergibt sich ein komplexer Handlungszusammenhang, der von Gelübdeleistung und Selbstweihe mit Segensbitte, über Weihgabenstiftung zu Textamulettherstellung und -aufstellung reicht, und in dem der Weihgabenstifter zugleich Amuletteigentümer ist und als Interaktionspartner einer Gottheit und der irdischen Autoritäten (König und Priester) erscheint. Es zeigt sich, dass zwischen dem offiziellen Kult der Herrin von Byblos, ihrem Tempel, dem König und seiner Priesterschaft auf der einen und Privatiers auf der anderen Seite (wenigstens der Oberschicht) direkte Beziehungen bestanden. Der Textträger (=Amulett) und der Textinhalt (= Weihinschrift über ein erfülltes Gelübde, Selbstweihe, Segensbitte und Inventar der gestifteten Objekte) erhellen, welcher Natur diese Beziehung zwischen dem Einzelnen und seinem Tempel bzw. seiner Gottheit letztlich ist. In dieser Beziehung spielen sehr viele Faktoren, komplexe Loyalitätssysteme und auch religiöse Ausdrucksformen eine Rolle. Dieses Amulett resultierte aus dem biographischen Moment des Gelübdes und der Selbstweihe an die Göttin sowie der konkreten Weihgabenübereignung an König und Priester. Es ist also nicht nur Amulett, sondern auch eine Memorabilie und 70
Berlejung, 2008b: 219. Wichtiger als den Text zu kennen war es, ein Amulett von jemandem zu erwerben, dessen Autorität in Bezug auf die Anfertigung eines wirksamen Amuletts anerkannt war, und zu dem (u. U. personalisierten) Amulett in eine möglichst enge, ungebrochene Nähe zu treten – es also dauernd bei sich zu haben. 71 Heeßel, 2014: 73. 72 S. z. B. Quillard, 1987. Ein aktueller Katalog ist derzeit in Vorbereitung durch Vfn. im Rahmen eines GIF-Projekts.
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eine Stiftungsquittung. M. E. ist weniger daran zu denken, dass RKB-ʾš das Stück selbst herstellen und beschriften ließ, sondern dass es ihm nach seiner umfangreichen Weihgabenstiftung vom Priester überreicht wurde, um die Gabe durativ zu bestätigen, und ihm die (durch Votivgabe und Gelübdeeinlösung erworbene) portative Schutzpräsenz der Astarte lebenslang materialisiert zu vergegenwärtigen. In diesem Fall ist das vorliegende Stück mit seiner komplexen Inschrift eindeutig nicht identisch mit der übereigneten Weihgabe, sondern memoriert, performiert und verstetigt den Akt des Weihgabentransfers. Ein solches Objekt kann dem Stifter vom Tempelpersonal bei größeren Stiftungsweihen übergeben worden sein, wobei nicht einmal auszuschließen ist, dass Stifter „blanko“ etwas aus ihrem persönlichen Besitz mitgebracht haben, was dann erst von den Priestern anlässlich der Stiftungsübergabe beschriftet und ggf. auch gesegnet wurde. Die Weihgabeninschrift an eine Gottheit und die Weihgabenliste für König und Priester konnte so zum Amulett werden und den Weg in den Privatbesitz des Dedikanten finden.
4. Auswertung und Fazit Abgesehen von den Möglichkeiten, dass ein Amulett (jedweder Form) als Votivgabe für eine Gottheit geweiht und in den Tempel gebracht (und zu diesem Anlass beschriftet) wurde, bzw. dass eine Votivgabe aus dem Tempel aus dem dortigen Schatz (verkauft oder entwendet) in den Privatbesitz eines Menschen überging, der sie (ungeachtet der bereits bestehenden Weihinschrift) als Amulett benutzte, zeigten die fünf besprochenen Stücke weitere mögliche Verbindungen zwischen mit Weihinschriften beschrifteten Amuletten von und für Privatiers und ihren Votivgaben für Gottheiten auf. Leider fehlt bei der Mehrzahl der oben besprochenen Stücke der Fundkontext, sodass sich nur bei 3.1. mit Sicherheit sagen lässt, dass es sich um ein Amulett mit einer Weihinschrift handelt, das zum Privateigentum seines menschlichen Besitzers gehörte. Doch konnte auch für die folgenden Objekte nicht ausgeschlossen (3.2. und 3.3.), wenn nicht gar sehr wahrscheinlich (3.4. und 3.5.) gemacht werden, dass die Stücke in Privatbesitz waren und ihren Eigentümern als Schutzamulette dienten. Festzuhalten ist, dass die Kombination von Amulettform und Votivinschrift gezielt vorgenommen wurde, um eine neue Gattung und Bedeutung zu schaffen. Dabei scheint der Gedanke leitend, die Funktion von Weihgaben und Amuletten so miteinander zu kombinieren, dass das so geschaffene Neue mehr ist als die Summe seiner Teile. Anlass und Zeitpunkt der Anfertigung eines Amuletts mit einer Weihinschrift für eine Privatperson war wahrscheinlich die Übergabe der Weihgabe an das Tempelpersonal oder den König (3.5.). Der Dedikant erhielt als Memorabilie und Quittung das personalisierte Amulett, das nicht mit der Weihgabe identisch war, sondern auf dieselbige referierte. Die gestiftete Weihgabe blieb im Tempel, das Amulett war der Teil der biographischen Begegnung zwischen einem Stifter und seiner Gottheit, den der Stifter für seinen weiteren Lebensweg mit nach Hause nehmen konnte. Insofern verlängerte das Amulett die erhoffte Segenswirkung, die mit der Weihgabenstiftung verbunden war, in das Haus (räumlich) und in das Alltagsleben (zeitlich in Gegenwart und Zukunft) des Weihgabenstifters hinein. Die Herstellung einer Verbundenheit von sakraler und profaner Sphäre spielte
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sowohl bei der gestifteten Weihgabe als auch bei dem mitgenommenen Amulett eine Rolle, wobei die Bewegungsrichtung differiert: Votivgaben waren Objekte, die von außen in die sakrale Sphäre gebracht und dort zurückgelassen wurden, während Amulette als portative Gottespräsenzen die sakrale Sphäre der göttlichen Gegenwart in die profane Sphäre exportierten und dort ihre unmittelbare räumliche Umgebung (Aufstellungsort oder Menschenkörper) schützten. Der positive Effekt, der von einer Weihgabestiftung zu erwarten war, wurde im Amulett, dem Schutzwirkung zugesprochen wurde, materialiter und en miniature verdichtet und für Raum und Zeit mobilisiert. Amulette, die anlässlich einer Weihgabenstiftung angefertigt und überreicht wurden, hatten auch einen starken biographischen Bezug, da sie den Stifter an den Akt seiner Dedikation erinnerten und ihn damit verstetigten. Der Dedikant, der sich bei seiner Weihgabenübereignung an die Gottheit von seinem Eigentum getrennt hatte, um ihr für in der Vergangenheit erhaltenen Segen zu danken und für künftig neuen zu bitten, erhielt im Amulett, das sich auf diese Zusammenhänge und Zeitbögen bezog, eine Art „Permalink“ zur Gottheit, der seine Gegenwart und Zukunft positiv bestimmen würde. Bei Amuletten, die den Dedikanten anlässlich ihrer Stiftung beschrieben und übergeben wurden, spielt der Aspekt der Sichtbarkeit und des Öffentlichkeits-charakters offenbar kaum eine Rolle. Die Stücke sind sehr klein und am Hals oder Körper des Amulettträgers von der jeweiligen sozialen Gruppe nur in ihrer Eigenschaft als Schutzamulette zu erkennen, aber keinesfalls zu lesen. Allenfalls die wertvollen Materialien der Amulette oder ihrer Behältnisse könnten der sozialen Gruppe die Botschaft von Reichtum und Prestige signalisiert haben. Weitere Details sah man den Stücken von außen und von weitem nicht an. Nur für den Eigentümer des Amuletts mit Weihinschrift verdichteten sich schützende Amulettfunktionen, biographische Elemente wie ggf. Gelübde, Selbstweihungen oder Wallfahrten, Danksagungen und Segensbitten, Opfertiere- und/oder Weihgabenstiftungen, mögliche juristische und religiöse Implikationen in exemplarischer Weise. Die durative Materialität des Amuletts trug, wie nicht-konsumptive Weihgaben auch, zur Entzeitlichung und Verstetigung von einmaligen Handlungen und Bewegungen bei, die dauerhaft „festgehalten“ wurden. Insbesondere in 3.5. scheint durch, dass die Anfertigung eines Amuletts mit Weihinschrift zur Weihgabenübereignung gehörte und darauf referieren konnte. Ggf. kann man so weit gehen, zu verallgemeinern, dass zu einem kompletten Weiheritual an einem Heiligtum in einem abschließenden Schritt auch das Anfertigen einer Votivinschrift gehörte, über deren Form somit die Priester vor Ort mitbestimmen konnten. Diese Inschrift konnte am Weihobjekt direkt angebracht werden und mit ihm im Tempel bleiben oder eben dem Stifter als Amulett mitgegeben werden. Diese Praxis könnte m. E. wenigstens erklären, warum die Weihinschriften des Alten Orients relativ konsistente Formulare haben. Nur für besonders vermögende Stifter ist anzunehmen, dass sie zusätzlich zu ihren Großspenden wie Immobilien, Menschen und Tiere noch Weihgabeninschriften auf Texten verfassen und sie stellvertretend für ihre Weihgabe als durative und prestigeträchtige Memorabilie für die Gottheit und Heiligtumsbesucher im Tempel aufstellen ließen. Wenn diese Objekte im Heiligtum verblieben und dafür die Amulettform gewählt wurde, wären sie am ehesten als Weihinschriften in Amulettform zu bezeichnen. Diese Praxis ist insbesondere dann sinnvoll, wenn
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die Weihgabenstiftung Objekte, Immobilien und Lebewesen umfasste, die im Heiligtum nicht zur Schau gestellt werden konnten. In einem solchen Fall wäre allerdings zu erwarten, dass die Inschrift lesbar aufgestellt wurde und Betrachtern zugänglich war. Auch in diesem Fall ist die Weihinschrift in Amulettform nicht mit der eigentlichen Weihgabe identisch. Der Schutzaspekt, den die Amulettform einbringt, wäre dann auf den Tempel fokussiert. Natürlich ist auch in diesem Fall nicht auszuschließen, dass der vermögende Weihgabenstifter ein Duplikat oder ein Exzerpt seiner prestigiösen Weihinschrift, die im Tempel ausgestellt war, in Amulettform mit nach Hause nehmen konnte, die somit zu seinem persönlichen Amulett mit Weihinschrift wurde. Solcherlei Vorgänge sind ebenso wie diese Objekte archäologisch sehr schwer zu greifen. Am ehesten lassen sich aus mit Votivinschriften beschrifteten Amuletten Schlüsse ziehen, deren Inschriften auswertbar sind, und die aus klar definierten archäologischen Kontexten stammen. Gerade Letzteres ist allerdings sehr selten der Fall. Für die besondere Kombination von Amulettform und Votivinschrift lässt sich insgesamt festhalten, dass sie die private Frömmigkeit der Dedikanten mit dem offiziellen Kult der Gottheiten, denen persönliches Eigentum übertragen wird, miteinander verbinden. Diese Stücke führen dabei zwei Themenbereiche zusammen: das Thema des mobilen Schutzes des Einzelnen (und seines Hauses), was zu Amuletten gehört und das Thema der Weihgabenstiftung an Götter mit Danksagung oder Segensbitte, die stationär in ihren Tempeln wohnen. Beide Themen fokussieren in der Person des Amuletteigentümers, der zugleich auch immer der Weihgabenstifter ist. Die Kombination von Amulettform und Votivinschrift bringt also Dank, Segen, portative Gottespräsenz und Schutzmacht zusammen und macht die göttliche Wirkung für Einzelne dauerhaft sichtbar und, wenn es sich um Amulette mit Weihinschriften im Privatbesitz handelte, auch mobil. Insgesamt scheint der Aspekt im Vordergrund zu stehen, dass sich Amulett und Weihgabe in ihrer positiven Wirkung für ihren Eigentümer bzw. Stifter gegenseitig verstärken sollten, und dass die intakte Beziehung zwischen dem Menschen und seiner Gottheit stabilisiert und intensiviert werden sollte. Die Stücke stellen also eine einzigartige Brücke zwischen Privatiers und den offiziellen Tempeln und ihren Göttern her, sodass sich anhand ihrer Auswertung die gängige Differenzierung zwischen offizieller und privater Religion zu einer Interpretation über das Thema der Interaktion zwischen offizieller und privater Religion weiterführen lässt. Die Bedeutung der offiziellen Tempel für Individuen und das Engagement Einzelner für den Tempel ihrer Stadt können anhand dieser Texte aufgeschlossen werden. Sie erhellen außerdem, welche Bedeutung für den Einzelnen sein Stadttempel hatte, dem er sich durch ein entsprechendes Amulett und Weihgabenstiftungen bis hin zur Selbstdedikation nahezu körperlich verbinden konnte. Amulette und Weihgaben sind Kommunikationsformen mit dem Göttlichen, die sich problemlos kombinieren lassen. Sie sind Zeugen der Verbundenheit ihres Trägers bzw. Stifters mit dem Tempel und ihrer Gottheit, deren Präsenz und Wirkung der einzelne in seinen privaten Lebensraum und in seine Lebenszeit einholen konnte und wollte.
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Amulett oder Weihgabe?
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Zwischen Skylla und Charybdis Jerusalem in der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit Klaus Bieberstein* Bamberg Die Odyssee erzählt im zwölften Gesang, wie Odysseus auf Rat der Göttin Eos eine Meerenge zwischen Skylla und Charybdis bezwang und zwischen einem Felsen auf der einen und einem Strudel auf der anderen Seite einen Mittelweg fand, der ihm neue Horizonte erschloss (XII 73–126 und 201–259). Die archäologische Erforschung Jerusalems gleicht zurzeit einer solchen Suche nach einer Passage zwischen zwei extremen Positionen. Während die Stadt der Mittleren und Späten Bronzezeit nach dem konventionellen Paradigma auf dem Südosthügel gegründet und von Salomo in der frühen Eisenzeit nach Norden erweitert wurde, entstand sie nach einem alternativen Paradigma im Norden, unter dem Ḥaram aš-Šarīf, und dehnte sich nur in Zeiten besonderer Blüte weiter nach Süden aus. Diese beiden Paradigmen sind Extreme. Sie gleichen Skylla und Charybdis und fordern dazu heraus, noch einmal nach den Befunden zu fragen und ein neues Modell zu entwerfen, das die Schwächen der vorliegenden Paradigmen meidet und alle Befunde in ein stimmiges Gesamtbild integriert.1
1. Skylla: Das konventionelle Paradigma Die Wurzeln des konventionellen Paradigmas zur Entstehung und Entwicklung Jerusalems reichen bis in die Anfänge der archäologischen Forschung zurück. 1838 entdeckte Edward Robinson den vom Gihon zum Siloahteich führenden Tunnel2 und 1867 Charles Warren am Beginn des Tunnels den nach ihm benannten Schacht3. Seitdem war klar, dass dem Südosthügel der Stadt eine Schlüsselrolle in der Rekonstruktion der Baugeschichte zukommt. *
Das Manuskript dieses Beitrages wurde im Januar 2022 abgeschlossen. Ein aktualisierender Nachtrag erfolgte im November 2022. Weitere Neuerscheinungen konnten leider nicht mehr berücksichtigt werden. 1 Ich danke Richard Szydlak für die kartographische Erstellung der Abb. 5, 6 und 8. 2 Robinson, 1841: I 493–508. 3 Wilson/Warren, 1871: 238–239.242–256; Warren, 1876: 332–333; Warren/Conder, 1884: 366–371.
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1961 stieß Kathleen M. Kenyon auf der halben Höhe des Abhangs westlich oberhalb des Gihon auf eine hangparallele Mauer, die sie als Stadtmauer der Mittleren Bronzezeit interpretierte und um 1800 v. Chr. datierte4, was zeitlich zur ersten Erwähnung Jerusalems in den ägyptischen Ächtungstexten der mittleren 12. und frühen 13. Dynastie passt.5 1981–1984 legte Yigal Shiloh 30 m weiter südlich einen weiteren hangparallelen Mauerzug frei, der drei Bauphasen (Stratum 18, 17B und 17A) aufwies, die er, gemeinsam mit einer hangoberhalb anschließenden Wohnbebauung, derselben Mauerlinie und Zeit zuwies.6 1995–2010 entdeckten Ronny Reich und Eli Shukron schließlich einen kyklopischen Korridor, der von dieser Mauerlinie hangabwärts zu einem ebenfalls kyklopischen Quellturm führte, der über dem Gihon errichtet war und im Belagerungsfall einen geschützten Zugang von der Stadt zur Quelle bot. Weiter wiesen Reich und Shukron nach, dass der schon von Warren entdeckte, seinerzeit aber noch nicht datierbare Stollen einer zweiten Bauphase der mittelbronzezeitlichen Anlage angehört und zu einem Felsbecken führte, das südlich des Korridors lag, durch eine Umfassungsmauer geschützt war und von der Quelle gespeist wurde, um als Auffangbecken für ihre Schüttungen zu dienen.7 Zwar ist die Ausdehnung der mittelbronzezeitlichen Stadt nach Norden, Westen und Süden mit diesen drei Grabungen noch nicht gesichert, doch war (und ist) aufgrund des Reliefs des Südosthügels sowie aufgrund fehlender Befunde außerhalb desselben anzunehmen, dass die Stadt auf den Südosthügel begrenzt war und folglich nicht mehr als 4 bis 5 ha umfasst hat.8 Dagegen sind die Befunde der Späten Bronzezeit eher spärlich. Zwar waren Robert A. Macalister und J. Garrow Duncan 1923–1925 an der oberen Hangkante oberhalb des Gihon auf den oberen Rand eines Hangpflasters gestoßen, das sie der vordavidischen Stadt zuschrieben und als „Jebusite Ramp“ bezeichneten9, und Kenyon und Shiloh legten unter diesem Hangpflaster ältere Terrassen frei, die sie ins 14. oder 13. Jh. v. Chr. datierten10, doch werden die Terrassen inzwischen frühestens ins 12. oder 11. Jh. und das Hangpflaster über den Terrassen erst ins 10. oder 9. Jh. v. Chr. datiert.11 Weiter entdeckte Kenyon 1962–1963 an der östlichen Hangkante nur wenig nördlich des Hangpflasters zwei hangparallele Mauern, die sie in salomonische Zeit datierte und als Kasemattenmauer interpretierte, mittels derer die vorsalomonische Stadt auf dem Südosthügel mit jener salomonischen Oberstadt verbunden worden sei, die den neuen Palast- und Tempelbezirk umfasste, den Salomo laut 4
Kenyon, 1974: 81–84.89–91: „Wall NB“; vgl. Steiner, 2001: 10–12: „Wall 3“; Bieberstein, 2017: 27–28. 5 Sethe, 1926; Posener, 1940. Zur Chronologie der Ächtungstexte und der archäologischen Befunde siehe Streit, 2017. 6 Shiloh, 1984:12.26; vgl. De Groot/Bernick-Greenberg, 2012a: 106–123; Eisenberg, 2012; Bieberstein, 2017: 28–29. 7 Reich/Shukron, 1999; 2000; 2004: 212–213; 2009; 2010a; 2010b; 2011a; 2012: 37*–38*; Reich, 2011: 150–151.165–169.249–261.284–285; vgl. Bieberstein, 2017: 30–35. 8 Zusammenfassend Bieberstein, 2017: 24–37. 9 Macalister/Duncan, 1926: 51–55.60–61.73–74. 10 Kenyon, 1974: 94–96; Shiloh, 1984: 13.16. 11 Nachweise siehe unten, Kapitel 3.3 und 3.4.
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1 Kön 6–8 auf der Kuppe nördlich der vorsalomonischen Stadt errichten ließ.12 Ferner hatte George A. Smith schon 1908 aufgrund der Mündung des von Robinson entdeckten und Hiskija zugeschriebenen Tunnels vom Gihon in den Siloahteich vermutet, dass die Stadt spätestens unter Hiskija auf den Südwesthügel erweitert wurde13, doch stieß erst Nahman Avigad 1969–1971 in seinen Grabungen im nordwestlichen Jüdischen Viertel auf einen entsprechenden Stadtmauerzug, den er über 65 m verfolgen und in Hiskijas Zeit datieren konnte.14 Die Westmauer der hiskijanischen Stadterweiterung wurde 2000–2001 von Amit Reʾem unter der türkischen Kaserne (Kishle) südlich der Zitadelle nachgewiesen.15 Allein der genaue Verlauf ihrer Südmauer scheint trotz intensiver Suche am südlichen Abhang des Südwesthügels durch Grabungen von Yehiel Zelinger in den Jahren 2007–200816 und von Dieter Vieweger, Katja Soennecken und Jennifer Zimni in den Jahren 2015–202017 noch immer nicht gesichert zu sein. So entstand das Paradigma einer sukzessiven Erweiterung Jerusalems in drei Schritten – der Gründung der Stadt in der Mittleren Bronzezeit auf dem Südosthügel, der Norderweiterung der Stadt unter Salomo und der Westerweiterung unter Hiskija –, ein einfaches Paradigma, das fast allen gängigen Publikationen zur Geschichte Jerusalems implizit oder explizit zugrunde liegt.18 Inzwischen wird dieses Geschichtsbild trotz seiner nahezu kanonischen Geltung zunehmend hinterfragt. So gab David Ussishkin 2016 zu bedenken, dass die stratigraphische Einordnung der von Kenyon und Shiloh der Mittleren Bronzezeit zugeschriebenen Stadtmauer problematisch sei, weil sie aufgrund ihrer Hanglage ältere Strata der Mittleren Bronzezeit ohne nachweisbaren Fundamentgraben durchschnitten haben und daher auch jünger sein könne19, doch läuft dieser Einwand darauf hinaus, Kenyon, Shiloh, Reich und Shukron gravierende Grabungsfehler zu unterstellen20, wofür Ussishkin keine Hinweise nennt. Vielmehr erwies sich, dass die Stadtmauer mit der hangseits anschließenden Wohnbebauung 12
Kenyon, 1974: 114–115; vgl. Steiner, 2001: 48–50. Smith, 1908: 152–153. 14 Avigad, 1983: 46–49; Avigad/Geva, 2000: 45–58.81–82; Geva, 2003: 511–513; vgl. Bieberstein, 2017: 66–67. Während Avigad zunächst vermutete, das ummauerte Gebiet habe nur den östlichen Rand des Armenischen Viertels umfasst (1970: 135), weitete er seine Rekonstruktion der späteisenzeitlichen Stadt auf die Linie der Armenian Patriarchate Road aus (1972: 195; 1975: 43), doch erst nachdem B. Mazar (1975: 56) gewagt hatte, die Vorstadt (wie schon von Smith 1908: Map 11, vermutet) bis zum westlichen Rand der heutigen Altstadt auszuweiten, schloss sich Avigad dieser These an (1983: 46–49). 15 Geva, 2008; Reʾem, 2010; 2018; 2019; vgl. Bieberstein, 2017: 68. 16 Zelinger, 2019: 282–283. 17 Die verfrühte Fundmeldung von Vieweger/Soennecken, 2021: 258.264 wurde von Vieweger/Zimni/Soennecken, 2021, inzwischen widerrufen. 18 Vertreten auch von Bieberstein/Bloedhorn, 1994; zuletzt verteidigt (gegen Knauf, 2000, und Finkelstein/Koch/Lipschits, 2011) insbesondere von Geva/De Groot, 2017, und Uziel/ Baruch/Szanton, 2019, sowie von Wightman, 2022. 19 Ussishkin, 2016; zurückgewiesen von Gadot/Uziel, 2017: 134–135. 20 Dabei ist mit Reich/Shukron, 2011b: 70–75; 2012: 37*–38* einzuräumen, dass Wall NB von Kenyon (Wall 3 von Steiner) möglicherweise keine Stadtmauer im engeren Sinn, sondern eine dünnere Vormauer derselben war; vgl. Bieberstein, 2017: 32. Allerdings kamen Gadot/Uziel, 2017: 129 in einer erneuten Untersuchung der Verbindung zwischen 13
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Abb. 1 Die Baugeschichte Jerusalems nach dem traditionellen Paradigma nach Bieberstein 1992
dieser Mauer und der nördlichen Mauer des Korridors (Wall 108) zum Ergebnis, dass die beiden organisch verfugt sind.
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verfugt21 und ihre Datierung in die Mittlere Bronzezeit nicht nur keramologisch, sondern auch aufgrund von 14C-Proben als gesichert zu betrachten ist.22 Zwar erbrachte die Analyse weiterer 14C-Proben durch Johanna Regev und Elisabetta Boaretto, die 2014 von Nahshon Szanton und Joe Uziel unter dem Quellturm am Gihon entnommen worden waren, Datierungen ins späte 9. Jh. v. Chr.23, doch stellen alle vier an den Untersuchungen am Quellturm Beteiligten die Rekonstruktion der mittelbronzezeitlichen Stadt nicht infrage. Schließlich können die Proben auch von einer talseitigen Unterspülung und Renovierung des Turmes stammen24, oder der Turm könnte in der Eisenzeit nachträglich angefügt worden sein25, und die Befunde erfordern keine Umdatierung der bislang als mittelbronzezeitlich betrachteten Stadtmauer am Ostabhang des Hügels. Problematischer für das konventionelle Paradigma zur Entwicklung der Stadt ist, dass die Auswertung der Keramik aus den Grabungen von Kenyon und Shiloh durch Margreet L. Steiner, Kai Prag, Aren M. Maeir und Emanuel Eisenberg ergab, dass die Besiedlung der mittelbronzezeitlichen Stadt schon vor dem Ende der Mittleren Bronzezeit zumindest deutlich zurück ging26 und die spätbronzezeitliche Siedlung nicht mehr unhinterfragt als kontinuierliche Fortsetzung der mittelbronzezeitlichen Stadt betrachtet werden kann. Zweitens sind die Funde und Baubefunde aus der Späten Bronzezeit trotz der Erwähnung Jerusalems in den Amarna-Briefen27 sehr gering und fast ausschließlich auf den nördlichen Rand der rekonstruierten mittelbronzezeitlichen Stadt konzentriert.28 Drittens sind auch die Baubefunde der Eisenzeit I auf denselben engen Bereich am nördlichen Rand der mittelbronzezeitlichen Stadt begrenzt.29 Viertens setzt in der frühen Eisenzeit II A am Ostabhang des Südosthügels auch hangunterhalb der ehemaligen Stadtmauerlinie eine Streubesiedlung ein30,
21
Shiloh, 1984: 12.26; vgl. De Groot/Bernick-Greenberg, 2012a: 106–123. Nach Regev u. a., 2021, deuten 14C-Proben auf eine Errichtung der von Shiloh ergrabenen Stadtmauer W285 schon im frühen 19. Jh. v. Chr. (zumindest vor 1830–1770 v. Chr.). 23 Regev/Szanton/Uziel/Boaretto, 2016; 2017. 24 Reich, 2018. 25 Gadot/Uziel, 2017: 137, Anm. 13; Uziel/Baruch/Szanton, 2019; Regev/Gadot/Roth u. a., 2021. 26 Nach Steiner, 2001: 22 und Prag, 2007: 58–59 wurde die Siedlung um 1700 v. Chr. vermutlich aufgegeben. Dagegen bestehen Maeir, 2011: 177–178 und Eisenberg, 2012: 272–273 darauf, dass auch spätere Keramik gefunden wurde und die Besiedlung zwar deutlich zurückging, aber nicht ganz abbrach. 27 Sechs Amarna-Briefe stammen mit Sicherheit (EA 285–290), ein siebter mit hoher Wahrscheinlichkeit (EA 291) von ʿAbdi Ḫeba aus Jerusalem. Darüber hinaus wird er in zwei oder drei Briefen aus Gimtu (Gath; Tall aṣ-Ṣāfī) an den Pharao erwähnt (EA 280 und 366 sowie möglicherweise 335); vgl. zu diesen Briefen Naʾaman, 1992; 2011; Finkelstein, 1996; Ahituv, 2009. 28 Zusammenfassend Bieberstein, 2017: 40–41 und Uziel/Baruch/Szanton, 2019; weitere Nachweise siehe unten, Kapitel 3.2. 29 Zusammenfassend Bieberstein, 2017: 42–46; weitere Nachweise siehe unten, Kapitel 3.3. 30 Zusammenfassend Bieberstein, 2017: 51–57.60–62. 22
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die nicht zu erklären wäre, wenn die mittelbronzezeitliche Stadtmauer noch in Funktion gewesen wäre. Fünftens wurde die Stadtmauer der Eisenzeit II B (W219 aus Stratum 12) auf der verfallenen Stadtmauer der Mittleren Bronzezeit II (W285 aus Stratum 18) um fast einen Meter hangseitig versetzt errichtet31, was zeigt, dass die verfallene Stadtmauer der Mittleren Bronzezeit in der Eisenzeit II B nicht mehr frei anstand. Vielmehr scheint deren ehemaliger Verlauf zwar noch grob erkennbar gewesen zu sein, doch wurde die neue, eisenzeitliche Mauer nur in grober Orientierung an der Linie der verfallenen mittelbronzezeitlichen Mauer konzipiert. Zudem zeigten die Grabungen von Shiloh zwischen den Strata der beiden Stadtmauern auch in der Umgebung der beiden Stadtmauern keine Befunde der Späten Bronzezeit oder frühen Eisenzeit.32 Die große Befundlücke der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit ist nicht zu verleugnen. Amihai Mazar gab zwar zu bedenken, dass das Fehlen von Befunden aus der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit auf fehlende Zerstörungen zurückgehen und darum indirekt auf eine besondere Blütezeit der Stadt hindeuten könnten, die es ermöglicht habe, dass Menschen noch Jahrhunderte nach der Mittleren Bronzezeit in ihren mittelbronzezeitlichen Häusern wohnen blieben33, doch ist nur wenig wahrscheinlich, dass über Jahrhunderte keine Kochtöpfe entglitten und zu Boden gefallen sein sollten.
Abb. 2 Schnitt durch Shiloh Areal E (Square N/5–4) nach De Groot/Bernick-Greenberg 2012a, Plan 36
Daher stellen die genannten fünf Beobachtungen das traditionelle Paradigma, wonach die ummauerte Siedlung der Mittleren Bronzezeit auf dem Südosthügel in der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit fortbestanden habe, durch David eingenommen und unter Salomo nach Norden ausgeweitet worden sei, substantiell infrage. Vielmehr scheint der Südosthügel südlich des Hangpflasters in der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit unbesiedelt gewesen zu sein. 31
De Groot/Bernick-Greenberg, 2012a: 45–47, Plan 36; vgl. Bieberstein, 2017: 55. Bieberstein, 2017: 55–57. 33 A. Mazar, 2006: 265–266. 32
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2. Charybdis: The Mound on the Mount Angesichts der spärlichen Befunde aus der Späten Bronzezeit und der frühen Eisenzeit wagte Ernst Axel Knauf 2000 die provokative These, der Siedlungskern Jerusalems habe allein schon aus strategischen Gründen34 bereits in vordavidischer Zeit auf der Kuppe unter dem Ḥaram aš-Šarīf gelegen und sich nur in seinen Blütezeiten in der Mittleren Bronzezeit II A und der Eisenzeit II BC nach Süden erstreckt und zeitweise einen 800 m langen Schlauch gebildet. Daher sei nicht erst Salomos Herrschaftssitz, sondern auch Davids Herrschaftssitz auf der Kuppe unter dem Ḥaram zu suchen. Allerdings sei dieser Siedlungskern auf der Kuppe, wie Knauf einschränkend einräumt, durch die von Kenyon und Shiloh ergrabenen Terrassen und das über ihnen liegende Hangpflaster zu ergänzen, die seiner Ansicht nach am Ende der Späten Bronzezeit oder Anfang der Eisenzeit I errichtet worden seien35 und dazu gedient hätten, das südöstliche Eck der Stadt über dem Gihon mit einer „fortress“ zu befestigen. Ferner konstatierte er oberhalb der Hangbefestigung „some debris“ aus dem 10. Jh. v. Chr.36, und vielleicht liege, argumentiert er, der Darstellung von 1 Kön 6–9 und Neh 3,15 sogar noch eine zuverlässige Lokaltradition zugrunde, wonach sich oberhalb der Terrassen und des Hangpflasters tatsächlich einmal Davids Herrschaftssitz erhob; dann müsse man sich aber bewusst sein, dass der hebräische Begriff ʿîr keine „Stadt“ voraussetze, sondern auch „a fortress or a citadell“ bezeichnen könne. Allerdings spreche das Fehlen von Monumentalarchitektur – außer den monumentalen Terrassen und dem nicht minder monumentalen Hangpflaster – dagegen, dass die dort zu postulierende „considerable structure“ der Herrschaftssitz Davids gewesen sei, auch wenn man sich Davids Herrschaft noch so bescheiden vorstelle. Andererseits sei nicht auszuschließen, dass das Stadtzentrum auf der Kuppe unter dem Ḥaram in der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit zeitweilig unbesiedelt gewesen war und sich die Siedlung in dieser Phase dann tatsächlich auf den südlichen Rand der ehemaligen Stadt oberhalb des Gihon konzentriert haben könnte, was Knaufs Postulat eines Siedlungskerns auf der Kuppe unter dem 34
Knauf, 2000; zumindest andeutungsweise rezipiert von Rainey, 2003: 177. Dass der Bergrücken nördlich der „City of David“ auf 150 m um 40 m ansteige, wie Knauf, 2000: 76 unter Berufung auf Avigad, 1983: 58 und Shiloh, 1984: 38 behauptet, trifft aber nicht zu. Offenbar hat Knauf die beiden Karten falsch gelesen. Zudem ist eine Siedlungsgründung in Spornlage aus militärischer Sicht zwar ungünstig, aber nicht auszuschließen, siehe Ḫirbat Marǧama (Palestine Grid 1816.1554), vgl. A. Mazar, 1995. 35 Knauf, 2000: 75 unterschied gegen Kenyon und Shiloh stratigraphisch nicht zwischen den Terrassen und dem über ihnen liegenden Hangpflaster; er überging Steiner, 1993 und 1994 mit Schweigen und ordnete beide Komponenten mit Cahill/Tarler, 1992: 55 und Cahill, 2004: 25 gemeinsam dem Ende der Späten Bronzezeit oder Anfang der Eisenzeit I zu. 36 Knauf, 2000: 75 kann sich mit dieser Andeutung nur auf Befunde der Grabungen von Macalister und Duncan von 1923–1925 oder – wahrscheinlicher – auf die beiden von Kenyon, 1962–1963, freigelegten und von ihr als Kasemattenmauer interpretierten Mauerzüge beziehen, denn er konnte die Grabungen von E. Mazar noch nicht kennen, die erst 2005 begannen.
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Abb. 3 Jerusalem 1800–800 v. Chr. nach Knauf 2000, 77.
Ḥaram deutlich relativiert, wenn nicht sogar gänzlich infrage stellt, denn dann kann sich sein Postulat nur noch auf die Mittlere Bronzezeit beziehen, aus der aber nördlich der von Kenyon ergrabenen Stadtmauer jegliche Befunde fehlen, von einer baulichen Verbindung zu den mittelbronzezeitlichen Befunden auf dem Südosthügel ganz zu schweigen. Demnach versuchte Knauf zwar, ein Gegenmodell zum konventionellen Paradigma zu etablieren, ließ aber einige Aspekte ungeklärt, und so ließ der Widerspruch gegen seinen Vorschlag auch nicht lange auf sich warten. So wandten Israel Finkelstein, Neil A. Silberman und David Ussishkin ein, dass die umfangreichen Grabungen von Benjamin und Eilat Mazar unmittelbar südlich des Ḥaram keine Spuren einer Bebauung der Mittleren oder Späten Bronzezeit brachten, von
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Siedlungsbefunden der frühen Eisenzeit ganz zu schweigen, weshalb die spekulative Ansetzung des Siedlungskerns auf der Kuppe unter dem Ḥaram nicht plausibel sei.37 Dennoch schlossen sich Finkelstein, Ido Koch und Oded Lipschits elf Jahre später in einem gemeinsamen Artikel den Thesen von Knauf an38, begründeten sie sogar wesentlich detaillierter und modifizierten sie dabei nur leicht, wodurch sie aber nicht an Glaubwürdigkeit gewannen. Vielmehr traten ihre Aporien aufgrund der Präzisierungen nur noch deutlicher zutage. So setzten sie den Siedlungskern der Mittleren Bronzezeit mit Knauf auf der Kuppe unter dem Ḥaram an und verbanden ihre These mit zwei alternativen Folgerungen: Entweder stammt die von Shiloh auf dem Südosthügel entdeckte Mauer aus der Mittleren Bronzezeit; dann muss sich die Stadt der Mittleren Bronzezeit, wie von Knauf angenommen, von der Kuppe über mindestens 800 m nach Süden erstreckt haben, obwohl – wie sie selber eingestehen – eine so große Stadt der Mittleren Bronzezeit im Bergland ein Unikum wäre, ihre Form als langer Schlauch analogielos wäre und mittelbronzezeitliche Befunde auf dem von Benjamin und Eilat Mazar ergrabenen Bergrücken unmittelbar südlich des Ḥaram auf über 200 m fehlen. Oder die von Shiloh entdeckte Mauer stammt aus einer späteren Zeit; dann bleibt die von Kenyon freigelegte Mauer und – mit ihr verbunden – der von Reich und Shukron ergrabene monumentale Korridor zum Gihon, an deren mittelbronzezeitlicher Datierung sie ausdrücklich nicht zweifeln, ohne Zusammenhang zum vermuteten Kern der Siedlung auf der Kuppe unter dem Ḥaram und somit – wie sie ebenfalls selber ausdrücklich einräumen – ein Rätsel: „The nature of at least some of the Middle Bronze remains in the City of David ridge, as well as the extent of the Midle Bronze city, remain a riddle.“39 Ebenso postulierten sie auch den Siedlungskern der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit mit einer Fläche von bis zu 5 ha auf der Kuppe unter dem Ḥaram, konnten aber wiederum nicht erklären, wie sich die von ihnen verschwiegenen spätbronzezeitlichen Siedlungsbefunde von Shiloh am Fuß des Hangpflasters, die ebenfalls spätbronzezeitlichen Funde und früheisenzeitlichen Siedlungsbefunde von Eilat Mazar oberhalb des Hangpflasters, die früheisenzeitlichen Siedlungsbefunde von Kenyon südlich des Hangpflasters und die früheisenzeitlichen Terrassen unter dem Hangpflaster40 zu dem angenommenen Siedlungskern auf der Kuppe verhalten, zumal – wie sie selber sehen – auch aus der Späten Bronzezeit und Eisenzeit I auf dem Bergrücken unmittelbar südlich des Ḥaram auf über 200 m jegliche Befunde vor der Eisenzeit II A fehlen. Zwar halten auch sie mit Knauf oberhalb der Terrassen und des Hangpflasters eine „fortress“ der späten Eisenzeit II A zur Bewachung der Quelle für möglich, doch wäre ein isolierter Stützpunkt zwischen einer Stadt unter dem Ḥaram und dem Gihon ohne bauliche Verbindung nach beiden Seiten – wie sie selber zu37
Finkelstein, 2001: 112, Anm. 7; 2003: 87, Anm. 32; Finkelstein/Silberman, 2006: 260, Anm. 1; ebenfalls ablehnend Ussishkin, 2003a: 536; 2003b: 114; 2009: 480. 38 Finkelstein/Koch/Lipschits, 2011; Lipschits/Finkelstein/Koch, 2014; vgl. auch Finkelstein, 2012: 844–845; 2015: 192–193; 2016: 4; 2018: 194. 39 Finkelstein/Koch/Lipschits, 2011: 11. 40 Alle Nachweise siehe unten, Kapitel 3.2. und 3.3.
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Abb. 4 Jerusalem mit der möglichen Lage des angenommenen Siedlungskerns auf der Kuppe unter dem Ḥaram und der Stadtmauer der Eisenzeit II BC nach Finkelstein/Koch/Lipschits, 2011: 16.
gestehen – eine Konstruktion ohnegleichen. Schließlich gingen sie mit einem wachsenden Konsens der Forschung davon aus, dass der Südosthügel und der Südwesthügel erst in der Eisenzeit II B mit einem Stadtmauerring umschlossen wurden.41 Zudem haben kleinere Sondagen der letzten Jahre auf dem Ḥaram ergeben, dass unter dem heutigen Pflaster des Platzes kein bronzezeitlicher Tell liegt.42
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Finkelstein, 2016: 4–5 äußert die These, dass die mutmaßlich alte Siedlung auf der Kuppe in einem fortgeschrittenen Stadium der späten Eisenzeit II A, dem späten 9. Jh., langsam nach Süden auf den nördlichen Teil des Südosthügels erweitert wurde, und zeigt auf einem Plan eine „Iron Age IIA Expansion“, die sich von Norden bis in den Bereich des Hangpflasters erstreckt. 42 Geva/De Groot, 2017: 34–35; Baruch/Reich/Sandhaus, 2018: 4–14.
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Schließlich hat auch das seit 2004 laufende Wet Sifting Project im Abraum vom Südosten des Ḥaram kaum Funde vor der Eisenzeit II BC erbracht.43 Damit ist nicht nur das konventionelle Paradigma, sondern auch das alternative und nur auf den ersten Blick genial klingende Paradigma eines „Mound on the Mount“ an den monumentalen Terrassen und dem über ihnen liegenden Hangpflaster einerseits und den fehlenden Befunden vor der Eisenzeit II A auf dem Bergrücken unmittelbar südlich des Ḥaram andererseits sowie an seinen inneren Widersprüchen gescheitert und wurde – soweit ich sehe – auch nicht rezipiert.44
3. Tertium datur Offenkundig führen weder Skylla noch Charybdis zum Ziel. Vielmehr haben sich beide Paradigmen als problematisch erwiesen. Das konventionelle Modell ignoriert, dass der Südosthügel südlich des Hangpflasters in der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit unbesiedelt war, und das alternative Modell eines „Mound on the Mount“ kann die fehlenden Befunde der Bronzezeiten und der frühen Eisenzeit nördlich des Hangpflasters nicht erklären und bagatellisiert die Terrassen und das Hangpflaster sowie die darüber ergrabenen Befunde der frühen Eisenzeit. Daher sei angesichts der Aporien beider Modelle ein neuer, dritter Vorschlag zwischen beiden gewagt, der versucht, alle Funde, Befunde und Befundlücken in ein konsistentes Gesamtbild zu integrieren. 3.1. Mittlere Bronzezeit Den Ausgangspunkt zur Rekonstruktion der Baugeschichte der Stadt bilden die Befunde der Mittleren Bronzezeit auf dem Südosthügel, denn die Datierung der von Kenyon und Shiloh am östlichen Abhang des Südosthügels entdeckten Stadtmauer und der hangoberhalb anschließenden Bebauung sowie des von Reich und Shukron ergrabenen und zum Gihon führenden Korridors in die Mittlere Bronzezeit ist trotz der Anfragen von Ussishkin und trotz der neuen 14C-Daten vom Quellturm über dem Gihon nicht zu bezweifeln. Eine entsprechende Stadtmauer am westlichen Abhang des Hügels im Tyropoiontal ist zu vermuten, wenngleich noch nicht nachgewiesen. Allerdings fanden im genannten Bereich im unteren Tyropoiontal außer den frühen, stratigraphisch unzureichenden Grabungen von John W. Crawfoot und Gerald M. FitzGerald von 192745 auch nur wenige und sehr begrenzte Sondagen vor allem durch Kenyon 1961–1967 statt.46 Daher bildet die konventionelle Annahme einer mittelbronzezeitlichen Stadt auf dem Südosthügel mit einer Fläche von nicht mehr als 4 oder 5 ha noch immer 43
Barkay/Devira, 2016: 50–51; Geva/De Groot, 2017: 35–39. Explizit ablehnend Naʾaman, 2012: 28 und Uziel/Baruch/Szanton, 2019: 174.181. 45 Crawfoot/FitzGerald, 1929; zur Korrektur ihrer Datierung vgl. Ussishkin, 2006: 154– 159; 2012: 108–115. 46 Dabei handelte es sich um ihre Sondagen in den Arealen N, K und W, vgl. Bieberstein/ Bloedhorn, 1994: II 380–382, III 24. 44
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eine sinnvolle These.47 Doch scheint die Stadt schon nach einem guten Jahrhundert wieder verblüht zu sein, und auf dem Hügel blieb nur noch ein Weiler zurück.
Abb. 5 Jerusalem in der Mittleren Bronzezeit 47
Vgl. Bieberstein, 2017: 24–37; Maeir, 2017.
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3.2. Späte Bronzezeit Zwar halten sowohl die profiliertesten Verteidiger von Skylla als auch die Promotoren von Charybdis daran fest, dass Jerusalem in der Späten Bronzezeit „a principal royal city enjoying a prominent position among the Canaanite kingdoms“48 bzw. „one of the most influential city-states in Canaan“49 gewesen sei, doch sprechen sowohl die allgemeine Siedlungsgeschichte des Berglandes als auch die Befunde aus Jerusalem selbst dagegen. Denn der Niedergang der urbanen Kultur am Ende der Mittleren Bronzezeit umfasste das ganze Land, insbesondere aber das Bergland. Nur fünf Orte der südlichen Levante – Hazor (Ḫaṣura), Megiddo (Magidda), Rehob, Gat (Gimtu) und Gaza (Ḫazzatu) – erreichten in der Späten Bronzezeit noch über 10 ha, was Einwohnerschaften von über 2 000 Menschen entsprach. Nur zehn Orte kamen noch auf 5–10 ha, doch keiner von ihnen lag im Bergland, denn im nördlichen Bergland erreichten nur fünf Orte noch 1–5 ha und im südlichen Bergland kein einziger. Auch verfügte nur Hazor noch über einen Stadtmauerring50, und nur sein Herrscher wurde in den Amarna-Briefen als LUGAL bzw. šarru „König“ bezeichnet (EA 148:41; 227:3). Die Herrscher der übrigen Orte der südlichen Levante hingegen nicht. Diese saßen ausnahmslos in unbefestigten Siedlungen51; in Megiddo diente das neu errichtete Tor am Nordrand des Tells nur noch als repräsentativer Zugang zum Hof des Herrschers52; Sichem, der bedeutendste Herrschaftssitz im nördlichen Bergland, war ein unbefestigter Weiler53; und so wird auch in Jerusalem (Urusalimu) nicht mehr als ein unbefestigter Weiler zu erwarten sein. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Fürsten scheint aus dem hethitischen und hurritischen Sprachraum zu stammen, denn etliche der Fürsten tragen hethitische oder hurritische Namen.54 Offenbar war es nach dem Untergang der urbanen Kultur der Mittleren Bronzezeit kämpferischen Eliten, die zumindest teilweise aus Nordsyrien stammten, gelungen, in der Späten Bronzezeit I A an wichtigen Orten der südlichen Levante Fürstensitze einzunehmen und ein Netz zu errichten, das in der Späten Bronzezeit I B von Thutmosis III. übernommen und in ägyptische Dienste gestellt wurde.55
48
E. Mazar, 2009: 31; vgl. auch 1997: 54–55; 2007: 37; Geva/De Groot, 2017: 40; Uziel/Baruch/Szanton, 2019. 49 Finkelstein/Koch/Lipschits, 2011: 5. 50 Ben-Dov, 2011: 107–113.375–376 behauptet zwar, in Dan Stratum VIII ein Stadttor des 15. Jhs. gefunden zu haben, das auch noch in den Strata VII A2 und VII A1 im späten 15. Jh. in Benutzung gewesen sei, doch können die geringen Befunde diese These nicht tragen. Ferner berichten Vieweger/Häser, [2013]: 20–25 vom Tall Zirāʿa im Jordantal südlich des Sees Genesareth von einer Kasemattenmauer des frühen 14. Jhs., doch ist noch unklar, ab diese Mauer nur der stellenweisen Hangabstützung diente oder die gesamte Siedlung umfasst hat. 51 Gonen, 1984: 69–70; Herzog, 1997: 164–189. 52 Herzog, 1997: 165–169; Ussishkin, 2018: 242–245. 53 Finkelstein, 2006. 54 Hess, 1993; Kilani, 2020. 55 Liverani, 2014: 271–289; Greenberg, 2019: 286–287.
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Abb. 6 Die südliche Levante in der Späten Bronzezeit II auf der Grundlage von Goren/Finkelstein/Naʾaman, 2004: 333–355
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Auch ʿAbdi Ḫeba von Jerusalem trägt den Namen einer hurritischen Göttin; die Sprache seines Schreibers zeigt auffallend nordsyrische Züge56; und selbst eine so späte Quelle wie 2 Sam 24 schreibt dem „Jebusiter Arauna“ noch einen indoarischen Namen zu57. ʿAbdi Ḫeba selbst beteuerte in seinen Schreiben an den Pharao mehrfach, von diesem in das Haus seines Vaters eingesetzt worden zu sein (EA 286:9–13; 287:25–28; 288:13–15). Demnach gehörte er zu einer Dynastie lokaler Herrscher, die vom Pharao in ihrer Funktion übernommen und mit einem kleinen Kontingent an Soldaten ausgestattet wurden, um als Vasallenfürsten in ägyptischen Diensten das Land zu kontrollieren. Nur ein Teil dieser Vasallenfürsten residierte in größeren Orten, die man trotz ihrer mangelnden Befestigungen als Städte bezeichnen kann. Aber diese lagen ausnahmslos in den Ebenen Untergaliläas sowie in der Küstenebene. Die Herrschaftssitze im nur dünn besiedelten Bergland hingegen waren nur kleine Stützpunkte vermutlich zum Schutz von Handelswegen vor nichtsesshaften Gruppen wie Kleinviehnomaden. Während die Vasallen der größeren Orte ihre Tribute überwiegend in Form von Lebensmittellieferungen an den Pharao erbrachten, konnte ʿAbdi Ḫeba von seinem Außenposten im Bergland mangels landwirtschaftlicher Ressourcen dem Pharao nur Gefangene sowie – ersatzweise oder ergänzend – Silber bieten (EA 287:53–59; 288:18–22), Gefangene, die er vermutlich in Razzien aus Kleinviehnomaden rekrutierte, was erklärt, dass er nach dem Abzug jener ägyptischen Soldaten, die ihm zur Verfügung gestanden hatten (EA 285:9–12; 286:25–34; 289:30–35), in eine prekäre, lebensbedrohliche Gefahr geraten war, weshalb er den Pharao in seinen Briefen flehentlich um 50 Soldaten (EA 289:42–43) oder um Geleitschutz bat, um wenigstens nach Ägypten fliehen (EA 286:44–46) und dort sterben zu können (EA 288:57–61). Diesem Gesamtbild entsprechen die spärlichen Befunde auf dem Südosthügel in Jerusalem. Diese konzentrieren sich ausschließlich auf den nördlichen Rand der ehemaligen Stadt. Allerdings sind die dortigen Befunde außerordentlich schlecht dokumentiert. Die frühen Grabungen von Macalister und Duncan 1923–192558 waren aus heutiger Sicht grabungstechnisch unzulänglich. Die Nachgrabungen von Kenyon 1961–1967 setzten am Abhang unglücklich in einer Erosionsrinne an. 1978 starb Kenyon, und der abschließende Grabungsbericht von Steiner59 ließ aufgrund fehlender Grabungsunterlagen viele Fragen offen. Die Fortsetzung der Grabungen nach Norden durch Shiloh 1978–1982 wurde 1984 nur in einem vorläufigen Grabungsbericht publiziert.60 1987 starb Shiloh, und der seit 1993 angekündigte abschließende Grabungsbericht von Jane M. Cahill und David Tarler steht noch immer aus. Zu den westlich oberhalb des Hangpflasters anschließenden Grabungen von Eilat Mazar 2005–2007 sind nur zwei populärwissenschaftliche Vorberichte erschienen.61 2021 starb die Ausgräberin, und der abschließende Grabungs56
Moran, 1975. Gerhards, 2008. 58 Macalister/Duncan, 1926. 59 Steiner, 2001. 60 Shiloh, 1984. 61 E. Mazar, 2007; 2009. 57
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bericht steht ebenfalls aus. Nur zu einer Nachgrabung von 2007–2008 am nordöstlichen Rand des Grabungsgelände wurde von ihr ein ausführlicher Grabungsbericht publiziert62, aber die Nachgrabung bezog sich nur auf eine Fläche von 3,0 × 2,5 m. Zudem stehen ihre Grabungen unter starker Kritik; erstens wurden weder Strata definiert noch Profile publiziert, und zweitens zeichnet sich ihre Interpretation der Befunde durch einen naiven unreflektierten Umgang mit biblischen Quellen aus, der den nationalreligiösen Interessen ihrer Sponsoren entspricht. Daher sind auf der Grundlage aller vier genannten Grabungen nur wenige Aussagen möglich. Aber Macalister und Duncan waren oberhalb des späteren Hangpflasters eindeutig auf Keramik der Späten Bronzezeit II gestoßen63; Eilat Mazar fand in ihren Nachgrabungen im selben Gelände reichlich Keramik der selben Zeit, darunter auch fast vollständige Stücke, sowie eine Pfeilspitze aus Bronze64; die von Macalister, Duncan, Kenyon und Shiloh freigelegten Terrassen unter dem Hangpflaster sind überwiegend mit Keramik der selben Zeit verfüllt65; und Shiloh legte am östlichen Abhang am Fuß des Hangpflasters zumindest geringe Reste eines Gebäudes der selben Zeit frei.66 Hingegen fand sich in allen weiteren Grabungen auf dem Südosthügel keinerlei Architektur.67 Daher ist der Herrschaftssitz trotz der bislang spärlichen Befunde am ehesten am nördlichen Rand der ehemaligen mittelbronzezeitlichen Stadt zu vermuten. Dass er nicht mehr im Zentrum der ehemaligen Stadt lag, sondern an deren nördlichen Rand rückte, ist charakteristisch für den Anfang der Späten Bronzezeit, in der Herrschaftssitze auch in anderen Orten nicht mehr in den Zentren der mittelbronzezeitlichen Städte lagen, sondern – wie in Megiddo – an die Ränder der Siedlungen verlegt wurden, um ehemalige Stadttore als Zugangstore zu nutzen. Über diese minimalen Siedlungsbefunde hinaus sind in einem Umkreis von 3–4 km noch drei oder vier Grabanlagen, insbesondere aber eine Grabanlage auf dem franziskanischen Gelände von Dominus flevit am westlichen Abhang des Ölbergs zu nennen.68 Diese wies zwei Grabkammern auf, die vom 17. bis 13. Jh. v. Chr. durchgehend belegt wurden, und kann aufgrund der überreichen Grabbeigaben mit hoher Wahrscheinlichkeit als Familiengrab eines lokalen Fürstensitzes interpretiert werden.
62
E. Mazar, 2015a. Macalister/Duncan, 1926: 33–34.74. 64 E. Mazar, 2007: 39–43; 2009: 32–35. Auch die von E. Mazar, 2007: 50–51 und 2009: 40 gezeigten und der Eisenzeit I zugeschriebenen Kochtöpfe (der von E. Mazar, 2009: 40 gezeigte Kochtopf sei laut 2009: 41 sogar in situ gefunden worden) stehen noch ganz in der Tradition der Späten Bronzezeit; vgl. Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007: 148. 65 Steiner, 2001: 34–35; Cahill, 2003: 44–51; 2004: 25. 66 Cahill, 2003: 28–31. 67 Laut De Groot/Bernick-Greenberg, 2012a: 36 und 2012c: 249 wurde allein in Areal E auf dem Fels ein undatierter Estrich gefunden, auf dem kleine Keramikfragmente der Mittleren und Späten Bronzezeit lagen. 68 Saller, 1964; Fischer, 2007. 63
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Demnach war Jerusalem in der Späten Bronzezeit entgegen manchen nationalreligiös geprägten Erwartungen kein kanaanäischer Stadtstaat mehr, sondern – wie vor allem Steiner plausibel dargelegt hat – nur noch ein bescheidener Außenposten im fast unbesiedelten Bergland, und seine Funktion im Netz der Herrschaftssitze kann nur noch darin gelegen haben, als Stützpunkt eines Vasallen mit einem kleinen Kontingent ägyptischer Soldaten die Wege durch das Bergland zu sichern.69 3.3. Eisenzeit I Auch für die frühe Eisenzeit kommt dem Gelände am nördlichen Rand der ehemaligen mittelbronzezeitlichen Stadt auf der Suche nach einer Lösung zwischen Skylla und Charybdis die Schlüsselrolle zu. 1961–1967 stieß Kenyon am Fuß des von Macalister und Duncan entdeckten Turmes südlich des Hangpflasters auf zwei Mauerzüge eines Hauses, das mindestens zwei Räume umfasst hat, und einen Estrich, auf dem unter anderem in situ die Fragmente eines „collared rim jar“ lagen. Diese Funde und Befunde verweisen auf den Übergang von der Späten Bronzezeit zur Eisenzeit I.70 Macalister und Duncan hatten schon 1923–1925 östlich des genannten Turmes schmale parallele, hangabwärts weisende Mauern entdeckt.71 Unmittelbar nördlich des Turmes legten Kenyon 1961–1967 und Shiloh 1978–1982 weitere schmale, meist nur eine Steinlage breite Mauern frei, die in geringen Abständen rippenartig in westöstlicher Richtung hangabwärts verlaufen und teilweise noch bis zu 6 m hoch erhalten sind.72 Quer zu diesen fanden sie hangparallel verlaufende Stützmauern, die noch bis zu 3 m hoch anstehen, und interpretierten das netzförmige System hangabwärts und hangparallel verlaufender Mauern als Substruktionen von Terrassen, die sich in westöstlicher Richtung in mindestens sieben Stufen von der oberen Hangkante über 20 m hangabwärts erstreckten und bei deren Anlage das genannte Haus verschüttet wurde.
69
Steiner, 2001: 39–41; 2003a: 348–351; 2007, wobei Steiner den Herrschaftssitz eher in der Umgebung des Gihon sucht; vgl. auch Prag, 2007: 59–63. 70 Steiner, 2001: 24–28; Cahill, 2003: 28.37; Finkelstein, 2018: 191; 2020: 40; A. Mazar, 2020: 143. 71 Macalister/Duncan, 1926: 57–58. 72 Kenyon, 1974: 94–96; Shiloh, 1984: 16.26.
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Abb. 7 Terrassen, Hangpflaster („Stepped Stone Structure“) und „Large Stone Structure“ nach Amihai Mazar, 2020: 140: 1 Terrassen; 2 Hangpflaster „Stepped Stone Structure“; 3 Kenyon Areal A XXIII mit möglichem Teilstück der „Stepped Stone Structure“; 4 und 5 Kenyon Trench I mit weiteren möglichen Teilstücken der „Stepped Stone Structure“; 6 „Large Stone Structure“
Kenyon datierte die Terrassen zunächst ins 14. oder 13. Jh. v. Chr., während Shiloh für das 13. Jh. v. Chr. votierte73, doch wurden sie über dem genannten Haus errichtet und mit Erde verfüllt, die reichlich Keramik der frühen Eisenzeit I, aber keine spätere Keramik enthielt.74 Daher müssen sie zwar später als das verschüttete Haus, aber ebenfalls noch in der frühen Eisenzeit I angelegt worden sein75, was nach der konventionellen frühen Chronologie einer absoluten Datierung im 12. Jh. v. Chr. entsprochen hätte, nach der (hier vertretenen) späten Chronologie hingegen erst im späten 12. oder frühen 11. Jh. v. Chr. entspricht. Diese 73
Kenyon, 1974: 94–96; Shiloh, 1984: 13.16. Cahill/Tarler, 1993: 625–626; Steiner, 1994: 14–15; 1998a: 29–30; 1998b: 150; 2001: 28–39; 2003a: 348–349.352–357.361–362; 2003b: 74–76; Cahill, 2003: 34–54; 2004: 25; A. Mazar, 2006: 265–266; Finkelstein, 2018: 191. 75 Sergi, 2017: 3 verschiebt die Datierung in die späte Eisenzeit I oder sehr frühe Eisenzeit II A, doch spricht die Füllung der Terrassen ausschließlich mit Keramik vom Übergang von der Späten Bronzezeit zur Eisenzeit I für deren frühere Datierung nach Steiner. 74
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Terrassen waren zu dieser Zeit das monumentalste Bauwerk im westjordanischen Bergland, das auch die benachbarten zeitgleichen Kleinsiedlungen in Giloh76 und Manaḥat77 weit übertraf. Da in den ausgedehnten Grabungen der letzten 150 Jahre in Jerusalem keine weiteren Gebäude derselben Zeit gefunden wurden, können die Terrassen, anders als von Kenyon und Shiloh erwogen78, nicht angelegt worden sein, um am Rand einer blühenden Stadt zusätzlichen Baugrund zu schaffen. Auch ein offener Marktplatz im nördlichen Vorfeld der Stadt, den Eilat Mazar annahm79, oder technisch funktionslose Terrassen zur reinen Machtdemonstration, die Omer Sergi erwog80, müssen als unwahrscheinlich gelten. Vielmehr muss sich über den Terrassen auf dem Rücken des Hügels ein bedeutender Gebäudekomplex befunden haben81, der nur als Herrschaftssitz gedient haben kann82, und die Terrassen müssen die Funktion gehabt haben, diesen vor Hangerosion zu schützen.83 Dies lässt weiter vermuten, dass der postulierte Herrschaftssitz schon einige Jahre bestand, als eine fortschreitende Erosion eine aufwändige Hangabsicherung nötig machte, denn hätte man die statische Problematik des Geländes bei seinem Bau schon gekannt, hätte man ihn vermutlich wenige Meter weiter hangaufwärts oder hangabwärts auf dem ansonsten unbesiedelten Sporn errichtet. Dabei kann es sich um keine Zitadelle am nördlichen Stadtrand gehandelt haben84, denn von einer Stadt derselben Zeit fehlt jegliche Spur85, sondern nur um einen kleinen Weiler, der als Herrschaftssitz im ohnehin nur dünn besiedelten Bergland diente, in der Sukzession des (in seiner Existenz durch die Amarnabriefe fraglos belegten, archäologisch aber nicht zweifelsfrei lokalisierten) spätbronzezeitlichen Herrschaftssitzes von ʿAbdi Ḫeba stand und von David übernommen wurde.86 76
A. Mazar, 1981. Edelstein/Milevski/Aurant, 1998. 78 Kenyon, 1974: 95–96; Shiloh, 1984: 16.26. 79 E. Mazar, 2007: 48; 2009: 37–38. 80 Sergi, 2017: 4, allerdings verbunden mit einer Spätdatierung der Terrassen in die frühe Eisenzeit II A. 81 Kenyon, 1963: 16.18. 82 Ebenso Shiloh, 1984: 16.26.66; Steiner, 1994: 20.62; 1998b: 150–151; 2001: 39.41; 2003b: 75–76; 2007: 71; Cahill, 2004: 25; Wightman, 2022: 66. Auch Faust, 2010 postulierte oberhalb der Terrassen einen Herrschaftssitz der Eisenzeit I. Allerdings verband er die Terrassen mit der Stepped Stone Structure und der Large Stone Structure, doch stehen seiner Kombination der drei Komponenten spätere Funde und Befunde der Eisenzeit II A im Bereich der Stepped Stone Structure und der Large Stone Structure (beide siehe unten) entgegen, deren Zuschreibung an spätere Bauphasen aufgrund der mangelhaften Dokumentation durch E. Mazar nicht nachgewiesen werden kann. 83 Ebenso Steiner, 1998b: 150–151; 2001: 38–39.113; 2003b: 75–76. 84 Vermutet von E. Mazar, 1997: 54–56. 85 Wenn Wightman, 2022: 60 erwägt, ein von Macalister/Duncan, 1926: 62–63 südlich des von ihnen entdeckten Turmes beobachteter Mauerzug könne ebenfalls aus der Eisenzeit I stammen und den gesamten Südosthügel umfasst haben, so ist dies eine reine Spekulation. 86 Dass der Begriff עיר דודkeine Stadt voraussetzt, hat Hutzli, 2011 gezeigt: עירbezeichnet einen beliebigen Gebäudekomplex, eine Stadt, ein Dorf, einen Weiler oder auch nur ein Gehöft. 77
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3.4. Eisenzeit II A Über diesen Terrassen der frühen Eisenzeit I wurde das schon von Macalister und Duncan entdeckte und von Kenyon und Shiloh weiter freigelegte Hangpflaster angelegt. Während Kenyon die von ihr freigelegten Teilstücke in unterschiedliche Perioden datierte87, erkannte Shiloh, dass sie einen einzigen zusammenhängenden Mantel bilden, dem er den Namen „Stepped Stone Structure“ gab.88 Dieser erstreckt sich über mindestens 48 m entlang der oberen Kante des Hanges und kann bislang über mindestens 55 Stufen 20 m hangabwärts verfolgt werden, wobei das Pflaster einen Höhenunterschied von 17 m überbrückt. Sollte ein weiteres Teilstück weiter hangabwärts ebenfalls noch dem Hangpflaster zuzurechnen sein, ergibt sich sogar eine Erstreckung von 35 m hangabwärts und ein Höhenunterschied von 27 m. Kenyon und Shiloh vertraten die Ansicht, dass dieses ausgedehnte Hangpflaster jünger als die darunter liegenden Terrassen sei. Dagegen versuchten Cahill und Tarler in ihrer Auswertung der Grabungen von Shiloh, Terrassen und Mantel einer einzigen Bauphase zuzuschreiben und beide schon an den Anfang der Eisenzeit I zu datieren.89 Dennoch hält Steiner in ihrer Auswertung der Grabungen von Kenyon überzeugend an der Unterscheidung zweier Bauphasen fest, datiert nur die Terrassen an den Anfang der Eisenzeit I, das über ihnen liegende Hangpflaster aufgrund der jüngsten unter ihm gefundenen Keramik mit rotem handpoliertem Farbüberzug hingegen erst in das 10. Jh. oder frühe 9. Jh. nach der konventionellen frühen Chronologie, d. h. an den Anfang der Eisenzeit II90, und Shiloh ordnete das Hangpflaster Stratum 14 und somit – wie noch zu zeigen sein wird – ebenfalls erst der Eisenzeit II zu.
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Kenyon, 1974: 100–103 zu den unteren Teilstücken des Hangpflasters in Area A XXIII und Trench I, die Kenyon in davidische Zeit datierte, und S. 192–193 zum oberen Teilstück unmittelbar nördlich des von Macalister und Duncan ergrabenen Turmes der hasmonäischen Zeit, das Kenyon (abzüglich seiner Restaurierung durch die jordanische Antikenverwaltung nach den Grabungen von Macalister und Duncan von 1923–1925) ebenfalls noch für hasmonäisch hielt. 88 Shiloh, 1984: 16–17.27. 89 Cahill/Tarler, 1993; Cahill, 2003: 34–54; 2004: 25. 90 Steiner, 1993; 1994: 15–20; 1998a: 29–30.32; 1998b: 153; 2001: 42–47.49–52; 2003a: 351–359.362; 2003b: 77–78. Dass zumindest die von Steiner, 2001: 49, Fig. 5.11 abgebildeten Stücke Nr. 22, 30 und 33 in die Eisenzeit II A gehören, wird auch von A. Mazar, 2006: 264 (zu Nr. 22 und 30) und 2010: 38 (zu Nr. 33) bestätigt. Allerdings wendet er ein, dass die Keramik vom untersten Teilstück des rekonstruierten Hangpflasters stammt, dessen Zusammenhang mit dem Hangpflaster seiner Ansicht nach nicht gesichert ist. Dagegen behauptet A. Mazar, 2020: 144 überraschend, dass alle von Steiner, 2001: 49, Fig. 5.11 abgebildeten Stücke aus der Eisenzeit I stammen oder noch älter seien. Hingegen datiert Finkelstein, 2018: 191–192 das Hangpflaster aufgrund der jüngsten unter ihm gefundenen Keramik „to an advanced phase in the Iron Age IIA, if not slightly later“ und setzt es schließlich aufgrund seiner Monumentalität in einer späten Phase der späten Eisenzeit II A an, wozu er ergänzend auf 14C-Untersuchungen von Befunden unter dem Quellturm am Gihon verweist, deren baulicher Zusammenhang mit dem Hangpflaster aber nicht nachgewiesen ist.
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Abb. 8 Jerusalem von der Späten Bronzezeit bis zur Eisenzeit II BC
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Auf den unteren Stufen des Hangpflasters legte Shiloh ein Haus der Eisenzeit frei, bezeichnete es als „Burnt Room“, ordnete es Stratum 10 zu und datierte es in die zweite Hälfte des 7. Jhs.91 Dagegen vertrat Cahill unter Berufung auf die noch immer unveröffentlichten Grabungsunterlagen die These, dass in dem Gebäude drei Fußböden zu unterscheiden seien; sie verglich die Keramik des ältesten Bodens mit der Keramik von Arad XII, ordnete den Fußboden schon Stratum 14 zu und datierte ihn ins 10. Jh.92 Allerdings hat die Auswertung der Keramik der Grabungen von Shiloh Areal E Stratum 14 durch De Groot und Bernick-Greenberg ergeben, dass sie erst Arad XI entspricht93, und Arad XI ist nach Zeʾev Herzog und Lily Singer-Avitz charakteristisch für die späte Eisenzeit II A.94 Wenn Cahill die Keramik dennoch mit Arad XII vergleicht, das nach Herzog und Singer-Avitz typisch für die frühe Eisenzeit II A ist, muss sie den Fußboden eigentlich schon Stratum 15 zuweisen. Allerdings gibt sie keine Schnittzeichnung wieder, so dass ihre Interpretation der fraglichen Schicht als Fußboden nicht gesichert ist. Zudem stammt die von ihr gezeigte Keramik der untersten Schicht aus sieben unterschiedlichen Loci. Aufgrund dieser Schwächen ihrer Argumentation äußerten Finkelstein, Herzog, Singer-Avitz und Ussishkin die Vermutung, dass die fragliche Schicht kein Fußboden, sondern nur eine Füllschicht aus der späten Eisenzeit II sei, die Keramik der Eisenzeit II A enthielt.95 Doch können auch sie ihre Interpretation der Schicht als Füllschicht aufgrund der mangelhaften Dokumentation nicht zwingend belegen. Nachdem nicht nur Kenyon, Shiloh, Steiner, Herzog und Singer-Avitz aufgrund der Terrassen, des Hangpflasters und eines von Kenyon im Versturz entdeckten protoäolischen Volutenkapitells96 oberhalb der imposanten Hangbefestigung einen Herrschaftssitz vermutet hatten97, nahm Eilat Mazar ebendort 2005–2007 die Grabungen von Macalister und Duncan wieder auf.98 Ihren Vorberichten zufolge legte sie am oberen Rand des Hangpflasters auf 21 m einen mächtigen, 5,8 m breiten Mauerzug (W20) frei, der an seiner höchsten Stelle noch bis zu 1,8 m hoch ansteht, an seinem nördlichen Ende nach Westen umbiegt (W107), in seinem weiteren Verlauf einen leichten Knick aufweist und – jenseits einer sekundären, etwa 3,5 m breiten Unterbrechung durch eine tonnen91
Shiloh, 1984: 29. Cahill, 2003: 56–66; 2004: 26–27. 93 De Groot/Bernick-Greenberg, 2012b: 199–210.214. 94 Herzog/Singer-Avitz, 2004: 229–231. 95 Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007: 151–154. Allerdings haben Finkelstein/Fantalkin/Piasetzky, 2008: 40 die Interpretation der fraglichen Schicht als Füllschicht nicht mehr vertreten, sondern die Datierung des „Burnt Room“ in die Eisenzeit II A im Anschluss an Cahill als möglich aufgenommen und die Stepped Stone Structure folglich in die Eisenzeit II A datiert, doch ist Finkelstein, 2018: 191 und 2020: 40 wieder zu seiner These von 2007 zurückgekehrt. 96 Kenyon, 1963: 16 und Plate VIII B; 1967: Plate 20; Shiloh, 1979: 10–11; Steiner, 2001: 50. Allerdings stammt das Stück nach Lipschits, 2011: 212–213 erst aus dem späten 8. oder 7. Jh. v. Chr. 97 Shiloh, 1984: 17; Steiner, 1993: 587; 1998a: 32; 2001: 50; 2003b: 77; E. Mazar, 1997; Herzog/Singer-Avitz, 2004: 219. 98 E. Mazar, 1997; 2006; 2007; 2009; 2015a. 92
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gewölbte Kammer der hasmonäisch-herodianischen Zeit – bislang insgesamt über 28 m nach Westen verfolgt werden konnte. Sie verstand den Mauerwinkel als Nordosteck eines größeren Gebäudes, bezeichnete dieses als „Large Stone Structure“, datierte es an den Übergang von der Eisenzeit I zur Eisenzeit II A, worunter sie auf der Grundlage der modifizierten frühen Chronologie ein Datum um 1000 v. Chr. verstand, und interpretierte es als Davids Palast.99 Finkelstein, Herzog, Singer-Avitz und Ussishkin haben Mazars Thesen 2007 in einem gemeinsamen Artikel scharf kritisiert.100 – Erstens wandten sie gegenüber der Rekonstruktion des Gebäudes durch Eilat Mazar ein, dass die beiden unzusammenhängenden Teilstücke der Nordmauer (W107) „could not have belonged to a single building“.101 Dann aber boten sie eine eigene Rekonstruktion des Gebäudekomplexes, in der sie die beiden Teilstücke entgegen ihrer eigenen Kritik doch in denselben integrieren.102 – Zweitens ergänzten sie die von Eilat Mazar der Large Stone Structure zugeordneten Befunde im Nordosten durch das „Jebusite Stratum“ von Macalister und Duncan im Südwesten103 sowie durch ein Ritualbad aus dem „Hebrew Stratum“ von Macalister und Duncan104, das von Eilat Mazar aufgrund von Münzen aus der Zeit des Alexander Jannäus (76 v. Chr.) in hasmonäische Zeit datiert werden konnte105, und datierten den von ihnen so rekonstruierten Gebäudekomplex aufgrund des Ritualbades in hasmonäische Zeit. Aber diese Collage der Befunde von Macalister, Duncan und Eilat Mazar ist problematisch, denn sie bringt die teilweise krummen Mauerzüge entgegen den Befunden zuerst in eine orthogonale Ordnung, um mit dieser orthogonalen Ordnung das Ritualbad der Large Stone Structure zuschreiben und diese in hasmonäische Zeit datieren zu können. – Drittens behaupten sie, das östlich anschließende Hangpflaster weise in sich mehrere Phasen auf, und die Mauer an seinem oberen Rand, die den östlichen Abschluss der Large Stone Structure (W20) bilde, stamme ebenfalls erst aus hasmonäischer Zeit.106 Doch auch dieser Einwand ist nicht überzeugend. Erstens hängt ihre Datierung an ihrer fragwürdigen Rekonstruktion der Large Stone Structure unter Einbeziehung des hasmonäischen Ritualbades. Zweitens sind die Steine in den unteren 17 Lagen des Hangpflasters zwar etwas kleiner als in den oberen 35 Lagen, und die unteren Lagen sind zweifellos leicht anders orientiert als die oberen Lagen. Aber das Hangpflaster zeigt am Übergang von den unteren 17 Lagen zu den oberen 35 Lagen keine Baufuge, die auf unterschiedliche Bauphasen schließen ließe, die abweichende Orientierung der oberen Lagen ist durch das zugrunde liegende Felsrelief bedingt, und die stratigraphi99
E. Mazar, 2006a; 2007: 17–18.63; 2009: 16–18; 2015c: 169–173. Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007; vgl. Finkelstein, 2010: 14–15; 2011; 2020: 39–42. Zur Verteidigung der Thesen von E. Mazar vgl. A. Mazar, 2010 und 2020. 101 Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007: 155. 102 Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007: 159. 103 Macalister/Duncan, 1926: Plate V. 104 Macalister/Duncan, 1926: Plate VI. 105 E. Mazar, 2007: 75; 2009: 82–83. 106 A. Mazar, 2010: 37 unterstellte Finkelstein, Herzog, Singer-Avitz und Ussishkin, sie würden behaupten, der untere Teil des Hangpflasters mit den kleineren Steinen sei jünger als der obere, doch Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007: 151–154 hatten genau das Gegenteil vertreten und den unteren Teil der späten Eisenzeit II A oder frühen Eisenzeit II B und den oberen Teil der hasmonäischen Zeit zugeordnet; stillschweigend zurückgenommen von A. Mazar, 2020: 37. 100
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Klaus Bieberstein schen Grabungen von Shiloh erbrachten ebenfalls keine Hinweise auf unterschiedliche Bauphasen. Schließlich geht das Hangpflaster, wie erst nach Abtragung des hellenistischen Turmes nördlich des Hangpflasters durch Eilat Mazar 2007–2008 im vollen Umfang sichtbar wurde, an seinem oberen Rand fugenlos in jene bis zu 5,8 m breite Mauer über, die den Ostabschluss der Large Stone Structure bildet und klar von jener jüngeren Mauer unterschieden werden kann, die von Schiloh (als W309 und W308 bezeichnet) erst in hasmonäische Zeit und von Eilat Mazar (als W27 bezeichnet) in achämenidische Zeit datiert wurde.107 Zudem liegt auf dem Hangpflaster eine achämenidische Schicht108, weshalb das stratigraphisch darunter liegende Hangpflaster nicht hasmonäisch sein kann, sondern aufgrund der eisenzeitlichen Gebäude, die über seinen unteren Lagen errichtet wurden, und der jüngsten eisenzeitlichen Keramik, die unter ihm gefunden wurde, in die Eisenzeit datiert werden muss.
Darum kann die alternative Interpretation der Befunde durch Finkelstein, Herzog, Singer-Avitz und Ussishkin nicht überzeugen und die Large Stone Structure muss – trotz aller Vorbehalte gegenüber der Grabung von Eilat Mazar – gemeinsam mit dem Hangpflaster weiterhin als ein zusammenhängendes Bauwerk verstanden werden, wie inzwischen sogar Finkelstein in aller Vorsicht erwägt.109 Allerdings ist die Feindatierung der Large Stone Structure durch Eilat Mazar am Übergang von der Eisenzeit I zur frühen Eisenzeit II A problematisch, denn sie selbst erwähnt in ihrem Bericht, in einer Erdschicht unter allen Teilen der Large Stone Structure Keramik aus einer sehr späten Phase der Eisenzeit I oder vom Anfang der Eisenzeit II A gefunden zu haben.110 Ebenso berichtet sie, unter dem Fußboden eines Raumes (Room D) eine Füllschicht mit Keramik der Eisenzeit II A111 und einer handpolierten Schale der späten Eisenzeit II A112 sowie einen Olivenkern gefunden zu haben, dessen 14C-Analyse eine kalibrierte Datierung von 1000–890 v. Chr. (58,9 %) oder 870–840 v. Chr. (9,3 %) erbrachte.113 Dann aber verschiebt sich die Datierung des gesamten Gebäudekomplexes 107
Shiloh, 1984: 20; E. Mazar, 2015d. Shiloh, 1984: 20; E. Mazar, 2015c: 179; Shalev, 2015. 109 Finkelstein hat sich schon 2008 von der 2007 gemeinsam mit Herzog, Singer-Avitz und Ussishkin vertretenen Datierung der Large Stone Structure in hasmonäische Zeit implizit wieder distanziert und in Finkelstein/Fantalkin/Piasetzky, 2008: 39–40 sowie in Finkelstein, 2011: 1, Anm. 10 und 2018: 191 das Hangpflaster in eine späte Phase der späten Eisenzeit II A datiert, als Stützstruktur für ein über ihm errichtetes Gebäude interpretiert und zugestanden, dass es sich bei diesem zumindest um Teile der Large Stone Structure gehandelt haben könne, die demnach in einer fortgeschrittenen Phase der Eisenzeit II A entstanden sein könne, worunter er das späte 9. Jh. v. Chr. versteht. 110 E. Mazar, 2009: 38. 111 E. Mazar, 2009: 35: „a few sherds of the Iron Age IIA (the 10th–9th centuries BCE), which date the surface“. Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007: 148 ordnen auch einen Teil der von Mazar, 2007: 47 abgebildeten Keramik der späten Eisenzeit I oder frühen Eisenzeit II A zu. 112 E. Mazar, 2009: 61. E. Mazar vergleicht diese Schale mit Keramik aus Locus 47, der laut E. Mazar, 2009: 54 auch ein „black-on-red jug“ enthielt. Dieser Typ kam laut Herzog/ Singer-Avitz, 2004: 218 in der südlichen Levante erst in der späten Eisenzeit II A auf. Daher ordnet Finkelstein, 2011: 7 diese Schale erst der späten Eisenzeit II A zu, die er in die Mitte oder zweite Hälfte des 9. Jhs. datiert. 113 E. Mazar, 2007: 49; 2009: 38–39. 108
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entgegen ihrem eigenen Votum deutlich in die Eisenzeit II A114 und konvergiert mit der Datierung des Hangpflasters durch Shiloh und Steiner. Shiloh hatte in seinen Grabungen drei Strata der Eisenzeit I und II A unterschieden: – Stratum 15 wurde von ihm der Eisenzeit I zugewiesen und nach der damals noch allgemein anerkannten frühen Chronologie ins 12.–11. Jh. datiert. Alon De Groot und Hannah Berning-Greenberg verglichen die Keramik von Areal E indes mit Tall ʿArād XII, Tall as-Sabaʿ VII, Tall ad-Duwēr V und Tall al-Baṭāšī IV. Das sind aber jene Strata, aufgrund derer Zeʾev Herzog und Lily Singer-Avitz die frühe Eisenzeit II A definiert hatten. Demnach repräsentiert Stratum 15 also nicht die Eisenzeit I, sondern die frühe Eisenzeit II A, die nach der konventionellen frühen Chronologie um 1000, nach der modifizierten frühen Chronologie von Amihai Mazar um 1000/980, nach Herzog und Singer-Avitz in der Mitte des 10. Jhs. und nach der späten Chronologie von Israel Finkelstein erst um 940/930 begann.115 – Stratum 14 wurde von Shiloh der ersten Phase der Eisenzeit II zugeordnet und ins 10. Jh. datiert. De Groot und Berning-Greenberg verglichen die Keramik aber mit Tall asSabaʿ VII, Tall ad-Duwēr V und Tall al-Baṭāšī IV, die nach Herzog und Singer-Avitz die frühe Eisenzeit II A repräsentieren, sowie mit Tall ʿArād XI, Tall as-Sabaʿ VI und Tall ad-Duwēr IV, die nach Herzog und Singer-Avitz erst der späten Eisenzeit II A angehören, und markieren folglich den Übergang zur späten Eisenzeit II A, der von Herzog und Singer-Avitz um 900 und von Finkelstein erst um 880–870 datiert wird, als in omridischer Zeit mit der Gründung von Samaria eine neue Phase der materiellen Kultur begann.116 – Stratum 13 schließlich wurde von Shiloh einer zweiten Phase der Eisenzeit II zugeordnet und ins 9. Jh. datiert, ist aber nur in zwei begrenzten Loci nachgewiesen, so dass man mit Singer-Avitz fragen mag, ob es berechtigt sei, von einem eigenen Stratum zu sprechen, repräsentiert aber die jüngste Phase im Übergang von der späten Eisenzeit II A zur Eisenzeit II B, die nach der konventionellen frühen Chronologie um 900, nach der modifizierten frühen Chronologie hingegen erst um 840/830, nach Herzog und Singer-Avitz erst um 800 und nach der späten Chronologie von Finkelstein gar erst nach dem Ende von Lachisch IV um 760 begann.117
Wenn die Zuordnung des Hangpflasters an Stratum 14 durch Shiloh zutrifft, an der auch Eilat Mazar ausdrücklich festhält, und das Hangpflaster gemeinsam mit der Large Stone Structure errichtet wurde, wie Eilat Mazar vertrat118, können 114
Ebenso Finkelstein/Herzog/Singer-Avitz/Ussishkin, 2007: 148. Shiloh, 1984: 3.26–27; De Groot/Bernick-Greenberg, 2012b: 199–210.213–214; Herzog/Singer-Avitz, 2004: 229.231; 2015: 213; A. Mazar, 2005: 24; Finkelstein, 2013: 6– 8.63–64. – Darum ist es äußerst irritierend, wenn E. Mazar, 2009: 40.61; 2015a: 18 und A. Mazar, 2020: 146, Anm. 37 Stratum 15 ohne Begründung weiterhin der Eisenzeit I zuschlagen. 116 Shiloh, 1984: 3.27; De Groot/Bernick-Greenberg, 2012b: 199–210.214; Herzog/SingerAvitz, 2004: 229–231; Finkelstein, 2013: 6–8.83. – Darum ist es ebenfalls irritierend, wenn E. Mazar, 2015a: 17 und A. Mazar, 2020: 146 Stratum 14 ohne Begründung pauschal der frühen Eisenzeit II A und diese dem 10. Jh. zuordnen. 117 Shiloh, 1984: 3.27; Singer-Avitz, 2012: 11–12; De Groot/Bernick-Greenberg, 2012b: 210–213.214–215; Herzog/Singer-Avitz, 2004: 229–230; 2006: 186; A. Mazar, 2005: 24; Finkelstein, 2013: 6–8.83. – Darum ist es wiederum irritierend, wenn A. Mazar, 2020: 146 Stratum 13 pauschal mit der späten Eisenzeit II A und diese mit dem 9. Jh. gleichsetzt. 118 E. Mazar, 2009: 40.61 ordnet die letzte Erdschicht unter der Large Stone Structure explizit Stratum 15 und die Large Stone Structure explizit Stratum 14 der Grabungen von 115
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beide – gegen Eilat Mazar – nicht in Davids Zeit datiert werden, sondern wurden nach der Feinchronologie von Herzog und Singer-Avitz erst am Übergang von der frühen zur späten Eisenzeit II A um 900 v. Chr. oder nach der zusätzlich durch 14 C-Daten abgesicherten absoluten Chronologie von Finkelstein erst um 880–870 errichtet119, was darauf hindeutet, dass etwa gleichzeitig mit der Gründung von Samaria auch in Juda ein Aufschwung der materiellen Kultur begann, die alten Terrassen am Fuß des vermuteten alten Herrschaftssitzes mit einem gestuften Steinmantel verkleidet wurden und über diesem imposanten Bauwerk anstelle des vermuteten älteren ein neuer repräsentativer Herrschaftssitz gebaut wurde. Wenn diese Datierung des Hangpflasters am Übergang von der frühen zur späten Eisenzeit II A zutrifft, ist anzunehmen, dass der jüngere Herrschaftssitz auf der Kuppe unter dem Ḥaram, den spätere biblische Quellen beschreiben, erst in einem dritten Schritt einige Jahre oder Jahrzehnte später errichtet wurde, um dort gemeinsam mit dem Tempel eine neue Akropolis zu bilden.120 Vielleicht hatte auf dieser Kuppe schon in den Bronzezeiten ein Heiligtum gelegen. Schließlich waren in der Späten Bronzezeit I A im Zusammenhang mit der Übernahme von Herrschaftssitzen durch eine hethitisch-hurritische Herrscherschicht noch vor der ägyptischen Übernahme der Macht über die südliche Levante als Provinz Kanaan an mehreren Orten außerhalb oder am Rand von Siedlungen neue Heiligtümer entstanden121, und am Ofel wurden Fragmente von Keilschrifttafeln der Späten Bronzezeit II B entdeckt122, die von einem hangoberhalb gelegenen Gebäudekomplex stammen könnten, aber nicht müssen. Weiter erzählt 2 Sam 12,20, dass David schon vor Salomos Zeugung in einen YHWH-Tempel gegangen sei, um zu beten, und 2 Sam 22,7 hält fest, dass David schon vor Salomos Thronbesteigung seinem Gott YHWH gedankt habe, dass er ihn von seinem Tempel aus erhört habe. Demnach gehen mindestens zwei biblische Texte davon aus, dass in Jerusalem schon in vorsalomonischer Zeit ein YHWH-Tempel stand. Zudem setzt 1 Kön 6 in der Exposition in den Versen 2–3 in Nominalsätzen einen zu Beginn der Bauarbeiten vorhandenen Kernbau voraus und schreibt Salomo in den anschließenden Verbalsätzen nur dessen Ausbau zu. So unterscheidet der Text implizit zwischen zwei Bauphasen, einem vorsalomonischen Kernbau und einem salomonischen Ausbau.
Shiloh zu und datiert Stratum 15 in die Eisenzeit I (statt in die frühe Eisenzeit II A) und Stratum 14 in die Eisenzeit II A (statt genauer an den Übergang von der frühen zur späten Eisenzeit II A). 119 Daher irritiert, wenn Geva/De Groot, 2017: 41 ohne nähere Begründung behaupten, dass die Stepped Stone Structure und die Large Stone Structure (schon) in der frühen Eisenzeit II A errichtet worden seien. 120 2 Kön 12,21 deutet darauf hin, dass der alte Herrschaftssitz auf dem Südosthügel noch mindestens bis zum Tod von König Joasch um 801 v. Chr. in Gebrauch blieb – möglicherweise parallel zum neuen Herschaftssitz auf der Akropolis; vgl. Naʾaman, 2012: 26–27; 2014: 61. 121 Greenberg, 2019: 284–285.326–329. 122 E. Mazar/Horowitz/Oshima/Goren, 2010; E. Mazar/Goren/Horowitz/Oshima, 2014.
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Daher hat Konrad Rupprecht die These vertreten, Salomo habe einen „jebusitischen“ Kernbau übernommen und lediglich ausgebaut.123 Doch sind Zweifel an seiner Frühdatierung beider Bauphasen angebracht, denn der in 1 Kön 6 beschriebene dreiteilige Langraumtempel mit einer kurzen Vorhalle, einer langen Haupthalle und einem kurzen Schrein findet seine frühesten Parallelen erst in den beiden Tempeln von Tall Taʿyīnāt aus dem späten 9. oder frühen 8. Jh.124 und seine Ummantelung eine Entsprechung im Umgang des Tempels von ʿAin Dārā, dessen Datierung umstritten ist125. Und die Beschreibung des von Kammern umgebenen Baues in 1 Kön 6 wurde vermutlich erst unter Orientierung an neuassyrischen Baubeschreibungen unter Asarhaddon (680–669 v. Chr.) verfasst.126 Wann die neue Akropolis mit dem neuen Tempel und dem neuen Palast erstmals mit einem Stadtmauerring umgeben wurde, ist archäologisch nicht zu ermitteln, weil Grabungen unter dem Ḥaram nicht möglich sind. Doch setzt 2 Kön 14,13 in einer kurzen Notiz von der teilweisen Zerstörung der Stadtmauer durch Joasch von Israel (802–787 v. Chr.) erstmals eine solche voraus. Vermutlich wurde Jerusalem in der späten Eisenzeit II A erstmals von einer solchen umgeben. Schließlich wurden auch andere Orte im Süden des Landes wie Lachisch (Tall adDuwēr Stratum IV), Beerscheba (Tall as-Sabaʿ Stratum V) oder Arad (Tall ʿArād Stratum XI) in dieser Zeit mit Stadtmauern eingefasst. Noch unklarer ist, wann die neue Akropolis erstmals mit dem alten Herrschaftssitz auf dem Südosthügel baulich verbunden wurde. 1867–1868 war Warren an der östlichen Hangkante südlich des Ḥaram auf eine ältere Stadtmauerlinie und etwa 105 m südwestlich des Südostecks des Ḥaram am Ophel auf eine über 24 m breite Bastion gestoßen, die gegenüber der Stadtmauerlinie über 20 m nach Südosten vorspringt, talseitig noch über 12 m hoch erhalten und aus 60– 90 cm langen und 40–60 cm hohen Quadern errichtet ist.127 1965–1967 unternahm Kenyon nördlich der Bastion eine begrenzte Schachtung.128 Weitere Grabungen von Benjamin und Eilat Mazar fanden 1976 und 1986–1987 statt.129 Während sie die älteste Bebauung 1989 noch frühestens ins 9. Jh. v. Chr. datierten und als Teil einer Befestigung interpretierten, die den alten Siedlungskern auf dem Südosthügel erstmals mit der Salomonischen Akropolis verbunden habe130, verschob Eilat Mazar 2006 die Datierung bereits ins späte 10. Jh., schrieb die Hangbefestigung mit einem monumentalen Stadttor schon Salomo zu131 und unternahm 2009–2013 weitere Nachgrabungen, aufgrund derer sie drei Bauphasen einer
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Rupprecht, 1972; 1976; 1977. Harrison, 2009; 2012; 2014; Harrison/Osborne, 2012. 125 Die – zunächst offene – Wandelhalle gehört zur Bauphase III. Während Abū ʿAssāf, 1990: 39 sie aufgrund ihrer Bauplastik noch um 900–740 v. Chr. datierte, plädierte Kohlmeyer, 2008: 124 für eine Ansetzung bereits im 11. Jh., neigt 2013: 205 aber wieder der Chronologie von Abū ʿAssāf zu. 126 Bieberstein, 2023 im Druck. 127 Wilson/Warren, 1871: 294–308; Warren/Conder, 1884: 157–158.226–231. 128 Kenyon, 1974: 115–116; Prag, 2017: 3–4.11–40. 129 E. Mazar/B. Mazar, 1989: 3–48. 130 E. Mazar/B. Mazar, 1989: 58. 131 E. Mazar, 2006b: 784–785; 2011: 68–71. 124
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imposanten Bebauung der frühen Eisenzeit II A unterschied, deren erste sie David (vgl. 2 Sam 15,17) und die beiden jüngeren Salomo (vgl. 1 Kön 3,1) zuwies.132 Inzwischen kam Ariel Winderbaum in seiner Auswertung der Keramik dieser Grabungen zu einem sehr differenzierten Bild.133 Seiner Ansicht nach wird die älteste Phase möglicherweise durch zwei massive Mauern der Eisenzeit I B repräsentiert, die in einem rechten Winkel eine Plattform (Building IIIc) für ein größeres Gebäude bildeten134, sowie durch dünne unzusammenhängende Mauerzüge (Building Ib) östlich derselben, die teils hangparallel, teils hangabwärts verlaufen, von Winderbaum im Anschluss an Eilat Mazar und Tzachi Lang ebenfalls in die Eisenzeit I B datiert135 und als Festung im Stil der Negev-Festungen dieser Zeit interpretiert werden136 – was die äußerst spärlichen Befunde aber weit überzieht. Unmittelbar westlich benachbarte, vergleichbar dünne und ebenfalls unzusammenhängende Mauerzüge (Building Ia) werden von ihm als Werkstatt zur Metallbearbeitung identifiziert und einer frühen Phase der frühen Eisenzeit II A zugewiesen.137 Dann wurde nach Winderbaum in einer späten Phase der frühen Eisenzeit II A das gesamte Gelände großflächig mit einer Füllschicht abgedeckt138 und auf dieser Füllschicht das östliche Eck eines größeren Gebäudes (Building IIIb) errichtet.139 Erst in der späten Eisenzeit II A sei 33 m nordöstlich dieses Gebäudes ein drittes Gebäude (Building II) errichtet worden, das von Eilat Mazar aufgrund einer etwas stärkeren Außenmauer im Südwesten als »Projecting Tower« bezeichnet wurde.140 Zwischen den beiden letztgenannten Gebäuden verläuft entlang der Hangkante über 33 m eine 2,5 m starke gerade Mauer (Building / Wall IV), deren stratigraphische Einordnung nach Winderbaum nicht eindeutig ist.141 Da sie im Südwesten an das dortige Gebäude (Building III b) anstößt, kann sie erst nach diesem angelegt worden sein. Andererseits ist unklar, ob sie an ihrem nordöstlichen Ende beim Bau des dortigen Gebäudes (Building II) abgebrochen wurde oder an dieses sekundär anschloss. Dann kann sie erst nach diesem und somit erst in der späten Eisenzeit II A errichtet worden sein. Da die jüngste Keramik aus dem Fundamentgraben laut Winderbaum aus der frühen Eisenzeit II A stammt, plädiert er für die erste Option und somit für eine frühe Datierung am Ende der frühen Eisenzeit II A. Dann kann sie entweder als Stützmauer für eine Plattform an der Hangkante oder als Stadtmauer gedient haben, um den alten Herrschaftssitz am Südosthügel mit der neuen Akropolis zu verbinden. Andererseits fragt sich, 132
E. Mazar, 2011: 101–144; 2015e; 2018b; E. Mazar/Lang, 2018. Dabei sind Unterschiede zwischen Winderbaum, 2021 und 2022 zu beachten. 134 Winderbaum, 2021: I 43–44.55.415–416; 2022: 164. 135 E. Mazar/Lang, 2018; Winderbaum, 2021: I 24–33.51–52.413; 2022: 156–158. 136 E. Mazar/Lang, 2015: 325.328; zunächst abgelehnt von Winderbaum, 2021: I 442; dann doch rezipiert von Winderbaum, 2022: 168. 137 E. Mazar/Lang, 2018; Winderbaum, 2021: I 20–24.49–50.413–414; 2022: 155–156. 138 Winderbaum, 2021: I 357–372; 2022: 169–170. 139 Winderbaum, 2021: I 45–46.56.416–417; 2022: 163–164. 140 Winderbaum, 2021: I 33–43.52–54.418–419; 2022: 158–159. 141 Winderbaum, 2021: I 47.417–418; 2022: 164–167. 133
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warum die Mauer beim Bau des nordöstlich folgenden Gebäudes (Building II) mit deutlich schwächeren Mauern abgetragen worden sein soll, denn das abschüssige Gelände erlaubte ohnehin nicht, dieses Gebäude nennenswert über die Mauerlinie teilseitig auszuweiten. Darum ist sie wahrscheinlich als jüngere Verbindungsmauer zwischen den beiden Gebäuden und möglicherweise als Teil jener Stadtmauer zu interpretieren, mit der Hiskija in der Eisenzeit II B die Akropolis mit dem Südosthügel und dem Südwesthügel verband.142 Doch steht der abschließende Grabungsbericht mit detaillierten Plänen, Schnitten und Profilen noch immer aus. 3.5. Eisenzeit II BC Vielleicht hatte schon in der Eisenzeit I B, sicher aber in der Eisenzeit II A sowohl auf dem Ophel nördlich des alten Herrschaftssitzes sowie südlich desselben – sowohl innerhalb als auch außerhalb des verfallenen Mauerringes der Mittleren Bronzezeit – eine Streubesiedlung eingesetzt und in der Eisenzeit II B auch auf den Südwesthügel übergegriffen.143 Diese Streubesiedlung wurde unter Hiskija mit einem Stadtmauerring umgeben und an die Akropolis mit Palast und Tempel angebunden144, wodurch Jerusalem innerhalb weniger Jahrzehnte mit 60 ha zur weitaus größten Stadt der südlichen Levante wurde.
4. Bilanz Das traditionelle Paradigma zur Baugeschichte Jerusalems, das von einem sukzessiven Wachstum der Stadt in drei Schritten ausgegangen war, hatte übersehen, dass der Südosthügel südlich des Hangpflasters in der Späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit unbesiedelt war, und kann nicht mehr als tragfähig gelten. Auch das alternative Paradigma, den Kern der bronzezeitlichen und früheisenzeitlichen Stadt auf der Kuppe unter dem Ḥaram anzunehmen, muss als gescheitert gelten, weil es die Befunde der Späten Bronzezeit und der frühen Eisenzeit auf dem Südosthügel im Umkreis des dortigen Hangpflasters nicht plausibel zu integrieren vermag. Schließlich zeigen die Befunde, dass Jerusalem in der Späten Bronzezeit keine Stadt, sondern nur noch ein kleiner Herrschaftssitz in den Bergen war, der vermutlich schon in der Späten Bronzezeit, spätestens aber in der frühen Eisenzeit I (am Ende des 12. Jhs. v. Chr.) hangoberhalb der zeitgleichen Terrassen lag und am Übergang von der frühen zur späten Eisenzeit II A (im 9. Jh. v. Chr.) mit einem imposanten Hangpflaster ausgebaut wurde. 142
Zwar schließt Finkelstein, 2022, nicht aus, dass frühe Befunde im Nordosten des Grabungsgeländes (im Bereich von Building Ia, Ib und II) bereits in die Eisenzeit II A zurückreichen können, doch äußert er gegenüber Winderbaum erhebliche Zweifel, ob sich am Ophel durchgehende Schichten nachweisen lassen, und ordnet die großen Gebäude im Südwesten (Building IIIa und IIIb) mit der geraden Mauer (Building/Wall IV) erst der Eisenzeit II BC zu. 143 Bieberstein, 2017: 54–57.60–62; ergänzend Reʾem, 2018; 2019. 144 Bieberstein, 2017: 63–70; ergänzend Vukosavović / Chalaf / Uziel, 2021.
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Wann das erste Heiligtum auf der Kuppe unter dem Ḥaram entstand, muss offenbleiben. Doch scheint der Herrschaftssitz erst in der späten Eisenzeit II A vom Südosthügel auf die Kuppe verlegt worden zu sein, um gemeinsam mit dem zeitgleich errichteten und in 1 Kön 6 beschriebenen Tempel eine neue Akropolis zu bilden. Diese wurde noch im späten 9. Jh. mit einem Stadtmauerring umgeben. Ob der alte Herrschaftssitz auf dem Südosthügel schon zu dieser Zeit oder erst im späten 8. Jh. unter Hiskija mit dem gesamten Südost- und Südwesthügel in den Stadtmauerring einbezogen wurde, muss offen bleiben, doch dass er ursprünglich auf dem Südosthügel lag, blieb im kollektiven Gedächtnis noch mindestens bis in achämenidische Zeit bewusst. Zwar sind die biblischen Texte über David und Salomo erst Jahrhunderte nach den von ihnen geschilderten Ereignissen entstanden und bezeugen folglich nicht unbedingt, was unter David und Salomo geschah, sondern Vorstellungen späterer Zeiten, doch ist bemerkenswert, dass 2 Sam 5,17 notiert, dass David angesichts der anrückenden Philister in seine Burg „hinabstieg“, was voraussetzt, dass diese nach Ansicht dieses Textes nicht auf der Kuppe unter dem späteren Tempelplatz, sondern deutlich niedriger lag; 1 Kön 3,1 und 7,8 sowie 9,24 protokollieren, dass Salomo die Tochter des Pharao zuerst in der „Stadt Davids“ unterbrachte und sie erst nach der Vollendung des Tempels und des Palastes aus der „Stadt Davids“ in ihren neuen Palast „hinaufstieg“. Und Neh 3,25 sowie 12,37 setzt noch in achämenidischer Zeit „Davids Haus“ auf dem Südosthügel voraus, was mit der archäologisch rekonstruierten Siedlungsgeschichte korrespondiert145, doch dürften (trotz 2 Sam 5,9 und 1 Kön 9,15) die Terrassen schon vor David und die Stepped Stone Structure sowie die Mauer am Ophel erst nach Salomo angelegt worden sein.
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Beobachtungen zu Syntax und Pragmatik des Beschwerdeschreibens von Meṣad Ḥašavyahu Erhard Blum – Walter Groß Tübingen Das hebräische Ostrakon aus Meṣad Ḥašavyahu beleuchtet schlaglichtartig einen Ausschnitt der Alltagswelt Judas im 7. Jahrhundert v. Chr. Dementsprechend groß war und ist das Interesse an der Inschrift. Auch Herbert Niehr, den wir mit diesem Beitrag grüßen, hat sie als wichtige Quelle für die Gerichtsorganisation im alten Israel herangezogen.1 Ungeachtet der breiten Diskussion bleiben allerdings offene Fragen sowohl mit Blick auf die philologische Erschließung des Textes als auch hinsichtlich seiner Pragmatik. Dazu versucht diese Untersuchung einige Klärungen beizutragen.2 Sie umfasst drei Abschnitte: (1.) Beobachtungen zu Syntax und Satzgliederung in der ersten Hälfte der Inschrift (in Zeilen 2–7), (2.) Sprachliche und semantische Überlegungen sowie Begründungen der Ergänzungen in Zeilen 12–14, (3.) Zur Pragmatik des Schreibens.
1.
Zur Syntax in Zeile 2–7 השר. אדני.̊ ישמע עבדך. דבר עבדה ֯ ֯א ֯ת בח. עבדך. ֯היה. קצ ֯ר ֯ ויקצר עבדך. צר אסם ֯ לפני שב. כימם ֯ ואסם ֯ ויכל כל ֯ע ֯בדך את ֯קצר וא ֯ ת כאשר שב ֯ שעיה בן ֯ ֯ הו. כימ ֯ם ויבא ֯ סם
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Niehr, 1987: 91–93. Grundlagen dazu wurden in einem (digitalen) Tübinger Oberseminar zur Syntax althebräischer Inschriften (SoSe 2021) gelegt. Den engagierten Teilnehmern Alisa Blum, Anton Bobus, Christopher Kramp und Jonathan Hirschberger danken wir für wichtige Anstöße. 2
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Zeile 2+3 Bis heute konkurrieren zwei syntaktische Analysen:3 (1) Ein einziger Satz mit Pendens und constructio periphrastica:4 Was deinen Knecht betrifft: Am Ernten war dein Knecht in Ḥaṣar-Asam. (2) Nominalsatz/Partizipialsatz + asyndetischer Verbalsatz:5 Dein Knecht ist Schnitter. Es war dein Knecht in Ḥaṣar-Asam. Zu (2): Der asyndetische Anschluss und die Erststellung des Verbs fallen auf. D. Pardee und A.F. Rainey6 wenden gegen die Option ein, asyndetisches qatal könne keinen Satz eröffnen.7 Das trifft so generell jedoch nicht zu: qatal-x Sätze (mit asyndetischem qatal) ohne lexikalisch ausgedrücktes Subjekt sind im Hebräischen keineswegs ungewöhnlich, vor allem in Reden. Vgl. z. B. Gen 26,32; Ex 9,27; 10,16; Dtn 4,26; 30,19; Ri 10,10; 15,3; 1 Sam 15,13; 2 Sam 1,26; 12,13.27; 1 Kön 5,22; 9,3; 21,10; 22,19; 2Kön 9,3.20. Auffällig sind aber solche Sätze mit lexikalisch ausgedrücktem Subjekt, das hier also in nicht-erster Position steht: Gen 30,6.18.20.23; 31,1; 45,9; Ri 16,23.24; 21,6; 1Sam 4,17; 4,21; 4,22; 6,21; 13,4; 14,29; 15,28; 18,7; 21,12; 26,8; 2Sam 5,20; 6,12; 13,30; 15,10.13; 17,9; 19,3; 1 Kön 21,13.14; 2 Kön 9,13.18; 19,21; Ez 37,1. Die Voranstellung des Verbs vor dem Subjekt erklärt sich daraus, dass das Verb in diesen Sätzen stark betont ist.8 Diese Bedingung erfüllt der Beleg aus dem „Brief“ nicht. L. Delekat, M. Weippert und J. Renz fassen den Verbalsatz als Hintergrundangabe zum folgenden wayyiqtol auf: Als dein Knecht in Ḥaṣar-Asam war, da erntete dein Knecht. Weippert und Renz interpretieren ihn näherhin als Ḥal-Satz.9 Ein vorausgehender Satz, eröffnet durch qatal erfüllt jedoch nicht die syntaktischen Bedingungen für einen – aus dem Arabischen bekannten – Ḥal-Satz, der
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Renz, 1995: 317 nennt darüber hinaus (als 2. Alternative) die Übersetzung von KAI II, 1964: 199, Nr. 200, die aber auf einer inzwischen aufgegebenen Lesung fußt; vgl. KAI I, 5 2002: 46, Nr. 200. 4 Bevorzugt vor allem in der angelsächsischen Literatur. Naveh, 1960: 134; Vogt, 1961: 135; Cross, 1962: 44; Albright, 1969: 568; Hoftijzer, 1986: 2; Richter, 1999: 46; Rainey, 2000: 76; Aḥituv, 2008: 159. 5 Bevorzugt in deutschsprachiger Literatur. Siehe Delekat, 1970: 457; Pardee, 1978: 36; Lemaire, 1971: 61.63; Gibson, 1973: 28; Crüsemann, 1983: 74; Weippert, 1990: 461; ders., 2010: 371; Krüger, 1992: 34; Renz, 1995: 324. 6 Pardee, 1978: 460; Rainey, 2000: 76. 7 Vgl. zum folgenden Groß, 1996: 85–90; ders., 1993: 180.185f. 8 Diese Betonung kann auch daraus resultieren, dass der gesamte Verbalausdruck betont ist, der das Subjekt umschließt: vgl. z. B. „mit List kommen“: Gen 27,35; „einsetzen zum Herrn“: Gen 45,9, „1000 (Feinde) erschlagen“: 1Sam 21,12 und die Belege mit SK von בואan erster Position (Groß, 1996: 160). Ein Spezialfall in prophetischer Literatur ist ein solcher Satz mit unbetontem Verbum dicendi und göttlichem Subjekt am Ende einer Rede Gottes oder in eine solche eingestreut oder – ganz selten – eine solche Rede eröffnend: Jes 22,14; 45,13; 54,1.6.8.10; 57,19.21; 59,21; 65,7.25; Jer 6,15; 8,12; 33,11.13; 44,26; 46,25; 49,2.18; Am 1,5.8.15; 2,3; 5,17.27; 9,15; Zef 3,20; Hag 1,8; 2,7.9, Sach 1,3; 4,6; 7,13; 8,14; Mal passim. 9 Weippert, 1990: 464; Renz, 1995: 317.
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definitionsgemäß nachgestellt und (als Verbalsatz) mit PKLF gebildet ist.10 Althebräisch steht für Gleichzeitigkeit in Vergangenheit bei Erstsetzung des Verbs die Form w=qatal bzw. yiqtol-Langform für imperfektiven Aspekt.11 Zu (1): Syntaktisch unproblematisch ist dagegen die Annahme einer Pendenskonstruktion.12 Zumeist wird das Pendens im zugehörigen Satz durch ein enklitisches oder ein selbständiges Personalpronomen oder durch dieses Lexem + Demonstrativpronomen oder durch ein Synonym aufgenommen, hier jedoch durch dieses Lexem allein. Hoftijzer hat die verschiedenen Aufnahmeweisen sorgfältig untersucht. Er nennt eine alttestamentliche Parallele:13 Num 14,7: Das Land, das wir durchzogen haben, um es auszukundschaften – gut ist das Land sehr, sehr.14 Auch hier schließt sich der aufnehmende Satz asyndetisch mit Prädikat (in diesem Fall nominal) an erster Position an. Sehr gut lässt sich unter der Voraussetzung der Z. 2+3 als Pendenskonstruktion auch die textsemantische Funktion dieses Satzes, die unter anderen Voraussetzungen Delekat, Weippert und Renz vertreten haben, syntaktisch erklären,15 denn es liegt eine constructio periphrastica היה+ Partizip vor. Als eine ihrer Funktionen nennt König16 „andauernd beschäftigt mit“, Bergsträsser17 „ein Nebenmoment (Dauer, Wiederholung u. ä.)“, „besonders im Sinne eines vorangestellten Temporalsatzes der Gleichzeitigkeit“. Auch die seltene Abfolge prädikatives Partizip – – היהSubjekt ist im AT belegt: 1Sam 17,34. Als Übersetzung ergibt sich: Was deinen Knecht betrifft: [Hintergrund:] In der Ernte war dein Knecht beschäftigt in Ḥaṣar-Asam. [Übergang zum aktuellen Fall:] Und dein Knecht brachte die Ernte ein. Zeile 5 Zwei der drei Vorschläge, die für ואסםnach zweifachem wayyiqtol gemacht wurden, sind syntaktisch sinnvoll. 1. syndetischer Inf.abs.18 Ein Inf.abs. kann verba finita gleichgeordnet weiterführen:19 Und dein Knecht brachte die Ernte ein und maß ab und lagerte ein wie üblich.
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Vgl. Caspari, 1887: §374, 4.5; Brockelmann, 1958: §152b. Blum, 2008: 123–128 = 2015: 180–183. 12 Zu der vielgestaltigen Verwendung von Pendenskonstruktionen in hebräischer Prosa wie Poesie vgl. Groß, 1987. 13 Hoftijzer, 1986: 3. 14 Vgl. auch W. Groß, 1987: 132 Nr. 5.3.3. Lev 7,19 weicht insofern ab, als sich Pendens und aufnehmendes Lexem in der Determination unterscheiden. 15 Vgl. auch Hoftijzer, 1986: 4: „[Die Wörter אסם... ]קצר היהprovide the general background necessary to understand this plea“. 16 König, 1897: 132 § 239b. 17 Bergsträßer, 1929: 73 § 13 i+i*. 18 Z. B. Cross, 1962: 44f. Anm. 43; Gibson, 1973: 29; Crüsemann, 1983: 78 Anm. 12; Renz, 1995: 325 Anm. 2 19 Vgl. Gesenius-Kautsch, 281909: 359f. § 113z; Joüon, 1923: 357f. § 123x. 11
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2. w=qatal (sog. perfectum consecutivum) als Form für den imperfektiven Aspekt für (gleichzeitige) Begleithandlung:20 Und dein Knecht brachte die Ernte ein und maß ab und lagerte dabei ein wie üblich. Die dritte in der Literatur vertretene Erklärung des w=qatal als sog. perfectum copulativum21 scheidet dagegen aus. Eine solche Form wäre im Verbalsystem des klassischen Hebräisch ungrammatisch.22 Alle drei Verben sind ohne explizites Objekt (Getreide/Ernte) formuliert, das aber aufgrund der Semantik von „ernten“ mitverstanden ist. Ohne das koordinierte Verb „ernten“ hat das Verb „abwiegen“ dagegen das Objekt „Ernte“ bei sich: Z. 6+8f. Zeile 6+7 Für die Form ( ואסםZ. 6/7) werden die analogen Interpretationen wie zu Z. 5 vorgeschlagen: Weippert deutet sie wiederum als Ausdruck einer (gleichzeitigen) Begleithandlung und übersetzt: … als dein [Di]ener ˂seine˃ Ernte ab[maß,] während er den Speicher füllte wie gewöhnlich,23 während Renz24 auch hier einen Inf.abs. annimmt. Beide Erklärungen sind möglich. Uns erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass in diesem Fall die Konjunktion ( כאשרals) bei ואסםnicht nur semantisch, sondern auch syntaktisch weiterwirkt in „double-duty“-Funktion,25 so dass die Form als ]כאשר[ אסם- וzu verstehen ist und so das vorausgehende qatal ( )כלim perfektiven Aspekt weiterführt:26 Als dein Knecht Ernte abgewogen und wie üblich eingelagert hatte, ... Das folgende wayyiqtol ()ויבא, das durch ויקחfortgeführt wird, bildet den Hauptsatz zum voraufgehenden konjunktionalen Temporalsatz.
20 Vgl. z. B. Lemaire, 1971: 64 („nuance de durée de l’action dans le passé“); Weippert, 1990: 460; Blum, 2008: 123–132 = 2015: 180–186. Mit dem Vorschlag einer eigentümlichen modalen Übersetzung („einlagern wollte“) Delekat, 1970: 462 und Krüger, 1992: 36f. (allerdings ohne Nachweis sonstiger Belege). 21 Aḥituv, 2008: 161; Rainey, 2000: 78. 22 Dazu schon ausführlich Weippert, 1990: 455–458 (in Auseinandersetzung mit Spieckermann, 1982: 120–130); vgl. auch Blum, 2008: 136 = 2015: 190. 23 Weippert, 1990: 461. 24 Renz, 1995: 326 Anm. 3. 25 Vgl. die analogen Fälle 1Kön 3,11; Ps 131,2; Jer 31,11. 26 Analog zur Erklärung eines w=yiqtol als w=[]כה-yiqtol durch Blum, 2008: 111–113 = 2015: 170–171. Dazu ausführlich W. Groß, 2022.
Syntax und Pragmatik des Beschwerdeschreibens von Meṣad Ḥašavyahu
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2. Sprachliche Einzelfragen und die Ergänzungen in Zeile 12–14 Satzgliederung des rekonstruierten Textes27 . דבר עבדה ֯ ֯א ֯ת2 השר. אדני.̊ ישמע עבדך . צר אסם ֯ 4 בח. עבדך. ֯היה. קצ ֯ר ֯ 3 ויקצר עבדך ויכל5 ת6 לפני שב. כימם ֯ ואסם ֯ כל ֯ע ֯בדך את ֯קצר ֯ כאשר כימ ֯ם ֯ סם7וא . י8שב ֯ שעיה בן ֯ ֯ הו. ויבא ֯את ֯ב ֯גד עבדך. ויקח ֯את קצרי9 כאשר כלת לקח את ֯ב ֯גד עבדך ֯ מם ֯ ֯זה י . י]ע[נ֯ ו לי. וכל אחי ֯ 10 . ֯ה ֯ש ֯מ ֯ש11 הקצרם אתי בחם ֯. יענו לי. אחי . שם12]קתי מא ֯ ֯אמן נ בגדי ֯ [ את. ישב נא . ואם לא לשר . ב את בגד[ ֯ע ֯ב]דה13]להש . מם14]רח ֯ . וית[ן֯ אלו ע[בדך. את ]דבר ֯ ]ושמ[עת ֯ [--ולא תדהמנ֯ ]י\ו
S1 S2P S2 S3 S4 S5 S6 S7 S8 S9 S10 S11 S12 S13 S14 S15 S16 S17 S17I S18 S19 S20
Die Inschrift weist einzelne textliche Unstimmigkeiten auf, die offenbar auf Fehler/Nachlässigkeiten des Schreibers zurückgehen und sich deshalb nicht mehr eindeutig klären lassen. Dazu gehört vor allem der Ausdruck קצרin S6, der bei einer Lesung als qaṣir (= Ernte) schon ausweislich der nota accusativi ( )אתdeterminiert sein sollte. Dementsprechend ist an dieser Stelle mit der Auslassung eines Heh entweder vor dem Nomen als Artikel (die Ernte) oder als enklitisches Personalpronomen der 3. P. m. sg. (seine Ernte) zu rechnen – letzteres analog zu קצרי in S10 mit der 1. P. sg. Eine alternative Option ergibt sich, sofern man einem Vorschlag von W.F. Albright folgt, der in Satz 6 und 10 „with his harvesters“ bzw. „with my harvesters“ (also die Präposition ʾet und das Partizip qoṣer im Pl.) liest – verbunden mit einer interessanten Deutung der Rolle des Beschwerdeträgers: „The context … indicates that the complainant was foreman of a small gang of men from a single town who were serving their tour of duty in the royal corvée.“28 Diese Lesung hat den epigraphischen Vorzug, dass קצרin S6 als Verschreibung eines qoṣraw ( )קצרוaufgrund einer leicht nachvollziehbaren Haplographie des Waw gelten 27 28
Die kleingedruckten Ziffern zeigen die Zeilenanfänge an. Albright, 1968: 132, das Zitat ebd. in Anm. 2.
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könnte. Obschon die Deutung – auch mit Blick auf die situative Konkretion – reizvoll erscheint, bleibt sie Vermutung,29 weil die für Satz 6 und 10 unterstellte Formulierung im Folgenden (Zeile 10–11!) nicht aufgenommen wird.30 Zeile 10–11 gibt für die Satzgliederung ein Problem auf, weil das Partizip הקצרםdurchgehend als attributive Ergänzung zu אחיgedeutet wird, obgleich es dann von seinem Bezugswort durch das verbale Prädikat ( )יענו ליgetrennt ist, wofür es unseres Wissens weder biblisch noch epigraphisch eine Parallele gibt. Alternativ lässt sich הקצרם אתי בחם השמשals vorangestelltes Subjekt von S13 lesen (mit dem zweiten אחיals Apposition), wozu sich leicht Beispiele anführen lassen (vgl. Gen 7,16; 26,11 oder Ex 9,20). Möglicherweise ist aber auch die syntaktische Ambiguität des partizipialen Satzteils in der Mittelposition zwischen den beiden redundant wiederholten Sätzen )כל( אחי יענו ליstilistisch nicht ungewollt. Denn auch die beiden redundanten כאשר-Sätze 6(f.) und 10 umschließen vor- bzw. rückbezüglich die Sätze 8–9. Es liegt nahe, in beiden Fällen eine absichtsvolle Redundanz zu sehen, die durch die moderate sprachliche Normabweichung noch nachdrücklicher wirkt. Vollends nachvollziehbar sind solche „Abweichungen“, wenn der Text für einen mündlichen Vortrag formuliert war (dazu unten in 3.). Die Textrekonstruktion in Zeile 12–14 Das Verständnis der gesamten Inschrift hängt wesentlich an der Rekonstruktion des im unteren Teil des Ostrakons weggebrochenen Textes, und umgekehrt entscheiden sich die Ergänzungen der Zeilen 12–14 primär nach inhaltlichen Plausibilitäten.31 Zusätzliche Anhaltspunkte bietet immerhin das kleine OstrakonFragment, das in einer späteren archäologischen Kampagne gefunden wurde.32 Einzelne Lesungen können zudem aus sprachlichen Gründen ausgeschlossen werden (s. im Folgenden). Die Darstellung des inkriminierten Vorgangs und seiner Situation fasst der Beschwerdeträger in S14 mit der feierlichen Beteuerung seiner Unschuld zu-
29
Vgl. auch Cross, 1962: 45 Anm. 46. Offenbleiben muss auch die viel diskutierte Frage, wie שבתin Satz 5 zu verstehen ist. Sowohl eine Lesung als „Sabbat“, in welchem konkreten Sinne auch immer, als auch ein Verständnis als „Arbeitsende, Feierabend, time off“ erscheinen möglich (vgl. die ausführliche Diskussion bei Renz, 1995: 317–319; zum Sabbat auch Weippert, 1990: 461 Anm. 29; ders., 2010: 371 Anm. 43). Als Holzweg erweist sich jedenfalls der Versuch von Delekat, 1970, einen Sabbatkonflikt zu konstruieren (auch abgesehen von der Datierung des Ostrakons in die Nehemia-Zeit): Der Text hätte damit seinen Punkt verfehlt. 31 In diesem Zusammenhang ist es nicht möglich, die Diskussion der vielfältigen Vorschläge in der ganzen Breite zu diskutieren. Wir beschränken uns auf u.E. gewichtige Optionen. 32 Naveh, 1962a: 27–28 mit Plate 5A nennt triftige Gründe dafür, dass das Fragment in der Tat zu dem früher gefundenen Ostrakon gehört hat. Die darauf erkennbaren Zeichen beschreibt er ebd. folgendermaßen: „Two lines of script are visible: the top line contains illegible traces of two characters, while in the second line a taw and an aleph can be clearly seen in the centre, flanked by two more illegible characters.“ 30
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sammen: Wahrlich ( !)אמןIch bin frei33 von Schuld! Zumeist ergänzt man im Anschluss (S15) einen Imperativ ()]השב נא את[ בגדי: [Gib doch] mein Gewand [zurück]!34 Im folgenden Textbestand fällt es jedoch schwer, eine damit stimmige Weiterführung zu finden. Die vorgeschlagenen Lesungsoptionen unterscheiden sich zunächst danach, ob das anschließende ואם לאund wenn nicht35 als eigenständige (elliptische) Protasis verstanden wird (A) oder ob die Protasis auch unseren S17 umfasst (B). Zu Option (A): Einem semantischen Bezug der Protasis (S16) auf die Unschuldsbeteuerung (S14),36 sozusagen über die unmittelbar vorausgehende Aufforderung (S15) hinweg, steht nicht nur die lineare Leseabfolge entgegen, sondern damit mutete man dem Beschwerdeführer zu, dass er nach der nachdrücklichen Beteuerung seiner Unschuld diese sogleich wieder infrage stellt. Wollte man die Protasis aber auf die postulierte imperativische Aufforderung von S15 beziehen, entbehrten die Sätze 14–17 jeder kommunikativen Logik. F. Crüsemann hat die Aporien deutlich gesehen und dementsprechend für S15 eine Ergänzung vorgeschlagen, welche die Forderung der Rückgabe des Gewands auf den Konfiskator Haušaʿyah(u) bezieht. Sprachlich entspricht dem ein Jussiv (3.m.sg.): ישב נא.37 Damit ergibt sich ein schlüssiger Zusammenhang: „Aufgrund des dargelegten Sachverhalts soll Hoschijahu das konfiszierte Gewand zurückerstatten. Wenn er das aber nicht tut, dann kommt die Sache – und das ist der Sinn des Weiteren – sozusagen amtlich auf den Befehlshaber zu.“38
33
נקתיim Perfektiv für einen gegenwärtigen Zustand. Der Vorschlag von Weippert, 1990: 461 Anm. 32, hier אם ננקתיzu lesen, überzeugt wenig: Für die anvisierte Entsprechung von ( אםS14) und ( ואם לאS16) wird eine irreguläre Verbform in Kauf genommen und eine in ihrer Konsistenz fragliche Argumentation (s.u.). 34 Im Gefolge von Cross, 1962: 44. 35 Zu den Versuchen, ואמלאals Verbform von מלאzu lesen, s. bereits Albright, 1968: 132 n. 12; Crüsemann, 1983: 80 Anm. 19 und besonders eingehend Renz, 1995: 319–320. Auch ein präsentisches „And I call out“ (Aḥituv, 2008: 160) ist ausgeschlossen. Ein weiterer Lösungsversuch geht dahin, ואם לאals Partikel der Versicherung zu lesen: „fürwahr“, „surely“ etc. So u. a. Dobbs-Allsopp, 1994: 52–53; zuletzt Rüterswörden, 2009: 250. Kaum zufällig sind die Beispiele für eine solchermaßen verselbständigte Ellipse aber durchweg asyndetisch ()אם לא, vgl. DCH I, 1993: 304 (s.v. אם2b.). Jos 22,24 (s. Rüterswörden) bildet kein Gegenbeispiel: ואם לאist hier nicht elliptisch, sondern leitet einen Verbalsatz ein, was in der möglichen Transformation des hebräischen Schwursatzes in eine Behauptung mit Partikel einzelsprachlich lediglich überspielt werden kann. S16+17+17I hingegen lassen sich nicht als Schwursatz lesen. 36 So Renz, 1995: 328. 37 Die Ergänzung der Partikel נאist seit Cross, 1962, üblich, auch mit Blick auf die Länge der Zeile. Denkbar wäre aber z. B. auch ועת ישב את. 38 Crüsemann, 1983: 81. Der Sache nach kommt bereits Albright, 1968: 132, diesem Verständnis sehr nahe mit der Übersetzung: „If I am innocent of gui[lt, let him {n. 11: i.e. Hoshaiah} return] my mantle, and if not, it is (still) the commander’s right to take …,“ ohne freilich anzugeben, wie „veranlasse, dass er zurückgibt“ althebräisch zu formulieren wäre. Zuletzt liest auch Aḥituv, 2008: 159, in Z. 12: ישב נא, unterstellt allerdings den
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Wir halten diese Korrektur der Ergänzung sachlich und sprachlich für die überzeugendste Lösung. Zu Option (B): Im geschriebenen Text können S16+17+17I auch als ein Satz und als Protasis zu S18 gelesen werden, eine Ambiguität, die im mündlichen Vortrag notwendigerweise monosemiert wird. Inhaltlich hängt dabei viel an der Semantik von loʾ l-x l-Inf.c. Möglich wäre „es obliegt nicht dem x zu …“ oder „es liegt nicht im Bereich der Möglichkeiten für x zu …“.39 Da der Beschwerdeträger sich an den śar wendet und damit dessen rechtliche Zuständigkeit voraussetzt, kommt hier aber am ehesten die zweite Möglichkeit infrage, etwa in dem Sinne, dass der Ortskommandant nicht über das Gewand verfügt, weil es sich nicht vor Ort befindet oder weil er keinen (durchsetzbaren) Zugriff auf den Beschuldigten hat. Die Triftigkeit von Option (A) bzw. (B) hängt damit an faktischen Gegebenheiten und Umständen, die den Beteiligten mutmaßlich bekannt waren, nachgeborenen Lesern aber verborgen bleiben. Mit Blick auf den Schlussteil, S18–S20, schließen wir uns aus epigraphischen Gründen der Lesung von [ ֯עת-- in der zweiten Zeile des kleinen Fragments an.40 Dann liegen die Ergänzungen einer AK 2.P.m.sg. von שמעund im Anschluss an das Fragment von ]דבר ע[בדךnahe. Auch die Komplettierung von רח]מםin S18 erscheint plausibel. Demgegenüber ist die durchgängige Rekonstruktion von ותת[ןin demselben Satz ungrammatisch, weil das klassische Althebräisch für die 2. Person des Modus ausschließlich den Imperativ gebraucht (nicht die PKKF, ausgenommen bei Verneinung mit )אל.41 Da der śar im unmittelbaren Vorkontext in der dritten Person angesprochen wird, bietet sich stattdessen der Jussiv ויתן אליו an.42 Philologisch problematisch ist auch eine Komplettierung des letzten Satzes (S20) zu לא תדהם נ֯ ]א,43 insofern die Partikel נאexklusiv mit Formen des Modus gebraucht wird, also nicht mit PK-Langform. Der Kopf des Nun ist noch gut zu erkennen. Im direkten Anschluss an die PKLF wird es sich um ein Suffix handeln, entweder der 1. Pers.sg. ( )תדהמנ]יoder – mit sog. Nun energicum – der 3. Pers. m.sg. ()תדהמנ]ו. Die Verbform muss demnach transitiv sein und ist am nächstliegenden von der in Jer 14,9 im Nifʿal belegten Wurzel דהםabzuleiten.44 Im Kommandanten als Subjekt, der aber seit S2 im Vorkontext nicht mehr in 3.P. angesprochen war. 39 Demgegenüber schließt Renz, 1995: 319, die Bedeutung „er muß nicht“ (hier bezogen auf den Fall einer etwaigen Schuld des Antragstellers; vgl. Pardee, 1978: 37) mit Gründen aus. 40 Siehe Renz, 1995: 329 Anm. a mit Verweis auf Gibson, 1973 und Lemaire, 1977. 41 Siehe Blum, 2008 = 2015. 42 So auch schon Cross, 1962: 44. 43 Weippert, 1990: 459. 462; ders., 2010: 372. 44 So bereits Richter, 1999: 46: wa=lo(ʾ) tidhum-an[=[h]u]. Die Übersetzungen des Nifʿal in Jer 14,9 bewegen sich in dem Spektrum von „bestürzt, hilflos, vor Schreck erstarrt sein, be astonished, dumbfounded“. Sieht man (u. a.) mit Weippert, 1990: 462 Anm. 33 in dhm eine Nebenform zur hohlen Wurzel dwm (schweigen), kann man sich eine kausative Ableitung mit der recht ähnlichen Bedeutung „sprachlos machen“ oder in unserem Kontext: „mundtot machen“ vorstellen.
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Hifʿil kann man eine Bedeutung wie „bestürzt, hilflos, unglücklich machen/sein lassen“ vermuten.45 Als Zusammenfassung der bisherigen Textanalyse und -interpretation folgen hier zwei Übersetzungen, zunächst gemäß Lesung A, sodann (mit dem betroffenen Abschlussteil) Lesung B: Übersetzung des rekonstruierten Textes nach Option A S1 S2P S2 S3 S4 S5 S6 S7 S8 S9 S10 S11 S12 S13 S14 S15 S16 S17 S17I S18 S19 S20
Mein Herr Kommandant höre auf das Wort/die Sache seines Knechts! Was deinen Knecht betrifft: In der Ernte war dein Knecht beschäftigt in Ḥaṣar-Asam. Und dein Knecht brachte die Ernte ein, und er maß ab und lagerte dabei ein wie üblich – vor Feierabend. Als dein Knecht Ernte abgemessen und eingelagert hatte wie üblich, da kam Haušaʿyah(u), der Sohn des Šobay, und nahm das Gewand deines Knechts, als ich meine Ernte abgemessen46 hatte. Seit Tagen schon hat er das Gewand deines Knechts genommen. Und alle meine Brüder können für mich zeugen. Die mit mir ernteten in der Hitze der Sonne, meine Brüder, können für mich zeugen. Wahrlich! Ich bin frei von Schu[ld! Er soll bitte] mein Gewand [zurückgeben!] Und wenn (er) nicht (zurückgibt), obliegt es dem Kommandanten, [das Gewand seines Kne]chts zurückzubrin[gen, [um] ihm Barm[herzigkeit zu erwei]sen! Du [musst47 das Wort/die Sache] deines Knech[ts erhö]ren und darfst mich/ihn nicht hilflos sein lassen!
Übersetzung des rekonstruierten Textes nach Option B S14 S15 S16B S16IB S17B
Wahrlich! Ich bin frei von Schu[ld! Er soll bitte] mein Gewand [zurückgeben!] Wenn es aber nicht in der Macht des Kommandanten steht, [das Gewand seines Kne]chts zurückzubrin[gen, [so erwei]se er ihm Barm[herzigkeit!
45 Das in Neuhebräisch gebildete Hifʿil mit der Bedeutung „schockieren“ ist davon nicht weit entfernt. 46 Der Zusammenhang ließe hier auch eine Lesung als AK 1.P.sg. von כלהpi. (abschließen) zu. Dagegen spricht aber die offenbar beabsichtigte Parallele zu S6. Das Einlagern musste hier nicht noch einmal genannt sein, wenn es mit dem Abmessen als Aktion zusammengesehen wurde (s.o. bei Anm. 20). 47 Zu dieser modalen Nuance der PKLF bzw. des Inversionspaars (yiqtol//we=qatal) als „Injunktiv“ vgl. Joüon, 1923: § 113m bzw. Groß, 1976: 41; Richter, 1980: 217.
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S18B S19B
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Du [musst das Wort/die Sache] deines Knech[ts erhö]ren und darfst mich/ihn nicht hilflos bleiben lassen!
Beide Versionen zeigen eine gut nachvollziehbare und in sich stringente Argumentation. Die grundlegenden Differenzen liegen in den jeweils zu supponierenden Umständen (s. o.). Daneben fällt die unterschiedliche Funktion des Themas „Barmherzigkeit“ ins Auge: Version A lässt auf den breiten Aufweis der Unschuld des Petenten und die Forderung, dass Haušaʿyah(u) das zu Unrecht konfiszierte Gewand zurückgeben solle, die deutliche Forderung folgen, der Kommandant solle seines Amtes walten (S17+17I). Eben die Härte dieser Forderung, die unter Umständen auch kontraproduktiv wirken könnte, wird von S18 sogleich in dem impliziten Appell an die Barmherzigkeit als Motivation48 für den erwarteten Einsatz des śar aufgefangen. Version B hingegen antizipiert in der Protasis von S16B+16IB ein Scheitern der Petition mit Blick auf das konfiszierte Gewand und bittet in der (wie häufig syndetisch angeschlossenen) Apodosis (S17B) stattdessen um „Barmherzigkeit“. Deren Konkretion mochte ggf. Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein. Vorstellbar sind etwa Erleichterungen bzgl. der Frondienstauflagen (s. u.) oder materielle Zuwendungen etc. Die beiden abschließenden Sätze unterscheiden sich in A und B nicht. Der erste nimmt die eröffnende ‚Appellation‘ von S1 zur inkludierenden Abrundung wieder auf. Der zweite ist – dadurch formal abgehoben – nichts anderes als ein letzter Ruf nach mitfühlender Hilfe.
3. Zur Pragmatik des Beschwerdeschreibens Die konkreten Umstände, in denen und für die das Schreiben verfasst wurde, und vor allem die Funktion und Wirkabsicht des Textes, in einem weiteren Sinne also seine Pragmatik, sind schon vielfältig thematisiert worden.49 Hier soll unter Voraussetzung unserer Lesung erneut gefragt werden, inwieweit sich die Funktion und die historischen Umstände konkretisieren lassen. Grundlegende Gegebenheiten/Befunde (1) Die (Handlungs-) Orte: Eindeutig lokalisiert ist nur (a) die Militärfestung an der Mittelmeerküste (jetzt: „Meṣad Ḥašavyahu“), in deren Toranlage das Ostrakon gefunden wurde. Auffällig ist – in einem judäischen Kontext – die entlegene Lage der kleinen Festung. Ihre alte Bezeichnung ist unbekannt. (b) Der Ort ḤaṣarAsam, der als Schauplatz der Aktion des Haušaʿjah(u) genannt wird, ist sonst nicht bekannt. Zu fragen ist überdies, ob der sprachliche Anklang an das „Einbringen/Speichern“ der Ernte zufällig ist oder ob es sich um einen sprechenden 48
Mit we=PK(KF), das finale Bedeutung haben kann, wenn semantisch eine gewollte Folge gemeint ist (vgl. Am 5,4b // 5,14a), wird dem Gegenüber ein solches Verständnis nahegelegt. 49 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier genannt: Yeivin, 1962; Talmon, 1964; Suzuki, 1982; Crüsemann, 1983; Kleer/Kröger, 1992.
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Namen („Scheunenhof“) handelt, der einen für die staatlichen Ländereien bei M.Ḥ. eingerichteten Speicherplatz bezeichnete. (2) Als Akteure erscheinen im Text drei Personen: (a) der Beschwerdeführer, der in Ḥaṣar-Asam in der Getreideernte ( )קצרgearbeitet hat (zusammen mit weiteren Arbeitern), (b) der von ihm Beschuldigte Haušaʿyah(u) ben Šobay, aufgrund des Namens50 eindeutig ein Judäer, (c) der adressierte śar, dem der Beschwerdeführer offenbar eine Zuständigkeit für seinen Fall unterstellt. Dem Fundort und seiner Rolle im Text zufolge steht śar hier für einen gehobenen militärischen Rang, genauer wohl für einen auch epigraphisch gut belegbaren שר עיר, d. h. Ortskommandant. Daneben ist von einer weiteren, „außertextlichen“ Person auszugehen: (d) von dem Schreiber des Ostrakons.51 Will man nicht mit einem für den Dienst in der Festung eigens rekrutierten zivilen Schreiber rechnen, liegt es nahe, als Schreiber52 einen in dieser Profession ausgebildeten judäischen Soldaten eines niedrigeren Rangs zu vermuten,53 der ebendort stationiert war. (3) Der verschiedentlich notierte Umstand, dass weder der Beschwerdeführer noch der Ortskommandant im Text namentlich identifiziert werden, erklärt sich leicht aus der Text-Pragmatik: eine Verhandlung der Angelegenheit des Beschwerdeführers setzte zumindest seine Präsenz und die des richterlich amtierenden Kommandanten voraus. Zugleich wird damit die Funktion des Schreibens als „Vorlage“ für den (im Zweifel nicht darauf beschränkten) mündlichen Vortrag offensichtlich.54 (4) Die Beschwerdeschrift ist in der Präsentation der Angelegenheit ganz auf die Unschuld des Klägers fokussiert und auf deren Begründung, in der er dreimal (S3–5, S6–7; S10) herausstellt, dass er seine Arbeit („meine Ernte“) vollständig und korrekt („wie üblich“) zu Ende gebracht habe, bevor Haušaʿyah(u) sein Gewand konfiszierte. Dafür kann er auch seine Arbeitsgenossen als potentielle Zeugen benennen (S12+13). Zu erschließende Konstellation (1’) Die konsistente Profilierung des Textes gemäß Befund (4) belegt, dass es bei der Konfiszierung des Gewands nicht um eine Pfändung wegen einer Kredit50
Beide Namenselemente sind im Übrigen auch biblisch belegt. Die Vokalisierung Haušaʿyah(u) entspricht der Überlieferung im MT; denkbar wäre auch „Haušiʿyahu“. 51 Die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer selbst geschrieben hätte, ist angesichts der geübten Schrift und der oben beleuchteten Stilelemente einigermaßen unwahrscheinlich. 52 Mit Blick auf den überlegten Aufbau und manche stilistische Feinheit dürfte ihm nicht allein die Niederschrift, sondern auch die Formulierung zu einem guten Teil zu verdanken sein. 53 Für die letzten Jahrzehnte des Königreichs Juda ist durch die Arad- und Lachisch-Briefe auch auf solchen militärischen Ebenen eine überraschend breite Literalität belegt; vgl. zuletzt Faigenbaum-Golovin et al., 2021 mit Lit. Aufgrund einer Algorithmen-basierten forensischen Untersuchung des Materials von Arad kommen die Autoren zu dem Urteil (ebd. 154): „the written evidence suggests a high literacy rate in the entire Judahite chain of command.“ 54 Ebenso wie eine mögliche weitere Aufgabe des Schreibers.
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schuld des Geschädigten (vgl. Ex 22,25f.) ging. Auch ein Status als Erntearbeiter oder Tagelöhner ist weder sprachlich (s.o. zu Zeile 2+3) noch sachlich angezeigt, hätte sich bei einem Lohnarbeiter doch eine Sanktionierung über die Lohnauszahlung aufgedrängt.55 So spricht alles für die mehrfach vertretene Annahme, dass der Beschwerdeträger (vermutlich ein freier Bauer) zu staatlicher Fronarbeit (corvée) in der Ernte verpflichtet worden war.56 Die Konfiszierung des Gewands erfolgte dann am wahrscheinlichsten als Sanktion für eine angeblich mangelhafte Arbeitsleistung des Geschädigten.57 Haušaʿyah(u) ben Šobay wird dabei in der Funktion eines Aufsehers o.ä. gehandelt haben. (2’) Vor diesem Hintergrund gibt besonders der Fundort (Befund (1)) weitere Fragen auf: Die Festung liegt direkt am Meer,58 das Umfeld nach Osten hin gehört über eine Distanz von wenigstens 5 km zum Bereich der Sanddünen, die für Ackerbau unbrauchbar sind. Bebaubares Land beginnt am Naḥal Soreq z. B. bei Jabne(el), ca. 8 km südöstlich von Meṣad Ḥašavyahu. Historisch gehörte die Region zum „Philisterland“. Dass der Geschädigte sein Recht nicht in einer der judäischen Städte, etwa am Rande der Schephela, gesucht hat, ist nur dann verständlich, wenn er gute Gründe hatte, den Festungskommandant von Meṣad Ḥašavyahu für zuständig zu halten. Seine Wahl war darüber hinaus alternativlos, wenn er wusste, dass der Beschuldigte Haušaʿyah(u) „dienstlich“ dem śar der Festung unterstellt war.59 All dies spricht wiederum dafür, die mit Fronarbeitern bewirtschafteten Ländereien um Ḥaṣar-Asam eher in der Nähe (z. B.) von Jabneel als in der des judäischen Kernlandes zu suchen. Lassen sich solche Verhältnisse historisch plausibilisieren? Zum archäologischen und historischen Kontext Für den Ausgräber J. Naveh und seine Kollegen hatte es lange Zeit hohe Plausibilität, dass die Festung mit einer – ausweislich der hebräischen Ostraka – judäischen Besatzung am ehesten der Zeit des Königs Josia in der zweiten Hälfte des 7. Jh.s v. Chr. zuzurechnen ist, zumal man am ehesten diesem König ein solches Ausgreifen auf die Küstenregion zutraute. Dazu schien auch hervorragend der Keramik-Befund zu passen, wurde doch in Meṣad Ḥašavyahu neben lokaler Keramik in erheblichem Umfang griechische Importkeramik gefunden, die man ins letzte Drittel des 7. Jh.s datieren konnte.60 Menge und Art der importierten 55
Vgl. zu den angesprochenen Fragen insbesondere auch Crüsemann, 1984: 81–86. So schon früh Yeivin, 1962; Talmon, 1964; im Anschluss an Talmon Crüsemann, 1984. Vgl. auch die Diskussion bei Kleer/Kröger, 1992; ihre These, es gehe um die Steuer-/ Zehntabgabe für den König, kann jedoch nicht überzeugen: Zum einen wäre dies in der Beschwerde leicht zu formulieren gewesen, zum anderen sprechen alle räumlichen Voraussetzungen gegen einen Vorfall auf den eigenen Feldern des Beschuldigten (s. i. F.). 57 Vgl. auch Niehr, 1987: 92. 58 Circa 1,5 km südlich von Yabneh-Yam bzw. 3,5 km südlich von der Einmündung des N. Soreq (W. Rubin) ins Meer. Für eine topographische Orientierung vgl. etwa die Karten in H. Weippert, 1988: 614 und Wenning, 1989: 194. 59 Rechnet man mit dieser (plausiblen) Möglichkeit, ergibt sich dann doch eine gewisse Präferenz für die oben als Option A bezeichnete Satzgliederung. 60 Naveh, 1962b: 97. 56
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Keramik lassen darauf schließen, dass hier neben lokaler Bevölkerung auch Griechen wohnten, am wahrscheinlichsten Söldner, die in der Festung stationiert waren. Damit ergeben sich z. T. weitläufige historische Fragen nach etwaigen Zusammenhängen mit der Rekrutierung von Griechen durch Psammetich I. in Ägypten oder nach Verbindungen mit einer griechischen Einheit („Kittäer“) in judäischen Diensten in ca. zehn Arad-Briefen aus den ersten Jahren des 6. Jh.s. Seit Ende der 1980er hat sich jedenfalls das Bild einer josianischen Festung weitgehend aufgelöst. Der Verweis auf zwei besonders profilierte Positionen kann hier genügen. Nach R. Wenning61 nötigen Neujustierungen der Datierung der ostgriechischen „Tierfriesstilkeramik“ zu einer deutlich späteren Ansetzung, ermöglichen für die Anlage aber zugleich eine bemerkenswerte Feindatierung in die Zeit um 600 v. Chr. Danach ist die Festung den letzten Jahren Jojakims zuzurechnen. Historisch käme die kurze Zeitspanne zwischen Jojakims Rebellion gegen Nebukadnezar II. (600) und dessen Straffeldzug gegen Juda (598/97) infrage.62 Die griechische Garnison von Meṣad Ḥašavyahu im Dienste Jojakims korrespondierte dann zeitlich dem Einsatz der „Kittäer“-Einheit im judäischen Negev (Arad). Demgegenüber sieht A. Fantalkin63 in der Anlage eine ägyptische Einrichtung, gegründet entweder von Psammetich I. oder Necho II., die bis zur Niederlage Nechos durch Nebukadnezar im Jahr 604 v. Chr. unter ägyptischer Leitung bestanden habe, während das benachbarte Königreich Juda unter Jojakim dem Pharao als Vasall unterworfen war.64 Damit findet die griechische Garnison ebenda eine mögliche Erklärung. Nicht überzeugend integriert ist dagegen bei Fantalkin die differenzierte Wirklichkeit, die das hier besprochene Ostrakon sowie sechs weitere hebräisch beschriftete Objekte anzeigen.65 Dafür wäre wohl 61
Wenning, 1989; des Weiteren ders., 2001, und 2004: 31–32 mit Anm. 13 zu Fantalkin, 2001. 62 Wenning, 1989: 189–191. Als Vorbereitung auf eine Aktion der Babylonier habe Jojakim Maßnahmen der Vorratssicherung unternommen: „Eine besondere Gefährdung der judäischen Besitzungen im Küstenstreifen führte zur Errichtung von Mesad Hasavyahu“, ebd.: 192. Ekron, die bedeutende Philisterstadt zwischen Juda und besagtem Küstenstreifen, war von Nebukadnezar II. 604/603 v. Chr. zerstört worden. 63 Fantalkin, 2001. 64 Entsprechend 2Kön 23,31–35. Schipper, 2010, unternimmt darüber hinaus den Versuch, auch Josia als Vasall Ägyptens zu erweisen. Als einzig konkreter Beleg, mit dem die Argumentation steht und fällt, wird ein Ostrakon „recently published by Wimmer“ angeführt mit den Textelementen „im 30. Jahr“ sowie „und für Pharao“ (ebd. 217). Tatsächlich handelt es sich um ein Ostrakon aus einer privaten Sammlung mit ungeklärter Provenienz, d.h. auch ungeklärter Authentizität. Davon abgesehen, ist die Inschrift laut Wimmer aber weder publiziert, noch unternimmt er selbst einen solchen Versuch. Vielmehr gilt: „Der Kontext der vier oder fünf erkennbaren Zeilen ist noch unklar.“ (Wimmer, 2008: 87) Die Zeitangabe, die man auf Josia beziehen könnte, liest Wimmer in der ersten Zeile; in der letzten (von vier oder fünf!) „ist möglicherweise ‚w-l-prʿh‘ zu lesen“ (ebd.). 65 Vgl. dazu Renz, 1995: 330–334 mit MHas(7):2–7. Es handelt sich um fragmentarisch erhaltene listenartige Ostraka und um ein Krugfragment mit hebräischen Namen in Verbindung mit palästinisch-hieratischen Zahlen und Maßangaben, wie sie für Inschriften aus Israel/Juda generell charakteristisch sind. Auf einer Art „Lieferschein“ (MHas(7):6) findet sich der nicht vollständig lesbare Name „ʿ--baʿal“, der mitunter als „wahrscheinlicher“
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eher davon auszugehen, dass Necho die Verwaltung der Festung und ihre Versorgung an den judäischen Vasallen66 delegiert hat. Für eine substantielle Diskussion der archäologisch strittigen Fragen, insbesondere der Subtilitäten der Datierung griechischer Keramik fehlt uns die Expertise. Deshalb muss die skizzierte Alternative für Meṣad Ḥašavyahu: „eine unter nomineller Oberherrschaft des Pharao vom judäischen Vasall zwischen 608 und 604 geführte und versorgte Festung (mit griechischer Garnison)“ oder „ein zwischen 600 und 598 unter Jojakim als Teil eines kurzen Traums politischer Selbständigkeit gehaltener Vorposten mit griechischen Söldnern“ hier als solche stehen bleiben. Mit Blick auf das besprochene Ostrakon kann sie dies auch: Das Erleben der judäischen Alltagswelt, wie sie in dem Text so plastisch vor Augen tritt, war von solchen Fragen der großen Politik wohl nur am Rande berührt.
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Syntax und Pragmatik des Beschwerdeschreibens von Meṣad Ḥašavyahu
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Syntax und Pragmatik des Beschwerdeschreibens von Meṣad Ḥašavyahu
Abb.: Ostrakon, Foto nach Ahituv, 2008: 156, mit Ergänzungen von E. Blum
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Gerçin Höyük in Südost-Anatolien Ein archäologisches Dornröschen Dominik Bonatz Berlin
Vorwort Der Weg zu meiner ersten wissenschaftlichen Begegnung mit Herbert Niehr führte über die Ahnen – nicht die eigenen, sondern jenen im eisenzeitlichen Stadtstaat von Samʾal/YʾDY, denen Herbert Niehr so gründlich und für mich einleuchtend auf die Spur gegangen ist. Aus der Lektüre seiner weiterhin einschlägigen Artikel zu diesem Thema1 wurde die Bekanntschaft und kollegiale Freundschaft mit ihm. Bei den zahlreichen erfreulichen Treffen, vor allem hoch oben im Schloss zu Tübingen, kam das Wort immer wieder zurück auf das besondere Verhältnis, das man vor fast 3000 Jahren in Samʾal zu seinen Vorfahren hatte und den monumentalen Aufwand, den man zu deren Gedenken betrieb. Ein Ort, der dabei stets Erwähnung fand und der auch in den Schriften Herbert Niehrs eine wichtige Rolle spielt, ansonsten aber in einem merkwürdigen Dornröschenschlaf auf seine wissenschaftliche Erweckung wartet, ist Gerçin im Zentrum des überschaubaren, geschichtlich aber so faszinierenden Territoriums von Samʾal. Wem anderes als Herbert Niehr wäre ein archäologisches Plädoyer für die Erforschung dieses Ortes zu widmen. * Die Geschichte der archäologischen Erkundung Gerçins beginnt im Frühjahr 1883, als Felix von Luschan beim „Vorbeireiten“ die Geschichte von „fabelhaften Alterthümern“ erzählt bekommt, welche nahe diesem Ort im Sumpfe lägen. Fortan schlägt ihn die markant aus der Ebene des Kara Su herausragende, aber nur schwer zu erreichende Felskuppe in den Bann. Während der Ausgrabungen 1888 in dem nur 7 km entfernten Zincirli lauern er und sein Mitarbeiter Franz Winter auf eine Gelegenheit, Gerçin endlich zu besuchen, zumal die Erzählungen über diesen Ort weiterhin die Runde machen und vor allem ein „grosses Kamel“, das sich am Fuße des Hügels fände, die Neugier der Ausgräber anstachelt. Doch zwischen Zincirli und Gerçin liegt zum Zeitpunkt der damaligen Ausgrabungen ein unwegsamer Sumpf, weshalb das Ziel zwar über Monate stets vor Augen, trotzdem aber unerreichbar bleibt. Schließlich jedoch, nachdem am 26. Juni 1888 sommerliche Höchsttemperaturen dafür gesorgt haben, dass sich der Wasserstand 1
Siehe Niehr, 1994; 2001; 2006.
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Dominik Bonatz
im Sumpf gesenkt hat, ist es endlich so weit: Von Luschan und sein Kollege Winter brechen in Begleitung eines einheimischen Führers zum Ritt nach Gerçin auf. Der 1893 im ersten Band der Ausgrabungspublikation von Zincirli erschienene Bericht über die mühsame Erkundung von Gerçin und Entdeckung von fünf fragmentarisch erhaltenen, monumentalen Steinskulpturen liest sich wie ein abenteuerlicher Reiseroman.2 Über einen langen Umweg gelangen die drei Reisenden bis auf Büchsenschussweite an den Hügel heran. Dort aber verweigern die Pferde jegliches Weiterkommen, denn der Sumpf wird immer morastiger. Dem namenlosen einheimischen Führer packt dennoch der Ehrgeiz oder, wie von Luschan vermutet, reizt ein stattliches Trinkgeld, weshalb er das Zugrundeschänden der Reittiere in Kauf nimmt und die Gruppe nach mehrfach missglückten Anläufen doch noch an den Hügel heranführt. Man steigt seinen steilen Hang ein Stück hinauf, nur um dann von dem Führer auf eine Stelle im Sumpf gezeigt zu bekommen, wo sich das „grosse Kamel“ befände. Das an diesem Platz auf zwei bis drei Meter Tiefe geschätzte Sumpfwasser und das undurchdringbare Schilfgewächs lassen jedoch jegliche Hoffnung auf ein Erreichen des Ziels schwinden. „Weder zu Fuß noch zu Pferde, weder in einem Boote noch schwimmend oder tauchend wäre irgend eine Möglichkeit gewesen an die Stelle zu gelangen und wir waren alle drei einig, unseren Tag als gründlich verloren zu betrachten.“3 Missmutig steigt man folglich auf die höchste Kuppe des Hügels hinauf, um dort auf einem „grossen, walzenförmigen Dolerit-Block“ zumindest für ein paar Minuten Rast zu machen. Die paar Keramikscherben und Obsidianfragmente an der Oberfläche sind kein Ersatz für das entgangene Entdeckerglück. Für von Luschan erweist sich das „grosse Kamel“ einstweilen als einer der vielen Mythen, die man als Reisender im „Orient“ aufgetischt bekommt, und er tröstet sich mit der Einsicht, dass es seine Pflicht bleibt, solchen Mythen nachzugehen, da wohl auf fünfzig oder hundert dann doch einmal ein wahres Fundstück zum Vorschein käme. Nur leider nicht, wie er zu diesem Zeitpunkt denkt, in diesem Fall. Der erfolglose Ausflug nach Gerçin hat sogar noch zwei schlechte Nachspiele: Während ihrer Abwesenheit kommt es unter den Arbeitern auf der Ausgrabung in Zincirli zu einer Massenschlägerei, welche danach über Wochen zu unangenehmen Begegnungen mit den lokalen Behörden führt, und kurz nach der Rückkehr bekommt Winter in Folge der Überanstrengung einen Anfall von perniziösem Fieber, der ihm beinahe das Leben kostet. Man möchte damit meinen, dass das Thema Gerçin für die deutschen Ausgräber in Zincirli frühzeitig wieder hätte ad acta gelegt werden können, doch sehen die Dinge am 27. Januar 1890, als von Luschan und sein Team zur nächsten Kampagne nach Zincirli zurückkehren, auf einmal ganz anders aus. Ein extrem trockener Winter hat den Sumpf im Tal so weit zurückgehen lassen, wie es keiner der Anwohner dieser Region jemals selbst 2
Von Luschan: 1893. Der Titel dieses Kapitels „Fünf Bildwerke aus Gerdschin“ ist etwas irreführend, da lediglich vier tatsächlich aus Gerçin stammen. Bei dem fünften handelt es sich um den Torso der von König Barrākib für seinen Vater Panamuwa II. gestifteten Statue, gefunden bei der Quelle Tahtalı Pınarı, welchen von Luschan einfachhalber an dieser Stelle mit in die Beschreibung aufgenommen hat (von Luschan, 1893: 53–54). 3 Von Luschan, 1893: 46.
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erlebt hat. Noch vor Beginn der Ausgrabungen in Zincirli unternimmt daher von Luschan mit seinem Führer von damals einen neuerlichen Ritt nach Gerçin, der nun nur eine halbe Stunde dauert. Der Führer findet das „grosse Kamel“, welches von Luschan sofort als Oberkörpertorso einer monumentalen menschlichen Steinstatue identifiziert wird. Im gleichen Moment erinnert er sich an den walzenförmigen Dolerit-Block auf der Kuppe des Hügels von Gerçin, welcher seinerzeit den erschöpften und deprimierten Forschern kurz als Rastplatz gedient hatte. Er schaut sich diesen noch einmal näher an und entdeckt nun angesichts seiner früheren Blindheit für die Bedeutung dieses Steins verblüfft, dass er ringsum mit einer Inschrift versehen ist. Ihm gelingt ein erster Abklatsch der Inschrift und noch am gleichen Abend verkündet er seinem Mitarbeiterstab in Zincirli stolz, welch bedeutender Fund gemacht wurde: Es handelt sich um die Kolossalstatue des Wettergottes Hadad mit der bis dahin längsten bekannten altsemitischen Inschrift aus dem 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr. Von Luschan entschließt sich schnell zu handeln, denn die nächsten Tage kündigen Regen an. Der Sumpf würde sich wieder mit Wassermassen füllen und den Abtransport der beiden Steinfragmente unmöglich machen. Obwohl er für Gerçin keine Lizenz besitzt und gegen die Einwände des türkischen Grabungskommissars organisiert von Luschan den Transport der Steine nach Zincirli, zunächst jedoch erfolglos, da die Ochsengespanne zu schwach sind, um die tonnenschweren Teile der Statue fortzubewegen. Schließlich ist es Robert Koldewey, der mit Hilfe von einmal 80 und das zweite Mal 100 Arbeitern aus Zincirli die beiden Statuenteile in Manier eines Megalithtransports auf einem Holzschlitten und mit Tauen gezogen in das 7 km entfernte Grabungshaus befördern lässt.4 Solange der Sumpf noch trocken ist, hofft man die fehlenden Fragmente der Statue zu finden – die Hände und den Abschluss des Gewandes mit den Füssen. Zwar bleibt die Suche danach erfolglos, doch werden dafür drei große Bruchstücke anderer Statuen gefunden, so dass sich mit von Luschans Worten „in Gerdschin ein ganzes Pantheon ältester Skulpturen ergeben hat.“5 Wenige Tage nach der erfolgreichen Bergung der Skulpturenfragmente aus Gerçin setzte der Regen ein und füllte sich der Sumpf wie erwartet wieder mit Wasser. Für von Luschan hatte sich damit die Aussicht auf weitere Untersuchungen an diesem Ort auf Jahrzehnte erledigt.6 Er sollte leider mehr als dies recht behalten. Nicht das Sumpfgebiet nördlich von Zincirli, das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts vollständig trockengelegt sein sollte, sondern andere Faktoren haben die archäologische Erforschung von Gerçin bis zum heutigen Tag verhindert. Dies ist eigentlich verwunderlich, denn die herausragende Bedeutung dieses Ortes im Zentrum des eisenzeitlichen Stadtstaates von Samʾal/YʾDY ist mehr als offensichtlich und durch die aufsehenerregenden Funde – allem voran die nach Berlin verbrachte Hadad-Statue – früh der Wissenschaft angetragen worden. Bald 140 Jahre nach von Luschans erstem Ausritt in das Gebiet von Gerçin lohnt es sich deshalb umso mehr, ein aktuelles Resümee der verpassten Möglichkeiten zu 4
Sehr anschaulich illustriert in der Zeichnung, publiziert als Fig. 11 im ersten Band der Ausgrabungen in Sendschirli (1893). 5 Von Luschan, 1893: 48. 6 Von Luschan, 1893: 48.
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ziehen, welches natürlich nicht auf dem Stand der abenteuerlichen Entdeckungstouren am Ende des 19. Jahrhunderts verhaftet bleibt, sondern durch neue Forschungsergebnisse im Umfeld von Gerçin, das Rekapitulieren der Funde und Befunde sowie rezente Beobachtungen vor Ort einiges an wissenschaftlicher Sprengkraft erhält.
Abb. 1
Abb. 2
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Die beiden markanten Kuppen des Felshügels, genannt Gerçin oder auch Gerçin Höyük, überragen das Tal des Kara Su um 70 m und sind daher schon von der Ferne gut sichtbar (Abb. 1). Bereits von den Passhöhen des Amanus, der die geographische Grenze zum Mittelmeerraum bildet, ist die frei aus der Landschaft ragende Felsformation gut erkennbar und wer sich auf dem Hügel von Zincirli, dem antiken Samʾal, aufhält, hat die 7 km nördlich davon gelegene Silhouette des Gerçin Höyük täglich vor Augen – damals wie heute. Erst bei genauerer Betrachtung aus kurzer Distanz wird jedoch erkennbar, dass diese natürliche Landmarke anthropogen überformt ist (Abb. 2). Die nördliche, annähernd kreisrunde Kuppe hat extrem steile Hänge und ist oben deutlich abgeflacht, so dass hier ein ca. 110 × 100 m großes Siedlungsplateau besteht. Nur an einer Stelle, ganz im Westen, ragt der gewachsene Fels aus dem Plateau hervor. Die langgestreckte südliche Kuppe hat einen unregelmäßigen Geländeverlauf, trotzdem bietet sich auf ca. 450 m Länge und einer durchschnittlichen Breite von 70 m ausreichend Platz für Siedlungsaktivitäten. Zwischen den Felsen liegen mehrere große Areale, in denen Erdablagerungen und Spuren architektonischer Bebauung sichtbar sind. Schließlich sind an der Ostseite nahe der Basis der beiden Felskuppen oberirdisch anstehende Reste einer antiken Steinmauer zu erkennen. Dieser topographische Zustand wurde bereits in dem 1890 von Robert Koldewey erstellten Situationsplan von Gerçin erfasst. Trotz der den Schilderungen von Luschans zufolge sehr kurzen Zeit für die topographische Aufnahme des steilen Geländes erweist sich der Plan Koldeweys als äußerst akkurat.7 Er konnte daher als Grundlage für die 2014 von Nina Peek angefertigten Ansichten Gerçins verwendet werden (Abb. 3 und 4). Besonders in der schematischen 3D-Ansicht (Abb. 4) wird die räumliche Relation der beiden Felskuppen zueinander deutlich. Die nördliche Kuppe erhebt sich gleich einem Monument über der südlichen Kuppe und bietet von dort aus einen deutlich sichtbaren Bezugspunkt. Koldewey verzeichnet in seinem Plan an wenigen Stellen am Rand des Plateaus der hohen Kuppe antikes Mauerwerk. Allerdings konnte dieser Befund bei zwei eigenen Begehungen des Hügels 2012 und 2016 nicht verifiziert werden. Es ist deshalb schwer zu beurteilen, ob der Blick auf die dort einstmals befindlichen Monumente und Bauten frei oder durch eine Befestigungsmauer verstellt war. Diese Frage ist insbesondere relevant für die Aufstellung und Sichtbarkeit der Hadad-Statue. Der Ort, an dem ihr Unterteil gefunden wurde (der Rastplatz von 1888) ist im Situationsplan von Koldewey eingetragen und hier auf Abb. 3 wiedergegeben. Wahrscheinlich ist er auch als ursprünglicher Aufstellungsort der Hadad-Statue anzusehen. Theoretisch kann diese Statue in einem Gebäude gestanden haben. Der Praxis im nahegelegenen Zincirli folgend, wo die Kolossalstatue eines königlichen Ahnen frei vor der Fassade des Baus J auf der Burg von Samʾal stand8 und angesichts der erhaltenen 7
Der Plan ist auf den 10. Februar 1890 datiert und benutzt in der Legende die damals geläufige Schreibung „Güwerdschin“ für den Ort. Der Plan wurde in den Ausgrabungsbänden der Zincirli-Expedition des Orient-Comités zu Berlin nicht publiziert, findet sich aber in dem Buch von Ralf.-B. Wartke farbig reproduziert (Wartke, 2005: Abb. 24). 8 Von Luschan, 1911: Abb. 261–268, Taf. 64.
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Höhe der Hadad-Statue von 2,85 m und geschätzten ursprünglichen Höhe9 von fast 4 m ist es jedoch wahrscheinlicher, dass sie frei aufgestellt war. Wenn es keine hohe Mauer auf der Kuppe gab, kann man von verschiedenen prominenten Sichtachsen auf die monumentale Statue ausgehen, solchen aus der Ferne wie etwa von der Burg in Samʾal und jenen von der Kuppe im Süden, auf denen sich größere Gebäudekomplexe befunden haben müssen. Wenn es eine Mauer gab, war es insbesondere diese, die den prominenten Ort noch markanter aus der Landschaft heraushob.
Abb. 3
Abb.4
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Die Statue muss ursprünglich auf einem Sockel gestanden haben, wobei im Fall des Wettergottes an einen Sockel mit Stierprotomen zu denken ist.
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Abb. 5
Abb. 6
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Die Existenz einer Siedlung auf dem Gerçin Höyük legt eigentlich schon die Beobachtung Koldeweys einer Stadtmauer am Fuß des Hügels nahe, wenngleich noch offenbleibt, aus welcher Zeit diese Mauer datiert. Auch deutet er im Situationsplan von 1890 antike Gebäudereste oben auf der Kuppe an. Konkrete Hinweise auf Bauwerke auf der Nordkuppe und im noch deutlicheren Maße auf eine massive Bebauung der Südkuppe in Gerçin geben die dort von den Mitarbeiter* innen der laufenden Ausgrabungen in Zincirli und dem Autor rezent beobachteten Raubgrabungen (Abb. 5–6). Die baulichen Strukturen, Reste von Stein- und Lehmziegelarchitektur und übereinanderliegenden Bodenniveaus, welche in den Profilen der Gruben und Schächte der Raubgräber zum Vorschein treten, sowie die Keramikscherben, welche in den Erdhaufen und in den Schnitten zurückgelassen wurden, zeigen deutlich, dass der Ort spätestens ab dem Ende des dritten Jahrtausends v. Chr. bis in die erste Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. besiedelt gewesen ist. Was die frühe Eisenzeit angeht, also die Phase des Königtums von Samʾal bzw. Stadtstaates Bīt Gabbāri, gibt die Inschrift auf der Hadad-Statue erstaunlich genaue Angaben über seine damalige Bedeutung. Bei dem Stifter der Hadad-Statue handelt es sich um Panamuwa I., der von ca. 790–750 v. Chr. als König von Samʾal-YʾDY regierte. Die 34-zeilige Inschrift auf dem Unterkörper der Statue ist im lokalen nordwestsemitischen Dialekt von Samʾal geschrieben.10 Die folgenden, hier aus der Übersetzung von Josef Tropper wiedergegebenen Passagen enthalten deutliche Hinweise (siehe Unterstreichungen im Zitat) auf den Aufstellungsort der Statue: (H:1) Ich bin Panamuwa, der Sohn des QRL, des Königs von YʾDY, der ich diese Statue dem Gott Hadad errichtet habe an meiner ewigen (Grab) Stätte. (H:14–15) Und (zwar) [ri]chtete ich diese Hadad-Statue auf und die Nekropole des Panamuwa, des Sohnes des QRL, des Königs von YʾDY, nebst der Statue (in) der Grabkam[mer](?). (H: 15–16) Und wer auch immer von meinen Söhnen das [Zep]ter ergreift und sich auf meinen Thron setzt und (seine) Machtposition festigt und dieser Hadad(statue) opfert … und (ob er) den Namen des Hadad anruft … (H: 17–18) dann soll er sprechen: „[Die Se]ele11 des Panamuwa [soll] zusammen mit dir [essen], und die Seele des Panamuwa soll mit dir tri[nken]. Immerfort soll er die Seele des Panamuwa zusammen mit [Had]ad anrufen. … (H: 19–20) [I]c[h, Pa]namu[wa (?) gelobte(??)] einen Te[mpel für die Göt]ter dieser Stadt. Und ich baute ihn und ich ließ darin die Götter wohnen. Und in meiner Regierung(szeit) teilte ich [den Göttern] einen Ruheplatz zu, [und (?)] sie gaben mir (dafür) Nachkommen als Geschenk(?)…12
10 Zur strittigen Frage, inwieweit dieser Dialekt als Aramäisch anzusehen ist, siehe Noorlander, 2012. 11 nbš / der ‚Totengeist‘. 12 Nach Tropper, 1993: 60–97.154–157.
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Offensichtlich war demnach die Statue des Wettergottes Teil einer königlichen Nekropole, die sich spätestens seit den Tagen Panamuwas I., womöglich aber bereits früher, auf dem höchsten Punkt des Gerçin Höyük befand. Gemäß den Aufforderungen Panamuwas sollte es an dieser Kultstätte zu regelmäßigen Opfern an den verstorbenen Herrscher und den Wettergott kommen13, also zu einer liturgischen Vermengung des Totenkults mit dem Götterkult, worauf Herbert Niehr bereits ausführlich eingegangen ist.14 Konzeptionell besteht dabei eine auffallende Ähnlichkeit zu der für den sog. Kultraum in der Unterstadt von Tell Halaf zu rekonstruierenden Praxis, da auch dort nach Aussage der Befunde und Funde, d. h. der Statue des Wettergottes und der Doppelstatue eines königlichen(?) Paares sowie weiterer, kleinerer Ahnenfiguren, Opfer an eine Gottheit und Mitglieder der Königsfamilie oder der Oberschicht von Guzana dargebracht wurden.15 Es wäre folglich zu erwarten, dass auch in Gerçin neben der Statue für den Wettergott ein Bildnis Panamuwas existierte, damit vor diesem die Opfer dargebracht werden konnten und genau darauf weist die Inschrift auf der Hadad-Statue auch hin (H: 14–15): w[h]qmt. nṣb. hdd. zn. wmqm. pnmw. br. qrl. mlk. yʾdy. ʿm. nṣb. ḥd[r.]
Und (zwar) [ri]chtete ich diese HadadStatue auf und die Nekropole des Panamuwa, des Sohnes des QRL des Königs von YʾDY, nebst der Statue (in) der Grabkam[mer] (?).
Die Übersetzung von ḥd[r] mit Grabkammer muss ein Vorschlag bleiben, weil das Wort nicht vollständig erhalten ist. Dennoch gibt die Textpassage deutlich zu verstehen, dass es ein zweites Bildnis (nṣb) nahe dem des Wettergottes und unmittelbar im Kontext des Bestattungsortes gab.16 Es liegt nahe, darin das Bildnis, wohl eine Statue, Panamuwas zu sehen. Eine solche Statue muss nicht erst postum errichtet worden sein, denn wie die Inschrift auf der Totengedenkstele des Katumuwa aus der Unterstadt von Samʾal deutlich belegt, konnten die Monumente für den Toten- bzw. Ahnenkult und andere damit zusammenhängenden Vorkehrungen schon zu Lebzeiten getroffen werden:
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Auf die nach wie vor strittige Frage, ob das Wort nbš mit ‚Seele‘ zu übersetzen ist, muss an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Die Diskussion hierüber wurde nach 2005 durch den Fund der Katumuwa-Stele in der Unterstadt von Zincirli neu entfacht. Auch in der Inschrift dieser Stele wird die nbš des Verstorbenen erwähnt und in einen Bezug zu Opfern an ihn gesetzt. Während Dennis Pardee in der Erstedition der Inschrift die Übersetzung mit ‚soul‘ vorschlägt (Pardee, 2009: 62–63), hält David Hawkins dagegen, dass der Verfasser der Inschrift mit nbš eher die Übersetzung des luwischen Konzepts von atriangestrebt hatte und dass damit sinngemäß nicht die Seele des Verstorbenen, sondern sein Bild auf der Stele gemeint sei (Hawkins 2015: 54–55). 14 Niehr, 1994: 63–65; 2006: 116–118. 15 Siehe dazu Bonatz, 2000: 152; Niehr, 2006: 129–132; Struble/Herrmann, 2009: 36–39. 16 Vgl. Niehr, 2006: 117.
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„I am KTMW, servant of Panamuwa, who commissioned for myself (this) stele while still living. I placed it in my eternal chamber(?) and established a feast at this chamber (?): …“17 In ähnlicher Weise dürfte Panamuwa I. während seiner Regierungszeit Statuen von sich und dem Wettergott angefertigt und mit diesen ein dauerhaftes Opfer an seiner zukünftigen Begräbnisstätte festgesetzt haben.18 Ausgrabungen auf dem Plateau der nördlichen Kuppe von Gerçin könnten genauere Auskunft über die Art dieser Begräbnisstätte geben. Die Übersetzung der Inschrift ist an diesem Punkt ziemlich wage, weshalb es wichtig wäre, zu klären, ob sich Schachtgräber für Brand bzw. Urnenbestattungen finden, wie dies bei den über Schachtgräbern errichteten Statuen zweier Frauen auf der Zitadelle von Tell Halaf der Fall ist.19 Gab es in Gerçin zudem auch Kammern, die ausreichend Platz für die Errichtung monumentaler Statuen boten? Dennis Pardee kommt bei seiner Übersetzung der Katumuwa-Inschrift nur deshalb zu dem Vorschlag, in Zeile 2 bsyr/d mit ‚Kammer‘ zu übersetzen, weil er den konkreten archäologischen Befund vor Augen hat.20 Der Raum, in dem die Katumuwa-Stele in situ gefunden wurde, war Teil eines größeren Gebäudes in der Unterstadt von Zincirli.21 Genauso wie im sog. Kultraum in Tell Halaf fanden sich darin keine Reste einer Bestattung, weshalb die „ewige Kammer“ Katumuwas eher im Sinne einer Kapelle für den Totenkult zu verstehen ist. Das Bild des oder der Toten war demnach nicht zwingend an seine oder ihre Grabstätte gebunden. Nur archäologische Untersuchungen in Gerçin können hier zu weiteren Erkenntnissen führen, wobei es dabei vor allem auch darum geht, zu verstehen, was es mit der in der Inschrift auf der HadadStatue genannten ‚Nekropole‘ (wmqm) auf sich hat. Gibt es ganz oben auf dem Gerçin Höyük Bestattungen aus der Zeit vor Panamuwa I., lassen sich diese den früheren Mitgliedern der Königsfamilie in Samʾal zuweisen oder erfolgte erst mit ihm die Gründung einer königlichen Nekropole und Ahnengedenkstätte? In diesem Zusammenhang sei nun endlich auf die drei Fragmente von anderen Statuen eingegangen, die während der eiligen Bergungsaktion im Februar 1890 am Gerçin Höyük gefunden wurden, über die aber nach seinen 1893 publizierten Bericht niemals mehr ausführlich geschrieben und nachgedacht wurde. Für alle drei Statuenfragmente fehlen in der Publikation genaue Maßangaben, nur die Angabe in Bildunterschriften, dass sie in der zeichnerischen Reproduktion auf ungefähr ∕ bzw. ∕ der originalen Größe reduziert wurden, erlaubt die ungefähre Vorstellung, dass es sich bei zwei Statuen (Abb. 7) um leicht überlebensgroße Bildwerke und bei der dritten Statue (Abb. 8) um ein annähernd lebensgroßes Bildwerk gehandelt haben muss. Als ihr Material ist Dolerit (dunkelgrauer Basalt) angegeben und als Aufbewahrungsort zum Zeitpunkt der Publikation das Kaiserliche Antikenmuseum zu Konstantinopel. Anfragen des Autors an das heutige Ar17
Z. 1–2 der Katumuwa-Inschrift, nach Pardee, 2009: 53–54. Genauso, wie dies später auch Katumuwa tut, der die Opfer an ihn mit den Opfern an vier Götter des Pantheons von Samʾal verbindet, darunter auch wieder der oberste Wettergott; siehe Struble/Herrmann, 2009: 38. 19 Bonatz, 2000: 154–155; Niehr, 2006: 123–127. 20 Pardee, 2009: 60. 21 Struble/Herrmann, 2009: 33–36. 18
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chäologische Museum in Istanbul sind bislang ergebnislos gewesen, dennoch lohnt sich die Suche nach dem Verbleib der Originale. Bis dahin stehen nur die in der Publikation von 1893 veröffentlichen Umzeichnungen zur Verfügung.
Abb. 7
Abb. 8
Demnach handelt es sich bei dem am besten erhaltenen Stück (Abb. 7 rechts) um die Statue eines aufrechtstehenden Manns mit vor dem Bauch verschränkten Armen. Der Kopf und die Füße sowie die Hände sind weggebrochen. Bei dem zweiten Fragment (Abb. 7 links) ist nur noch der lange Bart über einem V-förmigen Gewandausschnitt gut sichtbar. Die vor der Brust verschränkten Arme sind lediglich im Ansatz erkennbar. Mehr als dieser Ausschnitt des Oberkörpers mit einem kleinen Rest des Kopfes ist allerdings nicht erhalten. Schließlich gehört zu dem Ensemble noch eine bemerkenswerte Doppelfigur (Abb. 8), bei der die beiden dicht zusammengerückten Personen ebenso die Arme vor der Brust verschränkt halten. Der Kopf und die Füße fehlen bei beiden. Es ist aufgrund der Umzeichnung schwer zu entscheiden, ob die Doppelfigur als Stand-
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oder Sitzbildnis konzipiert war. Allerdings scheint bei der linken Figur eine Schoßwölbung angedeutet zu sein und reicht der kurze Unterkörper bis an den Sockelrand heran, was eher auf ein Sitzbildnis schließen lässt. Von Luschan gibt an, dass diese Statuenbruchstücke nahe der Stelle der Hadad-Statue gefunden wurden22, womit wohl die Fundstelle am Fuß des Hügels gemeint ist. Man gelangt damit zur berechtigten Annahme, dass auch die drei anderen Statuen einst oben auf dem Plateau der nördlichen Kuppe standen und genauso wie das Oberteil der Hadad-Statue irgendwann von dort in den Sumpf am Rand des Hügels gelangten. Das somit in seiner ungefähren Lage zu erschließende Statuenensemble fügt sich gut in das Bild einer mit der Aufstellung der HadadStatue kombinierten dynastischen Ahnenverehrung.23 Womöglich lässt sich das Standbild (Abb. 7) Panamuwa I. zuweisen, aber es kommen vor allem auch Nachfolger in Frage und auch weibliche Angehörige der Königsfamilie, falls das Doppelbildnis (Abb. 8) Mann und Frau zeigt. Gerne denkt man hierbei zum Vergleich an das Doppelbildnis von Mann und Frau aus dem sog. Kultraum in Tell Halaf24, wie wohl auch generell männlich-weibliche Doppelsitzbildnisse in der syro-hethitischen Sepulkralkunst nicht ungewöhnlich sind.25 Dazu passt auch, die mit den Grabdenkmälern in diesem Raum attestierte Sitte, dass Mann und Frau im Totenkult zusammen verehrt bzw. ihnen Opfer dargebracht wurden.26 Ein weiteres Argument für die nach Pannamuwa I. fortgesetzte Errichtung von Statuen zum Zweck des Totengedenkens liefert der bei der Quelle Tahtalı Pınarı gefundene Torso einer Statue27, die Barrākib für seinen verstorbenen Vater Panamuwa II. errichten ließ. Panamuwa II. verstarb 733/32 v. Chr. bei einem Feldzug gegen Damaskus, an dem er als Vasall des assyrischen Königs Tiglatpileser III. teilgenommen hatte. Die ursprünglich deutlich überlebensgroße Statue gedenkt in ihrer Inschrift dieser und anderer Taten Panamuwas II., ist aber mehr als das als ein Monument zur Verehrung dieses Herrschers anzusehen. Ihr Fundort auf einem neuzeitlichen Friedhof bei der Quelle Tahtalı Pınarı kann, wie schon von Luschan vermerkt28, nicht ihr ursprünglicher Aufstellungsort gewesen sein, sondern es ist sehr wahrscheinlich, dass das Bruchstück in späterer Zeit zur Wiederverwendung als Grabstein dorthin von Gerçin verbracht wurde. Die Ausgestaltung der königlichen ‚Nekropole‘ von Samʾal auf dem Gerçin Höyük mit monumentalen Skulpturen nimmt somit zumindest hypothetisch Gestalt an und selbstverständlich wären auch hier Ausgrabungen wünschenswert, um den Kontext der Skulpturen zu klären und möglicherweise fehlende Bruchstücke oder gar gänzlich neue Bildwerke zu entdecken. Die Inschrift auf der Hadad-Statue ist nun aber nicht nur aussagekräftig in Bezug auf die Nutzung des Gerçin Höyük als königlicher Begräbnisplatz und Stätte 22
Von Luschan, 1893: 48. Vgl. Niehr, 2006: 117. 24 Bonatz, 2000: B 9. Auch in den Maßen kommen sich beide Stücke sehr nahe: die Doppelsitzfigur aus Tell Halaf hat eine Höhe von 0,59 m, was etwa der ursprünglichen Höhe der Doppelsitzfigur aus Gerçin entsprechen dürfte. 25 Bonatz, 2000: B 10, C 29. 26 Bonatz, 2000: C 21–C 28. 27 Bonatz, 2000: A 8; Wartke, 2015: Abb. 62. 28 Von Luschan, 1893: 48. 23
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der dynastischen Ahnenverehrung, sondern sie enthält in der letzten Zeile auch einen konkreten Hinweis auf den an diesem Ort zu vermutenden Tempel für die Götter von Samʾal: „[I]c[h Pa]namu[wa gelobte(??)] einen Te[mpel für die Göt]ter dieser Stadt. Und ich baute ihn und ich ließ darin die Götter wohnen.“ 29 Ein „Tempel für die Götter dieser Stadt“ bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich dieser Tempel im Stadtgebiet von Samʾal befunden haben muss, sondern beinhaltet zunächst lediglich die Aussage, dass es sich um die Götter von Samʾal handelt. Gegen die Lokalisierung des Tempels im Stadtgebiet von Samʾal spricht zudem der Ausgrabungsbefund in Zincirli. Auf der Burg lässt sich keiner der repräsentativen Bauten als Tempel identifizieren und auch die königlichen Inschriften sprechen nur von Palästen und nicht von Tempeln, die sich Herrscher wie Panamuwa II. und Barrākib in Samʾal erbauen ließen.30 Das einzige für Zincirli bekannte Heiligtum wurde erst kürzlich durch die Ausgrabungen des Oriental Instituts der University of Chicago und der Eberhard Karls Universität Tübingen in einem Bereich (Area 7) außerhalb der Stadtmauer und nahe dem Südtor freigelegt.31 Die moderaten Maße des rechteckigen Gebäudes, das in die Eisenzeit II-III datiert und mit ähnlichen Breitraumtempeln in Alalach und Karkamisch verglichen wird sowie die Lage am Eingang zur Stadt lassen darin keinen Haupttempel erkennen. Das zentrale Heiligtum des Stadtstaates scheint sich daher nicht in Samʾal selbst, sondern in Gerçin befunden zu haben. Für die Lokalisierung des in der Inschrift Panamuwas I. genannten Tempels für die Götter von Samʾal bieten sich sowohl die nördliche als auch die südliche Kuppe von Gerçin an. In beiden Bereichen weisen die Spuren der erwähnten Raubgrabungen auf tief in den Boden reichendes Mauerwerk, gemischt aus Bruchsteinen, größeren Quadern aus Basalt und teils im Verbund erkennbares Lehmziegelmauerwerk (Abb. 5 und 6). Die offenen Gruben und Schächte auf der südlichen Kuppe lassen dabei besonders massiv gesetztes und von Böden getrenntes, also mehrphasiges Mauerwerk erkennen. Es ist folglich sehr gut möglich, dass sich in diesem Bereich ein größerer Tempelbau befunden haben könnte und dass dagegen die Gebäudestrukturen auf der hohen und abgeflachten Nordkuppe eher mit dem dort praktizierten Totenkult in Verbindung standen, was aber nicht ausschließt, dass auch dort ein mit der Hadad-Statue in Verbindung stehender Kultbau existierte. Umgekehrt würde die Annahme eines größeren Tempels an diesem Platz Freiraum für die Interpretation der Funktion und Bedeutung der Gebäude auf der weitläufigen Südkuppe eröffnen. Unter Umständen könnte sich hier ein weiterer Palast der Königsfamilie befunden haben oder Quartiere der Beamtenund Priesterschaft. Eher beiläufig zählt James Osborne in seinem Buch über die syro-anatolischen Stadtstaaten Gerçin zu den für diese Zeit typischen Festungsanlagen.32 Auch wenn er dafür an dieser Stelle keine nähere Begründung liefert, liegt der Gedanke an eine Festung angesichts der Topographie und der Stadtmauer 29
H:19 nach Tropper, 1993, 79.157. Tropper, 1993: 115, P:9, 138–139, B1:17–20. 31 https://zincirli.uchicago.edu/current-excavations/, zuletzt aufgerufen am 16.08.2021. 32 Osborne, 2021:20. 30
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am Fuß der beiden Felskuppen nicht fern. Dass ein bedeutendes Heiligtum zugleich und auch schon zuvor die Funktion einer Festung erfüllte, ist prinzipiell nicht auszuschließen. Ein bedeutender Zufallsfund unterstreicht schließlich, dass die Gebäude auf der südlichen Kuppe oder zumindest eines davon einen monumentalen und repräsentativen Charakter hatten. Bei den Raubgrabungen muss das Fragment einer größeren Basaltskulptur zutage gefördert und dann auf irgendwelchen Wegen an den Fuß der Südkuppe gelangt sein, wo es achtlos liegenblieb, bevor es 2011 von Mitarbeiter*innen der Ausgrabung in Zincirli entdeckt und an die örtliche Polizei übergeben wurde.33 Bei genauerer Betrachtung lässt sich dieses Fragment eindeutig einer Sphinx zuweisen und zwar derart, wie sie von den Sphingenbasen aus den Eingängen zum Hilani II und III in Zincirli und zum Palast in Sakçagözü bekannt ist. Das Fragment aus Gerçin lässt über der gefederten Brust- und Schulterpartie des Sphinxkörpers noch gut die Enden der beiden dicken Wulstlocken erkennen, welche bei den zwei Sphingen an der Basis in Sakçagözü charakteristisches Merkmal der Haartracht dieser Mischwesen sind34, aber auch mit den Spirallocken der Sphingen in Zincirli vergleichbar sind.35 Die Zuweisung des Fragments an eine sehr ähnliche einzelne oder doppelte Sphingenbasis für eine Säule ist damit sehr wahrscheinlich. Neben dieser funktionalen Rekonstruktion kann auch eine zeitliche Einordnung in die Phase des Hilani III bzw. der Stilgruppe Sph. IIIb36, also das späte 8. Jahrhundert v. Chr. erfolgen. Wenn nun die Säulenbasen mit einzelner oder doppelter Sphinx in Samʾal selbst an den Eingängen zu den Palastbauten standen, könnte die fast identische Basis aus Gerçin entweder ebenso das Eingangsportal eines Palastes oder, gemäß der geäußerten Annahme, eines Tempels auf der Südkuppe geschmückt haben. Wie auch immer die Rekonstruktion der Säulenbasis in ihrem ursprünglichen Kontext aussähe, das Fragment allein spricht für eine monumental-repräsentative Ausgestaltung der Anlage auf der Südkuppe von Gerçin, zumindest was die Spätphase der Königsdynastie in Samʾal angeht. In diesem Zusammenhang ist es aber auch wichtig zu überlegen, wie viel Wahrheitsgehalt man dem autobiographischen Selbstzeugnis Panamuwas I. in der Inschrift auf der Hadad-Statue zukommen lassen möchte. Ob er den Tempel, denen er den Göttern gelobt hatte, tatsächlich auch von Grund auf neu gebaut oder vielmehr einen existierenden Vorgängerbau um- bzw. ausgebaut hat, sei zumindest in Frage gestellt. Der für die Lokalisierung dieses Heiligtums postulierte Gerçin Höyük präsentiert sich in allem, was seine physische Gestalt und Lage in der Ebene des Kara Su betrifft, als ein sakraler Ort. Die Tradition eines Kultplatzes, vielleicht zunächst auch in der Art eines Naturheiligtums, ist hier im besonderen Maße anzunehmen. Wiederum böten diesbezüglich Ausgrabungen die einzige Möglichkeit, weiter zurück in die Vergangenheit zu gelangen, die Siedlungsentwicklung am Gerçin 33
Auf eine Abbildung des Fundstückes muss an dieser Stelle aus bildrechtlichen Gründen und ohne Sondergenehmigung des Türkischen Kulturministeriums verzichtet werden. Es wird im Museum von Gaziantep aufbewahrt, wohin es im August 2011 von der Polizei übergeben wurde. 34 Orthmann, 1971: Sakçagözü A/8, Taf. 50,b. 35 Orthmann, 1971: Zincirli F/2, Abb. 63,e, Zincirli H/1, Taf. 64,d. 36 Nach Orthmann, 1971: Sakçagözü A/8, Zincirli H1 und H2.
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Höyük im Allgemeinen zu verfolgen und insbesondre die Entwicklung als Sakralort bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihn die schriftlich bezeugte Bauprogrammatik Panamuwas I und seiner Nachfolger Panamuwa II. und Barrākib allem Anschein nach zum Staatsheiligtum erhoben hat. Was die regionale Siedlungsentwicklung im Gebiet von Samʾal im Allgemeinen betrifft, so belegen die jüngsten Ergebnisse der Forschungen in Zincirli, dass das Hilani I nicht der früheste eisenzeitliche Palast auf der Burg von Samʾal gewesen ist, sondern in die Mittlere Bronzezeit II datiert und damals einen Tempel in Form der gängigen Breitraumtempel darstellte, welcher gegen die Mitte oder das Ende des 17. Jahrhunderts v. Chr. zerstört wurde.37 Es ist nicht auszuschließen oder mehr noch wahrscheinlich, dass auch auf dem Gerçin Höyük in dieser Zeit Siedlungsaktivitäten stattfanden. Wie bemerkt, deutet die an der Oberfläche liegende Keramik darauf hin. Während aber für Zincirli nach wie vor ein Siedlungshiatus während der Späten Bronzezeit und bis an das Ende der Eisenzeit I anzunehmen ist, müsste am Gerçin Höyük genau überprüft werden, welche Entwicklung der Ort in diesem Zeitraum durchmachte. Es gäbe folglich viel zu tun in Gerçin und ich würde diesen Beitrag daher gerne mit den Worten schließen: „Packen wir es an!“ Bürokratische Hürden und politische Verwirrungen standen dem jedoch, trotz auseichender Finanzierung, in den letzten Jahren entgegen.38 Mit anderen Worten: der Weg bis zur Erteilung einer Grabungslizenz für Gerçin ist anscheinend genauso steil und felsig, wie der Hügel selbst. Wie aber schon Felix von Luschan und seine Begleiter erfahren durften: die Dinge wandeln sich manchmal unerwartet zum Guten. Hoffen wir daher, dass es irgendwann auch in Gerçin zu einer für die Archäologie glücklichen Rückkehr kommen wird.
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Herrmann/Schloen, 2021. Ich möchte an dieser Stelle herzlich Marina Pucci und Nina Peek danken, die mir über die Jahre bei den letztendlich vergeblichen Vorbereitungen auf ein Ausgrabungsprojekt in Gerçin zur Seite standen, und insbesondere Marina Pucci für die Bereitstellung der Dokumentationen über den aktuellen Zustand des Orts. 38
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NOORLANDER, P., 2012: „Samʾalian and its Northwest Semitic Setting, A Historical-Comparative Approach.“ Orient 81, 202–238. ORTHMANN, W. ,1971: Untersuchungen zur späthethitischen Kunst. Bonn. OSBORNE, J. F., 2021: The Syro-Anatolian City-States. Oxford. PARDEE, D., 2009: „A New Aramaic Inscription from Zincirli.“ BASOR 356, 51–71. STRUBLE E.J./HERRMANN V.R., 2009: „An Eternal Feast at Samʾal: The New Iron Age Mortuary Stele from Zincirli in Context.“ BASOR 356, 15–49. TROPPER J., 1993: Die Inschriften von Zincirli. Neue Edition und vergleichende Grammatik des phönizischen, samʾalischen und aramäischen Textkorpus. ALASP 6. Münster. WARTKE, R.-B., 2005: Samʾal. Ein aramäischer Stadtstaat des 10. bis 8. Jhs. v. Chr. und die Geschichte seiner Erforschung. Mainz.
Abbildungen Abb. 1: Blick von Nordosten auf Gerçin mit den Bergen des Amanus im Hintergrund (Foto: D. Bonatz, 2016). Abb. 2: Blick über die südliche auf die nördliche Kuppe von Gerçin (Foto: D. Bonatz, 2012). Abb. 3: Schematischer Plan von Gerçin mit Höhenlinien nach dem Situationsplan von R. Koldewey (erstellt von Nina Peek, 2014). Abb. 4: Schematische 3D-Ansicht von Gerçin (erstellt von Nina Peek, 2014). Abb. 5: Raubgrabung auf der südlichen Kuppe von Gerçin, beobachtet im September 2016 (Foto: D. Bonatz). Abb. 6: Teilweise zugeschüttete Grube einer Raubgrabung auf der südlichen Kuppe von Gerçin, beobachtet im September 2016 (Foto: D. Bonatz). Abb. 7: Zwei Statuenfragmente aus Gerçin (von Luschan, 1893: Fig. 13 und 14). Das Statuenteil r. dürfte gemäß der Größenangabe in der Bildunterschrift ca. 1,50 m groß gewesen sein, das Bruchstück der Statue l. ca. 1,30 m. Abb. 8: Torso einer Doppelsitzfigur aus Gerçin (von Luschan, 1893: Fig. 15). Der erhaltene Rest dieser Statue dürfte gemäß der Größenangabe in der Bildunterschrift ca. 0,50 m groß gewesen sein.
« Pour toujours Betochichi ! » Le dieu (de) Baitokaikè et ses multiples appellations Corinne Bonnet1 Toulouse Dans l’arrière-pays montagneux du territoire d’Arados, dominé par les Monts Alaouites, se situe, à Hosn Soleiman (le « château de Salomon »), le grand sanctuaire de Baitokaikè2, probablement fréquenté par la population de toute cette région. Construit à 1000 m d’altitude, au cœur de la montagne, dans un vaste cirque naturel, il n’a pas fait l’objet de fouilles systématiques, en dépit de son état de conservation assez remarquable3. L’espace cultuel était irrigué par une source, située à l’ouest, qui donne naissance au Nahr Ghamqé. La capitale du district, Arados, se situe à 35 km environ. Les vestiges de divers bâtiments traduisent l’importance de ce lieu de culte : au sud, une enceinte monumentale (138 × 82 m) délimite un premier temenos englobant un temple pseudo-périptère tétrastyle prostyle ionique (50 × 14 m), érigé sur un haut podium, doté d’une cella unique et d’un autel monumental (8 m) ; ce bâtiment intègre un petit torrent naturel. Cet espace s’ouvre au nord sur des propylées composés de deux façades hexastyles. Sous le temple, une crypte a été creusée, peut-être en lien avec des pratiques oraculaires et thérapeutiques4. La porte nord du bâtiment est ornée d’un aigle ; on relève aussi les traces d’un lion, symboles, l’un et l’autre, d’un dieu souverain et ouranien, du type Zeus ou Baal. Au nord, se dresse un ensemble architectural moins monumental (60 × 57 m), qui abrite un temple distyle (4 × 8 m). La présence de canalisations suggère d’y voir un édifice thermal. L’articulation entre ces deux espaces cultuels, proches et sans doute complémentaires, reste à éclaircir. D’un point de vue chronologique, les vestiges visibles sur le site se réfèrent au IIe ou IIIe siècle de n. è., mais l’épigraphie indique que le sanctuaire était en usage dès l’époque hellénistique. Sur la face extérieure du mur nord de l’enceinte du grand 1
Cet article s’inscrit dans le cadre du projet ERC Advanced Grant « Mapping Ancient Polytheisms » (https://map-polytheisms.huma-num.fr/), financé par la Conseil Européen de la Recherche (ERC, contrat 741182, 2017–2023). C’est avec grand plaisir que je dédie cette petite étude à Herbert Niehr, en témoignage d’estime et d’amitié. 2 Sur une possible étymologie du toponyme, voir IGLS VII : 54 : Baitokaikè dériverait du sémitique « maison / temple du ricin », une plante cultivée dans la région. 3 Cf. Freyburger, 2004; voir aussi Krencker/Zschietzschmann, 1938 : 65–101 et, plus récemment, Dabbour/Tholbecq, 2009. Sur les sanctuaires de montagne en rapport avec une cité côtière, Briquel-Chatonnet, 2005. Pour une synthèse du dossier, Bonnet, 2015 : 132–149. 4 Cf. infra, p. 147.
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sanctuaire, à l’intérieur d’un cartouche, figure la grande inscription de Baitokaikè (213 × 105 cm)5, surmontée de deux victoires, qui rassemble quatre documents appartenant à des strates historiques différentes : a) 14 lignes d’un rescrit impérial en latin de 258–260, sous Valérien, Gallien et son fils Salonin, qui confirme les privilèges antérieurement accordés au sanctuaire ; b) 18 lignes de grec recelant une lettre du roi Antiochos relative à l’attribution de privilèges au sanctuaire et s’appuyant, dans les attendus de la décision, sur un rapport (non cité) ; c) un décret de « la cité » transmis à Auguste, contenant une série de dispositions concernant le sanctuaire, en particulier l’organisation de foires avec la venue de pèlerins (8 lignes) ; d) enfin, un colophon de 4 lignes résumant la composition du document et ses commanditaires. Il ne nous semble pas utile de revenir ici en détail sur ce long texte, très riche, puisque notre attention, dans ce cadre, porte spécifiquement sur les appellations du dieu dans les différents textes qui le mentionnent. On retiendra donc que, dans les pièces de ce patchwork textuel, le dieu apparaît sous une seule appellation grecque et qu’il n’est pas mentionné dans le texte initial en latin. Le texte B, à savoir le rapport envoyé à Antiochos6 pour éclairer sa décision, portait en effet περὶ τῆς ἐνεργείας θεοῦ Διὸς Βαιτοκαικης, « sur la puissance en action du dieu Zeus (de) Baitokaikè » (l. 1 du texte B, l. 18 de l’ensemble). Deux lignes plus bas, il est question de la δύναμις τοῦ θεοῦ, « la puissance du dieu ». Les deux termes mobilisés pour asseoir les privilèges concédés au dieu et à son sanctuaire sont energeia et dynamis, deux notions proches qui désignent la capacité d’action du dieu, sa force intrinsèque telle qu’elle se manifeste parmi les hommes. Elles sont fréquemment mises en avant, aux époques hellénistique et romaine, dans les acclamations, louanges, arétalogies et autres discours rhétoriques visant à réhausser le prestige d’un dieu et d’un lieu7. Ce vocabulaire est également en usage dans les textes dits magiques, dans la LXX et dans le Nouveau Testament pour évoquer l’efficience divine (ou diabolique) au bénéfice ou à l’encontre des hommes8. C’est donc une puissance expérimentée par les hommes qui est ainsi désignée ; le rapport adressé à Antiochos, qui n’est malheureusement pas retranscrit, en fournissait des preuves. Ce que retient Antiochos de tout cela, c’est que la puissance du dieu trouve sa source, « depuis toujours » (eis apanta ton 5 IGLS VII : n°4028, avec la bibliographie antérieure. Voir ensuite Baroni, 1984 ; ReyCoquais, 1987 ; Feissel, 1993 ; Rigsby, 1996 : 504–511 ; Steinsapir, 1999: 182–194 ; Dignas, 2002 : 74–84 et 156–167 ; Seibert, 2003 ; Freyburger, 2004 ; Yon/Gatier, 2009 : n° 34, 138–143 ; Bonnet, 2015 : 135–143. 6 L’identification de cet Antiochos est débattue : Rigsby, 1996 : 504–510 ; Capdetrey, 2007 : 212–214, penchent pour une datation dans la deuxième moitié du IIe ou au début du Ier siècle av. n. è. 7 Chaniotis, 2013 ; Belayche, 2013. 8 Pour son utilisation chez Aristote, Platon et Plotin, en rapport avec le concept de transcendance divine, voir Aubry, 2006. Dans les inscriptions de Stratonicée de Carie (I. Stratonikeia), les deux termes sont utilisés en lien avec le « miracle » du Zeus de Panamaros (10, 3 et 34 ; 248, 15 ; 266, 16 et 1101, 5–6).
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chronon : l. 19), dans la kômè de Baitokaikè, qu’il concède donc au dieu. Le lien intime entre le dieu et la terre où il s’est implanté est reflété par son nom « officiel » : « dieu Zeus (de) Baitokaikè ». Le toponyme fait pleinement partie de sa titulature, ou séquence onomastique, le recours à l’élément Zeus servant à souligner sa souveraineté divine. À ce stade de l’enquête, sans avoir examiné les dédicaces du sanctuaire, on peut se demander si l’on a affaire à un « dieu Zeus de Baitokaikè » ou à un « dieu Zeus Baitokaikè », la seconde option impliquant que le toponyme est aussi un théonyme. Quoi qu’il en soit, cette section de la grande inscription entérine l’idée que l’ancienneté de l’enracinement territorial du dieu fonde à la fois sa puissance et sa légitimé de possesseur des lieux. Baitokaikè lui appartient en propre et ne peut être aliéné9. Désormais, et c’est ce qui sera confirmé au IIIe siècle de n. è., le bourg et les terres appartiennent au dieu, avec tous les revenus afférents que le prêtre gère, lui qui est, selon le texte, « désigné par le dieu » (ὑπὸ τοῦ καθεσταμένου ὑπὸ τοῦ θεοῦ ἱερέως), selon l’usage. Tout écart par rapport à ses dispositions relève du registre de l’asebeia (l. 29). Le colophon (texte D) scelle le montage textuel à valeur juridique et identifie ceux qui en ont eu l’initiative : « les possédés de Zeus Saint Céleste ont mis à la première place le divin rescrit, vénéré de tous, de la piété des Augustes envers le dieu et de leur libéralité envers le lieu. » (Οἱ κάτοχοι ἁγίου οὐρανίου Διὸς τῆς ὑπὸ τῶν Σεβαστῶν εἴς τε τὸν θεὸν εὐσεβείας καὶ τὸν τόπον ἐλευθερε[ί]ας τὴν θείαν ἀντιγραφὴν ὑπὸ πάντων προσκυνουμένην προέταξαν). Les katochoi constituent, selon toute vraisemblance, un collège de prêtres, gestionnaires du domaine sacré, qui ont fait graver ce long texte sur le péribole du sanctuaire pour le valoriser10. Or, la manière dont ils désignent le dieu diffère de celle utilisée précédemment : le « dieu Zeus (de) Baitokaikè » est devenu le « saint céleste Zeus », Zeus étant le seul élément onomastique commun. Que Zeus soit qualifié de céleste n’a rien d’insolite ; de même l’épithète hagios, placée ici en première position comme une sorte de titre, est fréquente, notamment dans les inscriptions grecques du ProcheOrient, nous y reviendrons. On note cependant d’emblée combien la désignation du dieu est sensible au contexte d’énonciation. Là où, dans la lettre d’Antiochos, de la part de sa chancellerie, il s’agissait de justifier la concession d’un village et de terres, donc de souligner le lien intime entre le dieu et le lieu, l’élément toponymique Baitokaikè est stratégique dans la séquence onomastique divine. Différemment, lorsque les gens du cru s’expriment afin de mettre l’emphase sur la puissance du dieu et la justesse des décisions prises, les qualificatifs de « saint » et de « céleste » dessinent les contours d’une puissance divine supérieure, présente sur place certes, mais dépassant largement son ancrage topique. Il va s’agir à présent de poursuivre notre enquête en exploitant le petit groupe de dédicaces retrouvées à Baitokaikè, qui donnent accès aux pratiques onomastiques en contexte cultuel, donc à l’agentivité de celles et ceux qui sollicitaient la dynamis et l’energeia du dieu local. Le texte C, à savoir un décret transmis à Auguste par une cité non identifiée, qui fait mention de foires et de pèlerins (proskunètai), montre bien le rayonnement du sanctuaire qui, en certaines 9
La lettre d’Antiochos rétablit en effet une souveraineté interrompue par la prise de possession d’un certain Démétrios de la satrapie d’Apamée. 10 Sur cette institution, cf. le classique Delekat, 1964.
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occasions, devait attirer des foules de visiteurs susceptibles de laisser une trace durable de leur passage. La variété des séquences onomastiques contenues dans ces documents permet d’éclairer la manière dont le dieu de Baitokaikè était conçu, représenté et mobilisé. Treize inscriptions (IGLS VII, 4029–4041) proviennent du sanctuaire : dix, peut-être onze d’entre elles mentionnent le destinataire divin des offrandes. 4029 : [- - - - - -] Βαιτοχιχι 4031 : θεῷ Βαιτοχειχει 4032 : θε[ῷ μεγ]ά̣λ̣ῳ̣ [Βαιτο]κ̣[αικη(?)] 4033 : θεῷ μ[εγίσ]τ̣ῳ Βετοχιχι 4034 : θεῷ [μ]εγίστῳ ἁγίῳ ἐπηκόῳ Βαιτοχειχει 4035 : θεῷ Βετοχιχι εἰς ἐῶνα Βετοχιχι 4037 : θεῷ ἁγίῳ Βετοχειχει 4038 : [θεῷ] ἁγίῳ [ἐπη]κόῳ Βα[ιτοχιχι] 4039 : [Ὑ]ψ[ίστῳ] (?) 4041 : θεῷ μεγίστῳ κεραυνίῳ Βηχιχι Avant d’analyser ces données plus en détails, une première constatation s’impose : le nom de Zeus a disparu, alors que l’élément toponymique, Baitokaikè, avec ses diverses variantes reflétant la langue parlée, est systématiquement présent. Intéressons-nous donc à qui sont les agents de ces dédicaces, à ce qu’ils destinent à leur interlocuteur divin et ce qu’ils lui demandent. Les coordonnées spatiotemporelles de ces textes doivent aussi être prises en compte pour évaluer la portée des pratiques onomastiques. L’inscription 4029 est gravée sur le bandeau supérieur du chambranle de la porte principale de la face nord de l’enceinte, à l’extérieur. Les lignes d’écriture étaient longues de plus d’1,50 m – le seul mot Βαιτοχιχι s’étale sur 48 cm et la lacune qui le précède sur 115 cm – car elles sont très mutilées. Au début de la ligne 2, on peut proposer de voir la mention d’un prêtre ou de prêtres, tout comme au début de la ligne 1, le terme Βαιτοχιχι est très vraisemblablement précédé d’éléments onomastiques comme θεῷ, μεγάλῳ ou μεγίστῳ, ἁγίῳ, ἐπηκόῳ, que l’on rencontre dans les autres dédicaces, mais on n’a aucune certitude sur ce point. L’inscription 4030 ne comporte aucune séquence onomastique divine, mais elle est lacunaire. Elle est gravée sous une niche abritant sans doute une statuette, aménagée dans le mur d’enceinte du sanctuaire, face nord, à droite de la porte11. La lettre K, au début de la ligne 1, devrait être l’initiale du nom du dédicant, lequel dit avoir offert « à la suite d’un vœu » ([eux]amenos). L’inscription 4031 est gravée au niveau de la porte orientale du mur d’enceinte, toujours à l’extérieur. On aura compris que ces témoignages de dévotion, gravés sur le péribole du sanctuaire, un peu comme à Épidaure pour les récits de guérison « miraculeuses » (iamata), avaient vocation à rendre publiques les interactions réussies entre le propriétaire du lieu et ses visiteurs. Dans ce cas, ce sont les katochoi qui commémorent l’érection, sur leurs fonds propres (ek tôn idiôn), en l’en 482, de la structure portant l’inscription, à savoir la porte. Dans l’ère d’Arados, l’an 482 correspond à 223/4 de n. è. Il ne s’agit pas, il me semble, pour 11
Une niche semblable est signalée à gauche de la porte.
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ces gestionnaires du sanctuaire de financer sur leurs deniers personnels, mais d’utiliser les revenus propres du sanctuaire qui ont été confiés au prêtre désigné par le dieu et, sans doute par extension, au collège des katochoi, comme en témoigne la grande inscription (4028, l. 21–23). Dans ce texte, émanant des autorités locales, le dieu est simplement nommé θεῷ Βαιτοχειχει, « le dieu (de) Baitokaikè ». L’alternance entre ei et i, tout comme entre k et ch, dans le rendu du toponyme, qui est aussi en quelque sorte le théonyme – la puissance du dieu, nous l’avons vu, est consubstantielle au territoire – reflète la prononciation orale du nom12, dont l’origine sémitique semble peu douteuse. Bait- renvoie au substantif bt en phénicien et hébreu, byt en araméen, signifiant « maison, temple » ; même si l’on ignore l’origine exacte de la seconde partie du nom13, l’alternance entre une gutturale sourde ou aspirée (k/ch) pourrait faire écho au caractère non grec de cet élément. On notera encore que, dans la grande inscription (4028), les katochoi se désignent comme κάτοχοι ἁγίου οὐρανίου Διὸς, « du saint céleste Zeus », une titulature qu’ils ne reprennent pas dans l’inscription 4031. De même, dans la lettre d’Antiochos, le dieu est nommé θεοῦ Διὸς Βαιτοκαικης, « dieu Zeus (de) Baitokaikè ». Les mêmes agents rappellent, dans l’inscription 4033, gravée sur un grand bloc mouluré appartenant aux bandeaux supérieur et moyen de la porte méridionale de l’enceinte, toujours à l’extérieur, qu’ils ont réalisé cette porte, sur leurs fonds propres, en l’an 516, qui correspond à 257/8 de n. è., soit 34 ans plus tard que la porte orientale. Or, cette fois, le dieu bénéficiaire des travaux est appelé θεῷ μ[εγίσ]τ̣ῳ Βετοχιχι, « le dieu très grand (de) Baitokaikè ». La qualification de « très grand » apparaît dans deux autres offrandes au dieu. On notera que les deux lignes du texte sont interrompues au milieu par la gravure d’un mufle de lion, que l’on peut sans doute interpréter comme un symbole de la souveraineté exercée par le dieu. L’appellation « Zeus », présente uniquement dans l’inscription 4028, n’est rien d’autre qu’une expression onomastique de cette prérogative, dans un document qui tourne précisément autour de la question de la possession, de la tutelle, bref de la souveraineté du dieu sur le territoire. L’inscription 4032, qui figure sur la porte occidentale du mur d’enceinte, à l’extérieur, avait été gravée au moyen de lettres métalliques insérées dans des encoches au moyen de tenons ; les lettres ayant disparu, on lit, ou devine le texte sur la base des tenons et des trous. La lecture θε[ῷ μεγ]ά̣λ̣ῳ̣ [Βαιτο]κ̣[αικη(?)] est donc très incertaine ; si la qualification de « dieu » semble usuelle, donc acquise, celle de megas, « grand », serait un unicum, tandis que megistos, comme le note IGLS VII (p. 68), revient à trois reprises, de sorte qu’elle est sans doute plus crédible. La nuance sémantique est de toute manière minime. Le texte n’apporte aucune information sur les agents, la date, les motivations, mais, à la lumière du parallèle des autres portes, et étant donné le recours à des lettres métalliques, on
12
Au sanctuaire de Deir el-Qalaa, dans la transcription grecque du nom de Baalmarqod, on observe des variantes semblables : Rey-Coquais, 1999 ; Aliquot, 2009 : 138, note que l’on a affaire à « des variantes qui conservent le souvenir d’une contamination linguistique réciproque des formes grecques et latines ». 13 Cf. supra, p. 135, n. 2.
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peut penser qu’il s’agit d’une inscription en lien avec l’érection ou la réfection de la porte par les autorités locales. L’inscription 4034 relève d’une logique différente puisqu’elle figure sur trois blocs jointifs d’un autel monumental retrouvé à l’intérieur du péribole, sur le côté oriental du temple. Le dédicant est « Titus Aurelius Decimus, fils de Titus, natif d’Ulpia Oescus, centurion de [la légion III Gallica], avec ses enfants Decima Marcianè, Titus Decimius Marcianus et Titus Aurelius Decimus ». La ville natale de ce centurion se situe en Mésie inférieure, sur la rive droite du Danube, devenue colonie sous Trajan. Son unité militaire a fait l’objet d’un martelage, mais la restitution proposée s’appuie sur le fait que la III Gallica était stationnée à Raphanée, à quelques heures de marche (15 km environ)14. Le site de Hosn Soleiman est d’ailleurs bien relié au réseau routier qui conduit vers Apamée, Émèse et ArcaCésarée. L’objet de la dédicace est un pavement avec des marches et un autel de bronze, qui a disparu depuis 1933. L’autel était sans doute mis en valeur au sommet de quelques marches, avec le pavement autour, le tout réalisé en l’an 444, soit en 185/6 de n. è. Le destinataire divin est θεῷ [μ]εγίστῳ ἁγίῳ ἐπηκόῳ Βαιτοχειχει, « au dieu très grand saint qui écoute (de) Baitokaikè ». Avec cinq éléments, cette séquence onomastique divine est la plus longue attestée à ce stade dans le sanctuaire. Sa structure paratactique permet néanmoins de proposer que les quatre éléments initiaux juxtaposés qualifient le dieu Baitokaikè, soit selon la formalisation proposée par le projet ERC « Mapping Ancient Polytheisms » (MAP)15 : (theos / megistos / hagios / epèkoos) # Baitokaikè. Si les trois premiers éléments nous sont déjà familiers, epèkoos apparaît ici pour la première fois, mais pas la seule, puisqu’il réapparaît dans l’inscription 4038. La capacité d’écouter, donc d’exaucer les prières, est fréquemment mise en avant dans les dédicaces, notamment au Proche-Orient et en Égypte, où l’épithète epèkoos peut faire écho à des expressions de la phraséologie votive « indigène »16. Ainsi, dans le monde phénicien et punique, est-il usuel de terminer une offrande par l’invitation, adressée au(x) dieu(x), d’écouter la prière du dédicant et de le bénir ; dans le cas d’un ex-voto, le texte rappelle que le(s) dieu(x) ont écouté et béni17. Or, dans les inscriptions bilingues, en phénicien ou punique et grec, l’expression kšmʿ qlʾ brkʾ, « parce qu’il a entendu sa voix, puisse-t-il le bénir », est parfois rendue par epèkoos. Cette prérogative divine est aussi celle des souverains, comme l’a noté E. Stavrianopoulou18, de ceux qui écoutent pour statuer, rendre la justice, voire sauver. Car les dieux epèkooi sont aussi ceux qui prêtent l’oreille en cas de maladie, de danger (en mer par exemple), d’appel au secours. Cette qualification permet donc d’affiner le portrait du dieu (de) Baitokaikè19 : sa grandeur tient notamment à sa capacité à répondre efficacement aux appels de ceux qui le sollicitent. C’est sans doute ce qui lui vaut aussi la qualification de « saint », 14 IGLS VII : 70, rappelle que le nom de cette légion fut martelé sur les monuments à la suite du soulèvement de son légat en 219. 15 Lebreton/Bonnet, 2019. 16 Cf. Galoppin/Lebreton, 2021. 17 Sur ces expressions et leur usage dans le monde phénicien et punique, voir Bonnet/ Minunno/Porzia, 2021. 18 Stavrianopoulou, 2016. 19 Sur les noms comme clé d’accès à un portrait, voir Bonnet et alii, 2019 ; Bonnet, 2021.
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répandue, mais pas forcément appliquée à toutes les entités divines, alors qu’on pourrait penser que la « sainteté » est inhérente au statut divin. « Saint » a une portée quelque peu rhétorique, comme « dieu », ou « très grand », l’effet d’accumulation jouant comme une caisse de résonnance, une louange, une exaltation de la puissance divine concernée. L’inscription 4035 est également gravée sur un autel de petite dimension (25 cm pour le dé). L’objet, bômos, est bien spécifié, mais le nom du dédicant semble faire défaut, même si les dernières lettres de la l. 6 (lilar/lilath?), après la mention de l’autel, restent inexpliquées. La spécificité de cette courte inscription est la formulation doublant la dédicace par une acclamation : θεῷ Βετοχιχι εἰς ἐῶνα Βετοχιχι, « au dieu (de) Baitokaikè pour toujours (à/pour) Baitokaikè ! » (l. 1–5). Comme le note IGLS VII, p. 71, l’acclamation εἰς αἰῶνα, « pour toujours » se situe généralement après la dédicace à proprement parler, qu’elle vient amplifier20. Or, dans le cas présent, il est intéressant de noter que seul l’élément « Baitokaikè » est repris, qui désigne à la fois le dieu et le lieu, source éternelle d’energeia et de dynamis, dont bénéficient les hommes et les femmes qui fréquente le sanctuaire. L’inscription 4036, figurant également sur un autel, mentionne un certain Scribonius qui a fait un vœu, mais le destinataire divin n’est pas mentionné. Dans l’inscription 4037, on retrouve un soldat romain, « Theodoros, fils de Carus, du plus haut rang des cavaliers d’élite » qui a, lui aussi, à la suite d’un vœu (euxamenos), offert le cippe servant d’ex-voto. Comme l’autel de Scribonius, il a été découvert près du grand escalier du temple. Le dieu est appelé θεῷ ἁγίῳ Βετοχειχει, « dieu saint (de) Baitokaikè », une combinaison que nous n’avions pas encore rencontrée. On la retrouve, enrichie d’un élément supplémentaire, dans l’inscription 4038, gravée sur un fragment de corniche, dépourvue de toute mention d’agent : [θεῷ] ἁγίῳ [ἐπη]κόῳ Βα[ιτοχιχι], « au [dieu] saint [qui é]coute Ba[itokaikè] ». En dépit des lacunes, la séquence est claire et rappelle, à un élément près, celle de l’inscription 4034 : θεῷ [μ]εγίστῳ ἁγίῳ ἐπηκόῳ Βαιτοχειχει, dans laquelle le dieu était aussi qualifié de « très grand ». Le caractère laconique des textes nous empêche de comprendre ce qui a motivé l’écoute du dieu : une requête de guérison semble l’hypothèse la plus crédible, étant donné la place de l’eau dans le dispositif cultuel, le sanctuaire intégrant la source du Nahr Ghamqé. L’inscription 4039 est issue du second groupe de vestiges, plus précisément du bandeau d’une porte du second temple décoré d’un aigle éployé. Ici aussi, des lettres métalliques avaient été fixées dans la pierre au moyen de tenons ; l’inscription devait faire trois lignes mais, les lettres ayant entièrement disparu, il est très malaisé de la restituer. IGLS VII (p. 72) rappelle prudemment une « simple conjecture » de René Dussaud : Διὶ θεῷ ὑψίστῳ, et ajoute « nous ne croyons rien pouvoir proposer ». On évitera donc de spéculer sur ce témoignage hautement hypothétique qui constituerait la seule mention de Zeus, en dehors de la grande inscription officielle (4028). Que le dieu (de) Baitokaikè soit nommé Zeus et qualifié de « très haut » n’aurait rien de surprenant en soi, mais cela nécessiterait une attestation mieux établie.
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Voir, par exemple, IG VII : n°2713 ; I.Kibyra : n°44A-E.
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L’inscription 4040 est un fragment de dédicace gravée sur un bloc prismatique de calcaire d’1,20 m, découvert dans le ruisseau. Les 8 lettres lisibles ne font pas sens. Enfin, l’inscription 4041 présente la particularité d’avoir été soigneusement incisée sur une tablette de bronze de 12 cm sur 9, échancrée aux angles et munie d’une bélière, découverte dans le temple du dieu21. Celui-ci est désigné par une séquence onomastique comportant un élément original : θεῷ μεγίστῳ κεραυνίῳ Βηχιχι, « au dieu très grand foudroyant (de) Baitokaikè ». Après sa mention, figure un passage (l. 3–5) dont l’interprétation est difficile : τὸ καμηλιλ τὴν κοτοχὴν τοῦ Βηχιχι. La katochè (ici kotochè) du Baitokaikè (ici Bèchichi), c’est-à-dire du lieu/dieu, renvoie probablement au domaine attaché au sanctuaire, dont les katochoi assurent la gestion. Pourquoi a-t-on ici un accusatif comme s’il s’agissait de l’objet de l’offrande ? Ce n’est pas clair, mais, même si la gravure du texte est formellement soignée, la langue semble bien hésitante. Quant à τὸ καμηλιλ, s’agit-il d’un chameau, ou d’un chamelier, faisant partie du domaine du dieu, ou offert à celui-ci ? Il est malheureusement impossible de répondre. Dans ces conditions, on peut difficilement éclairer le choix insolite de l’élément keraunios, « foudroyant », pour désigner le dieu. Il s’accorde bien avec la qualification de « céleste », ouranios, attribuée au Zeus de Baitokaikè dans le colophon de la grande inscription (4028, l. 40). On a, en d’autres termes, affaire à une sorte de Baal local, maître des éléments atmosphériques, donc céleste, foudroyant, éventuellement très haut, et souverain possesseur des lieux, de ses ressources, y compris cette source aux propriétés vraisemblablement bienfaisantes. Les symboles associés au dieu, le lion et l’aigle, traduisent précisément ces fonctions. Si l’on résume ce qui ressort des séquences onomastiques examinées en contexte, on peut noter que : 1) L’appellation Zeus – si on laisse de côté l’inscription 4039 très hypothétique – n’est mobilisée que dans la grande inscription (4028) à deux reprises : d’une part, dans la lettre d’Antiochos pour faire référence au mémorandum περὶ τῆς ἐνεργείας θεοῦ Διὸς Βαιτοκαικης, « sur la puissance d’action du dieu Zeus (de) Baitokaikè » (l. 18) ; d’autre part, dans le colophon désignant les commanditaires de ce texte « historique », les κάτοχοι ἁγίου οὐρανίου Διὸς, « les katochoi du saint céleste Zeus ». Dans la communication « officielle » avec les autorités, le nom de Zeus est mis en avant pour faciliter la compréhension mutuelle et souligner la souveraineté que le dieu exerce sur le territoire. On pourrait se demander si le nommer « saint céleste Zeus », au IIIe siècle de n. è., lorsque les privilèges concédés à l’époque hellénistique sont confirmés par les empereurs romains, n’est pas une manière de le rapprocher du Iuppiter Optimus Maximus si familier aux Romains et implanté en bien des lieux de l’Empire sous diverses appellations22. Certes, Hagios Ouranios Zeus n’est pas un rendu fidèle du latin IOM, qui donnerait plutôt Zeus Hypsistos Megistos et le colophon s’adresse moins aux autorités romaines qu’à ceux qui, localement, pourraient remettre en cause les privilèges accordés au sanctuaire et à ses desservants. Hagios Ouranios Zeus
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Cf. Piejko, 1982. Pour le dossier, particulièrement riche et instructif des inscriptions d’Asie Mineure, voir Belayche, 2021. 22
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servirait alors à mettre en avant la souveraineté céleste du dieu local.23 En revanche, dans le style de la chancellerie séleucide, ce Zeus est simplement celui du lieu. Les fioritures ne sont pas nécessaires. 2) Dans tous les cas d’offrandes (lato sensu) où nous disposons d’un texte complet, le dieu est explicitement qualifié de theos, l’élément Zeus n’étant jamais utilisé (sauf éventuellement en 4039, mais la conjecture reste à étayer). Sa qualité de « dieu » ouvre toujours la séquence onomastique, à la manière d’un titre. C’est un procédé extrêmement répandu, notamment dans l’épigraphie grecque de Syrie. Cet usage de theos fait vraisemblablement écho à un formulaire sémitique antérieur, en particulier aux séquences onomastiques commençant par lʾdn ou, plus rarement, lʾl, « au Seigneur », « au Dieu », parfois accompagnés d’un suffixe de possession (mon, son, notre …). De fait, en Syrie, sur 236 attestations contenant l’élément theos, près de 140 le placent en 1e position dans la séquence onomastique divine. Très souvent, le theos ou la thea concernée est associé à un toponyme pour désigner le maître d’un lieu. Les qualifications de kyrios ou despotès renvoient du reste à un profil analogue24. On possède d’ailleurs d’autres cas d’alternance entre Zeus + toponyme (substantif ou adjectif) et theos + toponyme. Ainsi, de très nombreuses inscriptions grecques et latines font référence au Zeus/Jupiter Héliopolitain25, mais l’inscription IGLS VI, 2730, provenant précisément d’Héliopolis, est adressée au θεῷ μεγίστῳ Ἡλιουπολίτῃ δεσπότῃ, « dieu très grand Héliopolitain maître ». De même, à Deir el-Qalaa, dans l’arrière-pays de Beyrouth26, le dieu local, Baalmarqod est nommé en grec et en latin de diverses manières : il est notamment, dans une même inscription bilingue27 I(oui) Ọ(ptimo) Ṃ(aximo) Ḅ(almarcodi) (l. 1), en latin, et Βαλμαρκως κοίρανε κώμων, « Baalmarqod, seigneur des danses » (l. 6), en grec, qualifié aussi de δεσπότα, « maître » (l. 7). Dans ce cas, la déclinaison IOMB est tout à fait explicite et éclaire le mécanisme suggéré ci-dessus pour le Zeus de Baitokaikè. Qualifié de « dieu ancestral » en grec, le dieu de Deir el-Qalaa est aussi le Genius populi, dans une autre inscription bilingue28. Ce parallèle est un des plus parlants, mais on pourrait encore évoquer l’inscription CCID 34, provenant de Doura-Europos et datée de 251–253 de n. è., adressée au Διὶ μεγίστ(ῳ) καὶ θεῷ Δολιχέῳ, « Zeus très grand et dieu de Dolichè », ou, de même provenance, datée de 232/3 de n. è., l’inscription SEG 54, 1603, Διὶ θεῷ τῷ ἐν Ἀδαθα, « à Zeus dieu qui est dans Adatha », ou encore IGLS XI, 42, qui fait référence au θεοῦ Διὸς κώμης Ὠρνέας, « dieu Zeus du village d’Ornea », et enfin (sans viser la moindre exhaustivité), le cas du dieu d’Aumos (un homme, et non un lieu), désigné au moyen de diverses séquence onomastiques, en particulier dans IGLS XV, 254, comme θε[ο]ῦ Αυμου, « dieu d’Aumos » et, en 256, comme [Διὸς] ἀνεική[του Ἡ]λίου θε[οῦ Αυ]μου, « Zeus invincible Soleil dieu d’Aumos »29. 23
Je remercie Sylvain Lebreton qui a attiré mon attention sur ce point. Belayche, 2020. 25 Cf. en particulier Hajjar, 1977. 26 Aliquot, 2015. 27 Aliquot, 2015 : 548–549. 28 Le texte latin, passé inaperçu jusque-là, a été publié par Aliquot, 2015 : 550. 29 Sur le dossier, riche et complexe, du dieu d’Aumos, voir Marano/Bonnet, sous presse. 24
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3) Le toponyme est l’élément saillant de la séquence, qui semble recouvrir à la fois le lieu et le dieu ; il échappe, la plupart du temps, à toute forme de déclinaison, à moins que l’on ne considère que la terminaison en -ei/i corresponde au Datif : Βαιτοχιχι, Βαιτοχειχει, [Βαιτο]κ̣[αικη, Βετοχιχι, Βετοχειχει, Βηχιχι, alors que, dans l’inscription « officielle » (4028), on lit θεοῦ Διὸς Βαιτοκαικης, avec un Génitif se rapportant à Zeus. Je ne reviens pas sur les variantes orthographiques, mais ce qui est remarquable, c’est la fusion entre toponyme et théonyme. Dans l’acclamation (inscription 4035) εἰς ἐῶνα Βετοχιχι, « pour toujours (à/pour) Baitokaikè », ce qui est souligné c’est précisément la force et la pérennité de cet ancrage. Il semble donc préférable de traduire les adresses votives comme « au dieu Baitokaikè » plutôt que « au dieu de Baitokaikè ». On notera, en outre, que le dieu (de) Baitokaikè n’est jamais attesté en dehors d’Hosn Soleiman, à ce jour. 4) Parmi les autres qualificatifs, « grand » (megas), « très grand » (megistos), « saint » (hagios) sont fréquents. On compte dans le corpus des inscriptions grecques de Syrie une trentaine d’attestations de dieux/déesses « saint.e.s ». La plupart du temps, hagios porte sur un theos, comme dans les attestations suivantes : Θεῷ ἁγίῳ Σαραπτηνῷ, le θεοῦ ἁγείου Ρεμαλα, le θεὸν ἅγιον Ραβου30. Zeus est hagios à plusieurs reprises31, mais le sont aussi occasionnellement Héraclès, Asclépios, Bel, etc. Pour ce qui est de la grandeur, on dispose en Syrie de 63 attestations de l’usage de megas ou megistos, dont 31 fois (quasiment 50 % des cas) pour Zeus. 5) La qualification d’epèkoos est, comme nous l’avons mentionné, plus significative ; parmi les 31 attestations en Syrie, 21 se rapportent à Zeus, ce qui confirme bien que la capacité à écouter et à donner suite aux requêtes est une prérogative du dieu souverain. D’ailleurs, à Palmyre, epèkoos est souvent jumelé avec hypsistos, « très élevé ». La hauteur oriente aussi vers la dimension céleste, donc une vision panoramique, que Zeus partage avec Hélios, croisé ci-dessus32, dieu de la justice par excellence. Voir de haut, tout voir, tout entendre sont des attributs propres aux divinités souveraines33. 6) En qualifiant le Zeus dont ils prennent soin de « saint céleste », ἁγίου οὐρανίου Διὸς (4028), les gestionnaires du sanctuaire ont mis en avant l’ampleur de la dynamis de ce dieu, à la fois, pourrait-on dire, local et global, épichorique et cosmique, donc universel. L’épithète ouranios est attestée à 10 reprises en Syrie. On ne s’étonnera pas de la voir attachée à 4 reprises à une Thea ouraneia ou simplement Ouraneia, ou encore à Aphrodite. Chacun a en mémoire le passage d’Hérodote (I, 105) qui associe l’origine de l’Ourania grecque à l’aire syrophénicienne34. Mais on connaît aussi la « parenté » (συνγένια) d’un θεοῦ ἁγίου οὐρανίου35 à Kadasa, dans le territoire de Tyr, en 117/8 de n. è. et, à Sahin, à l’est de Tartous, en direction précisément d’Hosn Soleiman, un [θε]ῷ ὑψίστῳ οὐρα30 Cf. DB MAP (https://base-map-polytheisms.huma-num.fr/), Attestations 506, 507, 1045, 4266 ; 1757 ; 8365. 31 IGLS VII 4028, IGLS XXI 4, 21 et 27 ; IGLS XXI 5, 100. 32 Cf. supra, p. 143. 33 Cf. Bonnet, 2021 : 32–43, au sujet de la qualification homérique d’Euruopa, « au large regard, à la large voix », qui décrit de manière quasi exclusive Zeus (très rarement Hélios). 34 Pirenne-Delforge, 1994 : 217–218 ; 324. 35 I. Mus. Beyrouth 1558.
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νίῳ36 ; dans une inscription datant de 260/1 de n. è. À Abila, en 321/2 de n. è., c’est curieusement Apis qui est « céleste », en binôme avec « Zeus de la source rayonnante »37, tandis qu’à Qassouba, non loin de Byblos, on s’adresse, à une époque indéterminée, à un θεῷ μεγάλῳ [κ]α̣ὶ οὐ(ρ)[ανίῳ, « dieu grand et céleste » et qu’à Saarna/Abeidat, au nord-est de Beyrouth, en direction de la montagne, une offrande est faite à Διὶ οὐρανίῳ ὑψίστῳ Σααρναιῳ ἐπηκόῳ, « Zeus céleste très haut Saarnaios qui écoute »38, entre 150 et 180 de n. è. Dans l’arrière-pays montagneux de Byblos, à Sarba, Zeus est carrément qualifié d’epouranios, « sur-céleste », au début de l’ère chrétienne, sans plus de précision39. Si, le long de la côte, le ciel constellé d’étoiles est la boussole des marins, dans les arrière-pays montagneux, comme à Hosn Soleiman, le ciel est comme le prolongement naturel du relief, un espace habité par les puissances divines dispensatrices de nuages, de pluies et d’orages, bienfaisantes et redoutables à la fois, si proches et si lointaines. On est en droit de penser que Baal Shamim/Shamin/Shamayin, le « Maître des Cieux » nord-ouest sémitique n’est pas étranger à ces avatars gréco-romains40, tout comme Astarté pour les contreparties féminines41. 7) Le recours à l’épithète keraunios, unique dans notre corpus, fait précisément référence à cette capacité du dieu à se manifester à travers les phénomènes atmosphériques. La foudre est un des attributs majeurs de Zeus, qui relie le ciel à la terre, qui peut même transpercer la croûte terrestre pour pénétrer au plus profond du cosmos, jusqu’au séjour des morts. Expression très concrète de la puissance divine, l’épithète keraunios apparaît à 9 reprises en Syrie. À Séleucie du Piérie, on vénérait un Zeus Keraunios42, ce que rappellent aussi les monnaies locales43, tandis qu’en Palmyrène, une inscription bilingue, grec – palmyrénien provenant d’Oriza (Tayibé) et datant du IIe siècle de n. è.44, interpelle Διὶ Μεγίστωι Κεραυνίωι, d’une part, lbʿlšmn mrʾ ʿlmʾ, d’autre part. « Zeus très grand foudroyant » est donc rapproché du « Maître des Cieux Seigneur d’éternité/de l’univers »45. La polysémie du terme araméen ʿlmʾ, recouvrant le temps et l’espace infinis, traduit l’extraordinaire empan de la puissance du dieu qui a pris possession des cieux. La foudre n’est donc pas seulement une réalité concrète, visible, un signal ; elle est aussi un symbole qui, par-delà les orages et les tempêtes, renvoie à l’emprise de Zeus/Baal sur l’univers tout entier, de manière, pourrait-on dire, quantique. 8) Un dernier élément mérite notre attention : les agents impliqués dans les séquences onomastiques divines. La chancellerie séleucide, nous l’avons relevé, 36
IGLS VII, 4027. RICIS 402/1004. 38 Renan, 1864–1874 : 234–236. 39 Renan, 1864–1874 : 330–332. 40 Niehr, 2003. 41 Bonnet, 1996. 42 IGLS III : n°1118, 1188, 1210 ; voir aussi IGLS III : n°1185 : τοῦ Νεικηφόρου Κεραυν[ίο]υ, se référant à un néocore à vie, sans doute de Zeus. 43 DB MAP (https://base-map-polytheisms.huma-num.fr/), Attestations 7812, 7814, 7819 ; RPC IV.3, 1953 ; V.3, 2056–2057 et 2081. 44 PAT 0258. 45 Sur la portée de cette appellation, voir Kubiak Schneider, 2021. 37
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désigne sobrement le dieu d’après le toponyme puisque c’est précisément sur la possession des lieux que l’arbitrage royal a été rendu nécessaire. Les katochoi, les gestionnaires officiels du culte, reconnus comme interlocuteurs par les autorités grecques et romaines, ont recours à des appellations différentes selon qu’ils apparaissent dans un document officiel ou dans une inscription commémorant les travaux qu’ils ont financé au bénéfice du dieu. Les deux textes relatifs aux portes du péribole sacré émanant d’eux prouvent en tout cas qu’ils disposent de moyens financiers importants pour le service du dieu et la maintenance du sanctuaire. Leur titre de katochoi souligne le rapport étroit qu’ils entretiennent avec le dieu auquel ils étaient en quelque sorte voués et en tout cas dévoués. Leur action et l’affichage public des travaux effectués contribuent à la réputation du dieu et du lieu. Le marquage systématique des accès au sanctuaire vient rappeler qui est le propriétaire des lieux et qui en prend soin. Comme en bien d’autres lieux de la Syrie romaine, un collège de prêtres ou de magistrats chargés des affaires profanes et sacrées assurait la gestion du territoire, y compris dans sa dimension économique46. La confirmation des privilèges d’inviolabilité, au IIIe siècle de n. è., intervient dans une période de forte tension entre Rome et les Perses sassanides, qui entraînait maintes réquisitions et extorsions menaçant sans doute le sanctuaire lui-même. La présence sur place d’officiers romains, issus selon toute vraisemblance de la légion III Gallica stationnée à proximité, dont un au moins est originaire de Mésie, est symptomatique du rayonnement du sanctuaire. La mention de sacrifices mensuels, de foires, de ventes d’esclaves et d’animaux, de pèlerins, du droit d’asile – dans l’inscription 4028 – renvoie à une place active et attractive, le sanctuaire et son territoire offrant un espace sécurisé pour de multiples transactions. 9) Grand, très grand, saint, à l’écoute, céleste et foudroyant, le dieu local est magnifié et célébré pour son energeia et sa dynamis dont les usagers du sanctuaire font l’expérience de diverses manières sur place. Puissant, secourable, efficace et durable, le dieu (de) Baitokaikè, symbolisé par le lion et l’aigle, trône, souverain, dans son sanctuaire. Les inscriptions gravées sur le mur extérieur de son sanctuaire sont là pour attester de sa renommée. Dans l’état actuel de la documentation, on n’a pas trace d’autres présences divines à ses côtés. 10) Enfin, pour boucler ce dossier, il faut encore signaler une inscription grecque fragmentaire récemment publiée47 et figurant sur un autel, socle ou base, retrouvé dans l’enceinte du petit sanctuaire ; elle est datée du IIe-IIIe siècle de n. è. Sans jamais mentionner le nom du dieu, malheureusement, elle fait allusion à une guérison : « […] ayant été éprouvé, je suis tombé entre les mains de trente-six médecins et je n’ai pas été guéri ; j’ai invoqué le dieu et aussitôt il m’a prescrit une plante ». Sur la face principale, le texte semble faire allusion au fait que le dieu « a parlé » au fidèle. Il est question de « sept villages » (hepta kômas) et, après une lacune, de « sept villes » (hepta poleis). Le fidèle a-t-il dû parcourir le territoire du dieu ? Après ce mouvement, le dieu apparaît à nouveau au fidèle guéri qui lui rend grâce et accomplit une offrande. On entrevoit un dispositif rituel complexe, 46
Aliquot/Yon, 2018. Rey-Coquais, 1997 ; SEG 47, 1932. Aliquot, 2009 : 157, n. 13, se demande si le dieu guérisseur est le grand dieu de Baitokaikè. Voir aussi Bonnet, 2015 : 146–148. 47
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avec des rites (d’incubation ?) permettant au fidèle de bénéficier de l’épiphanie du dieu et de recevoir ses conseils. On aurait donc affaire à un compte rendu de guérison analogue à ceux qui abondent à Épidaure, sur le mur de l’Asclépieion. Ce récit serait-il en lien avec l’étymologie présumée du toponyme Baitokaikè, à savoir « Maison/temple du ricin »48 ? Les vertus pharmacologiques de cette plante euphorbiacée sont connues, si l’on est attentif aux dosages (car elle est aussi toxique) ; elle a des vertus laxatives et vermifuges, son huile soigne les troubles de la peau et calme les douleurs musculaires, tandis que ses feuilles sont utilisées pour des emplâtres combattant les rhumatismes ; elle aurait aussi des vertus immunotoxiques contre les tumeurs, sans compter qu’elle stimule les glandes mammaires pendant l’allaitement. Les vertus thérapeutiques du dieu mobilisaient également l’eau de la source, puisqu’un torrent était incorporé dans l’un des édifices de culte. Le dieu (de) Baitokaikè tire donc sa puissance de l’environnement et des forces naturelles qui l’habitent : montagne, eau, ciel, plante49. En conclusion, loin d’être insignifiantes, les variations onomastiques du dieu (de) Baitokaikè contribuent à affiner son portrait et à comprendre la dynamique de son culte, en particulier le lien intrinsèque qu’il entretient avec le territoire dont il tire son nom, ou vice versa, et ses ressources. Dans l’arrière-pays d’Arados, dans un environnement propice, le sanctuaire du dieu local, conçu comme une déclinaison de la grande et éternelle puissance cosmique du dieu des cieux, a prospéré en bénéficiant de privilèges favorables, adossés aux preuves de l’efficacité du pouvoir divin qu’il abritait de tout temps. Des activités multiples s’y déroulaient, qui attiraient un public varié. Un peu souk, un peu cour des miracles, le sanctuaire de Baitokaikè constitue un exemple éclairant de l’articulation entre diverses échelles de réalité au Proche-Orient hellénistique et romain50.
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Le terme grec qui désigne le ricin, κίκι, est d’origine égyptienne. Cet aspect est bien souligné par Steinsapir, 1999. 50 Pour une réflexion méthodologique et conceptuelle très inspirante sur le « localisme », voir Beck, 2020 : 1–42. 49
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Prestige und Habitus in Kuntillet ʿAǧrud und Samaria Zur Ikonographie der Elfenbeine, Pithos-Zeichnungen und Wandmalereien Janca Brenner Tübingen Kuntillet ʿAǧrud und Samaria sind zwei Fundorte, die in erster Linie eines verbindet: der Bezug zum Nordreich Israel und zu seinem Königshaus. Kuntillet ʿAǧrud wurde zu Beginn des 8. Jh. v. Chr. während der Herrschaftszeit der beiden mächtigsten nimsidischen Könige unter Joasch oder eher Jerobeam II. erbaut und liegt auf der nördlichen Sinai-Halbinsel am Rande der Handelsstraße, die von Eilat am Roten Meer bis an die Mittelmeerküste führt. Samaria war Hauptstadt Israels und wurde zur Zeit der Dynastie der Omriden gegründet. H. Niehr hat überzeugend gezeigt, dass Kuntillet ʿAǧrud eine wichtige Rolle für das Nordreich Israel und dessen Handelsbeziehungen spielte und legte durch seine Thesen den Grundstein für weiterführende Untersuchungen dieses Fundortes und der Zeit der späten Nimsiden.1 Beide Orte offenbarten beeindruckende Funde, die in dieser Form nur selten oder überhaupt nicht aus eisenzeitlichen Kontexten bekannt sind.
1. Samaria: Elfenbeinschnitzereien In Samaria wurden bei den Grabungen, die ab 1908 von der Harvard University durchgeführt wurden und 1931 bis 1933 unter J. W. Crowfoot und K. M. Kenyon während der so genannten Joint Expedition erfolgten, zahlreiche Elfenbeinfragmente freigelegt und in einem separaten Band in der Reihe der Grabungsberichte publiziert.2 Das Ehepaar Crowfoot veröffentlichte hierin zunächst 250 Stücke, wobei man insgesamt eine Anzahl von ca. 500 Elfenbeinen annahm. Die neuere Forschung zeigt hingegen, dass die tatsächliche Zahl der zum Teil sehr kleinteiligen Fragmente diese Schätzung weit übersteigt.3 Unklar ist nicht nur die genaue Anzahl der Elfenbeinschnitzereien, sondern auch deren Fundkontext. G. M. Crowfoot und J. W. Crowfoot brachten diesen noch mit dem „Elfenbeinhaus“ 1
Vgl. Niehr, 2013. Grabungsberichte: Reisner/Fisher/Lyon, 1924; Crowfoot/Kenyon/Sukenik, 1942; Crowfoot/Crowfoot/Kenyon, 1957. Elfenbeine: Crowfoot/Crowfoot, 1938. Für einen kurzen Überblick zur Grabungsgeschichte vgl. Franklin, 2004: 189–190. 3 Vgl. Uehlinger, 2005: 150, Anmerkung 8; Suter, 2011: 220. 2
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Ahabs in Verbindung, doch tatsächlich waren die Stücke in den Grabungsbereichen Qc, Qk, Qn in sekundärer oder tertiärer Ablage aufgefunden worden.4 Die konzentrierte Dichte der Funde ergibt sich laut R. E. Tappy daraus, dass die Elfenbeine in Körben gesammelt und am Rand der Befestigungsanlage Samarias in Anhäufungen abgeladen wurden.5 Eine Datierung fällt somit schwer und auch weitere vergleichbare eisenzeitliche Elfenbeinfunde ermöglichen keine engere zeitliche Eingrenzung. Hier sind besonders die umfangreichen Funde aus Nimrud und Arslan Tash zu nennen, bei welchen es sich um assyrische Beutestücke handelt, deren Herstellungszeitpunkt und ursprünglicher Nutzungszeitraum sich anhand archäologischer Gesichtspunkte ebenfalls nicht feststellen lassen. Einige aramäische und phönizische Inschriften auf den Elfenbeinschnitzereien erlauben eine ungefähre Datierung.6 G. M. Crowfoot und J. W. Crowfoot grenzen aufgrund der Nennung des Namens Hazael auf einem der Elfenbeine in Arslan Tash und des Funds eines Alabastergefäßes mit der Kartusche Osorkons II. (875–852 oder 837 v. Chr.) im selben Bereich diesen Zeitraum noch weiter ein. Der Schluss, somit alle Elfenbeine aus Samaria ins 9. Jh. v. Chr. zu datieren, liegt jedoch nicht nahe. Sowohl in Nimrud und Arslan Tash als auch in Samaria handelt es sich um Funde von Elfenbeinen, die ursprünglich in verschiedenen Nutzungszusammenhängen Gebäude schmückten und erst durch die Ablage oder als Beutestücke zusammengetragen wurden. So können sie durchaus in einem etwas größeren zeitlichen Abstand entstanden sein.
2. Kuntillet ʿAǧrud: Zeichnungen und Wandmalereien Der zweite hier zu untersuchende Fundort ist Kuntillet ʿAǧrud. Er ist als Wegstation zu interpretieren, die es in erster Linie Handelsreisenden ermöglichte zu rasten und notwendige Verwaltungsangelegenheiten auf dem Weg in den Norden zu erledigen.7 Es gibt mehrere eindeutige Hinweise darauf, dass es sich bei dem kleinen Wüstenort um eine nordisraelitische Gründung des dortigen Königshauses handelt. Aussagekräftig sind diesbezüglich vor allem die Inschriften, die in Kuntillet ʿAǧrud auf verschiedenen Schriftträgern aufgefunden wurden. Es handelt sich um Ritzinschriften auf Stein und Keramik und um Tinteninschriften auf zwei großen Pithoi (Abb. 1 und 2) und einer einzelnen Pithosscherbe und Wandverputz.8 Die Verbindung zum Nordreich ergibt sich in erster Linie aus der Erwähnung Samarias und den verwendeten Formen der Personennamen. Das verwendete Suffix -yw ist charakteristisch für israelitische Personennamen, da Namen aus Juda 4
Daneben gab es einige Streufunde in den Bereichen S2, S4, S7, Qd, Qf, Qh, Z und B (Crowfoot/Crowfoot, 1938: 2–4). 5 Vgl. Tappy, 2001: 450–451. 6 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: 4–6.50. 7 Vgl. Hadley, 1993. 8 Vgl. Aḥituv/Eshel/Meshel, 2012. Zu den Inschriften vgl. u. A.: Lemaire, 1984a; Blum, 2013; Lemaire, 2013; Puech, 2014; Lemaire, 2016; Blum, 2019; Blum, 2021.
Prestige und Habitus in Kuntillet ʿAǧrud und Samaria
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fast immer auf -yhw endeten.9 Die Erwähnung des śrʿr auf mehreren in Keramik eingeritzten Inschriften deutet auf eine königliche Gründung hin.10 Dieser Befehlshaber wurde vom König in Samaria bestellt und verwaltete den Handelsposten. Er hatte ein hauptsächlich administratives Amt inne und trug daher keinen rein militärischen Titel wie W. M. Schniedewind annimmt.11 Neben den Inschriften gab es in Kuntillet ʿAǧrud noch weitere Funde, die den Ort ins Zentrum der Aufmerksamkeit zahlreicher Forschender rückten. Hierbei handelt es sich um Zeichnungen, die ebenfalls mit Tinte auf den beiden Pithoi, einigen vereinzelten Scherben und dem Wandverputz angebracht worden waren. Die Wandmalereien sind ein einzigartiger eisenzeitlicher Fund, insbesondere im Blick auf die Abgeschiedenheit und Größe des Ortes. Die Motive, die später noch genauer besprochen werden sollen, haben eindeutige Parallelen in den Elfenbeinen, weisen aber ebenso auf ältere Traditionen hin und zeigen außerdem weitreichende kulturelle Verbindungen auf.12 Um die Datierung des Fundortes Kuntillet ʿAǧrud entspann sich eine umfangreiche Diskussion, sowohl im Blick auf die Datierung durch epigraphische Erkenntnisse und die Auswertung der Keramikfunde als auch die 14C-Datierung.13 Unter Berücksichtigung der Inschriften, Keramik, Epigraphik, 14C-Daten und weiterer Aspekte ergibt sich letztendlich eine Datierung des Fundortes in den Beginn des 8. Jh. v. Chr. und somit in die Regierungszeit Jerobeams II. oder möglicherweise etwas früher in die seines Vaters Joasch.14
3. Elfenbeinschnitzereien: Grenzen kunsthistorischer Analysen Eine genaue Datierung bereitet, wie oben ausgeführt, im Blick auf die Elfenbeine aus Samaria ebenfalls diverse Schwierigkeiten. Entstehungsort und -zeitraum der Stücke sollten so durch kunsthistorische Einschätzungen und Abgrenzungen festgestellt werden.15 Der Versuch, die Schnitzereien einzelnen Herstellungszentren, Schulen und sogar Kunsthandwerkern zuzuordnen, führte dazu, dass immer kleinteiligere Unterscheidungen im Stil der Elfenbeine als Alleinstellungsmerkmale einer besonderen Schule oder Gruppe interpretiert wurden.16 Über die tatsächlichen Entstehungsorte lassen solcherlei Überlegungen allerdings nur sehr begrenzt Auskünfte zu. Traditionell werden zwei große Zentren, Phönizien und Nordsyrien, als Produktionsstätten angenommen, deren Stile sich in der Feinheit der Gestaltung und 9
Zu den verwendeten israelitischen Namensformen vgl. Mastin, 2004/07. Vgl. Aḥituv/Eshel/Meshel, 2012: 80–81. 11 Vgl. Schniedewind, 2019a; Schniedewind, 2019b: 42–45. 12 Vgl. Beck, 2012: 181–182, Thomas, 2016: 171. 13 Vgl. Meshel/Carmi/Segal, 1995; Segal, 1995; Carmi/Segal, 1996; 2012; Singer-Avitz, 2006; 2009; Finkelstein/Piasetzky, 2008; Freud, 2008; Goren/Meshel, 2012; Schniedewind, 2017. 14 Vgl. Finkelstein/Piasetzky, 2008: 179; Lemaire, 2013: 84; Aḥituv/Eshel/Meshel, 2012: 75; Ayalon, 2012. 15 Z. B. bei Barnett, 21975; Herrmann, 2000. 16 Vgl. Suter, 2010: 994–995; Suter, 2015; Beyl, 2013: 132. 10
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der Ausarbeitung teils gleicher Motive unterscheiden.17 Die später durch I. Winter in Ergänzung angenommene südsyrische Gruppe wird dadurch abgegrenzt, dass sie von den beiden anderen Gruppen abweicht und deren Stilelemente kombiniert.18 Es ist zwar anzunehmen, dass es in Damaskus, besonders im Zeitraum der Hegemonie des Königreiches über einen großen Teil der Levante, eine Elfenbeinproduktion gegeben haben muss, doch ob sich diese Stücke aufgrund kunsthistorischer Gesichtspunkte definitiv bestimmen und abgrenzen lassen, ist fraglich.19 Noch nicht fertiggestellte Elfenbeine aus Samaria bezeugen, dass dort mit großer Wahrscheinlichkeit Elfenbeinherstellung erfolgte.20 Während C. Uehlinger davon ausgeht, dass in Samaria durchaus in lokalen Werkstätten gefertigt wurde, schreiben I. Winter und J. W. und G. M. Crowfoot die Arbeiten reisenden Handwerken zu.21 Die zunächst angestrebte Untersuchung und Katalogisierung aller Elfenbeine aus Samaria durch C. Suter führte die Problematik der kunsthistorischen Analysen in ihrem ganzen Umfang vor Augen. Eine Beschreibung der Fragmente und der Versuch der Zuordnung zu den bislang auf kunsthistorischer Basis identifizierten Schulen schien ein zeitintensives, nahezu aussichtsloses Unterfangen, ohne die Aussicht auf Ergebnisse, die die diesbezügliche Forschung entscheidend weiterbringen konnten.22 Die Publikation der über 6000 in Nimrud gefundenen Stücke und die Erkenntnis, dass die Anzahl der Elfenbeinobjekte aus Samaria wohl insgesamt über 10 000 Fragmente umfasst, machte die Zuordnung zu verschiedenen Traditionen, Motiv-, oder Stilgruppen zu einem immer utopischeren Ziel.23 Hinzu traten terminologische Schwierigkeiten, da die Gruppen und Stile im Laufe der Jahre stets neu definiert und benannt wurden und die Unterscheidung von kontinuierlich zunehmenden Untergruppen durch immer spezifischere Kriterien, die sich weder dem nordsyrischen noch dem phönizischen Stil zweifelsfrei zuordnen ließen, erfolgte.24 M. Feldman fasst die Problematik und eine mögliche Lösung wie folgt zusammen: 17
Vgl. Poulsen, 1912: 59; Barnett, 21975: 31–62; Moscati, 1999: 66; Morstadt, 2015: 82– 83. 18 Vgl. Winter, 1981: 103. 19 Vgl. Winter, 1981; Wicke, 2009. 20 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. XXII:3; Winter, 1981: 127; Herrmann, 1986: 34. Eine große Schwierigkeit hinsichtlich der Bestimmung eines südsyrischen Stils ist der Mangel an Vergleichsobjekten. I. Winter beruft sich hier auf die Melqart-Stele, die aber nachweislich nicht aus Damaskus stammt (vgl. dazu Winter, 1981: 101–103; 121–130; zur Stele u. A.: Dunand, 1939; Lipiński, 1971; Lemaire, 1984b; Pitard, 1988; Puech, 1992; Hafþórsson, 2006: 33–39). 21 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: 50; Winter, 1981: 127. Dagegen Uehlinger, 2005: 163. C. Uehlinger geht außerdem davon aus, dass das Konzept von wandernden Handwerkern für das 1. Jt. v. Chr. insgesamt problematisch ist. Sader, 2019: 177–178 hält die These der wandernden Handwerker nicht für unmöglich. I. Winter schlägt neben reisenden Handwerkern ortsansässige Urheber fremder Herkunft vor. 22 Vgl. dazu besonders Suter, 2015 im Gegensatz zur Vorstellung der Projektidee bei Uehlinger, 2005. 23 Vgl. Suter, 2015: 31–32. 24 Vgl. Wicke, 2009: 251–255; Feldman, 2014: 12–13; Suter, 2015: 33 und Tab. 1. Zum problematischen Begriff des „workshops“ Di Paolo, 2014.
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„Because attributions based solely on stylistic analysis are unverifiable, we may be using stylistic analysis to answer the wrong sorts of questions (that is, who made it) when we might instead pose different questions with respect to artistic and communal identities.“25 Ein Blick auf die Stücke aus Assyrien mag erste Erkenntnisse bezüglich dieser „artistic and communal identities“26 geben. Eine große Zahl an eisenzeitlichen Elfenbeinen wurde, wie bereits erwähnt, in Nimrud aufgefunden. Diese Beutestücke wurden dort nicht weitergenutzt, sondern in Schatzkammern verwahrt. Der Stil entsprach nicht den assyrischen Vorlieben und der dort bekannten und verstandenen Ikonographie und wurde dementsprechend nicht im ursprünglichen Sinn genutzt, sondern als Zeichen der Überlegenheit geraubt, zusammengetragen und deponiert.27 Das Schicksal, als Beutestücke nach Assyrien zu gelangen, teilte eine nicht unwesentliche Anzahl anderer Objekte, wie die Metallschalen, deren Datierung und Zuordnung zu Herstellungszentren im Grunde denselben Schwierigkeiten unterliegt.28 Die Machart der Schalen wurde gleichfalls dem nordsyrischen oder phönizischen Kunsthandwerk zugeschrieben, wobei sie aber zum Teil Verzierungen mit ägäischen oder akkadischen Elementen und Inschriften in phönizischer, aramäischer, zyprisch-griechischer oder akkadischer Sprache tragen.29 Die Inschriften geben im Blick auf den Ursprung der Gefäße kaum Aufschluss, da sie jederzeit und allerorts in die bereits fertiggestellten Gefäße eingeritzt werden konnten.30 Die Motive zeigen eine weiter verbreitete Nutzung der Stücke auch im Osten und eine Inspiration durch verschiedenste Stile, jedoch sind die genauen Herstellungsorte hier ebenfalls nicht festzustellen. Neue Forschungsansätze beschäftigen sich daher nicht länger mit kunsthistorischen Zuordnungen, sondern nehmen die Elfenbeine, Metallschalen und ihre Motivik aus einer Perspektive in den Blick, die sich an soziologischen Überlegungen anlehnt. Mit M. Feldman ist zu konstatieren, dass es vielmehr lohnenswert sein kann, zu analysieren, welche Bedeutung Elfenbeine in der Levante hatten, in deren Kulturraum ihre Entstehung, unabhängig von einer Lokalisierung spezifischer Herstellungszentren, verortet werden kann.31 Ein Stichwort das, teils sehr unterschiedlich interpretiert und angewandt, hier nicht außen vorgelassen werden darf, ist der Habitus-Begriff. Der Habitus nach P. Bourdieu bezeichnet systemische Prozesse von Handlungen, die zu objektiven sozialen Strukturen führen. Sie prägen sich in die subjektiven Erfahrungen von Individuen ein, werden verinnerlicht und nicht mehr hinterfragt. Die Herstellung
25
Feldman, 2014: 36. Feldman, 2014: 36. 27 Vgl. Herrmann/Millard, 2003: 387–388.390–392; Suter, 2010: 996; Suter, 2011: 221– 224; Feldman, 2015: 108. 28 Vgl. Moscati, 1999: 66; Gubel, 2015: 246; Sader, 2019: 176–177.305. 29 Vgl. Feldman, 2014: 16. 30 Vgl. Gubel, 2015: 246; Feldman, 2019: 376–377. 31 Vgl. Feldman, 2015: 108. 26
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von Objekten und somit letztlich auch, etwas abstrakter gedacht, deren Stil drücken diese verinnerlichte Haltung einer Person aus.32 „A fundamental aspect of Bourdieu’s habitus is that it allows us to view style as socially conditioned rather than autochthonous. In other words, it allows us to break from the idea that identity, style, culture, and the like exist solely inside bounded corporeal bodies rooted in a singular time and place, and instead to see these aspects as resulting from processes of relational interactions among beings and things across space and through time.“33 Die Untersuchung der unüberschaubar großen Anzahl an Elfenbeinen und anderer eisenzeitlicher Objekte wie der Metallschalen hinsichtlich ihrer Motive, die einzelnen Werkstätten, oder sogar einzelnen „Händen“ zugeordnet werden sollen, tritt somit in den Hintergrund. Während E. Scigliuzzo den Habitus-Begriff allerdings in genau dieser Weise anwendet, geht M. Feldman weiter34: „If we abandon the connoisseurial terminology of hands and workshops, her conclusions point to a network of skilled practitioners who interacted closely with one another in their training and crafting yet did not necessarily work always and only in one particular spatial location or with one group of crafters.“35 Wichtig wird nun in besonderer Weise die Botschaft, die die Objekte vermitteln und der Personenkreis, der sie versteht und eher unbewusst in sein Handwerk einfließen lässt. Die Botschaft liegt zunächst in Materialität und verwendeten Rohstoffen. Elfenbein war ein rares Gut, wobei sowohl Nilpferd- als auch Elefantenelfenbein Verwendung fand. Das Elefantenelfenbein wurde über Mesopotamien oder die arabische Halbinsel aus Indien oder über Ägypten aus dem afrikanischen Raum bezogen. Möglich ist weiterhin, dass bis ins 9. Jh. v. Chr. hinein, wenngleich stark dezimiert, wilde Elefanten in Syrien vorkamen.36 Die Stücke selbst sind fein und filigran gefertigt. Die große Anzahl an Kleinstfragmenten aus Samaria, deutet auf noch wesentlich zerbrechlicher gestaltete Stücke hin, die nicht erhalten geblieben sind. Eindeutig sind die Elfenbeine daher als Prestigewaren zu deuten, die, als Schmuck und Dekoration genutzt, Ansehen und Geltung bestimmter Personengruppen ausstrahlten und sichtbar machten. „These ivory items were used, moreover, in spaces where the highest elites – rulers and their entourages – met, received visitors, and feasted together […]. […] it is nonetheless worth reiterating that ivory – in its many uses
32
Vgl. Steadman/Ross, 2010. Feldman, 2015: 60. 34 Vgl. Scigliuzzo, 2005. 35 Feldman, 2014: 37. In Bezug auf E. Scigliuzzo. 36 Vgl. Barnett, 1982: 3–8; Caubet, et al., 2007: 205; Riede, 2009. 33
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and applications – manifested a socio-political efficacy in structuring and maintaining the ruling courts of the numerous Levantine kingdoms. “37 Interessant ist hinsichtlich dieser Bedeutung die Frage, wo genau die Elfenbeine platziert worden waren. Befanden sich die Elfenbeinmöbel eher in repräsentativen Bereichen, in denen sie Besucher zu Gesicht bekamen und waren sie in den privaten Räumlichkeiten der Oberschicht für eine nur sehr ausgewählte Gruppe an Personen sichtbar? Die Erwähnung von Elfenbeinbetten in Am 6,4 deutet eher auf letzteres hin.38 Funde von Elfenbeinen als Schmuck von Pferdegeschirr zeigen ferner eine Verwendung im militärischen Kontext.39 Vermutlich schmückten die Elfenbeine als Wandpaneele aber ebenso ganze Räume.40 Neben diesen materiellen Aspekten wird die vermittelte Botschaft in den dargestellten Motiven deutlich. Nicht nur interpretierbare Inhalte, die bestimmte Darstellungen ausdrücken sind dabei relevant, sondern auch die Frage danach, was an verschiedenen Orten, in verschiedenen Gruppen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten als schön empfunden wurde. Wenngleich die Zuordnung zu Herstellungsorten anhand der Motive kaum möglich ist, zeigen die wiederkehrenden Themen den Austausch und gemeinsame kulturelle, wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen in der Levante auf. Der Habitus, der hier deutlich wird, war über ein weites Gebiet hinweg derselbe. Während das Material Elfenbein in Assyrien gleichfalls ein wertvolles Gut war, wurde die Botschaft einiger der Motive dort nicht mehr verstanden.41 In Samaria vertretene Motive weisen unterschiedlich starke ägyptische Einflüsse auf. Eindeutig ist dieser Einfluss in den Motiven aus der ägyptischen Götterwelt sichtbar, die Horus als Kind (Abb. 3), den Gott Heh und weitere ägyptische Gottheiten zeigen. Eine Darstellung, die häufig mit der phönizischen Kunst in Verbindung gebracht wird, ist das Motiv der „Frau im Fenster“, das in Samaria durch seine wenig elaborierte Ausführung auffällt (Abb. 4). Außerdem dargestellt sind geflügelte Sphingen, geflügelte humanoide Gestalten und Tierkampfszenen, ebenso unterschiedliche florale Motive, Palmetten und Ornamente (Abb. 5).42 Als konkretes Beispiel der royalen Ikonographie kann in Samaria die Darstellung eines thronenden Herrschers gezählt werden (Abb. 6).43 Die ägyptisierenden Motive, die ihrer Schönheit und ihres Prestiges wegen und weniger aufgrund konkreter Deutungen gewählt wurden, weichen von Funden aus Ägypten so weit ab, dass definitiv von einer Herstellung außerhalb ausgegangen werden kann. Sie fand im 9. und 8. Jh. v. Chr. in einem Kontext statt, in dem die Bedeutung der ägyptischen Gottheiten nicht mehr in sämtlichen Facetten 37
Feldman, 2015: 109. Vgl. Fontan, 2018. 39 Vgl. Feldman, 2015: 109. 40 Vgl. Uehlinger, 2005: 158; Caubet, et al., 2007: 205; Suter, 2011: 219; Feldman, 2015: 108. 41 Vgl. Suter, 2015: 39; Feldman, 2015: 97. 42 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: 12–26. Zu den botanischen Motiven: Crowfoot/ Crowfoot, 1938: 32–43; Pienaar, 2008: 55–58. Frau im Fenster: Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. XIII:2. 43 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: 26–27; Pl. XI. 38
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bekannt war.44 Aufgrund der stark abweichenden Fundsituation in Ägypten können hier genuin ägyptische Elemente recht eindeutig identifiziert werden. Weitere nicht spezifisch ägyptische Motive wurden in den Elfenbeinen teils mehr teils weniger ägyptisierend ausgeführt.45 Die ägyptisierenden Elemente wurden gerade wegen ihrer Fremdartigkeit als ansprechend empfunden, gleichwohl kulturelle Identität und Habitus der herstellenden Gruppe nicht innerhalb der Motivwelt abgebildet wurden.46 Die Kunst der Levante zeichnet sich in besonderer Weise dadurch aus, dass Elemente verschiedener umliegender Kulturen, aus dem ägyptischen, aber auch dem anatolischen, mesopotamischen und ägäischen Raum integriert und adaptiert wurden.47 Teils wurden Deutungen in diesen Prozessen übernommen, teils nicht. Einen aufschlussreichen Blick auf diese Vorgänge bieten die Zeichnungen und Malereien, die in Kuntillet ʿAǧrud aufgefunden wurden.
4. Kuntillet ʿAǧrud: Ikonographie Obwohl in Kuntillet ʿAǧrud keine Elfenbeine ausgegraben wurden und der Fundort insgesamt recht wenige Funde barg, gibt er dennoch in besonderer Weise Aufschluss über die Ikonographie des 8. Jh. v. Chr.48 Die einzigartigen Wandmalereien und die Zeichnungen auf Ton, größtenteils auf den Scherben zweier Pithoi, die als vollständige Gefäße bemalt wurden, beschäftigen Forschende seit den Ausgrabungen durch Z. Meshel in den 70er Jahren. Auf den Pithosscherben finden sich unter anderem Motive mit religiösen Konnotationen. Insbesondere um die Deutung zweier anthropoider Figuren entspann sich eine nahezu ausufernde Diskussion.49 In den Texten, die sich ebenfalls auf den Pithoi befinden, werden JHWH und seine Aschera erwähnt, die nun mit dem besgestaltigen Paar in Verbindung gebracht wurden. Es ist allerdings vielmehr anzunehmen, dass die Zeichnungen und Malereien nicht mit den Texten in Zusammenhang stehen und die Anordnung und Platzierung der Elemente auf den 44
Gemäß der klassischen Deutung stammen die besonders ägyptisierend gestalteten Elfenbeine aus Phönizien (Uehlinger, 2005: 169). Aufgrund der engen Kontakte zwischen Ägypten und den phönizischen Städten ist dies zwar wahrscheinlich, aber ebenfalls nicht auf archäologischer Grundlage nachweisbar. Auch ägyptisierende Elemente waren letztlich ein gesamtlevantinisches Phänomen. 45 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: 12–17; Pienaar, 2008: 50–54. Problematisch ist es allerdings auch hier, ägyptisierende Elemente als eindeutigen Hinweis auf eine Entstehung in den phönizischen Städten zu bewerten (Scigliuzzo, 2005: 558). 46 Vgl. Suter, 2015: 43. C. Suter stellt diese Vorliebe für ägyptische Motive in Zusammenhang mit der Bedrohung durch die Assyrer aus dem Osten. 47 Vgl. Suter, 2015: 32. 48 Dies liegt aller Wahrscheinlichkeit nach daran, dass Kuntillet ʿAǧrud systematisch geräumt und verlassen wurde (vgl. Kolska Horwitz, et al., 2012: 333; Ayalon, 2012: 205.) 49 Vgl. dazu u. a. Meshel, 1978; Gilula, 1978; Stolz, 1980; Emerton, 1982; 1999; Dever, 1984; 2005; Day, 1986; 2002; Hadley, 1987; 2000; Coogan, 1987; McCarter, 1987; Margalit, 1990; Wiggins, 1993; Frevel, 1995; Schmidt, 1995; 2002; 2016; 2017; Niehr, 1997; Uehlinger, 1997; 2016: 504–507; Barkay/MiYoung, 2001; Hess, 2007; Leuenberger, 2008; Cornelius, 2008: 106–107; Sommer, 2009: 153–154; Keel/Uehlinger, 2010; Mastin, 2011; Berlejung, 2012: 79; Wyse-Rhodes, 2015.
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Pithoi willkürlich geschah.50 Die Deutung Kuntillet ʿAǧruds als religiöse Stätte, in der hauptsächlich Priester und ihre Schüler ansässig waren, wie sie Z. Meshel vorschlägt, ist ebenfalls abzulehnen und lässt sich aus den Funden nicht ableiten.51 Dennoch sind religiöse Bezüge in den Darstellungen nicht von der Hand zu weisen. Insbesondere zwei Motive, die ihr Kalb säugende Kuh und die Capriden am Lebensbaum (Abb. 1 F, E, G), symbolisieren, so die vorsichtige Deutung, Leben und Fruchtbarkeit.52 Den beiden Bes- bzw. Bes- und Beset-Gottheiten (Abb. 1 S und T) ist eine apotropäische Funktion zuzuschreiben, die in Zusammenhang mit der Gefahr für Leib und Leben steht, in die sich die Reisenden, die in Kuntillet ʿAǧrud Halt machten, begaben. Besonders hervorzuheben ist die Verwendung ähnlicher Motive in Kuntillet ʿAǧrud und auf den eisenzeitlichen Elfenbeinen. Das Kuh-Kalb-Motiv ist häufig auf Elfenbeinschnitzereien aus Arslan Tash und Nimrud anzutreffen, die Capriden am Lebensbaum sind von einem Elfenbein aus Samaria bekannt.53 Die sehr elaborierte Ausführung der Motive auf diesen Stücken lassen die Varianten aus Kuntillet ʿAǧrud missen. Bei der typischen KuhKalb-Darstellung säugt die Mutterkuh ihr Kalb und säubert es zugleich mit der Zunge (Abb. 8). Beide Tiere sind auf derselben Standlinie angeordnet. In Kuntillet ʿAǧrud findet sich das Motiv zweimal. Auf Pithos B wurde die Zeichnung abgebrochen, da die vom Urheber falsch eingeschätzten Proportionen den Kopf der Kuh zu weit oben enden ließen (Abb. 2:L). Auf Pithos A hingegen ist das Motiv vollständig zu sehen, doch hier wurde es ebenso wenig naturalistisch ausgeführt (Abb. 1:X). Es handelt sich zwar um dasselbe Motiv, aber die Darstellung von Kuntillet ʿAǧrud weicht in ihrer Gestaltung eindeutig ab. Ähnlich verhält es sich mit dem Motiv der Capriden am Lebensbaum, das in der Ikonographie des Vorderen Orient häufig auftaucht.54 Obwohl in der Ausgestaltung in Kuntillet ʿAǧrud einzigartig, war die Figurengruppe und ihr übliches Arrangement dort eindeutig bekannt.55 Weitere motivische Gemeinsamkeiten finden sich in den Ornamenten, Band- und Tiermotiven, insbesondere den Löwendarstellungen.56 Auch Darstellungen des Gottes Bes tauchen auf Elfenbeinen häufig auf.57 50
Vgl. Beck, 2012: 197; Ornan, 2016: 5–6; Thomas, 2016: 159–166. Vgl. u. a. Lemaire, 1984a: 136–137; Hadley, 1993; Hadley, 2000: 106–120; Dijkstra, 2001: 17–21; Singer-Avitz, 2009: 115–117; Beck, 2012: 198; Niehr, 2013: 36–38; Lemaire, 2013: 98–99; Lemaire, 2016: 198–199; Zwickel, 2012; Blum, 2013: 48–50; Puech, 2014: 192; Smoak/Schniedewind, 2019: 2. Zur Meinung des Ausgräbers vgl. Meshel, 2012a: 67. 52 Inwieweit hier Verbindungen zu einer weiblichen Gottheit (Aschera) anzunehmen sind, ist schwer zu entscheiden (vgl. Schroer, 1987: 38; Weippert, 1994: 18–19; Cornelius, 2004: 100–101; Kamlah, 2006; Keel/Uehlinger, 2010: 242; Merlo, 2010; Sugimoto, 2012; Wyse-Rhodes, 2015; Eichler, 2019). 53 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. XXI:1; Ciafaloni, 1995: 545–546. Zu den Elfenbeinen aus Nimrud: Mallowan, 1966: Fig. 436–437; Keel, 1980: 135, Abb. 119; Winter, 2010: 326, Fig. 19; Herrmann/Laidlaw, 2013: Pl. 118–122, No. 558–571.573–576; zu den Elfenbeinen aus Arslan Tash: Thureau-Dangin, 1931: Pl. 37, No. 63; Pl. 39, No. 71; Pl.41, No. 75; Fontan/Affanni, 2018: 151–175; Cat. 104–151. 54 Vgl. Schroer, 2018: 558–564. 55 Vgl. Schroer, 2018: 320–323, Nr. 1254–1257. 56 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. IX; XV–XXI. 57 Vgl. z. B. Mallowan, 1966: Fig. 560 (ND9434a). 51
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Neben den religiösen Symbolen hat die royale Ikonographie großen Stellenwert in der kleinen Handelsstation. T. Ornan hat die einzelnen Darstellungen untersucht und sehr überzeugend die Bezüge zur königlichen Kunst herausgearbeitet.58 Auf die einzelnen Motive soll nun mit einigen ausführlicheren Beschreibungen eingegangen werden. Einige der Tierdarstellungen, die sich auf den Pithoi und auf einer weiteren Scherbe finden, sind hier zu besprechen.59 Von der Darstellung eines Ebers auf Pithos A sind nur Kopf und Vorderläufe erhalten (Abb. 1:B). Der Erhaltungszustand der Scherbe ist schlecht und die Zeichnung kaum zu erkennen. Interessant ist eine spiralartige Struktur, die sich im Bereich der Vorderläufe des Tieres befindet. Möglicherweise handelt es sich dabei um die Darstellungen von Eingeweiden, die aus dem Rumpf des Ebers hervorquellen.60 Falls das Motiv ein erlegtes Tier darstellt und damit in Zusammenhang mit einer Jagdszene gebracht werden kann, kann hier ein Bezug zu royaler Ikonographie und Ideologie hergestellt werden.61 Als nächstes sind die Löwendarstellungen auf den Pithoi zu nennen, die mit dem Motiv der königlichen Löwenjagd in Verbindung zu bringen sind.62 Löwen wurden nicht zur Nahrungsbeschaffung, sondern aus rein propagandistischen Zwecken gejagt.63 Die Löwenjagd ist ein in Assyrien verbreitetes Motiv, das die königliche Macht par excellence symbolisiert.64 P. Beck nimmt hier des Weiteren Bezüge zu hethitischen Traditionen an, die sie in erster Linie an den herausragenden Zungen der Tiere festmacht.65 Ein weiteres Einzelmotiv zeigt ein vor einen Streitwagen eingespanntes Pferd (Abb. 1:V). Erhalten sind hier Hals, der hintere Teil des Kopfes und die Vorderläufe des Tieres, an denen Zügel und Zaumzeug erkennbar sind. Mehrere Zügel verlaufen vom Hals des Pferdes etwa in die Richtung des vermeintlichen Wagenlenkers und parallel am Rücken entlang nach hinten. Die Fahrt im Streitwagen ist ein gleichfalls aus Assyrien bekanntes Motiv, das allerdings in Kuntillet ʿAǧrud in einigen Details abweicht. Auf assyrischen Darstellungen laufen die Zügel in den meisten Fällen in einem Ring zusammen und sind eher im Schulterbereich des Pferdes befestigt, die Seiten der Geschirre sind geschmückt. Auf Darstellungen aus peripheren Regionen fehlen hingegen die Schmuckelemente und der Zügelring.66 In Kuntillet ʿAǧrud wurden demnach die assyrischen Elemente des Motivs mit den Elementen der Darstellungen aus der Peripherie vermengt. Bei 58
Vgl. Ornan, 2016. Vgl. Ornan, 2016: Fig. 3. 60 Vgl. Beck, 2012: 159–160. Dazu Winter, 1973: 163–164. 61 In Hazor wurde eine Kalksteinplakette mit einem eingeritzten Eber gefunden (Yadin, et al., 1960: Pl. 187:21, 359:1). Darstellungen der Eberjagd deuten darauf hin, dass Wildschweine übliches Wild waren und auch gegessen wurden. Das Verbot des Verzehrs von Schweinefleisch stammt aus späterer Zeit (vgl. Ornan, 2016: 9; Sapir-Hen, et al., 2013). 62 Außerdem findet sich auf Pithos B der Schwanz eines weiteren Löwen (vgl. Ornan, 2016: 6; Uehlinger, 2016: 495). 63 Vgl. Ornan, 2016: 6. 64 Vgl. Strawn, 2005: 163–174, 449–456. 65 Vgl. Beck, 2012: 163. 66 Vgl. Madhloom, 1970: Pl. XV:I. 59
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den Pferdedarstellungen aus Kuntillet ʿAǧrud kann durchaus an Motive im Kontext royaler Ikonographie gedacht werden, die ursprünglich den König als Kriegshelden mit den Statussymbolen Pferd und Streitwagen gezeigt haben könnten.67 In den Themenkreis Krieg und Kampf ist weiterhin die Darstellung eines Bogenschützen auf Pithos B einzuordnen (Abb. 2:K). Nur der Kopf und der obere Teil des Körpers sind zu erkennen. Der Bogenschütze hält den stilisiert dargestellten Bogen in beiden Händen, am Ende des rechten Armes stelle eine Art Verdickung die Hand, die die Bogensehne umfasst, dar. Bereits vor der EZ taucht das Motiv im Kontext royaler Ikonographie auf und zeigt den Bogenschützen als königlichen Jäger.68 Mehrere weitere Figuren können im Kontext höfischen Lebens angesiedelt werden. Darunter möglicherweise die Zeichnung eines Leier-Spielers, die sich auf Pithos A befindet (Abb. 1:U). Der Kopf des Musikanten ist im Profil dargestellt und eher schlecht erhalten. Die Arme sind übernatürlich lang und halten ein Instrument, das als Leier gedeutet werden kann. Interessant sind die über den Körper der Figur verteilten Punkte, die P. Beck als Parallelen zu den Mustern der Qurayyah-Ware deutet. Es handelt sich hierbei um eine Keramikware, die aus dem arabischen Raum stammt und mit dem wiederkehrenden Motiv übergroßer Hände eine weitere Gemeinsamkeit mit den Figuren aus Kuntillet ʿAǧrud aufweist.69 Darstellungen von Leierspielern sind in der Kunst des Vorderen Orients weit verbreitet und stehen teilweise in Verbindung mit der Gottheit Bes.70 Aufgrund der recht ähnlichen Gestaltung und der Anordnung der Figuren ist daher eher von einer zusammengehörenden apotropäischen Motivgruppe auszugehen.71 Letztendlich können aber hier gleichfalls unabhängig voneinander zu verstehende Figuren angelegt worden sein. Eine weitere Szene ist nicht eindeutig zu deuten, kann aber möglicherweise ebenso im Zusammenhang höfischen Lebens angesiedelt werden. Es handelt sich in diesem Fall um eine Prozession aus fünf menschlichen Figuren auf Pithos B (Abb. 2:M–Q).72 Die Figuren unterscheiden sich in einigen Details wie den Haartrachten oder Kopfbedeckungen und der Länge der Gliedmaßen. Die Figuren und
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Vgl. Keel/Uehlinger, 2010: 240; Ornan, 2016: 8. Vgl. Schroer, 2018: 130–136. 69 Vgl. Beck, 2012: 171. Zur Ware vgl.: Glueck, 1967: Fig. 3 und Fig. 4; Van Beek, 1969: 355–356; Parr/Harding/Dayton, 1970: Fig. 16:6; Rothenberg, 1972: 155, Fig. 47:1–4, Pl. XXIV. Während sie im arabischen Raum ins ausgehende 2. Jt. v. Chr. datiert, wird die Ware weiter nördlich bis ins 9. Jh. v. Chr. genutzt. (Bienkowski, 2001: 261; Bienkowski/ van der Steen, 2006: 15.) Ihre charakteristische geometrische und zum Teil figürliche Motivik hat Parallelen in Felsmalereien, Keramik und Reliefkunst der südlichen Levante, Arabiens und dem nordöstlichen Afrika (Levy, 2009: 255–258; Tebes, 2014). 70 Vgl. Porada, 1956; Buchner/Boardman, 1966; Avigad, 1978: Fig. 2–17; Avigad/Sass, 1997: 60, Nr. 30; Zazoff, 1983: 61; Boardman, 1990; Miron, 1990: Fig. 24; Schroer, 2018: Nr. 1585. Vgl. möglicherweise auch die Scherbe aus Hazor (Yadin, et al., 1961: Pl. CLXXXIX:28; Ben-Tor, et al., 1989: 45). 71 Vgl. Beck, 2012: 173. 72 Vgl. Ornan, 2016: Fig. 4. 68
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die Komposition der Körper zeigen wiederum Parallelen zur Qurayyah-Ware.73 Die in die gleiche Richtung voranschreitenden Personen sind entweder als Beterprozession, marschierende Soldaten oder Prozession von Höflingen vor dem König zu interpretieren. Noch eindrucksvoller als die Zeichnungen auf den Pithoi sind, trotz des schlechten Erhaltungszustands, die in Kuntillet ʿAǧrud aufgefundenen Wandmalereien. Sie finden sich größtenteils im stark erodierten Building B der Anlage, in dem sich vermutlich noch wesentlich mehr dekorative Malereien befanden.74 Eines der figürlichen Motive zeigt Menschen auf einer Stadtmauer (Abb. 9).75 Dieses Motiv ist ebenfalls von Elfenbeinen und Metallschalen bekannt und taucht ähnlich auf assyrischen Reliefs auf.76 Es kann angenommen werden, dass das Motiv über Handelsbewegungen seinen Weg nach Kuntillet ʿAǧrud fand und möglicherweise von Assyrien aus beeinflusst wurde.77 Die Darstellung der zu verteidigenden Stadt gehört zum Themenkomplex königlicher Ikonographie.78 Das bemerkenswerteste Motiv der Wandmalereien in Kuntillet ʿAǧrud zeigt eine sitzende, menschliche Figur (Abb. 7).79 Eine ähnliche Darstellung taucht auf einer Einzelscherbe auf und lässt darauf schließen, dass diese Zeichnung als Vorlage für die spätere Wandmalerei diente, wobei sich jedoch die beiden Varianten in Perspektive und mehreren weiteren Details unterscheiden.80 Die Wandmalerei befindet sich am Eingang von Building A und fällt so bereits durch ihre exponierte Position auf. Der Wandverputz, auf dem die Wandmalereien angebracht wurden, war bei der Auffindung bereits in mehrere Teile zerfallen, wobei einige der Fragmente an Verbindungsstellen zusammengesetzt werden konnten. P. Beck erstellte daraufhin eine Rekonstruktion der ganzen Figur.81 Erhalten waren der Kopfbereich, in dem Haare und die schwachen Umrisse von Auge und Nase erkennbar sind. Daran grenzt eine kleine Ecke eines Gegenstandes an, den die Figur an ihr Gesicht führt und den P. Beck als Lotusblüte rekonstruiert. Mit dem appa labānuGestus ist das zur Nase Führen einer Pflanze im Zusammenhang von Darstellungen mesopotamischer Herrscher belegt.82 Hier lässt sich zwar der häufig in das Motiv integrierte Pflanzenhalm, der vom Herrscher zur Nase geführt wird, nicht zweifelsfrei identifizieren, doch möglicherweise handelt es sich um einen Palmenschössling, der im westsemitischen Kontext dann als Lotusblüte auftaucht.83 Es könnte hier allerdings auch ein anderes Objekt dargestellt worden sein, da nicht mit Gewissheit ausgeschlossen werden kann, dass die Figur ursprünglich zu 73
Vgl. Parr/Harding/Dayton, 1970: Fig. 16:10; Rothenberg, 1972: Fig. 47:4, Pl. 101; Tebes, 2014: 176–179. 74 Vgl. Beck, 2012: 144, Fig. 6.1. 75 Vgl. Ornan, 2016: Fig. 1a:3. 76 Vgl. King, 1915: Pl. 50; Gjerstad, 1946: Pl. VI; Mallowan/Davies, 1970: N. 6; Schachner, 2007: 166, Abb. 114; Schroer, 2018: 646–651. 77 Vgl. Beck, 2012: 185–186; Zwickel, 2012: 364–365. 78 Vgl. Ornan, 2016: 8. 79 Vgl. Beck, 2012: Fig. 6.39. 80 Vgl. Beck, 2012: 178. 81 Vgl. Beck, 2012: Fig. 6.39 und 6.39a. 82 Vgl. Uehlinger, 1997: 305. 83 Vgl. Kühn, 2018: 159–160.
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einem größeren Komplex oder einer Figurengruppe gehörte. Eines der nur sehr schlecht erhaltenen Putzfragmente scheint einen Arm darzustellen, der als Teil einer weiteren Figur zu interpretieren ist. Es könnte sich hier zum Beispiel um mehrere Gabenbringer, die Geschenke herantragen oder eine größere Bankettszene gehandelt haben. Als Alternativrekonstruktion zur Lotusblüte wäre in diesem Fall eine Trinkschale denkbar. Aufgrund der prominenten Position am Eingang des vermutlich als Verwaltungsgebäude genutzten Buildings A ist die Figur als Darstellung des thronenden Königs zu deuten. Die Stelle wurde von jedem Besucher passiert und stellt so die Bedeutung des Herrschers für Kuntillet ʿAǧrud klar heraus. Eine ähnliche Funktion hatte das Herrscherbild auf der Rückseite des Ḫilani von Tell Halaf, das den Herrscher ebenfalls mit einer Blüte in der Hand zeigt. D. Kühn führt zu seiner Position aus: „Sicher scheint mir jedenfalls zu sein, dass es ganz bewusst am Vorplatz des Eingangstores zum Palastbezirk angebracht worden ist. Jeder Besucher des Palastes kam an diesem Bild vorbei, bevor er durch das Skorpionentor in den eigentlichen Palastbezirk gelangte. Durch das Bild wurde ihm deutlich gemacht, dass er eine königliche Residenz betrat.“84 Darstellungen von thronenden Herrschern, welchen sich Gabenbringer und Huldiger in einer Prozession nähern, sind zahlreich belegt und stellen den König häufig mit einer Lotusblüte, wie sie P. Beck für die Malerei in Kuntillet ʿAǧrud rekonstruiert, in Händen dar.85 Drei weitere herauszustellende, vergleichbare Darstellungen sind eine sitzende Figur aus Ramat Raḥel, die allerdings stark assyrische Züge aufweist und ins 7. Jh. v. Chr. datiert. Hier wurde vermutlich der König auf einem Prunkwagen dargestellt.86 Außerdem eine Figurine aus Tel Reḥov, die Parallelen zur Ikonographie des Nordreiches deutlich macht und die oben bereits erwähnte Elfenbeinschnitzerei aus Samaria.87 Der Deutung der Figur aus Kuntillet ʿAǧrud als Herrscher des Nordreiches wurde teils widersprochen und so interpretiert W. Zwickel sie als assyrischen König, während der Ausgräber Z. Meshel davon ausgeht, dass es sich um eine weibliche Gottheit handelt.88 Die Identifikation der Figur als offizielles Bild des israelitischen Königs ist jedoch die schlüssigste. Sie kann als „Platzhalter für 84
Kühn, 2018: 160. Vgl. spätbronzezeitliche Darstellungen auf Elfenbeinen aus Megiddo (Porada, 1973: Fig. 6 und 7; Ziffer, 2013b: 46–47) und einem Kästchen aus Tell el-Farʾah (Loud, 1939: Pl. 4; Ziffer, 2013b: 46–47); ein Elfenbeinplättchen aus Samaria (Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. 11,1; dazu auch Schmitt, 2001: 96–98); mehrere Darstellung aus Nimrud und Samʾal (vgl. Schroer, 2018: Nr. 1673–1674; die Kuttamuwa-Stele (Struble/Herrmann, 2009: Fig. 3); die Darstellung des Bar-Rakkib (von Luschan, 1911: Taf. 60; Gilibert, 2011: 212 Zincirli 66; Schroer, 2018: Nr. 1887)), den Aḥirom-Sarkophag (Gangloff, 2008: 433– 436). In assyrischen Darstellungen z. B. aus Til Barsip hält der König einen Stab und eine Lotusblüte (Ziffer, 2013b: 49–51). 86 Vgl. Aharoni, 1964: Fig. 30:1, Pl. 28; Matthiae, 1964; Geva, 1981; Barkay, 2006; Cornelius, 2015; van Dijk-Coombes, 2018. 87 Vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: 26–27; Pl. XI; Mazar, 2007; Ornan, 2016:7. 88 Vgl. Goren/Meshel, 2012: 19; Meshel, 2012b: 66; Zwickel, 2012: 364–365. 85
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jeden König“ verstanden werden und ist so nicht als „persönliches Portrait“ Joaschs oder Jerobeams II. zu interpretieren.89 „Das Motiv des thronenden Mannes und der Lotusblüte in seiner Hand steht in der Kontinuität der syro-phönizischen Kunst der Eisenzeit I und weist ihn als thronenden Herrscher aus. Aufgrund des äußerst fragmentarischen Zustands lässt sich aber weder die Szene genauer rekonstruieren, noch eine Zuordnung zu einem bestimmten historischen König herstellen.“90 In Bezug auf den ikonographischen Themenkreis um König und königliche Herrschaft, lassen sich vor allem Anlehnungen an die assyrische Kunst feststellen. Die Assyrer, wenn auch unter den Königen Joasch und Jerobeam II. hauptsächlich im eigenen Reich und im Norden in der Auseinandersetzung mit Urartu beschäftigt, stellten die Macht dar, die die Levante von Osten her bedrohte.91 Die machtvollen assyrischen Könige und ihre Ikonographie prägten die künstlerische Inszenierung sowohl aramäischer Könige als auch die Darstellungen in Kuntillet ʿAǧrud.92 Als letzte Motivgruppe sollen die Ornamente besprochen werden (Abb. 10).93 Neben verschieden breiten Bändern und Punktmotiven, tauchen karierte Muster auf, die an Verzierungen der Qurayyah-Ware erinnern. Weitere Ornamente sind Palmettenbäume mit Voluten und Flechtbänder, die Ähnlichkeiten zu einem dekorierten phönizischen Gefäß aus Reḥov und dort entdeckten Siegelabdrücken an einer Wand aufweisen. Sie sind ferner von zahlreichen Elfenbeinen bekannt.94 Die Palmettenfriese, die mit Voluten und Lotusblüten ausgestaltet sind, stehen für Wohlstand und symbolisieren, ähnlich zum Volutenbaum mit Capriden, Wachstum und Fruchtbarkeit.95 Ob die Urheber der Pithoszeichnungen und der Wandmalereien dieselben Personen waren, lässt sich nicht mit Gewissheit feststellen. In keinem Fall sind erstere „final works of art“ oder ein zusammenhängendes Bildprogramm.96 Eher ist davon auszugehen, dass es sich um verschiedene Skizzen von willkürlich ange89
Vgl. Ziffer, 2013a: 51; Kühn, 2018: 214. Kühn, 2018: 214. 91 Vgl. Millard, 1994: 58–59. 92 Vgl. dazu auch Kühn, 2018: 140–147.158–160.163–165. D. Kühn interpretiert die Ikonographie in Bezug auf das Konzept der „zwei Körper des Königs“, deren eine Seite in Kuntillet ʿAǧrud im Besonderen in der Darstellung des thronenden Herrschers begegnet. 93 Vgl. Beck, 2012: Fig. 6.40 und 6.40a. 94 Vgl. Mazar, 2015: 28; Mazar, 2016: 38e, 139 Fig. 147, 71 Fig. 48. Entsprechende Elfenbeine: Mallowan, 1966: N. 391, 402, 420, 421, 504, 532; Mallowan/Davies, 1970: N. 2, 22, 61a, 75, 180, 199, 100, 102; Barnett, 1975: Pl. CXIII–CXVIII; S49, S51:a–h, S65:v–w, S68:a, S69; Sup Pl. 58; Herrmann/Laidlaw, 2013: 218–226. Außerdem die Palmettenfriese bei Herrmann, 1986: Pl. 224–225; 320–321 und Herrmann/Laidlaw, 2013: Pl. 133, N. 651. Zum länglichen Elfenbeinfries aus Samaria vgl. Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. 16,1, 16,2. Vgl. auch das Aufgreifen des bekannten Motivs in den Volutenkapitellen (Shiloh, 1979: 30–44). 95 Vgl. Ornan, 2016: 16. In diesem Zusammenhang können Flechtband und Palmettenfries die Prosperität des Königreichs und das Zusammenspiel von fruchtbarem Boden und Wasser symbolisieren. Vgl. dazu Collon, 1975: 193–194; Winter, 2003: 256 und Anm. 28. 96 Vgl. Ornan, 2016: 5–6. 90
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ordneten Einzelmotiven handelt. Die Wandmalereien hingegen waren Auftragsarbeiten, die von der zentralen Verwaltungsinstanz Kuntillet ʿAǧruds in Auftrag gegeben wurden und vermutlich von eigens bestellten Kunsthandwerkern ausgeführt wurden. Sie nutzten Scherben und möglicherweise auch die Pithoi um Ideen zu sammeln und zu skizzieren.97 Bei der Untersuchung der Zeichnungen und Wandmalereien aus Kuntillet ʿAǧrud fällt die Ähnlichkeit vieler Motive zu den eisenzeitlichen Elfenbeinen ins Auge. Weiterhin sind die verschiedenen Einflüsse aus dem assyrischen, syrischen, anatolischen und arabischen Raum auffallend. Beide Aspekte unterstützen die Deutung Kuntillet ʿAǧruds als Handelsstation und „meeting point“98, an dem Personen verschiedener Herkunft zusammenkamen.
5. Prestige und Habitus In Kuntillet ʿAǧrud wurden nicht nur für die Skizzen auf den Pithoi und Einzelscherben, sondern auch für die Wandmalereien Motive gewählt, die es vermochten, Botschaften auszudrücken und den Betrachtern diese zu vermitteln oder die als besonders attraktive Dekorationselemente fungierten. An dieser Stelle kommt erneut der Begriff des „Habitus“ ins Spiel. „Habitus represents structured ways of thinking that lead an individual to act in a reactionary or reflexive manner. Habitus is the physical response of an individual to the world around them, a world which is compelling them to think, act, and live a certain way.“99 Kuntillet ʿAǧrud wird auch in dieser Hinsicht zu einem einzigartigen und bemerkenswerten Fundort. Denn die Funde zeigen, dass Personen mit verschiedenen Prägungen, mit verschiedenen Arten, zu denken und wahrzunehmen an einem Ort zusammenkamen und die dort schaffenden Individuen durch ihre Lebensart beeinflussten. Dies geschah, obwohl oder eher weil Kuntillet ʿAǧrud fernab von anderen Siedlungen, mitten in einer unwirtlichen Wüstenregion lag und obwohl es sich um eine Gründung des Nordreiches handelte, die unter dessen strenger Kontrolle und Aufsicht stand. Die Motive der Wandmalereien zeugen vom Prestige des Königs im fernen Samaria und somit zugleich vom Einfluss des Befehlshabers vor Ort. Es wird deutlich, dass die Legitimierung und der Machtanspruch des israelitischen Herrschers bis in weit von Samaria entfernte Einflussbereiche seines Reiches dringen sollte. Die luxuriös anmutende künstlerische Gestaltung des Handelspostens muss auf die Besucher einschüchternd und beeindruckend zugleich gewirkt haben und ein Teil des Glanzes der prunkvollen Residenzen Samarias fand so seinen Weg in die Wüste. 97
Vgl. Beck, 2012: 197. Vgl. zur Verwendung von Keramikzeichnungen als Skizzen auch Brunner-Traut, 1956: 6–10; Brunner-Traut, 1979; Robins, 1994: 162.177; Robins, 1997: 191–192. 98 Ornan, 2016: 22. 99 Grusendorf, 2016: 7.
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Die Motive mit eindeutig religiöser Konnotation wurden aufgrund ihrer apotropäischen, schutzbringenden und segensspendenden Funktion gezeichnet und standen mit der potenziell lebensgefährdenden Weiter- oder Heimreise in Verbindung.100 So mussten Schlechtes und Unheilbringendes abgewendet, Waren und die Handelsreisenden selbst geschützt werden.101 In Samaria hatten viele Motive, die sich auf den Elfenbeinschnitzereien finden, zwar ähnliche Bedeutungen, die den dortigen Besitzern auch bekannt und bewusst waren, doch in erster Linie war hier nicht deren Aussagekraft relevant, sondern das Prestige. Das edle Material der Elfenbeinobjekte, das sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung leisten konnte, tritt hier zu den Motiven hinzu.102 P. Bourdieu macht in seiner Habitus-Theorie stark, dass seltene Güter in besonderer Weise eine Konkurrenz um deren Besitz hervorrufen. Dabei trägt der „der Konsument selbst zur Hervorbringung des von ihm konsumierten Produkts bei […] durch jene Arbeit des Aufspürens und Entschlüsselns, die beim Kunstwerk etwa nicht nur Zeit und im Laufe der Zeit erworbene Einstellungen verlangt, sondern den ganzen Konsumakt und alle Befriedigung ausmachen kann.“103 P. Bourdieu stellt seine Analyse zwar in den Zusammenhang moderner Wirtschaftsmechanismen, doch die Annahme, dass der Wert der Produkte und das Wahrnehmen derselben Attribute ihnen erst durch die Konsumenten selbst zugeschrieben wird, lässt sich ebenso auf die Eisenzeit übertragen. Die Verwendung derselben Motive sowohl in einer Handelsstation mitten im unwirtlichen Umfeld der Sinai-Halbinsel als auch bei Objekten, die in den Hauptstädten und Herrschaftssitzen die Gemächer der Eliten schmückten, weist darauf hin, dass die Personen, die diese Objekte und Motive kannten, verstanden und teils besaßen, in denselben Wahrnehmungs- und Wertekategorien dachten. Diese Kategorien waren nicht nur im Nordreich Israel relevant, sondern in der gesamten eisenzeitlichen Levante.104 Es ist Abstand zu nehmen von der Annahme, dass die Produktion von Luxusgütern ausschließlich in den phönizischen Städten und im nordsyrischen Raum stattfand. Elfenbeine wurden auch in anderen Gemeinwesen hergestellt und dabei dieselben Motive verwendet.105 Inwiefern sich die Ausführungen dabei unterschieden und welche Rolle hier die einzelnen Werkstätten oder Kunsthandwerker spielten, lässt sich heute nicht mehr beantworten. Die Verbreitung eines levantinischen oder westsemitischen Habitus hinein in den westlichen Mittelmeerraum kann hingegen, wenn auch nicht ausschließlich, phönizischen Handels- und Expansionsbemühungen zugerechnet werden, die nicht nur Keramiktypen und Kunst mit in den Westen brachten, sondern auch Architekturelemente, ihre Schrift und Sprache. In den phönizischen Städten waren die technischen Möglichkeiten und Kapazitäten gegeben, die die Unternehmung dieser weiten Reisen erlaubten.106 100
Vgl. Ornan, 2016: 4.13. Vgl. Ornan, 2016: 22. 102 Vgl. dazu auch die Gerichtsworte des Propheten Amos (Am 3,15 und 6,4). Dazu Feldman, 2015: 109. 103 Vgl. Bourdieu, 1987: 172. 104 Vgl. Feldman, 2014: 58–64. 105 Vgl. Uehlinger, 2005. 106 Vgl. Bartoloni, 1995; Sader, 2015: 675; Edrey, 2019: 121–137. 101
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Die neuere Forschung zeigt allerdings, dass von „connectivity and networking with no single point of origin and no single point of geographical orientation“107 auszugehen ist. Diese neuen Handelsnetzwerke der Eisenzeit gründeten sich im Osten zudem nicht ausschließlich auf die phönizischen Städte, sondern auch auf weitere Königreiche, die Zugang zum Mittelmeer hatten und sich in diese Richtung orientierten.108 Neueste Befunde zeigen auch für aramäische Königreiche mögliche Verbindungen mit dem ägäischen Raum auf, die nicht zwangsläufig eine Vermittlungsinstanz voraussetzen.109 Inwieweit sich mit der Ausbreitung von Kunst, Handwerk und Architektur auch der Habitus und somit die transportierte Botschaft bestimmter Motive verbreitete, ist schwierig zu entscheiden. Klar ist jedoch, dass es hier nicht zu einer reinen „Orientalisierung“ der Kultur kam, sondern die lokalen Traditionen erhalten blieben, durch die neuen Impulse variiert wurden oder mit den neuen Einflüssen verschmolzen. Gründe und Ausformungen der Handelsniederlassungen im westlichen Mittelmeerraum waren vielfältig.110 Eine Untersuchung der Funde aus dieser Region kann im Rahmen dieses Artikels nicht behandelt werden, doch auch in Kuntillet ʿAǧrud begegnen uns ähnliche Amalgamierungen von Einflüssen aus verschiedenen Regionen. Wie oben gezeigt, weisen die Darstellungen verschiedene Parallelen zu Motiven auf, die von eisenzeitlichen Prestigeobjekten und aus der königlichen Ikonographie bekannt sind. Interessant ist aber, dass – neben den Einflüssen, die sich generell in der levantinischen Kunst der Eisenzeit niederschlagen – in Kuntillet ʿAǧrud noch eine weitere Einflusssphäre auftaucht und von P. Beck identifiziert wird. Es handelt sich um die arabische Halbinsel, deren Kunst sich in den Motiven aus Kuntillet ʿAǧrud widerspiegelt. P. Beck schlägt daher für den Stil der Pithoszeichnungen die Bezeichnung „Phoenico-Arabian“ vor.111 Unter Berücksichtigung der behandelten Aspekte kann jedoch vielmehr von einem „levantinischarabischen“ Stil gesprochen werden, der Elemente vereint, die sowohl innerhalb einer Gruppe von Produzenten und Rezipienten mit denselben oder ähnlichen kulturellen Voraussetzungen als auch über diese Gruppe hinaus verwendet wurden. Die Text- und Keramikfunde aus Kuntillet ʿAǧrud zeigen die enge Verbindung zum Nordreich und dessen Verbündeten auf, auf die Kontakte in den Süden deuten dagegen lediglich die Lage des Fundortes und die stilistischen Einflüsse auf Zeichnungen und Malereien hin. Die in Kuntillet ʿAǧrud ausgegrabene Gebrauchskeramik weist im Nordreich gebräuchliche Formen auf, Stücke der Samaria-Ware wurden petrographisch untersucht und nachweislich im Nordreich hergestellt. Die untersuchten Pithoi wurden dagegen aus Ton gefertigt, der aus der Gegend um Jerusalem stammt. Da Joasch während seiner Regierungszeit das Südreich unterwerfen konnte, wurden die schweren Vorratsgefäße vom näher ge107
Feldman, 2019: 379. Vgl. Belén Deamos, 2009: 195. 109 Lehmann, Vortrag im Rahmen des Workshops „New Studies on Iron Age Syria and Nearby Regions: Regional and Cross-Regional Perspectives“ des RIAB-Centers am 13.9.21. 110 Vgl. Markoe, 2007: 172; Vella, 2010: 24; Schweizer/Schön, 2015: 843. 111 Vgl. Beck, 2012: 182. 108
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legenen Vasallen geliefert.112 Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang das vollständige Fehlen der lokalen Negebite Ware, die häufig in Kadesh-Barnea auftaucht, einem Fundort, der ebenfalls als Handelsstation zu bewerten ist und vermutlich zur selben Zeit wie Kuntillet ʿAǧrud als solche genutzt wurde, allerdings eine wesentlich längere Siedlungsgeschichte aufweist.113 Eine mögliche Deutung für das Fehlen, der wohl von der lokalen nomadisch lebenden Bevölkerung gefertigten Ware ist, dass Kuntillet ʿAǧrud in erster Linie als offizielle und königliche Wegstation diente. Hier war der König (par excellence), in Form seines Bildes, präsent und hier wurden Prestige, Prunk und Reichtum des Königshauses zur Schau gestellt. Händler nicht-israelitischer Herkunft passierten den Ort ebenfalls, sie hielten sich dort aber nicht für längere Zeit auf. Lediglich einige königliche Schreiber, der vom König eingesetzte Vorsteher und gegebenenfalls engagierte Kunsthandwerker bewohnten den Ort dauerhaft. Dies erklärt auch die geringe Zahl an Gebäuden und deren überschaubare Größe. Die Tiere der Karawanen, die zwangsläufig gemeinsam mit den Handelsreisenden in Kuntillet ʿAǧrud eintrafen, wurden außerhalb des eigentlichen Ortes untergebracht und hinterließen so leider keine archäozoologischen Spuren.114 Unter den späten Nimsiden und im Besonderen unter Jerobeam II. konnte das Nordreich seinen Einflussbereich und seine Bedeutung im Gefüge der Mächte der Region entscheidend ausweiten.115 Es wurde nun erstmals zur entscheidenden Größe und zum gleichgestellten Partner bei zahlreichen Handelsaktivitäten. Aufgrund des Zugangs zu wichtigen Handelswegen bot sich Israel in besonderer Weise als Verbündeter an und konnte im Gegenzug nun auch am Handel mit dem westmediterranen Raum teilhaben.116 Kuntillet ʿAǧrud fungierte als Bindeglied zwischen den politischen Gemeinwesen der Levante und der arabischen Halbinsel, die im 8. Jh. v. Chr. immer wichtiger für Handelsunternehmungen wurde.117 Dies spiegelt sich wider in der vor Ort aufgefundenen Kunst und ihrer Hybridität, die davon zeugt, dass in Kuntillet ʿAǧrud neue Praktiken entstanden, Motive umgeformt wurden und Personen in neuen Konstellationen aufeinandertrafen. So beeinflussten dort verschiedene Aspekte die Identität und somit bis zu einem gewissen Punkt den Habitus und „commonsense“118 einer Gruppe von Personen.
112
Vgl. Ayalon, 2012: 217–219. Vgl. Tebes, 2006: 99–100; Cohen/Bernick-Greenberg, 2007: 10–11. 114 Vgl. Kolska Horwitz, et al., 2012: 334–335. Table 12.3. 115 Vgl. Andersen/Freedman, 1989: 595–596; Hasegawa, 2012: 129; Finkelstein/Lipschits/ Sergi, 2013; Finkelstein, 2014: 151–152; Sergi, 2017: 336–337; Finkelstein, 2020: 19–20. 116 Vgl. Niehr, 2013: 32–36. 117 Vgl. Jasmin, 2005; Frevel, 2019. 118 Vgl. Feldman, 2014: 51. 113
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Abbildungsnachweise Abb. 1: Ornan, 2016: Fig. 3. Abb. 2: Ornan, 2016: Fig. 4. Abb. 3: Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. I:1. Abb. 4: Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. XIII:2. Abb. 5: Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. XVI:2. Abb. 6: Crowfoot/Crowfoot, 1938: Pl. XI:1. Abb. 7: Meshel, 2012a: Fig. 6.39. Abb. 8: Mallowan 1966, 521 (ND6310). Abb. 9: Ornan, 2016: Fig. 1a:3. Abb. 10: Ornan, 2016: Fig. 2:22.
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Abbildungen
Abb. 1
Abb. 2
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Abb. 3
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Abb. 7 Abb. 6
Abb. 9
Abb. 8
Abb. 10
Le Carnaval des Animaux The Material Imagery of Animals on the Small Orthostats at Tell Halaf Izak Cornelius Stellenbosch
1. Introduction The relationship between animals and humans is both a complex and an ancient phenomenon.1 In this regard animal imagery goes back to the earliest periods of human culture in Southwest Asia, e. g. at Göbekli Tepe ca. 9400–8800 BCE and Çatal Höyük ca. 7100–5950 BCE.2 The material imagery of Tell Halaf (Guzana)3 in Northern Syria ca. 10th century BCE contains a variety of motifs, which include what has been described as a bestiarium or an encyclopaedia of wild and domesticated animals.4 This contribution in honour of Herbert Niehr deals with animals as depicted in stone on the so-called small orthostats from Tell Halaf. Herbert Niehr has contributed greatly to our understanding of the culture of Tell Halaf, especially its religion.5 With 1
Staubli/Schroer, 2014: 97–102. On fauna in general see van Buren, 1939; Collins, 2002a; Gilbert, 1995: 164–169 and 2002 (classification, name and range); Janowski et al., 1993; Keel, 1978; Keel et al., 1984: 100–174; Keel/Staubli, 2001; Llewellyn-Jones/Lewis, 2018; Recht/Tsouparopoulou, 2021; Schroer, 2010; Streck, 2011–2016 (with a list of entries on fauna in RlA). On animals at Ugarit, see Cornelius, 2007. 2 Peters/Schmidt, 2004 and Der, 2020. 3 For the excavations and importance of the site see the summaries in Canby, 1985; Cholidis, 2014; Cholidis/Martin, 2011; Cholidis/Martin/Boehme, 2011; Cornelius, 2020 (with Bibliography) and Martin, 2016, the description by von Oppenheim, 1931 and Cholidis/Martin 2002; and the official reports Tell Halaf I–VI: Schmidt, 1943; Naumann, 1950; Moortgat, 1955; Hrouda, 1962; Cholidis/Martin, 2010; Baghdo, 2022. For the new excavations see Martin, 2018 and Baghdo et al., 2009 and 2012. 4 Dubiel, 2014: 123–124 and Bonatz, 2001a: 31. 5 See e. g. Niehr, 2010: 213–223, 2014a, 2014b: 128–150 and 2015. I thank Herbert for the many decades of friendship which goes back to when I first met him in Stellenbosch at the house of Paul Kruger. Since then I have spent various longer sabbaticals in Tübingen with him as host and with the kind financial support of the Alexander von Humboldt-Stiftung. Herbert was always willing to write a “Gutachten” for an application for funding to spend a period in Tübingen or to purchase equipment funded by the Stiftung in order to do my research. This article forms part of research undertaken with the financial support of the Stiftung. Part of it was most recently undertaken in November 2019 during a stay in Leipzig (which enabled me to study the Tell Halaf material kept in Berlin) with host Angelika
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regard to the animal motifs under discussion here, he writes that the depictions of hunting and wild animals and the orchestra of animals, “underline the concept that the king holds power over nature, wild beasts …. Keeper of world order. The motifs of goats and stylized trees … point to the fertility of the land.”6 Animal imagery in the form of large statues, e. g. the lion, lioness and bull (Bc, 1– 3)7 and on the large orthostat reliefs, e. g. bull, lion and deer (Ba, 1, 3, 4, 6) as well as the enigmatic big bird (Bd, 1) will not be discussed here. The same applies to reliefs with animals on the large animal statues and some other reliefs.8 Only natural animals are included in the discussion and not hybrid or composite beings (socalled “Mischwesen”) such as winged lions or griffons (e. g. A 3,149). There are also animals on seals which will not be included.9 The animal statues referred to clearly show a lion, lioness or a bull (Bc, 1–3), as is the case with the animals on the large orthostat reliefs (Ba, 1, 3, 4, 6). The matter is somewhat different when one looks at the enigmatic small orthostat reliefs. Whereas certain animals are easy to identify, there are problems linking some of the animal imagery with known animal species.10 In order to identify certain animals it is necessary to devote attention not only to iconographic style, but also to zoological characteristics. In this regard the expertise of biologists and zoologists could be included, yet in some cases it might be that the artisans were just not well acquainted with the animal that they wanted to represent. Animals appear on their own, but also together with other animals, sometimes in combat, or together with flora and in relation to humans. For example, some animals are depicted as riding animals as is the case with horses, or they are shown being hunted by humans. Many animals are shown in a context as in chariot scenes and as a larger group “performing” as on the so-called “Tierkapelle”.
Berlejung to whom I am also grateful. I also thank Nadja Cholidis, Lutz Martin, Daniel Budke and Tayfun Bilgin, as well as my South African colleagues Renate van DijkCoombes and Liani Swanepoel for their input. 6 Niehr, 2014b: 137. He cites Denel, 2011: 385 who writes on the animal motifs as symbols of the king’s power and authority. 7 The numbering system as in Moortgat, 1955 or Cholidis/Martin, 2010: 466–471 is followed. 8 See Bb, 1–4; other relief fragments show a horse rider (D, 2) and a bird (Cholidis/Martin, 2010: Tafel 66:32). 9 See Hrouda, 1962: Tafel 23–26. 10 A case in point are the horned animals which might be ibexes or gazelles, see on this issue also Keel, 1990: 263–265.
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2. The Small Orthostats
Fig. 1: Small Orthostats in situ11
The small orthostats (A 3,1–178)12 come from the southern side of the Western palace (so-called Tempelpalast)13 on the citadel of Tell Halaf (fig. 1). They are called “small” to differentiate them from the larger ones (Ba, 1–7) from the north side. These smaller orthostats are between 45 and 80 cm. high and 40–60 cm. wide, but the larger orthostats are up to 1.55 m. high and 1.9 m. wide (Ba, 7). There is one example among the small orthostats which is 1.17 m. wide (A 3,174). The 11
Courtesy Daniel Budke, Max Freiherr von Oppenheim Stiftung, Köln. On these reliefs see the description by Cholidis/Martin, 2010: 136–155, with photographs according to motifs on 165–195 and the overview of all items tabulated on 156– 164 (Tabelle 2); Dubiel, 2014: 123–127 (with some colour photographs) and 188–190 for the catalogue of the Bonn exhibit; Gilibert, 2013: 46–47; Naumann, 1950: 81–85; Moortgat, 1949: 110–117, 1955: 34–212 for items A 3,1–178; von Oppenheim, 1931: 125–162; Orthmann, 1971 does not have a full catalogue, but does include some photographs (Tafel 8–13); Orthmann, 2002: 74–89, with full catalogue 106–126 3.1–3.187 and 535–536 7.3– 4; Özyar, 1992: 175–218 and 2008. See for photographs https://arachne.uni-koeln.de/ arachne/index.php?view%5Blayout%5D=search_result_category&view%5Bcategory%5 D=marbilderoppenheim&view%5Bcaller%5D%5Bproject%5D=oppenheim&search%5 Bmatch%5D=word-boundary&search%5Bconstraints%5D%5Bmarbilderoppenheim %5D%5BBandsignaturAlt%5D=29/21 [retrieved 23 June 2021] and now also the photographs in Blanchard, 2019: 356–371. 13 A term used by von Oppenheim, see Cholidis/Martin, 2010: Kapitel V and for a plan Abb. V.5 and Naumann, 1950: Plan 4–5. 12
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orthostats are made of either basalt or limestone.14 The alternating darker grey basalt and the lighter (sometimes painted red) basalt stones created a contrasting darker and lighter pattern.15 The stones covered an area of 57 m. and were placed at floor level and served as benches for visitors, set on a 0.5 m. high mudbrick socle, with no dowels, but anchored into the wall by beams.16 An overview of the original find spots at the five towers (two strong corner towers or bastions and three smaller protruding ones)17 shows no clear pattern or some kind of narrative in the motifs to assist in the interpretation of the imagery or its possible function. A lot has been written on the re-use and alteration of some of the orthostats.18 It has been argued that the orthostats with inscriptions mentioning the “temple of the weather god” and “palace of Kapara” came from other buildings.19 The dating of the small orthostats and whether the material was used by King Kapara (ca. 9th century BCE), or rather one of his successors, remain problematic.20 The exact number of items is debatable because different numbering systems have been followed, but originally there were around 240 to maybe even 250 stones. Von Oppenheim talks of 187,21 with 182 found in situ, but following Niehr there could have been 194, of which 120 still exist.22 Not all of these contained reliefs, maybe around 175 or 178.23 174 of the 194 orthostats carry inscriptions: “temple of the weather god” or “palace of Kapara son of Hadianu.”24 14
Cholidis/Martin, 2010: Tabelle 2 (indicated as Mat.) has 98 made of basalt and 95 made of limestone; also indicated as B (Basalt) or K (Kalkstein) on 165–177 and the limestone ones on 178–182. 15 Özyar, 1992: 182: “as on a checkerboard.” See the photograph in Naumann, 1950: Tafel 18:2. This is also the case at the Long Wall of Sculpture at Karkamish where the conscious alternation of limestone and basalt stones created a chromatic rhythm (Gilibert, 2011: 33). See Gilibert, 2013: 46–47 for the effect on the observer. 16 Cholidis/Martin, 2010: Abb. V.134 and Naumann, 1950: Abb. 38 (8). See for modern reconstruction of the walls with the stones Blanchard, 2019: 331 and 336–337; Cholidis/ Martin, 2010: Abb. V.125 and the 3D-models in Grellert/Dubiel, 2014: Abb. 16, 18; Grellert/Schmid, 2015: Fig. 10. 17 Cholidis/Martin, 2010: Abb. V.121–122; Naumann, 1950: Plan 13 and figures in Orthmann, 2002: 107, 111, 115, 118, 123. 18 Bonatz, 2001a: 30, 2014: 219; Canby, 1976 and Özyar, 1992: 179–182, 2008: 406–420. One example is A 3,107 with two running animals which was placed upside down as a fill (Naumann, 1950: Tafel 13, stone 143 and Özyar, 1992: 179). A 3,135 with a crude tree branch was recarved and shows traces of the tail of a lion. 19 For the inscriptions see Cholidis/Martin, 2010: 183–195. 20 Cholidis/Martin, 2010: 141–146. 21 Von Oppenheim, 1931: 126. For other numbers see Özyar, 2008: note 30. 22 Niehr, 2014b: 130. The number is calculated by consulting Tabelle 2 in Cholidis/Martin, 2010: 156–164 [187 numbered stones + 6 extra ones +1 without a number]. Note that not all of the stones were found south of the Western palace, one was even found in the river Habur (A 3,40). A few stones are in the catalogue of Cholidis/Martin, 2010: 423–424 [items 17–25, Tafel 43–47]. For a discussion of the stones kept in museums and especially the stones lost, see Cholidis/Martin, 2010: 365–375 (Appendix 1). 23 Özyar, 1992: 178 and 2008: 404 argues for 175 with images and Orthmann, 2002: 74 for 178. Following Tabelle 2 in Cholidis/Martin, 2010: 156–164 with 18 indicated as “ohne Abbildung” subtracted from the total 194, gives 176 reliefs. 24 Cholidis/Martin, 2010: 164. It is also indicated with the photographs sorted according
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As far as the quality of the Tell Halaf imagery is concerned, Tubb talks of a “somewhat naïve style.”25 Canby calls the quality of the small orthostat imagery “minimal: this is really drawing on stone”; well-known motifs were copied, but “produced awkward, even comical compositions.”26
3. Motifs and Themes The discoverer von Oppenheim describes the representation of animals on the small orthostats in the following words: “… Tiere weit besser verstanden und wiedergegeben als Menschen… Während bei den großen Orthostaten stets alle vier Beine auf der Plinthe stehen, sind die Tiere auf den kleinen Orthostaten regelmäßig aufgerichtet und in die Diagonale des schmalen Steins gestellt. Das Bild wird hierdurch bewegter… Vielfach stehen die Tiere ganz auf den Hinterbeinen, fast wie Menschen aufrecht, die Vorderbeine hängen dann meist herab. Der Löwe hält immer eine Tatze wie zum Schlage hoch.”27 In a study on Southwest Asian animals, Friederichs deals with the animals from Tell Halaf, mainly drawing on the book by von Oppenheim, but also makes an attempt to link the imagery with zoological classifications.28 Moortgat deals with some animals in his discussion of the small orthostats.29 Mention has already been made of the view of Niehr. Animal imagery is not discussed as a type as such by Orthmann in his book on Late Hittite art, but as part of other categories: “Tierkapelle,” “Wagenjagdszenen,” “Jagd mit dem Bogen,” “Kampf mit Tieren.”30 His book on Guzana describes animal motifs31 and also cites the study by Kantor 195632 on the more appropriate way animals are rendered in contrast to the clumsy representations of humans, because the artists had examples from the minor arts.33 Potratz writes that with regard to fauna, Tell Halaf was “besonders erfindungsreich.”34 Özyar deals with animal motifs and some comparisons on seals.35 Dubiel describes some characteristics: animals are mostly shown in profile, but in one case a lion is shown biting his prey as seen
to motifs on 165–177 and on 183–195 sorted according to inscriptions. 25 Tubb, 2016: 134. 26 Canby, 1985: 337–338. 27 Von Oppenheim, 1931: 129–130. 28 Friederichs, 1933: 25–32. 29 Moortgat, 1949: 110–115. This book has some debatable interpretations. 30 Orthmann, 1971: Kapitel VIII. 31 Orthmann, 2002: 83–84. 32 It is more precisely Kantor, 1956: 173. 33 Orthmann, 2002: 76 footnote 35. 34 Potratz, 1961: 357. 35 Özyar, 1992: 175–218 [see the lists on 209–210 and 215] and 2008: 413–417 with Figs. 25–33b.
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from above (A 3,114), as might be the case with a frog and a toad (A 3,105).36 Animals are also highly stylized, e. g. showing the skin and muscles of some animals (A 3,77). Bonatz describes the animal scenes as very realistic; he mentions various animals, which gives an encyclopaedia of wild and domesticcated animals, and that there are some twenty or more different animals.37 Cholidis and Martin also list the fauna and the “Tierkapelle” (A 3,174).38 75 items have been identified which contain images of animals, which can be divided into seven broader groups:39 A. Animal Rider (fig. 2): horse riders (A 3,32–33) and a camel rider (A 3,34); B. Animal Hunter (fig. 3): hunters attacking animals (A 3,51–54) and the horsechariot hunt (A 3,56–58) with two different scenes that do not fit into the group: horse-chariot with human enemy (A 3,59) and a boat and fishes (A 3,60); C. Animal Alone (fig. 4): lion (A 3,61–70), bull (A 3,71–75), horse (A 3,76), stag/doe (A 3,77–80), gazelle (A 3,81–85), elephant or rhino (?) (A 3,86), wild boar (A 3,87–89), leopard (A 3,90), bear (?) (A 3,91–92), bird (A 3,93–94), goose (A 3,95), some type of bird (A 3,96), ostrich (A 3,97–99) and perhaps stag (A 3,100); D. Animal Group (fig. 5): bull and dog (A 3,101), stag and rabbit (A 3,102), stag and perhaps beaver (A 3,103), gazelle and lynx (?) (A 3,104), mole and toad (A 3,105), partridge and ostrich (A 3,106), two dogs (A 3,107); E. Animal Combat (fig. 6): lion and bull (A 3,108–111), lion and stag/doe (A 3,112–113), lion and lamb/calf (A 3,114); F. Animal and Plant (fig. 7): stag and tree (A 3,143–144), horned animals and tree (A 3,145–147) and two goats flanking a tree (A 3,148); G. Animal Other (fig. 8): a variety of animals as part of a “Tierkapelle” or orchestra (A 3,174–175) and, totally different, a man with a sow and piglets (A 3,178).
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Dubiel, 2014: 124, who also refers to examples of humans both in profile and facing the front (A 3,39 and 46). See in this regard the weather deity facing the front, both as a large orthostat relief and a small orthostat relief (Ba, 5 and A 3,001). 37 Bonatz, 2001a: 31–32, 2001b: 75, 2014: 219. He talks of fishing, but note that A 3,37 shows an angler, but no fish as such. Fishes are shown on A 3,60. 38 Cholidis/Martin, 2002: 22. 39 Again following the numbering system of Moortgat, 1955 in numerical order. Only one example for each of the seven groups is included as a figure, as it is impossible to do so for all 75 items. For photographs of all the items see Moortgat, 1955: 64ff. and Cholidis/ Martin, 2010: 166ff.
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Fig. 2: horse rider A 3,33
Fig. 3: horse-chariot hunt A3,56
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Fig. 4: lion A 3,61
Fig. 5: stag and perhaps beaver A3,103
Fig. 7: stag and flora A3,144 Fig. 6: lion and stag A3,112 Figs. 2–8: Selection of Animal Imagery40 40 Figs. 2 (VA 8851), 4 (VA 8862), 5 (VA 8861) and 7 (VA 8854): © Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum / Olaf M. Teßmer. Figs. 3 and 6: courtesy Tayfun Bilgin (https: //www.hittitemonuments.com). Fig. 8: courtesy Daniel Budke, Max Freiherr von Oppenheim Stiftung, Köln.
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Fig. 8: Tierkapelle A 3,174
3.1 Animal Alone Some animals are shown on their own and not together with other animals, flora or humans (3.2, 3.3, 3.4). The animal that occurs most often in this way is the “king of the animals”, namely the lion (fig. 4).41 There are ten examples: A 3,61–70. The lion is shown roaring (with open mouth and teeth) and standing raised on its hind legs. Bulls raised on their hind legs are shown (A 3,71–74).42 They are shown in “frozen form”43 and can be compared with the bull hunted from a chariot on A 3,57. The animal on A 3,75 is perhaps a young bull because of the horn and strongly built body.44 A 3,76 is a different type of animal, but rather to be identified as a horse than a donkey.45 The other horned animals are stags (A 3,77–78), with hornless does (A 3,79– 80),46 and gazelles (A 3,81–85). The best example in the last group is A 3,84.
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On lion symbolism and imagery see inter alia Cornelius, 1989 and Strawn, 2005. See Keel, 1992: 169–194 for bull imagery. 43 Özyar, 1992: 197. 44 Özyar, 1992: 209 has an onager. 45 Özyar, 2008: Fig. 28a has a horse, compare the animal with the seal impression with a horse on Fig. 28b. 46 For stags and does at Zincirli see Gilibert, 2011: 196–197 Zincirli 18–20. 42
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Totally unique is a huge quadruped animal A 3,86 with a small head, large eye and large teeth, identified as a rhino or an elephant,47 but it remains uncertain what is represented. Then follow three wild boars (A 3,87–89), a leopard48 because of the spots (A 3,90), and perhaps two bears (A 3,91–91). Birds which are shown alone are flying birds (A 3,93–94), a goose (A 3,95), another type of bird (A 3,96) and ostriches (A 3,97–99). A 3,100 is not a horse, but perhaps a stag because of what looks like antlers.49 3.2. Animal Groups Two types of animals shown in groups can be identified: there are scenes of animal combat and scenes of groups of animals. 3.2.1. Animal Combat There are a total of seven animal contests or images showing one animal attacking another. These include bulls and lions in combat (A 3,108–111). Such lion and bull fights go back to the earliest periods, especially the Akkadian period,50 but are not found at any other North Syrian site.51 One of the most beautiful examples of a lion attacking a bull is on the Apadana at Persepolis.52 At Tell Halaf one example is a “naturalistic”53 depiction of a lion attacking a bull from behind and biting its neck (A 3,108). In some cases it is as if the animals are dancing.54 Sometimes it is the other way around with the bull attacking the lion, thrusting its horns into the belly of the lion (A 3,109 and 3,110).55 Lions also bite a stag (A 3,112 = fig. 6)56 and a doe in the neck (A 3,113). A 3,114 is a rare case where the lion is spread out and biting a bull calf or a lamb from below.57 47 Cholidis/Martin, 2010: 172 (elephant or rhino); Moortgat, 1955: 126 (elephant); Orthmann, 2002: 11, 3.63 (elephant?) and Özyar, 1992: 210 (elephant). Galling, 1956: 36 is sceptical as far as an elephant is concerned and wonders whether it might be a beaver (A 3,87). 48 Sometimes described as a panther (e. g. Orthmann, 2002: 120 3.134), but “panther” is rather the term for the family of large cats which includes lions. 49 Moortgat, 1955: 140 perhaps stag; Orthmann, 2002: 106 3.1 caprid and Özyar, 1992: 209 maybe horse. 50 Collon, 1987: 193; Moortgat, 1949: 14–16; Özyar, 2008: Figs. 31a–c; Strawn, 2005: 135–141 with figs. 51 Frankfort, 1970: 296. 52 Collins, 2002a: cover. 53 Strawn, 2005: 137 with fig. 4.41. 54 Özyar, 1992: 199. 55 See Keel, 1992, Abb. 169–170 [= A 3,109 and 3,110] and also Abb. 164, 167–168 for the bull taking on the lion. 56 For a clear colour photograph see Blanchard, 2019: 357. 57 Özyar, 1992: 200 makes it a lion (like a kitten) and a bull as a little calf and refers to an Urartian jar rim with a similar image of a lion attacking a bull. See also a Phoenician scarab with a lion biting a gazelle from below (Strawn, 2005: fig. 4.45).
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3.2.2 Animal Combination There are scenes where there are larger animals with smaller animals shown above them in a somewhat “comical combination.”58 A bull is shown with a running dog (A 3,101). Moortgat describes it as a “Jagd-Dogge” and Özyar gives a quite apt description: “… probably a dog as the collar-like lines at the neck seem to indicate. This fast running animal belongs to the hunting scene, and must be a trained hunting dog chasing the prey towards the chariot.”59 There are also other animal groups: stag and rabbit, stag and perhaps a beaver (fig. 5),60 gazelle and perhaps a lynx, mole and toad,61 ostrich62 and partridge63 (A 3,102–106). A 3,107 has two running dogs or lions.64 Because of the collars and the analogy with the hunting dog on A 3,101 these are rather to be identified as dogs. 3.2.3 Animal Orchestra Totally unique and enigmatic are two reliefs with the so-called “Tierkapelle” or animal orchestra (A 3,174 and 175).65 The first one (fig. 8) is one of the largest reliefs and was placed at a prominent spot.66 There is another smaller one. Unfortunately, both are lost, and the originals can therefore not be consulted or checked and one has to rely on photographs.67 The identification of some of the individual animals is a real challenge.68 The first item shows in total thirteen animals: three larger animals and the rest ranging from small to very small. On the left is a large, seated feline or lion play58
Özyar, 1992: 197. Moortgat, 1955: 141 and Özyar, 1992: 197. On hunting dogs with chariots see the Malatya relief (Orthmann, 1971: Tafel 42a) and on a golden plate from Ras Shamra-Ugarit (Cornelius/Niehr, 2004: Abb. 41). 60 Here Galling, 1956: 36 observes that there are no beavers in the region of Tell Halaf. He hypothesizes that it may be a mongoose or hyrax (German “Klippdachs” or Afrikaans “klipdassie”). 61 For a clearer photograph of the toad in colour see Dubiel, 2014: 126 (Kat.-Nr. 144). 62 Özyar, 1992: 198 makes it a goose. Note that stone 114 is Moortgat A 3,106. 63 As in Blanchard, 2019: 360 Cat. 202. Most descriptions (e. g. Moortgat, 1955: 146 “Haushuhn”) have chicken, although one wonders what a domesticated chicken has to do with a wild ostrich. Von Oppenheim’s “Falke” (1931: 144, Tafel 25 (a)) is less likely. 64 Described as two lions by the website of the British Museum https://www.british museum.org/collection/object/W_1920-1211-347 [retrieved 23 June 2021 14:00]. Führer, 1934: 40 Nr. 56 has a wild cat chased by a dog which is less likely. 65 Moortgat, 1955: 205–207; von Oppenheim, 1931: 158–161; Orthmann, 1971: 396–398, 2002: 86–87; Özyar, 1992: 183–185. See also Führer, 1934: 38–39 Nr. 44; Gilibert, 2013: 46; Moortgat, 1949: 114–115; Potratz, 1954–1956: 124, 1961: 358; Rost, 1963; Staubli/ Schroer, 2014: 102 with Abb. 14f and Ungnad, 1933. 66 Naumann, 1950: Plan 13 (larger stone marked number 57) and Tafel 17:2; Orthmann, 2002: Abb. 49. 67 Already lost in 1927: Cholidis/Martin, 2010: 370–371. 68 This is also reflected by the line drawings of the relief which are not always very convincing: Dion, 1997: Fig. 2; Potratz, 1961: Abb. 79 and Strawn, 2005: Fig. 4.317. Mirelman, 2014–2016: Fig. 2 is a better attempt. 59
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ing a lyre.69 The animal is facing to the right while all the other animals (except one) are on their hind legs facing left and seemingly approaching the lion. To the right of the lion is a large defecating ithyphallic equid, perhaps an ass. In between these two (from top to bottom) there are perhaps a dog, then perhaps a smaller cat with some object (a hand-drum?), perhaps another dog or wolf and a fox (because of the tail) who (like the lion), is facing to the right. To the right of the donkey there is perhaps a larger bear (as A 3,92?) as the strong body might indicate; but the long tail makes it less likely that it is a bear with a hand-drum70 and below it perhaps a dog. Then follow another two animals: a horned animal (goat or gazelle?) with a cup and perhaps a pig (because of the rounder body) playing something. Finally, there are perhaps an ape with a jar on a stand and a drinking tube or straw,71 perhaps a smaller cat holding an object (another lyre?) and another animal with a bag over its shoulder, but the head is too unclear to identify it with some known animal. The animals on the smaller item are not so distinct and it is unclear exactly how many animals there are, but it is still very similar to the larger version. In the middle are the same larger ones: a lion and an equid and perhaps a bear (?). Above right is an ape and below right perhaps a pig and to its left perhaps a dog. Orthmann72 argues that because larger and smaller animals are shown together and the small animal disguises will then not make sense, there is no reason to see these as humans with masks or disguised as animals. But what is the meaning or function of these scenes? Not all of the animals are playing musical instruments and the ape is unique. This might be some banquet with music and dancing, but what is the function, occasion or context? The Tell Halaf Museum Führer catalogue surely goes too far when it states: “Alle Tiere sind des Weines voll und scheinen zu tänzeln. Es handelt sich zweifellos um eine Orgie zu Ehren der Sonnengottheit, der die Musik heilig war.”73 Orthmann summarizes the various options: cultic, mythological and fable. Behind the scenes might lie some lost satirical (?) narrative fable or fairy-tale, as in the story of the animal musicians of Bremen.
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For the lyre see Staubli, 2007: 19–22. See Staubli, 2007: 13–17. Frankfort, 1970: makes it a lion-cub with cymbals. 71 For the custom of using drinking tubes or straws in Mesopotamia see McGovern, 2009: 97–99 with Fig. 13 and also Weisgerber, 2005. See here the early seal from Tell Halaf with such a scene (Hrouda, 1962: Tafel 23:3). Staubli/Schoer, 2014: 102 describe it as a beer drinker. 72 Orthmann, 1971: 396 and 2002: 86, contra Potratz, 1961: 358. 73 Führer, 1934: 39. As does Denel, 2011: 385 (although one can agree on the link between the animal images and kingship) who argues that perhaps the king succeeded in taming the wild so that even animals act like humans by making music. Or see Rost, 1963: 177: “Der die Leier schlagende Löwe der kleinen Tierkapelle gröhlt mit weit offenem Rachen ein Lied zu seinem Saitenspiel, während der Löwe der großen Kapelle mit geringer geöffnetem Rachen manierlicher zu singen scheint.” It is mere speculation to argue (also Mirelman, 2014–2016: 8) that the open mouth suggests singing. Whether the droppings of the equid can be linked to the seven stars (Staubli/Schroer, 2014: 102) is debatable. 70
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Scenes of animals making music and at a banquet are not unique in Western Asia.74 On the inlaid panel of the sound box of a much earlier lyre from Ur (ca. 2550–2400 BCE) there are animals at a banquet, but also a seated donkey or ass playing a harp with a standing bear supporting it and below a small seated fox with some musical instrument and perhaps holding a musical tablet.75 A seal impression (ca. 2650–2550 BCE) shows a seated lion at a banquet and animals with beakers76 and musical instruments.77 A cylinder seal from Susa (7th century BCE) shows upright animals: a horse with a harp and a lion with perhaps a drum around its neck and another horse playing a flute.78 Another seal impression from Nimrud shows horses: one is seated and drinking from a jar with a tube and to the right a horse playing on a lyre.79 A Hittite pottery sherd (ca. 1500 BCE) shows a horned animal with a hand-drum – is this a human with an animal mask or an animal?80 In addition there are also scenes from 19th dynasty (ca.13th century BCE) Egypt with musical and dancing animals, playing a variety of musical instruments.81 There is even one case where a canine sips on a drinking tube.82 But in spite of these examples, one should refrain from making links with the Tell Halaf material or assuming that there were influences: the only comparison is that the animals are doing what humans do.83 3.3 Animal with Flora Flora appear on A 3,134–142 and then there are examples of animals shown in combination with flora (A 3,143–147). These five items respectively show two stags (fig. 7), an ibex, perhaps a goat and a gazelle. A 3,148 shows the well-known motif of goats flanking a tree.84 3.4 Animal with Human There are a variety of depictions showing the relationship between animals and humans, whether riding or hunting.
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See recently Mirelman, 2014–2016. Aruz, 2003: 105–107. 76 See also a silver object in the form of a kneeling bull holding a vessel from Ur in Aruz, 2003: 43. 77 Aruz, 2003: Fig. 17. On animals doing things that humans do see also Amiet, 1980: Pls. 36–38, 99. 78 Harper et al., 1992: 212. 79 Parker, 1962: Fig. 12. It is dated there to the late Assyrian period, but by Özyar, 1992: 185 to the Middle Assyrian period. 80 Collins, 2002b: 329 with Fig. 11.7. 81 Houlihan, 2001: 78 with Figs. 91–100. 82 Houlihan, 2001: Fig. 74, cf. Fig. 76. 83 See in this regard the very important critique of Bleibtreu, 1975. 84 See the classic of Schmökel, 1957–1958. 75
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3.4.1 Animal Rider There are firstly humans riding animals. In this category there are two examples of warriors with pointed helmets and round shields on horseback (A 3,32–33). A 3,33 (fig. 2) with the figure holding a short thick stick is of a better quality than the seemingly clumsy rider of A 3,32.85 There is one case of a rider on the saddle of a camel, holding a longer riding-stick (A 3,34).86 Whether this is a warrior as on the Assyrian reliefs or perhaps like the example from Karkamish where the rider has a bow, is uncertain.87 The stone was found next to one with a warrior with shield and spear (A 3,17), but the other stones do not depict war scenes.88 One wonders why a camel is shown so far to the north, but it remains an exceptional image. 3.4.2 Animal Hunter Horse-drawn chariots with archers are shown.89 The chariots are used in the hunt: either to hunt a lion (A 3,56 and 58) or a bull (A 3,57). The lion of A 3,56 (fig. 3) is under the horse and there is a bird flying above.90 On A 3,58 the part with the chariot crew is damaged, but the lion under the horse is biting it in the belly. The chariot of A 3,57 is riding to the right while the other two are riding to the left. In this case there is some bird/fowl (but not a flying raptor as with A 3,56) and a bull placed above the chariot. Canby91 argues that because there was not enough room in the chariot-hunt scene, the bull was placed up in the air. There are comparisons of chariots from the Anatolian-Levantine world.92 Neo-Assyrian reliefs depict the royal hunt by chariot.93 On the Tell Halaf material there is no clear indication that 85
Maybe a club? See Özyär, 1992: 185–186 and 2008: 418 for A 3,32 as a bad imitation. There is also a horse rider on the partly preserved relief D, 2. Compare in this regard the riders on horseback from Zincirli, one with a small bow and holding the head of a defeated enemy and another with quiver and shield (Gilibert, 2011: 192, 194, 205: Zincirli 5 and 11 and 43 – but note the confusion between Zincirli 43 and 44). See on horses Zarins, 2014 and on horse-riding Littauer/Crouwel, 1979 and Raulwing et al., 2019. 86 Whether one or two humps is unclear, Moortgat, 1955: 67 describes it as a dromedary. Compare an example from Karkamish (Gilibert, 2011: 171: Carchemish 39 and Staubli, 1991: 108–109 with Abb. 55) holding a bow which could make it a warrior. 87 On camels see Staubli, 1991: 184–202, for the Tell Halaf camel see 108 “irrtümlicherweise statt im Passgang im Wechselschritt dargestellt” with Abb. 54, see also the later Persian terracottas Abb. 72–73. Yadin, 1963: 360–361 describes both the horse rider and camel rider (A 3,33 and 34) as “mounted warriors.” For Arabs on camels with riding-stick and bow and arrow as warriors pursued by Assyrians on horseback see Keel et al., 1984: Abb. 65; Yadin, 1963: 450–451. A bow could also be used for hunting. The camel was also an animal of burden, as on the Lachish reliefs (Staubli, 1991: Fig. 12). 88 Naumann, 1950: Plan 13 with stones numbered 101–103 (A 3,17, 34 and 102): warrior with shield and spear, our camel rider, deer and hare. 89 See Orthmann, 1971: 398–402, and 418–424. 90 Birds are shown above Neo-Assyrian war chariots, even attacking the enemy (e. g. Meuszyński, 1981: Tafel 2 B), but not in royal hunting scenes. 91 Canby, 1985: 338. See Frankfort, 1970: 298 on the fact that it was done on only one narrow slab.
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a king is involved. In one case there is not an animal, but a human enemy under the horse (like the lion of A 3,56), which makes it a war-chariot (A 3,59). This motif is also known from other sites.94 There are scenes of one-to-one combat between a man and animals.95 A man stabs a lion (A 3,51). The Assyrian king is also shown killing a lion,96 but in the case of Tell Halaf there is nothing royal about the figure.97 Somewhat unusual is a small archer who attacks a lion (A 3,52)98. It almost looks as if he is standing on the animal’s back. Canby writes that because the lion was so big, the archer was put on its back.99 Özyar calls it “dwarfish” and explains that the reason for this is that it was copied from a standard version which served as a model and the artisan then just added the archer.100 A beardless man attacks a hoofed animal standing in the air by grabbing its leg and lifting a weapon, but the animal is difficult to identify (A 3,53). Only an ear is visible, but no horn. Some describe it as an antelope101 or even a deer,102 perhaps it is a hornless doe. A bearded man with a knife grabs a bird which seems to be a goose by the neck (A 3,54).103 It is not an ostrich104 like the one on A 3,97 and more like the goose on A 3,95. Totally unique is a kneeling man shown with a pig sow and its young (A 3,178). 92
See Orthmann, 1971: Tafel 42a and 51c (Malatya B/1 and Sakcagözü B/1); but in the last case the lion is attacked by two men on foot. 93 See Strawn, 2005: Figs. 4.117–119, 4.121, 4.124–125 and Watanabe, 2002: 69, Figs. 8 and 9. For the chariot-hunt in earlier Kassite glyptic see Beran, 1957–1958: Figs. 33–34. 94 Compare the group of war chariots from Karkamish and one from Zincirli (Gilibert, 2011: 164–166: Carchemish 18–22 and 194–195: Zincirli 12–13). On horse-drawn chariots see Littauer/Crouwel, 1979 and Raulwing et al., 2019, and on the motif of enemies under horses see Cornelius and Cornelius/van Dijk-Coombes [both forthcoming]. 95 On this motif see Orthmann, 1971: 428–436. 96 See Strawn, 2005: Figs. 4.109 (royal seal; also Watanabe, 2002: 54 with Figs. 5–6) and 4.130 (Ashurbanipal lion hunt). 97 A king usually wears a long robe as with the Tell Fekheriyeh statue where the figure is called “king” in the Aramaic text on the back (Cornelius, 2021: 70–72 with Fig. 4.13 and Niehr, 2014b: 130–131, 137–138). See also the enthroned figure smelling a flower on one of the small orthostats (A 3,171) which can be identified as a king. 98 For this motif see Strawn, 2005: Figs. 4.136–142. On the large reliefs bowmen shoot at a bull and a stag (Ba, 1 and Ba, 6). At Karkamish a bowman shoots at a stag (Orthmann, 1971: Tafel 33d) as at Zincirli (Gilibert, 2011: 193 and 196–197 Zincirli 8–9, 17–20). 99 Canby, 1985: 338. 100 Özyar, 1992: 196. 101 Moortgat, 1955: 89; Orthmann, 2002: 112 3.61. 102 Özyär, 1992: 200. 103 Bonatz, 2001a: 26–27 Abb. 4a “Schlachtung einer Gans” (in 2001b: 74 he calls it a duck and in 2014: 219 just fowl); also Blanchard, 2019: 360 Cat. 197 “oie” and Dubiel, 2014: 127 (Kat.-Nr. 163) “Gänseschlachter.” 104 Özyar, 1992: 201. For the ostrich hunt or the motif of the “master of the ostriches” (a hero grabbing two ostriches by the neck on both sides) see Keel, 1978: Abb. 33–46. There is no “master/mistress of the animals” (Orthmann, 1971: 440–447 and Cornelius, 2009) in the Tell Halaf material, but compare the excellent example from Karkamish (Keel, 1978: Abb. 70 = Gilibert, 2011: 174 Carchemish 51).
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4. Conclusions 75 of the small orthostat reliefs from Tell Halaf contain images of animals. Different types of animals can be identified, but some will remain uncertain because of: – The way in which some animals are represented – not always realistic and the artisan may not have known what the animal really looked like; – The state of preservation of some of the reliefs; – The originals are lost which makes it impossible to check what exactly is represented. In spite of this, there are still a large number of animal types, summarized in alphabetical order in this Table: ape ass bear beaver birds bull calf camel cat dog fish fox frog gazelle goat goose horse ibex lamb leopard lion lynx mole ostrich partridge pig stag toad wild boar
174(?), 175(?) 174, 175 91(?), 92(?), 174(?), 175(?) 103(?) 56, 93–94, 96, 106 57, 71–75, 101, 108–111 114(?) 34 174(?), 175(?) 101, 107, 174(?), 175(?) 60 174(?), 175(?) 105 81–85, 104, 147, 174(?) 146(?), 148, 174(?) 54, 95 32, 33, 56–59, 76 145 114(?) 90 51, 52, 56, 58, 61–70, 108–114, 174, 175 104(?) 105 97–99 106 174(?), 175(?), 178 53(?), 77–80, 100(?), 102–3, 112–113, 143–44 105 87–89 Table 1: Summary of Animal Types
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Bonatz, in his article on art in the book on the Aramaeans edited by Niehr, mentions some twenty different wild and domesticated animals.105 Keeping in mind the problems with the identification of some of the animals (especially on A 3,174 and 175), it is uncertain exactly how many types of animals are depicted, but Table 1 shows at least twenty. There are indeed clearly wild (e. g. lion, leopard, bull, stag/doe, ostrich, wild boar) and domesticated animals (e. g. horse, camel, goose, dog). Horses and a camel are used for riding (A 3,32–34),106 horses pull chariots (A3,56–59) and dogs are used for hunting (A 3,101). There is the slaughter of a goose (A 3,54), a very mundane daily activity.107 A 3,178 is interesting as it shows a kneeling man with a sow and its piglets – a scene of feeding animals108 on a farm? The animal that occurs most commonly and about which there is no doubt that it is what is depicted, is the lion. There is also the fight between the lion and other animals (A 3,108–114). In one of his first publications on Tell Halaf, von Oppenheim writes: “Wie Sendschirli im Zeichen des Löwen, scheint mir der Tell Halaf im Zeichen des Greifen gestanden zu haben”.109 He is of course referring to the large statues of lions from Zincirli110 and large statues of griffons from Halaf (Bb, 3–4). There are also two monumental pedestals in the form of a lion and a lioness from Tell Halaf (Bc, 1 and 3). Sometimes animals are just shown together, with apparently no direct relation whatsoever (A 3,10–106), although A 3,101 has been explained as part of a hunting scene. The two animal orchestras (“Tierkapelle”: A 3,174, 175) are not unique in the imagery of the ancient world, but their meaning remains enigmatic. Finally, animals are shown together with flora (A 3,143–148). With regard to the possible function of the animal imagery in the decoration of the southern part of the Western Palace, Bonatz talks of “a mnemotop, a place to improve the collective memory.”111 The people of the city of Guzana identified with the surrounding land, while the animals in the territory of Bit Bakhani provided them with food, which all invokes a picture of a rich and peaceful country.112 Although the small orthostats are interesting sources to study animals in the ancient world, the animals which are depicted in the imagery on the small orthostats are not just nice illustrations (some not so nice in the way they are represented!) which show the animal world of Tell Halaf and its environment. The animal images play an important role as symbols of the king’s power and authority, emphasizing his power over nature and wild beasts and showing that 105
Bonatz, 2014: 219. In 2001b: 74 he has more than twenty different animals. Bonatz, 2001b: 73 links the camel with traffic and trade and a tribal heritage. Staubli, 1991: 108 rightly observes that the animal is not packed so it is not possible to determine the reason for riding a camel. The horses are used by warriors because of the shields. 107 Also Bonatz, 2001b: 74–75 and 2014: 219. 108 Özyar, 1992: 210, but whether this (as A 3,60) is part of a scene in a garden or park (Özyar, 1992: 207) is questionable. 109 Von Oppenheim, 1908: 29. 110 See Gilibert, 2011: 208–211. 111 Bonatz, 2001b: 74. 112 Adapted from Bonatz, 2001b: 74–75 and 2014: 219. 106
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he is the keeper of world order. This what our friend and colleague Herbert Niehr has shown us.113
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Der gesalbte Hohepriester Oliver Dyma Münster Für die Entwicklung messianischer Hoffnungen sowie christologischer Vorstellungen wird neben der Salbung der Könige auch der Salbung des Hohepriesters eine wichtige Rolle zugeschrieben.1 Der Messias bzw. Christus erscheint so in den beiden Rollen des Königs und des Hohepriesters. J. Zimmermann fasst die Problematik dieser späten Auffassung zusammen: „Während die Erwartung eines messianischen davidischen Königs und eines ‚Propheten wie Mose‘ direkt aus dem AT ableitbar sind, ist dies beim priesterlichen Messias schwieriger. Dies ist z.B. daran zu erkennen, daß von den in 4Q175 (Testimonia) zitierten Texten aus der Tora mit Dtn 33,8– 11 für die priesterlich-messianische Erwartung ein Text zitiert wird, bei dem sich ein eschatologisches Verständnis weniger als bei Dtn 18,15–18 und Nu 24,15–17 nahelegt.“2 Die Belege für eine Salbung des Hohepriesters im Alten Testament, an die angeknüpft werden könnte, sind spät. Es handelt sich nicht um eine althergebrachte Praxis. Vielmehr wuchsen nachexilisch, nach dem Untergang des davidischen Königtums den Hohepriestern auch Funktionen und Attribute der Herrschaft zu. Ihre Salbung scheint von der Salbung der Könige abgeleitet zu sein und den veränderten Status zu bestätigen.3 Die Texte, die von der Salbung des Hohepriesters sprechen, bringen jedoch primär seine Zugehörigkeit zum Heiligtum zum Ausdruck. Zugleich wächst dem Priestertum damit äußerlich die Symbolik von Herrschaft zu, die durch weitere Attribute verstärkt wird. Der gesalbte Hohepriester verkörpert damit eine Herrschaftskonzeption, die sich von der Vorstellung des Königs abgrenzt und den Titel König auch vermeidet.
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Dieser Beitrag geht zurück auf eine Diskussion im Tübinger Oberseminar, an dem ich lange Jahre teilnehmen durfte. Mein Interesse für religionsgeschichtliche und kultische Fragen verdanke ich Herbert Niehr, dem diese Überlegungen zugeeignet seien. Damals war auch C. Nihan als Gast dabei. 2 Zimmermann, 1998: 230. 3 Vgl. etwa Gosse, 1996.
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1. Zur Terminologie Der Titel הכהן הגדולHohepriester wird nur in wenigen Fällen verwendet:4 In 2Kön 12,11 tritt der Hohepriester zusammen mit dem Schreiber im Kontext von Einnahmen für Baumaßnahmen am Tempel auf. Es handelt sich um Jehojada unter König Joasch. In v. 10 wird er einfach als כהןPriester bezeichnet. Die parallele Überlieferung in 2Chr 24,11 verwendet als Terminus die Konstruktusverbindung כהן הראשׁ, also oberster oder erster Priester. Dreimal wird der Titel Hohepriester im Bericht über die vorgeblichen Reformmaßnahmen des Königs Joschija für Hilkijahu verwendet: 2Kön 22,4.8; 23,4. Auch hier findet sich eine Verbindung mit dem Schreiber sowie Geldern für die Tempelrenovation. Die Chr verwendet in ihrer Parallele nur ein einziges Mal den Titel in 2Chr 34,9. Ein zweites Cluster von Belegen bieten Haggai und Protosacharja, wo der am Wiederaufbau des Tempels beteiligte Jehoschua diesen Titel trägt: Hag 1,1.12.14; 2,2.4; Sach 3,1.8; 6,11. Er tritt zusammen mit dem Statthalter Serubbabel auf. In Neh 3,1.20 wird Elijaschib im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Mauer Jerusalems genannt, in Neh 13,28 nochmals Elijaschib bzw. sein Sohn Jojada. In Num 35,25.28 sowie Jos 20,6 bildet der Tod des jeweiligen Hohepriesters das Ende des Asyls für den Totschläger. Der hohepriesterliche Dienst erscheint institutionalisiert.5 Num 35,25 erwähnt die Salbung mit Öl, ohne dass dafür ein Grund erkenntlich ist – womöglich soll der Status der Asylstadt damit unterstützend hervorgehoben werden. Schließlich taucht die Kombination הכהן הגדולnoch in Lev 21,10 auf; jedoch ist גדולhier nicht alleiniges Attribut, sondern Teil einer Komparation („der Priester, der der größte unter seinen Brüdern ist“). Hier wird die Salbung anlässlich der Amtseinführung explizit erwähnt. Die oben genannte Bezeichnung כהן הראשׁOberpriester findet sich noch mehrfach in Chr: 2Chr 19,11; 26,20; 31,10 sowie in Esra 7,5 (in den letzten beiden Fällen als Apposition )הכהן הראשׁ, außerdem in 2Kön 25,18 // Jer 52,24, wo es noch einen zweiten Priester: כהן משׁנהgibt. Die Beleglage in den Chronikbüchern fasst S.J. Schweitzer so zusammen: „Several things are clear from this chart. First, ‚high priest‘ is used only once in Chronicles, and it occurs in a synoptic text that has been rewritten. The other two times Hilkiah is referenced in this way in 2Kings 22–23, the title has been deleted in Chronicles. Second, the Chronicler replaces ‚high priest‘ with ‚chief priest‘ in references to Jehoiada. Third, the title ‚chief priest‘ appears four times in Chronicles, but only three times in the rest of the Hebrew Bible. The Chronicler thus acknowledges the existence of the office of ‚high priest‘, but diminishes and does not enhance the title of the most significant cultic official in the Second Temple period.“6 Schweitzers Schlussfolgerung strapaziert die Beleglage zu sehr. Er muss von der Annahme ausgehen, dass הכהן הגדולHohepriester einen höheren Status als כהן 4
Vgl. dazu Schweitzer, 2003: 84; außerdem Mizrahi, 2011. Vgl. Frevel, 2018: 97. 6 Schweitzer, 2003: 389 (Hervorhebungen im Original). 5
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הראשׁOberpriester zum Ausdruck bringt. Die Verteilung der Belege spricht eher dafür, dass die Chronikbücher einen späteren, veränderten Sprachgebrauch widerspiegeln. Besonders in Verbindung mit כהן משׁנהZweiter Priester (Jer 52,24 // 2Kön 25,18) scheint es sich um eine stärker institutionalisierte Bezeichnung zu handeln.7
2. Der Hohepriester im Sacharjabuch Einblick in die frühe nachexilische Zeit gibt der erste Teil des Sacharjabuches, Sach 1–8.8 Der Hohepriester wird hier in drei Perikopen genannt: in den beiden Nachtgesichten der Reinigung des Hohepriesters in Kap. 3 sowie der beiden Ölsöhne in Kap. 4 und schließlich in der Zeichenhandlung einer Krönung in Kap. 6. In allen drei Fällen handelt es sich um Jehoschua. Sach 1–8 ist in die Zeit um den Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels zu datieren, also zeitgenössisch bzw. kurz danach zu verorten. Der Abschnitt ist jedoch nicht einheitlich, sondern stellt ein Kompositum aus nächtlichen Visionen, Zeichenhandlungen und Heilsworten dar. Kap. 7–8 dürften eine etwas spätere Zusammenstellung von Erörterungen zur Fastenfrage und einzelnen Gottesworten sein. Das Sacharjabuch gibt uns einen Einblick in tempel- und kulttheologische Vorstellungen zu Beginn der nachexilischen Periode gegen Ende des 6. Jh. v.Chr. aus dem unmittelbaren Umfeld des Tempelneubaus. Sie decken sich nicht unmittelbar mit der Theologie priesterlicher Texte des Pentateuchs. Daher können auch die priesterschriftlichen Texte nicht einfach als Wiedergabe einer kultischen Praxis angesehen werden, vielmehr ist ihr konzeptioneller Status hervorzuheben.9 Der Zyklus der Nachtgesichte dürfte ursprünglich aus sieben Nachtgesichten bestanden haben, wobei die Vision mit dem Leuchter im Tempel, Sach 4, als Zentrum fungierte. Durch die Vision von der Reinigung des Hohepriesters Jehoschua, Sach 3, ist sie sekundär zu einem achtteiligen Zyklus erweitert worden. Diese beiden Visionen bilden dabei die Mitte. Für die Frage nach dem Hohepriester ist außerdem die Zeichenhandlung einer (vielleicht ersatzweisen) Krönung in Kap. 6 relevant, die auf eine gesteigerte Bedeutung des Hohepriesters hindeutet.
7
Zur Abhängigkeit von Jer 52 von 2Kön vgl. Stipp, 2019: 817–820. Zur Identifikation der Personen führt er aus: „Als höchstrangiges Opfer wird an erster Stelle der Oberpriester Seraja namentlich aufgeführt …, der in 36,26a zu den Häschern zählt, die König Jojakim aussandte, um Baruch und Jeremia nach der mehrfachen Verlesung der ‚Urrolle‘ festzunehmen. Serajas Vize Zefanja ist vermutlich identisch mit dem Priester Zefanja ben Maaseja, der in 29,25.29 erwähnt ist, wie er in seiner Eigenschaft als Chef des Tempelordnungsdienstes gegen die Auftritte Jeremias im Tempelvorhof einschritt“ (827f.). Zur Terminologie vgl. außerdem Mizrahi, 2011. 8 Zu den hier gemachten Ausführungen vgl. auch Dyma, 2021: 40–50; 62–66; 219–223; 225–228. 9 Vgl. die zusammenfassenden Überlegungen bei Nihan: 2017, 50–55; sowie Nihan, 2019: 298: „it shows that there was still a variety of priestly traditions in the Persian period, which were not necessarily aligned with the Priestly traditions of the Pentateuch.“
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Die Visionen werden üblicherweise im Jerusalemer Tempel verortet, wo der Visionär, Sacharja, Zugang zur himmlischen Sphäre erhält. Gerade die Anfangsund Schlussvisionen mit Pferden und Reitern sind zusammen mit den beiden zentralen Visionen als Himmelstorvisionen deutbar.10 Sie befinden sich also noch völlig auf einer Linie mit der Vision Jes 6, wonach sich der Prophet im Tempel in einer visionären Erfahrung zugleich in der himmlischen Sphäre wiederfindet. Eine Opposition zwischen irdischer und himmlischer Sphäre ist nicht im Blick der Texte. Vielmehr handelt es sich beim Tempel um einen liminalen Raum, der Zutritt zu einer anderen Sphäre ermöglicht. Dieser Übertritt ist möglicherweise an bestimmte rituelle Abläufe gebunden. Die im Tempel ablaufenden Handlungen und Riten sind also nicht auf den irdischen Bereich beschränkt, sondern bilden Abläufe der himmlischen Sphäre ab und beeinflussen diese.11 In einer jüngeren Publikation hat J. Silverman vorgeschlagen, die Visionen nicht in Jerusalem zu verorten, sondern ganz spezifisch im Verwaltungszentrum, welches sich Ramat Raḥel befand. Zur Zeit des Regierungsantritts Darius I. sei noch nicht mit einem administrativen oder kultischen Apparat in Jerusalem zu rechnen.12 So bezögen sich beispielsweise die Myrten und die Tiefe der ersten Vision (Sach 1,8) auf den paradeisos von Ramat Raḥel.13 Die Visionen dienten seiner Ansicht nach dazu, die erneuerte kultische Relevanz von Jerusalem in Abgrenzung von Bethel, Mizpa oder eben Ramat Raḥel herauszustreichen.14 Neben der kultischen und nationalen Bedeutung Jerusalems gehe es daher auch um die Eignung und Legitimität des Jerusalemer Priestertums. Zusätzlich werde auch der Jerusalemer Elite Legitimität zugesprochen: „1Zech was a vision report that was collated as the local version of an official report concerning the establishment of the temple, thus justifying both the temple itself and the Yehud elite’s participation therewith“.15 Ein solcher Bericht füge sich ein in das Bestreben Darius’, die Reichsverwaltung neu zu organisieren. Der mehrfach erwähnte צמחSpross sei mithin auch nicht Serubbabel – wie üblicherweise angenommen – oder ein anderer Abkömmling der davidischen Linie, sondern Darius selbst: „Not only is Darius in fact the reigning king, he takes up the ANE trope of the royal gardener and expands the system of paradises, including one in Yehud itself.“16 Entsprechend schlägt Silverman als zeitliche Verortung von Sach 1–6 einen zweifachen Durchzug Darius’ durch Palästina nach und von Ägypten im Jahr 518 oder 517 v.Chr. vor. Seine erwartete Ankunft in der 10
Vgl. Lux, 2019:142–144 u.ö.; sowie zum Bildprogramm Uehlinger, 1997. Insofern ist die Differenzierung von E.W. Conrad, 1999: 18–22 hier zu künstlich: Er ist der Meinung, es handle sich bei den genannten Boten nicht um himmlische Wesen, sondern um menschliche Boten, also Priester, die für die Kommunikation mit Gott zuständig seien. Dafür verweist er auf Gen 28; Hos 12,4f. und Hag 1,13, wo die Boten als „prophets in a new guise“ (22) erschienen. Nach Conrad wären die sog. Nachtgesichte des Sacharja also keine Visionen von himmlischen Ereignissen, sondern nächtliche Erlebnisse im Tempel. 12 Vgl. Silverman, 2020: 121–163; die Idee hat bereits Mitchell, 2016, geäußert. 13 Vgl. Silverman, 2020: 135. 14 Vgl. Silverman, 2020: 137. 15 Silverman, 2020: 192. 16 Silverman, 2020: 206. 11
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Levante sei für die lokale Elite Jehuds als Möglichkeit wahrgenommen worden, ihre eigenen Interessen zu vertreten und den Wohlstand zu mehren.17 Durch den Visionsbericht werden die lokalen Eliten und Strukturen legitimiert: neben dem Statthalter auch Tempel und Priesterschaft. So werde die Kontrolle JHWHs über den Kosmos in die imperialen Strukturen des Perserreichs eingebunden. Daneben besteht eine enge Verbindung zur babylonischen Diaspora, die sich (auch) finanziell ausdrückt.18 Sach 4: Leuchter und Ölsöhne Die zentrale Vision vom Leuchter als dem Präsenzsymbol Gottes im Tempel zusammen mit den beiden „Ölsöhnen“ weist einen anderen Ablauf als die vorausgehenden Visionen auf. In Sach 3 wurden bereits der Hohepriester Jehoschua sowie ein noch anonymer „Spross“ eingeführt. Eine Identifikation mit den beiden hier aufgeführten „Ölsöhnen“ legt sich nahe, wird aber nicht explizit vorgenommen. Serubbabel wird mit Namen eingeführt. Die Identifikation mit dem Spross liegt auch hier nahe, wird aber ebenfalls nicht zum Ausdruck gebracht.19 Die Vision ist zweigeteilt: Zwischen die Abschnitte mit Visionsschilderungen v. 4–7 und 11–14 ist ein Heilswort an Serubbabel eingeschoben, das auf die Fertigstellung des Tempels zielt. In v. 4–7 wird zunächst der Leuchter detailliert beschrieben; von den beiden Ölbäumen wird lediglich erwähnt, dass sie zur Rechten und Linken des Leuchters stehen. Sie evozieren ein Bild der Fülle und des Segens. In v. 11–15 werden nach der erneuten Was-ist-Frage weitere Details zu den Ölbäumen nachgetragen: 11 Und ich entgegnete und sagte zu ihm: Was sind diese beiden Ölbäume מה־שׁני הזיתים האלה, zur Rechten des Leuchters und zu seiner Linken? … 13 Und er sagte zu mir folgendermaßen: Hast du nicht erkannt, was diese sind? Und ich sagte: Nein, mein Herr. 14 Und er sagte: Dies sind die zwei Ölsöhne, die stehen vor dem Herrn der ganzen Welt. אלה שׁני בני־היצהר העמדים על־אדון כל־הארץ
17
Vgl. Silverman, 2020: 208f. Auch die Vision der fliegenden Rolle, Sach 5, nehme mit Falschheit bzw. Diebstahl Anliegen Darius’ auf (210f.) 18 Vgl. Silverman, 2020: 211. 19 Kritisch zur Identifikation von Serubbabel mit dem Spross: Lux, 2019: 492: „Vielmehr ist der Spross sowohl in Sach 3 als auch in 6,9–15 unübersehbar der noch ausstehende, in unbestimmter Zukunft erwartete messianische Heilskönig aus dem Haus Davids, eine Gestalt der Hoffnung, nicht aber der gegenwärtigen politischen Realitäten“. Während ich die Kritik an einer vorschnellen Identifikation teile, erscheint mir diese Deutung eher aufgrund der späteren Rezeption der Texte eingetragen zu sein.
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Die Vorstellung der beiden Ölsöhne in Sach 4 gilt als Ausgangspunkt für die Entwicklung der Vorstellung einer zweifachen Hoffnung auf einen priesterlichen und einen königlichen Messias.20 Der verwendete Terminus für Öl: יצהרwird ansonsten nicht bei der Salbung verwendet. Er steht vielmehr im Kontext der Fruchtbarkeit des Landes, v.a. wenn sie von JHWH gegeben oder entzogen wird, und damit verbunden der Erstlingsgaben.21 Auch wird die übliche Wurzel משׁחfür die Salbung hier nicht verwendet. Die Deutung verdankt sich also der späteren Rezeption, nicht aber dem Text selbst. T. Pola schreibt dazu: „Die Identifikation der beiden Ölsöhne mit Serubbabel ַ ֵ ְבּנals ‚Geund Josua ist nicht abhängig vom Verständnis des Ausdrucks י־היִּ ְצ ָהר salbten‘. Vielmehr bedeuten Serubbabel und Josua für den kultischen Kontext des Leuchters, der die im Tempel erfahrbare Gegenwart des ְכּבוֹד יהוהbzw. Jahwes selber darstellt, daß sie durch ihr Werk, den Tempelbau und die Initiation einer neuen Priesterschaft und eines neuen Kultes, das permanente Erstrahlen dieses Lichtes für die Tempelgemeinde bzw. die Welt ermöglichen.“22 Er sieht hier eine „‚funktionale‘ Messianität“ für Serubbabel vorliegen, vergleichbar mit Kyros in Jes 45,1,23 weil er eine entscheidende Rolle bei der Grundsteinlegung spiele. Ob der Begriff Messias bzw. messianisch hier passend ist, sei dahingestellt. Zu differenzieren wäre zumindest auch zwischen der historischen Bedeutung und der in der späteren Rezeption solchen Texten zugewachsenen Bedeutung. Für J. Silverman entstammt die Metapher der beiden Ölbäume auch hier dem Kontext des königlichen Gartens. Sie stünden für Mitglieder des himmlischen Thronrates, die für das Funktionieren des Leuchters respektive „YHWH’s spy network“ zuständig seien (vgl. das Umherstreifen der Augen JHWHs über die ganze Erde, v. 10). Silverman vergleicht sie mit „viziers or spymasters“.24 Der Terminus יצהרfür das Öl unterstreiche, dass es um Prosperität und nicht um religiöse Metaphorik gehe. Wie Tempel allgemein eine wichtige Funktion in der Verwaltung der persischen Satrapien spielten, so erfülle der Jerusalemer Tempel eine ähnliche Funktion im Blick auf JHWH. „It is an institution both for the production of prosperity as well as a site for administrative control.“25 Der religiös-kultische Bereich sollte jedoch gerade im Blick auf die Fruchtbarkeit nicht vorschnell ausgklammert werden. Die Verbindung von Tempel und Fruchtbarkeit des Landes ist etwa ein Hauptthema des Buches Haggai,26 welches eng mit Sach 1–8 verbunden ist.
20
Vgl. nur Schreiber, 2020: 199. Vgl. Num 18,12; Dtn 7,13; 11,14; 12,17; 14,23; 18,4; 28,51; 2K 18,32; Jer 31,12; Hos 2,10.24; Joel 1,10; 2,19.24; Hag 1,11; Neh 5,11; 10,38.40; 13,5.12; 2Chr 31,5; 32,28. 22 Pola, 2003a: 81; Hervorhebung im Original. 23 Pola, 2003a: 172. 24 Silverman, 2020: 146 25 Silverman, 2020:147. 26 Leuenberger, 2015: 78–80. 21
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Sach 3: Die Reinigung Jehoschuas In Sach 3 wird der Hohepriester Jehoschua für den Wiederaufbau des Tempels sowie die Wiederaufnahme des Kultes befähigt. Die Figur des Anklägers, שׂטן śaṭan, greift wiederum nach Silverman persische Vorstellungen eines Funktionärs auf, der dafür sorgen sollte, dass lokale Würdenträger keinen Verrat begingen. Diese Idee sei mit der Vorstellung vom himmlischen Thronrat kombiniert und so in die himmlische Sphäre verlegt worden.27 Weil JHWH diesen śaṭan hier anherrscht, bekommt der Vers eine prominente Bedeutung in der Rezeption im Kontext von Exorzismen und Zauberschalen.28 Der Text beschreibt, wie der Hohepriester vor JHWH seiner schmutzigen Kleider entledigt und ihm ein Turban oder Kopfbund ( )צניףverliehen wird. Die Episode spielt zwar einerseits im Tempel, andererseits aber zugleich in der himmlischen Sphäre. Die Aufsicht über die Höfe wird unter die Bedingung gestellt, dass sich der Hohepriester an die göttlichen Gebote halten wird (v. 7: Gehen auf den Wegen und Einhalten des Dienstes משׁמרתmišmæræt). Außerdem wird ihm für diesen Fall der Zutritt zum himmlischen Thronrat mit einer etwas verklausulierten Formulierung verheißen („Zutritt zu diesen Stehenden hier“). Der Zutritt zur himmlischen Ratsversammlung ist ein Merkmal, das die echten JHWH-Propheten auszeichnet (vgl. Jes 6, 1Kön 22 sowie besonders Jer 23); Jer 30,21 erweitert dies auf den zukünftig erwarteten Herrscher aus Israel selbst. Erscheinen der Hohepriester und der königlich konnotierte Spross, obwohl der Titel vermieden wird, in der Leuchtervision von Sach 4 als gleichberechtigt, so ist die sekundäre Vorschaltung von Sach 3 bemerkenswert: Hier wird der Fokus auf Jehoschua und seine rituelle Reinigung gelegt, während der Spross marginalisiert wird. Sach 6: Krönung des Jehoschua Angeschlossen an die letzte Vision ist die Zeichenhandlung einer Krönung. Während Jehoschua gekrönt wird, geht das damit verbundene Heilswort auf den Spross. Wird Jehoschua nur ersatzweise gekrönt?29 Wegen der Endung -ōt bei עטרותwurde auch an zwei Kronen gedacht, wobei sowohl die singularische als auch die pluralische Deutung weiterhin vertreten werden.30 Die Verbform ist in v. 14 jedenfalls Singular, was aber bedeuten könnte, dass hier die andere der beiden Kronen gemeint ist. Die aus der Gola Heimgekehrten haben jedenfalls ausreichend finanzielle Mittel aufgebracht, sodass die Krone oder die Kronen angefertigt werden können. Ist von zwei Kronen die Rede, dann würde Jehoschua unmittelbar gekrönt, die Krone für den abwesenden Serubbabel aber im Tempel deponiert. Wenn wir von nur einer Krone ausgehen und das Wort an Serubbabel 27
Silverman, 2020: 143. Vgl. Dyma, 2015. Eine andere Deutung zur Figur des śaṭan findet sich bei Stokes, 2017: 1256ff., der ihn als Angreifer oder Scharfrichter sehen will. Er unterstreicht die Parallele von Sach 3 zu Jes 6. 29 Vgl. hierzu auch Rothenbusch, 2007. 30 Vgl. zur Diskussion nur Lux, 2019: 486. 28
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berücksichtigen, so erscheint Jehoschua anstelle Serubbabels gekrönt worden zu sein. Die Krone würde dann im Tempel verwahrt, bis Serubbabel eintrifft – de facto übte aber Jehoschua die Regierung aus. Folgen wir der oben ausgeführten Interpretation von Silverman, dass es sich bei dem Spross nicht um einen Jerusalemer lokalen Herrscher, genauer um Serubbabel handle, sondern um Darius selbst, so verschwindet jegliche Ambiguität: dann würde Jehoschua als lokaler Machthaber gekrönt, der als Priester in Übereinstimmung mit dem Großkönig die Regierung ausübt. Bleibt man bei der üblichen Deutung, es handle sich um einen Davididen – und zwar genauer Serubbabel –, so werden hier beide auf Augenhöhe präsentiert. „Friedvolles Einvernehmen“ soll zwischen ihnen herrschen (v. 13). Der griechische Text hält explizit fest, dass er zur Rechten des königlich gezeichneten Herrschers sei (καὶ ἔσται ὁ ἱερεὺς ἐκ δεξιῶν αὐτοῦ). Hier wird nicht von einem Thron des Hohepriesters gesprochen, während MT undeutlich ist, meist aber auf einen eigenen Thron des Hohepriesters hin ausgedeutet wird.31 Die wie auch immer geartete Regierungsfunktion des Jehoschua wird sowohl durch Eliten vor Ort wie in der Diaspora unterstützt (vgl. v. 10, 14f.).32 Dass in v. 13 der Priester namenlos bleibt, zeigt, dass man eine spätere Praxis auf die Gründungszeit der nachexilischen Ordnung und den ersten Hohepriester Jehoschua zurückführen will. Die Texte des Sacharjabuches zeigen die nachexilisch gesteigerte Bedeutung des Hohenpriesters im Kontext der Wiedererrichtung des Tempels und der Inbetriebnahme des Kultes. Offenbar wuchs ihm sukzessive weitere Kompetenz zu, sodass er schließlich im wohl jüngsten Text zumindest de facto als der einzig Herrschende in Jerusalem erscheint. Die Leuchtervision stellt zwar eine Nähe zur Salbung her über den Terminus בני יצהרÖlsöhne, ohne dass dies zwingend als Salbung des Hohepriesters gedeutet werden müsste. Ansonsten wird diese Wortfügung auch nicht mehr aufgegriffen.
2. Priesterliche Texte Von einer Salbung des Hohepriesters sprechen explizit die priesterlichen Texte des Pentateuchs. Die Frage, wo die Priesterschrift endet und welche Texte genau dazu gezählt werden, welche wiederum als spätere Ergänzungen aufgefasst werden, ist notorisch schwierig zu beantworten. Zumindest werden die Anweisungen in Ex 28–29 meist dazu gerechnet.33
31
Die Wendung im MT, der Hohepriester sei על־כסאו, könnte – wenn man nicht eine reine textkritische Lösung favorisiert – auch auf den Thron des Sprosses bezogen sein: „er (der Spross) wir auf seinem Thron sitzen und herrschen, und auch ein Priester wird bei seinem Thron (dem des Sprosses) sein.“ Vgl. Lux, 2019: 487. 32 Vgl. Silverman, 2020: 159f. 33 Die literarkritische Einordnung kann hier nicht angemessen diskutiert werden. Eine Zusammenstellung des Befundes findet sich bei Albertz, 2016; er schlägt ein überlieferungsgeschichtliches Modells vor, „das zwischen zwei Vorlagen aus dem priesterlichen Umfeld und einer priesterlichen Gesamtkomposition unterscheidet“ (55).
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Exodus: Anweisungen zum Heiligtum Im Anschluss an die Beschreibung der priesterlichen Gewänder, fordert Ex 28,41 zum Salben der Priester auf. Auch bei den Ausführungen zur Weihe der Priester, Ex 29, wird die Salbung Aarons zusammen mit seiner Einkleidung und speziell dem Turban ( )מצנפתerwähnt (29,7). Zum priesterlichen Ornat hält Janowski fest: „So ist der hohepriesterliche Ornat ebenso wie die Ausstattung des Heiligtums und seiner Geräte integraler Bestandteil des priesterlichen Symbolsystems. Durch seine Farbgebung, die der Farbgebung des Heiligtums entspricht, erscheint sein Träger, der kultische Repräsentant Israels, ‚als Teil der göttlichen Sphäre‘. Wenn er das Heiligtum betritt, ereignet sich ‚eine Begegnung zwischen Gott und dem Volk (Ex 25,22), in der die Verpflichtung des Volkes auf die göttliche Weltordnung, aber auch der Anspruch des Volkes als Stifter des Heiligtums vergegenwärtigt werden‘.“34 Die Entsprechung zwischen Ornat und Heiligtum verweist den Priester bzw. Hohepriester in die Sphäre dieses Heiligtums. Die Salbung kommt ebenso in Ex 30 und 40 zur Sprache: Ex 30 beschreibt die Herstellung des heiligen Salböls, שׁמן משׁחת־קדשׁ, sowie in v. 26–30, was alles damit gesalbt werden soll: Ex 30,26–30: 26 Damit salbe das Begegnungszelt und die Lade des Bundeszeugnisses, 27 den Tisch mit all seinen Geräten und den Leuchter mit seinen Geräten und den Räucheraltar, 28 ferner den Brandopferaltar samt allen seinen Geräten und das Becken mit seinem Gestell. 29 So sollst du sie weihen, damit sie hochheilig seien; alles, was sie berührt, wird heilig. 30 Auch Aaron und seine Söhne sollst du salben und sie weihen, damit sie mir als Priester dienen. Aaron und seine Söhne erscheinen also in einer Linie mit dem Begegnungszelt und seiner ganzen Ausstattung. Durch die rituelle Salbung gelangen sie in dessen Sphäre der Heiligkeit. Die ihnen zugewiesene Aufgabe ist der Dienst als Priester (v. 30: כהן-D). Von einem Herrschaftsauftrag ist nicht die Rede, er wird freilich auch nicht ausgeschlossen. Die Ausführungen in Ex 40 entsprechen dem weitgehend, nur wird hier vom משׁכןmiškān, der Wohnung Gottes gesprochen, die gesalbt wird (v. 9). Außerdem werden wieder die Reinigung und Einkleidung in Zusammenhang mit ihrer Einsetzung genannt (v. 12–15). Die Salbung ()משׁחה verleiht entsprechend v. 15 ein ewiges Priestertum ()כהנת עולם. Dieser Vers könnte als Salbung aller Aaroniden gelesen werden oder aber eine zeitliche Abfolge beinhalten, nach der jeweils einer der Söhne gesalbt wird.35 Die Einsetzung ist also ähnlich wie in Sach 3 mit einer Reinigung und Einkleidung, speziell auch dem Turban verbunden, in den priesterlichen Texten jedoch um die Salbung erweitert worden. In älteren Texten ist von einer Salbung des Hohepriesters oder der anderen Priester keine Rede. Es könnte daher naheliegend sein, die Salbung in der nun nach dem Untergang des Königtum neu 34 35
Janowski, 2017: 31 mit Zitat von Utzschneider, 2016: 30. Vgl. dazu Hieke, 2014: 348.
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entwickelten Theologie als Übertragung von königlicher Symbolik zu verstehen. Dies wird in den hier angeführten Texten zum Heiligtum jedoch gerade nicht deutlich. Vielmehr werden die Priester und speziell der Hohepriester durch die Salbung symbolisch mit dem Heiligtum verbunden, wie dies auch schon der Ornat leistet. Lev 8: Einsetzung der Priester Auch in Lev 8 wird diese symbolische Verbindung deutlich und die parallele Behandlung von Heiligtum bzw. Kulteinrichtungen einerseits und Kultpersonal andererseits hervorgehoben.36 Der Text beschreibt ausführlich den Ritus zur Einsetzung von Aaron und seinen Söhnen, also des Hohepriesters und der anderen Priester. Wiederum wird die Kleidung zusammen mit Efod, Urim und Tummim sowie dem Turban genannt. In den v. 10–12 wird die parallele Behandlung von Aaron im Blick auf miškān und Altar deutlich: Lev 8,10–12: 10 Darauf nahm Mose das Salböl שׁמן המשׁחהund salbte משׁחdie Wohnung משׁכןmiškān und alles, was darin war, und heiligte קדשׁ-D sie. 11 Mit dem Öl spritzte er siebenmal gegen den Altar, salbte משׁחihn und alle seine Geräte, das Becken und sein Gestell, um sie zu heiligen קדשׁ-D. 12 Vom Salböl שׁמן המשׁחהgoss יצקer etwas auf das Haupt Aarons und salbte משׁחihn, um ihn zu weihen קדשׁ-D. Der Ablauf von Ex 29 wird, so T. Hieke, unterbrochen, und die Heiligung des miškān und seiner Ausstattung entsprechend Ex 40 eingeschoben „gewissermaßen aus praktischen Gründen“, weil sonst „der geheiligte Hohepriester Aaron (noch) keinen heiligen Ort hätte, zu dem er gehört.“37 Nach dem Waschen und Einkleiden sowie der Ausstattung mit Efod und Turban wird Aaron gesalbt, nachdem zuvor bereits der miškān sowie der Altar gesalbt wurden. Jeweils wird das Verb salben משׁחmšḥ mit dem Zweck der Heiligung ( קדשׁqdš-D) verbunden. Während miškān und Altar beide mit allem Zugehörigen gesalbt werden, erhalten die Söhne Aarons nach v. 13 lediglich ihre Bekleidung, nicht aber eine Salbung. Das wiederholte Verb קדשׁ-D heiligen benennt explizit, dass Aaron durch die Salbung zur selben Sphäre der Heiligkeit wie die wesentlichen Kulteinrichtungen Tempel und Altar gehört.38 Diese Zugehörigkeit wird im Folgenden durch eine weitere parallele kultische Behandlung verstärkt: 36 Eine literarhistorische Verortung kann hier nicht ausreichend geleistet werden. Der Status der Texte und ihre Einordnung werden sehr unterschiedlich beurteilt, auch im Hinblick auf das vermutete Ende der Priesterschrift. Zum Zusammenhang von Ex 29 und Lev 8 vgl. Nihan, 2007: 124–147, dem ich weitgehend folge. Er fasst seine Analyse wie folgt zusammen: „The comparison between Ex 29 und Lev 8 suggests that contrary to the classical view there is no substantial ground for attributing the two chapters to different hands. All the major variants between the two texts can be demonstrated to stem from later redactional and editorial developments, whereas the large majority of the minor variants are clearly either of a contextual or stylistic nature.“ (146) 37 Hieke, 2014: 347. 38 Vgl. Hieke, 2014: 347: „Die Salbung ist der rituelle Akt, mit dem die Gegenstände (und auch die Personen) ihrer profanen Verwendung entzogen und in die Sphäre des Heiligen
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Lev 8,14–30*: 14 Dann ließ er den Sündopferstier heranbringen. Auf seinen Kopf legten Aaron und seine Söhne ihre Hände 15 und Mose schlachtete ihn. Dann nahm Mose das Blut und gab נתןetwas davon mit seinem Finger ringsum auf die Hörner des Altars, um ihn zu entsündigen חטאḥṭʾ. Nachher goss יצקer das Blut am Sockel des Altars aus und heiligte קדשׁ-D ihn, indem er Sühne für ihn wirkte לכפר עליו. […] 22 Dann ließ er den zweiten Widder, den Widder für die Einsetzung איל המלאים, herbeibringen. Aaron und seine Söhne legten ihre Hände auf den Kopf des Widders 23 und Mose schlachtete ihn. Er nahm etwas von dessen Blut und gab נתןes auf das rechte Ohrläppchen Aarons, auf den Daumen seiner rechten Hand und auf die große Zehe seines rechten Fußes. 24 Dann ließ er die Söhne Aarons nähertreten und gab נתןetwas von dem Blut auf ihr rechtes Ohrläppchen, auf den Daumen ihrer rechten Hand und auf die große Zehe ihres rechten Fußes. Danach sprengte זרקMose das Blut ringsum an den Altar. […] 30 Danach nahm Mose etwas Salböl שׁמן המשׁחהund etwas von dem Blut, das auf dem Altar war, und spritzte נזהes auf Aaron und dessen Gewänder sowie auf seine Söhne und deren Gewänder. So heiligte קדשׁ-D er Aaron und dessen Gewänder sowie seine Söhne und deren Gewänder. Wird in v. 15 das Blut des Sündopferstieres an die Hörner des Altars (oben) sowie an seinen Sockel (unten) angebracht, so wird das Blut des zweiten Widders nach v. 23 in vergleichbarer Weise an Ohrläppchen, Daumen der rechten Hand sowie große Zehe Aarons getan.39 Dies geschieht ebenso bei den Söhnen Aarons. Schließlich wird das Blut dieses zweiten Widders ringsum an den Altar gegeben (v. 24). In ihrem Hören, Tun und Handeln sind die Priester also symbolisch an den Altar gebunden. Diese doppelte Verschränkung wird in v. 30 noch verstärkt, indem beide Materien – Öl und Blut vom Altar – auf Aaron und dessen Gewänder sowie auf seine Söhne und deren Gewänder gespritzt wird. Die rituelle Verortung in der Sphäre der Heiligkeit durch die Salbung wird auch hier durch das Verb קדשׁ-D heiligen nochmals explizit benannt. Auch auf die Söhne Aarons wird das Salböl gespritzt. Das Verbum salben wird dabei gerade nicht verwendet, die Wurzel משׁחmšḥ ist aber in der Bezeichnung „Salböl“ enthalten. Ist die Salbung nach den priesterlichen Texten nicht auf die Übertragung einer herrscherlichen Symbolik ausgerichtet, entspricht sie doch der Königssalbung phänomenologisch. Eine entsprechende Ausdeutung dürfte auch dadurch begünstigt worden sein, dass sich offenbar eine dynastische Praxis entwickelte, wie bereits Lev 16,32–34 andeutet: Diese Verse stellen eine Verallgemeinerung der zur Verwendung im Kult übergeführt werden.“ Vgl. auch ebd. 348. Hieke erwägt hier keine Übertragung einer königlichen Salbung. Vgl. auch Rooke, 2020, Kap. 1, die sich für eine besondere Salbung der Priester im Unterschied zu den Königen ausspricht. Auch Num 7,1 nennt Salbung des miškān sowie des Altars, ohne etwas über die Priester zu sagen. Hier bringen auch die Sippenoberhäupter Opfer dar (קרב-H, v. 2). 39 Zu verschiedenen Deutungsmöglichkeiten vgl. Hieke, 2014: 352. Wichtig ist für den hiesigen Kontext nicht die konkrete Ausdeutung – die mangels Angaben im Text nicht sicher sein kann –, sondern die Parallelität der Handlungen als solche.
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vorangegangenen Beschreibung des Rituals zum Versöhnungstag dar, der einmal jährlich begangen werden soll (v. 34). Während Lev 16 eine zunächst theoretische Überlegung gewesen sein mag, wie man einmal im Jahr eine grundlegende Reinigung von Heiligtum, Kultpersonal und Volk durchführen könnte,40 scheinen diese Verse schon eine eigenständige Praxis zu belegen. So soll die Riten des großen Versöhnungstags „der Priester vollziehen, den man salben ( )משׁחund dem man die Hand füllen wird, damit er anstelle seines Vaters als Priester diene (“)כהן (v. 32). Damit wird die Nachfolge des Hohepriesters dynastisch legitimiert.41 Num 3: Söhne Aarons als gesalbte Priester In der Abstammungsliste nach Num 3 erscheint nicht nur der Hohepriester als gesalbt, sondern auch seine Söhne werden so bezeichnet: Num 3,3: Das sind die Namen der Söhne Aarons, der gesalbten Priester הכהנים המשׁחיםha=kōhanīm ha=mešūḥīm, denen man die Hand gefüllt hatte für den priesterlichen Dienst ()לכהן. Auch in diesem Text liegt das Augenmerk nicht auf der Herrschaft, sondern auf dem priesterlichen Dienst, der in v. 10 nochmals genannt wird ( כהנהkehūnnā). Die Leviten werden den aaronitischen Priestern untergeordnet (v. 6–9). Als ihr oberster Fürst wird – im Textzusammenhang merkwürdig verortet – „Elasar, der Sohn Aarons, der Priester“ genannt (v. 32). Die Leviten sind entsprechend ihren Sippen zuständig für verschiedene Aufgabenbereiche in Bezug auf das Heiligtum. Die größeren Sippen Gerschon, Kehat und Merari werden lokal um das Heiligtum situiert im Westen (v. 23), Süden (v. 29) und Norden (v. 35). Damit bleibt für Mose und Aaron als Ort die östliche Seite (v. 38) und damit die Richtung, auf die das Heiligtum ausgerichtet war. So werden Mose und Aaron auch in lokaler Hinsicht den Leviten vorgeordnet. Sie üben ihren Dienst ( משׁמרתmišmæræt) am Heiligtum für ganz Israel aus: Num 3,38: Vor der Wohnung, nach Osten, vor dem Zelt der Begegnung, zum Sonnenaufgang hin, lagerten Mose und Aaron und seine Söhne. Sie erfüllten den Dienst am Heiligtum erfüllten für den Dienst der Israeliten שׁמרים משׁמרת המקדשׁ למשׁמרת בני ישׂראל. Der Fremde aber, der sich näherte, sollte getötet werden. Die Aaroniden sind durch die Salbung gegenüber den Leviten ausgezeichnet und ihnen hinsichtlich der Aufgaben und der lokalen Positionierung übergeordnet. Die Salbung auch der Söhne Aarons setzt wohl Lev 6,13 und 7,36 voraus.42 Zugleich spricht die Charakterisierung in Num 3,3–4 für eine Hierarchisierung innerhalb des aaronitischen Priestertums, wie C. Frevel festhält: „It provides several qualifying determinations for the two sons of Aaron: They are the anointed ones ()המשחים, and their hands were filled ( )אשר־מלא ידםto act as priests ()לכהן under the surveillance of their father ()על־פני אהרן אביהם. Thus a certain 40
Vgl. Seidl, 1999. Vgl. Hieke, 2014: 598. 42 Vgl. Seebass, 2012: 90f. 41
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hierarchy is employed already at the beginning of the book.“43 Die Notiz in v. 4 stellt zudem sicher, dass es nur zwei aaronitische Priestergeschlechter geben sollte: Eleasar und Itamar.44
3. Abschließende Überlegungen Für B. Gosse stellt die Salbung wie die Kleidung des Hohepriesters eine Übertragung königlicher Attribute dar. Dies sei beispielsweise beim Ephod im Blick auf 2Sam 6,14 und 1Chr 15,27 sowie Hosea 3,4 auszumachen.45 Auch der Turban מצנפתsei aufgrund von Ez 21,31 („Weg mit dem Turban, herunter mit der Krone!“) royal konnotiert.46 Bereits in Sach 3,5 wird der Turban genannt, allerdings mit einer anderen Nominalbildung derselben Wurzel ( – )צניףsollten schon hier royale Konnotationen vorliegen? Außerdem nennt Gosse das Diadem נזר 2Sam 1,10; 2Kön 11,12 sowie in der Negation Ps 89,40 – das Diadem Davids, welches zu Boden geworfen wurde.47 „Ainsi le don du diademe (nzr) au grand prêtre apparaît comme un transfer d’insigne royal.“48 Nach Ps 132,17f. soll David wieder mit dem Diadem ausgestattet werden, wobei die Nathan-Verheißung eingespielt wird. Die Hoffnung ist hier messianisch, worauf das Verbum צמח sprossen in Verbindung mit dem Gesalbten משׁיחdeutet. Insbesondere zeige die Darstellung der Einkleidung nach Ex 29,4–9 im Vergleich mit Jes 22,15ff., dass der Hohepriester mit den Insignien des Königtums ausgestattet werde. Gosse verweist speziell auf die Verwendung von לבשׁH einkleiden, כתנתLeibrock und אבנטSchärpe.49 Gerade Ex 29,4–9 weise eine enge Verbindung zu Jes auf; die königliche Salbung – vgl. auch Jes 61,1 – zusammen mit anderen Attributen des Königtums werde auf den Hohepriester übertragen: „Ces données sont cohérentes avec la présentation de la construction du Temple de Salomon comme une phase ultérieure de l’édification du sanctuaire au désert, avec le rôle qu’y jouait déjà le Sacerdoce. Cela permettait de justifier par l’ancienneté des origines, les prétensions sacerdotales du retour de l’exil.“50 Die ausschließliche Fokussierung auf königliche Assoziationen berücksichtigt jedoch nicht ausreichend die enge Verbindung, die in den Texten über Kleidung und Salbung zum Heiligtum etabliert wird. 43
Frevel, 2018: 97f. Vgl. Seebass, 2012: 91. 45 Vgl. Gosse, 1996: 4. Die Aufzählung in Hos 3,4 beinhaltet politische und kultische Größen („Denn viele Tage werden die Israeliten ohne König und ohne Fürst und ohne Schlachtopfer und ohne Massebe und ohne Ephod und Terafim bleiben“), ist insofern wenig beweiskräftig. 46 Vgl. Gosse, 1996: 5. Für Kellermann, 1989: 29 ist lediglich die Krone königliche Insignie, während der Turban ursprünglich zum hohepriesterlichen Ornat gehörte. 47 Zu den verschiedenen Termini der Kopfbedeckung vgl. Kellermann, 1989. 48 Gosse, 1996: 5. 49 Vgl. Gosse, 1996: 5. 50 Gosse, 1996: 7. Zur Korrespondenz der Heiligtumstexte der Sinaiperikope mit 2Sam 7 und 1Kön 6–8 vgl. bereits Utzschneider, 1988: 270–274. Er rechnet die Teile in Ex der Schlussredaktion zu und hält sie daher für „relativ spät“ (274). 44
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Bezüglich der Kleidung des Hohepriesters fassen C. Nihan und J. Rhyder ihre Beobachtungen wie folgt zusammen: „It would be more accurate to say, therefore, that the description blends elements of royalty with a new type of hegemonic power, which is defined entirely in and through the sanctuary. In other words, the high priest does not merely substitute the king but, rather, embodies a distinct post-monarchic temple paradigm, in which a king is no longer needed. This conclusion, in turn, draws attention to the fact that the post-monarchic period was not merely defined by the reproduction of traditional structures of leadership and power but involved the creation of new syntheses, of which Exod 28 can be viewed as an important example.“51 Dieser Schlussfolgerung ist völlig zuzustimmen. Was sie über die Kleidung des Hohepriesters sagen, gilt analog auch für seine Salbung: Die Salbung ist nicht eine bloße Adaption des Ritus der Königssalbung, der auf eine andere Person übertragen wird. Vielmehr wird er transformiert zu einem Ritus, der den Hohepriester einerseits vollständig als Teil des Tempels porträtiert und ihm andererseits zugleich königliche Attribute zuordnet. Interessanterweise werden die herrscherlichen Assoziationen in den Heiligtumstexten gerade nicht ausgebaut.52 Ohnehin scheint der Königstitel auch bereits in Hag–Sach bewusst vermieden zu sein. Drei Aspekte scheinen mir hier eine Rolle zu spielen: (1) Die Konzeption einer hohepriesterlichen, an den Tempel gebundenen Herrschaft setzte sich möglicherweise bewusst von den Königen vor dem Exil ab. Das Königtum Davids war zu Ende (Ps 89), der Titel „Gesalbter“ war auf Kyros übertragen worden (Jes 45).53 Hoffnungen auf eine Fortsetzung dieser Linie keimen womöglich erst später auf. (2) Vielleicht geht mit der Absetzung vom Jerusalemer Königtum auch bereits eine Betonung des göttlichen Königtums einher, die sich dann aber erst in späteren Texten deutlich zeigt (neben dem Psalter vgl. Ex 1554 und Sach 14). (3) Möglicherweise spielen auch politische Erwägungen eine Rolle. Der Abhängigkeit vom persischen König war man sich sicherlich bewusst und vermied entsprechende Provokationen. Dass in späterer Zeit Texte mit klar messianischen Hoffnungen die Fortführung der davidischen Linie erwarten, bedeutet nicht, dass dies schon frühnachexilisch der Fall war. Die Zeit war hierfür vielleicht noch nicht reif. Wenn sich die priesterlichen Texte nicht nur mit der Salbung, sondern auch mit der Kleidung des Hohepriesters für eine Übertragung königlicher Attribute heranziehen lassen, so gilt dies vielleicht sogar schon – zumindest im Kern – auch für 51
Nihan/Rhyder, 2018: 62. Vgl. auch die Feststellung von Rooke, 2000: „First, the legislation is all cultic legislation, detailing Aaron’s duties and importance in the cultic environment either specifically as high priest or as a member of the priestly class in general; there is nothing which even implies, let alone specifies, any broader kind of responsibility for the high priest.“ (Kap. 1) 53 Vgl. auch Dahmen, 2019: 405 zu Jes 45: „so bleibt die göttliche Zusage an David weiterhin in Geltung, nur neu gefüllt und gänzlich anders als erwartet.“ 54 Vgl. zur jungen Datierung Utzschneider/Oswald, 2019: 339–341. 52
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die Neueinkleidung nach Sach 3 (vgl. )צניףund ohnehin für die Krönung nach Sach 6. Dies spricht dafür, dass bereits mit Jehoschua eine Richtung eingeschlagen wird, die von einer priesterlichen Herrschaftsausübung her konzipiert ist.55 Sollten sich die priesterlichen Pentateuchtexte daran orientieren,56 zusätzlich explizit die Salbung hinzufügen, so wundert es auch nicht, dass im Gegenzug Sach 4 auf eine solche Salbung hin ausgelegt wird. Folgt man J. Silverman in seiner Auffassung, dass mit dem „Spross“ צמחzunächst Darius gemeint war, so erscheint eine solche Entwicklung noch plausibler. Dass dieser Spross wiederum später in der Rezeption als Davidide aufgefasst wird, lässt sich anhand der messianisch zu interpretierenden Verse Ps 132,17–18 leicht nachvollziehen.57
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The Winged Disk and Lotus Levantine Regenerative Motifs on the Banquet Steles of Samʾal Virginia R. Herrmann Tübingen I offer this contribution on an aspect of Samʾalian mortuary culture in honor of my friend and colleague Herbert Niehr, who above all others has crafted a cohesive picture of the religion and mortuary cult of ancient Samʾal.1 My own work has benefited greatly from his scholarship and from our conversations in Tübingen. In this paper, I investigate why, among the well-known corpus of SyroHittite mortuary steles with banquet scenes, two originally Egyptian motifs, the winged disk and the lotus (and other flowers), uniquely appear on monuments from Samʾal. I hope he will appreciate this closer look at yet another of the many particularities of the culture of this kingdom that keep us coming back to its textual and material legacy.
1. Syro-Hittite Banquet Steles One of the most distinctive features of Iron Age Syro-Hittite (or Neo-Hittite and Aramaean) culture is the widespread use of individual mortuary monuments by royal and subroyal elites in the 10th to 8th centuries BCE. This culture of individual commemoration is a new feature in this period, apparently reflecting a new ambition to an elevated status both in life and enduring into the afterlife on the part of a group who had found high position in the consolidation of new kingdoms in this region.2 The mortuary monuments take several forms, but one of the most frequent is the banquet stele, a rectangular or round-topped slab, sometimes with a tenon at the bottom to help it stand upright. The relief scene depicts the deceased, singly, in pairs, or in a family group, seated at a table laden with food.3 The banquet type, of which there are approximately 60 exemplars4 presently known, is concentrated 1
Niehr, 1994; 2001; 2006; 2010; 2013; 2014a; 2014b. Mazzoni, 2001; Bonatz, 2000a: 161; 2016: 189–191; Struble/Herrmann, 2009: 41–42; Gilibert, 2011: 126–128; Rehm, 2014: 384; 2016: 164; Herrmann, 2018. 3 See Bonatz, 2000a: C 12–C67; Struble/Herrmann, 2009. 4 In addition to those catalogued in Bonatz, 2000a: C 12–C 67, we can add those numbered A 1, B 26, B 27, D 4a, and D 10a in the catalogue of Rehm (2016), although B 26 and B 2
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overwhelmingly in the kingdom of Gurgum (Maraş) (32 steles), but multiple steles have also been found in neighboring Samʾal (8), Arpad (5), and Karkemish (4).5 It is thus a more local phenomenon than Syro-Hittite culture more generally, being essentially confined to the Anti-Taurus approaches between the Amanus and the Euphrates.6 Seven of these steles are inscribed, but only two examples found in the kingdom of Samʾal – the Katumuwa stele from Zincirli7 and probably also the badly worn Ördekburnu stele,8 both inscribed in the Samʾalian northwest Semitic language – help to explain the significance of the banquet scene. Their descriptions of animal sacrifices for the deceased support the earlier theory9 that the banquet scene depicts a request for and “prospective vision” of the deceased enjoying food and drink offerings from descendants after death for the sustenance of their “soul”.10
2. Motifs of Egyptian Origin on Syro-Hittite Banquet Steles In Egyptian mortuary culture from the third to the first millennium BCE, the scene of the deceased sitting at an offering table formed a central component,11 and in the second and first millennia BCE the banquet scene was depicted on roundtopped mortuary steles.12 As pointed out by Bonatz, “die formale und inhaltliche Syntax des ägyptischen Totenmahls zeigt sich demnach den syro-hethitischen Darstellungstypen deutlich verwandt.”13 A direct influence of Egyptian mortuary art on the Iron Age Syro-Hittite banquet steles seems to be unnecessary or even precluded, however, not only because both banquet imagery and the feeding of the dead (called kispum in Akkadian) were widespread in the ancient Near East since the third millennium,14 but also because the floruit of the Syro-Hittite 27 differ considerably from the rest of the Syro-Hittite corpus in style, iconography, and date (see Schachner/Bucak, 2005). 5 See Bonatz, 2000a: Abb. 1; Rehm, 2016: Diagramm 1. 6 The seated statue with a cup in one hand and a table-like lap (Bonatz, 2000a: B 1–B 12; Schachner et al., 2002) seems to present a similar iconography to that of the banquet stele, but in the round. This form, descended from second-millennium BCE Syrian statues (Bonatz, 2000b), has a more southeasterly distribution than the banquet steles in the Iron Age, being concentrated in the region of Tell Halaf. Aniconic inscribed steles from Tabal and inscribed steles in the form of towers topped with crenellations from Karkemish and Gurgum (Hawkins, 1980; 1989; Schachner/Schachner, 1996) represent other regional variations. 7 Pardee, 2009. 8 Lemaire/Sass 2013. 9 Bonatz, 2000a: 115–117. 10 Pardee, 2009; Struble/Herrmann, 2009: 30; Lemaire/Sass, 2013: 129; Lange, 2015; Bonatz, 2016: 177–179; Younger, 2020: 11–12; for a different view, see Rehm, 2014: 377; 2016: 75–84, 163–164. 11 Martin, 1984. 12 Hermann, 1940: 40, Taf. 4a–b; Bonatz, 2000a: 92–93, 123–125; Eder, 2016. 13 Bonatz, 2000a: 123. 14 Bonatz, 2000a: 54–64; Ziffer, 2005; see essays in Herrmann/Schloen, 2014.
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kingdoms almost exactly overlaps with the timespan of the banquet motif’s temporary disappearance from mortuary art in Third Intermediate Period Egypt (ca. 1070–700 BCE), before its revival in the 25th Dynasty (Fig. 1b).15 Furthermore, the Syro-Hittite banquet scenes differ from their Egyptian counterparts in many details, including the drinking cup and most of the other attributes held by the Syro-Hittite seated figures.16 Nevertheless, two motifs of originally Egyptian derivation that frequently appear in Egyptian mortuary art of the second and first millennia BCE, namely the lotus flower held by the deceased and/or attendants and the winged sundisk hovering overhead in the lunette,17 occasionally occur in the Syro-Hittite corpus as well. In Middle and New Kingdom mortuary art, the winged disk was less common, as it was reserved for scenes that include a king or a god.18 As mortuary steles of the Third Intermediate and Late Periods usually showed a god (most often the sun-god Re-Horakhty) – rather than the deceased – seated at an offering table, while the deceased stood before him in a posture of praise, winged disks became much more common in the stele lunettes of the first millennium BCE (Fig. 1a).19 Both the winged disk and the lotus have solar connections, and thus regenerative meaning, in Egyptian mortuary culture.20 The sun, which soars across the sky by day, passes below the horizon to the land of the dead at night. The lotus flower rises from the water to bloom and sinks beneath its surface when it dies, mirroring the action of the sun. These symbols thus seem well suited to the eschatological purpose of the Syro-Hittite mortuary steles as well, and this is how Bonatz has interpreted them in this context,21 with the sun serving as psychopomp bringing the deceased to the underworld, but returning again, and the lotus indicating a hope of regeneration and immortality. Van Loon (1986) interpreted the lotus as translated to ancient Near Eastern art as a symbol of either life or death, depending on whether the lotus was held upright, representing life, or held down (sometimes with drooping stem), representing the death of the one who held it. This conclusion was based on the drooping disposition of the lotuses held in the hands of figures on two clearly mortuary reliefs: the Ahiram sarcophagus from Byblos, dated ca. 10th century BCE22 and an 8th-century banquet stele from Zincirli.23 Just as a pair of figures holds lotuses – one up, one down – on the lid of the Ahiram sarcophagus, so on a round-topped stele also from Zincirli and dated to the late 9th century BCE,24 a 15
See Eder, 2016: 223–229. Bonatz, 2000a: 76–107; Rehm, 2016: 50–68. 17 Müller, 1933; Hermann, 1940: 41; Munro, 1973. 18 Hermann, 1940: 41. 19 Munro, 1973; Swart, 2007. This change in imagery from the deceased receiving offerings to the god receiving offerings is interpreted in light of the interment of the stele in the tomb, making the gods, rather than living posterity, the only audience for its text and image (Munro, 1973: 5–6; Swart, 2007: 527). 20 Wildung, 1977; Brunner-Traut, 1980. 21 Bonatz, 2000a: 100–103. 22 Porada, 1973. 23 Von Luschan/Jacoby, 1911: Abb. 236, Taf. LIV. 24 Von Luschan/Jacoby, 1911: Taf. LXVI. 16
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taller, standing figure wearing a crown and holding a lotus down (horizontally) is followed by a smaller figure holding the flower vertically before his face. Here the downward-facing lotus is thought to symbolize the death of the king, while the upright and fresh lotus of the living son and royal heir symbolizes life.25 Van Loon thus suggested that even outside of clearly mortuary contexts, a drooping lotus may be interpreted as indicating that the figure who holds it was deceased, for example on the 9th-century orthostat of king Kulamuwa of Samʾal, which could then perhaps be interpreted as a posthumous image,26 or the 9th-century orthostats from the palace of Ashurnaṣirpal II at Nimrud, on which genies hold drooping lotus or other flowers and might therefore represent deceased royal ancestors.27 As van Loon himself acknowledged,28 this symbolism must not have been applied systematically, as living Assyrian kings also had themselves portrayed holding drooping flowers. This inconsistency has been taken in later scholarship to undermine van Loon’s thesis that the drooping lotus ever symbolized the decease of the one holding it. Bonatz, for example, gives further contradicting examples of Syro-Hittite mortuary steles on which the deceased holds a lotus or other flower in an upright position, or, in the case of an orthostat of a seated figure from Tell Halaf, holds it before the nose in Egyptian fashion.29 He finds that the lotus is a symbol of life, regeneration, and immortality – not death – whether in the hands of the dead or of a living ruler. For the mortuary steles, he suggests that it fulfills the same symbolic role as the bunch of grapes or ear of grain in the hands of other commemorated figures but was transmitted to the Syro-Hittite repertoire through the influence of Phoenician decorative arts.30 This is in contrast with the SyroAnatolian origin of the grape and grain motifs, which were associated in texts and images with the Storm-Gods Tarhunzas and Baʿal, as well as Dagan and Môt (Death).31 By contrast, Rehm (2016) does not see the same symbolism of an immortal afterlife in the lotus and other botanical motifs on the Syro-Hittite banquet steles. She interprets them rather as symbols of abundance and wealth during life and categorizes them, like the other attributes of the figures on the steles, as status symbols lacking in afterlife connotation.32 She further notes that the grape and grain attributes are only found in the kingdom of Gurgum and only held by men,33 while the lotus and other flowers are particularly popular in Samʾal (2016: 62). 25
Van Loon, 1986: 247. Van Loon, 1986: 247. 27 Van Loon, 1986: 248–249. 28 Van Loon, 1986: 250. 29 Bonatz, 2000a: 102. 30 Bonatz, 2000a: 101–2. 31 Bonatz, 2000a: 86–90. Weeden (2018) has recently reviewed the Iron Age Luwian textual and iconographic evidence for the Grain God/Good God and the Wine God. He finds that the vine/wine and grain are central symbols of prosperity and that the favor of the Storm-God of the Vineyards (also mentioned in the Samʾalian Katumuwa inscription) was believed to directly guarantee this prosperity by providing rain for these crops. 32 Rehm, 2016: 53–56, 62–63. 33 Rehm, 2014: 379–380; 2016: 53; see also Lange, 2015: 97. 26
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Remarking on the closer relations of Samʾal with Assyria than with Egypt, she attributes the appearance of the lotus in Samʾal to the influence of the former country, where palace reliefs showed lotuses and other flowers in the hands of kings and genies. Just as Rehm interprets the lotus in these contexts as a status symbol, Orthmann, too, understands the flowers held by Kulamuwa and Barrākib of Samʾal as insignia of kingship.34 Bonatz finds the regenerative symbolism of the sundisk sufficiently explanatory for its appearance on Syro-Hittite mortuary steles.35 But outside of mortuary contexts, the winged disk in the second- and first-millennium BCE Near East has generally been interpreted as either an emblem of kingship, as the symbol of a particular deity (who is sometimes, but certainly not always, the sun-deity, as suggested by the occasional appearance of a crescent-moon, rosette, or anthropomorphic deity in or with the disk), as the heavens themselves, or as a decorative motif.36 Without rehearsing again the wide range of its appearances, we can say that the symbol appears to be highly adaptable according to the context. Its meaning is perhaps most succinctly summarized thusly by Dalley: “although the winged disk is a form of the sun god, it can be applied like the written title dUTUši [‘my sun’] to any god, goddess or mortal who is elected or appointed to be sovereign.”37 Thus, when we consider the meaning of the winged disk on a mortuary monument, a representation of the sun-deity as psychopomp and source of postmortem regeneration, though plausible, is not the only possible interpretation. The meanings of these two motifs of Egyptian derivation in mortuary contexts have in large part been treated separately, but in this contribution, I will elaborate on Winter’s (1976) discussion of the interconnection between the winged disk and stemmed flower in Iron Age north Levantine art. In what follows, I will first show that both the winged disk and the flower appear on Syro-Hittite mortuary steles exclusively (or practically exclusively) from the kingdom of Samʾal. I will then discuss how the relationship of the two motifs affects their range of meaning in both mortuary and non-mortuary genres in this kingdom and possible reasons that this iconography was adopted in Samʾal in the late ninth and eighth centuries BCE.
3. The Banquet Steles of Samʾal The Aramaean kingdom of Samʾal (ca. 900–720 BCE) comprises the İslahiye valley of southern Turkey, the narrow stretch between the Amuq Valley to the south and the Maraş Plain to the north, with the Amanus Mountains and the Kurt Dağ to west and east, respectively. Eight banquet steles found in this region have been published, together with an additional fragment unpublished, but shown to the author in the Gaziantep Archaeology Museum in 2008 and said to be from the 34
Orthmann, 1971: 292; cf. Lange, 2015: 98. Cf. also Kutter, 2008: 308. 36 Gonnet-Bağana, 1967; Mayer-Opificius, 1984; Dalley, 1986; Parayre, 1990; Ornan, 2005; Kutter, 2008: 198–199; Niehr, 2004: 310; Pongratz-Leisten, 2013; Bonatz, 2014: 244–245. 37 Dalley, 1986: 99. 35
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İslahiye area, for a total of nine (Fig. 2a–e; Tab. 1).38 Among the Syro-Hittite kingdoms, this quantity is second only to Gurgum (Maraş) to the north. The stylistically oldest banquet stele from this region was not found at the capital (also called Samʾal), located at modern Zincirli Höyük, but at Karaburçlu, 5 km north of Zincirli.39 The stele with an unfortunately illegible Hieroglyphic Luwian inscription shows two beardless men(?) with staffs and drinking cups facing each other across a table bearing bread. It probably dates to the late 10th century BCE. The next oldest is the tall, narrow stele found at Ördekburnu, a hill 20 km south of Zincirli (Fig. 2a).40 It is badly worn, but on the upper half, in a rectangular frame, a seated figure on the right faces a standing figure across a small table bearing bread. The beardless seated figure in a long gown seems to hold two flowers in the upraised right hand and two spindles in the left, suggesting female gender. The beardless standing figure with a tassel hanging from the belt (and so probably male), holds a staff or mace in the right hand and an upraised flower in the left. At the top of the stele, parts of three symbols are preserved: a yoke(?) flanked by two round shapes. These are interpreted by Lemaire and Sass as possibly celestial symbols, such as “a crescent and disk or a star in a disk”.41 Brandl sees a mirror, rather than a flower, in the hand of the seated figure, different symbols to left and right of the yoke, and traces of the tail feathers of a winged disk above the yoke symbol.42 He would restore a large lunette at the top of the stele to allow room for the winged disk.43 Younger agrees about the possible winged disk.44 The identification of a winged disk above the other symbols is presently impossible to verify, however. On the tapering bottom of the stele and along one narrow side is a poorly preserved alphabetic inscription, of which Lemaire and Sass (2013) have recently offered a translation. They date the stele paleographically to ca. 820–760 BCE,45 while the style of the relief (although difficult to compare) suggests a date in the ninth century.46 The other six (seven, including the unpublished example) banquet steles from Samʾal date most likely to the eighth century BCE. A very worn stele was found
38 Excluded from this account is the banquet relief found at Örtülü (Bonatz, 2000a: C 26; Rehm, 2016: D 11), as this seems on closer inspection to be an orthostat fragment, not a free-standing stele (see Herrmann, 2017: 243). Unlike Rehm (2016: 158), I also assign the Sakçagözü banquet stele (see below) to Samʾal, rather than Gurgum. 39 Bonatz, 2000a: C 32. 40 Bonatz, 2000a: C 52; Lemaire/Sass, 2013. 41 Lemaire/Sass 2013: 74, see Figs. 12–13. 42 Brandl 2016: fig. 1 and p. 49 with Yadin, 1970: 210, fig. 7. 43 Brandl, 2016: fig. 1. Brandl would also identify the figures on the Ördekburnu stele as the deities Kubaba of Aram and Rakibʾil, rather than a deceased person and her attendant (2016: 52–53). I see no compelling reason to interpret this scene differently than the other Syro-Hittite banquet steles, however (in agreement with Younger [2020: 5]). 44 Younger, 2020: 2, nn. 8–9; see also Younger, 2016: 411–412. 45 Lemaire/Sass, 2013: 126. 46 Orthmann, 1971; 529, who puts it in his Sph. IIIa together with the Kulamuwa orthostat; Bonatz, 2000a: 21.
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on the surface at Sakçagözü, 23 km northeast of Zincirli.47 A seated, beardless figure reaches both hands toward a cross-legged table that holds possibly a cup and a bowl, opposite a tall standing figure in a long garment. This person also reaches both hands towards the table. The large open field above the scene does not contain any symbol. The lanky proportions of the figures led Orthmann to group this stele with the gate reliefs from the same site, which have been roughly dated to the first half of the eighth century on other grounds.48 Only two of the banquet steles were found at Zincirli itself: the stele of a highranking figure found near an empty cist grave on the summit of the citadel mound49 and the above-mentioned stele of Katumuwa (Fig. 2b), found in a small building apparently devoted to mortuary cult in the north lower town.50 The Katumuwa stele, dated to the reign of Panamuwa II of Samʾal ca. 743/740– 733/732 BCE by its inscription,51 shows a bearded man seated before a table alone. He holds up a cup in his right hand and a conifer cone on a branch in his left, while a pyxis, a duck on a platter, and stacked breads lie on the table. A damaged, but clearly identifiable winged disk arcs over the scene and the reliefcarved inscription above it. The outline of the wings, part of the central disk, and the curled volutes hanging from it can still be recognized. The traces suggest that the disk was filled with a rosette or star, but this is not certain. If there was a crowning element, it would have to be rather short to fit the available space. The larger stele from the Zincirli citadel (Fig. 2c)52 is rectangular, but the scene is carved in an arch-shaped frame. A beardless seated figure at right, probably female, holds up a cup in the right hand and lotus or lily flower in the left, pointed horizontally forward. On the cross-legged table sit a pyxis, bowl, fish, and bread, and a shorter, apparently male figure opposite holds a knife and a fly-whisk. Above the scene floats a winged disk containing an eight-petaled rosette with volutes protruding above and below. The vertical elements between the volutes, especially above the disk, resemble a flower – and specifically a lotus – more than feathers.53 The style is similar to other Zincirli reliefs of the second half of the eighth century BCE.54
47
Bonatz, 2000a: C 37. Orthmann, 1971: 82. 49 Bonatz, 2000a: C 46. 50 Struble/Herrmann, 2009; Herrmann, 2014a; 2014b. 51 Pardee, 2009. 52 Bonatz, 2000a: C 46. 53 Barnett, 1964a: 79. 54 While Orthmann (1971: 65) assigned this stele to his group Zincirli IV with the reliefs from Hilani III, Winter (1973: 199) cites convincing similarities to the reliefs of Barrākib (733/732–ca. 720(?) BCE) and furniture from reliefs and wall paintings of Tiglath-Pileser III, Barrākib’s contemporary. Gilibert (2011: 93, 220), apparently on the basis of the dating of the fibula worn by the seated figure, assigns the stele to the early seventh century BCE, but the close similarities to the works of Barrākib’s reign and the fact that Zincirli was an Assyrian province by the seventh century (presumably spelling the end of the local dynasty) argue for an earlier date. 48
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Another completely preserved stele with a rounded top was found at İslahiye, 9 km south of Zincirli (Fig. 2d).55 Two beardless, seated figures, one larger, one smaller (father and son?), face each other across a table. Each holds a cup in the right hand and an object consisting of two slightly curving sticks or stems in the left. While Bonatz56 interprets them as flowers or branches and Balçıoğlu57 as lotus buds, Kalaç58 sees them as an ear of grain (left) and two branches (right), and Rehm59 as an ear of grain (left) and a folded cloth(?) (right). In my view, the objects held in the left hand of both figures should be interpreted as pairs of botanical stems of some kind, probably flower buds rather than grain (see further below). Bread and a bovine head(?) lie on the table. A winged disk fills the arch above the pair’s heads. Feathers spread out above and below the disk, which is filled with an eight-petalled rosette, but volutes are lacking. The larger figure’s hairstyle resembles those of the figures of Hilani III, and his patterned and tasseled seat cushion is identical to that of the banquet stele from the Zincirli citadel, suggesting a date in the second half of the eighth century. The above-mentioned unpublished stele said to be from İslahiye is very worn (or unfinished?), and only its upper third is preserved, but it is otherwise almost identical to the complete İslahiye stele just described. The outline of a winged disk is visible in the rounded top above two figures holding cups. The left figure holds some indiscernible object in the left hand in exactly the same position as on the complete İslahiye stele. Two partially preserved steles complete the group from Samʾal. Only the lower part of the stele found at Keller (now Fevzipaşa), 3 km west of Zincirli, is preserved.60 A seated figure wearing a long-pleated skirt like that of the Zincirli citadel stele and possibly a veil61 sits facing left on a chair with decorated cushion. Across a cross-legged table bearing bread, a smaller bearded figure in a kneelength garment holds up a fly-whisk. Nothing of what the seated figure holds is preserved on this fragment. Though the style is different, the antiquaria and composition of the scene resemble the Zincirli citadel stele. The last fragment to be described was found at Gözlühöyük, 10 km northeast of Zincirli and immediately east of Gerçin (Fig. 2e).62 It is broken on all sides, but represents the upper-central portion of a large stele, on which two seated figures face each other across a table, attended by a third, smaller person, standing slightly behind the right-hand seated figure. The more fully preserved seated figure to right wears a long, curled beard, and a cap or helmet with—most unusually—a uraeus adorning the front. A tasselled garment covers his knees. He holds up a 55
Bonatz, 2000a: C 30. Bonatz lists the stele as originating at Gölüköhöyük Köyü-İslahiye (2000a: 19), but I have been unable to confirm this or identify this placename. The original publication mentions only that it was seized in İslahiye (Kalaç, 1975: 189). There is, however, a Güllühöyük 5 km east of İslahiye. 56 Bonatz, 2000a: 37. 57 Balçıoğlu, 1998: 97. 58 Kalaç, 1975: 189. 59 Rehm, 2016: 104. 60 Bonatz, 2000a: C 47. 61 Orthmann, 1971: 367. 62 Bonatz, 2000a: C 28.
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cup with gadrooned sides in his right hand, and his left hand reaches down to touch a dish on the table, while at the same time seeming to hold the long stem of a lotus flower that crosses up behind his right arm. The face of the seated figure at left is not preserved, but does not appear to be bearded and is possibly female. Only the arms, bearing bracelets, can be seen, with right hand touching a dish on the table and left hand holding up a stem with four buds or capsules toward the face. The ornate table bears two footed bowls (one supporting some kind of meat portion), a small pyxis, and a tripod(?) bowl holding a tall stack of breads. From behind the table, a large lotus flower with a smaller bud to each side rises up on a tall stalk. Very little of the small standing figure is preserved, but they raise up a long stem in the right hand, presumably also belonging to a flower. Bonatz interprets the cap with uraeus as an imitation of the Egyptian blue crown and thus identifies the bearded figure as a king of Samʾal.63 However, the form of the cap, with one edge of a side-flap preserved, is otherwise identical to the typical 8thcentury hat worn by elite Samʾalians, whether royal or not. Furthermore, another relief found at Gözlühöyük in very similar style likewise shows atypical use of the uraeus.64 There it adorns the helmet of a Storm-God with two horns and a tassel in the rear ending in a spiral curl that encloses an eight-petalled rosette.65 In my opinion, the uraeus on these sculptures should thus not be interpreted according to Egyptian norms, and the banquet stele figure should not necessarily be understood as royal. The Gözlühöyük Storm-God’s belt with diamond-shaped tab (which dates back as far as Adad-nirari III, 811–733 BCE66) and the fringed sash hanging from it (starting from the reign of Tiglath-Pileser III67), combined with the Assyrianizing hair and beard, suggest a mid- to late-eighth-century date for both Gözlühöyük reliefs. In summary, while the banquet steles from Samʾal are in many ways quite typical in their form and iconography to the corpus in general, certain significant iconographic elements appear here and practically only here: the winged disk and the flower. The winged disk appears at least four times (Zincirli citadel stele, İslahiye stele, Katumuwa stele, and the unpublished stele fragment from İslahiye), and possibly a fifth, if Brandl’s interpretation of the traces at the top of the Ördekburnu stele is correct. It is likewise possible that the Keller stele (given the similarity to the Zincirli citadel stele) and maybe even the Gözlühöyük steles bore winged disks on their missing upper parts. In his discussion of winged disks on Syro-Hittite mortuary monuments, Bonatz68 mentions also steles C 34 from Maraş69 and C 58 from Yumurtalık in Adana. However, it is difficult to interpret 63
Bonatz, 2000a: 177. Balçıoğlu, 2009: 8, no. 1. 65 The Gözlühöyük Storm-God’s helmet is very similar to the Osirian atef-like crown worn by the gods on the Phoenician stele of Shadrafa from Amrit (Gubel, 2002: no. 38) and the Baʿal stele of Qadboun (Gubel, 2002: 53, Fig. 9). Besides the uraeus, the Gözlühöyük helmet also greatly resembles the helmet and hair of Baʿal on the stele from Late Bronze Age Ugarit (Yon, 1991: 294–299, Fig. IIa). 66 Orthmann, 1971: 156; Hrouda, 1965: 48. 67 Hrouda, 1965: 31–32. 68 Bonatz, 2000a: 102. 69 Orthmann, 1971: Maraş D/3. 64
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Virginia R. Herrmann Table 1. Banquet Steles from the Region of Samʾal
Find location
Approx. date (BCE)
Karaburçlu
Late 10th c.?
Ördekburnu
Late 9th or early 8th c.
Sakçagözü
ca. 800–750
Zincirli (Katumuwa)
ca. 743–732
●
Zincirli (citadel)
ca. 740–700
●
İslahiye
ca. 740–700
●
İslahiye? Keller (now Fevzipaşa) Gözlühöyük
ca. 740–700 ca. 740–700
● ?
ca. 740–700
Winged disk
Flower
Other stemmed botanical object
Bonatz, Publication 2000a Cat. No. C 32
?
●
C 52
C 37
●
Conifer cone – on a stem C 46
Two stems with buds? Yes?
C 30
?
– C 47
●
C 28
von Luschan/Jacoby, 1911: 328, Abb. 237 von Luschan/Jacoby, 1911: 329, Abb. 239; Lemaire/Sass, 2013 Humann/Puchstein, 1890: 376, Abb. 55 Struble/Herrmann, 2009; Pardee, 2009 von Luschan/Jacoby, 1911: Abb. 236, Taf. LIV Kalaç, 1975: Taf. 43, Abb. 10 Unpublished Humann/Puchstein, 1890: 94, 98 Temizsoy, 1989: Abb. 52
the angular shape above the seated figure on the fragment C 34 as part of a winged disk. The stele from Yumurtalık does bear a winged disk with a central star above a banquet scene of anomalous composition. The banquet scene is carved in a deep rectangular niche in the stele, however, suggesting that it is recut, and the tall, narrow form of the stele, as well as the form of the winged disk itself, recall royal commemorative steles topped with this symbol, such as Karkemish A4b,70 A16c,71 and KH.11.O.400,72 dating to the eleventh or tenth century, and the two Arsuz steles,73 dating to the tenth. It seems most likely that the Yumurtalık stele was a repurposed royal stele, recut as a mortuary monument, so that the winged disk was recycled for this composition. Thus only in Samʾal was the winged disk a regular part of the banquet scene. Lotus or lotus-like flowers appear on three steles from Samʾal (Ördekburnu, Zincirli citadel, and Gözlühöyük), and on two further steles, the seated figures carry other botanical objects attested only in Samʾal (conifer cone: Katumuwa stele, buds(?): İslahiye stele). As mentioned above, two other botanical symbols, the grape-bunch and ear of wheat, are only
70
Hawkins, 2000: 80–82, Pl. 1. Hawkins, 2000: 82, pl. 2. 72 Peker, 2016: 14–17, Pl. II. 73 Dinçol et al., 2015. 71
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found on banquet steles from Gurgum and only in the hands of men, as are the mirror and spindles in the hands of women.74 The two symbols could also appear together: on the stele from the Zincirli citadel, the winged disk and lotus flower appear together (and are even combined into one symbol, with petals crowning the disk), and the deceased below the winged disks on the Katumuwa and İslahiye steles also carry stemmed botanical objects. Furthermore, on the stele with the most emphatic use of the lotus, that from Gözlühöyük, it appears together with another Egyptianizing symbol, the uraeus. To gain a better understanding of this peculiarity of the banquet steles from Samʾal, I will next review the appearance of these motifs elsewhere in the visual culture of this kingdom and its neighbors.
4. Winged Disks and Flowers Samʾal Beyond the banquet steles, both winged disks and flowers are found with some frequency in Samʾalian art, often appearing together. The earliest appearance of each is the late-9th century orthostat of Kulamuwa,75 where the king is depicted pointing his finger at four divine symbols, including a winged disk (Fig. 3a). In Neo-Assyrian style,76 the disk has tail feathers, but no volutes or crowning petals or feathers. As already described above, Kulamuwa holds a drooping lotus in his left hand that hangs down by his side, and a round-topped stele found in Room P1 shows a king in the same dress and similar style (thus possibly also Kulamuwa) holding a lotus in the same position, but pointed forward instead of drooping toward the ground, while he points his right finger before his face.77 Behind him, a smaller beardless figure (possibly his son) holds a large lotus vertically before his face with the right hand and grasps a basket-handled round vessel with his left hand. The winged disk also appears in the second half of the 8th century among the divine symbols saluted in the monuments of Barrākib78 and on the impression of his Aramaic seal.79 All the known reliefs of this king, furthermore, show him holding a flower. Barrākib’s disks have volutes above and below, with seemingly the petals of a flower rising between the volutes on top (in the case of the stone reliefs). The disks on the two stone reliefs contain a rosette and closely resemble the one on the Zincirli citadel banquet stele (Fig. 3b). On the orthostat showing the king seated before a scribe and the symbol of the moon god, he holds a small stemmed palmette in his left hand while raising his open right hand.80 The 74
See Rehm, 2016: 53, 57, 188–190. Von Luschan/Jacoby, 1911: Abb. 273. 76 Mayer-Opificius, 1984: 198, 222. 77 Von Luschan/Jacoby, 1911: Taf. LXVI. 78 Von Luschan/Jacoby, 1911: Taf. LXVII; Orthmann, 1971: Taf. 66c (Zincirli K/1), Taf. 67d (Zincirli K/11). 79 Von Luschan/Andrae, 1943: Taf. 38b. 80 Von Luschan/Jacoby, 1911: Taf. LX. 75
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stemmed palmette appears again, held in the king’s left hand, on the orthostat of the standing king followed by a fanbearer, while the right one forms a fist before his face.81 Finally, on the broken relief Zincirli K/11, probably from a banquet scene, he raises a cup in his right hand and holds a stem with many small buds in his left.82 At nearby Sakçagözü, which also probably belonged to Samʾal, a winged disk with hanging volutes, outlined with a ring, hovers over the chariot in the lion-hunt scene from the outer gate,83 while several large rosettes float in the field. This relief has been dated to the early to mid-8th century BCE.84 A winged disk containing a rosette nested in a crescent and with hanging volutes floats above a volute tree on two orthostats from the palace entrance,85 dated to the late 8th century (Fig. 3c). The tree is flanked by genies in cutaway robes who grasp a tendril descending from the disk’s volutes with one hand and hold up an ovoid object to touch it with the other. The winged disk and stemmed flowers also appear among the metals and ivories from Zincirli. A bronze helmet found in Zincirli Building K is engraved with a winged disk with crescent and hanging volutes.86 Two plaque pendants were found with other treasures in Room J2. A square gold pendant shows a male(?) banqueter seated before a table with stacked breads. In his right hand he holds up a stem with a tripartite, apparently floral object.87 A silver and gold dropshaped pendant meanwhile depicts a frontal nude female holding up a spiky flower, probably a lotus, in each hand.88 These plaques are difficult to date more closely than a general 9th–8th century range.89 Also found in the Northwest Palace area, an ivory plaque bears an originally inlaid band of lotus flowers,90 and rectangular ivory posts show Egyptianizing standing figures, some of whom carry stemmed palmettes.91 Syro-Hittite Sculpture Outside Samʾal On sculpture outside Samʾal, the winged disk primarily appears above the heads of various deities on steles, rock reliefs, and orthostats or as the only figurative element on royal steles. A unique usage that nevertheless forms an important par81
Von Luschan/Jacoby, 1911: Taf. LXVII. Orthmann, 1971: Taf. 67d. 83 Orthmann, 1971: Taf. 51c (Sakçagözü B/1). 84 Ussishkin, 1966. 85 Garstang, 1908: Pl. 41:2; Orthmann, 1971: Taf. 49a (Sakçagözü A/1), 50c (Sakçagözü A/9). 86 Von Luschan/Andrae, 1943: 75, Abb. 85. 87 Von Luschan/Andrae, 1943: S3625, 99–100, Taf. 46g, 47d. 88 Von Luschan/Andrae, 1943: S3626, 100–101, Taf. 46i, 47c. 89 The hairstyle and facial physiognomy of the banqueting figure resembles those of the reliefs of the Zincirli Citadel Gate from the early 9th century, but the high-backed chair with notched top and the footstool compare to those on the late-9th to 8th-century banquet steles from this kingdom. 90 Von Luschan/Andrae, 1943: Taf. 69q–r, 72p. 91 Von Luschan/Andrae, 1943: Taf. 65m, 66b, e, 67b, e, h. 82
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allel for the Samʾal banquet steles is found on one of the small orthostats from Tell Halaf (Guzana) dating to the late 10th century BCE (Fig. 4a). A cloaked male figure sits on a stool and holds a flower to his nose, while before him two bullmen hold up a winged disk on some kind of support.92 Without a table, this is not a banquet scene, but the combination of a flower, winged disk and seated figure recall the Zincirli citadel stele. The Meharde stele from the middle Orontes (Hamath region), dedicated to the goddess called “Queen of the Land,” again combines the two motifs, showing a winged disk floating over a frontal female figure with spiral hair curls wearing a long gown, who stands on the back of a lion and holds up a triangular object, probably a lotus flower, in each hand (Fig. 4b).93 And in parallel to the Sakçagözü reliefs, orthostats from Karatepe and Domuztepe in Cilicia show a winged disk above a volute tree flanked by male figures who touch the tree (Fig. 4c).94 In this corpus, volutes hang from many of the disks in place of the Egyptian uraeus cobras, following the innovation made to the winged disk in the SyroAnatolian region in the Late Bronze Age.95 Only among the 8th-century winged disks from Samʾal, however, do we see any elements (whether flower petals, volutes, or feathers) crowning the disk. Winged disks containing a rosette (a tradition beginning in 18th-century Syria96) are restricted to Samʾal (Zincirli and Sakçagözü), with the possible exception of the stele Malatya B/4, where it is unclear whether the device in the disk above Kubaba represents a star or a rosette. Flowers beyond the rosette are uncommon on sculptures outside of Samʾal. The seated ruler from Tell Halaf (A3/171) who holds a flower to his face, and the goddess on the Meharde stele holding up flowers are described above. On the trilingual (Phoenician, Assyrian, and Luwian) 8th-century stele from İncirli, near Sakçagözü, the badly worn image of king Warika of Que wearing Assyrian-style dress holds a triangular flower (probably a lotus) with drooping stem horizontally in his right hand held out at his waist, while grasping a staff in his left.97 Also from Que, an orthostat from Karatepe shows a band of open and closed lotus flowers running beneath a scene of a stag hunt supported on the backs of bulls.98 Finally, the winged genies on a set of Malatya reliefs each hold a drooping branch with several buds.99 They thus resemble the Neo-Assyrian genies with drooping branches in the palace of Ashurnaṣirpal II100 but have now been found to predate
92
Moortgat, 1955: Pl. 98 (A3/171). Orthmann, 1971: Taf. 38; Hawkins, 2000: 415–419, Pls. 225–226. 94 Çambel/Özyar, 2003: 92, Nkl 7, Taf. 114–115, 232; Orthmann, 1971: Taf. 6c. One of the royal steles found at Arsuz shows the Storm God and king standing on a volute plant, while the winged disk containing a star, as well as a large rosette, floats above (Dinçol et al., 2015: Fig. 1). 95 Gonnet-Bağana, 1967. 96 Mayer-Opificius, 1984: 191–192; Teissier, 1996: 95–101. 97 Dodd, 2012: 215, fig. 2. 98 Çambel/Özyar, 2003: 78–79, NVl 10, Taf. 54–55. 99 Orthmann, 1971: Taf. 43b, d; Manuelli/Mori, 2016: Fig. 8. 100 Hrouda, 1965: 104, Taf. 37.4; Bleibtreu, 1980: 65–70. 93
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these by over a century on archaeological grounds.101 Such figures come out of the iconographic traditions of Mitannian and Middle Assyrian glyptic.102 Syro-Phoenician Ivories and Metalwork This connection at Samʾal between the winged disk and floral or vegetal elements finds better contemporary comparisons in the corpus of Syro-Phoenician Kleinkunst, or portable arts, particularly ivory and metal objects. Here, the winged disk appears almost exclusively above the nude frontal goddess or the stylized tree and related flowering vines. Lotuses and other flowers are also strongly connected in this imagery to both this goddess and the tree. The frontal nude goddess appears on triangular horse frontlets in both ivory and bronze.103 On the ivory frontlets, the winged disks above are primarily of Egyptianizing Phoenician type with uraeus cobras rather than volutes, and the goddess stands on a lotus or a lion head and holds up a lotus flower in each hand, with lions dangling below (Fig. 5a).104 The ivory frontlet in North Syrian style found at Gordion shows the goddess wearing a rosette crown, holding up sphinxes, and standing on a bull’s(?) head, while above floats an elaborate winged disk with volutes above and below a disk consisting of a beaded ring surrounding a cross intersected by wavy lines.105 On the famous bronze horse frontlet in North Syrian style found at the Heraion at Samos,106 an inverted pyramid of nude goddesses hold their breasts and stand on lion heads. A winged disk above has pendant volutes, a crown of leaves or petals, and a four-petaled rosette intersected by perpendicular lines (a hybrid between a rosette and a star) in the central disk.107 The similar “Bomford” plaque shows a human-headed bird with spiral Hathor curls and outstretched wings in place of the winged disk (Fig. 5b).108 Likewise, a bronze equestrian ornament from Salamis109 depicts a nude frontal female standing on and holding lions below a female head with spiral Hathor curls and wings.110 These winged female heads are reminiscent of the ivory “siren” from Nimrud with female head and the body of a bird of prey stylistically belonging to the “Roundcheeked and Ringletted” group.111 On a bronze bowl in North Syrian
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Manuelli/Mori, 2016: 226. Orthmann, 1971: 316–319. 103 Barnett, 1964a. 104 Orchard, 1967: 27–29, Pls. 28–31. One of these is inscribed in Aramaic, “Luʾaš,” suggesting that it is from that part of north Syria near Tell Afis (Orchard, 1967: 27, no. 136). 105 Sams, 1993: Pl. 95. 106 Kyrieleis/Röllig, 1988. 107 An Aramaic inscription suggests that this piece was originally booty from the defeat of Unqi (in the Amuq Valley) by Hazael of Damascus (Younger, 2016: 627–630). 108 Barnett, 1964a: Abb. 1, Taf. 2.2. 109 Winter, 1976: Fig. 32. 110 See also a similar winged Hathor head on a gilded silver bowl from Praeneste (Markoe, 1985: E1, 278–279, 282). 111 Wicke, 2005: 72–73, Pl. 17:1. 102
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style found at Olympia and inscribed in Aramaic,112 panels with frontal female and male figures crowned with a winged disk and flanked by lotus columns are interspersed with banquet scenes of a male figure holding a cup and a lotus and a female figure nursing an infant, as well as processing musicians and a griffin hunt. In the center, six-petaled rosettes are arranged between the rays of an eightpointed star. A similar combination of motifs, though without the winged disk, appears on several of the ivory pyxides of Flame-and-Frond style found at Nimrud, especially in relation to banquet scenes: seated figures holding a cup and (when preserved) a lotus flower are accompanied by free-standing lotus stems, palm trees, and (clothed) goddesses with Hathor curls holding up lotuses or flowering branches.113 The winged disk114 appears above the stylized tree or other flowering plants in various ivory groups. In Flame-and-Frond style, the bottom of an ornate lion bowl shows sphinxes flanking a stylized tree crowned with a winged disk with hanging volutes and a crown and tail of feathers or leaves.115 Two large fragmentary plaques from Hama carved in a different style seem to show the same scene.116 Antithetical men flanking a volute tree below a winged disk are the subject of panels from SW11/12 (Fig. 6a) classified by Herrmann as Phoenician117 and of ornate Assyrianizing panels from the Northwest Palace (Fig. 6b).118 These scenes are very similar to that on the orthostats from Sakçagözü and Karatepe/ Domuztepe described above. A version of this latter motif seems to be represented by the standing and seated male and female figures who hold flowering vines on the ivory chairbacks from SW7.119 The winged disks float either immediately over the heads of the figures, who sometimes reach up to touch this motif with an object held in the hand,120 or occasionally serve as a support on which these vegetation-holders stand.121 Some of the chairbacks were topped by a panel with a large winged disk spreading over several of the smaller panels (Fig. 7a).122 Connecting this group to the above-mentioned panels from SW11/12, stylized trees123 sometimes flanked 112
Markoe, 1985: G3, 204–205, 316–319. Barnett, 1957: S 3, Pls. 16–17, S 8, Pl. 23, S 12, Pl. 27; Herrmann/Coffey/Laidlaw, 2009: no. 234, Pls. 45–47. 114 Herrmann/Laidlaw/Coffey, 2009: 59–60. 115 Herrmann/Laidlaw/Coffey, 2009: no. 237, Pls. 57–58. 116 Riis and Buhl, 1990: 239–241, no. 948. A panel fragment with a possibly similar scene comes from the Northwest Palace at Nimrud (Herrmann/Coffey/Laidlaw, 2009: no. 347, Pl. 103). 117 Herrmann/Laidlaw, 2013: 34, 57–58 nos. 64–82, 83–93, Pls. X, 12–18; see Cecchini, 2005. 118 Herrmann/Laidlaw/Coffey, 2009: 175–177, nos. 202–205, Pls. 30–31. 119 Mallowan/Herrmann, 1974. 120 E. g. Mallowan/Herrmann, 1974: Pls. 4–6. 121 Ibid.: Pl. 76. 122 Ibid.: Pls. 1, 100–101. To be mentioned here also is a large panel found at Arslan Tash showing a winged disk that combines the Egyptianizing uraei (crowned with their own small sundisks) with the Syrian eight-petaled rosette (Thureau-Dangin et al., 1931: Pl. 46). 123 Mallowan/Herrmann, 1974: Pls. 28, 34. 113
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the figures holding vegetation.124 These winged disks almost all have prominent pendant volutes, and on some of them, the “tail feathers” between the volutes resemble more the top element of the stylized trees, so that an abbreviated, inverted palmette tree appears to descend from the disk.125 The winged disks that support, rather than crown, the vegetation-graspers have a crown of feathers/ leaves and a rosette in the disk (Fig. 7b).126 Most interestingly, some of the panels with the “vase-hat men” show a frontal female face with spiral curls emerging from the top of the winged disk and holding lotus flowers in her outstretched hands (Fig. 7c).127 This seems to be a version of the winged Hathor-head (or female-headed bird/siren) that occasionally appears on the bronzes.128 Many of the flowers on the vines grasped by the male and female figures are recognizably lotuses, while others are more lily-like. Sometimes appearing on the same vine are small palmettes, like that held by Barrākib on the reliefs from Zincirli or hatched oval objects resembling a conifer cone (or possibly date flower). On some panels, male and female seated figures hold a separate flower129 or point a lotus directly at their face,130 and some of them are seated before tables laden with bread (Fig. 7d).131
5. Discussion: Of Winged Disks, Flowers, Goddesses, and Trees The Interpretation of the Winged Disk in the Art of Samʾal Studies of the pantheon of Samʾal have discussed extensively the identification of the divine symbols on the reliefs of Kulamuwa and Barrākib, without coming to
124
For a motif without winged disks but otherwise intermediate between the SW11/12 panels and the SW7 chairbacks, see also some panels from S10 (Herrmann, 1992: Pls. 22– 25, assigned to the Intermediate Collar-and-Crown group) and from the Northwest Palace (Herrmann/Coffey/Laidlaw, 2009: no. 242, Pl. 68). 125 E. g., Mallowan/Herrmann, 1974: Pl. 8. Compare also the combined winged disks and abbreviated trees from T10 (Herrmann/Laidlaw, 2013: nos. T109–T118, Pl. 229). 126 Mallowan/Herrmann, 1974: Pls. 76–79. 127 Ibid.: Pls. 50–51. 128 A remarkable parallel to the female figure with Hathor curls rising from a voluted winged disk and holding out lotus flowers can be seen on an ivory comb found in the 7thcentury BCE necropolis of Medellin, Spain (Almagro-Gorbea, 2006: Fig. 238b). 129 Ibid., Pls. 56–57. 130 Ibid., Pls. 60–61. 131 Ibid. Pls. 56, 58, 59, 63. These flower-holding figures show similarities also to certain ivories of the “Roundcheeked-and-Ringletted” groups, suggested to have been been made in Samʾal due to stylistic and iconographic overlap with the sculptures from Zincirli and Sakçagözü (Wicke, 2005): a frontal male figure in a cutaway robe holds two lotus-like flowers (Herrmann, 1986: Pl. 228:889), a striding male in a helmet or peaked cap and cutaway robe holds a many-stemmed flower reminiscent of that of Barrākib on Zincirli K/11 (Herrmann, 1986: Pl. 229:890), and a frontally-posed, probably female personage in a pleated robe holds a lotus-like flower before her chest (Herrmann, 1986: Pl. 230:903 and probably also 902).
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any consensus on this topic. While Barnett132 identified the winged disk with the god Baʿal Ḥammon, and Yadin133 saw the combination of winged disk and yoke as the emblem of the dynastic god Rākib-El, most would identify the winged disk as a straightforward representation of the sun-deity Šamaš, since this god is mentioned several times in the royal inscriptions134 (as well as in the more recently discovered Katumuwa stele, on which appears a winged disk).135 As reviewed above, however, the portable Iron Age Syro-Phoenician arts establish a web of meaningful linkages among the winged disk, the stylized volute tree, goddesses, rosettes, lotuses, and other flowers. The very particular employment of the winged disk and flowers in the banquet steles and other sculptures from Samʾal finds its best comparisons here, in the more elaborated symbolic repertoire of ivories and bronzes. Winter (1976) already identified many of these parallels, arguing that similarities with the reliefs from Zincirli and Sakçagözü meant that the SW7 chairbacks from Nimrud were likely made in Samʾal. She further analyzed the theme of this imagery to be regeneration and fertility136 and suggested that the winged disk with volutes resembling both spiral Hathor curls and appendages of the sacred tree was representative of a female deity,137 possibly the Ugaritic sun-goddess Šapšu,138 Astarte, Anat, or an assimilation of the latter two goddesses. While Late Bronze Age Ugarit and Hatti had female sun-deities, and it is possible that the Iron Age Phoenician sun-deity called šmš was still considered female,139 the Aramaean šmš seems to have been male, like Akkadian Šamaš.140 In addition, the Hathor curls and V-pose arms holding flowers belonging to the figure above the winged disks on the SW7 ivories are more typical of the nude goddess known as Qudšu, who appears in Egypt and the Levant beginning in the 14th or 13th century BCE.141 Budin (2015) has analyzed the iconography of Qudšu as originally deriving from a Middle Bronze Age Syro-Anatolian frontally-posed goddess who raised her arms at the elbow to expose her nudity or to hold up animals, sometimes with birds on her shoulders and in connection with astral symbols, including the winged disk (Figs. 8a–b). The deity often appears alongside 132
Barnett, 1964b: 73–75. Yadin, 1970: 202–203. 134 Donner, 1955: 78; Tropper, 1993: 25; Mayer, 1995: 352; Niehr, 2004: 310. 135 Two aniconic mortuary steles from Karkemish and two more from Kululu in Tabal give the deceased the Hieroglyphic Luwian epithet tiwadami- ((DEUS)SOL-wa/i+ra/i-masa-‘), deriving from the name of the Luwian Sun-God Tiwad and translated in Hawkins’s corpus (e. g., 2000: 181) as “sun-blessed.” More recent analysis suggests that this sunrelated epithet refers to the Hittite imperial royal title “My Sun” and should be translated as “His Majesty’s” – a title for people in high position – (Goedegebuure et al., 2020: 39), therefore removing any eschatological meaning. 136 Winter, 1976: 45. 137 Winter, 1976: 46–49; followed by Bonatz, 2000a: 102–103, Ornan, 2005: 225–227. 138 As already suggested by Mallowan/Herrmann, 1974: 17–18; followed by Kutter, 2008: 280. 139 Kutter, 2008: 214; Azize, 2014: 154–155. 140 Kutter, 2008; Niehr, 2014a. 141 Cornelius, 2004: 45–48, 94–99, 123–142, Pls. 5.1–5.62; Budin, 2015. 133
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the Storm God and has been identified for that period as his consort, the rain and fertility goddess called Šala, or “Lady of the Land.”142 This figure was taken up in Egypt in the Late Bronze Age as Qedešet, and then returned to the Levant with Hathor curls and sometimes flowers in her hands, evoking resurrection143 and healing power.144 The goddess’s celestial iconography took various forms: occasionally Hathor-like horns with a sun-disk in Egypt and the southern Levant,145 the winged disk again on the above-mentioned Iron Age bronze and ivory equestrian plaques from North Syria (and we could also include here the Meharde stele of the “Queen of the Land”), and star, crescent, or rosette motifs.146 In the north, she also retained the role of “mistress of animals.” The association of the winged disks with the stylized volute tree should also be taken into account. From its first adoption in Middle Bronze Age Syria and Anatolia, the winged disk was already adapted from its Egyptian prototype: in glyptic of this period the solar disk was often replaced with a rosette and/or appeared above a standard or stylized tree, which was often flanked by figures of two rulers or a ruler and either the suppliant goddess or a nude goddess (Figs. 9a–c).147 Teissier148 identifies in these combinations of motifs possible themes of justice and legality related to the sun-deity, or fertility and femininity related to Ishtar, all in turn associated with the ruler. It is not difficult to see in these secondmillennium glyptic scenes antecedents for the Iron Age Syro-Phoenician ivories that closely connect the winged disk with volute trees, flanking rulers or genies, and rosettes. While no volute trees appear on the banquet steles of Samʾal,149 the stemmed flowers, buds, or cones held by Kulamuwa, Barrākib, and the figures on the various banquet steles have a definite connection to this symbol. Lotus and
142
Otto, 2000: 206–211, following van Loon. Budin, 2015. 144 Cornelius, 2004: 98. 145 Cornelius, 2004: Pls. 5.5, 5.18, 5.21. 146 Cornelius, 2004: Pls. 5.3, 5.11, 5.14, 5.17, 5.20a, 5.23, 5.28, and 5.37 and see Tables 3a–b. 147 Mayer-Opificius, 1984: 191–2; Teissier, 1996: 95–101; Otto, 2000: 269–271; Kepinski, 1982: 65. Otto (2000: 269) interprets these stylized trees as cultic standards and the motif of two kings on each side as representing the conclusion of a treaty in the temple, while Pongratz-Leisten (2013: 300) sees it as a representation of the “universality of royal control.” Relevant comparisons from Late Bronze Age Ugarit also include a terracotta cult stand with a relief of a king crowned by winged disk and standing above a large palmette plant (Kutter, 2008: 201, Abb. 6; compare the relief of Iron Age stele Arsuz 1: Dinçol et al., 2015: Fig. 1) and a stele of two royal men facing across a table under two arching stalks forming the frame, each with a pendant lotus flower (Yon, 1991: Fig. 15a). The composition itself seems to be an adaptation of the Egyptian image of the king mirrored as ruler of Upper and Lower Egypt on either side of the stylized papyrus and lily plants representing the two lands (Pongratz-Leisten, 2013: 300). 148 Teissier, 1996: 95–101. 149 The motif is present at Zincirli, however, on an orthostat discovered south of the city wall in 2008 (Schloen/Fink, 2009: 215). See also a stele fragment in the Borowski collection with a volute tree floating above the head of a seated figure holding up a cup, unfortunately without provenance (Bonatz, 2000a: C 17, Taf. XI) 143
The Winged Disk and Lotus
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lily flowers,150 small palmettes,151 and conifer cones152 are all represented as growing from the volute plant or the flowering vine in Levantine images of the Late Bronze and Iron Ages (Figs. 10a–c), sometimes indeed sprouting from one and the same plant.153 In the first-millennium ivories, figures holding a single stem with a flower or palmette seem to be abbreviated renditions of those with the same attributes who grasp, touch, or address a larger flowering vine or tree. In this light, we can perhaps interpret the two drop-shaped stemmed objects held by the figures on the İslahiye stele as versions of the double or triple pendants of similar shape hanging from the tree’s volutes on many representations and probably representing buds.154 The stylized tree or volute tree is widely agreed to be one of the primary symbols of fertility and life in the Near Eastern visual koiné beginning in the Middle Bronze Age.155 In both the Levant and Mesopotamia, this tree, like the winged disk and lotus flower, is also frequently associated with female divinity.156
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In the Late Bronze Age, e. g., on a gold lid from the Royal Hypogeum of Qatna (Pfälzner, 2015: fig. 20), on the headdress of a bronze Baʿal figurine from Hazor (Ornan, 2011: 264–266, fig. 2b); in the Iron Age, e. g., on ivory panels from Nimrud (Herrmann, 1986: nos. 34–36, Pl. 7, nos. 794–795, Pl. 207; Herrmann/Laidlaw/Coffey, 2009: nos. 99– 102, Pls. 16–17). 151 In the Late Bronze Age, e. g., on ivory panels from Ugarit (Feldman, 2006: Figs. 36a– b); in the Iron Age, e. g., on ivory panels from Nimrud (Herrmann, 1986: no. 164, Pl. 37, no. 527, Pl. 119, no. 602, Pl. 143). 152 In the Late Bronze Age, e. g., on ivory vessels from Megiddo (Loud, 1939: Pls. 20–21); in the Iron Age, on ivory panels from Nimrud (Mallowan/Herrmann, 1974: Pls. 4, 12, 15, etc.; Herrmann/Laidlaw/Coffey, 2009: no. 200a–b, Pl. 28, nos. 202, 204, Pl. 30). According to Kantor (1945: 675, 684–692) and Kepinski (1982: 97–99, 102), both the addition of conifer cones to the tree and the webbed vines around it from which small floral elements stem are Middle Assyrian innovations. 153 E. g., Mallowan/Herrmann, 1974: Pl. 18 and other SW7 ivories. 154 E. g., on a gold plaque from the Royal Hypogeum of Qatna (Pfälzner, 2015: Fig. 25), on ivories from LB III Megiddo (Loud, 1939: Pls. 34–35), and on various Nimrud ivories (e. g., Mallowan/Herrmann, 1974: Pls. 96–97; Herrmann, 1986: Pl. 207:795). 155 E. g., Keel/Uehlinger, 1995; Keel, 1998; Pfälzner, 2015: 194–200; Balogh, 2020. 156 E. g., Porter, 2003: 18; Keel/Uehlinger, 1995; Keel, 1998: 16–57; Collins, 2006; Ziffer, 2010; Balogh, 2020. Collins (2006), however, interprets the tree with conifers in Assyria as a symbol of masculinity. Balogh (2020: 50–52; similarly, Keel/Uehlinger, 1995) argues that in the Iron Age, especially in Mesopotamia, the female divine aspect of the sacred tree was subsumed into a broader iconography of kingship and male deities: “the goddess-tree or neuter Sacred Tree no longer acts alone as provider and protector of all who live under her branches; instead her blessing is provoked and protected by the word and deed of the king or being(s) who tend her.” But interaction with the tree by kings and male genies, as well as association with the winged disk, were already features of the tree’s iconography in the Middle Bronze Age, as described above. Furthermore, the botanical aspect of some of the winged disks on the sculptures of Samʾal and the SW7 ivories and the female heads sometimes replacing or supplementing the disk in the north Syrian portable arts (contrasting with the male god who sometimes appear in the Assyrian disk) argue against a masculinization of these symbols here. In Egypt, trees were an important part of mortuary belief especially in the Third Intermediate Period, as the sky- and tree-goddess Nut, mother of Osiris, was believed to succor the dead in the afterlife (Balogh, 2020: 46–50, 63–68).
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In summary, both the winged disk and various flowers depicted on the reliefs from Samʾal, including the banquet reliefs, have clear connections to an elaborate iconography of fertility, abundance, and life associated with the naked goddess and the sacred tree. In assessing the idea that the winged disk and floral imagery of the Samʾalian reliefs allude to female divinity, rather than a male sun-god, we must consider that no goddesses are named in the royal inscriptions of Samʾal. Goddesses were, however, revered in Samʾal: there is evidence for Kubaba, Ishtar, a Qudšu-like mistress of plants and animals, and possibly Ḫebat.157 The iconography of a goddess of fertility conceived since the Bronze Age as the consort of the rain-bringing Storm God and sometimes called the Queen or Lady of the Land could easily have been assimilated with that of any number of major goddesses, whether Ḫebat (already assimilated with the Sun-Goddess of Arinna), Kubaba, or Astarte/Ishtar.158 And as many examples show, the multivalent winged disk could serve as a symbol of sovereignty for any major deity, male or female. Its solar aspect is only one part of a broader symbolism and not necessarily an index of the sun-deity. With Bonatz, I would argue that the winged disk and/or flower on the banquet steles of Samʾal symbolize the regeneration of life and serve the same role as the grapes and grain on steles from Gurgum/Maraş. The two sets of motifs come from different traditions, but both allude to specific life-giving divine powers that are themselves closely connected with the supreme Storm God and his beneficence. This regenerative iconography is appropriate and meaningful not only for mortuary monuments, but also for figures of living persons such as the kings of Samʾal. In a time when life and death were not held as so strictly separated, no change of meaning for these symbols of hope for extended life is required according to whether the associated figure is living or deceased. While the winged disk and flower also have a connection to the figure of the king, I believe it would be over-simplifying things to understand them merely as indices of royal status. Likewise, although Niehr159 has given good reasons for supposing Katumuwa to be a vassal ruler in Samʾal rather than a mere official, I do not think we can identify figures as necessarily royal on the basis of the appearance of these symbols. This interpretation would not explain the appearance of the winged disk and flower only on mortuary steles from Samʾal, where we have no more reason to believe their owners to be members of the ruling house or royal administration than for anywhere else.
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See Niehr, 2010: 267–277; 2013: 196–198; Cornelius, 2012. Kubaba is mentioned in both the Katumuwa and Ördekburnu inscriptions (in the latter, as “Kubaba of Aram,” alongside the dynastic god Rakibʾil). The reliefs of the Outer Citadel Gate at Zincirli depict a goddess with Kubaba-like attributes and one possibly representing Ḫebat (von Luschan, 1902: Pl. 38; Niehr, 2014a: 164). Ishtar in Neo-Assyrian form is shown on several silver amulets found at the site (von Luschan/Andrae, 1943: Taf. 44:a–f, 46a–e). Finally, we have already mentioned the naked frontal goddess who appears not only the gold plaque holding lotuses, but also on other objects (von Luschan/Jacoby, 1911: Abb. 249; von Luschan/Andrae, 1943: Taf. 40d). 158 See Orthmann, 1971: 276; Bonatz, 2000a: 102; Younger, 2020: 6. 159 Niehr, 2014b: 59–60.
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Assyrian or Phoenician Influence? Since Winter’s 1976 article, the discovery of additional sculptures (in particular banquet steles) with floral and winged disk imagery only strengthens the connections of Samʾal with this iconography and highlights its absence in the monumental repertoire of other Syro-Hittite kingdoms, with the exception of Que (at Karatepe, Domuztepe, and İncirli, see above). This brings us back to the question of why these motifs were taken up so prominently in Samʾal. As mentioned above, Samʾalian use of the lotus motif has been attributed to the influence of Phoenician decorative arts by Bonatz and to the influence of Assyria by Rehm. The winged disk already had a prominent place in Syro-Hittite monumental art since the 12th or 11th century. But in Samʾal, it unusually appears as one of several divine symbols addressed by the king in Assyrian fashion. Thus, we should consider whether the expanded use of this symbol on mortuary steles could also be chalked up to Assyrian influence. Or does its use in the lunette of a roundtopped mortuary stele in Egyptian fashion betray the influence of Phoenicia? For the evaluation of these theories, chronology is very important. The earliest appearance of both winged disk and flower in the art of Samʾal is the Kulamuwa orthostat, dated to ca. 830–810 BCE. All other appearances can be dated (paleographically, stylistically, or historically) contemporary with or later than this work, and it was likely Kulamuwa who introduced this iconography locally, though it is not until the reign of Barrākib that we see the winged disk and flower combined into one motif. The winged disk and lotus are only two of myriad innovations made in Kulamuwa’s monument. It is the first Northwest Semitic inscription from Samʾal, but is written in Phoenician, instead of the local Samʾalian language, and Kulamuwa is the first Samʾalian king to bear a Luwian, not Semitic, name. Like the Byblite king Ahiram (but also like the ruler depicted on the Aramaean Tell Halaf orthostats), Kulamuwa holds a lotus. He refers to the king of the Danunians in Que, where the monuments at least of the eighth century bear both Phoenician and Luwian inscriptions and deploy imagery from both NeoHittite and Phoenician spheres.160 On the other hand, Kulamuwa mentions “hiring” the king of Assyria against his Danunian enemy (i.e., paying tribute or an audience gift) and depicts himself on the model of Assyrian kings, wearing Assyrian royal dress and making the ubana taraṣu gesture at Assyrian-inspired divine symbols.161 At the same time, the inscription mentions only local gods – the gods Baʿal Ḥammon and Baʿal Ṣemed of former kings and Rakibʾil of his own house – and is as concerned with local sociopolitical issues as with foreign policy. Since I argue above (with Bonatz) that in the Samʾalian mortuary steles the winged disk and flower take the place of the motif of grain and grapes, it is notable that the latter motif appears in the hands of rulers on the late-10th/early-9th-century Citadel Gate reliefs162 and on an orthostat probably to be dated to the early to mid9th century,163 but is no more to be found from the reign of Kulamuwa onward. 160
Çambel/Özyar, 2003. See Czichon, 1995; Wicke, 2014. 162 Von Luschan, 1902: Abb. 132. 163 Schloen/Fink, 2009: 215. 161
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In Assyria, winged disks alone or above sacred trees and genies holding flowering branches (among which lotuses, rosettes, and conifer cones are recognizable) proliferated in the wall reliefs of the palace of Ashurnaṣirpal II (883–859 BCE) at Nimrud.164 These monumentalized motifs were passed down from the Middle Assyrian figurative repertoire, which was in turn strongly influenced by the second-millennium Levantine and Syro-Mesopotamian visual koiné. However, the Assyrian king is not depicted holding a single-stemmed lotus until the period of Tiglath-Pileser III, contemporary with Barrākib of Samʾal (e. g., Fig. 11),165 and his successors.166 Not only the sarcophagus of Ahiram from Byblos, but also the ivory panels of seated rulers holding a lotus from Late Bronze Age Tell el-Farʾah (S)167 and Megiddo168 show that this imagery was at home in the Levant for quite some time before its adoption in Assyria. And though the manner of use of the winged disk in an array of divine symbols in the royal monuments of Samʾal undoubtedly shows knowledge of Assyrian prototypes, there is no Assyrian counterpart for its use filling the lunette of a mortuary stele. Furthermore, the Samʾalian winged disk, at least in the eighth century, is quite distinct. The Neo-Assyrian winged disk added the image of a warlike male god (possibly Aššur or Šamaš),169 whereas the volutes and botanical elements of the Samʾalian winged disk suggest an allusion to the divine feminine, as argued above. More likely than borrowing from Assyria is independent descent from Levantine and Assyrian branches of a shared Bronze Age imagery. While the artists of Samʾal clearly had an awareness of Assyrian iconography and visual conventions, then, they made deliberate reference to a different symbolic tradition as well. Should we then identify the appearance of winged disks and flowers in Samʾalian iconography beginning in the late ninth century as a symptom of “Phoenicianization” introduced by Kulamuwa? In addition to the earlier central and south Levantine motif of the ruler holding a lotus, we could cite Phoenician use of the winged disk in support of this theory. For the early-to mid-Iron Age coastal Levant we have no examples of mortuary steles with elaborate relief scenes.170 Only in the 4th–3rd century BCE are round-topped mortuary steles with an image of the (standing) deceased crowned by a winged disk of Egyptian type with flanking uraei attested from the sites of Umm el-ʿAmed (Fig. 12a),171 Tyre, and Arwad.172 However, some of the simple stone mortuary markers of Iron Age 164
Bleibtreu, 1980; van Loon, 1986: 248–251. Barnett/Falkner, 1962: Pl. 71. 166 See van Loon, 1986: 250–251; Bleibtreu, 1980: 93. 167 Barnett, 1982: Fig. 10. 168 Loud, 1939: no. 159. 169 Ornan, 2005: 211–213. 170 The 9th–8th century BCE Shadrafa stele from Amrit and the 5th-century Yehawmilk stele from Byblos also have a winged disk curving over their rounded tops, but these steles are dedicated to deities, not a deceased mortal (Gubel, 2002: nos. 38 and 55). 171 Dunand/Duru, 1962: Pl. 77, 84:3, 88 bis; Michelau, 2014. 172 Gubel, 2002: nos. 7, 113, 114. These steles prompt comparison with the Third Intermediate and Late Period Egyptian mortuary steles described above. On the Persian/Hellenistic-period Phoenician mortuary steles, the deity and offering table are missing, but the curving winged disk and standing deceased in worshipful pose (that is, as cultic actor 165
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Lebanon (10th–6th c. BCE) bear incised marks that can be interpreted as symbols of life, regeneration, or divine protection, including solar disks, sometimes with a crescent (but not with wings), crosses that might represent the sun, ankh and Tanit symbols, a possible lotus bud, and nfr signs.173 Small stone naiskoi (miniature shrines) from Lebanon, whose lintels bear a winged disk or a disk flanked by uraei and with a frieze of uraei above, also seem to be mortuary monuments.174 The center of the shrine contains either an empty “Astarte throne,” two pillars topped by pomegranates, or a slot for a betyl. Three of the naiskoi have a frieze of lotus flowers and buds on the architrave, and stylized trees flanking the “entrance”.175 One of the steles shows libating men holding ram-headed scepters on the side,176 while another depicts winged goddesses crowned with sun-disks in this position (Fig. 12b).177 Some scholars have dated these naiskoi to the Persian period,178 based on the apparent revival of Egyptianizing iconography in this period. Wagner and Gubel assign them a date in the 9th or 8th century,179 however, pointing convincingly to their great iconographic similarity with the Nimrud ivories from SW11/12 (described above) that must pre-date the fall of the Assyrian empire and to similarities with Egyptian naiskoi of the Third Intermediate Period. If these naiskoi were indeed contemporary with the Syro-Hittite banquet steles, they could have had an influence on artisans from Samʾal. In that tradition, the deceased at a banquet table takes the place of the symbols of divinity, but the arched border framing the scene in the Zincirli citadel, Katumuwa, and İslahiye steles evokes an architectural space for ritual similar to the naiskoi,180 marked and protected by the winged disk above. The flowers and pendant volutes of Samʾalian winged disks also show independence from the Phoenician tradition, harking back to Bronze Age Syrian and Hittite models.
Conclusion To conclude, both the winged disk and the lotus were relevant symbols in both Phoenicia and Assyria contemporarily with their appearance in Samʾal, but the precise manner and range of their usage at Samʾal is unique, showing dependence on no single model. The strong association of these motifs with fertility and regeneration (thus giving them particular relevance for the dead), as well as their conrather than recipient: Michelau, 2014) suggest an influence from contemporary Egyptian mortuary iconography. 173 Sader, 2005: 115–140. Sader (2005: 116–119) reviews the many hypotheses about the meaning of the disk and especially the crescent-disk in Phoenician and Punic iconography – whether they symbolize the Sun and/or Moon-Gods, Baʿal Ḥammon and Tanit, Astarte, or simply the heavens. 174 Gubel, 2002: nos. 71–74; Sader, 2005: 18–19, 75–80, nos. 53–59. 175 Gubel, 2002: nos. 71–74; Sader, 2005: nos. 55–58. 176 Gubel, 2002: no. 71; Sader, 2005: no. 55. 177 Sader, 2005: no. 56. 178 Reviewed by Sader, 2005: 18–19. 179 Wagner, 1980: 53–55; Gubel, 2002: 82–83. 180 Bonatz, 2000a: 157; Struble/Herrmann, 2009: 20.
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nection to the divine feminine through the rosette, volute tree, and Hathor locks, suggest that the origins of this symbolism lay in Bronze Age Levantine traditions that survived or were revived in the Iron Age northern and central Levant. In Samʾal, this imagery was combined with contemporary Assyrian and Neo-Hittite genres of, respectively, royal figures before divine symbols and the banqueting dead. Whereas until the second half of the 9th century, the monumental art of Samʾal strongly followed the model of Neo-Hittite centers,181 the reign of Kulamuwa seems to have opened an era of “internationalization,” in which elitesponsored artisans looked more broadly for inspiration and purposefully experimented with the blending of different traditions. This artistic innovation seems to go hand-in-hand with the adoption of Phoenician as the language of royal display, argued by Niehr to serve as “a prestigious language ad intra and as a transregional language ad extra,”182 not long before Yariri of Karkemish bragged of his cosmopolitanism in knowing the “Suraean [Tyrian] writing,”183 among others. These visual and linguistic innovations further complement Kulamuwa’s claims in his inscription to a newly prominent position vis-à-vis his neighbors, to have surpassed his predecessors on the throne, and to have transformed the local social and economic situation.184 In following years under Kulamuwa’s successors, Samʾalian artisans continued to play with the melding of multiple traditions in locally meaningful ways and thereby crafted a distinct visual culture for a small country “in the midst of mighty kings.”185
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181
Herrmann, 2017. Niehr, 2016: 326, see also 318–322. 183 Hawkins, 2000: 130–133, KARKAMIŠ A15b; see Niehr, 2016: 321. 184 Tropper, 1993: text K1, 27–46. 185 Herrmann, 2018. 182
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Figures
Fig. 1a
Fig. 1b
Figure 1: Two-sided mortuary stele of Tjentdiashakhet, Egypt, 25th Dynasty. A. Deceased before Re-Horakhty; B. Deceased before an offering table (British Museum EA 65354, CC BY-NC-SA 4.0).
Fig. 2a
Fig. 2b
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Fig. 2c
Fig. 2d
Fig. 2e Figure 2: Banquet steles from Samʾal with winged disk and/or floral elements. A. Ördekburnu (Wikimedia Commons user Onceinawhile, CC BY-SA 4.0); B. Katumuwa (Zincirli) (Courtesy of the Chicago-Tübingen Excavations at Zincirli); C. Zincirli citadel (Vorderasiatisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin, CC BY-NC SA); D. İslahiye (Courtesy of Tayfun Bilgin, www.hittitemonuments.com); E. Gözlühöyük (Courtesy of Tayfun Bilgin, www.hittitemonuments.com).
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Fig. 3a
Fig. 3b
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Fig. 3c Figure 3: Winged Disks on the royal monuments of Samʾal. A. Kulamuwa orthostat, Zincirli (Vorderasiatisches Museum, S 6579; © Staatliche Museen zu Berlin – Vorderasiatisches Museum / Olaf M. Teßmer); B. Detail from Barrākib orthostat fragment (V. Herrmann, photographer); C. Sakçagözü (Courtesy of Tayfun Bilgin, www. hittitemonuments.com).
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Fig. 4a
Fig. 4b
Fig. 4c
Figure 4: Winged disks combined with botanical motifs on Syro-Hittite monuments. A. Tell Halaf A3/171 (Metropolitan Museum of Art 43.135.1, open access); B. Meharde stele (Hawkins, 2000: Pl. 225); C. Domuztepe orthostat (Courtesy of Tayfun Bilgin, www.hittitemonuments.com).
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Fig. 5a
Fig. 5b
Figure 5: Nude frontal goddesses with a winged disk or winged head above. A. Ivory horse frontlet from Nimrud (Metropolitan Museum 61.197.5, open access); B. Bronze horse frontlet (Bomford plaque) (after Barnett, 1964a: Abb. 1).
Fig. 6a
Fig. 6b
Figure 6: Antithetical figures flanking a stylized tree with a winged disk above: A. Nimrud SW11/12 (Herrmann and Laidlaw, 2013: no. 64, Fig. 2g), Courtesy of the British Institute for the Study of Iraq; B. Nimrud Northwest Palace (British Museum, BM 118115, CC BY-NC-SA 4.0).
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Fig. 7a
Fig. 7c
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Fig. 7b
Fig. 7d
Figure 7: Chairback panels from Fort Shalmaneser SW7 at Nimrud with flowering plants and winged disks. A. Mallowan and Herrmann, 1974: Pl. 1; B. Mallowan and Herrmann, 1974: Pl. 79:65, Courtesy of the British Institute for the Study of Iraq; C. Metropolitan Museum of Art 59.107.7, open access; D. Mallowan and Herrmann, 1974: Pl. 58:49, Courtesy of the British Institute for the Study of Iraq.
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Fig. 8a
Fig. 8b
Figure 8: Middle Bronze Age Syro-Anatolian nude goddess depictions. A. Kültepe stone plaque mold (Staubli, 2003: 96, Abb. IIIc:G; drawing by H. Keel-Leu, Courtesy of Foundation Bible+Orient, Fribourg, Switzerland). B. Old Syrian cylinder seal (Winter, 1983, Abb. 269, used with permission).
Fig. 9a
Fig. 9b
Fig. 9c Figure 9: Old Syrian cylinder seals with winged disk and tree imagery. A. Alalakh VII, Bibliothèque Nationale (Teissier, 1996: p. 99, no.189); B. East Karnak (Teissier, 1996: 103, no. 202); C. British Museum 129581 (Teissier, 1996: 97, no. 187). Used with permission.
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Fig. 10a
Fig. 10b
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Fig. 10c
Figure 10: Stylized trees with other floral elements on ivories from Nimrud. A. Lotus/lilies (Herrmann, 1986: Pl. 207:795; Courtesy of the British Institute for the Study of Iraq); B. Palmettes (Herrmann, 1986: Pl. 143:602; Courtesy of the British Institute for the Study of Iraq); C. Cones (Herrmann, Laidlaw, and Coffey, 2009: Pl. 28:200a; Courtesy of the British Institute for the Study of Iraq).
Fig. 11 Figure 11: Tiglath-Pileser III holding a lotus in his chariot, Southwest Palace, Nimrud (British Museum 118908, CC BY-NC-SA 4.0).
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Fig. 12a
Fig. 12b
Figure 12: Phoenician mortuary monuments with winged disks A. Stele of Baʿalshamar from Umm el-Amed, Lebanon, National Museum of Beirut, fourth/third century BCE (Wikimedia Commons, user Onceinawhile, CC BY-SA 4.0); B. Naiskos with winged disk, volute trees, and lotuses from Sidon, ninth/eighth or sixth/fifth century BCE (Sader, 2005: no. 56, Fig. 69b, used with permission).
Eine frühbronzezeitliche Leopardenfalle auf Umm Saisabān/Petra-Region, Jordanien Bemerkungen zur kulturhistorischen Bedeutung von Leoparden in Palästina (und Syrien) Ulrich Hübner Kiel Bei den Ausgrabungen der Universität Kiel unter Leitung des Verfassers1 wurde bei der frühbronzezeitlichen Siedlung auf Umm Saisabān nördlich von Petra 2018 eine Steininstallation2 ausgegraben, die als Raubtierfalle interpretiert werden kann. Sie wurde südlich des Hauptplateaus von Umm Saisabān auf der Wasserscheide zwischen dem Wādī Umm Saisabān, das nach Norden in das Wādī Mirwān entwässert, und dem Wādī Ḫarrūba, das nach Süden in den Talkessel von Petra entwässert, angelegt (Abb. 1). Damit liegt sie auf dem Pass bzw. dem Wildwechsel, der Menschen und Wildtieren den Ortswechsel zwischen Petra im Süden und der Arḍ al-Baiḍāʾ im Norden ermöglichte. Zugleich liegt sie in der Nähe vereinzelt stehender frühbronzezeitlicher Breitraumhäuser (Gebäude 160. 180). Diese Nähe belegt die Benutzung des Wildwechsels durch Raubtiere und die unmittelbare Bedrohung, der sich die Bewohner und ihre Haustiere durch sie ausgesetzt sahen. Typologisch gesehen handelt es sich um eine stationäre Kastenfalle, die durch die Aufhäufung von Steinen um den eigentlichen Steinkasten, der im Wesentlichen aus zwei parallelen Reihen aufrecht gestellter Steine bestand, als natürliche Höhle getarnt war (Abb. 2). Außen wurden die beiden Steinreihen durch eine Aufhäufung weiterer Steine stabilisiert. Sie war auf dem gewachsenen Fels errichtet worden, so dass es einem gefangenen Tier unmöglich war, durch Untergraben der Mauern zu entkommen. Der Eingang liegt im Westen. Der Steinkasten ist im Innern insgesamt 340 cm lang, 40 cm breit und im mittleren Abschnitt bis ca. 65 cm hoch erhalten. Ursprünglich dürfte die Falle das Aussehen eines Ovals von rund 4 m Länge, 2 m Breite und 1 m Höhe gehabt haben. Im vorderen Abschnitt des Steinkastens ist im Fußboden eine Verschlussfuge passgenau in den anstehenden Fels eingetieft, in die die nicht mehr erhaltene Falltür einrasten und so den Ausgang für das gefangene Tier blockieren konnte (Abb. 3). Die Mauern des Kastens waren zwischen 24–50 cm dick. Vor allem die Abdeckung des Kastens war nicht erhalten – in nabatäischer Zeit hatte es einen regen Steinraub an den frühbronzezeitlichen Bauten auf Umm Saisabān gegeben, um 1
Dem Tübinger Kollegen und Freund Herbert Niehr mit allen guten Wünschen für die Zukunft. Christine Deserno (Bad Kreuznach) danke ich für ihre Korrektur-Hilfe. 2 Installation 305; ausgegraben von G. Prasser und H. Knapp, vgl. Hübner, 2020.
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die land- und wasserwirtschaftlichen Terrassierungen am Wādī Mirwān errichten zu können. Aus den Resten der umliegenden Steine kann man aber erschließen, dass der Kasten mit schweren, querliegenden Steinbalken abgedeckt war, die ihrerseits zusätzlich mit weiteren Steinen beschwert wurden. Die dicken Seitenwände, die massive Abdeckung, der Felsfußboden und die in der Fuge eingerastete Falltür machten es selbst dem stärksten Tier unmöglich zu entkommen. Die Fuge trennte wie eine Schwelle den trichterförmigen Eingangsbereich der Falle mit einer Länge von ca. 120 cm von dem eigentlichen Fallenkasten mit einer Innenlänge von 220 cm. Die Fuge war knapp 40 cm lang, 4 cm breit und ca. 2–4 cm tief. Ob die Falltür aus Stein oder massivem Holz hergestellt war, muss offenbleiben. Die Falltür war ursprünglich über ein Seil, das über eine Astgabel geführt am Ende der Falle durch ein Loch in der Abdeckung führte, mit einem Köder am inneren Ende des Kastens verbunden (Abb. 4). Wurde der Köder bewegt, kam es zu einer mechanischen Selbstauslösung: Die Falltür fiel durch einen Schlitz in der Abdachung senkrecht hinunter und rastete in die Fuge ein. Damit funktionierte sie nach dem gleichen Prinzip wie die zahlreichen tönernen Nagerbzw. Mausefallen, die im Alten Orient und im Alten Ägypten nachgewiesen sind.3 Kastenfallen sind Lebendfallen. Meist wurde das gefangene Raubtier dann aber mit einem Speer durch die Spalten der Abdeckung mit Stichen in Nacken und Rücken getötet. Die Funktion der Steininstallation ist offensichtlich: Es handelt sich nicht um ein Steingrab o.ä., sondern um eine Tierfalle, für die es zahlreiche Belege am Westufer des Toten Meers um En Gedi, in der ʿUvda-Region im Südwesten der ʿAraba, im Negev, im Sinai, Südjordanien und auf der Arabischen Halbinsel gibt. Einige Fallen in der Region von ʿUvda und En Gedi können mit einiger Wahrscheinlichkeit in das 6./5. und in das 4. Jahrtausend v. Chr. (und später) datiert werden. Mir selbst sind eine Reihe von Beispielen aus dem Gebiet um Qurayyāt al-Manṣūr (Abb. 5) nördlich und im Gebiet des Ğabal Masʿūde südlich von Petra bekannt. Möglicherweise sind einige Fallen über lange Zeiträume hinweg immer wieder aufs Neue benutzt worden; andere wurden erst im 20. Jahrhundert angelegt.4 Typ und Alter jener Leopardenfalle, in die Fürst Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871) in der Umgebung von Antiochia versehentlich ritt, sich dabei verletzte und sich anschließend von einem einheimischen Arzt mit Mumienfett behandeln ließ, ist zwar unbekannt, dürfte aber eine Fallgrube gewesen sein.5 Eine Datierung der Leoparden-Falle in die Zeit der frühbronzezeitlichen Besiedlung auf Umm Saisabān ist nicht zwingend zu beweisen, da in der Falle außer Resten der ursprünglichen Abdeckung und Flugsand nichts gefunden wurde. Da ihre Bauweise und die Patinierung des Steinmaterials aber der Bauweise und dem Baumaterial der Häuser auf Umm Saisabān gleicht und im unmittelbaren Umfeld der Falle eine Reihe entsprechender Scherben lag, ist eine Datierung in die Frühbronzezeit sehr wahrscheinlich. Nach Aussagen von älteren Mitgliedern des 3
Klein, 2011; Margueron, 1985; Nunn, 2006: 39; vgl. Buchholz/Jöhrens/Maull, 1973: 39– 42. 4 Avner, 1984; 1990; 2002: 110–117, fig. 5:77.150–155; 2006; 2018; Avner et al., 2011; Doughty, 1979: 428; Hadas, 2011; Mallon et al., 2008; Mienis/Hadas, 2002; Porat, 2015; Porat et al., 2016; Qarqaz/Abu Baker, 2016; vgl. auch Galik/Horejs/Nessel, 2012. 5 Assing, 2004: 103–104.
Eine frühbronzezeitliche Leopardenfalle
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Bedūl-Stammes, zu deren traditionellem Weidegebiet Umm Saisabān und seine Umgebung gehören, wurde die Falle nicht von Bedūl, sondern sehr viel früher errichtet. Eine akkurate Beschreibung einer solchen Kastenfalle (allerdings offenbar mit zwei unterschiedlichen Türen?) hat der römische Schriftsteller Aelianus, de nat. anim. XIII,10 überliefert: „Wenn man in Mauretanien Leoparden jagt, baut man eine Steinhütte. Das ist die erste Falle. Die zweite: Drinnen hängt man ein Stück faulendes, stinkendes Fleisch an einen langen Strick. Man setzt eine leichte Tür aus Binsen und Rohr vor die Hütte, durch die der Geruch des Fleisches hinausdringt. Die Raubtiere spüren ihn, denn sie lieben beißende Gerüche. So erreicht sie die Witterung des Köders, ob sie sich gerade auf Bergen, in einer Schlucht oder in einem Talgrund aufhalten. Der Geruch entflammt sie, und die übergroße Gier läßt sie geradewegs zum ersehnten Festmahl eilen, das sie wie ein Zauber anlockt. Der Leopard springt gegen die Tür, durchbricht sie und macht sich an das unheilbringende Mahl: Denn an dem erwähnten Strick hängt eine raffinierte Falle, die zuschlägt, sobald das Fleisch bewegt wird, und die den gierigen Leoparden einsperrt. So ist der Unglückliche gefangen und zahlt für seinen gefräßigen Bauch und die ekelhafte Bewirtung“ Mobile, transportable Kastenfallen sind schon im Altertum verschiedentlich dargestellt worden, so z. B. auf einem Wandrelief der Maṣṭaba des Ptahhotep II. (5. Dynastie) in Saqqāra oder den spätrömischen Bodenmosaiken in KarthagoDermech6 und in Casale/Piazza Armerina7; im letzteren Fall ist ein Leopard vor dem Eingang einer Kastenfalle zu sehen, in der innen ein gehäuteter Tierkadaver aufgehängt ist. Die Kastenfalle auf Umm Saisabān war groß genug, um alle in der Region in Frage kommenden größeren Raubtiere (Carnivora) einzufangen. Dazu gehörten vor allem Leoparden, Hyänen, Wölfe, Karakals, Schakale und Füchse, möglicherweise auch syrische Braunbären – die bislang in Palästina singulären Knochenreste eines Ursus arctos aus den Grabungen auf az-Zanṭūr im spätrömischen Petra könnten dafür ein Indiz sein.8 Leoparden sind in Petra auf byzantinischen Bodenmosaiken9 und in der Skulptur mehrfach dargestellt10, in modernen Reiseberichten werden sie in der Region um Petra nur selten erwähnt.11 Was van Geldermalsen12 berichtet, ist sachlich falsch: nur wenn der „Tiger“ ein Leopard gewesen sein sollte, könnte(n) die Geschichte(n) einen realen Hintergrund gehabt haben. Offenbar konnten Leoparden
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Mahjoubi, 1967. Steger, 2017; Pappalardo/Ciardiello, 2018. 8 Studer, 1996: 367–368; 2008: 264–265. 9 Studer, 2001: 277–278; 2008: 266–267, Col. Fig. 45–46. 10 Herrmann, 2001; Thomsen, 1913, 128. 11 Hardy, 1947: 20; vgl. Strabo, geogr. XVI,4,18 (C 777). 12 Van Geldermalsen, 2006: 289. 7
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in Palästina sowohl von Einheimischen wie Fremden öfters als „Tiger“ bezeichnet werden.13 Alle diese Fleischfresser konnten auch durch andere Methoden wie z. B. Fallgruben14, Schlingen, Schlagfallen15 und Treibjagden mit Fackeln in kite-artig aufgestellte Netzen gefangen werden.16 Oder sie wurden durch „Leopardenwürger/ pardalianches“, also Giftköder getötet, ein Gift (ἀκόνιτον/aconitum), das wahrscheinlich aus dem Gelben Eisenhut gewonnen wurde, der den bezeichnenden botanischen Namen Aconitum lycoctonum („wolfstötend“) führt.17 Zu den eher kuriosen Überlieferungen gehört die Empfehlung von Ambrosius (hex. VI,4, 26.28), Leoparden durch Knoblauch abzuschrecken. Erfolgreich angelockt werden konnten Leoparden durch Fleischköder. Laut Oppian (cynget. IV,230–354) und Timotheos von Gaza (de anim. XI,4) sollen sie auch durch mit altem Wein vermischtes Quellwasser angelockt und die dann betrunkenen Tiere getötet bzw. eingefangen worden sein – wohl eher eine phantasievolle Reminiszenz an die Dionysos-Überlieferungen, wie z. B. ein römisches Bodenmosaik aus Mosaik aus Šaiḫ Zuwaid zeigt, auf dem ein Leopard zu sehen ist, wie er Wein aus dem Kantharos des Dionysos trinkt.18 Zweifelhaft ist auch jene Überlieferung, der zufolge junge Feliden dadurch lebend gefangen wurden, dass das Muttertier durch Glaskugeln bzw. Glasscheiben von einer Verfolgung der Jäger abgelenkt wurde, die ihre Jungtiere geraubt hatten: in den kleinen Spiegelbildern ihrer selbst glaubte das Muttertier irrtümlich ihre Jungen zu sehen und soll so versucht haben, ihre imaginären Jungen zu schützen anstatt den Jägern nachzusetzen.19 Immerhin brachte es diese Überlieferung auch zu der berühmten Darstellung auf dem großen Jagdmosaik des römischen Villenkomplexes in Casale bei Piazza Armerina. Gefürchtet waren Leoparden als einzelgängerische, meist nachtaktive Lauerund Pirschjäger, die nicht nur Wildtiere wie Steinböcke, Klippschliefer, Gazellen, Stachel- und Wildschweine, sondern gerne auch Haustiere, vor allem Schafe und Ziegen (Manuel Philes, de proprietate anim. XXXV–XXXVI), aber auch Hunde, Katzen Hühner und sogar Kamele erbeuteten.20 Leoparden konnten – vor allem in Zeiten eines (durch den Menschen) reduzierten Nahrungsangebotes – auch für Menschen gefährlich werden.21 Er galt, 13
Bambus, 1898: 97. Oppian, cynget. IV,212–230; Plinius, nat. hist. VIII,21; vgl. Gilgamesch I,III,9–10. 15 Babrius, fab. 130; Abb. 6. 16 Hippo Regius, Haus des Isguntus, spätrömisches Jagd-Mosaik; vgl. die safaitische Felszeichnung Ababneh, 2005: Nr. 1150. 17 Plinius, nat. hist. VIII,41,100; XX,23,50; XXVII,2,7; Solinus, coll. rer. mirab. XVII,8– 9; Ailian, de nat. an. XVII,31; Xenophon, cyneg. XI; Cicero, de nat. deorum II,126; Timotheos von Gaza, de anim. XI,6; Wagler, 1893. 18 Ovadiah/Ovadiah, 1987: 51–53; Piccirillo, 2004. 19 Ambrosius, hex. VI,4,21; Claudian, de raptu Proserpinae III,260–269. 20 Usāma ibn Munqiḏ, 1988: 130; Raswan, 1976: 141–142; Jarvis, 1936: 189–190; Kirkbride, 1956: 182; Loti, 2002: 64–65; Seetzen Bd. I, 1854: 327: der Leopard „frisst vorzüglich Hühner“. 21 Jer. 5,6; Hos. 13,7; Sir. 28,23; Test. Abr. 9,28; Plinius, nat. hist. XXXVI,4,40; Usāma ibn Munqiḏ, 1988: 131–132; Jarvis, 1936: 189–190. 14
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nach der Ausrottung des Löwen als das „einzige wirklich dem Menschen gefährliche Raubtier“ in Palästina, „unter dem Raubzeug das gefährlichste“.22 Aufsehen erregend war z. B. 1893 die Attacke eines Leoparden auf Hirten in der Nähe von Emmaus, von der die zeitgenössische Presse23 ebenso wie ein Jugendroman zu berichten wussten.24 Zugleich wurden Leoparden wegen ihrer Kraft, Schönheit, und Wehrhaftigkeit bewundert (Aristoteles, hist. anim. I,488a,28), konnten aber auch im Vergleich und Gegensatz zum Löwen, der Verkörperung des Männlichen, Tapferen und Mutigen, als Prototypen des Weiblichen, der Hinterlist und der Boshaftigkeit gelten (Aristoteles, physiognom. 809b12–810a8). Als Jagdwild begehrt waren sie wegen ihrer wertvollen Felle, die für Polster, Schabracken, Umhänge u. a. verwendet wurden25, und wegen ihrer großen Zähne und scharfen Krallen, die für Amulette und Schmuck genutzt wurden.26 Lebende Tiere wurden schon in altorientalischer Zeit, so z. B. unter Assurnaṣirpal II. (884–859 v. Chr.), in Tiergehegen gehalten und später in römischer und byzantinischer Zeit in den Circusspielen eingesetzt. Gegebenenfalls wurden ihnen ihre Eckzähne ausgebrochen oder abgesägt und/oder die Krallen herausgerissen.27 Die Jagd auf Leoparden galt als prestigeträchtiges Unternehmen, dem Könige und andere Herrscher, aber auch Götter, Heroen und andere mythologische Gestalten wie Eroten und Kentauren gerne nachgingen, wobei in altorientalischer Tradition der rituelle Aspekt der Überwindung des Feindes und des Chaos eine wesentliche Rolle spielte.28 So zeigen der sog. Satrapen-, der sog. Alexander- und der sog. Klagefrauen-Sarkophag aus der perserzeitlichen bzw. frühhellenistischen Königsnekropole von Sidon die lokalen Grabherren und Herrscher auf Leoparden-Jagd – sei es in freier Wildbahn oder in einem „Paradeison“.29 In Palmyra ließen sich Odainathus und Zenobia als mutige Jäger feiern (Hist. Aug., tyranni triginta XV,7–8). Als Aurelian 274 n. Chr. in Rom seinen Triumph über sie feierte, wurden nicht nur sie, sondern neben „200 verschiedenen Tieren aus Palästina“ auch „libysche Bestien“, also Leoparden und Löwen aus Nordafrika, mitgeführt.30 Die Jagd auf Leoparden, zu Pferd oder zu Fuß, mit Lanzen oder Pfeil und Bogen wurde auf den Bodenmosaiken spätrömischer Villen und byzantinischer
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De Haas, 1930, 97; von Mülinen, 1907: 139. Carmel, 1983: 162. 24 De Haas, 1930: 97–99; vgl. Götz, 1932; Schiferle, 1852: 188; Schmitz, 1912; SdunFallscheer, 1989: 692. 25 Strabo XVII,3,7; z. B. Raswan, 1951: 46–48; Schmitz, 1912; Thureau-Dangin/Dunand 1936: 52–54, Pl. XLIX. 26 Schmitz, 1912; vgl. Naveh/Shaked, 1987: 198–214. 27 Hist. Aug., Heliogabalus XXI,1; XXV,1; al-Ğāhiz, Kitāb al-Ḥayawān, ed. Hārūn, VI,24; vgl. Mráz, 2018: 158–167. 28 Allsen, 2006: 74.166. 29 Fleischer, 1983: 1–14, Taf. 13–15; Kleemann, 1958: 125–150.154–155, Taf. 9.24; von Graeve, 1970: 146–157, Taf. 24–25. 48–49; Bol, 2000. 30 Hist. Aug., Aurelianus XXXIII,4; vgl. Merten, 1968; zu Leoparden in Palmyra vgl. z. B. Tanabe, 1986: 149–152, Nos. 116–119; auch die Kentauren-Jagd auf Leoparden bei Stern, 1977: 28–42, fig. 2. 43. 60–62, Pl. B:2. 23
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Kirchen in Palästina häufig dargestellt, so z. B. in Naharīyyā, Kissūfīm, Nablūs, Sepphoris oder Daphne.31 * Leoparden (Panthera/Felis pardus Linnaeus 1758) waren einst in ganz Palästina, Libanon (Hohelied 4,8) und Syrien verbreitet. Sie sind zwar die kleinste aller sogenannten Großkatzen (Pantherinae), hatten aber das mit Abstand größte Verbreitungsgebiet, das von Afrika (Herodot IV,192; Diodor II,50,2; Hist. Aug., Aurelianus XXXIII,4) über den Sinai (Antonini Placentini Itiner. 39), Vorderasien, die Arabische Halbinsel und Indien bis in den Kaukasus, Kaschmir, Tibet und Sibirien und nach Java reicht. Aristoteles, hist. anim. VII,606b,16 merkt weitgehend zutreffend an, dass sie nicht in Europa beheimatet seien.32 Für Anatolien, Vorderasien und die Arabische Halbinsel unterscheiden Zoologen meist, aber keineswegs unumstritten, zwischen drei verschiedenen asiatischen Unterarten: der Arabische Leopard (Panthera pardus nimr Hemprich & Ehrenberg 1833), der Sinai-Leopard (Panthera pardus jarvisi Pocock 1932) und im Norden der Anatolische oder Kleinasiatische Leopard (Panthera pardus tulliana Valenciennes 1856).33 Leoparden in Petra und Umgebung sind mehrfach belegt.34 Schwarzpanther (Panthera pardus subsp.), die melanisierten, d. h. schwarz pigmentierten Varianten, sind im Vorderen Orient nur ganz selten belegt.35 Fritz Frank (1873–1968) hat 1915 auf dem Sinai ein solches Exemplar gesichtet36, das vor allem von den Statuetten aus dem Grab Tutanchamuns bekannt ist. Auf den Wandmalereien des römischen Amphitheaters in Caesarea Maritima (Stratum VIA, 2.–3. Jh. n. Chr.) ist ein schwarzer Leopard zu sehen.37 Ökologisch flexibel können Leoparden nicht nur in mediterranen Wäldern und 31
Dauphin/Edelstein, 1984: 61.73–75, Pl. XXVIII; Seipel, 1997: 113–115, Nr. 169; Magen, 2009: 72–78.89–91, fig. 2.51; 2.61; Talgam/Weiss, 2004: 91, fig. 80, Col.-Pl. XIII; Baratte, 1978: 99–118, No. 45; Uscatescu, 1996: 248, No. 179, fig. 27:36c; 52:179, Lámina IIa. 32 Vgl. allgemein Beyer, 2016; Heimpel et al., 1980–1983; Hünemörder, 1999; Mulder, 1986; Nys/Bretschneider 2007; Riede, 2010; Viré, 1993; Weckwerth/Heydasch-Lehmann, 2015. 33 Aharoni, 1926: 251; al Jumaily et al., 2016; al-Johany, 2006; Aloufi/Amr, 2018; Amr et al., 1996; Baskaya/Bilgili, 2004; Baytop, 1973; Biquand, 1990; Borner, 1977; Breitenmoser et al., 2016; Edmonds et al., 2016a. 2016b; Gavashelishvili/Lukaarevsky, 2008; Grimmberger et al., 2009: 342–346; Harrison/Bates, 1991: 167–170; Hatough/Disi, 1991; Ilani, 1981; 1986–1987; Ilani/Shalman 1983; Islam et al., 2014; Jacobson et al., 2016; Jongbloed, 1997; Judas et al., 2016; Karatas et al., 2021; Khalaf-von Jaffa, 2006: 68– 76.175–184.186–193.211–214.250–251; Kumerloeve, 1976; Lammers, 1990; Levi, 1976; Lewis/Atallah, 1968: 530; Massetti, 2000; Mazzoli, 2009; Nader, 1989; Osborn/Helmy, 1980: 453–455; Perez et al., 2006; Pocock, 1932, 545–548; Akın, 1991; Qumsiyeh et al., 1993: 59–60; Spalton/Al Hikmani, 2016; Spalton et al., 2016; Stein/Hayssen, 2010; Sunquist/Sunquist, 2002; Talbot, 1960; Ullrich/Riffel, 1993; Weigel, 1972. 34 Hart, 1891: 28.30.236–237; Hardy, 1947; Clarke, 1977; Timna, 2000; Zafar-ul Islam et al., 2014; 2018; 2021. 35 Eizirik et al., 2003; da Silva et al., 2017; Robinson, 1970. 36 Frank, 1959: 83–84. 37 Epstein, 2013: 177, Color-Pl. 9–10.
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der Macchie, sondern auch in Küstenebenen, Steppen und Halbwüsten (über-) leben. In der antiken Literatur sind sie daher nicht nur in Nordafrika und Kleinasien, sondern auch in Vorderasien, Syrien und Arabien gut belegt.38 Leoparden und Geparden (Acinonyx jubata) wurden in den literarischen und bildlichen Quellen nicht immer klar auseinander gehalten, auch wenn sich beide vor allem im Körperbau und in den Körperproportionen, aber auch in der Musterung des Fells deutlich unterscheiden. Für Usāma ibn Munqiḏ bestand der Unterschied zwischen Leopard und Gepard darin, „dass das Gesicht des Leoparden lang ist wie das Gesicht eines Hundes und dass seine Augen blau sind, während der Gepard ein rundes Gesicht und schwarze Augen hat.“39 Die Leoparden-Bestände haben seit der römischen Zeit immer weiter abgenommen. Schon Cicero wusste davon, dass ihre Zahl in Kilikien wegen der Nachfrage aus Rom stark abgenommen hatte: „Es gibt verblüffend wenig Leoparden hier“.40 Seit der Einführung moderner Feuerwaffen hat sich ihr Bestand deutlich verringert. Sofern Leoparden in manchen Gebieten Vorderasiens wie z. B. auf dem Sinai nicht schon ausgerottet sind, sind ihre regionalen Bestände heute stark fragmentiert bzw. isoliert wie z. B. am Toten Meer und im Negev. Anthropogene Faktoren wie Wilderei, moderne Landwirtschaft, Waldeinschlag, Überweidung, Giftköder und Bürgerkriege sind dafür die wesentlichen Faktoren. Vor allem aber gab es schon immer einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Dichte menschlicher Besiedlung und dem Rückgang der Leopardenpopulation41: Die Restpopulationen werden heutet in ihrem Bestand durch die Zerstörung ihres Habitats und die damit verbundene Verdrängung ihrer Beutetiere stark gefährdet. Darauf deuteten schon die sogenannten Desert kites, die z. T. gleichzeitig mit den steinernen Kastenfallen genutzt wurden und dem Fang von Gazellen und anderen Beutetieren der Leoparden dienten. Der Wiener jüdische Publizist Ludwig August Frankl (1810–1894) notierte auf seiner Reise 1856, nachdem er bei Ğilğūliye einen Leoparden gesehen hatte: „es war das einzige wilde (Thier), das ich in Palästina sah“.42 Sprachlich sind Leoparden schon im Amoritischen und Akkadischen als namr bzw. nimru(m)43 und auch sonst in (fast) allen semitischen Sprachen belegt. Die zugrunde liegende Wurzel *nmr meint wahrscheinlich „fleckig, gefleckt (Fell)“.44 In der rezenten arabischen Volksüberlieferung wurde der Leopard auch Abū Ḫamūs, „Vater der fünf Krallen“, genannt, da er seine Pranken als tödliche Waffe einsetzte, deren Spuren gut sichtbar an seinen erlegten Beutetieren zu sehen waren. In der altägyptischen Schrift zeigt die Hieroglyphe Gardiner E 24 einen 38
Aristoteles, hist. anim. VII,606b,16; Strabo XVI,4,18,777; Diodor, bibl. hist. II,50,2; Solinus, coll. rer. mirab. XVII,8; Oppian, cyneg. IV,212–253; Hist. Aug., Probus XIX,4– 7; Hist. Aug., trig. tyr. XV,7–8; Antonini Placentini Itinerar. 39. 39 Usāma ibn Munqiḏ, 1988: 131. 40 Ep. ad fam. II,12(11),2; vgl. Plutarch, Cicero 36. 41 Yom-Tov/Mendelssohn, 1988: 515–547; Lazagabaster et al., 2021. 42 Frankl, 1858: 441. 43 AHw. 790; CAD N, 234–235. 44 Vgl. Jer. 13,23; Landsberger, 1934: 77.
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schreitenden Leoparden (Ꜣby).45 Im Griechischen bzw. Lateinischen werden die Wörter πάρδαλος, πάρδαλıς, πάνθηρ, panthera, pardus, pardalis, pardalium, leopardalis, leopardus u. ä. verwendet.46 Nicht immer ist dabei die zoologische Species eindeutig bestimmt (Leopard oder Gepard?). Der Wertschätzung und Hochachtung der Raubkatze entsprechend ist sie auch namentlich in den literarisch und epigraphisch überlieferten semitischen Onomastika der Personennamen Palästinas, Libanons und Syriens weit verbreitet.47 Tiernamen, vor allem die Namen von Raubtieren, wurden gerne neu geborenen Söhnen gegeben.48 Auch konnte sich der Beduine, der einen Leoparden erlegt hatte, mit dem arabischen Ehrennamen Abū Nimr schmücken. Als in Ḫunāk ein Leopard einen Kreuzritter tötete, so berichtet es jedenfalls Usāma al-Munqiḏ, der Emir von Šaizar (1095– 1188), erhielt er von den einheimischen Muslimen den Ehrennamen an-nimr almuğāhid, „der im heiligen Krieg kämpfende Leopard“.49 Im Alten Testament sind die Ortsnamen Nimrîm (Jes 15,6; Jer 48,34; vgl. das tannaitische Grenzverzeichnis in der Mosaikinschrift der Synagoge von Reḥōv), Nimrāh (Num 32,3) bzw. Beit-Nimrāh (Num 32,36; Jos 13,27) (arab. Tell Nimrīn) belegt. Osteologisch sind Leoparden selten nachgewiesen, was vor allem daher rührt, dass ihr Fleisch nicht gegessen wurde bzw. nicht gegessen werden durfte (Lev. 11; Dtn 14; Josephus, ant. XII,3,4, § 145–146)50; immerhin konnte sein Fett laut Dioscurides, De materia medica II,76,8 Verwendung finden, ebenso Felle, Krallen und Zähne. Im Vergleich zu den wenigen osteologischen Funden ist die zeitliche Bandbreite dieser Belege sehr groß: Das Fundmaterial reicht von der prähistorischen (z. B. Muġārat al-Wād; ʿAin Ġazal; ʿAin Abū Nuḫaila) über die Bronze- (z. B. Lachisch, Tell Zirāʿa) und Eisenzeit II (z. B. Qadesch-Barnea) bis in die islamische Zeit (z. B. Belmont; Tell Ḥesbān).51 * Der Pilger Arnold von Harff (1471–1505) beschrieb die Leoparden, die 1497 auf dem Markt in Alexandria verkauft wurden: „Ein Leopard ist ein schrecklich anzusehendes Tier. Er hat einen Kopf und einen Hals wie ein Löwe und rötliche Haare mit schwarzen Flecken über seinen ganzen Körper“ 52; in der Handschrift 268 der Benediktinerabtei Maria Laach ist seine Beschreibung mit dem handcolorierten
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Zu Leoparden im Alten Ägypten Störk, 1980; Westendorf, 1982; Houlihan, 1996: 91– 93.198–199 u. ö.; Kleinsgütl, 1997. 46 Vgl. die Lehnwörter in der rabbinischen Literatur bei Krauss, 1899: 164; Lewysohn, 1858: 70–74. 47 Z. B. Ababneh, 2005: Nrn. 99. 600. 740. 1987; Benz, 1972: 361; Harding, 1971: 599– 600; Negev, 1991: 43.165; Ephʿal/Naveh, 1996: Nos. 41.101; al-Manaser, 2008: Nrn. 67.276.376.398. 48 Doughty, 1979: 373–374. 49 Usāma ibn Munqiḏ, 1988: 131. 50 Philostrat, vita Apoll. II,5; vgl. aber Seetzen, Bd. II, 1854: 340. 51 Bate, 1937: 184; Benecke, 2019: 497; Croft, 2000: 184. 187; 2004; Dean, 2014: 72.75; von den Driesch/Boessneck, 1995: 68.86.92; von den Driesch/Wodtke, 1997; HakkerOrion, 2007. 52 Brall-Tuchel/Reichert, 2007: 108.
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Bild eines liegenden Leoparden illustriert.53 Damit lassen sich die Illustrationen der Oppian-Handschrift Cod. Venetus Marcianus graec. Z 479, fol. 2r/3r,54 die beiden Tierbilder zum Artemidor-Papyrus55 und die al-namir-Darstellung im „Buch von der Nützlichkeit der Tiere“ von al-Mawṣilī (1312–1361) gut vergleichen.56 In Grab I der hellenistischen Nekropole von Marissa ist auf den Wandmalereien u. a. eine Leoparden-Jagd zu Pferd mit Jagdhunden zu sehen; in den griechischen Beischriften ist der Leopard als πάρδαλος, der Löwe als πανθηρος bezeichnet (Abb. 7).57 Das Prestige von Leoparden hat sich über die Zeiten bis heute gehalten: Der Häftling Ignatios von Antiochia (ad Romanos V,1) wurde auf seiner Schiffsreise nach Rom von einer Soldaten-Abteilung bewacht, deren Namen offenbar „die zehn Leoparden“ war. Ein Panzerkampfwagen der deutschen Wehrmacht hieß „Panther“, ein Panzer der Bundeswehr ebenso. Die Fußballnationalmannschaft von Zaire bzw. der Demokratischen Republik Kongo nennt sich „Les Léopards“. Auf dem Film-Festival Locarno wird alljährlich der „Pardo d’oro“ vergeben. Einer der giftigsten Pilze heißt nicht nur wegen der Musterung seines Hutes „Pantherpilz“ (Amanita pantherina). Und einer der berühmtesten italienischen Romane trägt - jedenfalls in der üblichen deutschen Übersetzung – den Titel „Der Leopard“. Dabei meint „gattopardo“ allerdings weniger den Leoparden als vielmehr einen Ozelot, Serval oder eine vergleichbare gefleckte Kleinkatze (Felinae). Jedenfalls firmierte er als Wappentier der Familie des Fürsten Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896–1957). Was das Image von Leoparden in der altorientalischen und hellenistischrömischen Welt angeht, so standen sie deutlich hinter den Löwen auf dem zweiten Platz, aber weit vor Bären, Wölfen und anderen Raubtieren. Das zeigt sich vor allem an der deutlich niedrigeren Anzahl literarischer Erwähnungen und bildlicher Darstellungen, an der hierarchischen Rangfolge Löwe – Leopard in eben diesen Erwähnungen und an den nur zweithöchsten Preisen für lebende Leoparden und für gegerbte und ungegerbte Leoparden-Felle (Diocletian, edictum de pretiis VIII,39–40). Innerhalb dieses Rahmens konnten Leoparden schon früh als Symbol- und Attributtiere verschiedener Gottheiten auftreten. Signifikantes Beispiel sind die open air sanctuaries z. B. in ʿUvda 6, wo im 6./5. Jahrtausend v. Chr. neben dem eigentlichen Heiligtum auf einer Länge von 14,80 m 15 LeopardenDarstellungen durch hochkant gestellte Steine auf den Boden platziert worden waren. Jeder ist rund 1,70 m lang und alle blicken nach (Süd-)Osten (Abb. 8–9). Im Nordosten des Sinai mit den Ortslagen Sites S-19 und S-21 und im Südosten auf dem Ǧabal Ḫašm aṭ-Ṭārif mit neun Feliden-Steinsetzungen wurden weitere Parallelen gefunden.58 In Südjordanien nahe der saudi-arabischen Grenze wurden im spätneolithischen ʿAwǧā 1 ebenfalls lebensgroße Steinsetzungen gefunden: acht Feliden, vier ausgewachsene Tiere und vier Jungtiere, blicken nach Süden 53
Ebd.: fig. 10. Stückelberger, 1994: 86–87, Taf. 29. 55 Kinzelbach, 2009: V19b und V25a. 56 Contadini, 1988–1989. 57 Peters/Thiersch, 1905: 23–24.90, Pl. VI–VII. 58 Eddy/Wendorf, 1999: 190ff. 275ff; Avner, U., 1984; 2002: fig. 5:134–141; Avner, U. et al., 2019: 26, fig. 28; Yogev, 1983. 54
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(Abb. 10). Sie wurden vom Ausgräber tendenziell als Geparden-Darstellungen angesprochen, sollten aber m. E. wegen ihrer Körperproportionen eher als Leoparden-Bilder interpretiert werden.59 Nicht von ungefähr werden solche Steinsetzungen immer wieder als strukturelle Parallelen zu den Leoparden-Darstellungen im anatolischen Çatal Höyük Strat. VII und VI und Hacilar VI angeführt. Auch später spielten Leoparden in der anatolisch-hethitischen Götterwelt eine überragende Rolle.60 Die Verehrung von Leoparden hat aber kaum jemanden von der Jagd auf sie abgehalten, wie z. B. auch das byzantinische Bodenmosaik aus Sarrīn zeigt, auf dem Leoparden als dionysische Attributtiere, Leopardenfelle als Kleidungsstücke von Dionysos und einem Satyr und gleichzeitig die blutige Jagd auf Leoparden zu sehen sind.61 Überhaupt waren Leoparden im alten Ägypten, im Alten Orient und in der hellenistisch-römischen Welt häufig mit verschiedenen Gottheiten wie Artemis, Ḫebat, Inanna, Ischtar, Kybele oder Mafdet verbunden. Vor allem Dionysos/ Bacchus dienten sie als Attribut-, Begleit-, Zug- und Reittiere.62 Kybele soll als Kind von einer Leopardin großgezogen worden sein (Diodor, bibl. hist. III,58,1f.). Dämonen konnten in Leoparden-Gestalt ihr Unwesen treiben63, Leoparden ihrerseits in apotropäischer Funktion als Torwächter u. ä. dienen: An der Nord- und Ostfassade des Qaṣr al-ʿAbd in ʿIrāq al-Emīr schauen die beiden monumentalen Brunnenfiguren in der Gestalt zweier überschlanker Leoparden zum Eingang an der Schmalseite (Abb. 11). Sie gehören zu den ausdrucksstärksten LeopardenDarstellungen Palästinas wie auch die kleine hellenistische Bronze-Statuette eines hockenden Leoparden aus ʿAvdāt von nur 5,5 cm Höhe, wohl ein alexandrinischer Import aus einem Fundkontext des 1. Jahrhunderts n. Chr.64 Ein frühhellenistischer Kalksteintorso eines Leoparden stammt aus Ṭabaqāt Faḥl.65 Das Fell von Leoparden wurde als symbolisch aufgeladener Gegenstand von Göttern (z. B. Thot, Horus-Iunmutef, Dionysos, Pan), Heroen und anderen mythologischen Gestalten wie z. B. Gilgamesch, Orpheus, Kentauren, Amazonen, Mänaden, Satyren oder Marsyas, aber auch von Priestern, Herrschern, Kriegern und anderen Amts- und Würdenträgern getragen. Ebenso konnte es – als Imitation aus Elfenbeineinlagen – z. B. als Sitzfläche königlicher Möbel verwandt werden.66 Insofern verwundert es nicht, dass Leoparden seit der Antike bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts auch als diplomatische Geschenke herhalten mussten (z. B. Curtius Rufus, Alex. V,1,21). So wurde dem österreichisch-ungarischen Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916; reg. 1848–1916) 1869 in Ramla von Mehmed Rašid Paşa (1824–1876), dem osmanischen Gouverneur von Syrien, ein junger Leopard geschenkt. Doch konnte er noch vor Ort entkommen und landete darum nicht im Wiener Tierpark von Schloss Schönbrunn; zuvor war der Kaiser bei 59
Fujii et al., 2013: 337–346, fig. 2–6.18–20.34. Haas, 1981; 1994, 58–60.67–70.303–304.437–438.750–752 u. ö. 61 Balty, 1990: Plan général u. ö. 62 Nonnos, Dionys. XX, 60ff. 107–108; Timotheos von Gaza, de anim. XI; Hyginus, fabulae 132; Cornutus, epidrome XXX,15; Philostrat, vita Apoll. II,2.6. 63 Athanasios, vita Antonii 9; Canaan, 1914: 15. 64 Avida, 1986. 65 Weber, 1993: 54–61, Taf. 4–5. 66 Rummel, 2007. 60
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Jericho ohne entsprechenden Erfolg auf der Jagd gewesen.67 Ebenso erfolglos war wenig später der österreichische Kronprinz Rudolf (1858–1889), auch wenn er und seine Entourage auf dieser Orientreise 1881 insgesamt mehr als 1000 Tiere töteten und er viele davon von seinem mitgereisten Präparator versandfertig nach Wien schicken ließ: Der Leopard ist „indessen jetzt bereits fast überall ausgerottet. In den Auwäldern des Jordan soll er sich häufiger als sonst wo in Palästina zeigen, doch hatten die Reisenden nicht das Glück, ihn zu Gesicht zu bekommen“.68 Und der sich selbst als „strenggläubigen Juden“ bezeichnende religiös-nationale Zionist Willy Bambus (1862–1904) meinte auf seiner Reise 1895 irrtümlich, dass der Karmel der einzige Distrikt in Palästina sei, „in dem sich noch wilde Tiere befinden; man sieht sogar, allerdings selten, den Leoparden“69. Der schweizerische Monsignore Jacques (Jacob) Mislin (1807–1878), der 1848 und 1855 zusammen mit dem Herzog und der Herzogin von Brabant in den Orient reiste, musste 1848 auf dem Libanon das Hohelied 4,8 bemühen, um etwas sicherer sein zu können, dass auch zu seiner Zeit dort noch Leoparden gelebt haben. 1855 sah er immerhin tatsächlich zwei gefangene Jungleoparden im Libanon.70 Von seinen Schiffsexpeditionen, die den chinesischen Admiral Zheng He (1371–ca.1435) zwischen 1413–1419 u. a. nach Ostafrika, Hormuz am Persischen Golf, Ǧidda und Mekka führten, brachte er dem Ming-Kaiser Yongle (reg. 1403–1424) auch Leoparden mit nach China.71 Und umgekehrt versorgten die portugiesischen Könige im 16. Jahrhundert, nachdem sie Handelsposten in Indien aufgebaut hatten, die Päpste in Rom mit Leoparden.72 Überhaupt gingen adlige und nichtadlige (Forschungs-)Reisende gerne auf Leoparden-Jagd. So beschreibt Carlo Guarmani (1828–1884) eine solche Jagd im Jahr 1864, die er, von Benī Ṣahr begleitet, traditionell zu Pferd und mit Lanzen in der Region um das Wādī Abū Ḥallūfa im östlichen Zentraljordanien mit Erfolg durchführte.73 Carl R. Raswan (1893–1966) berichtet von einer Jagd auf „Panther“: gemeint sind laut Foto Geparde. Im Gebiet des Ğabal aṭ-Ṭubaiq folgte man ihren Spuren zuerst zu Pferd, dann zu Fuß und erlegte die Tiere mit Gewehren. Die Beduinen (Ṣulaib) hätten ihr Blut getrunken in der Hoffnung, dass sich die Kühnheit und Stärke der Raubkatzen auf sie übertragen möge. Die Felle hätten sie für Decken und Polster verwendet.74 Ludwig Ferdinand Clauss (1892–1974), der sich in den Jahren 1927–1931 als Moḥammad Ferīd bei den Benī Ṣahr in Zentraljordanien aufhielt, lässt in einem seiner autobiographischen Romane seine Hauptfigur Faris in der Balqāʾ eine Leopardenmutter schießen, ihn ihr Blut trinken und ihre beiden Jungen von einer Hundemutter auf dem Fell der getöteten 67
Dudik, 2020: 227–228.240. Rudolf von Österreich, 1882: 438. 69 Bambus, 1898, 97. 70 Mislin, 1860: 485. 71 Ebrey, 1996: 211. 72 Rodrigues/Devezas, 2008: 37–53. 73 Guarmani, 1938: 15. 74 Raswan, 1951: 46–48, Foto S. 48. 68
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Leopardenmutter aufziehen.75 Ernst Klippel (1872–1953) beschreibt eine Leoparden-Jagd im Ḥeğāz unter Führung eines Ṣlaib, der dann das Blut der erlegten Raubkatze trinkt.76 Pierre Loti alias Julien Viaud (1850–1923) sah 1894 im Katharinen-Kloster auf dem Sinai das frische, zum Trocknen aufgespannte Fell eines Leoparden, der zuvor ein Kamel gerissen haben soll. Auf dem weiteren Weg nach Norden Richtung Gaza fühlte sich die Karawane nachts von Leoparden bedroht.77 Der Schweizer Prälat und Orientalist Leo Haefeli (1885–1949) sah 1921 bei Rayāq Leoparden-Felle in einem Dorf aufgehängt (Haefeli, 1924, 291). Immerhin gelangten einige Leoparden-Felle in verschiedene zoologische Sammlungen bzw. Museen z. B. in Berlin, Jerusalem, Kairo, Liverpool, London und Tel Aviv.78 Seit der Antike gab es stets auch einen regen Handel mit Leoparden-Fellen79, die fast ebenso begehrt waren wie Löwen-Felle (Abb. 12). Das entsprechende von Josephus, ant. XII,3,4, § 145–146 überlieferte Verbot beruhte nicht auf älterer jüdischer Tradition. Sofern es historisch überhaupt zutrifft, könnte es darauf zurückgehen, dass Leoparden-Felle aus jüdischer Sicht zu eng mit dem Dionysos-Kult verbunden waren. Menschen erlebten Leoparden in ihren ambivalenten metaphorischen Mehrdeutigkeiten: Sie konnten in ihnen Verkörperungen göttlicher Wesen, aber auch Dämonen sehen. Sie fürchteten sie als wilde, gefährliche Raubtiere und bestätigten in der Jagd auf sie ihre eigene Männlichkeit und Tapferkeit. Römer fingen sie in Nordafrika und Vorderasien massenhaft ein und verschifften sie vor allem nach Rom.80 Auf einer Bronzeschale des 4. Jh. n. Chr. aus Caesarea Maritima ist eine solche Verschiffung zu sehen.81 In den römischen Arenen wurden Leoparden als Verbrauchsware zur Massenunterhaltung eingesetzt: Sie mussten gegen die trainierten und spezialisierten bestiarii (Martial, de spec. 15) um ihr Leben kämpfen, wie es eindrücklich auf verschiedenen römischen und byzantinischen Mosaiken oder z. B. einem elfenbeinernen Konsulardiptychon des 5. Jh.s zu sehen ist82; im Falle ihres Sieges wurden die bestiarii mit Preisgeldern von 500–1000 Denare belohnt, wie das Magerius-Mosaik in Smirāt auch epigraphisch dokumentiert.83 Oder die Leoparden hatten gefesselte, ad bestias Verurteilte (noxii) zu zerfleischen, wie es auf den römischen Bodenmosaiken von Leptis Magna (Zlīten) und Thysdrus (al-Ǧemm) in Nordafrika detailliert belegt ist.84 Gelegentlich versuchte man auch, sie zu zähmen und als Haustiere85 oder in Tiergärten bzw. paradeisa zu halten; manche Mosaike erwecken den Eindruck, als ob die dargestellten, meist exotischen Tiere einen virtuellen Zoo abbilden.86 75
Clauss, 1955: 50–94. Klippel, 1943: 173–174.176–177.192. 77 Loti, 2002: 64–65.82.84.159.165). 78 Z. B. Kumerloeve, 1970. 79 Vgl. z. B. Bergin/Nijman, 2015; Dathe/Schöps, 1986: 218–220. 80 Bomgardner, 1992; Lindberg, 2019; MacKinnon, 2006. 81 Turnheim/Mucznik, 2006. 82 Waurick et al., 1980: 44–45, Nr. 26. 83 Baratte, 2012: 46–47, fig. 36. 84 Junkelmann, 2000: 100.102, fig. 141; Baratte, 2012: 91–92, fig. 91. 85 Z. B. Martial, epigr. 1,104,1–2; Hist. Aug., Heliogabalus XXI,1; XXV,1. 86 Z. B. Mucznik, 2010. 76
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Ein Kreuzritter soll in Haifa einen zahmen Leoparden gehalten haben87, und Felix Fabri (ca. 1440–1502) sah 1483 in Kairo im Haus eines Dragomans einen im Hof an einer Kette angebundenen „Leopard“, den er – eine antike Sichtweise – für eine Kreuzung aus Löwe und „Pardel“ hielt.88 Der presbyterianische Missionar William McClure Thomson (1806–1894) sah 1857 im Ġōr Leoparden (?) (nimr!), die über sieben Jahre zur Jagd abgerichtet und später über den französischen Konsul in Beirut als Geschenk für Napoléon III. nach Paris verschifft wurden.89 In der Jagd auf Großkatzen, ihrer Haltung und ihrer Zähmung sahen Menschen den Sieg über Naturgewalten und wilde Tiere.90 In der Vision Dan. 7,6 wird das dritte Tier als ein Mischwesen beschrieben, das einem Leoparden (k-nmr) glich, aber vier Flügel und vier Köpfe hatte. Dieses Fabelwesen gilt vielen als Repräsentant des persischen Reiches. Sofern man hier überhaupt zoologisch interpretieren kann, spielt Dan. 7,6 weniger auf einen Leoparden91 als vielmehr auf einen so genannten „Jagdleoparden“, also einen Geparden92 an: Geparde wurden vor allem im Iran bis weit in die islamische Zeit als Jagdhelfer abgerichtet und deshalb auch häufig auf der zeitgenössischen Keramik und anderen Bildträgern abgebildet.93 Auf einem polychromen Mosaik in Lod (Neve Yaraq Quarter) ist ein abgerichteter Jagdleopard mit Brustgeschirr bei seiner Arbeit zu sehen.94 Auch auf antiker griechischer Keramik sind überwiegend (zahme) Geparden abgebildet.95 Eine Petroglyphe im neolithischen besiedelten Wādī Abū Ṭulayḥa im Ğafr-Becken in Südjordanien zeigt einen an einem Hinterbein angebundenen Feliden, wegen der Pinselohren m. E. einen Karakal.96 Antike Autoren konnten Leoparden eine wankelmütige Gesinnung97 oder Jähzorn nachsagen (Babrius, fab. 95). Diese Antipathie gegenüber Leoparden brachte Horapollon, hieroglyphiká II,70.90 so zum Ausdruck: „Wenn sie einen Menschen bezeichnen wollen, der von Schwächeren bezwungen wird, malen sie zwei Felle: das eine von der Hyäne, das andere vom Leoparden. Wenn nämlich diese beiden Felle an denselben Platz gelegt werden, verliert das Leoparden-Fell die Haare, das andere nicht“ (II,70). „Wenn sie einen Menschen bezeichnen wollen, der seine Schlechtigkeit verbirgt und sich so verstellt, dass er in seiner eigenen Umgebung nicht erkannt wird, malen sie einen Leoparden. Er macht nämlich heimlich Jagd 87
Usāma ibn Munqiḏ, 1988: 131. Fabri, 1996: 223–224. 89 Thomson, 1890: 444–445. 90 Fauth, 1979. 91 Zukowsky, 1959; 1964. 92 Brentjes, 1962: 600–602. 93 Z. B. Fehérvári, 1989: 86–87, Nr. 28. 94 Gorzalczany/Rosen, 2018: fig. 2; Talgam, 2015: fig. 30–43. 95 Fermum, 1977; Ashmead, 1978; vgl. das Öllampen-Fragment aus Ǧalāme bei Manzoni MacDonnel, 1988: 119–120.126, fig. 36, Pl. 6–2:36 und eine attische rotfigurige Scherbe aus Gaza, 5. Jh. v. Chr. bei Haldimann et al., 2007: 99, fig. 61. 96 Fujii, 2009: 190, fig. 22; vgl. Fujii, 2008. 97 Ambrosius, hex. VI,3,15; vgl. Bolos von Mendes, physika, trs. Wellmann, 21. 88
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auf Tiere; dabei lässt er die eigene Ausdünstung sich nicht verbreiten, weil sie die anderen Tiere vertreibt“ (II,90). Der mamlukische Offizier Ibn Manglī warnte im 14. Jahrhundert vor der erotischen Kraft von Leoparden-Fellen: „Sich auf einem Leoparden-Fell niederzulassen, das auf dem Teppich ausgebreitet ist, kann zum Laster des Analverkehrs reizen, darum sollte man es unterlassen“.98 In der volkstümlichen palästinischen Überlieferung werden Leoparden überwiegend positiv dargestellt, wie z. B. in folgendem Sprichwort: „Ich war ein verachteter Fuchs ... und wurde ein Leopard, so dass mich jeder fürchtete“.99 In antiken Zauberpapyri konnte gegen Kopfschmerzen folgendes Heilmittel empfohlen werden: „Schreibe auf ein Blatt Papyrus diese Namen von wilden Tieren und binde es an deinen Kopf: Löwin, Löwe, Stier, Tiger, Bär, Leopard, Pardel. Wenn Du es schweigend angebunden hast, sprichst du diese Namen aus.“100 Sollten auf literarische und ikonographische Weise Bilder eines allumfassenden Friedens gezeichnet werden, dann fanden dort auch Leoparden ihren friedlichen Platz inmitten von Haustieren bzw. ihrer Beutetiere – der Tierfrieden als eschatologisches Heilsbild.101 Jes 11,6 (LXX) ist z. B. auf den Mosaiken der NekropolisKirche im kilikischen Anemorion und in Korykos inschriftlich und bildlich umgesetzt102, während Jes 65,25 z. B. auf den Bodenmosaiken der Synagoge bzw. des dazu gehörigen Beit Midraš in Meroth103 und der Akropolis-Kirche von Maʿīn zitiert bzw. abgebildet ist; dort ist auf der Bordüre des Mittelschiffmosaiks zusätzlich ein fragmentarisch erhaltener Leopard zu sehen.104 Auch das Einzelmotiv des friedlichen Tierpaares gehört in diesen thematischen Kosmos: So konnten z. B. einem Leoparden ein weiterer Leopard oder aber ein anderes Haus- oder Wildtier, das realiter eines seiner Beutetiere war, zugesellt werden, so z. B. auf den Bodenmosaiken der Diakon Thomas-Kirche in ʿUyūn Mūsā oder der Synagoge von Māʿōn.105 Dem Pseudo-Matthäusevangelium 19,1 zufolge begleiteten Löwen und Leoparden das Jesus-Kind und seine Eltern auf ihrer Flucht nach Ägypten und huldigten ihm währenddessen. Laut den Acta Philippi VIII,16–21; XII1–8 u. ö. trafen Philippus, Mariamne und Bartholomäus auf ihrer Reise ins phrygische Hierapolis auf einen Leoparden und ein Zicklein (Kybele und Attis?). Der Fleischfresser war zum Vegetarier geworden (Jes 11,6); er und sein ursprüngliches Beutetier waren zum christlichen Glauben konvertiert
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Ibn Manglī, 1984, 84. Thilo, 1937: Nr. 3693; vgl. z. B. auch Bauer, 1926: 196–199; Eckardt, 1909: 345–371; Sonnen, 1952: 139–140; Spoer, 1923; von Mülinen, 1908: 2–3. 100 Önnerfors, 1991: Nr. 22. 101 Jes. 11,6; Philo, de praem. 89–93; Orac. Sib. III,788–792. 102 Gough, 1974; Russel, 1989: 1632–1633, fig. 10; Herzfeld/Guyer, 1930: 106–107, fig. 104–110; vgl. Abdallah, 2016; Campbell, 1995; Wisskirchen, 2009. 103 Ilan, 1993. 104 Piccirillo, 1993: 195–201. 105 Avi-Yonah, 1960: 26, Pl. III:3; Piccirillo, 1993: 187, fig. 263. 99
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und konnten sich ganz nach Menschenart mit Philippus und seiner Begleitung über Glaubensdinge unterhalten. Gleichzeitig konnten Leoparden, die über Hirsche, Gazellen oder andere Tiere herfallen, als Bilder des Chaos fungieren, so z. B. auf Bodenmosaiken in Qubēbe, Naharīyyā oder Ṭaiyibet al-Imām.106 Neben dem jesajanischen Tierfrieden konnte auch Adam (Gen. 1,29f.) inmitten wilder Tiere wie Löwen und Leoparden dargestellt werden.107 Zu dem Auditorium, das sich friedlich um Orpheus und seinen Gesang versammelte und das aus verschiedensten Haus- und Wildtieren bestand, konnten auch Leoparden gehören, wie Bodenmosaike aus spätrömischen Villen und Synagogen z. B. in Gaza-Maiumas, Jerusalem-Muṣrara, Sepphoris, Philippopolis/ Šahba, Antiochia, Edessa oder Tarsus zeigen.108 In ikonographisch nicht oder kaum veränderter Form konnte der pagane thrakische Sänger, zumeist in orientalischer Tracht mit phrygischer Mütze bekleidet, von jüdischer Seite als David109, von christlicher Seite als Präfiguration Christi, Guter Hirte und poeta theologus verstanden werden: Wie Orpheus die wilden Tiere so befriedet Christus die hartnäckigen Sünder; Katabasis und Rückkehr aus der Unterwelt verbinden beide.110 So verwundert es auch nicht, dass der Leopard auch als Sinnbild Christi interpretiert wurde: Der Leopard (πάνθηρ) „ist von allen Tieren das freundlichste, ein Feind allein der Schlange; ganz bunt und schön ist er wie der Rock Josephs, auch ruhig und ganz sanft. Wenn er gefressen hat und satt ist, schläft er in seiner Höhle; am dritten Tag aber erwacht er aus dem Schlaf, brüllt und ruft mit lauter Stimme, und nah und fern vernehmen die Tiere seinen Ruf. Von seinem Ruf aber geht jeglicher Duft und Wohlgeruch aus, und die Tiere folgen dem Wohlgeruch der Leopardenstimme und kommen ganz nahe zu ihm heran“ (Physiologus 16). Die meisten antiken Leoparden-Darstellungen Palästinas und Syriens stammen aus dem Kreis der Dionysos/Bacchus-Mythologie. Die dazugehörigen Motive sind dort vor allem während der römisch-byzantinischen Zeit geradezu ubiquitär, sei es auf Sarkophagen111, auf Mosaiken, Gemmen und Münzen oder in Form von Statuen, Statuetten und Terrakotten. Auch die spiegelbildlich in heraldischer Art und Weise an Kantharoi und ähnlichen Gefäßen angebrachten Henkel in Leopardenform waren dionysisch aufgeladen, wie z. B ein Mosaik aus Lod zeigt.112 Der untere Teil eines bronzenen Henkel aus Askalon besteht aus dem maskenähnlich
106
Vincent/Abel, 1932: Pl. VIII; X:1; Dauphin/Edelstein, 1984: 56.65.73–75, Pl. XVIII; XL; Zaqzuq/Piccirillo, 1999. 107 Weitzmann, 1979: 505–507, No. 454; Wisskirchen, 2002. 108 Balty, 1995: 239–244, Pl. VI–XIII; Ovadiah/Ovadiah, 1987: 60–62, No. 83, Pl. LII– LXI; CLXXVIII. 109 Flesher, 1995. 110 Markschies, 2005: 80–91. 111 Z. B. Rahmani, 1999: Nos. 1.18. 24.86; Gersht, 1991: 147. 112 Avissar, 1999: Col.-Pl. 3; vgl. das Motiv in jüdischem und christlichem Kontext z. B. bei Kraeling, 1956: Pl. XVII. XXXIII; Piccirillo, 1993: 187, fig. 263.
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dargestellten Kopf des jugendlichen Gottes.113 In Petra wurde ein aus phrygischem Marmor bestehender Krater mit Leoparden-Henkeln aus seinem ursprünglich paganen Kontext in der frühchristlichen Kathedrale liturgisch wieder verwendet.114 Neben den genannten Henkelgefäßen seien hier auch noch die faltbaren Dreifüße aus Bronze mit Leoparden-Protomen erwähnt; ein solches Exemplar des 3. Jh. n. Chr. wurde z. B. im sogenannten Burnt Palace in Madeba gefunden.115 Auf dem Massenmedium der Münzen, genauer auf den Stadtprägungen von Abila, Caesarea Maritima, Canatha, Diospolis, Esbus, Jerusalem, Kapitolias, Raphia und vor allem von Skythopolis ist Dionysos (auch ein Satyr oder Herakles) mit einem Leoparden zu seinen Füßen zu sehen.116 Die statuarischen Vorbilder dieser Münzbilder sind z. B. in Abila, Caesarea, Gerasa und Skythopolis nachgewiesen.117 Andere Bildträger wie Gemmen, Reliefs oder Sarkophage aus Abila, Caesarea, Gadara und Skythopolis bestätigen das.118 Neben dem Bild des stehenden Dionysos mit Leopard zu seinen Füßen ist auch immer wieder das Bild dieses Gottes auf einem Leoparden reitend oder auf einem Wagen sitzend zu sehen, der von Leoparden, Tigern, Elephanten oder Kentauren (mit umgelegten Leopardenfell) gezogen wird, so z. B. auf dem Bodenmosaik von Šaiḫ Zuwaid.119 Vergleichbar ist ein in das Jahr 262 n. Chr. datiertes Relief aus Ḫirbet Abū Ḍuhūr in der Palmyrene, das einen kürassierten Gott in einem Wagen zeigt, der von zwei schlanken Leoparden (oder Geparden) gezogen wird.120 Die literarischen und vor allem die ikonographischen Belege für Leoparden in Palästina nahmen seit der islamischen Zeit deutlich ab; zu den wenigen Beispielen gehören z. B. die umayyadischen Bodenmosaike in Qasṭal und Ḥallābāt121, die Wandmalereien in Quṣair ʿAmra122 und ein abbasidisches Bodenmosaik in Ramla.123 Die Belege zu Leoparden in Palästina und Syrien sind durchaus zahlreich und vermitteln trotz ihrer Lückenhaftigkeit und interessengeleiteten Sichtweisen ein relativ gutes Bild vom wechselhaften Schicksal dieser Species und ihrer kulturhistorischen Bedeutung. Hier konnte nur eine kleine, aber repräsentative Auswahl 113
Eisenberg-Degen et al., 2019. Herrmann, 2001. 115 Piccirillo, 1986: fig. 4–5, Pl. LXVIIIf; vgl. Hill, 1951. 116 Kadman, 1957: 124–125, No. 138; Barkay, 1990–1991: 72–76; 2003, 111–130, Nos. 15 u. ö.; Rosenberger, 1975: 29, No. 5; Spijkerman, 1978: 100–101. 124–125, Nos. 6. 10; Meshorer, 1985: 78. 118, No. 215; 1989, 74–75, No. 24; Hill: 1914, 171, No. 3; vgl. Tanriöver, 2016. 117 Al-Bashaireh et al., 2020: 27, fig. 8; Weber, 2002: 495, Nr. C 26; Iliffe, 1944: 13, No. 44; Wineland, 2001: 94, fig. 59; Ringel, 1975: 112, Pl. XIII:2; Barkay, 2003: 131–132, fig. 18. 118 Wineland 2001, 93, fig. 39; Henig/Whiting, 1987: 26, No. 240; Barkay, 2003: 131–132, fig. 18; Rahmani, 1999: No. 86. 119 Piccirillo, 2004. 120 Schlumberger/Ingholt/Starcky, 1951, 82–83, Pl. 38:2. 121 Bisheh, 2000; Piccirillo, 1993: 350, fig. 768. 122 Musil, 1907: 212, Taf. 34; Vibert-Guigue/Bisheh, 2007: Nos. 20b. 21 b; Pl. 38–40.85. 122. 123 Avner, R., 2008: 24. 114
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der Belege, die ich zusammengetragen habe, aufgeführt und kommentiert werden. Auf viele konnte hier nicht näher eingegangen werden wie z. B. auf einige literarische124 und epigraphische Belege aus Tell Dair ʿAllā, Sefīre und aus der Ṣafāʾ: So erinnert CIS V,1, No. 2244 möglicherweise an eine Invasion von Leoparden, die das Vieh der Hirten dezimierten. Auch war es hier nicht möglich, das in das 9. Jh. v. Chr. zu datierende Orthostatenrelief auf Tell Ḥalāf125, die Wandmalereien in Til Barsib126 und in Tell ad-Dabʿa127 oder die zahlreichen safaitischen, thamudischen und „ḥismatischen“ Felszeichnungen detaillierter zu besprechen.128 Ob die Petroglyphen von Kilwā zu den ältesten Darstellungen überhaupt in Palästina zählen, hängt ebenso von ihrer Datierung wie von der Identifikation der dargestellten Feliden ab.129 Alles in allem könnte es sich also lohnen, eine ausführlichere und vollständigere Studie zu diesem Thema zu erstellen.
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Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Umm Saisabān, Leopardenfalle 2014 von Ostnordost vor der Ausgrabung (Foto U. Hübner). Abb. 2: Umm Saisabān, Leopardenfalle 2018 (Foto U. Hübner). Abb. 3: Umm Saisabān, Leopardenfalle 2018 von Osten (Foto U. Hübner). Abb. 4: Rekonstruktion einer Leoparden-Falle (Hadas, 2011: 4, fig. 2). Abb. 5: Maʿān, Schlagfallen in einem Fachgeschäft (2018) (Foto U. Hübner). Abb. 6: Marissa, Tomb I, Wandmalerei (Peters/Thiersch, 1905: Pl. VI). Abb. 7: Qurayyāt al-Manṣūr, Leopardenfalle (Foto U. Hübner). Abb. 8: ʿUvda, Steinsetzungen (Avner, U., 2002: fig. 5:77). Abb. 9: ʿUvda, Steinsetzung, Rekonstruktion: Leopard(in) mit Jungtier (Avner, U.: 1984, fig. 5). Abb. 10: ʿAwǧā 1, Steinsetzungen (Fujii et al., 2013: 346, fig. 18). Abb. 11: ʿIrāq al-Emīr, Qaṣr al-ʿAbd, Ostfassade, Brunnenfigur (Foto U. Hübner). Abb. 12: Fellhändler in der mesopotamischen Wüste (NN, 1868: 324).
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Abb. 1: Umm Saisabān, Leopardenfalle 2014 von Ostnordost vor der Ausgrabung (Foto U. Hübner).
Abb. 2: Umm Saisabān, Leopardenfalle 2018 (Foto U. Hübner).
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Abb. 3: Umm Saisabān, Leopardenfalle 2018 von Osten (Foto U. Hübner).
Abb. 4: Rekonstruktion einer Leoparden-Falle (Hadas, 2011: 4, fig. 2).
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Abb. 5: Maʿān, Schlagfallen in einem Fachgeschäft (2018) (Foto U. Hübner).
Abb. 6: Marissa, Tomb I, Wandmalerei (Peters/Thiersch, 1905: Pl. VI).
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Abb. 7: Qurayyāt al-Manṣūr, Leopardenfalle (Foto U. Hübner).
Abb. 8: ʿUvda, Steinsetzungen (Avner, U., 2002: fig. 5:77).
Abb. 9: ʿUvda, Steinsetzung, Rekonstruktion: Leopard(in) mit Jungtier (Avner, U.: 1984, fig. 5).
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Abb. 10: ʿAwǧā 1, Steinsetzungen (Fujii et al., 2013: 346, fig. 18).
Abb. 11: ʿIrāq al-Emīr, Qaṣr al-ʿAbd, Ostfassade, Brunnenfigur (Foto U. Hübner).
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Abb. 12: Fellhändler in der mesopotamischen Wüste (NN, 1868: 324).
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„Mein Leben hat die Unterwelt berührt“ (Ps 88,4) Eine Skizze zu den Unterweltsvorstellungen des Alten Testaments Bernd Janowski Tübingen Wer sich dem Thema „Das Alte Testament und die Unterwelt“ zuwendet, stößt immer wieder auf bestimmte Verständnisschwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten hängen nicht nur mit der inneralttestamentlichen Komplexität des Themas zusammen. Sie haben ihren Grund auch in den rezeptionsgeschichtlichen Aspekten, wie sie in den nachalttestamentlichen Bezeichnungen „Gehenna“ und „Hölle“ zu Tage treten. Dieses Problemknäuel ist zunächst zu entwirren, um das Thema dieses Beitrags genauer zu umreißen. Wir machen dafür einen kleinen Umweg.
I. Hölle oder Unterwelt? – Vorbemerkungen Wer Jerusalem durchwandert und dabei auf die „Erinnerungslandschaften“ der Heiligen Stadt achtet,1 wird früher oder später zu dem Ort gelangen, den die neutestamentliche Tradition als „Gehenna“ bezeichnet (vgl. Mt 5,22.29f.; 10,28; 18,9; 23,15.33; Mk 9,43 u.ö.). Ursprünglich ist damit ein südwestlich der Stadt gelegenes Tal, das sog. „Hinnomtal“ (gê-hinnom „Tal des Hinnom“ Jos 15,8; 18,16 u.ö.), gemeint, das seit der Westerweiterung Jerusalems im späten 8. Jh. v. Chr. chthonisch konnotiert war (Molechkult, Gräberfelder, Rephaimebene).2 Auch wenn sich die historischen Wurzeln dieser Konnotierung nicht mehr aufhellen lassen, so ist doch deutlich, dass sich seit hellenistisch-herodianischer Zeit das dichteste Gräberfeld Jerusalems an der Mündung des Hinnomtals in das östlich davon gelegene Kidrontal befindet, wo die frühjüdische und rabbinische Tradition die „Tore des Gehinnom“, also den Eingang zur Unterwelt bzw. zur Gehenna lokalisiert.3 „Es ist“, so M. Küchler, „ein erstaunlicher Sachverhalt, dass diese intensiven Bilder von der Gehinnom-Hölle die jahrhundertalte Vorstellung von der scheʾol, ‚Senkung, Tiefe‘ (= LXX: Hades), seit dem 2. Jh. v. Chr. so zu verdrängen vermochte,
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S. dazu Niehr, 1995: 60ff.62ff.73f.; Bieberstein, 22004; 2007; Janowski, 2008: 14ff. S. dazu Bieberstein, 22004: 511ff. und ders., 2007: 10ff. 3 S. dazu Küchler, 2007: 756f. 2
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dass scheʾol nur mehr ein schwächliches Synonym von gehinnom darstellte.“ Und weiter: Im Lauf dieser Entwicklung „wurde die Scheol zuerst zu einer vorläufigen Wohnstätte und schließlich zu einem Strafort ausschließlich für die Bösen. Gerade diese Inhalte sind aber typisch für das Gehinnom. So ist zu verstehen, dass der Name Gehinnom zur vorrangigen Bezeichnung wurde, mit der dann das übliche Unterweltsvokabular (Scheol, Hades, Tartarus u. ä.) verbunden werden konnte.“4 Um dieses ursprüngliche Unterweltsvokabular und dabei besonders um den religionsgeographischen Begriff šeʾôl „Unterwelt, Totenreich“ geht es im Folgenden. Dieser Begriff zieht sich wie ein roter Faden durch die Psalmen (16-mal) sowie das Sprüche- (9-mal) und das Hiobbuch (8-mal),5 wobei man immer wieder auf die eingangs angesprochenen Verständnisschwierigkeiten stößt. So heißt es in Ps 88,4: Denn gesättigt mit Übeln ist mein Leben, Mein Leben hat die Unterwelt berührt. Diese für die Unterweltsvorstellung der Psalmen charakteristische Klage ist in ihrer Bildlichkeit singulär.6 Allerdings ist es erstaunlich, dass der Beter darüber klagt, sein Leben habe die Unterwelt „berührt“. Befindet sich die Unterwelt denn nicht in großer Tiefe, weit unterhalb der Welt der Lebenden?7 Diese Frage ist berechtigt. Und zwar deswegen, weil das Alte Testament keine Jenseitsreisen kennt wie die vorderorientalischen Religionen oder die griechisch-römische Welt8 und nur sehr selten Einblicke in die Unterwelt gibt (Spottlied Jes 14,3–21).9 Auf der anderen Seite, und das zeigt ein Text wie Ps 88,4, spricht das Alte Testament davon, dass ein Mensch in die Unterwelt gelangen (Klaglieder des Einzelnen) und sogar aus ihr errettet werden kann (Danklieder des Einzelnen, Jon 2,3– 10). Wie ist diese Spannung zu verstehen? Der folgende Beitrag versucht, darauf eine Antwort zu geben, indem er die kosmologischen und anthropologischen Aspekte der alttestamentlichen Unterweltsvorstellung skizziert und dabei zwischen
4
Niehr, 1995: 70f.; Küchler, 2007: 757. S. dazu den Überblick bei Görg, 1982; Wächter, 1993; Gerleman, 51995; Bunzel, 2018, 40ff. 6 S. dazu unten. 7 Die Lokalisierung der Scheol als unter der Erde befindlich basiert zum einen auf ihrem kosmologischen Gegensatz zum Himmel (vgl. Jes 7,11 cj.; Am 9,2; Ps 139,8; Hi 11,8) und zum anderen auf ihrer Verbindung mit den Nekropolen, die Jerusalem umgaben, s. dazu Niehr, 1995, 64f. Dennoch ist die Lage der Scheol, wie das Beispiel des Hinnomtals zeigt, nicht einfach dem vertikalen Raummodell zuzuordnen, s. dazu Niehr, 1995: 70f. und Bieberstein, 22004: 511ff. 8 S. dazu den Überblick bei Graf 1998; Lundström/van Lieven u. a., 2002 sowie die Sammelbände und Gesamtdarstellungen Assmann/Trauzettel 2002; Berlejung/Janowski, 2009; Fischer, 2014; Janowski, 62021: 256ff. 9 Zu Jes 14,3–21 s. unten. 5
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der Unterwelt der Toten und der Unterwelt der Lebenden unterscheidet.10 Für beide Konzeptionen gibt es prägnante Textbeispiele.11 Weil die kosmologischen Aspekte des Themas von übergeordneter Bedeutung sind, stehen sie am Anfang unserer Überlegungen (II/1). Ihnen sind die anthropologischen Aspekte zugeordnet, die immer auch kosmologische Implikationen haben (II/2). In diesem Ineinander beider Aspekte bei gleichzeitiger Betonung des einen oder des anderen Aspekts besteht das Proprium der alttestamentlichen Unterweltaussagen.
II. Scheol – kosmologische und anthropologische Aspekte Wie in den Religionen in der Umwelt Israels war die Totenwelt auch nach alttestamentlicher Vorstellung ein Raum in der Tiefe, der unterhalb der Welt der Lebenden lag (Hi 26,5; 38,16f. u. ö.). In diesen Bereich der Finsternis (Ps 88,7.13; Hi 10,21 u. ö.) und des Schweigens (Ps 22,3; 94,17), der mit Tor und Riegel abgeschlossen ist (Jes 38,10; Ps 9,14; Hi 38,17) und aus dem es keine Wiederkehr gibt (Jon 2,7; Hi 7,9; 16,22), gehen die Totengeister ein (Jes 14,9; Hi 26,5; Spr 9,18): „Dort gibt es keine Aktivität und kein Bewußtsein (Koh 9,10), doch hat jeder in schattenhafter Weise die Gestalt, die er beim Tod oder beim Begräbnis gehabt hat. Rang und Stand gelten weiter. Die Könige thronen mit den Zeichen ihrer Würde (Jes 14,9ff.), die Krieger sind noch in ihrer Rüstung (Ez 32,27), der Prophet trägt seinen Mantel (1 Sam 28,14). Wem ein ehrenvolles Grab verwehrt ist, muß sich auf Maden ausstrecken und mit Würmern zudecken (Jes 14,11). Die Totengeister von Unbeschnittenen und Schwerterschlagenen (= Ermordeten und Hingerichteten) bekommen einen dem minderwertigen Ort des Leichnams entsprechenden Platz (Jes 14,19; Ez 31,17f.; 32,19ff.). Trotz solcher Unterschiede wird selbst bei der dichterischen Ausmalung der Erregung der Totenwelt beim Hinabfahren des Königs von Babel von der Gleichheit der Totengeister gesprochen: Gleich sind sie alle in ihrer Schwachheit (Jes 14,9f.).“12 Für die mit dem Begriff šeʾôl verbundenen räumlichen Konnotationen lassen sich folgende Aspekte anführen:13 – Charakteristisch für das Erreichen der Unterwelt ist die vertikale Bewegungsrichtung. So werden am häufigsten Formen des Verbs jārad „hinabsteigen“ 10
Zu dieser Unterscheidung s. unten. Keiner dieser Texte spricht von der „Hölle“ (eschatologischer/feuriger Strafort der Frevler nach dem Endgericht), wie es die nachalttestamentliche Rezeptionsgeschichte getan hat, s. dazu etwa Vorgrimler, 21994. Zur Frage, ob das Alte Testament von der Hölle spricht, s. Böcher, 1980; Reiser, 1995; Küchler, 2007: 756f. 12 Wächter, 1993: 903f. 13 S. dazu auch Barth, 31997: 98ff.; Podella, 1988: 80f.; Berlejung, 22004: 485ff.; Liess, 2009: 398f. 11
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(9-mal, im hif. 9-mal, im hof. 2-mal) verwendet. Daneben begegnen nḥt „hinabsteigen“ (Hi 17,16; 21,13) und špl hif. „tief hinabschicken“ (Jes 57,9). Als Gegenbegriffe fungieren dlh pi. „emporziehen, retten“ (Ps 30,2), lāqaḥ „(von oben herabgreifen und) nehmen“ (Ps 18,17), māšāh „herausziehen“ (Ps 18,17), nṣl hif. „herausziehen“ (Ps 22,29; 69,15; 86,13; 144,7 u.ö.), ʿlh hif. „hinaufsteigen lassen“ (1 Sam 2,6; Jon 2,7; Ps 30,4; 71,20), pāṣāh „herausziehen“ (Ps 144,11) und rûm pol. „erhöhen“ (Ps 9,14). – Ausgeprägt ist ferner die Semantik der Tiefe (Dtn 32,22; Ps 88,13; Spr 9,18 u. ö.) und des (tiefen) Wassers, wie die Unterweltsbezeichnungen „Grube, Zisterne“ (bôr: Jes 14,15; Jer 38,18; Ez 31,16; Ps 30,4; Spr 1,12 u.ö., dazu bôr taḥtîjôt „tiefste, unterste Grube“: Ps 88,7; Klgl 3,55; jarketê-bôr „hinterster Bereich der Grube“: Jes 14,15), maʿamaqqîm „Tiefen“ (Ps 130,1), meṣûlāh/ meṣolôt „(Meeres-)Tiefe(n)“ (Jon 2,4; Ps 88,7) und taḥtîjôt ʾæræṣ „Tiefen der Erde“ (Jes 44,23; Ez 26,20; 32,18.24; Ps 63,10, dazu ʾæræṣ taḥtîjôt „Land der Tiefen“: Jes 44,23; Ez 26,20; 31,14.16.18 u.ö.) anzeigen. – Die partizipialen Wendungen „die, die in die Grube hinabsteigen (jôredê bôr: Jes 38,18; Ez 26,20; 31,14.16; 32,18.24f.29f.; Ps 28,1; 30,4; 88,5 143,7; Spr 1,12) und jôredê ʿāpār „die, die in den Staub hinabsteigen“ (Ps 22,30) kombinieren beide Aspekte, d.h. die vertikale Bewegungsrichtung und die Semantik der Tiefe, miteinander. – Zu bôr „Grube, Zisterne“ gibt es schließlich synonyme Ausdrücke wie ʾabaddôn „Untergang, Totenreich“ (Hi 26,6; 31,12; Spr 15,11 u.ö.), ʾæræṣ nešijjāh „Land des Vergessens“ (Ps 88,13), beʾer „Brunnen“ (Ps 55,24; 69,16), hadrê- māwæt „Kammern des Todes“ (Spr 7,27); ḥošæk „Finsternis“ (Ps 88,13), maḥšāk „finsterer Ort“ (Ps 88,7.19; 143,3), māwæt „Tod“ (Jes 28,15. 28; 38,18; Hos 13,4; Hab 2,5 u.ö.), qæbær „Grab“ (Ps 88,12) und šaḥat „Grube“ (Jes 38,17; Jon 2,7; Ps 16,10; 30,10; Hi 17,14 u.ö.). Alle diese Aspekte stehen für eine räumlich verstandene Gottesferne, die nicht nur abgründig und finster ist, sondern die auch endgültig zu sein scheint. Diese Unterwelt der Toten und der Weg dorthin stehen im Folgenden zunächst im Vordergrund. 1. Die Unterwelt der Toten Der mit dem Syntagma „die, die in die Grube hinabsteigen“ (jôredê-bôr) zum Ausdruck gebrachte Übergang vom Diesseits zum Jenseits spielt auch in Ägypten,14 Mesopotamien,15 Kleinasien,16 Ugarit17 sowie in der griechisch-römischen
14
S. dazu Assmann, 1975; ders., 2001: 11ff. u. 285ff.; Hornung, 1956; ders., 1994; ZivieCoche/Dunand, 2013: 515ff. u. 538ff., ferner Fischer, 2014: 21ff. 15 S. dazu Groneberg, 1990; Berlejung, 22004: 466ff.; Artemov, 2020; ferner Fischer, 2014: 61ff. 16 S. dazu Haas/Koch 2011: 205 ff. (V. Haas). 17 S. dazu Loretz, 21996: 125ff.; Healey, 1997: 97ff.; Niehr, 1998: 76f.; Krebernik, 2013: 183–215; ferner Fischer, 2014: 112ff.
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Religion18 eine zentrale Rolle. Dieser Übergang lässt sich als mythischer Sphärenwechsel bezeichnen,19 der einen örtlichen, zeitlichen oder qualitativen Gegensatz zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Toten meint. Kennzeichnend dafür ist ein Text wie Hi 7,9f. und sein Topos Land ohne Wiederkehr:20 9 10
Die Wolke schwindet und geht dahin, so kommt, wer in die Unterwelt hinabsteigt, nicht wieder herauf, kehrt nicht mehr zurück in sein Haus, und sein Ort kennt ihn bald nicht mehr. (Hi 7,9f.)
a) Vom Diesseits zum Jenseits – mythischer Sphärenwechsel Vorstellungen eines Übergangs vom Diesseits zum Jenseits sind im alten Orient und im gesamten antiken Mittelmeerraum verbreitet. Bei diesem Übergang wird die Beziehung zwischen Diesseits und Jenseits bzw. zwischen Leben und Tod anhand bestimmter Einstellungen organisiert, die kulturell vorgeprägt sind und die eine Orientierung im sozialen Raum ermöglichen. Das lässt sich beispielhaft anhand des ägyptischen Totenglaubens und seiner Typologie der Diesseits/Jenseits-Beziehungen zeigen.21 Exkurs 1: Diesseits/Jenseits-Beziehungen in Ägypten Abgesehen von den speziellen Fragen einer rituellen Kommunikation mit dem Jenseits in Form von Totenopfern/-festen, Totenkult und Ahnenverehrung umfassen die Diesseits/Jenseits-Beziehungen in Ägypten vor allem drei Aspekte: einen prospektiven, einen transitorischen und einen retrospektiven Aspekt. Während es bei dem prospektiven Aspekt um die Sorge für das Jenseits, also um alle Maßnahmen geht, die zu Lebzeiten ergriffen werden müssen, um das Jenseits zu erreichen (rechtes Tun, Anlage des Grabes, Sicherstellung der Versorgung, Studium der Jenseitsliteratur), umfasst der transitorische Aspekt den Abschied von der diesseitigen und den Übergang in die jenseitige Welt. Dabei spielt die Überwindung bestimmter Zwischenstufen wie das Übersetzen über die Todesgewässer (den mesopotamischen Hubur, den griechischen Acheron, Styx u. a.)22 oder wie das Totengericht in Ägypten23 eine konstitutive Rolle. Am Ende dieser Phase stehen Hoffnungsbilder von der freudigen Aufnahme des Toten in der Jenseitswelt.
18
S. dazu Burkert, 22011: 298ff.; Graf, 1998: 897ff., ferner Fischer, 2014: 82ff.; Matjevic, 2015; Nesselrath, 2020: 162–212. 19 S. dazu die Beiträge in Zgoll/Zgoll 2020. 20 Dieser Topos begegnet vor allem in mesopotamischen Texten (ašar/erṣet lā târi „Ort/Land ohne Wiederkehr“), s. dazu Groneberg, 1990: 258; ferner Berlejung, 22004: 467f. 21 S. dazu die Hinweise oben Anm. 14. 22 Zur griechischen Unterweltsgeographie (Acheron, Pyriphlegeton, Kokytos, Styx u. a.) s. Burkert, 22011: 300f. 23 S. dazu zusammenfassend Janowski, 2019: 579f. (Lit.).
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Dass für den Ägypter der Tod der Übergang zu einer anderen, intensiveren Form des Lebens war, kommt besonders im dritten, dem retrospektiven Aspekt der Diesseits/Jenseits-Beziehungen zum Tragen. Ihm liegt die Überzeugung zugrunde, dass der Tote an sein diesseitiges Leben anknüpft, indem er sich vor den Jenseits-Instanzen auf Verdienste im Diesseits (wie auf ein der Maʾat „Wahrheit, Gerechtigkeit“ gemäßes Leben) oder auf den Vollzug bestimmter kultischer Handlungen (wie der Teilnahme an Prozessionsfesten) beruft. Das Anknüpfen des Toten an seine Diesseits-Existenz kulminiert im Topos von der Rückkehr ins Diesseits, der seit dem Neuen Reich (18.–21. Dynastie) den ägyptischen Totenglauben dominiert. Diese Rückkehr beinhaltet „das Wiedersehen mit der Familie, die segnende Fürsorge für Haus und Nachkommen, den Besuch des Tempels und die Teilnahme an den Festen des Stadtgottes und anderen Festen“24 (s. Abb. 1).
Abb. 1: Besuch des Toten im Diesseits (Neues Reich)
Ist dieses ägyptische Konzept ein Analogon zum Topos der Errettung vom Tod in den alttestamentlichen Klage- und Dankliedern des Einzelnen? Das Motiv von der Rückkehr ins Diesseits bedarf allerdings schon im Blick auf den ägyptischen Kontext der Präzisierung, denn der Verstorbene verlässt die Unterwelt „...weder als Mumie, noch als Gespenst. Er wird auch nicht wiedergeboren zu einem neuen Erdenleben. Das Medium seiner Freizügigkeit zwischen den Welten ist die Verwandlung“.25 Das Ziel dieser Verwandlung ist die Wiedervereinigung mit der Familie und den Freunden. Das ist deswegen ein entscheidender Schritt im ägyptischen Totenglauben, weil er auf eine „Verdiesseitigung der Jenseitsvorstellung“ hinausläuft, der spiegelbildlich eine „Verjenseitigung oder Sakralisierung des Diesseits“ entspricht: „Je eindeutiger die Toten in das Diesseits zurückkehren, desto intensiver lädt sich das Diesseits mit sakraler Bedeutung auf. ... Die Toten ruhen nicht mehr in einem unterweltlich gedachten Jenseits, in dem die Sonne sie während ihrer Nachtfahrt vorübergehend erweckt, sondern sie ruhen im Grab, das sie am Morgen wie die Lebenden verlassen, um sich in Gestalt ihres Ba im Diesseits zu ergehen.“26 24
Assmann, 1975: 1087; vgl. ders., 2001: 285ff. Ders., 2001: 293. 26 Ders., 2001: 295. Ba ist ein Machtbegriff, der sich auf die Fähigkeit bezieht, verschiedene Gestalten (Falke, Krokodil, Schlange, eine Gottheit, Statuen in der Grabkapelle u. a.) anzunehmen und diese zu beseelen, s. dazu ders., 2001: 293ff. 25
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Die Form der wiedergewonnenen Gemeinschaft und Gottesnähe, wie sie uns in den Texten und Bildern der auf das Diesseits ausgerichteten ägyptischen Jenseitshoffnung entgegentritt, erinnert an die Diesseits/Jenseits-Problematik der alttestamentlichen Klage- und Danklieder. Bevor wir darauf eingehen, wenden wir uns den kosmologischen Aspekten der alttestamentlichen Unterweltstexte zu. (Ende des Exkurses) b) Ausgewählte Texte und Bilder Wie eingangs bemerkt, hat sich die nachalttestamentliche Rezeptionsgeschichte intensiv mit der Suche nach dem Eingang der Unterwelt bzw. des Ortes der Verdammnis beschäftigt.27 Wie steht es damit im Alten Testament und in seiner altorientalischen Umwelt? Ein prominentes, aus dem näheren Umfeld Israels stammendes Beispiel sind die Texte aus Ugarit (13./12. Jh. v. Chr.), in denen sich zwei unterschiedliche Traditionen der Lokalisierung der Unterwelt ausmachen lassen. Nach der nördlichen Tradition lag der Eingang zur Unterwelt zwischen den Bergen Targuzazu und Ṯarrumagu nördlich von Ugarit. Der entsprechende Text KTU 1.4 VIII 1–14 stammt aus dem Baʿal-Zyklus, wonach Baʿal seine Boten Gpn und Ugr anweist Motu, dem Gott des Todes, seine Pläne auszurichten. In Z. 8f. enthält der Passus semantische Anklänge an das alttestamentliche Unterweltsvokabular (ug. yrd/hebr. jārad „hinabsteigen“): 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Dann richtet fürwahr das Angesicht zum Berg Targuzazu, zum Berg Ṯarrumagu, zu den Ruinenhügeln am Rand der Erde (arṣ). Hebt den Berg auf eure Hände, das Gebirge auf die Handflächen, und steigt hinab (rd) in das Haus der Flüchtlingsschaft,28 der Unterwelt (arṣ), seid gezählt zu denen, die in die Unterwelt (arṣ) hinabsteigen (rdm).
10 11 12 13 14
Dann richtet fürwahr das Angesicht zu seiner Stadt Hamarayu. Eine Grube ist sein Thronsitz, eine Unratgrube ist das Land seines Besitzes.29
Nach der südlichen Tradition lag der Eingang zur Unterwelt im Baschan am Fuß des Götterberges Hermon. Diese Baschan-Tradition wird in dem ugaritischen Ritualtext KTU 1.108 rezipiert, der die Übertragung göttlicher Kräfte auf den neu inthronisierten König von Ugarit zum Thema hat und der sich auf die in das Jahr 27
S. dazu die Hinweise oben. Oder: „Freilassung“ (ḫpṭt), s. dazu Janowski, 2003a: 210f. Dieser Terminus (hebr. ḥāp̠ šî) begegnet auch in Ps 88,6, s. dazu unten. 29 Übersetzung Niehr, 2020: 253, mit dem Kommentar ebd. 252f.; vgl. Niehr, 2015: 223f. und Gulde, 2007: 85f. 28
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1215 v. Chr. zu datierenden Inthronisationsfeierlichkeiten für Ammurapi, den letzten König von Ugarit (ca. 1210–1185 v. Chr.), bezieht. Der Text beginnt mit der Aufstellung von Statuen und lautet folgendermaßen: 1 2 3 4 5
[Sieh]e, man stellt auf Rapiʾu, den König der Unterwelt, und zwar stellt man auf den Gott des Gaṯāru und des Yaqāru, den Gott, der thront in ʿAštartu, den Gott, der Orakel gibt in Edrei, vor dem man singt und spielt auf der Zither und Flöte, mit Pauke und Zimbeln, mit Kastagnetten von Elfenbein inmitten der freundlichen Gesellen des Koṯāru.30
Ein weiteres Beispiel für den Eingang zur Unterwelt aus dem antiken Syrien ist die Königsgruft in Qatna/Tel Mishrife (2. Jt. v. Chr.). Zum Vorraum und zur Hauptkammer dieser Königsgruft führte ein 40m langer Korridor, der nach Analogie von Inannas/Ištars Gang in die Unterwelt (dort sieben Tore)31 durch vier Holztüren untergliedert war: „Dies assoziiert die in mesopotamischen Schriften überlieferte Vorstellung, dass zum Erreichen der Unterwelt mehrere Türen zu durchschreiten war. Bei ihrem Gang in die Unterwelt musste die Göttin Ischtar sogar sieben Türen passieren. Im altsyrischen Qatna dürfte ein ähnliches Konzept bestanden haben: So fungierte der Korridor mit seinen vier Türen als gut kontrollierter Zugang in die Unterwelt.“32 Auch im Alten Testament findet sich die Vorstellung von den Toren der Unterwelt (Jes 38,18; Ps 9,14; 107,18; Hi 38,17; Weish 16,13), die mit ihren Riegeln die Welt der Toten von der Welt der Lebenden trennte. Während diese Grenze nach den Individualpsalmen als durchlässig erlebt wurde,33 ist sie nach Hi 38,16– 18 für den Menschen undurchdringlich und unerreichbar. α) „Hast du die Tore der Finsternis gesehen?“ (Hi 38,17) Die Gottesreden des Hiobbuchs (Hi 38,1–42,6) beginnen nach einer vorwurfsvollironischen Einleitung (Hi 38,1–3) in Hi 38,4–2134 mit einem Abschnitt, der die Erschaffung und den Bau der Welt schildert und dabei auf mythische und naturkundliche Wissensstoffe des Alten Orients zurückgreift. Im Einzelnen wird das Festgegründetsein der Erde (V. 4–7), die Geburt und Begrenzung des Meeres (V. 8–11), die Morgenröte und ihr Wirken (V. 12–15), die Meerestiefen, die Tore der Finsternis und die Weiten der Erde (V. 16–18) sowie der Ort von Licht und 30 Übersetzung Niehr, 2020: 254, mit dem Kommentar ebd. 253f.; s. dazu auch Janowski, 2019: 645. 31 S. dazu die neue Übersetzung von Waetzoldt, 2015: 375 ff., mit dem Kommentar ebd. 437 ff. und die ausführliche Analyse von Zgoll, 2020. 32 Pfälzner, 2009: 201. 33 S. dazu unten. 34 S. dazu Keel, 1978: 53ff.; Fuchs, 1993: 192ff.; Köhlmoos, 1999: 331ff.; Ritter-Müller, 2000: 158ff.; Eberhardt, 2007: 177ff.; Kang, 2017: 69ff. u. a.
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Finsternis (V. 19–21) genannt. Das Leitmotiv ist die Begrenzung des Kosmos (Maße, Messschnur, Tore, Riegel, Säume, Quellen, Grund), die vom Schöpfergott bei der Gründung der Erde eingerichtet wurde:35 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
35 36
Wo warst du, als ich die Erde gründete? Verkünde es, wenn du Einsicht weißt! Wer hat ihre Maße gesetzt – du weißt es ja?! Oder wer hat über ihr die Messschnur ausgespannt? Worauf sind ihre Pfeiler eingesenkt? Oder wer hat ihren Eckstein gelegt, als miteinander jauchzten die Morgensterne und frohlockten alle Götterwesen? Und ‹wer verschloss› mit Toren das Meer, als es hervorbrechend aus dem Mutterschoß trat, als Gewölk ich zu seinem Kleid machte und Wolkendunkel zu seiner Windel, als ich zerbrach über ihm meine Satzung, und ihm setzte Riegel und Tore, und ich sprach: ›Bis hierher kannst du kommen, und nicht weiter, und hier ‹bricht (?) es› beim Hochmut deiner Wellen!‹? Hast du an einem deiner Tage dem Morgen geboten, der Morgenröte ihren Ort angewiesen, damit sie die Säume der Erde erfasse, dass die Frevler von ihr abgeschüttelt werden? Sie verwandelt sich wie Ton eines Siegels, sie (sc. die Frevler) stehen da wie ein Kleid. Und es wird entzogen den Frevlern ihr Licht, und der erhobene Arm wird zerbrochen. Bist du gekommen zu den Quellen des Meeres und auf dem Grund der Urflut herumgegangen? Haben sich dir aufgetan die Tore des Todes, und hast du die Tore der Finsternis gesehen? Hast du achtgehabt auf die Weiten der Erde? Verkünde, wenn du das alles weißt! Wo ist denn der Weg, wo das Licht wohnt, und die Finsternis, wo ist denn ihr Ort, du bringst sie in ihr Gebiet, und kennst ja die Pfade zu ihrem Haus!? Du weißt es, denn du wurdest ja damals geboren, und die Zahl deiner Tage ist groß!36
Vgl. Liess, 2009: 400f. Zu den textkritischen Problemen s. Köhlmoos, 1999: 331f.; Kang, 2017: 30ff. u. a.
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„Für Ijob“, so O. Keel, „stellen die unterirdischen und himmlischen Räume, Wege und Grenzen ein undurchdringliches Geheimnis dar“37. Von diesem Geheimnis sind auch die „Tore“ (šaʿarîm) des Todes und der Finsternis (V. 17) umgeben, denn sie markieren die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Toten.
Abb. 2: Kudurru aus Susa (1188–1174 v.Chr)
Analoge Vorstellungen von der Unterwelt als einer burgähnlichen Stadt mit Säulen und Toren gibt es auch in Mesopotamien. So ist auf dem babylonischen Grenzstein (kudurru) aus Susa vom Ende des 2. Jt.s v. Chr. (s. Abb. 2)38 das mehrteilige Weltbild Mesopotamiens zu sehen: im mittleren, „irdischen“ Register ist eine kultische Prozession mit Musikanten, Tieren (Löwe, Strauß, Sphinx) und Pflanzenkübeln dargestellt, die sich zwischen der himmlisch-göttlichen Sphäre (oberes Register mit den Symbolen der Großen Götter) und der infernalen Welt (unteres Register mit dem gehörnten Schlangendrachen) befindet. Zwei Drittel des Kudurru werden von der von Chaoswassern umflossenen burgähnlichen Unterweltsstadt eingenommen. Dem im mittleren Register dargestellten Kult kommt eine vermittelnde Funktion zwischen der himmlischen und der unterirdischen Sphäre zu. Die Symbolik des Tores zur Unterwelt spielt auch in ägyptischen Gräbern eine wichtige Rolle.39 Eine besonders eindrückliche Darstellung findet sich im Grab 37
Keel, 1978: 57. S. dazu Keel, 51996: 38f. und ders./Schroer 22008: 105f. 39 S. dazu Keel, 51996, 54ff. und Liess, 2009: 411ff. 38
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des Sennedjem aus der 19. Dynastie in Deir el-Medine (Abb. 3). Dort sieht man den Verstorbenen (im weißen Totengewand) vor der verschlossenen Tür der Unterwelt stehen, die sich ihm gleich öffnen wird.40
Abb. 3: Das Tor zur Unterwelt im Grab des Sennedjem (19. Dyn.)
Auch nach Hi 38,17 liegt die Unterwelt tief unter der Erde und verfügt über mehrere Tore. Diese Aussage ist in einen kosmologischen Gesamtrahmen eingebunden, der in V. 16–18 nach seiner vertikalen (V. 16f.) und horizontalen Richtung (V. 18) entfaltet wird: 16 17 18
Quellen des Meeres (nibkê-jām) // Grund der Urflut (ḥeqær tehôm) Tore des Todes (šaʿarê-māwæt) // Tore der Finsternis (šaʿarê ṣalmāwæt) Weiten der Erde (raḥabê-ʾāræṣ)41
Aufschlussreich für die Bedeutung von ṣalmāwæt „Finsternis, (tiefe) Dunkelheit“ (V.17) ist auch Hi 10,20–22, wo Hiobs persönliches Chaos mit mehreren Begriffen für Finsternis verdeutlicht wird: 20 21
40
(Sind) nicht kurz meine Tage? – Er (Gott) hört nicht auf. Lass ab von mir, und ich will mich dazu bringen, ein wenig fröhlich zu werden, bevor ich gehe und nicht zurückkehre in das Land der Finsternis (ḥošæk) und der tiefen Finsternis (ṣalmāwæt).
S. dazu auch die Hinweise bei Liess, 2009: 413 mit Anm. 88 (Lit.). Zu diesen Bezeichnungen s. Fuchs, 1993: 205ff. und Ritter-Müller, 2000: 180ff. Zur Frage nach der räumlichen Zuordnung von Unterwelt und Urflut (tehôm) s. Liess, 2009: 401f. 41
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Die Erde (ist) Dunkelheit (ʿêpātāh), wie tiefe Schwärze (ʾopæl), tiefe Finsternis (ṣalmāwæt) und keine Ordnung (herrschen auf ihr). Sie (die Erde) leuchtet wie tiefe Schwärze (ʾopæl). (Hi 10,20–22)42
Nach Hi 38,17 lässt die Darstellung der Unterwelt als Grenze zum Totenreich // zur Finsternis zwei einander ergänzende Interpretationen zu: „Erstens von innen als Grenze der Ausdehnung des Kosmos, zweitens von außen als Begrenzung und Schutz, d.h. als Barriere gegen den Tod. Im unmittelbaren Kontext, V.16–21, wird der Kosmos von innen durchmessen, nicht über die genannten Grenzen hinausgedacht. Entsprechend geht es in V.17 ... auch nicht um ein Betreten oder gar Durchschreiten der Tore. Es bleibt bei JHWHs Blick auf sie.“43 Für Hiob, der sich gewünscht hatte, von Gott in der Unterwelt verborgen zu werden, bis sich dessen Wutschnauben wendet (Hi 14,13), der diesen Wunsch dann aber relativiert (Hi 17,13–16),44 sind die Tore des Todes weder „aufgedeckt“ (glh nif.) noch hat er die Tore der Finsternis „gesehen“ (rāʾāh). Auch für JHWH bleibt es beim Blick von außen auf diese Tore, die er nicht durchschreitet. Deshalb lässt sich Hi 38,17 „weder für die Vorstellung von JHWHs Macht über die Unterwelt noch für die Vorstellung von seiner Macht in der Unterwelt in Anspruch nehmen“45, wie es in den Individualpsalmen der Fall ist.46 β) „In die Unterwelt wirst du hinabgestürzt“ (Jes 14,15) Es gibt im Alten Orient und im antiken Mittelmeerraum Texte, die konkrete Schilderungen der Unterwelt enthalten. Berühmte Beispiele sind der mesopotamische Mythos Inannas/Ištars Gang in die Unterwelt, das ägyptische Unterweltsbuch Amduat, Homers Odyssee (Buch 11) und Vergils Aeneis (Buch 6).47 Von Vergil ging auch die intensivste Wirkungsgeschichte aus, die bis zu Dantes Divina commedia und J. Miltons Paradise Lost reicht.48 Einer der wenigen Texte des Alten Testaments, die von einem Abstieg in die Unterwelt berichten und zugleich eine Innenansicht der Scheol bieten, ist das Spottlied Jes 14,3–21.49 Der König von Babylon, der in den Himmel hatte aufsteigen wollen, muss in die Unterwelt hinab, wo ihn Maden als Lager und Würmer als Decke erwarten (V. 11). Nach der ersten Sequenz, die von der Ankunft des 42
Das von ṣlm II „dunkel sein/werden“ abgeleitete Abstraktnomen ṣalmāwæt bedeutet nicht „Todesschatten“ (so die Septuaginta: σκιὰ θανάτου) sondern „tiefe Dunkelheit, Finsternis“, s. dazu GB18, 1120 s. v.; Niehr, 1989 und Janowski, 2014: 154f. 43 Eberhardt, 2007: 183. 44 S. dazu Köhlmoos, 1999: 174f. 45 Eberhardt, 2007: 185 (Hervorhebung im Original). Eine Weiterentwicklung der Verhältnisbestimmung von JHWH und Scheol findet sich in dem späten Text Hi 26,5f., s. dazu dies. ebd.: 187ff. u. 191ff. 46 S. dazu unten. 47 S. dazu die Literaturhinweise oben Anm. 14–18 und 32. 48 S. dazu Laird, 2010: 1108–1130. 49 S. dazu außer den Kommentaren noch Schöpflin, 2002 und Albani, 2008, ferner Fischer, 2014: 172ff.
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Verstorbenen in der Unterwelt handelt (V. 4b–11), setzt die zweite Sequenz in V. 12 mit der abermaligen Interjektion „Wie“ ein (vgl. V. 4b), ohne dass dabei JHWH als handelnder Akteur in Erscheinung tritt:50 12
13
14 15
Wie bist du vom Himmel gefallen, Glanzgestirn, Sohn der Morgenröte! ‹Wie› bist du auf die Erde geschmettert, der ‹alle› Völker besiegt! Du aber, du hattest in deinem Herzen gedacht: „Zum Himmel steige ich empor, höher als Gottes Sterne errichte ich meinen Thron, ich setze mich auf den Versammlungsberg, im äußersten Bereich des Nordens. Ich steige auf Wolkenhöhen, dem Höchsten stelle ich mich gleich.“ Doch in die Unterwelt (šeôl) wirst du hinabgestürzt, in den hintersten Bereich der Grube (jarketê-bôr).
Der Sturz des Königs von Babylon in die Unterwelt // den hintersten Bereich der Grube51 ist die Strafe für sein frevelhaftes und hochmütiges Handeln. Der Strafcharakter des Tyrannensturzes ergibt sich nach V. 18–20 daraus, dass der babylonische König nicht wie die anderen Könige ehrenvoll in einem Grab beigesetzt wird, sondern wie ein „zertretender Leichnam“ (V. 19) bei den Erschlagenen liegt: 18 19
20
Alle König der Nationen, sie alle liegen in Ehren, jeder in seinem Haus. Du aber bist hingeworfen, außerhalb deiner Grabstätte – wie ein verabscheuter Schössling –, bedeckt mit Erschlagenen, vom Schwert Durchbohrten, solchen, die zu Grubensteinen hinabsteigen, wie ein zertretener Leichnam. Mit jenen wirst du nicht vereint werden im Grab, denn du hast Verderben gebracht über dein Land, dein Volk hast du erschlagen. Nie (mehr) wird genannt werden in Ewigkeit der Same von Übeltätern.52
Damit ist Jes 14,4bff. ein „Wegbereiter für die Auffassung von der Scheol als einem Ort, der zumindest für gewalttätige und anmaßende Herrscher ein Strafort ist“.53 Diese Strafvorstellung wird in der antikjüdischen und frühchristlichen Literatur aufgegriffen und weitergeführt.54 50
Zu Absenz JHWHs bei diesem Geschehen s. Loretz, 21996: 129f. und Fischer, 2014: 174f. 51 Zu diesen Unterweltbezeichnungen s. Loretz, 21996: 160f und Schöpflin, 2002: 307ff. 52 S. dazu Beuken, 2007: 95ff. 53 Schöpflin, 2002: 312f. 54 S. dazu die Hinweise oben.
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2. Die Unterwelt der Lebenden Gegenüber der in Abschnitt I/1 skizzierten Problematik ist es als Paradigmenwechsel zu bezeichnen, wenn die alttestamentlichen Individualpsalmen und der Jonapsalm (Jon 2,3–10) davon sprechen, dass JHWH, der „Gott des Lebens“ (Dtn 5,26; 1 Sam 17,26.36 u.ö.), den Beter vom Tod errettet und ihn sogar aus der Unterwelt „heraufführt“ (ʿlh hif., vgl. Ps 30,4; Jon 2,7 u.ö.). Diesem Übergang vom Jenseits zum Diesseits liegt eine bestimmte Raumauffassung zugrunde, auf die zunächst einzugehen ist. a) Das Jenseits im Diesseits – räumliche Grenzverschiebungen Die Diesseits/Jenseits-Problematik der alttestamentlichen Klage- und Danklieder erinnert auf den ersten – aber nur auf den ersten – Blick an die wiedergewonnene Gemeinschaft und Gottesnähe, wie sie in den Texten und Bildern der auf das Diesseits ausgerichteten ägyptischen Jenseitshoffnung ausgestaltet ist.55 Auch hier ist das Jenseits ein Bereich, der geradezu räumlich ins Diesseits hineinragt und dieses zu einem Todesraum, zu einem jenseitigen Bereich in der diesseitigen Welt56 umgestaltet. Diese Eigenart hängt damit zusammen, dass das Seiende, also die empirische Wirklichkeit, in seiner räumlichen wie zeitlichen Erstreckung „für den Ägypter allseitig in die Uferlosigkeit des Nichtseienden eingebettet (ist); dieses aber macht an den Grenzen des Seins nicht halt, sondern durchdringt die ganze Schöpfung“57. So heißt es in dem späten astronomisch-kosmologischen Traktat Papyrus Carlsberg I, II 20ff., dass „die fernen Gegenden des Himmels in der Urfinsternis sind; nicht kennt man ihre Grenzen gegen Süd, Nord, West und Ost. Diese (die Himmelsrichtungen) sind im Urwasser befestigt wie ‚Träge‘ ... Nicht ist ihr Land ... Göttern und Geistern bekannt. Dort sind keine Lichtstrahlen, und es erstreckt sich unter jeden Ort ...“58 Der entscheidende Unterschied zu Ägypten besteht aber darin, dass in Israel nicht der Verstorbene (und dann der verklärte Totengeist) ins Diesseits zurückkehrt, sondern der von JHWH aus dem Tod errettete Beter. Dieser erfährt in seinem diesseitigen Leben das, was Chr. Barth mit dem Topos der ‚Errettung vom Tod‘ umschrieben hat.59 Die Bereiche, die in diesem Zusammenhang Jenseitsfunktionen übernehmen, sind das Grab, der Staub, das Gefängnis, die Zisterne, die Fallgrube, die Wasserflut, das Meer, die Wüste/Steppe, der Rand des Gebirges und – als zeitlicher Bereich – die finstere Nacht.60 Sie bilden die schmale und gefährliche Grenze zwischen Leben und Tod, auf der sich der bedrängte Beter 55
S. dazu oben. So in Anlehnung an eine Formulierung von Hornung, 1956: 28ff. 57 Ders.,51993: 190. 58 Zitiert nach ders., 51993: 178, vgl. 190, s. dazu auch ders., 1980: 419ff. 59 S. dazu Barth, 31997: 98ff. 60 S. dazu Keel, 51996: 53ff.; Janowski, 1989: 23ff.; Podella, 1988: 80f.; 2002: 545ff.; Berlejung, 22004: 485ff. und Liess, 2009: 397ff. 56
„Mein Leben hat die Unterwelt berührt“ (Ps 88,4)
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befindet (s. Abb. 6). Diese Grenze wird so gezogen, dass der Tod ins Leben hineinragt, obwohl die Unterwelt nach den kosmologischen Vorstellungen Israels, wie etwa die Fragen JHWHs an Hiob in Hi 38,16ff61 zeigen, in der äußersten, unerreichbaren Tiefe liegt. In der Anthropologie verläuft die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits aber anders als in der Kosmologie oder mit den Worten Chr. Barths: „Wer auch nur in der geringsten Beziehung in die Gewalt der Scheol gerät, befindet sich faktisch ganz in ihrer Gewalt. Wessen Fuß einmal ins Gleiten gekommen ist, für den gibt es nach menschlichem Ermessen kein Aufhalten mehr. Blickt er auf das unvermeidliche Ende, so ist er schon am Anfang ein verlorener Mann. Die hier wirksame Denkweise des pars pro toto ist für die altorientalischen Völker ebenso bezeichnend, wie sie uns Heutigen fremd ist.“62 Diesseits
Diesseitsbereiche mit Jenseitsfunktion
Jenseits
Welt der Lebenden
Unterwelt der Lebenden
Welt der Toten
Grab, Gefängnis, Grube, Zisterne, Wasserflut, Meer, Wüste/Steppe Bergland, Finsternis, Nacht, ‚die Tiefen‘
Unterwelt Scheol Abaddon Land ohne Wiederkehr Einsamkeit Schweigen Unreinheit
Haus Stadt Tempel Kulturland Gemeinschaft Kommunikation Reinheit
Abb. 4: Die Grenze zwischen Leben und Tod nach den Psalmen
In diesem Sinn sind die Todesbilder der Psalmen „nicht bildlich übertreibend oder als theoretische Fiktion, sondern ganz realistisch“63 gemeint. Es geht bei ihnen zwar um einen Bedrängten, der JHWH bittet bzw. dankt, vom Tod/aus der Unterwelt errettet zu werden bzw. errettet worden zu sein, doch ist mit dem Tod der Tod im Leben und mit der Unterwelt die Unterwelt der Lebenden (im Unterschied zur Unterwelt der Toten) gemeint (s. Abb. 4).64 Ein besonders eindrückliches Beispiel für diese Differenz ist das individuelle Klagelied Ps 88.
61
S. dazu oben. Barth, 31997: 93. 63 Von Rad, 31965: 237. 64 S. dazu Eberhardt, 2007: 203ff., vgl. Podella, 1988: 79 und Janowski, 2019: 493. 62
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b) Ausgewählte Texte und Bilder α) „Mein Leben hat die Unterwelt berührt“ (Ps 88,4) Für die Gliederung von Ps 8865 ist nach der Überschrift in V. 1 die dreimalige Klage mit Invocatio in V. 2f., V. 10aβ.b und V. 14 signifikant, die jeweils einen Abschnitt einleitet: die Notschilderung I in V. 4–10aα, die Appellation an JHWH in V. 11–13 und die Notschilderung II in V. 15–19. Die Sinnachse des Psalms wird von V. 11–13 gebildet, weil der Beter hier nicht wie in V. 4ff. und V. 15ff. von sich selbst, sondern allgemein von den Toten spricht: 2 3 4 5 6
7 8 9 10
11 12 13 14 15 65
JHWH, Gott meiner Rettung, bei Tag habe ich geschrien, in der Nacht vor dir. Es komme vor dich mein Gebet, neige dein Ohr meinem Schrei! Denn gesättigt mit Übeln ist mein Leben, und mein Leben hat die Unterwelt (šeʾôl) berührt. Zugezählt worden bin ich denen, die in die Grube (bôr)hinabsteigen, ich bin geworden wie ein Mann ohne Kraft. Unter den Toten (bin ich) ein Freigelassener, wie Erschlagene, die im Grab (qæbær) liegen, an die du nicht mehr gedacht hast, sind sie doch von deiner Hand abgeschnitten. Versetzt hast du mich in die tiefste Grube (bôr taḥtîjôt), an finstere Orte (maḥašakkîm), in (Meeres-)Tiefen (meṣolôt). Auf mir hat gelastet dein Grimm, und mit allen deinen Brechern hast du (mich) überwältigt. – Sela Entfernt hast du meine Vertrauten von mir, zum Abscheu für sie hast du mich gemacht, gefangen (bin ich) und ich kann nicht heraus! Mein Auge ist dahingeschwunden vor Elend. Ich habe dich gerufen, JHWH, an jedem Tag, ich habe ausgebreitet zu dir meine Hände. Für die Toten solltest du ein Wunder tun oder werden Totengeister sich erheben, dich zu preisen? – Sela Wird im Grab (qæbær) erzählt deine Güte, deine Treue am Ort des Untergangs (ʾabaddôn)? Wird kund in der Finsternis (ḥošæk) dein Wunder und deine Gerechtigkeit im Land des Vergessens (ʾæræṣ nešijjāh)? Ich aber, zu dir, JHWH, habe ich um Hilfe gerufen, und (jeweils) am Morgen gelange mein Gebet zu dir! Wozu, JHWH, verstößt du mein Leben, verbirgst du dein Gesicht vor mir?
S. dazu außer den Kommentaren noch Janowski, 2003a: 201ff.; ders., 62021: 231ff.; Schnocks, 2009: 56ff.; Baumgart, 2013: 100ff. u. a.
„Mein Leben hat die Unterwelt berührt“ (Ps 88,4)
16 17 18 19
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Elend bin ich und todkrank von Jugend auf, getragen habe ich deine Schrecken, ich erstarre (?). Über mich sind hinweggegangen deine Zornesgluten, deine Schrecken haben mich zum Verstummen gebracht. Umgeben haben sie mich wie Wasser den ganzen Tag, umzingelt haben sie mich insgesamt. Entfernt hast du von mir Freund und Gefährten, meine Vertrauten – (da ist) Finsternis(ort) (maḥšāk)!
Die totengleiche Situation des Beters wird bereits im ersten Satz der Notschilderung V. 4–10aα beschrieben: Denn gesättigt mit Übeln ist mein Leben (næpæš), und mein Leben (ḥajjîm) hat die Unterwelt (šeôl) berührt (ngʿ hif.). (V. 4) „Satt“ ist dieser Beter nicht durch ein erfülltes Leben (Gen 25,8; 35,29; Hi 42,17; 1 Chr 23,1; 29,28 u.ö.) oder durch eine besondere Gottesgemeinschaft (Ps 16,11, vgl. Ps 17,15; 63,6; 65,5), sondern durch die „Übel“, die ihn von Gott getroffen haben. Für ihn wird es – sollte JHWH nicht eingreifen – kein „Erwachen“ geben, weil sein Leben die Unterwelt „berührt“ (ngʿ hif.)66 hat und „Finsternis“ sein einziger Gefährte ist (V. 19). Die Schrecken der Scheol werden dabei in bedrückenden Bildern geschildert. So zeigen die Ortsangaben „Grube“ (V. 5), „Grab“ (V. 6, vgl. V. 12) „tiefste Tiefen“ (V. 7), „finstere Orte“ (V. 7, vgl. V. 13) und „(Meeres-)Tiefen“ (V. 7, vgl. V. 18), dass sich der Beter in räumlicher Nähe zur Unterwelt (vgl. V. 4) und entsprechend in unüberwindbarer Distanz zu JHWH und der Welt der Lebenden befindet. Sachgemäß sind deshalb die Vergleiche mit den Toten: der Beter ist denen zugezählt, die in die Grube hinabsteigen (V. 5a), er ist wie ein Mann ohne Kraft (V. 5b), unter den Toten ein Freigelassener (ḥāpšî V. 6aα)67 und gleicht Erschlagenen, die im Grab liegen (V. 6aα). Der Aufenthaltsort des Beters, dessen Unterweltscharakter die Nomina „Grube“, „Grab“, „tiefste Grube“, „finstere Orte“ und „(Meeres-)Tiefen“ deutlich genug machen, wird von diesem durch eine immer weiter nach unten führende Bewegung erreicht: – sein Leben reicht bis an/berührt die Unterwelt (V. 4b) – er ist denen zugezählt, die zur Grube hinabsteigen (V. 5a) // die wie Erschlagene im Grab liegen (V. 6aα) und an die JHWH nicht mehr denkt (V. 6b) – er sieht sich von JHWH in die tiefste Grube, an finstere Orte, in (Meeres-)Tiefen versetzt (V. 7) Möglicherweise ist mit dem Topos Berührung der Unterwelt (V. 4b) sogar etwas Ähnliches gemeint, wie mit dem Topos Berührung einer Leiche: so wie die Berührung einer Leiche unrein macht (Num 19,11.13.16.18, vgl. Lev 11,39),68 so 66
Vgl. Ps 107,18; Sir 51,6 u.ö., s. dazu auch Schwienhorst, 1986: 223f. und Liess, 2009: 415. 67 Zu diesem Terminus s. Janowski, 2003a: 210f. 68 Vgl. Schwienhorst, 1986: „nāgaʿ bezeichnet an diesen Stellen den unmittelbaren ... Kontakt zweier sich ausschließender Bereiche: Bereich des Lebens und des Todes, Rein
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wird auch der Beter von Ps 88, dessen „Leben“ die Todes- und Unreinheitssphäre der Scheol berührt, für seine soziale Umgebung unrein, d.h. zum „Inbegriff des Abscheus“ (tôʿebôt V. 9aβ [Plural der Steigerung], vgl. Hi 19,19 u. a.). Der Beter erfährt sein Leiden also als „erniedrigtes, völlig abgeschiedenes und vergessenes Totendasein“69. Entsprechend stark ist der Abscheu seiner Vertrauten vor ihm, die JHWH von ihm entfernt hat (V. 9, vgl. V. 19). Dieser Abscheu ist ein Spiegel des Abscheus vor der Macht des Todes, die bereits nach dem Leben des Beters gegriffen und ihn mit „Finsternis“ (maḥšāk)70 umgeben hat (V.19). Angesichts dieser Lage erhebt sich umso drängender die Frage nach der Funktion von V. 11–13 im Kontext von Ps 88. Der Beter spricht hier nicht von sich, sondern allgemein von den Toten. Er schildert aber nicht etwa ihre Leiden in der Unterwelt, sondern er gewinnt aus der JHWH-Ferne der Scheol und ihrer Bewohner ein argumentum ad deum: JHWH soll erkennen, dass sein Eigeninteresse es ihm verbieten müsste, den Beter vorzeitig in die Scheol zu verbannen, da er sich dadurch eines kostbaren Zeugen und Verehrers seiner Güte und Treue berauben würde.71 JHWH soll durch die rhetorischen Fragen von V. 11–13, die in Ps 6,6; 30,10; 115,17f. u. a. eine sachliche Entsprechung haben,72 also zum Einschreiten bewegt werden. So ist dieser dunkelste aller Psalmen ein Beleg für die Vorstellung vom Jenseits im Diesseits, aber auch von der Hoffnung auf die Errettung vom Tod – auch wenn alles dagegenspricht. β) „Du hast mein Leben aus der Unterwelt heraufgeholt“ (Ps 30,4) Anders als Ps 88 ist das individuelle Danklied Ps 3073 nicht aus der Perspektive der erfahrenen, sondern aus derjenigen der überstandenen Todesnot formuliert. Auch hier spielt die Unterweltsthematik eine zentrale Rolle. Der Text enthält in V. 2–6 die üblichen Elemente eines Danklieds des Einzelnen mit einer Selbstaufforderung zum Gotteslob in direkter Anrede an JHWH (V. 2), einem Rückblick auf die Not (Rettungserzählung V. 3f) sowie einer Aufforderung an die Gemeinde zum musikalischen Gotteslob (V. 5f.). Mit V. 7 setzt der Beter abermals mit einem Rückblick auf die Not ein (V. 7f.), dem in V.9–11 ein Rückblick auf die Klage mit ausführlichem Zitat (V. 10f.) gegenübersteht. Abgeschlossen wird dieser zweite Teil in V. 12.13a mit einem Bericht über die erfahrene Rettung sowie in V. 13b mit einem Lobgelübde, das eine Inclusio mit V. 2aα bildet:
und Unrein, Heilig und Profan. Diese beiden Bereiche dürfen nicht miteinander in Berührung kommen“; s. zur Sache auch Illman, 1979: 143f. 69 Groß, 1996: 107. 70 Oder: „Finsternisort“, vgl. V. 7 (pl.), ferner Jes 29,15; 42,16; Ps 74,20; 88,7; 143,3 und Thr 3,6. 71 S. dazu Janowski, 2003a: 218ff. 72 Dieser Sachverhalt wird von Niehr, 1995: 65 verkannt, wenn er schreibt: „Ein Bezug zwischen JHWH und den Toten ist nicht erkennbar, ein Problem, welches in Ps 6,6; 88,11– 13; 115,17 reflektiert wird.“ 73 S. dazu außer den Kommentaren noch Janowski, 2003b: 287ff.; Weber, 2010: 72ff; Schnocks, 2014: 117ff. und Eder, 2018: 99ff.
„Mein Leben hat die Unterwelt berührt“ (Ps 88,4)
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
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Ich will dich erheben, JHWH, denn du hast mich emporgezogen und hast nicht jubeln lassen meine Feinde über mich. JHWH, mein Gott, ich flehte zu dir, und du hast mich geheilt. JHWH, du hast heraufgeholt aus der Unterwelt (šeʾôl) mein Leben, du hast mich zum Leben gebracht aus ‹denen, die› in die Zisterne ‹hinabsteigen› (mijjôredê bôr). Musiziert für JHWH, ihr seine Frommen, und lobdankt zum Gedenken seiner Heiligkeit, denn einen Augenblick – in seinem Zorn, ein Leben lang – in seinem Wohlgefallen, am Abend – Weinen, am Morgen – Jubel! Ich aber, ich dachte in meiner Sorglosigkeit: „Nicht werde ich wanken, in Ewigkeit nicht!“ JHWH, in deinem Wohlgefallen hast du (mich) ‹auf feste Berge› gestellt, da verbargst du dein Gesicht – ich war schreckensstarr. Zu dir, JHWH, rief ich (immer wieder), und zu meinem Herrn flehte ich (unentwegt) um Gnade: „Was für ein Gewinn ist an meinem Blut, wenn ich hinabsteige in die Grube (šaḥat)? Lobdankt dir der Staub, tut er deine Treue kund? Höre, JHWH, und sei mir gnädig! JHWH, sei mir ein Helfer!“ Du hast meine Trauerklage gewendet zum Reigentanz für mich, du hast mein Trauergewand gelöst und mich mit (einem) Freude(ngewand) umgürtet, damit ‹meine› Ehre für dich musiziert und nicht schweigt. JHWH, mein Gott, in Ewigkeit will ich dir lobdanken!
Abb. 5: Lederner Schöpfeimer mit Mündungsholzkreuz
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Die beiden Rettungserzählungen V. 3f. und V. 7–13a haben ihr je eigenes Profil: während V. 3f. den äußeren Vorgang der Rettung in den Blick nimmt,74 beschreiben V. 7–13a die innere Haltung des Beters (Selbstreflexion), die das plötzliche Hereinbrechen der Not und die Erfahrung des neu geschenkten Lebens bei ihm hervorgerufen haben.75 Auch die in V. 2–4 und V. 7f. jeweils vorausgesetzte Notsituation ist unterschiedlich akzentuiert: Während V. 24 auf (eine schwere Krankheit? und) den Triumph der Feinde anspielt, wird die Not nach V. 7f. in der überheblichen Sorglosigkeit des Beters lokalisiert. Den Unterschied zwischen den beiden Teilen V. 2–6 und V. 7–12 unterstreicht auch die eigentümliche Sprachgestalt von V. 7–12 mit dem Selbstzitat in V. 7b, dem argumentativen Ringen mit JHWH in V. 10f. (Fragen und Imperative) sowie den polaren Metaphern für die Lebenswende. Dieses Stilmittel scheint ein Charakteristikum der Danklieder zu sein, die ja das Wunder der Rettung76 in Worte zu fassen versuchen. Es begegnet nicht nur in negativer Form als Wende vom Leben zum Tod (Ps 30,8: „auf feste Berge gestellt“ vs. „schreckensstarr“), sondern vor allem in positiver Form als Wende vom Tod zum Leben: – JHWH führt das Leben (næpæš) des Beters aus der Unterwelt herauf // er bringt den Beter zum Leben aus denen, die in die Zisterne hinabsteigen (Ps 30,4) – am Abend ist Weinen :: am Morgen ist Jubel (Ps 30,6) – Trauerklage :: Reigentanz // Trauergewand :: Freude(ngewand) (Ps 30,12) – JHWH zieht das Leben (næpæš) aus dem Tod heraus (Ps 116,8)77 Auch hier begegnet die für die Danklieder typische Verschränkung der Raumund Zeitebenen: die Lebenswende vollzieht sich als Übergang von der Scheol zum Tempel (Ps 116,3.8.9.19) bzw. als Umbruch vom Abend zum Morgen, vom Weinen zum Jubel (Ps 30,6b). Diese Verschränkung der Raum- und Zeitebenen zeigt, dass Beten ein transitorischer Akt ist, der dem Beter auch sprachlich den Weg ins neue Leben ermöglicht.78 Exkurs 2: Zur Unterweltstopik der Danklieder Abschließend sei auf eine sprachliche Eigenart der Danklieder des Einzelnen hingewiesen, die für das Verständnis der Unterweltsthematik aufschlussreich ist. Während nämlich der Terminus „Unterwelt“ (šeʾôl) in den Dankliedern häufiger belegt ist (Ps 9,14; 18,5f.; 30,4; 86,13; 116,3, vgl. Jona 2,3; Jes 38,10; Sir 51,2.6.9 74
Nach V. 2 hat JHWH den Beter wie einen ledernen Schöpfeimer (delî, vgl. Num 24,7) aus der Tiefe der Zisterne „emporgezogen“ (dlh pi.), s. Abb. 5. Zum Vorgang s. Ex 2,16.19; Keel, 51996: 61f. und Seybold, 2003: 206: „Das Verbum bezieht sich auf die Handlung, bei der ein im Brunnen oder Zisternenschacht mit Wasser gefüllter Eimer am Seil hochgezogen wird, um ihn in die Tränkrinnen zu entleeren.“ 75 Auffallend ist dabei das Phänomen der mehrschichtigen Vergangenheit, s. dazu Janowski, 2003b: 290ff. 76 S. dazu ders., 2003b: 303ff. 77 Zu Ps 116 s. Janowski, 2003b: 274ff. 78 Vgl. auch Ps 118,5 mit seinem Motiv von Enge vs. Weite: „Aus der Enge heraus rief ich Jah, es erhörte mich in die Weite hinein Jah.“ S. dazu Mark, 1999: 380ff.
„Mein Leben hat die Unterwelt berührt“ (Ps 88,4)
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u. ö.), begegnet er in den Klageliedern relativ selten (Ps 6,6; 88,4 und 141,7). H. Gunkel, dem dies zuerst aufgefallen ist, hat das so erklärt: „Offenbar steht hier im Hintergrunde das Grauen vor der Unterwelt und der Glaube an die unheimlich wirkende Macht ihres ausgesprochenen Namens, und so ergibt sich das Eigentümliche, daß der Dichter in aufwallendem Schmerze die tiefste Not zutreffend aussprechen möchte und doch im gleichen Augenblicke vor dem eigentlichen Ausdrucke zurückschreckt, den er gebrauchen müßte. Ganz anders liegen die Dinge beim Sänger des Dankliedes. Für ihn hat die Unterwelt im Augenblicke des fröhlichen Dankfestes alle Schrecken verloren. Darum kann er auch unbefangen von seiner vergangenen Todesnot reden und braucht sich vor dem Worte ‚Scheol‘ nicht zu scheuen.“79 Diese Stilfigur scheint ein Grundzug nicht nur der alttestamentlichen, sondern auch der ägyptischen Danklieder zu sein. Als repräsentatives Beispiel für ein derartiges Dankgebet sei die Votivstele des Malers Neb-Re80 angeführt, deren Text mehrere Formelemente aufweist: Die Beischrift zur Anbetungsszene (A) enthält die Invocatio (Z. 1–5) und das Bekenntnis zur Macht Amun-Res (Z. 6–11); der Stelentext (B) dagegen enthält den Hymnus an Amun-Re (Z. 1–24), die Erzählung vom Anlass der Weihung (Z. 25–45) und die Schlussreden (Z. 46–66). Neb-Re, dessen Sohn Nacht-Amun „krank darniederlag am Rand des Todes“ (B, Z. 37), wandte sich an den Gott, „der die Bitten erhört, der kommt auf die Stimme des Armen, wenn er traurig ist, der Luft gibt dem, der in Bedrängnis ist“ (A, Z. 3–5). Sein Gebet wurde erhört, und sein Sohn wurde ins Leben zurückgerufen (vgl. B, Z. 41). Für diese Errettung vom Todesgeschick dankt der glückliche Vater mit der Errichtung der Kalksteinstele, die somit das gegebene Gelübde (B, Z. 55–66) einlöst. Die Mitte des Gebetstextes bildet die Aretalogie des Rettergottes B, Z. 15–24: 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Du bist Amun, der Herr des Schweigenden, der kommt auf die Stimme des Armen! Ich rief zu dir, als ich traurig war, und du bist gekommen, dass du mich rettetest. Du gabst Luft dem, der in Bedrängnis war, du rettetest mich, da ich in Banden lag. Du bist Amun-Re, der Herr von Theben, du rettest den, der in der Unterwelt (dꜢt) ist; denn du bist es ja, [der gnädig ist,] wenn man zu ihm ruft, du bist es ja, der aus der Ferne kommt!81
Die Vorstellung, dass Gott aus der „Unterwelt“ rettet (B, Z.22), findet sich besonders in Texten der Persönlichen Frömmigkeit, wie z. B. im 70. Kapitel des Leidener Amunshymnus aus der 19. Dynastie:
79
Gunkel/Begrich 41985: 189. S. zum Text der Stele Assmann, 21999: 371ff., vgl. auch Janowski, 1989: 121f. 81 Übersetzung Assmann, 21999: 372. 80
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Der (sc. Amun) errettet, wen er will, auch wenn er in der Unterwelt (dꜢt) ist, der vor dem Schicksal bewahrt, wie das Herz es ihm eingibt.82
Wie Z. 6 auf den noch nicht eingetretenen Tod bezogen zu sein scheint, so dürfte auch der Ausdruck „Unterwelt“ (dꜢt) in Z. 5 metaphorisch für Not und Krankheit stehen. Diese metaphorische Bedeutung von „Unterwelt“ als „Todesgeschick“ wird durch die Votivstele des Malers Neb-Re bestätigt, die in ihrer Notschilderung auf das Todesgeschick des Nacht-Amun (Sohn des Neb-Re) Bezug nimmt: 32 33 34 35 36 37 38
Es waren ihm Hymnen verfasst worden auf seinen Namen, weil seine Kraft so groß war; es waren ihm Gebete gemacht worden vor seinem Angesicht, in Gegenwart des ganzen Landes, zugunsten des Vorzeichners Nachtamun, gerechtfertigt, als er krank darniederlag am Rande des Todes, als er in der Gewalt Amuns war wegen jener seiner Kuh.83
Auf diese Notsituation (Todeskrankheit) antwortet die (oben zitierte) Aretalogie auf den Rettergott (B, Z.15–24). (Ende des Exkurses)
III. P. Klees „Tor zur Tiefe“ – ein künstlerischer Ausblick Kommen wir zum Schluss. Auch wenn die altorientalischen und alttestamentlichen Weltbilder84 vergangen sind und kein Weg mehr zu ihren kosmologischen Aspekten zurückführt, so sind die anthropologischen Implikationen der alttestamentlichen Unterweltsvorstellungen nicht einfach obsolet. Was sie zum Ausdruck bringen, ist mehr als die Erinnerung an kulturelle survivals, die niemanden mehr berühren und allenfalls von antiquarischem Interesse sind. Künstler wie P. Klee haben das immer gewusst und Werke geschaffen, die unmittelbar berühren – und verstören.85 Ein eindrückliches Beispiel ist P. Klees Bild „Das Tor zur Tiefe“ von 1936,86 das formal im Zusammenhang mit bereits Anfang der 1930er Jahre entwickelten Kompositionen aus unregelmäßigen, puzzleartig ineinander verzahnten, kantigen Farbflächen steht. Gegenüber den früher entstandenen Werken erfährt der Aspekt der Räumlichkeit in dieser Arbeit, wie I. Herold ausführt, allerdings eine dezidiertere Formulierung: „Die scheinbare Flächigkeit der in überwiegend warmen, gedämpften Farben gehaltenen Felder, die durch das Firnissen eine lebendige Struktur erhalten haben, ist durch den starken Tiefensog der schwarzen Form aufgehoben. Eine Räumlichkeit wird geschaffen, die auf dem Kontrast von 82
Übersetzung Assmann, 21999: 427, s. zu diesem Text auch Janowski, 1989: 131f. Übersetzung Assmann, 21999: 373. 84 S. dazu den Überblick bei Janowski, 2019: 343ff. 85 S. dazu Janowski, 62021: 215ff. mit den dortigen Beispielen. 86 S. die Wiedergabe dieser Abbildung bei Janowski, ebd.: 222, Abb. 26. 83
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Farbe und Schwarz beruht. In der gegenstandslosen Formation geometrischer Farbfelder konkretisiert sich eine inhaltliche Symbolik, die ebenfalls in der schwarzen Fläche ihr zentrales Element hat. Als 1921 Klees Mutter gestorben war, entstanden Arbeiten mit Titeln wie Tor zum Hades und Tor zur Nacht. Das Tor symbolisierte für Klee offenbar hier wie auch schon in der 1936 entstandenen Arbeit einen Bereich des Übergangs von Leben und Tod.“87 Schon im April 1914 hatte Klee in seinem Tagebuch den Bezug zwischen der abgründigen Tiefe und der Sphäre des Todes hergestellt: Ich bin gewappnet, ich bin nicht hier, ich bin in der Tiefe, bin fern ... ich bin so fern ... Ich glühe bei den Toten.88 Die schwarze, eine undurchschaubare Tiefe suggerierende Fläche des Bildes aus dem Jahr 1936 wird so zum Zeichen für Endlosigkeit und Jenseitigkeit. „Hat Klee“, so kann man fragen, „in dieser Arbeit seine eigene Erfahrung von Krankheit und drohender Todesnähe reflektiert?“89. Klees Bild veranschaulicht auf höchst eindrückliche Weise den Grundgedanken der alttestamentlichen Klagelieder, wie er besonders prägnant von Ps 88,4–6 in Worte gefasst wird und auch im berühmten lateinischen Antiphon Media vita in morte sumus-Motiv zur Sprache kommt: „Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen“ (EG 518,1).90
Bibliographie ALBANI, M. 2008: „Herrschaft will Ewigkeit. Das Spottlied vom Aufstieg und Fall des ‚Sohnes der Morgenröte‘ (Jes 14,12ff.) und sein königsideologischer Hintergrund.“ In: A. BERLEJUNG/R. HECKL (HG.), Mensch und König. Studien zur Anthropologie des Alten Testaments. HBS 53, Freiburg u. a. Pp. 141–156. ARTEMOV, N., 2020: „Mesopotamische Jenseitsvorstellungen und deren Rekonstruktion anhand literarischer Quellen.“ Or NS 89, 327–384. ASSMANN, J. 1975: „Diesseits-Jenseits-Beziehungen.“ In: LÄ 1, 1085–1093. — 21999: Ägyptische Hymnen und Gebete. OBO Sonderband, Fribourg/Göttingen. — 2001: Tod und Jenseits im Alten Ägypten. München. ASSMANN, J./TRAUZETTEL, E. (HG.), 2002: Tod, Jenseits und Identität. Perspektiven einer kulturwissenschaftlichen Thanatologie. Freiburg/München. BARTH, CHR., 31997: Die Errettung vom Tode. Leben und Tod in den Klage- und Dankliedern des Alten Testaments. Neu herausgegeben von B. JANOWSKI. Stuttgart u. a.
87
I. Herold, in: Fath, 1996, 94. Klee, 1957: 318, vgl. ders., 2001: 86. 89 Herold, ebd. 90 Die Wendung Media vita in morte sumus geht auf das Kirchenlied „Mitten wir im Leben sind“ (EG 518) zurück, dessen erste Strophe (Salzburg 1456) der gleichlautenden lateinischen Antiphon des 11. Jh.s folgt, s. dazu Franz, 2001. 88
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Quellennachweis zu den Abbildungen Abb. 1: J. Assmann, 2001: 299, Abb. 42. Abb. 2: O. Keel, 51996: 38, Abb. 41. Abb. 3: TT 1: Sennedjem PM, plafond, côté nord, scene: 8, photo NB_1973_02308.jpg; J.-Fr. Gout © IFAO, URL: https://www.ifao.egnet.net/bases/archives/ttdem/docs/ vues/NB_1973_02308.jpg Abb. 4: B. Janowski Abb. 5: O. Keel 51996: 62, Abb. 80. Abb. 2 und 5 wurden freundlicherweise von F. Lippke, Bibel+Orient Museum, Fribourg, zur Verfügung gestellt.
Aspekte westsemitischer Königsideologie bei den Nabatäern Dagmar Kühn – Robert Wenning Tübingen – Münster Die nabatäischen Könige haben keine eigenen Tatenberichte oder Ruhmesinschriften hinterlassen, die etwas über ihr königliches Selbstverständnis aussagen könnten. Deshalb beschränkt sich die Analyse einer nabatäischen Königsideologie zwangsläufig auf die Münzprägungen und die baulichen Hinterlassenschaften der Könige sowie auf die Weihinschriften loyaler Untertanen, in denen neben den göttlichen Adressaten die Könige als Benefizianten genannt werden. Dazu kommen Aussagen bei den antiken Schriftstellern. Diese Quellenlage macht eine Bewertung des königlichen Selbstverständnisses nicht einfach. Die in den letzten Jahrzehnten zahlreich hinzu gekommenen Münzfunde mit neuen Typen und der Fortschritt der archäologischen Ausgrabungen in Petra werden inzwischen als Hauptquellen für die Untersuchungen zum königlichen Selbstverständnis herangezogen.1 Münzbilder und Baustile folgten weitgehend der Mode der hellenistischen-frührömischen Zeit und lassen nicht sicher erkennen, welche ideologischen Vorstellungen damit verbunden waren.2 Die Fremdwahrnehmung der Könige bei den antiken Schriftstellern, teilweise erst mit größerem zeitlichem Abstand zum Nabatäerreich, erschwert ebenfalls die Bewertung. Die Befunde bleiben somit in gewisser Weise einseitig, denn sie zeigen vordergründig eine bedeutende Hellenisierung der nabatäischen Könige an. Insbesondere wird für die Übernahme ptolemäischer Motive auf den Münzen auch eine Übernahme von Aspekten ptolemäischer Königsideologie diskutiert.3 Fragmente von Inschriften, die sich auf Königsstatuen beziehen, außerdem einige Münzen, auf denen die Königinnen ein Isis-Emblem tragen, stellen zudem die Frage nach einer Vergöttlichung der Könige sowohl zu Lebzeiten als auch nach ihrem Tod in den Raum.4 Letzteres wird vor allem für einen der Könige mit 1
Vgl. z. B. Schmid, 2009; Wenning, 2011b; Schmid u. a., 2012; Kropp, 2013a; Fiema u. a., 2016; Barkay, 2020; Hoover, 2021; Hendin/Huth, 2021. 2 Die in Publikationsvorbereitung befindliche umfangreiche Dokumentation peträischer Skulpturen durch R. Wenning wird zum skulpturalen Dekor der Architekturen in Petra diesbezüglich einige Hinweise bieten. 3 So z. B. im Hinblick auf die Staffelbüsten oder das Isis-Emblem, das die Königinnen Huldu und Shaqylat auf einigen Münzen tragen, siehe dazu unten. Zuletzt Graf, 2021. 4 Zu den Inschriften vgl. Hübner, 1997: 112–114. Bis auf einen unsicheren weiblichen Statuettenkopf von al-Katute (Hübner, 1997: 112 mit Abb. 125a,b) lassen sich keine Statuen(fragmente) des nabatäischen Königshauses nachweisen. Renel, 2019: 33, fig. 6 hat ein Kopffragment mit Lorbeerkranz vom Qaṣr al-Bint in diesen Kontext gestellt.
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Dagmar Kühn – Robert Wenning
Namen Obodas diskutiert, nachdem ein Gott mit diesem Namen inschriftlich und archäologisch nachgewiesen ist. Für eine adäquate Beurteilung des königlichen Selbstverständnisses der Nabatäer reichen alle diese Quellen dennoch nicht aus.5 Vor allem Ernst Axel Knauf hatte die Organisation der nabatäischen Gesellschaft als einer Stammesgesellschaft für die Bewertung der Stellung des nabatäischen Königs und seines königlichen Selbstverständnisses mit einbezogen. Als Hauptbeleg für eine solche Bewertung dient der Bericht Strabos (Geographica 16,4,26), nach dem der König in der Rolle eines Scheichs agierte. Knauf folgerte daraus, dass der nabatäische König aufgrund der indigenen beduinischen Tradition eher die Rolle eines primus inter pares statt eines Königs an der Spitze eines hierarchisch organisierten Königreiches eingenommen habe.6 Auch wenn Knauf in der Beurteilung des nabatäischen Königtums zu eng auf das Beduinenmilieu beschränkt blieb, hatte er deutlich gemacht, was heute bei der Auswertung der Quellen bisweilen wieder vernachlässigt wird: ein gesellschaftliches System, in dem die Bedeutung von Verwandtschaftsverhältnissen dominierend war und das durch ein engmaschiges Netz gegenseitiger Loyalität geprägt war, muss auch bleibend Auswirkungen auf das königliche Selbstverständnis gehabt haben. Will man die Quellen nicht gegeneinander ausspielen oder den König in einer antagonistischen Doppelrolle (hellenistischer König nach „außen“ versus Scheich nach „innen“) sehen, dann sollte man davon ausgehen, dass wir königsideologische Aspekte innerhalb des nabatäischen Königtums erwarten können, die offenkundig mit den eigenen Traditionen und den neuen griechischen Einflüssen weitgehend vereinbar waren. Im Folgenden soll das Augenmerk stärker auf Aspekte semitischer Königsideologie, die sich bei den nabatäischen Königen nachweisen lassen, gelegt werden. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Hellenisierungsprozess der nabatäischen Könige wesentlich differenzierter beurteilen. Derzeit bieten sich zwei „Modelle“ an, die das nabatäische Königtum stärker vom eigenen kulturellen Erbe her verstehen und die gesellschaftlichen Strukturen mitberücksichtigen.
1. „Tribales Königtum“ und „monarchie ethnique“ in semitischer Tradition Um einen Herrscher und den Anspruch seiner Herrschaft besser zu verstehen, ist eine Kenntnis des beherrschten Territoriums und vor allem seiner Bewohner und ihrer gesellschaftlichen Ordnung hilfreich.7 Wie bereits Ernst Axel Knauf deutlich gemacht hat (s. o.), galt dies auch für die Nabatäer, die als Beduinenstamm durch die Kontrolle des Weihrauchhandels zu Reichtum und Macht gelangten. Die nabatäischen Könige blieben über die gesamte Dauer ihrer Dynastie in ein
5
Zu unseren bisherigen Diskussionen vgl. Kühn, 2005: 82–99; Wenning, 1993; 2011b: 294–298; 2015: 52–55. 6 Knauf, 1986; 1992; 1997. 7 Zu einer Neudefinition von „Tribal Kingdom“ vgl. die Ausführungen von Bienkowski, 2009.
Aspekte westsemitischer Königsideologie bei den Nabatäern
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tribal8 strukturiertes gesellschaftliches System eingebunden, das von verwandtschaftlichen Beziehungen und deren gegenseitigen loyalen Verpflichtungen geprägt war. Damit standen sie in guter semitischer Tradition. In den Königtümern, die sich in der Eisenzeit in der Levante herausbildeten, kam es mit der Einführung des göttlich gegebenen Königsamtes ziemlich bald zu einem Paradigmenwechsel im Verständnis von Herrschaft und Macht. Die Annahme des Königstitels mlk der „chiefs“ der sich herausbildenden Reiche deutet zunächst nicht zwangsläufig auf eine bedeutende Stellung oder Macht des Königs. Wie die Belege der Eisenzeit zeigen, wurde der Titel sowohl von Groß- und Kleinkönigen als auch von Vasallenkönigen oder auch Gouverneuren getragen.9 Die von den Königen hinterlassenen Taten- und Ruhmesberichte zeigen aber, wie mit Annahme des Königstitels auch bestimmte Topoi der Königsideologie der Großkönige übernommen wurden. Sie künden von einem neuen königlichen Selbstverständnis, mit dem eine Heraushebung ihrer Position gegenüber ihren Untertanen einherging. Das gilt auch für die transjordanischen Königtümer, wo insbesondere Mesha von Moab in den Formulierungen und der Verwendung königsideologischer Topoi innerhalb seiner Inschrift eine souveräne Kenntnis westsemitischer Königsideologie präsentierte.10 Dennoch blieb Mesha auch als König über Moab mit seiner Selbstbezeichnung „Dibonite“ auf seinen Herkunftsstamm bezogen.11 Das Gesellschaftssystem blieb trotz der sich herausbildenden hierarchischen Zentralmacht weiterhin von Abstammung und Zugehörigkeit (engl. lineage) und gegenseitiger Loyalität bestimmt. Für die Ausdehnung des nabatäischen Reiches ist zu beachten, dass die Zugehörigkeit zu einem Stamm nicht nur über biologische Familienlinien bestimmt wird, sondern auch über fiktive genealogische Linien konstruiert wird.12 Ein Stamm ist deshalb keine geschlossene Einheit, ein gewisses Fluktuationspotenzial in Zusammensetzung, Größe und Lokalität ist vielmehr ein Kennzeichen eines solchen Sozialverbandes. Die Nabatäer kontrollierten in ihrer größten Ausdehnung ein Territorium, das auch Bewohner, die nicht genuin zu den Nabaṭu gehörten, miteinschloss. Auf dem Höhepunkt ihres Reichtums und ihrer Macht dürfte eine Zugehörigkeit zu den Nabatäern für viele Clans und Stämme von Vorteil und damit attraktiv gewesen sein. Eine Identitätsbildung war somit über 8
Der durch die Verwendung in der Epoche des Kolonialismus schwer belastete Begriff wird hier aus pragmatischen Gründen für ein Gesellschaftssystem benutzt, in dem horizontal ausgerichtete soziale Strukturen vor vertikal ausgerichteten hierarchischen Strukturen nach wie vor bestimmend sind. 9 Z. B. die Könige von Samʾal, die assyrische Vasallenkönige waren oder König Hadayisʿi von Guzana, der von den Assyrern als Gouverneur eingesetzt war. Schon in den assyrischen Quellen wurden auch die Anführer des Stämmebundes Šumu’il und der Qedar als „Könige“ bezeichnet. Zur Problematik der Bezeichnung vgl. Knauf, 1985: 5 Anm. 20. Diese Benennungen arabischer Stammesfürsten scheinen bis zu den Nabatäern beibehalten worden zu sein. 10 Dazu gehört u. a., dass Mesha größere Anstrengungen für sein Land unternahm als seine Vorgänger. Vgl. zu diesem Topos besonders Green, 2010. Zum Königtum Meshas vgl. zuletzt Becking, 2017; Kühn, 2021. 11 Zu Dibon als ursprünglichen Stammesnamen vgl. van der Steen/Smelik, 2007. 12 Bienkowski, 2009.
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Dagmar Kühn – Robert Wenning
die Grenzen des eigenen Stammes hinaus gegeben, sie blieb aber wohl zeitlich auf die Zeit des Königtums begrenzt, was für die starke identitätsbildende Rolle der nabatäischen Könige spricht. Im Unterschied zur Definition des nabatäischen Königtums vor dem Hintergrund ihrer beduinischen bzw. tribalen Wurzeln bezeichnete jüngst Christian Schwentzel das Königtum der Hasmonäer und Nabatäer als „monarchie ethnique“13. Seiner Definition nach blieben die hasmonäischen und nabatäischen Könige als Vertreter einer „monarchie ethnique“ im Unterschied zu einem universal ausgerichteten herrscherlichen Selbstverständnis der hellenistischen Ptolemäer vor allem auf ihr Volk ausgerichtet. Die Verbundenheit mit dem eigenen Volk drückt sich z. B. in der Eigenbezeichnung des nabatäischen Königs als mlk nbṭw „König der Nabatäer“ aus, die klar die Loyalität zu einer Bevölkerungsgruppe und keinen universellen Anspruch, wie ihn hellenistische Herrscher vertraten, bezeugt.14 Bei den Nabatäern begegnet neben dem Königstitel in nabatäischen Inschriften außerdem der Titel mareʾ „Herr“. In diesem aramäischen Titel, der gleichfalls einen Fürsten, Scheich oder Kleinkönig bezeichnen konnte15, kommt die loyale Verpflichtung eines Untergebenen zu einem Höhergestellten besonders zum Ausdruck. Eine nabatäische Weihinschrift aus Qurayya (ca. 12 km nordöstlich von Boṣra) aus dem Jahr 89/90 n. Chr. gibt für König Rabbel II. gleich mehrere Titel an, so dass sich etwas zur Funktion der jeweiligen Titel aussagen lässt.16 dnh mḥrmtʾ [d]y ʿbdw mšgrt w m[… -w bny ʾlmlk ldwšrʾ ʾlh rbʾl mlkʾ
13
Das ist das Heiligtum17, das gemacht haben Mušagarat und M[… -w, die Söhne des ʾAlmalik für Dušara, den Gott Rabbels, des Königs
Schwentzel, 2013. Der Begriff „ethnos“ ist allerdings nicht weniger problematisch wie der Begriff „tribal“ und erfordert ebenfalls eine genaue Definition, s.u. 14 Bisher sind nur wenige Münzprägungen mit griechischer Inschrift bekannt, die den nabatäischen König als Basileus ohne Zuordnung zum Volk der Nabatäer bezeichnen. Es handelt sich einmal um Prägungen von Aretas III., die sich aber nicht an das eigene Volk richten, sondern an die hellenistische Elite von Damaskus (angezeigt durch das Attribut philhellenos). Vgl. zu diesen Münzen Barkay, 2020: Nr. 5–8. Drei erst kürzlich aufgetauchte Münzen nennen in einer griechisch gehaltenen Legende einen ΒΑΣΙΛΕΩΣ ΟΒΟΔΑ ohne weiteren Zusatz. Vgl. dazu Barkay, 2020: Suppl. 1 und 2 (mit falscher Wiedergabe der Legende); Hoover, 2021; Hendin/Huth, 2021. Diese Münzen werden aufgrund ihrer engen Anlehnung an makedonische und ptolemäische Typen Obodas I. zugewiesen. Hoover 2021 postuliert aufgrund der dritten, abweichenden Münze sogar einen früheren Obodas vor Obodas I. Die griechische Inschrift und die Bildmotive deuten aber eher darauf, dass eine eigene nabatäische Königsideologie noch nicht ausgebildet war, es wurden zunächst vorhandene Münztypen und -motive übernommen. 15 Vgl. Lipiński, 2000: 390f., 499f.; Niehr, 2015b. 16 Zur Inschrift vgl. Nehmé, 2010: 470–471; Roche, 2019: 78f. 17 Nehmé, 2010: 470 denkt insbesondere an einen Temenos und übersetzt: „le lieu consacré/téménos“. Da der Steinblock mit der Inschrift sekundär bearbeitet wurde, lässt sich weder etwas über die Originalgröße noch seine ursprüngliche Situierung sagen. Zum Terminus vgl. auch Healey, 2001: 77.
Aspekte westsemitischer Königsideologie bei den Nabatäern
[m]lk nbṭw dy ʾḥyy wšyzb ʿmh bš[nt] [ʾ]šryn lmrʾnʾ rbʾl mlkʾ
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[K]önig der Nabatäer, der sein Volk belebt und errettet hat im Ja[hr] zwanzig unseres Herrn Rabbels, des Königs.
Es wird der Titel der Stellung und Funktion Rabbels mlk „König“ (Z. 2 und 4) genannt, außerdem werden sein offizieller Thronname18 (Z. 3), der der offiziellen „Hofetikette“ entspricht, und als Abschluss der Titel mrʾ, der das loyale Verhältnis der Stifter zum König ausdrückt, aufgeführt.19 Für die „monarchie ethnique“ bleibt zu berücksichtigen, dass auch ein ethnos sich nicht ausschließlich durch eine gemeinsame Sprache, Kultur oder durch biologische Verwandtschaft definiert. „Il s’agit de groupes sociaux qui s’autodéfinissent de manière ethnique au moyen d’un discours identitaire.“20 Dieses Verständnis von ethnos kommt wiederum dem Verständnis des fluktuierenden sozialen Gefüges von Stämmen nahe. Der Ansatz der „monarchie ethnique“ nimmt über die soziale Zusammensetzung einer Gruppe hinaus ebenfalls ihre Entwicklungsmöglichkeiten in den Blick. „Le discours ethnique apparaît donc comme une construction en perpétuelle évolution et réévaluation selon le contexte historique.“21 Enggeführt auf die Frage des königlichen Selbstverständnisses resultiert aus den Entwicklungsmöglichkeiten in beiden Ansätzen, dass nicht von einer statischen Königsideologie bei den Nabatäern ausgegangen werden sollte, sondern dass auch hier mit Entwicklungen gerechnet werden muss, bei denen Innovation und Tradition in einem wechselvollen Verhältnis gestanden haben dürften. Die Frage stellt sich somit weniger, ob sich die Nabatäer als hellenistische Könige oder arabische Scheichs verstanden, sondern das Augenmerk ist vielmehr darauf zu legen, auf welche Weise die Könige ihre indigenen Traditionen mit den hellenistischen Einflüssen so verbanden, dass der Balanceakt, sich der Loyalität des eigenen Volkes zu versichern, als auch vor den anderen zeitgenössischen Königen und dem römischen Kaiser Ansehen und Akzeptanz zu gewinnen, gelingen konnte. Das schloss nicht unbedingt nur Innovationen in der Königsideologie, sondern auch restaurative Entwicklungen im Sinne einer Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln ein.22 Indigene Traditionen blieben in der nabatäischen Königsideologie aus Legitimationsgründen fest verankert, so dass bestimmten hellenistischen Entwicklungen, wenn sie sich zu weit von den eigenen Traditionen entfernten, quasi gesellschaftliche Grenzen gesetzt waren.
18
Siehe dazu unter 3. Der Titel lässt sich in den nabatäischen Inschriften nicht nur in der südsyrisch-aramäisch beeinflussten Region des Hauran nachweisen, sondern im gesamten Nabatäerreich. 20 Schwentzel, 2013: 18. 21 Schwentzel, 2013: 22. 22 Vgl. dazu die restaurativen religionspolitischen Maßnahmen Rabbels II. s.u. 5. 19
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2. Der gerechte König, der seinem Volk Leben gibt Der König im Alten Orient war als Stellvertreter der Götter auf Erden für die Aufrechterhaltung der kosmischen Ordnung verantwortlich. Mit seiner Herrschaft war er deshalb zur Umsetzung ihres zentralen Prinzips der Gerechtigkeit verpflichtet. Der ideale und gerechte König sorgte sich um das Wohlergehen seines Volkes und des Landes unter besonderer Berücksichtigung der personae miserae. Diese Verantwortung wurde z. B. im Bild des Königs als eines Hirten metaphorisch und ikonographisch umgesetzt. In der altorientalischen Königsideologie findet sich außerdem das Motiv, dass der König seinem Volk bzw. seinen Untertanen Vater und Mutter sein wollte bzw. dass er seinen Untertanen Leben spendete.23 Dieses königliche Selbstverständnis lässt sich in der nordwestsemitischen Königsideologie u. a. in den phönizischen Inschriften des Azitawada auf dem Karatepe (KAI 26)24 und in der phönizischen Inschrift des Kulamuwa aus Samʾal wiederfinden (KAI 24, 10–11).25 Der Ausdruck war nicht nur über die Phönizier nach Nordsyrien hin vermittelt worden, sondern auch in der phönizischen Königsideologie selbst beheimatet.26 Zwar fehlt in den phönizischen Inschriften die Formulierung, dass die Untertanen „belebt“ werden, aber in der Yeḥimilk-Inschrift (KAI 4, 2) heißt es, dass der König die Ruinen der Tempel wieder „belebte“ (hʾt ḥwy kl mplt hbtm), ein Akt, mit dem der König die gerechte Ordnung und das Wohlergehen für Byblos wiederherstellte und sich darin als loyaler und gerechter König erwies (Zz. 6–7: mlk ṣdq w mlk yšr).27 Die Weitergabe des Lebens an das Volk war möglich, weil der König selbst von den Göttern das Leben erhielt, welches er dann in loyaler Fürsorge an seine Untertanen weitergeben konnte, die wiederum um ein langes Leben ihres Herrschers vor den Göttern baten. In der Inschrift der Yeḥawmilkstele bittet der phönizische König Yeḥawmilk selbst die Göttin Baʿalat Gubla um Segen, Leben und Verlängerung seiner Tage und Jahre (KAI 10, 8–9).28 Der Zuruf „Es lebe der König!“ war womöglich sogar fester Bestandteil westsemitischer Inthronisationsriten.29 Ein Krönungshymnus aus Emar, der auch lückenhaft in einem syllabischen Text aus Ugarit überliefert ist, verdeutlicht die Ausstattung des Königs mit göttlichen Segnungen und Leben, die ihn zur Herrschaft befähigten.30
23
Amadasi Guzzo, 1984: 114f. verweist dazu auf Belege aus dem Alten Ägypten, vor allem aus der Amarnakorrespondenz sowie auf akkadische Belege aus dem Codex Hammurapi. Zur Formel ana balāṭ vgl. außerdem Deller, 1983. 24 Dazu jetzt Niehr, im Druck. 25 Zur Bedeutung dieses Aspektes als Ausdruck der gerechten Herrschaft vgl. Kühn 2018: 148f.; 182f. 26 Amadasi Guzzo, 1984: 114: „une formule attribuée normalement aux rois phéniciens“. Zur Formel vgl. außerdem Xella, 2017; Roche, 2019: 69; Niehr, im Druck. 27 Green, 2010: 94; Kühn, 2018: 182. 28 tbrk bʿlt gbl ʾyt yḥwmlk mlk gbl wtḥww wtʾrk ymw wšntw ʿl gbl k mlk ṣdq hʾ „Es möge segnen die Herrin von Byblos den Yeḥawmilk, König von Byblos und ihn beleben und lang machen seine Tage und Jahre über Byblos, denn ein loyaler König ist er.“ 29 Dietrich, 1998. 30 Dietrich, 1998; Kühn, 2018: 89–93.
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Dieses Prinzip einer umgreifenden Loyalität und Verantwortung lässt sich auch bei den Nabatäern feststellen. Nach dem Bericht Strabos hatte sich auch der nabatäische König als gerechter Herrscher zu erweisen: „Oft legt er [der König] auch vor dem Volk Rechenschaft ab; bisweilen wird selbst sein Lebenswandel untersucht.“31 Aretas IV. wählte zudem den Thronnamen „der sein Volk liebt“ – rḥm ʿmh. In diesem Titel schwingt mehr mit als die bloße Übersetzung des politisch konnotierten hellenistischen Titels philodemos. Der Terminus ʿm „Volk“ betont nicht nur die politische, sondern vor allem die verwandtschaftliche bzw. loyale Beziehung des Herrschers zu seinen Untertanen.32 Die Verwendung der Partizipform rḥm impliziert außerdem die Dauerhaftigkeit und Kontinuität dieser Haltung.33 Der Usurpator Aretas könnte diesen Titel aus Legitimationsgründen bewusst nach der Krise des Königtums im Anschluss an den Tod des Obodas II. gewählt haben, um sich der Loyalität der ihn unterstützenden Clans zu versichern.34 Die semitische Königstradition wird noch stärker deutlich im Thronnamen Rabbels II.: dy ʾḥyy wšzb ʿmh „der sein Volk belebt und befreit hat“. Bereits Maria G. Amadasi Guzzo stellte diesen Thronnamen in die Tradition der westsemitischen Königsideologie: „Il semble toutefois probable que l’expression devait correspondre à une formule préexitante (sic!) et typique des souverains.“35 Die Gabe des Lebens durch den König sollte für das Wohlergehen der Bevölkerung sorgen. Dieser loyale Akt fand in Petra seine loyale Antwort in den vielen Weihinschriften, in denen den Königen bzw. der Königsfamilie als Benefizianten ebenfalls gutes Leben gewünscht wurde. Außer mit der Formel ʿl ḥyy36 konnte dieser Segenswunsch auch mit der seltener verwendeten Formel ʿl šlm37 ausgedrückt werden. Bereits die älteste bekannte nabatäische Inschrift aus Elusa wünscht dem König Aretas (I.) gutes Leben.38 In römischer Zeit war die aramäische Formel ʿl ḥyy „für das Leben/Heil“ weiterhin in den Stadteliten von Palmyra und Hatra bezeugt, weil das dahinterstehende loyale System offensichtlich von 31 Geographika 16,4,26, Übersetzung nach Schneider in Hackl u. a., 2003: 615. Dies erfolgte im Rahmen eines königlichen Gastmahls, dem Dušara als Patron vorstand, wodurch die göttliche Legitimation des Königs unterstrichen wurde. Dazu ausführlich Wenning, 1997: 180f. 32 Vgl. dazu Lipiński, 1989; Weingart, 2016; Roche, 2019: 33. Schwentzel, 2013: 209f. und Roche, 2019: 33 schlagen als griechische Entsprechung deshalb philopatris vor. Dieser Titel gibt besser die semantische Breite von ʿm wieder, die auch die Abstammung von einem gemeinsamen Familienvorfahren einschließt. 33 Dazu Roche, 2019: 98 unter Verweis auf Charles Clermont-Ganneau: „un véritable titre visant une certaine qualité permanente“. 34 Zur Konstruktion der Kontinuität der dynastischen Linie und weiterer königsideologischer Maßnahmen dieses Königs siehe unten 4. 35 Amadasi Guzzo, 1984: 113. 36 Zur Formel ʿl ḥyy als Ausdruck der Loyalität vgl. Dijkstra, 1995. 37 Im Kontext einer Weihinschrift mit königlichem Benefizianten ist sie bisher sogar nur einmal belegt, vgl. Nehmé, 2010: 46–468, bes. 468; Roche, 2019: 84. 38 Cantineau, 21978: II, 4–44; Dijkstra, 1995, 48–50. Aufgrund der Paläographie wurde diese nichtdatierte Inschrift zunächst Aretas II. zugewiesen. Vgl. aber für eine Datierung bereits ins 3. Jh. v. Chr. und eine Zuweisung an einen früheren Aretas Wenning, 1993: 28f. mit Nennung weiterer Befürworter dieser Frühdatierung in Anm. 30.
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den hellenistischen Eliten problemlos in das römische patronage-system übersetzt werden konnte.39 Auffälliger Weise blieb die Verwendung dieser Formel bei den Nabatäern eng auf das Königshaus beschränkt, was dafür spricht, dass sie bei den Nabatäern im Kontext der Königsideologie verstanden und verwendet wurde. Dies kann als weiterer Hinweis darauf gewertet werden, dass die nabatäische Königsideologie in semitischer Tradition stand. Nach dem Ende des Nabatäerreiches bzw. dem Ende des nabatäischen Königtums ist die Formel bei den Nabatäern nicht mehr bezeugt.40 Vielleicht wird die königliche Lebensspende auf einigen Münzen Malichos I. und auf einer Münze Obodas II. mit einem alten semitischen Motiv symbolisch dargestellt. Diese Münzen bilden auf ihrer Rückseite eine zum (Segens-?) Gruß erhobene Hand ab.41 Der Gestus der erhobenen Hand zum Gruß und zum Segen als Dank für eine Beopferung ist schon in der altorientalischen Ikonographie vor allem von Göttern oder von verstorbenen Persönlichkeiten bezeugt.42 Als Beispiel sei nochmals auf die Jeḥawmilkstele verwiesen, die über der Inschrift ein Reliefbild aufweist. Dort werden eine thronende Göttin und der vor ihr stehende König in einer Opferszene abgebildet. Beide haben ihre Hand zum gegenseitigen Segensgruß erhoben. Die über der Szene stehende, geflügelte Sonnenscheibe stellt die Opferhandlung und die loyale Bindung von König und Göttin in den Kontext des größeren Prinzips der Gerechtigkeit.43 Die Aussage des Bildes deckt sich mit der der Inschrift, in der König Jeḥawmilk die Herrin von Byblos, wie oben bereits erwähnt, darum bittet, ihn zu beleben und seine Tage lang zu machen, weil er als loyaler König herrscht (KAI 10, 8–9). Auf den Münzen Malichus I. könnte sowohl die Segensvermittlung Dušaras selbst oder aber auch die Weitergabe an das Volk durch den König angezeigt worden sein. Für letzteres spricht, dass auch die Königinnen auf einigen Münzen seit Obodas II . als stehende Figur mit erhobener Hand abgebildet sind.44 Womöglich ist auch hier der Gestus, der den Segen weitervermitteln will, dargestellt. Die Königin erweist sich demnach wie der König als Lebensspenderin. 39
Dijkstra, 1995: 23ff. In dieser Zeit finden sich vermehrt griechische und lateinische Inschriften, die als Übersetzung dieser Formel gelten dürfen. Vgl. dazu Dijkstra, 1995: 245–286. 40 Zahlreiche Gedenkinschriften für lebende und verstorbene Bewohner Petras verwenden stattdessen die Formel dkyr PN. 41 Barkay, 2020: Nr. 11, 14, 14a, 14b, 19, 19a für König Malichos I. und Nr. 32 für Obodas II. 42 Vgl. zum Segensgruß durch einen verstorbenen König die Stele des „Baal au foudre“, auf der die Statue eines verstorbenen Königs mit abgebildet ist. Gott und König sind parallel in Richtung eines Betrachters, der sich der Stele von rechts nähert, ausgerichtet; vgl. Bonatz, 2000: 134f.; Niehr, 2015c. 43 Zur Szene im Kontext der Königsideologie vgl. Leuenberger, 2009: 76f.; Kühn, 2018: 183f. 44 Barkay, 2020: Nr. 59, 67, 68, 68a; 105, 105a, 107,107a, 108, 113. Zum Motiv und einer Verbindung mit Tyche vgl. Lichtenberger 2011a: 113f. Es könnte sich z.T. auch um Abbildungen einer Statue der Königin Hagaru handeln. Sollte es sich tatsächlich um Statuen handeln, stellt sich auch die Frage, ob es sich um Statuen verstorbener Königinnen handelt, die als königliche Ahnen Schutzfunktion für Dynastie und Stadt übernahmen, siehe dazu unten 6.
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3. Die Königin als Lebensspenderin Wie die Münzbilder zeigen, war die nabatäische Königin ebenfalls in das loyale Prinzip der Lebensgabe integriert. Ab Obodas II . erscheint sie mit dem König im Staffelporträt auf den Münzen. Die Stellung der Königin dürfte sich ab Aretas IV. nochmals verändert haben. So gibt es neben den Münzen mit der oben beschriebenen Handhaltung einige Münzen, auf denen die Königin mit einem sogenannten Isisemblem abgebildet ist.45 Es wird immer wieder diskutiert, welches königliche Selbstverständnis dahinter angenommen werden kann. Verstand die Königin sich wie die ptolemäischen Königinnen als Nea Isis?46 War die Königin sogar in einen entsprechenden Kult um ihre Person eingebunden? Auch in diesem Fall lohnt sich der Blick auf die altorientalische Tradition. Die Göttin Isis spielte eine wichtige Rolle für den Erhalt und die Weitergabe des Lebens. Dem Mythos nach erweckte sie den von seinem Bruder umgebrachten Osiris wieder zum Leben und schenkte dem gemeinsamen Sohn Horus das Leben. Sie war somit Lebensspenderin par excellence und wie Osiris involviert in die Aufrechterhaltung von Vegetation und Fruchtbarkeit. Da in der ägyptischen Königsideologie jeder verstorbene Pharao zu Osiris wurde und jeder neue Pharao mit Horus identifiziert wurde, war Isis als Mutter des Horus für die Kontinuität des ägyptischen Königtums von Bedeutung und damit für die Aufrechterhaltung der kosmischen Ordnung. Die ptolemäischen Königinnen knüpften somit ebenfalls an alte Traditionen an und fanden als Nea Isis Anerkennung, weil sie den königlichen Thronerben gebaren und dadurch die Kontinuität und Stabilität der Dynastie garantierten. Vor diesem Hintergrund ist vielleicht die bedeutende Rolle der nabatäischen Königin zu verstehen. Sie sicherte durch die Geburt des Thronerben die Kontinuität der nabatäischen Dynastie und damit die Stabilität der Herrschaft, und sorgte in dieser Weise auch für das Leben und Wohlergehen der Nabatäer und ihres Landes. Als Isis verkörperte die nabatäische Königin somit die weibliche Seite der königlichen Lebensspende.47 Wir kennen nicht den genauen Anlass für die Prägung dieser Münzen.48 45
Parlasca, 1998; Lichtenberger, 2011a: 113f.; Schwentzel, 2013: 202ff.; 2014; Barkay, 2020: Nr. 87, 88a; 89, 104, 101, 123, 125, 141, 169, 186. 46 Hier wäre insbesondere an Kleopatra VII. zu denken. Graf, 2021: 155–160 geht noch weiter, wenn er entsprechend den König als Neos Dionysos annimmt. 47 Allgemein scheint das Mutter-Motiv bei den Nabatäern pointiert gewesen zu sein, von den Münzen und den Genealogien bis hin zur Terrakottengruppe von al-ʻUzzā und Dušara und der Inschrift CIS II 185 von Salḫād, die „Allāt, Mutter der Götter unseres Herrn Rabb’el“ nennt. Umgekehrt ist auffällig, dass Isis in Petra selten mit Horus dargestellt ist (nur eine unpublizierte Terrakotte der Isis lactans). Dagegen scheint die Epiphanie des Dušara-Kindes ein hochheiliges Fest gewesen zu sein mit starken Elementen der Stabilisierung der Dynastie. 48 Einige Münzen zeigen auch den König mit einem V-förmigen Emblem am Lorbeerkranz bzw. bei einigen Staffelporträts trägt der König das V-förmige Emblem und die Königin das Isis-Emblem, vgl. z. B. Barkay, 2020: Nr. 186, 188, 188a–f. Schwentzel, 2010: 238f.; 2013, 203f. interpretiert diese Münzmotive als Hinweis einer äußeren Angleichung des Königs Aretas IV. an Dušara-Dionysos. Er bezieht sich in Anlehnung an F. Zayadine insb. auf das sog. Medaillon-Blockrelief, das über einem Betyl eine stark erodierte Büste angeblich mit einem Kranz aus Weinlaub abbildet. Schwentzel erkennt richtig den Lorbeerkranz. Das Medaillon-Blockrelief wird meist als doppelte Darstellung des Dušara
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Womöglich waren der nabatäische König und die Königin als Kultakteure in Festen zur Erneuerung der Fruchtbarkeit und Vegetation eingebunden, wie es in vielen Königtümern des Alten Orient belegt war und in deren Rahmen häufig auch das Königtum erneuert und gefestigt wurde.49 In diesem Kontext ist eine äußere Angleichung an die involvierten Gottheiten denkbar. Ein königliches Selbstverständnis der Königin als neue Göttin Isis ist dagegen nicht nachzuweisen, genauso wenig wie ein Selbstverständnis des Königs als Neos Dionysos.
4. Die Kontinuität der Dynastie Die Kontinuität des Königtums war Voraussetzung für die Stabilität und Ordnung des Landes. Der Tod eines Königs bedeutete demnach eine „staatliche“ Krise, da die Ordnung des Landes unmittelbar durch Chaos in Form von Kriegen, Umstürzen, Missernten, Krankheiten etc. bedroht war. Neben Maßnahmen im Kontext der Bestattung wurde die Aufrechterhaltung des Königtums vor allem durch die Fortsetzung der königlichen Linie gewährleistet. Die Kontinuität der Dynastie suggerierte eine dauerhafte bzw. „ewige“ Thronfolge, die das gottgegebene Königtum verkörperte.50 Die dynastische Linie umfasste sowohl die lebenden als auch die verstorbenen Könige. Als königliche Ahnen hatten die verstorbenen Könige für den Schutz der Dynastie und damit für die Stabilität der Herrschaft eine wichtige Stellung inne. Die Dynastie stand außerdem unter dem persönlichen Schutzgott der Familie, der zum Gott der Dynastie wurde.51 Neben den Dynastiegöttern wurden von den Königen aber auch die wichtigen Götter des Landes verehrt, um die Legitimation der Herrschaft über das Land zu erhalten. Auch wenn wir von keinen Riten wissen, in denen die königliche Würde nach dem Tod des Königs auf den Nachfolger übertragen wurde, ist uns auch bei den Nabatäern die Wichtigkeit der Kontinuität der Dynastie überliefert.52
interpretiert. Vgl. aber jetzt Wenning, 2015: 47f., der aufgrund der noch erkennbaren Reste des Gewandes die Büste als die des Obodas Theos identifiziert. Dass man in der Büste alternativ auch einen nabatäischen König dargestellt sehen wollte (Wenning, 2011a: 482; Schmid, 2013: 762f.), unterstreicht die Beziehungen zwischen Obodas Theos und einem König. 49 Vgl. z. B. das babylonische Neujahrsfest, das Opet-Fest in Luxor, die Osirisfeste und die egersis-Feiern des Gottes Melqart bei den Phöniziern und in der Dekapolis sowie die Kultfeiern der heiligen Hochzeit. Vgl. dazu Kühn, 2018: 28–31.56f. 108–110.196–198. In Petra (und Elusa) gehörte sicher auch das Fest der Epiphanie des Dušara dazu, vgl. Wenning, 2016b: 202–206. 50 Zu Strategien der Verewigung des Königsamtes vgl. Kühn, 2018 passim. 51 Siehe dazu unten 5. 52 Rabbel war 70 n. Chr. als Minderjähriger auf den Thron gekommen. Münzen aus dieser Zeit bilden die Königinmutter ab, die stellvertretend für ihren Sohn das Königsamt ausführte und dadurch das Königtum stabilisierte. Der Thronname Rabbels begegnet noch nicht in seinen ersten Inschriften. Rabbel II. hat ihn womöglich erst angenommen, als er selbst den Thron bestiegen hatte, 75/76 n. Chr.
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Aus den Quellen ist uns bei den Nabatäern ein ernsthafter interner Konflikt überliefert, der die Thronfolge betraf bzw. bedrohte.53 Er betrifft die Auseinandersetzung um die Thronfolge nach dem Tod Obodas II. 9 v. Chr. Der sich über ein paar Jahre hinziehende Konflikt zwischen dem unter Obodas II. wirkenden „Stabschef“ Syllaios und dem späteren König Aretas IV. zeigt zwei Dinge: Die Unterstützung lokaler einflussreicher Clans für die königliche Herrschaft war sehr wichtig, allein die Billigung als Klientelkönig durch den römischen Kaiser genügte nicht für die Akzeptanz vor dem eigenen Volk, auch wenn sie letztlich zum Ende des Konflikts entscheidend beitrug. Aretas IV. war nach dem Tod von Obodas II. offenbar überraschend von einer Gruppe in Petra zum König ausgerufen worden, obwohl andere Kräfte Syllaios als den Nachfolger von Obodas II. vorgesehen haben dürften. Syllaios war zu diesem Zeitpunkt in Rom, um sich zu rechtfertigen. Daher wagte Aretas IV. es zunächst nicht, sich durch den Kaiser bestätigen zu lassen, wozu er als Klientelkönig verpflichtet war. Der in der Position eines „Stabschefs“ stehende Syllaios hatte wohl durch seine nationalen und internationalen Kontakte ebenfalls einflussreiche Unterstützer, darunter den römischen Kaiser. Er hatte die Macht, Münzen zu prägen lassen und erfuhr auch seitens des Militärs, das ihm vielleicht sogar (in Teilen) unterstand, Unterstützung.54 Nach der Rückkehr des Syllaios wurde der Konflikt in Petra mit brutaler Härte zwischen den beiden „Parteien“ ausgetragen und schwelte auch nach der Bestätigung von Aretas IV. durch Augustus bis zur Hinrichtung von Syllaios 6 v. Chr. fort. Der neue König Aretas IV. setzte sich am Ende durch, bemühte sich aber von Anfang an mit verschiedenen Maßnahmen, seine Position und Legitimation zu festigen. Bis heute ist nicht klar, ob Aretas IV., der ursprünglich Aeneas55 hieß, vielleicht über seine Mutter aus der königlichen Linie entstammte.56 Er war 53
Die seit Winnett, 1973 häufig in einen solchen Kontext gestellte „Revolte des Damasi“ unter Rabbel II. bis hin zu dessen Thronnamen lässt sich so nicht mehr behaupten, vgl. jetzt Norris, 2020. 54 Die These einer durch Rom geförderten doppelt besetzten Herrschaft im Rahmen des Klientelkönigtums ist eher unwahrscheinlich, gegen Roche, 2012. 55 Nabatäisch könnte „Haniu“ hinter der griechischen Namensform gestanden haben. Die griechische Namensform statt der nabatäischen könnte bewusst von Aretas im Verkehr mit Augustus gewählt worden sein. War Aeneas doch der Stammvater der gens Iulia des Augustus. 56 Als Beleg dient eine fragmentarische Bauinschrift aus Petra (az-Zantur?, vgl. Starcky, 1971: 151–159; Hackl u. a., 2003: 248–250; Roche, 2019: 38–40; Barkay, 2020: 43f.), in denen die errichteten Bauten Aretas IV. und Königin Hagaru geweiht werden. Königin Hagaru wird hier in Beziehung zu Königs Malichus I. gesetzt (Z. 5). Die Inschrift ist an entscheidender Stelle lückenhaft, so dass über die Art des Verwandtschaftsverhältnisses nur Vermutungen angestellt werden können. In der Regel wird brt – Tochter ergänzt und der Anfang von Z. 6 wurde zu „seine Mutter“ ergänzt. Da Obodas II. eine Hagaru zur Frau hatte, könnte Aretas ein Sohn dieser Hagaru aus einer früheren Ehe gewesen sein. Er wäre vom Status her dann ein Stiefsohn oder ein Neffe des Obodas gewesen, nicht aus direkter Linie, aber vermutlich doch mit rechtlichem Anspruch auf den Thron. Die Lesung und die Interpretation sind aber umstritten. Z. 6 wird inzwischen „für sich selbst und seine Kinder“ ergänzt. Es ergeben sich damit noch andere Interpretationsmöglichkeiten. Es könnte sein, dass die noch lebende Witwe des Obodas II., die ihren Königinnentitel nach dem Tod ihres
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jedenfalls kein Sohn des Obodas II.57 und stand nicht in der direkten dynastischen Linie und kann deshalb als Begründer einer neuen Dynastielinie gelten. Durch die Annahme des Thronnamens „Aretas“ stellte er sich bewusst in die bisherige königliche Linie hinein, die bereits vor ihm mindestens drei Könige dieses Namens bezeugt, um so eine Kontinuität der direkten Dynastielinie zu suggerieren. Für die Zeit des Konfliktes um die Thronnachfolge lässt sich außerdem beobachten, dass sowohl Syllaios als auch Aretas Münzen mit dem Abbild des letzten verstorbenen Königs Obodas II. prägen ließen.58 Dies diente zum einen der persönlichen Legitimation der beiden Konkurrenten. Zum anderen wurde die Königsherrschaft durch diese Maßnahme symbolisch aufrechterhalten, um die Ordnung nicht zu gefährden. In der Interimszeit galt der verstorbene König noch als König, da die königliche Würde nicht mit ihm verstarb, da sie als ewig galt. Das ist auch bei den Nabatäern noch erkennbar. Auch die verstorbenen nabatäischen Könige werden in den Inschriften noch mit Thronnamen und Titel genannt.59 Meist waren Interimszeiten Zeiten der Unsicherheit. Der Alte Orient kennt unterschiedliche Maßnahmen, diese Interimszeit zu überbrücken, so z. B. die Herstellung einer effigies der verstorbenen Herrscher, oder die besondere Aufbewahrung der königlichen Insignien. Wichtig war auch die ordentliche Bestattung der verstorbenen Könige, damit sie zu ihren dynastischen Vorfahren versammelt werden konnten. Die monumentalen Prunkgräber mit ihren großen Felshallen und die mit ihnen verbundenen Triklinien in Petra lassen erahnen, wie monumental auch die Bestattungen und die anschließenden und die wiederkehMannes weiterhin behielt, als Witwe des ehemaligen Königs in der Weihinschrift neben dem neuen König Aretas bedacht wurde und keine direkte Verwandtschaft bestanden hat. Dann wäre Aretas IV. ein Usurpator ohne rechtlichen Anspruch gewesen. Gegen die These, dass Aretas IV. Sohn jener Hagaru war, spricht auch, dass Aretas IV. seine Mutter weder in der dynastischen Genealogie noch auf Münztypen angeführt hat. 57 In keiner Inschrift erscheint sein Patronym. 58 Vgl. Barkay, 2020: Nr. 69–75 (Syllaios); 84, 85, 99, 100, 101, 103, 105, 107 (Aretas). Aus den Prägungen geht hervor, dass es sich nicht um eine Koregentschaft gehandelt hat, sondern um Ansprüche zweier Gegner. Bis zur Bestätigung von Aretas IV. durch Augustus setzte Syllaios das Porträt von Obodas II. auf seine Münzen, danach das Porträt von Aretas IV. Er führte aber als eigener Prägeherr seine Emissionen auch noch danach fort, offenbar in der Erwartung durch Vorsprache in Rom das Blatt noch zu seinen Gunsten wenden zu können. Aretas IV. setzte in jedem seiner ersten vier Jahre erst das Staffelporträt von Obodas II. und Hagaru, dann nur noch das Porträt des Obodas II. auf seine Münzen. Parallel dazu kamen andere Münztypen auf. Von ihnen ist das Porträt des Aretas IV. im Lorbeerkranz und mit Thronnamen, der bei den Obodasporträts von Aretas IV. vermieden wurde, und dem Porträt der Huldu auf der Rückseite dominant. Die volle Titulatur von König und Königin zeigt offensiv den dynastischen Anspruch. Auch die Übernahme des augusteischen Lorbeerkranzes könnte sich hier einreihen. Entgegen Hendin/Huth, 2021: 127 ist er kein Hinweis auf die Vergöttlichung der nabatäischen Könige. Eher noch übernimmt Aretas IV. den Lorbeerkranz, um Augustus nachzueifern und damit seine Loyalität auszudrücken (anders Kropp, 2013b: 27f.). Das zeigt sich auch darin, dass er eine Münze mit dem Porträt des Augustus prägen lässt (Barkay, 2020: Nr. 88–88a). Schmid, 2009 sieht auch in der Bautätigkeit der Könige und der Bauskulptur unter Aretas IV. vielerlei Zugeständnisse und Referenzen an den römischen Kaiser. 59 Vgl. dazu bereits Hackl u. a., 2003: 250.
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renden Totenmahle und Gedächtnisfeiern gewesen sein müssen. Die Bestattung wurde von Ritualen (sog. rites de passage) und Opfern begleitet. Die Verstorbenen erhielten als dynastische Ahnen eine besondere Stellung, die als Divinisierung bezeichnet werden kann, weil die Ahnen einen regelmäßigen Opferkult genossen und in Familien- bzw. Dynastieangelegenheiten auch in einem nekromantischen Akt befragt werden konnten. Die Frage stellt sich, ob auch Aretas IV., der sehr darum bemüht war, sich in die Dynastie zu integrieren, im Hinblick auf den Tod Obodas II. besondere Maßnahmen ergriff, um sich als König zu legitimieren. Die Vergöttlichung des verstorbenen Königs stünde im Einklang mit der westsemitischen Tradition.60 Insgesamt lässt sich ab Aretas IV., der praktisch die Dynastie neu gegründet hat, eine wachsende Bedeutung der königlichen Familie erkennen. In den Inschriften werden neben den Königinnen auch die Kinder und Enkel aufgeführt. Der königlichen Familie als Ganzes wird in diesen Weihinschriften Loyalität zugesichert, indem man ihr das Wohlergehen wünscht. Die dynastische Linie gewann an Bedeutung. Die Filiation Rabbels II. wird über seinen Vater Malichos II. bis zum Dynastiegründer Aretas IV., seinem Großvater, zurückgeführt.61 Die korrekte Anführung der Genealogie über drei Generationen inklusive der Königstitulaturen hatte rechtliche Bedeutung, wie es ihre Erwähnungen in den nabatäischen Papyri von Naḥal Ḥever belegen.62 Genealogische Rückführungen zur Festigung der dynastischen Linie gehören zu den Aspekten der semitischen Königsideologie. Die Ausweitung des Loyalitätsverhältnis auf die gesamte königliche Familie ist dagegen ein Novum. Dennoch ist das noch kein Hinweis auf die Hellenisierung des nabatäischen Königshauses im Sinne einer Nachahmung ptolemäischer Verhältnisse in Ägypten, wo sich die Königsfamilie als „theoi synnaioi“ in den Tempeln göttlich verehren ließ. Die Bedeutung der Familie war schon allein aufgrund der tribalen Strukturen innerhalb des Nabatäerreiches hoch. Sie wurden durch hellenistischen Einfluss in der nabatäischen Königsideologie aber deutlich sichtbar gemacht.
5. Der „Gott unseres Herrn“ Nach den altorientalischen Vorstellungen war das Königtum von den Göttern geschaffen worden und „vom Himmel auf die Erde“ gekommen. Als Stellvertreter der Götter stand der König in besonderer Nähe zu den Göttern. Die Legitimation durch die Götter wurde nach außen sichtbar in den militärischen Erfolgen des Königs. Ein siegreicher bzw. militärisch erfolgreicher König galt als von den Göttern gesegnet. Die Götter gewährten ihm aber nicht nur Beistand in militärischen Auseinandersetzungen, sondern auch in seiner Herrschaft, die Fruchtbarkeit für das Land und Wohlergehen für die Bewohner bringen sollte. 60
Siehe dazu 6. Vgl. dazu z. B. die Weihinschrift RES 1434; Hackl et al., 2003: N.060.37.01; Nehmé, 2012a: 196f., MP 666; Roche, 2019: 87ff., Nr. 49. 62 Zu den Papyri vgl. jetzt Roche, 2019: 89–92. Nr. 51 (P 2) führt die dynastische Genealogie über drei Generationen. 61
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Viele Inschriften bezeugen, dass Dušara der Gott des nabatäischen Königshauses war. Dušara wird als Gott des Königs (ʾlh + Königsname), Gott unseres Herrn (ʾlh mrʾnʾ), oder Herr des Hauses63 (mrʾ bytʾ) bezeichnet.64 Als Gott der Dynastie stieg der ursprüngliche Ortsgott von Petra mit den nabatäischen Königen zum wichtigsten Gott innerhalb des nabatäischen Reiches auf65, der auch in der Peripherie in Lokalmanifestationen verehrt wurde (z. B. als Dušara-Aʿra in Boṣra und Ḫegra). Zwei Münzen nennen in der Legende den Segen Dušaras für das nabatäische Königshaus (brkt dwšrʾ).66 Es könnte es sich um einen konkreten Anlass für die Münzprägung gehandelt haben, vielleicht eine Hochzeit. Die gleiche Legende taucht im 15. Jahr auf einer Münze Obodas II. auf, die auf der Rückseite die Königin abbildet.67 Ob hier ein Thronjubiläum oder die Geburt eines Thronerben angezeigt68 oder die Nachfolgerin der Hagaru vorgestellt wird, bleibt unsicher. Der Segen galt aber ja nicht nur dem König und seiner Familie, sondern dieser Segen Dušaras wurde über den König an seine Untertanen weitergegeben. In diesem Sinne entspricht das Inschriftformular dem oben angesprochenen Symbol der zum Gruß erhobenen Hand. In der gleichen Tradition stehen „Tyche-Figuren“ unter den architektonischen Paneelen in Petra.69 Petra war nicht nur repräsentativer Sitz des nabatäischen Königtums, sondern zudem auch das kultische Zentrum Dušaras.70 Die enge Verbundenheit der na63 Milik, 1958: 235. Neuere Inschriften im Umfeld des Jebel Ithlib bei Nehmé, 2005–2006: 189–204. Ein Bezug auf den Tempel statt auf die Dynastie ist nicht auszuschließen, vgl. die Diskussion bei Hackl et al., 2003: 270–272. 64 Gebündelte Auflistung der Inschriften bei Healey, 2001: 154. Fast alle Inschriften dieses Typs beziehen sich auf Aretas IV. oder Rabbel II. Vgl. auch Wenning, 2011b: 286–290. 65 Ob er auch flächendeckend der alleinige „höchste“ Gott wurde, sei dahingestellt. Im Gebiet des Hauran dürfte Baalshamin seine Bedeutung als höchster Gott für bestimmte Bevölkerungsgruppen behalten haben. Zur These, ob Baalshamin, der Gott des Malichos I. war, vgl. Wenning, 2011b: 287f. 66 Barkay, 2020: Nr. 23 und Nr. 53. Die ältere Münze datiert ins 2. Jahr von Obodas II., 29/28 v. Chr. Im gleichen Jahr wird erstmals die Königin im Staffelporträt gezeigt (Barkay Nr. 22). 67 Barkay, 2020: Nr. 53. Die Münze datiert ins 15. Jahr von Obodas II., 16/15 v. Chr. Was der Anlass für diese Prägung und den neuerlichen Verweis auf Dušara war, wissen wir nicht. Man möchte daran denken, dass er irgendwie mit der Königin verbunden war. Nach Barkay handelt es sich womöglich um die Vorgängerin der aktuellen Königin Hagaru, vgl. ebd. S. 27f. Diese Annahme überzeugt weniger, auch wenn man Unterschiede zu anderen Wiedergaben der Hagaru sehen kann. Da aber Münzen mit dem Bildnis der Hagaru vor und nach dieser Münze geprägt wurden, folgt man den Porträttypen. Weil Porträtunterschiede auch sonst vorkommen, empfiehlt es sich, in der Münze ebenfalls Hagaru dargestellt zu sehen. Hagaru wird in den Regentschaftsjahren 10 und 11 namentlich genannt. Sonst könnte es sich eher um die Nachfolgerin der Hagaru handeln. Die Münze mit dem Segenswunsch wäre dann im Rahmen der Hochzeit mit dieser Frau einzuordnen. 68 Da Obodas II. nach seinem Tod keinen Thronerben hinterlassen hat, ist diese Möglichkeit wahrscheinlich auszuschließen, es sei denn, dieses Kind wäre frühzeitig verstorben. 69 Zum Terminus und zur Interpretation vgl. Wenning, 2009: 581; Wenning, 2016a: 524f. 70 Es kann vermutet werden, dass Dušara angestammter Gott der Shara-Region war. Womöglich ist in ihm der edomitische Gott Qos aufgegangen. Er dürfte aber durch den
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batäischen Könige und ihres Gottes kam somit auch räumlich zum Ausdruck und spiegelte sich in der harmonischen Integration der nabatäischen Architektur in die als heiliger Bezirk zu verstehende Landschaft Petras wider, die quasi eine natürliche Verbindung von Königtum, Stadt und Gott suggerierte. Der Qaṣr al-Bint gilt als Tempel Dušaras, dessen Bau wahrscheinlich unter Obodas II. begonnen, aber maßgeblich unter Aretas IV. in der frühen Phase seiner Regentschaft vorangetrieben und vollendet wurde.71 Im Alten Orient galt der Bau von Tempeln für die Götter als wichtigste Aufgabe der Könige, um die Anwesenheit der Götter zu sichern und damit Ordnung und das Wohlergehen des Landes zu garantieren.72 Der Bau eines Tempels für Dušara in Petra kann als Hinweis auf ein entwickeltes königliches Selbstverständnis gewertet werden, da in Petra aufgrund der zahlreichen Verehrungsplätze Dušaras und der Existenz sogar großer Opferplätze (z. B. den sog. Hohen Opferplatz/Madbaḥ auf dem Theaterberg) in der Felslandschaft ein Tempel als Wohnsitz Dušaras nicht zwingend notwendig war. Ganz Petra galt als Wohnsitz Dušaras. Der Tempel in der Mitte der Stadt als Symbol der kosmischen Ordnung diente der Legitimation der nabatäischen Könige als göttlichen Stellvertretern.73 Die nabatäischen Könige waren verantwortlich für die Durchführung eines regelmäßigen, „nationalen“ Kultes, welcher Bedeutung für die Stabilität und Prosperität des ganzen Landes hatte.74 Aus den Inschriften sind verschiedene Titel für Priester bekannt, was auf eine Institutionalisierung des Kultes hinweist.75 Zwar bieten die Quellen nicht den Nachweis, dass der Bau von Tempeln im Auftrag der Götter erfolgte, dennoch kann die Bautätigkeit bereits als Zeichen der Gottgefälligkeit verstanden werden.76 Für die Nabatäer lässt sich feststellen, dass der Bau von Tempeln in und außerhalb Petras tatsächlich von Aretas IV. vorangetrieben wurde.77 Dies geht einher mit der sich neu entwickelnden Königsideologie unter Aretas IV. Die Tempel sicherten und stabilisierten die Königsherrschaft, sie dienten aber in hellenistischer Zeit als sichtbares Zeugnis von Reichtum und Fülle natürlich auch dem Prestige des Königshauses. Ein Kontakt mit den Nabatäern im Laufe der Zeit auch Aspekte anderer Götter aus dem beduinischen Milieu an sich gezogen haben. Zum Gott Dušara vgl. Healey, 2001: 85–107; Wenning, 2003; Wenning, 2011b; Alpass, 2015; Wenning, 2016b. 71 Vgl. Wenning, 2016c: 54f., 57f. Aretas IV. wird diesen Tempel, den ersten Monumentalbau im Zentrum Petras, sicher für sich reklamiert haben. 2016 wurde eine massive Architektur unter dem Qaṣr al-Bint entdeckt, offenbar ein Vorgängerbau, datiert um 150– 50 v. Chr. Vgl. zu den Grabungen Renel, 2017: 33–35; Tholbecq/Renel, 2019: 156f.; Fournet, 2018: 88. 72 Zur Rolle des Königs als roi bâtisseur vgl. Kapelrud, 1963, Lackenbacher, 1982; Hurowitz, 1992; Kühn, 2018: 265f. 73 Geht man von einem Vorgängerbau späthellenistischer Zeit aus, der dann wohl der großen Zerstörung im dritten Viertel des 1. Jh. v. Chr. zum Opfer fiel, dann stehen Wiedererrichtung und prunkvoller Neubau in dieser Tradition. 74 Für andere Tempelrituale vgl. Wenning, 2017: 118f. 75 Vgl. Healey, 2001: 163–165; Wenning, 2011b: 294; Wenning, 2017: 120. 76 Hurowitz, 1992: 164; Kühn, 2018: 265f. 77 Auch wenn es einige frühere Tempel, besonders an überregionalen Marktplätzen, gegeben hat, vgl. die Liste Wenning, 2017: 112f., ggf. auch der Vorgängerbau des Qaṣr al-Bint. In Petra ist auch der „Löwen-Greifen-Tempel“ unter Aretas IV. erbaut worden (erstes Viertel 1. Jh. n. Chr.).
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gleichzeitiges Festhalten an den alten Verehrungsformen wie der Darstellung Dušaras in der Form des hochrechteckigen Betyls auch in den Tempeln blieb aber über die gesamte Königszeit bestehen.78 Auch wenn für die Ausstattung der Tempel hellenistische Dekorelemente verwendet wurden, der offizielle Kult des Dušara blieb traditionell, eine Hellenisierung lässt sich in diesem Kontext nicht nachweisen. Ab Rabbel II. wird auch der Gott Baalshamin als Gott Rabbels bezeichnet. Hierin deutet sich eine Erweiterung der nabatäischen Götterwelt an, um die Loyalität bestimmter Bevölkerungsanteile zu erhalten, die Baalshamin als ihren Hauptgott anerkannten.79 Diese religionspolitische Maßnahme („renovatio“80) unterstreicht gleichzeitig das Festhalten an der Verehrung der eigenen Götter in ihren traditionellen Kulten.
6. Die Stellung der verstorbenen Könige Die hohe Stellung der Verstorbenen der Nabatäer ist in Petra unübersehbar. Ein Gedenken der Toten, das sich in ihrer Versorgung äußerte oder in gemeinsamen Mählern mit ihnen gepflegt wurde, fand im familiären Kontext auf allen sozialen Ebenen statt.81 Dennoch hob sich die Elite durch ihre Prestigebauten davon ab. Durch die Anlage von luxuriösen Prunkgräbern waren sie besonders präsent im Stadtbild.82 Die Grabstätten galten als „Haus der Ewigkeit“. Triklinien in diesen Anlagen oder die große Schalenvertiefung mit Ablaufrinne in der Eingangsschwelle der Khazne zeigen, dass auch hier mit den Toten Mahl gehalten wurde bzw. dass sie mit Gaben versorgt wurden. Keinen direkten Nachweis haben wir dagegen über zentrale Gedenkfeiern für die verstorbenen Könige bzw. über einen zentralen Kult.83 Möglicherweise deutet die große Schalenvertiefung in der Eingangsschwelle der Khazne, die von außen für das Publikum erreichbar war, auf ein öffentliches Gedenken für den oder die in der Khazne Bestatteten. Dieses Grab wird aufgrund seiner architektonischen Ausführung immer wieder als königliche Grabstätte diskutiert. Stilistisch setzt es Elemente alexandrinischer Palastarchi78
Dazu Wenning, 2001; Wenning, 2017: 117. Neben Baalshamin gehörten auch Allāt und al-ʻUzzā jetzt zum inneren Kreis der dynastischen Hochgötter; vgl. Wenning, 2011b: 287–289. 80 Zur renovatio Rabbels vgl. ausführlich Wenning, 1993; Wenning, 2011b: 291f. 81 Es gibt keine Hinweise, marzeaḥ in Petra auf spezielle Begräbnisvereine zu beziehen, vgl. Kühn, 2005: 75. 82 Zur Bedeutung der Grabanlagen im Kontext des Totengedenkens vgl. Kühn, 2005: 35 – 78. 83 Einzig zwei oder drei Inschriftenfragmente (Rabbel I., Aretas IV., Shaʾudat) aus dem Temenos des Qaṣr al-Bint bzw. von den Stufen zum Tempel verweisen auf Königsstatuen, die im Temenos oder im Tempel aufgestellt wurden. Vgl. Zayadine, 2003: 90f. Aus den Inschriften ist erkennbar, dass sie nicht vom Königshaus selbst aufgestellt worden waren. Bei den beiden jüngeren Inschriften aus der Zeit des Aretas IV. handelt es sich eher um Statuen, die zu Lebzeiten der Dargestellten aufgestellt wurden, als um die verstorbenen Mitglieder des Königshauses, so auch Hackl et al., 2003: 241f.; Graf, 2021: 154f. Nichts lässt sich über kultische Ehrungen aussagen. Vgl. zur Problematik bereits Hübner, 1997. 79
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tektur um. Zeitlich kann es in die Epoche Aretas IV. eingeordnet werden.84 Aretas IV., der um Legitimation und Anknüpfung an die Dynastie bemüht war, könnte an exponierter Stelle den Familienmitgliedern der Dynastie noch zu Lebzeiten eine Stätte zur bleibenden Erinnerung geschaffen haben, zu dem auch die Bewohner und Besucher Petras Zugang gehabt hätten.85 Die Präsenz des verstorbenen Königs, sichtbar in der exponierten Lage seiner Grabstätte, sicherte der Stadt und der Dynastie bleibend seinen Schutz zu. Diese Funktion des Grabes wird ikonographisch auf der Fassade der Khazne durch die Darstellung einer Isis-Tyche unterstrichen.86 Die Diskussion um den bei den Nabatäern inschriftlich und archäologisch bezeugten Gott Obodas (ʿbdt ʾlhʾ), hinter dem man einen verstorbenen König annehmen möchte, reißt nicht ab.87 Dabei werden die Zeugnisse über den Gott Obodas mit einer Notiz des Uranios über das Grab des vergöttlichten Königs Obodas in Oboda im Negeb verknüpft.88 Dies ist die einzige Quelle, die die Vergöttlichung eines nabatäischen Königs anspricht. Meist wird für Obodas I. eine Vergöttlichung angenommen, weil Obodas II. als schwach galt.89 Auch wenn das Urteil über Obodas II. polemisch ist oder auf einem Missverständnis der Rolle von König und seinem „Stabschef“ durch Strabo (bzw. Aelius Gallus) beruht, wirkliche Erfolge von Obodas II. als denkbare Grundlage einer Vergöttlichung lassen sich nicht anführen. Dagegen kann man für Obodas I. (ca. 99/96–83 v. Chr.) zumindest darauf hinweisen, dass er einmal Alexander Jannaios besiegt hat und dass nicht durch ihn, aber unter ihm Alexander Jannaios 89/88 v. Chr. die eroberten transjordanischen Gebiete wieder räumen musste.90 Andererseits war der Verlust des Negeb an die Hasmonäer ein viel gravierender Rückschlag, waren 84
Graf, 2006: 448; Parr, 2008: 85; Al-Bashaireh/Hodgins, 2014. Es verdient beachtet zu werden, dass die Khazne und die Prunkgräber der „Königswand“ in Nekropolen aus Felsfassadengräbern integriert wurden und nicht separat für sich bestanden. 86 Zur Interpretation vgl. Wenning, 2016a: 522f., 525. Es ist deshalb nicht zwingend anzunehmen, dass das Grab auf eine Königin (Huldu?) zu beziehen ist. Aufgrund der verschiedenen Kammern im Grab und der Bedeutung des nabatäischen und speziell des dynastischen Familienverbands sollte davon ausgegangen werden, dass nicht nur eine Person hier bestattet war, auch wenn die rückwärtige Grabstätte in der Hauptkammer hervorgehoben war. 87 Ausführlich zuletzt Nehmé, 2012b; Wenning, 2015. 88 Hackl et al., 2003: 597f. Die strikte Ablehnung eines historischen Gehalts der Notiz durch Wenning, 1997: 191; 2011b, 296; 2015, 55; Dijkstra, 1995: 320 ist eher abzuschwächen in der Weise, dass die Annahme eines vergöttlichten nabatäischen Königs nicht grundsätzlich abwegig und vielleicht nur in der von Uranios dargelegten Vermischung irreführend ist. 89 So z. B. jüngst wieder Barkay, 2020: 15; Graf, 2021: 152f. 90 Oft wird Obodas I. als der Sieger über Antiochos XII. Dionysos genannt (83/82 v. Chr.) und werden die mit dieser Schlacht verbundenen Orte im Negeb bzw. in Moab verortet, um der Notiz historischen Gehalt zu geben. Wir bleiben bei der Aussage (Wenning, 1993, 30f.), dass der Sieger dieser Schlacht Rabbel I. war und dass die Schlacht und ihre Orte im südsyrischen Raum zu suchen sind. Die inschriftlich bezeugte, posthum aufgestellte Statue des Rabbel I. in Petra könnte in Relation zu diesem Sieg stehen, bezeugt aber eher eine Ehrung als eine Vergöttlichung des Königs. 85
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doch davon die Weihrauchstraße und der Endhafen Gaza betroffen. Nach den historischen Quellen ist daher auch für ihn eine Vergöttlichung wenig überzeugend. Vielleicht führt aber auch der herkömmliche Ansatz nur mit einer Präferenz für Obodas I. oder Obodas II. zwangsläufig in eine Sackgasse. Da der Kult des Obodas Theos nach den epigraphischen Belegen offenbar erst unter Aretas IV. aufkam und auch der zugrundeliegende Bildtypus nur bis in die augusteische Zeit rückverweist, spricht vieles dafür, dass hier nicht ein alter Kult vorliegt, sondern Aretas IV. einen neuen Kult begründet hat. Daher verdienen zwei Überlegungen, die früher schon erwogen wurden, noch mehr Beachtung, auch wenn sie Hypothesen bleiben. Die erste klang oben schon an. Aretas IV. könnte zu seiner eigenen Legitimierung seinen Vorgänger Obodas II. divinisiert haben,91 ggf. auch, um einen Ausgleich mit den Nabatäern zu suchen, die noch dieser älteren dynastischen Linie eng verbunden waren. Die zweite Überlegung geht von der Annahme aus, dass Aretas IV . einen mythischen Urahnen der Dynastie zum Obodas Theos machte,92 wiederum, um sich selbst in eine lange dynastische Tradition zu stellen und zu legitimieren. Wie unsicher die Aussage des Uranios auch ist, sie enthält dennoch einen wichtigen Hinweis: Der Kult eines verstorbenen Königs war an ein Grab gebunden. Ein solches ist allerdings in Oboda/Avdat bis heute weder nachgewiesen worden, noch ist ersichtlich, warum der König dort begraben sein sollte. Für den gleichnamigen Ort im Negeb sollte stärker berücksichtigt werden, dass er von Obodas II . nach seiner Zurückgewinnung neu gegründet wurde und er vielleicht deshalb den gleichen Namen wie der nabatäische König trägt. Der dort später belegte Kult des Zeus Oboda sollte besser mit einem Kult des Ortsgottes in Verbindung gesehen werden. Während im hellenistischen Osten viele Ortsgötter als lokale Zeusgottheiten interpretiert wurden, wurden vergöttlichte Könige nicht mit Zeus geglichen. Den Kult eines divinisierten Königs sollte man deshalb, wenn überhaupt, besser in Petra verorten. Der Alte Orient kennt aber auch einen Totenkult unabhängig vom Grab, wenn er in speziellen Totenkapellen bzw. Kulträumen oder auch an Gedenkplätzen erfolgte93, und auch in Petra gab es neben der Kommunikation mit den Verstorbenen am Grab ein Totengedenken an prädestinierten Zugängen zur Stadt, wo wichtige verstorbene Persönlichkeiten in Stelen repräsentiert wurden.94 Sollten diese Überlegungen zutreffen, dann ist nicht auszuschließen, dass sich durch die zunehmende Hellenisierung der Stadtelite ein neuer Kult des verstorbenen Königs Obodas auch abseits vom Grab entwickelt hat. Dieser neue Kult des Gottes Obodas wurde in Petra besonders von einem Verein/Kultgenossenschaft (marzeaḥ, RES 1423), bzw. einem Clan (CIS II 354) zugunsten der Königsfamilie (ʿl ḥyy; CIS II 354, 2) gepflegt. Eine (Mit-)verehrung des ʿbdt ʾlhʾ in einem Tempel in 91
Healey, 2001: 149; Wenning, 1993: 34; 2015, 53. Dalman, 1908: 214. 93 Vgl. z. B. den sanctuaire aux rhytons in Ugarit, der für die Öffentlichkeit zugänglich war, und aus dem die Sitzstatue eines verstorbenen Herrschers stammt, das Ahnenkultheiligtum von Hazor, die Totenkulträume in Tel Halaf oder den königlichen Totenkult an exponierten Plätzen wie Stadttoren oder Palasteingängen. Dazu Bonatz, 2000 passim, Kühn, 2005 passim; 2018 passim; Niehr, 2014a; 2014b; 2015a. 94 Zu den sog. Spitzpfeilern vgl. Kühn, 2005: 234–282. 92
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Gaia ist ebenfalls bezeugt.95 Die beachtliche Größe der Kultanlage im Seitental En-Nmayr96 zeigt, dass der Kult bedeutend war, es bestand sogar ein eigener Zugang zum Hohen Opferplatz auf dem Theaterberg. Da auch von der Anlage des sog. Statuengrabes, welches ebenfalls als Königsgrab diskutiert wird, ein eigener Zugang zum Hohen Opferplatz bestand, spielte diese Opferanlage möglicherweise im Rahmen des königlichen Totenkultes eine Rolle.97 Eine hellenistische Weiterentwicklung des semitischen königlichen Totenkultes ist auch in Damaskus bezeugt. Josephus berichtet von Festen, in denen das Volk die verstorbenen aramäischen Könige Adados und Azael feierte.98 Hinter den beiden Königen lassen sich die eisenzeitlichen Könige Bar Hadad und Hazael (9. Jh. v. Chr.) erkennen, deren Kult vielleicht durch das Vorhandensein eines Mausoleums bzw. einer Totenkapelle die Jahrhunderte überstehen konnte.99 Dennoch dürften sich die Feiern in hellenistischer Zeit vom eisenzeitlichen Kult der verstorbenen Könige unterschieden haben, und es ist anzunehmen, dass die Kulte der verstorbenen und divinisierten Herrscher in hellenistischer Zeit einen anderen Charakter annahmen, weiterhin aber durch die indigene Tradition begründet werden konnten. Der Kult des Gottes Obodas wurde in Petra im Rahmen eines Symposions begangen, die Statue des Gottes entsprach hellenistischem Geschmack.100 Diese Weiterentwicklung des Kultes macht es so schwer zu beurteilen, ob der Gott Obodas nicht doch ein genuin nabatäischer Gott gewesen ist, der den nabatäischen Königen nur seinen Namen geliehen hat.101 Die lange Tradition des Kultes verstorbener Herrscher im Alten Orient und die große Bedeutung eines solchen Kultes für die Königsdynastie spricht allerdings für einen verstorbenen König.
7. Die Selbstdarstellung der nabatäischen Könige – ein Fazit Abschließend lässt sich bemerken, dass nicht vorschnell von einer Hellenisierung der nabatäischen Könige gesprochen werden sollte. Es konnte gezeigt werden, dass sie in ihrer Selbstdarstellung an verschiedene Aspekte semitischer Königsideologie anknüpften. Der Hellenisierungsprozess der Königsideologie wurde durch eine gleichzeitige Bewahrung bzw. Berücksichtigung der indigenen Traditionen kontrolliert und begrenzt. Ab Aretas IV ., der eine neue Dynastie 95
Al-Salameen/Farajat, 2014; Al-Salameen/Shdaifat, 2014. Zu den Ausgrabungskampagnen der Anlage vgl. Tholbecq, 2005 und 2008; Nehmé, 2012b zur Gesamtauswertung der Anlage im Hinblick auf den Kult des Gottes Obodas. 97 Auch das Plateau unterhalb des Opferplatzes mit den zwei monumentalen Spitzpfeilern sollte neu auf seine Funktion im Rahmen des Totenkults betrachtet werden. Ebenso verdient der Nordweg von der Stadt aus zum Hohen Opferplatz mit dem großen Triklinium D. 202 Beachtung; vgl. dazu Wenning, 2011a: 472f., 483–488. 98 Ant. IX, 93–94. Vgl. dazu Niehr, 2020. 99 Kühn, 2018: 169. 100 Wenning, 2015 erkennt einen phönikischen Bildtyp aus augusteischer Zeit als Vorbild, den Lichtenberger, 2011b auf Eshmun bezogen hat. Dieser Bildtyp war als Obodas Theos in nabatäischen Kontexten weit verbreitet. 101 So Wenning, 2015. 96
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begründete, lassen sich verstärkt Maßnahmen feststellen, die sowohl der Festigung der Herrschaft dienten als auch dem Prestigezuwachs des Königshauses. Aretas IV. legte nicht nur ein umfangreiches Bauprogramm auf, die königliche Familie rückte als Ganzes ins Blickfeld. Die dynastische Familie stand zeichenhaft für die Stabilität der familiären Strukturen in der Bevölkerung und bildete die Kernstruktur der Gesellschaft ab. Für eine Glorifizierung und Selbstverherrlichung wie es vom ptolemäischen Königshaus bekannt ist, finden sich keine Hinweise bei den nabatäischen Königen. Die hellenistischen Motive der Münzbilder konnten vor den eigenen Traditionen verstanden werden. Sie bedienten aber auch den Modegeschmack einer neu entstehenden Stadtelite. In den Weihinschriften erscheint als Benefiziant häufig der König oder auch die gesamte königliche Familie. Die Stifter der Inschrift versicherten dem Königshaus auf diese Weise ihre Loyalität. Wir können davon ausgehen, dass sich auch der König loyal gegenüber diversen Clans verhielt, um sich ihrer Gefolgschaft zu versichern. Dies könnte durch Vergabe wichtiger Positionen in Militär, Handel und Verwaltung erfolgt sein.102 So lässt sich z. B. beobachten, dass insbesondere in der Zeit des Aretas IV ., sich eine neue wohlhabende Elite in Ḫegra etablierte, als Aretas diese grenznahe Peripherie stärkte. Für die Stabilität und Identität von Familien haben die verstorbenen Familienmitglieder eine wichtige Rolle gespielt. Die königlichen Ahnen waren immer schon bedeutsam für die Stabilität der Königsdynastie gewesen. Sie garantierten den Fortbestand der Dynastie und erhielten meist einen familiären Ahnenkult. Nach dem Tod eines Herrschers blieb dieser als königlicher Ahne durch sein Grab anwesend inmitten der Lebenden. Häufig lagen die Gräber in unmittelbarer Nähe der Paläste oder waren als Mausoleen in die Palastanlagen integriert. Von daher kann man davon ausgehen, dass die Königsgräber, die im Stadtbild Petras präsent waren, das nabatäische Königtum für alle sichtbar und dauerhaft repräsentierten. Wir können keines der Fassadengräber sicher einem bestimmten König zuordnen. Man darf dennoch annehmen, dass einige der aufwendig gestalteten Grabanlagen für Mitglieder des Königshauses geschaffen wurden. Durch diese Grabanlagen blieben die verstorbenen Könige weiterhin in der Öffentlichkeit präsent. Nicht nur der Familienverband der Lebenden und Toten wurde durch ein aktives Totengedenken auf diese Weise gestärkt, sondern die Stabilität der königlichen Dynastie und damit die Stabilität des Landes.
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Friedvolle Völkereinbürgerung in Zion Die nachexilische Zionstheologie von Ps 87 Martin Leuenberger Tübingen Die Zionstheologie zählt zu den wichtigsten theologischen Konzeptionen der Hebräischen Bibel, doch hat sich ihre religions- und theologiegeschichtliche Rekonstruktion in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verändert. Dazu hat Herbert Niehr, mein geschätzter Tübinger Kollege, mit seiner Untersuchung zum höchsten Gott und zahlreichen weiteren Beiträgen aus religionsgeschichtlicher Perspektive maßgeblich beigetragen1. Im Blick auf die biblischen Quellen gilt es dabei, ausgehend von konkreten Einzeltexten die zionstheologischen Begriffe, Motive und Konzeptionen sorgfältig zu erheben und theologiegeschichtlich zu verorten, um dann mithilfe dieser Bausteine eine umfassende Geschichte der Zionstheologie im alten Israel nachzeichnen zu können. Der vorliegende Beitrag widmet sich dieser Aufgabe anhand des nachexilischen Zionspsalms 87, der klassisch zwar oft nicht zur unmittelbaren Kerngruppe der Zionspsalmen 46, 48 und 76 gerechnet wird, der aber in thematischer Hinsicht – im Unterschied zu Ps 762 – ganz auf Zion als Stadt Gottes fokussiert und daher thematisch unstrittig zu den Zionspsalmen zählt, was auch für die hymnische Gestaltung des Psalms gilt (s.u. Anm. 14.20). Als neu und überaus innovativ in Ps 87 erweist sich dabei, dass Zion – auf der Grundlage gängiger affirmativer Aussagen zur Gottesstadt – nun pointiert zum Geburtsort der Völker ausgestaltet wird. Daher kann man, wie es ähnlich auch in Ps 76 der Fall ist, eine grundlegende Transformation der Zionstheologie verfolgen, deren Proprium in eben dieser friedvollen Völkerperspektive besteht.
1. Text, Aufbau und Entstehung 1.1 Zu Text und Übersetzung ִל ְבנֵ י־ק ַֹרח ִמזְ מוֹר ִשׁיר סוּדתוֹ ְבּ ַה ְר ֵרי־ק ֶֹדשׁ ָ ְי
1
1a Ib
Von den Korachitern: Ein Psalm. Ein Lied. Seine [sc. Jhwhs, V.2] Gründung befindet sich auf heiligen Bergen.
Genannt seien neben Niehr, 1990 an dieser Stelle nur sein Abriss in Niehr, 1995 sowie seine Ausführungen zur religionssoziologischen Kategorisierung in Niehr, 1998: 25ff. 2 S. dazu Leuenberger, 2021 (Lit.).
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Martin Leuenberger
א ֵֹהב יְ הוָ ה ַשׁ ֲע ֵרי ִציּוֹן2 Jhwh liebt die Tore Zions – mehr als alle Wohnungen Jakobs. ִמכֹּל ִמ ְשׁ ְכּנוֹת יַ ֲעקֹב נִ ְכ ָבּדוֹת ְמ ֻד ָבּר ָבְּך3 Herrliche Dinge sagt man in/von dir, ֹלהים ֶס ָלה ִ ִעיר ָה ֱא Stadt Gottes! Sela. וּב ֶבל ְלי ְֹד ָעי ָ ַאזְ ִכּיר ַר ַהבII 4 Ich zähle (gedenkend) Rahab und Babel zu denen, die mich kennen, siehe, Philistäa und Tyros zusammen mit Kusch: ִהנֵּ ה ְפ ֶל ֶשׁת וְ צוֹר ִעם־כּוּשׁ ד־שׁם ָ זֶ ה יֻ ַלּ „Dieser ist dort geboren worden.“ וּלֲ ִציּוֹן יֵ ָא ַמר5 Und von/über Zion sagt man (dann): ד־בּהּ ָ ִאישׁ וְ ִאישׁ יֻ ַלּ „Ein jeder ist in ihr geboren worden, וְ הוּא יְ כוֹנְ נֶ ָה ֶע ְליוֹן und er befestigt sie, der Höchste.“ יְ הוָ ה יִ ְספֹּר ִבּ ְכ ָתב ַע ִמּים6 Jhwh schreibt ins Verzeichnis/beim Verzeichnen der Völker: ד־שׁם ֶס ָלה ָ זֶ ה יֻ ַלּ „Dieser ist dort geboren worden.“ Sela. וְ ָשׁ ִרים ְכּח ְֹל ִליםIII 7 Und sie singen beim Tanzen/Reigen: ל־מ ְעיָ נַ י ָבְּך ַ ָכּ „All meine Quellen sind in dir!“
ָ ְי In V.1b liegt m.E. ein selbständiger Nominalsatz vor (wobei das Suffix bei סוּדה [s. dazu u. Anm. 24] poetisch Spannung aufbaut und durch ,Jhwh‘ in V.2 ,aufgelöst‘ wird3); dafür sprechen die auch sonst knappen Aussagen im Psalm, der abgesehen vom Akzent der ,Gründung‘ klassische Gehalt sowie die LXX. Umstellungen oder Ergänzungen4 sind also weder erforderlich noch geraten. Dagegen wird öfters ein Casus pendens angenommen5 und V.1b insgesamt als umfangreiches Akkusativobjekt (das mit den Toren Zions gleichgesetzt wird) aufgefasst, das zum Partizipialsatz V.2a mit Jhwh als Subjekt gehört. Die pluralischen Berge (so auch LXX, während Syr den [wohl kollektivierenden, v. a. aber mit Suffix auf Jhwh bezogenen] Sg. bṭwrh qdyšʾ bietet) sind auffällig (s. Ps 125,1f; 133,3), beziehen sich aber vermutlich auf die verschiedenen Stadthügel Jerusalems6 oder noch eher auf das gesamte Hügelgebiet (etwa im Sinne von ,Gebirge Juda‘), auf dem Stadt und Tempel liegen, wie es in der Übersetzung angedeutet wird. V.3: Das singuläre Pt. Pu. ְמ ֻד ָבּרkann syntaktisch durchaus mit dem Akkusativ der herrlichen Dinge konstruiert werden7 und ist textgeschichtlich klar lectio difficilior. In V.4 intendiert die Übersetzung, „ זכרHifil + ל,nennen, erwähnen als‘“8 auszudrücken. Die PK erinnert so bleibend daran, dass Rahab und Babel Jhwh kennen, wobei das ל-relationis im breiten Sinne einer Zugehörigkeit oder prägnanter als ל-revaluationis mit einer im Kontext passenden „subjektiven Neuein-
3
S. analog bes. die Abfolge in Ps 114 von V.2 zu V.7 und dazu Booij, 1987: 18 mit Parallelbeispielen. 4 S. etwa BHS oder Gunkel, 1926: 378 mit der Abfolge: V.2.1b.5b.7.3.6a.b.4b. 4a.5a; ebenso Kraus, 1989: 766; Wanke, 1966: 21f. 5 So bereits Briggs/Briggs, 1909: 239 und etwa Booij, 1987: 18; Maier, 2006: 583; Weber, 2003: 98; Hossfeld/Zenger, 2000: 548.550 (Zenger) u. a. 6 Stadelmann, 1991: 341f. 7 Vgl. Gesenius/Kautzsch, § 121a–b mit Anm. 1. 8 So Hossfeld/Zenger, 2000: 550 (Zenger); s.a. Maier, 2006: 584 u.v.a.
Friedvolle Völkereinbürgerung in Zion
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schätzung“9 verstanden werden kann; dagegen ist eine adversative Deutung10 lexematisch kaum möglich. Zu וּלֲ ִציּוֹןin V.5 s.u. Anm. 18. V.6: Den Inf. ִבּ ְכתוֹב: „beim Aufschreiben/Verzeichnen“ des MT nach ספר kann man als terminus technicus durchaus beibehalten oder, was textgeschichtlich wohl vorzuziehen ist, bei fast identischem Konsonantenbestand mit einigen Manuskripten und der LXX als späte Nominalbildung „ – ְכּ ָתבdas Verzeichnis“ auffassen11. V.7: Die beiden Pt. Pl., hier mit „sie“ übersetzt, könnten auch unpersönlich als „man“ wiedergegeben werden. Das zweite Partizip, mit der präzisierenden Umstandsangabe ְכּangeschlossen, wird meist als verkürztes Pt. Pu. von חול: „rund herumgehen/tanzen“ verstanden, könnte aber auch als Pt. Q. von חללIII: „Flöte spielen“ – erklärt werden12. Die abschließende Quellen-Aussage als Liedgehalt passt m.E. thematisch gut in den Psalm-Kontext, indem der Gründungsaspekt aufgenommen wird. Das Motiv selbst bleibt freilich recht ungewöhnlich (s. noch Ps 84,7); dennoch ist es wenig überzeugend, den Text zu konjizieren in ֻכּ ָלּם עֹנֵ י ָבְּך: „sie alle besingen dich“ (< ענהIV)13 oder von der LXX („das Wohnen/die Wohnung ist in dir“) auf ein hebräisches ְמעוֹנִ י: „meine Wohnung (ist in dir)“ zu schließen. 1.2. Die dreiteilige Komposition und die gattungsgeschichtliche Zugehörigkeit zu den Zionspsalmen Nach der Überschrift wird sogleich in hymnisch-mythischem Ton die Gründung Zions als der von Gott geliebten Stadt thematisiert (V.1b–3)14. Diese inhaltliche Bestimmung des Gottesverhältnisses Zions und die entsprechende Sonderstellung führt sodann im Blick auf das Völkerverhältnis dazu, dass die feminin-mütterlich gezeichnete (aber nicht im strikten Sinne personifizierte) Stadt als Geburtsort aller Völker gewürdigt wird (V.4–6). Dazu kann V.7 schließlich ein freudiges Reigenoder Tanzlied anstimmen bzw. auf es verweisen. Diese Gesamtdynamik zeigt, wenn man sich denn auf sie einlässt, ein profiliertes zionstheologisches Sachgefälle, sodass früher gängige Umstellungen nicht erforderlich oder angezeigt sind und ein – inzwischen mehrheitlich mit Recht vertretener – dreistrophiger Aufbau resultiert15. Diese thematische Dreigliederung ließe sich weiter begründen unter 9
Jenni, 2000: 27; so auch Körting, 2006: 19f. Z. B. als „ob meiner Bekenner“ wie bei Duhm, 21922: 330. 11 S. statt vieler Booij, 1987: 17. 12 So namentlich Emerton, 2000: 186. 13 S. im Anschluss an H. Gressmann Gunkel, 1926: 380 und Kraus, 1989: 765, die diverse Textrekonstruktionen referieren; s.a. Emerton, 2000: 198. 14 Diese prominente Eröffnung mit Zions – in der Jhwh-Relation begründetem – Hoheitsstatus ist charakteristisch für die Kerngruppe der Zionshymnen und keineswegs zu korrigieren, auch wenn in Ps 46, 48 und 76 der Jhwh-Preis ausführlicher auftritt, während hier nur das knappe Suffix auf Jhwh in V.2 vorausweist. 15 So bes. Körting, 2006: 13ff.; Hossfeld/Zenger, 2000: 555 (Zenger); s. zu älteren Unordnungsvorwürfen und entsprechenden Umstellungsversuchen, wie sie prominent etwa Gunkel, 1926: 378 vertritt, die Kurzübersichten bei Maier, 2006: 583; Hossfeld/Zenger, 2000: 10
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Martin Leuenberger
Auswertung der Sela-Vermerke, der Satzarten mit ihrem Tempusgefälle (s. bes. die perfektischen Geburtsaussagen in V.4–6 mit Rahmenfunktion16) sowie der Sprecher und der Sprechrichtungen. Letztere präsentieren sich am diffizilsten und müssen meist indirekt erschlossen werden: Ziemlich eindeutig ist, dass in V.1b–3 jemand über Jhwh und dessen Verhältnis zu Zion spricht (V.2.3b); dabei wird Zion in V.3(a) unstrittig direkt angesprochen, was aber für V.(1b–)2 mit den Toren Zions wohl nicht gilt. Vermutlich vollzieht die Rede in V.1b–3 somit eine bewusste Fokussierung von Jhwhs Gründung des Zion über die Tore Zions auf das Du der Stadt Gottes. Demgegenüber indiziert die prominente 1. Person Sg. in V.4 einen Sprecherwechsel, und das Ich ist aus sachlichen Gründen ( ְלי ְֹד ָעי: „die mich kennen“) als Jhwh zu identifizieren17. Daher bildet zumindest V.4(a) eine direkte Jhwh-Rede, wobei die Geburtsaussage in V.4b offenbar ein weiteres Zitat im Zitat darstellt (s. analog V.6b); insbes. hier lässt sich nur erschließen, wer angesprochen und über wen (genau) gesprochen wird. Spätestens mit Jhwh in der 3. Person in V.6 (s.a. וְ הוּא … ֶע ְליוֹןV.5b) wechselt der Sprecher aber wahrscheinlich erneut, und vermutlich gilt das schon für das unpersönliche Ni. in V.5a, das zudem statt von den Völkern (V.4) nun betont von Zion handelt ( וּלֲ ִציּוֹןV.5aα)18. Deswegen liegt m.E. nur in V.4 eine Jhwh-Rede vor (die an menschliche Adressaten gerichtet ist, wie immer man diese näher bestimmt)19. Die knapp genannten Kompositionsbeobachtungen fügen sich mithin gut zu den Sachabschnitten und können im folgenden Schema gebündelt werden: 549f. (Zenger) sowie zu Gliederungsmodellen die Tabelle von Van der Lugt, 2010: 446f., der Ps 87 als „one of the most difficult compositions in the Psalter“ einschätzt (447). 16 Dieser Befund spricht (wie auch das Sela) dagegen, mit V.6 ein „[c]oncluding summary“ in V.6f. beginnen zu lassen (so Wendland, 2017: 9; s.a. Booij, 1987: 21.24f.; Van der Lugt, 2010: 447f.). Die Sela-Verteilung widerrät auch einer weitergehenden Entsprechung von V.3/7 als äußerer Rahmen der zweiten Strophe (so Maier, 2006: 585 im Anschluss an Smith, 1988: 357f.). V.a. aber steht der thematische Konnex von V.2f. einer Aufteilung von V.2 und V.3 entgegen (so etwa Auffret, 2012: 229f., der V.5a von V.3f./6 und V.1f./7 gerahmt sieht, wobei V.5b V.1f. aufnehme). 17 So Hossfeld/Zenger, 2000: 555 (Zenger); Körting, 2006: 19, die das auf V.4–6 insgesamt ausweiten. Anders hingegen Amzallag, 2014: 365ff., der die Korachiter sprechen sieht und den ganzen Psalm mit seinem angeblich „esoteric character“ (361, s. 379) auf einen Wechselgesang von jerusalemitischen und ausländischen Korachitern engführt (so z. B. für die heiligen Berge 368) und in deren Verhältnisbestimmung das „central theme“ des Psalms sieht (374, s. 378). 18 Darauf müssen sich dann auch ָבּהּV.5aβ und das Suffix in V.5b beziehen (weswegen es sich empfiehlt, וּלֲ ִציּוֹןmit „und über/von Zion“ und nicht mit „und zu Zion“ zu verstehen, wie es auch dem häufigen ל אמר: „sagen über“ entspricht). Und dasselbe gilt für ָשׁם V.4b.6b, wie V.4 nach V.3 eindeutig zeigt (s.u.). Diese Zionsreferenz liegt auch in ָבְּך V.3a.7b vor, was für V.3 unstrittig ist und sich für V.7 in Analogie dazu sowie auch aus inhaltlichen Gründen aufdrängt. Dieser durchgehende Zionsbezug von V.4–6, der durch V.(2–)3 eingeführt und von V.7 aufgenommen wird, gilt es in thematischer Hinsicht noch auszuwerten. 19 Auf eine weitergehende Kultpropheten-Hypothese (s. dazu etwa Kraus, 1989: 767) muss man aber nicht zurückgreifen.
Friedvolle Völkereinbürgerung in Zion I
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1b–3 Gründung Zions als Jhwhs geliebte Stadt 1b 2a 2b 3a 3b
II 4–6 4a 4b 5a 5b 6a 6b III 7 7a 7b
Gründung (Zions) durch Jhwh auf heiligen Bergen Jhwh liebt Tore Zions mehr als Jakobs Wohnungen Herrliche Kunde in dir ------------------------------Stadt Gottes
NS PS PS ---------------------Sela
Zion als Geburtsort der Nationen Ich (Jhwh) zähle zu meinen Kennern: Rahab, Babel + Philistäa, Tyros, Kusch: »dort geboren« Von Zion gilt: »jeder in ihr geboren + Höchster befestigt sie« Jhwh verzeichnet Nationen: »dort geboren«
PK AK-Zitat PK AK-Zitat w-x-PK-Zitat PK AK-Zitat Sela
Tanzlied: all meine Quellen in Zion Tanzlied: »all meine Quellen in dir« ----------------------------
PS NS -------------
Gattungsgeschichtlich kann aufgrund dieser Analyse folgerichtig festgehalten werden, dass Ps 87 durchgehend und insbes. bezüglich seiner beiden Schwerpunkte von Zion als Gründung Gottes und als Geburtsort der Völker zionstheologisch geprägt ist. Trotz der dabei vorgenommenen unverwechselbaren Eigenakzente ist es daher angemessen, Ps 87 als Zionshymnus oder sogar „als das reinste Zionslied des Psalters“ zu qualifizieren20, und es auf jeden Fall zur eigentlichen Kerngruppe zu zählen. 1.3 Zu Entstehung und redaktionsgeschichtlicher Verortung Die literarische Einheitlichkeit von Ps 87 ist über weiteste Strecken unstrittig. Trotz bzw. wegen der in der älteren Forschung verbreiteten Umstellungshypothesen (s.o. Anm. 15) werden keine substanzielleren Schichtungsmodelle vertreten21: Entsprechend deutbare Textbefunde wie (vermeintliche) Brüche, Spannungen oder Doppelungen werden in diesem Paradigma eben durch Umstellungen ,geordnet‘. Umgekehrt werden diese Gegebenheiten heute zumeist – und m.E. überzeugend – im Rahmen mehr oder weniger elaborierter Kompositionsmodelle interpretiert (s.o. 1.2). Dabei kommt zwei Einschätzungen eine leitende Funktion 20
So pointiert Wanke, 1966: 22; ihm folgt Stadelmann, 1991: 351. S. hingegen zur Begrenzung der Kerngruppe der Zionspsalmen auf Ps 46, 38 und 76 nur Steck, 1972: 9 Anm. 5; Otto, 1989: 1013; Hossfeld/Zenger, 1993: 284 (Zenger); Jeremias, 1987: 33. 21 So etwa bei Duhm, 21922, z.St. und selbst bei Briggs/Briggs, 1909: 240 ist die kurze Wendung ִעם־כּוּשׁin V.4 die wichtigste sekundäre Glosse.
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zu: Auf der einen Seite liegen in Ps 87 flächendeckend zionstheologische Motive und Themen vor, auch wenn sie ein eigenes Profil aufweisen, das man theologiegeschichtlich mit Transformationsprozessen erklären kann (s.u. 2). Und auf der anderen Seite gilt es im Blick auf neuere, oft mit intertextuellen Bezügen arbeitende literar- und redaktionsgeschichtliche Modelle zu konstatieren, dass sich gerade die (auch literarisch) engsten Entsprechungen in der Überschrift (zu Ps 48,1; 88,1) sowie in V.5b (zu Ps 48,9b) als stark formelhaft geprägt erweisen, sodass das Kriterium nicht richtig greift. Im Ergebnis läuft dies darauf hinaus, dass in der älteren wie neueren Forschung gleichermaßen nur die Überschrift als sekundär oder redaktionell bewertet bzw. diskutiert wird. Aufschlussreich ist die Einschätzung von E. Zenger im Rahmen seines redaktionsgeschichtlichen Zugangs: Er spricht zwar nur lapidar „[d]ie (redaktionelle) Überschrift“ 22 an; dieses Urteil wieder relativierend erwägt er dann aber, ob „der Psalm sogar eigens für seinen jetzigen literarischen Zusammenhang verfaßt worden“ 23 sei. Wenn dies in der Tat zutrifft, wie im Folgenden näher begründet werden soll, dann kommt die Überschrift natürlich auf dieselbe literarische Ebene zu stehen wie das Psalmcorpus. Ps 87 stellt also (wie etwa Ps 76 und 84) einen literarisch einheitlichen (Redaktions-) Psalm dar. Dies ergibt die folgende Herausarbeitung der zionstheologischen Konzeption und ihrer theologiegeschichtlichen Transformationen in V.1b–3 und in V.4–6.7. Unter Berücksichtigung des literarischen Kontextes ließe sich m.E. darüber hinaus in redaktions- und kompositionsgeschichtlicher Hinsicht plausibilisieren, dass Ps 87 den eigens für seinen Ort verfassten Abschlusspsalm des ursprünglichen hinteren Korachpsalters 84f.87 bzw. des Korachpsalters 42– 87* darstellt.
2. Jhwhs Gründung seiner geliebten Stadt Zion als Geburtsort der Nationen 2.1 Gründung Zions als Jhwhs geliebter Stadt Die erste Strophe V.1b–3 ist durch und durch von zionstheologischer Topik geprägt, die um die Gottesstadt Zion selbst kreist. Wie für die Zionspsalmen üblich hebt Ps 87 direkt mit dem Thema an: mit der hymnischen Preisung Gottes und Zions, hier konkret mit der göttlichen Gründung Zions. Diese Würdigung Zions erscheint auf den ersten Blick in zionstheologischer Hinsicht wenig überraschend, doch bei einem näheren Blick tritt terminologisch wie inhaltlich eine Reihe unverwechselbarer Aspekte hervor. Das zeigt sich sogleich bei der programmatisch eröffnenden Gründungsausָ ְי: „seine [sc. Jhwhs] Gründung“24. Dabei ist sage mit dem hapax legomenon סוּדתוֹ 22
Hossfeld/Zenger, 2000: 560 (Zenger) Hossfeld/Zenger, 2000: 555 (Zenger). 24 Der Pl. (so LXX: οἱ θεμέλιοι αὐτοῦ und Syr: štʾhwhy) ist an die heiligen Berge angeglichen und lectio facilior. Damit einher geht ein räumliches Verständnis, wonach „seine Fundamente“ in/auf den heiligen Bergen liegen bzw. in eben diesen bestehen; 23
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der Gottesbezug natürlich traditionell zionstheologisch und ganz üblich; termiָ ְ יmit Bezug auf Zion als singulär. Im Hinternologisch erweist sich jedoch סוּדה grund stehen schöpfungstheologische יסד-Formulierungen, die die Grundlegung und Befestigung namentlich der Erde betonen (s. nur Ps 24,2; 78,69; 89,12; 104,5; Jes 48,13; 51,13; s.a. Jes 40,21cj.)25. Es geht hier also nicht nur um eine räumliche, sondern mit ihr in erster Linie um eine zeitliche Fundierung ,am Anfang‘: Die Pointe besteht im vorausliegenden und die Folgezeit bestimmenden Vorgang und Ergebnis der Grundlegung. Dieses Grundgelegtsein kann auf unterschiedliche Größen übertragen werden: so im Zuge der Exilsüberwindung namentlich auf den Tempel (s. Jes 44,24 mit Jhwh als Subjekt; und im Pu. Hag 2,18 u. a.; s. a. Ps 78,69 [par. Heiligtum]), auf das neu gegründete Zion (Jes 14,32 und wohl schon joschijazeitlich 28,16) bzw. die personifizierte Frau Zion (Jes 54,11)26. Dementsprechend dürfte Ps 87,1b als programmatischer Themasatz27 auf den schöpfungstheologischen Gründungsakt abheben28, in welchem Jhwh – man wird im Kontext ergänzen können: am Anfang und für die Dauer – Zion (als Stadt: Tore; Stadt Gottes) fundiert hat. Diese bis in die Gegenwart prägende Gründungskonstellation wird nun fünffach näherbestimmt: (1) Zunächst wird das raumzeitliche und sachliche Gründungsgeschehen in V.1b auf heiligen Bergen verortet, womit sich für den Nominalsatz eine lokalisierende Funktion nahelegt. So wird die vorab zeitliche Gründung ergänzt durch die nun spezifische räumliche Verortung; dabei werden die heiligen Berge des judäischen Hügellands (s.o.) traditionsgeschichtlich mit dem Topos des Weltberges gefüllt29 und vertiefen so die geographische um die entscheidende weltbildhafte Lozierung. (2) Sodann benennt V.2 das Gründungsobjekt nachlaufend explizit als die „Tore Zions“. Damit kommt pars pro toto die Stadt insgesamt, vermutlich bes. unter dem Schutzaspekt in den Blick (s. Ps 122,2; 147,13); hinzukommen mag die Dimension des Rechts (s. bes. die Jerusalemer „Tore der Gerechtigkeit“ Ps 118,19; s.a. 24,7.9; 100,4). Zu dieser ausgeweiteten Tor-Symbolik fügt sich einerseits, dass im Folgenden die klassische Gefährdung Zions durch die Völker überhaupt keine Rolle (mehr) allerdings wird bei einem solchen räumlichen Verständnis der Gottesbezug schwer(er) verständlich. Dies sollte man aber nicht zum Anlass nehmen, im Hb. ganz freihändig eine ָ ְי: „ihre [sc. Zions] Gründung/Grundlage“ vorzunehmen (so Gunkel, Änderung in סוּד ָתהּ 1926: 380; Kraus, 1989: 765; Wanke, 1966: 22). 25 S. dazu knapp Leuenberger, 2015: 211. 26 Hinzu kommen die Belege für maskulines יְ סוֹדim räumlichen Sinn von „Grundmauer/ Fundament“ mit Bezug auf Zion (Thr 4,11; Ps 137,7). 27 S. etwa Körting, 2006: 14; Steiner, 2020: 115: „Themenüberschrift“. 28 So etwa Seybold, 1996: 340, der den Nominalsatz mit „geschah“ wiedergibt. Dem entspricht inhaltlich die ebenfalls schöpfungstheologische Zionsaussage in V.5b mit כון. Und religionsgeschichtlich sei etwa auf die urzeitliche Tempelgründung durch die Annunaki im Enuma eliš verwiesen. In der HB finden sich parallele Sachaussagen, die gleichfalls auf dieses Gründungsgeschehen abheben, bes. im „Erwählen“ oder „Erwerben/ Erschaffen ( “)קנהZions. 29 Beides lässt sich m.E. plausibel kombinieren und muss nicht gegeneinander ausgespielt werden (so Maier, 2006: 585f).
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spielt: Das gilt es namentlich im Vergleich mit Ps 76 festzuhalten, der sich bereits auf die Konstatierung der generell erfolgten Kriegsbeendigung und Feindbesiegung beschränkt. Selbst dies summiert Ps 87 aber nicht mehr, sondern thematisiert vielmehr direkt, dass und wie von Zion Rettung für die Völker ausgeht (s. u.). Unter diesen neuen Vorzeichen wird andererseits – gegenüber der strikten Tempelfokussierung in Ps 84 – der Stadtaspekt Zions wieder etwas weiter gefasst, wie es auch unter staatszeitlichen Bedingungen in Ps 48 und 46 der Fall war30. (3) Drittens wird das privilegierte Gründungsverhältnis Zions zu Jhwh (s. nur Ps 48,2f.) doppelt ausgezogen: Einmal wird es als Liebesverhältnis qualifiziert, womit die eben schon erwähnten Erwählungsaussagen, die traditionsgeschichtlich gängiger sind, spezifisch fortgeführt werden (s. bes. Ps 47,5; 78,68). Nimmt man die engen Sachparallelen in Ps 132,13f. (אוה: „begehren“, par. zu erwählen) und Jes 62,4 (חפץ: „gefallen“) sowie natürlich Ps 84,2 (יָ ִדיד: „lieblich“) hinzu, legt sich für Ps 87,2 im nachexilischen Horizont (gegenüber der klassisch politischen Konnotation im Dtn) eine durchaus emotionale Färbung dieser privilegierten Beziehung nahe. Zum andern wird mit ִמן-comparationis eine relative Bevorzugung gegenüber allen Wohnungen Jakobs ausgedrückt. Ganz unabhängig davon, was damit gemeint ist, reicht es hier, die auf diese Weise herausgehobene Sonderstellung Zions festzuhalten, da sie ab V.4 im Völkerhorizont fortgeführt und weiter profiliert wird. (4) Viertens werden herrliche Dinge von Zion tradiert, wie V.3a nun in direkter Anrede formuliert. Das Pt. Ni. Pl. f. נִ ְכ ָבּדוֹתist singulär und referiert grundsätzlich sicherlich auf „die mancherlei preisenden Beiworte und Sätze“ über Zion31. Der Akzent liegt dann in der Qualifizierung dieser Zionstraditionen als „herrlich“. Inhaltlich wird man daher ohne Weiteres – zumindest auch – an V.1bf. denken; ergänzend kommt im kompositionellen Duktus freilich der neue Gehalt von V.4–6 als charakteristische Sinnspitze hinzu, womit das (neu entwickelte) Eigenprofil von Ps 87 in die Zionstradition integriert wird. (5) Fünftens schließlich wird die Preisung Zions im ersten Durchgang abgerundet mit der Würdigung als Stadt Gottes, also mit dem (neben dem Berg) klassischen und umfassenden Zentralbegriff, wobei sich wohl die direkte Anrede von V.3a fortsetzt. Zusammengefasst entfaltet die erste Strophe somit eine auf klassischen Vorstellungselementen basierende, diese aber gezielt transformierende zionstheologische Konzeption, die sprachlich knapp und dicht formuliert, inhaltlich aber breit gefächert ist und sich so gut in einen (fortgeschritteneren) perserzeitlichen Kontext einfügt. 2.2 Zion als Geburtsort der Nationen Deutlicher ergibt sich letztere Verortung in der zweiten Strophe, in der sich die bisher zu beobachtenden Transformationen klassischer Gehalte noch verstärken und ihr unverwechselbares Profil gewinnen: Es wird nun das mit herrlichen 30 31
So auch Wanke, 1966: 35. So Gunkel, 1926: 379.
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Traditionen ausgestattete Zion weitergehend als Geburtsort und Mutterstadt der Nationen gezeichnet; dabei erscheint Zion klar als feminin-mütterliche Größe, freilich „ohne dass eine Personifikation im strengen Sinne vorliegt“32. Man hat diese Verhältnisbestimmung Zions zu den Völkern mit Recht als das eigentliche33 und „neue Thema von Psalm 87“ bezeichnet34. Und auch theologiegeschichtlich liegt hier – namentlich innerhalb der Zionstraditionen – gegenüber den bisherigen Bedrohungsszenarien durch die Völker eine „äußerst ungewöhnliche Perspektive“35 und tiefgreifende Umgestaltung vor: (1) Das Gewicht und die zentrale Bedeutung der in der Tat neuen Aussage von V.4 wird schon durch die faktisch eindeutige Gottesrede markiert, sodass Jhwh höchstpersönlich den innovativen Aussagegehalt legitimiert: Er statuiert nämlich, dass er selbst Rahab und Babel zu seinen Verehrern zählen/rechnen wird bzw. will () ַאזְ ִכּיר, ihrer also so „gedenken“ will und wird, dass sie bei/unter/mit seinen Verehrern sind (ל-relationis). Dabei schließt das auf Jhwh bezogene ידע: „wissen“ ein, ihn „(an) zu erkennen/zu verehren“, wie nicht strittig ist; die Aussage gewinnt jedoch durch den Bezug auf die Völker an Brisanz: Offensichtlich wird die klassische Vorstellung, dass die Völker Jhwh nicht kennen (s. nur im Asaphkontext Ps 79,6), und ihre zionstheologische Variation, dass die Völker(könige) die Gottesstadt bedrohen, aufgenommen und grundsätzlich revidiert! Dies gilt es im Folgenden noch zu präzisieren, im Blick auf die Gotteserkenntnis der Völker kann aber bereits hier festgehalten werden, dass sie grundsätzlich sowohl im korachitischen (46,11) wie im asaphitischen (83,19) Prätext bereits eingeführt ist, woran Ps 87 anknüpfen kann. Das geschieht näherhin mit der auf Zion bezogenen Geburtsaussage für die Völker, die im identischen AK-Zitat von V.4b.6b die zweite Strophe rahmt. Zwar ist der Bezugspunkt von ָשׁם: „dort“ prinzipiell offen und man hat immer wieder für das jeweilige Völkergebiet votiert36, doch weist der Psalmduktus einen anderen Weg: Erstens liegt nach der in V.3 direkt angesprochenen Gottesstadt ein Zionsbezug auch für V.4b nahe (was dann entsprechend für V.6b gilt und dort nachwirkt [s. o. Anm. 18]); und zweitens ist die analoge ילד-Aussage in V.5aβ explizit und eindeutig in Zion verortet. So drängt es sich auf, die Geburt der Völker in Zion zu verorten. Zugesagt wird ihnen damit eine Herkunft und ein Ursprung in der Gottesstadt (die ja ihrerseits entsprechend eine Gründung Jhwhs ist [V.1b]), zugleich aber auch eine bleibende Heimat und ein dauerhaftes (in einer Liste verzeichnetes V.6a) Bürgerrecht im (anfänglich und auf die Dauer stabil befestigten [V.5b]) Zion. Für V.4 insgesamt bedeutet dies, dass das neue Völkerverhältnis zu Zion – genauer die geburtliche Integration der Völker in Zion – über das von Jhwh selbst proklamierte neue Gottesverhältnis der Völker vermittelt wird und darin seinen Grund hat. Im vorliegenden Rahmen können nun leider die konkret genannten fünf Völkerbegriffe nicht ausführlicher erörtert werden.
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Maier, 2006: 586; zur theologiegeschichtlichen Auswertung s.u. Anm. 37. S. dazu Booij, 1987: 22f. 34 Maier, 2006: 587 (kursiv); anders Amzallag, 2014 (s.o. Anm. 17). 35 Maier, 2006: 583 betont dies mit vollem Recht. 36 So ausführlich bes. Emerton, 2000: 193ff. 33
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(2) Freilich wirkt sich die Beurteilung dieser Frage auch darauf aus, wie stark man Zion als Zentrum der Völkerwelt und des Kosmos in V.5 akzentuiert. Auf jeden Fall fokussiert der Blick in der kompositionellen Mitte von V.4–6 – im Rahmen der Völkerwelt von V.4/6 – auf Zion und führt den Geburtsgedanken weiter: Als künftiger ,Lehrsatz‘ (oder als fortgesetzte Gottesrede) über Zion wird gelten, dass im distributiven Sinn einem jeden der hier angesprochenen Menschen (inkl. der singularisch auftretenden Völker von V.4) das Geburtsrecht Zions zugesprochen wird. Zion wird nun explizit feminin ( ָבּהּ: „in ihr“) gezeichnet und universal als Geburtsort der Völker bzw. des Einzelnen qualifiziert. Das mag die Vorstellung von Zion als Mutter evozieren; weil aber die (weibliche!) Stadt nicht personifiziert als Akteurin, sondern als Geburtsort auftritt, ist Vorsicht geboten, hier in einer Verlängerung spätjesajanischer Vorstellungen von Zion als gebärender Mutter Israels (s. mit ילדbes. Jes 49,14–26; 54,1–10; 66,7–14) „Zion als Mutter der Völker“37 und der Menschen zu beschreiben. So weit geht Ps 87 m.E. nicht, wiewohl das völker- und menschenweite Geburtsrecht in Zion in seiner universalen Tragweite theologiegeschichtlich und konzeptionell kaum zu überschätzen ist! Denn diese neue Kernvorstellung ergänzt jetzt die traditionelle Zusage des göttlichen Schutzes und Beistands, die V.5b schöpfungstheologisch als dauerhafte Befestigung ( )כוןZions durch den königlich gezeichneten Höchsten ausdrückt. Umfassen schon gängige כון-Aussagen die präsentisch-futurische Geltung des (z.T. betont anfänglichen) Festmachens (s. nur Ps 24,2; 93,1[f]; Jes 45,18), so gilt dies hier noch mehr: situativ bei der zukünftigen Proklamation ab V.4, syntaktisch mit w-x-PK nach AK in V.5a formuliert38 und sachlich auf Zion bezogen39. Da sich יְ כוֹנְ נֶ ָהaußer in Ps 24,2 nur noch in Ps 48,9b findet (wo mit ַעד־ עוֹלם ָ : „auf ewig“ die Zukunftsperspektive unübersehbar ist), kann man wohl trotz der formelhaften Prägung und der Kürze erschließen, dass Ps 87 auch in V.5 ganz bewusst Ps 48 zitiert und damit dessen Geltung im vorliegenden Kontext aktualisiert. (3) Nach dieser begründenden Absicherung lenkt V.6 zurück zu den Völkern und wiederholt so abgesichert die Aussage von V.4b. Dabei steigert V.6a die Vorstellung in zweifacher Weise, indem einerseits Jhwh jetzt auch explizit als Handlungssubjekt auftritt und andererseits das Motiv des Eintragens in ein Verzeichnis 37
Hossfeld/Zenger, 2000: 557 (Zenger; Hervorhebung M.L.); ders., 1994: 126; s.a. Körting, 2006: 20.22. Eine genuine Personifikation liegt erst in der LXX mit μήτηρ Σιων: „Mutter Zion (wird ein Mensch sagen)“ vor (so auch LXX.D, 840). Theologiegeschichtlich ist den Verfassern von Ps 87 die Personifizierung Jerusalems, wie sie früh wohl in Jer 4,31; 6,2.23 entwickelt wurde und im geistesgeschichtlichen Umfeld der Verfasser schon in Thr und eben insbes. in etwa zeitgenössischen Jesajatexten vorliegt, sicherlich bekannt. Aber für sie ist offenbar Zion „nicht Gebärerin, sondern Ort des Geborenwerdens“, wie Maier, 2006: 591 mit vollem Recht konstatiert und was möglicherweise mit dem spezifischen Motiv des Bürgerrechts-Verzeichnisses zusammenhängt. 38 Insofern treffen die gängigen präsentisch-futurischen Übersetzungen die Sache; anders Wanke, 1966: 33: „der Höchste selbst hat ihn gegründet“. 39 כוןfindet sich mit mehr oder weniger prägnantem Jerusalem-Bezug in Ex 15,17 (Heiligtum); Jes 2,2/Mi 4,1 (Tempelberg); Jes 62,7 (Jerusalem) – in den letzten Belegen mit klarer Zukunftsperspektive. S. bes. Zenger, 1994: 136f.
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genutzt wird. Letzteres gehört generell in den Vorstellungsrahmen himmlischer Schicksalstafeln, wie sie aus Mesopotamien bekannt sind, überträgt aber konkret wohl das Modell nachexilischer Bürgerlisten Jerusalems (s. Esr 2/Neh 7) in den himmlischen Bereich und imaginiert ein von Jhwh geführtes, (Bürger-) Recht setzendes Geburtsverzeichnis für Zion40. Im Zug dieser Deutung heißt dies, dass in Ps 87 – Jhwh selbst künftig (aber nicht erst in einer ,eschatologischen‘ Fernzukunft, wie das Zeitgefüge in V.4–6 zeigt) – den Völkern der Weltgegenden bzw. deren einzelnen Angehörigen das Bürgerrecht in Zion einräumt bzw. zuspricht, wie in der neueren Forschung mehrfach begründet wurde41. Entsprechend des auch sonst knappen Psalmduktus wird diese fried- und heilvolle Völkerintegration in Zion bezüglich Ursachen, Anlässen, Verhältnissen oder Konsequenzen nicht weiter ausgeführt, sie fußt aber eindeutig theo-zentrisch auf Jhwhs Rechtssetzung. Theologiegeschichtlich gilt es somit festzuhalten, dass sachlich eine große Nähe zu universalen Vorstellungen vorliegt, wie sie in der nachexilischen Zionstheologie bes. die Völkerbefriedungen im Sinne der weltweiten Kriegsbeendigung (s. Ps 76 und die Fortschreibung in Ps 46,9–12 [s.a. 48,10–12]), der eschatologischen Völkerwallfahrt (s. bes. Jes 2/Mi 4; s.a. Ps 68,30.32f; 102,23) oder der endzeitlichen Völkervernichtung/-versöhnung (s. nur Jes 66/Sach 14) entwickeln – allesamt mit dezidierter Zionsorientierung42. In diesen Diskurs gehört Ps 87, dessen Proprium eben in der – knapp und mit dem Motiv der Geburt in Zion ,problemlos‘ geschilderten – Verleihung des Zions-Bürgerrechts an die Völker besteht. Im traditionsgeschichtlichen Gefälle der Völkerkampfkonstellation wird somit die klassische Bedrohung Zions durch die Völker transformiert zur Rettung und Integration der Völker durch und in Zion; diese Sicht dürfte konzeptionell sowie theologie- und literargeschichtlich noch über die in Ps 76 dokumentierte Position hinausführen und steht sachlich außerordentlich nahe bei Ps 47,10. 2.3 Tanz- und Reigenlied der Nationen: „All meine Quellen sind in dir“ Zu einem feierlichen Abschluss kommt diese zionstheologisch fundierte neuartige Völkerkonzeption in V.7, wo berichtet wird, wie „sie“ – im Psalmablauf konsequenterweise die zuvor genannten Völkerangehörigen – nun ein feierliches Tanz- oder Reigenlied anstimmen. In seiner literarischen Stilisierung deutet der Redaktionspsalm also eine fröhlich-freudige Festszenerie an, die womöglich auch, aber nicht nur kultisch gefasst wird (jedoch eben in keiner Weise eine eschatologische Perspektive aufweist43). 40
Vgl. hierzu ausführlicher Maier, 2006: 589f. (Belege und Lit.). Vgl. nur die Übersicht bei Hossfeld/Zenger, 2000: 552f. (Zenger), der mit aktuellen Stimmen die Völker selbst (und nicht nur Proselyten oder dortige Diasporagruppen) angesprochen sieht (so etwa Wendland, 2017: 13f.; Maier, 2006: 587ff. und mit eschatologischer Verortung Deissler, 21979: 338f.). 42 Vgl. zu diesem Völker(wallfahrts)diskurs weiter Jes 60f.; Hag 2,6–9 und zum Ganzen Leuenberger, 2015: 172ff. (Lit.). 43 So freilich Hossfeld/Zenger, 2000: 558 (Zenger), der hier eine „eschatologische Vision“ sieht (ähnlich Wallace, 2011: 11 in kanonischer Lektüre); dagegen mit Recht (trotz seiner Diaspora-Deutung) Stadelmann, 1991: 355. 41
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Zitiert wird dann so etwas wie der Kern oder Refrain eines (Zions-)Liedes, in dem von dem/den Sänger(n) „all meine Quellen in dir“, Zion, besungen werden; damit stimmt es der göttlichen Rechtssetzung (V.4[–6]) zu und bekennt sich zu Zion als Geburtsort der Völker – und implizit auch zu dem dies etablierenden Gott. Ohne den Text korrigieren zu müssen (s.o.), fügt sich die Quellen-Motivik gut in Ps 87 ein: Man mag bildlich eng gefasst an den Topos des ,Paradiesflusses‘ oder ,Gottesstroms‘ denken44, kommt aber im Psalmkontext selbst womöglich auch, bildlich etwas weiter gefasst, mit einer Verbindung zur Gründungsvorstellung aus V.1b aus. Damit wird nun, am Ende des Psalms und mit der inzwischen gewonnenen Perspektive, die eröffnende, zionstheologische Grundaussage eingeholt, validiert und völkerweit auf höchst innovative und theologisch brisante Weise so weitergeführt, dass die göttliche Gründung Zions nun ihrerseits speisende Quelle und tragender Ursprung für die Völkerangehörigen wird, die eben diese Herkunft aus und bleibende Zugehörigkeit zu Zion besingen.
3. Theologiegeschichtliche Auswertung Der thematische Durchgang hat gezeigt, dass der Zionshymnus 87 „[e]in kleiner und … sehr junger, aber wichtiger Psalm“45 ist: Inhaltlich greift er in V.1b–3 gängige Zionsvorstellungen auf, bündelt diese jedoch in prägnanten Transformationen, die ihr Zentrum in der göttlichen Gründung der geliebtesten Gottesstadt auf heiligen Bergen besitzen. Diese herrliche Kunde (V.3a) schließt gemäß V.4– 6 die theologische Spitzenbotschaft mit ein, dass Jhwh selbst künftig auch die Vertreter der Völker schriftlich (V.6a) mit einem Geburtsort und mithin Bürgerrecht in dem von ihm gegründeten Zion (V.5b) ausstattet, wie die dreifach wiederholten, in Zion lokalisierten (V.5) und den Völker geltenden (V.4b/6b) Geburtsaussagen betonen. Dies besingt man in V.7 völkerweit in einem Freudenlied, in welchem man seinen Ursprung und seine Lebensgrundlage (,Quellen‘) in Zion feiert. Kompositionell und konzeptionell wird mithin die klassische Grundkombination der Zionspsalmen – Würdigung des durch Gottespräsenz qualifizierten Zion und Klärung der Völkerrelation – aktualisiert, wobei eben beide Themenkomplexe markant transformiert werden. Die singuläre Pointe läuft darauf hinaus, dass auf diese Weise die mütterlich-feminin gezeichnete (aber nicht strikt personifizierte) Gottesstadt Zion zum Zentrum auch der Völkerwelt wird, die keine Bedrohung mehr darstellt, sondern in Zion eingebürgert wird.
Vielleicht führt an dieser Stelle die kompositionsgeschichtlich gut plausibilisierbare Entsprechung zum vorderen Korachpsalter weiter: Dann ließe sich die Festszenerie in V.7 von Ps 47 her füllen, wo die kultische Feier der Thronbesteigung Jhwhs breiter – und ebenfalls unter Beteiligung von Völkerexponenten – ausgeführt wird (s. dazu bes. Jeremias, 1987: 57–63.66). 44 ַמ ְעיָ ןwird sonst typischerweise in seiner Realbedeutung und mehrfach schöpfungstheologisch begründet verwendet (s. Ps 74,15; 104,10), erhält aber in Ps 84,7 eben einen Bezug auf die zionsorientierten ,Pilger‘. 45 So trefflich Duhm, 21922: 331.
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Dass diese friedliche Völkerintegration in Zion auch im Vergleich mit nachexilischen Spitzenaussagen im Diskurs um das Verhältnis zu den Völkern herausragt, zeigt sich namentlich im Vergleich mit Ps 76 und 47,10. Das kompositions- und redaktionsgeschichtliche Gewicht dieser Sicht ließe sich noch besser würdigen, wenn Ps 87 im Einzelnen als redaktioneller Abschlusspsalm des ursprünglichen hinteren Korachpsalter 84f.87 bzw. des Korachpsalters 42–87* herausgestellt werden könnte.
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Apollon in Tyros Achim Lichtenberger Münster Die bedeutendste städtische Gottheit der alten phönikischen Hafenstadt Tyros war Melqart, der von den Griechen spätestens seit dem Geschichtsschreiber Herodot mit dem griechischen Herakles gleichgesetzt wurde.1 Diese Identifikation beruht auf dem heroischen und jugendlichen Charakter beider Götter und ist in hellenistisch-römischer Zeit sowohl in textlichen wie auch in bildlichen Zeugnissen gut belegt. Herakles-Melqart gilt als ein Musterbeispiel der interpretatio Graeca. In der interpretatio Graeca werden nicht-griechische Gottheiten mit Gottheiten des griechischen Pantheons gleichgesetzt.2 Diese Gleichsetzungen können sowohl von außen, also von Griechen, die eine „fremde“ Gottheit kennenlernen, erfolgen, als auch von innen, also von lokalen Gemeinschaften, die ihre Gottheiten der griechischsprachigen Welt verständlich machen möchten. Solche Phänomene treten insbesondere in Gebieten auf, die starke vorhellenistische – zumeist eisenzeitliche – Traditionen aufweisen und dann in Kontakt mit griechischer Kultur geraten.3 Doch nicht jede Gottheit mit einem griechischen Namen, die in griechisch-römischer Zeit in solchen Gebieten angetroffen wird, muss eine ältere Lokalgottheit sein, denn der antike Mittelmeerraum war vielfältigen religiösen Dynamiken ausgesetzt, welche eine hohe Mobilität von Personen, Ideen und Vorstellungen nach sich zogen. „Neue“ Gottheiten konnten eingeführt werden, die nicht notwendigerweise interpretationes Graecae älterer Gottheiten waren. Im Vorderen Orient sind etwa die Einführung des Zeus Olympios unter den Seleukiden, die städtische Schutzgöttin Tyche in hellenistisch-römischer Zeit oder der römische Kaiserkult solche „neuen“ Kulte.4 * Apollon ist eine der wichtigsten griechischen Gottheiten und er ist in der griechischen Welt insbesondere als ältester Heilgott, Gott der Seuchen und Orakelgott weit verbreitet.5 Panhellenische Heiligtümer wie Delphi und Delos zeugen von seiner überregionalen und anhaltenden Bedeutung. Als dynastischer Gott der Seleukiden erlangte er auch in hellenistischer Zeit im Vorderen Orient
1
Hdt. 2,44. Zu Melqart vgl. umfassend Bonnet, 1988. Lichtenberger, 2003: 344–345. 3 Niehr, 2003 hat in seiner breit angelegten Studie zahlreiche mögliche Zeusidentifikationen für Baal Šamin diskutiert. 4 Lichtenberger, 2003: 295–304. 320–322. 341–343. 5 Simon, 1985: 118–146. 2
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weite Verbreitung.6 Im syro-palästinischen Raum wurde der bereits bronzezeitliche Heil- und Seuchengott Rešef mit dem griechischen Apollon identifiziert, wie insbesondere die eisenzeitlichen Zeugnisse aus Zypern unterstreichen.7 Apollon diente also als interpretatio Graeca einer älteren Lokalgottheit. Auch im perserzeitlichen Phönikien begegnet Apollon im Ešmun-Heiligtum von Sidon (Bustan eš-Šech). Dort scheint er eine mögliche interpretatio Graeca des phönikischen Heilgottes Ešmun gewesen zu sein, oder aber zumindest eine Gottheit, die in enger Beziehung zu dem phönikischen Gott gesehen wurde.8 Doch in der multikulturellen Hafenstadt Sidon ist auch eine Weihung an Apollon Delphikos belegt9, die darauf verweiset, dass hier ein genuin griechischer Gott gemeint gewesen ist. Bürger von Tyros und Sidon haben zudem in spätklassischer Zeit im Apollonheiligtum auf Delos eine Weihung für Apollon errichtet, die möglicherweise auf kultische Beziehungen zwischen den phönikischen Städten und dem delischen Apollonkult verweist, ohne dass genauere Angaben zu möglichen Identifikationsprozessen möglich sind. Insgesamt ist die gut belegte Präsenz von Phönikern in Delos und Delphi bemerkenswert und verweist auf die Attraktivität des griechischen Apollonkultes in den phönikischen Mittelmeerhäfen.10 Im Folgenden soll der Kult des Apollon in Tyros betrachtet werden. Die früheste Erwähnung von Apollon in Tyros finden wir im Zusammenhang mit der Belagerung und Eroberung von Tyros durch Alexander den Großen 332 v. Chr. Eine überlebensgroße Bronzestatue des Apollon in Tyros spielt bei den Ereignissen vor der Eroberung eine prominente Rolle.11 Eine Traumoffenbarung hatte angekündigt, dass der Gott auf Alexanders Seite wechseln würde und die Tyrer nagelten daher das Kultbild fest. Zu dem Zeitpunkt der Belagerung war die Statue des Apollon bereits seit einiger Zeit in der Stadt, denn sie war von den Karthagern nach der Eroberung von Gela 405 v. Chr. auf Sizilien in die Mutterstadt der Karthager, nach Tyros geweiht worden. Dazu berichtet Diodor im 1. Jh. v. Chr.: „Die Gelaer hatten außerhalb ihrer Stadt eine mächtige Apollonstatue aus Erz aufgestellt, welche die Karthager raubten und nach Tyros schickten. Die Einwohner von Gela hatten das Standbild auf den Orakelspruch des Gottes hin errichtet, die Tyrier behandelten es jedoch später zu der Zeit als sie von dem Makedonen Alexander belagert wurden, auf unwürdige Art, gleich als ob der Gott auf der feindlichen Seite kämpfe. Als dann aber Alexander die Stadt eroberte, da geschah es nach dem Bericht des Timaios, daß am gleichnamigen Tag und zur nämlichen Stunde, da die Karthager den Apollon bei Gela geraubt hatten, er von den Griechen durch die größten Opfer und Festzüge geehrt wurde, so als habe er die Einnahme der Stadt bewirkt.” (Diod. 13,108,4; Übersetzung: Otto Veh)
6
Wright, 2012: 37–41; Bonnet, 2015: 149; Erickson, 2019: 62–131. Burkert, 1975; Cornelius, 1994. 8 Stucky, 1984: 46; Bonnet, 2015: 203. 217–218. 228–245. 9 Waddington, 1870: 446, Nr. 1866c. Vgl. dazu Bonnet, 2015: 210. 10 Hermary, 2014; Aliquot, 2017. Vgl. auch Bonnet, 2015: 336–339. 361–363. 475–520. 11 Vgl. dazu Will, 1992: 145–146. Zu der Traumoffenbarung vgl. Hajjar, 1990: 2284– 2285. 7
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An anderer Stelle erklärt Diodor, inwiefern der Gott unwürdig behandelt worden sei: „(…) ein Mann in Tyros erklärte, er habe einen Traum gehabt, in dem Apollon ihm sagte, er wolle die Stadt verlassen. Die Menge argwöhnte, der Mann habe die Geschichte nur erfunden, um sich damit bei Alexander einzuschmeicheln, und die Jugend machte sich schon bereit, den Menschen zu steinigen, doch da ließen ihn die Behörden heimlich wegbringen, so daß er im Tempel des Herakles Zuflucht finden und als Schutzflehender der Wut des Volkes entgehen konnte. Die Tyrer aber banden in ihrem Aberglauben mit goldenen Ketten die Apollonstatue an der Basis fest und hofften so, wie sie meinten, den Gott am Verlassen der Stadt zu hindern.“ (Diod. 17,41,7–8; Übersetzung: Otto Veh) Die Stadt wurde bekanntlich trotzdem von Alexander erobert, und was Alexander dann machte, berichtet ebenfalls Diodor: „Der König ließ von der Apollonstatue die goldenen Ketten und Fesseln entfernen und befahl, diesem Gott den Namen Apollon Philalexandros zu geben. Dem Herakles aber brachte er großartige Opfer dar.“ (Diod. 17,46,6; Übersetzung: Otto Veh) Plutarch berichtet sodann im 1./2. Jh. n. Chr. in seiner Alexanderbiographie folgende Details: “Viele Tyrer hingegen träumten, Apollon erkläre, er wolle fortgehen zu Alexander, denn er sei unzufrieden mit dem, was in der Stadt geschehe. Sie legten daher, als ob sie den Gott, wie einen Menschen, der zu den Feinden überlaufen wolle, auf frischer Tat ertappt hätten, Ketten um sein Kolossalbild und befestigten es mit Nägeln an seiner Basis, indem sie ihn Alexandristes, einen Parteigänger Alexanders nannten.“ (Plut. Alex. 24; Übersetzung: Konrat Ziegler)12 Curtius Rufus in seiner Alexandergeschichte überliefert im 1. Jh. n. Chr. dieselben Umstände, nuanciert sie aber etwas anders: „Und als einer der Bürger in der Versammlung mitgeteilt hatte, ihm sei im Träume Apollo erschienen (den sie besonders innig verehrten), wie er gerade die Stadt verließ (…): da ließen sie, ob auch der Erzähler dieser Dinge kein Mann von Gewicht war, trotzdem in ihrem angstvollen Glauben an das Schlimmste das Bildwerk mit einer goldenen Kette fesseln und befestigten diese noch am Altare des Herkules, ihres Schutzgottes, als würde dieser Apollo zurückhalten. Dessen Bildwerk hatten die Punier von Syrakus fortgeschleppt und in der Vaterstadt ihrer Ahnen aufgestellt“. (Curtius Rufus 4,3,21–22; Übersetzung: Herbert Schönfeld)
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Vgl. auch Plut. Quaest. Rom. 61.
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Die antiken Schriftsteller überliefern einige Informationen zu Apollon in Tyros.13 So wird deutlich, dass das Kultbild aus Sizilien, also aus der griechischen Welt nach Tyros gekommen ist und der Gott wird mit Traumvisionen in Verbindung gebracht, was zu dem Charakter eines griechischen Orakelgottes passen würde. Die Erzählung des Fesselns, damit der Gott nicht zum Feind überlaufe, fügt sich ein in die militärischen Rituale der evocatio, also das Herausrufen der Götter einer belagerten Stadt, das sowohl in der griechisch-römischen wie in der vorderorientalischen Welt bekannt war. In der Handlungslogik der Erzählung wird aber deutlich, dass dem Apollon unterstellt wird, dass er ein Parteigänger Alexanders sei, und nach der Eroberung wird der Apollon von Alexander auch befreit und Philalexandros genannt. Offenbar hatte der Kult eine Ausrichtung, die ihn der Parteinahme für den Griechen verdächtig machte, und dies deutet darauf, dass der Kult bei der Ankunft Alexanders einen erkennbar griechischen Charakter hatte und diesen darüber hinaus auch behalten sollte.14 Corinne Bonnet hat in diesem Zusammenhang auf den Umstand hingewiesen, dass Alexander das Kultbild des Apollon nicht zurück nach Sizilien restituiert hat und gerade damit die Integration von Tyros in die griechische (religiöse) Welt verdeutlicht.15 Offenbar war in der Alexanderzeit der Apollonkult in Tyros ein stark griechisch geprägter Kult,16 bei dem – anders als bei dem Kult des Herakles-Melqart – nicht primär eine interpretatio Graeca eines älteren Gottes im Zentrum stand, auch wenn selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine solche sekundär von Kultanhängern und der lokalen Bevölkerung erfolgte. Denn Apollon wird in einer Inschrift in Tyros aus dem Jahr 28/29 n. Chr. genannt und als Apollon Kyrios mit weiteren Ehrentiteln bezeichnet.17 Dabei ist zu erwägen, ob der ansonsten für Apollon eher ungewöhnliche Ehrentitel kyrios darauf verweist, dass dieser Apollon die interpretatio Graeca einer semitischen Lokalgottheit sein konnte.18 In der Inschrift wird von einer skene, also einem „Zelt“/“Verschlag“ gesprochen und Bikai, Fulco und Marchand identifizieren dieses Gebäude mit einem kleinen offen Hofheiligtum aus der römischen Kaiserzeit (mit eisenzeitlichen Vorgängerphasen) in der Nekropole al-Bass.19 Diese Zuweisung lässt sich allerdings nicht endgültig sichern, und so muss unklar bleiben, ob nicht nur der kyrios-Titel, sondern auch die möglicherweise zugehörige, lokal geprägte Architektur des Heiligtums Hinweise auf den phönikischen Charakter oder eine lokale Kontamination des Kultes sind.20
13
Vgl. Im Folgenden auch die ausgezeichnete Analyse von Bonnet, 2015: 83–90. 399– 400. 14 Vgl. auch Rey-Coquais, 1977: 2. 15 Bonnet, 2015: bes. 90. 16 Bonnet, 2015: 86, Anm. 154: „Rien n’indique donc qu’Apollon ait été l’interpretatio Graeca d’un Reshef local.“ 17 Rey-Coquais, 1977: 1–3 Nr. 1; Bikai/Fulco/Marchand, 1996: 2–4; Gatier, 2016: 170. 18 Vgl. auch Rey-Coquais, 1977: 3; Aliquot, 2009: 132. Zu kyrios als typisch semitischer Gottesbezeichnung vgl. Lichtenberger, 2003: 57. 19 Bikai/Fulco/Marchand, 1996. 20 Vgl. auch Bonnet, 2015: 305–306.
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In einer weiteren Inschrift in Tyros werden Apollon und Artemis erwähnt.21 Es handelt sich um die persönliche Weihung eines Mannes namens Minatos, die gräzisierte Form eines lateinischen Namens. Die Kombination des göttlichen Geschwisterpaars zeugt von Kenntnis des griechisch-römischen Mythos und könnte ein Hinweis auf den griechisch-römischen Charakter des Kultes sein. Typisch griechischer Ikonographie folgt auch die Darstellung seines Attributs Dreifuß auf einer marmornen Bauplastik im Reigen mit weiteren Göttersymbolen: Keule, Kantharos, Dreifuß und Kymbeln, die auf die Götter Herakles, Dionysos, Apollon und einen ekstatischen Kult verweisen.22 Weitere literarische, archäologische oder epigraphische Zeugnisse für den Apollonkult liegen aus der Stadt Tyros nicht vor.23 Allerdings gibt es im Umland von Tyros, das zum Stadtgebiet gehört, einen Tempel, der Apollon geweiht war. In dem Tempel von Douweir wurde nach einer dort gefundenen Inschrift auf einem Relief (heute im Louvre in Paris) der Theos Apollon verehrt (Abb. 1).24
Abb.1: Relief und Inschrift aus Douweir mit Rindern, Palme sowie Apollon/Helios und Artemis/Selene, Paris Louvre AO 4877 (© 2009 Musée du Louvre/Thierry Ollivier)
21
Rey-Coquais, 2006: 19 Nr. 4. Fani Alpi, 2016: 223–224 Nr. 221. 23 Die auf Apollon bezogenen theophoren Personennamen von Tyros hat Rey-Coquais, 1977: 2 aufgelistet. 24 Paris, Louvre AO 4877 (https://collections.louvre.fr/ark:/53355/cl010123253); Renan, 1864–1874: 675–677; Aliquot, 2009: 276–277 Nr. 40; Rey-Coquais, 2012: 35; Fani Alpi, 2016: 150–154 Nr. 149. 22
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Die Inschrift datiert auf das Jahr 195/96 n. Chr. Die explizite Benennung des Apollon als theos, die in einem griechischen Umfeld für eine olympische Gottheit ungewöhnlich wäre, fügt sich gut in einen semitischen Kontext ein, in dem solche hoheitsvollen Ansprachen von Gottheiten geläufig waren.25 Auch der Reliefschmuck, bestehend aus den kosmischen Gottheiten Apollon/Helios und Artemis/ Selene sowie zwei antithetischen Stieren vor einer Palme, deutet darauf hin, dass dieser Apollon die interpretatio Graeca einer lokalen solaren Gottheit ist. In diesem Fall dürfte in der Tat eine ältere lokale Gottheit mit dem griechischen Apollon identifiziert worden sein. Es ist sicher kein Zufall, dass diese Form der oberflächlichen „Hellenisierung“ im ländlichen Kontext stattfindet.26 Wenden wir uns nun der Münzprägung von Tyros zu.27 Bereits seit der Perserzeit prägte die Stadt eigene Münzen und war auch für die Ptolemäer und Seleukiden Prägestätte der Reichsprägung. Ab 126/25 v. Chr. setzte in Tyros eine umfangreiche städtische Silberprägung ein, deren Geld in der südlichen Levante eine hohe Akzeptanz besaß. Die Silbermünzen zeigten auf der Vorderseite den Kopf des jugendlichen Herakles nach rechts und auf der Rückseite einen hockenden Adler. Gleichzeitige Bronzemünzen der Stadt präsentierten zudem den Kopf der Tyche. Diese Münzbilder setzten sich bis in severische Zeit zum Ende des 2. Jh.s n. Chr. fort, bis Tyros eine römische colonia wurde. Ab diesem Zeitpunkt setzte eine umfangreiche städtische Bronzeprägung ein, die sich hauptsächlich um die mythologische Vergangenheit von Tyros drehte, also um Dido und Kadmos sowie um lokale Kultobjekte wie etwa die ambrosischen Felsen oder Preise für Festspiele.28 Unter den städtischen Gottheiten treten vor allem Tyche und Herakles in der Bronzeprägung auf. Insgesamt finden sich aber nur vergleichsweise wenige Darstellungen von Gottheiten in der kaiserzeitlichen Stadtprägung von Tyros. Um so erstaunlicher ist es, dass Apollon zum Ende der Münzprägung im 3. Jh. n. Chr. auftaucht. Für den römischen Kaiser Trebonianus Gallus (251–253 n. Chr.) wurde ein bis zu diesem Zeitpunkt einmaliger Typus in Tyros ausgegeben (Abb. 2). Es handelt sich um das Rückseitenbild des stehenden Herakles mit Keule links und des Apollon mit Lyra recht.29
25
Vgl. Lichtenberger, 2003: 145–146 mit weiterer Literatur. Magness, 1990 nimmt an, dass zudem Apollon in Kedesh, das ebenfalls im Umland von Tyros lag, in dem dortigen Tempel verehrt wurde, doch können ihre allgemeinen architekturtypologischen Vergleiche mit Apollonheiligtümern nicht überzeugen (vgl. Ovadiah/ Roll/Fischer, 1993: 62). 27 Weiterhin verbindlich für die Münzprägung von Tyros sind die Arbeiten von Rouvier, 1903; 1904. 28 In den letzten Jahren hat sich insbesondere Bijovski (2000; 2007; 2020) um die Erforschung der Ikonographie der kaiserzeitlichen Münzprägung von Tyros verdient gemacht. 29 RPC IX 2002. 26
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Abb.2: Bronzeprägung der Stadt Tyros unter Trebonianus Gallus. Vs.: Kopf des Trebonianus Gallus mit Lorbeerkranz nach rechts, Rs.: Links Herakles mit Keule, rechts Apollon mit Lyra stehend und sich anschauend und umarmend; dazwischen Murex (© Israel Museum Jerusalem, Inv. Nr. 82.04068) [Durchmesser: 30 mm]
Auch für Gallienus (253–268 n. Chr.) ist dieser Typus auf einer bislang unedierten Bronzemünze der Stadt geprägt worden (Abb. 3).30
Abb. 3: Bronzeprägung der Stadt Tyros unter Gallienus. Vs.: Kopf des Gallienus mit Strahlenkrone nach rechts, Rs.: Links Herakles mit Keule, rechts Apollon mit Lyra stehend und sich anschauend und umarmend; im Abschnitt: Murex (© CNG Electronic Auction 291, 21. November 2012, lot 267) [Durchmesser: 31 mm]
Die beiden Götter schauen sich an und legen die Arme umeinander. Durch den ausgeprägten Kontrapost entsteht eine V-förmige Komposition. Beide Götter sind schlank und wirken jugendlich. Eine solche Gruppenkonstellation mit Lyra und Keule findet sich gelegentlich in römischer Zeit.31 Die Kombination von Herakles und Apollon in einem Münzbild, zumal in einer solch engen Konstellation, ist aber zunächst einmal ungewöhnlich und könnte auf ein unbekanntes Vorbild zurückgehen, das die Versöhnung der beiden Götter nach dem Streit um den Dreifuß von Delphi zeigt.32 Der Typus begegnet auf glyptischen und toreutischen Zeugnissen33, wo die beiden Götter allerdings zumeist engumschlungen gezeigt werden. Der Darstellung in Tyros kommen Münzbilder nahe, die ungefähr
30
CNG Electronic Auction 291, 21. November 2012: lot 267. Boardman, 1990: 141 Nr. 3072–3075. 32 Das Thema des Streits um den delphischen Dreifuß ist insbesondere in archaischklassischer Zeit beliebt, findet sich aber noch bis in römische Zeit. Vgl. Boardman, 1990: 134–141 Nr. 2947–3071. 33 Boardman, 1990: 141 Nr. 3072–3073. 31
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gleichzeitig unter Gallienus in Aigeai in Kilikien geprägt wurden (Abb. 4)34 sowie das Bild auf einer kaiserzeitlichen Bleitessera aus Palmyra (Abb. 5).35
Abb. 4: Bronzeprägung der Stadt Aigeai unter Gallienus. Vs.: Kopf des Gallienus mit Strahlenkrone nach rechts, Rs.: Links Herakles mit Keule, rechts Apollon mit Lyra stehend und sich anschauend und umarmend; im Abschnitt: Ziege (© CNG Electronic Auction 163, 25. April 2007, lot 177) [Durchmesser: 27 mm]
Abb. 5: Bleitessera aus Palmyra in Damaskus. Seite A: Links Herakles mit Keule, rechts Apollon mit Lyra stehend und sich anschauend und umarmend, Seite B: Dionysos stehend mit Füllhorn und Palmzweig in der Linken und in der Rechten Kantharos, aus dem er zu einem Panther ausgießt (nach: Ingholt/Seyrig/Starcky, 1955, Tf. X.168) [Durchmesser: 15 mm]
Die Wahl des Bildtypus dürfte jeweils lokal begründet sein, in Palmyra aufgrund der Gleichsetzung Apollons mit dem Lokalgott Nabu36 und in Aigeai wegen der gemeinsamen Verehrung von Apollon und Herakles als Stadtgründer.37 Es ist sogar wahrscheinlich, dass die Münzen aus Aigeai von denen aus Tyros abhängig sind.38 In Tyros ruft der Schulterschluss der beiden Gottheiten den Bericht Dio34
BMC Lycaonia 28 Nr. 43; Haymann, 2014: 360 Nr. 254. Ingholt/Seyrig/Starcky, 1955: 24 Nr. 168. 36 Stucky, 1971. 37 Haymann, 2014: 360. 38 Die Prägungen in Tyros mit Apollon und Herakles sind erstmals unter Trebonianus Gallus belegt. Das Gepräge in Aigeai ist etwas später unter Gallienus ausgegeben worden. Unter normalen Umständen würde man annehmen, dass diese Übereinstimmung auf ein gemeinsames Vorbild zurückgeht. Doch zwischen den Münzprägungen von Tyros und Aigeai lässt sich gleichzeitig eine weitere auffällige Abhängigkeit beobachten. Beide Städte prägten einen Helden – im Falle von Tyros Kadmos – vor einem Rind und einer Stadtvignette. Der Typus ist in dieser Komposition nur in diesen beiden Städten geprägt worden. Erstmals belegt ist der Typus in Tyros unter Philippus Arabs (244–249 n. Chr.) (RPC VIII ID 58995) und dann in Aigeai unter Aemilian (253 n. Chr.), vgl. Haymann, 2014: 354–355 Nr. 230. In diesem Fall dürften die Münzen von Aigeai von denen aus Tyros abhängig sein (contra Haymann, 2014: 197 bezüglich des Kadmostypus). Zu möglichen Bezügen des Kadmosbildes in beiden Städten vgl. Scheer, 1993: 318–320. Ein wieteres Münzbild von Aigeai, das von Tyros abhängig sein könnte, ist die nach links thro35
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dors in Erinnerung, dass nach der Eroberung von Tyros durch Alexander den Großen sowohl Apollon als auch Herakles von dem Makedonen eine bevorzugte Behandlung erfuhren. Hatten die beiden seit Alexander ein besonderes Nahverhältnis in Tyros? Um den Apollon auf dem Münzbild zu charakterisieren, muss die Münzemission kontextualisiert werden. Dabei ist es auffällig, dass die Prägung des Götterpaares einher geht mit einem verstärkten Aufkommen von agonistischen Münzbildern für Trebonianus Gallus39 und für Volusianus (251–253 n. Chr.)40, für die ein bereits zuvor bekannter Typus der zwei Preiskronen geprägt wurde. Preiskronen sind Siegespreise für Wettkämpfe und haben in der römischen Kaiserzeit repräsentativen Symbolcharakter.41 Die Preise werden für Aktia und Kommodeia vergeben, also für Aktische Spiele und für Spiele, die nach Kaiser Commodus benannt worden sind. Kaiser Commodus (180–192 n. Chr.) betrieb eine ausgeprägte Heraklesidentifikation und daher wird zurecht angenommen, dass die traditionell in Tyros ausgerichteten Herakleia unter ihm in Kommodeia umbenannt wurden. Die Preiskronen werden auch auf einem neuen Münztyp, der für Trebonianus Gallus ausgegeben wurde, gezeigt. Dargestellt sind zwei Diener, die ein Tablett mit den beiden Preiskronen tragen (Abb. 6).42
Abb. 6: Bronzeprägung der Stadt Tyros unter Trebonianus Gallus. Vs.: Kopf des Trebonianus Gallus nach rechts, Rs.: Zwei Diener tragen ein Tablett mit zwei Preiskronen, davor Amphora; im Abschnitt: zwei Murex (© American Numismatic Society Inv. Nr. 1944.100.52013) [Durchmesser: 25 mm]
Unter dem Tablett steht eine Amphora. Eine Bronze für Gallienus mit Strahlenkrone zeigt auf der Rückseite einen Preistisch mit zwei Preiskronen. Darüber und darunter steht auf Lateinisch Actia (H)erac(leia) (Abb. 7)43.
nende Thea Roma, die in Tyros unter Trebonianus Gallus (RPC IX 2005) und Volusianus (RPC IX 2035) erstmals geprägt wurde und in Aigeai kurze Zeit später unter Valerian (Haymann, 201: 358 Nr. 245). Aigeai und Tyros waren Häfen an einer wichtigen ostmediterranen Handelsroute (Holtheide, 1982: 9), doch kann dies nicht die einzige Erklärung für die Abhängigkeit sein. Ich werde mich an anderer Stelle mit dieser Frage befassen. 39 RPC IX 1978–1979. 40 RPC IX 2012–2013. 41 Klose, 1996; 1997; Salzmann, 1998. 42 RPC IX 1977. 43 BMC Phoenicia 295 Nr. 493.
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Abb. 7: Bronzeprägung der Stadt Tyros unter Gallienus. Vs. Kopf des Gallienus mit Strahlenkrone nach rechts, Rs.: Zwei Preiskronen auf Preistisch, links und rechts Palmwedel, darunter Murex, Beischrift ACTIA und ERAC (© British Museum Inv. Nr. G.4359) [Durchmesser: 28 mm]
Für seine Frau Salonina wurde der Rückseitentypus mit zwei Preiskronen, dazwischen Herakleskeule und Palmwedel ausgegeben44. Außerdem wurde der Preistisch mit zwei Preiskronen als Rückseitenbild geprägt45 und der unter Trebonianus Gallus neu eingeführte Typus mit einem von zwei Männern getragenen Tablett mit zwei Preiskronen.46 Zusätzlich wurde ein neuer Typ emittiert, der einen dreibeinigen Tisch mit einer Preiskrone zeigt.47 Insgesamt thematisiert die Münzprägung von Tyros in dieser Zeit die städtischen Agone in zuvor unbekannter Weise. Es werden also Agone genannt, die unter Trebonianus Gallus Aktia und Kommodeia sind, und unter Gallienus Aktia und Herakleia.48 Kommodeia sind auch andernorts im östlichen Mittelmeerraum bekannt49, und einige von ihnen – wie jene in Didyma – sind bereits zu Lebzeiten des Commodus eingerichtet worden.50 Obwohl der Kaiser zunächst der damnatio memoriae anheimfiel, dürften sie spätestens mit der Konsekration des Commodus durch Septimius Severus (193– 211 n. Chr.) wieder restituiert oder überhaupt eingerichtet worden sein. Ob die Kommodeia in Tyros als Herakleia Kommodeia unter Commodus eingerichtet wurden oder erst später, lässt sich nicht sicher feststellen. Numismatisch fassbar sind sie jedenfalls erst unter Trebonianus Gallus. Ein langes Fortbestehen von Kommodeia kann auch in Didyma beobachtet werden, wo die Didymeia Kommodeia noch spät im 3. Jh. n. Chr. belegt sind.51 Herakleia sind Festspiele für den 44
Rouvier, 1904: 108 Nr. 2571. Rouvier, 1904: 108 Nr. 2572; BMC Phoenicia 296 Nr. 498. 46 CNG Electronic Auction 434, 12. Dezember 2018: lot 259. 47 Rouvier, 1904: 108 Nr. 2573; BMC Phoenicia 296 Nr. 499; Lindgren/Kovacs, 1985: 127 Nr. 2401. 48 In diesem Zusammenhang soll nicht weiter auf die Frage eingegangen werden, ob es sich bei den Aktia und den Herakleia/Kommodeia nicht um einen (so Bru, 2011: 234), sondern um zwei verschiedene Agone handelt. Es sind eindeutig zwei verschiedene Agone, was durch die zwei Preiskronen unterstrichen wird. Ist auf Münzen nur eine Preiskrone abgebildet, so werden auch nicht zwei Agone genannt. 49 Magie, 1950: 1538; Moretti, 1953: 198. 213. 227–228; IDidyma 332–333; Robert, 1969: 283–286; Blümel/Malay, 1993: 131–133 Nr. 4 IMilet I 263. 265; IMilet III 1140. 1143. 1152. 1162. 50 Herrmann, 1975: 159–163. 51 IDidyma 332–334. 491. 45
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lokalen Herakles, die unter Commodus umbenannt wurden. Aktia wiederum sind Festspiele, die sich auf den Seesieg des Oktavian über Mark Anton bei Aktium beziehen. Solche Aktia wurden vielerorts im römischen Mittelmeerraum nach dem Modell jener Aktia veranstaltet, die beim Apollonheiligtum in Aktium ausgetragen wurden. Es ist zwar unklar, ob alle Aktia ihren ursprünglichen, augusteischen Bezug zum Apollon von Aktium noch in der römischen Kaiserzeit erhalten haben52, doch würde ein Bezug zu Apollon erklären, weshalb in Tyros unter Trebonianus Gallus und Gallienus die beiden Agone genannt werden und das Götterpaar gezeigt wird. Offenbar werden die beiden Götter als Repräsentanten der beiden Agone gesehen.53 Städtische Agone haben in der Selbstdarstellung von Städten im Osten des Imperium Romanum eine besondere prestigeträchtige Relevanz und oft waren solche Agone – wie die Herakleia Kommodeia in Tyros – mit dem Kaiserkult assoziiert.54 Dementsprechend deutet der Schulterschluss von Herakles und Apollon auf dem Münzbild nicht zwingend eine besondere kultische Nahbeziehung der beiden Götter an, die etwa damit zu erklären wäre, dass der tyrische Herakles-Melqart in Beziehung zu einem anderen phönikischen Gott steht, der als Apollon identifiziert wurde, sondern die Kombination verweist auf die beiden prestigeträchtigen städtischen Agone. Es spricht nichts dagegen, dass der Apollon und die Aktia mit dem Apollon Philalexandros etwas zu tun haben, gleichwohl sich diese Verbindung auch nicht durch positive Evidenz sichern lässt. Die bei Alexander angelegte Verbindung zum Herrscherkult könnte immerhin als Argument für eine römische Etablierung der Aktia und ihre Verbindung zu Apollon angeführt werden. In jedem Fall bleibt aber, dass die numismatische Evidenz für Apollon in Tyros keinen Beleg dafür liefert, dass der Gott die interpretatio Graeca eines phönikischen Lokalgottes war. * Insgesamt kann für den Apollonkult in Tyros festgehalten werden, dass sich keine direkten Hinweise dafür finden, dass Apollon – anders etwa als im benachbarten Sidon – die interpretatio Graeca eines lokalen phönikischen Gottes ist. Die frühesten Belege für Apollon haben klare Bezüge zu einem originär griechischen Gott. Lediglich eine Inschrift, in der Apollon als Kyrios Apollon bezeichnet wird, verweist auf eine typisch semitische Epiklese. Ob dies eine lokale Kontamination 52
Zu Aktia vgl. insbesondere Gurval, 1995: 74–81; Klose, 1997. Eine systematische Untersuchung, ob tatsächlich immer Apollon der kultische Fokus aktischer Festspiele ist, steht aus. Es ist aber auffällig, dass Apollon auf numismatischen Zeugnissen immer wieder mit solchen Spielen verbunden wird, so z. B. in Thessaloniki unter Gallienus (Nomos AG, obolos 15, 24.5.2020 Nr. 541). Es gibt allerdings auch Gegenbeispiele, so die Aktia Dusaria in Bostra, die auf Dusares bezogen waren (Kindler, 1983: 45; Bru, 2011: 235–238), oder die Koraia Aktia in Sardeis, die wohl für Kore ausgerichtet wurden (Johnston, 1981: 12–14), obwohl auch hier nicht ganz eindeutig ist, ob es sich nicht um zwei unterschiedliche Feste handelt, die Koraia und die Aktia. Für Tyros scheint Bonnet, 2015: 301 Anm. 127 einen Bezug zu Apollon anzunehmen. 53 Contra Rey-Coquais, 1977: 3, der diese Emission als eine Art Homonoia-Prägung zwischen Tyros und Sidon interpretiert. 54 Klose, 1996.
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eines originär griechischen Kultes ist,55 oder sich vielleicht auf einen anderen Apollonkult in der Stadt bezieht, lässt sich nicht entscheiden. Es deutet aber an, dass die religiösen Dynamiken komplexer sind, als sie mit unserem eingeschränkten Quellenbestand rekonstruiert werden können. Dass Apollon in der Tat die interpretatio Graeca nicht-griechischer Lokalgötter sein konnte, zeigt das Beispiel aus dem Umland von Tyros, aus Douweir, wo allem Anschein nach ein lokaler, solar geprägter Gott als Theos Apollon verehrt wurde. Ob eine solche interpretatio von dem städtischen Apollonkult angeregt wurde, ist denkbar, aber nicht nachzuweisen. Trotz vieler Unsicherheiten lohnt sich gleichwohl die Betrachtung des Apollonkultes von Tyros, weil so an einem Fallbeispiel die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen griechischer Kultur und phönikischen Städten ausgeleuchtet werden können.
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Edelmetalle und Edelsteine in der Südlevante von der Späten Bronze- bis zur Frühen Eisenzeit Susanne Maier Tübingen Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine gekürzte Version meiner Bachelorarbeit, die 2015 im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1070 „Ressourcenkulturen“ im Teilprojekt A06: „Politischer Kollaps als Folge ökonomischen Wandels? Ressourcenkontrolle im Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit im Ostmittelmeerraum“, unter Leitung von Prof. Dr. Jens Kamlah, erstellt wurde.1 Der Beitrag befasst sich mit der Verteilung von Prestigematerialien wie Gold, Silber und Elektrum2 im Zusammenhang der Ressourcenkontrolle. Diese Materialien wurden in der Späten Bronzezeit (SBZ) (1550–1200 v. Chr.), im Übergang von der Späten Bronzezeit zur Eisenzeit (SBZ–EZ) (1250–1150 v. Chr.) und in der Frühen Eisenzeit (EZ) (1200–1000 v. Chr.) zur Herstellung von Schmuckstücken wie Ohrringen, Armreifen, Anhängern, Amuletten, Perlen und unter anderem zur Plattierung von kleinen Bronzestatuetten3 verwendet. Weitere Schmuckstücke, hauptsächlich Perlen, Anhänger und Ringe, wurden aus Edel- und Halbsteinen gefertigt, v. a. Karneol, Lapislazuli, Hämatit, Achat und Amethyst. Als Fundkontexte sind Gräber (Grabhöhlen, natürlicher oder künstlicher Art, Steinkistengräber, Erdgräber, Gefäß-/Urnenbestattungen und Sekundärbestattungen), Tempel (weitestgehend Tempel der Späten Bronzezeit), Siedlungsfunde (häusliche Kontexte, wie Wohnhäuser, Monumentalbauten, evtl. auch Paläste, die nicht eindeutig identifiziert wurden), Depot/Hortfunde (große Mengen an Objekten, die versteckt wurden, um sie vor Räubern zu schützen und später wieder auszugraben, oder aufgrund von Materialwert zur Wiederverwendung gesammelt wurden), zu nennen. Daneben kommen unbekannte Kontexte vor, wobei es sich um Funde aus Kontexten handelt, die nicht eindeutig bei der Dateneingabe identifiziert werden konnten bzw. nicht eindeutig aus der Publikation hervorgehen oder im Aushub der Grabung gemacht wurden. Die hier verwendeten Daten wurden aus diversen Grabungspublikationen entnommen und in eine Datenbank ein-
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Für weitere Informationen zum Projekt siehe: https://uni-tuebingen.de/forschung/ forschungsschwerpunkte/sonderforschungsbereiche/sfb-1070/forschung/projektbereiche/ teilprojekte/a06/. 2 Bei Elektrum handelt es sich um Gold mit einem hohen Silberanteil (bis zu 50%), weswegen es schwer von Weißgold zu trennen ist. Siehe hierzu Gale/Stos-Gale, 1981: 113. 3 Diese sind in meiner Bachelorarbeit erfasst, werden aber an dieser Stelle nicht behandelt, da die Datenmenge den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.
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gegeben, um sie sinnvoll auswerten zu können. Für die Eingabe in die Datenbank4 wurden die Funde in Materialgruppen (Metalle, Edelsteine) und Objektgruppen (Perlen, Ohrringen, Ringe, Armreifen/bänder, Bleche, Fassungen, Rosetten, Gewandnadeln u.v.m.) eingeordnet, um ein Verteilungsbild in Tabellen, Diagrammen und Karten darstellen zu können.
1. Die Späte Bronzezeit (1550–1200 v. Chr.) 1.1. Die Edelmetallfunde Die Ausgrabungsberichte von rund 31 Fundorten, die in der Späten Bronzezeit besiedelt waren, und sich im heutigen Israel, Palästina und Jordanien verteilen, wurden für die Datenaufnahmen untersucht. Einer der ersten Orte, der betrachtet werden soll, ist Acco. Die Funde aus Acco stammen sämtlich aus Grabkontexten. Hierbei handelt es sich um 22 Gold- und sieben Silberfunde.5 Aufgefunden wurden goldene Kopfbänder, Ringe, Fassungen für Skarabäen und Perlen. Aus Silber sind Ringe, Folien und nicht zu identifizierende Fragmente gefertigt. Weitere 65 Schmuckobjekte stammen aus Amman und wurden in einem Tempelkontext aufgefunden. Es handelt sich ausschließlich um Goldschmuck, wobei ebenfalls ein breites Spektrum an Objekten abgedeckt wird. So wurden diverse Blättchen, Ohrringe, Anhänger, Gewandnadeln, Rosetten und Fassungen gefunden.6 Der Fund einer einzelnen goldenen Gewandnadel wurde in Bahan gemacht.7 Eine weitere umfangreiche Anzahl (63 Stücke) von Funden stammt aus dem spatbronzezeitlichen Beth-Shean. Hierbei handelt es sich ähnlich wie in Amman fast nur um Goldobjekte (Gewandnadeln, Anhänger, Fassungen, Ohrringe, Folien, Armreifen, Drahtstücke) aus einem Tempelkontext. Dort wurden ebenfalls drei Silberobjekte gefunden.8 Ein einzelner Goldring wurde in einem Grab entdeckt.9 Sieben Goldanhänger, ein silberner Skaraboid und ein silberner Anhänger können keinem Kontext zugeordnet werden.10 In Beth-Shemesh wurde ein Hortfund gemacht. Dieser beinhaltete eine umfangreiche Anzahl an Goldobjekten (58 Stücke) sowie einen einzelnen Silber-
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Für diesen Beitrag wurden die aktuellen Daten, Stand Dezember 2020, aus der Datenbank entnommen. Die Datenbank beruht auf der momentanen Publikationslage und ist somit unvollständig, da regelmäßig neue archäologische Funde gemacht werden, die allerdings noch nicht oder nur in Teilen publiziert sind. 5 Ben-Arieh/Edelstein, 1977: 4, Pl. VIII: 13.14.15; 5, Pl. VIII: 1.2.4.10.11; 7, Pl. XI: 9.10.11; 8, Pl. XIV: 5; 13, Pl. XVIII: 1. 6 Hankey, 1995: 174: 3; 175: 1.3.4–9; 177. 7 Gonen, 1992: 57. 8 Rowe, 1940: 11, Pl. XXX: 33.35.38.39.48.51.53.57–60, Pl. XXXIV: 1–5.12–16.20–22; 20, Pl. XXX: 41.54, Pl. XXXV: 10, Pl. XXXVI: 13; 21, Pl. XXXIV: 10.11; Pl. LXVIIIA: 5; Keel, 2010a: 110, Nr. 32; James/McGovern, 1993: Fig. 107: 1–7. 9 Oren, 1973: Fig. 34.14. 10 McGovern, 1985: 113, No. 58; 119, No. 135.136; 124, No. 211; 129, No. 267; 132, No. 316.319.321; Keel, 2010a: 153, Nr. 128.
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ring.11 Daneben bestand er aus Perlen, Ohrringen, Anhängern, Ringen, Folien und Materialklumpen. Weitere Gold- und Silberobjekte wurden in Gräbern entdeckt. Dabei handelt es sich um Ohrringe und Ringe.12 Aus unbekannten Kontexten stammen zwei Ohrringe und ein Ring aus Gold.13 Bei weiteren Schmuckfunden aus Dan handelt es sich ausschließlich um Grabfunde. 27 Objekte sind aus Gold gefertigt und fünf aus Silber. Aus Gold wurden Streifen, Rosetten und ein Ohrring gefertigt, aus Silber mehrere Ohrringe/Ohrreifen.14 Nur vier Funde, zwei Fassungen aus Gold, eine Fassung aus Silber und ein Siegelring aus Elektrum, wurden in Deir el-Balah ausgegraben. Bis auf eine Goldfassung für einen Skarabäus, welche aus einem Grab stammt, können die Funde keinem Kontext zugeordnet werden.15 Die 63 Goldfunde aus Dhahrat el-Humraiya stammen alle aus Grabkontexten. Zu erwähnen ist die große Anzahl an Anhängern, die in Form von Lotusknospen (30 Stücke) und in einer länglichen Pendelform (23 Stücke) auftreten. Die anderen Fundgruppen sind Perlen und Finger/Siegelringe. Drei Ringe sowie ein Kopfband sind aus Silber gefertigt. Ein weiterer Fund war ein reifförmiger Ohrring aus Silber sowie die Fassung eines Skarabäus aus Elektrum.16 Aus Gezer stammen zwei Funde aus Silber, ein Ring und ein Stirnband, aus unbekannten Fundkontexten.17 In einem weiteren Tempelkontext wurden zwei Schmuckstücke in Hazor aufgefunden. Es handelt sich hierbei um einen Anhänger aus Gold18 und einen Ohrreif aus Silber19. Vier weitere Silberfunde sowie zwei Goldfunde kommen aus unbekannten Kontexten.20 Ein weiterer aufschlussreicher Fundort der SBZ ist Lachisch. Hier fanden sich insgesamt 36 Schmuckstücke. 18 Stücke können keinem genauen Kontext zugeordnet werden.21 Weitere 18 stammen aus verschiedenen Kontexten. So wurden ein Silberohrring in einem Wohnkontext22, ein Silberanhänger in einem Hortfund23 und ein Silberohrring und ein Silberring in einem Grab24 entdeckt. Neun Goldanhänger und ein goldener Ohrreif wurden in einem
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Keel, 2010a: 258, Nr. 99; 260, Nr. 100.102; Grant, 1931: Pl. XVIII. Grant, 1931: 132, No. 710.745; 188, No.454; 196, No. 520; 203, No. 734; 204, No. 736.758. 13 Grant/Wright, 1939: 153, Pl. LII:13; Pl. LIII:21 14 Biran/Ben-Dov, 2002: Tbl. 2.13., No. 246.247a–247j.248–254d.255a–b.256a–c. 15 Keel, 2010a: 432, Nr. 71; 452, Nr. 124; 455, Nr. 130; 460, Nr. 138. 16 Ory, 1948: 80, No. 44.297, Pl. XXXIII: 6; 81, 44.299–44.305/44.307, Pl. XXXIII: 2– 5.12–14.16.17; 84, No. 47.52; 85, No. 47.56, 47.57; 86, No. 47.63, No. 44.308, Pl. XXXIII: 11; 87, No. 44.310, 44.311, Pl. XXXIII: 1.16. 17 Gilmour, 2014: 113, No. 1329; Seger, 1988: Pl. 19: 8; Pl. 74C. 18 Yadin/Aharoni/Amiran et al., 1961: Pl. CLX: 32. 19 Ben-Tor et al., 1997: 61, Fig. II. 20:35. 20 Yadin/Aharoni/Amiran et al., 1961: Pl. CLX: 32; Pl. CLXIII: 28; Pl. CCLXX: 18.29.30; Pl. CCLXXVIII: 21.22. 21 Tufnell/Inge/Harding, 1940: Pl. XXVI: 4.6.9.15–18.20–23.26–30. 22 Ussishkin, 2004a: 205. 23 Tufnell/Inge/Harding, 1940: Pl. XXVI: 2. 24 Tufnell, 1958b: Pl. 25: 40.50. 12
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Tempelkontext entdeckt.25 Weitere fünf Goldfunde, Ohrringe, Anhänger und ein Amulett, stammen aus Grabkontexten.26 Eine umfangreiche Anzahl an Funden, 91 Stücke, kommt aus dem spätbronzezeitlichen Megiddo. Zehn dieser Funde können keinem Fundkontext zugeordnet werden. 37 der Schmuckstücke fanden sich in einem Hort und sind aus Gold gefertigt. Zwei Objekte (ein Ring und eine Perle) bestehen aus Elektrum. Unter den Goldfunden befinden sich Perlen, kleine Kosmetikgefäße, Rosetten und Objekte. Diese wurden wegen ihres materiellen Wertes versteckt.27 Weitere 44 Funde wurden in Gräbern entdeckt. Bis auf einen Ohrring aus Elektrum28 und neun Objekte aus Silber, sind sie ausschließlich aus Gold gefertigt. Bei den Objekten aus Silber handelt es sich um Armbänder, Ringe, Ohrringe und Gewandnadeln, bei den Goldobjekten um Perlen und Ohrringe.29 Eine einzelne silberne Gewandnadel wurde in einem Grab in Palmahim gefunden.30 In Pella wurde, ebenfalls in einem Grab, ein goldener Fingerring ausgegraben.31 Drei goldene Ohrringe stammen aus Rogem Hiri aus einem Wohnkontext.32 Je eine Fassung für einen Skarabäus aus Gold und aus Silber, wurden in Gräbern in Sahem entdeckt.33 Ein einzelner Anhänger aus Elektrum kommt aus einem Gebäude in Shechem.34 In Shiloh, Tel Anafa und Tel Gedor wurden drei Einzelfunde aus Gold in unbekannten Kontexten gemacht.35 Aus einem Gebäude in Tel Gerisa stammt ein goldener Fingerring.36 In Tel Hefer wurden alle Funde in Wohnkontexten gemacht. Sie setzen sich aus einem Goldblatt37 und sieben Silberobjekten (Perlen, Ohrringe und ein Amulett)38 zusammen. Jeweils drei Schmuckobjekte aus Gold und Silber wurden in Tel Nami in Gräbern gefunden.39 Ein einzelner Siegelring aus Gold wurde in einem Grab in Tel Shaddud entdeckt.40 Weitere acht Schmuckfunde kommen aus Tel Yinʿam, davon können allerdings sechs Silberfunde keinem Kontext zugeordnet werden. Ein Goldfragment und ein silberner Ohrring wurden in einem häuslichen Kontext gefunden.41 25
Tufnell/Inge/Harding, 1940: Pl. XXVI: 3.5.7–8.10–14.19. Tufnell, 1958b: Pl. 25: 16.24.38.60. 27 Loud, 1948: Pl. 202; Pl. 213: 56.59; Pl. 224: 8.23.24; Pl. 227: 6.7; Pl. 230: 1; Pl. 231: 2–4; Pl. 232: 5–8. 28 Guy, 1938: Pl. 95: 36. 29 Guy, 1938: Pl. 119:15. Pl. 128:5. Pl. 131:1. Pl. 145:22. Pl. 152:11; McGovern 1985: 129, No. 274; Loud, 1948: Pl. 223: 64. Pl. 224: 2–4. Zu den Goldfunden siehe Anmerkung 27. 30 Yannai/Gophna/Liphshitz, 2013: Fig. 22:14. 31 McNicoll/Smith/Hennessy, 1982: 47, Nr. 70. 32 Mizrachi et al., 1996: Fig. 15: 1–3. 33 Eggler/Keel, 2006: 372, Nr. 1 und 3. 34 McGovern, 1985: 134, Nr. 345. 35 Finkelstein, 1993: 1367; Keel, 1997: 640, Nr. 3; Keel, 2013: 134, Nr. 1. 36 Herzog, 1993: 483. 37 Excavations and Surveys in Israel, 1984: 46. 38 Paley/Porath, 1993: 612. 39 Gonen, 1992: 90. 40 Van den Brink et al., 2016: Area A, Fig. 5. 41 Liebowitz, 2003: 196, Fußnote 7, Fig. 41:11; 197, Foto 9:5. 26
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Alle sieben Goldfunde aus Tell Abu Hawam stammen aus unbekannten Kontexten.42 Ein einzelner silberner Ohrring, der in die SBZ datiert, wurde auf dem Friedhof von Tell ʿAra ausgegraben.43 Ebenfalls aus Gräbern stammen zwei silberne Ohrringe aus Tell Beit Mirsim.44 Insgesamt 49 Schmuckstücke wurden in Tell elʿAjjul, neun Objekte davon in unbekannten Kontexten, gefunden.45 12 Gold- und zwei Silberanhänger, sowie drei Goldfragmente und zehn Goldarmbänder kommen aus Gräbern.46 Je ein Anhänger aus Silber und aus Elektrum wurden in einem Palastkontext gefunden.47 Ein Anhänger aus Gold wurde bei neueren Grabungen in einem Hauskontext entdeckt.48 Aus einem Hortfund stammen verschiedene Goldobjekte (Ohrringe, Gewandnadeln, Perlen und Fassungen).49 Ein einzelner Silberanhänger wurde in Tell Ziraʿa in einem Wohnkontext entdeckt.50 Die 48 Goldobjekte, die während eines Unterwassersurveys vor der Küste von YavnehYam gefunden wurden, stammen vermutlich aus Schiffswracks. Es handelt sich hierbei um Anhänger, Perlen und nicht zu identifizierende Goldobjekte.51
1.2 Die Edelsteinfunde Die Daten der ausgewerteten Edelsteinfunde ergeben sich aus insgesamt 28 Fundorten, die sich in der Levante verteilen. Wie bereits bei der Besprechung der Edelmetallfunde erwähnt, kommen die Funde aus Amman aus einem Tempelkontext. Es wurde eine große Anzahl an Karneolperlen (18 Stücke), jeweils zwei Perlen aus Lapislazuli, Achat und Quarz, drei Perlen aus Steatit, vier aus Amethyst und fünf aus Jaspis gefunden.52 Aus Aphek stammt aus einem Grab und einem Wohngebäude jeweils eine Karneolperle.53 Eine einzelne Jaspisperle wurde in einem Gebäude in Ashdod entdeckt.54 Ein umfangreicher Hortfund mit 81 Karneolperlen wurde in Azekah gemacht.55
42
Hamilton, 1935: 60, Nr. 370, Pl. XV: 2, Nr. 371.372, Pl. XXXIX: 1; 64, Nr. 416.417, Pl. XXXIX: 1. 43 Yahalom-Mack, 2014: 224, Tab. 10.4:25. 44 Ben-Arieh, 2004: 197. 45 Petrie, 1934: Pl. 17:112, 18:112; Negbi, 1970: 61.77–78.91.128. 46 Negbi, 1970: 48, No. 256–265; Petrie, 1932: Pl. 3:29.41; McGovern, 1985: 130, No. 292; 131, No. 307. 47 Petrie, 1933: Taf. 14:31.32, 15:31; McGovern, 1985: 130, No. 284; 131, No. 294. 48 Fischer, 2002: 115.119, Fig. 10:1. 49 Negbi, 1970: 39, No. 26.27; 40, No. 43.44; 41, No. 96.97; 46, No. 214–217; 48, No. 255–265; 50, No. 301–311 50 Vieweger, 2011: 309. 51 Golani/Galili, 2015: 17.18, Fig. 2. 52 Hankey, 1995: 175.177. In diesem Fall kommen die Amethyst Perlen evtl. aus Ägypten und die Lapislazuli Perlen aus Badaschschan, Afghanistan, vgl. hierzu Hankey 1995: 176. 53 Kochavi, 2000: 399.408. 54 Dothan/Ben-Shlomo, 2005: 259. 55 Bliss, 1899: 106.
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In Bethel wurde in häuslichen Kontexten eine Perle aus Achat und eine aus Hämatit gefunden.56 Aus Beth-Shean kommen zwei Türkisanhänger, die in einem Tempelkontext gefunden wurden.57 Aus häuslichen Kontexten stammen acht Karneolanhänger58, einer aus Steatit und einer aus Lapislazuli.59 Eine Perle aus Onyx wurde in einem Grab gefunden.60 In Beth-Shemesh wurde in Gräbern eine große Anzahl an Karneolperlen (108 Stücke) entdeckt.61 Aus einem Gebäude kommen zehn Karneolanhänger.62 Aus Dan stammen zwei Perlen aus Achat und je eine aus Hämatit und Karneol aus Grabkontexten.63 In den Gräbern von Dhahrat elHumraiya wurden drei Amethystperlen und eine Karneolperle ausgegraben.64 In Deir el-Balah wurden in Gräbern, Skaraboide aus Steatit (2 Stücke) und je einer aus Amethyst und Karneol ausgegraben.65 Aus Gezer kommen alle Funde, bis auf zwei Achatperlen (aus einem Grabkontext), aus einem häuslichen Kontext. Dabei handelt es sich um sechs Perlen aus Karneol, zwei aus Achat, eine aus Quarz, sowie ein unbekanntes Objekt aus Lapislazuli.66 Die Funde aus Hazor stammen leider alle aus unbekannten Kontexten. Es sind sechs Karneolperlen und eine Türkisperle.67 Fünf Karneolperlen wurden in Horvat Zelef in Gräbern entdeckt.68 Bei den Funden aus Lachisch handelt es sich ebenfalls hauptsächlich um Karneolperlen. Sieben kommen aus Grabkontexten, drei Perlen und ein Anhänger aus häuslichen Kontexten. Eine Amethystperle wurde in einem Grab gefunden und eine aus Quarz in einem häuslichen Kontext. Aus einem Wohngebäude stammt ein Hämatitgewicht.69 Die Edelsteinfunde aus Megiddo sind sehr umfangreich und vielfältig im Material. Es handelt sich um insgesamt 344 Perlen, Anhänger, Amulette und Skaraboide aus Edelstein. Insgesamt elf Amethystperlen wurden gefunden, sechs in einem häuslichen Kontext und fünf in Grabkontexten.70 Die größte Anzahl bilden mit 286 Stücke die Karneolfunde, die meisten stammen aus einem häuslichen Kontext (156 Stücke). Weitere 125 Karneolobjekte kommen aus Grabkontexten und in einem Hortfund befanden sich ebenfalls fünf Karneolperlen.71 Vier Perlen 56
Albright/Kelso, 1968: 85.114. McGovern, 1985: 120, No. 144.147–151. 58 Diese haben meist die Form einer Knospe, einer Lotussamenkapsel oder eines Granatapfels. 59 McGovern, 1985: 132, No. 318; 133, No. 322 60 Oren, 1973: 203, No. 8. 61 Mackenzie/Duncan, 1912–1913: 63f, Pl. XXXI, XXXVIII. 62 McGovern, 1985: 120, No. 151. 63 Biran/Ben-Dov, 2002: 247. 64 Ory, 1948: 80, No. 44.298, Pl. XXXIII: 7; 85, No. 47.59. 65 Giveon, 1977: 69, No. 4–7. 66 Garth, 2014: 217.218.220.222.224.226.230.235. 67 Yadin et.al., 1958: Pl. CXLII: 1; Dies., 1961: Pl. CCII: 21, Pl. CCLXXVII: 15–19. 68 Covello-Paran, 2011: 29. 69 McGovern, 1985: 120, No. 152; 128, No. 257; Tufnell, 1958a: 281; Ussishkin, 2004a: 366.376.387.392. 70 Loud, 1948: Pl. 209.210.; Guy, 1938: Pl. 136.138.147. 71 Guy, 1938: Pl. 95.100.135.136.138.147.152.157.; Loud, 1948: Pl. 209–212.215; Finkelstein/Ussishkin/Cline, 2013: 894; McGovern, 1985: 120, No. 144.155–157. 57
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aus Chalzedon kommen aus Gräbern.72 Sechs Perlen wurden in einem Hort und sieben Perlen in einem häuslichen Kontext entdeckt, alle aus Kristall gefertigt.73 Zwei Hämatitanhänger fanden sich ebenfalls in Wohngebäuden.74 Acht Lapislazuliperlen kommen aus einem Hortfund.75 Weitere Perlen aus Hyalit (1 Stück), Quarz (15 Stücke) und Serpentin (2 Stücke) wurden in Grabkontexten gefunden.76 Eine Perle aus Steatit stammt aus einem Wohnhaus.77 Drei Karneolperlen und einen Achatperle wurden in Grabkontexten in Pella ausgegraben.78 Aus Rogem Hiri kommen zehn Karneolperlen aus einem häuslichen Kontext.79 In Gräbern in Tel ʿAra wurden vier einzelne Karneolperlen gefunden.80 Aus Wohnkontexten in Tel Batash (Timnah) stammen Perlen aus Karneol, Koralle und Achat.81 Dasselbe gilt für einen Anhänger aus Hämatit der in Tel Masos82 gefunden wurde, sowie für drei Karneolperlen und eine Hämatitperle aus Tel Mevorkah.83 Ebenfalls aus häuslichen Kontexten kommen sechs Karneolperlen, eine Kristallperle, eine Jaspisperle, zwei Quarzperlen und ein Hämatitanhänger aus Tell Beit Mirsim.84 Auch die Funde in Tell Deir ʿAlla wurden in einem Wohngebäude gemacht. Es handelt sich um einen Karneolanhänger und ein unbekanntes Objekt aus Hämatit.85 Die Funde aus Tell Jemmeh stammen aus unbekannten und häuslichen Kontexten. Es handelt sich um zwei Anhänger und drei Perlen aus Karneol, sowie um einen Kristallanhänger.86 In Tell Ziraʿa wurde eine Türkisperle in einem Haus gefunden.87 In Tell el-ʿAjjul wurden zwei Amethystanhänger, ein Reif aus Onyx, zwei Anhänger aus Karneol sowie 76 Perlen aus Karneol in Gräbern entdeckt. Eine Karneolperle stammt aus einem häuslichen Kontext. In einem Hort befanden sich zwei Skaraboide, einer aus Hämatit und einer aus Lapislazuli, sowie ein Anhänger aus Lapislazuli.88 Bei den Edelsteinfunden aus der Nekropole von Tell el-Farʿah (Süd) handelt es sich ausschließlich um Perlen (77 aus Karneol, zwei aus Diorit, drei aus Sardonyx, eine aus Hämatit, drei aus Jaspis, eine aus Chalzedon, zwei 72
Guy, 1938: Pl. 138. Loud, 1948: Pl. 206.210.213.214. 74 McGovern, 1985: 133, No. 325; Loud, 1948: Pl. 210. 75 Loud, 1948: Pl. 208. 76 Guy, 1938: Pl. 100.132.152 77 Loud, 1948: Pl. 214. 78 McNicoll/Smith/Hennessy, 1982: 47. 79 Mizrachi et.al., 1996: 185, Fig. 15. 80 Paz, 2014: 230, Fig. 11.1: 11.26; Fig. 11.2: 15.19; Vergleichbare Perlen fanden sich in Kabri und Megiddo. Siehe Paz, 2014: 229.234. 81 Panitz-Cohen/Mazar, 2006: 265, Tbl. 62:51.54.69. Diese Funde sind in der Publikation alle mit einem Fragezeichen versehen. Es ist nicht eindeutig geklärt um welche Steinarten es sich handelt. 82 Fritz/Kempinski, 1983: XII, Pl. 105:8.10. 83 Stern, 1984: 124. 84 Albright, 1938: 73–74, Pl. 39: 5.6.12.17–24. 85 Franken, 1992: 43 86 Petrie, 1928: Taf. XLV:9; Golani, 2014: 892–894, Tab. 22.1. 87 Dijkstra et al., 2009: 53. 88 McGovern, 1985: 112, No. 41; 115, No. 83.84; 127, No. 248; 130, No. 291; Negbi 1970: 51, No. 314.315; Petrie, 1931: 7.8, Pl. XV. 73
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aus Kristall und eine aus Türkis).89 Ein weiterer Fundort, der in die späte Bronzezeit datiert und an dem Edelsteine gefunden wurden, ist Tell es-Saʿidiyeh. Die Funde dort stammen alle aus Gräbern. Es handelt sich um insgesamt 572 Objekte aus Karneol (Perlen, Ringe), weitere Funde sind fünf Perlen aus Kristall.90
2. Der Übergang von der Späten Bronzezeit zur Eisenzeit (1550–1200 v. Chr.) 2.1. Die Edelmetallfunde Funde, die in die Übergangszeit von der SBZ in die EZ datieren kommen aus insgesamt 11 Fundorten. In Beth-Shean wurden 79 Schmuckfunde gemacht. Davon sind 50 aus Gold und 29 aus Silber. Drei Ohrringe aus Silber stammen aus Grabkontexten, die anderen Silberfunde aus Tempeln. Dabei handelt es sich um Scheiben, Perlen, Ringe, Anhänger, Armbänder, Armreifen und Ohrringe. 32 der Goldfunde kommen hauptsächlich aus Grabkontexten. Es sind Bänder, Ohrringe, Perlen und Fassungen für Skarabäen vertreten. Weitere 17 stammen aus Tempelkontexten und eine Fassung für einen Skarabäus wurde in einem häuslichen Kontext gefunden.91 Aus Beth-Shemesh stammen drei Silberohrringe aus einem unbekannten Kontext.92 In Deir el-Balah wurden 100 Schmuckstücke aus Gold und Silber ausgegraben. Davon kommen zehn (sieben Gold und drei Silberfunde) aus unbekannten Kontexten. 89 Goldfunde, wobei es sich hauptsächlich um Goldperlen, Anhänger und Goldfassungen handelt, wurden in Gräbern gefunden.93 Aus Gezer stammen hauptsächlich Schmuckstücke aus Silber. Acht Schmuckstücke aus Gold sowie 20 aus Silber kommen aus unbekannten Kontexten. Dabei handelt es sich um Ringe, Perlen und eine große Anzahl an Armreifen. Ein Hortfund mit insgesamt 43 Silberschmuckstücken wurde ebenfalls in Gezer entdeckt. Dieser bestand aus Perlen, Armreifen, Ohrringen und Gewandnadeln.94 Ein silberner Ohrring aus unbekanntem Kontext kommt aus Lachisch.95 In den Übergang von der SBZ in die EZ datieren weiterhin 95 Funde aus Megiddo. 82 davon, wobei es sich lediglich um zwei Silberfunde unter den Stücken aus Gold handelt, stammen aus unbe89
Petrie, 1932: Pl. XCIV.XCV.LXXII. Pritchard, 1980: 58; Tubb/Dorrell/Cobbing, 1997: 71–72; Green: noch nicht erschienen. 91 James/McGovern, 1993: Fig. 65:17, Fig. 73:4; Keel, 2010a: 110, Nr. 31; 136, Nr. 86; 138, Nr. 91; 152, Nr. 123; Oren, 1973: 217, No. 25, Fig. 77: 10; 221, No. 32a; 223, No. 23; 229, No. 16.19, Fig. 45: 16.19; 243, No. 7–12, Fig. 49: 7–12; Fig. 34: 11.13; Fig. 41: 22–24.27.33; Fig. 42b: 39; Fig. 46: 15; Fig. 77: 3; Rowe, 1940: 29, Pl. XXIX, Pl. XXXIII: 47–50; 30, Pl. 3.4.12.25, Pl. XXIX; Pl. XXX: 47. 92 Grant/Wright, 1934: 36, No. 56. 93 Dothan, 1979: 24, No. 49.50; 25, No. 57.58; 74–80.85; Keel, 2010a: 402, No. 2; 404, No. 6.8.9; 408, No. 14.15.17; 409, No. 21; 428, No. 62; 452, No. 122.123.125; 454, No. 127.128.133; 460, No. 139. 94 Macalister, 1912b: 99, Fig. 285; 102, Fig. 288:6.12.13–15; 109; 260, Fig. 406; 261, Pl. CXXVI: 13; 396, No. 28.297, Pl. CC: 26.31. 95 Ussishkin, 2004: 377, Locus 3821, Fig. 23.19, No. 2. 90
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kannten Kontexten. Elf goldene Schmuckstücke, Anhänger, Perlen und eine Schale wurden in einem Hortfund entdeckt. Zwei goldene Ohrringe kommen aus einem Grabkontext.96 Aus einem häuslichen Kontext in Mt. Ebel (el-Burna) stammt ein goldener Ohrring.97 In Pella wurden in einem Tempelkontext zwei Goldfolien entdeckt.98 Aus einem Grab aus Tel Eton kommt ein silberner Ohrring.99 In der Nekropole in Tell el-Farʿah (Süd) wurden 60 Schmuckfunde gemacht. Davon sind drei Fassungen für Skarabäen aus Elektrum gefertigt. 31 Funde sind silberne Schmuckstücke, hauptsächlich Perlen, Anhänger und Ringe. Bei den restlichen 32 goldenen Schmuckstücke handelt es sich weitestgehend um Fassungen für Skarabäen, Ringe und Ohrringe.100 Der letzte Fundort, dessen Funde in den Übergang von der SBZ zur EZ datieren, ist Tell es-Saʿidiyeh. Insgesamt 82 Funde wurden hier, ebenfalls in Gräbern, gemacht. Den größten Anteil nehmen 72 Perlen und zwei Gewandnadeln aus Elektrum ein. Weitere Funde sind zwei Stücke aus Gold, ein Ohrring und eine Perle101, weitere sechs Funde sind aus Silber. Dabei handelt es sich um einen Ohrring, Ringe und einen Anhänger.102 2.2. Die Edelsteinfunde Die Edelsteinfunde, die in die Übergangszeit von der SBZ zur EZ datiert werden können, stammen aus neun Fundorten. In Bethel wurden vier Karneolperlen, zwei Anhänger aus Karneol, eine Perle aus Steatit und eine aus Topas in häuslichen Kontexten gefunden.103 Eine größere Menge an Karneolfunden kommt aus BethShean. Hier wurden 46 Perlen und 50 Anhänger aus Karneol in Gräbern gefunden. Ebenso wurden eine Perle und ein Amulett aus Onyx gefertigt. Die Funde stammen ebenfalls aus Gräbern.104 Aus Gräbern in Deir el-Balah kommen 24 Karneolperlen und ein Ring aus Karneol.105 Zwei Karneolperlen wurden in einem Grab in Gezer entdeckt.106 Die Funde aus Megiddo sind auch für diesen Zeitraum sehr umfangreich, jedoch nicht so vielfältig, da es sich weitestgehend um 96
Loud, 1948: Pl. 152: 189.209; Pl. 205: 9.15.19; Pl. 214: 81–84.86.99; Pl. 215: 103– 108.110–113; Pl. 224: 12.17.26–28; Pl. 225: 17.18; Pl. 235: 23; Ussishkin/Halpern/Finkelstein, 2000: 388, 6.1.1, Fig. 12.27.1. 97 Zertal, 1987: 150, Tab 4:12, Pl. 19:8. 98 Bourke, 2012: Fig. 11:1. 99 Faust, 2015: 202. 100 Keel, 2010b: 224, No. 458; 226, No. 463; 228, No. 469; 240, No. 495.496; 246, No. 510; 258, No. 538; 260, No. 543; 266, No. 557; 280, No. 586; 288, No. 606; 294, No.625; 298, No. 631; 310, No. 662; 314, No. 674; 316, No. 675; 332, No. 714; 404, No. 899; 424, No. 950; Petrie, 1930: 11, Pl. XXXVI; Starkey/Harding, 1932: Pl. XCI–XCIV.XLIX.L– LVI. 101 Green: pers. Kommunikation. 102 Tubb/Dorrell/Cobbing, 1997: 39.79; Pritchard, 1980: 38.58; Green: pers. Kommunikation. 103 Albright/Kelso, 1968: 85.88.90.225.232, Pl. 46:13. 104 Oren, 1973: 217, No. 13–16.21.30–32; 221, No. 33–38; 229, No. 17.18; 243, No. 13– 18; 245, No. 17.18; Fig. 77:4.6.11–13. 105 Dothan, 1979: 24.25.42.43. 106 Gonen, 1992: 62f.
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Schmuck aus Karneol handelt. Aus Gräbern stammen je eine Perle aus Karneol, Jaspis und zwei Perlen aus Malachit.107 Aus häuslichen Kontexten kommen neun Perlen aus Karneol und eine aus Quarz.108 Der größte Fund wurde jedoch in einem Hort gemacht. Dieser beinhaltete mehr als 1000 Karneolperlen.109 Ebenfalls in Gräbern wurden in Tel Eton Perlen aus Karneol (20 Stück) und aus Malachit (fünf Stück) gefunden.110 In Tel Masos wurde eine Karneolperle in einem Haus ausgegraben.111 Wiederum in Gräbern wurde in Tell Beit Mirsim eine größere Anzahl an Perlen aus verschiedenen Materialien entdeckt. Es handelt sich um je eine einzelne Perle aus Amethyst, Jaspis und Kristall, sowie je zehn Perlen aus Karneol und Kalkstein.112 Aus dem gleichen Fundkontext stammen Perlen aus Tell el-Farʿah (Süd), zwei aus Karneol und drei aus Kristall.113 Dasselbe gilt für Tell esSaʿidiyeh, hier wurden neun Karneolperlen gefunden.114
3. Die Eisenzeit (1200–1000 v. Chr.) 3.1. Die Edelmetallfunde Die Edelmetallfunde, die in die Eisenzeit datieren, stammen aus 14 Fundorten. Zwei Goldfunde, ein Anhänger und ein Ohrring wurden in Aphek in einem häuslichen Kontext ausgegraben.115 Die Funde aus Ashdod stammen leider alle aus unbekannten Kontexten. Es handelt sich um einen Ohrring aus Elektrum116, einen Anhänger und einen Skaraboiden aus Gold117. Fünf Schmuckstücke, eines aus Gold (Mouthpiece118) und vier aus Silber (Armband, Ohrringe), wurden in Gräbern in Azor gefunden.119 Insgesamt 79 Schmuckstücke wurden in Beth-Shean in verschiedenen Kontexten entdeckt. Bei den Silberfunden (39 Stück) handelt es bis auf ein Schmuckstück (eine Perle aus einem Tempel120) um Funde aus drei Horten. Darin waren unter anderem kleine Barren aus Silber enthalten. Der Rest ist eine Kollektion 107
Guy, 1938: Pl. 161. Finkelstein/Ussishkin/Cline, 2013: 894; Loud, 1948: Pl. 214. 109 Arie/Finkelstein, 2012: „There were also over one thousand beads made from semiprecious carnelian, which was frequently used in the making of Egyptian jewellery in the same period.“ 110 Edelstein/Aurant, 1992: 30. 111 Fritz/Kempinski, 1983: XII, Pl. 105:8.10. 112 Ben-Arieh, 2004: 197.199.200. 113 Petrie, 1930: Pl. XXIX. 114 Green: noch nicht erschienen. 115 Yahalom-Mack/Shalev, 2009: 420, Tbl. 13.3: 74.75. 116 Dothan/Ben-Shlomo, 2005: Tbl. 4.3, Fig. 4.1:1. 117 Dothan/Porath, 1993: Fig. 24:10; Dothan/Ben-Shlomo, 2005: Tbl. 4.3, Fig. 4.1:4. 118 Dabei handelt es sich um Folien/Blättchen, die oft mit Löchern an beiden Enden versehen sind. Diese wurden dem Toten über den Mund gelegt. Da die Übersetzung als „Mundstück“ kritisch zu sehen ist, wird in diesem Fall weiterhin die englische Bezeichnung verwendet. 119 Ben-Shlomo, 2012: Fig. 5.25:17.18.20; Bloch-Smith, 1992: 152ff. 120 James/McGovern, 1993: Fig. 62. 108
Edelmetalle und Edelsteine in der Südlevante
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verschiedener Schmuckstücke.121 Fünf der Goldfunde kommen aus häuslichen Kontexten.122 Weitere 29 Stücke sind Goldfolien, die ebenfalls aus derartigen Kontexten kommen.123 Zwei Ohrringe wurden in einem Hort124 gefunden und vier Goldperlen kommen aus einem Tempelkontext125. Aus ʻEn Neshev stammt eine Goldfassung für einen Skarabäus aus unbekanntem Kontext.126 Die Zahl der Funde in Lachisch ist im Verhältnis zu den Funden, die in die SBZ datieren, gering. Es wurden 14 Schmuckstücke gefunden. Sechs (ein Ohrring aus Silber, bei den restlichen handelt es sich um Goldobjekte) können jedoch keinem eindeutigen Kontext zugeordnet werden. Sechs Objekte, ebenfalls aus Gold, stammen aus einem Tempelkontext und eine Perle aus einem Grab. Diese Stücke bestehen hauptsächlich aus Folien bzw. dünnen Plaketten.127 Ein sehr umfangreiches Ensemble an Funden wurde in Megiddo gemacht. Es handelt sich um 57 Gold- und 108 Silberobjekte128. Hier ist jedoch zu beachten, dass allein 105 Silberobjekte129 aus einem Hortfund stammen. Darin enthalten war eine große Anzahl an Schmuckfragmenten, die zur Einschmelzung und Wiederverwendung vorgesehen waren. Aus einem Grabkontext kommt ein silberner Ohrring und eine Gewandnadel.130 Ebenfalls aus einem Hortfund stammen 18 Goldohrringe.131 Fünf Goldobjekte sind keinem Kontext zuzuordnen132, die restlichen Goldfunde wurden in Grabkontexten entdeckt. Dies sind Perlen, Ringe, Fassungen für Skarabäen, Ohrringe und Folien.133 Zwei Goldfunde, ein Ring mit einem Skarabäus sowie die Fassung für einen Skarabäus, aus unbekanntem Kontext kommen aus Tel Miqne (Ekron).134 Zwei weitere Funde, ein Silberfragment und ein goldener Ohrring aus unbekanntem Kontext stammen aus Tell Abu Hawam.135 Ein einzelner goldener Ohrring wurde in Tell Deir ʿAlla in einem Tempelkontext gefunden.136 Fünfzehn Gold- und zwei Silberfunde wurde in Tell Jemmeh gemacht. Diese Ohrringe, Folien, Bänder und eine Scheibe können keinem Kontext zugeordnet werden.137 Drei Goldfunde, 121 Panitz-Cohen/Mazar, 2009: 597–608, bes. 601, Tbl. 11.1. In diesem Fall hat die Isotopenanalyse des Silbers ergeben, dass es aus der Ägäis und Anatolien kam. Siehe zum Ursprung des Silbers im Folgenden auch Anmerkung 159. 122 Panitz-Cohen/Mazar, 2009: 627, Tbl. 11.12:1.3.4.15.26. 123 Panitz-Cohen/Mazar, 2009: 634.635. 124 Panitz-Cohen/Mazar, 2009: 627, Tbl. 11.12:2.13. 125 James/McGovern, 1993: Fig. 62. 126 Keel, 2010a: 572, Nr. 3. 127 Ussishkin, 2004a: 271.274.278.362.364.365.366, Fig. 23.19:3.6, Fig. 23.30:3; Tufnell, 1953b: Pl. 25:63. 128 Loud, 1948: Pl. 228:4–6; Pl. 229:7–9; Arie/Finkelstein, 2012; Guy, 1938: Pl. 167:4.16. 129 Siehe Loud, 1948. 130 Guy, 1938: Pl. 167:4.16. 131 Arie/Finkelstein, 2012. 132 Loud, 1948: Pl. 215:123; Finkelstein/Ussishkin/Cline, 2013: No. 698, Fig. 15.25. 133 Guy, 1938: Pl. 165:3–8.16–18; Pl. 166:1–9; Pl. 167:4.12.14.15. 134 Keel, 2010a: 540, Nr. 52. 135 Hamilton, 1935: 35, Nr. 218, Pl. XXXIX:1. 136 Franken, 1992: 32. 137 Petrie, 1928: 10.
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Susanne Maier
zwei Ohrringe und eine Folie, kommen aus nicht bekannten Kontexten aus Tell Qasile.138 Ein breiteres Spektrum an Funden (40 Stück) wurde in der Nekropole Tell elFarʻah (Süd) ausgegraben. Dabei handelt es sich um eine Perle und einen Ohrring aus Elektrum139, 27 Perlen aus Gold, acht Ohrringe und zwei Fassungen für Skarabäen, ebenfalls aus Gold140, sowie zwei silberne Ohrringe und zwei Perlen141. Ein einzelnes Goldblättchen wurde in einem häuslichen Kontext in Tell elWawiyat (Tell Tanim) gefunden.142 3.2. Die Edelsteinfunde Im Vergleich zur Übergangszeit zwischen SBZ und EZ gesehen, sind die Schmuckfunde, die in die EZ datiert werden können, wieder umfangreicher. Sie stammen aus 15 Fundorten, einer ebenfalls wieder gewachsenen Anzahl. Der erste zu nennende Fundort ist Ashdod. Hier wurden die Schmuckfunde ausschließlich in häuslichen Kontexten gemacht. Es handelt sich um je einen Anhänger aus Karneol und Hämatit, je fünf Perlen aus Karneol und Kalkstein und je eine Perle aus Quarz und Hämatit.143 In einem Grab in Ashdod-Yam wurden zwei Karneolperlen entdeckt.144 Zwei weitere Karneolperlen kommen aus Azor aus einem Grab.145 Es handelt sich bei den Funden aus Bethel um Karneolobjekte und zwar eine Scheibe, eine Perle und einen Anhänger, die alle aus unbekannten Kontexten kommen.146 Aus häuslichen Kontexten stammen die Edelsteinfunde aus BethShean. Diese umfassen einen Anhänger aus Achat, eine Perle aus Kristall, eine Perle aus Lapislazuli, 26 Perlen und acht Anhänger aus Karneol.147 Die Edelsteinfunde aus Gezer sind wieder umfangreicher und vielfältiger. Es wurde ein Anhänger aus Karneol in einem Gebäude, ein Gewicht aus Jaspis und ein unbekanntes Stück aus Onyx in Gräbern und Perlen aus Achat (drei Stück) in einem häuslichen Kontext, aus Amethyst (ein Stück) in einem Grab, aus Karneol (neun Stück) in häuslichen Kontexten, je eine aus Hämatit und Kristall in einem Grab und zwei aus Serpentin in einem Haus gefunden.148 In einem eisenzeitlichen Wohnhaus in Jerusalem wurde eine Perle aus Karneol ausgegraben.149 Wiederrum aus unbekanntem Fundkontext kommt eine Karneolperle aus Khirbet 138
Mazar, 1985: 9. Petrie, 1930: 11, Taf. XXXVII; Starkey/Harding, 1932: Taf. XCV. 140 Keel, 2010b: 96, No. 159.161; Petrie, 1930: 7–10, Pl. XXII: 196–198; Pl. XXXIII: 345.367.368; Pl. XXXVII: 384; Starkey/Harding, 1932: Pl. XCV. 141 Petrie, 1930; Pl. XXXVI: oben links; Starkey/Harding, 1932: Pl. XCV; Pl. XCII; Pl. L. 142 Nakhai/Dessel/Wisthoff, 1993: 1501. 143 Dothan/Ben-Shlomo, 2005: 258.259.260. 144 Bloch-Smith, 1992: 174. 145 Bloch-Smith, 1992: 157f. 146 Albright/Kelso, 1968: 100–102. 147 Panitz-Cohen/Mazar, 2009: 628, Tbl. 11.12:28–33; 629, Tbl. 11.12: 37.38.40.42–44. 46–50. 52–61. 148 Garth, 2014: 217–219.224.227.228.232.235.238.239; Macalister, 1912a: 296, Pl. 56:21. 149 Swersky, 1995: 270. 139
Edelmetalle und Edelsteine in der Südlevante
387
ed-Dawwara (Süd).150 In Lachisch wurden zwei Karneolperlen in häuslichem Kontext und ein Hämatitanhänger in einem Grab entdeckt151, sowie ein Spinnwirtel in konischer Form aus Serpentin aus einem unbekannten Kontext.152 In Megiddo zeigt sich weiterhin eine hohe Anzahl an Edelsteinfunden. So wurden Perlen aus Achat (ein Stück in einem Gebäude), Karneol (247 Stück, 164 davon in einem Haus, 43 Stück in Gräbern), aus Lapislazuli und Serpentin, je eine in einem häuslichen Kontext, gefunden. Amulette bzw. Anhänger aus Karneol, Serpentin und Steatit fanden sich als Einzelstücke ebenfalls in häuslichen Kontexten.153 Eine einzelne Karneolperle wurde in Tel Aviv in einem Grab entdeckt.154 Aus der Nekopole Tell el-Farʿah (Süd) stammt wieder eine sehr hohe Anzahl an Edelsteinperlen. Auch hier bilden die Karneolperlen mit 446 Stück den größten Anteil. Weitere 13 Perlen sind aus Hämatit, 23 aus Sardonyx, acht aus Kristall, je zwei aus Amethyst, Diorit und Onyx, und je ein Exemplar ist aus Koralle, Jaspis und Quarz gefertigt.155 Ebenfalls aus Gräbern sind die drei Karneolperlen, die in Tell es-Saʿidiyeh gefunden wurden.156 Die Edelsteine aus Tell Jemmeh wurden bis auf eine Karneolperle aus unbekanntem Kontext, in einem Hort entdeckt. Es handelt sich um 12 Perlen aus Karneol und je vier aus Achat bzw. Onyx.157 Ein weiterer Fundort dieser Zeitstufe ist Tell Qasile, wo zwei Karneolperlen gefunden wurden, eine in einem unbekannten Kontext und eine in einem Tempelkontext.158
4. Auswertung 4.1. Die Edelmetalle Wie in den obigen Abschnitten aufgeführt, stammen die Edelmetallfunde aus verschiedenen Fundorten. Die Anzahl dieser Orte schwankt in jeder Zeitstufe. Dies kann sich mit fehlenden Ausgrabungsdaten und/oder noch nicht vorhandenen Ausgrabungsergebnissen oder evtl. fehlerhaft zugeordneten Funden erklären lassen. Eine alternative Erklärung wäre, dass die Späte Bronzezeit in der Levante besser erforscht ist als die anderen Zeitstufen. So konnten die Funde aus insgesamt 31 Fundorten in die SBZ, die Funde aus 11 Fundorten in den Übergang von der SBZ zur EZ und die Funde aus 14 Fundorten in die EZ eingeordnet werden.
150
Finkelstein, 1990: 196. Ussishkin, 2004a: 274; Tufnell, 1953a: 224; Tufnell, 1953b: Pl. 56:21. 152 Ussishkin, 2004a: 377, Locus 3821. 153 Lamon/Shipton, 1939: Pl. 74:45; Pl. 90:66; Pl. 92:61.69; Bloch-Smith, 1992: 154f; Guy, 1938: Pl.165.168; Loud, 1948: Pl. 165.168.206.216. 154 Avissar, 2006: Fig. 2: Pit A, finds. 155 Petrie, 1932: Pl. XCIV.XCV.LXXII. 156 Green: noch nicht erschienen. 157 Petrie, 1928: 10, Pl. XXII. 158 Mazar, 1985: 18. 151
388
Susanne Maier
SBZ
SILBER
75
GOLD
526
ELEKTRUM
6
SBZ-EZ
SILBER
143
GOLD
281
ELEKTRUM
77
EZ
SILBER
161
GOLD
175
ELEKTRUM
3 0
100
200
300
400
500
600
Abb. 1: Darstellung der verwendeten Edelmetalle
Anhand des erstellten Diagramms (Abb. 1), welches die Gesamtzahl der jeweiligen Edelmetallfunde jeder Periode zeigt, lässt sich eindeutig erkennen, dass zur Schmuckherstellung hauptsächlich Gold verwendet wurde. Ursprung des Goldes war meist Ägypten. Da bei Gold jedoch schlecht nachgewiesen werden kann, woher das Material kommt, kann dies an dieser Stelle nicht eindeutig aufgezeigt werden. Auch wenn die Menge des verwendeten Goldes, anhand der aufgenommene Zahlen, nach der Späten Bronzezeit nachlässt. Dagegen scheint der Gebrauch von Silber anzusteigen. Zum Material Elektrum kann gesagt werden, dass es z.T. schwer von Silber zu unterscheiden ist. Somit wurden evtl. nicht alle Silberfunde als Elektrum erkannt.159
159
Zu Elektrum siehe Anmerkung 2. Silberobjekte gelangten als Beutestücke aus der Levante in den ägyptischen Raum. Es war ein sehr geschätztes, seltenes und teures Material im Vergleich zu Gold. Auch in späterer Zeit, zur Zeit des Neuen Reiches (18.–20. Dynastie), betrug der Wert des Silbers zu Gold 2:1 und in anderen Teilen der antiken Welt, bis in die Persische Zeit, sogar 13:1, während es in Ägypten zum Standardmaterial für Größeneinheiten wurde. Gale/Stos-Gale, 1981: 113, kamen durch die Analyse von Isotopen an verschiedenen Schmuckstücken aus Silber zu dem Ergebnis, dass 50 % der Artefakte aus „Aurian“ Silber oder Elektrum, das in natürlichem Gold vorkommen kann, bestehen. Weitere 25 % besaßen einen Goldanteil mit über 25 %. Dies zeigt, dass Ägypten sehr wohl Zugang zu Silber über ein silberreiches Gold hatte, welches eventuell in denselben Minen abgebaut werden konnte.
Edelmetalle und Edelsteine in der Südlevante SBZ Silber 1 10 1
Gold 2 109 11 2 1 1 13 60 6 12 6 2 1 4 1 3 3 58 98
Amulett Anhänger Armband/Armreif Blatt Draht Fassung Schmuck Fassung Skarabäus Folie Fragment Gewand/Nadel Gewicht Haarring Halbmond/(Ohr-) Reif Knopf Kopf/Stirnband Kosmetikgefäß Mundstück Ohrring Perle Plakette Ring Rosette Schale Scheibe Schmuck Siegelring Skarabäusring Skaraboid Sonstiges Stecker Streifen Verzierung
Elektr.
Gold 13 32
2
SBZ-EZ Silber Elektr. 1 5 26
389
Gold 1 5
4 2
3 1
3 2 28 7 2
2 1 3 2 1
2 2 4 3 5
6
4
3
2
8 38 1 1
EZ Silber 1
Elektr.
2 6
4 108 2 10
1 1
1 1 16 5
12 25
12
1 3 4
3 3
2 39 130 1 4
1 1
12
6 52 44 1 4
3
1
27 40
72
18 3
2 1
3
1 3 1 1
3 1 2
4 43 7 30 3
8
4 3
1
1
5 1 2
1
1
1
1
Abb. 2 Darstellung der Objekte mit den entsprechenden Materialien und Zeiträumen
Grab Hort/Depot Tempel Palast Unbekannt Sonstige Wohn-/Gebäude
Gold 186 104 126 56 48 6
SBZ Silber 40 2 5 1 19 8
Gold 157 8 19
SBZ-EZ Silber 42 46 26
1 1
95
29
1
2
Elektr. 1 2
Elektr. 77
Gold 72 20 12 29 5 37
Abb. 3 Darstellung der Edelmetalle mit den Fundkontexten
EZ Silber 12 144 1 3 1
Elektr. 2
1
390
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In Abbildung 2 ist das Verhältnis der Objekte, die aus den jeweiligen Edelmetallen gefertigt sind, und ihre Verteilung in den entsprechenden Zeiträumen dargestellt. Hier lässt sich eindeutig erkennen, dass die am meisten aus Edelmetallen angefertigten Objekte Anhänger, Perlen und Ohrringe sind. Alle anderen Objekte sind in kleineren Mengen vorhanden. Hinsichtlich der Fundkontexte lässt sich in Abbildung 3 erkennen, dass die meisten Funde mit Gräbern und Hort/Depotfunden sowie Tempeln in Verbindung gebracht werden können. Ein großer Anteil der Funde kann dagegen keinem eindeutigen Kontext zugeordnet werden. 4.2. Die Edelsteine Auch die Edelsteinfunde kommen aus einer unterschiedlichen Anzahl an Fundorten. In der SBZ sind dies 26, in der Übergangszeit von der SBZ zur EZ neun und in der EZ 15 Fundorte. Wie in den jeweiligen Abschnitten über die Edelsteine aufgeführt, wurden verschiedene Edel- und Halbedelsteine für die Schmuckproduktion verwendet. Da Karneol in einer sehr großen Menge, in der SBZ sind es 1306 Objekte160, in der SBZ–EZ sind es 1085161 und in der EZ 735162 Objekte, 160
Amman: Hankey, 1995: 177; Aphek: Kochavi, 2000: 399.408; Azekah: Bliss, 1899: 106; Beth-Shean: McGovern, 1985: 120, IV.F.5a: 144.147–150; 133, IV.F.2:333; Beth Shemesh: McGovern, 1985: 120, IV.F.5.b: 151; Mackenzie/Duncan, 1912–1913: 63f, Pl. XXXI.XXXVIII; Dan: Biran/Ben-Dov, 2002: 247; Dhahrat el-Humraiya: Ory, 1948: 80, No. 44.298, Pl. XXXIII: 7; Deir el-Balah: Giveon, 1977: 69, No.4–7; Gezer: Garth, 2014: 217.218.220.230.235; Hazor: Yadin et al., 1958: Pl. CXLII: 17; Yadin et al., 1961: Pl. CCLXXVII: 15–19; Horvat Zelef: Covello-Paran, 2011: 29; Lachisch: McGovern, 1985: 120, IV.F.5.b:152; 128, V.F.2: 257; Tufnell, 1958a: 281; Ussishkin, 2004a: 366, 376, 392; Megiddo: Guy, 1938: Pl. 95.100.135.136.138.147.152.157; Loud, 1948: Pl. 205; Pella: McNicoll/Smith Hennessy, 1982: 47; Rogem Hiri: Mizrachi et al., 1996: 185, Fig. 15; Tel ʿAra: Paz, 2014: 230, Fig. 11.1: 11, 26; Fig. 11.2: 15, 19; Tel Batash (Timnah): PanitzCohen/Mazar 2006: 265, Tbl. 62; Tel Mevorakh: Stern, 1984: 124; Tell Beit Mirsim: Albright, 1938: 73–74, Pl. 39: 17–23; Tell Deir ʿAlla: Franken, 1992: 43; Tell Jemmeh: Petrie, 1928: Pl. XLV: 9; Golani, 2014: 892, Tab. 22.1; 893, 894, Tab. 22.1; Tell el-Farʿah (Süd): Petrie, 1932: Pl. XCIV, XCV, LXXII; Tell el-ʿAjjul: McGovern 1985: 115, III.D: 83; 127, V:E1.d: 248; Petrie, 1931, 7–8, Pl. XV; Tell es-Saʿidiyeh: Green: noch nicht erschienen; Tubb/Dorrell/Cobbing, 1997: 71–72; Pritchard, 1980: 56.58.62.68.70. 161 Bethel: Albright/Kelso, 1968: 85.88.90.114, Pl. 46:13.121; Beth-Shean: Oren, 1973: 217, No. 13–16.21.30.31.32; 221, No. 33–38; 229, No. 17, 18; 243, No. 13–16, 18; 245, No. 17; Deir el-Balah: Dothan, 1979: 24.25.42.43; Gezer: Gonen, 1992: 62f; Megiddo: Guy, 1938: Pl. 161; Loud, 1948: Pl. 214; Arie/Finkelstein, 2012; Tel Eton: Edelstein/ Aurant, 1992: 30; Tel Masos: Fritz/Kempinski, 1983: XII; Tell Beit Mirsim: Ben-Arieh, 2004: 197.199.200; Tell el-Farʿah (Süd): Petrie, 1930: Pl. XXIX; Tell es-Saʿidiyeh: Green: noch nicht erschienen. 162 Ashdod: Dothan/Ben-Shlomo, 2005: 259; Ashdod-Yam: Bloch-Smith, 1992: 174; Azor: Bloch-Smith, 1992: 157f.; Bethel: Albright/Kelso, 1968: 100–102; Beth-Shean: PanitzCohen/Mazar, 2009: 628.629; Gezer: Garth, 2014: 217–219.224.227.228.232.235. 238.239; Jerusalem: Swersky, 1995: 270; Khirbet ed-Dawwara (Süd): Finkelstein, 1990: 196; Lachisch: Ussishkin, 2004a: 274; Megiddo: Bloch-Smith, 1992: 154f.; Guy, 1938: Pl. 165.168; Loud, 1948: Pl. 206.216; Tel Aviv: Avissar, 2006; Tell el-Farʿah (South): Petrie, 1930: Pl. XXXVII; Petrie, 1932: Pl. XCIV.XCV.LXXII; Tell es-Saʿidiyeh: Green: noch nicht erschienen; Tell Jemmeh: Petrie, 1928: 10, Tf. XXII; Tell Qasile: Mazar, 1985: 18.
Edelmetalle und Edelsteine in der Südlevante
391
EZ
SBZ-EZ
SBZ
verwendet wurde, werden die Daten nicht ins Diagramm mitaufgenommen, um die anderen Edelsteine besser darstellen zu können. Anhand dieser Zahlen ist eindeutig, dass Karneol in allen drei Zeitstufen in großen Mengen verfügbar war und auch entsprechend genutzt bzw. über einen langen Zeitraum wiederverwendet wurde. Amethyst Chalzedon Diorit Hämatit Jaspis Koralle Kristall Lapislazuli Onyx Opal/Hyalit Quarz Sardonyx Serpentin Steatit Türkis Achat Hämatit Jaspis Kalkstein Kristall Malachit Quarz Steatit Topas Achat Amethyst Amethyst Chalzedon Diorit Hämatit Jaspis Kalkstein Koralle Kristall Lapislazuli Onyx Quarz Sadonyx Serpentin Steatit
22 5 2 11 10 1 23 14 1 1 21 3 2 7 5 11 5 2 10 4 2 1 1 1 9 1 3 1 4 17 2 5 1 8 2 7 2 23 4 1 0
5
10
15
20
25
Abb. 4 Darstellung der verwendeten Edel-/Halbedelsteine
Im Diagramm (Abb. 4) zeigt sich eindeutig, dass die meisten Steine in der Späten Bronzezeit verwendet wurden. Die Vielfältigkeit der Steinarten variiert in den verschiedenen Zeitstufen, wobei im Übergang von der SBZ zur EZ am wenigsten Steinarten verwendet worden sind. In der SBZ sind alle oben aufgeführten Steine bis auf Malachit und Topas verwendet worden, im Übergang von der SBZ zur EZ wurden eher leichter zugängliche Steinarten wie Kalkstein verwendet. Aufgeführt
392
Susanne Maier
sind deshalb einige Kalksteinperlen, die im Verbund mit anderen Edelsteinperlen gefunden wurden. Sie verdeutlichen, dass die Schmuckstücke sehr vielfältig, bunt und auch aus einfachen Materialien gestaltet waren. In der EZ wiederrum wurden kein Malachit, Quarz, Topas und Türkis verwendet. Auch die Verwendung von Lapislazuli scheint nach der SBZ abzubrechen bzw. das Material scheint nur noch in kleinen Mengen vorhanden gewesen zu sein. Amulett Achat Amethyst Chalzedon Koralle Kristall Diorit Hämatit Jaspis Lapislazuli Kalkstein Malachit Onyx Opal/Hyalit Quarz Sardonyx Serpentin Steatit Topas Türkis
Anhänger
Gewicht
Halbmond/ Reif
1 2
2 7
1 1
2
1
1 2 2
Perle 19 20 6 2 35 6 24 13 12 15 2 6 1 24 26 5 5 1 3
Skaraboid
Sonstige
1
2
1
1
1
1
2
Abb. 5 Darstellung der Objekte und der Steinarten die dafür verwendet wurden
Wie oben bereits erwähnt wurden vielfältige Arten von Steinen verwendet. Bei Karneol handelt es sich um einen beliebten und weit verbreiteten Stein im Vorderen Orient. Dieser Stein ist eine Variante des Silikatminerals Chalzedon. Karneol kann an der Erdoberfläche auftreten, aber taucht meistens als Ader in vulkanischem Gestein auf. Ein Teil des Karneols stammt evtl. aus dem Negev und Sinai, vermutlich aber eher aus Anatolien, Nordsyrien und möglicherweise Ägypten. Dort befinden sich jedoch nur sehr kleine Vorkommen, größere hingegen in Indien und im Jemen.163 Bei Achat handelt es sich ebenfalls um eine Varietät des Chalzedons. Achatvorkommen sind aus Zypern, Ägypten, Indien und dem griechischen Raum bekannt. Unter anderem gibt es Fundstellen entlang des Roten Meeres, im Iran und in Syrien.164 Lapislazuli tritt in der Regel als Gesteinsader auf, muss somit also abgebaut werden. Wie in Anmerkung 52 bereits erwähnt stammte er aus Badaschschan in Afghanistan. Jedoch besteht bei Lapislazuli die 163 164
Schoop, 1995: 69f. Hochleitner, 2009: 336; Zwickel, 2002: 59–60.
Edelmetalle und Edelsteine in der Südlevante
393
Gefahr diesen mit dem sehr ähnlichen Lasurit zu verwechseln, der weitaus öfter vorkommt. Hier sind Lagerstätten im Iran und Afghanistan bekannt.165 Um ein eisenhaltiges Gestein handelt es sich bei Hämatit, dessen Färbung von metallisch schwarz bis blutrot reicht. Dieser kommt in fast allen Gesteinsarten in den verschiedenen Aggregatzuständen, Grobkristallin (Eisenglanz), dicht und schleifbar (Blutstein), dünnblättrig (Eisenglimmer), feinkörnig und dicht (Roteisenerz) und erdig-pulvrig (Roter Eisenocker) vor.166 Amethyst hingegen ist eine violette oder purpurfarbene Variante des Quarzes/Bergkristalls. Die Färbung ist durchsichtig über hellviolett bis zu tiefviolett. Meist sind die Spitzen des Steines dunkel gefärbt und der Rest besteht aus milchigem bzw. reinem Bergkristall. AmethystLagerstätten sind aus Indien und Russland bekannt.167 Bei den genannten Steinarten handelt es sich um die am häufigsten genutzen und ausgegrabenen (vgl. Abb. 5). Diagramm 5 zeigt die Anzahl der gefertigten Objekte und aus welchem Material diese bestehen. Bei den Objekten handelt es sich meist um Perlen oder Anhänger, die in verschiedenen Größen und Formen gefertigt wurden. Diese lassen sich entsprechend kategorisieren und können anhand ihrer Formen und den entsprechenden Fundkontexten auch datiert werden.168 Bei den Edelsteinfunden (Abb. 6) lässt sich ebenso wie bei den Edelmetallen erkennen, dass die meisten Funde mit einem Grab- oder Hort/Depotkontext in Verbindung gebracht werden können.
WOHN-/GEBÄUDE
19
247 205
12
UNBEKANNT
41 39
TEMPEL
1 102
HORT/DEPOT
1000
20
GRAB
1037
93 0
559 200
400 SBZ
SBZ-EZ
600
800
1000
EZ
Abb. 6 Darstellung der Edelsteinfunde verteilt auf die Kontexte
165
Hankey, 1995: 176; Hochleitner, 2009: 28; Schumann, 2002: 216. Schumann, 2002: 190.191; O’Donoghue, 2006: 428. 167 O’Donoghue, 2006: 301–303; Zwickel, 2002: 64–65. 168 Vgl. hierzu Beck, 1928; McGovern, 1985; Negbi, 1970. 166
1200
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5. Fazit An dieser Stelle soll noch einmal darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sich nur um eine kleine Anzahl von Orten handelt, die für die vorliegenden Daten genutzt werden konnten. Würde die Datenmenge erweitert werden können, würde sich vielleicht ein anderes Bild zeigen. Die Verteilung der Edelmetalle und Edelsteine in der Levante über den Zeitraum von der Späten Bronzezeit bis zur Frühen Eisenzeit, wurden im oberen Teil dargestellt und ausgeführt, wobei sich ein eindeutiger Trend zeigt. Oft und vielfältig verwendet wurde Gold als Edelmetall und Karneol als Edelstein. Die Funde kommen aus einem breiten Spektrum an Kontexten, wie Gräbern, Hort/Depotfunden, Tempeln, Wohneinheiten und zum Teil nicht zu identifizierenden Kontexten, die meisten Funde lassen sich jedoch mit Grabkontexten in Verbindung bringen. Ein weiterer sehr vielversprechender Kontext sind Schiffswracks, die in den letzten Jahren vermehrt erforscht wurden und eine große Anzahl an Funden bergen.169 Eine große Vielfalt an Formen wurde oben aufgeführt und oft wurden die Metalle auch in Kombination mit Edelsteinen getragen. So finden sich zum Beispiel Siegel, Skarabäen oder Amulette, die in Gold gefasst waren. Auffällig ist die hohe Anzahl an Gold- im Vergleich zu Silberobjekten. Silber wurde jedoch ab einem bestimmten Zeitpunkt auch als Zahlungsmittel verwendet.170 Da Gold und auch Silber immer wieder eingeschmolzen und neu verarbeitet wurden und somit, wie auch die Edelsteine, über einen langen Zeitraum genutzt, bzw. auch über Generationen hinweg weitergegeben wurden, kann nicht genau nachvollzogen werden, wann die Materialen erstmals verarbeitet wurden und woher sie genau kamen. Der Ursprung ist nur für Karneol und Lapislazuli eindeutig bekannt.171
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169
Yalcin/Pulak/Slotta, 2005; Galili/Gale/Rosen, 2013. Die inzwischen gefundenen Schiffswracks mit ihrem umfangreichen Fundus werden an dieser Stelle nicht aufgeführt. Dies ist Material für viele weiter Artikel. 170 Siehe zum Wert von Silber: Gale/Stos-Gale, 1981, 103. Ebenfalls dazu: Millek, 2019, 243f. 171 Zu Lapislazuli siehe Anmerkung 52. Karneol kann in kleinen Mengen aus dem Negev und Sinai kommen, die größten Karneolvorkommen liegen in Indien und im Jemen. Vgl. hierzu: persönliche Kommunikation mit Millek, 2015 und Millek, 2019: 256. Zu den Edelmetallvorkommen siehe Anmerkung 159.
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Cremated animal remains in Phoenician Tophet-sanctuaries Some ritual and ideological implications Valentina Melchiorri – Paolo Xella Tübingen – Rom 1. Introduction The offering of animal victims to supernatural beings is a sacrificial rite widespread in all ancient Mediterranean cultures1, and Phoenician societies (both in the East and in the West) were no exception. Animal sacrifice was a powerful way of communication between humans and deities in order to ask divine protection and help, to appease the wrath of the gods and to know their will, to thank them for favours granted, to carry out atonement and purification rites, and so on. Of course, this kind of sacrifice had important economic and social implications, e. g., it allowed both controlled distribution and consumption of meat, thus fostering the sense of belonging to a community or to sectors of it. As far as the Phoenician and Punic world is concerned, the types of ceremony, as well as the occasions and the specific ritual modalities, were various and complex according to the aims that one intended to achieve, but our knowledge is thwarted by strong documentary limits. At all events, we can at least try to identify some aspects of the ceremonies, to the extent permitted by available sources. These are texts (mostly inscriptions), images (chiefly representations on the votive stelae), but also the archaeozoological evidence provided by animal remains in the cult places, chiefly the Tophet-sanctuaries, the open-air infant cremation precincts – exclusive to Phoenician and Carthaginian tradition – widespread in the central Mediterranean from the end of the 8th century BCE to the 2nd–3rd centuries CE2.
1
Surely it can be considered as a cultural universal. Scholarship on the subject is very extensive and includes general theories proposed starting from the 1800s. Here we mention the classic work Burkert, 1983; see also Grottanelli, 1999; Petropoulou, 2008; Ekroth, 2014; Collins (ed.), 2020, and particularly the articles by Borowski, 2020 and Scurlock, 2020 in the same volume. 2 For the final decade of this period and more general studies, see, for example, the articles published in Xella, 2013 (ed.), especially the literature collected by Melchiorri, 2013; cf. also D’Andrea, 2014; Xella, 2017 and McCarty, 2019. Faunal remains from some temple installations are generally scarce, see e. g., Spagnoli, 2019 (Motya).
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Here we do not intend to address the general problem of animal sacrifices in Phoenician and Punic societies, but to tackle briefly the specific case studies attested in the Tophet-sanctuaries just mentioned. Of course, even if it is nearly impossible to separate the interpretation of these sacrifices from the question of infantile remains in the urns, here we will try to maintain the main point of view of animal immolations. [V.M. – P.X.] 2. Animal species Beginning with the iconographic sources, stelae from the Tophet contexts depict various animals3, only a few species of which, however, are to be considered real sacrificial victims. Consequently, for the purposes of the present study, it is not necessary to enter into the details of this documentation due to the limited information that can be inferred. The range of animal species depicted is wide, but the victims par excellence are lambs and goats (ovicaprids: ovis aries/ovis vel capra), in addition (rarely) various species of birds (not always easily identifiable) and, in some cases, perhaps also fishes, as confirmed by archaeozoological evidence (see below). As far as bovines (bos taurus) are concerned, their images increase progressively (and not surprisingly) on the stelae with the affirmation of the cult of Saturn during the Roman period (whose relationship with that of Baal Hammon is not a simple continuation/superimposition, see below). However, they were hardly frequent victims of sacrifice in the Punic Tophets, where their remains generally show traces of slaughter and thus indicate the celebration of ritual meals rather than bloody offerings. Unfortunately, at the present time, except for a few cases for stelae with Latin inscriptions, it is not possible to make clear connections between images and inscriptions4, although this is a topic for research that deserves to be investigated systematically. [V.M.]
3. Types of sacrifices In terms of epigraphy, a precious even if isolated window on animal (and other) sacrifices is provided by some Punic inscriptions usually called “sacrificial
3
See Vassel, 1919; Hours-Miédan, 1951; Picard, 1976 and 1978; Ben Abid, 2014; D’Andrea, 2017, 2020a, 2020b, 2020c (who essentially deals with the same theme in each of his works). 4 The hypothesis that the formula bšrm bntm is related to the offering of a bull in CIS I 5740 and CIS I 5518 is not supported by any evidence (so D’Andrea, 2017: 39); the formula in question (see particularly Amadasi Guzzo/Zamora López, 2013: 173–174, misunderstood by D’Andrea, who credits these authors with his idea that it is the flesh of the animal victim), in different variants, appears many other times in inscriptions on stelae without bovine images and its most probable interpretation is “consisting of/as his own flesh”, referred to the “(human) flesh” = “offspring” (šʿr) of the devotee (ibid.).
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tariffs”5. These are a few epigraphs – dated between the 4th and 2nd centuries BCE – which list various types of rites, bloodless offerings and bloody sacrifices, the animals that can be used in each of them and the payments that, depending on the case, were due to the temple staff involved in making sacrifices. These inscriptions were posted as tables at the entrances of shrines, one of which was probably dedicated to the god Baal Ṣaphon at Carthage6. Obviously, they concern sacrifices carried out in official places of worship, while the sphere of domestic piety, to the extent that it did exist, remains unknown to us. Nevertheless, the legal and administrative nature of these documents must be emphasized: e. g., in the concluding section they prescribe monetary fines for the priests and for the faithful, in cases of non-compliance with the rules. As a consequence, according to their nature and purpose, these texts are not intended as descriptions of the rites, whose typology must be carefully deduced from the name and the nature of sacrificial material (animal, bloodless offering as food, incense or other). In respect of the sacrificial victims, there is a general distinction between “cattle” (mqnʾ) on the one hand, and “birds” (ṣpr) on the other. Therefore these animals were divided according to size and age, namely: adult cattle (ʾlp), calves and deer (ʿgl, ʾyl), adult sheep and goats (ybl, ʿz) and young sheep and goats (ʾmr, gdʾ), in addition to other animals probably included here also because of their size (small cervids?: ṣrb ʾyl), and birds (ṣpr). Birds are the cheapest and most inconspicuous sacrificial victims and include species that we cannot easily identify: ṣpr ʾgnn (perhaps a type of domestic bird such as poultry or barnyard fowl) and ṣṣ (wild birds, perhaps game birds). Attempts to identify the typology of sacrifices accurately, based on information provided by the inscriptions, and from comparison with the North-West Semitic (Ugaritian and Hebrew) sacrificial systems, have not been entirely successful so far7. Synthetically, three basic types of ritual are listed, defined as kll, ṣwʿt and šlm kll respectively. In attempting to clarify the etymology and the nature of rituals, it 5
The expression “sacrificial tariff” is commonly used to denote two Punic inscriptions, the so-called Marseille Tariff, CIS I 165 = KAI 69 = ICO App. and CIS I 167 = KAI 74. In addition to these two lengthy texts, two shorter and sometimes fragmentary inscriptions seem to reflect the same type of document: CIS I 3915 and 3916 (= KAI 75). CIS I 166 (= KAI 76) is a ritual text without administrative implications. Furthermore, some other later epigraphic documents in Latin from North Africa could be taken into consideration, even though they are votive texts containing specific sacrificial listings, different in character and purpose from the sacrificial tariffs proper: two inscriptions from Aziz ben Tellis, ancient Idicra, in Numidia (= CIL VIII 8246 and 8247), and a third inscription from Koudiat es-Souda (South-Est of Le Kef) which, in turn, contains a shorter list of deities (including Saturn and Caelestis) with the intended victims (CIL VIII 27763). All this only underlines that, to our knowledge, none of the Tophet inscriptions mentions animals. 6 The reading of the divine name at the beginning of the so called Marseille Tariff is not absolutely certain. 7 See, for example, Février, 1958–1959; Van den Branden, 1965; Capuzzi, 1968; Delcor, 1983; Xella, 1983–1985; Baker, 1987; Amadasi Guzzo, 1988; Creason, 1992; Xella, forthcoming.
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is usual to refer to Hebrew tradition as reflected in the Old Testament (chiefly, the book of Leviticus). The comparison between these Punic inscriptions and the biblical data is linguistically relevant; however, one must take into account the chronological gap and the historical and cultural specificity of each set of evidence. We can perhaps identify cases in which the victim is offered, entirely, to the deities, and others in which it is variously shared between the faithful and officiants, but one must admit that it is not possible to go beyond reasonable hypotheses. Summarising the characteristics of each type of sacrifice: a) kll-sacrifice. The victims are possibly animals but not birds. The devotees must pay the priests a sum of 10 shekels, in silver, per adult bovine animal or not more than ¾ of a shekel plus two zr for smaller animals. A portion of the meat is due to the priests, if the size of the victim is medium to large. Given the probable etymology of kll (from a root which expresses the concept of “completeness” or “totality”), it is likely that in this case the whole victim had to be sacrificed, although the mention of parts as belonging to priests contradicts this supposition. b) ṣwʿt-sacrifice. The victims are the same as in the kll-sacrifice and in this case too birds are excluded. The basic idea seems to be the sharing of the victim between priests and the devotee (possibly a sort of peace offering), while apparently, none of the victim, at least physically (except its life) went to the gods. The cult-officials received the same compensation as in the kll-sacrifice mentioned in the Marseille Tariff, while the other Punic inscription assigns them only the skin of the sacrificed animal (perhaps it was a simplified system). It can be deduced that in certain cases the animal was sacrificed by the priests, but in other cases by the bidder. c) šlm kll-sacrifice. This type of sacrifice is only mentioned by the Marseille Tariff, and birds were allowed. The priests received a sum of silver, but neither they nor the bidder received any part of the victim, if it was large; in the case of birds, however, the bidder was entitled to all the flesh of the victim. The mention of kll in the plural (kllm) in the Carthage Tariff suggests that there was a sacrificial category kllm including at least a “simple” kll and a more complex šlm kll, but that is far as we can surmise. Apart from these general remarks, it is very difficult to grasp the ideological aspects and ritual details that characterized these sacrifices, different from each other and, in any case, well known by the insiders: no one expected that a document intended as a tariff would provide a detailed description of the ceremonies. Probably, however, the rites carried out in the Tophets did not fall into these categories of official sacrifices performed in conventional temples. As a consequence, it is necessary to turn to other sources to look for new aspects and insights, principally, the inscriptions on the votive stelae, to which we will return later. [P.X.]
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4. The content of the urns Leaving epigraphy aside for the moment, evidence of special animal offerings to the gods is provided by the burnt remains found inside the thousands of urns that are typical of the various Tophets. In this case, the vast majority of animals are sheep and goats, mostly newborn or very young, which are the victims par excellence, even if it is also possible to find bird remains (particularly in later North African Tophets) and bovines; occasionally, other animals such as, pigs, deers etc. are found). A separate discussion would be required concerning the presence of other animal species identified in much lower percentages, which cannot always be considered as intrusive, and for which it is sometimes possible to hypothesize sacrificial acts of different types. Remains of unburnt cattle are mostly to be interpreted as meal residues; in other cases, rare animals could be special sacrificial victims, perhaps no longer brought alive to the altar (as in the case of game, probably killed previously), or offerings of parts of them with a strong symbolic value, which were considered as special gifts to the gods8. The problem of the presence of animal remains in the urns of the Tophets is only part of the broader question of the function of these particular cult places, sites of bloody human and animal sacrifices according to some scholars, whilst for others they were special necropolises reserved for children who died a natural death prematurely9. We have a fixed starting point. Ancient Tophets were certainly not animal necropolises: as a consequence, cremated animal remains are the indisputable result of sacrificial actions for votive purposes, and they constitute evidence of the utmost value for a more adequate understanding of all the ceremonies carried out there. They clearly differ from the rites performed in other places of worship such as conventional temples and sanctuaries, and partly listed in the sacrificial tariffs (see above). As is well known, these remains are found in the urns both alone and in combination with human remains. Accordingly, three main types of content have been identified: human alone, animals alone, and mixed, with absolute and relative percentages varying according to the shrines and the epochs. Beyond these three main types, various other “sub-types” have been hypothesized, according to the combinations and the number of individuals in each urn. On Motya, e. g., six “sub-types” are attested10: 1. 2. 3. 4. 5.
human only (H), single burial (132 cases, 27.9%); animal only (A), single burial (274 cases, 57.9%); animal only (A), double burial (26 cases, 5.5%); animal only (A), triple burial (3 cases, 0.6 %); mixed (H+A): 1 human individual + 1 animal individual (33 cases, 7.0 %);
8 See e. g., the custom of claws, foot bones, and horns dedicated as individual objects in the classical ritual tradition: Ekroth, 2014, 337–338. 9 Recent status questionis in Xella, 2020. 10 Sources: Ciasca/Di Salvo/Castellino/Di Patti, 1996; Di Patti/Di Salvo, 2005. See Melchiorri, 2013: 231–234.
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6. mixed (H+A): 1 human individual + 2 animal individuals (5 cases, 1.1 %). At Tharros, seven “sub-types” are attested”11: 1. 2. 3. 4. 5. 6.
human only (H), single burial (101 cases, 52 %); human only (H), double burial (1 case, 0.5 %); animal only (A), single burial (27 cases, 14 %); animal only (A), double burial (12 cases, 6 %); mixed (H+A), 1 human individual + 1 animal individual (50 cases, 26 %); mixed (H+A), 1 human individual + 2 animal individuals (2 cases, uncertain, 1 %); 7. mixed (H+A), 2 human individuals + 1 animal individual (1 case, uncertain, 0.5 %). Nonetheless, it is far from certain that any combination can identify a specific type of sacrifice and therefore, fully aware of the limitations of this approach, it is more reasonable to take into consideration here only the three main types. Interestingly, the percentages of urns for each of the three basic types vary considerably from one sanctuary to another; in particular, the percentage of infant depositions, alone or with animal remains, fluctuates from 36 % in Motya to circa 61 % in Sulci12 and to 80 % in Tharros, until 83.5 % in Carthage13 as far as earlier Tophets are concerned; as for later sanctuaries, evidence from Henchir el-Hami provides the figure of 67 % for humans alone14. [V.M.]
5. Function of the Tophet The cases in which urns contain exclusively human remains precisely configure the type of rite central to the debate on interpreting the functions of these sanctuaries, sacrificial or not: we opt here for the basic sacrificial interpretation, based on the balance of archaeological, epigraphic, osteological and literary data. The coexistence of human and animal remains in the same urn plausibly leads us to consider an animal victim as an element that “accompanies” and strengthens/ completes the sending of the child to the deities (whichever option one wants to follow). 11
Source: Fedele/Foster, 1988; see Melchiorri, 2013: 230–231. Melchiorri, 2013: 236–238: 61%. According to Wilkens, 2012 a slightly smaller figure, 0.79% less. In any case, analysis of the contents of the urns, on a much higher sampling, is in progress by the archaeological expedition of the University of Tübingen directed by Thomas Schäfer and Valentina Melchiorri: see Melchiorri/Schäfer, 2020: 940–941. 13 See Melchiorri, 2013: 225–229, with a summary of the studies carried out and the relative bibliography. However, the situation at Carthage is complex, also taking into account the fact that in the first phase of osteological analysis, material from the Tophet of Sousse was also taken into consideration together with remains from Carthage. New and systematic investigations are underway within the framework of the ASOR Punic Project, see Garnand/Stager/Greene, 2013: especially 211ff. 14 Source: Bédoui/Oueslati, 2007 (humans and animals 9%; animals alone 24%, 23% of which being ovicaprids and 1% birds). See Melchiorri, 2013: 234–236. 12
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Since inscribed stelae accompanied every type of urn (statistically, this must be the case), even in the case of animal offerings, alone or together with human remains, each was, in fact, a ndr, that is, a vow. As has been noted, the treatment of a single animal was completely similar to how a child was treated, in addition to both being very young. From a ritual point of view, therefore, the devotee who sacrificed the lamb performed an act functionally identical to the devotee who placed cremated infant remains in an urn; in both cases, they were ex-voto for having obtained the requested favour or to ask for one. Without a priori bias, this parallelism provides the best explanation for both as sacrificial acts, the less demanding one involving an animal victim (a substitute for a child in order to obtain a smaller favour?), the more exacting one with a human victim (for a larger favour) 15. To sum up: Although it is legitimate to assume a variety of sacrificial actions within the various Tophets, in all known sanctuaries it is possible to identify an absolutely prevalent common and shared typology, the final result of which is the burial of urns with burnt remains inside, sometimes accompanied by a stela which, when inscribed, reveals that they are votive offerings, for a favour received or to ask for a favour (deducible from the verbal form of the concluding formula). A triple form of sacrifice can therefore be hypothesized, in ascending order with respect to the importance of the favour received or to be requested: a) Animal offering (single, multiple, of various types) b) Human offering c) Human + animal offering (Of course, this grid should be subdivided further according to the number of individuals, humans or animals, present in the urns, the presence/absence of grave goods and their types, etc.). A corollary to these observations concerns the phases which mark the celebration of the sacrifice. It is indisputable that the animals whose remains we find in the urns, alone or mixed with human remains, should have been sacrificed and burnt immediately before their deposition in the ceramic containers, thus representing the actions of a unique ritual (which, in the case of mixed human/animal remains, implied the same actions for a child): a fact unquestionably confirmed by the inscriptions that qualify the rite as mlk ʾmr, clearly shown by the corresponding stelae evidently erected as the final act of a single ceremony. [V.M.]
6. Terminology The sacrificial terminology of the Tophet rites – most of it, at least – can be deduced from the inscriptions. Without going into too much detail here, we can mention that the rite is named mlk which, in the syntagma mlkʾmr, designates the 15
“(…) the practice of sacrifice sometimes assumed an exaggerated and extreme form that required more than just an animal blood sacrifice”, so Shaw, 2016: 260, specifically à propos the worship of Baal and Tinnit in the Tophets.
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sacrifice-mlk of a lamb16. The etymology and meaning of the term mlk have been established, despite the doubts still expressed by a few scholars. As confirmed once and for all by Amadasi and Zamora López17, mlk is a noun with the prefix m- from the root *ylk, with the sense of “sacrificial offering”, explicitly attested in Phoenician in the expression ylk zbḥ, “to offer a sacrifice” (of animals, in this case performed by all the territory: an ox and a sheep) in the Karatepe inscription18. The objection that mlk cannot be extended to all the sacrifices attested in the Tophets due to the limited number of its mentions is not relevant, since it occurs in all the Tophets. The term mlk or its variant mlkt (sometimes in combination with ʾmr, bʿl or ʾdm) is in fact already mentioned at Carthage in the most archaic inscriptions19, and at Sulci20, at Tharros21, on Motya22, on Malta23, at Sousse/ Hadrumetum24, to mention the earlier shrines, to which also El-Hofra/Constantine25, Althiburos26 and other later Tophets including N’gaus (with the famous molchomor as a Latin transcription of mlkʾmr )27 must be added. As for the relative rarity of the term mlk, it is clear that devotees knew very well what they were doing and, in principle, it was considered unnecessary to mention it in the inscriptions28. [P.X.]
7. Punic Tophet-urns: Disappearance of human remains In the context of the later Punic Tophets, which arose after the fall of Carthage, it is possible to detect a macroscopic phenomenon which has not received the attention it deserves: the almost total disappearance of the incinerated remains of infants in urns. Instead, in nearly all the North African sanctuaries of this era, any 16
In fact, the term ʾmr commonly designates a lamb in the Phoenician lexicon, as also emerges from the aforementioned sacrificial tariffs: DNWSI, I, s.v. ʾmr3, 78. For other syntagmata containing mlk, i.e., mlk bʿl and mlk ʾdm, probably denoting human beings, see Amadasi Guzzo/Zamora López, 2013. 17 Amadasi Guzzo/Zamora López, 2013: 169–173. 18 KAI 26 A ii 19/ KAI 26 A iii 1; KAI 26 C iv 2.4 repeats the same context verbatim. 19 Mazza, 1977: nos 1, 4, 5 (?). Add CIS I 194, 198, 306, 307, 380, 2613, 3789, 5684, 5685 etc. 20 CIS I 147 = ICO Sard. 17. 21 Uberti, 1978: 73–75. 22 Amadasi Guzzo, 1986: Mozia, nos 7, 24, 25, 31, 34 (?), 38 (38), always mlkt. 23 CIS I 123 = KAI 61A = ICO Malta 4 and CIS I 123bis = KAI 61B = ICO Malta 5. 24 KAI 98 and 99. 25 Several mentions, see Berthier/Charlier, 1952–1955 and Bertrandy/Sznycer, 1987: passim. 26 In addition to Sznycer, 1982, several unpublished Neo-Punic inscriptions from Henchir Médeina (Althiburos) mention mlkʾdm; see provisionally Xella/Tahar, 2014. 27 See, most recently, Laporte, 2006 with previous bibliography. 28 The word zbḥ, called into question by D’Andrea, 2017b (and elsewhere) for the concept of sacrifice, is a very generic term and, if we look at its mentions in the Tophets, they are essentially concentrated in Guelma/Calama, in addition to several other sporadic isolated attestations. The significant and “specialist” term for sacrifice in the Tophet is mlk.
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urns found contain animal remains exclusively (ignoring other non-sentient material). This is a radical change from the past, confirmed in particular by the Tophet of Sousse/Hadrumetum, a sanctuary founded in the 7th century BCE: here the urns containing human remains, which had begun to decrease in percentage (compared to those with animal remains) starting from the 5th century BCE, are no longer attested in phase 6, i.e., from about the middle of the 2nd century BCE29. Going into more detail, instances of urns with human remains that are currenttly documented archaeologically are Henchir Médeina/Althiburos30, Henchir ElHami31, Henchir Touchine/Lambafundi32, and Tipasa33; to these, even without any archaeological evidence of urns, we should also add El-Hofra/Costantine (ancient Cirta Regia)34, Henchir Maktar35 and Calama/Guelma36, all sanctuaries with epigraphic documentation leaving little doubt that the final products of rituals were also infant cremations. In contrast to these few cases, it should be noted that in all the remaining sites for which information about the contents of the urns is available, the remains are of animals, essentially birds (now the sacrificial victim par excellence) and ovicaprids37. But it is to be assumed that even where the contents of the urns are unspecified (as at Henchir Bou Chebib or Henchir Ghayadha), or have not (yet?) been found, the situation is similar, or at least reflects the same very small percentage of human remains, which in any case completely disappear over time, while only the sacrifices of animals remain as bloody offerings. We must ask ourselves the reason for this disappearance, but answering this question requires an in-depth research that has to take into account all the aspects that distinguish these Tophets from the Carthaginian tradition, as well as the new political and cultural contexts formed under the hegemony of Rome. In particular, it has been observed, correctly, that instead of a religious continuity that is too often taken for granted, the new Tophets show distinct ritual practices both in the types of offering and in the rituals used, including the absence of infant remains 29
Cintas, 1947: 78. Kallala et al., 2014. 31 Ferjaoui (ed.), 2007. 32 Located in ancient Numidia, between Timgad (Thamugadi) and Lambèse (Lambaesis). Two urns containing cremated infant remains have been found there: Leglay, 1966: 114– 124. 33 Coastal Algeria, about 70 km from Algiers. The site was excavated by Baradez, 1961. Although no osteological analysis has been carried out, it was stated that two urns contained the cremated remains of children. Cf. D’Andrea, 2014: 283–284. 34 See footnote 26. 35 See, most recently, Fantar/Sznycer/Bron, 2015 with previous bibliography. 36 Leglay, 1966: 386–425; HNPI Guelma N 1–40. 37 See provisionally, Tunisia: Acholla/Bo(u)tria, Bou Qurnein, Thugga/Dougga, El-Ksour, E/Illès, Henchir R’çass, Henchir Sidi Ali Belkassem/Thuburnica, Henchir Zian/Zitha, Ksar Toual Zammeul, Menzel Harb, Sidi El-Hani, Thinissut; Algeria: Annaba/Hyppo Regius, Announa/Thibilis, Bethioua/Portus Magnus, Ksiba Mraou/Hr El-Okseiba/Civitas Popthensis, Taksebt; Morocco: Oualili/Volubilis; Lybia: Gheran, Sabratha. An exhaustive study on Mediterranean Tophets is in preparation by the writers. 30
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in the urns (apart from a few cases, tending to disappear)38. However, within such a historical scenario, this aspect is macroscopic, a major shift in a fundamental practice, that goes beyond the process of reinventing traditional practices and adapting them to create something new. This is a radical change that would seem quite unlikely if the infant remains in the urns were only the result of pious practices to “place” in the Hereafter newborns and infants who died a natural death. There is no trace of such an ideology in any of our sources, either for the most ancient eras, or for post-Carthaginian North Africa. Instead, the progressive disappearance of cremated human remains in the urns is perhaps the most convincing argument in favour of the reality of infant sacrifices, a basic Phoenician traditional practice that fell into disuse for various reasons in the final decades of the Antonine age, under the pressure of the Roman power39 and in the context of a profound cultural transformation40. It was replaced by the sacrifice of an animal victim pro vikario, i.e., “as a substitute” for a child that would have been sacrificed in the past. It was, in hindsight, a ritual solution widely foreseen and attested in tradition (see above), which now seemed fully acceptable in the cult of Saturn. [V.M. – P.X.]
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38
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„Die Töchter deines Volkes, die aus ihrem eigenen Herzen heraus prophezeien …“ Therapeutik und Hexerei in Ez 13,17–23 Christophe Nihan Münster
1. Vorbemerkungen Ez 13,17–23 ist eines der wenigen Orakel im AT, welches sich explizit gegen Frauen wendet. Diesen Frauen wird vorgeworfen, dass sie „aus ihrem Herzen prophezeien“ (V. 17) und eine Art von Bindungszauberei praktizieren (V. 18 und 20). Grundsätzlich stellt das Orakel zwei Fragen: Einerseits, inwieweit sich die hier inkriminierten Praktiken rekonstruieren lassen und worin sie bestehen; andererseits, welcher Funktion die Polemik dient und gegen wen sie angewendet wird. Der folgende Beitrag versucht beide Fragen – im Gespräch mit früheren Studien – zu beantworten. Es ist mir eine Ehre und eine Freude, diesen kleinen Beitrag Herbert Niehr zu widmen, als Zeichen der Dankbarkeit für alles, was ich von ihm im Bereich der Religionsgeschichte Israels und der Levante gelernt habe.1
2. Textkritische, philologische und literarkritische Anmerkungen Der Vergleich der meisten antiken Textzeugen zeigt wenige große Unterschiede. Meine Übersetzung folgt grundsätzlich dem masoretischen Text (M), allerdings mit Betrachtung von einigen Varianten, vor allem in den griechischen Handschriften (G).2 17
Und du, Menschensohn, richte dein Antlitz auf die Töchter deines Volkes, die aus ihrem eigenen Herzen heraus prophezeien, und prophezeie wider sie. 18Und sprich: So sprichta Jhwh: Wehe denen, die Bindenb nähen für jedes Handgelenkc und Kopfbedeckungend machen für Köpfe jeder Größe, um Menschenleben zu verjagen! Ihr verjagt Menschen(-leben)e unter meinem Volk und würdet Menschen(-leben) unter euchf am Leben erhalten? 19Ihr entweiht mich bei meinem Volk für ein paar Handvoll Gerste und für einige Bissen 1
Für die sprachliche Korrektur sowie für die Einrichtung der Bibliographie möchte ich Frau Hélène Grosjean sowie Frau Rebecca Leah Niemeier herzlich danken. 2 Der griechische Text nach Ziegler/Frankel, 1977: 139–140 und 336. Die Textstelle ist in den Handschriften aus Qumran leider nicht belegt.
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Brot, indem ihr Menschenleben, die nicht sterben sollten, zum Tode, und Menschenleben, die nicht leben sollten, zum Leben gebracht habt (– indem ihr meinVolk, das auf Lügen hört, angelogen habt)g. 20 Darum: So sprichth Jhwh: Hier bin ich gegen eure Binden, mit denen ihr Menschenleben verjagt (wie Vögel)i! Ich reiße sie von euren Armen weg und lasse die Menschenleben frei, die ihr verjagt (wie Vögel)j. 21Und ich zerreiße eure Hüllen und rette mein Volk aus eurer Hand, und sie sollten nicht mehr in eurer Hand zur Beute werden. Und ihr werdet erkennen, dass ich Jhwh bin. 22 Weil ihr das Herz des Gerechtenk gepeinigt habt – nicht ich habe ihn gepeinigt! –, indem ihr die Hände des Ungerechten stärkt, sodass er nicht von seinem bösen Weg umkehrt, um am Leben zu bleiben. 23Darum: Falsches werdet ihr nicht mehr sehen, und Wahrsagung werdet ihr nicht mehr wahrsagen: ich werde mein Volk aus eurer Hand retten, und ihr werdet erkennen, dass ich Jhwh bin. a So die meisten griechischen Handschriften. M fügt hinzu: „der Herr“. Vgl. noch V. 20. b Die meisten griechischen Handschriften lesen hier προσκεφάλαια, „Kissen“. Vgl. dazu die Diskussion unten. c Die meisten masoretischen Handschriften lesen יָ ַדי, „meine Hände“, was der ursprünglichen Lesart kaum entsprechen kann. Entweder ist mit einigen Handschriften die Pluralform ידיםzu lesen oder mit G den Singular ( ידvgl. ἐπὶ πάντα ἀγκῶνα χειρὸς).3 d So mit G, M fügt einen Artikel vor מספחותhinzu. e Gegen M und G ist das הvon הנפשותals he-interrogativum zu vokalisieren.4 f „ לכנהunter euch“ fehlt in den meisten griechischen Handschriften. g Die letzte Klausel wird in G relativ frei interpretiert: ἐν τῷ ἀποφθέγγεσθαι ὑμᾶς λαῷ εἰσακούοντι μάταια ἀποφθέγματα. Wahrscheinlich ist die ganze Klausel in V. 19b ein späterer Zusatz, der zusammen mit der Zusammenstellung des ursprünglichen Orakels mit Ez 13,1–16 eingeführt wurde:5 in der ersten Verbform ( )בכזבכםpasst das mask. Pronomen nicht mit dem Kontext (Polemik gegen Frauen!), sondern entspricht der Formulierung des Orakels in V. 1–16; die Wurzel כזבübernimmt ein Schlüsselmotiv der Kritik an den Propheten in V. 6–9 (ansonsten findet man sie nur noch zweimal in Ezechiel, vgl. Ez 21,29 und 22,28). h M: + „der Herr“. i M לפרחותin V. 20a hat keine Entsprechung in G. I.d.R. nimmt man an, dass M hier eine spätere Anpassung mit V. 20b widerspiegelt, wo לפרחותin ähnlicher Position am Ende des Satzes auftritt.6 Allerdings ist die Form לפרחותin V. 20b Teil eines Glieds, את נפשים לפרחת, welches grammatisch inkongruent ist, und das Glied את הנפשות לפרחות in V. 20a nachbilden könnte; in diesem Fall wäre לפרחותin V. 20a älter als in V. 20b. Zum Problem der Bedeutung von לפרחות, s. die Diskussion unten. j Die Pluralform נפשיםam Ende von V. 20 ist schwierig, da das mask. Suffix für נפש ansonsten nicht belegt ist. Außerdem scheint dieser Ausdruck an der Stelle unnötig zu sein, da אשר אתם מצדדותsich auf das vorangehende את הנפשותbezieht. Möglicherweise
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Vgl. z. B. Zimmerli, 1969: 284. Zimmerli, 1969: 284. 5 Für diese Annahme, vgl. schon Zimmerli, 1969: 284, und jüngst Stökl, 2013: 64. 6 So z. B. Zimmerli, 1969: 285; Allen, 1994: 191. 4
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ist hier statt חפשים נפשיםzu lesen,7 vgl. den Ausdruck שלח+ חפשיin Ex 21,26.27; Dtn 15,12.13.18 usw.; in diesem Fall wäre V. 20b wie folgt zu übersetzen: „ich lasse frei die Menschenleben, die ihr (wie) Vögel jagt“. Allerdings ist es nicht ganz klar, ob את נפשים לפרחתam Ende von V. 20b ursprünglich ist. Das Glied könnte auch wegen der Parallele zwischen אשר אתנה מצדדותam Ende von V. 20a und אשר אתם מצדדותin V. 20bβ später hinzugefügt worden sein, da מצדדותin V. 20a schon von את הנפשות לפרחותgefolgt ist.8 In diesem Fall könnte V. 20b ursprünglich einfach gelesen werden: ושלחתי את הנפשות אשר אתם מצדדות, „ich lasse frei die Menschenleben, die ihr verjagt“. k M fügt „ שקרfälschlich“ zu. Die Lesart fehlt in G und ist wahrscheinlich sekundär.
Die Textstelle gehört zu einer kleinen Sammlung innerhalb des Ezechielbuches, Ez 12,21–14,11, die gegen illegitime – oder genauer gesagt, als illegitim konstruierte – Mantikformen gerichtet ist.9 Während 13,1–16 aus einer Rede gegen „falsche“ Propheten besteht, wendet sich 13,17–23 gegen Frauen, deren Praktiken V. 17 mit dem Verb נבאHitpael beschreibt und sie daher auf das lexikalische und semantische Feld der Prophetie bzw. der Mantik bezieht. In kompositionsgeschichtlicher Perspektive wurden also beide Abschnitte in 13,1–16 und 17–23 deutlich als komplementär konzipiert, was natürlich noch nicht bedeutet, dass sie aus derselben Hand kommen (vgl. unten). Die Frauen, gegen welche sich das Orakel in 13,17–23 wendet, werden als „Töchter deines Volkes“ bezeichnet: es geht hier also um israelitische – vermutlich insbesondere judäische – Frauen.10 Laut V. 18 sind diese Frauen angeklagt, weil sie kĕsātôt für die Handgelenke und mispāḥôt für „Köpfe jeder Größe“ nähen. Das Wort kĕsātôt ist eine Pluralform von keset, ein Terminus, welcher mit akk. kasû „binden, festbinden“ und kasîtu „Band“ oder „Kette“ verwandt ist11. Beide akkadischen Termini sind häufig in magischen und rituellen Kontexten belegt12. Die Pluralform kĕsātôt in Ez 13 bezeichnet also aller Wahrscheinlichkeit nach „Binden“ oder „Bändchen“ aus Stoff,13 die zusammengenäht ( )מתפרותund um die Handgelenke gebunden sind.14 Die alternative Deutung von kĕsātôt als „Kissen“, die vor allem von M. Greenberg verteidigt wurde15, entspricht einer späteren Interpretationstradition16 und ist also nicht ursprünglich.17 Das zweite Wort, mispāḥôt, geht auf eine west-semitische Wurzel s-p-ḥ „binden, festmachen“. Der Kontext von V. 18 weist auf Kopfbinden hin,18 die vermutlich auch 7
Für diesen Vorschlag, vgl. z. B. Zimmerli, 1969: 285. Für diese Möglichkeit, vgl. schon Stökl, 2013: 65, der את נפשים לפרחam Ende von V. 20b als aberratio occuli deutet. 9 Vgl. Pohlmann, 1996: 186. 10 Brownlee, 1986: 195, denkt an Frauen aus Gilgal; vgl. weiter Orel, 1997: 411. Für diese Annahme sehe ich allerdings keinen Grund. 11 Vgl. dazu CAD s.v. kasû und kasîtu. 12 Vgl. die Belege in CAD s.v. kasû und kasîtu, 252. 13 So z. B. Zimmerli, 1969: 296–297; Pohlmann, 1996: 192–193. 14 Wie von Orel, 1997: 412, gegen M. Greenberg zum Recht beobachtet, hat das Verb תפר im AT immer die Bedeutung von „nähen“, vgl. Gen 3,7; Hi 16,15; Koh 3,7. 15 Greenberg, 1983: 283. 16 Vgl. schon G: προσκεφάλαιον. 17 Vgl. dazu ausführlich Orel, 1997: 412; vgl. auch Block, 1997: 413. 18 So z. B. Orel, 1997: 412: „An object attached or joined to the head“. 8
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zusammengenäht sind. Laut V. 18 sind diese Binden, die um die Handgelenke und den Kopf gebunden sind, von judäischen Frauen verwendet worden, um die נפשותder Gemeinde zu verjagen und einzufangen (heb. ;)צודV. 20 führt diese Anklage weiter, indem der Vers die Festnahme der נפש, der Lebenskraft, mit der Festnahme von Vögeln (s. )לפרחותanscheinend vergleicht.19 Nicht zuletzt die Bedeutung von נפשin diesem Kontext ist in der neueren bzw. neuesten Forschung zu Ez 13 umstritten, was nicht ohne Konsequenzen für die Interpretation der ganzen Textstelle ist. Darauf werde ich in dem folgenden Teilabschnitt (unten, §3) zurückkommen. Die Herkunft des Orakels in 13,17–23 bleibt umstritten. Dass das Orakel literarisch einheitlich ist, ist eher unwahrscheinlich. V. 21b wird mit einer ersten Schlussformel beendet (vgl. )וידעתן כי אני יהוה, die dann zusammen mit einem anderen Satzteil aus V. 21a ( )והצלתי את עמי מידכןin V. 23b nochmals wiederholt wird. Wie seit langem anerkannt sind also wahrscheinlich V. 22–23 ein Zusatz, welcher durch die Wideraufnahme von V. 21 in V. 23 eingeführt wurde.20 Außerdem scheint V. 23 das Orakel von 13,17–21 mit 13,1–16 zu kombinieren. Der Vers verwendet feminine Verben, und wendet sich daher an die Frauen von V. 17. Aber die Phraseologie – mit „ שואTrug“ und „ קסםWahrsagung“ – ist nicht diejenige von V. 17–21, sondern entspricht V. 6–9, eine Stelle, welche eine programmatische Funktion für das gesamte Kap. 13 hat.21 Vor allem der Anfang von V. 23, welcher שואund קסםmit dem Verb „ חזהsehen“ verbindet, erinnert an 13,6aα: חזו שוא וקסם כזב, „Trug haben sie gesehen, und ihre Wahrsagung (ist) eine Lüge!“ Vermutlich gehört V. 19b, welcher durch die Wurzel כזבebenfalls Anspielungen auf V. 6–9 darstellt, zu derselben Bearbeitung des ursprünglichen
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Die Form לפרחותist unklar. I.d.R. wird diese Form von aram. „ פרחfliegen“ abgeleitet, vgl. z. B. Bertholet, 1936: 48; Zimmerli, 1969: 285; Allen, 1994: 191; Block, 1997: 411. Die meisten antiken Versionen haben diese Form entsprechend verstanden, vgl. dazu ausführlich Korpel, 1996: 104–105. In dieser Deutung ist die qal part. fem. pl. Form פרחות mit „die Fliegenden = Vögel“ zu verstehen. Die Präposition lāmæd ist vermutlich als Vergleichspräposition zu deuten („wie Vögel“), da eine Deutung als Zweckspräposition wenig Sinn macht (pace Korpel, 1996: 104.107: „turning them into fledgelings“). Dagegen schlägt Berlejung, 2003: 185, vor, לפרחותvon akkadisch parāhu II „abschneiden“ abzuleiten. Diese Deutung würde mit einer Infinitivkonstruktion gut passen („um [die Menschenleben] abzuschneiden“), kann aber die Partizipialform kaum zufriedenstellend erklären. Außerdem ist die Vogelmotivik im Kontext der Jagdmetaphorik völlig passend (so z.R. Schmitt, 2004: 284 Anm. 384). Von daher bleibt die klassische Deutung von לפרחותin V. 20a und 20b als „wie Vögel“ die beste Erklärung. Ob diese Form in Ez 13 ursprünglich ist, bleibt unklar. לפרחותfehlt in dem griechischen Text von V. 20a, und לפרחותin V. 20b könnte Teil einer späteren Glosse sein, welche die Formulierung von V. 20a nachbildet, vgl. oben Anmerkungen i und j. In diesem Fall sollte man annehmen, dass die Form לפרחותzuerst in V. 20a, und später in V. 20b eingeführt wurde. Für die Möglichkeit, dass der Vergleich der gefangenen Menschen mit „Vögeln“ sekundär ist, vgl. schon z. B. Allen, 1994: 196: „The sentences that introduce the analogy of birds […] may be interpretive additions“. 20 Vgl. schon Herrmann, 1924: 86; weiter u. a. Allen, 1994: 197; Berlejung, 2003: 182; Stökl, 2013: 64. 21 Im Kap. 13 findet sich ansonsten שואnur in V. 6.7.8.9 und קסםnur in V. 6.
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Orakels.22 Die Hinzufügung von V. 22–23 (mit V. 19b) dient also der Anpassung des Orakels an seinen literarischen Kontext, was dann bedeutet, dass der Zusammenhang von V. 17–23 mit V. 1–16 nicht ursprünglich ist.23 Entweder wurden V. 17–21 für ihren jetzigen literarischen Kontext verfasst oder sie stellen eine selbstständige literarische Komposition dar. Da die Bearbeitung dieser Textstelle durch V. 22–23 in dem Kontext von Ez 13 deutlich sekundär ist, liegt die zweite Annahme näher als die erste. Wenn diese Interpretation das Richtige trifft, hätte man in V. 17–21 mit einem frühen Orakel des Ezechielbuches zu tun; möglicherweise war dieses Orakel Teil einer ersten Sammlung von Prophetien aus der 1. Hälfte des 6. Jh. v. Chr., die als Prophetien des Ezechiels galten.24 Wahrscheinlich sind die verwirrenden mask. Suffixpronomina in V. 19.20.21 ebenfalls z.T. als eine Folge der Bearbeitung des ursprünglichen Orakels V. 17–21* in seinem jetzigen Kontext zu verstehen.25 Ansonsten sehe ich keinen Grund, weitere Schichtungen innerhalb von V. 17–19a.20–21* anzunehmen.26 Wahrscheinlich ist allerdings, dass der Text einige spätere Glossen enthält.27 Fazit: Das ursprüngliche Orakel besteht aus Ez 13,17–21*, und gehörte vermutlich zu einer frühen Sammlung aus der ersten Hälfte des 6. Jh. v. Chr. V. 22– 23 sind ein späterer Zusatz, und dienen der Einführung des Orakels in seinem jetzigen literarischen Kontext.
3. Eine Polemik gegen Nekromantinnen? Eine Auseinandersetzung mit neueren Interpretationen des Begriffs נפשin Ez 13,17–21 Eine Haupttendenz in der neueren Forschung, vor allem im englischsprachigen Bereich, identifiziert die Frauen von Ez 13 mit Nekromantinnen, also Frauen, die eine Art Mantik mit den Toten praktizieren. Diese Deutung wurde – soweit ich 22
Vgl. oben. Anmerkung g. Gegen Sedlmeier, 2002: 179–181, welcher den Zusammenhang zwischen 13,1–16* und 17–23* als ursprünglich hält. 24 So auch z. B. Pohlmann, 1996: 194: „13,17–23* könnte durchaus bereits seinen Platz im vorgolaorientierten Prophetenbuch gefunden haben“. Ob dieses Orakel tatsächlich auf den Propheten Ezechiel zurückgeht oder nicht, ist unmöglich zu sagen und auch unwichtig. 25 V. 19b: ;בכזבכםV. 20a.b (2 ×): ;אתםV. 21a: מספחתיכם. זרועתיכםin V. 20a könnte dagegen ursprünglich sein, wenn man denkt, dass es hier um die Arme von männlichen Klienten der Frauen geht. S. dazu unten §4. 26 Zimmerli, 1969: 284, und jüngst Stökl, 2013: 64, betrachten den ganzen Vers 19b als späteren Zusatz, aber die Argumente dafür sind m. E. nicht zwingend. Der Anlass für Zimmerli ist die Beobachtung, dass V. 19b mit einem mask. Suffixpronomen anfängt ()בכזבכם, aber er bemerkt selbst zu Recht, dass dieses Phänomen in V. 20–21a weitergeführt wird. Stökl, 2013, argumentiert seinerseits mit der Annahme, V. 19b hätte die Funktion, den Übergang zu den sekundären V. 22–23 vorzubereiten, aber die Terminologie ist unterschiedlich (V. 19b verwendet das Wort כזבund nicht שקרoder שואwie V. 22–23) und die Beziehung zwischen 19b und 22–23 ist nicht besonders offensichtlich. M. E. ist es also möglich, dass בכזבכם לעמיin V. 19b ursprünglich ist und nur שמעי כזב am Ende des Verses eine Glosse darstellt. 27 Vgl. dazu die textkritischen Anmerkungen oben. 23
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sehe – vor allem von M.C. Korpel in einer 1996 erschienenen Studie angeführt28 und seitdem von unterschiedlichen Exegetinnen und Exegeten, wie J. Stöckl (2013)29 und E. Hamori (2015)30, weitergeführt. Korpel deutet den Text von Ez 13,17–21 im Licht der Vorstellung, nach welcher Totengeister die Form von Vögeln nehmen konnten. Diese Tradition ist vor allem durch die Repräsentation des ba als Vogel in Ägypten bekannt, sie ist allerdings auch in Mesopotamien und in Ugarit belegt.31 Die נפשות, welche laut V. 20 von den Frauen verjagt werden und mit Vögeln identifiziert sind ()לפרחות, wären daher Totengeister, die von den Frauen für nekromantische Zwecke gefangen wurden: „The prophetesses are hunting souls to turn them into easily-caught fledgelings which they can use for their black magic. These souls will become evil spirits which the prophetesses turned sorceresses will be able to manipulate“.32 Stökl argumentiert seinerseits auf Basis der Form מתנבאות, welche in V. 17 verwendet wird, um die Frauen zu bezeichnen. Ihm zufolge wäre diese Form auf akk. munabbiātu, die seiner Meinung nach in einigen Texten aus Emar Nekromantinnen bezeichnet, zurückzuführen33. Trotz dieser Argumente bleibt der Versuch, die Frauen von Ez 13 als Nekromantinnen zu deuten, m.E. sehr fraglich. Die übliche Terminologie für Nekromantie ist in Ez 13,17–21 völlig abwesend: in anderen atl. Texten wird der Totengeist im Rahmen von nekromantischen Verfahren mit heb. ( אובʾôb) bezeichnet,34 während 1 Sam 28,7 die Nekromantin בולת אוב, „Herrin des Totengeistes“ ernennt35. Zwar ist aramäisch nbs/š = hebräisch npš in einigen Inschriften aus Samal aus dem 9. und 8. Jh. v. Chr. wie der Panamuwa-Inschrift und der Katumuwa Stele aus Zincirli mit der Bedeutung „Totengeist“ belegt36. Allerdings ist der Kontext deutlich anders: In der Panamuwa Inschrift sowie in der Katumuwa Stele geht es um Grabinschriften, wohingegen Ez 13 gar keinen Hinweis auf einen solchen Kontext enthält. Auch die Tatsache, dass die נפשin Ez 13,20 mit einem Vogel verglichen ist, heißt noch nicht, dass es um ein nekromantisches Ritual geht: Das Bild entspricht einem bekannten Topos der Jagd in der vorderasiatischen Literatur, welcher auch in exorzistischen Kontexten belegt ist (weiter dazu unten). Der Vergleich der נפשmit einem Vogel gehört also zur Motivik der 28
Korpel, 1996: 102–109. Stökl, 2013. 30 Hamori, 2015: 167–183. Vgl. auch letztlich Liebermann, 2020: 217–218, die auf die nekromantische Deutung des Textes hinweist, allerdings ohne eine klare Position einzunehmen. 31 Zur Diskussion der Belege in Ugarit, vgl. Korpel, 1996: 100–102. 32 Korpel, 1996: 104; vgl. weiter Hamori, 2015: 172–178. 33 Stökl, 2013: 69–74; ähnlich Hamori, 2015: 170–171 mit Anm. 6. Der Vorschlag, heb. מתנבאותaus dem akk. munabbiātu abzuleiten, wurde schon von Gruber, 1999, eingeführt; vgl. weiter Fleming, 1993. 34 Vgl. Lev 19,31; 20,6.27; Dtn 18,11; 1Sam 28,3.7.8.9; 2Kön 21,6; 23,24; Jes 8,19; 19,3; 29,4; 1Chr 10,13; 2Chr 33,6. Vor allem in 1Sam 28; Jes 8; Jes 29 und 1Chr 10 ist der nekromantische Kontext offensichtlich. 35 Vgl. dazu Nihan, 2003, 24–32, mit weiterer Literatur. 36 Für die editio princeps der Katumuwa Stele, vgl. Pardee, 2009. Für die Deutung von aram. nbs/nbš als „Totengeist“ in diesen Inschriften, vgl. Niehr, 2010; sowie ders., 2018. 29
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Jagd in Ez 13 und verlangt keineswegs einen nekromantischen Kontext. Außerdem bleiben – wie oben diskutiert – die Bedeutung sowie die Ursprünglichkeit dieser Form in V. 20 unsicher, und die Möglichkeit besteht, dass die Form לפרחות in V. 20 einer späteren Glossierung des Textes entspricht.37 Von daher ist es methodologisch problematisch, die ganze Interpretation des Textes auf diese einzige Form zu fokussieren.38 Die Herleitung von heb. mitĕnabbôt aus akk. munabbiātu ist etymologisch möglich, obwohl die Entsprechung nur partiell ist;39 aber ob akk. munabbiātu in den Texten aus Emar eine Nekromantin bezeichnet, bleibt ebenfalls unklar und unsicher.40 Vor allem kann die Interpretation der Frauenpraxis als eine Form von Nekromantie die Formulierung von V. 19 kaum erklären. Laut V. 19a sind die Frauen angeklagt, weil sie „die nĕpāšôt, die nicht sterben sollten, zum Tode, und die nĕpāšôt, die nicht leben sollten, zum Leben“ gebracht haben. Ganz offensichtlich geht es also hier nicht um Toten(-geister) sondern um lebende Menschen. Außerdem macht die Aussage von V. 19 klar, dass die inkriminierten Frauenpraktiken die Heilung bzw. Nicht-Heilung dieser Menschen betreffen und nicht ihre Befragung. Von daher sollte klar sein, dass der Text von Ez 13,17–21* nichts mit der Nekromantie zu tun hat, sondern eine andere Art von Praktiken beschreibt. Eine ähnliche Kritik gilt für den jungen Vorschlag von R. Steiner (2015), welcher in einigen Hinsichten eine Variante der nekromantischen Erklärung darstellt. Laut Steiner bezeichnet das Wort נפשin Ez 13,17–21(23) nicht einen Totengeist, sondern den körperlosen Geist („disembodied soul“) eines Menschen, z. B. während seines Schlafs (sog. „dream-souls“)41. In dieser Deutung versuchen die Frauen, die körperlosen Geister von Mitgliedern der Gemeinde mithilfe von Kissen ( )כסתותzu verjagen, um einen Einfluss über diese Menschen zu gewinnen. Auf dieser Basis rekonstruiert Steiner ein ausgefeiltes, wenngleich etwas phantasievolles Szenario: We now have a better understanding of the behavior condemned by Ezekiel. Cloth pillow filling was prepared, perhaps by cutting up clothing belonging to intended victims, and a spell was presumable recited over it. It was placed on the heads of tall women, where flying dream-souls could 37
Vgl. die Diskussion oben, mit Anm. 17. Stökl, 2013: 65, betrachtet selber את נפשים לפרחתin V. 20bβ als reine Schreiberfehler (aberratio occuli), welche sekundär in den Text eingeführt worden wäre. 39 Beide Formen sind fem. Partizipien eines sog. „Doppelung“-Stammes, aber akk. munabbiātu ist im D-Stamm entspricht, während heb. mitĕnabbôt (Hitpael) dem tDStamm entspricht. 40 Vgl. Stökl, 2013: 70–73. Die vier Texte aus Emar (= Emar 406:5’; 373:97’; 383:10’; 379:11–12), wo die Form munabbiātu belegt ist, weisen darauf hin, dass es um Frauen geht, die mit der Göttin Išḫara bezogen sind, und anscheinend Speiserationen im Palast bekommen. Die Analyse der Belege des Verbs n.b.ʾ. in anderen Texten aus Emar zeigt, dass dieses Verb für Frauen und Männer verwendet wird, die sich mit den Göttern und den Toten einer Familie beschäftigen (vgl. Stökl, 2013: 71–72). Stökl bemerkt zu Recht, dass diese Belege „would leave a wide field for possible duties of the *munabbiātu“. Er schließt selber ab: „It must remain open whether the *munabbiātu were necromancers proper, that is, diviners who received their information by interaction with the dead“ (2013: 72). 41 Steiner, 2015. 38
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make it out from above and/or pick up its scent. The women then persuaded their gullible listeners ( )שׁ ְֹמ ֵעי ָכזָ בthat their dream-souls, lured by the pillow filling and the spell recited over it, were now trapped inside the (previously empty) pillow casings.42 Neben der Tatsache, dass mehrere Aspekte dieser Rekonstruktion rein hypothetisch sind, gibt es einige Probleme mit dieser Interpretation. Wie oben diskutiert bedeutet das Wort כסתותnicht „Kissen“, sondern „Binden“ oder „Bändchen“ aus Stoff, die zusammengenäht ( )מתפרותund um die Handgelenke gebunden sind. Diese Beobachtung weist darauf hin, dass die נפשות, welche von den Frauen laut Ez 13 verjagt werden, nicht unkörperliche, wandernde Geister sind, sondern zu den Menschen gehören, die sich in dieser Art und Weise binden lassen. Außerdem gibt es meiner Kenntnis nach im AT oder in anderen schriftlichen Quellen der Levante keinen Beleg für die Konzeption, dass die נפשsich während des Schlafs vom Körper trennen und frei wandeln könnte, und der Text von Ez 13,17–21 enthält selbst keinen Hinweis für einen solchen Schlaf- bzw. Traumkontext. Die ganze Interpretation von Steiner scheint daher unhaltbar zu sein. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass weder die Deutung der Frauen von Ez 13 als Nekromantinnen (Korpel, Stökl, Hamori) noch ihre Erklärung als Hexen, die wandernde „dream-souls“ verjagen und fangen (Steiner), überzeugen können. Die nekromantische Interpretation hat keinen Anlass in dem Text, und die Deutung von Steiner führt zu einer Rekonstruktion, die völlig unhaltbar ist. Das Wort נפשbezeichnet weder Totengeister noch „dream-souls“ in Ez 13,17– 21, sondern – wie anderswo im AT – die Lebenskraft von lebenden Menschen. Die Interpretation der hier inkriminierten Frauenpraktiken ist also anderswo zu suchen.
4. Das rituelle Anlegen von Binden und Therapeutik in Ez 13 Aus methodologischer Perspektive besteht ein grundsätzliches Problem mehrerer Interpretationen darin, dass sie die polemische Absicht des Textes nicht genug wahrnehmen und daher zwischen der Praxis selbst und ihrer Kritik unzureichend differenzieren.43 Deshalb sollte man mit der Frage anfangen, inwieweit eine konkrete Praxis sich hinter diesem Text rekonstruieren lässt, und welche. Ez 13 beschreibt Frauen, die das rituelle Anlegen von Bändern praktizieren, indem sie Binden, wahrscheinlich aus Stoff, die zusammengenäht sind, an Handgelenke und Köpfe legen. Obwohl dieses Ritual anderswo im AT nicht erwähnt ist, hat es Parallelen in akkadischen Ritualen, wie es vor allem N. Bowen bemerkt hat.44 Eine Reihe von Ritualen aus Mesopotamien erwähnen das Anlegen von Stoffbinden oder Kordeln, die dann auf unterschiedliche Körperteile arrangiert werden; solche Stoffbinden oder Kordeln wurden häufig gebraucht, um Edelsteine, Metalle, oder Pflanzen zusammenzubinden, und haben i.d.R. eine thera42
Steiner, 2015: 54. Als typisches Beispiel für dieses Vorgehen, vgl. Block, 1997: 411–419; und noch jüngst Evans, 2014. Für eine Kritik, s. vor allem Bowen, 1999: 418–423; sowie Berlejung, 2003. 44 Vgl. Bowen, 1999: insb. 423–424. 43
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peutische bzw. exorzistische Funktion und dienen dazu, die Patientin bzw. den Patienten vor Bösem zu schützen. Das folgende Exzerpt eines akkadischen Rituals gegen die Dämonin Lamaštu (AO 6473) aus hellenistischer Zeit bietet ein gutes Beispiel:45 (…) Ein Karneol-Stein, ein Lapislazuli-Stein, auf ihrem rechten Fuß, diese zwei Steine ziehst du auf eine Kordel aus blauem Leinen auf; in Umschläge aus roter Wolle wickelst du sie ein, unter den Steinen der Füße und der Hände, ein Verbindungsstück machst du. Eine Bindung (takṣiru), so dass die schwangere Frau ihren Fötus nicht auswirft. Duplikat aus … Diese mesopotamische Tradition wirft ein Licht auf die in Ez 13 beschriebene Praxis, egal ob ein direkter Einfluss anzunehmen ist oder nicht. Es ist also wahrscheinlich, dass das Anlegen von Bändern an Handgelenken und Köpfen, welches in Ez 13 erwähnt wird, ebenfalls eine therapeutische und prophylaktische Funktion hat, wie es einige AutorInnen schon vermutet haben.46 Trotz verschiedener Versuche scheint es mir kaum möglich, diese therapeutische Funktion präziser herauszustellen. Die Bindung an bestimmten Körperteilen – Händen und Kopf – bedeutet noch nicht, dass es nur um die Heilung dieser Körperteile geht, wie es schon das oben zitierte Beispiel von AO 6473 zeigt. Vermutlich haben diese Bindungen eine allgemeine therapeutische und prophylaktische Funktion und dienen zur Abwehr gegen unterschiedliches Böses wie schwere Krankheiten, Dämonen usw. Auf Basis der akkadischen Parallelen nahm Bowen an, dass Ez 13 spezifisch auf therapeutische und prophylaktische Praktiken im Rahmen der Geburt eines Kinds hinweisen würde. Zwar sind in den akkadischen Texten rituelle Bindungen häufig im Zusammenhang mit dem Schutz der Mutter und seines neugeborenen Kinds erwähnt47, sie treten allerdings in einer weiteren Reihe von Umständen auf, wie z. B. der Entfernung von bösen Totengeistern48 oder der Heilung verschiedener Krankheiten. Außerdem gibt es keinen Anlass für die Annahme, dass die in Ez 13 Bänder ausschließlich an Frauen angelegt wurden. Die Tatsache, dass V. 17–21* entweder genderinklusive Bezeichnungen („mein Volk“, V. 18.19.21) oder mask. Pronomina verwendet49, weist eher darauf hin, dass der Text nicht nur Frauen, sondern auch Männer im Blick hat. Berlejung interpretiert ihrerseits die Bänder von Ez 13 als „Verbände, Umschläge oder Kompressen“, die „neben Massagen und gegebenenfalls Operationen, als Behandlung von Hautproblemen belegt sind“50, was m.E. den Kontext von Ez 13 zu eng konstruiert. Diese Beobachtung betrifft auch die Interpretation, laut welcher die Frauen von Ez 13 für Aborte verantwortlich wären. Dass der Text von Ez 13,17–21 solche Aborte auch im Blick hat, ist durchaus möglich und passt vor 45
AO 6473, Rekto, Z. 5–7. Erstherausgabe: Thureau-Dangin, 1921. Meine Übersetzung folgt der Transkription von Thureau-Dangin, 1921: 164. 46 Neben Bowen, 1999: 423–427, vgl. Berlejung, 2003: 197. 47 Vgl. dazu Scurlock, 1991. 48 Vgl. das neuassyrische Ritual CT 23 15–22+ i 63’–69’, und für die Herausgabe Scurlock, 2005: 175–178. 49 Vgl. V. 20b: זרועתיכם, „eure (mask.) Arme“; V. 21a: יהיו, „sie (mask.) werden“. Andere mask. Pronomina in V. 19.20 und 21 entsprechen dagegen vermutlich einer späteren Bearbeitung des Textes nach der Inklusion von V. 17–21* in Ez 13, vgl. dazu oben, § 2 und Fußnote 25. 50 Berlejung, 2003: 197.
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allem mit dem Vorwurf von V. 19, die Frauen hätten Menschenleben, die nicht sterben sollten, zum Tode geführt. Da der Text allerdings darauf hinweist, dass Bänder nicht nur an Frauen, sondern ebenfalls an Männer angelegt werden, sollte es klar sein, dass die hier inkriminierten Taten nicht nur in Aborten bestehen.51
Auf Basis der Deutung der rituellen Bindung in Ez 13 als therapeutische und prophylaktische Praktiken, welche die Menschen gegen verschiedene Arten von Unheil beschützen sollten, lassen sich weitere Aspekte des Textes ohne große Schwierigkeiten erklären. Die Bezeichnung in V. 17 der Frauentätigkeit mit der Form מתנבאות, also als eine Form prophetischer Handlung, entspricht der Tatsache, dass Prophetie und Heilung im alten Israel – wie anderswo in der vorderasiatischen Welt – eng aufeinander bezogen waren.52 2 Kön 5 erzählt, wie Na’aman von einer schwierigen Hautkrankheit von dem Propheten ()נביא53 Elisa geheilt wurde. Andere Stellen des ATs weisen darauf hin, dass im alten Israel – wie anderswo in der antiken Welt – therapeutische Rituale auch mantische Techniken einschließen konnten, welche den Zweck hatten, die Krankheit oder das Böse zu bestimmen.54 Die Beschreibung der Frauen in Ez 13,17 als המתנבאות, „diejenigen, die prophezeien“, kann daher entweder auf die Heilungstätigkeit der Frauen oder auf ihre mantische Befragung im Rahmen des therapeutischen Rituals hinweisen – oder eben beides zugleich. Die Anklage von V. 19a, die Frauen hätten mit ihrer Praxis Jhwh selber „profaniert“ ( חללHit.), scheint zu implizieren, dass das Ritual die – aller Wahrscheinlichkeit nach mündliche – Anrufung Jhwhs einschloss. Der Hinweis in demselben Halbvers auf „Gerste“ ( )שעריםund „Brot“ ( )לחםbezeichnet vermutlich die Gegenleistung, welche diese Frauen für ihren Dienst bekommen. Andere Stellen, wie 1 Sam 9,7 und 1 Kön 14,3, erwähnen ebenfalls „ לחםBrot“ bzw. „Nahrung“ als Gegenleistung für Propheten, die befragt werden, auch im Kontext einer lebensgefährlichen Krankheit (1 Kön 14,3!).55
51
Ich danke herzlich Dr. Dagmar Kühn für ihre Einsichten in diese Frage. Zum Thema, s. Avalos, 1995: 258–277; für diese Beobachtung im Kontext von Ez 13,17–21, vgl. schon Bowen, 1999: 425; Berlejung, 2003: 196–197. 53 Vgl. 2Kön 5,3.8.13. 54 Vgl. vor allem 1Kön 14,1–18; 2Kön 8,7–15; weiter 2Kön 20,1(ff.). Andere Stellen, wie 2Kön 1,2 oder Gen 25,22, erwähnen eine mantische Befragung im Rahmen einer schwierigen Schwangerschaft oder einer Krankheit. 55 Wenn diese Interpretation das Richtige trifft, ist die Präposition beth vor שעלי שערים und vor פתותי לחםals beth pretii (und nicht als beth instrumenti) zu verstehen, vgl. z. B. Zimmerli, 1969: 296; Brownlee, 1986: 196; Schmitt, 2004: 286; Block, 1997: 416. Bowen, 1999: 424, zieht eine Parallele akkadischen Ritualen, in denen die rituelle Handlung von Brot und Mehl den Zweck hat, Dämonen von einer Person fern zu halten. In diesem Fall wäre das beth als beth instrumenti zu verstehen. Die Parallele ist interessant, aber vermutlich zu spezifisch, um die Aussage von V. 19a erklären zu können. Pohlmann, 1996: 193, und Berlejung, 2003: 197, verstehen auch das beth als beth instrumenti, interpretieren aber die Gerste und das Brot als Opfer an Jhwh selbst. 52
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5. Vom therapeutischen Anlegen von Binden zur Hexenkunst Es bleibt dann die Frage, wie man von der hier rekonstruierten Praxis zur prophetischen Polemik in Ez 13 kommt und worauf diese Polemik sich stützt. Das entscheidende Element findet sich in der Anklage von V. 18, die nochmals in V. 20 wiederholt ist, dass die judäischen Frauen, welche dieses Ritual praktizieren, Menschenleben „verjagen“ ( – )צודV. 20a (M) und 20b (M/G) fügen daran: „wie Vögel“ ()לפרחות, obwohl diese Präzisierung – wie schon oben bemerkt – vermutlich sekundär ist. In V. 19 wird diese Anklage noch mit der Aussage expliziert, dass diese Frauen „die Menschen, die nicht sterben sollten, zum Tode, und die Menschen, die nicht leben sollten, zum Leben“ bringen. Diese Anklagen implizieren also, dass das rituelle Anlegen von Binden der Frauen nicht der Heilung ihrer Patienten dient, sondern einer Form von Kontrolle über ihr Leben. Mit dieser Kritik weist der Text auf einen anderen Aspekt des rituellen Anlegens von Binden in der vorderasiatischen Welt hin, welcher vor allem in der exorzistischen Literatur dokumentiert ist.56 Die Annahme, dass das Opfer einer Form der schwarzen Magie oder der Hexenkunst von einem Zauberer oder einer Zauberin mit Bändern „gebunden“ wurde, ist tatsächlich ein Hauptthema der mesopotamischen Exorzismen. Der Zusammenhang zwischen Bindung und Schadenszauber ist im AT – wie anderswo in der Antike57 – ebenfalls gut belegt.58 Die Funktion des Exorzismus ist dann gerade, die magischen Bänder, die vom Zauberer (bzw. der Zauberin) gebunden wurden, loszubinden, um das Opfer zu erlösen. So enthält z. B. die Rezitation einer Tafel von Maqlû, die große mesopotamische Exorzismussammlung, die folgende Anweisung:59 der Exorzist muss sieben Knoten in ein Band aus weißer Wolle binden, welches anscheinend die magische Binde, die das Opfer angreift, symbolisiert; dann wird dieses Band der Reihe nach losgebunden, und eine Beschwörung gegen Zauberer wird rezitiert. 69’ 70’ 69’
ṭurri šīpāti peṣâti sebet k[i]ṣrī takaṣṣar [tabattaq ana libbi ḫuluppaqqí tanaddi (?)] ÉN ru’u’a kaššāpat anāku pāširāk …60 Du bindest sieben Knoten in ein Band aus weißer Wolle, [dann bindest du (sie) los und wirfst (das Band) in den Kessel].
56 Die Parallele mit der akkadischen exorzistischen Literatur, und vor allem mit der MaqluSammlung (s. unten), wurde schon von Herrmann, 1924: 86, beobachtet. Vgl. weiter u. a. Korpel, 1996: 105; Bowen, 1999: 428; Berlejung, 2003: 201–204; Evans, 2014: 68–77. 57 Vgl. Gager, 1999; und für Griechenland insbes. Faraone, 1991. 58 Vgl. schon im AT die Wurzel חבר, „anfügen, anknüpfen, binden“, die für Zauberer sowie für Zauber verwendet wird: Dtn 18,11; Jes 47,9.12 usw. Vgl. dazu Cazelles, 1977: 721–726, insb. 723. 59 Zur Herausgabe des Textes, vgl. Abusch, 2015: 205–225 (synoptische Ausgabe der Handschriften), 273–278 (Transliteration) und 367–378 (Transkribierung und Übersetzung). Die Tafel wird von Abusch als „Maqlû Ritual Tablet“ bezeichnet, und wurde früher als „Tafel IX“ aufgelistet. 60 Transkribierung nach Abusch, 2015: 371–372.
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Beschwörung: „Meine Freundin ist eine Zauberin (aber) ich bin der Erlöser …“
Dass Ez 13 das rituelle Anlegen von Binden, das von den judäischen Frauen praktiziert wird, mit einer Art von Hexenkunst vergleicht, wird von anderen Aspekten des Textes bestätigt. Vor allem die Sprache von V. 18 und 20, in denen beschrieben wird, wie die Frauen die Lebenskraft ihrer Opfer verjagen und festhalten, entspricht einem Topos der mesopotamischen Exorzismusliteratur, wie schon zu Recht von A. Berlejung bemerkt.61 In der Tat ist der Gebrauch der Jagdthematik in den mesopotamischen Exorzismussammlungen häufig, um die Beziehung zwischen dem Zauberer oder der Zauberin und seinem bzw. ihrem Opfer zu beschreiben; das Opfer wird darin mit einer Beute im Fangnetz des Jägers verglichen. Der Vergleich des Opfers mit einem Vogel gehört durchaus zu diesem lexikalischen und thematischen Register, wie es das folgende Beispiel zeigt (Maqlû III, 154–161):62 154 155 156 157 158 159 160 161
ÉN rittumma rittu rittu dannatu ša amēlũti ša kīma nēši iṣbatu amēlu kīma ḫuḫāri isḫupu eṭlu kīma šēti ukattimu qarrādu kīma šuškalli ašārēdu ibāru! kīma gišparri iktumu dannu kaššāpu u kaššāptu rittakunu dGirra liqmi
154 155 156 157 158 159 160 161
Beschwörung: Hand, Hand, starke Hand des Menschen, die, wie ein Löwe, einen Menschen ergriffen hat, wie eine Vogelfalle, sich über dem Jüngling zugezogen hat, wie ein (Fang-)netz, den Jäger überdeckt hat, wie ein Netz den Führer angefangen hat, wie eine Falle, den Starken abgedeckt hat! Zauberer und Zauberin, mag Girra ihre Hand verbrennen!
Auch die Darstellung Jhwhs in diesem Orakel weist auf einen exorzistischen Hintergrund, indem V. 20–21 ansagen, dass Jhwh gegen die Frauen eintreten wird, um ihre Opfer zu „erlösen“ ( נצלhi., V. 21) und die Binden der Frauen von den Handgelenken und Köpfen zu reißen. Die Rolle Jhwhs in diesem Orakel, vor allem in V. 21, erinnert an die Rolle der großen Götter – wie u. a. des Sonnengottes Šamaš – in den mesopotamischen Exorzismustraditionen. In mehreren Ritualen werden die Götter angerufen, um die Bindungen eines Zauberers bzw. einer Zauberin abzulegen, und ihr Opfer daher zu erlösen, wie z. B. in der folgenden Stelle (Maqlû IV, 75–77):63
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Berlejung, 2013: 201–204. Transkribierung nach Abusch, 2015: 314; vgl. auch früher Meier, 1937: 27. 63 Transkribierung nach Abusch, 2015: 323. 62
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75 76 77
ana dGirra qāmî qāl[î] kāsî kāšidu ša kaššāpāti d Girra qāmû lipaṭṭer riksīkunu lipaššer kišpīkunu [lipaš]šer64 sirqīkunu
75
Zu Girra, dem Feurigen, dem Brennenden, dem Bindenden, dem Sieger von Zauberinnen! Möge Girra, dem Feurigen, deine Knoten abmachen, deine Hexerei lösen, deine Opfer [lös]en!
76 77
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Dass Jhwh in apotropäischen Kontexten, also als Hüter gegen Dämonen und böse Mächte, angerufen wurde, ist nicht nur im AT65 sondern auch außerbiblisch belegt, vor allem in den Silberplatten (sog. „Amuletten“) aus Ketef Hinnom (KH1 und 2), aus dem 6./5. Jh. v. Chr., wo die apotropäische Funktion Jhwhs explizite mit seiner Verehrung als Sonnengott bezogen ist66.
6. Fazit In Ez 13,17–21* ist ein Orakel bewahrt, welches vermutlich aus der ersten Hälfte des 6. Jh. v. Chr. stammt, und später durch die Hinzufügung von V. 22–23 in seinen literarischen Kontext eingeführt und zusammen mit Ez 13,1–16 verbunden wurde. Die in dem Orakel inkriminierte Praxis hatte aller Wahrscheinlichkeit nach eine therapeutische und prophylaktische Funktion, was grundsätzlich die frühere Annahme von N. Bowen bestätigt. Anders als Bowen sollte man allerdings annehmen, dass diese therapeutische Praxis nicht nur schwierige Schwangerschaften, sondern ebenfalls weiteres Böses umfassen konnte. In dem Orakel von Ez 13,17–21* wird aber diese therapeutische Praxis als eine Form von Hexenkunst beschrieben und kritisiert, durch welche die Klienten diesen Frauen zum Opfer fallen und die Kontrolle über ihr Leben verlieren. Die Umwandlung der Frauenpraxis zu einer Form von Hexerei – worauf die polemische Pointe des Orakels liegt – basiert auf der Deutung des rituellen Anlegens von Verbänden, das von den Frauen praktiziert wird, als „magische“ Bindung, wie der Vergleich mit Texten aus der exorzistischen Literatur des Vorderen Orients – vor allem Mesopotamien – zeigt. Schwieriger ist zu entscheiden, ob diese Polemik ausschließlich erfunden ist oder ob sie schon eine Basis in der Praxis dieser Frauen hat67. Für die zweite Deu64
Die Lesung dieses Wortes in Z. 77 ist unsicher. Meier, 1937: 31, liest hier [li-na-as]-si ir-ki-ku-nu, was aber sicherlich falsch ist, da die Endung š-šir vor si-[ir-qí-ku-nu] in einer Version noch zu lesen ist; vgl. dazu Abusch, 2015: 122. Von daher ist die Rekonstruktion [lipaš]šer in Z. 77 die wahrscheinlichste Option. 65 Vgl. etwa Ps 91. 66 Für die Herausgabe, vgl. Barklay u. a., 2004; Renz, 1995: 447–456. Für die Datierung, vgl. Renz, 1995: 447–452; Na’aman, 2011; weiter Berlejung, 2008. Die Beziehung zwischen der apotropäischen Funktion Jhwhs und seiner Verehrung als Sonnengott ist besonders offensichtlich in Z. 4–8 von KH 2, obwohl sie vermutlich in KH 1 auch vorhanden ist. 67 So vor allem Schmitt, 2004: 287.
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tungsmöglichkeit könnte die Formulierung von V. 19a, die Frauen haben „Menschenleben, die nicht sterben sollten, zum Tode, und Menschenleben, die nicht leben sollten, zum Leben gebracht“, plädieren; außerdem waren die Grenzen zwischen „weißer“ und „schwarzer“ Magie in der Antike häufig unklar und fließend. Allerdings gibt es auch Gegenargumente: Die exorzistischen Texte aus Mesopotamien setzen i. d. R. eine Situation voraus, wo der Hexer bzw. die Hexerin für den Patienten unbekannt bleibt und aus der Ferne handelt, während die in Ez 13 kritisierte Praxis vielmehr auf eine direkte Interaktion zwischen den Frauen und ihren Patienten (Anlegen von Verbänden!) hinweist. Die Erklärung von V. 19a laut welcher die Frauen „Menschenleben, die nicht sterben sollten, zum Tode, und Menschenleben, die nicht leben sollten, zum Leben gebracht haben“, bedeutet im Kontext des Orakels, dass die therapeutische Handlung der Frauen dem Willen Jhwhs nicht entspricht, und scheint daher eine theologische Interpretation widerzuspiegeln, die zur Polemik gegen die Frauen gehört. Kurz gefasst: die Annahme, dass die in Ez 13 inkriminierten Frauenpraktiken aus religionsgeschichtlicher Perspektive ambivalenter sein könnten, als es in der Forschungsliteratur angenommen wurde, stellt eine interessante Perspektive dar. Alles in allem scheint es mir trotzdem, dass die negative Beschreibung der Frauenpraxis in Ez 13,17–21* meistens, wenn nicht gänzlich, auf die polemische Absicht der Autoren dieses Orakels zurückzuziehen ist68. Wenn diese Interpretation das Richtige trifft, ist das Orakel von Ez 13,17–21* ein deutlicher Beleg für die zunehmende Marginalisierung der rituellen Expertise von Frauen in der Übergangsphase zwischen der vor- und der nachexilischen Zeit. Nimmt man an, dass die frühe Sammlung von Orakeln, zu der Ez 13,17–21* vermutlich gehört, von priesterlichen Kreisen verfasst wurde – was in Bezug auf die starke priesterliche Prägung des ganzen Buches sicherlich nicht unvorstellbar ist – dann stellt sich die Frage, ob das Orakel von 13,17–21* und die dazu gehörende Polemik nicht zugleich auf eine Konkurrenzsituation zwischen priesterlichen Familien und anderen rituellen ExpertInnen – in diesem Fall Frauen – im Bereich der Therapeutik und der Heilung hinweist. Eine klare Antwort auf diese letzte Frage würde allerdings der Betrachtung weiterer Quellen außerhalb des Ezechielbuches bedürfen.69
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So jüngst auch Liebermann, 2020: 219–220: „[…] Ezechiel may not have intended to accurately describe a single historically-attested form of mediation in 13:17–23. For rhetorical effect, he may have created a caricature of intermediary activity typically carried out by women”. 69 Zu dieser Frage vgl. vorläufig Avalos, 1995: 258–277 und passim.
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A Short Reflection on Funeral Customs in Gōzāna (Tall Ḥalaf) Mirko Novák Bern* Since our time together in Tübingen, Herbert Niehr and I have shared an interest in two scientific topics: the history and archaeology of the Aramaeans,1 and the funeral customs in Bronze and Iron Age Syro-Mesopotamia. It is therefore only natural that I dedicate to him the following reflections on the burial rites in the Aramaean principality of Palê/Bīt-Baḫiāni – or better: its capital Gōzāna – during the first three centuries of the Iron Age, in the hope that they may find his interest (fig. 1).
Fig. 1: The Luwo-Aramaean principalities of the Early Iron Age.
* 1
I thank Annick Payne (Bern) for critical proofreading. Niehr, 2014.
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Evidence of afterlife concepts and burial customs of a past civilisation is as diverse as it is incomplete: in addition to texts, graves with their inventories, and monuments of commemorative rituals form important evidence for the funeral customs of the so-called Neo- or Syro-Hittite culture in Upper Mesopotamia, the Northern Levant, and South-Eastern Anatolia. This culture was dominated by speakers and writers of three languages: the Indo-European language Luwian tendentially in the northern part, the Semitic language Aramaic in the central and more southern parts, and the Semitic language Phoenician on the Levantine coast.2 Although this large area was fragmented politically as well as linguistically, it is marked by some common characteristics in both material and spiritual culture.3 This is not the place to have a wider discussion about burial customs per se in this large area. Instead, we will reflect on the lore from the Upper Mesopotamian town of Gōzāna, modern Tall Ḥalaf, which enjoyed independence among an Aramaean elite in the 10th to early 9th centuries BCE before being incorporated into the expanding Assyrian Empire as a provincial capital. The ancestor cult practised in Gōzāna as well as its material indications has already been presented in detail by Herbert Niehr,4 Winfried Orthmann,5 and most recently by Matthias Lange6. A frequently discussed phenomenon is the apparent simultaneous practice of inhumation and cremation burials during this period, yet the respective social, “ethnic”7 or symbolic backgrounds have, so far, been assessed very differently.8 The fact that in Gōzāna ancestor cult images analogous to Neo-Hittite statues and steles were worshipped has also attracted much attention.9 We refrain from repeating the description of the finds and a general evaluation. However, the archaeological features will be classified according to new insights into internal stratigraphy and chronology, and thus some corrections will be made to the existing picture. This in no way detracts from any previous work but rather illustrates the rapid development of scientific knowledge. Gōzāna, modern Tall Ḥalaf near the Syrian-Turkish border and the twin towns of Ra’s al-Ayn and Ceylanpınar, was discovered as an important archaeological site in 1899 by Max Freiherr von Oppenheim, who also carried out excavations there in 1911–13 and 1929. New investigations were resumed by a Syro-German mission from 2006 to 2010 (fig. 2). Both excavation periods were terminated unplanned and prematurely by political changes and military conflicts, respectively.
2
Novák, 2019. Novák, 2019; Osborne, 2021. 4 Niehr, 2006. 5 Orthmann, 2011. 6 Lange, 2021: 27–97. 7 On the rather problematic concept of ethnicity in “Aramaean” Gōzāna, see most recently Elsen-Novák/Novák, 2020: 140–143. 8 Novák, 2003; Niehr, 2006: 72; Elsen-Novák/Novák, 2020: 149–152; Lange, 2021: 108– 110. 9 Bonatz, 2000: 151–155 passim; Niehr, 2006: 124–127; Orthmann, 2002: 89–93; Orthmann, 2011: 368–370; Lange, 2021: 52–57 passim. 3
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Fig. 2: The layout of the Aramaean and Assyrian town of Gōzāna (© Tell Halaf project).
Graves and funerary monuments were discovered mainly during the first excavation period, with a few more graves found during the last excavation period. Grave inscriptions that would provide information about concepts of the afterlife or burial rites, however, have not been discovered or identified so far, which is why the reconstruction of funerary customs is based mainly on the evaluation of the archaeological material or on analogies from other sites.
The Northern Necropolis During the old excavations, two elaborated mud-brick chamber tombs came to light northwest of Kapara’s Western Palace in the ḫilāni style (fig. 3).10 The southern, lower-lying of the two tombs was regarded by the excavators as the earlier of the two and assigned to the so-called Altbauperiode (“Old Building Period”).11 The chronological position of the northern, largely robbed tomb cannot be determined more precisely, despite a 1.22 m higher foundation depth than that of the southern tomb, since the stratigraphic observations are quite unclear; 10 11
Orthmann, 2002: 47–50. Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 100.
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the morphology of the terrain at that time could also have caused the difference in height. It was assigned to the Kapara period by the excavators. The section drawing of the citadel’s south gate, the West Palace, the two tombs and the Nordbau shows the stratigraphical relationship between the two tombs and the West Palace in a certainly somewhat idealised way.12
Fig. 3: Buildings and graves in the vicinity of the Western Palace (after Sollee 2020: 178, fig. 4; © Tell Halaf Project).
The new excavation mission was unable to re-examine the tombs as they have largely been eroded. Nevertheless, important insights were gained into the stratigraphic situation in the area around the West Palace, which also have implications for the chronological assignment of the tombs. First of all, the new investigations have shown that the “Old Building” below the Western Palace, name-giving for an alleged earlier Aramaean period before Kapara, is in fact just the deep foundation of the same palace, built by Kapara.13 The foundations, made of mud bricks and several metres deep, were set into a foundation pit, which in turn cuts into a massive, sterile earth fill.14 It cannot be determined with certainty whether 12
Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 17, fig. 3. Pucci, 2008: 95; Martin/Fakhru, in: Baghdo et al., 2009: 19–20; Martin/Fakhro/Heitmann, in: Baghdo et al., 2012: 47–52; Novák/Schmid, 2019: 219; Sollee, 2020: 176–177. 14 Martin/Fakhru/Heitmann, in: Baghdo et al., 2012: 47–52. This earth fill was wrongly interpreted by Langenegger as the older terrace of the Western Palace and was thus adopted by Pucci, 2008: 96 and Lange, 2021: 41, among others. 13
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this earth fill was of natural origin or was created in the course of levelling work, but remains of a simple mud brick house were discovered on its surface, dating to the very early Iron Age.15 Next to the same building, at least four graves were engrossed into this earth filling.16 When the paved road of the ramp from the Scorpion Gate to the terrace in front of the main entrance to the Western Palace was laid out, the top half of one of these graves (Grave 8) was erased in its upper part.17 Grave 15 to the north of the Western Palace was also dug into the earth fill and overbuilt when the palace terrace was constructed. This shows not only that the graves were older than Kapara’s construction but also that no consideration was given to the burials when the palace was built. It thus speaks not only for a chronological but also an emotional distance. Three of the four graves were mud-brick cist graves, one a simple pit burial; all were inhumations. The best-preserved burial, Grave 16, can be taken as an example:18 it is a mud-brick cist, built into the earth fill directly next to the wall of an adjacent mud-brick building. The latter probably belonged to the same settlement as the above-mentioned early Iron Age building below the Western Palace. The grave contained the inhumation burial of a young woman lying in an extended position on her back. The numerous grave goods include jewellery, textile remains,19 a scarab20 and ceramic vessels, the latter dated to the end of the Middle Assyrian period.21 The C14 dating of the organic samples yielded a calibrated date into the 14th or 13th century BCE, slightly too early in relation to the dating of the objects. In summary, there are four graves here that appear to be associated with houses built in the early Iron Age, on a sterile mound of earth above the Neolithic settlement. The graves were buried in the earth mass. During the construction of the Western Palace at the time of Kapara, the houses as well as the graves were built over and, in some cases, even heavily disturbed. This indicates a certain emotional and temporal distance between Kapara and the inhabitants of the previous settlement. Against this background, the two tombs from the old excavations, which were found directly to the northwest of the graves just mentioned, should be examined again: According to the above-mentioned section drawing, both tombs were sunk into the same earth fill as the graves. The fact that they were both dug underground is suggested by their unplastered outer walls. The platform in front of the entrance to the southern tomb is probably the floor of the access shaft. The upper part of the northern tomb was no longer preserved when it was excavated by Oppenheim’s team. It seems that it was erased when the terrace in front of the entrance to the Western Palace was built, since the upper preservation level of the tomb corresponds with the original paving of the terrace on the section drawing. The surface of the pavement lies directly above the southern tomb. As in the case of 15
Becker, in: Baghdo et al., 2009: 28–29; Martin/Fakhru, in: Baghdo et al., 2009: 18–19. Heitmann, in: Baghdo et al., 2012: 63–88. 17 Becker, in Baghdo et al., 2009: 27–28; Heitmann, in: Baghdo et al., 2012: 63–64. 18 Heitmann, in: Baghdo et al., 2012: 65–87. 19 Reifarth/Völling, in: Baghdo et al., 2012: 88. 20 Elsen-Novák, in: Baghdo et al., 2012: 136–137. 21 Sievertsen, in: Baghdo et al., 2012: 141–142. 16
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Grave 8, this suggests that no consideration was given to the tombs when the palace was built which is why the northern tomb, situated on a higher level, was destroyed. It is very likely that this is also the time when the tomb was robbed. Presumably because it was not discovered during Kapara’s building activities, the southern tomb escaped a similar fate. Even though the two tombs were more richly executed and equipped than the four graves from the new excavations, their mud-brick structures, the inhumation of the bodies in a stretched position, and the types of grave goods testify to a similar cultural context. This suggests that all burials were contemporary and belong to the early Iron Age settlement, pre-dating the foundation work of Kapara. The supposed late dating of finds from the southern tomb to the 9th century BCE, as put forward by B. Hrouda among others, is not compelling: although earrings and metal vessels, for example, can correctly compared with others from the time of Aššur-nāṣir-apli II, it is by no means certain that such object types were not in use before.22 Despite a clearly earlier dating than the Western Palace, the southern older tomb has repeatedly been seen as having a functional relationship with the palace, even in recent treatises, and ideological connections have been proposed.23 In fact, the palace not only showed no consideration for the necropolis, but its construction can even be seen as a fundamental break with local traditions. This also applies to the southern tomb. Hence, a common stratigraphical attribution of all graves of this northern necropolis to the pre-Kapara Building Period RA VI-5 or VII-1/2 and a dating to the chronological Period MJZ 3 (1120–1050 BCE) or rather NJZ 1 (1050–950 BCE) is most likely.24
The Southern Necropolis Beside the southern tomb of the older necropolis, the most noted and discussed burials of Aramaean Gōzāna are two cremations found hidden under two statues in a massive mud-brick terrace. Both burials were located in small enclosures, consisting of just one room each and built originally above-ground, in the south of the citadel (fig. 4).25 The two statues, under which the urns with cremated remains and grave goods were found, depicted seated women,26 one of them the famous so-called “Great Seated One”.27 The connection alone with the urns underneath suggests an interpretation as images of those buried, and thus as ancestor cult statues. Both differ stylistically relatively strongly from each other, which is why W. Orthmann 22
Orthmann, 2002: 49. Gilibert, 2013; Younger, 2018. 24 Becker/Novák, in: Baghdo et al., 2012: 225–233. 25 Orthmann, 2002: 52–53; Niehr, 2006: 124–128. For the dating of the more recent superstructure see Fakhro, 2020. 26 Orthmann, 2002: 52–53. 27 Orthmann, 1971: 126; Bonatz, 2000: 15, 28–29, Tf. V B5 and B4; Orthmann, 2002: 89– 90; Cholidis/Martin, 2010: 211–219 and Nr. 28. 23
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assumes a later date of manufacture for statue A2 in the northern enclosure.28 Regardless of the fact that stylistic differences can also have other reasons than a temporal distance, it seems justified to suggest that both enclosures are closely related chronologically: Both are founded on almost the same level, and both are very similar in their structure and function. Stylistic comparisons allow us to link at least the later statue A2 with the sculptures from the entrance area of the Western Palace and the so-called Kultraum (see below).29 In this respect, there is no weighty reason against an approximate simultaneity of the two cremations with the cult room and with Kapara’s construction activities. Both enclosures were intentionally filled and covered by a large mud-brick platform. On it were excavated remains of Neo-Assyrian elite residences, with rich and well-dated inventories from the 8th and 7th centuries BCE,30 thus establishing the latest possible date for the abandonment of the enclosures.31
Fig. 4: Southern “Chapel” with ancestor cult statue and urn (from Langenegger/Müller/Naumann 1950: 160, Abb. 8).
28
Orthmann, 2002: 89. Orthmann, 1971: 126. 30 Fakhro, 2020. 31 Sollee, 2020: 186. 29
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Whether three further architecturally similar structures uncovered during the old excavations directly east of the Citadel Gate, the so-called Gruftanlagen, can also be interpreted as burial superstructures of the same type, as suggested by Langenegger, cannot be decided on the basis of such scanty evidence.32 Here, three buildings were distinguished and identified as tombs, although only one contained human bones for certain. Therefore, an interpretation as houses cannot be ruled out completely.33 But if an identification as tombs should be correct and, besides formal similarities to the two enclosures, they were also to be dated contemporaneously, then this would mean the presence of a second, southern and younger necropolis, here. Although no burial remains were found below or inside the so-called Kultraum in the south of the lower town, it is unclear whether this was the superstructure of a tomb, as the statues and other inventories suggest.34 However, on the basis of the sculptures found in the building, it can be stated that ancestor cult was practised here and that the building probably dates from the time of Kapara due to its stylistic proximity.35 At the moment, there is no strong argument against assigning the two enclosures with the statues and the cremations, the three supposed burial complexes east of the citadel gate, and the Kultraum to the time of Kapara and thus to the building period RA VII-3 and the chronological period NJZ 2 (ca. 950–900 BCE).
Eastern Citadel Graves During the new excavations, five burials with inhumation were uncovered in Sector C to the east of the citadel. All of them were buried in the ruins of the abandoned Assyrian governor’s palace. Based on the stratigraphic position and grave goods, these graves can be assigned to the period RA VIII-4, the Achaemenid epoch.36
Lower Town Graves 26 graves were discovered in the lower town, almost all of them engrossed in the ruins of abandoned houses, thus proofing their posteriority in relation to the residential occupation of the lower town. K. Müller assumed that the entire lower city occupation with its two main building phases dated to the Altbauperiode and the Kapara period.37 In his opinion, the area was largely uninhabited in the NeoAssyrian period, apart from isolated farmsteads and the so-called Stadttempel, 32 Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 169–178; Orthmann, 2002: 50–52; Lange, 2021: 48–51. 33 Alexander Sollee is preparing a detailed discussion of this question in the course of the final publication of the new excavations. 34 Orthmann, 2002: 53–55; Lange, 2021: 74–88. 35 Sollee, 2020: 185. 36 Gries/Katzy, in: Heitmann et al., 2022. 37 Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 341–342.
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whose dating to the Neo-Assyrian period has never been questioned.38 Müller assigned the graves to two time periods: the Hellenistic period and the so-called Guzana period.39 19 stone cist graves were excavated, most of them robbed.40 Another such grave was found and excavated during the new excavations in the area of the city temple, confirming its dating to the Hellenistic period.41 Furthermore, the old excavations revealed one child burial in a converted storage vessel42 as well as four burials in ceramic coffins43 and a simple pit burial in the ground.44 All of them are built into an older structure, but attributed to a vague Guzana Period, presumably to be understood as Neo-Assyrian. A mud-brick grave was attributed to the Islamic period.45 During the new excavations in Sector G in the eastern Lower Town, four such mud-brick graves and one earth pit grave were discovered, all of them likely date to the Hellenistic period.46 The new investigations since 2006 have not only revealed a clearly more complex stratigraphic situation of Lower Town occupation but have also led to a redating of the major building phases.47 There is now no question that the later building phase definitely dates to the Neo-Assyrian period and was built on top of older structures from the Aramaean period. Several sub-phases can be distinguished. It is also very likely that the city wall, founded in the Aramaean period, was still in use in the Neo-Assyrian period and was probably only abandoned and overbuilt in the post-Assyrian period. This also means that the graves must be dated correspondingly late. At the moment, there is no reason to doubt that all of them date to the Hellenistic or Early Parthian time, corresponding to the settlement of the Building Period RA IX-1 to RA IX-3 on the citadel mound48 and thus to the chronological Periods CJZ 1–3 (ca. 320–50 BCE).49 This is confirmed by the fact that mud-brick graves, pit graves, jar burials of children and ceramic coffins are all attested in the Hellenistic and Parthian cemetery of Magdala (Tall Šayḫ Ḥamad), on the Lower Ḫābūr.50 In conclusion, this means that neither the graves from the lower town nor those from the eastern citadel of Tall Ḥalaf provide any information on the burial customs of Aramaic Gōzāna. But both indicate that in the further course of the Iron Age, after the incorporation of the site into the Assyrian Empire, inhumations were the dominant form of burial.
38
Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 349–357. Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 361. 40 Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 361–365, Graves 1–19. 41 Orthmann, in: Baghdo et al., 2012: 121–123. 42 Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 366, Grave 21. 43 Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 366, Graves 22–25. 44 Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 366, Grave 26. 45 Langenegger/Müller/Naumann, 1950: 366, Grave 20. 46 Sollee/Wartke, in: Baghdo et al., 2012: 129–130. 47 Orthmann in: Baghdo et al., 2012: 123, Tab. 1; Sollee/Wartke, in: Baghdo et al., 2012: 130, Tab. 2. 48 Katzy, 2015: 27–31. 49 Katzy, 2015: 41, Tab. 8. 50 Novák/Oettel/Witzel, 2000. 39
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Interim Result: The Chronology of the Burials If we now summarise what we know about the chronological distribution of the burials excavated at Tall Ḥalaf, we see that cremations have so far only been attested in the period NJZ 2: Burial Group
Funeral Type
Dating
Northern Necropolis
Inhumation
NJZ 1
(ca. 1050–950 BCE)
Southern Necropolis and Kultraum
Cremation (and others?)
NJZ 2
(ca. 950–900 BCE)
Isolated burials at the Citadel
Inhumation
NJZ 5–6 (ca. 605–330 BCE)
Lower Town Graves
Inhumation
CJZ 1–3 (ca. 330–50 BCE)
It must be clearly stated that cremation has only been clearly proven in two cases, namely the two enclosures with ancestor statues of seated women. Whether the three buildings to the east of the Citadel Gate and the Kultraum were actually superstructures of burials has not been proven so far. Therefore, no connection to cremations can be established, especially because cremated remains rather than inhumated bodies may have been overlooked during the old excavations. However, it is striking that no inhumations can be assigned to the period NJZ 2, although this was exclusive practice in the periods before and after. Furthermore, it is also remarkable that ancestor cult images are only attested in NJZ 2, with the one exception of the seated image of Kammaki (see below). This would indicate a connection between ancestor cult statues and the custom of cremation burial. We will take this as the starting point for the following considerations.
Cremation: Chronological, social or ideological backgrounds? As mentioned above, there is no evidence of cremations in Tall Ḥalaf either before the construction of the Southern Necropolis during the time of the Aramaean principality (NJZ 2) or afterwards. The two examples are both connected to persons belonging to the urban elite and are both directly linked to ancestor cult images. While this does not mean that the elite used cremation exclusively, there is no evidence for inhumation during this period! From the Neo-Assyrian to Hellenistic period, inhumations dominate, just as they did in the northern necropolis before Kapara’s constructions. This fits the general picture in Upper Mesopotamia (see below). In view of the meager evidence, it is the only thing we can work with at this stage. In archaeological research, the emergence of new burial customs is often seen as an indicator of immigration and ethnic change. This is especially true when there is a change from inhumation to cremation or vice versa. A prominent example of this is the Early Iron Age in the Levant, in which cremation burials,
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in contrast to the Bronze Age, are attested in greater numbers.51 This circumstance is often attributed to the immigration of Anatolian population groups, as there are both textual references and archaeological evidence for cremation in Anatolia at the time of the Hittite Empire.52 And indeed, the occurrence of cremation burials seems to confirm this, especially in Iron Age Levantine cities with Luwian-speaking elites. The two cemeteries in or near Karkamiš (Yunus53 and Deve Höyük54) and those of Ḥamāth (Ḥamā itself55 and the nearby Rasm at-Tanǧāra56) are worthy of mention. The latter is the only one dating to the end of the Late Bronze Age and the beginning of the Iron Age and has several grave goods which, according to the excavator, refer to Anatolian models. Whether there is actually a connection between Anatolian origin or “ethnicity” and the custom of cremation remains questionable, however; too little is known about burial customs in Aramaean settlements.57 Nevertheless, the evidence from Būr-Marina (Tall Šiyuḫ Fawqānī) shows that cremation was obviously popular among presumably Aramaic-speaking groups as well, without indicating whether this was due to a Luwian cultural influence.58 In Upper Mesopotamia, inhumation seems to have been the dominant burial custom throughout the Bronze Age. Isolated cremations were found at the Middle Assyrian sites of Tall Ṣabīʿ Abyaḍ59 at the Balīḫ and Tall Muḥammad Diyab60 in the Ḫābūr triangle, in both places alongside numerically dominant inhumations. The small number does not allow us to draw any conclusions about the background of cremation in these two places, whether these were singular phenomena or whether the custom was practised by significant parts of the local populations. The numerous burials found at sites of the late Middle Assyrian period such as Tall Faḫarīya,61 Tall Ḫuēra62 or Tall Šayḫ Ḥamad63, however, suggest an almost exclusive practice of inhumation in the region before the turn of the millennium. In principle, little changed during the Iron Age, as cremations appeared only late in the Neo-Assyrian period and only in moderate numbers.64 The most prominent exception is Tall Ḥalaf/Gōzāna, obviously temporally limited to the period of the independent Aramaean principality. It can thus be stated that the 51
On cremation in Syro-Mesopotamia see Tenu, 2009 and Christian, 2011. See e. g. Woolley, 1955: 202. On Anatolian burial customs in general see Orthmann in: Hrouda/Orthmann/Strommenger, 1957‒71: 603 ff., on Ilica as example of Hittite cremation burials see Orthmann, 1967. On the Hittite burial ritual for the king, see Haas, 2000. 53 Woolley, 1939‒40. 54 Moorey, 1980. 55 Riis, 1948. 56 Athanassiou, 1979. 57 See the skeptical view of Kreppner, 2014: 181–182. 58 Tenu, 2009. 59 Akkermanns/Wiggermann, 2015: 103–107. 60 Sauvage, 2005. 61 Bartl/Bonatz, 2013: 277–280. 62 Klein, 1995: 186–188. 63 Kulemann-Ossen/Preuss, 2021. 64 Kreppner, 2008; Kreppner, 2014. 52
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custom of cremation in Gōzāna was an intrusive one in the region, which was not based on any recognisable local tradition, and also seems to have been limited to a relatively short period of time. It was quite obviously connected with the cultural changes that accompanied the foundation of the Aramaean principality.65 The custom of cremation seems to have originated at least during the early Iron Age in the Northern Levant, as the evidence in Karkamiš and Ḥamāth suggests. Even if one should be cautious about seeing cremations as an indicator of one or more ethnic groups, a Northern Levantine cultural influence can certainly be recognized in the occurrence of this burial custom in Upper Mesopotamia during the 10th century BCE.
Ancestor Cult Statues Ancestor cult images, generally life-size or larger-than-life statues, are as yet unknown in Bronze Age Upper Mesopotamia. In the Iron Age, too, there is no evidence outside the principality of Palê/Bīt-Baḫiāni. This alone suggests that Aramaean Gōzāna is not just an exception, but that the relevant cultural roots are to be sought outside the region. In contrast, the phenomenon is well attested in the contemporaneous Neo-Hittite culture of the Northern Levant, both in principalities with Luwian or Aramaean elites.66 There, it is clearly based on regional traditions of the Bronze Age. As an example, the two statues from Gōzāna, which were placed above the urns and can thus clearly be interpreted as ancestor cult images, can best be compared to the two ancestor cult images from Bronze Age Qaṭna, which had been positioned on both sides of the entrance to the royal hypogeum.67 The iconographic proximity becomes apparent at first glance. Regardless of the fact that we are dealing here with the representation of two male persons,68 all four statues have the same pose: sitting on a chair, the head raised and the arms bent. All of them hold the bowl in their right hand to receive offerings. While the left hand of the female figures from Gōzāna rests on the lap, those in Qaṭna hold it in front of their chest with a clenched fist. Even though the ancestor cult images from Qaṭna are far more organic, naturalistic and finely crafted in their execution, they also show, especially in the area of the lower body, the block-like character of the representation that is so clearly evident in the statues from Gōzāna. The way in which the basalt cores under the seat of the chair are preserved and make the chair legs and cross struts, although more rounded, stand out almost in relief, can certainly be compared with the design in Gōzāna. While the two figures in Qaṭna wear beaded cloaks that leave the naked breast free, and the female sculptures from Gōzāna wear closed robes in accordance with their gender, the veiling character of the beaded cloaks certainly corresponds to that of the robe of the Gōzāna statues. 65
On these see more comprehensive Elsen-Novák/Novák, 2020. Bonatz, 2000. 67 Elsen-Novák/Novák/Pfälzner, 2003; Elsen-Novák/Novák, 2020: 152–156. 68 Elsen-Novák/Novák/Pfälzner, 2003: 161. 66
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The function of the statues from Qaṭna as ancestor cult images, which themselves were sacrificial offerings, is beyond question due to the context of the find, the access to the royal tomb and the flat plates with offerings placed in front of them. They belong to a group of iconographical related seated images from the Old Syrian period, which include those from Ebla that can also be interpreted as ancestor cult images. There is at least one prominent comparative piece from the Middle Syriac period, the statue of Idrimi from Alalaḫ.69 This, however, is missing the vessel held in the right hand. All these pieces come from the northern Levant between the Mediterranean and the Euphrates and north of Ḥoms. A comparable pictorial production, in terms of iconography and function, cannot be found in Upper Mesopotamia, neither in the periods before nor contemporarily. There are good reasons to interpret as ancestor cult images also the statues from the Kultraum70 and even the supposed caryatids from the Western Palace.71 It can therefore be clearly stated that the Aramaean dynasty of Gōzāna drew on an artistic heritage that was indigenous to the Bronze Age Levant west of the Euphrates. This applies not only to the execution and style, but also to the iconography and iconology of the statues, their representation and function. The heritage is so obvious that one can assume an unbroken tradition, even though there are gaps in the tradition, especially for the 13th to 11th centuries BCE. Nevertheless, the example of the statue of Idrimi of Alalaḫ proves that statues of this kind were often still visible and venerated centuries after their production and installation. It is thus possible that, to artists of the 10th century BCE, several ancestor cult images from the Bronze Age were still accessible in temples or tombs.
Conclusion Our small evaluation of the stratigraphic situation in Tall Ḥalaf has shown that the appearance of cremations and of monumental ancestor cult images in Gōzāna can be limited to a relatively short period – even if one can observe isolated indications of a survival of at least the latter phenomenon in e. g. the statues of Haddayisʿi/Adad-itʾī from Sikāni and Kammaki from the lower town of Gōzāna.72 Both phenomena, seemingly connected to each other, have their origins in the traditions of the Northern Levant, where they are at least partially detectable as early as the 2nd century BCE. It is therefore logical to associate them with a western, northern Levantine origin of Gōzāna’s political elites, who commissioned their production.73 It remains to be seen to what extent ethnicity, however defined, plays a role here. It is also not yet possible to define more precisely who 69
Dietrich/Loretz, 1981; Mayer-Opificius, 1981. Bonatz, 2000: 29; Orthmann, 2002: 53–55; Niehr, 2006: 129–131. 71 Elsen-Novák/Novák, 2020: 158; Lange, 2021: 64–73. 72 Novák, 2016: 128–130; Orthmann, 2020. 73 The term elites is used here to refer primarily to those in political and economic power. In addition, there are various functional elites, including, for example, an economic (merchants etc.), a military and an artistic-intellectual (writers etc.) elite. These other elites need by no means have belonged to the same identity group as the power elite. 70
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this elite was and how it was composed. After all, not only the political elite, but also the economic elite seems to have exercised these practices. However one may further evaluate this situation, one thing remains clear: much research remains to be done on burial rites in Gōzāna, today’s Tall Ḥalaf!
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Das Verschwinden der Bundeslade und das Aufkommen des Bilderverbots Thomas Römer Paris Der hebräischen Bibel zufolge kann Jhwh, der Gott Israels, der auch als Gott der ganzen Erde bekannt wird, durch keine Statuen oder andere Bilder dargestellt werden. Das Verbot von Jhwh-Bildern nimmt im Dekalog und in vielen anderen Texten eine prominente Stellung ein. Aus diesem Grund haben viele Gelehrte argumentiert, dass es im alten Israel und Judah einen ursprünglichen Anikonismus gab, durch den sich die jahwistische Religion, insbesondere in Judah, von den umliegenden Religionen unterschieden hätte.1
Die Debatte um den altisraelitischen bzw. biblischen Anikonismus Diese Ansicht ist in der Bibelwissenschaft weiterhin sehr weit verbreitet, wenn nicht sogar majoritär. Verteidiger der Idee, dass die jahwistische Religion eine anikonische Religion war, betrachten die weit belegten Maṣṣebôt als Zeichen einer bildlosen Verehrung Jhwhs.2 Der kultische Gebrauch solcher Mazzeben steht außer Frage und ist zum Beispiel in Gen 28,10–22 belegt, wo der Patriarch Jakob zum Gründer des Heiligtums von Bethel wird und zur Verehrung Jhwhs eine Maṣṣeba errichtet: Jakob stand früh auf und nahm den Stein, den er als Kopfunterlage benutzt hatte, stellte ihn als maṣṣeba auf und goss Öl darüber. Er nannte diesen Ort Bethel [….] Er sagte: ‚Dieser Stein, den ich als Stele aufgestellt habe, soll ein Haus Gottes (bêt ʾēlōhîm) sein‘ (Gen 28,18–19a und 22). Nach Gen 28 stellt die Mazzebe die Wohnstatt des in Bethel anwesenden Gottes dar bzw. die Gottheit selbst. Dies hat zu der Idee geführt, dass stehende Steine im Kontext nomadischer Bevölkerungen entstanden sind und eine anikonische Religion widerspiegeln, im Gegensatz zu der sesshaften religiösen Bevölkerung, die ihre Gottheiten mit theriomorphen oder anthropomorphen Bildern darstellte. Mazzeben treten jedoch sehr häufig auch in einem sesshaften Kontext auf. Dies gilt zum Beispiel für Mari, aber auch für die beiden Maṣṣebôt, die im judäischen Heiligtum von Arad entdeckt wurden, das wahrscheinlich eine königliche Stiftung war. Und war der Kult der stehenden Steine wirklich anikonisch? In Mari 1 2
So z. B. Mettinger, 1992. Mettinger, 2006 spricht von einem „de facto“ Anikonismus.
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wurde z. B. eine Mazzebe entdeckt, die rudimentär gemeißelt ist, und die Gesichtszüge sowie die Geschlechtsorgane einer Frau darstellt.3 Die privilegierten Orte für den Steinkult sind die sogenannten „Höhenheiligtümer“ (bamôt). In diesen im Freien gelegenen Kultstätten befanden sich Stelen und „heilige Pfähle“ (maṣṣēḇôt waʾăšērîm). Da diese bamôt jahwistische Kultstellen sind, ist es plausibel anzunehmen, dass die maṣṣēḇa den Gott Jhwh darstellte, begleitet von seiner Asherah, dargestellt durch einen stilisierten Baum. Das Vorhandensein von stehenden Steinen ist somit kein Beweis für einen bilderlosen Jhwh-Kult, zumal im Rahmen des Bilderverbots auch die maṣṣebôt erwähnt und verpönt werden. So zum Beispiel im Buch Deuteronomium: „Du sollst keine maṣṣeba aufstellen; Jhwh, dein Gott, hasst es.“ (16,22). Im sogenannten Heiligkeitsgesetz werden Mazzeben in Parallelen zu (Gottes-) Bildern genannt: „Ihr sollt euch kein Abbild oder eine Stele (maṣṣēḇā) aufrichten […] um euch davor niederzuwerfen, denn ich bin Jhwh, euer Gott“ (Lev 26,1). In diesem Text erscheinen Mazzebe und Gottesbild als Parallelen, ebenso wie in einer Passage aus dem Buch Micha: „Ich werde deine Abbilder (pĕsîlêḵā) und deine stehenden Steine (maṣṣēḇôtêḵā) aus deiner Mitte vernichten“ (5,12). Nach diesen Texten gilt ein stehender Stein als ebenso illegitim wie eine Götterstatue. Das Beispiel der maṣṣebôt zeigt, dass die Definition des Anikonismus kompliziert ist und ein strikter Gegensatz zwischen Anikonismus und Ikonismus nicht geeignet ist, die ursprüngliche jahwistische Religion zu beschreiben.4 Dazu kommt, dass der Begriff des Anikonismus sehr stark mit der theologischen Position verbunden ist, nach welcher der „wahre Gott“ in keiner Weise repräsentiert werden kann. Diese Auffassung ist zum Beispiel in den Schriften von Clemens von Alexandria zu finden, der das Konzept des Anikonismus in seiner Polemik gegen „heidnische“ Religionen verwendete, welche im Irrtum seien, da der wahre Gott durch keinerlei Abbildung dargestellt werden könne.5 Wenn wir den Anikonismus mit Doak definieren als „einen Darstellungsstil, der systematisch (und nicht versehentlich) bestimmte Arten figuraler Darstellung vermeidet, insbesondere anthropomorphe Bilder der Gottheit oder der Gottheiten“6, können wir die ursprüngliche israelitische und judäische Religion nicht als anikonisch bezeichnen.
Gründe für den nachexilischen Ursprung des Bilderverbots Einen wichtigen Beitrag zu der Debatte hat Herbert Niehr geleistet, der eine Anzahl von Indizien gesammelt hat, denen zufolge man mit einer Statue Jhwhs im ersten Jerusalemer Tempel rechnen muss.7 3
Eine Abbildung findet sich bei Margueron, 2004: 56. Vgl. auch Uehlinger, 1996: 543–545. 5 Gaifman, 2012: 18–20. 6 Doak, 2015: 34: „a representational style that systematically (i. e., not inadvertently) avoids specific kinds of figural representation, most specifically anthropomorphic images of the deity or deities.“ 7 Niehr, 1997; idem, 2003. 4
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Für das Nordreich sind Statuen für Jhwh in den biblischen Texten gut belegt. Für die biblischen Autoren und Redaktoren des Deuteronomistischen Geschichtswerk sowie vieler prophetischer Bücher war es kein Problem einen jahwistischen Bilderkult im Norden anzuerkennen, da ich ihrer Perspektiven das wahre Israel in Judah zu finden war, und das Nordreich und dessen Könige dem Polytheismus und einem illegitimen Jhwh-Kult frönten. Gemäß 1 Kön 12,28–30 gründete Jerobeam I. die Heiligtümer von Bethel und Dan, in denen er goldene Statuen eines jungen Stiers aufstellte, der Jhwh darstellte. Die Erwähnung von Dan als Ort, an dem Ende des 10. Jahrhunderts v. u. Z. angeblich ein israelitisches Heiligtum errichtet wurde, ist jedoch problematisch, da Dan wahrscheinlich erst ab dem 8. Jahrhundert v. u. Z. zu Israel gehörte.8 Demnach wäre die Geschichte von der Gründung eines Heiligtums in Dan als Retroprojektion aus der Zeit Jerobeams II. zu verstehen, der während seiner Regierungszeit im 8. Jh. Dan und Bethel zu jahwistischen Heiligtümern machte.9 Die Verehrung Jhwhs in Stierform ist auch für die Hauptstadt Israels, Samaria, bezeugt, zum Beispiel in der Kritik des Kalbes von Samaria in Hos 8,5–6. Manchmal wird argumentiert, dass die Stiere in diesen Texten Sockel sind, auf denen ein unsichtbarer Gott steht oder thront.10 Aber das ist eine petitio principii. Wir kennen Bilder von auf Stieren oder anderen Tieren thronenden Göttern, aber es gibt keinen eindeutigen Beweis dafür, dass die Statue eines Tieres als Sockel eines unsichtbaren Gottes dient.11 Daraus kann man folgern, dass der Stier in den Heiligtümern des Nordens Jhwh repräsentierte, der als Sturmgott und Hauptgott des Pantheons dargestellt wird.12 Für das Reich Judah hat H. Niehr, dem dieser Artikel freundschaftlich und in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste gewidmet ist, viele und wichtige Indizien zusammengetragen, die belegen, dass mit einer Statue Jhwhs im ersten Tempel von Jerusalem zu rechnen ist. Seine Hauptargumente seien kurz zusammengefasst: Außerbiblische Indizien finden sich in den Mazzeben von Arad, von denen eine wahrscheinlich Jhwh darstellt13, und die andere seine Paredra. Weiterhin sind mögliche Jhwh-Abbildungen zu erwähnen. Hier sind verschiedene judäische Siegel zu nennen, die eine thronende Gottheit zeigen, die möglicherweise mit Jhwh zu identifizieren ist, da die Besitzer dieser Siegel jahwistische Namen tragen.14 Auch die zwei Personen auf dem in Kuntillet Ajrud gefunden Pithos A wurden bisweilen mit Jhwh und seiner Aschera identifiziert.15 Weit mehr Hinweise finden sich in der Hebräischen Bibel selbst. H. Niehr verweist zunächst auf den häufigen, besonders in den Psalmen geäußerten Wunsch, Jhwhs Angesicht zu schauen, der sich am besten so erklärt, dass die betende Person die Nacht im Heiligtum verbringt und am Morgen Zugang zur 8
Arie, 2008. Berlejung, 2009. 10 Hendel, 1997; Lemaire, 2007: 63–76. 11 Schroer, 1987:101. 12 Leuenberger, 2019; 2020. 13 Niehr, 1997: 79. 9
14 15
Bereits Dalman, 1906; Sass, 1993: 232–234; Niehr, 1997: 80. Niehr, 1997: 81.
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Statue Jhwhs erhält.16 Die verschiedenen Texte, die von einem Kommen Jhwhs in seinen Tempel sprechen (bes. Ps 24 und 68), sind am besten auf dem Hintergrund von Prozessionen einer Jhwh-Statue zu verstehen.17 Die Erwähnungen von Jhwhs Gewand (Ez 16,8; Jes 63,1–3) lassen ebenfalls an eine Götterstatue denken.18 Als Ausgangspunkt für die Visionen Jesajas (Jes 6) oder Micha ben Jimlas (1 Kön 22) ist ebenfalls die Schau eines Jhwh-Bildes anzunehmen.19 Zu diesen wichtigen Beobachtungen könnte man das Bilderverbot selbst hinzufügen. Wenn der Anikonismus seit jeher das typische Merkmal der jahwistischen Religion gewesen wäre, warum verbieten dann die biblischen Autoren und Redakteure ständig alle Arten von Abbildungen des Gottes Israels?20 Dieses in vielen biblischen Texten belegte Beharren, keine Statuen und andere Bilder zu produzieren, klingt wie der Versuch, etwas Neues einzuführen, wahrscheinlich im Kontext des Wiederaufbaus des Zweiten Tempels von Jerusalem.21 Ein kaum beachteter Aspekt in der Diskussion um das biblische Bilderverbot und sein Aufkommen ist die Lade Jhwhs bzw. die sogenannte Ladeerzählung, der ich mich im Folgenden zuwenden möchte.
Die Lade und ihre Inhalte Die Lade Jhwhs oder die Bundeslade22 wird synchron betrachtet zum ersten Mal in Ex 25 im Rahmen der Errichtung des mobilen Wüstenheiligtums erwähnt. Hier liegt die genaueste Beschreibung der Lade23 und auch einer der jüngsten Texte über die Lade in der Hebräischen Bibel vor, der zur Priesterschrift (P) gehört. Nach P soll die Lade aus Akazienholz hergestellt und mit reinem Gold überzogen werden. Ihre Länge wird mit ca. 1,25 m, ihre Höhe und Breite mit 0,75 m angegeben24 (Ex 25,10–16). Geschlossen werden soll sie durch einen mit zwei Keruben versehenen kapporæt, einen „Sühnedeckel“25, welcher für die Lade eine sühnewirkende Funktion assoziiert (Ex 25,17–21; vgl. die Ausführung in 37,1–7).26 Der Inhalt der priesterlichen Lade wird mit ʿedût, „Zeugnis“ angegeben (V. 16 und 21), und die Lade dementsprechend als „Lade des Zeugnisses“ (ʾarôn ha-ʿedût) 16
Ibid.: 83–85. Ibid.: 85–87. 18 Ibid.: 88–89. 19 Ibid.: 89–90. 20 Vgl. ähnlich ibid.: 73. 21 So auch Köckert, 2009; Kang, 2018. Niehr denkt an die Möglichkeit, dass der generelle Anikonismus erst mit der makkabäischen Revolte aufkam. Vgl. ähnlich Diebner, 1991. 22 Zu den verschiedenen Namen der Lade in der Hebräischen Bibel vgl. den Überblick bei Jonker, 2015: 414–415. Hinzuzufügen wäre noch die „heilige Lade“ in 2 Chr 35,3. Anzumerken ist ebenfalls, dass die Bezeichnungen der Lade in der Hebräischen Bibel und in der LXX oft voneinander abweichen. 23 Fast alle künstlerischen und wissenschaftlichen Abbildungen der Lade basieren auf Ex 25. Vgl. zuletzt Eichler, 2021: 338. 24 Wenn man für eine Elle 52 cm annimmt. Vgl. Albertz, 2015. 25 Die Übersetzung „Sühnedeckel“ folgt einem Vorschlag von idem, 159. 26 Nihan, 2007: 43–51. 17
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bezeichnet. Der genaue Sinn des Ausdrucks bleibt unklar. Es entsteht der Eindruck, dass P eine Alternative zur deuteronomistischen Bundeslade bieten will. Mark K. George zufolge wäre der Ausdruck mit der mesopotamischen Praxis der Gründungssteine in Verbindung zu bringen, auf welchen die Gründung von Tempeln und deren Plan verzeichnet war und die zur Legitimation der Restaurierung oder Neuerrichtung von Heiligtümern dienten. Da Moses ein transportables Heiligtum errichten soll, muss dementsprechend auch der Gründungsstein mitgeführt werden.27 Man könnte ʿedût auch allgemein als eine allgemeine Bezeichnung der Beziehung zwischen Jhwh und Israel verstehen, wobei dann wohl auch die Gesetzestafeln gemeint wären28, allerdings nach Wiliam H.C. Propp „more as talisman than text.“29 Es wäre ebenfalls möglich, den Ausdruck als Zeugnis von Jhwhs Gegenwart zu verstehen, was man als Transzendierung des ursprünglichen Inhalts der Lade verstehen könnte. Auf jeden Fall setzt P für den Inhalt der Lade andere Nuancen als die Deuteronomisten, welche die Lade als „Bundeslade“ qualifizieren, welche die Gesetzestafeln enthält. In Dtn 10,1–5 berichtet Mose, dass er nach dem Zerschmettern der ersten Gesetzestafeln den Auftrag erhielt, sich erneut zwei steinerne Tafeln zu hauen, auf denen Gott noch einmal die zehn Gebote schreiben will. Für diese Tafeln soll Mose eine Lade aus Holz bauen30, in welche er die Gesetzestafeln deponieren soll. Im Gegensatz zu P ist hier weder von Gold noch von Keruben oder Sühnedeckel die Rede. Die Idee, dass die Lade „lediglich“ die zehn Gebote enthielt und nicht das ganze von Gott gegebene Gesetz hat wird in Dtn 31,25–26 reflektiert: Mose gebot den Leviten, die die Lade des Bundes Jhwhs trugen: Nehmt diese Torahrolle und legt sie neben ( )מצדdie Lade des Bundes Jhwhs, eures Gottes, damit sie dort ein Zeuge ()עד31 sei gegen dich. Diese Rolle ist zweifellos das Deuteronomium, und die Tatsache, dass die Leviten sie neben die Bundeslade legen müssen, bedeutet, dass das Deuteronomium in den Augen des Autors dieses Textes eine Art Erklärung des in der Lade liegenden Dekalogs ist. Das Deuteronomium repräsentiert dementsprechend die dem Volk zugängliche Torah, während es auf die von Jhwh geschriebenen Tafeln keinen Zugriff gibt.32
27
George, 2009: 167–174. Vgl. ähnliche Überlegungen bei Propp, 2006: 385. Dies scheint in dem Ps-Text Ex 31,18 der Fall zu sein. Vgl. aber die Interpretation von George, 2009: 170–172. 29 Propp, 2006: 385. 30 V. 3 präzisiert, dass es sich um Akazienholz handelt. Es kann sich um eine Angleichung an P handeln, oder der ganze Abschnitt Dtn 10,1–5 ist insgesamt als eine nachdtr Fortschreibung zu verstehen (Otto, 2012: 988–989). 31 Wenn man Ottos nachdtr Ansetzung dieses Textes folgt (Otto, 2017: 2105, setzt die Texte Dtn 31,16–22 und 26–29 später als Hexateuch- und Pentateuchredaktion an), kann man die Erwähnung der Zeugnisfunktion als Anklang an die priesterliche „Lade des Zeugnisses“ verstehen. 32 Otto, 2012: 989. 28
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Die dtr Idee der Lade als Behälter der Gesetzestafeln setzt sich in der Beschreibung der Aufstellung der Lade durch Salomon im Jerusalemer Tempel fort (1 Kön 8,6–9). Dort kommt sie unter Keruben zu stehen, die später von P verkleinert und auf die Lade selbst versetzt wurden (s. o.). Interessant ist die abschließende Bemerkung in 1 Kön 8,9: „In der Lade war nichts anderes ( )אין בארון רקaußer den zwei steinernen Tafeln, die Mose am Horeb hineingelegt hatte.“ Dieses apologetische Insistieren auf dem „Nichts anderes als“ legt den Verdacht nahe, dass die Gesetzestafeln ein Substitut für etwas anderes sind, und dass das dtr bzw. post-dtr Konzept des Gesetzesbehälters erst im Zusammenhang mit dem aufkommenden Anikonismus in der judäischen Religion entstand. Die ursprüngliche Funktion der Lade kann gut aus Num 10,33–36 erschlossen werden: 33 Sie brachen auf vom Berg Jhwhs, drei Tagesreisen weit, und die Bundeslade Jhwhs zog vor ihnen her, drei Tagesreisen weit, um einen Rastplatz für sie zu erkunden. 34 Und die Wolke Jhwhs war über ihnen bei Tag, wenn sie aus dem Lager aufbrachen. 35 Wenn die Lade aufbrach, sprach Mose: Steh auf, Jhwh, dass deine Feinde zerstreut werden; dass die, die dich hassen, vor dir fliehen. 36 Und wenn sie zur Ruhe kam, sprach er: Komm zurück, Jhwh, zu den zehntausend mal tausenden Israels. Eine diachrone Analyse ergibt, dass V. 34 eine Einfügung ist, da die Erwähnung der Wolke den Zusammenhang zwischen V. 33abα und V. 35 unterbricht.33 V. 33bß ist wohl ebenfalls ein Zusatz (vgl. die Wiederaufnahme „drei Tagereisen weit“), der der Lade eine andere Funktion zuschreiben will, das Auskundschaften eines Lagerplatzes. In V. 35 und 36 hat die Lade eine militärische Funktion. In ihr haust Jhwh, der sich aus ihr erhebt um Israels Feinde zu vertreiben. Möglicherweise liegt in V. 34–35 ein ehemals selbstständiger Ladespruch vor, der später in das Buch Numeri eingefügt wurde.34 Hier erscheint die Lade als Jhwhs Wohnstätte, die er verlassen kann, um für Israel zu kämpfen. Diese Konzeption der konkreten Präsenz Jhwhs unterscheidet sich deutlich von der Lade als Behälter der Gesetzestafeln.
Jhwhs Präsenz in der Ladeerzählung In seiner Untersuchung über die Überlieferung von der Thronnachfolge Davids stellte Leonhard Rost die Theorie auf, dass den Verfassern der Samuelbücher ältere schriftliche Überlieferungen vorlagen, welche diese in ihre Darstellung der Ursprünge des israelitischen Königtums übernahmen. Neben den großen Erzählzyklen der Aufstiegs- und Thronfolgegeschichte Davids postulierte er ebenfalls 33
Maier, 1965: 5. Das würde auch erklären, dass die militärische Aussage sich nicht reibungslos in den Kontext einfügt. Ein ähnliches Phänomen liegt mit der Einfügung des priesterlichen Segens in Num 6,22–27 vor. Die masoretische Umrahmung von 10,34–35 mit zwei umgekehrten Nunim soll wohl ebenfalls den spezifischen Status dieser Verse hervorheben. 34
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die Existenz einer ursprünglichen selbstständigen Laderzählung in 1 Sam 4,1b– 7,1 und 2 Sam 6 (genauer: 1 Sam 4,1b–18a.19–21; 5,1–11b1.12; 6,1–3b1,4.10– 14.16.19–7,1; 2 Sam 6,1–15.17–20a).35 Diese Theorie, die zum Teil übernommen wurde, zum Teil aber auch heftig kritisiert wurde36, ist dahingehend zu modifizieren, dass der ursprüngliche Abschluss der Ladeerzählung nicht in der Überführung der Lade nach Jerusalem zu suchen ist (2 Sam 6), sondern in ihrer neuen Beheimatung in Kirjat Jearim (2 Sam 7,1).37 Die ursprüngliche Ladeerzählung wurde wohl im 8. Jh. v. u. Z. am Hofe Jerobeams II. niedergeschrieben, um das neue Ladeheiligtum in Kirjat Jearim zu legitimieren.38 Dieser hieros logos dürfte die älteste Tradition über die Lade und deren Inhalt enthalten. Eine Analyse dieser Erzählung ergibt, dass in der Ladeerzählung die Lade keineswegs der Behälter von Gesetzestafeln war, sondern ein transportables Heiligtum, in welchem Jhwh gegenwärtig war. Solche tragbaren, einen Gott beherbergenden, Kasten oder Barken sind insbesondere in Ägypten belegt.39 Als in 1 Sam 4 die Israeliten beschließen, die Lade auf das Schlachtfeld zu bringen, bekommen es die Philister mit der Angst zu tun: Als sie erfuhren, dass die Lade Jhwhs in das Lager gekommen war, fürchteten sich die Philister und sprachen: ein Gott ist in das Lager gekommen. Sie sprachen: Wehe uns! So etwas ist zuvor nicht geschehen (v. 7).40 Dieser Angstschrei der Philister setzt voraus, dass der Gott der Israeliten im tragbaren Heiligtum präsent ist.41 Die Erbeutung der Lade und ihre Deportation nach Aschdod erinnert an die weit verbreitete Praktik der Deportation von Götterstatuen, die in den Tempeln der Götter der Sieger als deren „Vasallen“ aufgestellt wurden.42 Dies setzt ebenfalls voraus, dass sich in der Lade ein Abbild Jhwhs befand.43 Möglicherweise ist auf einem Relief aus dem Palast von Tiglatpileser III welches die Deportation der Götter aus Gaza darstellt44, eine „Lade“ zu sehen. Unter den Götterstatuen befindet sich eine Art Kasten mit einem Götterbild, das 35
Rost, 1926/1965: 119–253. Dabei hat er in Bezug auf 1 Sam 4,1b–7,1 einen Vorläufer in Löhr, 1898: XVIII. 36 Porzig, 2009. 37 Diese These wurde bereits von Miller/Roberts, 1977: 23–26; Schäfer-Lichtenberger, 1995: 328 und von Stirrup, 2000: 87.100, u. a, vertreten. 38 Vgl. dazu ausführlich Römer, 2019 und Finkelstein/Römer, 2020. 39 Vgl. die Beispiele bei Eichler, 2021: 55–56.116–117, und bereits Gressmann, 1920: Abb. 4 und 36, Abb. 9. Der ägyptische Einfluss auf die biblische Lade findet sich vielleicht in der Erwähnung des aus Ägypten stammenden Akazienholzes in Ex 25 und Dtn 10 (das hebräische Wort šittîm ist ein ägyptisches Lehnwort). Vgl. dazu auch Noegel, 2015. 40 Es gibt keine triftigen Gründe für eine Entfernung des gesamten Passus 5–9 aus der ursprünglichen Erzählung, was u. a. Schicklberger, 1973: 29–31 und Caquot/de Robert, 1994: 78, vorschlagen. V. 8 hingegen, der eine Beziehung zur Exoduserzählung herstellt, und im Gegensatz zu V. 7 die Philister als Polytheisten darstellt, gehört sicher zu einer späteren relecture (vgl. ähnlich Stolz, 1981: 42). 41 So auch Keel, 2001: 263–264. 42 Delcor, 1964. 43 Vgl. auch Brueggemann, 2002: 26: „YHWH is a prisoner of war on exhibit.“ 44
Eine Abbildung findet sich bei Layard, 1853, pl. 65. Vgl. weiter Uehlinger, 2002.
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kleiner als die anderen ist und möglicherweise ein mobiles Heiligtum, darstellt. Dieses assyrische Relief ist eine passende Illustration wie man sich die Deportation der Lade in das Land der Philister vorzustellen hat. Ein ähnliches Objekt ist vielleicht auch noch in einer Deportationsszene auf einem Relief von Sargon II. belegt.45 Dass die sich im Tempel Dagons befindende Lade den philistäischen Gott zunächst zu Fall bringt und danach seinen Kopf und seine Hände amputiert46, lässt an einen Götterkampf denken: „Jhwh hatte Dagon klar besiegt, zweimal nacheinander – so wie zuvor die Philister zweimal Israel besiegt hatten.“47 Nachdem die Lade bzw. Jhwh dann auch in Gat und Ekron großes Unheil angerichtet hat, beschließen die Einwohner von Ekron die Lade den Israeliten zurückzuschicken. Der Wagen, auf den die Lade gestellt wird, wird von zwei Kühen gezogen, was eine deutlich größere Lade voraussetzt als der priesterliche Baubericht in Ex 25. Auf diesem Wagen befindet sich ebenfalls ein Behälter für Weihgeschenke48, wie man sie vor einer Götterstatue deponiert. Schließlich belegt auch die Episode der Lade in Beth-Schemesch, dass Jhwh materiell in der Lade anwesend ist (1 Sam 6,10–21). Auch diese Erzählung ist literarkritisch nicht einheitlich49, und weist bedeutende Differenzen zwischen der masoretischen und griechischen Textüberlieferung auf. Für unsere Fragestellung sind 1 Sam 6,19–7,1 von Interesse: 19 Und er (Jhwh) schlug von den Männern von Beth-Shemesch denn sie hatten in die Lade Jhwhs geschaut.50 Er schlug siebzig Mann vom Volk (fünfzigtausend Mann).51 Das Volk trauerte, denn Jhwh hatte das Volk mit einem großen Schlag geschlagen. 20 Und die Männer aus Beth-Schemesch sprachen: „Wer kann vor Jhwh stehen, diesem heiligen Gott, und zu wem kann er hinaufziehen, weg von uns?“ 21 Und sie sandten Boten zu den Einwohnern von Kirjat-Jearim: „Die Philister haben die Lade Jhwhs zu45
Nach einer Rekonstruktion von Uehlinger, 1998: 763–765. Das Abschlagen von Händen und Köpfen von Götterstatuen ist z. B. auf einem assyrischen Relief belegt (vgl. Layard, 1849: p. 184), ebenso wie das Abschlagen von Köpfen von Feinden (vgl. Botta/Flandin, 1849: pl. 140). Ein ähnlicher Brauch scheint bereits in Ugarit belegt, wo die Göttin Anat Köpfe und Hände ihrer besiegten Feinde auf dem Rücken und an ihrem Gürtel trägt (KTU 1.3 II 5–15). Vgl. die Übersetzung von Niehr, 2015: 203. 47 Dietrich, 2010: 271. 48 Ibid., 285. 49 Zu den Überarbeitungen gehört sicher 6,15, wo im Gegensatz zu V. 14 (und zur gesamten Ladeerzählung) Leviten als Verantwortliche der Lade und der Opfer genannt werden (dieser Nachtrag kann durch Jos 21,16 inspiriert sein). 6,16–18a tragen wie in V. 4 die Idee einer philistäischen Pentapolis in den Text ein, und V. 17 erwähnt neben Aschdod, Gat und Ekron noch Gaza und Aschkelon, die sonst in der Erzählung nicht vorkommen. Im Übrigen schließt die ätiologische Notiz über den heiligen Stein von Beth-Schemesch in V. 18b passend an V. 14 an. 50 Vgl. zu dieser Übersetzung Barthélemy, 1982: 156, der auch rabbinische Kommentatoren zitiert 51 Die „fünfzigtausend“ sind leicht als Glosse erkennbar. 46
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rückkommen lassen. Kommt herab und bringt sie zu euch hinauf.“ 7,1 Die Männer von Kirjat-Jearim kamen und holten die Lade Jhwhs herauf. Sie brachten sie in das Haus Abinadabs auf der Anhöhe. Und sie hatten seinen Sohn Eleasar geweiht, um die Lade Jhwhs zu hüten. Dieser letzte Abschnitt der ursprünglichen Ladeerzählung erklärt warum die Lade in Kirjat-Jearim ein neues Zuhause findet und verwendet ein Vokabular, das an die Gründung eines Heiligtums denken lässt. So kann der Ausdruck „stehen vor“ ( )עמד לפניdas Stehen vor einer Gottheit bzw. den Dienst an ihr bezeichnen (so z. B. im Zusammenhang mit der Lade Dtn 10,8 und 1 Kön 3,15; vgl. weiter Dtn 18,7; Ri 20,28, 1 Kön 18,15; 22,21; Jer 7,10; Ez 44,15; Ps 76,8 u. a.). Wenn man diesen Ausdruck konkret nimmt, könnte man auch hier an eine Götterstatue denken.52 Die Weihung Eleasars53 macht diesen zu einem Priester der Lade bzw. des Gottes, der in ihr präsent ist.54 Die Lade findet demnach erst in Kirjat Jearim ein neues Heiligtum, da sich ein Teil der Bewohner von Beth-Schemesch ihr gegenüber ungebührlich verhalten hat. Nach dem masoretischen Text besteht ihr Vergehen darin, in die Lade hineingeschaut zu haben. Der darauffolgende göttliche Zorn kann sich nur so erklären, dass sie eine Statue oder Abbildung Jhwhs gesehen haben, was nur den Priestern oder besonders geweihten Personen möglich ist.55 Für alle anderen war Jhwhs Gegenwart nur durch die Lade möglich, die auch zu Prozessionen genutzt wurde (vgl. Ps 132, und vielleicht auch Ps 24). Für die Übersetzer der LXX war eine solche Idee nicht akzeptabel und sie korrigierten die Version des MT: „Und die Söhne Jechonjas56 freuten sich nicht mit den Männern von Beth-Schemesch als sie die Lade Jhwhs sahen.“ Hier geht es nicht mehr um das Hineinschauen in die Lade, sondern um die Ablehnung der Präsenz Jhwhs in Beth-Schemesch. Dem MT ist hier jedoch der Vorzug zu geben. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Ladeerzählung ein weiterer Beleg dafür ist, dass in der Königszeit Abbildungen des Gottes Israels existierten.
52 Diese Interpretation legt sich für Texte wie Jer 7,10 nahe: „Und dann kommt ihr und steht vor mir in meinem Haus.“ 53 Der Name Eleasar ist des Öfteren in der Hebräischen Bibel belegt; von den sieben Namensträgern sind fünf Leviten bzw. Priester, vgl. Nihan, 2013: cols 601–608. 54 Die Wurzel שׁמרkann auch den Dienst von Priestern oder Leviten bezeichnen; vgl. z. B. Num 1,53; 3,7.22; 18,3. 55 Vgl. dazu Niehr, 1997: 85. 56 Dieser sonst nicht bekannte Jechonja kann vielleicht mit dem Jojakin in Verbindung gebracht werden, der auf einem in Beth-Schemesch gefunden Henkel in einem Siegel aus dem Ende des 8. Jh. v. Chr. erscheint (Avigad/Sass, 1997: n. 663). Jedoch ist BethSchemesch nicht der Herstellungsort dieses Gefäßes gewesen (mündliche Mitteilung von Benjamin Sass). Oder wurde der Name gewählt, um auf den judäischen Jojachin anzuspielen, der in das babylonische Exil geführt wurde (dieselbe griechische Schreibweise findet sich in Jer 36,2 [LXX] und Esth 11,4 [LXX])? Interessant, aber spekulativ, bleibt McCarters Theorie, dass es sich um eine Verlesung von בני הכהניםhandelt (McCarter, 1980: 131).
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Der ursprüngliche Inhalt der Lade Hugo Gressmann und Sigmund Mowinckel nahmen an, dass die Lade ursprünglich eine Jhwh darstellende Stierstatue enthielt.57 Dabei führten sie insbesondere 1 Kön 12 und Hos 8,5–6; 10,5–6; 13,2 an, die für das Nordreich einen Stierkult belegen, in welchem Jhwh theriomorph dargestellt wurde (s. o.). Beide Autoren verweisen ebenfalls auf den Ladepsalm 132, in welchem Jhwh zweimal אביר יעקב („der Stier Jakobs“)58 genannt wird (V. 2 und 5). Für die Spätbronze- und Eisenzeit sind in der Levante, und besonders im Norden Israels Stierstatuetten, die sicher eine kultische Funktion hatten, reichlich belegt.59 Wenn die ursprüngliche Lade wirklich aus dem Nordreich (Schilo) nach Jerusalem gekommen wäre, was S. Mowinckel allerdings bezweifelt60, ist eine solche Darstellung Jhwhs in der Lade durchaus plausibel. Die Historizität der Ereignisse, die hinter der ursprünglichen Ladeerzählung stehen, ist in der Tat schwierig auszumachen. Wenn aber Kirjat-Jearim eine Gründung des Nordreichkönigs Jerobeam II. war61, bleibt die Präsenz einer Stierstatue in der Lade weiterhin eine Option. Allerdings zeigt das Beispiel des ugaritischen Baals, dass theriomorphe und anthropomorphe Darstellungen derselben Gottheit sich nicht ausschließen. Die Jhwh-Statue im ersten Jerusalemer Tempel war sehr wahrscheinlich eine anthropomorphe Darstellung der Gottheit, was die Vision in Jes 6 sowie eine Anzahl von Psalmen und anderen Texten nahelegen, die vom Sehen Jhwhs und dessen Bekleidung sprechen.62 Auch die ägyptischen „Laden“ bzw. Prozessionsbarken enthielten Götterstatuen.63 Von daher ist es nicht unmöglich, dass auch die Lade eine kleine Götterstatue beinhaltete. Eine dritte Möglichkeit wäre, dass sich im Inneren der Lade ein Jhwh darstellender Kultstein befand.64 Diese Hypothese könnte erklären, dass ein solcher Stein leicht als Schreibmaterial umgedeutet werden konnte. Wären ursprünglich zwei heilige Steine in der Lade präsent gewesen, hätten diese das Götterpaar Jhwh und Aschera dargestellt. Diese Möglichkeit bleibt jedoch sehr spekulativ, da in allen Ladetexten, die nicht von den Gesetzestafeln sprechen, immer Jhwh als allein agierend vorausgesetzt ist. Wenn die Lade israelitischen Ursprungs ist, ist wohl davon auszugehen, dass sie eine Statue Jhwhs in Stiergestalt beherbergte.
57
Gressmann, 1920: 27–29; Hoffmann/Gressmann, 1922: 89; Mowinckel, 1929: 197–201; deutsche Übersetzung: Mowinckel, 1930. 58 Gressmann, 1920: 28–29; Mowinckel, 1929 : 199. 59 Vgl. den Überblick bei Koenen, 2009. 60 Mowinckel, 1929: 199–200, spricht von einer „légende pieuse.“ Vgl. auch, in einer anderen Perspektive, Gutmann, 1971, der die Existenz dreier verschiedener Laden postuliert. 61 Siehe dazu Finkelstein/Römer, 2020. 62 Siehe dazu auch Niehr, 1997: 83–85.88–90 63 Noegel, 2015: 226–227. 64 So z. B. Meyer, 1906: 214, der von einem „Steinfetisch“ spricht.
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Die Umdeutung der Lade und ihr Verschwinden Die deuteronomistischen und priesterlichen Umdeutungen der Arche als Behälter der Gesetzestafeln bzw. als mit einem Sühnedeckel versehener „Lade des Zeugnisses“ sind im Rahmen des aufkommenden Bilderverbots zu verstehen. Unklar ist, was mit der Lade bei der Zerstörung des Jerusalemer Tempel geschah. Sie wird weder in 2 Kön 24,13 noch in 2 Chr 36,18 erwähnt. In diesen Texten ist nur allgemein von den Tempelgeräten die Rede. Deswegen ist bisweilen argumentiert worden, dass die Lade von früheren Königen wie Manasse oder anderen zerstört bzw. versteckt worden sei.65 Die plausibelste Hypothese ist jedoch, dass die Lade bei der Zerstörung des Tempels durch die Babylonier verschwand. Da sie nicht unter den Gegenständen des Tempels erwähnt wird, die die Perser den Judäern zurückgaben (Esra 1,7–11; 5,13–15), scheint es nicht so zu sein, dass die Lade als Beute nach Babylon gebracht wurde, sondern dass sie bei der Zerstörung des Tempels ebenfalls in Brüche ging.66 Anscheinend gab es beim Neubau des Tempels am Ende des 6. Jh. v. u. Z. Diskussionen um das Anfertigen einer neuen Lade. Das Orakel in Jer 3,16–18 erklärt sich am besten auf solch einem Hintergrund: Und wenn ihr euch in jenen Tagen vermehrt und fruchtbar werdet im Land, Spruch Jhwhs, wird man nicht mehr sagen: Die Lade des Bundes Jhwhs! Sie wird niemandem mehr in den Sinn kommen, und man wird nicht mehr an sie denken, und man wird sie nicht vermissen, und sie wird nicht wieder hergestellt werden. In jener Zeit wird man Jerusalem „Thron Jhwhs“ nennen. Und dort werden sich alle Nationen versammeln – zum Namen Jhwhs –67, in Jerusalem, und dem Starrsinn ihres bösen Herzens werden sie nicht mehr folgen. In jenen Tagen wird das Haus Judah zum Haus Israel gehen und sie werden vereint aus dem Land des Nordens in das Land kommen, das ich euren Vätern zum Erbe gegeben habe.68 In seiner jetzigen Form spiegelt dieser Text eine Diskussion über eine mögliche Wiederherstellung der Bundeslade für den Zweiten Tempel wider. Offenbar gab es eine wichtige Gruppe, die sich für die Wiederherstellung der verlorenen Lade aussprach. Zu den Befürwortern eines solchen Neubaus gehörte sicher der priesterliche Kreis, der in Ex 25 eine genaue Beschreibung der neuen Lade vornahm. Aus dem ersten Tempel übernahmen die Priester die Keruben, die nun in Miniatur direkt zur Lade gehörten. Die Idee, die (neue) Bundeslade mit Keruben zu verbinden, löste sicher Widerstand gegen eine Neuanfertigung aus69, ebenso wie die Erinnerung daran, dass die erste Lade eine Abbildung Jhwhs enthielt. Mowinckel verstand die Darstellung der Plünderung des Zweiten Tempels durch die römische Armee, wie sie auf dem Titusbogen zu sehen ist, als Hinweis darauf, dass es im Zweiten Tempel eine Lade gab. Rechts von der Menora, dem 65
Solche Ideen finden sich bereits bei den Rabbinern. Für einen Überblick vgl. Day, 2005. Enstrom /van Dyk, 1997. 67 Fehlt in LXX*. 68 LXX hat „ihren Vätern“, sicher eine lectio facilior. 69 Schäfer-Lichtenberger, 2000: 240–241. 66
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Leuchter, befindet sich tatsächlich ein Kasten oder eine Truhe.70 Man könnte auch auf den Traktat Yoma 5,1 verweisen, der von den Pflichten des Hohen Priesters im Zweiten Tempel spricht und dabei die Lade erwähnt. Sonst gibt es jedoch keine klaren Hinweise auf die Präsenz der Lade im Zweiten Tempel. Im Gegenteil, 2 Makk 2 behauptet mit Bezug auf die „Schriften“, dass Jeremia die Lade aus dem ersten Tempel vor seiner Zerstörung mit anderen Tempelgeräten versteckt habe. Jeremia habe auf einen göttlichen Befehl hin die Lade zusammen mit dem Zelt und Rauchopferaltar am Berge des Todes Moses (Nebo) in einem Haus bzw. einer Höhle versteckt (V. 4–8). Seinen Begleitern erklärt Jeremia: „Die Stelle soll unbekannt bleiben, bis Gott sein Volk wieder sammelt und ihm wieder gnädig ist. Dann aber bringt der Herr dies alles wieder ans Licht und die Herrlichkeit des Herrn wird erscheinen“ (V. 7–8). Dieser Abschnitt versteht sich am besten als eine relecture des Orakels in Jer 3. Sie erklärt den prophetischen Spruch, dass die Lade nicht erneut gebaut werden soll, damit, dass die ursprüngliche Lade nicht zerstört wurde, sondern von Jeremia selbst versteckt wurde, um am Ende der Zeiten wieder geoffenbart zu werden. Diese eschatologische Tradition findet sich dann in Offb 11,19 sowie auch in der muslimischen Tradition.71 Falls wirklich eine Lade im Zweiten Tempel stand, wurde diese von jüdischen Schriften aus der hellenistischen und römischen Zeit verschwiegen. Es scheint aber plausibler, das auf dem Titusbogen abgebildete Gerät als Schaubrotaltar zu verstehen.72 Allerdings erscheint ab dem 3. Jahrhundert in den Synagogen eine „heilige Lade“ ( )ארון קדושׁin der die Torahrollen aufbewahrt werden. Damit hat sich die deuteronomistische Tradition der Bundeslage bis heute fortgesetzt.
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Mowinckel, 1929 : 211 mit Anm. 53. Vgl. dazu Rubin, 2001: 212. 72 Yoma 5,1 müsste man dann als Rückprojektion aus der Zeit des Ersten Tempels verstehen. 71
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A New Phoenician Cult: The Tell el-Burak Evidence Hélène Sader Beirut Tell el-Burak is one of the rare sites in Lebanon to have yielded extensive remains from the Phoenician Iron Age. It is a coastal site located 5 km north of Sarepta, modern Sarafand. The joint Lebanese–German archaeological project which was started in 2001 has exposed an Iron Age rural settlement (Fig. 1) with industrial installations relating to wine production and some substantial evidence also for olive oil industry.1 The Phoenician occupation of Tell el-Burak lasted from the 8th until the mid-fourth century BC and six different Iron Age occupation phases have been detected in Area 3.2 In this paper dedicated to Herbert Niehr to celebrate his successful academic career, I would like to present briefly a new aspect of Phoenician religion which was exposed at Tell el-Burak and to share some preliminary thoughts about its nature and origin. It is a modest contribution to honor a great scholar and dear friend whose important works have improved our understanding of ancient Near Eastern religions.
The Tell el-Burak Cult Sites Tell el-Burak revealed a yet unknown type of cult site in Phoenicia. With the exception of the Sarepta3 and Beirut4 shrines, all the excavated sacred buildings were of a monumental urban character erected by local rulers to represent the official religion of their kingdom. Little was known about cultic installations in rural or industrial areas which better reflect popular Phoenician cults. The discovery of two cult sites at Tell el-Burak sheds new light on this aspect of Phoenician religion. The first site5 was found close to the massive pier and rubble enclosure/terrace wall and revealed two successive building phases. It was dated to the second half of the 8th century BC and belonged to the earliest occupation of the settlement because it was built directly on the Middle Bronze Age rampart. This installation consists of a large upright standing stele surrounded by a circular line of fieldstones (Fig. 2). In the older building phase, the curving stone enclosure was 1
Orendi/Deckers, 2018. Kamlah et al. in press. 3 Pritchard, 1975: 14 and Fig. 2. 4 Elayi/Sayegh, 2000: 153, 264; Wightman, 2008. 5 Kamlah/Sader/Schmitt, 2016. 2
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Fig. 1: Tell el-Burak site plan
situated much closer to the stele. Despite its relatively regular shape, no tool marks are visible on the stone which indicates that it has been naturally shaped. The stele was set up against the outer face of a stone wall close to the corner formed by the latter and a second wall. These walls were probably part of a structure destroyed by later building activities. Standing next to the stele is a rectangular ashlar covered with a whitish plaster. On its upper part the plaster had a grey blue color which seems to have resulted from a burning activity. This may lead to the suggestion that the stone may have served as a small altar. A fragment of a green glazed faience statuette of Egyptian origin6 was retrieved right next to the above-mentioned corner of walls. The stele with the semi-circular fieldstone enclosure was not dismantled by the builders of the later 6th c. BC structures and 6
Kamlah/Sader/Schmitt, 2016: Fig. 23.
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it was buried as is, which indicates its sacred character on the one hand, and its special significance to the inhabitants of the Iron Age settlement, on the other. It is not clear from the available evidence whether this cultic installation was an open air one or whether it was erected inside a building the remains of which were destroyed by later constructions. The latter alternative seems more probable as suggested by one of the Abel Beth Maacah cult sites (see below). The second cult site at Tell el-Burak was found west of the previous one in an area that was badly disturbed in its northern part by a deep and wide pit dug in the Late Iron Age which has severely damaged the buildings. The excavations revealed on a partly preserved floor a stone bowl in situ, a collapsed stele very similar to the one in the first cultic site, and three large flat stone slabs set sideby-side next to the fallen stone (Fig. 3). The basalt stone bowl, the collapsed stele, and the flat stone slabs are dated to the 7th c. BC. A series of floors were found under this damaged floor fragment. The first one immediately underneath it had a severely cracked large natural stone very similar in shape to the previous one. On yet another older floor stood an ashlar block which was found still standing in situ. This evidence seems to suggest that we are in the presence of a cultic construction repaired several times and in which the focus of the cult was an aniconic stone stele.
Fig. 2: Tell el-Burak first cult site
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Fig. 3: Tell el-Burak second cult site
Nature and origin of the Cult The evidence from Phoenicia The Tell el-Burak cult sites present so far the oldest and first clear evidence for a standing stone cult in Phoenicia. The whole setup is so far unique and has no direct parallels in any other Phoenician settlement. Standing stone cults become more common during the Late Iron Age in Phoenicia. Worthy of mention is the standing stone cult site dated to the late 7th–6th c. BC which was discovered recently at Acco.7 Since this feature is still under study and had not been published as this paper was submitted for publication, it is difficult to draw parallels with the Tell el-Burak sites. The same type of cult focused on the presence of a standing stone is attested in Beirut in the Late Iron Age building U16. The latter is the largest building exposed in the Persian period residential area which was built around the ancient harbor of the city.8 The sacred character of this building is suggested by the presence of a favissa containing terracotta figurines with extended arms, a pit full of jar fragments and masks, and the presence of a standing stone in situ next to two lustration basins and a water channel. Finally, one should maybe mention also in this context the 8th–7th c. BC Sarepta shrine in which a square hole was found in front of the altar. The excavators suggested that this was
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Oral communication of Ann Killebrew. Elayi/Sayegh, 2000: 153, 264, Fig. 32; Wightman, 2008.
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the socket where the cultic object stood. According to Pritchard9, this depression in the floor was once the place where a stone betyl or an incense altar stood. To sum up, in all the above-mentioned Phoenician cult sites the focal point of the installation is clearly the stele. There can be no serious doubt that the latter was considered as a sacred feature. It is indeed generally assumed that standing stones represent a deity or “a medium of power as charged with a concentration of the divine power operative in the whole sacred area”10. In any case, the sacred character of the stone seems highly probable. Some scholars disagree with the systematic identification of standing stones as deities but they do not deny their sacred character. Furthermore, the cult of standing stones appeared in Phoenicia in the 8th c. BC and spread widely in the Late Iron Age. All the above examples have an aniconic, mostly natural standing stone as the focal point of the cult. The Tell el-Burak, Acco, Beirut, and maybe also the Sarepta installations are clear evidence for the existence of aniconic cults in the Phoenician motherland which have preceded the appearance of empty sphinx thrones, thrones and naoi with betyls11, and spherical objects of aniconic nature which are of late Iron Age and Hellenistic date. They precede what Kevin Butcher called the “baetylmania”12 of the Roman period. This new discovery raises the issue of the origin, nature, and transmission of this cult which was obviously not native to Phoenicia, as suggested by the present state of the evidence. Origin and Nature of the Cult Indeed, Iron Age installations with similar aniconic natural stelae, which can be compared to the Tell el-Burak examples, are attested widely in the Southern Levant long before they appeared in Phoenicia.13 In most sites where installations with standing stones were exposed, the latter were often found either inside or in front of one of the city gates.14 All the Southern Levantine cultic installations were dated to the early Iron Age in a period ranging between the 11th and the 9th/8th c. BC, with an extended use sometimes into the 7th c. BC. The Tell el-Burak installations, which are the oldest so far in Phoenicia, are dated to the second half of the 8th and early 7th c. BC while all other attested examples are later. They are hence more recent than the South Levantine examples and they appear at a time when this type of cultic installation is disappearing or has already disappeared in the Southern Levant. However, in spite of the fact that the use of standing stones as a religious symbol is common to both Phoenician and South Levantine sites, the similarity seems restricted to the presence of aniconic stelae as cult objects while the
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Pritchard, 1975: 18. Graesser, 1972: 36. 11 Sader, 2019: 208. 12 Butcher, 2016. 13 Jericke, 2010. 14 Blomquist, 1999; Hagyo-Kovacs, 2012. 10
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Fig. 4: Abel Beth Maacah Shrine in Stratum 2 (courtesy Robert Mullins)
archaeological context in which these cultic features were found appears to be different. All the examples identified so far in the Phoenician homeland are not found close or associated with the fortification system but they are clearly found in independent structures with cultic features inside the settlement. Furthermore, the Tell el-Burak, Beirut, Acco, and Sarepta (if the assumption that the socket was for a betyl is accepted) present an interesting common character which is not shared by the South Levantine cult sites: the Phoenician examples are all found in industrial or commercial contexts where farmers, artisans, and merchants were active. The Tell el-Burak cult sites are associated with wine and olive oil industrial production. The Sarepta shrine is located in an industrial quarter where potters, metalworkers, and purple dyers were active. The Acco cult site was found in an area dedicated to metalwork: “In our industrial scale Phoenician iron smithy, we excavated an area with a standing stone embedded in a small basalt pavement that was located next to smithing hearths and what appears to be a burial of a lamb. It dates to the late 7th or early 6th century BCE and appears to have remained in use (or at least standing) until the 4th century BCE.”15 The Beirut shrine is located in the midst of an area occupied by merchants and artisans as attested by the exposed storage areas and workshops. To sum up, the above evidence in its present state seems to suggest that this type of cult was not native to Phoenicia and may have been borrowed or developed under the influence of southern Levantine religious practices. However, as already mentioned, the South Levantine cult sites present different contexts and had probably different meanings. Only one South Levantine example attested so far presents the same context as the Tell el-Burak and other Phoenician standing stone sites. These are the cult sites exposed at Abil el Qameh, identified with biblical Abel Beth Maacah, an Aramaean chiefdom of the early Iron Age. The latter site is located close to the South Lebanese and South Syrian borders, and 15
Personal communication by Ann Killebrew.
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was most probably at the confluence of Aramaean, Israelite, and Phoenician cultures as indicated by the biblical text and the recent archaeological evidence. Archaeologists have exposed at Abel a succession of cult practices spanning some 300 years and involving standing stones.16
Fig. 5: Abel Beth Maacah Shrine in Stratum 2 (courtesy Robert Mullins)
In Area A, two shrines dating to Iron Age I present striking similarities with the Tell el-Burak cult sites. In Stratum 4 is a two-room shrine with a feature consisting in a curving stone enclosure facing a stele standing against a wall (Fig. 4). This structure is very similar to the first cult site at Tell el-Burak (Fig. 2). In stratum 2 of the same area the excavations exposed another shrine which was part of a large industrial and administrative building. In this shrine two stone basins were found at either end, two fallen stone stelae, stacked circular stones of an altar or offering table, and a plastered installation equipped with two basins and demarcated by a low wall (Fig. 5). As previously noted, the preserved features on the broken floor of the second Tell el-Burak cult site (Fig. 3) may have stood inside a similar shrine. We observe in both Tell el-Burak and Abil el-Qameh a continuity in cultic practices focused around natural standing stones. While one of the functions of the shrine at Abel Beth Maacah is thought to have been dedicated for divination oracles as attested by a hoard of astragali found nearby17, the cults performed at Tell el-Burak remain to be explained. 16 17
Yahalom-Mack et al., 2018; Mullins et al., 2019. Mullins et al., 2019: Fig. 17.
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The similarity between the Tell el-Burak and the Abel Beth Maacah cult sites raises interesting questions relating to this religious practice, its origin, and the circumstances that led to its dissemination in the southern Phoenician kingdoms three centuries after its emergence in the southern Levant where it seems to have been inherited from Late Bronze Age practices. Does this chronological antecedence indicate that this cult was borrowed by the Phoenicians from their Israelite or Aramaean neighbors, since according to the present state of the evidence it was not attested in Phoenicia before the 8th c. BCE? One cannot dismiss the possibility, however, that their absence before the 8th c. in Phoenicia may be due simply to the haphazard of archaeological discovery, although this seems less likely. What sort of religious or political development has led to the adoption of such cult sites in Phoenicia? That southern Levantine cities in general, and Abel Beth Maacah in particular, had close connections with southern Phoenicia, mainly with the city of Tyre, is attested by both textual and archaeological evidence. These connections are represented mainly by the presence in the above-mentioned sites of imported Tyrian pottery as well as other artifacts of Phoenician manufacture. Another observation worthy of note is the fact that, in the southern Levant so far, only the shrine of stratum 2 at Abel is located in a building dedicated to administrative and industrial activities, in other words in the same type of context in which such sites were found in Phoenicia. This feature is common to all Phoenician cult sites and, to the author’s knowledge, is found so far only at Abel Beth Maacah in the southern Levant.
Conclusion The above evidence leads us to put forward two assumptions: the first is that this type of cult place involving a standing stone in Phoenicia was specific to sites involved in industrial and agricultural activities, hence suggesting the worship of divine powers overseeing these activities. The identity of these divine powers remains to be determined. However, some archaeological evidence indicates that these activities were under the protection of the main female goddess of the Phoenicians, Astarte. The fact that the Beirut favissa contained terracotta statues representing the female goddess, and the fact that the Sarepta shrine was dedicated to Astarte, and, finally, the fact that a female statuette was found in the area of the Tell el-Burak first cult site may lead to this suggestion. Furthermore, these cult places with standing stones which seem to have been connected to industrial, agricultural, or commercial activities call to mind another cultic artifact with a related function. I refer to stone altars which came from noncultic contexts such as those found at the site of Ekron. “In terms of context, unlike the Israelite altars, none of the Ekron altars were found in a locus that was part of a temple, shrine, or cult room, and none came from a locus containing assemblages of cultic indicators such as figurines, votive vessels, cult stands, chalices, or burnt animal bones”.
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They were found in “almost every house of the 7th century BCE stratum, both in dwellings and in the industrial quarters”.18 Their presence in the industrial quarters of Ekron where olive oil was produced has led Gitin to assume “a special role for incense altars in connection with the olive oil industry” and to suggest that “altars were used in the administration of the industry, perhaps by the local priestly class on behalf of the royal authority”.19 The important information gathered from the Ekron evidence is that cultic objects such as stone altars may have been connected with industrial activity, as is the case of the cult sites with standing stones. The same function may be ascribed to two similar altars which were found at Tell el-Burak20 and three others found at Kharayeb21, a rural site connected with agricultural activity22. The above evidence adds a new insight into the popular religion of the Phoenicians which gave special care to industrial and agricultural activities which secured the prosperity of the people and which were placed under the protection of divine powers. The second assumption is that standing stone cults reached Phoenicia through trade contacts between the kingdom of Tyre and the Palestinian sites located on the trade route linking Tyre to Palestine and Damascus. According to René Dussaud, Abel was located on the direct road linking Tyre to the Upper Jordan Valley and Damascus: “La route directe qui reliait Tyr à la haute vallée du Jourdain et, de là, à Damas passait probablement par Yanouḥ, ‘Abrikha, Rabb Thelatin, Abil, Djisr Ghajar sur lequel on passe Nahr el-Hasbani et, de là à Banyas.”23 So, the area of contact may be sought in the settlements crossed by this trade route and would explain also the similarity between the cult sites of Tell el-Burak and those of Abel Beth Maacah. The abundance of Tyrian artifacts in the latter site confirms the close relations with the Phoenician cities.24 More research and more archaeological evidence are needed to clear the issue of the transmission of this cultic tradition and the transformations it underwent moving from an Israelite to an Aramaean, and, finally, to a Phoenician milieu.
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Stern, 2001: 123. Gitin, 1989: 60. 20 Sader, 2016. 21 Kaoukabani, 1973. 22 Oggiano, 2015: 245. 23 Dussaud, 1926: 22. 24 Yahalom-Mack, N. et al., 2018: 156. 19
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Illustrations: The Tell el-Burak Archaeological Project
König Ḫartapus und das Land Mušku Anne-Maria Wittke Tübingen Der luwisch-sprachige Raum der sog. Späthethitischen Fürstentümer gehört nicht zu den Kernsujets des zu Ehrenden, doch befasst sich Herbert Niehr immer wieder mit den angrenzenden Nachbarn im Südosten1, so dass auch dieser Beitrag zu einem aktuellen Forschungsthema sein Interesse hoffentlich zu wecken vermag. Schauplatz ist das im zentralen Süden Kleinasiens liegende Gebiet der KonyaEbene mit den lang bekannten Fundplätzen Kızıldağ und Karadağ, das östlich an die Fürstentümer Tabal und Tuwana, Ḫilakku und Adana/Qawa/Que anschließt.2 Dort wurde erst kürzlich eine der größten antiken Siedlungen Kleinasiens, Türkmen-Karahöyük, entdeckt. Sie wird von den Ausgräbern einerseits mit der Stadt Tarḫuntassa des späteren 2. Jts. v. Chr., Hauptstadt des gleichnamigen und zum Hethitischen Reich gehörenden Landes, und andererseits mit dem Königssitz des in den Inschriften der erwähnten Fundorte genannten Großkönigs Ḫartapus in Verbindung gebracht.3 Die gleich in der ersten Kampagne gefundene, wohl nicht ganz fertig gestellte hieroglyphenluwische (HL-)Steleninschrift, TÜRKMEN -KARAHÖYÜK 1, berichtet in § 1, in der Übersetzung von Petra Goedegebuure, von der Eroberung des Großkönigs Ḫartapus, Sohn des Mursili, des Landes „Mušku/a“ (mu-sà-ka (REGIO )) sowie der erfolgreichen Abwehr eines Gegenangriffs auf sein Territorium und der Auslieferung von 13 Königen durch den Sturmgott und alle Götter (§ 2) und der Errichtung von zehn stark befestigten (Grenz-) Festungen. Nicht nur von den Ausgräbern wird sie generell in das 8. Jh., aus historischen Gründen aber nunmehr präziser in die 1. H. des 8. Jhs. datiert4 und damit in die Vor-Midaszeit. 1
Vgl. u. a. Niehr, 2020: 61–78, hier: 64–71 zur phönizischen Inschrift (KAI 24) des Kulamuwa von Sam ̓al (840–810) und zu luwischer Historiographie sowie der Erwähnung von mškbm (vgl. Anm. 27) und bʿrrm (vgl. auch Wittke, 2004: 76 mit Anm. 299: keine Verbindung zu Mušku). Vorgeschlagene Lösungen: Luwische bzw. aramäische Bevölkerungsgruppe in Sam ̓al/Zincirli, Elite – Arme, Sesshafte – Herumtreiber/Nomaden: Niehr, 2020: 70 mit Anm. 43–45. 2 Zum Luwischen Kulturraum: Aro/Wittke, 2015a: 617–629. Zur Lage der erwähnten Fürstentümer und Orte Wittke et al., 2007: 39, 43, 47–53. 3 Zur Auffindung vgl. Osborne et al., 2020: 1–27. Zur eindeutigen Transkription des Herrschernamens als Ḫartapus vgl. Oreshko, 2020, §1. 4 Zur Inschrift und Datierung ins 8. Jh.: Osborne et al., 2020: 20f.; Goedegebuure et al., 2020: 29–43, hier: 40; zur Datierung in die 1. H. 8. Jhs.: Goedegebuure et al., 2020: 41. Diese wird unterstützt von Annick Payne (Mitteilung vom 31.12.2020). Text nach Goedegebuure et al., 2020: 30f.: „§1 When Great King Kartapu, Hero, son of Mursili, conquered the country of Muška, Alternatively: Great King Kartapu, Hero, son of Mursili, who
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Vor allem, weil dieser phrygische Herrscher (ca. 738–6965) sehr gute Beziehungen mit dem späthethitischen Raum oder besser gesagt, wie aktuell von James Osborne vorgeschlagen, mit dem Gebiet des „Syro-Anatolian Culture-Complex“ (SACC)6 unterhielt, bis er sich Sargon II. unterwarf.7 Die Datierung von Ḫartapus, seinen Inschriften bzw. der im Felsen eingeritzten Darstellung als Thronender8 wird von den beteiligten Disziplinen nach wie vor kontrovers diskutiert. Einige Forscher halten das 12. oder frühe 11. Jh. für stimmig.9 Einige Forscher versuchten die Problematik zu lösen, indem sie die Inschriften in das 12. Jh., den Thronenden dagegen ins 8. Jh. datierten.10 Mehrheitlich wird das 8. Jh. favorisiert, was sich durch die neuaufgefundene Inschrift zu verfestigen scheint. Einigkeit herrscht nunmehr in Bezug auf die Lesung des vermerkten Landesnamen „Mušku“, der auch in der vor Jahren publizierten KIZILDAĞ 4-Inschrift vorkommt und bisher eigentlich mit dem Land „Māsa“, mehrheitlich in der Forschung in NW-Kleinasien11 lokalisiert, verbunden wurde. „Mušku“ wird zwischenzeitlich fast durchgängig in der Forschung mit dem erstmalig in der Ilias überlieferten zentralkleinasiatischen Land „Phrygiē“ gleichgesetzt. Die Verbindung läuft zum einen über den in assyrischen Quellen des späten 8. Jhs. bezeugten „Mita von Mušku“ = griechisch/phrygisch „Midas von Phrygien“, zum anderen conquered the country of Muška. §2 the enemy descended upon (his) territory (lit. came down into the land), §3 (but) the Storm God of Heaven (and) all the gods delivered (its) 13 kings (to) His Majesty, Great King Hartapu. §4 In a single year he placed the 13 kings, the(ir) weapons (= troops?), and wild beasts?? under (the authority of) ten strong-walled fortresses. §5 And th[ey (?)] are there (as) His Maje[sty’s] Chiefs (?)-of-the ...“ 5 Alle Herrscherdaten und -schreibungen, soweit dort erfasst, nach Eder/Renger, 2004. 6 Osborne 2021. 7 Wittke, 2004: 106ff.; Vassileva, 2008. Zu Midas und den aus antiken Quellen erschlossenen Daten auch: Eder/Renger, 2004: 78. 81f. 8 Dazu zählen außer der neugefundenen Inschrift fünf vom Kızıldağ, zwei vom Karadağ und eine aus Burunkaya. Die acht Inschriften firmieren als „Western (Hartapus) Group“ bei Hawkins, X. Tabal: 424 bzw. 429–442; Hawkins, 2000: 433–436: mit Nennung von „Großkönig Ḫartapus“ in den Inschriften von KIZILDAĞ (1 mit Thronendem, 2 und 3: Name, Titel, Genealogie; 4: Eroberung aller Länder und des Landes Mušku); Hawkins, 2000: 436f.: KARADAĞ (1 und 2: Name und Titel, Eroberung aller Länder); Hawkins, 2000: 437: BURUNKAYA (Gebiet, Name, Titel, Genealogie, „schlagen“). Statt „alle Länder und das Land Mušku“ ist wohl jeweils gemeint: Eroberung des gesamten Landes Mušku; allgemein auch Akçay, 2016; Payne 2012. 9 U. a. Woudhuizen, 2021. Diskussion der TÜRKMEN-KARAHÖYÜK-1-Inschrift: 234– 237 (freundliche Mitteilung vom 12.3.21); Orsehko, 2017: 50: er schließt allerdings auch eine Datierung ins 11. Jh. nicht gänzlich aus; ders., 2020. 10 U. a. Hawkins, 2002: 270: die Einritzung als spätere Hinzufügung vom Großkönig Tuwati oder seinem Sohn Wasusarma von Tabal (s. auch u.); Starke, 1999: 528: „… (zweifellos ins 8. Jh. gehörende) Bild des thronenden Ḫartapu wahrscheinlich von Wasusarma nach einem siegreichen Feldzug in die Konya-Ebene als Reverenz an den Urahn …“. Das 8. Jh. wurde ins Spiel gebracht wegen der assyrisierenden Darstellung, vgl. zuletzt Osborne, 2021. Contra mit überzeugenden Gründen: Oreshko 2017: 48 mit Anm. 7: bildliche Darstellung und Relief-Inschrift erscheinen aus einem Guss. 11 Zu Nordwest-Kleinasien: Becks, 2015b: 565–573.
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über die nicht unumstrittene gemeinschaftliche Nennung der Sprachen „Phrygisch“ und „Lydisch“ = mu-sá-za(URBS ) und mu-sà-ka-za(URBS ) in der sog. Jariri-Inschrift des frühen 8. Jhs.12 Der Inschriftenneufund wirft einige Fragen auf. Sie betreffen den Titel „Großkönig“13, den Namen Ḫartapus und die Ausdehnung des von ihm beherrschten Gebiets sowie das erwähnte Land Mušku. Gehört Ḫartapus noch in die Genealogie der hethitischen Sekundogenitur von Tarḫuntassa als Sohn Mursilis III. (ca. 1272–1265) und damit ins 13./12. Jh., wie bisher in der Forschung überwiegend angenommen wurde?14 Oder war Ḫartapus nunmehr Großkönig von dem oder von einem direkten Nachfolgestaat von Tarḫuntassa, z. B. namens Tabal, wobei der Ländername Tabal erst ab dem 9. Jh. in assyrischen Quellen bezeugt ist? Das würde ein Verschwinden von Tarḫuntassa als politische Größe noch im 12. Jh. nahelegen. Bisher wird kontrovers diskutiert, wie lange es als Großkönigtum bestand und in welcher Ausdehnung, bis es dann in mehrere, kleinere Entitäten zerfiel15, wie das in ganz Kleinasien und darüber hinaus im frühen 1. Jt. zu beobachten ist. Oder war er gar Großkönig von Mušku/Māsa, wie R. Oreshko aktuell vorschlug?16 Oder war Ḫartapus der Großkönig von ‚Groß-Tabal‘ in der 1. H. 8. Jhs. und damit einer der Nachfolger Tuwatis/assyrisch Tuatti von Tabal (um 840, Zeitgenosse von Sarduri I., ca. 840–830, erwähnt unter Salmanassar III .) bzw. evtl. Vorgänger von Großkönig Tuwati von Tabal (um 750)? Oder war Ḫartapus Herrscher über ein eigenständiges Großkönigtum mit mindestens 13 Vasallenkönigen in der 1. H. 8. Jh., das Tabal im Westen benachbart war? Was lässt sich über das Land Mušku und seine Bevölkerung sagen in Bezug auf das 12. Jh. bzw. das 8. Jh.? In diesem Beitrag geht es vor allem um die Betrachtung der Gegebenheiten am Ende des 13./Anfang des 12. Jhs., ein Zeitraum, der von allgemeinen Unruhen geprägt war und in Kleinasien das Ende der hethitischen Herrschaft brachte17 sowie in Folge die Etablierung mehrerer nachhethitischer Großkönigtümer mit ungeklärter Dauer wie Karkamissa/Karkamis und Tarḫuntassa, aber auch Mirā in Westkleinasien, unter Einbeziehung der Ḫartapus-Inschriften. Ausgangspunkt 12
Hom.Il. 2,862–864 u.ö.; van Dongen, 2015; Wittke, 2004. Contra Midas = Mita u. a. P. Haider, in: Eder/Renger, 2004: 81f.; Mušku = Phrygien: Bauinschrift (KARKAMIŠ A § 6,2–3) des Prinzregenten Jariri (um 790/85): Hawkins, 2000: 123–128; vgl. auch Wittke, 2004: 65–75. Auf sichererem Boden stünde man, wenn wie in achaimenidischer Zeit von „muškaja u sapardaja“ = Phryger und Lyder (Saparda = Sardeis) gesprochen würde: vgl. Kopanias, 2015: 219 mit Anm. 68f. Dass in babylonischen Texten der Achaimenidenzeit sowie in persischen weiterhin „muškaja“ = Phryger genutzt wird, spricht aber zumindest für die Gleichsetzung in Bezug auf den Westen. 13 U. a. Yakubovich, 2017. 14 Hawkins, 2000: 429 sieht eine Verbindung der Ḫartapus-Inschriften zur YALBURTInschrift Tudḫalijas III./IV. (vgl. Ehringhaus, 2005: 37–46) und plädiert daher für 12. Jh. 15 Vgl. Starke, 1999: 527–529; Karte: 523f. 16 Oreshko, 2020. Vgl. auch ders., 2017. Hier genauere Angaben zu den Inschriften Kızıldağ, Karadağ, Burunkaya sowie dem Thronenden (62f.) und dem sog. Stufenaltar (63f.). Ferner zu Erwähnungen in den Quellen sowie zur Lage von Māsa, späteres Mysien (57f.). 17 Zu den Gründen des Niedergangs und Zusammenbruchs Ḫattusas vgl. die Zusammenfassung bei De Martino, 2018: 23–48 sowie Bryce, 2019.
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dafür sind die von einigen Wissenschaftlern vorgetragenen sprachwissenschaftlichen Argumente, die offenbar eher für eine Datierung der Inschriften ins 12. Jh. sprechen, und die auch die Gleichsetzung Mušku = Phrygien schon im 12. Jh. unterstützen.18 Es soll geprüft werden, ob sich zusätzliche historische und historisch-geographische Gründe erkennen lassen, so dass auf der Basis der zur Verfügung stehenden Quellen zumindest wahrscheinlich gemacht werden kann, dass Großkönig Ḫartapus und das in einigen seiner Inschriften genannte Land Mušku in das 12. Jh. datiert werden können oder doch eher in das mehrheitlich favorisierte 8. Jh.
Großkönig Ḫartapus, Sohn des Mursili In der Forschung wurde bisher zumeist für den in nunmehr neun Inschriften genannten Großkönig Ḫartapus, Sohn des Mursili, als ‚Nachfolger‘ des letzten hethitischen Herrschers Šuppiluliuma II. (bis ca. 1190/85)19 im sog. Hethitischen Nachfolgestaat Tarḫuntassa eine Datierung ins frühe 12. Jh. (um 1190/85) vorgeschlagen. Das hatte und hat, wie erwähnt, zum einen sprachwissenschaftliche Gründe, zum anderen vermeinte man im als Vater genannten Mursili den kurzzeitig regierenden hethitischen Großkönig Mursili III./Urḫitesuba zu erkennen. Diese Filiation ist nicht ohne Probleme, wie schon früher angemerkt wurde. Wenn Ḫartapus wirklich der Sohn von Mursili III ./Urḫitesuba war, der ca. 1272–1265 herrschte († nach 1245), dann wäre Ḫartapus zwischen 50–75 Jahre alt gewesen, wenn er, wie vorgeschlagen, um 1190/85 im Gebiet des Vorkommens seiner Inschriften geherrscht hätte. Die Einrichtung der Sekundogenitur von Tarḫuntassa wird erst nach Mursili III. angesetzt in der Regierungszeit Ḫattusilis II ./III . (ca. 1265–1240)20 und als Herrscher der Sohn von Muwatalli II . (ca. 1290–1272), Kurunta-Ulmitesuba, der auch als Vater von Ḫartapus in Betracht gezogen wurde21, angegeben. Direkt an Mursili III . anschließend ist kein Herrscher bisher bezeugt.22 Oder soll das der Vater von Ḫartapus gewesen sein: Großkönig Mursili 18
F. Woudhuizen, persönliche Mitteilung, sowie Woudhuizen, 2021; Oreshko, 2017. 2020; De Martino, 2018: 27f. mit neuerer Literatur. 19 Für Šuppiluliuma ist eine militärische Auseinandersetzung mit Tarḫuntassa bezeugt (HL-Inschrift): Bryce, 2012: 21f., 29, 145. Gegner Mursili oder Ḫartapus? Zur Diskussion, ob es doch noch einen Nachfolger auf dem hethitischen Thron gab, z. B. den Sohn von Šuppiluliuma II., vgl. De Martino, 2018: 27f.; Strobel, 2010: 49; 56f. 20 Verlegung der Hauptstadt von Ḫattusa nach Tarḫuntassa bereits unter Muwatalli II. (ca. 1290–1272), von Mursili III. rückgängig gemacht; Herrschaft in Tarḫuntassa wurde besiegelt durch einen Staatsvertrag zwischen Tudḫalija III./IV. (ca. 1240–1215) und Vizekönig Kurunta-Ulmitesuba: u. a. Bestimmung der Grenzen des Landes. Unter Kurunta kam es zu Auseinandersetzungen mit Parḫa/Perge auf der anderen Gebirgsseite! 21 J.D. Hawkins vermutet, dass Ḫartapus sein Nachkomme und damit Zeitgenosse von Kuzitesuba von Karkamissa (um 1190/85) war: Hawkins, 2002: 57. Das widerspricht der Filiation in Ḫartapus Inschriften. 22 Es sei denn, man fasst, wie auch vorgeschlagen wurde, den in der KARAHÖYÜKELBISTAN-Stele genannten Großkönig Jarratarḫunza/Irtisuba dafür ins Auge: vgl. Anm. 27.
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von Tarḫuntassa, genannt auf der Stele KIZILDAĞ 523, also ein weiterer Mursili, Zeitgenosse von Arnuwanda III. (ab ca. 1215–?) sowie von Kupantakurunta III. von Mirā (s.u.)? Ein weiteres Indiz, das gegen Ḫartapus sprechen könnte und auf das R. Oreshko aufmerksam gemacht hat, ist der zwischen Tudḫalija III ./IV . (ca. 1240–1215) und Kurunta-Ulmitesuba abgeschlossene Staatsvertrag, der auch die Nachfolgeregelung in Tarḫuntassa (§§ 19f.) beinhaltete, die besagt, dass es bei der eingesetzten Linie bleiben sollte, selbst bei einer Tochter als Nachfolgerin. Zu dieser Linie gehörten Mursili und Ḫartapus nicht.24 Festzuhalten ist, dass Mursili III ./Urḫitesuba als Vater von Ḫartapus nicht gesichert ist, sondern, wenn überhaupt, nur ein Mursili – ein Name, der sogar noch z. B. in Lydien im späten 8./7. Jh. als Königsname auftritt: Kandaules/Myrsilos, Sohn des Meles/Myrsos, der 22. und letzte Herakleiden-Herrscher, der von Gyges entmachtet wurde (Hdt. 1,7).25 Wenn nicht sprachwissenschaftlich fundierte Belege, die für die Datierung der Ḫartapus-Inschriften ins späteste 13./12. Jh. gegenüber dem jetzt favorisierten 8. Jh. sprechen, zum Tragen kommen, wie sie von F. Woudhuizen angekündigt werden26, und/oder entsprechende Neufunde auftreten, sind die historischen Unsicherheiten in Bezug auf Ḫartapus selbst nur bedingt dazu angetan, seine Einordnung in das 13./12. Jh. zu stützen. Auch weitere Kandidaten für die Zugehörigkeit zu dieser ‚Dynastie‘, die in der Forschung in Betracht gezogen wurden, sind weder in ihrer Stellung, noch in der Datierung ins 13./12. Jh. aufgrund der unzureichenden Quellenlage festzumachen. Zu ihnen zählt z. B. ein Großkönig namens Jarratarḫunza/Irtisuba, ein hurritischer bzw. luwischer Name, der zusammen mit einem seiner Untertanen, Armananis von POCULUM, Herrscher über die Pithos-Menschen, auf dem in situ Stelenfund aus Karahöyük-Elbistan erwähnt ist. Aufgrund der Ähnlichkeit mit den Inschriften vom Kızıldağ und Karadağ und aus Burunkaya (in Folge auch mit Topada und Suvasa), aber auch aus anderen Gründen wurde die Inschrift bisher in die erste Phase der Nachgroßreichszeit datiert und von einigen mit der Linie des Ḫartapus in Verbindung gebracht. Doch wird in der Forschung kontrovers diskutiert, ob der Großkönig nicht eher in die Liste der Herrscher von Karkamissa oder von Tarḫuntassa gehörte, ob er eventuell der Nachfolger von Ḫartapus war (im 12. oder 8. Jh.) oder ob er über ein ganz eigenes Territorium verfügte.27
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Hawkins, 2000: 435. Oreshko, 2017: 49. Dagegen scheint die von Oreshko bezweifelte Nordost-Ausdehnung des Herrschaftsgebietes bis Burunkaya, in hethitischer Großreichszeit zum „Unteren Land“ gehörig, m. E. kein Gegenargument darzustellen, die ‚Grenze‘ zu Karkamissa dürfte kurz nach dem Zusammenbruch Ḫattusas recht weit im Osten angenommen werden können, vgl. Wittke et al., 2007: 33A. 25 Zu Mursili, Myrsilos etc. Oreshko, 2017: 59–62; auch Bachvarova, 2016: 374f. 26 Woudhuizen, 2021. 27 Geographisch vermutlich zum Großkönigtum Karkamissa-Malida (Malatya) gehörend oder an der Grenze zwischen diesem und Tarḫuntassa zu verorten. Die Inschrift wird aber eher zu den tabalischen gerückt. Das Folgende nach Hawkins, 2000: 288–295. Ferner: Starke, 1999, 527f. Über eine Sukzession zwischen dem 12., vielleicht dem 11. Jh. bis zum 8. Jh. gibt es im zentralen Süden bisher keine ausreichenden Hinweise. Strobel 2010: 51f., 56 schlägt allerdings das Fortbestehen der hethitisch-großköniglichen Linie vor: 24
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Irritierend und m. E. eher nach Osten weisend bzw. für ein eigenes Territorium in der Umgebung des Inschriften-Fundortes sprechend ist die Nennung eines hurritischen Namens für diesen Großkönig, dies schließt aber die Argumentationen, die für Tarḫuntassa/‚Tabal‘ votieren, nicht aus. In Betracht gezogen wurden ferner der in der Inschrift aus Köylütoluyayla erwähnte Prinz von Tarḫuntassa, Sauskakurunti/Šauška-Runtija sowie ein Prinz, der auf einer Stele in Afyon erscheint.28 Doch bleiben Datierung und Zuordnung des Großkönigs und der weiteren Aspiranten ungewiss und helfen bei der Ḫartapus-Problematik nicht weiter. Einen anderen Aspekt hat R. Oreshko ins Spiel gebracht. Danach handelt es sich bei Ḫartapus um den luwischen Namen eines frühen phrygischen Herrschers, der vielleicht Gardabos hieß, und der im 12. oder vielleicht frühen 11. Jh. über „Māsa“/„Mušku“ (s.u.) herrschte. Daraus ergibt sich, dass die in der TÜRKMEN KARAHÖYÜK 1-Inschrift beschriebenen Aktionen sich in dessen eigenem Land, dem Land des Gardabos/Ḫartapus abspielten, also nicht von einer Eroberung gesprochen werden kann.29 Auffallend ist, dass alle bisher bekannten Inschriften in HL abgefasst wurden und nicht in Phrygisch. Eine Debatte um den in den Inschriften vorkommenden Titel „Großkönig“, der ja noch ganz von den Gepflogenheiten der hethitischen Großreichszeit beeinflusst wäre, stellt sich m.E. für das 12. Jh. nicht, dafür aber für das 8. Jh., das hier nicht behandelt wird.
Das Land Mušku = Phrygien/Mušker = Phryger? Angenommen, es bliebe dennoch bei einer Datierung der Ḫartapus-Inschriften ins 12. Jh., so zeigt sich ein anderes Problem, nämlich das gleichzeitige Vorkommen von ‚West‘- und ‚Ost‘-Mušku. Solange die bis dato bekannten Ḫartapus-Inschriften in das 12. Jh. datiert wurden und „Māsa“ und nicht „Mušku“ als Landesname gelesen wurde, ließ sich z. B. mit der These argumentieren, die im Gebiet des hethitisch bezeugten Išuwa und Alzija bzw. assyrisch Alzi/u bezeugtermaßen siedelnden Mušker seien vielleicht im 9. Jh. (?) aufgrund urartäischen Drucks zumindest (teilweise) nach Westen abgedrängt worden. Sie hätten sich in Folge so weit fortbewegt, bis sie ein Gebiet erreichten und sich dort niederließen, das zum Herrschaftsbereich des gordischen Phrygiens gehörte und das so gelegen war, dass es als Mušku = Phrygien in den Fokus der Assyrer fiel, vor allem in der Mita-/Midas-bis-SargonZeit.30 Šuppiluliuma II. – Tudḫalija IV./V. – Ira-Tarhunta (Irtisuba ) – Mursili IV. – Ḫartapus. – De Martino, 2018: 27, mit neuerer Literatur. 28 Cammarosano/Marizza, 2015: 165f.; Ehringhaus, 2005: 46–49: Köylütoluyayla (Prinz von Tarḫuntassa) und Afyon (eine Eroberung durch einen Prinzen). De Martino, 2018: 28. 29 Oreshko, 2020: 82ff. 30 Zur Lage vgl. Wittke et al., 2007: 23 sowie Wittke, 2004: 391f.: die Karten „Fundorte und urartäische Niederlassungen in der Region ‚Mušku-Alzu‘“ und „Das früheisenzeitliche Kleinasien“ mit ‚Neu-Mušku‘. Zu den „Ost-Muškern“ insgesamt vgl. Wittke 2004; 2008. Zum sukzessiven Vordringen der Mušker nach Südwesten in „Richtung Kappadokien und Que“ in assyrischen Annalen vgl. auch Eder/Renger, 2004: 81 mit Literatur.
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Bleibt man bei der Datierung 12. Jh. für Großkönig Ḫartapus‘ Inschriften und legt nun „Mušku“ statt „Māsa“ als feindliches Land zugrunde, findet sich ‚West‘Mušku in HL-Belegen des südlichen Zentralkleinasiens mit Lokalisation des Landes (vermutlich) im Norden der Konya-Ebene31 und ‚Ost‘-Mušku in assyrischen Quellen mit dessen Lokalisation im Norden von Assyrien. Eine aktuelle Lösung des Problems der nach Meinung von R. Oreshko in den Ḫartapus-Inschriften des 12., eventuell 11. Jhs. parallel auftretenden Ländernamen „Māsa“ und „Mušku“ besteht nach der Argumentation des Autors darin, dass es sich nur um zwei unterschiedliche Namen für (fast) dieselbe Region bzw. Bevölkerung handelt.32 Aber selbst dann bleibt das Auftreten von ‚West‘- sowie ‚Ost‘-Mušku in den unterschiedlichen Quellen bestehen, wenn man nicht der Meinung ist, dass Mušker sich bereits vor, spätestens im 12. Jh. über Gesamtkleinasien ausgebreitet hatten.33 Dass beide Mušker-Gruppen grundsätzlich etwas gemeinsam gehabt haben müssten, legt die gleiche Namensgebung in unterschiedlichen Schriften/Sprachen und Regionen nahe. Es ist schwer vorstellbar, wenn auch nicht auszuschließen, dass unabhängig voneinander im 12. Jh. „Mušku“ im Osten und im Westen auftauchte.34 So schlug K. Kopanias vor, dass die beiden Gruppen zwar zwei unterschiedliche clans (genos) waren, aber zu einem ethnos gehörten, nicht im biologischen Sinn, sondern mit gemeinsamen Abstammungsvorstellungen und kulturellen Affinitäten.35 ‚Ost‘-Musker werden konkret in einer assyrischen Quelle Tiglatpilesers I . (1114–1076) als seine Gegner unter fünf Königen südlich von ihrem vermutlichen Siedlungsgebiet genannt. Sie können (spätestens) seit der Zeit seiner beiden Vorgänger Ninurta-apil-Ekur (1191–1179) und Aššur-dān I. (1178–1133) im Wesentlichen in der ostkleinasiatischen Region Alzu/i, auch in urartäischen Quellen als Alze bezeugt, verortet werden. Der Landesname Mušku wird bis ins 7. Jh. in assyrischen Zeugnissen, in HL-Inschriften des 9./8., in einer urartäischen Quelle aus dem 7. Jh. (und im AT) erwähnt.36 Die ‚Ost‘-Mušker näher zu charakteri31 Eine vielleicht auch vorstellbare ‚Einwanderung‘/Niederlassung an der kleinasiatischen Südküste, im späteren Pamphylien/Isaurien/dem Rauen Kilikien, in diesem Fall von Mykenern, die in West-Zypern für den Zeitraum aufscheinen, oder allgemeiner Gruppen aus dem Ägäisraum, ist dagegen m.E. für ‚Mušku‘ gänzlich auszuschließen, zu dürftig sind Funde und selbst mythologische Hinweise: Zenoni, 2015: 767–790. 32 Oreshko, 2020: 81f. Zur Ausdehnung ebenda: 90. 33 Vgl. dazu Oreshko, 2020: bes. 114 mit Anm. 61. 34 Dass homonyme Benennungen in unterschiedlichen geographischen Regionen unabhängig voneinander vorkommen können, hat S. Zsolt für „Lukka“ dargelegt: Zsolt, 2016, 462. 35 Kopanias, 2015: 218. Allerdings – wenn überhaupt thematisiert – lehnte bisher ein Teil der Forschung ab, dass die beiden Bevölkerungsgruppen von vornherein etwas miteinander zu tun hatten: u. a. Wittke, 2004. Contra u. a.: Oreshko, 2020: 114. 36 Zur Bezeugung des Landes Mušku/Bevölkerung/Sprache: a) assyrische Quellen vom 12.–8. Jh., Liste der assyrischen Belege vgl. Radner, 2006: 149; vgl. ferner die Graphik bei Wittke, 2004: 89 sowie Wittke, 2008: „KURMušku“ (Toponym ) und „LÚMuškāju“ (Gentilizium); b) HL: Hawkins, 2000: 124: „mu-sà-ka-za(URBS)“ (Sprache); Goedegebuure et al., 2020: 30 und 32: „mu-sà-ka(REGIO)“ (Land); c) urartäisch: Inschrift aus Adilcevaz Kalesi: Wittke, 2004: 57f.: Inschrift Rusas II. (ca. 670); Inschrift aus Ayanis: Çilingiroğlu/Salvini, 2001: 258: „KURmu-uš-ki-ni“ (Land). Zu späteren Zeugnissen von
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sieren, ist bisher nur bedingt gelungen. Es wird eine Einwanderung um 1200/1150 (oder früher) evtl. aus Kaukasien/Ostgeorgien angenommen. Ihr vorgeschlagenes Siedlungsgebiet37 ist archäologisch nur bedingt weiter untersuchbar, dort befindet sich der Keban-Stausee.38 Bei den ‚West‘-Muškern der Ḫartapus-Inschriften des 12. Jhs. wäre zu vermuten, dass sie irgendwo, wohl eher an der nördlichen als an der südlichen Peripherie – im Sinn eines großen Bogens vom westlichen bis zum östlichen Tauros – von dessen Herrschaftsgebiet anzusiedeln sein dürften, wenn nicht der oben erwähnte Vorschlag von R. Oreshko zum Tragen käme (Ḫartapus, Herrscher von Mušku). In hethitischen Quellen taucht der Name „Mušku“ weder im Osten noch im Westen des Großreiches auf. Sollte Mušku als Land bereits existent gewesen sein, war es hethitisch anders benannt. Im Osten entsprach der ausgemachte Landstrich für Mušker ab dem 12. Jh. den hethitischen Regionen „Išuwa“ und „Alzija“. Es wäre natürlich verlockend, in Klingklang-Analogie für den Westen an das für das 15. Jh. in hethitischen Quellen in NW -Kleinasien erwähnte Aššuwa zu denken.39 Wenn das auch nicht infrage kommt, wäre für das 13./12. Jh. für West-Mušku (nach wie vor) historisch-geographisch am ehesten die Region „Māsa“, wenn sie denn in NW-Kleinasien verortet werden kann, in Betracht zu ziehen, die ab dem 15. Jh. in hethitischen Quellen bezeugt ist.40 Vielleicht diente „Māsa“ ab dieser Zeit als hethitischer (und eventuell auch als luwischer) Sammelbegriff, um allgemein das Siedlungsgebiet vorwiegend altbalkanischer (Phryger, Myser, Thynier, Thraker…), in Abgrenzung zu luwischen oder kaskäischen oder sonstigen Völkerschaften zu bezeichnen, die dort (immer wieder) einwanderten, sich niederließen und/oder weiterzogen, von den Hethitern aber offenbar nie definitiv besiegt und ins Reich inkorporiert wurden.41 Dazu gehörte auch die westlich benachbarte Region, abhängig davon, welcher Übergang – Hellespont oder Bosporos – von Europa nach Asien jeweils gewählt wurde, und obwohl die spätere Troas (und Aiolis) mit dem hethitisch bezeugten und als „auswärtiges Land“ charakterisierten Wilusa (vormals Aššuwa) wohl zu verbinden ist. Das scheint auch in der „muškaja u sapardaja“ = Phryger und Lyder bis in achaimenidische Zeit vgl. Kopanias, 2015: 219 mit Anm. 68f. 37 Anfänglich ist das Siedlungsgebiet grob zwischen dem Arsanias-Fluss und den KasijariBergen zu verorten, das sie eventuell zunächst als assyrische Tributäre in der Nachfolge der vormaligen Bevölkerung, die sich mit anderen gegen Tukulti-Ninurta I. (1233– 1197/1244–1207) erhoben hatte und entsprechend bestraft wurde, bewohnen konnten, danach eingegrenzter in Mušku-Alzu (= Elazığ-Muş). 38 Wittke 2004: 130–154. 39 Lokalisationsvorschlag von F. Starke: Starke, 2002: 304f. Freundliche Auskunft von Frank Starke, 25.2.2021: „Āssuwa- (nur für das 15. Jh. bezeugt) und Isuwa- haben sprachlich wie auch geographisch absolut nichts miteinander zu tun. Mit Āssuwa- ist aber wohl das mykenische Ethnikon z. B. im PN A-si-wi-jo Aswios/ zu verbinden, ebenso das daraus hervorgegangene homerische Asios (Hom.Il. 2,461)“; Bachorova, 2016: 333–335. Ein kurioser Vorschlag zur denkbaren Übersetzung von „Tarwisa“ und „Assuwa“ = „hölzernes Pferd“, verstanden als luwisches Wortspiel, stammt von Easton, 2010, 59f. Zum Komplex Pferd, Esel in Verbindung mit den „onager kings of Anatolia“ vgl. Oreshko 2020. 40 Sollte die BEYKÖY 2-Inschrift (s.u.) echt sein, gäbe es auch einen luwischen Beleg für Māsa. Ägyptischer Beleg aus dem 13. Jh.: Wittke, 2004: 186f. 41 Wittke, 2004: 189f.
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Ilias auf.42 Diese These könnte eine Verbindung von Phrygern/Altbalkanern mit Muškern stützen, wenn auch über den Umweg, spätere Quellen dafür heranziehen zu müssen, da „Mušku“ als Bezeichnung vielleicht im 12. Jh. im Westen, mit Sicherheit aber erst im 8. Jh. auch für den Westen nachzuweisen ist. Sollten also ‚altorientalisch‘ Mušker und griechisch Phryges, verstanden als altbalkanisch-stämmige Gruppen in Kleinasien mit gleicher/vergleichbarer Sprache und sonstigen Gemeinsamkeiten, tatsächlich schon im (oder gar vor dem) 13./12. Jh. identisch gewesen sein, mit „Muška/u“ vielleicht als Eigenbezeichnung43, oder sollten sie z. B. einen sprechenden Namen, in der Art wie hethitisch Māsa = Heuschrecke, gehabt haben, der in Luwisch ebenso wie in Assyrisch und Urartäisch übersetzt „Mušku“ ergab, so bedeutete das in Konsequenz ihre sehr frühe Niederlassung in NW-Kleinasien, nach der Trennung im Balkanraum von später griechisch-sprachigen Gruppen, z. B. im Gebiet Māsa. Es bedeutete ferner den Aufbruch unterschiedlicher Gruppen, unter jeweiliger Beibehaltung ihres Namens und ihrer Sprache etc., aus unterschiedlichen Gründen wie z. B. das Nachrücken weiterer altbalkanischer Völkerschaften, und zu unterschiedlichen Zeiten. Diese Gruppen begaben sich einerseits nach Osten, z. B. an der pontischen Küste entlang44, ca. 1100 km, wobei sie autochthone Kaškäer-Gebiete durchquerten, die sich ihrerseits teilweise (?) im frühen 12. Jh. in den inneren Halysbogen bis in das von der hethitischen Elite verlassene Ḫattusa/Boğazköy45 und weiter nach Süden und Südosten verlagerten.46 Oder solche Gruppen wählten den Weg zur See, man denke an die spätere, allerdings von Griechen getragene Argonautensage, die nach Kolchis/urartäisch Qulḫā führte. Von dort könnten sie dann im Laufe der Zeit nach Süden vorgedrungen sein, bis sie die in den altorientalischen Quellen angegebenen Siedlungsgebiete erreichten47 und zu ‚Ost‘-Muškern wurden. Andererseits könnten sich Gruppen aus dem nordwestlichen Kleinasien nach SO bewegt haben am Sangarios und/oder am Tembris entlang, sie könnten sich (schon) im 12./11. Jh. z. B. im (späteren) Westphrygien mit Dorylaion/Eskişehir und Midas-Stadt, in Midaion (?) sowie in Gordion und Ankara u. a. (Kernphrygien)48 niedergelassen und bereits so früh eine oder mehrere erkennbare, weithin bekannte politische und expansive Entität(en) gebildet haben und zu ‚West‘Muškern geworden sein, und/oder sie versuchten, noch weiter nach Süden vorzurücken in die Konya-Ebene, um dort zu siedeln und gerieten dabei in Konflikt mit 42
Vgl. auch Becks, 2015b: 565–573. Es gibt keinen Beleg oder Hinweis in späteren phrygischen Quellen, ‚ost‘-muškische Schriftzeugnisse sind nicht bekannt. Zu Māsa als Möglichkeit vgl. Oreshko, 2020. 44 Becks, 2015a: 588–593. 45 Vgl. De Martino, 2018: 23–48, hier 25. Es ist weiterhin unklar, wohin die Elite unter Šuppiluliuma II. und all die Archive etc. sich begaben, vielleicht (wieder) in das Gebiet um Kaneš/Kültepe. Abzugrenzen von diesem Vorgang ist aber der Umzug der königlichen Residenz in der Zeit Muwatallis II. (ca. 1290–1272) nach Tarḫuntassa und von dort zurück nach Ḫattusa unter Mursili III., ebenda, 25. 46 Vgl. Wittke et al., 2007: Karten 23; 33; 39; 41; 49; 51. Aro/Wittke, 2015b: 607–616. 47 Dafür spricht sich auch Kopanias, 2015: 218 mit Anm. 64 und 221f. aus. 48 Zu Phrygien vgl. van Dongen, 2015: 593–604. 43
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Tarḫuntassa/dem Ḫartapus-Gebiet oder gar unter dessen Herrschaft, wie von R. Oreshko vorgeschlagen wurde. Ein denkbares Szenario könnte gewesen sein, dass aufgrund des Feldzuges von Šuppiluliuma II. gegen Māsa ganz am Ende der Hethitischen Großreichszeit vielleicht eine Wanderbewegung in Richtung SO ausgelöst wurde, fassbar z. B. durch die Neuankömmlinge in Gordion (YHSS 7B), was noch im 12. Jh. zu einem Zusammenstoß mit Tarḫuntassa, gegen das (zuvor) auch Šuppiluliuma II. gekämpft hatte49, geführt haben könnte, wie in der KIZILDAĞ 4- und der neuen TÜRKMEN -KARAHÖYÜK 1-Inschrift angesprochen wird. Eine Wanderbewegung mit analogen Konsequenzen könnte auch die in der unten besprochenen BEYKÖY 2-Inschrift, sollte sie echt sein und ins ausgehende 13. Jh. datieren, in § 41 erwähnte Eroberung von Māsa-Stadt und die Annexion des Landes durch Mirā ausgelöst haben. Für eine SO -Ausdehnung von Māsa/den Māsaern/Phrygern allgemein ab ca. 1175, bis in den Bereich der Ḫartapus-Inschriften-Fundorte, plädierte R. Oreshko mit dem Verweis, dass Raubzüge von Māsaern zusammen mit Arawana-Gruppen bis in die Gegend von Ankara bereits für das 14. Jh. attestiert sind.50 Die umgekehrte Richtung schlug K. Strobel vor. Er interpretierte aufgrund der KIZILDAĞ 4-Inschrift und der Lesung Māsa eine NW -Expansion des Ḫartapus um 1100, seine anschließende Einrichtung einer Sekundogenitur in der Tembris-/Porsuk-Region mit Kurtis/Gordios, Vater eines Mita/Midas, als erstem Vasallenherrscher. Noch in der 1. H.11. Jhs. sei dann die Loslösung unter Mita und Einrichtung eines eigenständigen (phrygischen) Königtums in Midaion, später Gordion erfolgt.51 Die Lesung Mušku statt bzw. und Māsa stünde dem nicht entgegen. Es könnte sich aber auch um eine Gruppe gehandelt haben, die bereits in räumlicher Nähe zum späteren Ḫartapus-Gebiet siedelte, sei es in Tarḫuntassa oder einem der benachbarten hethitischen Gebiete52, sei es im Gebiet von Mirā und/oder Ḫaballa, vermutlich ein Vasallen-Land des Großkönigs von Mirā, deren Name aber in hethitischen Quellen nicht oder unter anderem Namen erfasst war. Mirā, Māsa und Tarḫuntassa sind auch Themen in mehreren HL-Inschriften u. a. vom Fundort Beyköy im späteren Westphrygien, darunter eine sehr lange und ungewöhnlich aussagekräftige (BEYKÖY 2, Original verschwunden) eines weiteren Großkönigs, nämlich Kupantakurunta III. von Mirā bzw. Arzawa, eines Zeitgenossen von Arnuwanda III . (ab ca. 1215–?) sowie theoretisch von Mursili, dem Vater des Ḫartapus, die, wenn sie, wie gesagt, denn überhaupt echt sind, einigen Erkenntnisgewinn bringen würden.53 Es bleibt abzuwarten, ob die neu 49 Brandzerstörung z. B. in Kilise Tepe im Kalykadnos-/Göksu-Tal: Zenoni, 2015: 773f.; Wittke, 2004: 189f.; Wittke, 2015b. 50 Oreshko, 2017: 59. 51 Strobel, 2010: 56f.; Oreshko, 2020. 52 Vgl. u. a. Wittke et al., 2007: 23. 53 Die Inschrift BEYKÖY 2 ist neben weiteren HL-Inschriften, die aus J. Mellaarts Nachlass bekannt wurden, in ihrer Echtheit sehr umstritten: vgl. u. a. Bányai, 2018: 57– 81; Schürr, 2018: 83–85; Stissi, 2018: 87–123. Veröffentlichung der Inschriften: Zangger/ Woudhuizen, 2018: 9–56. Eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Echtheitsproblem stammt von Zangger, 2018: 125–182; ferner: Woudhuizen/Zangger, 2018: 183–212. M.E. sprechen einige Argumente für die Echtheit von BEYKÖY 2, vor allem die Komplexität und die Länge der Inschrift, die so kaum zur damaligen Zeit selbst von Luwisch-
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gefundene TÜRKMEN-KARAHÖYÜK 1-Inschrift, sollte diese ins 12. Jh. gehören, vielleicht weitere sprachwissenschaftliche Argumente für deren Echtheit liefert. Folgende Passagen der BEYKÖY 2-Inschrift sollen daher trotz der noch herrschenden Ungewissheit in Betracht gezogen werden.54 In §§ 12f. geht es um den Bau bzw. die Einrichtung einer Straße in Kuwaliya (Region um Afyon) nach Pitassa/Pedassa (im SO ) sowie Sallapa (?) und Māsa-Stadt (im NW) und nach „dem göttlichen Land“, wobei unklar ist, ob Tarḫuntassa oder Istanuwa55, eine Kultstadt im Šaḫiriya/Sangarios-Bogen mit ungesicherter Lokalisierung, gemeint ist. Eine solche Straße stellte in der Konstellation, lässt man Sallapa bzw. Istanuwa außer Acht, eine gedachte Diagonale zwischen dem SO und NW dar, die das Land Māsa mit dem hethitischen Pedassa und in Folge mit Ikkuwanija/ Ikonion/Konya sowie mit Tarḫuntassa verbunden hätte und nicht nur Feldzüge, sondern auch die Vorstellung von Wanderungen nach SO unterstützen könnte. Die vielleicht überraschende Erwähnung einer Straßenanlage ist nicht singulär: Straßenbau wird auch im YALBURT-Text Tudḫalijas III ./IV . (ca. 1240–1215) in §§ 27–28 angesprochen.56 In §§ 25ff. rühmt sich der Großkönig, eine Flotte gebaut und unter der Führung von vier Vasallen-Großprinzen auf den Weg gebracht zu haben, zu verstehen als Teil der „Seevölker“, u. a. nach Parḫa/Perge in Pamphylien, Ura/Seleukeia/Silifke an der Kalykadnos-Mündung und Lamiya an der Lamos-Mündung, und weiter nach Osten. Das Kommando hatte Muksus (vgl. auch §§ 36ff. bzw. die Inschrift von Edremit/Adramyttion). Laut F. Woudhuizen handelt es sich um einen phrygisch-stämmigen Namen, der auch bereits textlich in der sog. Anklageschrift gegen Madduwatta (CTH 147; Datierung umstritten) bezeugt ist. Muksus wird Ländern und Orten in Mirā und Wilusa zugeordnet; seinen Sitz hat er in Apassawa/Apaisos am Hellespont/Troas, in Hom.Il., 2,828 erwähnt. Der HL-bezeugte Name „Muksus“ wird in der Forschung auch in Verbindung gebracht mit dem griechischen Seher Mopsos (phönizisch: mpš), der nach dem Troianischen Krieg Städte, z. B. an der kleinasiatischen Südküste (u. a. Parḫa/Perge), gegründet und schließlich in Adana/Qawa/Que (Kilikia Pedias) geherrscht haben soll. „Muksus“ findet sich ferner auf einem Dachbalken im Tumulus MM (um 740) in Gordion,
Experten kreiert worden sein kann. Zu den weiteren HL-Inschriften aus dem MellaartNachlass speziell vgl. Zangger/Woudhuizen, 2018: 45–54: Felsinschrift vom Yazılıtaş, 36 km nö. von Pergamon; Edremit/Adramyttion (Inschrift auf Blöcken mit Erwähnung des Großprinzen Muksa/us von Mirā und Wilusa und seine Eroberungen); Dağardı1+2; Şahankaya und Beyköy 3+4. Zur Lage von Beyköy: Wittke et al. 2007: 39: D2. 54 Das Folgende nach Zangger/Woudhuizen, 2018: 9–56, bes. 35 und 42. Zur Genealogie des Großkönigs vgl. ebenda, §1, S. 21 sowie S. 28f. mit Synchronismen zu hethitischen Herrschern und HL-Zeugnissen. Der Vater, Mašḫuitta, beanspruchte wohl schon den Titel „Großkönig“: De Martino, 2018: 37. 55 Zum luwischen Fest in Istanuwa und „the Wilusiad“ („When they came from high Wilusa“) bzw. dem hurro-hethitischen „Epos der Freilassung“ mit verblüffenden Vergleichbarkeiten zur Ilias vgl. Bachvarova, 2016: 21 mit Anm. 4, 342 bzw. 111–165 u.ö. 56 Freundlicher Hinweis von Fred Woudhuizen. Vgl. auch Zangger/Woudhuizen, 2018: 32. Ehringhaus, 2005: 37–46. Johnson/Harmanşah, 2019.
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neben drei anderen eingeritzten PN, Nana, Sit(s)idos, (G/K?)Urunis. Es handelt sich vermutlich um Teilnehmer an der Beisetzung von König Midas‘ Vater.57 Unterstützt wurde Muksus von Großprinzen, die alle bekannte luwische, z.T. auch hethitisch bezeugte Namen tragen. Zum einen ist das Kulanamuwas; dieser Name eines Prinzens erscheint auch in HL-Inschriften des späten 13. Jhs. (?) aus HANYERI , IMAMKULU (beide Fundorte am selben Passweg gelegen) und AKPINAR/SIPYLOS (Grenzlage?)58; in § 39 wird sein Land erwähnt und das ist erstaunlicherweise Māsa, das damit (bereits zeitweise?) unter der Oberhoheit von Mirā gestanden hätte. Die beiden verbleibenden Großprinzen werden keinem Land zugeordnet: Tuwatas (der Name erinnert an Tuwatis von Tabal) und Piyamakuruntas. Es scheint also einerseits der ‚phrygische‘ Personenname Muksus aus der Hellespont-Region auf, der sich nicht nur in der griechischen Mythologie bzw. im luwisch-sprachigen Raum, sondern später auch in Gordion findet, andererseits wird die Region Māsa, auch im Fokus der Hethiter, als Interessensgebiet Mirās charakterisiert, was für unsere Fragestellung relevant ist. Die Unruhe in der Gesamtregion bzw. die Expansionswilligkeit thematisiert § 41, in dem von regelmäßigen Kampagnen des Großkönigs berichtet wird, zum einen gegen Tarḫuntassa, dessen Herrscher nicht erwähnt wird, ferner gegen Kaška im Nordosten sowie gegen das wohl nunmehr umkämpfte Māsa, das ebenfalls Ziel von hethitischen militärischen Operationen war, wie wenig später unter Šuppiluliuma II ., den Kupantakurunta III. im Gegensatz zu Arnuwanda III ., nicht erwähnt. Schließlich erfolgt die Eroberung der Zitadelle von Māsa und die Unterwerfung des gesamten Landes unter die Herrschaft von Mirā (§ 43). Unklar bleibt in diesem Zusammenhang die Stellung des erwähnten Großprinzen Kulanamuwas von Māsa, der mit dem Herrscher von Mirā doch offenbar kooperierte. Waren die vier erwähnten Großprinzen am Hof von Mirā als Geiseln und gar nicht die Vasallenherrscher ihrer Herkunftsländer? Leider bietet die Passage auch keine Aussagen zur Bevölkerung oder sonst irgendwelche Informationen zum Land, zur Sprache, zur Kultur. Wäre Großprinz Muksus Māsa zugeordnet, wäre das ein Indiz, das für eine dortige altbalkanisch-stämmige Bevölkerung sprechen könnte, 57
Rose 2014: 144. Liebhart/Brixhe, 2009: 141–156; speziell zu Muksos: 147–149: griechischer Hero- bzw. Anthroponym mykenischer Zeit: 15. Jh. aus Knossos, 13./12. Jh. aus Pylos: „Mopsos/Moxos“; hethitisch: „Muksus“ im Brief Arnuwandas I. (ca. 1400–1375) an Madduwatta; um 700 in einer HL-phönizischen Bilingue aus Karatepe, um 725–705 aus einer weiteren HL-phönizischen Bilingue aus Çineköy: König „Muksas/mpš“ bzw. aus dessen Linie, bzw. „Muksa“, Begründer der Sekundogenitur von Adana, die wohl ab dem Anfang des 12. bis Anfang des 7. Jhs. regierte: Eder/Renger, 2004: 72. Der gordische „Muksus“ ist laut Claude Brixhe „vraisemblablement transité par une langue anatolienne“ (148). Er fährt fort: „En fait, il n’est pas exclu que la Phrygie ait, elle aussi, connu un héros du nom de Moksos, cf. dans l’Ouest et le Sud-Ouest du pays la tribu des Moxoanoi/Moxeanoi et la ville de Moxoupolis“ [Umschrift des Griechischen: Verf.; zu Moxeanoi vgl. Talbert, 2000: 62 C4: sö des Dindymos-Gebirges in Westphrygien.] … „Faudrait-il chercher là l’origine de la pénétration de Muksos jusqu’à Gordion?“ (149). 58 Zangger/Woudhuizen, 2018: 35. De Martino, 2018: 37: man kann folgern, dass im Zusammenhang mit dem Niedergang Ḫattusas Offizielle vor Ort sich mehr oder weniger erfolgreich und nachhaltig zu ‚Lokalherrschern‘ aufschwangen. Ehringhaus, 2005: 70–80; 84–87.
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was natürlich auch für die Region um Apaisos Geltung hat, dagegen trägt der erwähnte Kulanamuwas einen luwischen Namen, was ohne weitere Hinweise oder Quellen nur spekulativ erklärt werden könnte. Allerdings ist das bei der allenthalben zu unterstellenden Multilingualität nicht ungewöhnlich, also z. B. das Vorkommen eines luwischen Königsnamens in einer vorwiegend anderen sprachlichen Umgebung, wie gerade die Untersuchungen von J. Osborne für das frühe 1. Jt. für die SACC-Region gezeigt haben.59 Als weitere Ziele von Feldzügen werden u. a. erwähnt: Pedassa/Pitassa, erneut Tarḫuntassa und die Stadt Lalanda (§ 45), alle im Osten/Südosten von Mirā bzw. dem Aufstellungsort der Inschrift, Beyköy, gelegen und unter hethitischer Oberhoheit stehend. Offenbar ging es Mirā um Machterweiterung in alle Richtungen, die Schwäche und Unsicherheiten innerhalb des Hethitischen Reiches ausnützend, mit dem es durch dynastische Heiraten seit längerem verbunden war. Denn im Zusammenhang mit dem Tod Arnuwandas III. (§§ 49f.) vermeint der Großkönig zu erkennen, dass die Hethiter die Macht über Tarḫuntassa, Ura, Lawazantiya, Lamiya … Ikkuwaniya etc. verlieren und sich für ihn die Option zum Ausgreifen in die angesprochenen Länder eröffnet. Die wiederholten Feldzüge von Mirā in die hethitischen Gebiete des „Unteren Landes“ und nach Tarḫuntassa sprechen dafür, dass der Großkönig mit Ḫattusa gebrochen hatte und sich Hoffnung auf veritable Gebietserweiterung machte. Dabei stieß er wohl jeweils auf Gegenwehr, die nach Auskunft der Quellen vom jeweiligen hethitischen Großkönig, wo auch immer er zwischenzeitlich seinen Königssitz hatte (Kültepe/Kaneš? Purusḫanda?), ausging, was aktive Feldzüge anbelangte, während der Herrscher von Tarḫuntassa namentlich nicht vermerkt oder als militärisch offensiv bzw. defensiv geschildert wird. Dass nach Arnuwanda noch sein jüngerer Bruder Šuppiluliuma II. (ab ? – ca. 1190/85) herrschte und Feldzüge sowohl nach Māsa als auch Tarḫuntassa unternahm, wusste/erlebte der Großkönig von Mirā offenbar nicht. Träfen die Aussagen in der BEYKÖY 2-Inschrift zu, hätte es mehrere Auseinandersetzungen zwischen Mirā unter Kupantakurunta III . und Tarḫuntassa unter Mursili (?) bzw. dem amtierenden hethitischen Großkönig gegeben, aber auch Verbindungen via Mirā bis hinauf an die Propontis nach Māsa. Könnte man Mirā oder eines seiner unterschiedlichen, in diesem Fall nicht oder anders genannten Vasallen-Länder oder sein Nachfolge-Land bzw. eines seiner Nachfolge-Länder mit dem Land Mušku der Ḫartapus-Inschriften in Verbindung bringen? Aufgrund der Inschrift spräche für die Existenz von ‚West‘-Muškern (= Phryger/altbalkanisch-stämmige Gruppen) zum einen die Erwähnung von Großprinz Muksus, zum anderen die vielfältigen kriegerischen, aber auch konstruktiven (Straßeneinrichtung) und diplomatischen Kontakte von Mirā in die Region Māsa, allerdings ohne die Erwähnung von „Mušku“. Das Auftreten dieses neuen Landesnamens fiele in die Zeit nach Arnuwanda III . und nach dem in der BEYKÖY 2-Inschrift genannten Herrscher, vermutlich in die Šuppiluliumas II. Das wäre ein ausgesprochen kurzer Zeitraum für die Etablierung einer politischen Entität, die prominent gleichzeitig mit dem Zusammenbruch des Hethitischen Großreiches und dem Antritt des Ḫartapus als 59
Osborne, 2021.
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Herrscher in seinen Inschriften auftauchte. Wann das Großkönigtum Mirā von der Landkarte und aus dem Bewusstsein verschwand, ist ebenso unklar wie im Fall von Tarḫuntassa. Sollte Ḫartapus in das frühe 12. Jh. datieren, so werden diese beiden Länder und vielleicht auch sein eigenes Land in seinen Inschriften nicht erwähnt, sondern explizit nur das Land Mušku60, mit dem (Goedegebuure) oder in dem (Oreshko) es Auseinandersetzungen gab, ohne dass differenziertere Gründe für diese angegeben wären. Dass das Land, das er und vor ihm Mursili regierten, nicht genannt wird, es sei denn, es handelt sich immer noch um Tarḫuntassa, in welcher Ausdehnung auch immer, oder R. Oreshkos These kommt zum Tragen, halten Goedegebuure et al. nicht für ungewöhnlich, sondern betonen, dass „this lack of disclosure is standard for Great Kings in both the Bronze and the Iron Ages61, was allerdings in der oben vorgestellten BEYKÖY 2-Inschrift keine Bestätigung fände! Nach der neu gefundenen Inschrift TÜRKMEN -KARAHÖYÜK 1 und der Übersetzung der Erstbearbeiter entsteht der Eindruck, dass die Streiter Ḫartapus in Mušku tätig wurden und es unter seiner Führung eroberten, dann aber mehrere Mušker-Gruppen in Ḫartapus Territorium einfielen, wo sie offenbar besiegt und während eines Jahres hinter (?) einer mit zehn Festungen geschützten ‚Grenzlinie‘ angesiedelt wurden bzw. wie Goedegebuure et al. vorschlagen: „Under this interpretation, the 13 conquered kings or local rulers, who might originally have been vassal kings of Great King Hartapu, were distributed among the ten fortresses, stripped of their commanding roles and installed as subordinates in a non-military function, though still in some supervisory position.“62 Dagegen verneint R. Oreshko eine Eroberung, sondern sieht eine Auseinandersetzung innerhalb des Landes Ḫartapus‘, wie sie in späteren Jahrhunderten auch für den im Osten benachbarten Raum überliefert sind.63 Die genannte Vielzahl an Königen könnte auf eine Organisation als chiefdoms verweisen, allerdings gibt Salmanassar III . für Tabal 24 Könige an, die er 836 unterwarf, die man nicht als chiefdoms ansprechen würde.64 Abgesehen davon, dass aus dieser Region viel mehr Orte bereits bekannt und archäologisch untersucht oder zumindest erfasst sind, zudem HL-Inschriften detailliertere Informationen geben, so dass die Struktur Großkönig als Oberherr und Vasallen-Könige, die über eine ‚Stadt‘ mit Umland herrschten, plausibel erscheint, ist aber im 9. Jh. von einer starken Regionalisierung auszugehen, die nach dem Zerfall des Hethitischen Großreiches und dem Zerfall auch der Nachfolgestaaten wie Karkamissa ihren Lauf nahm. Insofern hinkt vielleicht der Vergleich für das 12. Jh. Insgesamt ist die Großregion Konya für die Bronze- und Eisenzeit verglichen z. B. mit dem späteren Tabal noch quasi terra incognita, wie die erst kürzliche Auffindung der großen Siedlung von 60
Das nach der oben erwähnten Begründung von R. Oreshko ja dann dem „eigenen Land“ entspräche. 61 Goedegebuure et al., 2020: 35 mit Belegen. 62 Goedegebuure et al., 2020: 40. 63 Oreshko, 2020. 64 RIMA 3, A.0.102.40 iii 2–6.
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Türkmen-Karahöyük und die Ergebnisse der diversen Survey-Projekte65 veranschaulichen. Als Auswertung der Quelle lässt sich festhalten, dass wir im frühen 12. Jh. gleichzeitig mit dem Ausfall der hethitischen Zentralmacht ein noch intaktes Tarḫuntassa voraussetzen könnten, an dessen Nordgrenze sich ein neues Land etabliert hätte, das aus Mirā/Ḫaballa/Walma/Pedassa/(?) hervorgegangen oder von dorthin Eingewanderten z. B. aus NW -Kleinasien (Māsa) unter mindestens 13 Königen in Beschlag genommen worden wäre. Diese hätten (anfänglich?) unter der Oberhoheit von Ḫartapus gestanden, dann sich verselbständigen wollen, seien (z. T.) wieder unter seine Herrschaft geraten, so dass er nunmehr Herrscher (auch) von (‚West‘-)Mušku geworden wäre. Alternierend könnte Ḫartapus Herrscher im Gebiet von Tarḫuntassa gewesen sein und alles hätte sich auf diesem Territorium abgespielt. Das deckt sich mit der These von R. Oreshko basierend u. a. auf der KIZILDAĞ 4- und der TÜRKMEN -KARAHÖYÜK 1-Inschrift, Ḫartapus sei Großkönig von Māsa/Mušku gewesen, nur dass es sich nicht um einen luwischen, sondern phrygischen Herrscher handelte. Wichtig für den Kontext hier bleibt die von Oreshko untermauerte Beobachtung der Affinität der ‚Phryger‘ zu Māsa. Seine sprachwissenschaftlichen Erläuterungen zum Zusammenhang von „Māsa“ und „Mušku“66 bedürfen m.E. noch der Gegenprüfung. Erst danach lässt sich weiter darüber diskutieren, ob sich von einer ‚Phrygisierung‘ und in welcher Ausdehnung schon im 13./12. Jh. in Kleinasien sprechen lässt. Bis dahin bleiben die Benennung und die (Ethno-?) Genese bis zur ersten schriftlichen Fixierung von Mušku – gesichert für das 12. Jh. nur im Osten – noch immer im Dunkeln. Bei allen aufgeführten Unsicherheiten und Fragezeichen lässt sich die Existenz von „Mušku“ im 12. Jh. und davor nicht ganz ausschließen, auch wenn explizite Belege fehlen und unklar ist, was den später bezeugten Landesnamen vor dem 12. Jh. ersetzt haben könnte. Auf dieser Basis erscheint mir die plausibelste Lösung des Problems des gleichzeitig auftretenden ‚West‘- und ‚Ost‘Mušku zu sein, dass die aus hethitischen, ägyptischen, später auch aus assyrischen Quellen und bis in die persische Zeit wohlbekannte Praxis der Deportation/ Zwangsmigration zur Anwendung gekommen sein dürfte.67 Sie lässt sich neben wandernden Ethnonymen idealiter durch archäologische Zeugnisse nachweisen, die allerdings im konkreten Fall noch fehlen bzw. nicht erkannt wurden – beide infrage kommenden Regionen sind, wie oben bereits dargelegt, entweder kaum archäologisch untersucht oder nicht mehr untersuchbar. Erstmalig belegt unter Tudḫalija I. (ca. 1420–1400), hat sich vor allem Mursili II . (ca. 1318–1290) mit Deportationen hervorgetan. Man nimmt an, dass Deportierte im Hethitischen mit NAM .RA bezeichnet werden, die nach Feldzügen in großer Zahl aus eroberten 65
Stellvertretend sei das „Konya Regional Archaeological Survey Project“ genannt: Massa et al., 2020. 66 Oreshko, 2020, 113–116. 67 Freundliche Mitteilung von Susanne Görke, 3.3.21 mit Verweis auf Bryce, 2005: 217– 219. Offenbar gab es selten Gegenwehr oder Aufruhr unter den Deportierten in ihrer jeweiligen neuen Heimat, aber in den Annalen Tudḫalijas I./II. ist vermerkt, dass es zu einer Rebellion unter der Führung eines Kukulli kam beim Abtransport der Beute – 10.000 Infanteristen und 600 Streitwagen – aus Assuwa: Bryce, 2005: 218 mit Anm. 117. – Auch zum Folgenden Degen, 2019, mit Literatur zu Assyrien und Persien.
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Gebieten in Anatolien oder anderen Gebieten angesiedelt wurden, u. a. um dünn oder noch nicht besiedelte oder aber aus welchen Gründen auch immer verlassene Regionen an der Peripherie des Reiches wieder zu beleben, was vor allem unter Mursilis Nachfolgern zum Zuge kam.68 Es wäre also im Fall von „Mušku“ eine von Hethitern organisierte Verlagerung einer westlichen Unruhebevölkerung vorstellbar, nämlich die altbalkanisch-stämmiger Māsaer bzw. Mušker, deren Region trotz gegenteiliger Behauptungen offenbar nie von den Hethitern ganz erobert wurde, aber mehrfach Ziel von Feldzügen war, zuletzt unter Šuppiluliuma II .69 Sie könnten ganz in den Osten des Hethitischen Reiches in das Grenzland zum aufstrebenden Assyrien, nach Išuwa/Alzija verbracht worden sein. Das würde m. E. die Existenz von West- und Ost-Muškern im 12. Jh. schlüssig erklären können. Allerdings müsste diese Deportation vor oder spätestens in der Zeit Tudḫalijas III ./IV . stattgefunden haben, da Išuwa in dessen Regierungszeit den Hethitern an Assyrien verloren ging, was mit den frühesten assyrischen Zeugnissen zu Mušku in Einklang stünde. Alles in allem kann also, abgesehen von der unsicheren Datierung von Ḫartapus in das 13./12. Jh., das Problem der ‚West‘-Mušker, ihrer Identifizierung und ihrer Lokalisierung sowie ihrer denkbaren Verbindung mit ‚Ost‘-Muškern weiterhin für das 12. Jh. nicht verbindlich gelöst werden: alle Vorschläge bleiben bis auf Weiteres hypothetisch. Gäbe es nicht offenbar ernstzunehmende sprachwissenschaftliche Gründe, die für das späte 13. bzw. das frühe 12. Jh. sprechen, wäre die vorgeschlagene Datierung von Herrscher, Inschriften, bildlicher Darstellung und architektonischen Gegebenheiten ins 8. Jh. die eher infrage kommende Grundlage für die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen um die historische Einordnung. Die unter anderen auch von R. Oreshko beobachtete Vergleichbarkeit des sog. Stufenaltars vom Kızıldağ mit z. B. solchen aus Midas-Stadt spricht m. E. nicht dafür, dass Ḫartapus über Māsaer/Mušker/Phryger herrschte, wie sein Ergebnis lautet, sondern vor allem für eine Datierung des gesamten Komplexes in das 8. Jh., als phrygisches Kulturgut auch im Süden, im Südwesten (Bayındır), im Südosten (Tuwana/Tyana) usw. verbreitet war bzw. verbreitet wurde. Das bisher beschriebene Szenario passt deutlich geschmeidiger zu der These, ‚Ost‘Mušker hätten sich aufgrund z. B. von urartäischem Druck nach Westen begeben und sich in freien Bereichen in der Kontaktzone Phrygien – Tabal – ḪartapusGebiet, ungefähr dem Verlauf des Tauros folgend, niedergelassen. Sie wären dann aus assyrischer und vermutlich auch aus der Sicht der sog. Späthethitischen Fürstentümer als dem gordischen Phrygien zugehörig wahrgenommen worden. Das hätte aber so früh stattfinden müssen, dass Mušku = Phrygien schon fest etabliert war, als es zu den Auseinandersetzungen zwischen Ḫartapus und Mušku und weiteren Königen kam und das spricht durchaus für die erste Hälfte des 8. Jhs.
68
Bryce, 2005: 218 mit Anm. 122. Beim Herbstfest von Gursamassa, wohl an der Grenze zwischen Māsa und Mirā gelegen, ist für die Zeit Tudḫalijas III./IV. der rituelle Kampf zwischen rebellierenden, mit Schilfrohren bewaffneten Māsaern gegen mit Holzstöcken bewehrte Hethiter bezeugt: Bachvarova, 2016: 224, 343. 69
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Abkürzungen AA AAE AASOR AB ABD ABG ABSt Act Theol. ADAJ ADPV ÄAT Ä&L AIL AION AJA AJBI AK ALASP AMD AnalBoll ANEM ANES AnOr ANRW AnSt AntK AntOr AO AOAT AoF APEF ARAMAZD ArchRel ASOR AThANT ATM ATSAT AVO AW
Archäologischer Anzeiger Arabian Archaeology and Epigraphy The Annual of the American School of Oriental Research Anchor Bible The Anchor Bible Dictionary Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte Archaeology and Biblical Studies Acta Theologica Annual of the Department of Antiquities of Jordan Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins Ägypten und Altes Testament Ägypten und Levante Ancient Israel and Its Literature Annali del’Istituto Universitario Orientale di Napoli American Journal of Archaeology Annual of the Japanese Biblical Institute Afformativkonjugation Abhandlungen zur Literatur Alt-Syrien-Palästinas Ancient Magic and Divination Analecta Bollandiana Ancient Near East Monographs Ancient Near Eastern Studies Analecta Orientalia Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt Anatolian Studies Antike Kunst, Beihefte Antiguo Oriente Alter Orient Alter Orient und Altes Testament Altorientalische Forschungen Annual of the Palestine Exploration Fund Armenian Journal of Near Eastern Studies Archiv für Religionsgeschichte The American School of Oriental Research Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen Testaments Altes Testament und Moderne Arbeiten zu Text und Sprache im Alten Testament Altertumskunde des Vorderen Orients Antike Welt
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Biblical Archaeologist Bulletin d’archéologie et d’architecture libanaises Baghdader Forschungen Bibliothèque Archéologique et Historique
492 BALond BaM BAR (IS) BARev BASOR BBB BCTH
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BdA Berytus BIAA Bib BIFAO BiOr BK BMB BN BTAVO BThSt BWAT BWANT BZAW BZ NF
Bulletin of the Institute of Archaeology, University London Baghdader Mitteilungen British Archaeological Reports (International Series) Biblical Archaeology Review Bulletin of the American Schools of Oriental Research Bonner Biblische Beiträge Bulletin Archéologique du Comité des Travaux historiques et scientifiques Bollettino di Archeologia online Berytus. Archaeological Studies British Institute (of Archaeology) at Ankara Biblica Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale Bibliotheca Orientalis Biblischer Kommentar. Altes Testament Bulletin du Musée de Beyrouth Biblische Notizen Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients Biblisch-Theologische Studien Beiträge zur Wissenschaft vom Alten Testament. N.F. Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament Beihefte zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft Biblische Zeitschrift. Neue Folge
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EB.NS EBR EDPC EI EpAn EPRO ERC ErJb
Études bibliques. Nouvelle Série Encyclopedia of the Bible and Its Reception Encyclopaedic Dictionary of Phoenician Culture Eretz Israel Epigraphica anatolica Études Préliminaires aux Religions Orientales dans l’Empire Romain Éditions Recherche sur les civilisations Eranos-Jahrbuch
Abkürzungen
493
EWNT
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FAT FRLANT FzB
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GAT
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HAE HAT HBS HdA HdO HeBAI HK HNPI HThKAT
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IGLS IEJ IES INR IntJNautA IPIAO IsrNumJ IstMitt
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JAEI JANER JANES JAOS JAR JbAC JBTh JCS JDAI JEA JES JHNES JHS JIAN JJHA JNES JNG
Journal of Ancient Egyptian Interconnections Journal of Ancient Near Eastern Religions Journal of the Ancient Near Eastern Society Journal of the American Oriental Society Journal of Anthropological Research Jahrbuch für Antike & Christentum Jahrbuch für Biblische Theologie Journal of Cuneiform Studies Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts The Journal of Egyptian Archaeology Journal of Egyptian Studies The John Hopkins Near Eastern Studies The Journal of Hebrew Scriptures Journal International d’Archéologie Numismatique Jourdan Journal for History and Archaeology Journal of Near Eastern Studies Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte
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Journal of Northwest Semitic Languages Journal of Roman Archaeology Journal for the Study of the Old Testament Journal for the Study of the Old Testament Supplement Series Journal of Semitic Studies
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Lexikon der Ägyptologie Leipziger Altorientalische Studien Library of Hebrew Bible/Old Testament Studies Langform Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae
MBAH MDAI MDOG MEFRA MT
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NEA NEAEHL NEB NBL NTOA
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OBO S.A. OHJSA OIP OIMP OLA OLB OpArch ORA Or NS OTE
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Abkürzungen
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Quaderni Ticinesi Qaestiones disputatae The Quarterly of the Department of Antiquities in Palestine Qatna Studien Supplementa
RAC RANT RB RE RÉS RGRW RHPhR RICIS RIMA RlA RM RPC RRE RSF RSOu RSO
Reallexikon für Antike und Christentum Res Antiquae Revue Biblique Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft Répertoire d’épigraphie sémitique. Paris 1900 ff. Religions in the Graeco-Roman World Revue d’histoire et de philosophie religieuses BRICAULT, L., Recueil des inscriptions concernant les cultes isiaques, Paris 2005. The Royal Inscriptions of Mesopotamia, Assyrian Periods Reallexikon der Assyriologie Die Religionen der Menschheit Roman Provincial Coinage Religion in the Roman Empire Rivista di Studi Fenici Ras Shamra-Ougarit Rivista degli studi orientali
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