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German Pages 300 Year 1999
SUSANNE SCHMITT
Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 783
Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG
Von Susanne Schmitt
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schmitt, Susanne: Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG / von Susanne Schmitt. Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 783) Zugl.: Konstanz, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09713-0
Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09713-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9 7 0 6 θ
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1998 von der Juristischen Fakultät der Universität Konstanz als Dissertation angenommen. Das Manuskript hierzu wurde im Oktober 1997 abgeschlossen. Für die Veröffentlichung fanden Rechtsprechung und Literatur bis August 1998 Berücksichtigung. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dieter Lorenz, der die Arbeit mit großem Interesse und Engagement begleitete und ihre Entstehung mit wertvollen Hinweisen förderte. Herrn Prof. Dr. Hartmut Maurer gebührt mein besonderer Dank dafür, daß er in sehr kurzer Zeit das Zweitgutachten zu der Arbeit erstattet hat. Schließlich danke ich Herrn Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Uechtritz, der die Untersuchung des Themas anregte. Die Arbeit ist meinen Eltern gewidmet.
Stuttgart, im März 1999
Susanne Schmitt
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
17
Erster Teil
Die öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen A. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung I. Die grundsätzliche Finanzverantwortung des Bundes II. Die Planung der finanziellen Mittel für den Fernstraßenbau
21
21 21 25
1. Bedarfsplan
25
2. Ausbauplan (Fünfjahresplan)
26
3. Straßenbaupläne
27
III. Die finanziellen Mittel im einzelnen 1. Steuern
27 28
a) Mineralölsteuer
29
b) Kraftfahrzeugsteuer
32
2. Straßenbenutzungsgebühren B. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau I. Typologische Erscheinungsformen der Privatisierung
34 40 41
1. Vermögensprivatisierung
41
2. Organisationsprivatisierung
41
3. Aufgabenprivatisierung
42
a) Materielle Aufgabenprivatisierung
43
b) Funktionale Aufgabenprivatisierung
44
Inhaltsverzeichnis
8
II. Privatisierungsformen im Fernstraßenbau
45
1. Private Finanzierung von Bundesfernstraßen
46
a) Privatfinanzierung zwischen 1955 und 1973: Die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG (Öffa)
46
b) Modelle der Privatfinanzierung
48
aa) Leasing-Modell
49
(1) Das Konzept des Leasing-Modells
49
(2) Die Probleme bei der Umsetzung des Leasing-Modells ...
50
bb) Konzessionsmodell
53
( 1 ) Das Konzept des Konzessionsmodells
53
(2) Vor- und Nachteile des Konzessionsmodells (3) Zur finanzverfassungsrechtlichen Konzessionsmodells
Problematik
56 des
(a) Grundsatz der Vollständigkeit und Wahrheit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG) (b) Keine Kreditaufnahme i.S.d. Art. 115 Abs. 1 GG (c) Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes? cc) Betreibermodell
58 58 59 60 64
(1) Das Konzept des Betreibermodells
64
(2) Das Betreibermodell als Alternative zu Leasing- und Konzessionsmodell
66
2. Die Einschaltung Privater in Planung und Baudurchfuhrung bei der Erstellung von Bundesfernstraßen - Die Tätigkeit der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Baugesellschaft mbH)
67
C. Exkurs: Ausländische Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau...
71
I. Italien II. Frankreich
71 73
III. Spanien
75
IV. Schlußfolgerungen fur den privat mautfinanzierten Straßenbau in Deutschland
76
Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil
Die Regelungen des FStrPrivFinG
79
A. Die Regelungen des FStrPrivFinG im Überblick
79
B. Gesetzgebungsverfahren
80
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
82
I. Die grundsätzliche Entscheidung zur Einschaltung Privater in Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen (§ 1 FStrPrivFinG)
82
1. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG im Verhältnis zur gesetzlichen Zuordnung der Straßenbaulast in § 5 FStrG
83
a) Ausgang: Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung als typische Elemente der Straßenbaulast
83
b) Zur Rechtsnatur der Straßenbaulast
84
c) Der gesetzliche Träger der Straßenbaulast
85
aa) Die grundsätzliche Regelung in § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG und ihr Verhältnis zu Art. 90 Abs. 2 GG
85
bb) Besonderheiten bei der Straßenbaulast von Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen - Zum Verhältnis von § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG zu Art. 90 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 2 GG
87
d) Denkbare Möglichkeiten der Einbeziehung Privater in die Erfüllung der Straßenbaulast
90
aa) Übertragung der Straßenbaulast
91
bb) Übertragung der Erfüllung von Aufgaben aus der Straßenbaulast
92
e) Die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG gewählte Form der Einbindung Privater - Privative Übernahme der Straßenbaulast durch private Investoren?
94
f) Zuordnung der Beteiligung Privater gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zu den Privatisierungsformen
98
2. Rechtliche Konstruktion der Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG - Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung im Wege der Beleihung?
99
a) Begriff und Funktion der Beleihung
100
10
Inhaltsverzeichnis b) Konkrete Beurteilung der Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG
101
3. Die gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG übertragbaren Aufgaben im einzelnen - Folgerungen aus § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG
106
a) Bau
107
aa) Neu- und Ausbau
107
bb) Planung
107
(1) Die Abgrenzung zwischen hoheitlichen und nichthoheitlichen Planungsaufgaben
108
(a) Entsprechende Anwendung der für die Tätigkeit der DEGES erstellten „Abgrenzungsliste"?
108
(b) Die grundsätzlichen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen hoheitlichen und nichthoheitlichen Planungsaufgaben
109
(c) Die Abgrenzung im Hinblick auf die planerische Letztentscheidungsverantwortung des Staates
110
(2) Überprüfung der einzelnen Planungsschritte
113
(a) Planerische Vorarbeiten
114
(b) Linienbestimmung
114
(c) Umweltverträglichkeitsprüfung
117
(d) Aufstellung des Vor- bzw. Bauentwurfs
120
(e) Planfeststellungsverfahren
121
(aa) Antragstellung
121
(bb)Durchführung des Planfeststellungsverfahrens und Planfeststellungsbeschluß
122
b) Erhaltung
124
c) Betrieb
124
d) Finanzierung
126
4. Die Eigentumsverhältnisse an den Straßengrundstücken
126
II. Die rechtliche Umsetzung des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG - Abschluß eines „Konzessionsvertrages"
128
1. Rechtsnatur des „Konzessionsvertr^ges"
129
a) Zum Begriff „Konzessionsvertrag"
130
Inhaltsverzeichnis b) Konkrete Einordnung des „Konzessionsvertrages" gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG 2. Verfahren vor und bei Abschluß des Konzessionsvertrages
132 136
a) Abschlußkompetenz
136
b) Vertragsform
137
c) Auswahl konkreter Projekte - Zuständigkeit und Auswahlkriterien
137
d) Auswahl geeigneter Investoren - Ausschreibung und Vergabeverfahren
139
3. Inhalt des Konzessionsvertrages
143
a) Grundlegende Bestimmungen
143
b) Risikoverteilung zwischen Straßenbaulastträger und privatem Investor
147
aa) Die Risiken im einzelnen
147
bb) Kriterien für eine angemessene Risikoverteilung
149
c) Haftung bei Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht
150
aa) Die grundsätzliche Haftung staatlicher Behörden bei Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht
151
bb) Auswirkungen auf die Haftung bei Einschaltung Privater gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG - Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
153
( 1 ) Verkehrssicherungspflicht als privatrechtliche Pflicht
154
(2) Verkehrssicherungspflicht als hoheitsrechtliche Pflicht....
155
(3) Ergebnis
159
III. Die Refinanzierung der privaten Investoren über die Erhebung von Mautgebühren (§§2 ff. FStrPrivFinG)
160
1. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren
160
a) Die Vereinbarkeit von Gemeingebrauch und Straßenbenutzungsgebühren
160
b) Das Verhältnis zwischen Straßenbenutzungsgebühren und Kfztypischen Steuern
163
c) Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG aufgrund regionaler Unterschiede?
165
12
Inhaltsverzeichnis 2. Die Gebührenerhebung durch Private (§ 2 FStrPrivFinG)
167
a) Die rechtliche Konstruktion des § 2 FStrPrivFinG - Der Private als Beliehener
167
b) Die Problematik einer „isolierten" Beleihung des Privaten mit dem Recht zur Gebührenerhebung
168
3. Der Gegenstand der Mautgebührenerhebung (§ 3 Abs. 1 FStrPrivFinG)
175
4. Die Höhe der Mautgebühren (§ 3 Abs. 2 FStrPrivFinG)
177
a) Kriterien der Gebührenbemessung gemäß § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG aa) Geltung des Kostendeckungsprinzips? - Zum Aussagegehalt des § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG
177 177
( 1 ) Inhalt und Formen des Kostendeckungsprinzips
178
(2) Konkrete Einordnung des § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG..
179
(3 ) Wirtschaftliche Risiken trotz Kostendeckungsgebots bb) Der Kostenbegriff in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG
181 182
cc) Das Äquivalenzprinzip - § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG
185
dd) Mautgebühren als Lenkungsgebühren?
188
b) Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Gebührenbemessung aa) Sozialstaatsprinzip
191 191
(1) Die grundsätzliche Bedeutung des Sozialstaatsprinzips für den Gebührengesetzgeber
191
(2) Die Bedeutung des Sozialstaatsprinzips für die Bemessung der Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG
193
(3) Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips trotz fehlender gesetzlicher Grundlage?
195
bb)Art. 3 Abs. 1 GG 5. Gebührenschuldner und Gebührenbefreiungen (§§ 4, 5 FStrPrivFinG)
197 199
a) Gebührenbefreiung (§ 4 FStrPrivFinG)
199
b) Gebührenschuldner (§ 5 FStrPrivFinG)
200
6. Die Entrichtung der Mautgebühren - Technische und datenschutzrechtliche Probleme elektronischer Mautgebührenerhebungssysteme (§ 6 S. 2 FStrPrivFinG)
203
Inhaltsverzeichnis a) Anforderungen an automatische Gebührenerhebungssysteme
204
b) Darstellung und datenschutzrechtliche Bewertung aktueller Systemkonzepte
204
c) Erfahrungen mit automatischen Gebührenerhebungssystemen
209
aa) Erfahrungen in der Bundesrepublik Deutschland
209
bb) Erfahrungen im Ausland
210
d) Die rechtlichen Rahmenbedingungen fur eine automatische Gebührenerhebung durch den privaten Betreiber
211
aa) Erfassen und Identifizieren der Nicht- oder Falschzahler
212
bb) Beitreiben der Maut
214
cc) Sanktionieren eines Verstoßes gegen die Zahlungspflicht
215
IV. Die rechtliche Umsetzung des Gebührenerhebungsrechts - Erlaß einer Mautverordnung (§ 3 Abs. 3 FStrPrivFinG)
216
1. Inhalt der Mautverordnung
216
2. Zeitpunkt des Erlasses der Mautverordnung 3. Einhaltung der Anforderungen an eine gebührenrechtliche Verordnungsermächtigung gemäß Art. 80 GG?
217
a) Der Bestimmtheitsgrundsatz gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG
218 219
b) Der Ausschluß der Zustimmungsbedürftigkeit gemäß Art. 80 Abs. 2 GG
220
c) Die Bindung an das Einvernehmen der obersten Landesstraßenbaubehörden
221
4. Anspruch des privaten Betreibers auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung?
228
a) Bestehen eines materiellen Anspruchs?
229
b) Verwaltungsprozessuale Geltendmachung dieses Anspruchs?
233
aa) Rechtsschutzgarantie
233
bb) Verwaltungsrechtsweg
236
cc) Normenkontrolle analog § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO
237
dd) Verpflichtungsklage
238
ee) Allgemeine Leistungsklage
238
ff) Feststellungsklage
240
14
Inhaltsverzeichnis Dritter Teil
Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung am Fernstraßenbau nach dem FStrPrivFinG
242
A. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG im Lichte des Verfassungsrechts I. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG II. Art. 90 GG 1. Materiell-rechtlicher Regelungsgehalt des Art. 90 GG
243 243 245 245
a) Organisationsrechtlicher Gehalt
245
b) Aufgabenrechtlicher Gehalt
246
2. Der aufgabenrechtliche Gehalt des Art. 90 GG: Verfassungskräftiger Ausschluß der Beteiligung Privater an der Staatsaufgabe „Fernstraßenwesen"?
248
3. Der organisationsrechtliche Gehalt des Art. 90 GG: Ausschluß privatrechtlicher Organisationsformen durch zwingend vorgeschriebene Bundesauftragsverwaltung? - Unzulässiger Einbruch in die Verwaltungszuständigkeit der Länder? 4. Ergebnis
251 256
III. Art. 33 Abs. 4 GG
256
IV. Sozialstaatsprinzip
258
V. Rechtsstaats- und Demokratieprinzip
262
1. Rechtsstaatsprinzip
262
2. Demokratieprinzip 3. Die Übertragung von Planungsaufgaben im Lichte von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip
265
VI. Finanzverfassungsrechtliche Bestimmungen B. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beleihung Privater mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren (§ 2 FStrPrivFinG)
266 266 267
I. Art. 90 Abs. 2 GG
267
II. Art. 33 Abs. 4 GG
268
III. Rechtsstaats- und Demokratieprinzip C. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Enteignungen zugunsten privater Investoren
270 271
Inhaltsverzeichnis I. Die öffentliche Zweckbestimmung von Bundesfernstraßen als grundsätzliche Legitimation der Enteignung im Hinblick auf das Gemeinwohl (Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG)
273
II. Allgemeine Anforderungen an Enteignungen zugunsten Privater Vorliegen der Gemein wohl Voraussetzungen einer privatbegünstigenden Enteignung bei Straßenbauvorhaben nach dem FStrPrivFinG?
274
Zusammenfassung und Bewertung
278
Literaturverzeichnis
281
Sachwortverzeichnis
296
Einleitung Die Verkehrsdichte auf den Straßen der Bundesrepublik Deutschland hat bedingt durch einen Zuwachs der Bevölkerung und einen höheren Motorisierungsgrad - in der Vergangenheit stetig zugenommen1 und wird auch künftig zunehmen.2 Will man staubedingte Umweltbelastungen vermeiden und keine unnötigen Risiken für die Sicherheit des Verkehrs schaffen, müssen Neu- und Ausbau des vorhandenen Straßennetzes mit diesen Entwicklungen Schritt halten. Die Vorhaltung eines leistungsfähigen Streckennetzes ist auch aus wirtschaftlichen Gründen unabdingbar: Noch immer rollen 62,6 % des Güterverkehrs über die Straße, während der Transport auf Schienen lediglich 18 % beträgt. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, da die Bahn auch bei Verdoppelung der Transportkapazität nur 7 % der jährlichen Verkehrsleistung der Straße übernehmen könnte.3 Um auch weiterhin einen reibungslosen Güteraustausch zu gewährleisten, sind stetige Investitionen in den Straßenbau erforderlich. Hinzu kommen die politischen Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit, die zunehmend größere Anforderungen an die Infrastruktur in Deutschland stellen: Nach Vollendung der deutschen Einheit besteht in den neuen Bundesländern ein enormer Nachholbedarf, um die dort vorhandene Infrastruktur dem westdeutschen Standard anzugleichen.4 Durch den Europäischen Binnenmarkt
1
Allein auf den Bundesautobahnen hat sich die Verkehrsdichte in den letzten beiden Jahrzehnten nahezu verdoppelt, vgl. Deutsche Bank Research, Privatisierung des Bundesautobahnnetzes, 1994, S. 38. 2 Die dem geltenden Bundesverkehrswegeplan 1992 zugrundeliegende Verkehrsprognose geht davon aus, daß sich bis zum Jahr 2010 der Individual verkehr um 30 % erhöhen und der Straßengüterverkehr verdoppeln wird, vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 1. 3 Stuttgarter Nachrichten vom 1.9.1995, S. 11. 4 Vgl. hierzu das verkehrszweigübergreifend angelegte Konzept der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit", das am 9.4.1991 vom Bundeskabinett gebilligt wurde. Das Konzept umfaßt insgesamt siebzehn Verkehrsprojekte (9 Schienen-, 7 Fernstraßen- und 1 Wasserstraßenprojekt), die nach Einschätzung des Bundesverkehrsministeriums für den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundesländern besondere Bedeutung haben und daher vorrangig zu realisieren sind, Straße und Autobahn 1991, S. 617 ff. 2 Susanne Schmitt
18
Einleitung
und die Öffnung der osteuropäischen Grenzen wird außerdem die Funktion Deutschlands als Transitland innerhalb Europas immer wichtiger. 5 Die gestiegenen Anforderungen an die Infrastruktur sind mit enormen finanziellen Belastungen verbunden. Bis zum Jahr 2000 rechnet der Bund im Verkehrsbereich mit einem Gesamtinvestitionsbedarf von knapp 500 Mrd. DM. Davon entfallen etwa 192 Mrd. D M auf den Ersatz und die Erhaltung der Bundesverkehrswege, rund 86 Mrd. D M auf Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden sowie weitere 282 Mrd. D M auf den Neu- und Ausbau der Bundesfernstraßen, der Bundeswasserstraßen und des Schienennetzes der Deutschen Bahn AG (vormals Deutsche Bundesbahn bzw. Deutsche Reichsbahn).6 Die fur den Neu- und Ausbau der Verkehrswege veranschlagten Kosten übersteigen die verfugbaren Mittel der öffentlichen Hand allerdings bei weitem. Allein der im geltenden Bundesverkehrswegeplan 1992 ermittelte finanzielle Bedarf für die Bundesfernstraßen ist so groß, daß bei einer herkömmlichen Finanzierung über den Staatshaushalt eine zeitgerechte Verwirklichung aller vorgesehenen Maßnahmen nicht gewährleistet wäre. 7 Nach Auskunft des Bundesverkehrsministers stehen für die Bundesfernstraßen bis ins Jahr 2000 lediglich 10,1 Mrd. D M jährlich zur Verfügung, davon 8,1 Mrd. für Investitionen in den Fernstraßenbau. 8 Die finanziellen Engpässe und die daraus resultierende Gefahr einer verzögerten Realisierung dringend benötigter Verkehrsprojekte führten schließlich dazu, daß für den Bau von Bundesfernstraßen als mögliche Alternative zur bisherigen Haushaltsfinanzierung in zunehmendem Maße die Mobilisierung privaten Kapitals in Betracht gezogen wurde. Ein entscheidender Schritt in Richtung Privatfinanzierung und Entlastung des Staatshaushalts erfolgte mit Erlaß des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes (FStrPrivFinG) vom 30.8.1994.9
5 Im Sommer 1996 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat die ,,gemeinschaftliche[n] Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes". Insgesamt vier der im Anhang aufgeführten, für eine vorrangige Realisierung ausgewählten 14 Vorhaben betreffen direkt die Bundesrepublik Deutschland. Eine rechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die ausgewählten Vorhaben zu realisieren, besteht allerdings nicht. Vgl. hierzu Deutsche Bank Research, Transeuropäische Verkehrsnetze, 1996, S. 12 ff. Zu den gemeinschaftsrechtlichen Aspekten beim Ausbau transeuropäischer Verkehrsnetze vgl. Jürgensen, UPR 1998, S. 12 ff. 6 Krause, Der Bundesverkehrswegeplan 1992, in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 78/92 vom 16.7.1992, S. 745 ff. (749). 7 Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 1. 8 ADAC motorweit 10/96, S. 58. 9 BGBl IS. 2243.
Einleitung Erklärtes Ziel dieses Gesetzes ist es, Investitionen in das Bundesfernstraßennetz durch die Beteiligung Privater an Maßnahmen des Neu- und Ausbaues von Bundesfernstraßen zu verstärken (§ 1 Abs. 1 FStrPrivFinG). Zu diesem Zweck können Privaten Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen „zur Ausführung" übertragen werden (§ 1 Abs. 2 FStrPrivFinG). Zur Refinanzierung der getätigten Investitionen erhält der Private das Recht, von den Nutzern der privatfinanzierten Straße Mautgebühren zu erheben ( § § 2 ff. FStrPrivFinG). Letztlich werden die Straßen also von den Verkehrsteilnehmern finanziert; dem öffentlichen Haushalt sollen keine Kosten entstehen. Praktische Erfahrungen mit dem FStrPrivFinG liegen bislang noch nicht vor. Das erste Projekt, das mit privatem Kapital gebaut und über Mautgebühren finanziert werden soll, wurde jedoch bereits ausgeschrieben und an ein französisches Konsortium vergeben. Es handelt sich um die Warnow-Querung im Zuge der Β 103 η bei Rostock. Die Kosten des Projektes, dessen Fertigstellung für das Jahr 2000 geplant ist, werden mit rund 350 Mio. D M veranschlagt. Die über einen Zeitraum von 30 Jahren zu erhebende Mautgebühr soll voraussichtlich ca. 3 D M pro Kraftfahrzeug und pro Fahrt betragen. 10 Weitere Projekte sind im Gespräch. Im Februar 1997 hat das Bundesministerium für Verkehr 17 weitere Fernstraßenprojekte benannt, die von den Ländern auf ihre Realisierbarkeit nach dem FStrPrivFinG überprüft werden sollen. 11 Bei der Auswahl entscheidend war neben der rechtlichen Eignung, dem Planungsstand und den Finanzierungsmöglichkeiten innerhalb des Straßenbauplanes auch das Bestreben, möglichst viele Länder in die Vorschlagsliste 12
einzubeziehen. Im einzelnen handelt es sich um folgende Maßnahmen: - A 17 Pirna - Breitenau - A 20 Elbequerung nordwestlich Hamburg - A 66 Riederwaldtunnel Frankfurt/Main - A 71 Rennsteigtunnel - A 252 Hafenquerspange -
A 281 Eckverbindung Bremen (2. Bauabschnitt)
- Β 6 η Bernburg - Dessau -
BIO Nordtangente Karlsruhe 10
Focus, Heft 26/1996, S. 66; vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.4.1996, S. 17 und Stuttgarter Zeitung vom 18.4.1996, S. 11. 11 Vgl. Stuttgarter Nachrichten vom 27.2.1997, S. 4. 12 Vgl. hierzu die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage einzelner Abgeordneter, BT-Drs. 13/8257, S. 1 ff.
Einleitung
20 -
Β 15 η Regensburg - Rosenheim
-
Β 21 Kirchholztunnel Bad Reichenhall
-
Β 50 η Hochmoselübergang
-
Β 61 Weserauentunnel Minden
-
Β 75/B 104 Travequerung Lübeck
-
Β 96 η Strelasundquerung
-
Β 178 Bautzen-Zittau
-
Β 243 Herzberg - Nordhausen
-
Β 312 Scheibengipfeltunnel Reutlingen.
Die jüngsten Entwicklungen deuten darauf hin, daß es wohl nicht mehr lange dauern wird, bis weitere Straßenbauprojekte dem Rostocker Beispiel folgen werden. Mit der EU-weiten Ausschreibung der Travequerung Lübeck im März 1997 ist zwischenzeitlich ein Anfang gemacht worden. 13 In der vorliegenden Abhandlung sollen die Regelungen des FStrPrivFinG in dogmatischer wie praktischer Hinsicht näher untersucht werden. Eine sinnvolle Befassung mit dem Untersuchungsgegenstand erfordert zunächst, daß man sich einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten einer Finanzierung von Bundesfernstraßen verschafft. Im Ersten Teil sollen deshalb sowohl die herkömmliche Finanzierungsform über den öffentlichen Haushalt als auch die denkbaren Alternativen einer privaten Finanzierung vorgestellt werden. Der Zweite Teil widmet sich den einzelnen Regelungen des FStrPrivFinG. Inhalt und Tragweite der gesetzlichen Vorschriften werden ausgelotet. Kritisch untersucht werden die dogmatischen Grundlagen des Gesetzes ebenso wie die rechtlichen Probleme, die bei der praktischen Umsetzung entstehen können. Im Anschluß daran wird die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, Private an der Erstellung und Finanzierung von Bundesfernstraßen zu beteiligen, in einem Dritten Teil auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand gestellt. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und der Beurteilung, inwieweit das FStrPrivFinG letztendlich geeignet ist, seinen Zielsetzungen gerecht zu werden.
13
BT-Drs. 13/8257, S. 4.
Erster Teil
Die öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen Bevor man sich mit den einzelnen Regelungen des FStrPrivFinG auseinandersetzt, ist darzustellen, auf welche Art und Weise die für den Bau und die Unterhaltung von Bundesfernstraßen erforderlichen finanziellen Mittel bereitgestellt werden können. Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei die verschiedenen Möglichkeiten, den Straßenbau über den Einsatz privaten Kapitals zu finanzieren. Die folgenden Ausführungen befassen sich daher nicht nur mit den Modalitäten der konventionellen Finanzierung über den Staatshaushalt (sub Α.), sondern auch und in besonderer Weise mit den denkbaren Spielarten eines privaten Engagements bei der Erstellung und Finanzierung von Bundesfernstraßen (sub Β.). Im Anschluß daran soll in einem Exkurs skizziert werden, welche Erfahrungen im europäischen Ausland mit privat mautfinanziertem Straßenbau gemacht wurden und inwieweit diese Erfahrungen auf die Verhältnisse in Deutschland übertragen werden können (sub C.).
A. Herkömmliche Finanzierungsformen Öffentliche Straßenbaufinanzierung Die Finanzierung von Bundesfernstraßen erfolgt herkömmlicherweise über den Staatshaushalt. Dabei sind die folgenden verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben zu beachten.
I. Die grundsätzliche Finanzverantwortung des Bundes Art. 104 a GG regelt die Aufteilung der finanziellen Verantwortung zwischen Bund und Ländern. Gemäß Art. 104 a Abs. 1 GG ist grundsätzlich derjenige, der von Verfassungs wegen eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen hat, verpflichtet, die sich daraus ergebenden Ausgaben aus seinen Haushaltsmitteln zu finanzieren (sog. Konnexitätsprinzip). 1 Da grundsätzlich an die 1 Zum Konnexitätsprinzip vgl. nur BVerfG, B.v. 16.6.1959 - 2 BvF 5/56 -, BVerfGE 9, 305 ff. (328 f.): „Die Ausgaben folgen den Aufgaben."
22
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Verwaltungsverantwortung anzuknüpfen ist (und nicht daran, wer durch seine Gesetzgebung die Aufgaben und Ausgaben veranlaßt hat), bedeutet dies, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt, letztlich die Abhängigkeit der Finanzkompetenz von der Verwaltungskompetenz und damit die grundsätzliche Übereinstimmung der Verwaltungs- und Finanzierungsverantwortlichkeiten. 2 Danach müßte die Finanzverantwortung für die Bundesfernstraßen, jedenfalls soweit es nicht die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen betrifft, 3 eigentlich bei den Ländern liegen: Art. 90 Abs. 2 GG bestimmt, daß die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften 4 die Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrag des Bundes verwalten. Es liegt also ein Fall des in Art. 85 GG normierten Typus der Bundesauftragsverwaltung vor. 5 Trotz der Bezeichnung als „Bundes"auftragsVerwaltung handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Form der Bundes-, sondern der Landesverwaltung; die Landesbehörden handeln nicht als Organe des Bundes, sondern als Landesorgane. 6 Da die Verwaltung der Bundesfernstraßen somit eine Länderaufgabe ist, müßten gemäß Art. 104 a Abs. 1 GG an sich die Länder die im Zusammenhang mit den Bundesfernstraßen anfallenden Kosten tragen. Eine finanzielle Verantwortung der Länder für die Bundesfernstraßen würde allerdings den Besonderheiten der Bundesauftragsverwaltung nicht gerecht 2 Vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1969 - 2 BvF 1/64 -, BVerfGE 26, 338 ff. (390); Groß, DVB1 1969, S. 125 ff. (128). 3 Die besondere Situation bei den Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen, die gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG in der Straßenbaulast einer Gemeinde stehen, bleibt hier unberücksichtigt. Vgl. hierzu näher im Zweiten Teil, sub C. I. 1. c) bb). 4 Von der in Art. 90 Abs. 2 GG eingeräumten Befugnis, Selbstverwaltungskörperschaften mit der Fernstraßenverwaltung zu beauftragen, hat bisher nur das Land Nordrhein-Westfalen Gebrauch gemacht und den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen die Verwaltung der Bundesfernstraßen übertragen, vgl. § 5 der Landschaftsverbandsordnung vom 12.5.1953, GVB1 S. 271. 5 Im Unterschied zu Art. 85 GG beschränkt sich die Auftragsverwaltung im Bereich der Bundesfernstraßen jedoch nicht auf die Ausführung von Bundesgesetzen. Art. 90 Abs. 2 GG ist bereits seinem Wortlaut nach nicht notwendig „gesetzesakzessorisch". Er gilt nicht nur in den Fällen, in denen die Länder Bundesgesetze ausführen, sondern auch dann, wenn sie im Wege gesetzesfreier Verwaltung tätig werden; vgl. BVerfG, U.v. 28.2.1961 - 2 BvG 1, 2/60 -, BVerfGE 12, 205 ff. (246 f.); U.v. 18.7.1967 - 2 BvF 3/62 u.a. -, BVerfGE 22, 180 ff. (217); BVerwG, U.v. 18.12.1986 - 3 C 39.81 -, BVerwGE 75, 292 ff. (298); Wilke, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 541 ff. (545 f.); Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1962, Art. 90 Rn. 8. 6 BVerfG, U.v. 22.5.1990 - 2 BvG 1/88 -, BVerfGE 81, 310 ff. (331); Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 85 Rn. 5 m.w.N. Speziell zum Fernstraßenrecht vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1977 - IV C 3.74 -, BVerwGE 52, 226 ff. (229); Wilke, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 541 ff. (545).
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
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werden: Zu berücksichtigen ist, daß die Eigenständigkeit der Länder bei dieser Verwaltungsform deutlich begrenzt ist; dem Bund stehen hier weit stärkere Einwirkungsmöglichkeiten zu als bei der landeseigenen Ausführung der Bundesgesetze nach Art. 84 GG. Nicht nur, daß sich die Aufsicht des Bundes sowohl auf die Rechtmäßigkeit als auch auf die Zweckmäßigkeit des Gesetzesvollzugs erstreckt (Art. 85 Abs. 4 GG); die Landesbehörden unterstehen darüber hinaus von vornherein den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörden (Art. 85 Abs. 3 GG). 7 Das Weisungsrecht des Bundes ist nicht auf Ausnahmefälle begrenzt und auch nicht weiter rechtfertigungsbedürftig; es ist von der Verfassung als reguläres Mittel vorgesehen, damit sich bei Meinungsverschiedenheiten „das hier vom Bund zu definierende Gemeinwohlinteresse durchsetzen kann". 8 Letztendlich liegen damit die eigentliche Sachbeurteilung und die Sachentscheidung, d.h. die sog. Sachkompetenz, beim Bund. 9 Lediglich die Wahrnehmungskompetenz, also das Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen, im Verhältnis zu Dritten, ist - da insoweit ein Eintrittsrecht des Bundes in Art. 85 GG nicht vorgesehen ist - ausschließlich den Ländern vorbehalten. 10 Die Länder nehmen also, soweit sie im Rahmen der Auftragsverwaltung tätig werden, eine (Sach-)Aufgabe des Bundes wahr. 11 Dementsprechend bestimmt Art. 104 a Abs. 2 GG abweichend von Abs. 1 GG, daß in den Fällen, in denen die Länder im Auftrag des Bundes handeln, der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben trägt. Art. 104 a Abs. 2 GG ist somit auch für die Ausgabenverteilung im Bereich der Bundesfernstraßen einschlägig. 12 Die Vorschrift bezieht sich jedoch - wie sich aus Art. 104 a Abs. 5 7
BVerfG, U.v. 22.5.1990 - 2 BvG 1/88 -, BVerfGE 81, 310 ff. (331 f.). So BVerfG, a.a.O., S. 310 ff. (332). Zu dem bei Ausübung des Weisungsrechts zu beachtenden Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens vgl. im Zweiten Teil, C. IV. 3. c) a.E. 9 Vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, 1974, S. 54. Die Sachkompetenz des Bundes hat allerdings gleichsam eine „Reservefunktion", da sie sich erst dann aktualisiert, wenn der Bund von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht, so Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), S. 31 f f (35). Nach BVerfG, U.v. 22.5.1990 - 2 BvG 1/88 -, BVerfGE 81, 310 ff. (332), liegt die Sachkompetenz zunächst beim Land. Der Bund könne sie aber, indem er das ihm zuerkannte Weisungsrecht in Anspruch nehme, nach eigener Entscheidung an sich ziehen. Die Sachkompetenz stehe dem Land daher „von vornherein nur unter dem Vorbehalt ihrer Inanspruchnahme durch den Bund" zu. 10 BVerfG, a.a.O., S. 310 ff. (332). 11 BVerwG, U.v. 15.4.1977 - IV C 3.74 -, BVerwGE 52, 226 ff. (229); von Mangoldt/Klein, Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 85 Anm. II. 4. Speziell zum Fernstraßenrecht Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 50; Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (213 f.). 12 Zur Verteilung der finanziellen Verantwortung im Bereich der Bundesfernstraßen vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 32 ff., S. 62 ff.; Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 f f (214); Zeck, DVB1 1987, S. 1089 ff. (1090). 8
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
S. 1 GG ergibt - nicht auf die Verwaltungsausgaben; 13 insoweit liegt die finanzielle Verantwortung bei den mit dem Verwaltungsvollzug befaßten Ländern. Die Kosten last des Bundes beschränkt sich daher - korrespondierend mit seiner durch eine umfassende Direktionsbefugnis geprägten Sachkompetenz14 - auf die Sachausgaben (Zweckausgaben).15 Hierzu gehören z.B. die Kosten für Unterhaltung und Instandsetzung der Bundesfernstraßen (Materialkosten, Löhne der Straßenbauarbeiter usw.) sowie die Kosten für Neubauten und Verbesserungsmaßnahmen (Grunderwerb, Enteignungsentschädigungen usw.); 16 die Personal- und Sachkosten der Behörden und des Verwaltungsverfahrens zählen hingegen zu den Verwaltungsausgaben. 17 Die Abgrenzung zwischen den Sach- und den Verwaltungsausgaben erweist sich allerdings zuweilen als recht schwierig. So bewegen sich beispielsweise die beim Bundesfernstraßenbau anfallenden Kosten der Entwurfsbearbeitung und der Bauaufsicht im Grenzbereich zwischen Sach- und Verwaltungsausgaben. 18 Je nachdem, ob diese Tätigkeiten von eigenen Verwaltungsbediensteten oder aber von privaten Architekten- oder Planungsbüros wahrgenommen werden, lassen sich die dabei entstehenden Kosten entweder den Verwaltungsoder den Sachausgaben zuordnen. 19 In der Praxis besteht jedoch insoweit Einvernehmen, als diese Kosten grundsätzlich von den Ländern getragen werden; 20 für die Zweckausgaben, die bei der Entwurfsbearbeitung und Bauaufsicht entstehen, gewährt der Bund den Ländern einen baukostenabhängigen pauschalierten Zuschuß, der für die Kosten der Entwurfsbearbeitung 2 % und für die Kosten der Bauaufsicht 1 % der Baukosten beträgt (§ 6 Abs. 3 S. 2 BStrVermG).
13
Rn. 3. 14
Vgl. nur Ruhe, in: Seifert/Hömig (Hrsg.), Grundgesetz, 5. Aufl. 1995, Art. 104 a
Vgl. Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), S. 31 ff. (36). Vgl. auch § 6 Abs. 3 S. 1 BStrVermG. 16 Vgl. hierzu im einzelnen Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 32.3, S. 63 f. Eine - nicht vollständige, teils überholte, teils durch Rundschreiben des Bundesverkehrsministers ergänzte - Aufzählung der vom Bund zu tragenden Zweckausgaben findet sich in der Anlage zu § 2 Abs. 3 der 2. AVVFStr (Zweite Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen) vom 11.2.1957, BAnzNr. 38. 17 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 32.4, S. 64. 18 Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (214); vgl. auch Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1977, Art. 104 a Rn. 65. 19 Vgl. Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1977, Art. 104 a Rn. 9, 65; Vogel/Kirchhof, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1971, Zweitbearbeitung Art. 104 a Rn. 157. 20 Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (214). 15
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
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II. Die Planung der finanziellen Mittel für den Fernstraßenbau Als Träger der finanziellen Verantwortung für die Bundesfernstraßen ist der Bund auch für die Planung der Finanzmittel zuständig. Finanz- und Ausbauplanung der Bundesfernstraßen sind eng miteinander verknüpft; Effektivität und Erfolg der Ausbauplanung sind letztlich von den zur Verfügung stehenden Ressourcen abhängig, die sich in der Finanz- und Haushaltsplanung zu verbindlichen Festsetzungen konkretisieren. 21
1. Bedarfsplan Um den Gesamtumfang der finanziellen Lasten überblicken zu können, ist es zunächst notwendig, den voraussichtlichen Bedarf an Straßen zu ermitteln und die zu seiner Deckung erforderlichen baulichen Leistungen in einem Gesamtplan zusammenzufassen. 22 Das Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) 23 bindet den Ausbau der Bundesfernstraßen daher an einen dem Gesetz beigefügten „Bedarfsplan" (§ 1 Abs. 1 S. 2 FStrAbG). Der Bedarfsplan ist in die übergreifende Bundesverkehrswegeplanung eingebunden, die den ausgewogenen Ausbau der Bundesverkehrswege (Bahnschienennetz, Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Flugverkehr) verfolgt und deren Maßnahmen zuletzt in dem am 15.7.1992 von der Bundesregierung beschlossenen Bundesverkehrswegeplan 199224 dargelegt wurden. Obwohl der Bedarfsplan die Qualität eines förmlichen Gesetzes besitzt25 und daher gegenüber der exekutiven Bundesverkehrswegeplanung Vorrang hat, orientiert sich der Inhalt des Bedarfsplans in der Praxis weitgehend an den Vorstellungen und Festlegungen des Bundesverkehrswegeplans. 26 Der Bedarfsplan besteht aus einer Übersichtskarte im Maßstab 1:750.000 und enthält eine Darstellung von Bestand und vorgesehenem Aus- und Neubau 21 Ossenbühl, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 297 ff. (300). 22 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 32 Rn. 1, S. 893. 23 1.d.F. der Bekanntmachung vom 15.11.1993, BGBl I S. 1878. 24 Krause, Der Bundesverkehrswegeplan 1992, in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 78/92 vom 16.7.1992, S. 745 ff. 25 Zur Einkleidung des Bedarfsplans in ein förmliches Bundesgesetz vgl. Ossenbühl, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 297 ff. (307); Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 77. 26 Vetterl, Die Planungsakte des Gesetzgebers und der Regierung beim Ausbau der Bundesfernstraßen, Diss. München 1985, S. 277; vgl. auch Ossenbühl, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 297 ff. (302).
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
der Bundesfernstraßen. Darin werden die Anfangs- und Endpunkte der geplanten Strecke sowie deren Linienführung festgelegt, wobei allerdings schon in Anbetracht des großen Maßstabes nur eine grobe, schematisierende Trassenführung möglich ist und eine verfeinerte Darstellung dem Linienbestimmungsverfahren nach § 16 FStrG vorbehalten bleibt. 27 Darüber hinaus werden die Straßenbauprojekte im Bedarfsplan nach Einstufung und Richtquerschnitt beschrieben, d.h. danach, ob es sich bei der geplanten Strecke um eine Bundesstraße oder eine Bundesautobahn handelt und ob der Ausbau zwei- oder vierspurig (bei Bundesstraßen) bzw. vier-, sechs- oder mehrspurig (bei Bundesautobahnen) erfolgt. Indem zwischen „vordringlichem" und „weiterem" Bedarf differenziert wird, 28 erfolgt eine Dringlichkeitsreihung der vorgesehenen Maßnahmen, ohne jedoch eine konkrete Aussage über die zeitliche Verwirklichung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben zu treffen. 29 Ein „Bauprogramm" stellt der Bedarfsplan somit nicht dar; es fehlt an der unmittelbaren Zuordnung von konkreter Baumaßnahme, Zeit und zur Verfügung stehender finanzieller Mittel. 30 Der Bedarfsplan ist zudem unbefristet, wird jedoch in regelmäßigen Zeitabständen überprüft und gegebenenfalls überarbeitet und durch einen neuen Bedarfsplan ersetzt (vgl. § 4 FStrAbG). Da der Bedarfsplan nicht zu einer Selbstbindung des Gesetzgebers führt, kann er auch außerhalb des in § 4 FStrAbG vorgesehenen Prüf- und Anpassungsverfahrens jederzeit geändert werden. 31
2. Ausbauplan (Fünjjahresplan) Zur Verwirklichung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Straßenbauvorhaben stellt das Bundesverkehrsministerium aufgrund von Vorschlägen der Länder mittelfristige Bauprogramme, d.h. Ausbaupläne (sog. „Fünfjahrespläne", vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 FStrAbG) auf. Diese Ausbaupläne richten sich nach den Vorgaben des Bedarfsplans, insbesondere nach der dort vorgenommenen Dringlichkeitsreihung, und enthalten eine Aufstellung der in den nächsten Jah27 Vgl. Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, S. 388; Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1992, S. 50. Zum Linienbestimmungsverfahren siehe im Zweiten Teil, C. I. 3. a) bb) (2) (b). 28 Für den „vordringlichen Bedarf 4 besteht ein uneingeschränkter Planungsauftrag, d.h. es können Linienführung, Detailplanung, Planfeststellung und Bauvorbereitung weitergeführt bzw. eingeleitet werden, während die Planung bei Projekten des „weiteren Bedarfs" in begründeten Ausnahmefällen (Verkehrsbedarf, Planungen anderer Baulastträger) mit Zustimmung des Bundesministers für Verkehr aufgenommen werden kann; vgl. Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, S. 389. 29 Steinberg, a.a.O., S. 388. 30 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 32 Rn. 3, S. 894. 31 Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, S. 391.
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
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ren durchzuführenden Baumaßnahmen.32 Dabei wird auch das voraussichtliche Finanzvolumen festgelegt, ohne allerdings finanzielle Mittel einem konkreten Vorhaben zuzuordnen. Die Fünijahrespläne enthalten somit nur eine zeitliche Festlegung für die Ausführung konkreter Vorhaben, nicht hingegen eine Mittelzuweisung für eine konkrete Baumaßnahme.33
3. Straßenbaupläne Die konkrete Finanzmittelzuweisung für ein Straßenbauvorhaben erfolgt in den jährlichen Straßenbauplänen, die gemäß Art. 3 Abs. 1 Straßenbaufinanzierungsgesetz 34 als Anlage zum Bundeshaushaltsplan aufgestellt werden. Sie enthalten die im betreffenden Haushaltsjahr beabsichtigten Ausgaben für Unterhaltung, Um-, Neu- und Ausbau der Bundesfernstraßen, den Grunderwerb und andere Zwecke des Straßenwesens (vgl. Art. 3 Abs. 2 Straßenbaufinanzierungsgesetz). Die Grundlage hierfür bilden die zuvor erwähnten Fünfjahrespläne (§ 5 Abs. 1 S. 2 FStrAbG). Somit entscheiden also erst die Aufnahme in den Straßenbauplan und die Veranschlagung der Straßenbaumittel im jährlichen Bundeshaushalt über die Verwirklichung eines konkreten Vorhabens. 35
I I I . Die finanziellen Mittel im einzelnen Nach dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Gesamtdeckung ( § § 7 HGrG, 8 BHO), dem sog. Prinzip der Non-Affektation, stehen dem Bund zur Erfüllung seiner finanziellen Verpflichtungen sämtliche Einnahmen als allgemeine Dekkungsmittel zur Verfügung. Die Einnahmen sind grundsätzlich nicht zweckgebunden, d.h. keine Einnahme steht ausschließlich zur Deckung einer bestimmten Ausgabe zur Verfügung und keine Ausgabe ist vom Eingang einer bestimmten Einnahme abhängig. 36 Für die Finanzierung des Bundesfernstraßenwesens stehen dem Bund also prinzipiell alle Haushaltseinnahmen in voller Höhe zur Verfügung. Diese Einnahmen ergeben sich in erster Linie aus den Steuern, deren Aufkommen gemäß 32
Zum derzeit geltenden Fünfjahresplan vgl. Bundesminister für Verkehr, Fünfjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1993 bis 1997 mit Ergänzung bis 2000, Bonn 1993. 33 Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1992, S. 52; Vetterl, Die Planungsakte des Gesetzgebers und der Regierung beim Ausbau der Bundesfernstraßen, Diss. München 1985, S. 29. 34 Vom 28.3.1960, BGBl I S. 201. 35 Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1992, S. 52. 36 Vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 6, S. 362.
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Art. 106 GG zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilt wird. Neben diesen allgemeinen Deckungsmitteln gibt es aber auch besondere, auf die Ausgaben für den Fernstraßenbau bezogene Deckungsmittel. Dazu zählen insbesondere die Mineralöl- und die Kraftfahrzeugsteuer (sub 1. a) und b) sowie Straßenbenutzungsgebühren (sub 2.).
7. Steuern Steuern sind - entsprechend dem haushaltsrechtlichen Prinzip der NonAffektation - grundsätzlich allgemeine Deckungsmittel. Es handelt sich dabei um einmalige oder (in der Regel) laufende, hoheitlich auferlegte Geldleistungen, die keine Gegenleistung für eine Inanspruchnahme oder Leistung der öffentlichen Hand darstellen, sondern der öffentlichen Hand zur Erzielung von Einnahmen dienen (§ 3 AO). 3 7 Wie sich aus den §§ 7 S. 2 HGrG, 8 S. 2 BHO ergibt, verbietet es der Grundsatz der Non-Affektation dem Gesetzgeber jedoch nicht, bestimmte Steuern zweckgebunden zu gestalten und deren Aufkommen einem bestimmten Aufgabenbereich zuzuordnen. Da der Grundsatz der Non-Affektation keinen Verfassungsrang besitzt,38 ist eine gesetzliche Zweckbindung von Steuern auch verfassungsrechtlich unbedenklich.39 Der Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit bei der Mineralölsteuer und zumindest in der Vergangenheit - auch bei der Kraftfahrzeugsteuer Gebrauch gemacht. Dabei ließ er sich von der Überlegung leiten, daß zwischen der Höhe des Steueraufkommens und dem Umfang des Straßenverkehrs - der letztlich auch Auswirkungen auf den finanziellen Bedarf im Straßenwesen hat - eine enge Verbindung bestehe, die es rechtfertige, die Aufwendungen für den Straßenbau ohne Rücksicht auf die allgemeine Haushaltslage nach dem Aufkommen dieser Steuern zu bemessen. Durch die Erhebung von Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer sollten die Straßenkosten quasi im Sinne einer Wegeko-
37 Ständige Rspr., vgl. nur BVerfG, B.v. 12.10.1978 - 2 BvR 154/74 -, BVerfGE 49, 343 ff. (353). 38 Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1971, Zweitbearbeitung Art. 105 Rn. 44. 39 BVerfG, B.v. 4.2.1958 - 2 BvL 31, 33/56 -, BVerGE 7, 244 ff. (254); B.v. 20.5.1959 - 1 BvL 1, 7/58 -, BVerfGE 9, 291 ff. (300). Zu den finanz- und haushaltspolitischen Bedenken gesetzlicher Zweckbindungen vgl. Teichner, in: Schädel/Langer/ Gotterbarm, Mineralölsteuer - Mineralölzoll, Stand der Bearb.: 1992, Vorb MinöStG Rn. 14: Indem gesetzliche Zweckbindungen bedeutende Finanzmassen zugunsten einer bestimmten Staatsaufgabe festlegen und zugleich die freie Disposition über bestimmte künftige Haushaltseinnahmen aufheben, werde die Haushaltseinheit in finanz- und haushaltspolitisch bedenklicher Art und Weise eingeschränkt.
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
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stenrechnung abgegolten werden (Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrswege). 40 Bei globaler Betrachtung könnte man Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer gewissermaßen als eine Art „Gegenleistung" für die Vorhaltung des Straßennetzes ansehen.41 Gleichwohl handelt es sich, da Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer bei individueller Betrachtung „voraussetzungslos" geschuldet werden, d.h. keine Gegenleistung für die Bereitstellung der Straßen darstellen, um Steuern i.S.d. § 3 AO. 4 2 Im Jahre 1994 brachten Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer dem Fiskus bundesweit 80,5 Mrd. D M ein. Davon wurde weniger als die Hälfte, nämlich 31,4 Mrd. DM, für den Straßenbau ausgegeben.43 Anhand dieser Zahlen läßt sich bereits ersehen, daß Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer, obwohl sie traditionell als „besondere Deckungsmittel" für den Straßenbau gelten,44 haushaltspolitisch eine weit über den Straßenbau hinausgehende Bedeutung haben.
a) Mineralölsteuer 45 Die Mineralölsteuer wird als Verbrauchssteuer 46 auf das im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hergestellte oder in dieses verbrachte Mineralöl erhoben. Gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG steht das Aufkommen der Verbrauchsteuern und damit auch das Aufkommen der Mineralölsteuer dem Bund zu. 47
40
Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (217). Vgl. auch die Amtl. Begründung zum Entwurf des Straßenbaufinanzierungsgesetzes, BT-Drs. 3/1247, S. 7. 41 Friauf in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (217). 42 Vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Stand der Bearb.: 1994, § 3 AO Rn. 14. Daß zweckgebundene Steuern - trotz ihrer Beziehung zu bestimmten Leistungen und Verwaltungszwecken - nicht den Charakter einer Gegenleistung haben, die Zweckbindung also nicht dem Begriff der Steuer widerspricht, ist ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG, B.v. 4.2.1958 - 2 BvL 31, 33/56 -, BVerfGE 7, 244 ff. (254); B.v. 20.5.1959 - 1 BvL 1, 7/58 -, BVerfGE 9, 291 ff. (300); B.v. 12.10.1978 - 2 BvR 154/74 -, BVerfGE 49, 343 ff. (353 f.). 43 Stuttgarter Nachrichten vom 1.9.1995. 44 Vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 8, S. 362. 45 Mineralölsteuergesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 20.12.1988, BGBl I S. 2277; abgelöst durch Mineralölsteuergesetz vom 21.12.1992, BGBl I S. 2150, 2185; geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 21.12.1993, BGBl I S. 2353. 46 Teichner, in: Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer - Mineralölzoll, Stand der Bearb.: 1992, Vorb MinöStG Rn. 2 f. 47 Vgl. Teichner, a.a.O., Vorb MinöStG Rn. 16.
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Die Mineralölsteuer geht zurück auf das Jahr 1930. Bis dahin waren Mineralöle nur mit einem Finanzzoll belastet gewesen, der mit der Entwicklung der einheimischen Industrie die Funktion eines Schutzzolles gewonnen und den im Inland hergestellten Mineralölen einen Wettbewerbsvorsprung vor den Importwaren verschafft hatte. Die Zollerhöhung durch das Gesetz über Zolländerungen vom 15.4.193048 hätte den einheimischen Produzenten weitere Wettbewerbsvorteile verschafft, ohne daß dies wirtschaftlich gerechtfertigt gewesen wäre. Deshalb unterwarf man gleichzeitig auch die einheimischen Mineralöle vorerst nur das Benzin - einer ausgleichenden, auf den Betrag der Zollerhöhung bemessenen Belastung. In der Folgezeit wurde die Mineralölsteuer in ihrer Funktion als Ausgleichssteuer den Entwicklungen des Mineralölzolls angepaßt.49 Nachdem die Mineralölsteuer durch das Änderungsgesetz vom 19.1.195150 als Finanzsteuer auch den importierten Mineralölen auferlegt worden war, ihren Ausgleichscharakter jedoch beibehalten hatte, da die Steuersätze für importierte und einheimische Mineralöle unterschiedlich hoch waren, wurde sie mit dem Neuregelungsgesetz vom 23.4.195351 zur reinen Finanzsteuer mit gleichen Steuersätzen für importierte und einheimische Erzeugnisse. 52 Bedeutung für den Straßenbau erlangte die Mineralölsteuer erstmals mit Erlaß des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 vom 6.4.195553. Das Gesetz hob die Steuersätze für die Mineralölsteuer an und sah in Form einer Sollvorschrift vor, daß der Mehrertrag nach Maßgabe des Haushaltsplans für den Ausbau der Bundesfernstraßen zu verwenden sei. 54 Eine strenge Zweckbindung der Mineralölsteuer wurde erst mit dem Straßenbaufinanzierungsgesetz vom 28.3.I960 55 eingeführt. Gemäß Art. 1 Abs. 1 Straßenbaufinanzierungsgesetz war der „auf den Kraftverkehr entfallende Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer" für „Zwecke des Straßenwesens" zu verwenden. Als allgemeines Deckungsmittel verblieb dem Bundeshaushalt - der es sich nicht leisten konnte, auf das gesamte Aufkommen aus der Mineralölsteuer
48
RGBl IS. 131. Teichner, in: Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer - Mineralölzoll, Stand der Bearb.: 1992, Vorb MinöStG Rn. 19. 50 BGBl I S. 29. 51 BGBIIS. 149. 52 Teichner, in: Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer - Mineralölzoll, Stand der Bearb.: 1992, Vorb MinöStG Rn. 19 f. 53 BGBIIS. 166. 54 Vgl. Abschn. VII Abs. 1 VerkFinG 1955. 55 BGBl IS. 201. 49
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
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als allgemeines Deckungsmittel zu verzichten 56 - lediglich ein Sockelbetrag von 600 Mio. DM; darüber hinaus waren bestimmte, im einzelnen aufgeführte Ausgaben (Betriebsbeihilfen, Finanzierungshilfen für Investitionen der Eisenbahnen) zu leisten (Art. 1 Abs. 2 Straßenbaufinanzierungsgesetz). Da die Zölle auf Mineralöl entsprechend den Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zum 31.12.1963 abgeschafft wurden, wurde die Mineralölsteuer - um den Wegfall der Mineralölzölle, die 1963 über 1 Mrd. D M betragen hatten, aufzufangen - mit dem Gesetz über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl vom 20.12.196357 erhöht. Um den erstrebten Haushaltsausgleich erreichen zu können, mußte auch die Zweckbindung des Aufkommens nach dem Straßenbaufmanzierungsgesetz geändert werden, da sonst das Mehraufkommen aus der Erhöhung der Mineralölsteuer den Straßenbaumitteln zugeflossen wäre. Die Zweckbindung der Mineralölsteuer wurde daher in gestaffeltem Anstieg auf 50 % des Aufkommens festgesetzt. 58 Durch das Steueränderungsgesetz 1966 vom 23.12.196659 erfolgte wiederum eine Erhöhung der Steuersätze. Das Mehraufkommen aus dieser Steuererhöhung wurde für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden zweckgebunden.60 Mit Erlaß des Verkehrsfinanzgesetzes 1971 vom 28.2.197261 wurden die Steuersätze abermals erhöht. Zugleich wurde das gesamte Mehraufkommen zweckgebunden, und zwar zu drei Vierteln zugunsten des kommunalen Straßenwesens62 und im übrigen zugunsten des Bundesfernstraßenbaues. 63 Eine wesentliche Erweiterung der Zweckbindung zulasten des Straßenbaues erfolgte mit Erlaß des Haushaltsgesetzes 1973 vom 6.7.1973.64 Danach durfte das für Zwecke des Straßenwesens gebundene Aufkommen an Mineralölsteuer „auch für sonstige verkehrspolitische Zwecke im Bereich des Bundesministers für Verkehr" verwendet werden (vgl. § 22 des Haushaltsgesetzes 1973).
56
Vgl. Amtl. Begründung zum Entwurf des Straßenbaufinanzierungsgesetzes, BTDrs. 3/1247, S. 7 f. 57 BGBl I S. 995. 58 Teichner, in: Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer - Mineralölzoll, Stand der Bearb.: 1992, Vorb MinöStG Rn. 24. 59 BGBl I S. 702. 60 Vgl. hierzu Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 22.4, S. 375. 61 BGBIIS. 201. 62 Im Rahmen des § 10 Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) vom 18.3.1971, BGBl I S. 239. Zum GVFG Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (222 ff.). 63 Näher hierzu Teichner, in: Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer - Mineralölzoll, Stand der Bearb.: 1992, Vorb MinöSt Rn. 32. 64 BGBl I S. 733.
3 2 1 .
Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Diese Erweiterung auf verkehrspolitische Zwecke schlechthin wird inzwischen regelmäßig in den jährlichen Haushaltsgesetzen wiederholt. 65 Die vom Straßenbau abgezogenen Mittel fließen insbesondere in Investitionen des öffentlichen Personennahverkehrs. 66 Die Mineralölsteuer hat damit ihre ursprüngliche Bedeutung für den Fernstraßenbau verloren. 67
b) Kraftfahrzeugsteuer 68 Da das Aufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer gemäß Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG den Ländern zufließt, spielt die Kraftfahrzeugsteuer an sich für die Finanzierung der Bundesfernstraßen keine Rolle. Sie weist jedoch eine mindestens ebenso enge Beziehung zum Umfang des Straßenverkehrs auf wie die Mineralölsteuer und soll daher in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Die Kraftfahrzeugsteuer ist als Pauschalsteuer konzipiert und knüpft nicht an den tatsächlichen Umfang der Benutzung der öffentlichen Straßen, sondern an den öffentlich-rechtlichen Akt der Zulassung an. 69 Gegenstand der Kraftfahrzeugsteuer ist das Halten eines Kraftfahrzeuges bzw. Kraftfahrzeuganhängers zum Verkehr auf öffentlichen Straßen und die Zuteilung eines Kennzeichens für Probe- und Überführungsfahrten. In den verschiedenen Bemessungsgrundlagen (Hubraum oder Gesamtgewicht, vgl. § 8 KrafitStG) und in der Progression des Steuersatzes für schwere Lkw, Zugmaschinen, Kraftomnibusse und Anhänger (vgl. §§ 9, 10 KraftStG) kommt jedoch zum Ausdruck, daß die Kraftfahrzeugsteuer der erhöhten Abnutzung der Straßen durch schwere Fahrzeuge angepaßt ist. 70 Die Kraftfahrzeugsteuer wurde erstmals 1922 mit Erlaß des Kraftfahrzeugsteuergesetzes eingeführt. 71 Das Gesetz sah für einen Teil des Steueraufkommens eine strenge Zweckbindung vor. So waren 50 % des Aufkommens aus der Kraftfahrzeugsteuer für den Straßenbau der Gebietskörperschaften be-
65 Vgl. Teichner, in: Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer - Mineralölzoll, Stand der Bearb.: 1992, Vorb MinöSt Rn. 14, 32. 66 Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (219). 67 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 13.2, S. 365. 68 Kraftfahrzeugsteuergesetz i.d.F. vom 25.5.1994, BGBl I S. 1102. 69 Vgl. Egly, Kraftfahrzeugsteuer-Kommentar, 3. Aufl. 1983, Teil B, Abschn. 3. 70 Egly, a.a.O., Teil B, Abschn. 3. 71 Kraftfahrzeugsteuergesetz als Anlage zum Gesetz über Änderungen des Finanzwesens vom 8.4.1922, RGBl I S. 396.
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
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stimmt. 72 Ihren Charakter als (Teil-)Zwecksteuer behielt die Kraftfahrzeugsteuer auch bis zum Erlaß der Finanzausgleichsverordnung vom 30.10.1944 73 bei. 74 In der Nachkriegszeit wurde die Kraftfahrzeugsteuer nicht mehr als zweckgerichtete Steuer im Sinne einer verpflichtenden Zweckbindung konzipiert. 75 Nach dem Grundsatz der Haushaltstrennung (vgl. Art. 109 ff. GG) entscheiden die Länder, in deren Haushalte die Kraftfahrzeugsteuer fließt, selbständig über die Verwendung der Steuererträge. 76 Den Ländern steht es also frei, ob sie das Steueraufkommen als allgemeine Deckungsgrundlage, als Deckungsgrundlage für Straßenbauaufwendungen zugunsten der landeseigenen Straßen oder für Zuwendungen für den kommunalen Straßenbau im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs (vgl. Art. 106 Abs. 7 S. 2 GG) 7 7 verwenden wollen. Dem Bund ist insoweit eine gesetzliche Einflußnahme nicht gestattet. Soweit sich Bundestag und Bundesregierung in der Vergangenheit bei der Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer von der Erwartung leiten ließen, die Länder würden das Mehraufkommen zu einer zusätzlichen Förderung des kommunalen Straßenbaues verwenden, 78 handelte es sich dabei lediglich um eine politische Empfehlung ohne rechtliche Bindung. 79 Die Länder sind diesen Empfehlungen jedoch teilweise gefolgt und haben mit einem bestimmten Anteil des Aufkommens aus der Kraftfahrzeugsteuer einen „Kraftfahrzeugsteuer-Verbund" geschaffen, 80 über den die Gemeinden und Kreise im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel Zuschüsse zu den Kosten erhalten, die ihnen als Träger der Straßenbaulast entstehen.81
72
Vgl. Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 21. 73 RGBl I S. 282. 74 Vgl. hierzu Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 27. 75 Zur Entwicklung der Kraftfahrzeugsteuer in dieser Zeit vgl. Selmer/Brodersen/Nicolaysen, a.a.O., S. 29 ff. 76 Allgemein zum Grundsatz der Haushaltstrennung vgl. Vogel, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 3 ff. (11 f.). 77 Zum kommunalen Finanzausgleich vgl. Wendt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 1021 ff. (1064 ff.). 78 Vgl. beispielsweise die Amtl. Begründung zum Entwurf des Straßenbaufinanzierungsgesetzes, BT-Drs. 3/1247, S. 10 f. 79 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 12.4, S. 364. 80 Vgl. z.B. § 24 FAG BW. 81 Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (219 f.) 3 Susanne Schmitt
34
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen 2. Straßenbenutzungsgebühren
82
Die Finanzierung des Straßenbaues über die Erhebung von Benutzungsentgelten in Fom von Wege- und Brückengeldern ist in der Geschichte des Straßenbaues nicht neu. 83 Erst im 19. Jahrhundert wurden die Erhebungen wegen ihrer verkehrsbehindernden Auswirkungen größtenteils eingestellt. 84 Die weitere Erhebung der verbliebenen Benutzungsentgelte wurde, um die Verkehrsteilnehmer nicht doppelt zu belasten, im Zusammenhang mit der Einfuhrung der Kraftfahrzeugsteuer durch Reichsgesetz untersagt. 85 In der Nachkriegszeit wurde, bedingt durch die angespannte Haushaltssituation der öffentlichen Hand, wieder verstärkt über die Einfuhrung von Straßenbenutzungsgebühren diskutiert. Nachhaltige Bestrebungen, Gebühren fur die Benutzung der Bundesautobahnen einzuführen, setzten bereits in den fünfziger Jahren ein. 86 War zunächst eine allgemeine Autobahngebühr im Gespräch, so kristallisierte sich Mitte der sechziger Jahre ein neuer Ansatz heraus: Es wurde erwogen, eine Straßenbenutzungsgebühr nur für schwere Nutzfahrzeuge einzuführen. M i t dieser Gebühr sollte ein Ausgleich für die mit steigendem Gesamtgewicht einhergehende zunehmende Belastung der Straßen durch schwere Lastfahrzeuge geschaffen werden; zugleich wollte der Gesetzgeber damit wettbewerbssteuernd zugunsten der Deutschen Bundesbahn tätig werden. M i t Erlaß des Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs vom 28.12.1968 87 wurde jedoch eine steuerliche Lösung gewählt 88 und eine Sonderbesteuerung für den Straßengüterverkehr eingeführt. 89 Die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr für den Schwerlastverkehr war damit erst einmal „vom Tisch", aber - zumal das Gesetz über
82 Zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren vgl. im Zweiten Teil, sub C. III. 1. 83 In Bayern bildeten sich die für die Straßenbenutzung zu entrichtenden Wegegelder bereits im 13. Jahrhundert aus, vgl. hierzu Engel, Die Entwicklung des bayerischen Straßen- und Wegerechts, Diss. Erlangen-Nürnberg 1978, S. 84 f. 84 So wurden z.B. in Preußen die Chausseegelder auf den preußischen Staatsstraßen mit Gesetz vom 27.5.1874 aufgehoben, vgl. Baumeister, Zur Geschichte und Problematik des deutschen Straßen- und Wegerechts, 1957, S. 15 Fn. 51. 85 Näher hierzu Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 18.2, S. 369. 86 Vgl. hierzu Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 32 ff. 87 BGBl IS. 1461. 88 Näher zur Diskussion um die Neuordnung des Straßengüterverkehrs vgl. Schmidt-
Bleibtreu, BB 1968, S. 261 ff. 89 Entgegen den namentlich von Friauf, BB 1967, S. 1345 ff., erhobenen Bedenken sah das BVerfG die Sonderbesteuerung des Straßengüterverkehrs als mit dem Grundgesetz vereinbar an, vgl. B.v. 17.7.1974 - 1 BvR 51/69 u.a. -, BVerfGE 38, 61 ff.
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
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die Besteuerung des Straßengüterverkehrs zunächst auf zwei Jahre befristet war - nicht endgültig aus der Diskussion verschwunden. Nachdem die Geltungsdauer der Straßengüterverkehrssteuer mit Gesetz vom 23.12.197090 um ein Jahr verlängert worden und auch diese Zeit abgelaufen war, fiel die Entscheidung, zunächst keine gebührenrechtliche Lösung zu verwirklichen, sondern eine wegekostenorientierte Nutzfahrzeugbesteuerung in Fortentwicklung der bestehenden Kraftfahrzeugsteuer zu schaffen: Das Verkehrsfinanzgesetz 1971 vom 28.2.197291 änderte das Kraftfahrzeugsteuergesetz ab und verschärfte in dessen § 11 die Progression der Steuersätze für Fahrzeuge über 121 Gesamtgewicht. Doch auch in der Folgezeit wurde immer wieder der Ruf nach Straßenbenutzungsgebühren laut. Der Grund hierfür war weniger die kritische Haushaltslage, sondern mehr die Bemühung um eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaften: Gegenüber den EG-Ländern, die Straßenbenutzungsgebühren, aber nur niedrige Kraftfahrzeugsteuern erheben (z.B. Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland), waren Länder wie die Bundesrepublik Deutschland, die keine Straßenbenutzungsgebühren kennen, dafür aber vergleichsweise hohe Kraftfahrzeugsteuern erheben, in zweifacher Hinsicht benachteiligt. Ihre Fahrzeuge waren mit den hohen Fixkosten der Kraftfahrzeugsteuer belastet, zusätzlich zahlten sie in anderen Ländern Autobahngebühren, während im eigenen Land ausländische Fahrzeuge allenfalls über die Mineralölsteuer einen gewissen Wegekostenbeitrag leisteten. Demgegenüber hatten die Fahrzeuge aus den Ländern mit Straßenbenutzungsgebühren und niedrigen Kraftfahrzeugsteuern insoweit Wettbewerbsvorteile, als sie keine hohe Steuerlast zu tragen hatten und zu ihren Wegekosten inländische wie auch ausländische Fahrzeuge über die Straßenbenutzungsgebühren beitrugen. 92 Den Bemühungen um eine Harmonisierung innerhalb der Europäischen Gemeinschaften war zunächst kein Erfolg beschieden. Die meisten Mitgliedstaaten hatten kein Interesse daran, ihre Vorteile gegenüber Deutschland preiszugeben. Außerdem gelang es der Kommission nicht, einen praktikablen Vorschlag zur Angleichung der Wettbewerbsbedingungen vorzulegen. 93 Nachdem innerhalb der Europäischen Gemeinschaften keine Einigung erzielt worden war, versuchte Deutschland mit Erlaß des Straßenbenutzungsge-
90
BGBl IS. 1869. BGBIIS. 201. 92 Mückenhausen, EuZW 1994, S. 519 ff. (519). 93 Mückenhausen, EuZW 1994, S. 519 ff. (520). Zu den Harmonisierungsbemühungen innerhalb der EG vgl. auch Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 125 ff. 91
3 6 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen bührengesetzes (StrBG) vom 30.4.199094 einen nationalen Alleingang. Das Gesetz sah fur die Benutzung von Autobahnen und Bundesstraßen mit schweren Lastfahrzeugen eine nach Zeiteinheiten gestaffelte Benutzungsgebühr vor (Art. 1 StrBG). Parallel dazu wurde die Kraftfahrzeugsteuer fur schwere Lastkraftwagen gesenkt (Art. 2 StrBG), so daß das Straßenbenutzungsgebührengesetz für die deutschen Transportunternehmen weitgehend kostenneutral blieb. 95 Der EuGH jedoch setzte zunächst durch einstweilige Anordnung vom 12.7.199096 die Straßenbenutzungsgebühren für Lkw aus dem EG-Ausland aus. Schließlich erklärte er das Straßenbenutzungsgebührengesetz mit Urteil vom 19.5.199297 für unvereinbar mit Europäischem Gemeinschaftsrecht. Das Gesetz verstieß nach Auffassung des EuGH gegen das Schlechterstellungsverbot des Art. 76 EWGV, das den Mitgliedstaaten - um die Einführung einer gemeinsamen Verkehrspolitik nicht unnötig zu erschweren oder zu behindern - eine Änderung der geltenden Vorschriften untersagt, soweit sich dadurch die von den Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten vorgefundene Lage in dem betreffenden Mitgliedstaat im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmen verschlechtern sollte. 98 Art. 76 EWGV verbiete zwar nicht den Erlaß von Maßnahmen, deren Auswirkungen für die inländischen Verkehrsunternehmen und die Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten gleich ungünstig seien. Bei der Straßenbenutzungsgebühr des StrGB handelte es sich nach Ansicht des EuGH jedoch nicht um eine Maßnahme, die sich für die in Deutschland ansässigen Verkehrsunternehmen und die Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten gleich ungünstig ausgewirkt hat. Der EuGH ist der Meinung, die Einführung der Straßenbenutzungsgebühr für schwere Lastkraftwagen müsse im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Senkung der Kraftfahrzeugsteuer gesehen werden. Aufgrund der zwischen Deutschland und den anderen Mitgliedstaaten abgeschlossenen bilateralen Steuerabkommen 99 könne die Senkung der Kraftfahrzeugsteuer letztlich nur den in Deutschland ansässigen Verkehrsunternehmen zugute kommen. Bei einer Gesamtbetrachtung der im Straßenbenutzungsgebührengesetz vorgesehenen Maßnahmen seien demnach die ausländischen Verkehrsunternehmen im Widerspruch zu Art. 76
94
BGBl I S. 826. Vgl. die Aufstellung der jährlichen Abgabenbelastung auf einheimische Lastkraftwagen vor und nach Inkrafttreten des StrBG bei Ebenroth/Fischer/Sorek, BB 1990, S. 2125 ff. (2126). 96 EuGH, B.v. 12.7.1990 - Rs C-195/90 R (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), EuZW 1990, S. 349 ff. 97 EuGH, U.v. 19.5.1992 - Rs C-195/90 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), EuZW 1992, S. 390 ff. 98 EuGH, a.a.O., S. 391. 99 Eine Aufstellung der damals bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen findet sich bei Ebenroth/Fischer/Sorek, BB 1990, S. 2125 ff. (2128 Fn. 27). 95
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
37
EWGV im Vergleich zu den Verkehrsunternehmen mit Sitz in Deutschland schlechter gestellt. 100 Nachdem die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der einstweiligen Anordnung des EuGH die Straßenbenutzungsgebühr zunächst insgesamt ausgesetzt 101 und die Kraftfahrzeugsteuer aus finanziellen Gründen mit Wirkung zum 1.3.1991 wieder auf den Stand vor dem 1.7.1990 angehoben hatte, 102 setzte sie ihre Bemühungen um eine Harmonisierung innerhalb der Europäischen Gemeinschaften fort. Diese Bemühungen waren schließlich erfolgreich. Mit der Richtlinie 93/89 EWG vom 25.10.1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten103 wurde die EG-rechtliche Grundlage für eine einheitliche Handhabung der Straßenbenutzungsgebühren innerhalb der EG-Mitgliedstaaten geschaffen: 104 - Die Richtlinie 93/89 EWG unterscheidet zwischen „Mautgebühren", d.h. streckenbezogenen Gebühren, und „Benutzungsgebühren", d.h. zeitabhängigen Gebühren (Art. 2). Maut- und Benutzungsgebühren dürfen grundsätzlich nur für die Benutzung von Autobahnen, anderen autobahnähnlichen Straßen sowie Brücken, Tunneln und Gebirgspässen erhoben werden (Art. 7 lit. d). -
Maut- und Benutzungsgebühren dürfen nicht gleichzeitig für die Benutzung ein- und desselben Straßenabschnitts erhoben werden; für die Benutzung von Brücken, Tunneln und Gebirgspässen im Zuge von Strecken mit zeitabhängigen Gebühren dürfen jedoch auch Mautgebühren verlangt werden (Art. 7 lit. a). Die Gebühren sind so zu
100 EuGH, U.v. 19.5.1992 - Rs C-195/90 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), EuZW 1992, S. 390 ff. (391 f.). A.A. Ebenroth/Fischer /Sor ek, BB 1990, S. 2125 ff. (2126 ff.), die die Auffassung vertreten, die im StrBG enthaltenen Maßnahmen dürften keiner Gesamtbetrachtung unterzogen werden. Sie müßten vielmehr, da Straßenbenutzungsgebühr und Kraftfahrzeugsteuer nicht wesensgleich seien und deshalb nicht gegeneinander verrechnet werden könnten, getrennt und unabhängig voneinander bewertet werden. Die jeweiligen Einzelmaßnahmen, d.h. die Einführung der Straßenbenutzungsgebühr auf der einen Seite und die Senkung der Kraftfahrzeugsteuer auf der anderen Seite, enthielten jeweils für sich keine Diskriminierung der Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten: Die Straßenbenutzungsgebühr wirke sich sowohl für in- als auch für ausländische Verkehrsunternehmen gleichermaßen belastend aus. Auch in der Senkung der Kraftfahrzeugsteuer liege keine Diskrimierung der ausländischen Verkehrsunternehmen. Soweit ausländische Unternehmen von der Steuersenkung nicht betroffen seien, habe dies seine Ursache in den bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen und sei nicht im StrBG begründet. 101 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen vom 6.12.1990, BGBl I S. 2597; VO zur weiteren Aussetzung der Gebührenerhebung für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen vom 19.7.1991, BGBl I S. 1573. 102 VO zur Aufhebung von kraftfahrzeugsteuerlichen Sondervorschriften vom 7.6.1991, BGBl IS. 1223. 103 ABl EG, Nr. L 279/32. 104 Zu den hier nicht interessierenden Auswirkungen der Richtlinie auf die Kraftfahrzeugsteuer vgl. Mückenhausen, EuZW 1994, S. 519 ff. (522).
3 8 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen erheben, daß sie den Verkehrsfluß möglichst wenig beeinträchtigen, insbesondere keine Grenzaufenthalte erfordern (Art. 7 lit. c). Die von den Mitgliedstaaten zur Erhebung von Maut- und/oder Benutzungsgebühren eingeführten elektronischen Systeme sollen untereinander verknüpfbar sein (Art. 12 Abs. 2). -
Die Höhe der Mautgebühren muß sich an den Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau der Straße orientieren (Art. 7 lit. h), während die Benutzungsgebühren einer in der Richtlinie festgelegten Obergrenze unterliegen (Art. 7 lit. f).
-
Die Benutzung seines gesamten Straßennetzes kann ein Mitgliedstaat nur fur die in seinem Hoheitsgebiet zugelassenen Fahrzeuge gebührenpflichtig machen (Art. 7 lit. e).
Auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/89 EWG, wonach zwei oder mehr Mitgliedstaaten ein gemeinsames System von Benutzungsgebühren einführen können, haben sich Deutschland, Dänemark und die Beneluxländer am 9.2.1994 zu einem Gebührenverbund zusammengeschlossen und das Übereinkommen über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen 105 unterzeichnet. In diesem Übereinkommen vereinbarten die vertragschließenden Länder, für Kraftfahrzeuge, die ausschließlich für den Güterverkehr bestimmt sind und ein zulässiges Gesamtgewicht von mindestens 12 t haben, eine gemeinsame, zeitbezogene Autobahngebühr mit einheitlichen Gebührensätzen zu erheben, deren Aufkommen unter den Verbundstaaten aufgeteilt wird (vgl. Art. 1, 3 und 13 des Übereinkommens). Den Verbundstaaten ist es nicht gestattet, neben der gemeinsamen Gebühr eine nationale Benutzungsgebühr zu erheben. Da das Übereinkommen nur Übergangscharakter besitzt, bis die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung eines generellen, entfernungsabhängigen elektronischen Gebührensystems geschaffen sind, 106 steht es jeder Vertragspartei frei, ab 1.1.1998 ein derartiges Gebührensystem einzuführen und streckenbezogene, voll an den Wegekosten orientierte Autobahngebühren einzuführen (vgl. Art. 17 Abs. 1). Der Bundestag hat dem Übereinkommen in Art. 1 des vom 30.8.1994 stammenden Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 9.2.1994 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen107 zugestimmt. Art. 2 dieses Gesetzes enthält das Gesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 9.2.1994 (Autobahnbenutzungsgebührengesetz - ABBG). Entsprechend Art. 3 des Übereinkommens über den Gebührenverbund wird in § 1 ABBG die Erhebung zeitabhängiger Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit Kraftfahrzeugen ab 12 t zulässiges Ge105
BGBl II S. 1768. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 9.2.1994 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen, BT-Drs. 12/7267, S. 6. 107 BGBl II S. 1765. 106
Α. Herkömmliche Finanzierungsformen - Öffentliche Straßenbaufinanzierung
39
samtgewicht angeordnet. Die Einziehung und Verwaltung der Gebühren obliegt dem Bundesamt für Güterverkehr (§§ 2, 3 ABBG). Das Gebührenaufkommen steht gemäß § 6 ABBG dem Bund zu. Die Gebührenerträge müssen jedoch nicht ausschließlich für Zwecke des Straßenbaues verwendet werden. Auch für Gebühreneinnahmen gilt das haushaltsrechtliche Prinzip der NonAffektation, sofern nicht Gesetz oder Haushaltsplan eine Fondsbindung für die Verwendung des Gebührenaufkommens vorsehen. 108 Eine derartige Zweckbindung des Gebührenaufkommens besteht hier jedoch nicht; die Forderung des Bundesrates, das Gebührenaufkommen für Verkehrszwecke zu binden, 109 wurde nicht erfüllt. Neben dem ABBG enthält nunmehr auch das FStrPrivFinG eine weitere rechtliche Grundlage für die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren. 110 Die §§ 2 ff. dieses Gesetzes sehen vor, daß der in den Fernstraßenbau eingeschaltete private Investor zur Refinanzierung seiner Investitionen von den Straßenbenutzern Mautgebühren verlangt. Die Gebührendiskussion ist damit aber längst nicht beendet. Konkrete Perspektiven für eine Weiterentwicklung der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge ergeben sich aus Art. 17 Abs. 1 des Regierungsübereinkommens vom 9.2.1994, der es den Vertragsparteien gestattet, ab 1.1.1998 ein generelles streckenbezogenes Gebührensystem einzuführen. Dementsprechend plant die Bundesregierung, die gegenwärtig erhobene (zeitabhängige) Benutzungsgebühr für schwere Lkw um die Jahrtausendwende durch die Einführung (streckenabhängiger) Mautgebühren abzulösen.111 Hingegen soll eine Autobahngebühr für Pkw - weder als „Vignette" noch als streckenbezogene Maut - Presseberichten zufolge derzeit nicht geplant sein. 112 In Anbetracht der leeren Staatskassen muß allerdings damit gerechnet werden, daß der Bund über kurz oder lang Autobahngebühren auch für Pkw einführen wird.
108 Vgl. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 87 ff. (178). 109 Vgl. BT-Drs. 12/7267, S. 28, 30. 110 Dieser Begriff wird im folgenden als Oberbegriff sowohl für die (entfernungsabhängigen) Maut- als auch für die (zeitabhängigen) Benutzungsgebühren i.S.d. Art. 2 der Richtlinie 93/89 EWG verwendet. 111 Vgl, Stuttgarter Nachrichten vom 27.2.1997, S. 4. 112 Vgl. „Absage an Autobahngebühr", Stuttgarter Nachrichten vom 7.1.1997, S. 1: Die derzeit ablehnende Haltung wird zum einen begründet mit der zusätzlichen finanziellen Belastung, die bei Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr auf die Autofahrer zukäme. Zum anderen sei die Erhebung allgemeiner Straßenbenutzungsgebühren nur dann diskutabel, wenn das Gebührenaufkommen für Zwecke des Straßenbaues gebunden werde. Eine zweckgebundene Verwendung der Gebühren sei zur Zeit jedoch finanzpolitisch nicht machbar. Vgl. auch „Nicht alle Straßen auf Steuern gründen", Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.2.1997, S. 15.
40
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
B. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau Die Finanzkraft des öffentlichen Haushalts reicht, wie wir bereits gesehen haben, nicht mehr aus, um die notwendigen Investitionen im Bereich der Bundesfernstraßen zu realisieren. Diese Erkenntnis war Anlaß in Politik und Verwaltung, über Möglichkeiten und Formen der Privatfinanzierung und Privatisierung beim Bau von Bundesfernstraßen nachzudenken.113 Die verschiedenen Möglichkeiten, Private nicht nur an der Finanzierung, sondern auch an der Erstellung von Fernstraßen zu beteiligen, sollen im folgenden dargestellt werden (sub II.)· Zunächst bedarf allerdings der Begriff der „Privatisierung" näherer Erläuterung. Entgegen landläufigen Vorstellungen ist „Privatisierung" nämlich keineswegs identisch mit der Überfuhrung bislang staatlich wahrgenommener öffentlicher Aufgaben in die Hände von Privatunternehmen. 114 Dabei handelt es sich lediglich um eine der zahlreichen Erscheinungsformen der Privatisierung. Dem heutigen Gebrauch des Wortes „Privatisierung" liegt vielmehr ein weit differenzierteres Begriffsverständnis zugrunde. 115 Dahinter verbirgt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Ausprägungen der Verlagerung bestimmter, bisher staatlich wahrgenommener Aufgaben in den privaten Sektor. Die nachfolgenden Ausführungen werden dies belegen (sub I.).
113
Die aktuelle Privatisierungsdiskussion beschränkt sich nicht nur auf den Bau von Bundesfernstraßen, sondern erfaßt sämtliche Bereiche der öffentlichen Verwaltung. Eine Reihe von Privatisierungsvorhaben ist bereits abgeschlossen. Dazu gehören u.a. die Übernahme der bisher von der Bundesanstalt für Flugsicherung wahrgenommenen Aufgaben durch die dem Bund als Alleingesellschafter gehörende Deutsche Flugsicherung GmbH (vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 14.7.1992, BGBl I S. 1254; Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 23.7.1992, BGBl I S. 1370) und die Privatisierung von Bundespost (vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 30.8.1994, BGBl I S. 2245; Postneuordnungsgesetz vom 14.9.1994, BGBl I S. 2325; zu den Einzelheiten der Gesetzgebung zur Postreform II Grämlich, NJW 1994, S. 2785 ff.) und Bundesbahn (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 20.12.1993, BGBl I S. 2089; Eisenbahnneuordnungsgesetz vom 27.12.1993, BGBl I S. 2378; dazu näher Fromm, DVB1 1994, S. 187 ff.). Einen weiteren Schwerpunkt der aktuellen Privatisierungspolitik bildet die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen; der öffentliche Nahverkehr, die Wasserwirtschaft und die Abfallbeseitigung wurden in einer Reihe von Städten und Gemeinden bereits privatisiert (vgl. hierzu Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben - Private Finanzierung kommunaler Investitionen, 1994). Noch im Fluß sind hingegen Überlegungen zur Privatisierung der Sparkassen (vgl. dazu Rehm, WM 1993, S. 133 ff.; Schmidt, BWVPr 1993, S. 198 f.; Hedrich, Die Privatisierung der Sparkassen, 1993). 114 Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (130). 115 Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (96); vgl. auch Püttner, LKV 1994, S. 193 ff. (195).
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
41
I. Typologische Erscheinungsformen der Privatisierung Ein einheitlicher Privatisierungsbegriff existiert nicht. Eine nähere Betrachtung der unter dem Begriff der „Privatisierung" zusammengefaßten Erscheinungsformen zeigt ein äußerst heterogenes Bild. Im wesentlichen lassen sich drei Grundformen von Privatisierungstypen unterscheiden: -
Vermögensprivatisierung
-
Organisationsprivatisierung
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Aufgabenprivatisierung. 116
/. Vermögensprivatisierung Bei der Vermögensprivatisierung werden Eigentumspositionen und Vermögenswerte der öffentlichen Hand, also beispielsweise Grundvermögen oder Wirtschaftsunternehmen, auf Private übertragen. 117 A u f Bundesebene haben solche Vermögensprivatisierungen im Bereich des Beteiligungsbesitzes (z.B. Veräußerung von Industriekonzernen wie VEBA und Volkswagen) in den vergangenen rund 12 Jahren Erlöse in Höhe von 11,6 Mrd. D M eingebracht. Die Zahl der Bundesbeteiligungen wurde dabei von 958 auf unter 400 reduziert. 118
2. Organisationsprivatisierung Bei der Organisationsprivatisierung bedient sich der Staat zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe der Formen des Privatrechts, ohne sich jedoch dieser Aufgabe zu entledigen. Die Aufgabe verbleibt vollständig im staatlichen Einfluß- und Verantwortungsbereich. Sie wird allerdings nicht mehr in den über-
116
Vgl. Schock, DVB1 1994, 962 ff.; Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff. (251 ff.); Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (130 ff.) Abweichend von den hier verwendeten Begriffen wird in der Literatur zum Teil auch mit anderen Kategorien und Begriffen gearbeitet. Im Ergebnis werden jedoch dieselben Erscheinungsformen der Privatisierung beschrieben und lediglich mit anderen Namen belegt. In der Verwaltungswirklichkeit hingegen treten diese idealtypischen Grundformen nicht nur in ihrer Reinform, sondern häufig als Teil- oder Mischformen auf, auf die im Rahmen dieser Abhandlung jedoch nicht näher eingegangen werden soll, vgl. hierzu Bauer, VVDStrRL 54 (1995), S. 243 ff. (251 ff.). 117 Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 ff. (251 Fn. 41); vgl. Schoch, DVB1 1994, 962 ff. (962). 118 Bericht der Bundesregierung zur Verringerung von Beteiligungen und Liegenschaften des Bundes, BT-Drs. 12/6889, S. 1.
42
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
kommenen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen, sondern in einer Organisationsform des Privatrechts wahrgenommen. 119 Dies geschieht durch Einsatz eines von der öffentlichen Hand getragenen und beherrschten Privatrechtssubjektes.120 Bildlich gesprochen findet lediglich ein „Kleiderwechsel" statt: Der Staat schlüpft in das Gewand eines Privatrechtssubjekts, um als AG, GmbH, eingetragener Verein u.s.w. unmittelbar staatliche Verwaltungsaufgaben zu vollziehen. 121 Welche Rechtsform im konkreten Fall letztlich gewählt wird, hängt von organisatorischen, finanzwirtschaftlichen, steuerlichen, aber auch übergeordneten politischen Faktoren ab. 122 Da bei dieser Form der Privatisierung nicht die Aufgabe selbst, sondern nur deren Organisation, d.h. die Form der Aufgabenerledigung, privatisiert wird, wird die Organisationsprivatisierung auch als „formelle Privatisierung" bezeichnet.123 Teilweise wird aber auch von einer „Scheinprivatisierung" gesprochen, 124 da es hier nicht um die Einbeziehung „echter" Privater geht, sondern lediglich um Verwaltung in privatrechtlichen Organisationsformen der öffentlichen Hand. Organisationsprivatisierungen sind vor allem im Bereich der kommunalen Ver- und Entsorgung anzutreffen wie z.B. im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs, der Wasserversorgung oder der Abfallentsorgung. 125
3. Aufgabenprivatisierung Bei der Aufgabenprivatisierung wird eine bisher von der öffentlichen Hand wahrgenommene Aufgabe in Privathand überfuhrt. Im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung bedient sich der Staat nicht lediglich eines von ihm be-
119 Vgl. Schock, DVB1 1994, 962 ff. (962); Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff. (252 Fn. 41); Krölls, GewArch 1995, 129 ff. (130 f.); Vitzthum, AöR 104 (1979), 580 ff. (588 ff.). 120 von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1992, S. 44; Schink, VerwArch 85 (1994), S. 251 ff. (256). 121 Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff. (145 ff.). 122 Zu den Kriterien bei der Wahl der geeigneten Rechtsform vgl. Erbguth/Stoll-
mann, DÖV 1993, S. 798 ff. 123
Vgl. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff. (252 Fn. 41). Vgl. die Nachweise bei Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, 1992, S. 36 Fn. 166. Für eine Zuordnung der formellen Privatisierung zum allgemeinen Privatisierungsbegriff hingegen ausdrücklich von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1992, S. 44, der daraufhinweist, daß auch formelle Lösungen Teil der allgemeinen Entstaatlichungstendenz seien. 125 Vgl. die Zusammenstellung bei Stober, NJW 1984, 449 ff. (451). 124
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Festraßenbau
43
herrschten Privatrechtssubjektes, sondern eines „echten" Privaten. 126 Je nachdem, ob dem „echten" Privaten die Aufgabe an sich oder nur die Erledigung der Aufgabe übertragen wird, läßt sich zwischen „materieller Aufgabenprivatisierung" und „funktionaler Aufgabenprivatisierung" unterscheiden. 127
a) Materielle Aufgabenprivatisierung Bei der materiellen Aufgabenprivatisierung wird die betreffende Aufgabe vollständig oder zumindest teilweise aus der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert und in den privaten Sektor verlagert. Da sie eine Verringerung des staatlichen Aufgabenbestandes bewirkt und damit zu einer Entlastung der Verwaltung fuhrt, 128 kann man diese Form der Privatisierung auch als „Privatisierung im eigentlichen Sinne" 1 2 9 oder als „echte Aufgabenprivatisierung" 130 bezeichnen. Die materielle Aufgabenprivatisierung kommt nur dort in Betracht, wo eine gesetzliche Aufgabenzuordnung nicht entgegensteht. Soweit eine Verwaltungsaufgabe als Pflichtaufgabe der öffentlichen Verwaltung normiert ist, bedarf die vollständige oder teilweise Verlagerung der Aufgabe in den Raum privatwirtschaftlicher Betätigung einer Gesetzesänderung. 131 Nach geltendem Recht sind daher beispielsweise kommunale Pflichtaufgaben (z.B. Abwasserbeseitigung,
126 In der Praxis nehmen allerdings häufig auch sog. gemischt-wirtschaftliche Unternehmen, in denen öffentliche Verwaltung und Private in gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen miteinander kooperieren, öffentliche Aufgaben wahr. Diese Form kooperativer Aufgabenerledigung ist besonders im Bereich der Abwasserbeseitigung verbreitet. Näher dazu Schock, DVB1 1994, S. 1 ff. (11). Nach Auffassung von Krölls, GewArch 1995, 129 ff. (131) und Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 ff. (223) ist auch die Einschaltung eines gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens ein Fall (funktionaler) Aufgabenprivatisierung, während Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff. (252) diese Privatisierungsform keiner der drei Grundformen eindeutig zuordnet, sondern als eine Mischform (wohl zwischen Organisations- und Aufgabenprivatisierung) ansieht. 127 Schoch, DVB1 1994, S. 962 ff. (974); Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 ff. (223); vgl. auch Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (131 f.); Peine, in: HoffmannRiem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (97 f.). 128 Vgl. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff. (252 Fn. 41); Krölls, GewArch 1995, 129 ff. (131); Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (97). 129 Vgl. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff. (252 Fn. 41). 130 Vgl. Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (131); Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (97). 131 Schoch, DVB1 1994, S. 962 ff. (974); Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 ff. (230); Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (131).
4 4 1 .
Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Abfallentsorgung gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 AbfG a.F. 132 ) einer materiellen Aufgabenprivatisierung entzogen.
b) Funktionale Aufgabenprivatisierung Eine weitere Unterart der Aufgabenprivatisierung ist die funktionale Aufgabenprivatisierung. Im Unterschied zur materiellen Aufgabenprivatisierung verbleibt hier die Aufgabe und damit die Aufgabenverantwortung in der Zuständigkeit eines Trägers öffentlicher Gewalt. Lediglich die Erfüllung der Aufgabe erfolgt durch Private. 133 Da der Private lediglich in die Bereitstellung öffentlicher Leistungen, sozusagen in deren „Produktion" eingeschaltet wird, wird diese Form der Privatisierung auch als „Produktionsprivatisierung" bezeichnet. 134 Die Aufgabe ist nach wie vor - anders als bei der materiellen Aufgabenprivatisierung - eine staatliche Aufgabe, auf deren Erfüllung der Hoheitsträger grundsätzlich mittels Weisungen einwirken kann. 135 Dennoch hat der Hoheitsträger bei dieser Form der Privatisierung, bei der er sich eines „echten" Privaten bedient, einen geringeren Einfluß auf die Aufgabenerfüllung als bei der Organisationsprivatisierung, bei der die öffentliche Aufgabe von einer staatlich beherrschten Gesellschaft des Privatrechts wahrgenommen wird. 1 3 6 Wie groß die Gestaltungsfreiheit des Privaten bei der Wahrnehmung der übertragenen Aufgabe ist, hängt von der konkreten Ausgestaltung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses zwischen Hoheitsträger und Privatem ab. Geht der staatliche Einfluß auf die Aufgabenerfüllung weit genug, wird der Private als
132
Vgl. hierzu Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 ff. (230); Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (131). 133 Vgl. Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (131); Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider, Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (98); Schoch, DVB1 1994, S. 962 ff. (963). 134 Vitzthum, AöR 104 (1979), S. 580 ff. (591); ihm folgend Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 30 f. 135 Daher wird diese Form der Privatisierung von einem Teil der Literatur der Organisations- bzw. der formellen Privatisierung zugeordnet. Es mache keinen Unterschied so das Argument der Vertreter dieser Auffassung -, ob sich der Hoheitsträger eines privaten Dritten bediene, der nach seinen Weisungen tätig werde, oder ob der Hoheitsträger selbst in einer privatrechtlichen Organisationsform handele. In beiden Fällen stehe die Form des Tätigwerdens im Mittelpunkt, die eine Zuordnung zur formellen Privatisierung rechtfertige; vgl. Vitzthum, AöR 104 (1979), S. 580 ff. (591); Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 30 f. Vgl. dazu auch Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 11 f. 136 So auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 30 f., die die von ihr als „Produktionsprivatisierung" bezeichnete funktionale Aufgabenprivatisierung aber gleichwohl der formellen Privatisierung zuordnet.
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Festraßenbau
45
„Verwaltungshelfer" bzw. „Erfüllungsgehilfe" 137 der öffentlichen Hand tätig; 138 in diesen Fällen beschränkt sich die Tätigkeit des Privaten auf ein unselbständiges weisungsgebundenes Handeln ohne eigenen Entscheidungsspielraum. 139 Die funktionale Aufgabenprivatisierung spielt vor allem bei der Übertragung kommunaler Pflichtaufgaben, bei denen eine materielle Aufgabenprivatisierung gesetzlich ausgeschlossen ist, eine Rolle. 140 Namentlich auf dem Gebiet der Abfallentsorgung hat diese Privatisierungsvariante in der letzten Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen.141 Im Gegensatz zum AbfG, das es den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 lediglich gestattete, „sich zur Erfüllung dieser Pflicht Dritter [zu] bedienen", ist jedoch nunmehr nach Inkrafittreten des KrW-/AbfG unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine Pflichtenübertragung mit befreiender Wirkung möglich (vgl. § 16 Abs. 2 KrW/AbfG). 1 4 2 Damit sind im Bereich der Abfallentsorgung künftig auch materielle Aufgabenprivatisierungen zulässig.
II. Privatisierungsformen im Fernstraßenbau Die Möglichkeiten, Private an der Errichtung und Finanzierung von Bundesfernstraßen zu beteiligen, sind - entsprechend den zuvor in abstrakter Form dargestellten Privatisierungsvarianten - vielfältig. Die folgenden Ausführungen werden sich daher darauf beschränken, die spezifischen Privatisierungsformen darzustellen, deren praktische Umsetzung entweder bereits erfolgt ist oder demnächst erfolgen soll, zumindest aber in der Vergangenheit ernsthaft in Erwägung gezogen wurde. 143 Die größte Rolle spielt dabei - in Anbetracht der an137
Beide Begriffe haben dieselbe Bedeutung, vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 5. 138 Vitzthum, AöR 104 (1979), S. 580 ff. (592). 139 Der Private wird quasi als „Werkzeug" der Verwaltung tätig, vgl. hierzu Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 5; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 23 Rn. 60; Kirchhof DVB1 1984, S. 657 ff. (659). Demgegenüber faßt Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 90 Fn. 283, den Begriff des Verwaltungshelfers wesentlich weiter, da seiner Ansicht nach nicht einzusehen sei, weshalb Verwaltungshilfe bzw. technische Erfüllungshilfe gleichsam mit der Position eines „unmündigen Sklaven", eines „Automaten" verbunden sein sollte. 140 Schoch, DVB1 1994, 962 ff. (963, 974); Krölls, GewArch 1995, 129 ff. (131 f.). 141 Vgl. dazu Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, 1992, S. 18 ff. 142 Näher hierzu Fluck, in: ders. (Hrsg.), Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Stand 1997, § 16 KrW-/AbfG Rn. 120 ff. 143 Die ebenfalls denkbare Möglichkeit, einzelne Autobahnstrecken, regionale Teilnetze oder gar das gesamte Autobahnennetz in Privateigentum zu überführen und damit in „Privatstraßen für den öffentlichen Verkehr" umzuwandeln, steht - soweit ersichtlich - gegenwärtig nicht zur Debatte und soll daher im folgenden unberücksichtigt bleiben.
4 6 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen gespannten Haushaltslage - die Möglichkeit, private Unternehmen mit der Finanzierung (und in der Regel gleichzeitig auch mit der Erstellung) eines Verkehrsprojektes zu betrauen (sub 1.). Private können aber auch wie die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Baugesellschaft mbH (DEGES) lediglich in die Phase der Planung und Baudurchführung (Bauvorbereitung und Bauüberwachung) eingeschaltet werden (sub 2). Eine finanzielle Entlastung des Staatshaushalts läßt sich damit zwar nicht erreichen; die öffentliche Hand kann sich auf diese Weise jedoch zumindest die - privaten Unternehmen gemeinhin zugeschriebene 144 - größere fachliche Kompetenz sowie die gegenüber der herkömmlichen Aufgabenerledigung möglicherweise in einzelnen Bereichen effizientere Arbeitsweise Privater zunutze machen.
1. Private Finanzierung von Bundesfernstraßen Überlegungen zur privaten Finanzierung von Bundesfernstraßen sind keineswegs neu; es hat sie bereits in der Vergangenheit gegeben. Namentlich in den Jahren zwischen 1955 und 1973 bediente sich der Bund bei der Finanzierung des Ausbaues der Autobahnen einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft, der „Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten" (kurz „Öffa" genannt). Ihre Tätigkeit soll nachfolgend zunächst dargestellt werden (sub a). Im Anschluß daran ist auf die aktuelle Diskussion zur Privatfinanzierung einzugehen (sub b). Sie konzentriert sich auf verschiedene Finanzierungsmodelle, bei denen die Finanzierung der Verkehrsprojekte zumindest anfänglich privaten Investoren überlassen bleibt und die Refinanzierung der getätigten Investitionen entweder aus öffentlichen Mitteln oder über unmittelbar bei den Nutzern erhobene Entgelte erfolgt.
a) Privatfinanzierung zwischen 1955 und 1973: Die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG (Öffa) Der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG (Öffa), einer vollständig vom Bund getragenen und beherrschten Gesellschaft des Privatrechts, wurde aufgrund des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 145 und des Straßenbaufinanzierungsgesetzes 146 zwischen 1955 und 1973 die Finanzierung von Autobahn-
Allgemein zum Bau von Privatstraßen fur den öffentlichen Verkehr vgl. Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. 144
Vgl. Schock, DVB1 1994, S. 962 ff. (967 f.).
145
Vom 6.4.1955, BGBIIS. 166. Vom 28.3.1960 i.d.F. der Bekanntmachung vom 20.12.1963, BGBl I S. 995.
146
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Femstraßenbau
47
strecken übertragen. 147 Die Aufgabe der Öffa beschränkte sich darauf, die Finanzierung der ersten Ausbauphase des Autobahnbaues sicherzustellen; 148 am eigentlichen Bau der Straße war die Öffa hingegen nicht beteiligt. Zu diesem Zweck nahm die Öffa den Differenzbetrag zwischen dem laufenden Kapitalbedarf für die Erfüllung der Straßenplanung und den vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln nach Zustimmung des Bundes in eigenem Namen und für eigene Rechnung auf dem Kapitalmarkt als Kredit auf. Der Bund übernahm gegenüber den Gläubigern der Öffa aufgrund gesetzlicher Ermächtigung 149 die für die Kreditaufnahme notwendigen Sicherheitsleistungen oder Bürgschaften. Der Öffa gegenüber verpflichtete er sich, ihr die aus der Kreditaufnahme resultierenden Zinsen, Tilgungsraten und Verwaltungskosten rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel waren in den Haushaltsplänen des Bundes veranschlagt und aus den ihnen beigefügten Straßenbauplänen erkennbar; die Beträge, die dem Bund über die Kreditaufnahme durch die Öffa zur Verfügung standen, wurden jedoch weder als Einnahmen in die Haushaltspläne eingestellt noch in den Haushaltsrechnungen nachgewiesen.150 Bei der Tätigkeit der Öffa handelte es sich um einen Fall der Organisationsprivatisierung: 151 Um auf dem Kapitalmarkt die fehlenden Mittel zur Finanzierung des Straßenbaues zu beschaffen, trat nicht der Bund selbst, sondern eine von ihm gehaltene Gesellschaft des Privatrechts als Kreditnehmerin in Erscheinung. Zur Aufnahme der Kredite bediente sich der Bund also nicht der konventionellen öffentlich-rechtlichen, sondern einer privatrechtlichen Organisationsform. Die Tätigkeit der Öffa wurde zunächst durchaus positiv beurteilt. Zwar war die Kreditaufnahme durch eine private Gesellschaft teurer als eine Kreditaufnahme durch den Bund. Man war jedoch der Auffassung, daß die höheren Kosten der Kreditbeschaffung durch die schnellere Realisierung der Autobahnprojekte und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Vorteile kompensiert
147 Vgl. Abschn. IV Art. 1 Abs. 1 Verkehrsfinanzgesetz 1955, Abschn. I Art. 2 Abs. 2 Straßenbaufinanzierungsgesetz. Zu Entstehung, Organisation und Aufgaben der Öffa vgl. Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 73; Jaschinski, in: Archiv für öffentliche und freigemeinwirtschaftliche Unternehmen, Bd. 6 (1962/63), S. 288 ff.; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 24.1, S. 377. 148 Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 99. Später wurde die ÖffaFinanzierung auf Investitionsmaßnahmen bei bestimmten Wasserstraßen ausgedehnt, vgl. Schmidt, F. O., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 84. 149 Vgl. Abschn. IV Art. 3 Verkehrsfinanzgesetz 1955. 150 Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofes, BT-Drs. 5/4066, S. 31, 40. 151 Zum Begriff der Organisationsprivatisierung vgl. oben sub I. 2.
4 8 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen seien. 152 Die Tätigkeit der Öffa ermöglichte es dem Bund, die ursprünglich mit 14 Jahren veranschlagte Bauzeit für die Durchführung des Bauprogramms der ersten Ausbaustufe der Bundesautobahnen um die Hälfte zu verkürzen. 153 Der Bundesrechnungshof machte allerdings bereits 1966 die Verfassungswidrigkeit dieses Finanzierungsverfahrens geltend. Er vertrat die Auffassung, die fehlende Einstellung der durch die Öffa aufgenommenen und an den Bund weitergeleiteten Kredite in den Bundeshaushaltsplan verstoße gegen Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG, wonach alle Einnahmen und Ausgaben in den Bundeshaushalt einzustellen seien (sog. Grundsatz der Vollständigkeit und Wahrheit des Haushaltsplans 154 ). 155 Im Hinblick darauf wurde die Öffa 1973 auf Veranlassung des Deutschen Bundestages aufgelöst. Die Schulden der Öffa in Höhe von rund 5,1 Mrd. DM, von denen ca. 4 Mrd. D M auf den Straßenbau entfielen, übernahm der Bund. 156 Nachdem der Bundesrechnungshof die Tätigkeit der Öffa als verfassungswidrig eingestuft hat, gilt die Einschaltung eines privaten Rechtsträgers bei der Aufnahme von Krediten für den Straßenbau heute nicht mehr als ernst zu nehmende Alternative zur konventionellen Haushaltsfinanzierung.
b) Modelle der Privatfinanzierung Die gegenwärtige Diskussion um eine private Finanzierung des Bundesfernstraßenbaues kreist im wesentlichen um drei Modelle: - Leasing-Modell (sub aa), - Konzessionsmodell (sub bb) und -
Betreibermodell (sub cc).
Diese Finanzierungsmodelle lagen auch der Untersuchung einer vom Bundeskabinett im November 1990 eingesetzten Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesfinanzministers zugrunde. Die Arbeitsgruppe hatte die Aufgabe,
152
Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 99. Jaschinski, in: Archiv für öffentliche und freigemein wirtschaftliche Unternehmen, Bd. 6 (1962/63), S. 288 ff. (312); Bergström, in: Int. Verkehrswesen 43 (1991), S. 183 ff. (186). 154 Zum Grundsatz der Vollständigkeit und Wahrheit des Haushaltsplans vgl. Fischer· Menshausen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 110 Rn. 9; Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1981, Art. 110 Rn. 28, 37. 155 Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofes, BT-Drs. 5/4066, S. 41 f. 156 Vgl. Schmidt, F. O., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 85. 153
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
49
„konkrete Anwendungsmöglichkeiten privater Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen [zu] prüfen und dem Kabinett rechtzeitig bis zur Beschlußfassung zum Entwurf des Bundeshaushalts 1992" darüber zu berichten. Ergänzend dazu legte die Koalitionsvereinbarung vom 16.1.1991 fest, daß der Einsatz privater Finanzierungsmodelle zusätzliche Investitionen bei Verkehr und Umweltschutz sowie das Erschließen neuer Finanzierungsquellen ermöglichen solle. 157
aa) Leasing-Modell (1) Das Konzept des Leasing-Modells Eines der gegenwärtig diskutierten Privatfinanzierungsmodelle ist das Leasing-Modell. Nach dessen Grundkonzept finanziert, errichtet oder kauft eine Leasing-Gesellschaft ein nach den Interessen und Vorstellungen des Leasingnehmers konzipiertes Investitionsobjekt. Dieses Objekt stellt sie dann gegen Zahlung einer bestimmten Leasingrate dem Leasingnehmer zur Nutzung zur Verfugung. 158 Ein speziell auf den Bundesfernstraßenbau zugeschnittenes Modell der Leasing-Finanzierung legte im Februar 1991 der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie vor. 1 5 9 Dieses Modell sieht vor, daß eine in die Rechtsform einer GmbH & Co. KG gekleidete Gesellschaft (sog. „Objekt-KG") mit der Finanzierung, dem Bau und der Unterhaltung einer Bundesfernstraße betraut wird. Zu diesem Zweck erwirbt der Bund die für die Errichtung der Bundesfernstraße benötigten Grundstücke und räumt der Gesellschaft an diesen Grundstücken ein Erbbaurecht für die Dauer von 60 Jahren ein. Die vom Bund geplante Bundesfernstraße wird von der Objekt-KG zu 20 % aus dem Eigenkapital der Kommanditisten und zu 80 % über Kreditaufnahmen auf dem Kapitalmarkt finanziert. Nach Fertigstellung der Straße durch die Gesellschaft vermietet sie diese an den Bund, der sie dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung stellt. Im Gegenzug zahlt der Bund der Gesellschaft jährliche Leasingraten in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Investitionskosten, einen Pauschalbetrag für die Unterhaltungskosten sowie den Erbbauzins und die Umsatz- und Gewerbesteuer. Nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit, die aus steuerrechtlichen Gründen 27 Jahre beträgt, hat der Bund die Möglichkeit, das Mietverhältnis unter mögli-
157
Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 13. 158 Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 106. 159 Vgl. hierzu Die Deutsche Bauindustrie, Leasing-Modell zur privatwirtschaftlichen Finanzierung und Betreibung von Bundesautobahnen, Februar 1991. 4 Susanne Schmitt
50
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
cherweise neuen Bedingungen fortzusetzen oder die Straße zum Restwert von 10 % der Investitionskosten zu erwerben. 160 Das Leasing-Modell stellt einen Fall zeitweiliger funktionaler Aufgabenprivatisierung 161 dar. Die öffentliche Hand bedient sich mit Einschaltung der Objekt-KG eines privaten Dritten, der die Straße (vor-)finanziert, nach staatlichen Weisungen errichtet und während der Dauer des Mietverhältnisses unterhält. 162
(2) Die Probleme bei der Umsetzung des Leasing-Modells Vom Leasing-Modell erhoffte man sich in erster Linie steuerliche Vorteile für den privaten Investor. Man ging davon aus, daß die Objekt-KG in der Anfangsphase der Projektrealisierung hohe Abschreibungsbeträge geltend machen und auf diese Weise Einkommensteuer sparen könne, so daß auch die vom Bund zu zahlenden Leasingraten entsprechend niedriger wären. 163 Das mit der Ausgestaltung des Leasingverhältnisses angestrebte Ziel der Steuerersparnis - und damit niedrigerer Leasingraten - läßt sich jedoch nur dann erreichen, wenn die Objekt-KG als Leasinggeberin berechtigt ist, die Kosten für den Bau der Straße abzuschreiben. Dies ist der Fall, wenn ihr das Leasinggut, also die zu bauende Straße, als Eigentum zugerechnet werden kann. 164 Eine solche Zurechnung scheidet aus, wenn das Leasingobjekt speziell auf die Bedürfnisse des Leasingnehmers zugeschnitten ist und daher nur er das Leasinggut nach Ablauf der vereinbarten Grundmietzeit sinnvoll nutzen kann (sog. „Spezialleasing"). 165 Im Gegensatz zum „normalen" Leasing gibt es beim Spe-
160 Zum Leasing-Modell der Deutschen Bauindustrie vgl. auch Stewing , BauR 1991, S. 703 ff. (706); Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (142); Höfling, DÖV 1995, S. 141 ff. (143). 161 Zum Begriff der funktionalen Aufgabenprivatisierung vgl. oben sub I. 3. b). 162 Höfling, DÖV 1995, 141 ff. (143) und Grupp, DVB1 1994, 140 ff. (142) hingegen sehen das Leasing-Modell als einen Fall der „Organisationsprivatisierung" an. Sie verwenden diesen Begriff offenbar sowohl für die Fälle, in denen der Hoheitsträger selbst in einer privatrechtlichen Organisationsform handelt als auch in den Fällen, in denen sich der Hoheitsträger eines nach seinen Weisungen handelnden privaten Dritten bedient. 163 Wendt, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 37 ff. (60 Fn. 88). Ausführlich zu den steuerlichen Voraussetzungen des Leasing-Modells vgl. Schmidt, F. Ο., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 158 ff. 164 Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 108; Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (142); Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 34. 165 Wendt, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 37 ff. (60 Fn. 88); Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (142).
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
51
zialleasing keinen Markt für das zu verleasende Wirtschaftsgut, so daß ein Wechsel des Leasingnehmers nach Ablauf des Leasingvertrages nicht denkbar ist. 166 Die Objekt-KG könnte also nur dann als wirtschaftliche Eigentümerin der zu verleasenden Straße angesehen werden, wenn es einen Markt für öffentliche Straßen gäbe, d.h. wenn die Fernstraße nicht nur vom Bund, sondern auch von privaten Unternehmen wirtschaftlich genutzt werden könnte. Voraussetzung für eine sinnvolle privatwirtschaftliche Nutzung einer öffentlichen Straße ist, daß der private Betreiber die Möglichkeit zur Erzielung von Einnahmen hat; er muß also mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren ausgestattet sein. 167 Dieses Recht bestand nach bislang geltender Rechtslage nicht. Mangels Möglichkeit einer Mauterhebung konnten öffentliche Straßen nur staatlicherseits sinnvoll genutzt werden. Ein „Markt für Autobahnen" existierte nicht. Aus diesem Grund war ein Wechsel des Leasingnehmers nach Ablauf des Leasingvertrages nicht denkbar. Öffentliche Straßen mußten demnach als Spezialleasingobjekte eingestuft werden. 168 Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise wäre also nicht die Objekt-KG, sondern der Bund als Eigentümer der zu verleasenden Straße anzusehen mit der Konsequenz, daß die Objekt-KG die Herstellungskosten nicht abschreiben könnte. 169 Aufgrund fehlender steuerlicher Vorteile war das Leasing-Modell für private Investoren daher bisher in wirtschaftlicher Hinsicht eher unattraktiv. 170 Da die fehlende Steuerersparnis letztlich zu höheren Leasingraten geführt hätte, bot das Leasing-Modell auch auf Seiten des Bundes keine nennenswerten Vorteile. 171 Dementsprechend galt das Leasing-Modell in Politik und Verwaltung nicht als praktikable Alternative zur herkömmlichen Finanzierung des Straßen-
166
Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 108. Scheele, a.a.O., S. 108; Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (142); Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 25. 168 Bundesministerium der Finanzen, a.a.O., S. 36; Rehm, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 93 ff. (101). 169 Dies verkennen die Schöpfer des Modells der Deutschen Bauindustrie, vgl. Die Deutsche Bauindustrie, Leasing-Modell zur privatwirtschaftlichen Finanzierung und Betreibung von Bundesautobahnen, Februar 1991, S. 4. 170 Die Möglichkeit, das Problem des Spezialleasings über eine Änderung der steuerrechtlichen Vorschriften anzugehen, wurde vor allem wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht weiter verfolgt, vgl. hierzu Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 37 f. 171 Zu dem Aspekt, im Wege privater Vorfinanzierung „Zeit einkaufen", d.h. das Projekt erheblich früher realisieren zu können, vgl. die Ausführungen zum Konzessionsmodell sub bb) (2) und (3). 167
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
baues. Eine Umsetzung des Leasing-Modells wurde nicht in Betracht gezogen.' 72 Seit Inkrafttreten des FStrPrivFinG vom 30.8.1994 besteht allerdings die Möglichkeit, daß öffentliche Straßen unter bestimmten Voraussetzungen über eine Mauterhebung durch Private betrieben werden. 173 Möglicherweise rechtfertigt dies eine andere steuerrechtliche Beurteilung des Leasing-Modells, so daß die mit der Konzeption des Modells avisierten steuerlichen Vorteile nunmehr genutzt werden könnten. Das FStrPrivFinG gestattet es Privaten jedoch nicht generell, öffentliche Straßen über die Erhebung von Mautgebühren zu betreiben. Nach dem Gesetz können Mautgebühren nur für bestimmte Straßen oder Bauwerke verlangt werden. 174 Die Möglichkeit, die steuerlichen Vorteile des Leasing-Modells zu nutzen, wäre also von vornherein auf bestimmte Projekte beschränkt. Darüber hinaus steht es nicht allein im Ermessen des potentiellen privaten Betreibers, ob für die Benutzung einer Straße Mautgebühren erhoben werden. An der Entscheidung über die Gebührenpflichtigkeit einer Straße sind Bundes- bzw. Landesbehörden maßgeblich beteiligt. 175 Es ist daher auch nach Inkrafttreten des FStrPrivFinG nicht ohne weiteres möglich, ein auf der Grundlage des LeasingModells realisiertes Projekt nach Ablauf der vereinbarten Grundmietzeit für einen Privaten nutzbar zu machen; es hängt vielmehr von bestimmten, von Privaten kaum zu beeinflussenden Faktoren ab, ob nach Auslaufen des Leasingvertrages ein Wechsel des Leasingnehmers in Betracht kommt. Man wird daher bezweifeln müssen, daß das FStrPrivFinG eine andere steuerrechtliche Beurteilung des Leasing-Modells rechtfertigt. 176 Aber selbst dann, wenn die Voraussetzungen für eine Mauterhebung durch Private vorlägen und das Leasing-Modell aufgrund steuerlicher Vorteile für private Investoren in finanzieller Hinsicht an Attraktivität gewinnen sollte, erscheint es wenig wahrscheinlich, daß das Leasing-Modell künftig beim Bau von Bundesfernstraßen zum Einsatz kommen wird. Die Steuerersparnisse des privaten Investors mögen zwar dazu führen, daß der Bund entsprechend niedrigere Leasingraten bezahlen muß. Zu berücksichtigen sind jedoch auch die mit den steuerlichen Vorteilen des privaten Investors einhergehenden Steuerausfäl-
172 Vgl. Bundesminister für Verkehr, Private Finanzierung von Verkehrsinvestitionen, Januar 1992, S. 5. 173 Vgl. hierzu im Zweiten Teil sub C. III. 174 Vgl. § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG. Vgl. hierzu im Zweiten Teil sub C. III. 3. 175 Vgl. § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG. Vgl. hierzu im Zweiten Teil sub C. IV. 176 Zu pauschal die Einschätzung von Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 72, daß nach Inkrafttreten des FStrPrivFinG „eine Einstufung als SpezialLeasing und damit der Wegfall der Möglichkeit, Verlustzuweisungen steuerlich geltend zu machen, jetzt wohl nicht mehr in Betracht kommen."
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
53
le der öffentlichen Hand. Aufgrund der degressiven Abschreibung wären diese Ausfalle in der Anfangsphase der Projektrealisierung verhältnismäßig hoch. 177 Die mit der Zahlung niedriger Leasingraten verbundenen Ersparnisse werden von den Steuermindereinnahmen größtenteils wieder aufgezehrt. 178 Abgesehen von den negativen Auswirkungen der Steuerausfalle ist es darüber hinaus als grundsätzliches Manko des Leasing-Modells zu werten, daß der Staatshaushalt nicht auf Dauer, sondern lediglich vorübergehend entlastet wird. 1 7 9
bb) Konzessionsmodell (1) Das Konzept des Konzessionsmodells Da die mit dem Leasing-Modell primär angestrebte Steuerersparnis nicht zu realisieren war, entschloß sich die Bundesregierung am 29.1.1992 für die Erprobung einer Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten nach dem sog. Konzessionsmodell und beauftragte den Bundesverkehrsminister, erste Pilotprojekte mit privater Finanzierung auszuschreiben und zu realisieren. 180 Pilotprojekt im Bereich der Bundesfernstraßen 181 ist der Neubau des Engelbergtunnels in Leonberg bei Stuttgart im Zuge der A 81. Durch Kabinettsbeschluß vom 15.7.1992 wurden fünf weitere Bauvorhaben in die vorgesehene Erprobung des Konzessionsmodells einbezogen; zudem wurde eine Liste von weiteren 18 Projekten vorgelegt, deren Eignung für eine private Finanzierung geprüft werden sollte. 182 Mittlerweile sind es insgesamt zwölf Fernstraßenprojekte mit einem Gesamtbauvolumen von rund 4,5 Mrd. DM, die auf der Grundlage des Konzessionsmodells verwirklicht werden sollen und die sich zum Teil auch bereits in der Bauphase befinden. Neben dem bereits genannten Engelbergtunnel handelt es sich dabei um folgende Vorhaben: 183
177
Vgl. Stewing, BauR 1991, S. 703 ff. (705). Vgl. die Modellrechnung bei Stewing, BauR 1991, S. 703 ff. (706). 179 Vgl. unten sub cc) (2). 180 Bundesminister für Verkehr, Private Finanzierung von Verkehrsinvestitionen, Januar 1992, S. 14. 181 Das erste, am Konzessionsmodell orientierte privatfinanzierte Straßenbauprojekt ist die Nahebrücke im Zuge der L 242 zwischen Langenlonsheim und Gensingen, die am 26.8.1994 fertiggestellt wurde und deren Auftraggeber das Land Rheinland-Pfalz war, vgl. im einzelnen hierzu Bruns, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, 1994, S. 159 ff. Pilotprojekt im Schienenbau ist die Eisenbahnstrecke Nürnberg - Ingolstadt - München, vgl. Bundesminister für Verkehr, Private Finanzierung von Verkehrsinvestitionen, Januar 1992, S. 14. 182 Vgl. Bundesminister für Verkehr, Privatfinanzierung von Verkehrsinvestitionen, Juli 1992, S. 7 sowie die Anlage hierzu. 183 Vgl. Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. (282 Fn. 21). 178
54
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
- A l Elbtunnelröhre Hamburg -
Β 437 Weserquerung Esenshamm
-
A 44 Rheinquerung Ilverich
-
Β 62 Ortsumgehung Biedenkopf
-
Β 254 Ortsumgehung Schwalmtal-Brauerschwend
-
Β 457 Ortsumgehung Hungen
-
A 60 Langenscheid
-
A 8 Borg/Wellingen
-
A 93 Rahnau-Schönfeld
-
Β 31 Ortsumgehung Freiburg-Ost
-
Β 2 η Ortsumgehung Farchant.
Das Konzessionsmodell ähnelt dem Leasing-Modell, umgeht jedoch dessen steuerrechtliche Probleme: 184 Wie beim Leasing-Modell verpflichtet sich ein privater Investor, auf vom Bund erworbenem Grund und Boden ein bestimmtes, behördlich geplantes Straßenbauvorhaben zu errichten und in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zu finanzieren. Die Bestellung dinglicher Rechte zugunsten des privaten Investors ist im Unterschied zum Leasing-Modell nicht erforderlich. 185 Der Private erhält vom Bund das Recht, das Verkehrsprojekt für einen bestimmten Zeitraum zu nutzen. Von diesem auch als „Konzession" bezeichneten Nutzungsrecht leitet sich der Name des Modells ab. 186 Die private Projektgesellschaft überträgt das Nutzungsrecht nach Fertigstellung des Bauvorhabens in einem gesonderten Vertrag wiederum an den Bund, der ihm dafür ein für einen bestimmten Zeitraum in jährlichen Raten zu entrichtendes Nut-
184
Vgl. ausführlich zum Konzessionsmodell Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 41 ff.; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 26.1, S. 380 f.; Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (145). 185 Die beim Leasing-Modell aus steuerlichen Gründen erforderliche Übertragung dinglicher Rechte kann zu Bauverzögerungen führen, da eine Erbbaurechtsbestellung durch den Bund erst dann erfolgen kann, wenn dieser als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Damit wird der durch eine vorzeitige Besitzeinweisung gemäß § 18 f FStrG erzielbare Beschleunigüngseffekt zunichte gemacht, vgl. Schmidt, F. O., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 161; Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 26 ff. 186 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 26.1, S. 380 halten diese Bezeichnung für irreführend, da eine Konzession „im eigentlichen Sinne" nicht erteilt werde. Darunter verstehen Kodal/Krämer lediglich eine Konzession im wirtschaftsrechtlichen Sinne, d.h. die Verleihung eines staatlichen Vorbehaltsrechtes, vgl. dies., a.a.O., Kap. 27 Rn. 74, S. 724. Zum Begriff „Konzession" vgl. im Zweiten Teil, C. II. 1. a).
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
55
zungsentgelt zahlt. 187 Nach Ablauf des Konzessionsvertrages wird das Objekt wieder dem Bund übergeben. Das vom Bund zu zahlende Nutzungsentgelt erfolgt entweder wie beim Leasing-Modell in Form fester Raten oder nutzungsabhängig, d.h. in Abhängigkeit von dem anhand automatischer Fahrzeugzählungen ermittelten Verkehrsaufkommen auf dem betreffenden Streckenabschnitt. 188 Wird das Entgelt nutzungsabhängig ausgestaltet, können sich sowohl für den Bund als auch für den privaten Investor erhebliche Risiken ergeben, sollten sich die Erwartungen der Vertragspartner hinsichtlich des Verkehrsaufkommens nicht erfüllen: Übersteigt das Verkehrsaufkommen die anfänglichen Erwartungen, führt dies zu zusätzlichen Belastungen des öffentlichen Haushalts. Bleibt das Verkehrsaufkommen hinter den Prognosen zurück, wirkt sich dies zwar für den Bundeshaushalt günstig aus; es besteht aber die Gefahr, daß die Kalkulation des privaten Investors zusammenbricht und er nicht in der Lage ist, die zur Finanzierung des Vorhabens aufgenommenen Kredite innerhalb der Konzessionslaufzeit zu tilgen. 189 Angesichts der dargestellten Risiken ist bei der Vereinbarung eines nutzungsabhängigen Entgelts auf eine angemessene Risikoverteilung zwischen Bund und privatem Investor zu achten.190 Das beim Bund liegende Risiko eines die Erwartungen übersteigenden Verkehrsaufkommens wäre nicht mehr so hoch, wenn man dem Bund für den Fall einer vorzeitigen Rückzahlung der gesamten Investitionssumme ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestehen würde. Zugunsten des privaten Investors ließe sich das Risiko eines zu geringen Verkehrsaufkommens begrenzen, indem ihm die Option eingeräumt wird, die Laufzeit des Konzessionsvertrages entsprechend der zur Tilgung des Kredites benötigten Zeit zu verlängern. 191 Wie beim Leasing-Modell handelt es sich auch beim Konzessionsmodell um einen Fall zeitweiliger funktionaler Aufgabenprivatisierung: 192 Der Private wird 187
Da dem privaten Investor keine besonderen steuerlichen Vorteile eingeräumt werden, sind diese Raten im Vergleich zum Leasing-Modell - vorausgesetzt, die mit dem Leasing-Modell angestrebten steuerlichen Vorteile lassen sich überhaupt realisieren entsprechend höher. Dafür entfallen jedoch die mit den steuerlichen Vorteilen einhergehenden Steuermindereinnahmen, vgl. Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 110; Wendt, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 37 ff. (60 f.). 188 Vgl. hierzu Bundesminister für Verkehr, Private Finanzierung von Verkehrsinvestitionen, Januar 1992, S. 12. 189 Vgl. Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 110. 190 Vgl. Wendt, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 37 ff. (61). 191 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 41 ff. 192 So auch Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (137). Zum Begriff der funktionalen Aufgabenprivatisierung vgl. oben I. 3. b).
56
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
lediglich vorübergehend in den Vollzug der Aufgabe eingeschaltet, ohne daß die Aufgabe an sich in den privaten Bereich verlagert wird. Er baut das Projekt nach staatlichen Weisungen und übernimmt dessen (Vor-)Finanzierung.
(2) Vor- und Nachteile des Konzessionsmodells Wie beim Leasing-Modell fuhrt allerdings auch das Konzessionsmodell nur zu einer vorübergehenden Entlastung des Staatshaushalts. Der Bund tilgt über die Zahlung der Nutzungsentgelte die Bau- und Finanzierungskosten des privaten Investors. Es handelt sich dabei lediglich um eine Vorfinanzierung staatlicher Investitionen durch Private. Bei wirtschaftlicher Betrachtung kommt das Konzessionsmodell einer staatlichen Kreditaufnahme gleich, da der Bund mit den jährlichen Raten auch die Zinsen und Tilgungsleistungen für die vom Investor zum Bau des Projektes aufgenommenen Kredite erbringt. 193 Der Vorteil des Konzessionsmodells liegt in erster Linie darin, daß Straßenbauvorhaben, für die der Bundeshaushalt im aktuellen Haushaltsjahr keine Mittel zur Verfügung stellt, von privaten Investoren vorfinanziert und auf diese Weise zu einem früheren Zeitpunkt als bei der traditionellen Haushaltsfinanzierung errichtet werden können. Niedrigere Kosten als bei einer klassischen Eigenfinanzierung durch die öffentliche Hand sind bei einer privaten Vorfinanzierung hingegen kaum zu erwarten. Eine Finanzierung auf der Grundlage des Konzessions- wie auch des Leasing-Modells ist regelmäßig teurer als eine staatliche Finanzierung. 194 Die gegenüber einer staatlichen Finanzierung höheren Kosten privater Vorfinanzierung beruhen im wesentlichen auf zweierlei: Zum einen sind die privaten Investoren nicht uneigennützig tätig; die vom Staat über einen längeren Zeitraum hinweg zu zahlenden Nutzungsentgelte werden daher so kalkuliert, daß das eingesetzte Privatkapital auch bei einer ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung Gewinn abwirft. 195 Hinzukommt, daß private Investoren das Vorhaben nur zu einem geringen Teil aus eigenem Kapital finanzieren. Die Finanzierung erfolgt größtenteils über auf dem Kapitalmarkt aufgenommene Kredite, die die öffentliche Hand aus Bonitätsgründen zu günstigeren Konditionen als 193
Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (143). Davon geht auch die Bundesregierung aus, vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 32. Siehe auch die betriebswirtschaftlichen Vergleichsrechnungen des Bundesrechnungshofes: Danach ergab sich bei sämtlichen im Wege des Betreibermodells zu realisierenden Projekten ein finanzieller Mehraufwand in Höhe von mindestens 10 %, im Einzelfall sogar bis zu 62,5 %, vgl. Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1995 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BT-Drs. 13/2600, S. 59. 195 Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (147). 194
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
57
ein privater Investor erhalten würde. 196 Die im Vergleich zu einer staatlichen Kreditaufnahme höheren Zinsen fließen in die Bemessung der vom Bund zu zahlenden Nutzungsentgelte ein und tragen ebenfalls dazu bei, daß die private Vorfinanzierung grundsätzlich höhere Kosten als eine staatliche Finanzierung verursacht. Niedrigere Zinsen kann ein privater Investor nur dann erzielen, wenn er die künftigen Nutzungsentgeltsansprüche gegen den Bund an die Bank verkauft und abtritt (sog. „Forfaitierung"). Der Wert der abgetretenen Forderung ist umso höher, als die Forderung losgelöst vom zugrundeliegenden Konzessionsvertrag mit dem Bund, d.h. einredefrei übertragen wird. Der Bund müßte also auf sämtliche ihm gegenwärtig und künftig zustehenden Gegenrechte aus dem zugrundeliegenden Bauvertrag (z.B. wegen Ausführungsmängeln) gegenüber der Bank verzichten. 197 A u f diese Weise kann ein Privater zwar ähnlich günstige Zinskonditionen wie bei einer Kreditaufnahme durch die öffentliche Hand erhalten; infolge der Einschaltung eines Dritten in den Finanzierungsvorgang ergeben sich aber gleichwohl zwangsläufig höhere Gesamtkosten als bei einer unmittelbaren Haushaltsfinanzierung. 198 Im übrigen sind die im Wege der Forfaitierung zu erzielenden vergleichsweise günstigen Zinsen nicht in der Lage, die aus dem unternehmerischen Gewinndenken resultierenden Mehrkosten zu kompensieren, so daß letztlich private Vorfinanzierungsmodelle im direkten Kostenvergleich regelmäßig teurer sind als die herkömmliche Finanzierung über den Staatshaushalt.199
196
Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 32; Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (147). Die Zinsdifferenz zwischen der Eigenfinanzierung durch Staatskredite und der Fremdfinanzierung im Wege des Konzessionsmodells beträgt mindestens 4 % p.a., so Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. (284). 197 Wilhelm/Theißen, ZfBR 1994, S. 155 ff. (157 f.). Zum Einsatz der Forfaitierung im Rahmen der privaten Vorfinanzierung beim Bau der Nahebrücke im Zuge der L 242 zwischen Langenlonsheim und Gensingen vgl. Bruns, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, 1994, S. 159 ff. (165). 198 Vgl. Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (147), der daraufhinweist, daß es beim Bau der Nahebrücke zwar gelungen sei, die Kosten der Kreditbeschaffung durch Private auf dem für die Aufnahme öffentlicher Kredite günstigen Niveau zu halten, die Einschaltung des Bauunternehmers bei der Kreditaufnahme aber gleichwohl zu einer - wenngleich geringen, so doch unvermeidbaren - Erhöhung der Gesamtkosten gefuhrt habe. 199 Eine gewisse Kostensenkung läßt sich möglicherweise dadurch erreichen, daß Private erfahrungsgemäß in der Lage sind, bei Großprojekten günstigere Preise durchzusetzen als die öffentliche Hand. Zu möglichen Kosten vorteilen privater Investoren vgl. Bergström, in: Int. Verkehrswesen 43 (1991), S. 183 ff. (187); zweifelnd Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. (284).
5 8 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen (3) Zur finanzverfassungsrechtlichen Problematik des Konzessionsmodells In finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht ist das Konzessionsmodell nicht unbedenklich, was im folgenden dargestellt werden soll. 200
(a) Grundsatz der Vollständigkeit und Wahrheit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG) Ein Verstoß gegen Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG, wonach alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes in den Haushaltsplan einzustellen sind, 201 ist nicht ersichtlich: Erstmals seit 1994 werden fur die Nutzungsentgelte, die der Bund nach Fertigstellung des betreffenden Vorhabens an die private Projektgesellschaft zu zahlen hat, im Haushaltsplan Verpflichtungsermächtigungen 202 ausgebracht; diese Verpflichtungsermächtigungen werden nach Beendigung des Bauvorhabens für die jährlichen Ratenzahlungen im jeweiligen Haushaltsjahr durch Ausgabemittel ersetzt. 203 Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Einstellung von Verpflichtungsermächtigungen im Hinblick auf Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG verfassungsrechtlich geboten ist oder ob es sich dabei nur um eine aus § 11 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 5 BHO folgende einfachgesetzliche Pflicht handelt; 204 den Anforderungen an die Haushaltsgrundsätze der Vollständigkeit und Wahrheit ist in jedem Falle genügt. 205
200 Vgl. hierzu auch VerfGH Rheinland-Pfalz, U.v. 20.11.1996 - VGH Ν 3/96 -, DVB1 1997, S. 491 ff. Gegenstand der dem Urteil zugrundeliegenden Normenkontrollklage der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war die Privatfinanzierung von Landesstraßen in Rheinland-Pfalz nach dem sog. „Mogendorfer Modell", das im wesentlichen dem Konzessionsmodell auf Bundesebene entspricht. Trotz der im Urteil festgestellten Verstöße gegen die Landesverfassung hat der VerfGH die in RheinlandPfalz praktizierte Form des Konzessionsmodells letztlich nicht für unzulässig erklärt, sondern eine differenzierende Position bezogen und auf die Erfordernisse der Praxis mit der Annahme eines weiten Gestaltungs- und Anpassungsspielraumes des Landtages reagiert. Zum Urteil des VerfGH siehe Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. (288); Zeiss, NVwZ 1998, S. 467 ff. 201 Zum Grundsatz der Vollständigkeit und Wahrheit des Haushaltsplans vgl. Fn. 154. 202 Vgl. § 5 HGrG, § 6 BHO. Zum Begriff der Verpflichtungsermächtigung vgl.
Fährmann, DÖV 1979, S. 886 ff. 203
Vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 26.1, S. 381. Für eine Erstreckung des Begriffs der „Ausgaben" i.S.d. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG auf Verpflichtungsermächtigungen vgl. Fischer-Menshausen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 110 Rn. 9, 17; Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1981, Art. 110 Rn. 32. Gegen eine solche Auslegung Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Stand des Gesamtwerks: 1995, Art. 110 Rn. 40; Heuer, 204
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
59
Demgegenüber müssen die von den privaten Investoren am Kapitalmarkt aufgenommenen Kredite nicht in den Haushaltsplan eingestellt werden, da es sich dabei nicht um Einnahmen des Bundes handelt; dies wäre nur dann der Fall, wenn die Mittel, die dem Privaten durch die Krediteinnahmen zufließen, von der Projektgesellschaft direkt an den Bund weitergeleitet würden und dieser auch den Finanzierungsdienst übernähme. 206 Im Rahmen des Konzessionsmodells jedoch werden die Kreditmittel des privaten Investors von diesem selbst verwendet und fließen ohne Zwischenschaltung des Bundes unmittelbar in die Errichtung des Vorhabens. Wenn auch der Private mit den Krediten ein öffentliches Vorhaben finanziert und die Kreditaufnahme mittelbar dem Bund zugute kommt, der das mit Kreditmitteln erstellte Objekt schließlich erwirbt, macht dies weder den Kredit zu einer staatlichen Anleihe noch das Erwerbsgeschäft zu einer Kreditaufnahme. 207
(b) Keine Kreditaufnahme i.S.d. Art. 115 Abs. 1 GG Das Konzessionsmodell verstößt auch nicht gegen die Bestimmungen über die Aufnahme von Krediten in Art. 115 Abs. 1 GG, da nicht der Bund, sondern der private Investor die Kredite zur Finanzierung des Projektes aufnimmt und dem Kreditgeber gegenüber zur Tilgung verpflichtet ist. Zwar wird zum Teil die Auffassung vertreten, Art. 115 GG komme auch dann zur Anwendung, wenn sich der Finanzierungsvorgang formal als Kredit-
in: ders., Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand des Gesamtwerks: 1997, Art. 110 Rn. 13. 205 Die gegenwärtige Praxis für ausreichend befinden auch Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 26.1, S. 381; Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 100 f. Demgegenüber hält Püttner, Zur Rechtmäßigkeit des Privatfinanzierungsmodells im Straßenbau, 1994, S. 8 ff., die diesbezüglichen Verpflichtungsermächtigungen der Haushalte 1994 und 1995 für unvollständig, da die künftigen Belastungen späterer Jahre angeblich nicht erfaßt seien. Kritisch auch - unter Einbeziehung des Haushalts 1996 - Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. (286 f.). Zu den Anforderungen im Hinblick auf Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG vgl. auch VerfGH Rheinland-Pfalz, U.v. 20.11.1996 - VGH Ν 3/96 -, DVB1 1997, S. 491 ff. (494 f.): Danach soll es erforderlich sein, daß Bau- und Finanzierungskosten der privat errichteten Straßen im Haushaltsplan getrennt ausgewiesen werden. 206 Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (144 f.); Wendt, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 37 ff. (45). Dementsprechend hielt der Bundesrechnungshof seinerzeit die Tätigkeit der Öffa, die die zunächst im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auf dem Kapitalmarkt aufgenommenen Kredite an den Bund weiterleitete, für verfassungswidrig, da die weitergeleiteten Gelder nicht gemäß Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG als Einnahmen im Haushaltsplan ausgewiesen waren, vgl. oben a). 207 Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (145); vgl. auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 156 f.
6 0 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen aufnähme eines Dritten darstelle, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise jedoch einer staatlichen Kreditaufnahme gleichkomme. 208 Als „Aufnahme von Krediten" i.S.d. Art. 115 Abs. 1 GG gelten aber auch in diesem Fall nur solche Geldbewegungen, durch die dem Bund für eine bestimmte Zeit Geldmittel zur Finanzierung von Haushaltsausgaben zugeführt werden 209 (sog. „Finanzschulden" 210 ). Nicht erfaßt werden hingegen auf eine Geldleistung gerichtete Verbindlichkeiten, die aus laufender Verwaltungstätigkeit erwachsen, wie z.B. Vergütungsforderungen oder Kaufpreisansprüche gegen den Bund (sog. „Verwaltungsschulden").211 Die formale Kreditaufnahme durch einen Dritten gilt demzufolge nur dann als Kreditgeschäft des Bundes, wenn eine Verwaltungsschuldverbindlichkeit eingegangen wird, durch die dem Staat „finanziell eine außergewöhnliche, materiell mit der vorübergehenden Erschließung einer Geldquelle vergleichbare Position" verschafft wird; 2 1 2 wie z.B. dann, wenn der Bund die mit einem mehrjährigen Zahlungsziel erworbenen Güter weiterveräußern und den Erlös zwischenzeitlich zur Haushaltsdeckung verwenden kann. 213 Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Verlagerung der Finanzierung auf einen privaten Investor bezweckt nicht die Beschaffung von Geldern als Dekkungsmittel zur Haushaltsfinanzierung, sondern soll eine möglichst schnelle Realisierung des Projektes ermöglichen. 214 Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung handelt es sich somit nicht um eine Kreditaufnahme des Bundes.
(c) Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes? Aufgrund seiner im Vergleich zur herkömmlichen Haushaltsfinanzierung höheren Kosten ist allerdings zweifelhaft, ob das Konzessionsmodell dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung entspricht, der Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG zu entnehmen ist: Indem Art. 114 Abs. 2 208
Demgemäß waren seinerzeit die Kreditaufnahmen der Öffa in den Haushaltsgesetzen durch den Anforderungen in Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG entsprechende Ermächtigungen gedeckt, vgl. Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofes, BT-Drs. 5/4066, S. 31,41. 209 Fischer-Menshausen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 115 Rn. 8; Höfling, DÖV 1995, S. 141 ff. (144). 210 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zur geltenden Fassung des Art. 115 Abs. 1 GG, BT-Drs. 5/3040, S. 47 Tz. 129. 211 Das Eingehen solcher Verbindlichkeiten bedarf zwar einer haushaltsrechtlichen Grundlage, unterliegt jedoch nicht den spezifischen Bindungen des Art. 115, vgl. Friauf, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 321 ff. (334). 212 Höfling, DÖV 1995, S. 141 ff. (146). 213 Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (145). 214 Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (145).
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
61
S. 1 GG die Wirtschaftlichkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung als Prüfungsmaßstab für eine nachträgliche Kontrolle durch den Bundesrechnungshof nennt, bringt er gleichzeitig zum Ausdruck, daß bereits das zu überprüfende Verwaltungshandeln selbst an Wirtschaftlichkeitsüberlegungen zu orientieren ist. 215 „Wirtschaftlich" ist eine Maßnahme dann, wenn die Bedeutung der durch sie erreichbaren Ziele für das Gemeinwohl den eingesetzten Aufwand an Zeit, Arbeitskraft, Finanzmitteln usw. - unter Einschluß etwaiger abträglicher Nebenfolgen - als gerechtfertigt erscheinen läßt und die gleichen Ziele nicht auch mit geringerem Aufwand erreicht werden könnten. 216 Es geht also darum, mit den gegebenen Mitteln den größtmöglichen Erfolg (Maximalprinzip) bzw. einen bestimmten Erfolg mit den geringstmöglichen Mitteln (Minimalprinzip) zu erreichen. 217 Diese Prinzipien klingen auch in § 7 Abs. 2 S. 1 BHO an, der den in § 7 Abs. 1 S. 1 BHO einfachgesetzlich normierten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz 218 konkretisiert und für geeignete Maßnahmen die Durchführung vergleichender Nutzen-Kosten-Untersuchungen fordert, mit deren Hilfe die wirtschaftlichste Lösung zur Erledigung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe ermittelt werden soll. 219 Im konkreten Fall sind also die anfallenden Kosten und der erzielbare Nutzen einer privaten Vorfinanzierung mit denen einer staatlichen Finanzierung zu vergleichen. Stellt man nun Kosten und Nutzen beider Alternativen einander gegenüber, erscheint es zweifelhaft, ob die private Vorfinanzierung einer öffentlichen Straße die wirtschaftlichere Lösung darstellt. Ein Vergleich der anfallenden Kosten
215 Vgl. Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (146); Heuer, in: ders. (Hrsg.), Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand des Gesamtwerks: 1997, Art. 114 Rn. 66. Daß der haushaltsrechtliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Verfassungsrang besitzt, ist mittlerweile anerkannt, vgl. Fischer-Menshausen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 114 Rn. 17; Vogel/Kirchhof, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1973, Zweitbearbeitung Art. 114 Rn. 90. 216 Vogel/Kirchhof, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1973, Zweitbearbeitung Art. 114 Rn. 90; Kisker, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 235 ff. (284). 217 Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (146); Kisker, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 235 ff. (284). 218 Vgl. auch § 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 BHO, die durch Art. 11 des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21.12.1993 (BGBl I S. 2353) eingefügt wurden und den Staat verpflichten, bei der Suche nach der wirtschaftlichsten Alternative zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe privatrechtliche Lösungen miteinzubeziehen. 219 Zu Bedeutung und Funktion, Voraussetzungen und Arten von Nutzen-KostenUntersuchungen vgl. Dommach, in: Heuer (Hrsg.), Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand des Gesamtwerks: 1997, § 7 BHO Rn. 15 ff.
6 2 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen fällt aus den bereits genannten Gründen regelmäßig zugunsten der herkömmlichen Haushaltsfinanzierung aus. 220 Die höheren Kosten privater Vorfinanzierungsmodelle könnten jedoch möglicherweise durch die entsprechend höhere Effektivität, die diesen Modellen zugeschrieben wird, kompensiert werden: Mit Hilfe privater Vorfinanzierungsmodelle ist es möglich, Straßenbauvorhaben, für die der Staat zur Zeit keine Haushaltsmittel zur Verfügung stellen kann, früher zu realisieren. 221 Die mit einem solchen Zeitgewinn verbundenen positiven Auswirkungen auf die Volkswirtschaft können allerdings erheblich sein: Es wurde bereits angesprochen, daß ein leistungsfähiges Verkehrswegenetz aus wirtschaftlichen Gründen unabdingbar ist. 222 Gute Verkehrsanbindungen sind unerläßliche Voraussetzung für einen attraktiven Wirtschaftsstandort und beeinflussen die Ansiedlung von Unternehmen und damit letztlich die Schaffung von Arbeitsplätzen. 223 Nicht zuletzt kann eine schnelle und nachhaltige Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur nachteilige Umweltauswirkungen reduzieren und zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen. 224 Fraglich ist allerdings, ob die mit einer schnelleren Projektrealisierung einhergehenden wirtschaftlichen Impulse tatsächlich in der Lage sind, die gleichzeitig auftretenden Mehrkosten einer privaten Vorfinanzierung aufzuwiegen. 225 Abgesehen von den Schwierigkeiten, dem aus der privaten Vorfinanzierung von Verkehrsprojekten resultierenden Nutzen nicht-monetärer Art einen finanziellen Wert beizumessen,226 wird man diese Frage letztlich verneinen müssen: Zu bedenken ist zunächst, daß sich die gemeinhin mit einer privaten Vorfinanzierung verbundenen positiven gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen regelmäßig auch bei einer Finanzierung über den Staatshaushalt erreichen lassen. Der im Zusammenhang mit der Einschaltung Privater propagierte Vorteil des Zeitgewinns kann deshalb nur dann als Argument für eine private Vorfinanzierung herangezogen werden, wenn der Staat das vorgesehene Straßenbauprojekt nicht
220
Vgl. oben (2). Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 17. 222 Vgl. Einleitung. 223 Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 14. 224 Bruns, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, 1994, S. 159 ff. (160). 225 So in der Tat die Auffassung der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", die private Vorfinanzierungsmodelle aufgrund der genannten gesamtwirtschaftlichen Vorteile für mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot vereinbar hält, vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 32. 226 Vgl. hierzu Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 152; Püttner, Zur Rechtmäßigkeit des Privatfinanzierungsmodells im Straßenbau, 1994, S. 12. 221
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
63
selbst über Kredite finanzieren und daher erst zu einem späteren Zeitpunkt verwirklichen könnte. Dies ist jedoch - obwohl die Aufnahme staatlicher Kredite gewissen verfassungs- und einfachgesetzlichen Vorgaben unterliegt 227 - in der Regel nicht der Fall. Der einer privaten Vorfinanzierung zugeschriebene gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Nutzen durch Zeitgewinn läßt sich in gleichem Maße auch dadurch erzielen, daß die vorgesehenen Projekte über eine erhöhte Kreditaufnahme durch den Bund realisiert werden. 228 Aber selbst dann, wenn die konkrete wirtschaftliche Situation eine Ausweitung staatlicher Kredite nicht zulassen sollte, 229 vermag die frühere Verwirklichung eines Straßenbauprojektes im Wege privater Vorfinanzierung die damit verbundenen Mehrkosten nicht zu kompensieren. Mit dem Einsatz privater Vorfinanzierungsmodelle lassen sich die finanziellen Schwierigkeiten des Bundes nicht lösen; sie werden lediglich vertagt und gleichzeitig für die Zukunft sogar verschärft, da aufgrund der ab Fertigstellung des Projektes zu zahlenden Nutzungsentgelte künftige Haushalte belastet werden und dadurch andere Straßenbauprojekte verschoben werden müssen.230 Geht eine vorzeitige Realisierung von Fernstraßenprojekten auf Kosten künftiger, ebenso dringender Maßnahmen, können die höheren Kosten privater Vorfinanzierungsmodelle nicht mit dem Vorteil des Zeitgewinns gerechtfertigt werden. 231 Vergleicht man die anfallenden Kosten und den erzielbaren Nutzen bei der Finanzierung eines Verkehrsprojektes im Wege privater Vorfinanzierung mit Kosten und Nutzen einer herkömmlichen Finanzierung über den Bundeshaushalt, so stellt sich die private Vorfinanzierung regelmäßig als die unwirtschaftlichere Alternative dar. Vorfinanzierungsmodelle wie das Konzessions- oder das Leasing-Modell verstoßen daher - sofern sie nicht ausnahmsweise günstiger
227
Zu diesen Anforderungen vgl. Friauf, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 321 ff. (329 ff.). 228 Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1995 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BT-Drs. 13/2600, S. 60; von Arnim, Möglichkeiten privatwirtschaftlich geplanter, finanzierter bzw. betriebener Infrastrukturvorhaben des Bundes, 1991, S. 101; Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (147); Rothengatter, Die Gemeinde 1995, S. 276 ff. (278). 229
In diesem Zusammenhang ist insbesondere Art. 109 Abs. 2 GG zu beachten, der als übergreifende finanzverfassungsrechtliche Grundsatznorm auch bei der Kreditaufnahme Geltung beansprucht, vgl. Friauf, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 321 ff. (335 ff.); BVerfG, U.v. 18.4.1989 - 2 BvF 1/82 -, BVerfGE 79, 311 ff. (330 ff). Auch im Hinblick auf die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion erscheint eine vermehrte Aufnahme staatlicher Kredite nicht angezeigt, da eine niedrige Staatsverschuldung zu den Maastrichter Konvergenzkriterien für 2die Einführung des EURO zählt, Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. (281, 287). 30 Vgl. Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1995 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BT-Drs. 13/2600, S. 61. 231 Vgl. Bemerkungen des Bundesrechnungshofes, a.a.O., S. 61.
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
oder mindestens ebenso günstig wie eine staatliche Finanzierung sind - gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und sind daher verfassungswidrig. 232
cc) Betreibermodell (1) Das Konzept des Betreibermodells Unter dem Stichwort „Betreibermodell" versteht man Modelle, bei denen private Unternehmen Verkehrsinfrastruktureinrichtungen finanzieren, bauen und betreiben und für deren Nutzung ein leistungsabhängiges Entgelt erhalten. Das Projekt wird vom privaten Investor lediglich vorfinanziert; die Refinanzierung der getätigten Investitionen erfolgt über die von den Benutzern der Einrichtung zu zahlenden Nutzungsentgelte. 233 Das Betreibermodell geht auf eine Initiative des Niedersächsischen Wirtschaftsministeriums aus dem Jahre 1979 zurück und wurde ursprünglich für den Bereich der Abwasserbeseitigung entwickelt. 2 3 4 Der in Deutschland als Betreibermodell bezeichneten Form der privaten Finanzierung von Verkehrsprojekten entspricht der im internationalen Sprachgebrauch verwendete Begriff „Build-Operate-Transfer-Modell" (kurz: B.O.T.Modell), das bei der Errichtung grenzüberschreitender Verkehrsgroßprojekte
232 Verfassungsrechtliche Zweifel äußern auch Grupp, DVB1 1994, S. 140 ff. (147); Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (140); Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 171 f.; Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. ( 286). Grupp, a.a.O., weist daraufhin, daß das Konzessionsmodell in erster Linie politische Vorteile habe, da die Kritik in der Öffentlichkeit am Anstieg der Staatsverschuldung bei einer Vorfinanzierung durch Private deutlich geringer ausfalle als bei der herkömmlichen Finanzierung über eine Kreditaufnahme der öffentlichen Hand. Dieser politische Nutzen bilde freilich keinen abwägungserheblichen Belang bei der Prüfung, ob die Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten dem Wirtschaftlichkeitsprinzip genüge. Ebenso Ekardt, VB1BW 1997, S. 281 ff. (284 f.). 233 Vgl. zum Betreibermodell Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur", Juni 1991, S. 22; Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 16 Rn. 26.2, S. 381. Innerhalb der Kategorie „Betreibermodell" werden je nach Art und Weise der privaten Kapitalbeschaffung weitere Differenzierungen vorgenommen, vgl. hierzu Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 111 ff. 234 Vgl. dazu Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr (Hrsg.), Privatisierung kommunaler Kläranlagen, 2. Aufl. 1988. Zu praktischen Erfahrungen mit dem Niedersächsischen Betreibermodell vgl. Spelthahn/Steger, Privatisierung der Abwasserbeseitigung, 1992, S. 62 ff.
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
65
zunehmend an Bedeutung gewinnt. 235 Der 1987 begonnene und 1994 fertiggestellte Bau des Kanaltunnels zwischen Großbritannien und Frankreich gilt als Musterbeispiel für die private Finanzierung eines internationalen Verkehrsprojektes auf der Grundlage des B.O.T.-Modells. 236 Voraussetzung für den Einsatz des Betreibermodells bei der Finanzierung des Straßenbaues ist die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren. Aus diesem Grund wird das Betreibermodell speziell im Bereich des Straßenbaues auch „Mautmodell" genannt. Für die meisten europäischen Nachbarländer ist eine Finanzierung des Straßenbaues über Mautgebühren nichts Neues. Insbesondere Italien, Frankreich und Spanien können auf jahrzehntelange Erfahrungen mit dem mautfinanzierten Straßenbau zurückblicken. In diesen Ländern werden vor allem Autobahnen von privatwirtschaftlichen, zum Teil staatlich beherrschten Mautgesellschaften finanziert, gebaut und betrieben. 237 In Deutschland kam die Finanzierung privat betriebener Straßen über direkt bei den Nutzern erhobene Gebühren bisher nicht in Betracht. Gegen eine Erhebung von Mautgebühren sprachen in erster Linie politische Gründe, da zu befürchten war, daß eine zusätzliche finanzielle Belastung der Autofahrer in der Bevölkerung auf wenig Akzeptanz stoßen würde. Darüber hinaus wurde auf die mit einer automatischen Gebührenerhebung verbundenen Schwierigkeiten hingewiesen: Die Gebührenerhebungssysteme waren nicht nur äußerst kostspielig, sondern schienen auch technisch nicht ausgereift genug, um die Gewähr für eine reibungslose und wirtschaftlich effiziente Gebührenerhebung zu bieten. 238 Erst im Jahre 1994 wurden mit Erlaß des FStrPrivFinG die rechtlichen Grundlagen für die Einführung des Betreibermodells geschaffen. Das Gesetz wird mittlerweile auch praktisch umgesetzt. Pilotprojekt ist der Bau der Warnow-Querung im Zuge der Β 103 η bei Rostock, deren Fertigstellung für das Jahr 2000 geplant ist. 239
235 Allgemein zu den B.O.T.-Modellen vgl. Nicklisch (Hrsg.), Rechtsfragen privatfinanzierter Projekte: nationale und internationale BOT-Projekte, 1994; Stewing , BauR 1991, S. 703 ff. (704). 236 Vgl. Herdegen, in: Nicklisch (Hrsg.), Rechtsfragen privatfinanzierter Projekte: nationale und internationale BOT-Projekte, 1994, S. 41 ff. Zu den vertraglichen Grundlagen und zum Finanzierungskonzept des Kanalprojektes sowie zu den Schwierigkeiten bei der Errichtung des Tunnels vgl. Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 139 ff. 237 Zu den Erfahrungen mit mautfinanziertem Straßenbau im europäischen Ausland vgl. unten sub C. 238 Zu den technischen und datenschutzrechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer automatischen Gebührenerhebung vgl. im Zweiten Teil, C. III. 6. 239 Zum Bau der Warnow-Querung sowie zur Diskussion um die Realisierung weiterer Projekte vgl. bereits oben in der Einleitung. 5 Susanne Schmitt
66
1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
(2) Das Betreibermodell als Alternative zu Leasing- und Konzessionsmodell Das Betreibermodell bietet die Möglichkeit, bestimmte Straßenbauprojekte, die aufgrund anderer Prioritäten auf absehbare Zeit nicht mit Haushaltsmitteln errichtet werden können, früher zu realisieren. 240 Im Gegensatz zum Leasingund zum Konzessionsmodell wird der Staatshaushalt bei einer privaten Finanzierung auf der Grundlage des Betreibermodells nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft entlastet, da sich der private Investor über direkt beim Straßenbenutzer erhobene Mautgebühren refinanziert. Mit dem Leasing- oder dem Konzessionsmodell läßt sich hingegen lediglich „Zeit einkaufen", da die dort praktizierte Refinanzierung über Ratenzahlungen des Bundes künftige Haushalte belastet. Nachdem nunmehr mit Erlaß des FStrPrivFinG die rechtlichen Grundlagen fur einen Einsatz des Betreibermodells im Bundesfernstraßenbau geschaffen wurden, ist daher zu erwarten, daß der Bund künftige Straßenbauvorhaben, für die keine Haushaltsmittel zur Verfugung stehen, auf der Grundlage des Betreibermodells zu realisieren sucht. Abgesehen davon, daß nach dem FStrPrivFinG Mautgebühren nur für bestimmte Straßen und Bauwerke erhoben werden dürfen, 241 werden sich allerdings längst nicht alle Vorhaben für einen effizienten privatwirtschaftlichen Betrieb und damit für eine Realisierung als Betreibermodell eignen. 242 Da eine private Vorfinanzierung im Wege des Leasing- oder des Konzessionsmodells regelmäßig höhere Kosten als eine herkömmliche Finanzierung über den Bundeshaushalt verursacht und aus diesem Grund wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verfassungswidrig ist, 243 wird in den Fällen, in denen eine private Finanzierung nach dem FStrPrivFinG nicht in Betracht kommt, die Einschaltung eines privaten Investors nicht möglich
240
Vgl. die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 1, 5. Vgl. § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG. Dazu näher im Zweiten Teil, C. III. 3. 242 Vgl. hierzu im Zweiten Teil, C. II. 2. c). 243 Vgl. oben bb) (3). Beim Leasing-Modell kommt hinzu, daß die damit angestrebten steuerlichen Vorteile für den privaten Investor nicht oder jedenfalls nur unter Schwierigkeiten erreicht werden können und das Modell somit für Private in finanzieller Hinsicht keine Anreize bietet, vgl. oben aa) (2). 244 Um den Fernstraßenbau künftiger Jahre nicht zu belasten, ist gegenwärtig nicht geplant, die Liste der Konzessionsmodelle zu erweitem, vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 1. 241
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Fernstraßenbau
67
2. Die Einschaltung Privater in Planung und Baudurchführung bei der Erstellung von Bundesfernstraßen - Die Tätigkeit der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Baugesellschaft mbH) Um den mit der Wiedervereinigung einhergehenden enormen Nachholbedarf im Straßenbau in den neuen Bundesländern schneller bewältigen zu können, 245 beschloß die Bundesregierung die Gründung der „DEGES" (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Baugesellschaft mbH), einer in die Rechtsform einer GmbH gekleideten Gesellschaft des Privatrechts, die die Planungsund Bauherrenaufgaben 246 der Straßenbauvorhaben der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit" 247 wahrnehmen soll. 248 Gesellschafter der DEGES sind der Bund, die Rhein-Main-Donau-AG und die fünf neuen Bundesländer. Der Bund ist zu 50 % an der DEGES beteiligt; hiervon entfällt die Hälfte auf die Rhein-Main-Donau-AG. 249 Die restlichen 50 % verteilen sich zu je gleichen Teilen auf die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. 250 Gegenstand des Unternehmens ist nach dem Gesellschaftsvertrag vom 7.10.1991 die „Planung und - auf der Grundlage von Maßnahmegesetzen oder vergleichbaren politischen Entscheidungsgrundlagen - Baudurchführung (Bau245
Als flankierende Maßnahme für eine Verkürzung der Gesamtplanungszeit bei Verkehrsprojekten ist das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (VerkPBG) vom 16.12.1991 (BGBl I S. 2174) zu nennen, das zunächst nur als zeitlich befristetes Sonderrecht für die neuen Bundesländer gedacht war, dessen wesentlichen Regelungselemente mittlerweile aber durch das Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - PIVereinfG) vom 17.12.1993 (BGBl I S. 2123) für das gesamte Bundesgebiet eingeführt wurden. Zum VerkPBG vgl. Wagner, NVwZ 1992, S. 232 ff. mit krit. Anm. von Klinski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 ff.; ferner Ronellenfitsch, LKV 1992, S. 115 ff.; Reinhardt, DtZ 1992, S. 258 ff. Zu den Auswirkungen des PIVereinfG auf das FStrG vgl. Pasternak, BayVBl 1994, S. 616 ff.; Steiner, NVwZ 1994, S. 313 ff. 246 Stüer, DVB1 1992, S. 1528 ff. (1528). 247 Vgl. hierzu oben Fn. 4. 248 Parallelgesellschaften zur DEGES sind im Bereich der Bundesbahnplanung zur Verwirklichung der „Schienenprojekte Deutsche Einheit" im Juli 1990 mit der Planungsgesellschaft Schnellbahnbau Hannover-Berlin und im August 1991 mit der Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH geschaffen worden, vgl. HoffmannBurchardU L K V 1992, S. 322 ff. (323 Fn. 4). 249 Die Rhein-Main-Donau-AG wurde aufgrund des Main-Donau-Vertrages vom 13.6.1921 zum Ausbau der Großschiffahrtsstraße von Aschaffenburg bis zur Reichsgrenze bei Passau gegründet, vgl. dazu Fastenrath/Simma, DVB1 1983, S. 8 ff. Mit Vertrag vom 21.7.1994 haben der Bund und der Freistaat Bayern ihre Beteiligung an der Rhein-Main-Donau-AG an ein Erwerbskonsortium verkauft, wobei der Gesellschafterwechsel am 1.1.1995 wirksam geworden ist, vgl. Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3150 Fn. 4). 250 Vgl. Straße und Autobahn 1991, S. 617 ff. (619).
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Vorbereitung und Bauüberwachung) der Bundesfernstraßenprojekte Deutsche Einheit." 251 In fünf gleichlautenden Vereinbarungen zwischen dem Bund und jedem einzelnen Bundesland sind die Verkehrsprojekte beschrieben, die der DEGES zur Betreuung übertragen sind. Es handelt sich dabei um rund 1100 km von insgesamt 1900 km der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit Straße". Auf die DEGES entfallen damit ca. 57 % des Gesamtvolumens von 23 Mrd. D M . 2 5 2 Nach den ebenfalls gleichlautenden Dienstleistungsverträgen, die zwischen dem jeweiligen Land und der DEGES abgeschlossen wurden, ist es Aufgabe der DEGES, die ihr zur Betreuung übertragenen Verkehrsprojekte „nach Abstimmung mit der obersten Landesstraßenbaubehörde im Namen und im Auftrag des Landes zu planen sowie die mit dem Bau oder Ausbau zusammenhängenden Verträge für das Land im Namen und auf Rechnung des Bundes abzuschließen und abzuwickeln." 253 Die DEGES soll aber nicht selbst bauen oder als Ingenieurbüro selbst projektieren. 254 Sie versteht sich lediglich als „Projektmanagement-Gesellschaft" 255; hoheitliche Aufgaben und Befugnisse sind in den Dienstleistungsverträgen von der Übertragung ausdrücklich ausgenommen.256 Demnach werden insbesondere die eigentliche Planfeststellung, die Bauaufsicht oder eventuell notwendige Enteignungsverfahren nicht delegiert und verbleiben bei den zuständigen Behörden. 257 Zu den einzelnen, von der DEGES wahrzunehmenden Aufgaben der Baudurchführung gehören insbesondere die Investitions- und Budgetplanung, der Grunderwerb, die Vertragsabschlüsse für Planungs- und Bauarbeiten, die Bau-
251 § 2 des Gesellschaftsvertrages, vgl. Klofat, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau - Innenstadtverkehr, 1993, S. 7 ff. (10). 252 Vgl. Straßenbaubericht 1991, BT-Drs. 12/4068, S. 18. 253 So Ziff. 2 des jeweiligen Dienstleistungsvertrages zwischen den einzelnen Ländern und der DEGES, vgl. Klofat, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau - Innenstadtverkehr, 1993, S. 7 ff. (10). Der Dienstleistungsvertrag zwischen dem Land Brandenburg und der DEGES findet sich vollständig abgedruckt in: Präsident des Bundesrechnungshofes, Bericht zur Verlagerung der Planung und Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen des Bundes auf Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, März 1992, Anlage 7. 254 Hoffmann-Burchardi, LKV 1992, S. 322 ff. (323). 255 Klofat, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau - Innenstadtverkehr, 1993, S. 7 ff. (20). 256 Vgl. Ziff. 1 des jeweiligen Dienstleistungsvertrages. Der vertragliche Ausschluß hoheitlicher Aufgaben spiegelt den in Literatur und Rechtsprechung unbestrittenen Grundsatz wider, daß die Übertragung hoheitlicher Befugnisse (Beleihung) einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedarf, so Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (521). Zur Beleihung vgl. im Zweiten Teil, C. I. 2. a). 251 Stüer, DVB1 1992, S. 1528 ff. (1528).
Β. Privatfinanzierung und Privatisierung im Festraßenbau
69
betriebsplanung, die Baulenkung und die Erfolgskontrolle. 258 Die einer Wahrnehmung durch die DEGES zugänglichen Planungsaufgaben sind in einer vom Bundesverkehrsministerium als Leitfaden für die Praxis erstellten „Abgrenzungsliste", die zwischen den Planungsphasen „Vorplanung" und „Genehmigungsplanung" differenziert, näher konkretisiert: 259 Bei den der DEGES im Rahmen der „Vorplanung" zur „Ausführung" und/oder „Aufstellung" übertragenen Aufgaben handelt es sich zum Teil um rein technische Vorarbeiten wie verkehrswissenschaftliche Untersuchungen, Vermessungen, Befliegungen, Luftbildauswertungen und Verkehrsuntersuchungen. Genannt werden jedoch auch über rein technische Vorarbeiten hinausgehende Aufgaben wie Umweltverträglichkeitsprüfung, Variantenuntersuchung sowie die Aufstellung der Unterlagen für die Linienbestimmung und die Erstellung des Vorentwurfs. Die Tätigkeit der DEGES beschränkt sich aber nicht nur auf rein technische Vorarbeiten und das Planaufstellungsverfahren, sondern sieht im Rahmen der „Genehmigungsplanung" eine Übertragung von Tätigkeiten auch für das eigentliche Planfeststellungsverfahren vor. Genannt werden z.B. die „Ausführung" bei der Aufstellung der Planfeststellungsunterlagen, die „Betreuung" der Erörterung und die „Hilfestellung" bei der Vorbereitung des Planfeststellungsbeschlusses. Zur Finanzierung trägt der Bund - entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art. 104 a Abs. 2, Abs. 5 GG 2 6 0 - die Kosten für Bau und Grunderwerb (Zweckausgaben) voll; die Verwaltungskosten der DEGES übernimmt er - in Anlehnung an die pauschale Abgeltung der bei der Entwurfsbearbeitung und Bauaufsicht anfallenden Zweckausgaben gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 BStrVermG - bis zur Höhe von 3 % der Baukosten. Die übrigen Verwaltungskosten, die zwischen 3 % und 6 % der Baukosten liegen, werden von dem jeweiligen Land getragen; darüber hinausgehende Verwaltungskosten werden zwischen Bund und Land geteilt. 261 Im Ergebnis fallen die Verwaltungskosten somit jeweils zur Hälfte in die Finanzierungszuständigkeit von Bund und Ländem. 2 6 2
258
Stüer, DVB1 1992, S. 1528 ff. (1528). Die Abgrenzungsliste ist abgedruckt bei Wahl, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau - Innenstadtverkehr, 1993, S. 24 ff. (57 f.). 260 Zur Aufteilung der finanziellen Verantwortung zwischen Bund und Ländern im Bundesfernstraßenwesen vgl. oben Α. I. 261 Vgl. Ziff. 3 des jeweiligen Dienstleistungsvertrages. 262 Hoffmann-Burchardi, LKV 1992, S. 322 ff. (323). Kritisch hierzu Präsident des Bundesrechnungshofes, Bericht zur Verlagerung der Planung und Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen des Bundes auf Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, März 1992, S. 18 f.; Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 148 f.: Die vorgesehene Übernahme von 50 % der Verwaltungskosten durch den Bund widerspreche der gesetzlich vorgegebenen Aufteilung der Finanzierungsverant259
7 0 1 .
Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Insgesamt zielt die Tätigkeit der DEGES nicht darauf ab, bestimmte, bislang staatlich wahrgenommene Aufgaben in den privaten Bereich zu verlagern, d.h. an außerhalb der Verwaltung stehende Personen zu übertragen. Der Staat bedient sich vielmehr in Gestalt der DEGES einer von ihm errichteten und beherrschten Gesellschaft des Privatrechts, ohne die übertragenen Aufgaben aus dem staatlichen Einfluß- und Verantwortungsbereich zu entlassen. Damit liegt ein Fall der Organisationsprivatisierung vor. 2 6 3 Die Tätigkeit der DEGES ist jedoch nicht unumstritten. Zum Teil wird bereits die Wirtschaftlichkeit der DEGES in Frage gestellt, da - bedingt durch die von § 6 Abs. 3 S. 2 BStrVermG abweichende Kostenverteilung hinsichtlich der Verwaltungskosten - der Haushalt des Bundes im Vergleich zur Wahrnehmung von Planung und Baudurchführung durch staatliche Behörden stärker belastet werde. 264 Daß die höheren Kosten durch entsprechende Zeitgewinne bei der Realisierung des Vorhabens wettgemacht werden können, wird bezweifelt. 265 Den größten Bedenken begegnet allerdings die Wahrnehmung planerischer Aufgaben durch die DEGES: Zum einen wird - unter dem Aspekt des Ausschlusses hoheitlicher Befugnisse - die in der „Abgrenzungsliste" vorgenommene Aufgabenabgrenzung zwischen der DEGES und den staatlichen Behörden kritisiert. 266 Darüber hinaus wird die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer privaten Beteiligung bei der Projektplanung aufgeworfen, und zwar konkret, ob nicht bereits mit der Tätigkeit der DEGES wichtige Vorentscheidungen für die eigentliche Schlußabwägung getroffen werden, die aus
wortung in § 6 Abs. 3 S. 2 BStrVermG und führe zu einer Verlagerung der in Art. 104 a Abs. 5 GG verankerten Zuständigkeit bei der Finanzierung der Verwaltungskosten. 263 Vgl. Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (518); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 25.3, S. 379. Zum Begriff der Organisationsprivatisierung vgl. oben I. 2. 264 Prognostiziert wird eine Mehrbelastung in Höhe von mehreren 100 Mio. DM, so Präsident des Bundesrechnungshofes, Bericht zur Verlagerung der Planung und Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen des Bundes auf Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, März 1992, S. 19, 28. 265 Vgl. Stüer, DVB1 1992, S. 1528 ff. (1528). Die geltend gemachten Zweifel, ob die DEGES tatsächlich zu einer Verkürzung des Planungs- und Vergabeprozesses beitragen wird, beruhen auf der nicht unbegründeten Befürchtung, die durch die DEGES möglicherweise erzielten Zeitgewinne könnten auf der hoheitlichen Ebene, wo nach wie vor staatliche Behörden tätig sind, aufgrund deren mangelnder personeller und sächlicher Ausstattung wieder verlorengehen, vgl. Präsident des Bundesrechnungshofes, Bericht zur Verlagerung der Planung und Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen des Bundes auf Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, März 1992, S. 26; s. auch Hoffmann-Burchardi, LKV 1992, S. 322 ff. (323 f.). 266 Vgl. insbesondere Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (521 ff.).
C. Exkurs: Ausländische Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau
71
rechtsstaatlichen Gründen dem hoheitlichen Planungsträger vorbehalten bleiben müssen. 267
C. Exkurs: Ausländische Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau Im Gegensatz zur Bundesrepublik, die den entscheidenden Schritt erst 1994 mit dem Erlaß des FStrPrivFinG wagte, verfugt das Ausland über - zum Teil bereits langjährige - Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau. Insbesondere für den Bau und die Finanzierung von Autobahnen wurden und werden private Gesellschaften eingesetzt, deren Investitionskosten nach Inbetriebnahme des Verkehrsweges über Mauteinnahmen gedeckt werden sollen. Möglicherweise lassen sich aus den ausländischen Erfahrungen mit der Mautfmanzierung wichtige Erkenntnisse für eine erfolgreiche praktische Umsetzung des FStrPrivFinG gewinnen. Im folgenden soll daher ein Überblick über den privat mautfmanzierten Straßenbau in einigen europäischen Staaten gegeben werden, die aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiet von besonderem Interesse sind: Italien (sub I.), Frankreich (sub II.) und Spanien (sub III.). 2 6 8 Im Anschluß daran wird kurz skizziert, ob und inwieweit die ausländischen Erfahrungen auf deutsche Verhältnisse übertragen werden können (sub IV.).
I. Italien 2 6 9 Der mautfinanzierte Bau von Autobahnen in Italien geht auf eine siebzigjährige Tradition zurück. Bereits in den zwanziger und dreißiger Jahren wurden insgesamt 480 km Autobahn von privaten Mautgesellschaften erstellt. Mittlerweile werden rund 85 % des Autobahnnetzes von Mautgesellschaften gebaut, finanziert und betrieben. Für die übrigen, in Süditalien und Sizilien liegenden 267
Vgl. Stüer, DVB1 1992, S. 1528 ff. (1528 f.). Näher hierzu im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den gemäß § 1 Abs. 2, Abs. 4 FStrPrivFinG übertragbaren Planungsaufgaben im Zweiten Teil, C. I. 3. a) bb). 268 Privat mautfinanzierten Straßenbau gibt es außer in Italien, Frankreich und Spanien u.a. auch in den USA und in Japan. Entsprechende Rechtsgrundlagen für diese Art der Straßenbaufinanzierung wurden zudem in Großbritannien geschaffen, vgl. Deutsche Bank Research, Privatisierung des Bundesautobahnnetzes, 1994, S. 29 f. 269 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Ewers/Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, 1995, S. 49 f.; Schmidt, F. O., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 97 ff.; Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 123 ff. Siehe auch Winter/Weber, Int. Verkehrswesen 25 (1973), S. 170 ff. (172); McKay , Möglichkeiten der privatwirtschaftlichen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur-Investitionen in der EG, 1989, S. 59 f.
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
Autobahnstrecken ist die staatliche Straßenverwaltung Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (ANAS) zuständig, die aus sozial- und regionalpolitischen Gründen auf die Erhebung von Mautgebühren verzichtet. Die rund 20 eigenständigen Mautgesellschaften sind nach italienischem Gesellschaftsrecht als privatwirtschaftliche Aktiengesellschaften organisiert. Allerdings befinden sich lediglich zwei Gesellschaften gänzlich in privater Hand; sie verwalten nur einen verhältnismäßig geringen Teil des Streckennetzes. Etwa die Hälfte der italienischen Autobahnen wird von Mautgesellschaften betrieben, die vollständig vom staatlichen Konzern IRI beherrscht werden. Die übrigen Mautgesellschaften befinden sich in der Hand regionaler und lokaler Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Regionen, Gemeinden oder Sparkassen. Insgesamt überwiegt also das öffentliche Eigentum an den Mautgesellschaften. Die Rechte und Pflichten der Gesellschaften sind in einem zeitlich befristeten Konzessionsvertrag mit der staatlichen Straßenverwaltung ANAS fixiert. In dem Vertrag wird u.a. die Höhe der Mauttarife festgelegt. Eine einheitliche Regelung der Mauttarife pro Kilometer gibt es nicht; sie weichen je nach Gesellschaft stark voneinander ab. Seit 1978 werden die Tarife in einen Konventionstarif und einen (höheren) Benutzertarif gespalten. Während der Konventionstarif die Berechnungsgrundlage fur die der Gesellschaft zustehenden Einnahmen bildet, fließt die Differenz zwischen den Einnahmen aus dem Konventionstarif und den tatsächlichen Einnahmen auf der Basis des Benutzertarifs unter Abzug der Mehrwertsteuer - an den staatlichen Zentralen Garantiefonds. Dieser Fonds soll in Notfällen illiquiden Mautgesellschaften monetäre Unterstützung gewähren. Im Zeitraum zwischen 1978 und 1981 mußte er von zwölf Unternehmen in Anspruch genommen werden. Die Mautgesellschaften finanzieren den Bau der Autobahnen im wesentlichen über Kreditaufnahmen. Darüber hinaus erhalten die Gesellschaften vom Staat begrenzte verlorene Zuschüsse; diese Zuschüsse, die je nach Gesellschaft stark variieren, machen durchschnittlich rund 20 % der Baukosten aus. Während eine staatliche Haftungsübernahme für die Schulden der Mautgesellschaften zunächst nicht vorgesehen war, führte im Laufe der Zeit kein Weg an ihr vorbei. Vor allem Ende der siebziger Jahre gerieten viele der Gesellschaften in eine bedrohliche Finanzkrise; damit die Gesellschaften weiterhin Kredite aufnehmen konnten, mußte der staatliche Haftungseintritt sukzessive erweitert werden. In der Zwischenzeit bürgt der Staat in voller Höhe für die Schulden der Mautgesellschaften; die organisatorische Abwicklung des Haftungseintritts erfolgt über den bereits erwähnten Zentralen Garantiefonds. Die Finanzkrise der siebziger Jahre - die auf eine ungünstige Entwicklung des Kapitalmarktes, auf eine teilweise Überschätzung des Verkehrsaufkommens sowie auf eine bis 1980 äußerst restriktiv betriebene antiinflationäre Gebührenpolitik zurückzuführen war - scheint mittlerweile überwunden. Im Jahre
C. Exkurs: Ausländische Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau
73
1985 trugen sich 85 % des gebührenpflichtigen Streckennetzes selbst bzw. warfen sogar Profit ab. Die Mautgesellschaften, die die übrigen Strecken bewirtschaften, mußten allerdings bezuschußt werden.
II. Frankreich 270 Auch in Frankreich überwiegen die mautfinanzierten Autobahnen. Im Vergleich zu Italien begann die Entwicklung des Autobahnbaues hier jedoch relativ spät; erst 1955 wurden die gesetzlichen Grundlagen fur die Vergabe staatlicher Konzessionen für den Bau und den Betrieb von Autobahnen geschaffen. Hintergrund war die angespannte Haushaltslage und der nur unzureichende Ausbaustand des französischen Fernstraßennetzes. Alle neun französischen Mautgesellschaften, die 1983 92,6 % des gesamten Autobahnnetzes kontrollierten, werden als Aktiengesellschaften geführt. Wie in Italien ist auch hier der Anteil der reinen Privatgesellschaften gering; mittlerweile gibt es nur noch eine Gesellschaft, die sich vollständig in privater Hand befindet. Anteilseigner sind Kreditinstitute, Finanzgesellschaften und Baufirmen. Drei weitere, Anfang der siebziger Jahre gegründete private Gesellschaften mußten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten 1982 in gemischtwirtschaftliche Unternehmen umgewandelt werden. Die Zahl der ursprünglich vier gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, deren Anteile von der Staatsdepositenkasse CDC (Caisse des Depots et Consignations), von Departements und Kommunen sowie einer Reihe weiterer regionaler und lokaler öffentlicher Körperschaften gehalten wird, wurde damit auf sieben erhöht. Lediglich an der MontBlanc-Tunnel-Gesellschafit ist der Staat direkt als Hauptteilseigner beteiligt. Darüber hinaus wurde 1983 eine Dachgesellschaft, die „Autoroutes de France", gegründet. Sie hat die Aufgabe, zwischen den Mautgesellschaften einen finanziellen Ausgleich zugunsten der defizitären Unternehmen durchzuführen. Rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Mautgesellschaften sind die mit dem Staat geschlossenen Konzessionsverträge. Auch in Frankreich unterliegt die Tarifgestaltung starken Reglementierungen. Den Mautgesellschaften wurde zunächst ein relativ weiter Gestaltungsspielraum zugestanden; vor 1970 legte der Staat lediglich Höchstmautsätze fest, später ließ er den Unternehmen bei
270 Zu den Erfahrungen mit mautfinanziertem Straßenbau in Frankreich vgl. Ewers/ Rodi , Privatisierung der Bundesautobahnen, 1995, S. 50 f.; Schmidt, F. O., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 93 ff.; Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 126 ff. Siehe auch Winter/Weber, Int. Verkehrswesen 25 (1993), S. 170 ff. (171 f.); McKay , Möglichkeiten der privatwirtschaftlichen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur-Investitionen in der EG, 1989, S. 57 f.
7 4 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen der Festlegung der Gebühren innerhalb der ersten zehn Betriebsjahre sogar völlig freie Hand. 271 Seit 1975 bedürfen die Tarife aber einer staatlichen Genehmigung. Im Gegensatz zu Italien wird die staatliche Preispolitik gegenüber den Mautgesellschaften jedoch nicht in den Dienst einer restriktiven antiinflationären Wirtschaftspolitik gestellt. Die Gebührenhöhe orientiert sich vielmehr an allgemeinen ökonomischen Kriterien (z.B. Inflationsrate, Zinsniveau) sowie an den speziellen Kostenbedingungen der Infrastruktur (z.B. Baukosten, Verkehrsaufkommen). Die Finanzierung der Mautgesellschaften erfolgt sowohl über die Aufnahme von Krediten auf dem in- oder ausländischen Kapitalmarkt als auch über die Gewährung staatlicher Vorschüsse. Bei der Aufnahme von Fremdkapital übernimmt der Staat eine Haftung, deren Höhe bei den gemischtwirtschaftlichen Unternehmen max. 75 % und bei den rein privaten Unternehmen 0-70 % des Anleihevolumens beträgt. Während die Vorschüsse seit 1975 von den gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften verzinst oder indexiert werden müssen, wird die Verpflichtung zur - zinslosen - Rückzahlung bei den rein privaten Gesellschaften an die Entwicklung der Einnahmen geknüpft; es handelt sich insoweit also um eine spezielle Form der staatlichen Subventionierung. Während die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen Anfang der achtziger Jahre insgesamt Liquiditätsüberschüsse verzeichnen konnten, wiesen die ausschließlich in privater Hand befindlichen Gesellschaften erhebliche Defizite auf. Ursache hierfür war zum einen die unterschiedliche Altersstruktur der Gesellschaften; vor allem die jüngeren privaten Gesellschaften sahen sich mit den zum Teil gravierenden Baukosten- und Zinssatzsteigerungen der siebziger Jahre konfrontiert. Zum anderen blieb das tatsächliche Verkehrsaufkommen hinter den Erwartungen zurück, was auch darauf zurückzuführen ist, daß die später gegründeten privaten Gesellschaften die - im Hinblick auf das Verkehrsaufkommen - weniger einträglichen Strecken bewirtschafteten. In der Folge wurden, wie bereits erwähnt, drei der defizitären privaten Gesellschaften vom Staat übernommen und in gemischtwirtschaftliche Unternehmen transformiert.
271
Dahinter stand die Überlegung, daß die privaten Mautgesellschaften zumindest in den ersten Jahren einem ganz erheblichen Wettbewerbsdruck durch parallel verlaufende mautfreie Strecken ausgesetzt sind und daher keine Monopolstellungen erlangen und ausnützen können, vgl. Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 127.
C. Exkurs: Ausländische Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau 75 I I I . Spanien272 Wie Frankreich begann auch Spanien erst relativ spät mit dem Ausbau eines Autobahnnetzes. 1970 stand lediglich ein Streckennetz von insgesamt 176 km zur Verfugung; davon waren 81 km mautpflichtig. Entsprechend den Vorgaben eines im Jahre 1973 vorgelegten nationalen Autobahnplanes sollte das Netz auf insgesamt 6.600 km ausgebaut werden, wobei der Bau und die Finanzierung privaten Konzessionsgesellschaften übertragen werden sollten, die die Projekte über Kredite vorfinanzieren und den Schuldendienst aus den Mauteinnahmen leisten. Diese Pläne mußten allerdings aufgrund des zu geringen Verkehrsaufkommens, aber auch aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Mautgesellschaften im Laufe der Zeit schrittweise zurückgenommen werden. Bis Ende der achtziger Jahre existierten in Spanien nur 2.200 km Autobahnen, von denen rund 85 % gebührenpflichtig betrieben werden. Die elf spanischen Konzessionsgesellschaften werden in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gefuhrt; im Gegensatz zu Italien und Frankreich befanden sie sich jedoch zumindest noch bis Anfang der achtziger Jahre überwiegend in privater Hand. 1984 mußten drei dieser Unternehmen, die sich aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen (gestiegene Kosten, stagnierendes Verkehrsaufkommen) stark verschuldet hatten, vom Staat übernommen werden. Die öffentliche Hand kontrolliert damit fast 45 % des Streckennetzes. Die Unternehmen arbeiten auf der Basis befristeter Konzessionsverträge, deren Laufzeit im Durchschnitt 36 Jahre beträgt. Nach Ablauf der vereinbarten Konzessionsdauer werden die konzessionierten Autobahnabschnitte auf den Staat übertragen; bis zu diesem Zeitpunkt sollte sich das eingesetzte Kapital also amortisiert haben. Die Mauttarife können von den Gesellschaften nicht selbständig festgelegt werden, sondern bedürfen einer staatlichen Genehmigung. In der Regel werden stufenweise Erhöhungen der Tarife für einige Jahre im voraus vereinbart. Im Unterschied zu Italien und Frankreich spielt das Eigenkapital bei den spanischen Gesellschaften eine große Rolle für die Finanzierung der Baukosten; in den Konzessionsverträgen sind bestimmte Anteilsquoten - je nach Konzession 10-25 % - sogar ausdrücklich vorgegeben. Damit der nationale Kreditmarkt nicht belastet wird, schreiben die Verträge darüber hinaus vor, daß mindestens 45 % der Anleihen auf dem ausländischen Kreditmarkt aufgenommen werden müssen. Der Staat sichert diese Fremdwährungskredite nicht nur durch eine vollständige Haftungsübernahme, sondern auch durch die Übernahme ei272 Ausführlich zum privat mautfinanzierten Straßenbau in Spanien Schmidt, F. Ο., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 101 ff; Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 131 ff Vgl. hierzu auch Winter/Weber, Int. Verkehrswesen 25 (1973), S. 170 ff. (172).
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1. Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen
ner Wechselkursgarantie ab, indem er die für den Schuldendienst benötigten Devisen zu dem zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme gültigen Kurs zur Verfügung stellt. Für den Abwertungsfall bedeutet dies eine erhebliche indirekte Subventionierung der Mautgesellschaften. Explizite staatliche Zuschüsse werden daneben allerdings nicht gewährt. Obwohl das Verkehrsaufkommen mittlerweile einen erheblichen Zuwachs verzeichnet und seit 1987 alle Mautgesellschaften zumindest die Betriebskosten über Mauteinnahmen decken können, werden die wirtschaftlichen Perspektiven der Unternehmen nicht besonders günstig eingeschätzt. Es wird erwartet, daß zumindest langfristig sämtliche in privater Hand befindlichen Mautgesellschaften verstaatlicht werden.
IV. Schlußfolgerungen für den privat mautfinanzierten Straßenbau in Deutschland Faßt man die in Italien, Frankreich und Spanien gemachten Erfahrungen mit dem privat mautfinanzierten Straßenbau zusammen, so ergibt sich ein nahezu einheitliches Bild: Bei den ausländischen Mautgesellschaften handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle nur insoweit um private Unternehmen, als diese in privatrechtlicher Form geführt werden. Blickt man hinter die Kulissen, so stellt man fest, daß die Kapitalanteile überwiegend - abgesehen von Spanien - von staatlichen Institutionen gehalten werden. Es handelt sich also in der Regel nur um eine Privatisierung der Organisationsform, 273 mit deren Hilfe haushaltsrechtliche Schranken umgangen und notwendige Straßenbaumaßnahmen schneller realisiert werden können. Eine vollständige Entlastung der Staatshaushalte wird in keinem der vorgestellten Länder erreicht, da der Staat nicht nur Zuschüsse und Subventionen gewährt, sondern in der Regel auch für die auf dem Kapitalmarkt aufgenommenen Kredite bürgt. Das finanzielle Risiko, das die Mautgesellschaften tragen, ist daher eher als gering einzuschätzen.274 Trotz staatlicher Unterstützung sahen sich die Mautgesellschaften in der Vergangenheit immer wieder mit finanziellen Problemen konfrontiert, die letztlich dazu führten, daß im Laufe der Zeit mehrere der wenigen Gesellschaften
273 So auch Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 137. Zum Begriff der Organisationsprivatisierung vgl. oben Β. I. 2. 274 Vgl. Schmidt, F. O., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, 1994, S. 121.
C. Exkurs: Ausländische Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau 77 mit ausschließlich privaten Anteilseignern in staatlich beherrschte Unternehmen umgewandelt werden mußten. Die finanziellen Probleme der Unternehmen sind einmal auf die zum Teil nicht von betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten, sondern von regional- und sozialpolitischen Erwägungen geprägte Tarifpolitik zurückzufuhren. Verschärft wurden die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Unternehmen durch die - insbesondere in den inflationsträchtigen siebziger Jahren - übermäßig und unvorhergesehen angestiegenen Bau- und Finanzierungskosten, die die Rentabilitätskalkulationen der Gesellschaften zunichte machten. Hinzu kam, daß das Verkehrsaufkommen vielfach hinter den prognostizierten Zuwachsraten zurückblieb und die Gebührenerträge nicht den ursprünglichen Erwartungen entsprachen. Ein weiterer Negativfaktor war - und ist häufig auch heute noch - die antiquierte Erhebungstechnik im manuellen Verfahren, die zu erhöhten operativen Kosten fuhrt. 275 Mit elektronischen Mauterhebungssystemen dürften deutliche Effizienzgewinne erzielbar sein. 276 Auf deutsche Verhältnisse lassen sich die - eher negativen - ausländischen Erfahrungen mit privat mautfinanziertem Straßenbau allerdings nur bedingt übertragen. Ein Einsatz privater Investoren in Deutschland erfolgt bereits unter völlig anderen Voraussetzungen: Im Gegensatz zu Italien, Frankreich und Spanien, wo man sich der privaten Gesellschaften zum Ausbau eines gänzlich neuen Verkehrssystems bediente, verfugt die Bundesrepublik bereits über ein vergleichsweise gut ausgebautes Streckennetz. 277 Private können und sollen lediglich in den Bau und die Finanzierung neuer Einzelstrecken einbezogen werden. Freilich birgt gerade dies die Gefahr, daß sich die finanziellen Erwartungen privater Investoren nicht erfüllen, da isolierte Einzelstrecken dem Risiko von Verkehrsverlagerungen auf gebührenfreie Straßen deutlich stärker ausgesetzt sind als ganze Verkehrsnetze. 278 In Deutschland als einem Land mit einer international sehr hohen Verkehrsdichte ist aber - auch auf Einzelstrecken - von vornherein mit höheren Erträgen zu rechnen als in den im Vergleich zu Deutschland schwächer motorisierten Ländern Italien, Frankreich und insbesondere Spanien.279 Daß auch Einzelstrecken durchaus profitabel betrieben
275
In Frankreich belaufen sich die Zusatzkosten des gegenwärtigen Mautsystems nach Schätzungen auf immerhin bis zu 8 % der Baukosten und bis zu 10 % der Betriebskosten, vgl. Scheele, Privatisierung der Infrastruktur, 1993, S. 131. 276 So Deutsche Bank Research, Privatisierung des Bundesautobahnnetzes, 1994, S. 34. Näher zu den elektronischen Erfassungssystemen im Zweiten Teil, III. 6. 277 Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 137 f.; vgl. auch Ewers/Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, 1995, S. 53. 278 Vgl. Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 138. 279 Vgl. Deutsche Bank Research, Privatisierung des Bundesautobahnnetzes, 1994, S. 35.
7 8 1 . Teil: Öffentliche und private Finanzierung von Bundesfernstraßen werden können, zeigt das Beispiel der sogenannten „91 Express Lanes" am Riverside-Freeway in Kalifornien: A u f einem 16 km langen Abschnitt der State Route 91, einer der am stärksten belasteten Autobahnen in der Nähe von Los Angeles, wurden von einer privaten Gesellschaft zusätzliche Fahrstreifen errichtet, die nur gegen Gebühr benutzt werden können. Die Maut variiert in Abhängigkeit vom Staupegel auf den kostenlosen Fahrstreifen und wird vollelektronisch während der Fahrt erhoben. Mit der bisherigen Entwicklung der Mauteinnahmen, die sogar die Planungen übertreffen, zeigen sich die beteiligten Unternehmen äußerst zufrieden. 280 Trotz der grundsätzlichen Unterschiede hinsichtlich Verkehrsstruktur und Verkehrsdichte belegen die ausländischen Erfahrungen anschaulich, wie sehr der wirtschaftliche Erfolg eines privat mautfmanzierten Projekts nicht nur von einer ausschließlich betriebswirtschaftlich orientierten Gebührenpolitik abhängt, sondern auch von einer zuverlässigen Prognose in bezug auf Kostenentwicklung und Verkehrsaufkommen. Diese Erkenntnisse besitzen Allgemeingültigkeit und sind daher auch bei der praktischen Umsetzung des FStrPrivFinG zu beachten.
280 Hinsichtlich der Gebühreneinnahmen ist von staatlicher Seite eine Gewinnobergrenze in Höhe von 17 % der Investitions- und Betriebskosten festgelegt; die darüber hinausgehenden Einnahmen müssen an die betreffenden Counties abgetreten werden. Näher zu den Expreß-Fahrstreifen am Riverside-Freeway vgl. Reinhold, Straßenverkehrstechnik 5/96, S. 209 ff.
Zweiter Teil
Die Regelungen des FStrPrivFinG Das Gesetz über den Bau und die Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private (Fernstraßenbauprivatfmanzierungsgesetz - FStrPrivFinG) vom 30.8.19941 enthält - wie bereits erwähnt - die rechtlichen Grundlagen für Privatinitiativen nach dem Betreibermodell. 2 Bevor allerdings auf die einzelnen Regelungen des Gesetzes näher eingegangen wird (sub C.), sollen im folgenden zum besseren Verständnis zunächst der wesentliche Inhalt des Gesetzes (sub Α.) und der Gang des Gesetzgebungsverfahrens (sub Β.) dargestellt werden.
A. Die Regelungen des FStrPrivFinG im Überblick Erklärtes Ziel des FStrPrivFinG ist es, Investitionen in das Bundesfernstraßennetz zu verstärken, indem Private Aufgaben des Neu- und Ausbaues von Bundesfernstraßen auf der Grundlage einer Gebührenfinanzierung wahrnehmen (§ 1 Abs. 1 FStrPrivFinG). Zu diesem Zweck können gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen Privaten „zur Ausführung" übertragen werden. Die im Rahmen des FStrPrivFinG erstellten Straßen und Bauwerke sind jedoch keine Privatstraßen, sondern werden Teil des öffentlichen Straßennetzes.3 Die Aufgabenübertragung erfolgt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in der Regel zeitlich befristet, so daß die privat errichteten und finanzierten Straßen nach Ablauf der vereinbarten Zeit wieder „in die öffentliche Verwaltung" übernommen werden.4 Der mit den einzelnen Aufgaben betraute Private erhält das Recht, von den Straßenbenutzern Mautgebühren zu erheben. Das Gebührenaufkommen steht ihm zur Refinanzierung der getätigten Investitionen zur Verfügung (§ 2 FStrPrivFinG).
1 2 3 4
BGBl I S. 2243. Vgl. im Ersten Teil, Β. II. 1. b) cc). Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. So die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Gemäß § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG können Mautgebühren nur für die Benutzung von neu errichteten Brücken, Tunneln und Gebirgspässen im Zuge von Autobahnen und Bundesstraßen (Nr. 1) sowie von mehrstreifigen Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr (Nr. 2) erhoben werden. Die Möglichkeit der Realisierung eines Fernstraßenprojektes als Betreibermodell beschränkt sich damit auf die genannten Streckenabschnitte bzw. Bauwerke. Die Höhe der zu erhebenden Mautgebühren steht nicht im freien Ermessen des privaten Betreibers, sondern wird durch Erlaß einer Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, vom Bundesministerium für Verkehr im Einvernehmen mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden bestimmt (§ 3 Abs. 3 FStrPrivFinG). Die Festlegung der Gebührenhöhe hat sich an die ausdrücklichen Vorgaben des § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG zu halten: Danach richten sich die Mautgebühren nach den Kosten für Bau, Erhaltung, Betrieb und weiteren Ausbau des jeweiligen Streckenabschnitts. Sie müssen unter Berücksichtigung von Wegstrecke, Fahrzeugart und zulässigem Gesamtgewicht in einem angemessenen Verhältnis zum durchschnittlichen Vorteil der Benutzung stehen. Die Höhe der Mautgebühren kann auch von der Häufigkeit und dem Zeitpunkt der Benutzung abhängig gemacht werden. In den weiteren Vorschriften des FStrPrivFinG sind die einzelnen Gebührenbefreiungstatbestände ( § 4 FStrPrivFinG) und die Frage des Gebührenschuldners (§ 5 FStrPrivFinG) geregelt. Mit den Modalitäten der Gebührenentrichtung befaßt sich § 6 FStrPrivFinG; eine Gebührenerhebung mittels automatischer Einrichtungen wird ausdrücklich für zulässig erklärt.
B. Gesetzgebungsverfahren Dem FStrPrivFinG liegt ein Entwurf einzelner Abgeordneter und der Fraktionen CDU/CSU und FDP vom 24.2.19945 zugrunde. Der Gesetzentwurf wurde zunächst am 27.4.1994 in der 65. Sitzung des Verkehrsausschusses im Bundestag beraten. Ein Teil des Ausschusses sah in dem Entwurf zwar einen „untauglichen Versuch mit untauglichen Mitteln", da gerade die Regionen von einer Gebührenerhebung betroffen sein würden, die finanziell ohnèhin schon belastet seien. Die Mehrheit des Ausschusses jedoch begrüßte den Gesetzentwurf als „wichtigen Schritt zu einer verbesserten Privatfinanzierung im Verkehrswegebau" und empfahl daher die Annahme des Gesetzes, allerdings mit der Maßgabe, die Worte „außerhalb von Ortsdurchfahrten" in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 des Gesetzentwurfs - der sich mit dem
5
BT-Drs. 12/6884, S. 1.
Β. Gesetzgebungsverfahren
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Gegenstand der Gebührenerhebung befaßt - zu streichen, um die mautfähigen Verkehrswege nicht unnötig einzuschränken. 6 In der anschließenden Gesetzesdebatte im Bundestag am 19.5.1994 machten die Gegner des Gesetzentwurfs neben allgemeinen Bedenken gegen eine weitere Ausweitung der Verkehrsinfrastruktur u.a. auch geltend, es bestehe die Gefahr, daß sich die Gewinnkalkulation der privaten Investoren in überhöhten Benutzungsgeldern niederschlage. Darüber hinaus wurden die bereits im Verkehrsausschuß geäußerten Vorbehalte wiederholt und dahingehend argumentiert, die Autofahrer in strukturschwachen Gebieten wie den neuen Bundesländern würden durch mautfinanzierten Straßenbau finanziell benachteiligt, da gerade dort vermehrt Straßen gebaut werden müßten und sich für das FStrPrivFinG daher ein besonders großer Anwendungsbereich bieten werde. 7 Trotz dieser Einwände wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsvorschlages des Verkehrsausschusses vom Bundestag in seiner 228. Sitzung am 19.5.1994 angenommen8 und dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet. Auch der Finanz- sowie der Umweltausschuß im Bundesrat bemängelten, daß das FStrPrivFinG für „erhebliche regionale Ungerechtigkeiten" sorgen werde, da eine Finanzierung über Mautgebühren vor allem die privaten und gewerblichen Straßennutzer in verkehrsinfrastrukturell benachteiligten Regionen belasten werde. Des weiteren wurde bezweifelt, ob eine Privatfinanzierung über Straßenbenutzungsgebühren in wirtschaftlich vertretbarer Weise erfolgen könne, wenn den Verkehrsteilnehmern Ausweichmöglichkeiten auf gebührenfreie Straßen offenstünden. Kritisiert wurde außerdem, daß das Verfahren der Gebührenerhebung nach dem Gesetz vollkommen offen sei.9 Größte Kritik erfuhr schließlich die Regelung in § 3 Abs. 3 des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes, in der das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt wurde, nach Anhörung der obersten Landesstraßenbaubehörden die Höhe der Mautgebühren und die mautpflichtigen Straßen bzw. Bauwerke durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen. Im Bundesrat war man der Auffassung, daß damit die Rechte der Länder nicht hinreichend gewahrt werden: Eine solche Rechtsverordnung sei für die Länder von erheblicher Bedeutung, da dadurch (direkt oder indirekt) entschieden werde, welche Straßenbaumaßnahmen trotz fehlender staatlicher Haushaltsmittel realisiert werden können. Außerdem sei die Rechtsverordnung
6 Beschlußempfehlung und Bericht des Verkehrsausschusses des Bundestags, BTDrs. 12/7555, S. 3. 7 Vgl. BT-Prot., 12. WP, S. 19807 - 19816. 8 Gesetzesbeschluß Bundestag, BR-Drs. 417/94. 9 Vgl. Empfehlungen der Ausschüsse im Bundesrat, BR-Drs. 417/1/94. 6 Susanne Schmitt
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
relevant für die finanzielle Belastung der Bürger, die zwischen den einzelnen Ländern erheblich differieren könne. Weil der Interessenbereich der Länder besonders stark berührt werde, sei es erforderlich, den Erlaß der Rechtsverordnung an die Zustimmung des Bundesrates zu binden; die Zustimmungsbedürftigkeit der Rechtsverordnung ergebe sich zudem aus Art. 80 Abs. 2 2. Alt. GG. Darüber hinaus genüge es nicht, den Ländern bei Erlaß der Rechtsverordnung lediglich ein Anhörungsrecht einzuräumen; es sei vielmehr erforderlich, den Erlaß der Rechtsverordnung an das „Einvernehmen" mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden zu binden. 10 Mit diesen beiden Änderungswünschen wurde schließlich der Vermittlungsausschuß angerufen. 11 Der Vermittlungsausschuß empfahl dem Bundestag, das FStrPrivFinG dahingehend zu ändern, daß es eines Einvernehmens mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden hinsichtlich der gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG zu erlassenden Rechtsverordnung bedürfe; die im Gesetz vorgesehene Unabhängigkeit von der Zustimmung des Bundesrates sollte hingegen beibehalten werden. 12 Der Bundestag nahm die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses in seiner 236. Sitzung am 24.6.1994 schließlich an. 13 Die übrigen, im Finanz- und im Umweltausschuß des Bundesrates geltend gemachten Bedenken wie auch weitere Änderungswünsche 14 konnten sich im Gesetzgebungsverfahren dagegen nicht durchsetzen.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen I. Die grundsätzliche Entscheidung zur Einschaltung Privater in Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen (§ 1 FStrPrivFinG) § 1 FStrPrivFinG enthält die zentrale Vorschrift für die Durchführung privater Investitionen im Bundesfernstraßenbau. 15 Während Abs. 1 die Zielrichtung 10
Vgl. den Antrag der Länder Bremen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, BR-Drs. 417/3/94; siehe auch Empfehlungen der Ausschüsse im Bundesrat, BR-Drs. 417/1/94. 11 Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat, BT-Drs. 12/7867 = BR-Drs. 417/94. 12 Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. 657/94 = BR-Drs. 12/7836. 13 Beschluß des Bundestags, BT-Drs. 657/94. 14 Vgl. den Antrag des Landes Schleswig-Holstein, die Gebühren in § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht nur an dem „Vorteil der Benutzung", sondern auch an den „verursachten Umweltschäden" zu orientieren, BR-Drs. 417/2/94. 15 Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im e i n z e l n e n 8 3 des Gesetzes verdeutlicht, stellt Abs. 2 klar, daß Aufgaben des Baues, der Erhaltung, des Betriebs und der Finanzierung von Bundesfernstraßen Privaten zur Ausführung übertragen werden können. Abs. 3 und Abs. 4 nehmen zu der dem Privaten gemäß Abs. 2 zugewiesenen Rechtsposition näher Stellung; sie regeln, daß der Private in bestimmten Fällen die Rechte und Pflichten des Trägers der Straßenbaulast hat (Abs. 3) und daß hoheitliche Befugnisse auf den Privaten nicht übergehen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt (Abs. 4). Die folgenden Ausführungen werden sich insbesondere mit dem Regelungsgehalt von Abs. 2 - der zweifellos im Mittelpunkt der Vorschrift steht - näher befassen. Zu klären ist zunächst, in welchem Umfang der Private in den Fernstraßenbau einbezogen wird; konkret ist dabei zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit sich eine Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG auf die gesetzliche Zuweisung der Straßenbaulast in § 5 FStrG auswirkt (sub 1.). Im Anschluß daran stellt sich die Frage nach der rechtlichen Konstruktion, die das FStrPrivFinG für eine Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorsieht. Dabei ist zu untersuchen, ob der private Unternehmer mit den in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben „beliehen" wird (sub 2.). Sind diese grundsätzlichen Fragen beantwortet, wird es möglich sein, die einzelnen, einer „Übertragung zur Ausführung" zugänglichen Aufgaben des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG inhaltlich zu konkretisieren (sub 3.). Zuletzt soll der Frage nach den Eigentumsverhältnissen an den für die Errichtung der Straße benötigten Grundstücksflächen nachgegangen werden (sub 4.).
1. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG im Verhältnis zur gesetzlichen Zuordnung der Straßenbaulast in § 5 FStrG a) Ausgang: Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung als typische Elemente der Straßenbaulast Nach den im wesentlichen sachlich und wörtlich übereinstimmenden Definitionen in den Straßen- und Wegegesetzen des Bundes und der Länder umfaßt die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung öffentlicher Straßen zusammenhängenden Aufgaben. 16 Die Träger der Straßenbaulast haben die Straßen nach ihrer Leistungsfähigkeit in einem dem regelmäßigen oder gewöhnlichen Verkehrsbedürfhis entsprechenden Zustand „zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern". 17 Ungeachtet dieser vornehmlich baulich zu verstehenden gesetzlichen Umschreibung gehören zur Straßenbau-
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Für die hier interessierenden Bundesfernstraßen vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 FStrG. Für Bundesfernstraßen vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 FStrG.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
last aber nicht nur bauliche Maßnahmen, sondern auch Maßnahmen nichtbaulicher Art sowie rein finanzielle Verpflichtungen. 18 Inhalt der Straßenbaulast und die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben des Baues, der Erhaltung, des Betriebs und der Finanzierung sind demzufolge weitgehend deckungsgleich. Bei den Aufgaben, die privaten Unternehmen zur Ausführung übertragen werden können, handelt es sich also ohne daß an dieser Stelle näher auf deren konkreten Inhalt eingegangen werden müßte 19 - um typische Gegenstände der Straßenbaulast.20 Dies wirft die Frage auf, in welchem Umfang der Private in die Erfüllung der Straßenbaulast einbezogen werden soll und inwieweit sich dies auf die Pflichten des gesetzlichen Straßenbaulastträgers auswirkt. Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst angebracht, sich mit der Rechtsnatur und der Person des gesetzlichen Trägers der Straßenbaulast auseinanderzusetzen.
b) Zur Rechtsnatur der Straßenbaulast Die h.M. in Literatur und Rechtsprechung versteht die Straßenbaulast als eine öffentliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge, 21 die dem Straßenbaulastträger ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit auferlegt ist. 22 Der einzelne Straßenbenutzer hat daher weder einen Rechtsanspruch darauf, daß, wie und wann die Straßenbaulast erfüllt wird, noch kann er den Träger der Straßenbaulast wegen deren Nichterfüllung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.23 Die Straßenbaulast besteht nur als „interne" Pflicht gegenüber dem Träger der Straßenaufsicht. 24'25 Da auch die Aufsichtsbehörde lediglich im öffentlichen 18
Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 10, S. 301 f. Hierzu im folgenden sub 3. 20 So auch Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (38). 21 Vgl. nur BGH, U.v. 15.10.1974 - VI ZR 181/73 -, VersR 1975, S. 45 ff. (46); U.v. 1.6.1970 - III ZR 210/68 -, NJW 1970, S. 1877 ff. (1877); OLG Frankfurt/M., U.v. 5.7.1984 - 1 U 264/82 -, NVwZ 1985, S. 139 f. (139); Lorenz, Landesstraßengesetz Baden· Württemberg, 1992, § 9 Rn. 4. Zum Begriff der „Daseinsvorsorge" vgl. im Dritten Teil sub Α. IV. 22 Vgl. nur BGH, U.v. 20.3.1967 - III ZR 29/65 -, DÖV 1967, S. 387 f. (388); U.v. 5.7.1990 - III ZR 217/89 -, BGHZ 112, 74 ff. (75); Steiner, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1995, V Rn. 97, S. 687. 23 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 5, S. 300; Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 9 Rn. 6 f. 24 Steiner, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1995, V Rn. 97, S. 687. Demgegenüber lehnen es Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 4, S. 299 f. ab, die Straßenbaulast als „Pflicht" gegenüber der Aufsichtsbehörde zu bezeichnen, da die Straßenaufsicht nurmehr rechtsaufsichtlich gestaltet sei und lediglich überwacht werden müsse, daß der Baulastträger den gesetzlichen Obliegenheiten in einer ermessensfehlerfreien Art und Weise genüge; ebenso Zeitler, in: Bartlsperger/Blü19
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Interesse tätig wird, haben Dritte keinen Anspruch darauf, daß straßenaufsichtliche Maßnahmen ergriffen werden; 26 ebensowenig können sie aus etwaigen Versäumnissen der Straßenaufsichtsbehörde Ansprüche auf Schadensersatz herleiten. 27
c) Der gesetzliche Träger der Straßenbaulast Die Straßenbaulast für öffentliche Straßen bedarf der Zuweisung an einen bestimmten Rechtsträger. 28 Für die Bundesfernstraßen ist in § 5 FStrG geregelt, wer Träger der Straßenbaulast ist. Danach ist grundsätzlich der Bund Straßenbaulastträger für die Bundesautobahnen und Bundesstraßen (§ 5 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 FStrG); eine Ausnahme gilt für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen, die in Gemeinden ab einer gesetzlich näher festgelegten Einwohnerzahl in kommunaler Straßenbaulast stehen bzw. auf Antrag der betreffenden Gemeinde in deren Straßenbaulast überführt werden können (§ 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG). 29
aa)Die grundsätzliche Regelung in § 5 Abs. IS.] und ihr Verhältnis zu Art. 90 Abs. 2 GG
FStrG
Aus Art. 90 Abs. 2 GG, wonach die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften die Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes verwalten, 30 ergibt sich, daß für eine bundeseigene Verwaltungs-
mel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 475 ff. (485). 25 Gegen die herrschende Auffassung, die die Straßenbaulast lediglich als inteme Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit bzw. gegenüber den Straßenaufsichtsbehörden versteht, wendet sich insbesondere Bartlsperger, DVB1 1979, S. 1 ff., der die Umwandlung der Straßenunterhaltungspflicht in ein leistungsrechtliches Institut mit Anspruch der Straßenbenutzer auf verkehrssichere Unterhaltung fordert. Vgl. auch ders in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 13 ff. (61); ders., Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, 1970, S. 152 ff., 162 ff. 26 Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 9 Rn. 8. 27 BGH, U.v. 20.3.1967 - III ZR 29/65 -, DÖV 1967, S. 387 f. (388). 28 Zeitler, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 475 ff. (477). 29 Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze bei Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen ist hingegen - unabhängig von der Einwohnerzahl - stets die Gemeinde, vgl. § 5 Abs. 3 FStrG. 30 Zur Bundesauftragsverwaltung im Bereich der Bundesfernstraßen vgl. auch im Ersten Teil sub A. I.
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kompetenz im Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung grundsätzlich kein Raum ist. 31 Die umfassend angeordnete Auftragsverwaltung bezieht sich ihrem Gegenstand nach auf den gesamten Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung; sie erfaßt alle exekutivischen Tätigkeiten, die mit den Bundesfernstraßen zu tun haben, d.h. sowohl die Hoheits- als auch die Vermögensverwaltung. 32 Die Hoheitsverwaltung umfaßt die Wahrnehmung der spezifisch wegehoheitlichen Funktionen (z.B. straßenaufsichtliche Anordnungen, Widmung, Einziehung, Umstufung, Erteilung und Widerruf von Sondernutzungen); 33 die „schlichte" Hoheitsverwaltung hingegen, d.h. insbesondere die Realakte zur Erfüllung der Straßenbaulast sowie der Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge mit anderen Baulast- oder Aufgabenträgern, gehört neben den Geschäften des bürgerlichen Rechts zur Vermögensverwaltung. 34 Sämtliche Verwaltungsaufgaben, die der Erfüllung der Straßenbaulast dienen, werden also von der Auftragsverwaltung erfaßt und fallen in die Wahrnehmungskompetenz 35 der Länder. Hierzu scheint die Regelung in § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG, die grundsätzlich den Bund zum Träger der Straßenbaulast erklärt, in einem gewissen Widerspruch zu stehen. Im Hinblick auf Art. 90 Abs. 2 GG dürfte die Pflicht, „alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben" zu erfüllen (§ 3 Abs. 1 S. 1 FStrG), an sich gar nicht dem Bund aufgebürdet werden. 36 Es gilt daher, den Widerspruch zwischen § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG und Art. 90 Abs. 2 GG durch eine verfassungskonforme Auslegung der einfachgesetzlichen Vorschrift aufzulösen: 37
31
BVerwG, U.v. 26.6.1981 - 4 C 5.78 -, BVerwGE 62, 342 ff. (344). Eine Ausnahme gilt lediglich für diejenigen Aufgaben, zu deren sachgerechter Wahrnehmung nur der Bund, nicht aber die Länder imstande sind (sog. Verwaltungskompetenzen kraft Natur der Sache). Hierzu gehören insbesondere Aufgaben der Fernstraßenplanung im engeren Sinne wie z.B. die Bedarfs- und Ausbauplanung und die Bestimmung der Planung und Linienführung der Bundesfernstraßen gemäß § 16 Abs. 1 FStrG, denn ein überregionales, die Ländergrenzen überschreitendes Verkehrswegenetz erfordert eine zentrale Planung durch ein Bundesorgan und kann daher nicht den Ländern überlassen werden, vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 31 ff., S. 59 ff.; Bartlsperger·, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 74 ff. 32
33
Zech, DVB1 1987, S. 1089 ff. (1089 f.)
Salzwedel, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, 8. Abschn. Rn. 41, S. 787 f. 34 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 28.63, S. 48. 35 Zur Unterscheidung zwischen Sach- und Wahrnehmungskompetenz vgl. im Ersten Teil sub A. I. 36 Wilke, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 541 ff. (548), hält § 5 Abs. 1 FStrG aus diesem Grund für „rechtstechnisch bedenklich". 37 Vgl. auch Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 69.
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-
Zum Teil werden dem Begriff der „Straßenbaulast" zwei verschiedene Bedeutungen zugeschrieben. Der Begriff erfasse zum einen die „externe" oder „faktische", d.h auf die faktische Verwirklichung der Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen gerichtete Straßenbaulast, die gemäß Art. 90 Abs. 2 GG in die Zuständigkeit der Länder falle. Daneben gebe es aber auch die „interne" oder „finanzielle" Straßenbaulast des Bundes, die mit keiner nach außen hin wirkenden Verwaltungszuständigkeit verbunden sei, sondern allein im internen Verhältnis zwischen Bund und Ländern wirke und die Verpflichtung des Bundes zur Finanzierung der Ausgaben für die Unterhaltung und den Ausbau der Bundesfernstraßen betreffe. Der in § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG verwendete Begriff der „Straßenbaulast" sei allein in diesem letzteren Sinne zu interpretieren. 38
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Eine andere Auffassung knüpft an die Unterscheidung zwischen der dem Bund zugewiesenen Sachaufgabe (Aufgabenkompetenz) und der den Ländern zugewiesenen Kompetenz zur Wahrnehmung der erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung der Sachaufgabe (Wahrnehmungskompetenz) an. Auf dieser Grundlage müsse auch der im FStrG verwendete Begriff der „Straßenbaulast" gesehen werden; „Straßenbaulast" i.S.d. §§ 3, 5 Abs. 1 FStrG betreffe folglich die dem Bund zugewiesene Sachaufgabe, während die Wahrnehmungskompetenz - ohne daß dies im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben werden müßte - begrifflich nicht erfaßt sei.39
Letztlich kann offenbleiben, welcher der dargestellten Auffassungen der Vorzug zu geben ist, da beide dasselbe Ziel verfolgen: eine im Hinblick auf Art. 90 Abs. 2 GG restriktive Auslegung des § 5 Abs. 1 S. 1 GG, der die Zuständigkeit der Länder, die Aufgaben der Straßenbaulast für den Bund wahrzunehmen, unberührt läßt.
bb) Besonderheiten bei der Straßenbaulast von Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen - Zum Verhältnis von § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG zu Art. 90 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 2 GG Die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten 40 im Zuge von Bundesstraßen stehen gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG in der Straßenbaulast der betreffenden Gemeinde, wenn diese mehr als 80.000 Einwohner hat, oder wenn die Einwohnerzahl zwar weniger als 80.000, aber mehr als 50.000 beträgt und die Gemeinde die Straßenbaulast ausdrücklich übernommen hat. Die Finanzierungs-
38 BVerwG, U.v. 15.4.1977 - IV C 100.74 -, BVerwGE 52, 237 ff. (241); vgl. auch U.v. 15.4.1977 - IV C 3.74 -, BVerwGE 52, 226 ff. (229 f.); Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1962, Art. 90 Rn. 42; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 2. Aufl. 1984, S. 59. Ablehnend Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2Rn. 15.2 f., S. 37 f. 39 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 15 ff., S. 36 ff. Kritisch hierzu Wilke, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 541 ff. (548 f.). 40 Zum Begriff der „Ortsdurchfahrt" vgl. die Legaldefinition in § 5 Abs. 4 S. 1 - 3 FStrG. Näher zur Abgrenzung zwischen Ortsdurchfahrt und freier Strecke Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 13 Rn. 10 ff., S. 319 ff.
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Verantwortung für diese Ortsdurchfahrten obliegt, abweichend von Art. 104 a Abs. 2 GG, nicht dem Bund, sondern der straßenbaulastpflichtigen Gemeinde.41 Umstritten ist jedoch, ob den kommunalen Straßenbaulastträgern neben der Finanzierungsverantwortung und der Wahrnehmungskompetenz auch die Sachaufgabe selbst übertragen ist. Insoweit ist maßgebend, in welchem Verhältnis die gemeindliche Straßenbaulast gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG zu Art. 90 Abs. 2 GG und zu der in Art. 28 Abs. 2 GG verankerten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie steht. Mit der Begründung, eine Ortsdurchfahrt habe zumindest in größeren Gemeinden nicht nur überregionale Bedeutung, sondern diene zugleich der Bewältigung des gemeindlichen Fahrzeugaufkommens, wird teilweise die Auffassung vertreten, bei der Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen handele es sich um eine „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft" i.S.d. Art. 28 Abs. 2 GG; 4 2 daraus wird der Schluß gezogen, die kommunale Straßenbaulast werde von den Gemeinden in eigener Zuständigkeit wahrgenommen und unterliege als Selbstverwaltungsangelegenheit nicht dem Fachweisungsrecht von Bundes- oder Landesbehörden. 43 Ein Widerspruch zu Art. 90 Abs. 2 GG, der die Auftragsverwaltung u.a. den „nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften" zuweist, bestehe nicht, da sich Art. 90 Abs. 2 GG nur auf die dem Bund zustehenden Aufgaben beziehe und die bereits unter Art. 28 Abs. 2 GG fallenden kommunalen Aufgaben an den Bundesfernstraßen von vornherein nicht erfaßt seien.44 Im übrigen sei es auch mit der den baulastpflichtigen Gemeinden obliegenden Finanzierungsverantwortung nicht zu vereinbaren, wenn gemäß Art. 90 Abs. 2, 85 Abs. 3 GG mittels
41 Vgl. Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 71 a.E. Allerdings kann der Bund den Gemeinden für den Bau oder Ausbau von Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen, die in kommunaler Straßenbaulast stehen, Zuschüsse und Darlehen gewähren, vgl. § 5 a FStrG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 GVFG. 42 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 22, S. 40 f.; Knemeyer, in: Bartlsperger/Schroeter/Kastner (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 557 ff. (564, 567). 43 Vgl. Kodal/Krämer, a.a.O., Kap. 2 Rn. 23.4, S. 41; Knemeyer, a.a.O., S. 557 ff. (565). 44 So Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 23.41, S. 41 f. Mit den in Art. 90 Abs. 2 GG genannten „nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften" sind nach dieser Ansicht nicht die Gemeinden, sondern nur höhere Gemeindeverbände wie z.B. die Landschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen gemeint, denen die Verwaltung der Bundesfernstraßen anstelle einer staatlichen Straßenbau Verwaltung der Länder übertragen wird, vgl. Kodal/Krämer, ebda., Kap. 2 Rn. 23.5, S. 42; Knemeyer, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 557 ff. (567).
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Weisungen unmittelbar in den Straßenbauhaushalt der Kommunen eingegriffen werden könnte. 45 Die Argumente dieser Auffassung überzeugen indessen nicht. Zum einen ist es keinesfalls zwingend, die Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen den „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" zuzuordnen. Da ein überregionales Verkehrsnetz nur dann sinnvoll ist, wenn der durch die Ortsdurchfahrt fließende Fernverkehr nicht übermäßig behindert wird, liegen der Bau und die Unterhaltung von Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen nicht nur im kommunalen Eigeninteresse. Vor diesem Hintergrund ließe sich genausogut vertreten, daß die (auch) örtlichen Funktionen einer Ortsdurchfahrt von der überregionalen Bedeutung der Bundesfernstraße überlagert werden. 46 Aber selbst dann, wenn man die gemeindliche Straßenbaulast gleichwohl als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft qualifiziert, wird sie von der institutionellen Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 GG nicht erfaßt: Die Gemeinden können auch die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nur „im Rahmen der Gesetze" regeln. Aufgrund dieses Vorbehalts können die Aufgaben, die den Gemeinden zukommen, abgegrenzt und die Art und Weise ihrer Erledigung geregelt werden. 47 Als fernstraßenrechtsspezifische Schranke der Selbstverwaltungsgarantie erweist sich aber - unabhängig von seiner systematischen Stellung innerhalb des Grundgesetzes - Art. 90 Abs. 2 GG, der die Selbstverwaltungskörperschaften ausdrücklich in die Bundesauftragsverwaltung der Fernstraßen miteinbezieht.48 Die gesamte Fernstraßenverwaltung ist also - unabhängig vom ausführenden Organ - als Bundesauftragsangelegenheit anzusehen.49 Die Befürchtung, durch das Weisungsrecht in Art. 85 Abs. 3 GG könnten der eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft der straßenbaulastpflichtigen Gemeinden fremdbestimmte Finanzverwendungsvorgaben aufgezwungen werden, ließe sich im übrigen vermeiden, wenn man das sachliche Weisungsrecht, bezogen auf die Ausführung des § 5 Abs. 2, Abs. 2 a 45
Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 23.7, S. 43. Vgl. Tschentscher, Inhalt und Schranken des Weisungsrechts des Bundes aus Art. 85 Abs. 3 GG, Diss. Bonn 1988, S. 145 f. 47 Vgl. hierzu und zur Grenze des unantastbaren Wesensgehalts des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts BVerfG, U.v. 23.11.1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127 ff. (143 ff.). 48 Demgegenüber sehen Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 23.41, S. 42, ihre abweichende Auffassung auch und gerade durch die systematische Stellung des Art. 28 Abs. 2 GG bestätigt, da die Gewährleistung der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht nur in der Reihenfolge, sondern auch begrifflich vor der Verteilung der Administrativaufgaben zwischen Bund und Ländern im VIII. Abschnitt des GG stehe. 49 Tschentscher, Inhalt und Schranken des Weisungsrechts des Bundes aus Art. 85 Abs. 3 GG, Diss. Bonn 1988, S. 146. 46
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FStrG, entsprechend Art. 104 a Abs. 2 GG an eine gleichzeitige Übernahme der Zweckausgaben durch den Bund koppeln würde. 50 Bei der den Gemeinden gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG obliegenden Straßenbaulast handelt es sich also nicht um eine im eigenen Wirkungskreise der Gemeinden auszuführende Angelegenheit. Vielmehr fällt die Aufgabenerfüllung in den übertragenen Wirkungskreis der straßenbaulastpflichtigen Gemeinden 51 und unterliegt damit der Fachaufsicht durch die Landesstraßenverwaltung, 52 auf die der Bund gemäß Art. 85 Abs. 3 GG mittels Weisungen einwirken kann. 53
d) Denkbare Möglichkeiten der Einbeziehung Privater in die Erfüllung der Straßenbaulast Die Zuweisung der Straßenbaulast an die in § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 2 a FStrG gesetzlich bestimmten Träger der Straßenbaulast schließt es jedoch nicht aus, daß im Einzelfall ein anderer - ob nun öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Privatrechtssubjekt - entweder die Straßenbaulast insgesamt oder aber die Erfüllung der Aufgaben aus der Straßenbaulast übernimmt. Diese Möglichkeiten bestanden bereits vor Inkrafttreten des FStrPrivFinG und sollen, da sie Aufschluß über den Umfang der Einbeziehung Privater gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG geben können, im folgenden kurz dargestellt werden.
50 So der Vorschlag von Tschentscher, a.a.O., S. 255 f.: Die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Finanzhoheit der Gemeinden wirke sich insoweit kompetenzbegrenzend auf Art. 85 Abs. 3 GG aus. 51 Es handelt sich also um eine „Pflichtaufgabe nach Weisung", vgl. OVG Lüneburg, U.v. 12.5.1965 - II OVG A 18/65 -, VkBl 1965, S. 670 f. (670); Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 62; Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 20 Rn. 3; Marschall, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 525 ff. (527); Wilke, ebda., S. 541 ff. (550); Blumberg, Die Ortsdurchfahrten nach dem Bundesfernstraßengesetz und dem bayerischen Straßen- und Wegegesetz, Diss. Würzburg 1966, S. 94 ff. 52 Die Gemeinden stehen nicht in einem unmittelbaren Auftragsverhältnis zum Bund, sondern nur in einem Auftragsverhältnis zum Land, vgl. Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 61; Marschall, DÖV 1950, S. 6 ff. (7 f.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 406 f.; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, 1974, S. 56 f. 53 In dringlichen Fällen soll die Möglichkeit eines Durchgriffs bis hinab zu den einzelnen kommunalen Baulastträgern bestehen, so Tschentscher, Inhalt und Schranken des Weisungsrechts des Bundes aus Art. 85 Abs. 3 GG, Diss. Bonn 1988, S. 148. Generell für eine unmittelbare Verbindlichkeit von Einzelweisungen des Bundes gegenüber den beauftragten Selbstverwaltungskörperschaften Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 407; Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 61.
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aa) Übertragung der Straßenbaulast Die Straßenbaulast kann im Einzelfall einem anderen anstelle des gesetzlich bestimmten Aufgabenträgers obliegen. Diese Möglichkeit einer Übertragung der Straßenbaulast auf Dritte ergibt sich aus § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG, der den Bund als Träger der Straßenbaulast bestimmt, „soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt". 54 Der Dritte, dem die Straßenbaulast abweichend von der gesetzlichen Regelung übertragen wird, kann eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder ein Privater sein. 55 Die Straßenbaulast Dritter wird auch als „Sonderbaulast" bezeichnet.56 Das Entstehen einer Sonderbaulast setzt einen besonderen Rechtstitel voraus, der sich aus gesetzlichen Vorschriften oder aus öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen ergeben kann. 57 Zu den öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, durch die eine Straßenbaulast begründet werden kann, gehören in erster Linie Verwaltungsakte (z.B. Planfeststellungsbeschlüsse); eine Übertragung der Straßenbaulast auf Dritte kann aber auch durch öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. §§ 54 ff. VwVfG erfolgen. 58 Die Übertragung der Straßenbaulast hat privative Wirkung. Der ursprüngliche Straßenbaulastträger wird in dem Umfang von seinen Verpflichtungen aus der Straßenbaulast befreit, in dem diese auf den Privaten übergeht. Da der Private somit - soweit seine Baulast reicht - an die Stelle des ordentlichen Straßenbaulastträgers tritt, kann die Straßenaufsichtsbehörde nur noch ihn als Träger der Sonderbaulast in Anspruch nehmen.59 Zu beachten ist allerdings, daß 54
Entsprechende Regelungen enthalten auch die Straßen- und Wegegesetze der Länder, vgl. z.B. § 45 Abs. 1 StrGBW; Art. 44 Abs. 1 BayStrWG; § 9 Abs. 9 BbgStrG; § 45 Abs. 1 StrWG NW; § 43 SächsStrG. 55 Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. (159); vgl. auch Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 45 Rn. 8. 56 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 14 Rn. 1, S. 331. 57 Vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 45 Rn. 3. Sonderbaulasten kraft Gesetzes kommen nur noch in der inhaltlich begrenzten Form der Sonderunterhaltungslast vor (z.B. § 13 Abs. 1, Abs. 2 FStrG; § 19 Abs. 1 i.V.m. § 14 EKrG), vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 14 Rn. 4, S. 332. 58 Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 5 Rn. 4; vgl. auch Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 45 Rn. 4. Zur öffentlich-rechtlichen Natur eines Vertrages, durch den ein Dritter an die Stelle des gesetzlich bestimmten Straßenbaulastträgers tritt, vgl. im folgenden sub II. 1. b). 59 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 14 Rn. 9, S. 336; vgl. auch Fikkert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 45 Rn. 5. Im Gegensatz zu einigen Landesstraßengesetzen (z.B. § 45 Abs. 3 StrGBW; Art. 45 BayStrWG; § 45 HessStrG; § 46 NStrG; § 49 SaarlStrG) sieht das FStrG nicht ausdrücklich vor, daß der ordentliche Straßenbaulastträger zum Einschreiten verpflichtet ist, wenn der kraft besonderen öffentlich-rechtlichen Titels Baupflichtige leistungsunfkhig wird. Für eine
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
sich die Sonderbaulast nur auf die Wahrnehmung von Pflichten beschränkt; Hoheitsrechte - wie z.B. die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen - verbleiben dem gesetzlich bestimmten Träger der Straßenbaulast.60
bb) Übertragung der Erfüllung aus der Straßenbaulast
von Aufgaben
Wenn es gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG sogar zulässig ist, die Straßenbaulast als solche auf Dritte zu übertragen, muß es einfachgesetzlich erst recht gestattet sein, Dritte, d.h. also auch Private, lediglich mit der Erfüllung von Aufgaben aus der Straßenbaulast zu betrauen. Anders als die Übertragung der Straßenbaulast hat die Verpflichtung Dritter zur Erfüllung von Straßenbaulastaufgaben keine privative Wirkung für den gesetzlich bestimmten Träger der Straßenbaulast. Sie berührt nur das Innenverhältnis zwischen ihm und dem Dritten, 61 ohne daß seine Kompetenz und Verantwortung als ordentlicher Straßenbaulastträger aufgehoben wären. Er ist also nach außen hin nach wie vor für die Erfüllung der Straßenbaulast zuständig und kann daher auch von der Straßenaufsicht in Anspruch genommen werden. 62 Da er aber einen gerichtlich durchsetzbaren Erfüllungsanspruch gegen den Dritten hat, kann er sich - wenn schon nicht von der Aufgabe als solcher so doch zumindest in tatsächlicher Hinsicht entlasten.63 Die Übernahme der Erfüllung von Straßenbaulastaufgaben erfolgt aufgrund vertraglicher Vereinbarung zwischen Baulastträger und Drittem. Im Unterschied zur Übertragung der Straßenbaulast ist hierfür kein öffentlich-rechtlicher Vertrag erforderlich; eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung, die an der gesetzlich festgelegten Zuständigkeit des Straßenbaulastträgers nichts zu ändern vermag, 64 genügt. 65 Verfehlt wäre es allerdings, daraus zu folgern, eine als öf-
subsidiäre Straßenbau last trotz fehlender gesetzlicher Regelung Kodal/Krämer, a.a.O., Kap. 14 Rn. 10, S. 336; a.A. Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 5 Rn. 6. 60 Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. (159); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 14 Rn. 13, S. 337. 61 Vgl. Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 45 Rn. 18. 62 Vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 45 Rn. 7. 63 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 14 Rn. 7.4, S. 335. 64 Vgl. § 5 Abs. 1 S. 2 FStrG sowie die entsprechenden Regelungen in den Straßenund Wegegesetzen der Länder (z.B. § 45 Abs. 2 StrGBW; Art. 44 Abs. 2 BayStrWG; § 45 Abs. 2 StrG NW; § 45 Abs. 2 SächsStrG). 65 Ob eine vertragliche Vereinbarung öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Charakter hat, ist abhängig von der Rechtsnatur des darin geregelten Vertragsgegenstandes, vgl. hierzu sub II. 1.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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fentlich-rechtlich zu qualifizierende Vereinbarung bewirke „automatisch" das Entstehen einer Sonderbaulast. Maßgebend ist vielmehr, was die Vertragsparteien mit der vertraglichen Regelung bezwecken, d.h. ob der Vertrag darauf abzielt, die Straßenbaulast als solche zu übertragen oder lediglich die Verpflichtung zur Erfüllung von Aufgaben aus der Straßenbaulast zu begründen. 66 Während vertragliche Vereinbarungen über eine Übernahme der Straßenbaulast durch Private bisher so gut wie nie geschlossen wurden, 67 kommt es in der Praxis recht häufig vor, daß privaten Unternehmen (begrenzte) (Teil-)Aufgaben aus der Straßenbaulast zur Erfüllung übertragen werden: 68 Hierher gehören zum einen die Fälle, in denen sich ein Privater - ohne die Straßenbaulast insgesamt zu übernehmen - verpflichtet, eine Straße auszubauen und zu unterhalten. 69 Obwohl dies - im Gegensatz zur Übertragung der Straßenbaulast als solcher - die Kompetenzordnung unverändert läßt, ist die Tätigkeit des Privaten hier unmittelbar der Erledigung der Straßenbaulast zugeordnet. Der Private wird in die Durchführung der Straßenbaulastaufgaben eingebunden, ohne staatlicherseits detailliert vorgegebene Hilfstätigkeiten wahrzunehmen. Davon zu unterscheiden sind die Fälle einer werkvertraglichen Beauftragung privater Unternehmen. Insoweit werden Private nur mittelbar in die Erfüllung der im Zusammenhang mit der Straßenbaulast anfallenden Aufgaben eingeschaltet. Es handelt sich um ein einfaches „Hilfsgeschäft" der Verwaltung, das der Beschaffung der für die Erfüllung der Straßenbaulast erforderlichen Verwaltungsmittel dient. 70 66
Vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 45 Rn. 7 ff. Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. (159) sieht die Gründe hierfür in der - jedenfalls bis Erlaß des FStrPrivFinG - fehlenden gesetzlichen Möglichkeit einer Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren durch den privaten Sonderbaulastträger. Allerdings dürfte eine - einfachgesetzlich ohne weiteres zulässige - Übernahme der Straßenbaulast für Bundesfernstraßen durch Private im Hinblick auf Art. 90 GG nicht ganz unbedenklich sein, vgl. im Dritten Teil sub I. Α. II. 68 Die entsprechenden Verträge werden - soweit nicht die Straßenbaulast gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG den Gemeinden obliegt - von den Ländern im Namen des Bundes abgeschlossen, vgl. § 7 Abs. 1 der 1. AVVFStr vom 3.5.1951 (BAnz Nr. 132): „In vermögensrechtlichen Angelegenheiten vertreten die Länder den Bund im Bereich der Auftragsverwaltung unter der Bezeichnung ,Bundesrepublik Deutschland - Bundesstraßenverwaltung4 gerichtlich und außergerichtlich." Die Annahme eines Vertretungsverhältnisses zwischen Bund und Ländern ist im Hinblick auf Art. 90 Abs. 2 GG allerdings nicht ganz unproblematisch, vgl. hierzu Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 68. 69 Z.B. ein Kiesgewinnungsuntemehmen, das es übernimmt, eine u.a. zu der Kiesbaggerei führende Gemeindestraße im Außenbereich wegen fehlender Tragfähigkeit für seine Schwerlastfahrzeuge auszubauen und zu unterhalten; so das Beispiel bei Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 45 Rn. 9. 70 Vgl. Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 89 Fn. 282. Zu den privatrechtlichen Hilfsgeschäften der Verwaltung vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 3 Rn. 7. 67
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Vor allem die Durchführung von Straßenbauarbeiten (z.B. Herstellung eines bestimmten Streckenabschnittes) erfolgt oftmals nicht durch Eigenbedienstete der straßenbaupflichtigen Körperschaft, sondern aufgrund eines Werkvertrages durch private Unternehmen. 71 Private Dienstleistungen auf werkvertraglicher Grundlage werden in der Praxis aber nicht nur bei der Bauausführung, sondern auch bei der Planung, bei der Unterhaltung und beim Betrieb von Bundesfernstraßen (z.B. im Winterdienst oder bei der Grünpflege) nachgefragt. 72 Der Werkunternehmer handelt im Rahmen seines Auftrags selbständig und ist demzufolge kein Verwaltungshelfer; 73 da er aber weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung tätig wird, bleibt - soweit es um die Erstellung oder den Ausbau einer Straße geht - die öffentliche Hand Trägerin der Baumaßnahme.
e) Die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG gewählte Form der Einbindung Privater - Privative Übernahme der Straßenbaulast durch private Investoren? Im folgenden soll nun konkret geprüft werden, in welchem Umfang nach dem FStrPrivFinG private Investoren an der Erfüllung der Straßenbaulast beteiligt werden können. Da die in § 1 Abs. 2 FStrPrivG beschriebenen Leistungen wesentliche Gegenstände der Straßenbaulast darstellen, 74 erscheint es nicht ganz ausgeschlossen, daß es sich um eine Übertragung mit befreiender Wirkung für den gesetzlich bestimmten Träger der Straßenbaulast handelt. Denkbar ist aber auch, daß lediglich eine im Innenverhältnis wirksame Erfüllungsübernahme beabsichtigt ist. Es muß daher durch Auslegung ermittelt werden, in welchem Umfang Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung tatsächlich auf den Privaten übergehen sollen. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG muß auf eine lediglich intern wirkende Verpflichtung des Privaten, die genannten Aufgaben zu erfüllen, geschlossen werden: Zum einen ist nicht pauschal von einer Übertragung der „Straßenbaulast" die Rede; vielmehr werden die einer Übertragung zugänglichen Aufgaben im einzelnen genannt. Zum anderen spricht das Gesetz nicht von einer schlichten „Übertragung" der aufgeführten Tätigkeiten, sondern von deren „Übertragung zur Ausführung". Diese Formulierung zeigt, daß sich an der eigentlichen Zuständigkeit des Straßenbaulastträgers im Außenverhältnis 71
Vgl. BGH, U.v. 15.6.1967 - III ZR 23/65 -, BGHZ 48, 98 ff. (103); U.v. 29.11.1973 - III ZR 211/71 -, NJW 1974, S. 453 ff. (453). 72 Hahn, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, 1994, S. 149 ff. (152); vgl. auch König, VerwArch 79 (1988), S. 241 ff. (259, 262). 73 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 23 Rn. 64. Zum Begriff des „Verwaltungshelfers" vgl. im Ersten Teil, Β. I. 3. b). 74 Vgl. oben sub a).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im e i n z e l n e n 9 5 nichts ändern soll. 75 Die genannten Aufgaben sollen von dem beauftragten Privaten nur „ausgeführt", d.h. erledigt werden, was nichts anderes bedeutet, als daß der ordentliche Straßenbaulastträger nur in tatsächlicher Hinsicht entlastet wird, ohne jedoch von der Straßenbaulast als solcher befreit zu sein. Die soeben vorgenommene Auslegung des Wortlauts von § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG wird durch einen Vergleich mit den § § 7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG 76 bestätigt. Diese Vorschriften enthalten - bezogen auf den Aus- und Neubau, die Unterhaltung und den Betrieb der Bundeswasserstraßen bzw. der bundeseigenen Schiffahrtsanlagen - eine dem § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vergleichbare Regelung: So können die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen und der Betrieb der bundeseigenen Schiffahrtsanlagen gemäß § 7 Abs. 2 WaStrG „im Einzelfall Dritten zur Ausführung übertragen werden". Entsprechendes regelt § 12 Abs. 5 WaStrG für den Aus- und Neubau der Bundeswasserstraßen. 77 Hier ist anerkannt, daß eine „Übertragung zur Ausführung" nicht zu einem Wechsel in der Aufgabenträgerschaft führt, sondern daß die Verpflichtung des übernehmenden Dritten nur inter partes wirkt und der Bund als ursprünglicher Bau- und Unterhaltungspflichtiger 78 im Außenverhältnis verantwortlich bleibt. 79 Dieses Verständnis der im WaStrG vorgesehenen „Übertragung zur Ausführung" spricht für eine entsprechende Auslegung der Aufgabenübertragung in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG. Schließlich ergibt sich auch aus dem Gesetzeszusammenhang, daß mit der Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG keine vollständige Übertragung der Straßenbaulast beabsichtigt ist: In § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG ist geregelt, daß der Private (nur) in bestimmten Fällen „die Rechte und Pflichten des Trägers der Straßenbaulast" besitzt. Er steht diesem gleich bei der Vergütung der Mehrkosten (§ 7 a FStrG), der Ent-
75
Vgl. auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 180. 1.d.F. der Bekanntmachung vom 23.8.1990, BGBl I S. 1818. 77 Da die Übertragung nur „im Einzelfall" erfolgen kann, muß sie sich auf ein bestimmtes, im einzelnen beschriebenes Vorhaben beschränken. Die §§7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG ermächtigen den Bund also nicht, sich generell bei der Unterhaltung bzw. dem Ausbau von Bundeswasserstraßen eines privatrechtlich organisierten Verwaltungsträgers zu bedienen, vgl. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 3. Aufl. 1994, § 7 Rn. 6 und § 12 Rn. 21. Eine entsprechende Einschränkung enthält § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zwar nicht; dennoch ist es nach dem FStrPrivFinG nicht möglich, Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen generell Privaten zur Ausführung zu übertragen, da die mautfahigen Strecken und Bauwerke gemäß § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG beschränkt sind und somit bei weitem nicht alle Bauvorhaben als Betreibermodell realisiert werden können, vgl. sub III. 3. 78 Vgl. §§ 7 Abs. 1,12 Abs. 1 WaStrG. 79 Wüsthoff/Kumpf Handbuch des Deutschen Wasserrechts, Bd. 1, Stand der Bearb.: 1995/97, § 7 WaStrG Anm. zu Abs. 2; Friauf, Die Übertragung öffentlicher VerkehrsInfrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 48 Fn. 57 und S. 72. 76
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
schädigungspflicht bei Vermögensnachteilen durch Vorarbeiten zur Vorbereitung der Planung (§ 16 a Abs. 3 FStrG), der vorzeitigen Besitzeinweisung (§ 18 f FStrG), dem Enteignungs- (§ 19 FStrG) und dem Entschädigungsverfahren (§ 19 a FStrG). Die ausdrückliche Nennung einzelner Rechte und Pflichten in § 1 Abs. 3 FStrG wäre jedoch überflüssig, wenn der Private umfassend in die Position des Straßenbaulastträgers einrückte, da ihm in diesem Fall die genannten Rechte und Pflichten automatisch zustünden.80 Eine Übertragung der Straßenbaulast als solcher mit privativer Wirkung für den ursprünglichen Träger der Straßenbaulast sieht das FStrPrivFinG demnach nicht vor. 81 Wenn einem Privaten gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einer Bundesfernstraße zur Ausführung übertragen werden, dann hat dies keine Auswirkungen auf die gesetzlich festgelegte Aufgabenträgerschaft des ordentlichen Baulastpflichtigen, sondern verpflichtet den Privaten lediglich im Innenverhältnis zum Straßenbaulastträger, die ihm anvertrauten Aufgaben wahrzunehmen. Der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragte Private wird also nur in die Erfüllung der Aufgaben aus der Straßenbaulast eingeschaltet; Aufgabenzuständigkeit und Aufgabenverantwortung 82
hingegen verbleiben bei dem jeweiligen Träger der Straßenbaulast, der das Tätigwerden des Privaten beaufsichtigt und über Weisungen maßgebend beeinflussen kann. 83 Die Regelung in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG bezieht sich allerdings nicht auf die bereits vor Erlaß des FStrPrivFinG bestehende - und auch zahlreich praktizierte - Möglichkeit, Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen an Bundesfernstraßen nicht im Eigenbetrieb, sondern durch private Unternehmen im Rahmen eines Werkvertrages auszuführen: 84 Zum einen ist diese Form der Beteiligung Privater auf werkvertraglicher Grundlage nicht nur im Fernstraßenbau, sondern generell bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben allgemein anerkannt und 80 Die sub c) aa) getroffene Feststellung, daß die Übertragung der Straßenbaulast auf Dritte nur Pflichten, nicht aber Hoheitsrechte zur Folge hat, steht dem nicht entgegen, da die Wahrnehmung der in § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG genannten Rechte und Pflichten nicht mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden ist, vgl. dazu näher im folgenden sub 2. b). 81 So auch i.E. Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 27.11, S. 382; Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (242 f.). Unklar hingegen Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (39), aus dessen Ausführungen nicht eindeutig hervorgeht, ob der Private nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG umfassend in die Stellung des Straßenbaulastträgers einrückt oder nicht. 82 Vgl. die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6: „Die staatlichen Verantwortungsbereiche, ..., die Straßenaufsicht und die behördlichen Zuständigkeiten bleiben unberührt." 83 Zum Weisungsrecht vgl. die Interpretation des § 12 Abs. 5 WaStrG bei Fasten-
rath/Simma, 84
DVB1 1983, S. 8 ff. (14).
So auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 179.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im e i n z e l n e n 9 7 bedarf keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung. 85 Schon weil nicht anzunehmen ist, der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift lediglich etwas ohnehin Selbstverständliches zum Ausdruck bringen wollen, spricht viel dafür, daß sich der Regelungsgehalt des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht in der Erlaubnis zum Abschluß bloßer Werkverträge mit Privaten erschöpft. 86 Zum anderen beschränkt sich die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehene Beteiligung privater Investoren nicht allein auf die Herstellung eines bestimmten Fernstraßenabschnitts oder auf eine nach Art und Umfang detailliert festgelegte Unterhaltungsmaßnahme. Der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragte Private soll vielmehr ganz umfassend sowohl mit der Errichtung der Straße als auch mit deren Erhaltung und Betrieb sowie nicht zuletzt - was ihn insbesondere von einem „normalen" Werkunternehmer unterscheidet - mit deren Finanzierung beauftragt werden. Es handelt sich dabei also gerade nicht um ein reines Beschaffungsgeschäft, wie es auch sonst im Rahmen der Bedarfsdeckung von der öffentlichen Hand vorgenommen wird, sondern um die unmittelbare Einbindung eines Privaten in die Erfüllung der Straßenbaulastaufgaben. 87 Dieses Verständnis der Übertragung „zur Ausführung" in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG deckt sich im übrigen auch mit der in der Literatur vertretenen Interpretation der §§ 7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG, die ebenfalls nicht als bloße Ermächtigung zur werkvertraglichen Beauftragung privater Unternehmen verstanden werΛ
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den. Die Stellung eines privaten Unternehmens, dem Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einer Bundesfernstraße gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zur Ausführung übertragen werden, geht jedoch nicht nur über die eines „normalen" Werkunternehmers, sondern auch über die eines (unselbständigen) Verwaltungshelfers 89 hinaus. 90 Die Übertragung der jeweiligen Aufgaben „zur Ausfüh-
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Vgl. hierzu allgemein Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung und Verfassungsrecht. Beschaffung und Leistungserstellung im Staat der Gegenwart, 1988. 86 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 116 f. Fn. 500 (dort zum Regelungsgehalt des § 123 Abs. 3 BBauG, nunmehr § 124 Abs. 1 BauGB). 87 Vgl. Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 90: Wenn Private allein mit dem Bau einer Bahntrasse betraut werden, ohne daß ihnen eine Funktion bei deren späteren Betrieb zukommt, handelt es sich aus der Sicht der Bahn um ein reines Beschaffungsgeschäft, das lediglich mittelbar der Er·' füllung ihrer Verwaltungsaufgaben dient. 88 Vgl. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 3. Aufl. 1994, § 7 Rn. 6 und § 12 Rn. 16; für § 12 Abs. 5 WaStrG auch Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 47 f. 89 Zu der hier vertretenen engen Definition des „Verwaltungshelfers" vgl. im Ersten Teil, Β. I. 3. b). 90 So auch Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3150); Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 180 f.; Reidt/ Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (243) hingegen qualifizieren den gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragten Privaten als „Verwal7 Susanne Schmitt
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
rung" impliziert ein weitgehend eigenverantwortliches Tätigwerden im eigenen Namen, 91 und zwar ohne daß dies in Konflikt mit der Letztverantwortung und dem damit einhergehenden Aufsichts- und Weisungsrecht des zuständigen Straßenbaulastträgers stünde. Die potentielle Möglichkeit einer Weisung durch staatliche Behörden schließt nämlich nicht aus, daß der Private in der Regel (zunächst) einen eigenen Entscheidungsspielraum genießt und nicht strikt nach staatlichen Einzelweisungen und detaillierten Vorgaben handelt. Da aber das FStrPrivFinG lediglich den Rahmen vorgibt und sich ausdrücklicher Regelungen über das Ausmaß der Gestaltungsfreiheit des privaten Investors enthält, wird es letztlich darauf ankommen, was die Parteien im konkreten Fall im einzelnen vereinbart haben. Dies gilt auch fur die Frage nach dem „Bauherrn", d.h. dem gegenüber der Planfeststellungsbehörde in Erscheinung tretenden Vorhabenträger. 92
f) Zuordnung der Beteiligung Privater gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zu den Privatisierungsformen Die Einbeziehung Privater in Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG kann nunmehr, da der vom Gesetz vorgesehene Umfang der Übertragung feststeht, einer der vorerwähnten typologischen Privatisierungsformen 93 zugeordnet werden. Nachdem eine Übertragung der jeweiligen Aufgaben „zur Ausführung" die staatlichen Kompetenzen und Verantwortungsbereiche unberührt läßt, erscheint es angezeigt, hier von einem Fall der funktionalen Aufgabenprivatisierung zu sprechen: 94 Wie beim Konzessionsmodell95 wird das private Unternehmen nur in den Vollzug der Verwaltungsaufgabe eingeschaltet, ohne jedoch die Aufga-
tungshelfer des Straßenbaulastträgers", wobei allerdings offen bleibt, was sie unter dem Begriff des „Verwaltungshelfers" genau verstehen. 91 Vgl. für § 12 Abs. 5 WaStrG Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 48. 92 Vgl. hierzu näher sub 3. a) bb) (2) (e) (aa). 93 Vgl. im Ersten Teil, Β. I. 94 So auch Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (137 f.); Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1157). Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3150) sieht in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG demgegenüber einen Fall der „Organisationsprivatisierung". Nach der hier vorgenommenen Klassifizierung fallen unter den Begriff der Organisationsprivatisierung jedoch nur die Fälle, in denen sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben eines von ihm getragenen und beherrschten Privatrechtssubjektes bedient, während gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nur „echte" Private mit den genannten Aufgaben betraut werden dürfen, vgl. sub III. 3. 95 Zur Zuordnung des Konzessionsmodells zur funktionalen Aufgabenprivatisierung vgl. im Ersten Teil, B. II. 1. b) bb) (1).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
99
be selbst aus der staatlichen Verantwortung auszugliedern und in den privaten Bereich zu verlagern. Eine vollständige Übertragung im Sinne einer materiellen Privatisierung findet daher nicht statt. 96 Zu berücksichtigen ist allerdings, daß sich der private Investor nicht, wie beim Konzessionsmodell, über staatliche Nutzungsentgelte, sondern haushaltsneutral über direkt beim Straßenbenutzer erhobene Mautgebühren refinanziert. 97 Die als Betreibermodell realisierte Bundesfernstraße wird letztlich von ihren Benutzern finanziert, wobei etwaige Gebührenausfälle zum wirtschaftlichen Risiko des privaten Betreibers gehören und den Bundeshaushalt regelmäßig nicht belasten. 98 Damit liegen aber Finanzierungszuständigkeit und finanzielle Verantwortung ausschließlich in privater Hand, so daß die an sich nur „zur Ausführung" übertragene Finanzierung letzten Endes vollständig in den privaten Bereich überführt wird. Insoweit müßte das Betreibermodell daher als ein Fall der materiellen Aufgabenprivatisierung qualifiziert werden. 99 Insgesamt läßt sich die im FStrPrivFinG vorgesehene Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen an Private somit nicht eindeutig in den Katalog der typisierten Privatisierungsarten einordnen. 100 Sie enthält vielmehr sowohl Aspekte der funktionalen (hinsichtlich Bau, Erhaltung und Betrieb) als auch der materiellen Aufgabenprivatisierung (hinsichtlich der Finanzierung).
2. Rechtliche Konstruktion der Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG - Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung im Wege der Beleihung? Steht nunmehr fest, daß Privaten gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht die Straßenbaulast als solche, sondern lediglich deren Erfüllung übertragen werden soll, stellt sich im Anschluß daran die Frage nach der rechtlichen Konstruktion der im Gesetz vorgesehenen „Übertragung zur Ausführung". Denkbar ist, daß
96 Krölls, GewArch 1995, S. 129 f f (138). Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, scheint demgegenüber für § 12 Abs. 5 WaStrG von einem Fall der materiellen Aufgabenprivatisierung auszugehen, da er insoweit „eine echte Übertragung der zunächst dem Bund obliegenden Bauaufgabe" annimmt. 97 Der Bundeshaushalt wird von dem Projekt allenfalls hinsichtlich allgemeiner Verwaltungskosten berührt, vgl. im Dritten Teil sub VI. 98 Zum wirtschaftlichen Risiko des privaten Betreibers vgl. sub II. 3. b) aa). 99 Vgl. Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 181. Siehe auch Schuppert, DÖV 1995, S. 761 ff. (767), der die Fälle einer benutzerfinanzierten Aufgabenerfullung als „Finanzierungsprivatisierung" bezeichnet. 100 Vgl. i.E. auch Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1157).
100
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung auf Private im Wege der Beleihung erfolgt.
a) Begriff und Funktion der Beleihung Nach h.M. 1 0 1 sind Beliehene Privatrechtssubjekte, d.h. natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts, denen die Befugnis verliehen wurde - daher auch der Begriff „Beliehener" -, bestimmte Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzuneh102
men. Kennzeichnend fur die Beleihung ist somit die Ausstattung eines Privaten mit hoheitlichen Kompetenzen. 103 Da sich hoheitliches Tätigwerden nicht im Erlaß einseitig-verbindlicher Anordnungen erschöpft, sondern auch schlichthoheitliches Handeln umfaßt, 104 können Gegenstand einer Beleihung sowohl obrigkeitliche als auch schlicht-hoheitliche Befugnisse sein. 105 Die Ausübung hoheitlicher Befugnisse bedarf jedoch einer demokratischen Legitimation durch das Parlament, 106 so daß die Beleihung unter institutionellem Gesetzesvorbehalt steht und deshalb durch Gesetz oder aufgrund gesetzlicher Ermächtigung erfolgen muß. 1 0 7
101 Vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 23 Rn. 56; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 2. 102 Vgl. bei Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 13. Steiner selbst tritt hingegen fiir einen Beleihungsbegriff ein, der als möglichen Gegenstand einer Beleihung auch verwaltungsprivatrechtlich zu vollziehende Kompetenzen umfaßt, vgl. eb-
da., S. 47; ders., DÖV 1970, S. 526 ff. (529 f.). 103
Sog. „Rechtsstellungstheorie". Die demgegenüber zum Teil früher in der Literatur vertretene „Aufgabentheorie" verzichtete auf das Kriterium einer Ausstattung mit hoheitlichen Befugnissen und stellte allein auf die Übertragung „materiell-staatlicher Aufgaben" ab. Gegen die Aufgabentheorie wurde zu Recht eingewandt, daß sie - da es keinen geschlossenen Kanon der Staatsaufgaben gebe - von vornherein zur Konturlosigkeit verurteilt und daher ungeeignet sei, den Gegenstand der Beleihung festzulegen, vgl. zum Ganzen von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, 1982, S. 31 ff. m.w.N. 104 Vgl. Krebs, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 567 ff. (590 Fn. 134). Zur Abgrenzung zwischen obrigkeitlicher und schlichthoheitlicher Verwaltung vgl. insbesondere Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1948, S. 20 ff, auf den der Begriff der „schlichten Hoheitsverwaltung" zurückgeht. Siehe auch Robbers, DÖV 1987, S. 272 ff.; Schach, DÖV 1970, S. 40 ff. 105 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 6. 106 Roßnagel/Bizer, VB1BW 1992, S. 361 ff. (363); Battis, in: Festschrift für Peter Raisch, 1995, S. 355 ff. (362). Zum Demokratieprinzip vgl. im Dritten Teil, Α. V. 2., B. III. 107 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 6; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 23 Rn. 58.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
101
Der Beliehene tritt im Rahmen seines Kompetenzbereichs als rechtlich selbständiger und eigenverantwortlicher Hoheitsträger auf. Er ist Verwaltungsbehörde i.S.d. § 1 Abs. 4 V w V f G 1 0 8 und untersteht der Aufsicht des Beleihenden. 109 Statusmäßig bleibt er zwar Privatrechtssubjekt; durch den Beleihungsakt wird er aber der staatlichen Organisation angegliedert 110 und ist insoweit in die mittelbare, d.h. nicht durch eigene Behörden des Staates wahrgenommene, Staatsverwaltung einbezogen.111 Der Staat verzichtet demnach nicht auf die staatliche Erfüllung einer Aufgabe, sondern nur auf die Erfüllung dieser Aufgabe durch eigene Behörden. 112
b) Konkrete Beurteilung der Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Ob die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehene Konstruktion als Beleihung zu qualifizieren ist, hängt somit nach dem vorstehend Gesagten davon ab, ob der Private die zur Ausführung übertragenen Aufgaben selbständig, im eigenen Namen und in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts erledigt. Die selbständige Aufgabenerfüllung im eigenen Namen kann zwar - da der Private weder als unselbständiger Verwaltungshelfer noch als Werkunternehmer fungiert 113 - ohne Schwierigkeiten bejaht werden; eingehender untersucht werden muß jedoch, ob sich der Private tatsächlich öffentlich-rechtlicher Handlungsformen bedienen darf oder ob er nicht vielmehr auf privatrechtliches Handeln beschränkt ist. Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist, ob die Tätigkeit des Privaten mit der Wahrnehmung hoheitlicher Kompetenzen verbunden ist oder nicht. Obrigkeitliche Befugnisse, also das Recht, Zwang anzuwenden und einseitig verbindlich regelnd in die Rechtssphäre Dritter einzugreifen, 114 sind mit der Erfüllung von Straßenbaulastaufgaben nicht verbunden. Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen könnten daher als typische Elemente
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Maurer, a.a.O., § 23 Rn. 59. Es handelt sich dabei in der Regel um eine Fachaufsicht, die zuweilen jedoch auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt ist, vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 7; siehe auch Battis , in: Festschrift für Peter Raisch, 1995, S. 355 ff. (363 f.).' 110 Wolff/Bachof/Stober, a.a.O., § 104 Rn. 3. 111 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 23 Rn. 1, 56. 112 Beleihung ist somit nur eine bestimmte Form der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben, vgl. von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, 1982, S. 118. 113 Vgl. oben l.e). 114 Vgl. Forsthoff Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 10. Aufl. 1973, S. 565; BGH, U.v. 23.2.1956 - III ZR 324/54 -, BGHZ 20, 102 ff. (104). 109
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
der Straßenbaulast nur den schlicht-hoheitlichen Aufgaben zugeordnet werden, 115 so daß der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragte Private allenfalls in der Lage wäre, schlicht-hoheitlich handelnd aufzutreten. Für die Beleihung spielte dies indessen keine Rolle, da - wie bereits ausgeführt - Gegenstand einer Beleihung auch die Übertragung schlicht-hoheitlicher Befugnisse sein kann. Während aber die Straßenbau- und Straßenunterhaltungstätigkeit der öffentlichen Hand regelmäßig in den Bereich der schlichten Hoheitsverwaltung fallt, 1 1 6 ist dies bei einem entsprechenden Tätigwerden Privater nicht ohne weiteres der Fall. Wenn private Rechtssubjekte Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, die ihnen vom Staat übertragen wurden, so tun sie dies im Zweifel mit den Mitteln des Privatrechts. Es besteht also eine Vermutung für privatrechtliches Handeln, es sei denn, dem Privaten wurde nicht nur die Erfüllung der Aufgabe anvertraut, sondern darüber hinaus auch zweifelsfrei öffentliche Gewalt verliehen. 117 Ob dies für die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehene „Ausführungsübertragung" zutrifft, ist allerdings mehr als fraglich: Schwerwiegende Zweifel ergeben sich insbesondere aus § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG. Nach dieser Vorschrift gehen hoheitliche Befugnisse auf den Privaten nicht über, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Übergang sowohl obrigkeitlich-hoheitlicher 118 als auch schlicht-hoheitlicher Befugnisse ist also - unter dem Vorbehalt einer anderweitigen gesetzlichen Regelung - ausgeschlossen. Mit der Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung könnte daher nur dann eine Beleihung mit hoheitlichen Kompetenzen verbunden sein, wenn man § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG als anderweitige gesetzliche Regelung i.S.d. § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG ansehen würde. Eine solche Interpretation ist jedoch bereits aufgrund des engen systematischen Zusammenhangs zwischen den beiden Vorschriften nicht angezeigt. Zwar läßt der Wortlaut des § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG einen ausdrücklichen Be115
Unter den Begriff der „schlicht-hoheitlichen Verwaltung" fallen all jene aufgrund öffentlichen Rechts wahrgenommenen Handlungen von Trägern öffentlicher Verwaltung, die kein obrigkeitliches Handeln darstellen, vgl. Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1948, S. 21 f.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl. 1994, § 23 Rn. 40. 116 BGH, U.v. 24.5.1973 - III ZR 178/70 -, NJW 1973, S. 1650 ff. (1651); zur Qualifizierung der Straßenbaumaßnahmen als schlicht-hoheitliche Verwaltungstätigkeit siehe auch Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 65. 117 Bettermann, in: Festschrift für Walter Reimers, 1979, S. 415 ff. (423 f.). 1,8 So auch Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 27.11, S. 381 f. Ungenau demgegenüber die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, die im Zusammenhang mit § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG von ,,hoheitliche[n] Befugnisse[n], d.h. obrigkeitliche[n] Rechte[n]" spricht, BT-Drs. 12/6884, S. 6.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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zug zu § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vermissen; insoweit wäre es eindeutiger gewesen, wenn - wie in den vergleichbaren Vorschriften der §§ 7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG 119 - explizit klargestellt worden wäre, daß »bei der Übertragung zur Ausführung" hoheitliche Befugnisse auf den Privaten nicht übergehen. Dennoch ist der in § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG angeordnete Ausschluß des Übergangs hoheitlicher Befugnisse aufgrund seiner Stellung innerhalb des Gesetzes dahingehend zu verstehen, daß er sich in erster Linie auf die vorangehenden Absätze des § 1 FStrPrivFinG bezieht und mögliche Ausnahmen von diesem Grundsatz - wenn überhaupt - erst in den folgenden Paragraphen des Gesetzes zu finden sein werden. Diese Auslegung wird im übrigen auch durch den Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung gestützt, in der es - im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut - ausdrücklich heißt, daß „damit", d.h. mit der Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung, ein Übergang hoheitlicher Befugnisse nicht verbunden sei. 120 Darüber hinaus ergibt sich auch allein aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG, daß eine Übertragung hoheitlicher Kompetenzen nicht beabsichtigt ist und daß es sich daher bei § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG unmöglich um eine Ausnahmevorschrift zu § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG handeln kann. Dem Privaten sollen Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen lediglich „zur Ausführung" übertragen werden. Wie bereits dargelegt, hat dies keinerlei Auswirkungen auf die gesetzlich begründete Rechtszuständigkeit des Straßenbaulastträgers. Die „Ausführungsübertragung" begründet lediglich eine interne Verpflichtung des Privaten gegenüber der übertragenden Körperschaft, ohne daß diese von ihrer Aufgabenzuständigkeit und Aufgabenverantwortung entbunden wäre. 121 Dem Privaten wird gerade nicht die Hoheitsaufgabe „Straßenbaulast" als solche, sondern nur deren Ausführung übertragen; die - eine Beleihung kennzeichnende - Verschiebung hoheitlicher Kompetenzen findet also nicht statt. Ohne die Befugnis zu hoheitlichem Tätigwerden ist der Private jedoch auf die Mittel privatrechtlichen Handelns verwiesen und kann daher nicht Beliehener sein. 122 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG, wonach dem Privaten in bestimmten Fällen die Rechte und Pflichten des Trägers der Straßenbaulast zustehen. Zwar kann - da es sich insoweit um die kompetenz-
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Die genannten Vorschriften enthalten in einem 2. Halbsatz jeweils den Zusatz: „...; dabei [d.h. bei der Übertragung der im einzelnen aufgeführten Aufgaben] gehen hoheitliche Befugnisse des Bundes nicht über". 120 BT-Drs. 12/6884, S. 5; vgl. auch Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 27.11, S. 381 f. 121 Vgl. oben 1. e). 122 Vgl. Hermes, BB 1984, S. 96 ff. (98 f.).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
rechtliche Übertragung einer hoheitlichen Aufgabe 123 handelt - die Straßenbaulast als solche privaten Rechtssubjekten nur im Wege der Beleihung überantwortet werden. 124 Gleichwohl rückt der private Investor, dem die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben zur Ausführung übertragen werden, auch in bezug auf § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG nicht in die Stellung eines Beliehenen ein. Eine vollständige Übertragung der Straßenbaulast, die eine Beleihung erforderlich machen würde, sieht das FStrPrivFinG nämlich gerade nicht vor; der Private steht dem Träger der Straßenbaulast nur hinsichtlich einzelner, ausdrücklich genannter Rechte und Pflichten gleich. 125 Diese Rechte und Pflichten sind aber weder mit obrigkeitlich-hoheitlichen noch mit schlicht-hoheitlichen Befugnissen verbunden: -
§ 7 a FStrG betrifft die Vergütung der Mehrkosten, die entstehen, wenn eine Straße wegen der Art des Gebrauchs durch einen anderen aufwendiger hergestellt oder ausgebaut werden muß, als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht. In einem solchen Fall hat der private Investor gegen den anderen Anspruch auf Kostenerstattung.
-
Die entsprechende Anwendung des § 16 a Abs. 3 FStrG verpflichtet den Privaten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld, soweit einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten durch Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen oder sonstige Vorarbeiten zur Vorbereitung der Planung unmittelbare Vermögensnachteile entstehen.
-
Hoheitliche Befugnisse sind schließlich auch mit den §§ 18 f, 19 und 19 a FStrG nicht verbunden, die Regelungen zur vorzeitigen Besitzeinweisung und zum Enteignungs- und Entschädigungsverfahren treffen. Denn ebenso wie der Straßenbaulastträger selbst hat auch der Private kein eigenes - dann hoheitlich zu qualifizierendes Besitzeinweisungs- oder Enteignungsrecht. § 18 f Abs. 1 S. 1 FStrG berechtigt ihn lediglich, bei der Enteignungsbehörde die vorzeitige Besitzeinweisung zu beantragen; § 19 Abs. 1 S. 1 FStrG räumt ihm bloß einen verfahrensrechtlichen Anspruch gegen die Enteignungsbehörde auf Durchführung des Enteignungsverfahrens ein. 126 Die Enteignungsverantwortung hingegen liegt - unbeschadet dieser Rechte - nach wie vor bei den nach den Enteignungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden
123 Zum hoheitlichen Charakter der Straßenbaulast vgl. nur BGH, U.v. 1.6.1970 - III ZR 210/68 -, NJW 1970, S. 1877 ff. (1877); U.v. 13.5.1982 - III ZR 180/80 -, NVwZ 1982, S. 700 ff. (701); BVerwG, U.v. 25.8.1971 - IV C 23/69 -, NJW 1972, S. 269 f. (269); OLG Frankfurt, U.v. 5.7.1984 - 1 U 264/82 -, NVwZ 1985, S. 139 f. (139). Vgl. auch § 1 Abs. 1 S. 1 FStrAbG i.d.F. der Bekanntmachung vom 15.11.1993 (BGBl I S. 1878), wonach Bau und Ausbau der Bundesfernstraßen „Hoheitsaufgaben des Bundes" sind. 124 Vgl. Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 45 Rn. 15; Salzwedel, DÖV 1963, S. 241 ff. (248); Wendrick, BauR 1985, S. 152 ff. (159); Schmitt, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 575 ff. (588). 125 Vgl. oben l.e). 126 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 37 Rn. 14, S. 1175.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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(§§ 18 f. Abs. 1, 19 Abs. 5 FStrG), so daß letztlich auch insoweit eine Übertragung von Hoheitsrechten nicht stattfindet. 127 Da die genannten Rechte und Pflichten eine Ausstattung mit hoheitlichen Kompetenzen somit nicht erforderlich machen, liegt dem § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG ebensowenig eine Beleihung zugrunde 128 wie der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehenen „Ausführungsübertragung". Dementsprechend verwendet auch der Gesetzgeber den Begriff „Beleihung" im Zusammenhang mit § 1 FStrPrivFinG weder im Gesetz selbst 129 noch in der Gesetzesbegründung. Lediglich im Zusammenhang mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren in § 2 FStrPrivFinG weist die Gesetzesbegründung daraufhin, daß insoweit eine Beleihung des Privaten erforderlich sei. 130 Von der Notwendigkeit einer Beleihung bei der Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung ist hingegen nicht die Rede. Diesbezüglich spricht der Gesetzgeber lediglich von „Übertragung zur Ausführung", „Betrauung" und „Beauftragung". 131 Diese Wortwahl des Gesetzgebers kann als weiteres Indiz dafür herangezogen werden, daß er eine Beleihung des Privaten mit Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung weder beabsichtigte noch für erforderlich hielt. 1 3 2 Als Ergebnis kann daher folgendes festgehalten werden: Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung können Privaten gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nur „zur Ausführung" übertragen werden. Dabei gehen - wie sich sowohl aus dem Wesen der „Ausführungsübertragung" als auch aus § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG 127
So auch Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1159). A.A. Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (39), der die Auffassung vertritt, der Private werde mit den in § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG genannten Rechten und Pflichten des Trägers der Straßenbaulast beliehen. Aus den weiteren Ausführungen geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob der Private nach Ansicht Schmidts umfassend in die Stellung eines Straßenbaulastträgers einrückt oder nicht. 129 Vgl. demgegenüber die Regelung in § 44 Abs. 1 S. 1 StrG LSA. Dort heißt es ausdrücklich: „Mit der Planung, der Finanzierung, dem Bau, der Unterhaltung oder dem Betrieb von öffentlichen Straßen können auch Private beauftragt oder beliehen werden." 130 BT-Drs. 12/6884, S. 6. 131 Vgl. BT-Drs. 12/6884, S. 5. 132 Vgl. auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 185 f. Steiner, NJW 1994, 3150 f. (1350 Fn. 12), vertritt demgegenüber die Auffassung, der Gesetzgeber habe den Begriff „Beleihung" offenbar nur im Zusammenhang mit der Übertragung einseitig-hoheitlicher Befugnisse verwenden wollen, nicht hingegen im Zusammenhang mit der Übertragung schlicht-hoheitlicher Befugnisse. Er scheint dies aus der etwas mißverständlichen Formulierung in der gesetzgeberischen Begründung zu § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG („hoheitliche Befugnisse, d.h. obrigkeitliche Rechte", BT-Drs. 12/6884, S. 6) zu schließen. Da jedoch nicht davon ausgegangen werden kann, der Gesetzgeber habe verkannt, daß hoheitliches Handeln auch schlicht-hoheitliches Tätigwerden umfaßt, dürfte es sich dabei lediglich um eine sprachliche Ungenauigkeit des Gesetzgebers handeln. 128
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
ergibt - hoheitliche Befugnisse auf den Privaten nicht über; diese verbleiben bei dem nach wie vor im Außenverhältnis verantwortlichen Träger der Straßenbaulast. In Privathand überführt wird die Hoheitsaufgabe „Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen" daher nur insoweit, als sie sich als „wirtschaftliche Leistung" darstellt. 133 Die übertragenen Tätigkeiten sind, soweit sie von dem beauftragten Privatunternehmen wahrgenommen werden, „ihres ursprünglich hoheitlichen Charakters entkleidet" 134 und können nicht als 135
schlicht-hoheitliches Handeln qualifiziert werden. Der Private ist - mangels Ausstattung mit hoheitlichen Kompetenzen - darauf beschränkt, die ihm überantworteten Aufgaben mit den Mitteln des Privatrechts zu erfüllen. Es fehlt somit an der eine Beleihung kennzeichnenden Erledigung von Verwaltungsaufgaben durch Private in den Formen des öffentlichen Rechts. Demzufolge handelt es sich bei der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehenen „Übertragung zur Ausführung" nicht um eine Beleihung; der Private, dem die genannten Aufgaben zur Erledigung zugewiesen werden, ist nicht Beliehener. 136 3. Die gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG übertragbaren Aufgaben im einzelnen Folgerungen aus § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG Unter Berücksichtigung des in § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG angeordneten Ausschlusses hoheitlicher Befugnisse können nunmehr auch die einzelnen, einer „Übertragung zur Ausführung" zugänglichen Aufgaben des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG inhaltlich näher bestimmt werden. Sowohl aus dem Gesetzeswortlaut als auch aus der gesetzgeberischen Intention, die rechtlichen Grundlagen für die Einführung von Betreibermodellen im Bundesfernstraßenbau zu schaffen, 137 ergibt sich, daß die zur Übertragung auf private Investoren vorge133
So Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 27.11, S. 382. So die plastische Charakterisierung der Tätigkeiten, die gemäß § 7 Abs. 2 WaStrG Dritten „zur Ausführung" übertragen werden, vgl. Begründung zum WaStrG, BT-Drs. 5/352, S. 21. 135 A.A. Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3150), der das Handeln des gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragten Privaten ohne nähere Begründung als schlichthoheitliches Tätigwerden einstuft. 136 So auch i.E. Kodal/Krämer, Kap. 16 Rn. 27.11, S. 381 f.; Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 182 ff; für die Stellung des Dritten bei der Übertragung von Aufgaben „zur Ausführung" gemäß §§7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG vgl. auch Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 3. Aufl. 1994, § 7 Rn. 6 und § 12 Rn. 16. A.A. allerdings jeweils ohne nähere Begründung - Steiner\ NJW 1994, S. 3150 f. (3150); Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff., (101). Unklar hingegen Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (39), aus dessen Ausführungen nicht eindeutig hervorgeht, ob der Aufgabenübertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG eine Beleihung zugrunde liegt. 137 Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. 134
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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sehenen Aufgaben des Baues, der Erhaltung, des Betriebs und der Finanzierung nicht isoliert, sondern nur einheitlich einem Privaten überantwortet werden können. 138
a) Bau aa) Neu- und Ausbau Der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG verwendete Terminus „Bau" umfaßt - wie bereits aus § 1 Abs. 1 FStrPrivFinG hervorgeht - sowohl den Neu- als auch den Ausbau von Bundesfernstraßen. 139 Während man unter dem „Neubau" einer Straße die erstmalige Herstellung einer Verkehrsverbindung zwischen zwei Punkten versteht, 140 handelt es sich beim „Ausbau" einer Straße um die bauliche Verbesserung eines vorhandenen Straßenzuges durch Verbreiterung, Begradigung der Linienführung, Auswechslung des Straßenbelags und ähnliche Maßnahmen, mit deren Hilfe eine Straße den Verkehrs- und Sicherheitsanforderungen optimaler angepaßt werden soll. 1 4 1
bb) Planung Da Neu- und Ausbau begrifflich die (Objekt-)Planung miteinschließen, 142 ist es nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG prinzipiell möglich, privaten Unternehmen auch Planungsaufgaben zur Ausführung zu übertragen. 143 Aufgrund des Ausschlusses hoheitlicher Befugnisse ist jedoch genau zu prüfen, welche einzelnen Tätigkeiten aus der Planungsphase von Privaten wahrgenommen werden können.
138 Eigentlich hätte der Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG im Zusammenhang mit der Übertragung der einzelnen Aufgaben anstelle der Singular- die Pluralform verwenden müssen („können zur Ausführung übertragen werden"); möglicherweise hat er damit aber zum Ausdruck bringen wollen, daß er Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung als Einheit ansieht, vgl. auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 177 Fn. 219. 139 Vgl. zum Begriff „Bau" in § 3 Abs. 1 S. 1 FStrG Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 12, S. 302 f. 140 Vgl. Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 9 Rn. 21. 141 Vgl. Kodal/Krämer, Straßengesetz, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 12.2, S. 303; Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 9 Rn. 21, 22. 142 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 12.2, S. 303. 143 So auch Kodal/Krämer, a.a.O., Kap. 16 Rn. 27.12, S. 382.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
(1) Die Abgrenzung zwischen hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Planungsaufgaben (a) Entsprechende Anwendung der für die Tätigkeit der DEGES erstellten „Abgrenzungsliste"? Als erster Anhaltspunkt für die Abgrenzung zwischen den hoheitlichen, einer Erledigung seitens Privater nicht zugänglichen Befugnissen und den übertragbaren, nicht-hoheitlichen Aufgaben im Planungsbereich könnte die für die Tätigkeit der DEGES 1 4 4 erstellte „Abgrenzungsliste" des Bundesverkehrsministeriums 145 in Betracht kommen. Die Aufgabenerledigung durch die DEGES steht - ebenso wie der Einsatz Privater gemäß § 1 Abs. 2, Abs. 4 FStrPrivFinG - unter dem Vorbehalt des Ausschlusses hoheitlicher Befugnisse. Hieran anknüpfend differenziert die „Abgrenzungsliste" im wesentlichen zwischen der Ausübung von Entscheidungskompetenzen und der Wahrnehmung entscheidungsvorbereitender oder durchführender Tätigkeiten: Während erstere aufgrund ihres hoheitlichen Charakters den jeweils zuständigen staatlichen Stellen vorbehalten bleiben, wird eine Übertragung von bloßen Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen grundsätzlich für zulässig erachtet. Innerhalb der vorbereitenden und unterstützenden Tätigkeiten folgt der Aufgabenkatalog einer Abgrenzung zwischen lediglich verwaltungsinternem Handeln (z.B. Unterlagen für Linienbestimmung, Planungsabstimmung mit Behörden) und außenwirksamem, d.h. den Kontakt zum Bürger herstellendem Handeln (z.B. Erörterung im Planfeststellungsverfahren). Während jene zur „Ausführung" und/oder zur „Aufstellung" übertragen werden, was auf ein weitgehend eigenständiges Tätigwerden der DEGES schließen läßt, 146 beschränken sich die außenwirksamen Funktionen der DEGES auf Tätigkeiten, die mit dem Begriff der „Betreuung" umschrieben werden. 147 Zur Ermittlung der gemäß § 1 Abs. 2, Abs. 4 FStrPrivFinG übertragbaren planerischen Tätigkeiten ist eine kritiklose Übernahme der in der „Abgrenzungsliste" aufgeführten Zuständigkeiten allerdings nicht angezeigt. Zum Teil werden in der Literatur erhebliche Zweifel am nicht-hoheitlichen Charakter der von der DEGES wahrgenommenen Aufgaben geäußert. So soll der Aufgabenkatalog neben Tätigkeiten, die einen lediglich vorbereitenden oder unterstützenden Charakter aufweisen, auch solche Tätigkeiten enthalten, die die „kriti144
Zur DEGES vgl. im Ersten Teil sub Β. II. 2. Zum Inhalt dieser „Abgrenzungsliste" vgl. im Ersten Teil sub Β. II. 2. Die „Abgrenzungsliste" ist abgedruckt bei Wahl, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau - Innenstadtverkehr, 1992, S. 24 ff. (57 f.). 146 Vgl. die entsprechende Interpretation der „Übertragung zur Ausführung" in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG oben sub 1. e). 147 Vgl. Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (522). 145
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im e i n z e l n e n 1 0 9 sehe Schwelle" zur hoheitlichen Tätigkeit bereits überschritten haben. 148 Konkret genannt werden die im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmende Bewertung der Umweltauswirkungen eines Straßenbauprojektes (vgl. § 12 UVPG) und die Durchführung der Planungsabstimmung mit anderen Behörden. 149 Wenn und soweit die vorgebrachten Bedenken zutreffen, könnten die betreffenden Aufgaben allenfalls im Wege der Beleihung übertragen werden, was im Hinblick auf § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG für eine Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG jedoch gerade nicht vorgesehen ist; die Aufgaben dürften daher überhaupt nicht übertragen werden.
(b) Die grundsätzlichen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Planungsaufgaben Die Beantwortung der Frage, welche planerischen Tätigkeiten noch als nur entscheidungsvorbereitend bzw. -durchführend einzustufen sind und welche bereits hoheitlicher Natur sind, erweist sich - wie auch die Diskussionen um die in der „Abgrenzungsliste" aufgeführten Zuständigkeiten der DEGES belegen als äußerst schwierig. Die Schwierigkeiten beruhen zum einen darauf, daß sich das Verbot einer Übertragung hoheitlicher Befugnisse nicht nur auf obrigkeitliche Tätigkeiten bezieht, sondern auch die durch ihre „Formlosigkeit" generell nur schwer bestimmbaren schlicht-hoheitlichen Tätigkeiten 150 erfaßt. 151 Die gemäß § 1 Abs. 2, Abs. 4 FStrPrivFinG übertragbaren Aufgaben lassen sich daher nicht einfach dadurch bestimmen, daß man lediglich die - eindeutig als obrigkeitliches Handeln zu qualifizierenden - rechtlich selbständigen Planungsentscheidungen ausklammert und die im Vorfeld wahrzunehmenden Vorbereitungsund Unterstützungshandlungen pauschal einer privaten Erledigung für zulässig befindet. Dem Ausschluß einer Übertragung hoheitlicher Befugnisse ist nicht schon dann genügt, wenn die formellen Entscheidungskompetenzen bei den jeweils zuständigen staatlichen Behörden verbleiben; 152 vielmehr ist darüber hinaus auch sicherzustellen, daß dem Privaten keine schlicht-hoheitlichen Befugnisse überantwortet werden. Hoheitliche Kompetenzen nimmt aber nicht 148 So insbesondere Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (521 ff.); vgl. auch Blümel, in: ders./Magiera/Merten/Sommermann (Hrsg.), Verfassungsprobleme im vereinten Deutschland, 3. Aufl. 1993, S. 1 ff. (20). 149 So Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (522 f.); ebenso Peine, in: Hoffmann-Riem/ Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (109 f.). 150 Zu den Begriffen obrigkeitlich - schlicht-hoheitlich vgl. oben sub 2. b). 151 So Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (519). 152 Mißverständlich daher Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (101, 107 f.).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
nur derjenige wahr, der unmittelbar nach außen als Entscheidungsträger in Erscheinung tritt; auch wer eine staatliche Entscheidung lediglich intern vorbereitet, kann insoweit (schlicht-)hoheitlich handelnd tätig werden. 153 Die - auch in der „Abgrenzungsliste" vorgenommene - Unterscheidung nach nicht übertragbarer „Entscheidung" und grundsätzlich übertragbarer „Vorbereitung" von Entscheidungen vermag aus diesem Grund nicht zu überzeugen. 154 Die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Funktionen im Bereich der Fernstraßenplanung sind darüber hinaus und in erster Linie auf die Besonderheiten des Planungsprozesses zurückzufuhren: Der Vorgang der Planung stellt sich als die Abfolge einzelner Planungsschritte dar, die schließlich in eine übergreifende Gesamtentscheidung, den Planfeststellungsbeschluß, münden. Diese durch die Zusammengehörigkeit und Aufeinanderbezogenheit bewirkte Einheitlichkeit des Planungsprozesses birgt letzten Endes die Gefahr, daß die spätere Planungsentscheidung bereits durch ein Tätigwerden auf einer früheren Stufe maßgeblich geprägt oder zumindest in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. 1 5 5 Angesichts dessen erscheint es zweifelhaft, ob es überhaupt möglich ist, eine sinnvolle Abgrenzung vorzunehmen und den Kern der nicht übertragbaren, hoheitlichen Tätigkeiten aus dem Gesamtzusammenhang des planerischen Prozesses „herauszuschälen". 156 Es ist durchaus denkbar, daß scheinbar nur entscheidungsvorbereitende oder -durchfuhrende Tätigkeiten die abschließende, eindeutig hoheitlich zu qualifizierende Planungsentscheidung in einem solchen Maße beeinflussen, daß bereits sie selbst als hoheitliches Tätigwerden einzustufen sind und daher ohne Beleihung nicht auf Private übertragen werden können.
(c) Die Abgrenzung im Hinblick auf die planerische Letztentscheidungsverantwortung des Staates Ansatzpunkt für die Abgrenzung zwischen hoheitlichem und nicht-hoheitlichem planerischen Handeln sind zunächst die sich aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip ergebenden Anforderungen an den Planungsprozeß.
153 Vgl. zur Beleihung mit solchen „verwaltungsinternen Funktionen" von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, 1982, S. 113 f. Zu nennen sind hier insbesondere die Fälle, in denen die Feststellungen eines privaten Sachverständigen in ein behördliches Erlaubnis- oder Genehmigungsverfahren einbezogen werden, vgl. hierzu BVerwG, U.v. 25.11.1971 - I C 7.70 -, DÖV 1972, S. 500 f. (Prüfingenieure für Baustatik); Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 128 ff. 154
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Vgl. Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (522 Fn. 36).
Vgl. Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (523). Vgl. fiir die Aufgabenabgrenzung zwischen Planungsbehörden und DEGES Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (521). 156
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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Das Rechtsstaatsprinzip spielt dabei insoweit eine Rolle, als jede planerische Enscheidungsfmdung dem Gebot gerechter Abwägung Rechnung tragen muß. Dieses Abwägungsgebot ergibt sich unabhängig von einer gesetzlichen Positivierung 1 5 7 bereits aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und ist somit Ausdruck des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips. 158 Es besagt, daß die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. 1 5 9 Die Planungsentscheidung zielt also auf einen gerechten Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange ab. Gerade in dieser Ausgleichsaufgabe mit ihrem offenkundigen Gemeinwohlbezug liegt aber die Staatlichkeit und das ÖffentlichRechtliche der Planung, die es nicht zulassen - auch nicht im Wege der Beleihung -, daß die eigentliche Planungsentscheidung, also der Planfeststellungsbeschluß mit der Bewertung der von der Planung berührten Einzelbelange und deren Abwägung untereinander (vgl. § 17 Abs. 1 FStrG), 160 aus dem staatlichen Aufgaben- und Verantwortungsbereich ausgegliedert und Privaten übertragen wird. 1 6 1 Darüber hinaus gebietet auch das in Art. 20 Abs. 2 GG niedergelegte Demokratieprinzip, daß die Planfeststellungsentscheidung ausschließlich den demokratisch legitimierten staatlichen Organen vorbehalten bleibt. Es handelt sich dabei um eine unmittelbar nach außen wirkende Entscheidung, die im Hinblick
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Für die Planung von Bundesfernstraßen ist das Abwägungsgebot in § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG normiert. 158 BVerwG, U.v. 14.2.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 ff. (63); U.v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110 ff. (122); U.v. 23.1.1981 - 4 C 4.78 -, BVerwGE 61, 295 ff. (301); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 34 Rn. 29.12, S. 1001. 159 § 1 Abs. 6 BauGB enthält insoweit einen allgemeingültigen Rechtsgedanken von Verfassungsrang, vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 74 Rn. 17; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl. 1993, § 74 Rn. 2. Allgemein zur Übertragbarkeit der im Bauplanungsrecht entwickelten Grundsätze auf das Fachplanungsrecht vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 ff. (60 ff.); Kühling, DVB1 1989, S. 221 ff. (221). 160 Anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann, sofern die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 a FStrG vorliegen, auch eine Plangenehmigung erteilt werden. Der Vorteil einer Plangenehmigung liegt darin, daß das zeitaufwendige Verfahren zur förmlichen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, die öffentliche Planauslegung, der Erörterungstermin und die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen; die materiell-rechtlichen Anforderungen hingegen sind die gleichen wie bei einem Planfeststellungsbeschluß. Näher zu § 17 Abs. 1 a FStrG, der durch das Planungsvereinfachungsgesetz vom 17.12.1993 (BGBl I S. 2123) bundesweit eingeführt worden ist, vgl. Steiner, NVwZ 1994, S. 313 ff. (315 ff.); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 35 Rn. 35 ff., S. 1135 ff. 161 Wahl DVB1 1993, S. 517 ff. (521).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
auf ihre potentielle Eingriffswirkung in die Rechte von Planungsbetroffenen 162 einer demokratischen Legitimation durch die zuständige staatliche Planungsinstanz bedarf und nicht privaten Rechtssubjekten oder privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheiten überlassen werden kann. Die Entscheidung durch demokratisch legitimierte staatliche Organe bietet - im Gegensatz zu einer autonom-privaten, nicht demokratisch verantworteten Entscheidung - eine höhere Gewähr für eine objektive, neutrale und am Gemeinwohl orientierte Planfeststellung. 163 Die das Planfeststellungsverfahren abschließende Entscheidung darf also einschließlich der Abwägung, die das eigentlich hoheitliche Element der Planung darstellt - sowohl aus rechtsstaatlichen als auch aus demokratischen Erwägungen nicht Privaten überlassen werden. Die staatliche „Letztentscheidungsverantwortung" ist von Verfassungs wegen der Planfeststellungsbehörde vorbehalten. 164 Zu beachten ist allerdings, daß den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht allein dadurch Rechnung getragen wird, daß die Letztentscheidungsverantwortung der Planfeststellungsbehörde formal unangetastet bleibt. Auch dann, wenn dem Privaten lediglich entscheidungsvorbereitende oder -unterstützende Tätigkeiten übertragen werden, erscheint ein Konflikt mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip nicht ausgeschlossen: Die Letztentscheidungsbefugnis der staatlichen Organe wird nicht nur dann mißachtet, wenn Private anstelle des eigentlich dazu berufenen Hoheitsträgers entscheiden. Es genügt nicht, wenn bei der Planfeststellungsentscheidung lediglich die Formalstruktur der Kompetenzordnung gewahrt wird; vielmehr ist darüber hinaus sicherzustellen, daß auch die Substanz der Entscheidungsgewalt den kompetenten Entscheidungsträgern vorbehalten bleibt. 1 6 5 Eine formal von der zuständigen Behörde getroffene Planungsentscheidung darf sich faktisch nicht als bloße
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Hier ist insbesondere der mögliche Eingriff in die grundgesetzliche Eigentumsgewährleistung zu nennen: Der gemäß § 17 FStrG festgestellte Plan ist die Grundlage des Enteignungsverfahrens und für die Enteignungsbehörde bindend (vgl. § 19 Abs. 2 FStrG); einer weiteren Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung bedarf es nicht (§ 19 Abs. 1 S. 3 FStrG). Aufgrund dieser „enteignungsrechtlichen Vorwirkung" der Planfeststellung sind die sich aus Art. 14 GG ergebenden enteignungs- und entschädigungsrechtlichen Auswirkungen bereits im Planfeststellungsbeschluß zu berücksichtigen, vgl. hierzu BGH, U.v. 12.6.1975 - III ZR 25/73 -, BGHZ 64, 382 ff. (384 f.); U.v. 14.5.1992 - 4 C 9/89 -, NVwZ 1993, S. 477 ff. (478). 163 So zutreffend Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 107. 164 Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (521); vgl. auch Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (106). 1 Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (52).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im e i n z e l n e n 1 1 3 Übernahme einer tatsächlich vom Privaten gefällten Entscheidung darstellen. 166 Die Planfeststellungsbehörde hat daher darauf zu achten, daß sie sich in ihrer Verfahrensgestaltung keiner Einflußnahme aussetzt, die ihr die Freiheit zur eigenen planerischen Gestaltung faktisch nimmt oder diese weitgehend einschränkt. 167 Sie darf also nicht in eine „bloße Ratifikationslage" gedrängt werden, in der für sie nur noch eine „leere Planungskompetenz"' übrigbleibt. 168 Nachdem der Planfeststellungsbeschluß nicht ohne weiteres von dem zu ihm hinführenden Planungsprozeß gelöst werden und ein Tätigwerden auf einer vorangehenden Planungsstufe das Abwägungsergebnis in vielfältiger Weise beeinflussen kann, 1 6 9 stellt sich die Frage, ob nicht der Entscheidungsspielraum der zuständigen Planfeststellungsbehörde in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise verkürzt wird, wenn private Unternehmen mit bestimmten Tätigkeiten im Vorfeld der eigentlichen Planfeststellungsentscheidung betraut werden. Die Gefahr einer faktischen Präjudizierung der planungsrechtlichen Abwägungsentscheidung wirkt sich letztlich auch auf die Einordnung der jeweiligen Tätigkeit als hoheitliches oder nicht-hoheitliches Handeln aus. Je intensiver der Private mit seinen vorbereitenden oder unterstützenden Tätigkeiten den Abwägungsprozeß und damit die Letztentscheidung der Planfeststellungsbehörde beeinflussen kann, um so eher muß sein Handeln als (schlicht-)hoheitliches Handeln qualifiziert werden. 170 Ausschlaggebend ist also nicht (nur) die tatsächliche Nähe zur Abwägungsentscheidung, sondern vielmehr - da bereits weit vor dem rechtlich entscheidenden Akt Weichenstellungen für die Zulässigkeit des Vorhabens getroffen werden können 171 - das Ausmaß einer möglichen Einflußnahme auf die Abwägung.
(2) Überprüfung der einzelnen Planungsschritte Eine sinnvolle Abgrenzung zwischen den gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG übertragbaren planerischen Tätigkeiten und den im Hinblick auf § 1 Abs. 4 166 Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (107). 167 BVerwG, U.v. 5.12.1986 - 4 C 13.85 -, BVerwGE 75, 214 ff. (215, 230 f.). Vgl. auch BVerwG, U.v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 ff. (316 ff.), wonach es im Hinblick auf das rechtsstaatliche Gebot gerechter Abwägung unzulässig ist, den abschließenden Entscheidungsvorgang durch vorherige Bindungen des Staates sachwidrig zu verkürzen. 168 So Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (521). 169 Vgl. zuvor sub (b). 170 Vgl. auch die auf die Tätigkeit der DEGES bezogenen Ausführungen bei Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 259. 171 Vgl. Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (523); Kühling, Fachplanungsrecht, 1988, S. 142.
8 Susanne Schmitt
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
FStrPrivFinG dem Staat vorbehaltenen Aufgaben läßt sich nach dem zuvor Ausgeführten nur dann vornehmen, wenn man Planungsstufe für Planungsstufe im einzelnen durchgeht und überprüft, inwieweit die auf dieser Stufe konkret anfallenden Tätigkeiten aufgrund ihrer potentiellen Beeinflussung der eigentlichen Planfeststellungsentscheidung bereits selbst als hoheitlich zu qualifizieren und/oder aus rechtsstaatlichen und demokratischen Erwägungen dem hoheitlichen Planungsträger vorbehalten bleiben müssen.
(a) Planerische Vorarbeiten Nicht erst die Aufstellung der Planunterlagen und der Bauentwürfe, sondern bereits die Bestimmung der Linienführung erfordert eine Reihe von Vorarbeiten zur Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse in dem betreffenden Planungsbereich. Zu nennen sind hier beispielsweise verkehrswirtschaftliche Untersuchungen, Geländeaufnahmen und die „zur Vorbereitung der Planung notwendigen Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen" i.S.d. § 16 a Abs. 1 FStrG. Es handelt sich dabei um rein technische Tätigkeiten, denen eindeutig kein spezifisch hoheitlicher Charakter anhaftet. Die Befürchtung, die abschließende Planungsentscheidung könne durch eine private Beteiligung in diesem Stadium vorweggenommen werden, ist unbegründet, da die genannten Tätigkeiten im Hinblick auf den Abwägungsvorgang und den Planfeststellungsbeschluß völlig irrelevant sind. 172 Sie können daher ohne weiteres privaten Unternehmen gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zur Erledigung überantwortet werden.
(b) Linienbestimmung Die Linienbestimmung gemäß § 16 FStrG trägt „den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung", 173 in der der grundsätzliche Verlauf und die wesentlichen Merkmale der Straße festgelegt werden. 174 Sie ist dem Planfeststel-
172
Vgl. Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 15. 173 BVerwG, U.v. 26.6.1981 - 4 C 5.78 -, BVerwGE 62, 342 ff. (344). 174 Zum - gesetzlich nicht geregelten - Inhalt der Linienbestimmung vgl. Nr. 3 Abs. 1 der „Hinweise zu § 16 FStrG" des Bundesverkehrsministers, VkBl 1974, S. 76 ff. Zur Rechtsnatur der „Hinweise" siehe Blümel, AöR 93 (1968), S. 200 ff.: Weder allgemeine Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG noch konkrete Einzel Weisung bzw. allgemeine Weisung i.S.d. Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG, sondern ein - verfassungsrechtlich nicht unbedenkliches - formloses Instrument der Selbstkoordination zwischen Bund und Ländern.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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lungsverfahren nach § 17 FStrG vorgeschaltet und stellt somit die erste Stufe zur Verwirklichung eines konkreten Straßenbauvorhabens dar. 175 Bei der abschließenden Entscheidung über die Linienbestimmung handelt es sich um eine förmliche (Teil-)Entscheidung innerhalb des Planungsprozesses, die gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 FStrG dem Bundesminister fur Verkehr obliegt 176 und einem privaten Entscheidungsträger daher nicht überlassen werden darf. Daß die Linienführungsentscheidung als verwaltungsinterne Regelung angelegt ist und von einem einzelnen nicht verwaltungsgerichtlich angefochten werden kann, 177 steht ihrer Klassifizierung als hoheitliche Tätigkeit nicht entgegen: Zum einen erfordert bereits die Festlegung der vorbereitenden Straßenplanung einen - als hoheitlich zu qualifizierenden - Abwägungsprozeß (vgl. § 16 Abs. 2 S. 1 FStrG), wobei es im Einzelfall sogar möglich sein kann, daß bereits im jetzigen Stadium - trotz der nur ungefähren, nicht parzellenscharfen Bestimmung der künftigen Linienführung - private Interessen in die Entscheidung 178 miteinzubeziehen sind. Darüber hinaus entfaltet die Entscheidung über die 179 Linienführung zumindest insoweit „Außenwirkung", als sie kommunale Selbstverwaltungskörperschaften verpflichtet, ihre Planung der Trassenentscheidung gemäß § 16 FStrG anzupassen (vgl. § 16 Abs. 3 S. 3 FStrG); 180 auch dies spricht für den hoheitlichen Charakter der Entscheidung. Nicht zuletzt wird durch die Entscheidung über die Linienbestimmung die nachfolgende 175 Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, S. 393. Die Linienbestimmung ist „vorbereitende Planung", die Planfeststellung „durchfuhrende Planung", vgl. Blümel, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 309 ff. (313 f.); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 31 Rn. 7.82, S. 886. 176 Es handelt sich dabei um eine Kompetenz kraft Natur der Sache, vgl. Fn. 31. 177 Die Linienführung ist erst dann einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, wenn sie in den festgestellten Plan eingegangen ist; sie kann dann mit einer gegen die Planfeststellung gerichteten Klage angegriffen werden, vgl. BVerwG, U.v. 26.6.1981 - 4 C 5.87 -, BVerwGE 62, 342 ff.; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 33 Rn. 18 f., S. 929 f. 178 Dies gilt vor allem dann, wenn Alternativlösungen private Interessen erkennbar sehr unterschiedlich berühren würden, vgl. hierzu Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 33 Rn. 8.1 f., S. 918. 179 Mangels „intendierter" Außenwirkung liegt allerdings kein Verwaltungsakt vor, vgl. Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, S. 401. Gegen die „Doppelnatur" von Verwaltungsmaßnahmen siehe auch Laubinger, VerwArch 77 (1986), S. 421 ff. (430 ff.). 180 Eine Gemeinde, die sich durch die Entscheidung über die Trassenführung in ihrer Planungshoheit verletzt fühlt, muß daher nicht den Planfeststellungsbeschluß abwarten, sondern kann direkt gegen die vorbereitende Planungsentscheidung vorgehen, vgl. Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, S. 400 f.; Blümel, in: Bartlsperger/Blümel/ Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 309 ff. (322 ff); Hoppe/Schlarmann, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 2. Aufl. 1981, S. 35 f. A.A. jedoch Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 33 Rn. 20.4, S. 932.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
(rechtsverbindliche) Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Planfeststellungsverfahren maßgeblich vorgeprägt; 181 dies um so mehr, als sich die Planfeststellungsbehörde nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zumindest über die Festsetzungen einer rechtmäßigen Linienbestimmung grundsätzlich nicht hinwegsetzen darf, 182 so daß der nachfolgenden Planfeststellung faktisch lediglich die Festlegung von Schutzvorkehrungen für das inhaltlich bereits weitgehend festgelegte Vorhaben verbleibt. 183 Die Entscheidung über die Trassenführung gemäß § 16 FStrG ist daher als hoheitliche Tätigkeit einzustufen, die aufgrund des Vorbehalts in § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG einer Übertragung auf Private gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht zugänglich • . 184
ist. Fraglich ist, ob privaten Investoren wenigstens die Vorbereitung der Linienbestimmung überantwortet werden darf. In Betracht kommen - entsprechend der in der „Abgrenzungsliste" aufgeführten Zuständigkeiten der DEGES - die Durchführung von Variantenuntersuchungen und die Aufstellung der Unterlagen für die Linienbestimmung. Es handelt sich dabei um Tätigkeiten, die üblicherweise von den Straßenbauverwaltungen der Länder wahrgenommen werden. 185 Die selbständige Durchführung von Variantenuntersuchungen und die Aufstellung der Unterlagen für die Linienbestimmung durch Private ist im Hinblick auf die aus rechtsstaatlichen und demokratischen Gründen den zuständigen staatlichen Organen vorbehaltene Letztentscheidungsverantwortung allerdings nicht unbedenklich. Die genannten Tätigkeiten beschränken sich zwar auf die bloße Zusammenstellung der entscheidungsrelevanten Unterlagen, ohne daß bereits eine Gewichtung oder Bewertung der berührten Einzelbelange erfolgt. Indirekt kann aber das Ergebnis der Linienbestimmung - und damit letzten Endes auch der spätere Planfeststellungsbeschluß - bereits auf dieser Stufe beeinflußt werden, so z.B. wenn der mit der Vorbereitung der Entscheidung befaßte 181
Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, 1989, S. 128. Vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 (60); Blümel, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 309 ff. (319 ff.); Ibler, DVB1 1989, S. 76 ff. (82 f.); Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1992, S. 58 ff. Abweichungen innerhalb weniger hundert Meter werden hingegen für zulässig gehalten, vgl. BVerwG, B.v. 17.2.1969 - IV Β 223/68 -, VRS 37, 154 ff. (156); Steinberg, Fachplanungsrecht, 2. Aufl. 1993, S. 396. 183 Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1992, S. 56. 184 Dementsprechend wird die Entscheidung über die Linienbestimmung auch in der „Abgrenzungsliste" nicht der DEGES, sondern in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 1 S. 1 FStrG dem Bundesverkehrsministerium zugewiesen. Zur Tätigkeit der DEGES im Rahmen der Linienbestimmung vgl. Stehlin, Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung, 1997, S. 153 f. und S. 184 f. 185 Vgl. Nr. 6 Abs. 1 der „Hinweise zu § 16 FStrG", VkBl 1974, S. 76 ff. 182
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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Private die in Betracht kommenden Planungsalternativen außer acht läßt und diese daher bei der anschließenden Abwägung im Rahmen der Entscheidung über die Linienführung unberücksichtigt bleiben. 186 Gerade bei Vorhaben, die als Betreibermodell verwirklicht werden, besteht - unabhängig davon, wer als Träger des Vorhabens fungiert 187 - die begründete Befürchtung, daß sich die beauftragten privaten Unternehmen bei der Planaufstellung in erster Linie von ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen leiten lassen werden und dem Vorhaben nicht mit dem wünschenswerten Maß an Neutralität und Distanz gegenüberstehen. Einer potentiellen Einflußnahme des Privaten auf Linienbestimmung und abschließende Planfeststellung kann nur dann entgegengesteuert werden, wenn die Untersuchung von Planungsalternativen und die Aufstellung der Unterlagen für die Linienbestimmung in enger Abstimmung mit den eigentlich zuständigen Straßenbaubehörden erfolgen. Je selbständiger der Private bei der Vorbereitung der Linienbestimmung tätig wird, desto größer ist nicht nur die Gefahr einer faktischen Präjudizierung der den staatlichen Organen vorbehaltenen Entscheidungen, sondern um so eher übt der Private unzulässigerweise faktisch hoheitliche Funktionen aus. Die entscheidungsvorbereitenden Tätigkeiten im Linienbestimmungsverfahren sind daher nur dann gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG „zur Ausführung" übertragbar, wenn durch staatliche Kontrollen und gegebenenfalls durch Weisungen sichergestellt wird, daß der private Unternehmer alternative Lösungsansätze hinreichend berücksichtigt und die im Rahmen der Entscheidung über die Linienbestimmung einzustellenden Belange vollständig erfaßt. Die von dem Privaten zusammengestellten Unterlagen dürfen von der zur Entscheidung berufenen Behörde nicht einfach „unbesehen" übernommen werden, sondern müssen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft werden.
(c) Umweltverträglichkeitsprüfung Der Bau und die Änderung von Bundesfernstraßen, die der Planfeststellung gemäß § 17 FStrG oder eines vergleichbaren Genehmigungsaktes bedürfen, unterliegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 3 Nr. 8 der Anlage zum UVPG der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Es handelt sich dabei um ein formalisiertes Verfahren, mit dessen Hilfe die von dem Vorhaben ausgehenden Umweltauswirkungen möglichst frühzeitig und umfassend ermit186 Zur Berücksichtigung der von der Sache her naheliegenden, sich ernsthaft anbietenden oder aufdrängenden Linienvarianten vgl. auch BVerwG, B.v. 20.12.1988 - 4 Β 211/88 -, NVwZ-RR 1989, S. 458 f.; U.v. 22.3.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166 ff. 187 Zum Träger des Vorhabens vgl. im folgenden sub (e) (aa).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
telt, beschrieben und bewertet werden sollen (vgl. §§ 1 Nr. 1,2 Abs. 1 S. 2 UVPG). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, daß die Umweltbelange im Rahmen der abschließenden Entscheidung mit der ihnen gebührenden Gewichtung Berücksichtigung finden (vgl. §§ 1 Nr. 2, 12 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist, soweit die Umweltauswirkungen nicht schon im Raumordnungsverfahren überprüft wurden, 188 gemäß § 15 UVPG nach dem jeweiligen Planungsstand bereits im Linienbestimmungsverfahren durchzuführen. Die im anschließenden Planfeststellungsverfahren durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung kann dann auf solche Umwelteinwirkungen beschränkt werden, die in der vorangehenden Stufe aufgrund der noch unzureichenden Konkretisierung der Planung unberücksichtigt geblieben sind. 189 Die Umweltverträglichkeit des Vorhabens ist gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 FStrG bzw. § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG bei der Bestimmung der Linienführung bzw. bei der Planfeststellung jeweils im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Auch hier stellt sich die Frage, ob und in welchem Ausmaß einem Privaten die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung überantwortet werden kann. Zu unterscheiden ist zunächst zwischen dem feststellenden Teil der Umweltverträglichkeitsuntersuchung, d.h. der Identifizierung und Beschreibung der Umweltauswirkungen des Vorhabens (vgl. § 11 UVPG), und dem bewertenden Teil, d.h. der Bewertung der ermittelten Auswirkungen (§ 12 UVPG). 1 9 0 Anhand der „Bewertung", mit der die Umweltverträglichkeitsuntersuchung abschließt, bildet sich die jeweilige Zulassungsbehörde ein Gesamturteil über die mit dem Vorhaben verbundenen Umweltauswirkungen. Das so ermittelte Bewertungsergebnis ist im Anschluß daran gemäß § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu „berücksichtigen", also unter Abwägung mit gegenläufigen Belangen zu einer abschließenden Entscheidung zu verarbeiten. 191 Der Vorgang des Berücksichtigens ist nicht mehr Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern Teil der im Rahmen der Linienbestimmung bzw. Planfeststellung zu treffenden Abwägung und als solcher hoheitlichen Charakters. Die „Berücksichtigung" des Ergebnisses der Umweltverträglichkeitsprüfung muß daher den zuständigen Behörden vorbehalten bleiben.
188 Vgl. § 16 Abs. 1 UVPG. Die Pflicht zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ergibt sich für Straßenbauvorhaben, die gemäß § 16 FStrG einer Linienbestimmung bedürfen, aus § 15 Abs. 1 ROG i.d.F. vom 18.8.1997. 189 Vgl. Kodal/Krämer, a.a.O., Kap. 35 Rn. 3.31, S. 1079; Erbguth/Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 2. Aufl. 1996, § 15 Rn. 16. 190 Vgl. Klößner, Straßenplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1992, S. 163. 191 Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, 1989, S. 134.
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Aber auch die Bewertung der Umweltauswirkungen, die die Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit in der abschließenden Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens unmittelbar vorbereitet, kann Privaten nicht übertragen werden. Konkreter Gegenstand des Bewertens ist die Beurteilung der im Vorfeld ermittelten und beschriebenen Umweltauswirkungen auf ihre Vereinbarkeit mit den in materieller Hinsicht für die Zulassung des Projektes maßgebenden umweltbezogenen Vorgaben; die ermittelten Umweltauswirkungen eines Vorhabens sollen also daraufhin geprüft werden, ob sie vernachlässigbar, hinnehmbar, vermeidbar oder ausgleichbar sind oder ob sie nicht toleriert werden können. 192 Inwieweit sich das Bewertungsergebnis auf die endgültige Zulassungsentscheidung letztendlich auswirkt, ist zwar - da selbst nachteilige Umweltauswirkungen im Wege der Abwägung überwunden werden können 193 - grundsätzlich vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Fest steht jedenfalls, daß die abschließende Entscheidung von der in die Abwägung einbezogenen Bewertung der Umweltauswirkungen maßgebend beeinflußt wird. Während eine günstige Bewertung der Umweltverträglichkeit einen entscheidenden Schritt in Richtung Vorhabengenehmigung darstellt, kann ein negatives Bewertungsergebnis zur Genehmigungsunfähigkeit des Vorhabens, zu seiner Veränderung oder zu Nebenbestimmungen und Schutzauflagen in der Zulassungsentscheidung führen. 194 Damit steht aber die Bewertung der Umweltauswirkungen in einem so engen Bezug zum Vorgang des „Berücksichtigens" gemäß § 12 UVPG und der abschließenden hoheitlichen Abwägungsentscheidung,195 daß sie selbst als hoheitlich qualifiziert werden muß 1 9 6 und im Hinblick auf § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG einer Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht zugänglich ist. Diese Einschätzung muß schließlich auch für die zusammenfassende Darstellung gemäß § 11 UVPG gelten. Hierbei handelt es sich zwar zunächst nur um eine wertneutrale Zusammenfassung möglicher Umweltrisiken und deren
192 Erbguth/Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 2. Aufl. 1996, § 12 Rn. 5. Zu den Bewertungsmaßstäben vgl. Beckmann, in: Hoppe (Hrsg.), Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 1995, § 12 Rn. 20 ff. 193 Vgl. Beckmann, in: Hoppe (Hrsg.), Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 1995, § 12 Rn. 64; Erbguth/Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 2. Aufl. 1996, § 12 Rn. 87 ff.; Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, S. 226. 194 Vgl. Amtl. Begründung, BT-Drs. 11/3919, S. 27. 195 Vgl. auch Erbguth/Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 2. Aufl. 1996, § 12 Rn. 1, die die Bewertung als „Schnittstelle" zwischen Umweltverträglichkeitsprüfung und Zulassungsentscheidung bezeichnen. 196 Vgl. Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (522); Peine, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 95 ff. (109); Stehlin, Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung, 1997, S. 155 ff. und S. 185 f.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Eintrittswahrscheinlichkeit. 197 Sie erfordert jedoch bereits eine gedankliche Verarbeitung und Strukturierung des vorhandenen Prüfmaterials 198 und dient als unmittelbare Grundlage für die Bewertung gemäß § 12 UVPG, so daß es gerechtfertigt erscheint, auch ihr hoheitlichen Charakter beizumessen. Die zusammenfassende Darstellung muß daher ebenfalls der zuständigen Behörde vorbehalten bleiben. Prinzipiell unbedenklich erscheint es hingegen, wenn Private im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung damit beauftragt werden, das der zusammenfassenden Darstellung und Bewertung zugrunde zu legende Tatsachenmaterial zu beschaffen. Allerdings muß - ähnlich wie bei der Aufstellung der Unterlagen für die Linienbestimmung - auch hier durch entsprechende Kontrollen und Weisungen der zuständigen Behörde gewährleistet sein, daß eine vollständige Ermittlung der Umweltauswirkungen erfolgt und potentiell abwägungsrelevante Umweltbelange nicht unberücksichtigt bleiben. Anderenfalls bestünde die Gefahr, daß die gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragten privaten Investoren über eine eigeninteressenbedingte, nur selektive Ermittlung der Umweltauswirkungen sowohl die nachfolgende Bewertung als auch die spätere Abwägungsentscheidung nachhaltig und in nicht hinnehmbarer Weise beeinflussen.
(d) Aufstellung des Vor- bzw. Bauentwurfs Die Ausarbeitung des Vor- bzw. Bauentwurfs ist - ebenso wie die bereits erwähnten planerischen Vorarbeiten - ein im wesentlichen rein technischer Vorgang und kann daher ohne weiteres gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG privaten Unternehmen überantwortet werden. Davon unberührt bleibt die innerdienstlich geregelte Vorlage der technischen Entwürfe an vorgeordnete Dienststellen zur aufsichtlichen Prüfung, 199 so daß Vorentwurf und Bauentwurf auch dann das innerbehördliche Prüfungs- und Genehmigungsverfahren durchlaufen, wenn sie von privaten Investoren erstellt werden. 200 Anders als sonst dient dies hier jedoch nicht der haushaltsrechtlichen Genehmigung der Maßnahme 201 - die Rea197
Beckmann, in: Hoppe (Hrsg.), Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 1995, § 12 Rn. 19. 198 So zutreffend Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, 1989, S. 133. 199 Z.B. die Einholung des Einverständnisses des Bundesverkehrsministeriums durch Erteilung des „Sichtvermerks", vgl. hierzu Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 34 Rn. 1.1, S. 944, Kap. 39 Rn. 4.21, S. 1212. 200 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 8. 201 Der Vorentwurf ist zusammen mit einer Kostenberechnung Voraussetzung für die Einstellung eines Vorhabens in den Haushaltsentwurf (vgl. §§ 16 Abs. 1 HGrG, 24 Abs. 1 BHO); der Bauentwurf bildet, zusammen mit einer ausführlichen Kostenberechnung, die Voraussetzung für den haushaltsrechtlich zulässigen Beginn einer Baumaß-
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im e i n z e l n e n 1 2 1 lisierung eines Vorhabens nach dem FStrPrivFinG ist schließlich in der Regel haushaltsneutral - , 2 0 2 sondern vielmehr der Abklärung von bautechnischen Details zwischen dem Privaten und dem Straßenbaulastträger bzw. dem Bundesverkehrsministerium. 203
(e) Planfeststellungsverfahren (aa) Antragstellung Eröffnet wird das Planfeststellungsverfahren mit dem Antrag des Vorhabenträgers, der den Plan bei der Anhörungsbehörde einreicht (§ 73 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Antragsteller ist üblicherweise die planaufstellende Behörde, 204 d.h. im Regelfall das örtlich zuständige Straßenbauamt des jeweiligen Landes bzw. die für den Straßenbau zuständige Behörde der gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG straßenbaupflichtigen Gemeinde. 205 Werden auf der Grundlage des FStrPrivFinG private Investoren in die Realisierung eines Straßenbauvorhabens einbezogen, erscheint es jedoch durchaus denkbar, daß nicht der Träger der Straßenbaulast, sondern der beauftragte Private gegenüber der Planfeststellungsbehörde als Vorhabenträger und Antragsteller in Erscheinung tritt. Dabei kann es keine Rolle spielen, daß die Straßenbaulast als solche nach wie vor dem gesetzlich bestimmten Baulastträger obliegt. 206 Der Begriff des „Vorhabenträgers" ist nicht zwingend an die Eigenschaft als Träger der Straßenbaulast geknüpft. Er bezeichnet den „Unterneh207
mer" des Vorhabens, d.h. - in Abgrenzung zum „Träger der Planungskompetenz", der die rechtsverbindliche planungsrechtliche Entscheidung trifft - denjenigen, in dessen Aufgabenbereich Errichtung und Betrieb des Vorhabens liegen und der das Vorhaben für eigene oder fremde Zwecke verwirklichen will. 2 0 8 Diese Funktion kommt zwar zunächst dem Träger der Straßenbaulast nähme (vgl. §§ 29 Abs. 1 HGrG, 54 Abs. 1 BHO). Siehe hierzu Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 39 Rn. 4.21, S. 1212. 202 Näher im Dritten Teil sub VI. 203 Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 8. 204 Vgl. Nr. 13 Abs. 1 der Richtlinien für die Planfeststellung nach dem FStrG (Planfeststellungsrichtlinien - PlafeR -), VkBl 1994, S. 749 ff. 205 Fickert, Planfeststellung für den Straßenbau, 1978, Erl. Nr. 13 PlafeR Anm. 1 und 2. 206 Anderer Ansicht offenbar Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (243). 207 Badura, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, S. 503 f.; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 73 Rn. 16. 208 Vgl. Gierke, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand der Bearb.: 1991, § 7 Rn. 94. Zum Begriff des Vorhabenträgers siehe auch Kühling, Fachplanungsrecht, 1988, S. 136.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
zu, bei dem letzten Endes auch Aufgabenzuständigkeit und Aufgabenverantwortung verbleiben; der Private, dem Bau, Erhaltung und Betrieb der Bundesfernstraße gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG „zur Ausführung" übertragen werden, ist jedoch mit der „Durchführung" des Vorhabens befaßt und wird insoweit in eigenem Namen und weitgehend eigenverantwortlich tätig. 209 Es spricht daher grundsätzlich nichts dagegen, daß der Private im planungsrechtlichen Verwaltungsverfahren als Träger des Vorhabens auftritt und damit Antragsteller und Adressat des Planfeststellungsbeschlusses wird. 2 1 0 Andererseits ist es mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG ebensogut zu vereinbaren, wenn der Straßenbaulastträger selbst Träger des Vorhabens bleibt und der Antrag auf Durchführung des Planfeststellungsverfahrens zwar vom Privaten, aber im Namen des jeweiligen Trägers der Straßenbaulast gestellt wird. Es wird deshalb darauf ankommen, was die Parteien konkret vereinbart haben.
(bb) Durchführung des Planfeststellungsverfahrens und Planfeststellungsbeschluß Ob und inwieweit Privaten Tätigkeiten im Planfeststellungsverfahren selbst übertragen werden können, ist fraglich. Wenn bereits die vorgenannten Planungsphasen, die der Planaufstellung zuzurechnen und durch weitgehend vorbereitende Tätigkeiten gekennzeichnet sind, privaten Unternehmen - sieht man einmal von den rein technischen Aufgaben ab - vergleichsweise geringe Einsatzmöglichkeiten bieten, dann wird dies erst recht für das eigentliche Planfeststellungsverfahren gelten, in dessen Mittelpunkt der spezifisch hoheitliche Vorgang des Abwägens steht. Daß der Planfeststellungsbeschluß einschließlich Bewertung der berührten Einzelbelange und deren Abwägung untereinander im Hinblick auf die staatliche Letztentscheidungsverantwortung der Planfeststellungsbehörde vorbehalten bleiben muß, wurde bereits ausgeführt. 211 Für den Fall, daß der private Investor gegenüber der Planfeststellungsbehörde als Vorhabenträger auftritt, kommt hinzu, daß es im Widerspruch zu dem rechtsstaatlichen Grundsatz fairer Ver-
209
Vgl. oben l.e). Zum Vergleich mit § 12 Abs. 5 WaStrG siehe Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 3. Aufl. 1994, § 12 Rn. 16: Die in dieser Vorschrift vorgesehene Möglichkeit, den Ausbau oder Neubau einer Bundeswasserstraße Dritten zur Ausführung zu übertragen, hat regelmäßig - es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart - zur Folge, daß der Bund die Eigenschaft eines Vorhabenträgers i.S.d. §§73 ff. VwVfG verliert. In diesem Sinne auch Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 48 Fn. 57. 211 Vgl. oben (1) (c). 210
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im e i n z e l n e n 1 2 3 fahrensgestaltung stünde, wenn der Antragsteller „mit am Entscheidungstisch" sitzen 212 und eine „Entscheidung in eigener Sache" treffen würde. 213 Aber auch die Durchführung des Anhörungsverfahrens, das dem Planfeststellungsbeschluß vorausgeht, ist einer Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht zugänglich. Es handelt sich hierbei um ein förmliches Verfahren, das in erster Linie dazu dient, die Planfeststellungsbehörde möglichst umfassend über den für ihre Entscheidung wesentlichen Sachverhalt zu unterrichten. 214 Zu diesem Zweck werden Stellungnahmen der durch das Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich berührten Behörden eingeholt (§ 73 Abs. 2 VwVfG, § 17 Abs. 3 a, Abs. 3 b S. 1 FStrG), private Beteiligte durch die öffentliche Auslegung der Pläne von dem Vorhaben in Kenntnis gesetzt (§ 73 Abs. 3, Abs. 5 VwVfG, § 17 Abs. 3 a, Abs. 3 b S. 2, S. 3 FStrG), die gegen den Plan erhobenen Einwendungen Betroffener entgegengenommen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17 Abs. 4 FStrG) und in einem anschließenden Erörterungstermin mündlich erörtert (§ 73 Abs. 6 VwVfG, § 17 Abs. 3 c FStrG). 215 Auf diese Weise trägt das Anhörungsverfahren in erheblichem Maße dazu bei, daß sämtliche durch das Vorhaben betroffenen Rechte und Interessen mit der ihnen jeweils gebührenden Gewichtung im Rahmen der Abwägungsentscheidung Berücksichtigung finden können. Insbesondere dem Erörterungstermin kommt innerhalb des Anhörungsverfahrens eine wesentliche Bedeutung zu, da es hier nicht nur um eine einseitige Entgegennahme von Informationen geht, sondern in gewissem Umfang bereits an dieser Stelle eine Ausgleichung der betroffenen öffentlichen und privaten Interessen stattfindet und im übrigen jedenfalls maßgeblich vorbereitet wird. 2 1 6 Würde man die Durchführung des Anhörungsverfahrens in private Hände legen, stünde - nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Distanz und Neutralität des Privaten - zu befürchten, daß wesentliche abwägungsrelevante Belange vernachlässigt werden und die abschließende Entscheidung der Planfeststellungsbehörde faktisch präjudiziell wird. Die Anhörung muß daher der zuständigen staatlichen Instanz vorbehalten bleiben. Dies gilt um so mehr, wenn nicht der Träger der Straßenbaulast, sondern der private Unternehmer als Antragsteller und Träger des Vorhabens fungiert. In diesem Fall fordert auch der rechtsstaatliche Grundsatz fairer Verfahrensgestaltung eine vom Vorhabenträger unbeeinflußte Durchführung des Anhörungsver-
212
So BVerwG, U.v. 5.12.1986 - 4 C 13.85 -, BVerwGE 75, 214 ff. (231). So Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 105. 214 Kühling, Fachplanungsrecht, 1988, S. 142. 215 Vgl. hierzu ausführlich Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 35 Rn. 4 ff., S. 1080 ff. 216 Badura, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, S. 513. 213
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
fahrens. Aber selbst dann, wenn sich an der Vorhabenträgerschaft der öffentlichen Hand nichts ändert, wäre die Durchführung des Anhörungsverfahrens durch den privaten Investor nicht angezeigt, da der Private sowohl auf Seiten des Vorhabenträgers als auch auf Seiten der Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde tätig wäre und damit die zwar verfassungsrechtlich nicht geforderte, 217 jedoch „rechtspolitisch befriedigendere" 218 organisatorische Trennung zwischen den unterschiedlichen Behördenfünktionen im Planfeststellungsverfahren weitgehend aufgehoben würde.
b) Erhaltung Die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG ebenfalls angesprochene „Erhaltung" entspricht dem Begriff der „Unterhaltung" in § 3 Abs. 1 S. 1 FStrG und erfaßt alle Maßnahmen, die die Straße in ihrem Bestand und ihrer Funktionsfähigkeit erhalten sollen. Dies sind nicht nur die Unterhaltungsmaßnahmen im engeren Sinne, die Abnützungserscheinungen (infolge bestimmungsgemäßer Benutzung) oder Schäden (infolge von Natureinflüssen oder bestimmungswidriger Einwirkung) verhindern bzw. beseitigen (Instandhaltung bzw. Instandsetzung); hierher gehören vielmehr auch die Unterhaltungsmaßnahmen im weiteren Sinne, d.h. die eigentlichen Erhaltungsmaßnahmen, die der Erneuerung (Ersatz einer abgenutzten Anlage durch eine neuwertige) und der Wiederherstellung (Neuerrichtung einer zerstörten Anlage in veränderter oder unveränderter Form) dienen. 219
c) Betrieb Zum „Betrieb" einer Straße gehören zunächst alle - bereits vom Begriff „Erhaltung" erfaßten - technischen Maßnahmen der Unterhaltung des Wegekörpers. In einem weiteren Sinne kann der Terminus „Betrieb" aber auch die über die bloße Leistungserstellung hinausgehende - individuelle Erbringung
217
Eine enge institutionelle Verklammerung oder gar Identität zwischen (öffentlichem) Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde wird trotz einiger Bedenken von der h.M. nicht als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip gewertet, vgl. BVerwG, B.v. 9.4.1987 - 4 Β 73/87 -, NVwZ 1987, S. 886 f.; B.v. 24.8.1987 - 4 Β 129/87 -, NVwZ 1988, S. 532 ff.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl. 1993, § 73 Rn. 13. 218 So Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (526). Vgl. auch BVerwG, B.v. 9.4.1987 - 4 Β 73/87 -, NVwZ 1987, S. 886 f.; B.v. 24.8.1987 - 4 Β 129/87 -, NVwZ 1988, S. 532 ff. (533). 219 Vgl. zum Begriff „Unterhaltung" in § 3 Abs. 1 S. 1 FStrG Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 12.3 ff., S. 303.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
125
von Leistungen gegenüber den jeweiligen Straßenbenutzern umfassen. 220 Dabei muß es nicht notwendig zu einer rechtlichen Berührung zwischen dem eingeschalteten privaten Unternehmen und den Verkehrsteilnehmern kommen; es ist durchaus möglich, daß die nutzungsinteressierten Bürger nur „gleichsam reflexartig" von der Tätigkeit des Unternehmens profitieren, weil die dem Privaten übertragenen Betriebsfunktionen allein in der Innenbeziehung zwischen ihm und dem zuständigen Hoheitsträger zu erfüllen sind und Außenbeziehungen zu den Benutzern nicht begründet werden. 221 Bei der Auslegung des spezifischen Bedeutungsgehalts des in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG verwendeten Terminus „Betrieb" ist § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG heranzuziehen. Da hoheitliche Befugnisse im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht übergehen, beschränkt sich der Gehalt des Begriffs „Betrieb" in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zunächst auf die rein faktische Leistungsdurchführung im Sinne der Zurverfügungstellung der Bundesfernstraße. Darunter fallen neben den bereits erwähnten Unterhaltungs- bzw. Erhaltungsmaßnahmen auch der Winterdienst und die Straßenreinigung. 222 Die eigentliche, zugangseröffnende Leistung bei der Bereitstellung einer öffentlichen Straße, die „Widmung", ist hingegen ein Hoheitsakt, der nach wie vor den zuständigen staatlichen Behörden obliegt. 223 Auch die Erteilung der Erlaubnis von Sondernutzungen (vgl. § 8 FStrG) gehört als hoheitliche Tätigkeit nicht zum Aufgabenbereich des privaten Betreibers. 224 Lediglich im Kontext mit § 2 FStrPrivFinG, der dem privaten Investor das Recht zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren einräumt, wird dem Privaten auch der „wirtschaftliche" Betrieb der Straße übertragen. Beschränkt auf den Akt der Gebührenerhebung kommt es dann auch zu einer „rechtlichen Berührung" zwischen Straßenbenutzern und Privatem. 225
220
Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 16. 221 Vgl. Friauf, a.a.O., S. 111. 222 Vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 12 Rn. 13.3, S. 303, der Winterdienst und Straßenreinigung, die nicht unter die Straßenbaulast fallen und von den Begriffen „Bau" und „Unterhaltung" daher nicht erfaßt werden, zu den „betrieblichen Leistungen" der Straßenbauverwaltung rechnet. 223 Zu Begriff und Wirkung der Widmung vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 7Rn. 1 ff., S. 197 ff. 224 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 16 Rn. 27.12, S. 382. 225 Näher hierzu im folgenden sub III. 2.
126
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG d) Finanzierung
Der Begriff „Finanzierung" bezieht sich auf die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben des Baues, der Erhaltung und des Betriebs und stellt klar, daß alle damit zusammenhängenden Maßnahmen vom Privaten auf eigene Rechnung wahrzunehmen sind.
4. Die Eigentumsverhältnisse
an den Straßengrundstücken
Bisher nicht angesprochen wurde die Frage, wem das Eigentum an den Grundstücksflächen zustehen soll, die fur die Realisierung des Straßenbauprojektes benötigt werden: dem Bund bzw. der Gemeinde als Träger der Straßenbaulast gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG bzw. § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG oder dem gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG mit Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einer Bundesfernstraße betrauten Privaten. Das FStrPrivFinG enthält insoweit keine ausdrückliche Regelung. Es beschränkt sich darauf, dem privaten Investor über § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG das Enteignungsrecht gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 FStrG zuzuweisen. Der Private hat also einen eigenen Anspruch auf Durchführung eines eventuell erforderlich werdenden Enteignungsverfahrens. 226 Damit steht aber noch nicht fest, daß das im Enteignungsverfahren entzogene Eigentum auch dem Privaten zu neuem Eigentum zugewiesen werden müßte. § 19 Abs. 1 S. 1 FStrG nennt lediglich den Inhaber des verfahrensrechtlichen Anspruchs gegen die Enteignungsbehörde, ohne gleichzeitig eine Aussage zur Person des Enteignungsbegünstigten zu treffen. 227 Wem - ob der öffentlichen Hand oder dem Privaten - das Eigentum an den benötigten Straßengrundstücken übertragen werden soll, geht aus den §§ 1 Abs. 3 FStrPrivFinG, 19 Abs. 1 S. 1 FStrG also nicht hervor. Auch den übrigen Regelungen des FStrPrivFinG lassen sich keine Aussagen zu den Eigentumsverhältnissen an den benötigten Grundstücksflächen entnehmen. Dies gilt auch für § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG, der dem beauftragten Privatunternehmen nicht die Straßenbaulast als solche, sondern nur die Erfüllung der Aufgaben aus der Straßenbaulast überantwortet: 228 Daß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG die Straßenbaulast des gesetzlich bestimmten Straßenbaulastträgers unberührt läßt, ist für die Eigentumsfrage irrelevant, da der Eigentümer des Stra-
226
Zu § 19 Abs. 1 S. 1 FStrG vgl. bereits oben C. I. 2. b). Vgl. Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 116. 228 Vgl. oben sub 1. e). 227
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
127
ßengrundstücks und der Träger der Straßenbaulast nicht zwangsläufig in einer Person zusammenfallen müssen. 229 Öffentliche Sachen, zu denen nach herkömmlicher Lehre auch die für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen zählen, 230 zeichnen sich durch eine „doppelte Rechtszuständigkeit" 231 aus. Die öffentlichen Straßen unterliegen nicht nur einer die Benutzung durch die Allgemeinheit gewährleistenden öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft; sie stehen daneben auch im bürgerlich-rechtlichen Eigentum, 232 das allerdings, soweit es die vorrangige öffentliche Zweckbestimmung verlangt, gewissen Modifikatio233
nen unterworfen ist. Der das Straßenwesen beherrschende Dualismus zwischen öffentlichem und privatem Recht bringt es mit sich, daß Eigentum und Straßenbaulast nicht notwendig in der Hand desselben Rechtsträgers liegen. Dies gilt auch für Bundesfernstraßen, da sich Art. 90 Abs. 1 GG, der dem Bund das Eigentum an den bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen zuweist, nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht auf die neu zu schaffenden Bundesfernstraßen bezieht. 234 Aus diesem Grund ist auch die Widmung einer Bundesfernstraße nicht allein dann zulässig, wenn der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des der Straße dienenden Grundstückes ist, sondern auch dann, wenn der Eigentümer oder ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt hat, oder der Träger der Straßenbaulast den Besitz durch Vertrag, durch Einweisung nach § 18 f Abs. 1 FStrG oder in einem sonstigen gesetzlichen Verfahren erlangt hat (vgl. § 2 Abs. 2 FStrG). Nachdem also das FStrPrivFinG die Frage nach den Eigentumsverhältnissen offenläßt, wäre es einfachgesetzlich nicht zu beanstanden, wenn nicht die straßenbaupflichtige Körperschaft, sondern der mit der Erstellung befaßte Private
229
Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 5 Rn. 26, S. 149 f. Gegen die mitunter im Schrifttum - z.B. Weber, VVDStRL 21 (1964), S. 145 ff. (177 ff.) - vorgenommene Zuordnung der öffentlichen Straßen zu den öffentlichen Anstalten vgl. Stern, VVDStrRL 21 (1964), S. 183 ff. (190 f.); Salzwedel, DÖV 1963, S. 241 ff. (242 ff.). 231 Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 10 Rn. 2. 232 Vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 2. Aufl. 1984, S. 9 ff. Eine Ausnahme stellt lediglich das Hamburgische Wegegesetz dar, wonach gemäß § 4 Abs. 1 die als öffentliche Wege gewidmeten und der Freien und Hansestadt Hamburg gehörenden Grundflächen in deren öffentlichem Eigentum stehen. 233 Bartlsperger, in: ders./Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 13 ff. (16). Zu den Einschränkungen, die der Eigentümer des Straßengrundstücks zu dulden hat, vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 5 Rn. 23 f., S. 148 f. 234 Vgl. nur Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 8. Aufl. 1995, Art. 90 Rn. 3; Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1962, Art. 90 Rn. 21 ; Hoog, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 90 Rn. 4. 230
12
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
die für die Vorhabenrealisierung benötigten Grundstücksflächen zu Eigentum erwerben würde. 235 Auf einem anderen Blatt steht freilich die Frage nach der Praktikabilität einer Aufspaltung von Straßenbaulast und Eigentum. Durch die gegenseitigen Mitwirkungsrechte bei Verfügungen und Maßnahmen, die sowohl das Eigentum als auch die Straßenbaulast berühren, werden Verwaltung und Rechtsschutz in der Regel erschwert. 236 Die Straßengesetze des Bundes und der Länder sind daher bestrebt, durch entsprechende Regelungen ein Auseinanderfallen von Eigentum und Straßenbaulast zu vermeiden. So geht bei einem Wechsel des Trägers der Straßenbaulast mit der Straßenbaulast automatisch auch das Eigentum des bisherigen Straßenbaulastträgers auf den neuen Straßenbaulastträger über. 237 Vor diesem Hintergrund erscheint es - wenn überhaupt - allenfalls für die Dauer der Konzession sinnvoll, das Eigentum an dem Straßengrundstück in der Hand des privaten Betreibers zu belassen.238
II. Die rechtliche Umsetzung des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Abschluß eines „Konzessionsvertrages" Wurden zuvor Inhalt und Umfang einer privaten Beteiligung an der Realisierung eines Fernstraßenprojektes nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG geklärt, stellt sich nunmehr die Frage nach der rechtlichen Umsetzung dieser Vorschrift. § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG, der sich darauf beschränkt, die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung zur Ausführung auf Private für zulässig zu erklären, nimmt hierzu keine Stellung. Zur Ermittlung des gesetzgeberischen Willens ist daher auf die Begründung zum FStrPrivFinG zurückzugreifen. Danach erfolgt die Übertragung der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben „in der Regel durch einen Konzessionsvertrag oder einen vergleichbaren Rechtsakt, in dem die übertragenen Aufgaben im einzelnen konkretisiert und zeitlich befristet werden." 239
235 Zu der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Enteignung zugunsten des privaten Investors vgl. im Dritten Teil sub C. 236 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 5 Rn. 26, S. 150. 237 Vgl. § 6 Abs. 1 FStrG; § 10 Abs. 1 StrGBW; Art. 11 Abs. 1 BayStrWG; § 11 Abs. 1 HessStrG; § 10 Abs. 1 StrWG NW; § 11 Abs. 1 NStrG. 238 Eine Aufspaltung von Straßenbaulast und Eigentum scheint allerdings bei der praktischen Umsetzung des FStrPrivFinG selbst für die Dauer der Konzession nicht geplant zu sein, vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 4, 6: Dort ist lediglich von einem Grunderwerb „zugunsten der Bundesrepublik Deutschland" bzw. „zugunsten des Trägers der Straßenbaulast" die Rede. 239 Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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Diese, von der Gesetzesbegründung als „Konzessionsvertrag" bezeichnete vertragliche Vereinbarung zwischen dem Staat und dem privaten Investor ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Dabei wird zunächst die Rechtsnatur des Vertrages näher zu untersuchen sein (sub 1.). Im Anschluß daran soll auf das Verfahren vor und bei Abschluß des Übertragungsvertrages eingegangen werden (sub 2.). Schließlich wird dargestellt, welche konkreten vertraglichen Regelungen die Vertragsparteien im Zusammenhang mit der Aufgabenübertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zu treffen haben bzw. sinnvollerweise treffen werden (sub 3.).
1. Rechtsnatur des „ Konzessionsvertrages
"
Unklar ist zunächst die Rechtsnatur der vertraglichen Vereinbarung, in der dem Privaten Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einer Bundesfernstraße zur Ausführung übertragen werden sollen. Es könnte sich dabei um einen privatrechtlichen Vertrag oder aber um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. §§ 54 ff. VwVfG handeln. Die oftmals schwierige Abgrenzung zwischen privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Vertrag ist keineswegs ein rein akademisches Problem, sondern von erheblicher praktischer Bedeutung. Zum einen unterliegt der öffentlich-rechtliche Vertrag strengen Wirksamkeits- und Formerfordernissen; hinzukommt, daß die Verwaltung an ihre verfassungsrechtlichen Handlungsprinzipien, die Grundsätze der Gesetz- und Rechtmäßigkeit und an den Gleichheitsgrundsatz gebunden ist, so daß der Abschluß- und Gestaltungsfreiheit beim öffentlich-rechtlichen Vertrag weit engere Grenzen gesetzt sind als bei einem privatrechtlichen Vertrag. Darüber hinaus ist die Zuordnung des Vertrages zum öffentlichen oder privaten Recht auch für die Frage nach dem im Streitfall zu beschreitenden Rechtsweg maßgeblich. 240 Entscheidend für die Abgrenzung ist nach dem Wortlaut des § 54 S. 1 VwVfG wie auch nach der herrschenden Meinung in Literatur 241 und Rechtsprechung 242, ob der vertraglich geregelte Gegenstand im privaten oder im öf-
240
Henneke, in: Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl. 1996, § 54 Rn. 2. Zur Notwendigkeit einer Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag vgl. auch Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, S. 358; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 14 Rn. 8. 241 Vgl. nur Maurer, a.a.O., § 14 Rn. 10; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, §54 Rn. 6. 242 Vgl. nur BGH, U.v. 5.5.1972 - V ZR 63/70 -, BGHZ 58, 386 ff. (388); BVerwG, U.v. 6.7.1973 - IV C 22.72 -, BVerwGE 42, 331 ff. (332); U.v. 14.11.1975 - IV C 84.73 -, BVerwGE 49, 359 ff. (361); GemS, B.v. 10.4.1986 - 1/85 -, BVerwGE 74, 368 ff. (370). 9 Susanne Schmitt
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
fentlichen Recht beheimatet ist. Es kommt also darauf an, ob sich die Vereinbarung auf einen von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich geregelten Sachverhalt bezieht. 243
a) Zum Begriff „Konzessionsvertrag" Der Begriff „Konzession" leitet sich ab von dem Verb „konzedieren" (lat. „concedere") und steht in der Rechtssprache für eine besondere behördliche Erlaubnis oder Bewilligung. In der Regel bezeichnet der Begriff eine besondere behördliche Genehmigung zur Aufnahme bestimmter gewerblicher Tätigkeiten, bei denen - wie z.B. beim Güterfernverkehr (vgl. §§ 8 ff. GüKG), bei der Personenbeförderung (vgl. § 13 PBefG) oder im Apothekenwesen (vgl. §§ 1, 2 ApothekenG) - gewisse persönliche und sachliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. 244 Ausgehend hiervon muß die in der Begründung zum FStrPrivFinG verwendete Bezeichnung der vertraglichen Vereinbarung als „Konzessionsvertrag" irreführend erscheinen. Denn ebenso wie beim Konzessionsmodell245 wird auch hier keine Konzession im wirtschaftsrechtlichen Sinne verliehen, die die Ausübung eines konzessions-, d.h. erlaubnispflichtigen Gewerbes gestatten würde; dem Privaten wird vielmehr das Recht zur wirtschaftlichen Nutzung des von ihm errichteten und finanzierten Verkehrsprojektes eingeräumt. Der Terminus „Konzession" wird in diesem Zusammenhang also im Sinne eines Nutzungsrechts an einer öffentlichen Sache gebraucht. 246 „Konzessionsverträge", durch die das Recht zur Nutzung einer öffentlichen Sache begründet werden soll, spielen vornehmlich im Bereich der Energieversorgung eine Rolle. 2 4 7 Es handelt sich dabei um Verträge zwischen kommunalen Körperschaften und Unternehmen der Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, in denen dem Energieversorgungsunternehmen das Recht eingeräumt wird, die im kommunalen Eigentum stehenden Verkehrswege als Leitungstrassen zu benutzen. Im Gegenzug verpflichtet sich das Unternehmen zur ordnungsgemäßen Belieferung und Versorgung des Gemeindegebiets, wobei ihm seitens der Kommune das alleinige Versorgungsrecht des Gebiets garantiert
243
BGH, U.v. 25.4.1960 - III ZR 81/59 -, BGHZ 32, 214 ff. (215 f.); U.v. 12.7.1971 - III ZR 252/68 -, BGHZ 56, 365 ff. (368). 244 Creifelds (Begr.), Rechtswörterbuch, 13. Aufl. 1995, S. 718; siehe auch Dichtl/Issing (Hrsg.), Vahlens großes Wirtschaftslexikon, Bd. 1, 2. Aufl. 1993, S. 1211. 245 Vgl. im Ersten Teil, A. II. 1. b) bb) (1) Fn. 186. 246 „Konzession" als „Verleihung eines besonderen Rechts an einer öffentlichen Sache", vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon, Bd. 2, 14. Aufl. 1997, S. 2244. 247 Vgl. hierzu BGH, U.v. 23.11.1979 - V ZR 11/75 -, VkBl 1981, S. 377 ff. (378); U.v. 22.10.1954 - I ZR 226/53 -, BGHZ 15, 113 ff. (115 f.); Tettinger, DVB1 1991, S. 786 ff.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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wird. 2 4 8 Obwohl diese Verträge zumindest auch der Sicherstellung der öffentlichen Versorgung und der Erfüllung kommunaler Aufgaben im Rahmen der Daseinsvorsorge dienen, 249 werden sie in Rechtsprechung und Literatur nicht als öffentlich-rechtliche, sondern als privatrechtliche Verträge angesehen.250 Als Begründung hierfür wird angeführt, daß im Vordergrund der Konzessionsverträge das Wegebenutzungsrecht des Energieversorgungsunternehmens stehe, das sich gemäß § 8 Abs. 10 FStrG sowie nach den entsprechenden Rege251
252
lungen der meisten Landesstraßengesetze nach bürgerlichem Recht richte. Mit Aufnahme der § § 3 2 und 32 a in Teil A der Verdingungsordnung für Bauleistungen ( V O B ) 2 5 3 hat sich mittlerweile auch der Begriff des „Baukonzessionsvertrages" eingebürgert. Dabei handelt es sich gemäß § 32 Nr. 1 VOB/A um einen Bauauftrag zwischen einem Auftraggeber und einem Unternehmer (Baukonzessionär), bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einer Vergütung in dem Recht zur Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises, besteht. Da die Vorschriften in den für die Bauvergabe öffentlicher Auftraggeber 254 maßgebenden Teil A der VOB aufgenommen wurden, liegt die Bedeutung der Baukonzession vor allem in der Möglichkeit einer privaten Finanzierung öffentlicher Bauvorhaben. 255 Dennoch unterscheiden sich die Baukonzessionsverträge nach Auffassung der Literat u r 2 5 6 nicht wesentlich von den sonstigen Bauverträgen, die die öffentliche
248 Die Verträge werden daher auch „Gebietsversorgungsverträge" genannt, Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 27 Rn. 74, S. 724; Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 21 Rn. 34 f. 249 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 27 Rn. 77, S. 725. 250 Vgl. nur BGH, U.v. 22.10.1954 - I ZR 226/53 -, BGHZ 15, 113 ff. (115 f.); Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 21 Rn. 36; Maunz, VerwArch 50 (1959), S. 315 ff. (333 ff.); Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 54 Rn. 9. 251 Vgl. nur § 21 Abs. 1 StrGBW; Art. 22 Abs. 1 BayStrWG; § 20 Abs. 1 HessStrG; § 23 Abs. 1 NStrG; § 23 Abs. 1 StrWG NW; § 45 Abs. 1 LStrG RP; § 22 Saarl StrG; anders jedoch § 4 Abs. 1 Hamb WG (wg. öffentlichem Eigentum). 252 Tettinger, DVB1 1991, S. 786 ff. (787); vgl. auch Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 27 Rn. 77, S. 725. 253 Vgl. BAnz. vom 19.7.1990 Nr. 132 a. Die Aufnahme erfolgte in Umsetzung der EG-Richtlinie 89/440 EWG vom 18.7.1989 zur Änderung der Richtlinie 71/305 EWG über die Koordination der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (Baukoordinationsrichtlinie - BKR), ABl. Nr. L 210 vom 21.7.1989, S. 1 ff. 254 Zum Begriff der „öffentlichen Auftraggeber" vgl. Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Aufl. 1996, Einl. Rn. 100 ff. 255 Zur Bedeutung der Baukonzession als Finanzierungsmittel Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 8. Aufl. 1997, A § 32 Rn. 1 ff. 256 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., A § 32 Rn. 7; Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Aufl. 1996, A § 32 Rn. 2; Lampe-Helbig, Handbuch der Bauvergabe, 2. Aufl. 1995, Rn. 313.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Hand mit einem privaten Unternehmen eingeht. Hier wie dort sei der Vertragsgegenstand auf die Erstellung eines Bauwerkes gerichtet, wobei der Baukonzessionsvertrag von den herkömmlichen öffentlichen Bauaufträgen nur insoweit abweiche, als die Gegenleistung für die Arbeiten anstelle einer Vergütung ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks bestehe. 257 Ebenso wie bei den „klassischen" Bauaufträgen der öffentlichen Hand soll es sich auch bei den Baukonzessionsverträgen generell um fiskalische Hilfsgeschäfte handeln, die dem Privatrecht zuzuordnen seien. 258
b) Konkrete Einordnung des „Konzessionsvertrages" gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Um die Frage nach der Rechtsnatur des gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG abzuschließenden „Konzessionsvertrages" zu beantworten, muß - wie zuvor dargelegt - geklärt werden, ob die im Vertrag getroffene Regelung öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist. Die Fernstraßenverwaltung, zu der auch die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben zu zählen sind, gehört in den Bereich des öffentlichen Rechts. Eine vertragliche Vereinbarung, durch die diese Aufgaben einem Privaten zur Ausführung übertragen werden, dient somit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Allerdings wird, da öffentliche Aufgaben auch mit Hilfe privatrechtlicher Verträge erfüllt werden können, ein Vertrag noch nicht allein dadurch zu einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, daß er - wie hier der Übertragungsvertrag - der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient. Dennoch handelt es sich dabei regelmäßig zumindest um ein - wenn auch durch nähere Betrachtung der einzelnen vertraglichen Regelungen widerlegbares - Indiz für das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. 259 Zweifel an dem indizierten öffentlich-rechtlichen Charakter des Konzessionsvertrages könnten sich daraus ergeben, daß dem Privaten Bau, Erhaltung,
257 Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 8. Aufl. 1997, A § 32 Rn. 7 spricht daher lediglich von einem „eingeschränkten" werkvertraglichen Verhältnis zwischen Auftraggeber und Konzessionär. Vgl. demgegenüber Lampe-Helbig, Handbuch der Bauvergabe, 2. Aufl. 1995, Rn. 313, die den Baukonzessionsvertrag dessen ungeachtet als „Werkvertrag nach § 631 BGB" qualifiziert. 258 Vgl. Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Aufl. 1996, Einl. Rn. 1. Zur privatrechtlichen Natur von Bauverträgen der öffentlichen Hand vgl. auch BVerwG, U.v. 7.11.1957 - II C 109.55 -, BVerwGE 5, 325 ff. (327); U.v. 6.6.1958 - VII C 227.57 -, BVerwGE 7, 89 ff. (90); U.v. 8.3.1962 - VIII C 160.60 -, BVerwGE 14, 65 ff. (72); BGH, U.v. 16.11.1967 - III ZR 12/67 -, NJW 1968, S. 547. 259 Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 54 Rn. 6.
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Betrieb und Finanzierung des Projektes lediglich „zur Ausführung" übertragen werden und die dem Bund obliegende Straßenbaulast unangetastet bleibt. 2 6 0 Doch dürfte auch dieser Umstand nichts am grundsätzlich öffentlich-rechtlichen Charakter der übertragenen Aufgaben ändern: Es ist zwar anerkannt, daß ein öffentlich-rechtlicher Vertrag insbesondere dann vorliegt, wenn er eine „von der gesetzlichen Ordnung abweichende Verschiebung öffentlich-rechtlicher Lasten und Pflichten" vorsieht. 261 Dementsprechend wird ein Vertrag, durch den ein Dritter an die Stelle des ordentlichen Trägers der Straßenbaulast tritt, ohne weiteres als öffentlich-rechtlicher Vertrag qualifiziert. 262 Dies rechtfertigt aber nicht den Schluß, daß einem Vertrag, der an der gesetzlich geregelten Aufgaben- und Lastenverteilung nichts ändert, sondern nur eine im Innenverhältnis zu erfüllende öffentliche Aufgabe überträgt, zwangsläufig der öffentlich-rechtliche Charakter abzusprechen wäre. 263 Zum Teil mag es sich bei derartigen Verträgen in der Tat nur um privatrechtliche Vereinbarungen handeln; 2 6 4 es ist aber ebensogut möglich, daß diese Verträge - auch wenn sie sich nur auf das Innenverhältnis zwischen den Vertragspartnern auswirken - inhaltlich so eng mit öffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Verpflichtungen zusammenhängen, daß sie unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs 265
dem öffentlich-rechtlichen Rechtsbereich zuzuordnen sind. Es erscheint daher zu pauschal, jeden Vertrag, der lediglich die Verpflichtung eines Dritten zur Erfüllung aus der Straßenbaulast sich ergebender Aufgaben begründet, ohne die Kompetenz und die Verantwortung des gesetzlichen Baulastträgers aufzuheben, als privatrechtlichen Vertrag anzusehen. 266 Man wird vielmehr danach differenzieren müssen, ob der Vertrag nur mittelbar der Erfüllung der Straßenbaulast dient - wie dies z.B. bei den als „einfaches" Hilfsgeschäft der Verwaltung zu qualifizierenden Werkverträgen über 260
Vgl. oben subì. l.e). BGH, U.v. 25.4.1960 - III ZR 81/59 -, BGHZ 32, 214 ff. (217); U.v. 12.7.1971 III ZR 252/68 -, BGHZ 56, 365 ff. (368); Henneke, in: Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl. 1996, § 54 Rn. 2. 262 Vgl. BayVGH, U.v. 30.6.1966 - 208 VIII 65 -, BayVBl 1967, S. 134 f.; Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 5 Rn. 4; Kodal/ Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 14 Rn. 7.5, S. 335. 263 Vgl. BGH, U.v. 5.5.1972 - V ZR 63/70 -, BGHZ 58, 386 ff. (389) für einen Erschließungsvertrag gemäß § 123 Abs. 3 BBauG (nunmehr § 124 Abs. 1 BauGB). 264 BGH, U.v. 25.4.1960 - III ZR 81/59 -, BGHZ 32, 214 ff. (216), nennt als Beispiel die vertragliche Übernahme der Reinigung des Bürgersteigs durch den Anlieger. 265 Vgl. BVerwG, U.v. 6.7.1973 - IV C 22.72 -, BVerwGE 42, 331 ff. (332); BGH, U.v. 10.2.1983 - III ZR 151/81 -, BGHZ 87, 9 ff. (12); U.v. 30.9.1970 - 1 ZR 132/68 -, DÖV 1970, S. 860 f. (861); Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 54 Rn. 7. 266 So aber Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1990, §54 Rn. 36. 261
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
die Durchführung von Straßenbaumaßnahmen der Fall ist 2 6 7 - oder ob er in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Straßenbaulastträgers steht und daher deren öffentlich-rechtlichen Charakter teilt. Ein unmittelbarer Zusammenhang ist in der Regel dann gegeben, wenn der Vertrag darauf abzielt, daß der Private dem gesetzlich bestimmten Straßenbaulastträger, wenn schon nicht die aus der Straßenbaulast resultierende Letztverantwortung, so doch aber zumindest die Erfüllung der Aufgaben aus der Straßenbaulast in ihrer Gesamtheit, also nicht nur begrenzt auf einzelne (Teil-)Aufgaben, abnimmt. 2 6 8 Genau dies bezweckt aber der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG abzuschließende Vertrag, da er den Privaten verpflichtet, eine bestimmte Fernstraßentrasse nicht nur im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu errichten, sondern darüber hinaus auch über einen längeren Zeitraum hinweg zu unterhalten und zu betreiben. 269 Vertragsgegenstand ist nicht ein reines Beschaffungsgeschäft, das lediglich mittelbar der Erfüllung öffentlicher Verwaltungsaufgaben dient und bei dem die Verwaltung rechtlich nicht anders als ein privater Unternehmer auftritt. Der Konzessionsvertrag zielt vielmehr darauf ab, den Privaten unmittelbar in die Erfüllung der Straßenbaulastaufgaben einzubinden. 270 Damit besteht eine derart enge Beziehung zwischen den verwaltungsrechtlichen Pflichten des Straßenbaulastträgers und den vom Privaten übernommenen Verpflichtungen, daß es gerechtfertigt ist, die vertragliche Vereinbarung zwischen den beiden Parteien als öffentlich-rechtlichen Vertrag anzusehen. Die Tatsache, daß der Konzessionsvertrag im wesentlichen auch die Errichtung eines Bauwerks zum Inhalt hat, für die der Auftragnehmer anstelle einer Vergütung das Recht zur Nutzung der erstellten Anlage erhält, kann daran nichts ändern. Zwar lassen sich insoweit die Betreibermodelle nach dem FStrPrivFinG unter den Begriff der Baukonzession gemäß § 32 Nr. 1 VOB/A
267
Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 54 Rn. 12. In diesem Sinne auch Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 45 Rn. 8 f. 269 Daß der Private dabei freiwillig und nicht uneigennützig handelt, wirkt sich auf die Rechtsnatur des Vertrages nicht aus, vgl. auch Henke, DOV 1985, S. 43 ff. (46). Verfehlt daher Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, 1979, S. 111, der die Auffassung vertritt, der Einsatz von nicht beliehenen Privaten zur lediglich technischen Durchführung öffentlicher Aufgaben bei bestehender öffentlicher Verantwortung beruhe auf privatrechtlichem Vertrag, da der Private die Durchführung „zu eigenem Vorteil" übernehme und nicht vorrangig auf öffentliche Zwecke orientiert sei. 270 Vgl. bereits oben sub I. 1. e). 268
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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subsumieren. 271 Dies bedeutet aber zunächst nicht mehr, als daß sich die Auftragsvergabe nach den §§32 Nr. 2, 32 a VOB/A richtet und das Bauprojekt wie andere öffentliche Bauaufträge auch - öffentlich ausgeschrieben werden muß. Über die Rechtsnatur des daraufhin abzuschließenden Vertrages ist damit noch nichts gesagt. Daß die Vergabe selbst als Akt der Bedarfsdeckung dem privaten Recht zuzuordnen ist, 2 7 2 hat nicht zwingend zur Folge, daß auch die Vertragsabwicklung dem privaten Recht unterliegt. Zwar wird in der Literatur vom Grundsatz her zu Recht geltend gemacht, daß sich die Baukonzession nach § 32 Nr. 1 VOB/A im Prinzip nicht von den sonstigen, privatrechtlich einzuordnenden Bauaufträgen der öffentlichen Hand 273
unterscheidet. Im Unterschied zu diesen „klassischen" Bauaufträgen beschränkt sich der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG abzuschließende Vertrag jedoch nicht auf die bloße Beschaffung der für die Erfüllung der Straßenbaulast erforderlichen Mittel. Er geht vielmehr, wie bereits ausgeführt wurde, über die bloße Bedarfsdeckung hinaus und ist der unmittelbaren Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zu dienen bestimmt. Die Besonderheiten der Aufgabenübertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG machen es daher erforderlich, diesen Vertrag entgegen der in der Literatur zu § 32 Nr. 1 VOB/A vertretenen Auffassung dem öffentlichen Recht zuzuordnen. 274 Die vertragliche Vereinbarung, in der einem Privaten gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einer Teilstrecke des Fernstraßennetzes zur Ausführung übertragen werden, stellt somit einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. §§ 54 ff. VwVfG dar. 275 Dieses Ergebnis wird im übrigen auch durch einen Vergleich mit den parallel gefaßten Rege276
lungen der §§ 7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG gestützt:
Soweit aufgrund dieser
271 So auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (246). Zurückhaltender hingegen Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 8. Aufl. 1997, A § 32 Rn. 13, die zu bedenken geben, ob nicht bei Betreibermodellen der Betrieb der Anlage wertmäßig i.S.d. kapitalisierten Entgelts im Verhältnis zur Bauleistung so zu Buche schlage, daß nicht die VOB, sondern die VOL für die gesamte Betreiberausschreibung einschließlich Bau zugrundezulegen sei. Dies dürfte allerdings bei Straßenprojekten grundsätzlich nicht der Fall sein, da die Erstellungskosten hier regelmäßig ein Vielfaches der für die Dauer der Konzession anfallenden Unterhaltungs- und Betriebskosten betragen werden. 272 Vgl. hierzu Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Aufl. 1996, Einl. Rn. 1. 273 Vgl. oben sub a). 274 A.A. Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (365 f.). 275 Vgl. auch Herdegen, in: Nicklisch (Hrsg.), Rechtsfragen privatfinanzierter Projekte, 1994, S. 41 ff. (44), der die Konzessionsvereinbarungen bei internationalen B.O.T.Projekten, die der öffentlichen Verkehrs- oder Energieversorgung dienen, als (aus der Sicht des deutschen Rechts) verwaltungsrechtliche Verträge i.S.d. §§ 54 ff. VwVfG qualifiziert. Zum Begriff der B.O.T.-Modelle siehe im Ersten Teil, II. 1. b) cc) (1). 276 Zu den §§ 7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG vgl. bereits oben sub I. 1. e).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Bestimmungen Aus- und Neubau, Unterhaltung und Betrieb einer Bundeswasserstraße bzw. einer bundeseigenen Schiffahrtsanlage durch vertragliche Vereinbarung zur Ausführung auf Dritte übertragen werden, wird darin in der Literatur ebenfalls ein öffentlich-rechtlicher Vertrag gesehen.277
2. Verfahren
vor und bei Abschluß des Konzessionsvertrages a) Abschlußkompetenz
Das FStrPrivFinG selbst legt nicht fest, wer für die Übertragung der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben an Private im Einzelfall zuständig ist. Eine diesbezügliche ausdrückliche Regelung ist allerdings auch nicht erforderlich, da sich die Kompetenzverteilung bereits aus Art. 90 Abs. 2 GG er·,. 278 gibt. Bei der konkreten Übertragung einer bestimmten Straßenbaumaßnahme auf ein privates Unternehmen handelt es sich um eine „außenwirksame Vollzugsmaßnahme", die regelmäßig in die Wahrnehmungszuständigkeit der Länder fällt. 2 7 9 Vertragschließender auf staatlicher Seite ist demnach das jeweils betroffene Bundesland, das die Verträge jedoch nicht im eigenen Namen, sondern - da es sich um einen der Vermögensverwaltung zuzurechnenden Vorgang handelt 280 - gemäß § 7 der 1. AVVFStr im Namen des Bundes schließt. 281 Eine Ausnahme gilt dann, wenn es sich bei dem Verkehrsprojekt, das nach dem FStrPrivFinG privat errichtet und finanziert werden soll, um eine Ortsdurchfahrt im Zuge einer Bundesstraße handelt, für die die Straßenbaulast gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG einer Gemeinde obliegt: Hier ist nicht das Land, sondern die betreffende Gemeinde als Inhaberin der Wahrnehmungskompetenz 282 für den Vertragsschluß mit dem privaten Investor zuständig.
277
Vgl. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 3. Aufl. 1994, § 7 Rn. 6 und § 12 Rn. 21. 278 Zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 90 Abs. 2 GG vgl. im Ersten Teil sub A. I. 279 Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 70. 280 Zur Differenzierung zwischen Hoheits- und Vermögensverwaltung vgl. oben sub I. 1. c) aa). 281 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Aufitragsverwaltung der Bundesfernstraßen vom 3.5.1951, BAnz. Nr. 132. Vgl. hierzu Fn. 68. 282 Vgl. oben sub I. l.c)bb).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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b) Vertragsform Da öffentlich-rechtliche Verträge gemäß § 57 VwVfG der Schriftform bedürfen, müssen die Konzessionsverträge nach dem FStrPrivFinG schriftlich geschlossen werden.
c) Auswahl konkreter Projekte Zuständigkeit und Auswahlkriterien Vor Abschluß des Konzessionsvertrages steht zunächst die Auswahl eines für die Realisierung als Betreibermodell geeigneten Projektes. Zu diesem Zweck sind neben den Bundesländern auch Kommunen und potentielle private Investoren ausdrücklich aufgerufen, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. 283 Die konkrete Entscheidung, ein bestimmtes Projekt auf der Grundlage des FStrPrivFinG zu errichten, wird dann vom Bundesministerium für Verkehr gemeinsam mit dem jeweils betroffenen Bundesland gefällt. 284 Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG, wonach das Bundesministerium für Verkehr im Einvernehmen mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden 285 nicht nur die Höhe der Mautgebühren bestimmt, sondern auch „die Straßen und Bauwerke, für deren Benutzung Mautgebühren erhoben werden dürfen". Die gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG zu erlassende Mautverordnung, in der die gebührenpflichtigen Straßen und Bauwerke sowie die Mauthöhe festgelegt werden, muß zwar erst bei Inbetriebnahme des privat errichteten und finanzierten Projektes vorliegen. 286 Das prinzipielle Einverständnis des Bundesverkehrsministeriums und der obersten Landesstraßenbaubehörde ist jedoch bereits im Vorfeld, d.h. jedenfalls spätestens vor einer bindenden Verpflichtung gegenüber dem künftigen privaten Betreiber, herbeizuführen. Anderenfalls wäre nicht gewährleistet, daß die für die Gebührenerhebung unerläßliche Mautverordnung später auch tatsächlich erlassen wird, 2 8 7 was u.U. beträchtliche Schadensersatzforderungen des Privaten gegenüber der vertragschließenden Körperschaft zur Folge hätte.
283 So Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 10. 284 Vgl. auch Bundesministerium für Verkehr, a.a.O., S. 3, 6. 285 Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf den in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG statuierten Einvemehmensvorbehalt zugunsten der obersten Landesstraßenbaubehörden siehe unten sub IV. 3. c). 286 Näher hierzu unten sub IV. 2. 287 Vgl. auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (243 f.). Zum Anspruch des privaten Betreibers auf Erlaß der Mautverordnung siehe unten sub IV. 4.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Als mögliche Projekte für Betreibermodelle nach dem FStrPrivFinG kommen solche Straßenbaumaßnahmen in Frage, die ein gewisses Dringlichkeitspotential aufweisen und dennoch nicht in absehbarer Zeit mit staatlichen Mitteln realisiert werden können. Dabei wird es sich in erster Linie um diejenigen Maßnahmen handeln, die im Bedarfsplan als „vordringlicher Bedarf ausgewiesen und nicht im aktuellen FünQahresplan enthalten sind. In Frage kommen ferner die im Bedarfsplan als „weiterer Bedarf 4 aufgeführten Maßnahmen sowie in Einzelfällen auch nicht im Bedarfsplan enthaltene Maßnahmen wie z.B. unvorhergesehener Bedarf gemäß § 6 FStrAbG. 2 8 8 Freilich wird sich lediglich ein Teil dieser Maßnahmen dazu eignen, im Wege des Betreibermodells realisiert zu werden. Einschränkungen bei der Auswahl geeigneter Projekte ergeben sich zum einen bereits aus dem FStrPrivFinG selbst, das die Gebührenpflicht in § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG auf bestimmte Straßen und Bauwerke beschränkt. 289 Nachdem die Investitions- und Betriebskosten des privaten Unternehmers über Mautgebühren refinanziert werden, kommen Straßenbaumaßnahmen, die nicht zu den genannten Straßen und Bauwerken gehören, für eine Umsetzung als Betreibermodell von vornherein nicht in Betracht. Bei der Projektauswahl entscheidend sind darüber hinaus auch betriebswirtschaftliche Kriterien. 2 9 0 Das Projekt muß sich für den privaten Investor „lohnen". Dies setzt voraus, daß das zu erwartende Verkehrsaufkommen so hoch ist, daß der private Investor in der Lage ist, mit den ihm voraussichtlich zufließenden Gebühren nicht nur seine gesamten finanziellen Aufwendungen zu decken, sondern zudem noch einen gewissen Gewinn zu erzielen. 291 Vor der konkreten Entscheidung, ein bestimmtes Vorhaben gemäß dem FStrPrivFinG privat errichten und finanzieren zu lassen, sollte daher die Entwicklung einer Durchführbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie stehen, bei der insbesondere die Einschätzung potentieller Investoren hinsichtlich der Vermarktungsmöglichkeiten des Projektes, der Amortisation der Investitionskosten, der Dauer der Erwirtschaftung der Betriebserlöse wie überhaupt der wirtschaftlichen Rentabilität des Vorhabens maßgeblich sein werden. 292
288 Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 3, 10. Zu Funktion und Inhalt von Bedarfs- und Fünijahresplan vgl. im Ersten Teil, Α. II. 1. und 2. 289 Näher zu § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG vgl. unten sub III. 3. 290 Vgl. auch Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6. 291 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Bemessung der Gebührenhöhe sub III. 4. a) aa) und bb). 292 Vgl. allgemein zu B.O.T.-Projekten Domer, in: Nicklisch (Hrsg.), Rechtsfragen privatfinanzierter Projekte, 1993, S. 75 ff. (78 ff.).
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Da auf der einen Seite Bau und Unterhaltung von Bundesfernstraßen überaus kostenintensiv sind, auf der anderen Seite die Gebührenhöhe schon auf293
grund der geringen Akzeptanz der Bürger nicht beliebig gesteigert werden kann, 294 werden sich letztlich allerdings nur relativ wenige Vorhaben aus295
296
schließlich über die Erhebung von Mautgebühren refinanzieren lassen. Generell wird man sagen können, daß sich neben den „punktuellen" Abschnitten wie Brücken, Tunnel und Pässe, die entweder überhaupt nicht oder nur unter sehr hohem Zeitverlust „umfahren" werden können, bevorzugt längere Streckenabschnitte mit einem voraussichtlich hohen Verkehrsaufkommen und entsprechend großem Ertragspotential als geeignete Projekte für eine private Errichtung und Finanzierung anbieten werden. Hingegen dürfte die Gefahr, daß die Verkehrsteilnehmer auf gebührenfreie Straßen ausweichen, bei vergleichsweise kurzen Strecken ungleich höher zu bewerten sein. d) Auswahl geeigneter Investoren Ausschreibung und Vergabeverfahren Die Vergabe der Konzession für die als Betreibermodelle zu realisierenden Projekte erfolgt „auf der Grundlage des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes vom 26.11.1993 297 in Verbindung mit der zugehörigen Vergabeordnung 298 sowie den einschlägigen Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen." 299 Die Auftragsverwaltung hat das Vorhaben daher den §§ 32, 32 a VOB/A entsprechend 300 öffentlich auszuschreiben.
293 Vgl. nur die von Forgber, ADAC motorweit 12/96, S. 15 ff., vorgebrachten Einwände gegen das Pilotprojekt Warnow-Querung. 294 Zu den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Einschränkungen bei der Gebührenbemessung vgl. im folgenden sub III. 4. 295 Denkbar ist auch eine „gemischte" Finanzierung, d.h. teils mit privaten Mitteln (und dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren), teils mit staatlichen Zuschüssen, vgl. Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (246). Dementsprechend plant das Bundesverkehrsministerium für einzelne Projekte eine „Anschubfinanzierung" in Höhe von bis zu 20 % der Baukosten, vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage einzelner Abgeordneter BT-Drs. 13/8257, S. 1 ff. 296 So auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (246) unter Berufung auf entsprechende Aussagen des Bundesverkehrsministeriums. 297 BGBl I S. 1928: Zur Umsetzung verschiedener EG-Richtlinien über die Auftragsvergabe und die Nachprüfungsverfahren öffentlicher Aufträge wurden die §§ 57 a - c in das HGrG eingefügt. Zu den EG-rechtlichen und verfassungsrechtlichen Problemen der hiermit von der Bundesrepublik Deutschland gewählten „haushaltsrechtlichen Lösung" vgl. Pietzcker, NVwZ 1996, S. 313 ff.; Dreher, NVwZ 1996, S. 345 ff. 298 Vom 22.2.1994, BGBl I S. 321. 299 So die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. 300 Vgl. oben sub l.b).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Sofern der Schwellenwert des § 1 a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A in Höhe von 5 Mio. ECU erreicht oder überschritten wird, 3 0 1 was bei Straßenbauvorhaben nach dem FStrPrivFinG der Regelfall sein dürfte, 302 muß ein EU-weiter Wettbewerb durchgeführt werden. Der Zeitpunkt der Ausschreibung hängt vom beabsichtigten Umfang der Aufgabenübertragung ab. Bei Maßnahmen, für die seitens der Verwaltung noch keine detaillierten Planungen vorliegen, erscheint es angezeigt, dem privaten Investor neben Errichtung, Erhaltung und Betrieb auch Aufgaben der Planung zu übertragen. 303 Nach den Vorstellungen des Bundesverkehrsministeriums erfolgt die Ausschreibung in diesem Fall als „Ideenwettbewerb". Auf diese Weise soll das ingenieurtechnische Know-how und der planerische Ideenreichtum Privater mobilisiert und in den privatwirtschaftlichen Wettbewerb einbezogen werden. Zur Vorbereitung der Ausschreibung und zur Lieferung von Kalkulationsdaten hat das betreffende Land erste Voruntersuchungen selbst durchzuführen und erste Studien zu Verkehr, Umwelt und Baugrund in Auftrag zu geben. Die Entscheidung, das jeweilige Projekt als Betreibermodell zu realisieren, muß hier bereits in der Phase der Voruntersuchungen fallen. 304 Anders hingegen in den Fällen, in denen bereits weitergehende Planungsleistungen durch die Auftragsverwaltung erbracht wurden oder freie Planungskapazitäten bei den Ländern eine zügige Planfeststellung erwarten lassen: Hier ist eine Übertragung planerischer Aufgaben nicht erforderlich, so daß die Durchführung der Planung und der notwendigen Genehmigungsverfahren wie bei einer konventionellen Maßnahme verlaufen. Die Konzession für Bau und Betrieb wird bei dieser - vom Bundesverkehrsministerium als „Konventionelle Planung" bezeichneten - Variante erst dann ausgeschrieben, wenn das Vorhaben
301 Streitig ist, ob für die Berechnung des Schwellenwertes bei Baukonzessionen auf den geschätzten Gesamtauftragswert oder auf den Gesamtwert des Bauwerks abzustellen ist, vgl. hierzu Lampe-Helbig, Handbuch der Bauvergabe, 2. Aufl. 1995, Rn. 314; Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Aufl. 1996, A § 32 a Rn. 1 (Wert des Bauwerks); Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 8. Aufl. 1997, A § 32 Rn. 18 (Auftragswert). 302 Der in § 1 a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A festgelegte Betrag von 5 Mio. ECU entspricht derzeit rund 10 Mio. DM, vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 8. Aufl. 1997, Vorb. zur VOB/A Rn. 6. 303 Zu den einer Übertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zugänglichen Planungsaufgaben vgl. oben sub I. 3. a) bb). 304 Zur Variante „IdeenWettbewerb" vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 5 ff.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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planungs- und genehmigungsrechtlich abgesichert ist, also regelmäßig nach Eintritt der Rechtsbeständigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. 305 Die Ausschreibung im Rahmen der „Konventionellen Planung" erfolgt anhand einer Leistungsbeschreibung und eines Leistungsverzeichnisses mit Planunterlagen; die Ausschreibung als „Ideenwettbewerb" hingegen soll neben der Festlegung des Planungskorridors nur die für die Bauausführung unerläßlichen Rahmendaten (z.B. lichte Höhen, lichte Weiten) enthalten, damit die gewünschte Ideenvielfalt bei der Lösungsfindung nicht unnötig eingeschränkt wird. 3 0 6 Um den Bietern eine möglichst realistische Kalkulation zu ermöglichen, ist in der Ausschreibung zusätzlich darauf hinzuweisen, welche Aufwendungen (Grunderwerb, Bau, Betrieb, Erhaltung, Planungskosten und Kosten für erforderliche Genehmigungsverfahren bei „Ideenwettbewerb", evtl. auch die der Auftragsverwaltung entstandenen Planungskosten bei „Konventioneller Planung") und welche der bei der Vorhabenrealisierung auftretenden Risiken 307 308
vom Privaten übernommen werden müssen. Da vorgesehen ist, daß die von den Bietern abgegebenen Angebote bereits die für die Deckung ihrer Kosten voraussichtlich notwendige Mauthöhe beinhalten, muß in der Ausschreibung zudem die vorgesehene Laufzeit der Konzession vorgegeben werden. Alternativ dazu können Änderungen der Mauthöhe in Abhängigkeit von einer anderen Laufzeit abgefragt werden. 309 Zur Schaffung einer einheitlichen Basis und zur besseren Vergleichbarkeit der abgegebenen Angebote erscheint es außerdem zweckmäßig, daß die Ausschreibung Angaben über das zu erwartende Verkehrsaufkommen enthält. Soweit einzelne Bieter aufgrund eigener Verkehrsstudien von einem abweichenden Verkehrsaufkommen oder einer anderen Konzessionsdauer ausgehen wollen, können gemäß § 21 Nr. 3 VOB/A entsprechende Nebenangebote unterbreitet werden. 310 Von den im Ausschreibungsverfahren abgegebenen Angeboten erhält das Angebot den Zuschlag, das gemessen an den vom Bieter veranschlagten Bauund Unterhaltungskosten, der von ihm zugrundegelegten Mauthöhe und der vorgesehenen Konzessionslaufzeit die im Durchschnitt annehmbarste Alternative darstellt. Der Auftrag geht also an das Unternehmen, das unter Berück305
Zur Variante „Konventionelle Planung" vgl. Bundesministerium für Verkehr, a.a.O., S. 3 ff. 306 Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 3 f., 6. 307 Vgl. hierzu näher unten sub 3. b). 308 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 4, 6. 309 Bundesministerium für Verkehr, a.a.O., S. 4. 310 So Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (247 f.).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
sichtigung seiner Fachkundigkeit und Leistungsfähigkeit in der Lage ist, das geplante Straßenprojekt bei einer möglichst kurzen Konzessionsdauer zu besonders niedrigen Mautgebühren zu betreiben. Erfolgt die Ausschreibung auf der Grundlage eines „Ideenwettbewerbs" oder werden im Rahmen einer „Konventionellen Planung" Änderungsvorschläge zu den ausgeschriebenen technischen Spezifikationen unterbreitet, ist bei der Auswahl des geeigneten Investors darüber hinaus auch die im Angebot vorgesehene technische Ausführung zu berücksichtigen. Den nicht zum Zuge gekommenen Teilnehmern eines „Ideenwettbewerbs" soll zur Abgeltung der von ihnen im Rahmen der Angebotsbearbeitung erbrachten Vorleistungen (z.B. Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen) eine angemessene Aufwandsentschädigung gezahlt werden. 311 Da es sich um eine Maßnahme mit Außenwirkung handelt, wird der Zuschlag von dem Land bzw. der Gemeinde erteilt, das bzw. die auch für den im Anschluß daran mit dem künftigen Betreiber abzuschließenden Konzessionsvertrag zuständig ist. 3 1 2 Daß die Zuschlagserteilung für das „annehmbarste Angebot" der vorherigen Zustimmung durch das Bundesministerium für Verkehr bedarf, 313 mag man als Ausdruck der zur Disposition des Bundes stehenden Sachkompetenz im Bereich der Bundesauftragsverwaltung werten. 314 Das Zustimmungserfordernis ergibt sich aber auch aus § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG, der die Festlegung der Gebührenhöhe in die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums und der jeweiligen obersten Landesstraßenbaubehörde stellt. Diese haben bei der Gebührenbemessung die Bau-, Unterhaltungs- und Betriebskosten des privaten Investors zugrunde zu legen (vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG). 315 Die Frage, welchem der abgegebenen Angebote der Zuschlag erteilt werden soll, ist deshalb für die Höhe der zu erhebenden Mautgebühren von entscheidender Bedeutung. Es erschiene daher nicht gerechtfertigt, die für die Bemessung der Mautgebühr zuständigen Instanzen nicht schon bei der Auswahl des am besten geeigneten Angebotes zu beteiligen. Dies muß erst recht gelten, wenn - ausgehend von den im Angebot veranschlagten Kosten - bereits im Konzessionsvertrag eine bestimmte Mauthöhe festgeschrieben werden soll. 3 1 6
311 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 4 f., 7. Zu den bei der Auftragsvergabe heranzuziehenden Kriterien vgl. auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (248 f.). 312 Vgl. oben sub a). 313 So Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 5, 7. 314 So Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 233. Zur Sachkompetenz des Bundes vgl. im Ersten Teil sub A. I. 315 Siehe hierzu unten sub III. 4. a) aa). 316 Zu dieser Möglichkeit vgl. im folgenden sub 3. a).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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3. Inhalt des Konzessionsvertrages Was den Inhalt des Konzessionsvertrages angeht, macht das Gesetz keine konkreten Vorgaben, sondern läßt den Vertragspartnern weitgehend freie Hand. Der zwischen Staat und privatem Investor abzuschließende Vertrag wird sich nicht darauf beschränken, daß er die übertragenen Aufgaben „im einzelnen konkretisiert und zeitlich befristet," 317 sondern er wird darüber hinaus alle wesentlichen Leistungen, Rechte und Pflichten der Vertragsparteien definieren. Die wichtigsten vertraglichen Vereinbarungen sollen im folgenden dargestellt werden.
a) Grundlegende Bestimmungen In dem Konzessionsvertrag muß zunächst das Vorhaben selbst bezeichnet werden. Dazu gehören neben der räumlichen und fachlichen Konkretisierung des Vorhabens auch die Festlegung des technischen Standards auf der Grundlage der technischen Regelwerke. 318 Wichtig ist auch die vertragliche Umschreibung der einzelnen Aufgaben, die dem Privaten zur Ausführung übertragen werden. Insbesondere muß aus dem Vertrag hervorgehen, ob und welche planerischen Tätigkeiten dem privaten Unternehmen überantwortet werden sollen. 319 Nach den Vorstellungen des Bundesverkehrsministeriums 320 ist der Private im Rahmen der Variante „Ideenwettbewerb" 321 nicht nur mit der Erstellung des Vor- bzw. Bauentwurfs befaßt, sondern soll darüber hinaus auch verpflichtet sein, die für die Planung erforderlichen Gutachten zu Verkehr, Umwelt und Baugrund in Auftrag zu geben und die notwendigen Genehmigungsverfahren (Raumordnung, Linienbestimmung, Genehmigung des Vorentwurfs/Bauentwurfs, Planfeststellung) bei der jeweils zuständigen Landesbehörde zu beantragen. Beabsichtigt ist zudem, dem Privaten die Zusammenstellung der Unterlagen für die Linienbestimmung zu überantworten. Insoweit ist im Hinblick auf § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG jedoch sicherzustellen, daß die von dem privaten Unternehmen zusammengestellten Unterlagen nicht einfach übernommen, sondern von der zuständigen Behörde
317
So die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151). Zu den technischen Regelwerken im Straßenbau vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 45 ff., S. 86 ff. 319 Zu den gemäß § 1 Abs. 2, Abs. 4 FStrPrivFinG übertragbaren planerischen Tätigkeiten vgl. oben sub I. 3. a) bb). 320 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 8 und Anlage 4 (Schaubild zum Gang des Verfahrens bei der Variante „IdeenWettbewerb"). 321 Vgl. oben 2. d). 318
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft werden. 322 Im eigentlichen Planfeststellungsverfahren hingegen soll der Private keine Aufgaben übernehmen. Eine derart umfassende Einbindung in die Planungsphase, wie sie bei der DEGES erfolgt, 323 ist für die praktische Umsetzung des FStrPrivFinG also nicht vorgesehen. Da die Beauftragung des Privaten nach dem Willen des Gesetzgebers zeitlich befristet ist und die privat errichteten und betriebenen Straßen oder Bauwerke nach einiger Zeit wieder „ i n die öffentliche Verwaltung übernommen werden sollen", 3 2 4 enthält der Vertrag regelmäßig auch eine Vereinbarung über die Konzessionslaufzeit. Zwingend ist dies allerdings nicht, da nach dem Gesetzeswortlaut durchaus auch eine unbefristete Aufgabenübertragung möglich 325
wäre. Soweit die Parteien den Konzessionsvertrag befristen, werden sie, damit sich das Projekt für den privaten Investor nicht als „Verlustgeschäft" darstellt, für das Vertragsende einen Zeitpunkt wählen, zu dem sich die Bauund Betriebskosten über die Gebühreneinnahmen voraussichtlich amortisiert haben werden. Die im Regelfall gewählte Konzessionsdauer dürfte bei ca. 30 Jahren liegen. 326 Die Höhe der künftigen Mautgebühren kann unter Beachtung 327
der in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG normierten Kompetenzen bereits im Konzessionsvertrag festgeschrieben werden. 328 Weiterhin sind in dem Vertrag die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien zu regeln. Hier muß zwischen der Errichtungs- und der Betriebsphase differenziert werden. Soweit es um den auf die Durchführung von Bauleistungen gerichteten Teil des Konzessionsvertrages geht, sind dem Vertrag - ungeachtet dessen öffentlich-rechtlicher Natur - grundsätzlich die Vorschriften der VOB/B zugrunde zu legen. Insoweit handelt es sich um eine Baukonzession i.S.d. § 32 Nr. 1 VOB/A, für deren Vergabe die Vorschriften der VOB/A über § 32 Nr. 2 VOB/A sinngemäße Anwendung finden. Damit kommt auch § 10 Nr. 1 Abs. 2 322
Vgl. oben I. 3. a) bb) (2) (b). Zur DEGES vgl. im Ersten Teil sub Β. II. 2. 324 So die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. Die Formulierung ist etwas mißverständlich, da eine „Übernahme in die öffentliche Verwaltung" an sich voraussetzt, daß der zu übernehmende Gegenstand zuvor aus der öffentlichen Verwaltung ausgeschieden ist, was hier jedoch gerade nicht der Fall ist. 325 So auch Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1159 Fn. 59). 326 Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1159 Fn. 59); ders ./Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (247). 327 Vgl. oben sub 2. d). 328 Zu der Möglichkeit, bereits im Konzessionsvertrag eine bestimmte Mauthöhe zu vereinbaren vgl. auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (371); femer Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 5. 323
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VOB/A zum Tragen, wonach in den Verdingungsunterlagen vorzuschreiben ist, daß die VOB/B Bestandteil des Konzessionsvertrages wird. Die Vorschriften der VOB/B beanspruchen allerdings nicht uneingeschränkte Geltung. Zu berücksichtigen sind die Abweichungen, die sich daraus ergeben, daß der Auftragnehmer einer Baukonzession anstelle einer Vergütung das Recht zur Nutzung der baulichen Anlage erhält. Dies betrifft in erster Linie die VOBVorschriften über die Vergütung des Auftragnehmers. Aber auch diejenigen Regelungen der VOB/B, die sich auf die ordnungsgemäße und zeitgerechte Erfüllung der Herstellungsverpflichtung beziehen, sind nur insoweit anwendbar, als sie den besonderen Interessen der Vertragsparteien nicht zuwiderlauf e n
329,330
Eine wenig interessengerechte Regelung enthält die VOB/B beispielsweise für den Fall, daß der private Investor mit der Durchführung der von ihm übernommenen Bauleistungen in Verzug gerät oder gar seine Leistungen endgültig einstellt. Würde der Auftraggeber von dem hierfür vorgesehenen außerordentlichen Kündigungsrecht des § 5 Nr. 4 VOB/B Gebrauch machen, müßte er dem Privaten die bereits erbrachten Bauleistungen vergüten. Er wäre also zur Zahlung eines - je nach Baufortschritt - teilweisen oder vollständigen Entgelts verpflichtet, obwohl er dies mit seiner Entscheidung, ein Vorhaben als Betreibermodell zu verwirklichen, aus finanziellen Gründen gerade hatte vermeiden wollen. Aus diesem Grund ist es ratsam, in den Konzessionsvertrag spezielle, auf die Besonderheiten des Betreibermodells zugeschnittene Leistungsstörungsund Entschädigungsregelungen aufzunehmen. 331 Überhaupt keine Anwendung finden die speziell für die Bauerrichtung konzipierten Vorschriften der VOB/B hingegen für den Teil des Konzessionsvertrages, der sich mit den Rechten und Pflichten der Vertragsparteien in der Betriebsphase befaßt. Insoweit sind eigenständige Regelungen erforderlich. 332 Einer vertraglichen Konkretisierung bedürfen beispielsweise die Kontroll- und Aufsichtsrechte, die den zuständigen Behörden für die Dauer der Konzession zustehen sollen. 333 Die von dem privaten Betreiber zu beachtenden Betriebsund Unterhaltungsstandards müssen ebenfalls vertraglich vorgegeben werden. 329 Zu pauschal daher Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Aufl. 1996, A § 32 Rn. 2, die die Regelungen im Bereich der ordnungsgemäßen und pünktlichen Leistungserstellung offensichtlich für uneingeschränkt anwendbar halten. 330 Zu der Frage, ob unter diesen Voraussetzungen noch von einer Vereinbarung der VOB/B als Ganzes gesprochen werden kann oder ob die verbleibenden Regelungen einer AGB-rechtlichen Prüfung unterzogen werden müssen, vgl. Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (366 f.); siehe auch Ingenstau/Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 13. Aufl. 1996, A § 32 Rn. 3. 331 Vgl. Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (367 f.). 332 Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (366). 333 Vgl. Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151). 10 Susanne Schmitt
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
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Für den Fall, daß der Private seinen vertraglich fixierten Pflichten (z.B. regelmäßige Überwachung, Instandsetzung und Reparatur des konzessionierten Straßenabschnitts) trotz behördlicher Mahnungen nicht oder nur zögerlich nachkommt oder gar in Konkurs fällt, empfiehlt es sich zudem, in den Vertrag ein außerordentliches Kündigungsrecht zugunsten des Staates aufzunehmen. Es ist zwar anerkannt, 334 daß Dauerschuldverhältnisse bei Vorliegen eines wichti335
gen Grundes - grobe Vertragsverletzungen oder der Konkurs des Betreibers stellen regelmäßig einen wichtigen Grund dar 3 3 6 - auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung gekündigt werden können; dieser aus den §§ 554 a, 626, 723 BGB entwickelte Grundsatz beansprucht über § 62 S. 2 VwVfG auch für den öffentlich-rechtlichen Vertrag Geltung. 337 Um Zweifelsfragen vorzubeugen, sollte jedoch bereits aus dem Vertrag ersichtlich sein, unter welchen Voraussetzungen eine außerordentliche Kündigung des Konzessionsvertrages in Betracht kommt. Dasselbe gilt für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (aufgewendete Bau- und Betriebskosten, Zeitwert der Anlage) die öffentliche Hand bei Inanspruchnahme des Kündigungsrechtes zur Zahlung einer finanziellen Entschädigung verpflichtet ist. Gesonderte Regelungen müssen zudem getroffen werden für die nach Ablauf der Konzessionszeit erfolgende Übergabe der Strecke an den Straßenbaulastträger. In welchem Zustand sich die zu übergebende Straße zum Ende der Konzessionsdauer befinden muß, bedarf einer ausdrücklichen vertraglichen Festlegung. 338 Da der Auftraggeber nicht verlangen kann, daß ihm eine neuwertige bauliche Anlage übergeben wird, wird sich die Verpflichtung des privaten Betreibers in der Regel darauf beschränken, eine betriebssichere, den öf-
334 Vgl. nur BGH, U.v. 15.1.1959 - VII ZR 15/58 -, BGHZ 29, 171 ff. (172); U.v. 30.1.1964 - VII ZR 5/63 -, BGHZ 41, 104 ff. (108); Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 57. Aufl. 1998, Einl ν § 241 Rn. 18. 335 Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages nicht zuzumuten ist, Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 57. Aufl. 1998, Einl ν § 241 Rn. 19. 336 Vgl. für den Betreibervertrag im Rahmen des niedersächsischen Betreibermodells Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 177. 337 Vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 62 Rn. 5, 7. Hingegen kommt das außerordentliche Kündigungsrecht gemäß § 60 Abs. 1 S. 2 VwVfG nur in Betracht, wenn es gilt, „schwere Nachteile" für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. Es wird daher allenfalls bei besonders krassen Pflichtverletzungen des privaten Betreibers zur Anwendung gelangen. 338 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 5.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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fentlich-rechtlichen Anforderungen 339 sowie der zurückliegenden Nutzungsdauer entsprechende bauliche Anlage zu übergeben. 340
b) Risikoverteilung zwischen Straßenbaulastträger und privatem Investor Die Errichtung und der Betrieb von Infrastrukturprojekten sind mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Risiken behaftet, die von den Regelungen der VOB/B und den entsprechend anwendbaren Vorschriften des B G B 3 4 1 jedoch nur unzureichend erfaßt werden. Man wird daher nicht umhinkönnen, in den Konzessionsvertrag möglichst detaillierte Regelungen über die Verteilung der potentiellen Risiken zwischen dem Straßenbaulastträger und dem privaten Investor aufzunehmen. 342
aa) Die Risiken im einzelnen Im einzelnen kann - entsprechend der Phase ihres Auftretens - zwischen Planungs-, Bau- und Betriebsrisiken unterschieden werden. 343 Planerische Risiken sind nur in den Fällen zu befurchten, in denen die Realisierung des Vorhabens im Rahmen eines „Ideenwettbewerbs" erfolgt. Im Gegensatz zur „Konventionellen Planung", bei der die Ausschreibung erst nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt, liegt hier ein planungs- und genehmigungsrechtlich gesichertes Vorhaben noch nicht vor. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung ist deshalb weder absehbar, wann die - ohnehin in der Regel langwierigen und aufwendigen - Planaufstellungs- und Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sind, noch läßt sich vorhersagen, wie lange etwaige gegen den Planfeststellungsbeschluß angestrengte Gerichtsverfah-
339 Zu den Anforderungen im Hinblick auf die Straßenverkehrssicherungspflicht vgl. im folgenden sub c). 340 So zu Recht Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (369). 341 Vgl. § 62 S. 2 VwVfG. 342 Um den Bietern eine möglichst genaue Kalkulation zu ermöglichen, ist auf die im Konzessionsvertrag vorgesehene Risikoverteilung bereits bei der Ausschreibung des Straßenbauvorhabens hinzuweisen, vgl. oben sub 2. d). 343 Zu den besonderen Risiken bei B.O.T.-Projekten vgl. Westphal, BB 1991, Beilage 20, S. 16 ff. (17 f.); Goedel, BB 1991, Beilage 20, S. 19 ff. (21 f.). Zu den Risiken privater Investoren siehe auch McKay , Möglichkeiten der privatwirtschaftlichen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur-Investitionen in der EG, 1989, S. 73 ff.; Büschgen/ Ergenzinger, Privatwirtschaftliche Finanzierung und Erstellung von Verkehrsinfrastrukturinvestitionen, 1993, S. 71 ff; Tomas, Die Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, 1997, S. 132 ff.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
ren dauern und inwieweit diese erfolgreich sein werden. Der private Investor läuft nicht nur Gefahr, daß sich die von ihm veranschlagten Bau- und Betriebskosten infolge von Planungsverzögerungen oder aufgrund kostenerhöhender Modifikationen und zusätzlicher Auflagen (z.B. im Bereich des Lärmschutzes oder landschaftspflegerischer Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen) zwischenzeitlich erhöhen. Er sieht sich darüber hinaus auch dem nahezu völlig unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt, daß er umfangreiche Investitionen tätigt und das Projekt letztendlich doch scheitert. 344 Verzögerungen, die sich auf die Gesamtlaufzeit des Projektes und auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung auswirken, drohen auch in der Phase des Grunderwerbs und der eigentlichen Bauausführung. Die Gefahr, daß sich Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern und die Durchführung eventuell erforderlicher Enteignungsverfahren unangemessen in die Länge ziehen, kann zwar durch die Möglichkeit einer vorzeitigen Besitzeinweisung in § 18 f FStrG bedeutend reduziert werden. 345 Probleme treten jedoch auf, wenn die von dem privaten Investor angetroffenen Baugrundverhältnisse von den ursprünglich erwarteten abweichen. 346 Nachhaltige Behinderungen und Unterbrechungen der Bauausführung, verbunden mit erheblichen Kostenerhöhungen können die Folge sein. Dies ist beispielsweise der Fall bei Altlastenfunden, die eine zeitraubende und kostspielige Sanierung der kontaminierten Grundstücke erfordern. Im übrigen können Bau Verzögerungen jedweder Art, da die der Refinanzierung dienenden Mautgebühren erst nach Fertigstellung und Inbetriebnahme der Straße erhoben werden, auch dazu führen, daß die Finanzierungsplanung des Privaten „zusammenbricht" und Zwischenfinanzierungen notwendig werden. Erheblichen Risiken ist der Private zudem in der Betriebsphase ausgesetzt. Hier besteht im wesentlichen die Gefahr, daß das tatsächliche Verkehrsaufkommen hinter den Erwartungen zurückbleibt und die Infrastrukturkosten des privaten Betreibers durch die Gebühreneinnahmen nicht gedeckt werden. Dies kann darauf zurückzuführen sein, daß der mit der Bemautung einhergehende Abwanderungseffekt auf gebührenfreie Straßen von Anfang an unterschätzt wurde; in Betracht kommt aber auch, daß erst im Verlauf der Konzessionsdauer durch den Bau einer anderen, ohne Maut betriebenen Straße in das wirtschaftliche Konzept des Privaten eingegriffen wird. Darüber hinaus muß auch in der Betriebsphase mit unerwarteten Kostensteigerungen gerechnet werden, z.B. bei
344 Zu den Risiken bei Umsetzung eines planungs- und genehmigungsrechtlich nicht gesicherten Vorhabens vgl. Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (245). 345 Zu den Voraussetzungen einer vorzeitigen Besitzeinweisung vgl. § 18 f Abs. 1 FStrG. Näher hierzu Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 37 Rn. 34 ff., S. 1185 ff. 346 Zur Behandlung von Baugrundrisiken in der Rechtsprechung des BGH vgl. Quack, BB 1991, Beilage 20, S. 9 ff.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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baulichen Änderungen infolge von Kapazitätserhöhungen oder Anpassungen an geänderte technische Standards. 347
bb) Kriterien für eine angemessene Risikoverteilung Den Vertragsparteien steht es grundsätzlich frei, welche der zuvor dargestellten Risiken sie dem Straßenbaulastträger und welche der Risiken sie dem privaten Investor aufbürden. Am angemessensten dürfte es jedoch sein, wenn bei der Risikoverteilung nach Verantwortungsbereichen differenziert und darauf abgestellt wird, in wessen Gefahrenkreis die Störungsursache fällt. 348 Ausgehend hiervon, liegt das wirtschaftliche Risiko regelmäßig beim privaten Investor. 349 Der Private trifft nicht nur die organisatorischen Maßnahmen für Bau und Betrieb des konzessionierten Streckenabschnittes; er ist darüber hinaus auch befugt, die zu erhebenden Mautgebühren für sich zu vereinnahmen. Wer aber den organisatorischen Ablauf eines Betriebes beeinflussen kann und zudem die finanziellen Vorteile des Betriebs für sich in Anspruch nimmt, dem kann andererseits auch zugemutet werden, daß er die daraus resultierenden wirtschaftlichen Risiken trägt. Risiken rechtlicher oder politischer Art hingegen dürften prinzipiell in den Verantwortungsbereich des Straßenbaulastträgers fallen. Dementsprechend unterscheidet ein vom Bundesverkehrsministerium entwickeltes Beispiel für die Risikoverteilung 350 zwischen den „globalen Risiken", die außerhalb der Kontrolle des privaten Betreibers liegen (z.B. politische und rechtliche Rahmenbedingungen, Naturkatastrophen wie Erdrutsch, Hochwasser), und den „elementaren Risiken", die vom Privaten in einem gewissen Rahmen selbst gesteuert und beeinflußt werden können (z.B. Bauverzögerungen, Erhöhung der Baukosten, Verkehrsentwicklung, Liquiditätsprobleme). Für erstere ist vorgesehen, daß sie, soweit sie rechtlicher oder politischer Natur sind, vom Straßenbaulastträger übernommen werden; in den übrigen Fällen „höherer Gewalt" sollen die Risiken dem privaten Investor zugewiesen wer-
347 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, Anlage 5. 348 Zur Abgrenzung nach dem Risikobereich vgl. auch die von der Rechtsprechung für das Arbeitsrecht entwickelte „Sphärentheorie". Hierzu siehe nur RG, U.v. 6.2.1923 III 93/22 -, RGZ 106, 272 ff.; BAG, B.v. 22.12.1980 - 1 ABR 2/79 -, NJW 1981, S. 937 ff. 349 Daß das wirtschaftliche Risiko typischerweise beim Konzessionär liegt, betonen auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (368). 350 Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, Anlage 5.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
351 den. Hinsichtlich der „elementaren Risiken" sieht das Konzept des Bundesverkehrsministeriums vor, daß sie, zumindest soweit sie nicht vom Straßenbaulastträger oder von Dritten zu verantworten sind, regelmäßig dem privaten Investor auferlegt werden. Falls das eingetretene Risiko ausnahmsweise vom Straßenbaulastträger übernommen werden muß (z.B. bei Scheitern des Planfeststellungsverfahrens oder bei Infrastrukturergänzungen mit negativen Auswirkungen auf die Konzessionsstrecke), sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Im einzelnen: 352 -
Finanzieller Zuschuß durch den Straßenbaulastträger,
- Zustimmung zu einer Mauterhöhung (Änderung der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG); hier ist allerdings zu prüfen, ob eine Gebührenerhöhung überhaupt geeignet ist, den Gesamtertrag zu steigern oder ob sie nicht die Akzeptanzgrenze der potentiellen Straßenbenutzer überschreitet und zu Nachfragerückgängen und Gebührenausfällen fuhrt, 353 - Zustimmung zu einer Laufzeitverlängerung der Konzession; insoweit muß jedoch untersucht werden, ob während der regulären Vertragsdauer entstandene Mehrkosten tatsächlich über zusätzliche Mauteinnahmen ausgeglichen werden können oder ob nicht vielmehr die weiterhin anfallenden Unterhaltungs- und Betriebskosten so sehr ins Gewicht fallen, daß eine Kostendeckung auch durch eine Konzessionsverlängerung nicht zu erreichen ist, -
und schließlich als ultima ratio: Auflösung des Konzessionsvertrages und Übernahme des Projekts durch die Auftragsverwaltung (evtl. gegen Zahlung einer Entschädigung an den bisherigen privaten Betreiber).
c) Haftung bei Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht Besondere Aufmerksamkeit beansprucht die Frage nach der Haftung bei Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht. Für Schäden Dritter, die auf ein Handeln oder Unterlassen des privaten Investors zurückzufuhren sind (z.B. unzureichende Sicherung der Baustelle, mangelhafte Erfüllung der Erhaltungsund Betriebspflicht), wird der Staat nicht einstehen wollen. Fraglich ist daher, ob insoweit vertraglicher Handlungsbedarf besteht. 351
Der Private kann versuchen, die insoweit übernommenen Risiken durch den Abschluß entsprechender Versicherungen zu relativieren, wobei die Versicherungsprämien über die Mautgebühren auf die Straßenbenutzer umgelegt werden können, vgl. unten sub III. 4. a). 352 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 9. 353 Vgl. Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff. (246), 365 ff. (372). Nach Ewers/Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, S. 87 Fn. 1, fehlt es bislang an einer überzeugenden empirischen Untersuchung zu den Auswirkungen unterschiedlicher Gebührenhöhen auf die Verkehrsnachfrage.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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aa)Die grundsätzliche Haftung staatlicher Behörden bei Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht Unter der Straßenverkehrssicherungspflicht versteht man die Pflicht, die öffentlichen Verkehrsflächen möglichst gefahrlos zu gestalten und zu erhalten und im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um den Gefahren zu begegnen, die den Verkehrsteilnehmern aus einem nicht ordnungsgemäßen Zustand der Verkehrsflächen drohen. 354 Verkehrssicherungspflicht und Straßenbaulast ent355
sprechen sich inhaltlich weitgehend. Im Gegensatz zur Straßenbaulast erstreckt sich die Verkehrssicherungspflicht jedoch auch auf Maßnahmen, die zur sachgemäßen Unterhaltung des Verkehrsweges in baulicher Hinsicht nicht erforderlich sind, sondern - unabhängig vom baulichen Zustand der Straße - ausschließlich der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen. 356 Verkehrssicherungspflicht und Straßenbaulast unterscheiden sich darüber hinaus auch insoweit, als eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schadensersatzansprüche Dritter begründen kann, während die Straßenbaulast nur im Verhältnis zu den Straßenaufsichtsbehörden besteht und 357
ihre Verletzung allenfalls Aufsichtsmaßnahmen nach sich ziehen kann. Die Straßenverkehrssicherungspflicht trifft denjenigen, der rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, die für die Verkehrssicherheit erforderlichen Maßnah358
men zu treffen. Träger der Verkehrssicherungspflicht ist somit die für die Straßenverwaltung zuständige Körperschaft; nur sie ist kraft ihres Rechts und der Pflicht zur Verwaltung imstande, den Gefahren zu begegnen, die aus dem ordnungswidrigen Zustand einer Straße entstehen können. 359 Da Straßenverwaltung und Straßenbaulast regelmäßig ein- und derselben Körperschaft obliegen, ist der Straßenbaulastträger in den meisten Fällen zugleich auch Verkehrssicherungspflichtiger. 360 Dies gilt allerdings nicht für die der Bundesauf354 BGH, U.v. 9.11.1967 - III ZR 98/67 -, NJW 1968, S. 443; U.v. 18.12.1972 - III ZR 121/70 -, BGHZ 60, 54 ff. (55); Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 4. Aufl. 1977, § 3 Rn. 5a.2. 355 Vgl. BGH, U.v. 20.3.1967 - III ZR 29/65 -, NJW 1967, S. 1325 f. (1326); U.v. 9.11.1967 - III ZR 98/67 -, DVB1 1968, S. 178 f. (179). 356 Vgl. Nedden, DVB1 1974, S. 253 ff. (254). 357 Vgl. Steiner, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1995, V D Rn. 99, S. 688. Für völlige Identität zwischen Straßenbau last und Verkehrssicherungspflicht hingegen Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, 1970, S. 76 ff.; ders., DVB1 1973, S. 465 ff. (466). Zur Rechtsnatur der Straßenbau last vgl. bereits oben I. 1. b). 358 BGH, U.v. 19.1.1989 - III ZR 258/87 -, NVwZ-RR 1989, S. 395 ff. (396); Salzwedel, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, S. 790; Arndt, Die Straßenverkehrssicherungspflicht, 2. Aufl. 1973, S. 18. 359 Schlund, Verkehrssicherungspflicht, 1981, S. 31. 360 Schlund, a.a.O., S. 31; vgl. auch BGH, U.v. 15.4.1957 - III ZR 246/55 -, BGHZ 24, 124 ff. (130).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
tragsverwaltung unterliegenden Bundesfernstraßen. Hier obliegt die Verkehrssicherungspflicht nicht dem Bund als Straßenbaulastträger, sondern den für die Straßenverwaltung zuständigen Ländern. 361 Lediglich bei denjenigen Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen, die gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG in kommunaler Straßenbaulast stehen, besteht eine Identität zwischen Träger der Straßenbaulast und Verkehrssicherungspflichtigem. 362 Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht richten sich nach der ständigen Rechtsprechung des BGH 3 6 3 grundsätzlich nach den §§ 823 ff. BGB. 3 6 4 Zur Begründung seiner Auffassung verweist der BGH auf den allgemeinen, aus den §§ 823, 836 BGB abzuleitenden Rechtssatz, daß jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft und andauern läßt, diejenigen ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muß, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind. 365 Für den BGH stellt sich die Straßenverkehrssicherungspflicht somit lediglich als Unterfall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht dar, so daß aus seiner Sicht eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung von Privatpersonen und Hoheitsträgern nur konsequent erscheint. 366
361 Eine unmittelbare Haftung des Bundes bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Bundesfernstraßen kommt nur dann in Betracht, wenn Dienststellen des Bundes einen besonderen und selbständigen Haftungsgrund gesetzt haben, etwa durch Erteilung unsachgemäßer Weisungen, eine Verletzung ihrer Aufsichtspflicht im Einzelfall oder durch Untätigbleiben in den Fällen, in denen nach Lage der Dinge - etwa weil ein Land um entsprechende Weisungen gebeten hatte - ihr Eingreifen geboten gewesen wäre, vgl. hierzu BGH, U.v. 30.12.1954 - III ZR 102/53 -, BGHZ 16, 95 ff. (98 ff.); U.v. 19.4.1956 - III ZR 227/54 -, NJW 1956, S. 1028; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 40 Rn. 35.2, S. 1296. 362 Zur Verkehrssicherungspflicht der kommunalen Straßenbaulastträger vgl. Kodal/Krämer, a.a.O., Kap. 40 Rn. 37, S. 1296. 363 Vgl. die Grundsatzentscheidung des BGH, U.v. 30.4.1953 - III ZR 377/51 -, BGHZ 9, 373 ff. (380 ff.); femer U.v. 9.2.1956 - III ZR 255/54 -, BGHZ 20, 57 ff. (59); U.v. 18.12.1972 - III ZR 121/70 -, BGHZ 60, 54 ff. (55); U.v. 15.11.1982 - II ZR 206/81 -, BGHZ 86, 152 ff. (153). 364 Die Haftung richtet sich zunächst gemäß § 823 Abs. 1 BGB gegen den Bediensteten, durch dessen Handeln oder Unterlassen der gefahrenträchtige Zustand herbeigeführt oder nicht beseitigt wurde. Der Dienstherr haftet für verfassungsmäßige Vertreter aus § 823 Abs. 1 i.V.m. §§ 31, 89 BGB, für Verrichtungsgehilfen aus § 823 Abs. 1 i.V.m. § 831 BGB, vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 40 Rn. 25 f., S. 1289. 365 Vgl. nur BGH, U.v. 18.12.1972 - III ZR 121/70 -, BGHZ 60, 54 ff. (55). 366 Vgl. BGH, U.v. 30.4.1953 - III ZR 377/51 -, BGHZ 9, 373 ff. (387); U.v. 30.12.1954 - III ZR 102/53 -, BGHZ 16, 95 ff. (96). Die Kritiker der Rechtsprechung des BGH fordern hingegen, die Straßenverkehrssicherungspflicht als Amtspflicht anzusehen mit der Konsequenz, daß deren Verletzung nach den Grundsätzen der Amtshaftung zu beurteilen ist, vgl. Nedden, NJW 1956, S. 1014 ff.; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 34 Rn. 135.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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Amtshaftungsansprüche wegen Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht sind dennoch nicht ausgeschlossen. Nach Ansicht des BGH hat die Körperschaft, der die Verkehrssicherungspflicht obliegt, die Wahl, ob sie dieser Verpflichtung als Fiskus, d.h. privatrechtlich, oder als Träger öffentlicher Gewalt, d.h. hoheitsrechtlich, genügen will. Entscheidet sich die Verkehrssicherungspflichtige Körperschaft für eine hoheitliche Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht, ist eine besondere gesetzliche Bestimmung oder ein ausdrücklicher, allgemein verlautbarter, also regelmäßig öffentlich bekanntgemachter Organisationsakt erforderlich. 367 Von der Möglichkeit, die Straßenverkehrssicherungspflicht hoheitlich auszugestalten, haben in der Zwischenzeit nahezu alle Länder 368 Gebrauch gemacht und ihre Straßen- und Wegegesetze mit Wirkung fur die Landes- wie auch für die Bundesfernstraßen 369 - entsprechend ergänzt. 370
bb) Auswirkungen auf die Haftung bei Einschaltung Privater gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten Die Länder und - soweit ihnen die Straßenbaulast obliegt - auch die Gemeinden bleiben selbst dann verkehrssicherungspflichtig, wenn sie Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einer Bundesfernstraße gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zur Ausführung auf einen Privaten übertragen. Da die Übertragung die staatlichen Verantwortungsbereiche und behördlichen Zuständigkeiten unberührt läßt, 371 sind die Länder bzw. Gemeinden nicht nur nach wie vor in der Lage, sondern den Straßenbenutzern gegenüber sogar verpflichtet, die zur Verkehrssicherung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, sei es, daß sie dem im Innenverhältnis verpflichteten Privaten entsprechende Weisungen erteilen, sei
367
Vgl. BGH, U.v. 18.12.1972 - III ZR 121/70 -, BGHZ 60, 54 ff. (56, 59); U.v. 20.3.1967 - III ZR 29/65 -, NJW 1967, S. 1325 f. (1326). Kritisch zur „Organisationstheorie" des BGH Bartlsperger, DÖV 1982, S. 469 ff. (473 f.). 368 Ausnahme: Hessen. 369 Da der Bund insofern seine Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Nr. 22 GG nicht ausgeschöpft hat, bestehen gegen die Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebung durch die Länder keine Bedenken, vgl. BGH, U.v. 18.12.1972, III ZR 121/70 -, BGHZ 60, 54 ff. (60 ff.); U.v. 18.12.1972 - III ZR 40/70 -, VersR 1973, S. 275 f. (276); U.v. 10.7.1980 - III ZR 58/79 -, NJW 1980, S. 2194 ff. (2195); a.A. Bartlsperger, DÖV 1982, S. 469 ff. (476). 370 Vgl. § 59 StrGBW; Art. 72 BayStrWG; § 7 Abs. 5 BerlStrG; § 10 Abs. 1 S. 1 BbgStrG; § 9 BremStrG; § 5 Hamb WG; § 10 Abs. 2 StrWG-MV; § 10 Abs. 1 NStrG; § 9 a StrG NW; § 48 Abs. 2 LStrG RP; § 9 Abs. 3 a Saarl StrG; § 10 Abs. 1 S. 1 SächsStrG; § 10 Àbs. 1 StrG LSA; § 10 Abs. 4 StrWG-SH; § 10 Abs. Ì ThürStrG. 371 Vgl. oben sub I. 1. e).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
es, daß sie selbst mit eigenem Personal und eigenen Mitteln tätig werden. Geschieht dies nicht, und kommt ein Verkehrsteilnehmer deshalb zu Schaden, kann das verantwortliche Land bzw. die verantwortliche Gemeinde auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Zu prüfen ist daher, ob es möglich ist, daß sich die verkehrssicherungspflichtige Körperschaft durch vertragliche Vereinbarung von ihrer Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht mit Wirkung gegenüber Dritten befreit. Bei der Beantwortung dieser Frage muß danach differenziert werden, ob die Straßenverkehrssicherungspflicht in dem betreffenden Bundesland als privatrechtliche oder als hoheitsrechtliche Pflicht zu erfüllen ist.
(1) Verkehrssicherungspflicht als privatrechtliche Pflicht Soweit die Straßenverkehrssicherungspflicht keine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung erfahren hat, ist es ohne weiteres möglich, sie durch vertragliche Vereinbarung auf den privaten Investor zu übertragen. Die Übertragung berührt nicht nur das Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien, sondern führt dazu, daß der Übernehmende den Verkehrsteilnehmern gegenüber unmittelbar für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht einzustehen hat (Vertrag zugunsten Dritter). Zu beachten ist allerdings, daß sich die Verkehrssicherungspflicht des bisher Verpflichteten durch die Übertragung in eine Aufsichts- und Kontrollpflicht verwandelt. 373 Der Übertragende hat daher die vom Privaten zur Verkehrssicherung getroffenen Maßnahmen zu überprüfen und den konzessionierten Streckenabschnitt zu diesem Zweck in angemessenen Zeitabständen regelmäßig zu befahren oder zu begehen. 374 Bei Verletzung seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht haftet der ursprüngliche Träger der Verkehrssicherungspflicht also
372
In der Regel sind bauliche Maßnahmen erforderlich, um den von einer öffentlichen Straße ausgehenden Gefahren hinreichend zu begegnen; in Einzelfällen ist die Verkehrssicherungspflicht aber auch dann erfüllt, wenn auf den nicht verkehrssicheren Zustand einer Straße durch deutliche Warnung hingewiesen wird, vgl. BGH, U.v. 8.4.1957 - III ZR 66/56 -, VersR 1957, S. 375 ff.; U.v. 4.7.1968 - III ZR 35/66 -, VersR 1968, S. 1090 ff.; U.v. 13.7.1989 - III ZR 122/88 -, BGHZ 108, 273 ff. Zu Art und Umfang der Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 40 Rn. 41 ff., S. 1299 ff. 373 Vgl. BGH, U.v. 17.1.1989 - III ZR 186/88 -, NJW-RR 1989, S. 394 f. (395); U.v. 7.10.1975 - VI ZR 43/74 -, NJW 1976, S. 46 ff. (47); OLG Düsseldorf, U.v. 28.10.1958 - 4 U 337/57 -, MDR 1959, S. 302; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 57. Aufl. 1998, § 823 Rn. 59. Kritisch hierzu Vollmer, JZ 1977, S. 371 ff. 374 Für die „Angemessenheit" ausschlaggebend sind objektive Notwendigkeit und Zumutbarkeit einer Nachschau, vgl. hierzu BGH, U.v. 29.11.1973 - III ZR 211/71 -, NJW 1974. S. 453 ff. (454).
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auch dann gemäß den §§ 823 ff. BGB, wenn er die Verkehrssicherungspflicht im Konzessionsvertrag auf den privaten Investor abgewälzt hat.
(2) Verkehrssicherungspflicht als hoheitsrechtliche Pflicht Anders in den Fällen, in denen die Straßenverkehrssicherungspflicht aufgrund gesetzlicher Bestimmung oder besonderen Organisationsaktes als Amtspflicht wahrgenommen wird und die Haftung der verkehrssicherungspflichtigen Körperschaft nach den Grundsätzen der Amtshaftung zu beurteilen ist. Zwar ist auch hier eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich anerkannt. 375 Es stellt sich allerdings die Frage, ob die vertragliche Übertragung auf den Privaten tatsächlich zu einer Entlastung der gesetzlich verpflichteten Körperschaft führt oder ob nicht vielmehr eine Haftungsüberleitung auf den Staat gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG stattfindet mit der Folge, daß eine selbständige Inanspruchnahme des privaten Investors nicht in Betracht kommt. Dabei spielt es keine Rolle, daß der Private kein Beamter im beamtenrechtlichen Sinne ist. Art. 34 S. 1 GG setzt lediglich voraus, daß Jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes" handelt. Daß die Haftungsüberleitung in Art. 34 GG nicht an einen spezifisch beamtenrechtlichen Täterbegriff gekoppelt ist, wirkt letztlich auch auf die Interpretation der einfachgesetzlichen Anspruchsnormen zurück und führt bei § 839 BGB, der den Amtspflichtverstoß eines „Beamten" voraussetzt, in dessen öffentlich-rechtlichem Anwendungsfeld zur Geltung eines „haftungsrechtlichen Beamtenbegriffs". 376 Dieser haftungsrechtliche Beamtenbegriff umfaßt neben Beamten im engeren staatsrechtlichen Sinne, Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst sowie Personen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnis schließlich auch Privatpersonen, die längerfristig oder sogar nur einmalig mit 377
der Ausübung eines öffentlichen Amtes betraut sind. Ob ein bestimmtes Verhalten einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob bejahendenfalls zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, daß die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung zugehörig angese-
375 Vgl. hierzu Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 40 Rn. 39.3, S. 1297 f.; Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 59 Rn. 21 f. 376 Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 34 Rn. 90. 377 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 25 Rn. 13.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
hen werden muß. 3 7 8 Hiervon ausgehend, kommt man nicht umhin, die Amtsträgerschaft des privaten Investors zu bejahen: Wie bereits im Zusammenhang mit der Rechtsnatur des Konzessionsvertrages ausgeführt wurde, 3 7 9 zielt die Tätigkeit des Privaten darauf ab, dem Straßenbaulastträger die tatsächliche Erfüllung der mit der Baulast zusammenhängenden Aufgaben in ihrer Gesamtheit und nicht nur beschränkt auf einzelne Teilaufgaben abzunehmen. Die Tätigkeit des privaten Unternehmens dient also nicht nur der Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe „Straßenbaulast", sondern steht darüber hinaus mit dieser hoheitlichen Betätigung in einem so engen Zusammenhang, daß das private Tätigwerden als Ausübung eines öffentlichen Amtes qualifiziert werden muß. Funktionell wirkt der private Investor an der Erfüllung einer staatlichen Aufgabe mit, so daß es durchaus gerechtfertigt ist, die Haftung für ein schadensbegründendes Handeln oder Unterlassen des Privaten auf die übertragende Körperschaft überzuleiten. Zu einer anderen Auffassung gelangt möglicherweise die von der Rechtsprechung vertretene „Werkzeugtheorie". Sie wurde für die Fälle entwickelt, in denen sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben eines privaten Unternehmens bedient, das - anders als ein mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteter 380 Beliehener - nur mit technischen Verrichtungen ohne spezifisch hoheitlichen Charakter betraut ist und - im Gegensatz zum Verwaltungshelfer 381 - selbständig tätig wird. Für die Beantwortung der Frage, ob „ i n Ausübung eines öffentlichen Amtes" gehandelt wurde, stellt die Werkzeugtheorie darauf ab, ob der Private in so weitgehendem Maße den Weisungen oder sonstiger Einflußnahme der Verwaltung unterliegt, daß er bei der Durchführung einer hoheitlichen Aufgabe quasi als „Werkzeug" der öffentlichen Hand erscheinen muß. 3 8 2 Demzufolge müßte man an sich dem gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragten Pri378 BGH, U.v. 16.4.1964 - III ZR 182/63 -, BGHZ 42, 176 ff. (176); U.v. 16.6.1977 III ZR 179/75 -, NJW 1977, S. 1875 ff. (1875); U.v. 21.3.1991 - III ZR 77/90 -, NJW 1991, S. 2954 f. (2954). 379 Vgl. oben sub 1. b). 380 Daß beliehene Private „in Ausübung eines öffentlichen Amtes" handeln und die Haftung wegen Amtspflichtverletzungen gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG auf den beleihenden Verwaltungsträger übergeleitet wird, ist unstreitig, vgl. nur BGH, U.v. 30.11.1967 - VII ZR 34/65 -, BGHZ 49, 108 ff.; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 34 Rn. 95; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 11; Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, 1991, passim. 381 Die Amtshaftungsgrundsätze finden regelmäßig auch auf den unselbständigen Verwaltungshelfer Anwendung, vgl. hierzu BGH, U.v. 3.7.1958 - III ZR 88/57 -, VersR 1958, S. 705 f.; OLG Köln, U.v. 19.1.1968 - 2 U 11/67 -, NJW 1968, S. 655 ff.; LG Rottweil, U.v. 17.12.1969 - 2 Ο 144/69 -, NJW 1970, S. 474 ff.; Zuleeg, DÖV 1970, S. 627 ff. (630 ff.); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl. 1991, S. 17 ff. 382 Vgl. BGH, U.v. 15.6.1967 - III ZR 23/65 -, BGHZ 48, 98 ff. (103); U.v. 14.6.1971 - III ZR 120/68 -, NJW 1971, S. 2220 f. (2221); U.v. 7.2.1980 - III ZR 153/78 -, NJW 1980, S. 1679 f. (1679).
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vaten, der weder als Beliehener noch als Verwaltungshelfer fungiert, 383 ein Tätigwerden „in Ausübung eines öffentlichen Amtes" absprechen; denn trotz staatlicher Aufsicht und Weisungsbefugnis wird man kaum behaupten können, der private Betreiber sei bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben dem Einfluß und den Weisungen der öffentlichen Hand in einem Maße ausgesetzt, die ihn nur noch als „verlängerten Arm" der Behörde erscheinen lassen. Dennoch werden im vorliegenden Fall wohl auch die Vertreter der Werkzeugtheorie eine Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht auf die §§ 823 ff. BGB, sondern auf Amtshaftungsgrundsätze stützen: Die Rechtsprechung greift, soweit ersichtlich, nur in den Fällen auf die Werkzeugtheorie zurück, in denen dem Tätigwerden des Privaten ein zivilrechtlicher Vertrag zugrundeliegt. 384 Hintergrund ist die Annahme, daß es in diesen Fällen aufgrund der von der Behörde gewählten privaten Rechtsform besonders zweifelhaft erscheint, ob der Private funktionell in den Bereich hoheitlicher Verwaltung einbezogen wird. Da der Staat seine öffentlich-rechtlichen Aufgaben in der Regel auch mit privaten Mitteln erfüllen dürfe, könne hier nicht die hoheitliche Zielsetzung ausschlaggebend sein; es komme vielmehr darauf an, wie die öffentliche Hand die Bewältigung dieser Aufgaben organisiert habe. 385 Ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zwischen Staat und Privatem deute aber darauf hin, daß die öffentliche Aufgabe auf die Ebene des Privatrechts verlagert und daher nicht mehr Teil der Ausübung eines öffentlichen Amtes sei; 386 eine Ausnahme könne allenfalls dann gelten, wenn der Private derart in die hoheitliche Aufgabenerfüllung eingegliedert sei, daß er gleichsam als „Werkzeug" tätig werde und sich der Staat dessen Tätigkeit wie eigene zurechnen lassen müsse. 387 Demgegenüber wird der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragte Private aber gerade nicht aufgrund eines privatrechtlichen, sondern aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnisses tätig. 388 Die Indizwirkung, die nach Auffassung der Vertreter der Werkzeugtheorie von einem zivilrechtlichen Vertrag ausgehen soll, greift daher von vornherein nicht ein.
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Vgl. oben sub I. 1. e), 2. b). Vgl. die Nachweise in Fn. 382. 385 BGH, U.v. 24.5.1973 - III ZR 178/70 -, NJW 1973, S. 1650 ff. (1650 f.); U.v. 4.7.1980 - V ZR 240/77 -, NJW 1981, S. 50 f. (51). 386 Vgl. BGH, U.v. 14.6.1971 - III ZR 120/68 -, NJW 1971, S. 2220 ff. (2221) (Ampelfehlschaltungen durch Privatunternehmen); U.v. 15.6.1967 - III ZR 23/65 -, BGHZ 48, 98 ff. (103); U.v. 7.11.1977 - III ZR 157/75 -, BGHZ 70, 212 ff. (216) (Vornahme von Straßenbauarbeiten durch Private); LG München, U.v. 28.9.1977 - 15 S 2733/77 -, NJW 1978, S. 48 f. (Abschleppen eines Kraftfahrzeuges durch Privatunternehmen). 387 BGH, U.v. 14.6.1971 - III ZR 120/68 -, NJW 1971, S. 2220 ff. (2221); vgl. auch die Nachweise unter Fn. 382. 388 Zur Rechtsnatur des Konzessionsvertrages vgl. oben sub 1. b). 384
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Im übrigen ist die Werkzeugtheorie - unabhängig von der Rechtsnatur des Auftragsverhältnisses zwischen Staat und Privatem - abzulehnen, da für die Frage, ob jemandem ein öffentliches Amt i.S.d. Art. 34 S. 1 GG anvertraut ist, nicht die internen Beziehungen zum Hoheitsträger entscheidend sein können, sondern allein das nach außen wirkende Verhalten als „Erfüllungsgehilfe" des Trägers öffentlicher Gewalt. 389 Auch die Anhänger der Werkzeugtheorie werden sich nicht der Tatsache verschließen können, daß ein Privater, der auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG tätig wird, keine mit der Stellung eines selbständigen Werkunternehmers vergleichbare Position einnimmt, da dieser nur mittelbar der Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe dient, während die Tätigkeit von jenem unmittelbar darauf abzielt, dem Staat die Erfüllung seiner Aufgaben aus der Straßenbaulast (einschließlich der Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht) abzunehmen. Käme es demgegenüber tatsächlich auf die Ausgestaltung des Innenverhältnisses an, müßte der Geschädigte vor der gerichtlichen Geltendmachung seines Schadensersatzanspruchs zunächst den Umfang der Einflußmöglichkeiten und Weisungsbefugnisse der öffentlichen Hand klären. Da ihm die vertraglichen Abreden und der tatsächliche Verlauf der Auftragserfüllung in der Regel nicht bekannt sein dürften, liefe er Gefahr, daß seine - entweder gegen den Privaten oder den Hoheitsträger gerichtete - Klage wegen fehlender Passivlegitimation abgewiesen wird. 3 9 0 Hinzukommt, daß sich der Staat bei Zugrundelegung der Werkzeugtheorie seiner Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben einfach dadurch entziehen könnte, daß er diese unter Ausschluß eines Weisungsrechtes auf Private überträgt. 391 Soweit die Verkehrssicherungspflicht als öffentlich-rechtlich wahrzunehmende Pflicht ausgestaltet ist, wird die Haftung des privaten Betreibers wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG auf das jeweils verantwortliche Land bzw. die jeweils verantwortliche Gemeinde übergeleitet. 392 Der Private kann also, da er im Rahmen des § 1 Abs. 2
389
Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 34 Rn. 99; vgl. auch Würtenberger, DAR 1983, S. 155 ff. (160 f.); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl. 1991, S. 21; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 25 Rn. 13. Siehe auch BGH, U.v. 21.1.1993 - III ZR 189/91 -, BGHZ 121, 161 ff. (164 f.), der seine bisher zur Werkzeugtheorie vertretene Auffassung nunmehr zu lockern scheint. 390 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl. 1991, S. 22; Kühlhorn, Haftung für die durch Verwaltungshilfe Privater entstandenen Schäden, Diss. Regensburg 1972, S. 117. 391 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl. 1991, S. 22; vgl. auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 505. Eine derartige Haftungsverlagerung wäre verfassungsrechtlich nicht unbedenklich, vgl. im Dritten Teil sub Α. V. 1. 392 So auch i. E. Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151). Allerdings qualifiziert Stemer den privaten Betreiber als Beliehenen, so daß ihm die Begründung für ein Tätigwerden „in Ausübung eines öffentlichen Amtes" nicht schwerfällt.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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FStrPrivFinG „in Ausübung eines öffentlichen Amtes" tätig wird, auch dann nicht selbständig auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn die Verkehrssicherungspflicht für die Dauer der Konzession auf ihn übertragen wird. 3 9 3
(3) Ergebnis Allein durch eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf den privaten Investor läßt sich das gewünschte Ergebnis einer vollständigen Haftungsfreistellung der gesetzlich verpflichteten Körperschaft nicht erreichen: Soweit die Verkehrssicherungspflicht als Amtspflicht wahrgenommen wird, wird die Haftung des Privaten gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG auf den ursprünglichen Träger der Verkehrssicherungspflicht übergeleitet; ist die Verkehrssicherungspflicht privatrechtlicher Natur, so haftet der bisher Verpflichtete immerhin noch in den Fällen, in denen er der ihm obliegenden Aufsichts- und Kontrollpflicht über den Privaten nicht genügt (dann allerdings nicht anstelle, sondern neben dem Privaten). Es empfiehlt sich daher, in den Konzessionsvertrag eine interne Haftungsfreistellung aufzunehmen, die den Verkehrssicherungs- bzw. Aufsichtspflichtigen berechtigt, im Falle einer Inanspruchnahme durch den Geschädigten beim privaten Betreiber Regreß zu nehmen. 394 Bei einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht ist allerdings Art. 34 S. 2 GG zu beachten, der den Innenregreß auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. 395
393 Eine unmittelbare Außenhaftung des Übernehmenden mit befreiender Wirkung für den gesetzlich Verpflichteten ist bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht allerdings dann möglich, wenn es sich bei dem Übernehmenden ebenfalls um einen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger mit regelmäßiger Zuständigkeit für die Verkehrssicherung handelt, vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 40 Rn. 39.3, S. 1297 f.; Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, §59 Rn. 21. 394 Vgl. Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151). 395 Rechtsgrundlage für den Rückgriff gegen einen Nichtbeamten ist zwar nicht Art. 34 GG, sondern das jeweilige Vertragsverhältnis. Gleichwohl ist der Rückgriff gemäß Art. 34 S. 2 GG auch gegenüber einem Nichtbeamten ausgeschlossen, wenn dieser nur leicht fahrlässig gehandelt hat, Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 57. Aufl. 1998, § 839 Rn. 87; vgl. auch RG, U.v. 13.12.1940 - III 37/40 -, RGZ 165, 324 ff. (333).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG I I I . Die Refinanzierung der privaten Investoren über die Erhebung von Mautgebühren (§§ 2 ff. FStrPrivFinG)
Die Refinanzierung der Investitions- und Betriebskosten erfolgt über eine Bemautung des konzessionierten Streckenabschnitts. Zu diesem Zweck enthalten die §§ 2 ff. FStrPrivFinG Regelungen über das Gebührenerhebungsrecht des Privaten (§ 2 FStrPrivFinG), die mautfähigen Straßen und Bauwerke (§ 3 Abs. 1 FStrPrivFinG), die Kriterien für die Bestimmung der Mauthöhe (§ 3 Abs. 2 FStrPrivFinG), den Kreis der Gebührenschuldner (§§ 4, 5 FStrPrivFinG) sowie die möglichen Verfahren der Mauterhebung (§ 6 FStrPrivFinG). Die genannten Vorschriften sind Gegenstand der folgenden Ausführungen (sub 2. - 6.). Zunächst soll jedoch die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit von Straßenbenutzungsgebühren beantwortet werden (sub 1.).
1. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren In Deutschland werden Straßenbenutzungsgebühren bislang nur in Form von zeitabhängigen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit Kraftfahrzeugen ab 12 t zulässigem Gesamtgewicht erhoben (vgl. § 1 ABBG). 3 9 6 Mit Erlaß des FStrPrivFinG besteht nunmehr auch die Möglichkeit, für die Benutzung bestimmter Straßen streckenabhängige Straßenbenutzungsgebühren, sog. Mauten 397 , zu erheben. Im folgenden wird gezeigt, daß die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme öffentlicher Straßen grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf den Gemeingebrauch (sub a) sowie im Hinblick auf Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer (sub b), sondern auch im Hinblick auf möglicherweise auftretende regionale Unterschiede (sub c).
a) Die Vereinbarkeit von Gemeingebrauch und Straßenbenutzungsgebühren Die Zulässigkeit der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren wurde in der Vergangenheit insbesondere im Hinblick auf den Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen in Frage gestellt.
396
Vgl. hierzu im Ersten Teil sub Α. III. 2. Zur Terminologie in Anlehnung an Art. 2 der Richtlinie 93/89 EWG vgl. BT-Drs. 12/6884, S. 6. 397
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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Unter dem Gemeingebrauch versteht man die jedermann gewährleistete Berechtigung, eine öffentliche Straße ohne besondere Zulassung gemäß ihrer hoheitlichen Zweckbestimmung und in der üblichen Weise zum Verkehr zu benutzen. 398 Speziell für den Gemeingebrauch an Bundesfernstraßen bestimmt dementsprechend die Legaldefinition in § 7 Abs. 1 S. 1 FStrG, daß der Gebrauch der Bundesfernstraßen Jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr gestattet" ist. Nach einer früher zum Teil vertretenen Auffassung gehörte zum Wesen des Gemeingebrauchs aber auch dessen prinzipielle Unentgeltlichkeit. 399 Daraus wurde gefolgert, eine Gebührenerhebung für die Benutzung öffentlicher Straßen sei mit der Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs nicht zu vereinbaren und daher unzulässig. 400 Mit Blick auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ist diese Auffassung jedoch nicht mehr haltbar. 401 Indem Art. 74 Nr. 22 GG der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes u.a. die „Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen" zuweist, bringt er gleichzeitig zum Ausdruck, daß solche Benutzungsgebühren auch materiellrechtlich grundsätzlich zulässig sind. 402 Es wird also nicht nur die Ausübung der dem Bund zugewiesenen Gesetzgebungsbefugnis verfassungskräftig legitimiert, sondern darüber hinaus auch die prinzipielle Zulässigkeit einer Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren anerkannt. 403 Die als Bestandteil der Finanzverfassungsreform im Jahre 1969 verabschiedete Ergänzung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG 4 0 4 verfolgte zwar zunächst nur
398 BVerfG, U.v. 10.12.1975 - 1 BvR 118/71 -, BVerfGE 40, 371 ff. (378); Fobbe, Gemeingebrauch und Kraftverkehr, 1965, S. 11. 399 So Krüger, Gegen eine Entstaatlichung der öffentlichen Wege, 1954, S. 21 m.w.N.; vgl. auch BGH, U.v. 18.11.1955 - V ZR 162/54 -, BGHZ 19, 85 ff. (90); BVerwG, U.v. 14.3.1957 -1 C 16.55 -, BVerwGE 4, 342 ff. (342 Ls.), inzidenter aufgegeben in U.v. 28.11.1969 - VII C 67.68 -, BVerwGE 34, 241 ff. (245 f.). 400 Vgl. Krüger, a.a.O., S. 21 ff. Krüger beruft sich in seinem Plädoyer gegen die Einführung von Straßenbenutzungsgebühren allerdings nicht nur auf deren Unvereinbarkeit mit der wesentlichen Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs, sondern macht darüber hinaus auch geltend, die Gebührenerhebung für Leistungen der öffentlichen Hand widerspreche ganz allgemein dem Wesen modemer Staatlichkeit, vgl. ebda, S. 42. Insoweit zustimmend Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 ff. (215 ff.). 401 Vgl. auch Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 72. 402 Sendler, DÖV 1974, S. 217 ff. (223). Zum materiell-rechtlichen Gehalt von Kompetenznormen vgl. auch im Dritten Teil sub Α. I., II. 1. 403 Vgl. Kirchhof, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 225 ff. (231 f.). 404 Vgl. 22. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12.5.1969, BGBl I S. 363. Hintergrund der Änderung waren Zweifel, ob Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG in seiner damal i Susanne Schmitt
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
den Zweck, verfassungsrechtlich die Möglichkeit offenzuhalten, die Besteuerung des Straßengüterverkehrs durch eine Gebührenregelung zu ersetzen. 405 Der Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG in seiner jetzigen Fassung geht jedoch über diese ursprüngliche Zielsetzung eindeutig hinaus, da er die Gebührenkompetenz des Bundesgesetzgebers nicht auf Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs beschränkt, sondern ausdrücklich auf eine generelle Straßenbenutzungsgebühr erstreckt. 406 Aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ergibt sich also, daß der Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen entgegen einer in der Vergangenheit gelegentlich geäußerten Auffassung nicht notwendig unentgeltlich ist. Sieht man einmal von den Straßenbenutzungsgebühren für den Schwerlastverkehr ab, ist es zwar durchaus zutreffend, in Deutschland von einer regelmäßigen Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs an öffentlichen Straßen zu sprechen. Dieser Umstand ist jedoch nicht Ausdruck eines verfassungsrechtlich benannten Prinzips, sondern beruht auf der Entscheidung des Gesetzgebers, von der ihm in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG zugewiesenen Befugnis zur Einführung (genereller) Straßenbenutzungsgebühren (vorerst) keinen Gebrauch zu machen. 407 Straßenbenutzungsgebühren können demnach auch und gerade für eine dem Gemeingebrauch zuzurechnende Nutzung erhoben werden. 408 Der gemeingebräuchliche „freie Zugang" zur Benutzung öffentlicher Straßen ist nicht be-
iigen Fassung dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz zur Einfuhrung einer Straßenbenutzungsgebühr für das gesamte Straßennetz oder lediglich für die Bundesfernstraßen einräumte, vgl. hierzu Schmidt-Bleibtreu, BB 1968, S. 261 ff. (263). 405 Vgl. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 5/3605, S. 4. 406 Vgl. Kirchhof, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 225 ff. (232); Sendler, DÖV 1974, S. 217 ff. (223). Siehe auch den Änderungsantrag des Bundesrates, mit dem dieser eine Beschränkung der Gebührenkompetenz auf Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs zu erreichen versuchte (BT-Drs. 5/3826, S. 2 ff.) und der vom Vermittlungsausschuß nicht übernommen wurde (BT-Drs. 5/3896, 5/4106). 407 Vgl. Kirchhof, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 225 ff. (231). Zu den aktuellen Diskussionen um die Einfuhrung einer allgemeinen Autobahngebühr vgl. im Ersten Teil sub Α. III. 2. 408 Zu der hier nicht zu problematisierenden Frage, ob und inwieweit im Einzelfall ein besonderer grundrechtlicher Schutz für bestimmte Arten von Straßenbenutzungen die Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs verfassungsrechtlich garantieren und deshalb zu einem Gebührenerhebungsverbot führen kann, vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 157 ff. Siehe hierzu auch Kirchhof, in: Bartlsperger/Blümel/ Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 225 ff. (236 ff.); Bartlsperger, Die Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung, 1969, S. 18.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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griffsnotwendig einem „abgabenfreien" Zugang gleichzusetzen.409 In der Gebührenerhebung liegt auch keine - dem Gemeingebrauch widersprechende versteckte individuelle Zulassung zur Straßenbenutzung, da jeder, der die Gebühr entrichtet, benutzungsbefugt ist und niemand, der die Benutzungsgebühr entrichten will, zurückgewiesen werden darf. 410 Der freie Zugang bleibt also auch dann gewahrt, wenn die Benutzung der Straße von der Entrichtung eines Entgelts abhängig gemacht wird. Zu beachten ist lediglich, daß die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren einer besonderen gesetzlichen Legitimation bedarf. 411 Für Benutzungsgebühren auf Bundesfernstraßen ergibt sich dies aus § 7 Abs. 1 S. 4 FStrG; im übrigen folgt die Notwendigkeit einer Gesetzesgrundlage für die Einführung von Straßenbenutzungsgebühren bereits aus dem Vorbehalt des Gesetzes.412 Die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Benutzungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge wurde mit Erlaß des ABBG geschaffen, für die Erhebung von Mautgebühren auf privat errichteten und finanzierten Straßen mit Erlaß des FStrPrivFinG.
b) Das Verhältnis zwischen Straßenbenutzungsgebühren und Kfz-typischen Steuern Der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren steht auch nicht entgegen, daß der Straßenbenutzer bereits über die Mineralöl- und bedingt auch über die Kraftfahrzeugsteuer zur Finanzierung des Straßenbaues beiträgt. 413 Die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren neben und zusätzlich zu den Kfztypischen Steuern ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Steuern und Gebühren haben bereits begrifflich nichts miteinander zu tun. Während Steuern den Betroffenen voraussetzungslos, d.h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand auferlegt wer-
409 So zu Recht Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 72 f. 410 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 24 Rn. 25, S. 553. 4,1 So auch BVerwG, U.v. 14.3.1957 - I C 16.55 -, BVerwGE 4, 342 ff. (345 f.). Dies läßt darauf schließen, daß die in den Leitsatz aufgenommene Feststellung der wesensmäßigen Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs nicht als verfassungsrechtliches Prinzip, sondern lediglich als Aussage zur einfachgesetzlichen Rechtslage zu verstehen
ist, vgl. Sendler, DÖV 1974, S. 217 ff. (223 Fn. 45); Selmer/Brodersen/Nicolaysen,
Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 72 Fn. 224. 412 Zum Vorbehalt des Gesetzes vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 315 ff. (320 ff.). 413 Zu Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer vgl. im Ersten Teil sub Α. III. 1.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
den, 4 1 4 handelt es sich bei den Gebühren nach einer in Rechtsprechung und Literatur gebräuchlichen Definition 4 1 5 um „öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken." 416 Im Gegensatz zu Steuern weisen Gebühren also einen spezifischen Bezug zu einer staatlichen, dem Gebührenschuldner individuell zurechenbaren Leistung der öffentlichen Hand auf. Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer kommt dementsprechend lediglich eine allgemeine Finanzierungsfunktion zu, wohingegen Straßenbenutzungsgebühren an eine bestimmte staatliche Leistung anknüpfen. Die gebührenpflichtige Leistung besteht in diesem Fall nicht im Herstellen oder Bereithalten der ohnehin vorhandenen Straßen, sondern darin, daß der einzelne von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Benutzung einer öffentlichen Straße einseitig Gebrauch macht. Da sich der Staat darauf beschränkt, diese Inanspruchnahme der öffentlichen Straße zu dulden, spricht man auch von „Duldungsgebühren". 417 Die Inanspruchnahme des Straßennetzes schafft also die fur eine „individuell zurechenbare" Leistung und damit für eine Gebührenpflicht erforderliche Beziehung zwischen Staat und Individuum. Hingegen besteht eine derartige Beziehung weder bei der Mineralöl- noch bei der Kraftfahrzeugsteuer. Bei beiden Steuern fehlt es bereits an einem Zusammenhang zwischen dem Steuergegenstand und der Inanspruchnahme öffentlicher Straßen. So wird die Kraftfahrzeugsteuer für das Halten und den Betrieb eines Kraftfahrzeuges, nicht jedoch für die Benutzung des Straßennetzes erhoben; die Staffelung der Steuersätze nach der Nutzlast (und damit mittelbar nach der Intensität der Inanspruchnahme der Straßen) dient lediglich der Steuergerechtigkeit. 418 Ebensowenig knüpft die Mineralölsteuer an die Straßennutzung an, mag sich auch im 4,4
Vgl. §3 AO. Das Grundgesetz selbst enthält keinen eigenständigen Gebührenbegriff, vgl. BVerfG, B.v. 6.2.1979 - BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217 ff. (225 f.); B.v. 10.3.1998 - 1 BvR 178/97 -, DVB1 1998, S. 699 ff. (701); BVerwG, U.v. 28.2.1986 - 7 C 22.85 -, BVerwGE 74, 67 ff. (71); U.v. 3.3.1994 - 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188 ff. (200); Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (239). 416 BVerfG, B.v. 12.10.1994 - 1 BvL 19/90 -, BVerfGE 91, 207 ff. (223); B.v. 6.2.1979 - 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217 ff. (226); BVerwG, U.v. 3.3.1994 - 4 C 1.93-, BVerwGE 95, 188 ff. (200); Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 16 ff., 24 ff., 55 ff, 90 ff. Zur Entwicklung des Gebührenbegriffs in Rechtsprechung und Literatur vgl. Vogel, in: Festschrift für Willi Geiger, 1989, S. 518 ff. (521 ff.). 417 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 57; Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 227. 418 So zu Recht Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 24 Rn. 24.1, S. 553. 415
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Treibstoffverbrauch in der Regel der Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme der Straßen widerspiegeln. Auch die Tatsache, daß Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer zum Teil für Zwecke des Straßenbaues gebunden sind, 419 bedeutet nicht, daß der Steuerzahler Anspruch auf kostenlose Nutzung der öffentlichen Straßen hat. Die Einbeziehung der Kraftfahrzeugsteuer in den Steuerverbund zugunsten der kommunalen Baulastträger wie auch die Zweckbindung der Mineralölsteuer für Straßenbau und -Unterhaltung stellen nur finanzpolitische Maßnahmen dar, um die zuständigen staatlichen Stellen mit den für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mitteln auszustatten.420 Allenfalls bei globaler Betrachtung könnte man die Kfz-typischen Steuern aufgrund ihrer teilweise bestehenden Bindung für den Straßenbau als eine Art „Gegenleistung" für die Vorhaltung des Straßennetzes ansehen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer individuell voraussetzungslos, also ohne Anspruch auf Gegenleistung geschuldet werden. 421 Der Autofahrer mag die Heranziehung zu Straßenbenutzungsgebühren neben den bereits erhobenen Kfz-typischen Steuern subjektiv als „Doppelbelastung" empfinden. Gleichwohl handelt es sich hierbei um unterschiedliche, eigenständige Abgaben, denen jeweils eine eigene, voneinander unabhängige Belastungsentscheidung zugrundeliegt. 422 Straßenbenutzungsgebühren und somit auch die Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG können demnach neben und zusätzlich zu Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer erhoben werden.
c) Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG aufgrund regionaler Unterschiede? Damit stellt sich nur noch die Frage, ob es nicht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellt, wenn - wie im FStrPrivFinG vorgesehen - nicht das ge-
419
Zur Zweckbindung von Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer vgl. im Ersten Teil sub Α. III. 1. 420 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 24 Rn. 24.1, S. 553. 421 Vgl. hierzu bereits im Ersten Teil sub Α. III. 1. 422 Das schließt es andererseits nicht aus, daß der Gesetzgeber dem Nebeneinander beider Belastungssysteme insoweit Rechnung trägt, als er, um die Autofahrer finanziell nicht zu überfordem, die Bemessung beider Systeme aufeinander abstimmt und ein Belastungssystem zugunsten des anderen Belastungssystems modifiziert, vgl. hierzu Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 100 f. Insbesondere im Verhältnis zwischen Straßenbenutzungsgebühren und Kraftfahrzeugsteuer ist dies in der Vergangenheit bereits mehrfach geschehen. So ging beispielsweise der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren durch das ABBG eine Senkung der Kraftfahrzeugsteuer für schwere Lkw voraus, siehe dazu Mückenhausen, EuZW 1994, S. 519 ff. (522).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
samte Fernstraßennetz, sondern lediglich einzelne Strecken der Mautpflicht unterworfen werden. Da sich die Auswahl konkreter Projekte auch und in erster Linie nach wirtschaftlichen Kriterien bemißt, 423 das zu erwartende Verkehrsaufkommen und damit die Rentabilität privater Straßenbauvorhaben aber gerade in den bisher verkehrsinfrastrukturell vergleichsweise unterentwickelten neuen Bundesländern hoch sein dürften, ist es nicht ausgeschlossen, daß das FStrPrivFinG vorzugsweise in diesen Gebieten zur Anwendung kommt und die hiesigen Autofahrer gegenüber den Verkehrsteilnehmern in den alten Bundesländern finanziell benachteiligt werden. 424 In der Praxis erweisen sich derartige Befürchtungen indessen als bislang unbegründet: Bei den für eine Realisierung als Betreibermodell vorgeschlagenen bzw. bereits ausgewählten Projekten 425 handelt es sich bei weitem nicht ausschließlich um Straßenbaumaßnahmen in den neuen Bundesländern. Vielmehr wurde bei der Aufstellung der vom Bundesverkehrsministerium im Februar 1997 vorgelegten Vorschlagsliste darauf geachtet, ein regional ausgewogenes Verhältnis herzustellen und möglichst viele Länder zu berücksichtigen. 426 Darüber hinaus dürfte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bereits aufgrund der vermutlich eher geringen Zahl der Straßenbauvorhaben, die künftig im Wege des Betreibermodells errichtet und finanziert werden, ausscheiden. Vor dem Hintergrund, daß angesichts der angespannten Haushaltslage selbst dringende Maßnahmen nicht in absehbarer Zeit realisiert werden können, erschiene eine finanzielle Ungleichbehandlung der Autofahrer in den strukturschwachen Regionen zudem sachlich gerechtfertigt bzw. nicht unverhältnismäßig. 427 4 2 8
423
Vgl. hierzu oben sub II. 2. c). Vgl. die diesbezüglich geäußerten Bedenken im Gesetzgebungsverfahren, hierzu oben sub Β. 425 Vgl. oben in der Einleitung. 426 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage einzelner Abgeordneter, BT-Drs. 13/8257, S. 3 sowie bereits oben in der Einleitung. 427 Zu der in der neueren Rechtsprechung des Ersten Senats des BVerfG verwendeten sog. „Neuen Formel", die - je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen - an die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen unterschiedliche Anforderungen stellt, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen, vgl. Jarass, NJW 1997, S. 2545 ff. 428 Vgl. aber Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 175, der es nicht für zulässig hält, den höheren Ausbaubedarf in den neuen Ländern als Begründung für eine stärkere Belastung der dortigen Verkehrsteilnehmer heranzuziehen. 424
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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2. Die Gebührenerhebung durch Private (§ 2 FStrPrivFinG) Gemäß § 2 S. 1 FStrPrivFinG hat der Private, dem nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Aufgaben zur Ausführung übertragen werden, das Recht zur Erhebung von Mautgebühren. Das Gebührenaufkommen kann der Private für sich vereinnahmen (§ 2 S. 2 FStrPrivFinG).
a) Die rechtliche Konstruktion des § 2 FStrPrivFinG Der Private als Beliehener Welche rechtliche Konstruktion der Übertragung der Gebührenerhebungskompetenz gemäß § 2 FStrPrivFinG zugrundezulegen ist, hängt davon ab, ob es sich bei den zu erhebenden Maut„gebühren" um ein öffentlich-rechtliches oder um ein privatrechtliches Entgelt handelt. Dies ist aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht ohne weiteres ersichtlich. Wenn auch das öffentliche Recht das hauptsächliche Anwendungsfeld der Gebühren ist, so ist die Rechtsfigur der Gebühr weder „begrifflich" noch „kraft Natur der Sache" ein Monopol des öffentlichen Rechts. 429 Nicht nur in der Alltagssprache ist - unabhängig davon, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche oder um eine privatrechtliche Forderung handelt - mit dem Begriff „Gebühr" oftmals lediglich eine Geldleistung gemeint, deren Empfänger seinerseits an den Zahlenden eine Leistung bewirkt. 4 3 0 Selbst der Gesetz- und Verordnungsgeber unterscheidet nicht streng nach öffentlichem und privatem Recht, sondern verwendet den Ausdruck „Gebühr" häufig auch zur Kennzeichnung privatrechtlicher Entgeltleistungen. 431 Im Hinblick auf die gemäß § 2 FStrPrivFinG zu erhebenden Mautgebühren hat sich der Gesetzgeber aber ausdrücklich dahingehend geäußert, daß es sich dabei nicht um privatrechtliche Entgelte, sondern um staatliche Gebühren handele. 432 Da die Mautgebühren somit nach dem Willen des Gesetzgebers öffentlich-rechtliche Forderungen darstellen, bedarf es für deren Erhebung eines Hoheitsaktes. Der Private muß daher mit dem Recht zur Erhebung und Verein-
429
Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 6. Vgl. Wilke, a.a.O., S. 3 ff. 431 Vgl. die Beispiele bei Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 4. 432 Vgl. die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6. Ob es sich bei den gemäß § 2 FStrPrivFinG zu erhebenden Mautgebühren tatsächlich um „echte" öffentlich-rechtliche Gebühren i.S.d. oben dargestellten Gebührendefinition handelt, muß daher an dieser Stelle nicht untersucht werden, vgl. aber im folgenden sub b). 430
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
nahmung der Mautgebühren gesetzlich beliehen werden. Hierfür enthält § 2 FStrPrivFinG die erforderliche Grundlage. 433 Der Private nimmt also gemäß § 2 FStrPrivFinG - als Ausnahme zu § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG - in dem gesetzlich vorgegebenen Umfang (Erhebung und Vereinnahmung der Mautgebühren) hoheitliche Funktionen wahr und fungiert insoweit als Beliehener. 434
b) Die Problematik einer „isolierten" Beleihung des Privaten mit dem Recht zur Gebührenerhebung Fraglich ist allerdings, ob eine ausschließlich auf die Gebührenerhebungskompetenz beschränkte Beleihung des Privaten zulässig ist, wenn nicht gleichzeitig eine Beleihung des Privaten in bezug auf die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten, ihm zur Ausführung übertragenen Aufgaben erfolgt. 435 Zweifel an der Zulässigkeit einer „isolierten" Beleihung mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren ergeben sich insoweit, als die Einräumung der Befugnis zur Gebührenerhebung in der Literatur regelmäßig an eine vorangehende Ausstattung mit hoheitlichen Befugnissen anzuknüpfen scheint. 436 Da Private jeweils nur hinsichtlich einzelner Kompetenzen beliehen werden, folgt das Recht zur Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren nicht automatisch aus der Beleihung mit einer bestimmten Hoheitsaufgabe, sondern bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung, d.h. einer zusätzlichen Beleihung mit der Gebührenerhebungskompetenz. Fehlt es an einer solchen Ermächtigung, liegt die Gebührenhoheit beim Staat. 437 Während aber der Ausschluß eigener Gebührenrechte Privater nicht gegen die Annahme einer Beleihung mit einer Verwaltungsaufgabe spricht, 438 scheint umgekehrt ein Übergang der Gebüh433
Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6. Demgegenüber kann ein Privater, dem lediglich das Recht zur „Einziehung" von Gebühren zukommt, nicht als Beliehener tätig werden, da er nicht wie ein Beliehener im eigenen Namen, sondern im Namen der an sich zuständigen Behörde handelt, vgl. hierzu HessVGH, U.v. 16.6.1977 - V OE 42/74 -, ESVGH 28, 70 ff. (73). 435 Daß der Private hinsichtlich Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung nicht als Beliehener fungiert, wurde bereits dargestellt, vgl. oben sub I. 2. b). 436 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 23 Rn. 59, der betont, der „Beliehene" könne im Rahmen seines Kompetenzbereichs Gebühren erheben. Vgl. auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 10, wonach der „Beliehene" berechtigt sein kann, aufgrund gesetzlicher Vorschriften Gebühren zu erheben. Hermes, BB 1984, S. 96 ff. (99) bezeichnet die Einräumung der Befugnis zur Erhebung von Gebühren als regelmäßig eintretende Folge der „Beleihung". 437 Vgl. OLG Karlsruhe, U.v. 1.12.1982 - 13 U 79/82 -, VB1BW 1983, S. 218; Ruhwedel, BB 1965, S. 1093 ff. (1094). 438 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 109 f. 434
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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renerhebungskompetenz auf Private ohne gleichzeitige Übertragung hoheitlicher Befugnisse im Wege der Beleihung nicht möglich zu sein. 439 Dies mag zunächst erstaunen, da es im Hinblick auf das Rechtsinstitut der Beleihung keineswegs zwingend ist, daß die Befugnis zur Gebührenerhebung nicht ohne den Übergang anderweitiger hoheitlicher Kompetenzen übertragen werden kann. Da das Recht zur Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren mit der Geltendmachung hoheitlicher Befugnisse verbunden und somit tauglicher Gegenstand einer Beleihung ist, erscheint eine „isolierte" Beleihung mit dem Gebührenerhebungsrecht durchaus denkbar. Bedenken gegen eine „isolierte" Übertragung der Gebührenerhebungsbefugnis ergeben sich aber dann, wenn man die Problematik im Zusammenhang mit dem Begriff der öffentlich-rechtlichen Gebühr sieht. 440 Ausgehend von der zuvor dargestellten Definition 441 handelt es sich bei einer Geldleistung nur dann um eine (öffentlich-rechtliche) 442 Gebühr, wenn sie an die Erbringung einer öffentlichen Leistung anknüpft. Es genügt also nicht, daß nur die Gebührenpflicht selbst auf einer Norm des öffentlichen Rechts beruht; darüber hinaus muß auch die durch die Gebühr abgegoltene Staatsleistung in den Formen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Dies wird aus dem Synallagma von Leistung und Gegenleistung hergeleitet, das die Aufsplitterung in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil nicht zuläßt; Leistung und Gegenleistung gründen vielmehr in einem einheitlichen Rechtsverhältnis und teilen die Rechtsnatur des jeweils anderen. 443 Da die Gebühr eine öffentlich-rechtliche Abgabe ist, muß die den Gebührenanspruch auslösende Leistung ebenfalls den Normen des öffentlichen Rechts unterstehen. Wer öffentlich-rechtliche Gebühren fordert, muß demnach den Gebührenpflichtigen gegenüber eine als öffentlich-rechtlich zu qualifizierende Leistung erbringen; eine privatrechtliche Leistung hingegen vermag lediglich einen privatrechtlichen Entgeltanspruch zu begründen. 444
439 Vgl. die zuvor zitierten Aussagen in der Literatur, wo regelmäßig zwischen der Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen und der Beleihung mit der Gebührenerhebungskompetenz differenziert wird. 440 Diesen Zusammenhang stellt auch Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (38) her. 441 Vgl. oben sub l.b). 442 Wenn im folgenden von „Gebühren" die Rede ist, sind - sofern nichts Gegenteiliges gesagt wird - auch ohne ausdrücklichen Zusatz nur die vom öffentlichen Recht erfaßten Gebühren i.S.d. dargestellten Definition gemeint. 443 Vgl. Renck, BayVBl 1967, S. 194 f. (195); ders. BayVBl 1968, S. 91 ff. (93). 444 Vgl. hierzu Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 58 ff. Abweichend von der h.M. vertritt Wilke allerdings die Auffassung, es sei nicht von vornherein ausgeschlossen, daß innerhalb eines Leistungsverhältnisses die eine Leistung auf öffentlichem Recht, die andere Leistung hingegen auf privatem Recht beruhe. Die Verknüpfung einer privatrechtlichen Leistung mit einem öffentlich-rechtlichen Gebührenanspruch entspre-
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Auf die Beleihung umgesetzt bedeutet dies, daß ein Privater, der berechtigt sein soll, öffentlich-rechtliche Gebühren zu erheben, primär mit einer Aufgabe beliehen werden muß, deren Gegenstand die Erbringung öffentlich-rechtlicher Leistungen an die einzelnen Gebührenpflichtigen ist. 445 Für die Beleihungskonstruktion des FStrPrivFinG ergibt sich daraus folgendes: Sieht man die Mautgebühren als Gegenleistung für die Tätigkeiten an, die der Private im Hinblick auf § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG erbringt, so fehlt es an einem öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnis zu den Straßenbenutzern, das erst die öffentlich-rechtliche Gebührenpflicht begründen könnte. Mit den in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten, ihm zur Ausführung übertragenen Aufgaben wird der Private nicht beliehen. Er wird insoweit nicht als Träger öffentlicher Verwaltung, sondern als Privatrechtssubjekt und mit privatrechtlichen Mitteln tätig. Ohne Beleihung können zwischen Straßenbenutzern und privatem Investor jedoch keine öffentlich-rechtlichen, sondern lediglich privatrechtliche Beziehungen entstehen,446 die allenfalls die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts rechtfertigen würden. Der Private ist somit an sich nicht berechtigt, für seine Leistungen ein öffentlich-rechtliches Entgelt zu erheben. 447 Damit ergeben sich nicht nur Zweifel an der Zulässigkeit der Übertragung der Gebührenerhebungskompetenz in § 2 FStrPrivFinG, sondern auch an der Rechtsnatur der vom Gesetzgeber als „staatliche Gebühren" 448 bezeichneten Mautgebühren. Wenn die vom Privaten gemäß § 2 FStrPrivFinG zu erhebenden Mautgebühren an dessen privatrechtliche Leistungen im Zusammenhang mit Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung der mautpflichtigen Straße anknüpfen, ist fragwürdig, ob es sich tatsächlich um „echte" öffentlich-rechtliche
che jedoch - obwohl rechtskonstruktiv denkbar - nicht der üblichen Normsetzungspraxis und sei angesichts der Schwierigkeiten bei der juristischen Bewältigung „gemischter" Rechtsverhältnisse auch nicht ratsam, vgl. ebda., S. 62 ff. Vgl. auch Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151 Fn. 18), nach dessen Auffassung öffentlich-rechtliche Entgelte für privatwirtschaftliche Leistungen im deutschen Recht zumindest „systemwidrig" sind. 445 So Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (38). 446 Vgl. Bettermann, in: Festschrift für Walter Reimers, 1979, S. 415 ff. (417), wonach Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen nur dann öffentlich-rechtlich sind, wenn (mindestens) eine der Parteien mit öffentlicher Gewalt beliehen ist. 447 Vgl. Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (39). Nach Auffassung Schmidts würde allerdings auch eine Beleihung des Privaten mit den Aufgaben des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht genügen, um die Erhebung eines öffentlich-rechtlichen Entgelts zu rechtfertigen: Da die Straßenbaulast dem Straßenbau 1 astträger ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit auferlegt sei und als Pflicht nur gegenüber dem Träger der Straßenaufsicht bestehe, könnten zwischen einem mit Aufgaben der Straßenbaulast Beliehenen und den Straßenbenutzerii keine Rechtsverhältnisse entstehen, die als Grundlage für die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren in Betracht kämen. 448 Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6.
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Gebühren i.S.d. dargestellten Gebührendefinition oder nicht vielmehr um privatrechtliche Entgelte handelt. 449 Zu berücksichtigen ist allerdings, daß die privaten Investoren für die von ihnen auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG erbrachten Leistungen auch kein privatrechtliches Entgelt von den Straßenbenutzern verlangen könnten. Die privat errichteten und finanzierten Straßen sind nämlich keine Privatstraßen, sondern Teil des öffentlichen Straßennetzes. 450 Mit der durch die Widmung eröffneten öffentlichen Zweckbestimmung läßt sich die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts jedoch nicht vereinbaren: Die eigentliche, zugangseröffnende Leistung bei der Bereitstellung einer öffentlichen Straße liegt in der Widmung für den Gemeingebrauch. Das Entgelt für die Benutzung einer öffentlichen Straße knüpft deshalb auch nicht an die Errichtung und Unterhaltung der Straße, sondern an deren Inanspruchnahme durch den Straßenbenutzer an. Die den Entgeltanspruch auslösende Leistung ist die Duldung dieser Inanspruchnahme, die in der Zurverfügungstellung der Straße für den Gemeingebrauch, d.h. im staatlichen Widmungsakt, zum Ausdruck kommt. 451 Aufgrund dieses staatlichen Widmungsaktes ist das der gemeingebräuchlichen Straßenbenutzung zugrundeliegende Rechtsverhältnis stets öffentlich-rechtlicher Natur. Das Entgelt für diese Benutzung kann demnach nur ein öffentlich-rechtliches sein. Die Widmung zur öffentlichen Straße schließt folglich die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts für den Gemeingebrauch aus. 452 Den privaten Betreibern der konzessionierten Streckenabschnitte wäre es also nicht möglich, als Gegenleistung für die von ihnen erbrachten Tätigkeiten ein privatrechtliches Entgelt von den Straßenbenutzern zu erheben. Nicht der Private, sondern die öffentliche Hand würde die die Entgeltpflicht auslösende Leistung erbringen, indem sie die privat erstellten und finanzierten Straßen
449 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ruhwedel, BB 1965, S. 1093 ff. (1094), der das an die Halter von Segelfluggeländen für die Benutzung des Flugplatzes abzuführende Entgelt aufgrund der fehlenden Beleihung des Flughafenhalters mit hoheitlichen Befugnissen nicht als „echte" Gebühr qualifiziert. 450 Vgl. die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. 451 Vgl. bereits oben sub 1. b). 452 Vgl. auch Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 24 Rn. 26, S. 553, wonach aus dem Eigentum am Straßengrundstück abgeleitete privatrechtliche Entgelte für die Ausübung des Gemeingebrauchs mit der durch die Widmung eröffneten öffentlichen Zweckbestimmung nicht zu vereinbaren sind. Nach Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. (160), sind privatrechtliche Entgelte für öffentliche Straßen möglich, wenn diese aus der Zuordnung zu den (zulassungsfreien) öffentlichen Sachen herausgelöst und der Rechtsform einer (zulassungspflichtigen) Anstalt des öffentlichen Rechts unterworfen würden, da das Leistungsverhältnis von Anstalten zu ihren Benutzern sowohl dem öffentlichen Recht unterstehen als auch privatrechtlich ausgestaltet werden kann. Kritisch zur Auffassung öffentlicher Straßen als öffentliche Anstalten Kodal/Krämer, a.a.O., Kap. 5 Rn. 5 ff., S. 141 f.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
durch staatlichen Widmungsakt für den Gemeingebrauch zur Verfügung stellt. 453 Damit offenbart sich aber auch das eigentliche Problem der Beleihungskonstruktion des FStrPrivFinG: Da die Erhebung privatrechtlicher Entgelte für öffentliche Straßen nicht möglich ist und der Gesetzgeber darüber hinaus die gemäß § 2 FStrPrivFinG zu erhebenden Gebühren nicht als privatrechtliche Entgelte, sondern als öffentlich-rechtliche Gebühren ansieht,4 4 knüpfen die Mautgebühren für die privat erstellten und finanzierten Straßen nicht, wie man auf den ersten Blick annehmen könnte, an die (privatrechtlichen) Leistungen des Privaten im Zusammenhang mit den gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG übertragenen Aufgaben, sondern tatsächlich an den hoheitlichen Akt der Widmung an. Mit Übertragung der Gebührenerhebungskompetenz erhält der Private also das Recht zur Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren, ohne jedoch gleichzeitig die den Gebührenanspruch auslösende öffentlich-rechtliche Leistung zu erbringen. Er ist unmittelbarer Gläubiger einer Gebührenforderung, die an die hoheitliche Leistung eines anderen anknüpft. Bedenken gegen eine solche Konstruktion, bei der Gebührengläubiger und Leistender nicht identisch sind, könnten sich aus der den Gebühren eigentümlichen Funktion der speziellen Kostendeckung ergeben. Wie jede andere Abgabe auch, dienen Gebühren dem Zweck der Einnahmeerzielung. Da sie aber gerade deshalb erhoben werden, um speziell die Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung zu decken, sind sie durch eine spezifische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet. 455 Daraus folgt zum einen, daß Gebührenerhebungskompetenz und Ertragshoheit nicht voneinander getrennt werden dürfen. 456 Insoweit ist § 2 FStrPrivFinG nicht zu beanstanden, da dem Privaten sowohl die Erhebung als auch die Vereinnahmung der Mautgebühren zugewiesen werden. Aus dem Prinzip der speziellen Kostendeckung ergibt sich aber auch, daß grundsätzlich nur derjenige, der die gebührenpflichtige Leistung erbringt, erhebungsberechtigt ist. Gebührenerhebungskompetenz und Ertragshoheit folgen der Zuständigkeit für 453
Der Widmungsakt ist aufgrund § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG den zuständigen staatlichen Behörden vorbehalten, vgl. oben sub I. 3. c). 454 Es dürfte im übrigen fraglich sein, ob die Festlegung eines privatrechtlichen Entgelts für die Straßenbenutzung von der Gesetzgebungskompetenz in Art. 74 Nr. 22 GG gedeckt wäre. Unter „Gebühren" i.S.d. Art. 74 Nr. 22 GG sollen nach Auffassung der Literatur nur öffentlich-rechtliche Abgaben zu verstehen sein, vgl. Pestalozza, in: von Mangoldt/Klein/Pestalozza, Grundgesetz, Bd. 8, 3. Aufl. 1996, Art. 74 Rn. 1621; Roßnagel,, ZRP 1995, S. 100 ff. (102). 455 Vgl. BVerfG, B.v. 6.2.1979 - 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217 ff. (226). Zur speziellen Kostendeckung vgl. auch Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 48 ff. 456 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 53; Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 87 ff. (180).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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die Leistung oder den Aufwand, an den die Gebühr anknüpft. 457 Gebührenerträge müssen dem „leistenden" Hoheitsträger zufließen und in dessen Haushalt verfügbar sein, wobei es jedoch nicht erforderlich ist, daß die Leistungen unmittelbar aus dem Gebührenaufkommen finanziert werden; es genügt, daß insgesamt die Finanzmasse vermehrt wird, aus der die öffentlichen Leistungen bestritten werden. 458 Nachdem nicht der Private, sondern die öffentliche Hand die eigentliche, den Gebührenanspruch auslösende hoheitliche Leistung erbringt, müßten die Mautgebühren somit strenggenommen zunächst in den staatlichen Haushalt fließen. Erst im Anschluß daran könnten sie zur Refinanzierung der Bau- und Betriebskosten an den privaten Investor weitergeleitet werden. Auf entsprechende Art und Weise funktioniert auch das für den Bereich der Abwasserbeseitigung in Niedersachsen entwickelte Betreibermodell. 459 Hier werden die in einer Satzung festgelegten Gebühren von der nach wie vor abwasserbeseitigungspflichtigen Kommune erhoben. Diese Gebühren wiederum fließen in das Entgelt ein, das die Kommune dem privaten Anlagenbetreiber für dessen Entsorgungsleistung zu zahlen hat. Dem Privaten kommen die von der öffentlichen Hand vereinnahmten Gebühren also mittelbar über deren Entgeltzahlungen zu.
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gute. In Ausnahmefällen erscheint es jedoch gerechtfertigt, abweichend hiervon auch solche Private, die selbst keine hoheitlichen Leistungen erbringen, mit dem Recht zur unmittelbaren Erhebung und Vereinnahmung öffentlichrechtlicher Gebühren zu beleihen. Gegen eine „isolierte" Beleihung mit Gebührenerhebung und -vereinnahmung dürfte auch im Hinblick auf das spezielle Kostendeckungsprinzip nichts einzuwenden sein, wenn -
der Private die öffentlich-rechtliche Leistung, an die die Gebührenschuld anknüpft, in so weitgehendem Maße vorbereitet und finanziert, daß bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Staat, sondern vielmehr der Private als „Leistender" erscheint,
-
und darüber hinaus zugunsten der Straßenbenutzer sichergestellt ist, daß der Private das Recht zur Gebührenerhebung nicht in mißbräuchlicher Weise ausnützt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Zwar erbringt der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragte Private keine den Gebührenanspruch unmittelbar auslösenden hoheitlichen Leistungen. In457
Kirchhof, a.a.O., S. 180. So Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 53. 459 Zum niedersächsischen Betreibermodell vgl. die Nachweise im Ersten Teil sub Β. II. 1. b) cc) (1). 460 Zur rechtlichen Gestaltung der Beziehungen zwischen privatem Betreiber, Kommune und Anlagenutzem im Rahmen des niedersächsischen Betreibermodells vgl. Schoch, DVB1 1994, S. 1 ff. (10 f.); Rehm, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 93 ff. (105). 458
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
dem er aber die mautpflichtige Straße baut, erhält, betreibt und finanziert, nimmt er alle wesentlichen Aufgaben wahr, die eine Bereitstellung der Straße für den öffentlichen Verkehr im Wege der Widmung überhaupt erst ermöglichen. Der staatliche Widmungsakt hingegen, der den Anknüpfungspunkt für die Mautgebühr bildet, beschränkt sich darauf, die privat errichtete und finanzierte Straße den Straßenbenutzern zur Verfügung zu stellen. Wenn auch die Widmung unerläßliche Voraussetzung für die Eröffnung des Gemeingebrauchs ist, so nimmt sie doch - bezogen auf den Gesamtvorgang der Bereitstellung einer Straße - in wirtschaftlicher Hinsicht gegenüber den Tätigkeiten des privaten Investors lediglich eine untergeordnete Rolle ein. Legt man den Vorgängen somit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde, so stellt sich der den Gebührenanspruch begründende hoheitliche Akt der Widmung gleichsam als eine Leistung des Privaten dar. Aus diesem Grund erscheint es auch im Hinblick auf das gebührenrechtliche Prinzip der speziellen Kostendeckung nicht zwingend erforderlich, daß die Mautgebühren für die Benutzung der privat errichteten und finanzierten Straßen zunächst in den Staatshaushalt fließen. Die den Widmungsakt in umfänglichem Maße vorbereitenden Tätigkeiten des privaten Investors rechtfertigen es vielmehr, daß ihm auch Erhebung und Vereinnahmung der Mautgebühren zugewiesen werden. 461 Für die Zulässigkeit einer direkten Mauterhebung durch den Privaten spricht auch, daß den mautpflichtigen Straßenbenutzern hieraus keine Nachteile entstehen können. Für sie stellt sich die Situation nicht anders dar, als wenn sie die Mautgebühren an die öffentliche Hand abführen müßten. Für privatwirtschaftlich motivierte Willkür bei der Gebührenfestlegung ist kein Platz, da der Private auf die Höhe der Mautgebühren keinen unmittelbaren Einfluß hat (vgl. § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG). 462 Hinzu kommt, daß der gebührenerhebungsberechtigte Private wie jeder andere Beliehene auch 463 der staatlichen Aufsicht unterliegt. Mißbrauchsmöglichkeiten bestehen daher nicht. Die auf die Gebührenerhebungskompetenz beschränkte Beleihung im FStrPrivFinG begegnet somit keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Private Investoren können daher auf der Grundlage des § 2 FStrPrivFinG für die Inanspruchnahme der von ihnen errichteten und finanzierten Straßen direkt bei den Benutzern Mautgebühren erheben. 464
461 Vgl. auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 191 f.; Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 7 Rn. 24. 462 Zur Festlegung der Gebührenhöhe vgl. im folgenden sub 4. 463 Vgl. hierzu oben sub I. 2. a). 464 A.A. Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. (39), der die Beleihungsregelungen des FStrPrivFinG aufgrund des fehlenden Leistungsverhältnisses zwischen Privatem und Straßenbenutzern als „defizitär" empfindet und eventuellen Klagen gegen Gebührenbescheide im Falle einer praktischen Umsetzung des Gesetzes „gute Chancen" einräumt.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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3. Der Gegenstand der Mautgebührenerhebung (§3 Abs. 1 FStrPrivFinG) § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG nennt diejenigen Straßenabschnitte und Bauwerke, fur deren Benutzung mit Kraftfahrzeugen eine Erhebung von Mautgebühren zulässig ist. Die Erhebung von Mautgebühren ist demnach auf Brücken, Tunnels und Gebirgspässe im Zuge von Bundesautobahnen und Bundesstraßen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1) sowie auf mehrstreifige Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr (§ 3 Abs. 1 Nr. 2) beschränkt. Mit der Beschränkung auf die genannten Straßenabschnitte und Bauwerke trägt § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG der Richtlinie 93/89 EWG vom 25.10.1993 465 Rechnung: Gemäß Art. 7 lit. a der Richtlinie 93/89 EWG dürfen Maut- und Benutzungsgebühren nicht gleichzeitig für die Benutzung ein und desselben Streckenabschnittes erhoben werden; nur für die Benutzung von Brücken, Tunneln und Gebirgspässen - die als besonders kostenintensiv gelten 466 - sind parallel zu zeitabhängigen auch streckenabhängige Gebühren zulässig. Da mit Erlaß des ABBG seit 1.1.1995 für die Benutzung der Bundesautobahnen mit Lkw ab 12 t zulässigem Gesamtgewicht zeitbezogene Benutzungsgebühren i.S.d. Richtlinie 93/89 EWG erhoben werden, diese Fahrzeuge aber nicht von einer Bemautung nach dem FStrPrivFinG ausgenommen werden sollten, konnten in § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG im Verlauf von Bundesautobahnen lediglich Brücken, Tunnels und Gebirgspässe einer Mautpflicht unterworfen werden. Die Beschränkung der Mauterhebung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 FStrPrivFinG auf mehrstreifige Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen folgt aus Art. 7 lit. d der Richtlinie 93/89 EWG, wonach Straßenbenutzungsgebühren nur für die Benutzung von Autobahnen oder autobahnähnlich ausgebauten Straßen 467 mit mindestens zwei Richtungsfahrbahnen erhoben werden dürfen. 468 Nur diejenigen Projekte, die zu den in § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG genannten Straßenabschnitten oder Bauwerken zählen, können somit als Betreibermodell realisiert werden. Eine privatfinanzierte Errichtung von Bundesautobahnen (es sei denn, es handelt sich um ein Bauwerk i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 FStrPrivFinG)
465
AB1EG Nr. L 279/32. Zum Inhalt der Richtlinie vgl. im Ersten Teil sub Α. III. 2. Vgl. die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. 467 Autobahnähnlich ausgebaut ist eine Bundesstraße dann, wenn sie an ihrem Ausbauzustand gemessen den Bundesautobahnen entspricht. Sie erfüllt also die in § 1 Abs. 3 FStrG enthaltenen technischen Anforderungen an Bundesautobahnen, ohne jedoch als Bundesautobahn gewidmet zu sein; vgl. Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 24. 468 Vgl. hierzu die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. 466
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
und nicht autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraßen kommt allenfalls auf der Grundlage des - finanzverfassungsrechtlich bedenklichen 469 - Konzessionsmodells in Betracht. Da § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG inhaltlich an § 2 FStrPrivFinG anknüpft, der seinerseits auf § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG verweist, können Mautgebühren lediglich dort erhoben werden, wo ein Privater ein Bauvorhaben durchgeführt und finanziert und das Recht zur Erhebung von Mautgebühren erhalten hat. 4 7 0 Es können also nur privatfinanzierte Straßen einer Mautpflicht unterworfen werden; für die Erhebung von Mautgebühren auf vom Staat errichteten und finanzierten Straßen enthält § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG hingegen keine Rechtsgrundlage. Dies kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß anstelle des Straßenbaulastträgers eine von diesem getragene und beherrschte Gesellschaft des Privatrechts als Investor auftritt. 471 Nach der Gesetzesintention soll vielmehr nur „echten" Privaten die Möglichkeit gegeben werden, in Straßenbauvorhaben zu investieren und die aufgewendeten Kosten über Mautgebühren zu refinanzieren. 4 7 2 Staatliche Zuschüsse zu den Baukosten privatfinanzierter Projekte sind zwar grundsätzlich möglich; 4 7 3 am Gebührenaufkommen darf die öffentliche Hand aber auch in diesen Fällen nicht beteiligt werden. Prinzipiell zulässig ist es hingegen, im Wege des Konzessionsmodells von privaten Investoren errichtete und finanzierte Straßenbauprojekte - vorausgesetzt, sie fallen unter die in § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG genannten Straßen und Bauwerke - in Betreibermodelle umzuwandeln. 474 Betreiber- und Konzessionsmodell unterscheiden sich im wesentlichen nur in der Art und Weise der Refinanzierung des Privaten; im übrigen entspricht die Stellung des Privaten im Rahmen des Konzessionsmodells vom Grundsatz her derjenigen des privaten Investors, dem gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Aufgaben des Straßenbaues „zur Ausführung" übertragen werden. 475 Zu beachten ist lediglich, daß die Umwandlung eines Konzessions- in ein Betreibermodell nicht möglich ist, solange der Private nur - wie dies bei Konzessionsmodellen häufig der Fall ist mit der Errichtung und Finanzierung der Straße betraut ist. Da § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG über § 2 FStrPrivFinG auf § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Bezug 469
Zu den finanzverfassungsrechtlichen Bedenken vgl. im Ersten Teil sub Β. II. 1. b)
bb)(3). 470
So auch die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6. Dabei würde es sich um einen Fall der Organisationsprivatisierung handeln, vgl. hierzu im Ersten Teil sub Β. I. 2. 472 So auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 f f (245 f.). 473 Das Bundesverkehrsministerium plant eine „Anschubfinanzierung" von bis zu 20 % der Baukosten, vgl. Fn. 295. 474 Vgl. Hahn, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, 1994, S. 129 ff. (152). 475 Zum Konzept des Konzessionsmodells vgl. im Ersten Teil sub Β. II. 1. b) bb) (1). 471
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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nimmt, ist es erforderlich, daß dem Privaten zusätzlich auch Erhaltung und Betrieb der umzuwandelnden Strecke übertragen werden. In tatsächlicher Hinsicht hängt die Umwandlung darüber hinaus davon ab, ob der private Investor bereit ist, auf die staatlichen Ratenzahlungen zu verzichten und stattdessen das Refinanzierungsrisiko selbst zu tragen.
4. Die Höhe der Mautgebühren (§ 3 Abs. 2 FStrPrivFinG) Ist die Erhebung von Mautgebühren für die Benutzung der privat errichteten und finanzierten Straßen und Bauwerke als solche grundsätzlich zulässig, so unterliegt allerdings die Festlegung der Gebührenhöhe bestimmten Schranken. Diese Schranken ergeben sich in erster Linie aus § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG; der Gebührenbemessung sind darüber hinaus aber auch verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt.
a) Kriterien der Gebührenbemessung gemäß § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG Einfachgesetzliche Vorgaben zur Höhe der Mautgebühren enthält § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG: Die Mautgebühren richten sich nach den Kosten für Bau, Erhaltung, Betrieb und weiteren Ausbau des jeweiligen Streckenabschnitts (S. 1). In diesem Rahmen müssen sie unter Berücksichtigung von Wegstrecke, Fahrzeugart und zulässigem Gesamtgewicht in angemessenem Verhältnis zu dem durchschnittlichen Vorteil der Benutzung stehen (S. 2). Die Höhe der Mautgebühren kann auch von der Häufigkeit und dem Zeitpunkt der Benutzung abhängig gemacht werden (S. 3).
aa) Geltung des Kostendeckungsprinzips? Zum Aussagegehalt des § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG, der inhaltlich der Regelung in Art. 7 lit. h der Richtlinie 93/89 EWG entspricht, 476 könnte Ausdruck des sog. Kostendekkungsprinzips sein.
476
So die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6. Wörtlich heißt es in der deutschen Übersetzung des Art. 7 lit. h der Richtlinie 93/89 EWG: „Die Mautgebühren orientieren sich an den Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau des betreffenden Straßennetzes." Näher zur Richtlinie 93/89 EWG im Ersten Teil sub Α. III. 2. 12 Susanne Schmitt
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
(1) Inhalt und Formen des Kostendeckungsprinzips Das Kostendeckungsprinzip bemißt die Gebührenhöhe nach den durch die staatliche Leistung verursachten Kosten, wobei es nicht auf eine der Einzelgebühr entsprechende Einzelkostendeckung, sondern auf das gesamte zu erwartende Gebührenaufkommen, bezogen auf die Gesamtsumme der Kosten im Veranschlagungszeitraum, ankommt (sog. generalisierendes Kostendeckungsprinzip). 4 7 7 Das Kostendeckungsprinzip ist weder ein Wesensmerkmal der Gebühr noch ein verfassungsrechtliches Postulat: Die besondere Zweckbestimmung der Gebühr, Einnahmen zu erzielen, um speziell die Kosten der individuell zurechenbaren Leistung ganz oder teilweise zu decken, bleibt auch dann gewahrt, wenn die Gebühren höher angesetzt werden, als dies nach den entstehenden Kosten erforderlich wäre. 4 7 8 Ebensowenig ist es - zumal das Grundgesetz keinen ei479
genständigen Gebührenbegriff enthält - verfassungsrechtlich geboten, die Gebührenhöhe so zu begrenzen, daß die auf die gebührenpflichtige Leistung entfallenden Kosten weder über- noch unterschritten werden. 480 Das Kostendeckungsprinzip beansprucht also keine generelle Geltung; es ist vielmehr nur dann zu beachten, wenn dies vom Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet wird. 4 8 1 Der Gesetzgeber kann das Kostendeckungsprinzip in der Weise einsetzen, daß die Kosten die obere Grenze für die Gebühren bilden (Kostenüberschreitungsverbot); Gewinne dürfen dann nicht erzielt werden. 482 Er kann aber auch 477 Vgl. BVerwG, U.v. 24.3.1961 - VII C 109.60 -, BVerwGE 12, 162 ff. (166); Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 115. 478 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 53. 479 Vgl. oben Fn. 415. Wilke, a.a.O., S. 275, weist zu Recht daraufhin, daß aus diesem Grund jede Begrenzung der Gebührenhöhe, die sich mit dem bloßen Hinweis auf Wesen oder Begriff der Gebühr begnüge, willkürlich sei. 480 BVerfG, B.v. 6.2.1979 - BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217 ff. (226 f.); B.v. 10.3.1998 - 1 BvR 178/97 -, DVB1 1998, S. 699 ff. (701). 481 BVerwG, U.v. 24.3.1961 - VII C 109.60 -, BVerwGE 12, 162 ff. (167); U.v. 8.12.1961 - VII C 2.61 -, BVerwGE 13, 214 ff. (222 f.); B.v. 7.2.1989 - 8 Β 129.88 -, KStZ 1989, S. 137 f. (137); Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 292; Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 100; Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (252). A.A. Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 110; WoljflBachof Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl. 1995, § 42 Rn. 25. 482 Das Kostenüberschreitungsverbot verbietet es nur, die Gebühr zum Zwecke finanziellen Ertrags einzusetzen; es verhindert dagegen nicht die unbeabsichtigte Erlangung von Überschüssen, die auf Prognosefehlem und -abweichungen bei der Gebührenkalkulation zurückzuführen sind, vgl. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 99; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 298.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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eine untere Grenze errichten, indem er festlegt, daß mindestens die Kosten der gebührenpflichtigen Leistung eingebracht werden (Kostendeckungsgebot). Denkbar ist auch eine Kumulation von Kostenüberschreitungsverbot und Kostendeckungsgebot; in diesem Fall muß die Kostengrenze eingehalten werden, ohne daß ein Überschuß erzielt werden darf. 483 Eine strikte Bindung der Gebührenhöhe an die Leistungskosten ist allerdings eher selten; in den meisten Gebührengesetzen wird das Kostendeckungsprinzip in Form von Sollvorschriften in seiner unbedingten Geltung abgeschwächt.484
(2) Konkrete Einordnung des § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG Damit stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang sich § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG für die Geltung des Kostendeckungsprinzips ausspricht. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob und inwieweit es dem privaten Investor möglich ist, über die Mautgebühren nicht nur die ihm entstandenen Kosten zu decken, sondern darüber hinaus auch einen Gewinn zu erzielen. Zunächst ist vom Wortlaut der Vorschrift auszugehen. Allerdings läßt sich der Regelung in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG, wonach sich die Mautgebühren nach den Bau-, Unterhaltungs- und Betriebskosten „richten", weder ein eindeutiges Kostendeckungsgebot noch ein ausdrückliches Kostenüberschreitungsverbot entnehmen. Eine explizite Anordnung, die Gebührensätze so hoch zu bemessen, daß sie zumindest die Investitionskosten des privaten Betreibers decken, fehlt ebenso wie die Anweisung, daß die Mautgebühren diese Kosten nicht übersteigen dürften. § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG ließe sich daher auch dahingehend verstehen, daß die Kosten des privaten Investors zwar als „Richtschnur" bei der Gebührenbemessung heranzuziehen sind, die Gebühren aber durchaus auch so bemessen werden dürfen, daß der zu erwartende Ertrag hinter diesen Kosten zurückbleibt oder diese Kosten übersteigt. In diesem Fall wäre es dem Gebührengesetzgeber lediglich verwehrt, die Kosten völlig unbeachtet zu lassen und Gebühren festzusetzen, deren zu erwartendes Gesamtaufkommen entweder zu weit unter oder zu weit über den veranschlagten Gesamtkosten liegt. 485
483 Wilke, a.a.O., S. 292; vgl. auch Clausen, Das gebührenrechtliche Kostendekkungsprinzip, 1978, S. 4, 38. 484 Vgl. die Beispiele bei Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 293; Clausen, Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip, 1978, S. 23 ff., 39 ff. 485 Ähnlich Wilkes Interpretation des ebenfalls nicht eindeutigen § 4 Abs. 2 PrVerwGebG, wonach die „Gebühren ... unter Berücksichtigung der Kosten des betreffenden Verwaltungszweiges festgesetzt werden" sollen, a.a.O., S. 293. Anders hingegen BVerwG, U.v. 24.3.1961 - VII C 109.60 -, BVerwGE 12, 162 ff. (165), das dem § 4
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Da der Wortlaut fur die Frage nach der Geltung des Kostendeckungsprinzips nichts hergibt, ist nunmehr zu prüfen, ob sich aus Sinn und Zweck des FStrPrivFinG herleiten läßt, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber die Gebührenbemessung an die Investitionskosten des privaten Betreibers binden wollte. 4 8 6 Das FStrPrivFinG bezweckt, bestimmte Straßenbauvorhaben, die auf absehbare Zeit mit Haushaltsmitteln ansonsten nicht zu realisieren wären, mit Hilfe privaten Kapitals früher zu verwirklichen. Zur Refinanzierung der getätigten Investitionen sollen den privaten Geldgebern die zu erhebenden Mautgebühren zur Verfugung stehen. 487 Ein privater Investor wird aber nur dann bereit sein, ein Straßenbauprojekt zu errichten und vorzufinanzieren, wenn er die Möglichkeit hat, -
über das Gebührenaufkommen sämtliche der entstandenen Kosten zu decken und
-
darüber hinaus auch einen Gewinn zu erzielen.
Mit diesen Zielen läßt sich ein Kostenüberschreitungsverbot nicht vereinbaren: Kein wirtschaftlich denkender Unternehmer wäre an der Vorfinanzierung eines Straßenbauprojekts interessiert, wenn es ihm von vornherein verwehrt 488
wäre, mit den Mautgebühren Überschüsse zu erwirtschaften. Die Verankerung eines Kostenüberschreitungsverbots würde sich folglich negativ auf die praktische Umsetzung des FStrPrivFinG auswirken. Dies kann der Gesetzgeber, dem an einer raschen Realisierung dringlicher Straßenbauvorhaben durch Private gelegen ist, nicht gewollt haben. Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention kann der Regelung in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG daher kein generelles Kostenüberschreitungsverbot entnommen werden. Die Vorschrift ist vielmehr dahingehend auszulegen, daß die Mautgebühren so hoch bemessen werden dürfen, daß der Private nicht nur seine Kosten decken, sondern auch Gewinn erwirtschaften kann. Allerdings hat sich dieser Gewinn in einem angemessenen Rahmen zu halten, da die Kosten gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG zwar keine strikte Obergrenze, wohl aber eine „Richtschnur" bei der Gebührenbemessung darstellen. Demnach ist es nicht zulässig, bei der Festlegung der Gebührenhöhe einen unverhältnismäßig hohen und nicht mehr ver-
Abs. 2 PrVerwGebG ohne nähere Begründung ein Kostenüberschreitungsverbot entnommen hat. 486 Zur Berücksichtigung von Gesetzeszweck und Regelungsabsicht siehe Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 328 ff. 487 Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 1, 5. 488 Vgl. auch Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. (160), der die Möglichkeit einer Gewinnerzielung über Straßenbenutzungsgebühren als unerläßliche Voraussetzung fur die Übernahme einer Sonderbaulast durch private Dritte ansieht.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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tretbaren Gewinnzuschlag einzukalkulieren. 489 Welche Gewinnspanne im konkreten Fall als „vertretbar" oder „angemessen" anzusehen ist, wird im wesentlichen von den Risiken abhängen, die der Private nach den vertraglichen Verein490
barungen zu tragen hat. Während also der objektive Gesetzessinn gegen die Normierung eines Kostenüberschreitungsverbots in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG spricht, ist die Geltung eines Kostendeckungsgebots mit der Intention des Gesetzes nicht nur zu vereinbaren, sondern aus der Sicht potentieller privater Investoren geradezu zwingend. Dem privaten Betreiber stehen außer den gemäß § 2 FStrPrivFinG zu erhebenden Mautgebühren keine anderen Einnahmen zur Verfugung; er ist daher darauf angewiesen, daß die Gebührensätze mindestens so hoch bemessen werden, daß das zu erwartende Gebührenaufkommen die veranschlagten Kosten deckt. Im Hinblick auf die Zielsetzung des FStrPrivFinG, die Investitionen des Privaten über das Gebührenaufkommen zu refinanzieren, muß die Regelung in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG als Kostendeckungsgebot verstanden werden.
(3) Wirtschaftliche Risiken trotz Kostendeckungsgebots Freilich ist trotz des Kostendeckungsgebots in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG nicht gewährleistet, daß die Gebührenerträge die aufgewendeten Kosten nach Ablauf der vereinbarten Konzessionszeit ausgeglichen haben werden. Vielmehr beruht der im Rahmen des generalisierenden Kostendeckungsprinzips vorzunehmende Vergleich zwischen Gesamtkosten und Gebührenaufkommen auf bloßen Prognosen; 491 Fehleinschätzungen hinsichtlich künftiger Kosten und voraussichtlich zu erwartender Einnahmen sind daher nicht ausgeschlossen. So werden im Zeitpunkt des Erlasses der Mautgebühren Verordnung (vgl. § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG) - d.h. spätestens bei Inbetriebnahme der Straße 492 - allenfalls die Baukosten endgültig feststehen, während die Kosten für Erhaltung,
489 So i.E. auch Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1158); ders ./Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (369). 490 Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (369 f.). Zur Risikoverteilung zwischen Straßenbaulastträger und Privatem vgl. oben sub II. 3. b). 491 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 298. Das Kostendeckungsprinzip wird aus diesem Grund auch als „Veranschlagungsmaxime" bezeichnet, vgl. BVerwG, U.v. 8.12.1961 - VII C 2.61 -, BVerwGE 13, 214 ff. (223); BayVGH, U.v. 6.6.1984-Nr. 4 Β 81 A.2310-, BayVBl 1985, S. 17 ff. (19). 492 Zum Zeitpunkt des Erlasses der Mautgebührenverordnung vgl. im folgenden sub IV. 2.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Betrieb und weiteren Ausbau der Strecke nur geschätzt werden können. 493 Ein noch größeres wirtschaftliches Risiko trägt der private Investor, wenn vertraglich vereinbart wurde, daß bei der Gebührenbemessung nicht die tatsächlichen, sondern nur die in der Ausschreibung veranschlagten Baukosten in Ansatz zu bringen sind; 494 Kostensteigerungen während der Bauphase blieben dann unberücksichtigt. Was die Prognosen hinsichtlich des zu erwartenden Gebührenaufkommens angeht, so muß einkalkuliert werden, daß ein Teil der Autofahrer in Anbetracht der Gebührenforderungen auf gebührenfreie Straßen ausweichen wird. Wie hoch die voraussichtliche Nutzerfrequenz und der potentielle Abwanderungseffekt sein werden, läßt sich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Allerdings können für den Fall, daß sich die Einschätzungen hinsichtlich der künftigen Kosten und des voraussichtlichen Verkehrsaufkommens später als unrichtig erweisen, entsprechende vertragliche Vereinbarungen getroffen werden (z.B. Option auf Verlängerung des Konzessionsvertrages, Zustimmung zu einer Gebührenerhöhung). 495
bb) Der Kostenbegriff
in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG
Das eben dargestellte - je nach Ausgestaltung des Konzessionsvertrages mehr oder weniger hohe - wirtschaftliche Risiko des Privaten könnte bei der Gebührenbemessung in Form eines „Risikozuschlages" berücksichtigt werden. 496 Fraglich ist allerdings, ob ein solcher Risikozuschlag im Hinblick auf § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG zulässig wäre. Entscheidend bei der Beantwortung dieser Frage ist, ob das in Geld bewertete Risiko des privaten Betreibers als sog. Wagniskosten zu den gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG ansatzfähigen Kosten zählt; denn jeder über die Kosten hinausgehende Ertrag ist als Gewinn zu qualifizieren, der jedoch gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG nur in einem gewissen Rahmen zulässig ist. Aber auch aufgrund des in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG normierten Kostendeckungsgebots muß geklärt werden, inwieweit das unternehmerische Risiko des privaten Investors zu den ansatzfähigen Kosten gehört.
493
Vgl. auch Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6, wonach eine Festlegung der Mautgebühr erst dann möglich ist, wenn zumindest die Kosten des zu verwirklichenden Bauvorhabens feststehen. 494 Auf diese Weise ließe sich verhindern, daß der Private die Baukosten bei der Ausschreibung zu niedrig kalkuliert, um als „günstigster" Anbieter den Zuschlag zu erhalten. 495 Zu diesen Möglichkeiten vgl. oben sub II. 3. b) bb). 496 Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1156).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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Einen einheitlichen Kostenbegriff im Gebührenrecht gibt es nicht. 497 In den gebührenrechtlichen Diskussionen und in den normativen Gebührenregelungen sind zwei Begriffe gebräuchlich: der ältere, im Laufe der Zeit immer mehr in den Hintergrund gedrängte finanzwissenschaftliche Kostenbegriff und der neuere betriebswirtschaftliche Kostenbegriff. 498 Während sich die Kosten beim finanzwissenschaftlichen Kostenbegriff nach den tatsächlich erfolgten Auszahlungen innerhalb eines bestimmten Berechnungszeitraums bemessen, stellt der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff nicht auf Auszahlungen und tatsächlichen Kapitalfluß ab; er knüpft vielmehr an den Wertverzehr bzw. Verbrauch von wirtschaftlichen Gütern oder geleisteten Diensten einschließlich von Kapitalnutzungen innerhalb einer bestimmten Rechnungsperiode an, wobei die Werteinbuße dem Zweck der Leistungserstellung dienen muß 4 9 9 Die Kosten beschränken sich damit nicht auf die innerhalb eines bestimmten Bewirtschaftungszeitraums anfallenden Ausgaben, sondern umfassen auch kalkulatorische Abschreibungen nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer sowie eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. 500 Als lediglich kalkulatorische Kosten sind die Wagniskosten nur nach dem betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff berücksichtigungsfähig. 501 Damit stellt sich die Frage, welcher der beiden Kostenbegriffe der Regelung in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG zugrundeliegt. Der Wortlaut der Vorschrift läßt insoweit keine Schlüsse zu, da lediglich pauschal von „Kosten" die Rede ist und Hinweise auf die Art der Kostenermittlung - wie sie in den Kommunalab-
497 Vgl. BVerwG, B.v. 19.9.1983 - 8 Β 117.82 -, KStZ 1984, S. 11 f. (11); Dahmen, KStZ 1994, S. 21 ff. (21). 498 Zu diesen Begriffen vgl. - jeweils mit weiteren Nachweisen - Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 276 f.; Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 103 ff; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 117 ff. 499 Vgl. Rogosch, a.a.O., S. 118; Dahmen, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand der Bearb.: 1995, Teil III, § 6 Rn. 89. 500 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 277; Kirchhof Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 105; Bauernfeind/Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1979, § 6 Rn. 18, S. 148 f. Hingegen gelten Abschreibungen und Eigenkapitalverzinsungen nach dem finanzwissenschaftlichen Kostenbegriff bereits als Gewinn, vgl. Kirchhof a.a.O., S. 99. Zur Einbeziehung von Eigenkapitalzinsen vgl. auch BVerwG, B.v. 19.9.1983 - 8 Β 117.82 -, KStZ 1984, S. 11 f. 501 Die Einrechnung einer in Geld bewerteten Risikoabdeckung ist allerdings dann nicht gestattet, wenn das wirtschaftliche Risiko aufgrund einer rechtlichen Sonderstellung der öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen oder gemindert ist, wie beispielsweise bei einer Gewährleistung der Leistungsabnahme wegen eines Anschluß- und Benutzungszwangs oder eines öffentlich-rechtlichen Monopols, vgl. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 110.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
gabengesetzen in den meisten Ländern inzwischen üblich sind 502 - fehlen. 503 Klar ist nur, daß mit dem Straßenbauvorhaben nicht zusammenhängende Kosten nicht einbezogen werden dürfen. 504 Man könnte aus diesem Grund zu der Auffassung gelangen, der Gesetzgeber habe dem Verordnungsgeber insoweit keine Vorgaben machen wollen, so daß bei der Gebührenbemessung sowohl der finanzwissenschaftliche als auch der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff herangezogen werden kann. 505 Zu berücksichtigen ist jedoch, daß es sich um die Gebührenerhebung durch einen beliehenen Privaten handelt, der seine Kosten stets nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen in Ansatz bringen wird. 5 0 6 Der finanzwissenschaftliche Kostenbegriff, für den die im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben maßgebend sind, wird den Bedürfnissen der Privatwirtschaft nicht gerecht. Insbesondere dem wirtschaftlichen Risiko, das der private Investor bei einer Vorfinanzierung auf der Grundlage des FStrPrivFinG trägt, kann nur dann Rechnung getragen werden, wenn vom betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff ausgegangen wird. Die gesetzgeberische Intention, mit dem FStrPrivFinG die rechtliche Grundlage für eine zügigere Realisierung dringlicher Straßenbauprojekte zu schaffen, legt es also nahe, den in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG verwendeten Kostenbegriff i.S.d. betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs zu interpretieren. Im übrigen spricht auch vom Standpunkt der Gebührengerechtigkeit alles für den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff. 507 Über die Abschreibung können Investitionen anteilmäßig auf mehrere Jahre verteilt und damit die mit der Leistungserbringung verbundenen Belastungen des Privaten möglichst gleichmäßig und leistungsperiodengerecht auf die Straßenbenutzer umgelegt werden. 508 Der zeitlich unterschiedlich anfallende Investitionsaufwand wird auf 502 So etwa § 9 Abs. 2 S. 1 KAG BW: „die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten". Vgl. auch Art. 8 Abs. 2 BayKAG; § 6 Abs. 2 BbgKAG; § 10 Abs. 2 HessKAG; § 6 Abs. 2 KAG M-V; § 5 Abs. 2 NiedersKAG; § 6 Abs. 2 KAG NW; § 6 Abs. 2 SaarlKÀG. 503 Für eine Präzisierung des jeweils geltenden Kostenbegriffs in der Gebührenpraxis Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 295. 504 Vgl. Reidt, NVwZ 1996, 1156 ff. (1158). 505 Vgl. Raecke, Das Kostendeckungsprinzip, 1971, S. 35, der bei fehlendem Hinweis auf einen der Kostenbegriffe die Kostenermittlung in das Ermessen der Verwaltung stellt. Ähnlich Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 103 Fn. 122, der allerdings anmerkt, ein so unbestimmtes Kostendeckungsprinzip könne verfassungswidrig sein. 506 Vgl. hierzu Leisner, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 730 ff. (736). 507 Raecke, Das Kostendeckungsprinzip, 1971, S. 37; vgl. auch Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 106. 508 Vgl. Dahmen, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand der Bearb.: 1995, Teil III, §6 Rn. 91.
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diese Weise gleichmäßig auf die Nutzungsdauer verteilt. 509 Aufgrund dessen geht auch in den meisten Ländern die Tendenz dahin, im Bereich der kommunalen Benutzungsgebühren den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff zur Anwendung zu bringen. 510 Da § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG somit vom betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff ausgeht, kann das wirtschaftliche Risiko des privaten Betreibers bei der Gebührenbemessung berücksichtigt und als Wagniskosten in Ansatz gebracht werden. Was die übrigen, nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfahigen Kosten angeht, wird man auch die Einzelheiten des Konzessionsvertrages zu berücksichtigen haben, 511 zumal es verschiedene anerkannte betriebswirtschaftliche Methoden der Kostenermittlung gibt. 5 1 2
cc) Das Äquivalenzprinzip
- § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG
Während die Auslegung des § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG einige Schwierigkeiten bereitete, ist die Regelung in § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG weitgehend unproblematisch: § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG trägt dem sog. Äquivalenzprinzip Rechnung. 513 Da das Äquivalenzprinzip somit bereits einfachgesetzlich gilt, kann es dahinstehen, ob die in Rechtsprechung 514 und Literatur 515 herrschende Auffassung zutreffend ist, wonach das Äquivalenzprinzip die gebührenrechtliche Ausfor-
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Raecke, Das Kostendeckungsprinzip, 1971, S. 37; vgl. auch Bauernfeind/Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1979, § 6 Rn. 17, S. 148. 510 Vgl. etwa § 9 Abs. 2 S. 1 KAG BW; Art. 8 Abs. 2 S. 1 BayKAG; § 6 Abs. 2 S. 1 KAG M-V; § 6 Abs. 2 S. 1 KAG RP; § 5 Abs. 2 S. 1 KAG LSA. 511 Daß diese bei der Gebührenbemessung eine Rolle spielen können, betont auch Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1156). 512 Vgl. hierzu OVG NRW, U.v. 5.8.1994 - 9 A 1248/92 -, KStZ 1994, S. 213 f.; Dahmen,, KStZ 1994, S. 21 ff. 513 So zutreffend Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1158); ders. /Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (370). 514 Vgl. BVerfG, B.v. 7.2.1991 - 2 BvL 24/84 -, BVerfGE 83, 363 ff. (392); BVerwG, U.v. 14.4.1967 - IV C 179.65 -, BVerwGE 26, 305 ff. (309); U.v. 16.9.1981 8 C 48/81 -, NVwZ 1982, S. 622 ff. (623 f.); B.v. 19.9.1983 - 8 Β 117.82 -, KStZ 1984, S. 11 f. (12); U.v. 15.7.1988 - 7 C 5/87 -, BVerwGE 80, 36 ff. (39). 515 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl. 1994, § 42 Rn. 24; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 63, 75 m.w.N.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
mung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darstellt 5 1 6 und deshalb als Gebührenbemessungsregel zwingend zu beachten ist. 5 1 7 Im Gegensatz zum Kostendeckungsprinzip bezieht sich das Äquivalenzprinzip auf die Gebührenbemessung im Einzelfall 518 und fordert, zwischen Gebühr und Gegenleistung müsse ein angemessenes Verhältnis bestehen („positive" Variante des Äquivalenzprinzips) 519 bzw. dürfe kein Mißverhältnis bestehen („negative" Variante des Äquivalenzprinzips). 520 In § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG hat der Gesetzgeber das Äquivalenzprinzip mit einem positiven Inhalt versehen. Auch wenn man der Vorschrift aufgrund ihrer positiven Formulierung das Gebot entnehmen könnte, daß bei jeder einzelnen Gebührenfestsetzung auf ein angemessenes Verhältnis zwischen Gebühr und Gegenleistung zu achten sei, 5 2 1 besteht im Ergebnis kein inhaltlicher Unterschied zu dem negativen - eindeutig als Mißbrauchsverbot zu verstehenden Äquivalenzprinzip: Trotz der sprachlichen Abweichung sind positive und negative Formulierung des Äquivalenzprinzips nach der in Rechtsprechung und 522
Literatur vertretenen Auffassung inhaltsgleich; hier wie dort ist eine Gebühr erst dann rechtswidrig, wenn das Äquivalenzprinzip „gröblich verletzt" ist, d.h. wenn zwischen Gebühr und öffentlicher Leistung ein grobes Mißverhältnis besteht. 523 Nicht anders ist daher die positive Regelung des Äquivalenzprinzips in 516 Nach teilweise vertretener Auffassung wird das Äquivalenzprinzip auch aus dem Wesen der Gebühr oder aus Gewohnheitsrecht hergeleitet, vgl. die Nachweise bei Rogosch, a.a.O., S. 65 ff. 517 Für eine Geltung des Äquivalenzprinzips nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Normierung hingegen Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (252 f.); Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 81. 518 BVerwG, U. v. 14.4.1967 - IV C 179.65 -, BVerwGE 26, 305 ff. (309 f.); Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl. 1994, § 42 Rn. 24; Kirchhof Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 79. 519 BVerwG, U.v. 13.10.1955 - 1 C 5.55 -, BVerwGE 2, 246 ff. (249); U.v. 27.6.1957 - II A 13.55 -, BVerwGE 5, 136 ff. (141); U.v. 15.3.1968 - VII C 189.66 -, BVerwGE 29, 214 ff. (215). 520 BVerfG, B.v. 11.10.1966 - 2 BvR 179/64 u.a. -, BVerfGE 20, 257 ff. (270); B.v. 24.2.1970 - 2 BvL 12/69 u.a. -, BVerfGE 28, 66 ff. (88); B.v. 7.2.1991 - 2 BvL 24/84 -, BVerfGE 83, 363 ff. (392); seit BVerwG, U.v. 14.4.1967 - IV C 179.65 -, BVerwGE 26, 305 ff. (308 f.) benutzt auch das BVerwG die negative Formel in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur U.v. 16.9.1981 - 8 C 48/81 -, NVwZ 1982, S. 622 ff. (623). 521 Gern, DÖV 1984, S. 1164 ff. (1168) leitet aus einem vom Gesetzgeber positiv formulierten Äquivalenzprinzip in der Tat eine um jeden Preis zu beachtende Ausgewogenheit zwischen Gebühr und Gegenleistung her. 522 BVerwG, U.v. 14.4.1967 - IV C 179.65 -, BVerwGE 26, 305 ff. (308); Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 253 f.; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 77. 523 Vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1967 - IV C 179.65 -, BVerwGE 26, 305 ff. (308 f.); U.v. 16.9.198.1 - 8 C 48/81 -, NVwZ 1982, S. 622 ff. (624); B.v. 25.3.1985 - 8 Β
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG zu verstehen, zumal aus der Formulierung nicht hervorgeht, daß der Gesetzgeber ein über den in Rechtsprechung und Literatur gebräuchlichen Äquivalenzgrundsatz hinausgehendes Prinzip habe verankern wollen. 524 Für den von der Mautgebührenpflicht betroffenen Bürger macht es demnach keinen Unterschied, ob dem Äquivalenzprinzip im FStrPrivFinG eine positive oder eine negative Fassung gegeben wurde; die Mautgebühr verstößt erst dann gegen § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG, wenn Gebühr und „durchschnittlicher Vorteil der Benutzung" in einem groben Mißverhältnis zueinander stehen. Das in § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG normierte Äquivalenzprinzip wird präzisiert durch die Nennung der Bewertungsmaßstäbe, anhand derer der „durchschnittliche Vorteil der Benutzung" zu ermitteln ist. Zu berücksichtigen sind danach Wegstrecke, Fahrzeugart und zulässiges Gesamtgewicht; allesamt geeignete objektive Kriterien, um Art und Umfang der Inanspruchnahme der Straße durch den Gebührenschuldner zu bestimmen und die Höhe der jeweiligen Gebühr leistungs- bzw. vorteilsorientiert auszugestalten.525 Mit den in § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG genannten Bemessungskriterien hat der Gesetzgeber allerdings keinen reinen Wirklichkeitsmaßstab gewählt. Zwar können streckenbezogene Gebühren, die auf die zurückgelegte Wegstrecke abstellen, die tatsächliche Inanspruchnahme der Straße exakter erfassen als zeitabhängige Benutzungsgebühren, bei denen die tatsächliche Fahrleistung unberücksichtigt bleibt. Dementsprechend handelt es sich zumindest insoweit um eine Gebührenbemessung nach Wirklichkeitsmaßstäben. 526 5 2 7 Neben der km-
11.84 -, KStZ 1985, S. 129 ff. (129); VGH Baden-Württemberg, B.v. 7.5.1984 - 2 S 2877/83 -, ESVGH 34, 274 ff. (278); Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 253; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 77. 524 Eine engere Regelung des Äquivalenzprinzips hatte das OVG Münster dem KAG des Landes Nordrhein-Westfalen in seinem U.v. 14.5.1969 - II A 687/67 -, KStZ 1969, S. 160 ff (163) entnommen: Nach Auffassung des OVG verlangte die dortige Regelung nicht nur ein angemessenes Verhältnis zwischen Leistung und Gebühr, sondern sogar deren Gleichgewicht (Gleichgewichtsprinzip). Dieser Interpretation wurde allerdings bereits fünf Monate nach Urteilserlaß der Boden entzogen, indem man ein neues KAG verabschiedete, das lediglich ein „offensichtliches Mißverhältnis" zwischen Leistung und Gebühr verbot, vgl. hierzu Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 78 f. 525 Im Rahmen des Äquivalenzprinzips genügt eine Durchschnittsschätzung nach objektiven Kriterien, vgl. Leisner, Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 730 ff. (741 f.). 526 Vgl. Jung, Probleme einer zieladäquaten Erhebung von Straßenbenutzungsabgaben, 1971, S. 152. 527 Trotz des grundsätzlichen Vorranges eines Wirklichkeitsmaßstabes ist die Erhebung der nach Wahrscheinlichkeitsmaßstäben bemessenen Autobahnbenutzungsgebühr für schwere Lastkraftwagen nach dem ABBG nicht unzulässig, solange es an geeigneten technikgestützten Verfahren zur Erfassung tatsächlicher Fahrleistungen fehlt, vgl. Sei-
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG Fahrstrecke finden aber auch Fahrzeugart und zulässiges Gesamtgewicht des Fahrzeuges Berücksichtigung; auf diese Weise wird dem Umstand Rechnung getragen, daß größere Fahrzeuge mehr Platz beanspruchen und mit steigendem Gesamtgewicht die Abnutzung der Straße zunimmt. Beide Kriterien können den Umfang der tatsächlichen Straßennutzung jedoch nur ungefähr widerspiegeln. Diesbezüglich handelt es sich somit lediglich um Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe.528
dd) Mautgebühren als Lenkungsgebühren? Aufgrund des § 3 Abs. 2 S. 3 FStrPrivFinG, wonach die Höhe der Mautgebühren auch von der Häufigkeit und dem Zeitpunkt der Benutzung abhängig gemacht werden kann, ist es nicht nur möglich, geeignete Rabattsysteme wie Tagespendler-, Monats- oder Jahresabonnements einzuführen, sondern auch die Gebührentarife tages- oder tageszeitabhängig zu staffeln. Mittels einer zeitabhängigen Gebührenstaffelung läßt sich das Verkehrsaufkommen positiv beeinflussen, indem über höhere Gebühren zu Stoßzeiten (z.B. Berufs-, Hauptreiseverkehrszeit) bzw. niedrigere Gebühren außerhalb der Stoßzeiten (z.B. an Sonn- und Feiertage, nachts) Belastungsspitzen entzerrt und die vorhandene Infrastruktur besser ausgelastet wird, was letztlich auch im Sinne des privaten Betreibers ist. Über § 3 Abs. 2 S. 3 FStrPrivFinG dürfen die Mautgebühren demnach nicht nur und ausschließlich zum Zwecke der Einnahmeerzielung, sondern darüber hinaus auch zur Verfolgung eines Nebenzwecks - nämlich zur Steuerung des Verkehrsaufkommens - eingesetzt werden. 529 Insoweit kommt den Mautgebühren also auch die Funktion von „Lenkungsgebühren" zu. Unter der Voraussetzung, daß sich die Gebührenhöhe in den Grenzen des Äquivalenzprinzips und des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes hält, ist die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Lenkungsgebühren prinzipiell anerkannt. 530 Weder dem Begriff der Gebühr noch dem Verfassungsrecht selbst läßt
mer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 102. 528 Allgemein zu Wirklichkeits- und Wahrscheinlichkeitsmaßstab Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 210 ff; Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 153 ff. 529 Dies übersieht Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1158 Fn. 41), der lediglich auf § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG abstellt und es nicht für zulässig erachtet, über eine Mautgebührenerhebung das Verkehrsaufkommen zu steuern. 530 Vgl. BVerfG, B.v. 12.2.1992 - 1 BvL 1/89 -, BVerfGE 85, 337 ff. (346 f.); B.v. 6.2.1972 - BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217 ff. (226 f.); VGH Baden-Württemberg, B.v. 24.10.1996 - 2 S 3284/95 -, BWGZ 1997, S. 539 f. (540). Zur prinzipiellen Verfas-
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sich entnehmen, daß sich die Gebührenerhebung ausschließlich auf die Erzielung von Einnahmen zur vollständigen oder teilweisen Kostendeckung zu beschränken hätte und daneben keine weiteren Zwecke verfolgen dürfte. 531 Eine Lenkung des Verkehrsaufkommens über zeitabhängig gestaffelte Gebühren begegnet somit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zweifelhaft ist allerdings, ob es zulässig ist, die Mautgebühren darüber hinaus auch zur Erzielung umweltpolitischer Nebenzwecke einzusetzen und umweltschonendes Verhalten mit einer Reduktion der Gebührenlast zu „belohnen" bzw. umweltbelastendes Verhalten über höhere Gebühren zu „bestrafen". So könnten für schadstoffarme Kraftfahrzeuge oder für PKW mit einer Mindestzahl an Fahrzeuginsassen niedrigere Gebühren bzw. umgekehrt für Fahrzeuge mit einem hohen Schadstoffausstoß oder für nicht optimal ausgelastete PKW höhere Gebühren erhoben werden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine lenkende Gebühr bestehen - wie eben ausgeführt - grundsätzlich nicht. Das Institut der Gebühr steht vom Grundsatz her allen für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungszielen offen, 532 so daß auch eine Lenkung zur Vermeidung von Umweltschäden zulässig wäre. 533 Gebühren dürfen jedoch keine Nebenwirkungen haben, die über den Zweck der Gebührenerhebung hinausgehen.534 Da der (Neben-)Zweck der zu erhebenden Gebühren erst durch den Gesetzgeber festgelegt wird, 5 3 5 dürfen Gebühren zumindest so lange keine Nebenzwecke verfolgen, als der Gesetzgeber nicht zu erkennen gibt, daß er solche gestattet.536 Zu prüfen ist daher, ob sich die Zuläs-
sungskonformität von Lenkungsgebühren vgl. auch Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 302 ff.; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, 1975, S. 65 ff; Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 131 ff. Speziell zur Lenkung des Straßenverkehrs durch Straßenbenutzungsgebühren Sendler, DÖV 1974, S. 217 ff. (223 f.). 531 Vgl. hierzu Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (246 f.); Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 303 f. 532 So zutreffend Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 59. 533 Allgemein zu lenkenden Gebühren zur Vermeidung von Umweltschäden siehe Kirchhof ; DÖV 1992, S. 233 ff. (236). 534 BVerwG, U.v. 24.3.1961 - VII C 109.60 -, BVerwGE 12, 162 ff. (170); vgl. auch Bauernfeind/Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1979, § 6 Rn. 29, S. 142; Leisner, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 730 ff. (732). 535 Vgl. Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (266); Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, 1989, S. 59. 536 So ausdrücklich VGH Kassel, B.v. 28.9.1976 - V Ν 3/75 -, NJW 1977, S. 452 ff. (454).
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sigkeit einer umweltpolitischen Zielsetzung der Mautgebühren hinreichend deutlich aus dem FStrPrivFinG ergibt. Eine nach Schadstoffausstoß und dem Grad der Auslastung des Fahrzeuges gestaffelte Gebühr ist nicht bereits gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG zulässig. Die durch die Inanspruchnahme der Straße möglicherweise verursachten Umweltbelastungen stellen - im Gegensatz zu Wegstrecke, Fahrzeugart und zulässigem Gesamtgewicht - kein objektives Kriterium zur Bewertung des „durchschnittlichen Vorteils der Benutzung" dar: Ein schadstoffarmes Kraftfahrzeug nimmt die Straße in gleichem Umfang in Anspruch wie ein weniger umweltfreundliches Kraftfahrzeug gleichen Typs; lediglich die negativen Folgen für die Umwelt sind bei dem einen geringer als bei dem anderen. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Auslastung eines PKW. Die Bildung von Fahrgemeinschaften hat zwar geringere Umweltbelastungen zur Folge; die Inanspruchnahme der Straße bleibt jedoch die gleiche, ob nun ein vollbesetzter oder ein nur mit einer Person besetzter PKW die Straße befährt. 537 Es ist nicht ersichtlich, inwiefern weniger umweltfreundliche oder nicht optimal ausgelastete Fahrzeuge einen höheren Benutzungsvorteil erfahren, der bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gebührenhöhe gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG berücksichtigt werden könnte. Umweltbelastende Auswirkungen stellen demnach keinen Anknüpfungspunkt für die Gebührenbemessung nach § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG dar. Aber auch den übrigen Regelungen des FStrPrivFinG läßt sich nicht entnehmen, daß der Gesetzgeber die Verfolgung umweltpolitischer Nebenzwecke für zulässig erachtet hätte. Eine dem § 3 Abs. 2 S. 3 FStrPrivFinG vergleichbare Regelung, die die Berücksichtigung umweltrelevanter Kriterien ausdrücklich gestatten würde, enthält das Gesetz nicht. Weder aus dem Gesetz selbst noch aus der Gesetzesbegründung geht hervor, daß die Mautgebühren nicht nur der Refinanzierung des privaten Investors dienen sollen, sondern darüber hinaus auch umweltbelastendes Verhalten reduzieren bzw. weniger umweltbelastendes Verhalten fordern können. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber hat sich bewußt gegen eine umweltpolitische Lenkung der Mautgebühren entschieden; ein entsprechender Antrag des Landes Schleswig- Holstein, 538 die Gebühren nicht nur am „Vorteil der Benutzung", sondern auch an den „verursachten Umweltschäden" zu orientieren, hatte sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen können. 539
537
Die insofern bestehenden gewichtsbedingten Unterschiede dürften minimal und daher in bezug auf die Straßenabnutzung zu vernachlässigen sein. 538 BR-Drs. 417/2/94. 539 Zum Gesetzgebungsverfahren vgl. oben sub Β.
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Nachdem eine entsprechende gesetzliche Regelung fehlt, dürfen die Mautgebühren folglich nicht zur Erzielung umweltpolitischer Nebenzwecke eingesetzt werden. Eine Gebührenstaffelung nach dem Ausmaß der von einem Verkehrsteilnehmer ausgehenden Umweltbelastungen ist daher unzulässig. Die Mautgebühren fungieren nur dann als Lenkungsgebühren, wenn die Gebührenhöhe gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 FStrPrivFinG vom Zeitpunkt der Straßenbenutzung abhängig gemacht wird.
b) Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Gebührenbemessung Bei der Festlegung der Mautgebühren sind neben den Gebührenbemessungsprinzipien des § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG aber auch verfassungsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen.
aa) Sozialstaatsprinzip Eine nach der individuellen Leistungsfähigkeit der Verkehrsteilnehmer gestaffelte Mautgebühr sieht das FStrPrivFinG nicht vor. Fraglich ist allerdings, ob nicht im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip eine Differenzierung nach der Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners verfassungsrechtlich geboten ist.
(1) Die grundsätzliche Bedeutung des Sozialstaatsprinzips für den Gebührengesetzgeber Nach der in Rechtsprechung 540 und Literatur 541 herrschenden Auffassung ist das Sozialstaatsprinzip ein unmittelbar geltender und zu beachtender Verfassungsrechtssatz. Er folgt aus Art. 20 Abs. 1 GG, in dem die Bundesrepublik Deutschland als ein „sozialer Bundesstaat" bezeichnet wird, sowie aus Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG, wonach die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern u.a. den „Grundsätzen des sozialen Rechtsstaates" entsprechen muß. Das Sozialstaatsprinzip ermächtigt und verpflichtet den Staat, durch aktive Sozialgestaltung für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze zu sorgen und 540
Vgl. nur BVerfG, B.v. 19.12.1951 - 1 BvR 220/51 -, BVerfGE 1, 97 ff. (105); B.v. 13.1.1982 - 1 BvR 848/77 u.a., BVerfGE 59, 231 ff. (263); BVerwG, U.v. 28.5.1953 - V C 216.54 -, BVerwGE 8, 4 ff. (7); U.v. 25.2.1966 - VII C 72.64 -, BVerwGE 23, 304 ff. (306). 541 Vgl. nur Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1978, Art. 20 Rn. 6, 25; Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 1992, Art. 20 Rn. 17.
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die gesellschaftliche und ökonomische Wirklichkeit im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit so zu gestalten bzw. zu korrigieren, daß unangemessene Wohlstandsdifferenzen ausgeglichen und verhindert, Abhängigkeitsverhältnisse abgebaut oder gemildert werden sowie eine gerechte Teilhabe aller an den Gütern der Gemeinschaft und ein menschenwürdiges Dasein für alle, im besonderen für die schwächeren Schichten, gesichert ist. 5 4 2 Zu diesem Zweck ist es im Abgabenrecht auch zulässig, Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einzuebnen und finanziell Schlechtergestellte gegenüber den leistungskräftigeren Abgabepflichtigen weniger intensiv zu belasten. 543 Der Gebührengesetzgeber hat also im Sozialstaatsgedanken einen ausreichenden verfassungsrechtlichen Titel, um die Gebühren nach der individuellen Leistungsfähigkeit der Gebührenschuldner zu differenzieren. 544 Eine grundsätzliche Pflicht des Gesetzgebers, Gebührensätze nach der Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners zu staffeln, läßt sich dem Sozialstaatsprinzip allerdings nicht entnehmen. 545 Das Sozialstaatsprinzip ist nicht auf eine Beseitigung jedweder Ungleichheiten in den sozialen Verhältnissen, auf eine „allfällige Gleichmacherei" gerichtet. 546 Es enthält primär nur einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber, der ihn verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. A u f welche Art und Weise dieser Pflicht genügt werden muß, ist im Grundgesetz dagegen nicht verbindlich festgelegt, so daß der Gesetzgeber bei der Erfüllung seiner Verpflichtung einen weiten Gestaltungsspielraum genießt. 547 Er kann, soweit es sich nicht um die Schaffung sozialer Min-
542 Vgl. Katz, Staatsrecht, 13. Aufl. 1996, Rn. 215. Siehe auch BVerfG, B.v. 17.8.1956 - 1 BvB 2/51 -, BVerfGE 5, 85 ff. (206); B.v. 13.1.1982 - 1 BvR 848/77 u.a. -, BVerfGE 59, 231 ff. (263). 543 Vgl. für das Steuerrecht BVerfG, U.v. 24.6.1958 - 2 BvF 1/57 -, BVerfGE 8, 51 ff. (68 f.); für Abgaben nichtsteuerlicher Art BVerfG, B.v. 15.2.1970 - 1 BvR 559/70 u.a. -, BVerfGE 29, 402 ff. (412); B.v. 10.3.1998 - 1 BvR 178/97 -, DVB1 1998, S. 699 ff. (701). 544 So zu Recht Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (257 f.). Vgl. auch BVerfG, B.v. 15.2.1970 - 1 BvR 559/70 -, BVerfGE 29, 402 ff. (412). Gegen eine „soziale Gebührenpolitik" aber Leisner, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 730 ff. (732, 745 ff.); Stephan, JurA 1970, S. 867 ff. (868, 876 f.). 545 Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (256 f.). Vgl. auch BVerfG, B.v. 24.2.1970 2 BvL 12/69 u.a. -, BVerfGE 28, 66 ff. (87), das eine Differenzierung der Fernsprechgebühren nach Einkommen oder sozialer Stellung der Fernsprechteilnehmer nicht nur für nicht erforderlich, sondern sogar - wohl aus Gründen der Praktikabilität - für nicht sachgerecht hält. Kritisch hierzu Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 323 f. 546 Antoni, in: Seifert/Hömig (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. 1995, Art. 20 Rn. 4. 547 Vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1967 - 2 BvF 3/62 u.a. -, BVerfGE 22, 180 ff. (204); U.v. 18.7.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 ff. (331); B.v. 19.12.1978 - 1 BvR 335/76 -, BVerfGE 50, 57 ff. (108); B.v. 13.1.1982 - 1 BvR 848/77 u.a. -, BVerfGE 59,
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destvoraussetzungen handelt, entscheiden, in welchen Formen und in welchem Umfang er soziale Hilfe leisten möchte. 548 Zu einer zwingenden Berücksichtigung sozialer Ungleichheiten im Gebührenrecht ist er also nicht verpflichtet, zumal es sachgerechter ist, eine Sozialforderung ausschließlich durch die hierfür prädestinierten Gesetze - d.h. die speziellen SozialfÖrderungsgesetze (z.B. Bundessozialhilfegesetz, Kindergeldgesetz) sowie das Einkommensteuerrecht zu vollziehen. 549 Bei der Gebührengestaltung muß der Gesetzgeber lediglich gewisse, auf dem Sozialstaatsprinzip fußende Mindestanforderungen beachten; eine Gebührenregelung darf daher weder wirtschaftlich Schwache generell vom Genuß staatlicher Leistungen ausschließen, noch darf die Gebühr so hoch bemessen werden, daß einzelne die für ein menschenwürdiges Dasein notwendigen Staatsleistungen nicht in Anspruch nehmen können. 550
(2) Die Bedeutung des Sozialstaatsprinzips für die Bemessung der Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG Nachdem das Sozialstaatsprinzip nicht zu einer nach Leistungsfähigkeit gestaffelten Gebührengestaltung verpflichtet, ist es folglich nicht erforderlich, die gemäß § 2 FStrPrivFinG zu erhebenden Mautgebühren nach dem Einkommen und der sozialen Stellung der Gebührenschuldner abzustufen. Auch ein Konflikt mit den - vom Gebührengesetzgeber und von der Verwaltung zwingend zu beachtenden - sozialstaatlichen Mindestanforderungen dürfte sich nicht ergeben. Es ist zwar durchaus denkbar, daß sich ein Teil der Verkehrsteilnehmer eine tägliche Benutzung der Mautstrecke, z.B. auf dem Weg zur Arbeitsstätte, finanziell nicht leisten können wird. 5 5 1 Zu berücksichtigen ist jedoch, daß lediglich neu errichtete Bundesfernstraßen einer Gebührenpflicht unterworfen werden. Bei der Gewährleistung des Zugangs zu neuen Straßen handelt es sich keinesfalls um ein existenznotwendiges Vitalbedürfnis. 552 In der Praxis dürfte es im übrigen auch regelmäßig so sein, daß jede Mautstrecke auf gebührenfreien Straßen „umfahren" werden kann oder daß dort, wo dies aus-
231 ff. (263); B.v. 8.10.1985 - 1 BvL 17, 19/83 -, BVerfGE 70, 278 ff. (288); Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1978, Art. 20 Rn. 22, 25. 548 BVerfG, B.v. 18.6.1975 - 1 BvL 4/74 -, BVerfGE 40, 121 ff. (133). 549 Vgl. auch Gern, DVB1 1984, S. 1164 ff. (1166). 550 Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 53; vgl. auch Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (257). 551 So ist für die Warnow-Querung, die das erste auf der Grundlage des FStrPrivFinG zu realisierende Straßenbauprojekt darstellt, eine Mautgebühr in Höhe von ca. 3 DM pro Fahrt geplant, vgl. oben in der Einleitung. 552 So zutreffend Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1158). 13 Susanne Schmitt
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nahmsweise nicht der Fall sein sollte, die Möglichkeit zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel besteht. Eine Gebührenerhebung, die nicht nach der individuellen Leistungsfähigkeit der Verkehrsteilnehmer differenziert, ist darüber hinaus auch aus Praktikabilitätsgründen schlechterdings geboten, da sie - abgesehen davon, daß es bereits an einer Rechtsgrundlage zur Ermittlung des Einkommens fehlt 553 - mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. 554 Eine typisierende Anknüpfung an bestimmte, generell als einkommenschwach geltende Personengruppen, wie sie häufig in kommunalen Satzungen für die Benutzung öffentlicher dem Sozialstaatsprinzip in besonderem Maße dienender - Einrichtungen wie Schwimmbäder, Kindergärten, Theater, Museen etc. erfolgt, 555 erscheint bei der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren nicht sachgerecht. In Betracht werden - was gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG auch ausdrücklich zulässig ist allenfalls Differenzierungen nach der Art des Fahrzeuges kommen. Da aber die Größe oder die technische Ausstattung eines Fahrzeuges den sozialen Status des Gebührenschuldners nur sehr bedingt widerspiegeln (man braucht bloß an Gebrauchtwagen oder Leasingfahrzeuge zu denken), sind einer praktikablen sozialen Gebührenpolitik von vornherein Grenzen gesteckt. 556 Hinzu kommt, daß eine soziale Gebührenpolitik kaum im Interesse des privaten Betreibers sein dürfte: Dessen Ziel ist es, über die Gebührenerträge die Investitionskosten zu decken und darüber hinaus auch einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die durch Gebührenermäßigungen zugunsten der sozial schwächeren Gebührenschuldner verursachten Gebührenausfalle über eine erhöhte Gebührenbelastung der finanzstärkeren Benutzer ausgeglichen werden können. Das Sozialstaatsprinzip läßt jedoch nur eine Gebührenermäßigung (Degression) zu; hingegen ist eine Gebührensteigerung (Progression) zur Deckung des durch anderweitige Ermäßigung entstandenen Gebührenausfalls (sog. Umverteilung) 557 nicht mit dem 553 Zur Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage, um eine Offenlegungspflicht des Gebührenschuldners zu begründen, vgl. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 149. 554 Vgl. speziell für Straßenbenutzungsgebühren Sendler, DÖV 1974, S. 217 ff. (225); Kirchhof P., in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 225 ff. (242). Generell auf die mangelnde Praktikabilität einer sozialen Gebührengestaltung bei Massenleistungen weisen Kirchhof F., Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 146 sowie Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (259) hin. 555 Vgl. hierzu Gern, DVB1 1984, S. 1164 ff. (1165, 1170). Speziell zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer Staffelung von Kindergartengebühren nach dem Familieneinkommen vgl. BVerfG, B.v. 10.3.1998 - 1 BvR 178/97 -, DVB1 1998, S. 699 ff. 556 Vgl. Sendler, DÖV 1974, S. 217 ff. (225). 557 Die Abgrenzung zwischen der bloß ermäßigenden Gebühr und der umverteilenden Gebühr kann im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten, da die fiktive „Normalgebühr'4 bereits so hoch angesetzt werden kann, daß der Tarif nur Abschläge auf-
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Sozialstaatsprinzip zu rechtfertigen 558 und stellt deshalb einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. 559
(3) Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips trotz fehlender gesetzlicher Grundlage? Da nach dem zuvor Gesagten eine Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit bei der Gebührenbemessung bereits aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht kommt, ist die Frage, ob der Verordnungsgeber auch ohne formellen Gesetzesauftrag sozialfördernd tätig werden darf, eher theoretischer Natur. Gleichwohl soll dieser Frage der Vollständigkeit halber im folgenden nachgegangen werden. Da die Verfolgung von Nebenzwecken einer gesetzlichen Grundlage bedarf, 560 könnte man sich auf den Standpunkt stellen, eine soziale Gebührenpolitik sei unzulässig, wenn - wie im FStrPrivFinG - keine spezielle gesetzliche Sozialklausel besteht, die zu einer Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit berechtigt. 561 Zu berücksichtigen ist allerdings, daß sich die Ermächtigung, bei der Gebührenbemessung nach der individuellen Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners zu differenzieren, bereits unmittelbar aus dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Sozialstaatsprinzip ergibt. Aus diesem Grund kann es keinen durch-
weist; in diesem Fall ist der Aufschlag für den finanzstarken Bürger bereits in der „Normalgebühr" enthalten. Zur Unterscheidung vgl. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 145 f. 558 Vgl. Bauernfeind, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand der Bearb.: 1995/97, Teil III, § 2 Rn. 54, wonach sozialpolitisch bedingte Gebührenermäßigungen aus allgemeinen Deckungsmitteln finanziert werden müssen und nicht den übrigen Gebührenpflichtigen angelastet werden dürfen. Ebenso Lichtenfeld, ebda., Teil III, § 4 Rn. 143. 559 Vgl. Gern, DVB1 1984, S. 1164 ff. (1168); Kirchhof Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 147. In diesem Sinne auch BVerfG, B.v. 10.3.1998 - 1 BvR 178/97 -, DVB1 1998, S. 699 ff. (701): Danach sind einkommensspezifische Gebührenstaffeln im Hinblick auf die Abgabengerechtigkeit jedenfalls dann unbedenklich, „solange selbst die Höchstgebühr die tatsächlichen Kosten der Einrichtung nicht deckt und in einem angemessenen Verhältnis zu der damit abgegoltenen Verwaltungsleistung steht". Siehe auch Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 139 f., der zu Recht daraufhinweist, daß eine umverteilende Gebühr auch zu einem Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fuhren und daher gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen kann. 560 Vgl. oben sub a) dd). 561 So in der Tat VGH Kassel, B.v. 28.9.1976 - V Ν 3/75 -, NJW 1977, S. 452 ff. (454); vgl. auch Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 146, der eine gesetzliche Anordnung verlangt, sofern die Verwaltung kein Zweckerfindungsrecht hat.
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greifenden rechtlichen Bedenken begegnen, wenn die Exekutive unabhängig von der Existenz einer speziellen gebührenrechtlichen Ermächtigungsgrundlage bei der Gebührenbemessung soziale Gesichtspunkte berücksichtigt und Ermäßigungen fur wirtschaftlich Schlechtergestellte vorsieht. 562 Da der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts für den Bereich der gewährenden Verwaltung nur eingeschränkt, 563 jedenfalls nur bei den grundlegenden und wesentlichen Entscheidungen gilt, 5 6 4 steht einem sozialfördernden und subventionierenden Tätigwerden der Exekutive ohne formellen Gesetzesauftrag auch insoweit nichts entge565
gen. Gegen eine - aufgrund des Sozialstaatsprinzips somit grundsätzlich zulässige - Berücksichtigung sozialer Aspekte bei der Festlegung der Mautgebühren spricht auch nicht das in § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG verankerte Äquivalenzprinzip. Dieses ist keineswegs dahingehend zu verstehen, daß zwischen Leistung und Gegenleistung um jeden Preis ein ausgewogenes Verhältnis bestehen muß; das Äquivalenzprinzip ist vielmehr nur dann verletzt, wenn Leistung und Gegenleistung in einem groben Mißverhältnis zueinander stehen. 566 Da sozial bedingte Gebührenermäßigungen für den hiervon betroffenen Gebührenschuldner nur vorteilhaft sein können, erscheint insoweit eine Verletzung des Äquivalenzprinzips von vornherein ausgeschlossen.567
562 Vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 6.12.1976 -, BWVPr 1977, S. 35 ff. (37); Gern, DVB1 1984, S. 1164 ff. (1166). 563 Vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1958 - VII C 6.57 -, BVerwGE 6, 282 ff. (287); Jarass, NVwZ 1984, S. 473 ff. 564 Sog. Wesentlichkeitstheorie des BVerfG, vgl. U.v. 6.6.1972 - 1 BvR 230/70 u.a. BVerfGE 34, 165 ff. (192); B.v. 28.6.1972 - 1 BvR 105/63 -, BVerfGE 41, 247 ff. (259 f.); B.v. 8.8.1978 - 2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89 ff. (126 f.); B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257 ff. (268 ff.). 565 Gern, DVB1 1984, S. 1164 ff. (1166). Es spielt insoweit auch keine Rolle, daß die Höhe der Mautgebühr gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG durch eine Rechtsverordnung i.S.d. Art. 80 GG bestimmt wird (dazu näher unten sub IV.), denn Art. 80 Abs. 1 GG entfaltet keine Sperrwirkung in dem Sinne, daß eine exekutive Rechtsetzung außerhalb der ausdrücklichen Ermächtigung durch den Gesetzgeber unzulässig wäre. Art. 80 GG erfaßt vielmehr nur solche Regelungen, die dem Gesetzesvorbehalt unterliegen. Es existiert also neben dem abgeleiteten ein originäres, selbständiges Verordnungsrecht der Exekutive, das jedoch auf nicht-wesentliche Regelungen beschränkt ist und dem Vorrang des Gesetzes unterworfen bleibt, vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 387 ff. (394). 566 Vgl. oben sub a) cc). 567 Vgl. Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 155. Auch Gern, DVB1 1984, S. 1164 ff. (1168) ist grundsätzlich der Auffassung, das Äquivalenzprinzip besage nichts über die Zulässigkeit von Sozialklauseln; er relativiert diese Aussage jedoch insoweit, als er generelle Gebührenermäßigungen für unzulässig hält, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich ein positives Äquivalenzprinzip normiert hat. Ähnlich VGH Kassel, B.v. 28.9.1976 - V Ν 3/75 -, NJW 1977, S. 452 ff. (453 f.), der eine einkom-
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Eine soziale Gebührenstaffelung verbietet sich jedoch im Hinblick auf das Kostendeckungsgebot des § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG. Wie bereits erwähnt, ist lediglich eine degressive Gebührenstaffelung mit dem Sozialstaatsprinzip zu vereinbaren. Da die Gebührenermäßigungen zugunsten sozial schwächerer Gruppen nicht durch höhere Gebühren zulasten finanziell Bessergestellter ausgeglichen werden dürfen, kommt es zu Gebührenausfällen, die im Widerspruch zum Kostendeckungsgebot stehen. Dieser Widerspruch ist nur dann zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber entweder ausdrücklich bestimmt, daß aus sozialen Gründen niedrigere Gebühren erhoben oder von einer Gebührenerhebung ganz abgesehen werden kann, oder zumindest zu erkennen gibt, daß das Kostendeckungsgebot nicht in voller Schärfe zur Anwendung kommen soll. Mit dem Sozialstaatsprinzip allein läßt sich dieser Widerspruch jedoch nicht auflösen, da daraus nicht zwingend eine soziale Gebührenstaffelung folgt und für eine verfassungskonforme Auslegung des legislatorisch angeordneten Kostendeckungsprinzip somit kein Raum ist. 5 6 8 Nachdem das FStrPrivFinG weder eine spezielle Sozialklausel enthält noch zu erkennen gibt, daß das in § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG verankerte Kostendeckungsgebot nur bedingt Geltung beansprucht, ist der Verordnungsgeber nicht berechtigt, bei der Festlegung der Mauthöhe gebührenmäßige Entlastungen für finanziell schwächere Verkehrsteilnehmer vorzusehen. Dies gilt unabhängig davon, daß eine soziale Staffelung der Mautgebühren bereits aus den zuvor dargestellten praktischen Erwägungen nicht angezeigt ist.
bb) Art. 3 Abs. 1 GG
Bei der Gebührenbemessung ist darüber hinaus auch dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 GG darf weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich noch wesent-
mensabhängige Staffelung von Kindergartengebühren mit Hinweis auf § 10 Abs. 3 HessKAG, wonach Benutzungsgebühren nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen sind, für unzulässig erklärte. Insbesondere die Zulässigkeit von Sozialtarifen bei kommunalen Benutzungsgebühren ist im Hinblick auf Äquivalenzprinzip und Gleichheitsgrundsatz stark umstritten, vgl. zum Meinungsstand Bauernfeind, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand der Bearb.: 1995/97, Teil III, § 2 Rn. 53 f.; Friedl, KStZ 1996, S. 181 ff. (200 ff.). 568 A.A. wohl Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 155, der den Widerspruch zwischen sozial degressiver Gebührenstaffelung und Kostendeckungsgebot „zum einen durch das Sozialstaatsprinzip selbst und zum anderen durch die legislatorische Anordnung der Berücksichtigung sozialer Belange" für gedeckt hält.
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lieh Ungleiches willkürlich gleich behandelt werden. 569 Eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Tatbestände bzw. eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Tatbestände bedarf zur Rechtfertigung eines sachlichen Grundes. 570 Für das Gebührenrecht folgt aus Art. 3 Abs. 1 GG, daß bei etwa gleicher Inanspruchnahme etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden. 571 Man spricht insoweit auch - in Anlehnung an das Steuerrecht - von „Gebühren572
gerechtigkeit". Die Typisierung unwesentlich verschiedener Sachverhalte ist aus Gründen der Praktikabilität zulässig; es ist demnach gestattet, bei der Gestaltung gebührenrechtlicher Regelungen an Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfen und Besonderheiten des Einzelfalls außer Betracht zu lassen.573 Was die gemäß § 2 FStrPrivFinG zu erhebenden Mautgebühren anbelangt, so liegt es auf der Hand, daß eine gleich hohe Gebühr für Lkw und PKW gegen den Grundsatz der Gebührengerechtigkeit verstieße, denn ein Lkw beansprucht eine Straße aufgrund seines erhöhten Platzbedarfs und der größeren Schädigungswirkung auf die Straßensubstanz erheblich mehr als ein PKW. Auch das FStrPrivFinG geht davon aus, daß zumindest für PKW und Lkw unterschiedlich hohe Gebühren erhoben werden, denn § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG nennt als Gebührenmaßstäbe u.a. Fahrzeugart und zulässiges Gesamtgewicht. Die Gebührengerechtigkeit wirkt sich aber insbesondere bei der Auswahl und dem Inhalt der Gebührenmaßstäbe aus; diese sind in den Grenzen der Praktikabilität so zu wählen und zu staffeln, daß sie den unterschiedlichen Ausmaßen der erbrachten Leistung Rechnung tragen, um die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern zu wahren. 574 Da die in § 3 Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG genannten Kriterien Art und Umfang der Inanspruchnahme der Straße hinreichend widerspiegeln, 575 besteht insoweit keine Gefahr, daß über die Auswahl ungeeigneter Gebührenmaßstäbe der Grundsatz der Gebührengerechtigkeit verletzt werden könnte.
569
Ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. nur B.v. 9.8.1978 - 2 BvR 831/76 -, BVerfGE 49, 148 ff. (165); B.v. 26.4.1988 - 1 BvL 84/86 -, BVerfGE 78, 104 ff. (121). 570 Ständige Rspr., vgl. nur BVerfG, B.v. 15.10.1985 - 2 BvL 4/83 -, BVerfGE 71, 39 ff. (53); B.v. 26.4.1988 - 1 BvL 84/86 -, BVerfGE 78, 104 ff. (121). 571 So VGH Baden-Württemberg, B.v. 1.7.1987 - 2 S 3278/85 -, VB1BW 1988, S. 142 f. (142). 572 Vgl. Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, 1985, S. 52. 573 Zum Grundsatz der Typengerechtigkeit vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1981 - 8 C 48/81 -, NVwZ 1982, S. 622 ff. (623 f.); U.v. 1.8.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, S. 231 f. (232); Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 153. 574 BVerfG, B.v. 6.2.1979 - 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217 ff. (227). 575 Vgl. hierzu oben sub a) cc).
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Da die Abnutzung der Straße im wesentlichen vom Schwerverkehr verursacht wird, 5 7 6 dürften innerhalb der Kategorie „ L k w " zur Wahrung der Gebührengerechtigkeit weitere Differenzierungen nach zulässigem Gesamtgewicht und Fahrzeugklasse angebracht sein. 577 Eine Regelung verstößt allerdings nicht schon allein deshalb gegen den Gleichheitssatz, weil eine andere gerechter und vernünftiger gewesen wäre, 578 so daß dem Verordnungsgeber insoweit bei der Festlegung der Mautgebühren ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum zusteht. 579
5. Gebührenschuldner und Gebührenbefreiungen (§§ 4, 5 FStrPrivFinG) Wer im einzelnen zur Entrichtung der Mautgebühren verpflichtet ist, ist in § 5 FStrPrivFinG geregelt, während § 4 FStrPrivFinG die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung enthält.
a) Gebührenbefreiung (§ 4 FStrPrivFinG) Gemäß § 4 S. 1 FStrPrivFinG sind Fahrzeuge der Streitkräfte, des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Feuerwehr und anderer Notdienste, der Polizeien des Bundes und der Länder, der Zollverwaltung und des Straßenunterhaltungs- und Straßenbetriebsdienstes unter den in § 4 S. 2 FStrPrivFinG genannten Voraussetzungen von der Mautgebühr befreit. Offensichtlich schien dem Gesetzgeber im Hinblick darauf, daß diese Fahrzeuge mehr oder minder dem öffentlichen Wohl zu dienen bestimmt sind, eine Heranziehung zu Straßenbenutzungsgebühren nicht angebracht zu sein. Mit dem allgemeinen Gleichheitssatz läßt sich dies ohne weiteres vereinbaren. Die „Gemeinnützigkeit" der genannten Fahrzeuge stellt einen i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG sachgerechten Grund für eine Gebührenbefreiung dar. 580 Die Un57 6
Ewers/Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, 1995, S. 78. Vgl. hierzu die in Art. 8 des Übereinkommens zwischen Deutschland, Dänemark und den Benelux-Ländem (BGBl II, S. 1768 ff.; vgl. im Ersten Teil sub Α. III. 2.) festgelegten Gebührensätze für Kraftfahrzeuge ab 12 t zulässigem Gesamtgewicht, die - bis auf die Tagesgebühr - nach der Anzahl der Achsen differenzieren. 578 BVerfG, U.v. 17.12.1953 - 1 BvR 323/51 u.a. -, BVerfGE 3, 162 ff. (182); B.v. 19.12.1967-2 BvL 4/65 -, BVerfGE 23, 12 ff. (25); B.v. 27.6.1974 - 2 BvR 429/72 u.a. -, BVerfGE 38, 1 ff. (17); B.v. 19.12.1978 - 1 BvR 335/76 u.a. -, BVerfGE 50, 57 ff. (77). 579 Vgl. für das Gebührenrecht BVerwG, U.v. 14.4.1967 - IV C 179/65 -, BVerwGE 26, 305 ff. (312 f.). 580 Vgl. BVerfG, B.v. 28.4.1965 - 1 BvR 346/61 -, BVerfGE 19, 1 ff. (7). 577
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
gleichbehandlung gegenüber den Fahrzeugen, die von § 4 FStrPrivFinG nicht erfaßt werden, beruht also nicht auf sachfremden Erwägungen und ist folglich verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
b) Gebührenschuldner (§ 5 FStrPrivFinG) Gebührenschuldner ist üblicherweise derjenige, dem gegenüber die gebührenpflichtige Leistung erbracht wird, 5 8 1 hier also der Kraftfahrzeugführer, der die gebührenpflichtige Straße in Anspruch nimmt. § 5 S. 1 FStrPrivFinG nennt allerdings nicht nur den Führer des Kraftfahrzeuges als Schuldner der Mautgebühr (Nr. 2); zur Entrichtung der Mautgebühr können vielmehr auch der Halter des Kraftfahrzeuges (Nr. 3) sowie derjenige, der über den Gebrauch des Kraftfahrzeuges bestimmt (Nr. 1), herangezogen werden. Sofern diese Personen nicht gleichzeitig Führer des Kraftfahrzeuges sind oder zumindest als Fahrzeuginsassen ebenfalls von der gebührenpflichtigen Leistung profitieren, stellt sich die Frage, ob eine derartige Erweiterung des gebührenpflichtigen Personenkreises zulässig ist oder ob es sich nicht vielmehr um einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG handelt, weil außerhalb des Gegenleistungsverhältnisses stehende Personen zur Gebührenentrichtung herangezogen werden sollen. Der praktische Hintergrund dieser Erweiterung des Kreises der Gebührenpflichtigen liegt - zumindest was § 5 S. 1 Nr. 3 FStrPrivFinG betrifft - auf der Hand: Ist die Mauterhebung fehlgeschlagen, so bleibt dem privaten Betreiber in der Regel nur die Möglichkeit einer Abfrage des Kraftfahrzeugregisters. 582 Über das amtliche Kennzeichen läßt sich jedoch nur der Fahrzeughalter, nicht hingegen der Fahrer ermitteln. Ist der Halter des Fahrzeuges nicht in der Lage oder nicht bereit, über die Identität des Fahrers Auskunft zu geben, bliebe der Private auf seiner Gebührenforderung „sitzen". Die Beitreibung der Maut wird also durch die Einführung einer Halterhaftung, wie sie in § 5 S. 1 Nr. 3 FStrPrivFinG vorgesehen ist, erheblich erleichtert. 583 Dagegen dürfte dem § 5 S. 1 Nr. 1 FStrPrivFinG keine besondere selbständige Bedeutung zukommen, da derjenige, der über den Gebrauch des Fahrzeuges bestimmt, in der Mehrzahl der Fälle mit der als Fahrzeughalter registrierten Person identisch sein wird. Die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Halterhaftung läßt sich beantworten, indem man auf die in der Gebührenpraxis anerkannten Gebührenerhebungsprinzipien abstellt. Es ist keinesfalls zwingend, nur den Empfänger einer gebührenpflichtigen Leistung als Gebührenschuldner heranzuziehen. Gebührenschuldner kann nicht nur derjenige sein, der durch eine Leistung be581 582 583
Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 87. Vgl. hierzu unten sub 6. d) aa). Vgl. Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff. (102).
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günstigt wird (Vorteils- oder Begünstigungsprinzip), sondern auch derjenige, der die gebührenpflichtige Leistung veranlaßt hat (Veranlassungsprinzip). 584 Fraglich ist, ob der Fahrzeughalter bzw. derjenige, der über den Gebrauch des Fahrzeuges bestimmt, die gebührenpflichtige Leistung, also die Inanspruchnahme der Mautstrecke, in diesem Sinne „veranlaßt" hat. Sofern die Inanspruchnahme der mautpflichtigen Straße nicht ausdrücklich angeordnet wurde, scheint dies zweifelhaft zu sein. Allerdings gelten als veranlaßt nicht nur die Leistungen, auf die der Gebührenschuldner durch aktive Maßnahmen bewußt hinwirkt, die er also gleichsam „provoziert". Vielmehr werden in der Gebührenpraxis auch solche Leistungen als „veranlaßt" angesehen, die zwar nicht auf einem zielgerichteten Handeln beruhen, mit dem Verhalten des Gebührenschuldners aber in einem verursacherbezogenen Zusammenhang stehen. Nicht veranlaßt sind dann lediglich solche Leistungen, auf deren Erbringung das 585
Verhalten des Gebührenschuldners keinerlei Einfluß zeitigt. Zu prüfen ist also, ob die Tatbestände des § 5 S. 1 Nr. 1, Nr. 3 FStrPrivFinG einen solchen verursacherbezogenen Zusammenhang aufweisen. Hinsichtlich des § 5 S. 1 Nr. 1 FStrPrivFinG wird man dies verneinen müssen, soweit derjenige, der über den Gebrauch des Fahrzeuges bestimmt, die Benutzung des Fahrzeuges weder ausdrücklich angeordnet noch zugelassen hat, das Fahrzeug vielmehr ohne sein Wissen in Gebrauch genommen wurde; in diesem Fall läßt sich die Inanspruchnahme der Mautstrecke durch den Fahrzeugführer nicht auf ein Verhalten des Bestimmungsberechtigten zurückfuhren. Allein seine Stellung als derjenige, der über den Gebrauch des Fahrzeuges bestimmt, kann ihn noch nicht dazu verpflichten, für sämtliche aus der Nutzung des Fahrzeuges resultierenden Folgen einzustehen. Anders ist jedoch die Stellung des Fahrzeughalters zu beurteilen: Insoweit liegt es nicht fern, daß der Gesetzgeber an das im Straßenverkehrsrecht geläufige Zurechnungsprinzip anknüpft, wonach der Halter neben dem in erster Linie verantwortlichen Fahrer für die nachteiligen Folgen einzustehen hat, die durch den Betrieb eines Kraftfahrzeuges verursacht werden. Mit dieser Begründung hat denn auch das BVerfG 5 8 6 die Regelung in § 25 a StVG für zulässig erachtet, wonach dem Fahrzeughalter bei Park- und Halteverstößen, bei denen sich der verantwortliche Fahrer nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln läßt, die Verwaltungsgebühren auferlegt werden können. Es 584 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 83 ff.; Kirchhof, in: Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 87 ff. (172); vgl. auch BVerwG, U.v. 28.2.1986 - 7 C 22.85 -, BVerwGE 74, 67 ff. (71); femer Vogel, in: Festschrift für Willi Geiger, S. 518 ff. (530 ff.). 585 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 81, 83; vgl. auch BVerwG, U.v. 22.10.1992 - 3 C 2.90 -, BVerwGE 91, 109 ff. (111). 586 B.v. 1.6.1989 - 2 BvR 239/88 u.a. -, BVerfGE 80, 109 ff. (119).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
ist daher nur konsequent, diesen Grundsatz der Halterhaftung auch auf die Mautpflicht zu übertragen. In der Verursachung der Mautpflicht manifestiert sich eine Folge des Betriebs des Fahrzeuges, die - zumindest mittelbar - auf die Zulassung und das „Halten" des Kraftfahrzeuges, mithin auf ein Verhalten des Fahrzeughalters zurückzufuhren ist. Damit ist auch der notwendige verursacherbezogene Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Gebührenschuldners und der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung hergestellt, so daß die Gebührenpflicht des Fahrzeughalters keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.587 Der Fahrzeughalter kann also auch dann, wenn er die gebührenpflichtige Straße nicht selbst in Anspruch nimmt, ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nach dem Veranlassungsprinzip als Gebührenschuldner herangezogen werden. Die Begründung einer Halterhaftung in § 5 S. 1 Nr. 3 FStrPrivFinG ist zulässig. § 5 S. 1 Nr. 1 FStrPrivFinG ist jedoch verfassungskonform dahingehend auszulegen, daß derjenige, der über den Gebrauch des Fahrzeuges bestimmt, nur dann gebührenpflichtig ist, wenn er die Benutzung des Fahrzeuges ausdrücklich angeordnet oder zumindest zugelassen hat. 588 Grundsätzlich liegt die Auswahl des Gebührenschuldners im Ermessen des erhebungsberechtigten Privaten. In Anlehnung an § 25 a StVG wird dieses Ermessen allerdings dahingehend auszuüben sein, daß in erster Linie der Fahrer zur Entrichtung der Mautgebühr herangezogen wird und nur dann, wenn sich dieser nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand feststellen läßt, auf die anderen Gebührenschuldner zurückgegriffen werden kann.
587
A.A. Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff. (102 f.), der eine unmittelbare Zuordnung zwischen dem Halten eines Kraftfahrzeuges und der Gebührenpflicht gegenwärtig für verfassungsrechtlich zumindest zweifelhaft hält; solange die Mautpflicht nur für wenige Straßen gelte und diese leicht gemieden werden könnten, schaffe die Zulassung eines Kraftfahrzeuges noch keinen Anknüpfungspunkt für die Vermutung, daß mit diesem Kraftfahrzeug eine Mautpflicht begründet werden könnte. 588 Vgl. hierzu BVerfG, B.v. 12.10.1994 - 1 BvL 19/90 -, BVerfGE 91, 207 ff.: Danach soll es verfassungsrechtlich zulässig sein, daß zur Entrichtung von Hafengebühren nicht nur der Ausrüster, sondern auch der Eigentümer eines vercharterten Schiffes herangezogen werden kann. Da der Eigentümer den Chartervertrag nicht abschließen und sein Schiffseigentum nicht nutzen könne, wenn es keine Häfen gäbe, verschaffe die Zurverfügungstellung von Häfen auch ihm einen besonderen Vorteil, der es rechtfertige, ihn als Gebührenschuldner in Anspruch zu nehmen. Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit der gebührenpflichtigen Leistung wird also aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft und der damit verbundenen Möglichkeit, aus der Sache Nutzen zu ziehen, hergeleitet, vgl. ebda., S. 223 ff. Nicht entschieden wurde hingegen, wie es sich verhält, wenn der Eigentümer sein Schiff dem Reeder nicht vertraglich überlassen, sondern dieser den Besitz an ihm widerrechtlich erlangt hat oder das Schiff beschlagnahmt wird, vgl. ebda., S. 219.
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6. Die Entrichtung der Mautgebühren Technische und datenschutzrechtliche Probleme elektronischer Mautgebührenerhebungssysteme (§ 6 S. 2 FStrPrivFinG) Zu der - praktisch bedeutsamen - Frage der Gebührenentrichtung äußert sich der Gesetzgeber nur in § 6 FStrPrivFinG. Danach kann die Mautgebühr unmittelbar vor, nach oder während der Benutzung der gebührenpflichtigen Straße entrichtet werden (S. 1). Die Erhebung der Gebühren mittels automatischer Einrichtungen wird ausdrücklich für zulässig erklärt (S. 2). Gegenüber einer herkömmlichen Gebührenerhebung im manuellen Verfahren, wie sie in Frankreich und Italien praktiziert wird, genießen elektronische Erhebungssysteme den Vorteil, daß die Gebühren beim Passieren des Fahrzeuges automatisch ermittelt und abgebucht werden können. Der fließende Verkehr wird nicht beeinträchtigt, da der Autofahrer nicht gezwungen ist, seine Fahrt zu unterbrechen, um die Mautgebühr an den Mautstationen zu entrich.
589
ten. Die negativen Auswirkungen auf den Verkehrsfluß bei einer nichtautomatisierten Gebührenerhebung erscheinen allerdings als nicht so gravierend, solange nur verhältnismäßig wenige Strecken im Bundesgebiet mautpflichtig sind. Je mehr Straßen einer Gebührenpflicht unterworfen werden, desto größer wird aber auch das Bedürfnis, den Verkehr nicht durch unzählige Zwischenstops an Mauthäuschen zu behindern. Es bleibt zwar abzuwarten, wieviel Projekte künftig im Wege des Betreibermodells verwirklicht werden. In naher Zukunft sollen jedoch auch bereits bestehende Strecken bemautet werden; so plant die Bundesregierung, die gegenwärtig erhobene zeitabhängige Autobahnbenutzungsgebühr für schwere Lkw um die Jahrtausendwende durch streckenabhängige Gebühren abzulösen.590 Diese Gebühren sollen mittels elektronischer Erfassungssysteme entrichtet werden, 591 da sich die bestehenden Autobahnstrecken für eine manuelle Gebührenerhebung nicht eignen und ein Umbau vor allem aus Platzgründen nicht in Betracht kommt. 5 9 2 Den künftigen Entwicklungen wird sich der private Betreiber nicht verschließen können, zumal die Errichtung elektronischer Gebührenerhebungssy589
Vgl. in diesem Zusammenhang Art. 7 lit. c der Richtlinie 93/89 EWG, wonach Mautgebühren so zu erheben sind, daß sie den Verkehrsfluß möglichst wenig beeinträchtigen. Zur Richtlinie 93/89 EWG vgl. im Ersten Teil sub Α. III. 2. 590 Vgl. bereits im Ersten Teil sub Α. III. 2. 591 Stuttgarter Nachrichten vom 27.2.1997, S. 4. Vgl. auch das Konzept zur Einführung einer automatischen Gebührenerhebung für schwere Lkw auf Autobahnen bei TÜV Rheinland, Feldversuch „Autobahntechnologien A 555", 1995, S. 39 ff. 592 So TÜV Rheinland, Feldversuch „Autobahntechnologien A 555", 1995, S. 1, 4. Vgl. auch Hohlweg, in: Schade/Steierwald (Hrsg.), Road-Pricing. Erwartungen - Möglichkeiten - Alternativen, 1995, 3.1 ff. (3.1).
204
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
steme möglicherweise auch in wirtschaftlicher Hinsicht vorteilhafter ist als die Installation herkömmlicher Mautstationen. 593 Langfristig wird die Zukunft daher sicherlich den automatischen Gebührenerhebungssystemen gehören, wenn auch einige Fragen in diesem Zusammenhang noch ungeklärt sind.
a) Anforderungen an automatische Gebührenerhebungssysteme Automatische Gebührenerhebungssysteme müssen bestimmten technischen, ökonomischen und rechtlichen Anforderungen genügen, von denen die wichtigsten sein dürften: 594 -
technisch einwandfreie und zuverlässige Arbeitsweise (auch unter extremen Witterungsbedingungen und bei hohen Geschwindigkeiten),
-
angemessenes und akzeptables Kosten-Nutzen-Verhältnis,
-
Kompatibilität mit ähnlichen Einrichtungen in anderen europäischen Staaten,595
-
flexible, nach verschiedenen Nutzungsparametern (z.B. Tageszeit, Fahrzeugklasse)596 differenzierende Gebührenbelastung,
-
Prüfungsmöglichkeit der Abbuchung durch den Fahrer,
-
Kontrollmöglichkeiten zur Erfassung von Nicht- bzw. Falschzahlern,
-
Möglichkeiten zur Erstellung von Beweismaterial gegen Nicht- bzw. Falschfahrer,
-
Gewährleistung des Datenschutzes.597
b) Darstellung und datenschutzrechtliche Bewertung aktueller Systemkonzepte 598
Die derzeit entwickelten automatischen Gebührenerhebungssysteme arbeiten mit einem elektronischen Kommunikationsgerät im Fahrzeug, der „On 593 Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die finanziellen Schwierigkeiten privater Mautgesellschaften im europäischen Ausland auch auf die antiquierte Erhebungstechnik mit ihren überhöhten operativen Kosten zurückzuführen sein dürfte, vgl. im Ersten Teil sub C. IV. 594 Vgl. hierzu Müller/Schoder/Stoll, CR 1993, S. 785 ff. (786); TÜV Rheinland, Feldversuch „Autobahntechnologien A 555", 1995, S. 5. 595 Vgl. Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 93/89 EWG: „Darüber hinaus berücksichtigen die Mitglieder, die elektronische Systeme zur Erhebung von Maut- und/oder Benutzungsgebühren einführen, daß diese Systeme untereinander verknüpfbar sein sollen." 596 Vgl. hierzu oben sub 4. a) dd), b) bb). 597 Zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen an elektronische Gebührenerhebungssysteme vgl. im folgenden sub b). 598 Eine ausführliche Darstellung der aktuellen Systemkonzepte findet sich bei Roßnagel/P ordesch, DuD 1995, S. 77 ff. Zu den Gebührentechnologien vgl. auch Mül-
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
205
Board Unit" (OBU), das die Übertragung der gebührenrelevanten Daten zwischen dem Fahrzeug und - je nach Konzeption - einem stationären System am Straßenrand oder einem Satelliten- und Mobilfunksystem übernimmt. Die Gebühr wird dann entweder auf ein Kredit-Konto aufgebucht und anschließend eingezogen („Postpay-Verfahren") oder von einem Debit-Konto abgebucht („Prepay-Verfahren"). Die verschiedenen technischen und organisatorischen Systeme unterscheiden sich vor allem danach, ob die Gebührenberechnung und Kontoführung in einem zentralen System außerhalb des Fahrzeuges (TAG-System) oder in der OBU innerhalb des Fahrzeuges (Smart-Card-System) erfolgt: Bei den TAGSystemen wird die Berechnung der Gebühren sowie deren Abbuchung von oder Aufbuchung auf Benutzerkonten in Rechnersystemen außerhalb des Fahrzeuges durchgeführt. Dabei sendet die - hier auch „TAG" genannte - Fahrzeugeinrichtung an den Erfassungsstellen kodierte Daten aus, die der Identifizierung eines Benutzerkontos im stationären System und der anschließenden Auf- oder Abbuchung dienen. Während die TAG-Systeme mit besonders einfach gestalteten - und damit auch preiswerten - Fahrzeugeinrichtungen auskommen, funktioniert das Smart-Card-System mittels einer Chipkarte mit zusätzlichen, sogenannten intelligenten Funktionen, die bei Fahrtbeginn in das dafür vorgesehene Fahrzeuggerät gesteckt werden. Die fälligen Gebühren werden - ähnlich der Entwertung von Telefonkarten beim Telefonieren - beim Passieren der Erfassungsstelle unmittelbar abgebucht. Zur Erfassung der Nicht- oder Falschzahler sind Videokontrollsysteme vorgesehen. Wird beim Durchfahren des Erhebungsquerschnittes festgestellt, daß eine korrekte Ab- oder Aufbuchung nicht möglich ist (z.B. im TAG-System bei Fahrzeugen ohne TAG oder mit einem nicht zur Fahrzeugklasse passenden TAG, im Smart-Card-System bei Fahrzeugen mit fehlender Chipkarte oder mit Chipkarte ohne Guthaben), wird das Fahrzeug - ähnlich wie bei einer Geschwindigkeitskontrolle - durch eine festinstallierte Videokamera fotografiert. Die dargestellten Systeme sind vor allem datenschutzrechtlich nicht unumstritten. Die Gewährleistung des Datenschutzes und insbesondere die Verhinderung der Möglichkeit, Fahrzeugbewegungen zu verfolgen und detaillierte Bewegungsprofile zu erstellen, ist aber eine der grundlegenden Anforderungen an elektronische Mauterhebungssysteme. 599 Grundlage datenschutzrechtlicher Erwägungen ist das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es gewährleistet dem einzelnen ler/Schoder/Stoll, CR 1993, S. 785 ff. (786 f.); Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 1993, S. 157 f. 599 So zutreffend Roßnagel/Pordesch, DuD 1995, S. 77 ff. (79).
206
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. 600 Die Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe personenbezogener Daten 601 unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung stellt somit stets einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Datenschutzrechtlich irrelevant sind nur solche Speicherungen und Übermittlungen, die keine Rückschlüsse - auch nicht durch Zusatzwissen oder durch Zusammenspielen mit anderen Daten - auf eine natürliche Person erlauben. 602 Als datenschutzrechtlich weitgehend unbedenklich gelten aus diesem Grund in erster Linie diejenigen Mautkonzepte, in denen keine personenbezogenen Daten entstehen. Dies sind die Smart-Card-Systeme, bei denen die Gebühreneinheiten unmittelbar von einer - anonym zu erwerbenden - Chipkarte abgebucht werden. Dagegen sind technische Optionen auf eine spätere Zahlung (Postpay-Verfahren mit Kreditzahlungsweise) regelmäßig mit einem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden, da hier eine - zumindest vorübergehende - Speicherung personenbezogener Daten (z.B. gefahrene Teilstrecke, Zeitpunkt der Fahrt, Fahrzeugart, Kontoverbindung 603 ) zur Übermittlung an die für den Kunden zuständige Bank unumgänglich erscheint. 604 In diesem Fall sind datenschutzrechtliche Konflikte nur dann ausgeschlossen, wenn die bei der Abrechnung anfallenden personenbezogenen Daten so verteilt werden, daß eine konkrete Personenzuordnung auch durch Kombination der Daten nicht möglich ist. 605 Letzten Endes geraten aber auch die gemeinhin als „anonym" geltenden Systemgestaltungen in Konflikt mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Diese Konflikte resultieren aus der grundsätzlichen Unvereinbarkeit zwischen einerseits der Anonymisierung des Individuums aus Gründen des Datenschutzes und andererseits der Identifizierung des Individuums zu Zwecken der Nachverfolgung von Nicht- oder Falschzahlern. 606 Die Gebührenerhebung selbst mag zwar ohne eine Beschaffung und Verarbeitung personenbezogener Daten auskommen, nicht aber das sogenannte Enforcement, d.h. die Feststellung und Verfol-
600
BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. -, BVerfGE 65, 1 ff. (43) („Volkszählungsurteil"). 601 Zum Begriff der „personenbezogenen Daten" vgl. die Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BDSG. 602
Roßnagel/P ordesch, DuD 1995, S. 77 ff. (79).
603
Vgl. hierzu Hassemer/Topp,
604
Vgl. Roßnagel/P ordesch, DuD 1995, S. 77 ff. (79). Die datenschutzrechtlichen
NZV 1995, S. 169 ff. (171).
Probleme von Postpay-Verfahren betonen auch Müller/Schoder/Stoll, S. 785 ff. (787). 605 Näher hierzu Roßnagel/P ordesch, DuD 1995, S. 77 ff. (79 f.). 606 So zu Recht Müller/Schoder/Stoll, CR 1993, S. 785 ff. (788).
CR 1993,
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
207
gung von „Schwarzfahrern". 607 Eine zeitweise Datenspeicherung zur Beweisführung über die ordnungsgemäße oder ordnungswidrige Benutzung der mautpflichtigen Straße ist vielmehr bei jedem der vorgestellten Erhebungssysteme erforderlich. Obwohl es sich also bei der automatischen Gebührenerhebung um einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht handelt, bedeutet dies noch nicht deren prinzipielle Unzulässigkeit. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt nämlich nicht schrankenlos; aufgrund der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person hat der Bürger unter bestimmten Voraussetzungen auch Einschränkungen dieses Rechts hinzunehmen. Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind nach Auffassung des BVerfG aber nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Darüber hinaus bedürfen sie einer verfassungsgemäßen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Der Gesetzgeber hat ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und zudem organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, die der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken. 609 Für die Zulässigkeit eines Einsatzes elektronischer Erhebungssysteme folgt hieraus, daß zunächst zu prüfen ist, ob die automatische Erhebung von Mautgebühren tatsächlich im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit stattfindet. Dies wird man uneingeschränkt bejahen können, da die Bemautung den Bau und die Unterhaltung neuer Bundesfernstraßen ermöglichen soll und damit zweifellos dem überwiegenden Allgemeininteresse dient. 610 Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stellt sich die Frage, ob es nicht weniger einschneidende Methoden gibt, um die mit einer elektronischen Gebührenerhebung verfolgten Ziele zu erreichen. Sofern man davon ausgeht, daß eine manuelle Erhebung der Mautgebühren weniger effizient und mit erheblichen Eingriffen in den Verkehrsfluß verbunden ist, 611 ist dies jedoch nicht der Fall. Allerdings gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 607
Schnauhuber, RDV 1995, S. 160 ff. (160). Ohne Datenspeicherung wird man nur dann auskommen, wenn man sich mit sporadischen Polizeikontrollen begnügt und in Kauf nimmt, daß nicht jeder „Schwarzfahrer" ertappt werden kann. 608 Die Einholung einer Einwilligung der betroffenen Autofahrer vermag an der Eingriffsqualität nichts zu ändern, da jeder, der auf die Benutzung der gebührenpflichtigen Straße angewiesen ist, hier unter faktischem Zwang stünde und die Einwilligung daher in vielen Fällen nicht freiwillig erteilt würde, so zutreffend Schnauhuber, RDV 1995, S. 160 ff. (160). 609 BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. -, BVerfGE 65, 1 ff. (43 f.). 610 Vgl. auch Schnauhuber, RDV 1995, S. 160 ff. (160 f.). 611 Vgl. oben vor a).
208
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
daß bei Auswahl und Ausführung der verfügbaren Erhebungssysteme demjenigen der Vorzug gegeben wird, das das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen so wenig wie möglich beeinträchtigt. Zu den diesbezüglichen Forderungen, die an elektronische Erhebungssysteme zu stellen sind, gehört insbesondere, daß personenbezogene Daten bei ordnungsgemäßer Benutzung grundsätzlich nicht erhoben werden. Gleichwohl erhobene Daten müssen so früh wie möglich anonymisiert werden. Soweit eine Datenspeicherung ausnahmsweise erforderlich ist, hat diese nach Möglichkeit dezentral zu erfolgen, damit unbefugte Zugriffe ausgeschlossen werden. Um sie vor mißbräuchlicher Nutzung zu schützen, sind die erhobenen Daten darüber hinaus einer strengen Zweckbindung zu unterwerfen. Zudem muß sichergestellt werden, daß die Daten nach Erreichung des Datenerhebungszwecks gelöscht werden. 612 Die Identität der Nutzer sollte nur dann aufgedeckt werden, wenn gesicherte Anhaltspunkte für eine Verletzung der Gebührenpflicht vorliegen. Kein Nutzer, der die Gebühr korrekt entrichtet hat oder der der Gebührenpflicht nicht unterliegt, darf als Nicht- oder Falschzahler registriert und aufgrund unberechtigter Beweissicherung zur Nachentrichtung der Gebühr herangezogen werden. 613 Die zur Erfassung der Nicht- oder Falschzahler installierten Videokontrollsysteme müssen demnach so konstruiert sein, daß sie lediglich den Nicht- oder Falschzahler erfassen, während der sich korrekt verhaltende Verkehrsteilnehmer anonym bleibt. Eine Videoaufzeichnung des gesamten Verkehrs, um im Anschluß daran die Bilder derjenigen Fahrzeuge zu selektieren und abzuspeichern, bei denen die Gebühren nicht ordnungsgemäß abgebucht werden konnten, ist unzulässig. 614 Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht bedürfen schließlich einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage. Dies wirft die Frage auf, ob die mit der Einführung elektronischer Mauterhebungssysteme verbundenen Eingriffe in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht bereits im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften des BDSG bzw. der Landesdatenschutzgesetze615 gerechtfertigt sind. Das BDSG bzw. die Landesdatenschutzgesetze dienen nicht nur dazu, den einzelnen vor dem Mißbrauch seiner Daten zu schützen (vgl. § 1 Abs. 1 BDSG); sie enthalten darüber
612
Zu diesen und weiteren Forderungen aus datenschutzrechtlicher Sicht vgl. Has-
semer/Topp, NZV 1995, S. 169 ff. (171 f.). 613 Vgl. hierzu auch TÜV Rheinland, Feldversuch „Autobahntechnologien A 555", 1995, S. 28 ff. 614 So auch Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff. (102); Müller/Schoder/Stoll, CR 1993, S. 785 ff. (787). 615 Die Landesdatenschutzgesetze folgen weitgehend den Grundentscheidungen und der Grundstruktur des BDSG und stimmen auch untereinander im wesentlichen überein. Zu den Abweichungen, insbesondere in Sachsen vgl. Stollreither, DuD 1992, S. 277 ff.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
209
hinaus auch Eingriffsnormen, die das Erheben, Verarbeiten und Nutzen personenbezogener Daten unter bestimmten Voraussetzungen erlauben. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß die notwendigerweise mit unbestimmten Rechtsbegriffen arbeitenden Regelungen des BDSG bzw. der Landesdatenschutzgesetze nicht in jedem Falle den Anforderungen entsprechen, die das BVerfG 6 1 6 an die „Konkretheit" und „Normenklarheit" datenschutzrechtlicher Eingriffsnormen stellt. In besonders „sensiblen" Bereichen staatlicher oder privater Datenverarbeitung wird man die allgemeinen Eingriffsnormen des BDSG bzw. der Landesdatenschutzgesetze als nicht ausreichend ansehen und die Schaffung spezieller rechtlicher Grundlagen fordern müssen. 617 So auch hier. Aufgrund der speziellen datenschutzrechtlichen Anforderungen, die an eine automatisierte Gebührenerhebung zu stellen sind, genügen die allgemeinen Regelungen des BDSG bzw. der Landesdatenschutzgesetze nicht, um Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht zu legitimieren. Vielmehr setzt der Einsatz elektronischer Gebührenerhebungssysteme den Er618
laß bereichsspezifischer Datenschutzregelungen voraus. Der Bundesgesetzgeber hat also gesondert zu regeln die Voraussetzungen, unter denen die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten im Rahmen der automatischen Gebührenerhebung zulässig ist, ferner die insoweit erhebungsund nutzungsberechtigten Stellen, die Rechte der Betroffenen und insbesondere die Zwecke, fur die die erhobenen Daten verwendet werden dürfen. 619 Nur auf diese Weise kann den speziellen datenschutzrechtlichen Belangen potentieller Gebührenschuldner Rechnung getragen werden.
c) Erfahrungen mit automatischen Gebührenerhebungssystemen aa) Erfahrungen
in der Bundesrepublik Deutschland
Im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums wurde 1993 der Feldversuch „Automatische Gebührenerhebung (AGE) auf Autobahnen in Deutschland" gestartet. In der Zeit von Mai 1994 bis Mai 1995 wurden auf der Autobahn A 555 zwischen dem Autobahnkreuz Bonn-Nord und der Anschlußstelle Wesseling verschiedene Technologien international renommierter Hersteller im Fahr616
Vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. -, BVerfGE 65, 1 ff. (44). Ordemann/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 6. Aufl. 1997, § 1 Rn. 4.1 m.w.N. Zur Funktion des BDSG als „lückenfüllendes Auffanggesetz" vgl. Gola, NJW 1995, S. 3283 ff. (3285). 618 So auch Schnauhuber, RDV 1995, S. 160 ff. (161). Auf die Notwendigkeit bereichsspezifischer Regelungen weisen auch Roßnagel/P or desch, DuD 1995, S. 77 ff. (85) hin. 617
619
Schnauhuber, RDV 1995, S. 160 ff. (161 f.).
14 Susanne Schmitt
210
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
versuch auf ihre Alltagstauglichkeit untersucht. Ziel des Feldversuchs war es, einen Anforderungskatalog für künftige AGE-Systeme zu erstellen und die Grundlagen für die Entscheidung über eine Einführung automatisch erhobener, streckenbezogener Straßenbenutzungsgebühren für Autobahnen zu schaffen. 620 Die Ergebnisse des Feldversuchs liegen inzwischen vor. 6 2 1 Der Versuch hat gezeigt, daß prinzipiell geeignete Technologien für eine automatische Gebührenerhebung zur Verfügung stehen, so daß aus technischer Sicht eine flächendeckende Einführung von AGE-Systemen auf deutschen Autobahnen in wenigen Jahren möglich sein wird. Ein vollautomatischer Betrieb ohne jegliche Unterstützung durch manuelle Kontrollen ist derzeit allerdings nicht machbar. Aufgrund des Aufwandes, der mit manuellen Kontrollen verbunden ist, muß davon ausgegangen werden, daß eine automatische Gebührenerhebung für alle Fahrzeuge zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht realisiert werden kann. Für eine ausreichend kleine Teilgruppe von Fahrzeugen - konkret für schwere Lkw ab 12 t zulässigem Gesamtgewicht 622 - wird der durch manuelle Kontrollen entstehende Zusatzaufwand jedoch für vertretbar erachtet. Auch in datenschutzrechtlicher Hinsicht ist der Versuch nicht ganz zufriedenstellend verlaufen; keines der im Feldversuch vorgestellten Systeme konnte die datenschutzrechtlichen Anforderungen vollständig erfüllen. Hier besteht noch weiterer Entwicklungsbedarf. 623
bb) Erfahrungen
im Ausland
Im Gegensatz zur Bundesrepublik sind elektronische Systeme zur Erhebung von Mautgebühren in anderen Ländern bereits im Einsatz. Am weitesten ist man in Norwegen. 624 Dort führte Bergen als erste europäische Stadt Mitte der achtziger Jahre eine elektronische Straßenbenutzungsgebühr ein. Im Vordergrund stand dabei nicht die Finanzierungsfunktion einer Gebührenerhebung, sondern die Steuerung der Nutzung der öffentlichen Infrastruktur mit marktwirtschaftlichen Mitteln. Aus diesem Grund wurden Fahrten in die Innenstadt nur tagsüber und an Werktagen mit einer Gebühr belastet. Dagegen dient das seit 1990 in Oslo bestehende Mautsystem ausschließlich der
620
Vgl. TÜVRheinland, Feldversuch „Autobahntechnologien A 555", 1995, S. 1. Zu den Ergebnissen des Feldversuchs vgl.eim einzelnen TÜV Rheinland, a.a.O., S. 1 ff., 26 ff. 622 Vgl. hierzu TÜV Rheinland, Feldversuch „Autobahntechnologien A 555", 1995, S. 31 ff. 623 Siehe hierzu TÜV Rheinland, a.a.O., S. 28 ff. 624 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Frank/Münch, Deutsche Bank Bulletin, Oktober 1991, S. 1 ff. (5). 621
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
211
Finanzierung neuer Hauptstraßen. Dort werden alle Fahrzeuge, die in den CityBereich der Stadt fahren, an einer von insgesamt 18 Mautstationen erfaßt. Der Fahrer hat die Wahl zwischen verschiedenen Zahlungssystemen; er kann auf herkömmliche Art an der Kasse zahlen, ein Dauerabonnement kaufen oder jede einzelne Fahrt elektronisch buchen lassen. Die Dauerkarten werden an der Windschutzscheibe angebracht; stellt der Computer an der Mautstation fest, daß kein gültiges Abonnement vorliegt, werden Fahrzeug und Fahrer fotografiert und eine Geldstrafe verhängt. Soweit die Dauerkarte gültig ist, ist die Anonymität der Nutzer gewahrt. Hingegen erfolgt die elektronische Abbuchung im Postpay-Verfahren über im Fahrzeug angebrachte Chips und erweist sich daher in datenschutzrechtlicher Hinsicht als besonders prekär. Seit einiger Zeit gibt es automatische Gebührenerhebungssysteme auch in 625
Kalifornien (z.B. auf den Expreß-Fahrstreifen am Riverside-Freeway ). In Hongkong hingegen wurde das in den achtziger Jahren probeweise eingeführte elektronische Erhebungssystem nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Das auf der Postpay-Variante basierende System, das es den Verkehrsteilnehmern ermöglichte, die entrichteten Gebühren am Jahresende mit der Kraftfahrzeugsteuer zu verrechnen, stieß in der Öffentlichkeit aufgrund der fehlenden Datensicherheit auf erheblichen Widerstand und wurde daher nicht fortgesetzt. 626 d) Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine automatische Gebührenerhebung durch den privaten Betreiber Der Einsatz elektronischer Mauterhebungssysteme bedarf, wie zuvor ausgeführt, 627 der Schaffung bereichsspezifischer Datenschutzregelungen. Dies gilt auch dann, wenn die Erhebung personenbezogener Daten nicht durch eigene Behörden des Staates, sondern - wie im Falle des § 2 FStrPrivFinG - durch beliehene Private erfolgt. 628 Das FStrPrivFinG sieht allerdings solche bereichsspezifischen Regelungen nicht vor. § 6 S. 2 FStrPrivFinG beschränkt sich lediglich darauf, eine Gebührenerhebung mittels automatischer Einrichtungen für zulässig zu erklären. Auch in anderen Gesetzen findet sich keine spezielle Reglementierung der datenschutzrechtlichen Anforderungen an elektronische Er-
625
Vgl. hierzu Reinhold, Straßenverkehrstechnik 5/96, S. 209 ff. Zu den ExpreßFahrstreifen am Riverside Freeway vgl. bereits im Ersten Teil sub C. IV. 626 Zu den Erfahrungen in Hongkong vgl. McKay, Möglichkeiten der privatwirtschaftlichen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur-Investitionen in der EG, 1989, S. 43 ff. 627 Vgl. oben sub b). 628 Vgl. auch § 2 Abs. 4 S. 2 BDSG, wonach Privatpersonen oder private Unternehmen, die hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, als öffentliche Stellen im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes gelten.
212
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
fassungsysteme. Insoweit besteht also noch gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Bevor nicht entsprechende Regelungen erlassen werden, ist eine automatische Gebührenerhebung durch den privaten Betreiber unzulässig. Ob der private Betreiber von § 6 S. 2 FStrPrivFinG Gebrauch macht und die Mautgebühren mittels automatischer Einrichtungen erhebt, hängt aber nicht nur davon ab, ob die erforderlichen datenschutzrechtlichen Eingriffsregelungen geschaffen werden. Darüber hinaus sind möglicherweise weitere Regelungen notwendig, die zwar mit datenschutzrechtlichen Belangen unmittelbar nichts zu tun haben, für eine effiziente Gebührenerhebung mittels automatischer Einrichtungen aber unabdingbar sind. Gerade im Hinblick auf die Erfassung und Verfolgung von Nicht- oder Falschzahlern (sog. Enforcement) könnte es erforderlich sein, dem privaten Betreiber zusätzliche Kompetenzen einzuräumen. Denn während bei einer Gebührenerhebung im manuellen Verfahren regelmäßig nur derjenige, der die Maut ordnungsgemäß entrichtet, die Mautstation passieren kann und Zugang zur gebührenpflichtigen Straße erhält, ist die Mautstrecke bei einer automatischen Gebührenerhebung grundsätzlich auch für Nicht- oder Falschzahler befahrbar. Um Gebührenverlusten vorzubeugen, muß der private Betreiber die Möglichkeit haben, Nicht- oder Falschzahler zu erfassen und die nichtbezahlte Maut beizutreiben.
aa) Erfassen und Identifizieren
der Nicht- oder Falschzahler
Zur Erfassung der Nicht- oder Falschzahler sehen die gängigen elektronischen Mautsysteme vor, die Fälle einer fehlgeschlagenen Mauterhebung durch ein Foto beweiskräftig festzuhalten. Über das Kfz-Kennzeichen können dann der Halter und möglicherweise auch der Fahrer des Fahrzeuges ausfindig ge629
macht und zur Nachentrichtung der Gebühr aufgefordert werden. Diese Vorgehensweise müßte allerdings von den dem privaten Betreiber im FStrPrivFinG eingeräumten Befugnissen gedeckt sein. Zweifel könnten sich insoweit ergeben, als § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG bestimmt, daß hoheitliche Befugnisse - hierum handelt es sich bei der fotografischen Erfassung zum Zwecke der Gebührenerhebung - auf den Privaten nur dann übergehen, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist. Die Existenz der zuvor angesprochenen bereichsspezifischen Regelungen vorausgesetzt, wird man das Festhalten der Nicht- oder Falschzahler über eine Bildaufnahme gemäß § 2 i.V.m. § 6 S. 2 FStrPrivFinG ohne weiteres für zulässig halten dürfen. Wenn es dem Privaten gestattet ist, die Gebühren mittels automatischer Einrichtungen zu erheben, beinhaltet dies regelmäßig auch die Be629
b).
Zur Haftung des Fahrzeughalters gemäß § 5 Nr. 3 FStrPrivFinG vgl. oben sub 5.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
213
fugnis, die datenschutzrechtlich zulässigen technischen Vorkehrungen zur Erfassung von Nicht- oder Falschzahlern zu treffen. Sofern die Anonymität der Nutzer, die die Gebühr ordnungsgemäß entrichtet haben, gewahrt bleibt, steht einer fotografischen Erfassung der Nicht- oder Falschzahler durch den Privaten somit nichts entgegen. Zur Identifizierung des Fahrzeughalters anhand des Kfz-Kennzeichens ist der Private auf eine Abfrage des Kraftfahrzeugregisters angewiesen.630 § 35 Abs. 1 StVG, der die Übermittlung der Registerdaten an Behörden und sonstige öffentliche Stellen gestattet, ist allerdings nicht einschlägig: Der Private, der das Recht zur Gebührenerhebung hat, ist zwar insoweit als Beliehener „Behörde" i.S.d. § 1 Abs. 4 V w V f G 6 3 1 und damit wohl auch „Behörde und sonstige öffentliche Stelle" i.S.d. § 35 Abs. 1 StVG. Die Auskunftserteilung gemäß § 35 Abs. 1 StVG ist aber nur dann zulässig, wenn sie einem der in der Vorschrift genannten Zwecke dient. Die Verfolgung von Ansprüchen nach dem FStrPrivFinG ist - im Gegensatz zu den Ansprüchen nach dem ABBG (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 10 StVG) - in § 35 Abs. 1 StVG jedoch nicht genannt. Dem Privaten bliebe daher nur der Anspruch auf eine einfache Registerauskunft gemäß § 39 Abs. 1 StVG. Er hätte dann in jedem einzelnen Falle konkret darzulegen, daß er die Halterdaten zur Geltendmachung seines Gebührenanspruchs, d.h. eines Rechtsanspruchs im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr i.S.d. § 39 Abs. 1 StVG, benötigt. 632 Dies stellt auf Dauer eine recht umständliche Vorgehensweise dar, so daß es sich anbietet, dem privaten Betreiber durch gesetzliche Regelung eine dem § 35 Abs. 1 StVG entsprechende Datenübermittlung zu ermöglichen. Die automatische Feststellung der Nicht- oder Falschzahler könnte durch manuelle Kontrollen unterstützt werden, indem von Zeit zu Zeit Fahrzeuge nach dem Passieren des Erhebungsquerschnittes angehalten werden und überprüft wird, ob die Gebühr korrekt entrichtet wurde. Solange die elektronischen Mautsysteme technisch noch nicht so weit ausgereift sind, daß sie eine lückenlose - und vor allem datenschutzrechtlich unbedenkliche - Erfassung der „Schwarzfahrer" gewährleisten, 633 scheinen solche Stichprobenkontrollen unumgänglich zu sein. Das FStrPrivFinG sieht allerdings keine derartigen Kontrollrechte für den privaten Betreiber vor. 6 3 4 Auch den §§ 2, 6 S. 2 FStrPriv-
630
Zum Inhalt des Kraftfahrzeugregisters vgl. § 33 StVG. Vgl. hierzu oben sub I. 2. a). 632 Vgl. Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff. (102). Eine „Glaubhaftmachung" der Gründe für das Auskunftsbegehren ist jedoch nicht erforderlich, vgl. Amtl. Begründung zum StVG, VkBl 1987, S. 832. 633 Vgl. hierzu die Ergebnisse des Feldversuches auf der A 555 sub c) aa). 634 Vgl. demgegenüber die ausdrücklich normierten Kontrollrechte des Bundesamtes für Güterverkehr und der Zollbehörden in § 3 ABBG. 631
214
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
FinG läßt sich keine Ermächtigung zur Durchführung stichprobenartiger Kontrollen entnehmen. Der Private hat lediglich das Recht zur „Erhebung" von Mautgebühren; da sich die manuellen Kontrollen aber zwangsläufig auch auf diejenigen Straßenbenutzer erstrecken, die die Gebühr ordnungsgemäß entrichtet haben, haben sie mit der Gebührenerhebung als solcher nichts mehr zu tun. Es gilt vielmehr § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG, wonach hoheitliche Befugnisse ausgeschlossen sind, soweit nicht das Gesetz etwas anderes bestimmt. 635 Der Private könnte sich insoweit allenfalls auf privatrechtliche Befugnisse berufen und die Notrechte in Anspruch nehmen, die jeder Privatperson zum Schutz ihrer Rechtsgüter zustehen (z.B. §§ 32 StGB, 227 BGB, 127 StPO). Diese Rechte setzen einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf ein Rechtsgut des privaten Betreibers voraus. Sie können also nur dann zur Anwendung gelangen, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen tatsächlichen Betrugsversuch des Straßenbenutzers bestehen;636 eine allgemeine Überprüfung des fließenden Verkehrs durch den Privaten läßt sich damit jedoch nicht rechtfertigen. 637 Sofern das FStrPrivFinG nicht um Vorschriften mit entsprechenden Kontrollbefugnissen ergänzt wird, bleibt der Private hier auf die Unterstützung staatlicher Behörden angewiesen.
bb) Beitreiben der Maut Die Mautgebühr kann, da es sich dabei nicht um ein privatrechtliches Entgelt, sondern um eine staatliche Gebühr handelt, 638 mangels anderweitiger Regelungen im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden. 639 In den Bundesländern, in denen der Grundsatz der Selbstvollstreckung gilt und jede Verwaltungsbehörde die von ihr erlassenen Verwaltungsakte grundsätzlich selbst vollstreckt, 640 ist der Private - als Behörde i.S.d. § 1 Abs. 4 VwVfG 6 4 1 - zur selbständigen Durchführung des Verwaltungszwangsverfahrens berechtigt. In
635
So auch Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff. (103). Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff (103), weist daraufhin, daß sich ein Täter oder ein zu Unrecht Beschuldigter jederzeit darauf berufen könne, daß die fehlgeschlagene Mauterhebung lediglich auf technische Fehler oder äußere Einflüsse zurückzuführen sei. Eine mißlungene elektronische Zahlung stelle aber für sich noch keinen notwehrfähigen Angriff auf ein Rechtsgut des Betreibers dar. 637 Vgl. hierzu die Diskussion um die Befugnisse privater Sicherheitsgewerbe im allgemein zugänglichen Verkehrsraum, Stober, NJW 1997, S. 889 ff. 638 Vgl. hierzu oben sub III. 2. 639 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 10. 640 So z.B. § 4 LVwVG BW, vgl. dazu Fliegauf/Maurer, Verwaltungsvollstrekkungsgesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 2. Aufl. 1983, § 4 Rn. 1. 641 Vgl. hierzu oben sub I. 2. a). 636
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
215
den übrigen Bundesländern 642 bedient er sich der Hilfe staatlicher Vollstrekkungsbehörden. Da somit auf die Regelungen der Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder zurückgegriffen werden kann, 643 ist die Aufnahme spezieller Vorschriften über die Beitreibung der Maut zwar nicht zwingend erforderlich, aus Gründen der Übersichtlichkeit und Transparenz aber doch wünschenswert.
cc) Sanktionieren eines Verstoßes gegen die Zahlungspflicht Da es sich bei der Maut um eine öffentlich-rechtliche Gebühr handelt, könnte der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen die Gebührenpflicht durch entsprechende gesetzliche Regelung als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Um abschreckende Wirkung zu entfalten, müßte die Wahrscheinlichkeit, als Nicht- oder Falschzahler ertappt zu werden, multipliziert mit der zu erwartenden Sanktion, größer sein als die ordnungsgemäß zu zahlende Gebühr. 644 Eine Bußgeldvorschrift fur „Schwarzfahren" ist im FStrPrivFinG jedoch bislang nicht vorgesehen, obwohl dies aus Betreibersicht durchaus sinnvoll wäre, da insbesondere bei einer automatischen Gebührenerhebung die Gefahr einer Gebührenhinterziehung besteht. Man könnte daher daran denken, eine dem § 4 ABBG entsprechende Bußgeldvorschrift in das FStrPrivFinG aufzunehmen. Danach handelte ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig als Fahrzeugfuhrer eine aufgrund einer Rechtsverordnung i.S.d. § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG mautpflichtige Straße oder ein mautpflichtiges Bauwerk mit einem Kraftfahrzeug benutzt oder als Halter eines Kraftfahrzeuges oder als Person, die über den Gebrauch des Kraftfahrzeuges bestimmt, eine solche Benutzung anordnet oder zuläßt, 645 obwohl die nach dem FStrPrivFinG geschuldete Gebühr nicht entrichtet und nicht gestundet worden ist. Die Verfolgung und Ahndung von Mautpflichtverstößen obläge wegen § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG nicht dem privaten Betreiber, sondern den jeweils zustän-
642
Vgl. z.B. § 1 Abs. 1 S. 2, § 2 LVwVG NRW. Zur Geltung der Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder vgl. § 1 Abs. 1 VwVG i.V.m. den jeweiligen Vorschriften in den Landesgesetzen (z.B. § 1 LVwVG BW). 644 Lenz, DRiZ 1994, S. 201 ff. (206). 645 Der Halter bzw. die Person, die über den Gebrauch des Fahrzeuges bestimmt, würde also für eigenes Unrecht einstehen müssen; hingegen verstieße eine pauschale Halterhaftung für den Fall, daß der Fahrer nicht ermittelt werden kann, gegen das Verschuldensprinzip und das Schweigerecht des Betroffenen und wäre daher unzulässig. Zu der Frage, ob dem Halter entsprechend dem Vorbild des § 25 a StVG wenigstens die Verfahrenskosten auferlegt werden könnten, vgl. Roßnagel, ZRP 1995, S. 100 ff. (103 f.). 643
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
digen staatlichen Behörden. 646 Dabei ist freilich zu berücksichtigen, daß eine mißglückte Mauterhebung immer auch auf einen technischen Fehler des Erhebungssystems zurückzufuhren sein kann. In diesem Fall müßte nachgewiesen werden, daß die Anlage ordnungsgemäß funktioniert hat und dennoch keine Mauterhebung möglich war (z.B. wegen fehlender oder „leerer" Chipkarte). Welche Anforderungen an den Nachweis der Funktionsfähigkeit des Mautsystems zu stellen sind, wird letztlich davon abhängen, wie zuverlässig die technischen Systeme in der Regel arbeiten und inwieweit daher im konkreten Fall die Vermutung für ein technisch korrektes Funktionieren der Anlage spricht. 647
IV. Die rechtliche Umsetzung des Gebührenerhebungsrechts Erlaß einer Mautverordnung (§ 3 Abs. 3 FStrPrivFinG) Das FStrPrivFinG bedarf eines weiteren rechtlichen Umsetzungsaktes: Die Höhe der Mautgebühren sowie die konkreten Straßen und Bauwerke, für deren Benutzung Mautgebühren erhoben werden, sind gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Verkehr, die nicht an die Zustimmung des Bundesrates gebunden ist, festzulegen. Hatte der Gesetzentwurf das Bundesverkehrsministerium noch ermächtigt, die Mautverordnung „nach Anhörung der obersten Landesstraßenbaubehörden" zu erlassen, so hat das Bundesverkehrsministerium nach nunmehr geltendem Recht jeweils vor Erlaß der Rechtsverordnung das „Einvernehmen mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden" herbeizuführen. 648
1. Inhalt der Mautverordnung Entgegen dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG bedürfen nicht nur die Höhe der Mautgebühren und die Festlegung der mautpflichtigen Straßen und Bauwerke einer Regelung durch Rechtsverordnung. Auch die namentliche Bestimmung des konkreten Privaten, der gemäß § 2 FStrPrivFinG das Recht zur Gebührenerhebung hat, muß durch Rechtssatz erfolgen. 646
Zu den Möglichkeiten einer Beleihung vgl. die Diskussionen im Zusammenhang mit der Problematik einer Verkehrsüberwachung durch Private, siehe hierzu AG Tiergarten, U.v. 24.4.1996 - 304 a OWi 467/96 - (nicht rechtskräftig), NStZ-RR 1996, S. 277 f.; Scholz, NJW 1997, S. 14 ff.; Steegmann, NJW 1997, S. 2157 ff.; Steiner,
DAR 1996, S. 272 ff. 647 Vgl. hierzu die Rechtsprechung des BGH zum Nachweis von Geschwindigkeitsüberschreitungen, B.v. 19.8.1993 - 4 StR 627/92 -, BGHSt 39, 291 ff. Zur Beweisführung bei Verstößen gegen die Mautpflicht vgl. Roßnagel/P ordesch, DuD 1995, S. 77 ff. (81 f.). 648 Zu den Hintergründen dieser Änderung vgl. oben sub Β.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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Die Beleihung eines Privaten mit bestimmten hoheitlichen Befugnissen bedarf, wie bereits ausgeführt wurde, 649 einer gesetzlichen Grundlage. Die gesetzliche Grundlage für die Übertragung der Gebührenerhebungskompetenz auf den privaten Investor ist § 2 FStrPrivFinG. Unmittelbar aus § 2 FStrPrivFinG geht allerdings noch nicht hervor, welcher konkrete Private befugt ist, für die Benutzung der von ihm errichteten und finanzierten Straßen Gebühren zu verlangen. Erst im Zusammenhang mit dem Konzessionsvertrag, in dem dem privaten Betreiber die Aufgaben des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zur Ausführung übertragen werden, läßt sich der Gebührenerhebungsberechtigte konkret bestimmen. Dieser Vertrag entfaltet seine Wirkung zunächst nur im Verhältnis zwischen Staat und privatem Investor. Mit Übertragung der Gebührenerhebungskompetenz auf den Privaten sollen aber Außenbeziehungen zu den Straßenbenutzern begründet werden. Es bedarf daher einer rechtssatzmäßigen Zuständigkeitsvorschrift, die das gebührenerhebungsberechtigte Organ auch im Außenverhältnis, d.h. gegenüber den potentiellen Straßenbenutzern, festlegt. 650 In der gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG zu erlassenden Rechtsverordnung muß daher auch der erhebungsberechtigte Private präzisiert und namentlich genannt werden. 651
2. Zeitpunkt des Erlasses der Mautverordnung Zum Zeitpunkt des Erlasses der Mautverordnung enthält die Regelung in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG keine Vorgaben. Da erst durch die Mautverordnung die konkrete mautpflichtige Strecke, der erhebungsberechtigte Private sowie die Gebührenhöhe im Außenverhältnis zu den Straßenbenutzern festgelegt werden, der private Investor somit vor Verordnungserlaß von seinem Gebührenerhebungsrecht keinen Gebrauch machen kann, muß sie spätestens zur Verkehrsfreigabe des privat errichteten und finanzierten Straßenbauprojektes vorliegen. 652 Vor diesem Zeitpunkt wird der Erlaß einer Mautverordnung schon aus praktischen Erwägungen nicht in Betracht kommen, da eine Festlegung der Gebührenhöhe erst dann sinnvoll ist, wenn zumindest die Baukosten des Projektes feststehen, was vor Abschluß der Baumaßnahme regelmäßig nicht der Fall
649
Vgl. oben sub I. 2. a).
650
Vgl. Steiner, JuS 1969, S. 69 ff. (73 f.).
651 Eine namentliche Nennung des jeweils beliehenen Privaten durch Rechtssatz fordern auch Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151) und Mar schall!Sehr oeter! Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 7 Rn. 24. 652 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, 1995, S. 5.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
ist. 6 5 3 Auch für das Pilotprojekt Warnow-Querung in Rostock 654 existiert noch keine entsprechende Rechtsverordnung, da bislang insbesondere eindeutige vertragliche Festlegungen zur Höhe der Mautgebühren fehlen. 655 Zu beachten ist allerdings, daß die für den Erlaß der Rechtsverordnung zuständigen Instanzen bereits vor Abschluß des Konzessionsvertrages miteinbezogen werden, da der Konzessionsvertrag auf den Inhalt der künftigen Mautverordnung insoweit vorgreiflich ist, als dort das konkrete, im Wege des Betreibermodells zu realisierende Projekt näher bezeichnet und möglicherweise auch die Gebührenhöhe festgeschrieben wird. Der Konzessionsvertrag darf daher nicht abgeschlossen werden, bevor sich nicht das Bundesministerium für Verkehr im Einvernehmen mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden für die Realisierung einer bestimmten Maßnahme als Betreibermodell ausgesprochen hat. Für den Fall, daß der Vertrag bereits konkrete Zugeständnisse hinsichtlich der Gebührenhöhe macht, muß auch dies von den in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG genannten Normgebungsinstanzen „abgesegnet" werden. 6 5 6
3. Einhaltung der Anforderungen Verordnungsermächtigung
an eine gebührenrechtliche gemäß Art. 80 GG?
Die Auferlegung von Gebühren bedarf, da es sich insoweit um einen Grundrechtseingriff handelt, stets einer gesetzlichen Grundlage. 657 Aber auch eine Rechtsverordnung - wie sie gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG vorgesehen ist kann eine Gebührenregelung schaffen, sofern sie auf einer verfassungsrechtlich einwandfreien Ermächtigung durch förmliches Gesetz beruht. 658 Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die zum Erlaß einer Rechtsverordnung ermächtigende Norm enthält Art. 80 GG. Zu prüfen ist, ob § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG diesen Anforderungen entspricht.
653 In diesem Sinne auch die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 6. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, die Mautgebühren nicht anhand der tatsächlichen, sondern anhand der bei der Ausschreibung veranschlagten Baukosten zu ermitteln, vgl. hierzu oben sub III. 4. a) aa) (3) 6 5 4 654 Zum Pilotprojekt Warnow-Querung vgl. Einleitung. 655 So die schriftliche Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr vom 19.3.1997 an die Verfasserin. 656 Vgl. hierzu bereits oben sub II. 2. c). 657 Vgl. BVerfG, B.v. 11.10.1966 - 2 BvR 179/64 u.a. -, BVerfGE 20, 257 ff. (269); Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 46. 658 BVerfG, a.a.O., S. 269; vgl. auch BVerwG, U.v. 1.3.1996 - 8 C 29.94 -, BVerwGE 100, 323 ff. (325); ferner Altenmüller, BWVPr 1977, S. 230 ff. (230).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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a) Der Bestimmtheitsgrundsatz gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG Gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Der Gesetzgeber selbst muß also die Entscheidung treffen, welche Fragen durch Rechtsverordnung geregelt werden sollen (Inhalt), er muß die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen (Ausmaß) und angeben, welchem Ziel die Regelung dienen soll (Zweck); 6 5 9 dabei genügt es allerdings, wenn sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung durch Auslegung ermitteln lassen, und zwar durch Auslegung des gesamten Gesetzes, das die Ermächtigung enthält, nicht nur der Ermächtigungsvorschrift. 660 Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG verlangt auch nicht, daß die Ermächtigung so bestimmt wie irgend möglich umschrieben ist; sie muß nur „hinreichend bestimmt" sein. 661 Dies setzt voraus, daß bereits aus dem ermächtigenden Gesetz zu ersehen ist, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird und welchen Inhalt die Rechtsverordnung haben kann. 6 6 2 Die Ermächtigung zum Erlaß einer Mautverordnung in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG ist insoweit nicht zu beanstanden. Der Inhalt der zu erlassenden Rechtsverordnung ist in der Ermächtigungsnorm ausdrücklich genannt; in der Verordnung sollen die Gebührenhöhe und die mautpflichtigen Strecken festgelegt werden. Auch der Zweck der Mautverordnung ist hinreichend bestimmt; aus dem Gesetz ergibt sich, daß die Gebühren, deren Höhe durch Rechtsverordnung festgelegt wird, der Refinanzierung des privaten Investors dienen sollen. Letztlich genügt § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG dem Bestimmtheitsgrundsatz auch insoweit, als das Ausmaß der Ermächtigung hinreichend deutlich wird; § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG setzt dem Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers bei der Bemessung der Gebührenhöhe ausreichende Grenzen. Daß der Gesetzgeber die Gebührenhöhe durch Angabe eines Gebührenrahmens oder einer -höchstgrenze zahlenmäßig festlegt, ist zur Wah-
659 BVerfG, B.v. 10.6.1953 - 1 BvF 1/53 -, BVerfGE 2, 307 ff. (334); B.v. 30.1.1968 - 2 BvL 15/65 -, BVerfGE 23, 62 ff. (72); Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 80 Rn. 20. 660 BVerfG, B.v. 12.11.1958 - 2 BvL 4/56 u.a. -, BVerfGE 8, 274 ff. (307); B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257 ff. (277); B.v. 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. -, BVerfGE 80, 1 ff. (20 f.); Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1978, Art. 80 Rn. 30. 661 BVerfG, B.v. 12.11.1958 - 2 BvL 4/56 u.a. -, BVerfGE 8, 274 ff. (312); B.v. 25.11.1980 - 2 BvL 7/76 u.a. -, BVerfGE 55, 207 ff. (226). 662 BVerfG, U.v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 ff. (60); B.v. 13.10.1970 - 2 BvR 618/68 -, BVerfGE 29, 198 ff. (210); B.v. 25.5.1976 - 2 BvL 1/75 -, BVerfGE 42, 191 ff. (200); B.v. 25.5.1976 - 2 BVL 7/76 u.a. -, BVerfGE 55 ff.
(226).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
rung des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht erforderlich. 663 Wenn dem Verordnungsgeber gleichzeitig ein „gesetzgeberisches Programm" an die Hand gegeben wird, dann können auch die herkömmlichen Gebührengrundsätze zur Sicherung einer ausreichenden Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage genutzt werden. 664 Es genügt daher, wenn sich wie hier durch Auslegung ermitteln läßt, daß die Gebührenhöhe nach Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip zu bestimmen ist, zumal in § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG darüber hinaus auch konkrete Bemessungsmaßstäbe für die Höhe der Einzelgebühren vorgegeben sind. Der Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG ist somit gewahrt.
b) Der Ausschluß der Zustimmungsbedürftigkeit gemäß Art. 80 Abs. 2 GG Auch der in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG angeordnete Ausschluß der Zustimmungsbedürftigkeit bereitet keine verfassungsrechtlichen Probleme, obwohl die Gebührenverordnungen im Hinblick auf Art. 80 Abs. 2 GG an sich an die Zustimmung des Bundesrates gebunden wären. Die Zustimmungsbedürftigkeit ergibt sich zum einen aus Art. 80 Abs. 2 2. Alt. GG, da die Mautverordnungen aufgrund eines Bundesgesetzes ergehen, das selbst der Zustimmung des Bundesrates bedarf: Nach Art. 84 Abs. 1, 85 Abs. 1 GG bedürfen Bundesgesetze, die „die Einrichtung der Behörden" regeln, der Zustimmung des Bundesrates. Der Begriff der „Behörden" wird in diesem Zusammenhang weit ausgelegt und erfaßt auch landesunmittelbare beliehene Unternehmer. 665 Wenn es sich auch bei der Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nicht um eine Beleihung des privaten Investors handelt, so stellt doch die Übertragung der Gebührenerhebungskompetenz in § 2 FStrPrivFinG einen Fall der Beleihung dar. 666 Die betreffenden privaten Investoren werden insoweit mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet; sie üben gegenüber Dritten Verwaltungstätigkeit aus und handeln anstelle der sonst zuständigen staatlichen Behörden. § 2 FStrPrivFinG regelt demzufolge die Einrichtung einer „Behörde" i.S.d. Art. 84 Abs. 1,
663
BVerwG, U.v. 3.3.1994 - 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188 ff. (198); vgl. auch U.v. I.3.1996 - 8 C 29.94 -, BVerwGE 100, 323 ff. (327). 664 So Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 ff. (267) unter Berufung auf BVerfG, B.v. II.10.1966 - 2 BvR 179/64 -, BVerfGE 20, 257 ff. (270). Vgl. auch Ehle, DÖV 1962, S. 45 ff. (46). 665 Vgl. Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1985, Art. 84 Rn. 28 Fn. 10; von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 84 Anm. III. 4. c) und Art. 85 Anm. III. 1. a) bb). 666 Vgl. oben sub III. 2. a).
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Art. 85 Abs. 1 GG und löst die Zustimmungsbedürftigkeit des FStrPrivFinG sowie der aufgrund dessen zu erlassenden Rechtsverordnungen aus. Darüber hinaus ergibt sich die Zustimmungsbedürftigkeit der Mautverordnungen auch aus Art. 80 Abs. 2 3. Alt. GG, da das die ermächtigende Norm enthaltende FStrPrivFinG von den Ländern im Wege der Bundesauftragsverwaltung ausgeführt wird. 6 6 7 Die Bindung an die Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 80 Abs. 2 GG steht jedoch unter dem Vorbehalt einer anderweitigen bundesgesetzlichen Regelung. Von diesem Vorbehalt wurde in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG Gebrauch gemacht, indem eine Zustimmung des Bundesrates zu der jeweiligen Mautverordnung für nicht erforderlich erklärt wird. 6 6 8
c) Die Bindung an das Einvernehmen der obersten Landesstraßenbaubehörden Problematisch ist § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG allerdings insoweit, als er die zu erlassenden Gebührenverordnungen an das „Einvernehmen mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden" bindet. 669 Zwar tritt allein das unmittelbar zum Erlaß der Mautverordnung ermächtigte Bundesverkehrsministerium als Verordnungsgeber auf; ihm obliegt die Federführung und damit praktisch die Verordnungsinitiative. 670 Die betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden haben aber einen entscheidenden Einfluß auf das Zustandekommen und den Inhalt der Rechtsverordnung, da ohne ihr Einverständnis die Mautverordnung in der vom Bundesverkehrsministerium beabsichtigten Form nicht erlassen werden kann. 6 7 1 Rechtsverordnungen, die wie die Gebührenverordnung gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG an die Zustimmung, das Einvernehmen oder die
667 Zur Zustimmungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Bundesauftragsverwaltung durch die Länder vgl. auch BT-Drs. 12/7867 = BR-Drs. 417/94 (Anlage). 668 Zu der Frage, ob die Zustimmung des Bundesrates notwendig ist, wenn das Erfordernis der Bundesratszustimmung zu Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 2 GG ausgeschlossen wird, vgl. BVerfG, B.v. 24.2.1970 - 2 BvL 12/69 u.a. -, BVerfGE 28, 66 ff. (76 ff.). 669 Die Bestimmung der „obersten Landesstraßenbaubehörden" fällt in die Verwaltungsorganisation der Länder (vgl. Art. 85 Abs. 1 GG). Oberste Landesstraßenbaubehörde in Baden-Württemberg ist das Verkehrsministerium, vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung und des Verkehrsministeriums über Zuständigkeiten nach dem Bundesfernstraßengesetz und dem Eisenbahnkreuzungsgesetz vom 29.8.1988, GBl S. 262 f.; geänd. durch Art. 104 Anp-VO vom 23.7.1993, GBl S. 533 f. 670 Anders in den Fällen, in denen mehrere Adressaten zum Erlaß einer „gemeinsamen Rechtsverordnung" ermächtigt sind, vgl. Wilke, in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 80 Anm. V. 6. a). 671 Vgl. Wilke, a.a.O., Art. 80 Anm. V. 6. b).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Einwilligung einer anderen Stelle gebunden sind, werden „Zustimmungsverordnungen" genannt. 672 Im Gegensatz zum Bundesverkehrsministerium gehören die „obersten Landesstraßenbaubehörden" jedoch nicht zu den in Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG genannten Ermächtigungsadressaten. 673 A u f Länderebene werden vielmehr nur die „Landesregierungen" erfaßt, d.h. stets das Regierungskollegium und nicht der einzelne Ressortminister. 674 Auch als Zustimmungsberechtigte können nur die gesetzgebenden Körperschaften sowie die in Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG vorgesehenen Erstdelegatare in Betracht kommen. 6 7 5 Andere Staatsorgane oder Stellen dürfen nicht mit Zustimmungsbefugnissen versehen werden, da ansonsten der in Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG angeordnete numerus clausus der Erstdelegatare 676 umgangen würde. 6 7 7 Indem § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG die zu erlassende Mautverordnung an das „Einvernehmen mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden" bindet, wird der durch Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG festgelegte Kreis der Delegatare einer Verordnungsermächtigung in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise erweitert. Dagegen wäre die ursprünglich beabsichtigte Gesetzesfassung, wonach die obersten Landesstraßenbaubehörden vor Erlaß der Rechtsverordnung hätten angehört werden müssen, im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG nicht zu be67 2
Wilke, in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 80 Anm. V. 6. 673 Vgl. BVerfG, B.v. 22.1.1963 - 2 BvL 11/62 -, BVerfGE 15, 268 ff., wonach die unmittelbare Ermächtigung einer obersten Landesbehörde unzulässig ist. Ebenso Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1978, Art. 80 Rn. 41. 674 Die durch Bundesgesetz der „Landesregierung" erteilte Ermächtigung kann nur dann unmittelbar von einem Landesminister ausgeübt werden, wenn nach dem Verfassungsrecht des betreffenden Landes unter „Landesregierung" (auch) der jeweils zuständige Minister verstanden werden kann, vgl. BVerfG, B.v. 10.5.1960 - 2 BvL 76/58 -, BVerfGE 11, 77 ff. (86); Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3,-3. Aufl. 1996, Art. 80 Rn. 14 m.w.N. Hingegen vertritt Wilke, in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 80 Anm. V. 4. b), die Auffassung, hinsichtlich des Begriffs „Landesregierung" handele es sich bei Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG keinesfalls um eine von den Ländern auszufüllende „Blankettvorschrift". 67 5 Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 80 Rn. 18; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, S. 668 f. 676 Der numerus clausus der Ermächtigungsadressaten dient dazu, die Urheber von Rechtsverordnungen übersichtlich zu halten, vgl. Stern, a.a.O., S. 666 f. 67 7 Wilke, in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 80 Anm. V. 9.; Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 80 Rn. 19. Im Ergebnis auch BVerfG, B.v. 24.2.1970 - 2 BvL 12/69 u.a. -, BVerfGE 28, 66 ff. (83 f.), das jedoch gleichwohl die in § 14 PostVwG vorgesehene Bindung der Verordnungsgebung des Postministers an die Beschlüsse des Postverwaltungsrates billigte, da der Minister gegen diese Beschlüsse seinerseits die Bundesregierung anrufen könne und die Letztentscheidung somit bei einem der Delegatare des Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG liege. Kritisch hierzu Wilke, AöR 98 (1973), S. 196 ff. (228 f.).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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anstanden gewesen. Auch die Pflicht des Bundesverkehrsministeriums, sich mit den jeweiligen obersten Landesstraßenbaubehörden ins „Benehmen" zu setzen, wäre verfassungsrechtlich zulässig. Derartige Mitwirkungsrechte „außenstehender", d.h. in Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG nicht genannter Stellen oder Behörden sind unbedenklich, da sie den Verordnungsgeber nicht rechtlich binden, sondern dessen Entscheidungsgewalt hinsichtlich des Erlasses und des Inhalts der Rechtsverordung unberührt lassen.678 Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Vorschrift des § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG aber nicht nur hinsichtlich des numerus clausus der Ermächtigungsadressaten in Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG. Zweifelhaft ist auch, ob es nicht gegen das Bundesstaatsprinzip verstößt, wenn die Rechtsverordnung eines Bundesorgans an das Einvernehmen von Landesbehörden gebunden wird. Ein derartiges Zusammenwirken von Bund und Ländern könnte eine verfassungsrechtlich unzulässige „Mischverwaltung" darstellen. Als „Mischverwaltung" wird in der Regel eine Verwaltungsorganisation bezeichnet, bei der eine Bundesbehörde einer Landesbehörde übergeordnet ist oder bei der - wie im vorliegenden Fall - eine Kooperation von Bundes- und Landesbehörden durch Zustimmungserfordernisse erfolgt. 679 Das Grundgesetz geht zwar - abgesehen von wenigen Ausnahmen (z.B. Art. 91 a, 91 b, 108 Abs. 4 S. 1 GG) - prinzipiell von einer Trennung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern aus. 680 Dennoch ist nicht jede verwaltungsorganisatorische Erscheinungsform schon deshalb verfassungswidrig, weil sie als Mischverwaltung einzuordnen ist. Mit seiner Grundsatzentscheidung vom 12.1.1983 ist das BVerfG von seiner bislang vertretenen Auffassung eines „grundgesetzlichen Verbots der sog. Misch Verwaltung" 681 abgerückt und anerkennt nunmehr die Zulässigkeit eines Zusammenwirkens von Bund und Ländern jedenfalls dann, wenn zwingende Kompetenz- oder Organisationsvorschriften oder sonstige Vorschriften des Verfassungsrechts nicht entgegenstehen.682 Eine besondere
67 8
Wilke, in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 80 Anm. V. 10.; Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 80 Rn. 19. 679 Vgl. BVerfG, U.v. 10.5.1960 - 1 BvR 190/58 u.a. -, BVerfGE 11, 105 ff. (124). 680 Siehe hierzu Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 517 ff. (618 f.). 681 Vgl. BVerfG, B.v. 21.10.1971 - 2 BvL 6/69 u.a. -, BVerfGE 32, 145 ff. (156); U.v. 4.3.1975 - 2 BvF 1/72 -, BVerfGE 39, 96 ff. (120); B.v. 10.2.1976 - 2 BvG 1/74 -, BVerfGE 41, 291 ff. (311). 682 BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (38). Zustimmend Blümel, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 857 ff. (935 ff.); Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1983, Art. 83 Rn. 90 ff.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
verfassungsrechtliche Ermächtigung für ein Zusammenwirken wird BVerfG nicht mehr für erforderlich erachtet. 683
vom
Dementsprechend ist auch § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG - jedenfalls unter bundesstaatlichem Aspekt - nicht von vornherein als unzulässig zu qualifizieren. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebend ist vielmehr, ob es im Grundgesetz Regelungen gibt, die die Bindung einer bundesgesetzlichen Rechtsverordnung an die Zustimmung oder das Einvernehmen einer Landesbehörde nicht gestatten. 684 Eine solche Regelung könnte Art. 80 Abs. 2 GG darstellen. Insoweit könnte man die Auffassung vertreten, daß Länderbelange beim Erlaß bundesgesetzlicher Rechtsverordnungen nur durch die Zustimmungsrechte des Bundesrates in Art. 80 Abs. 2 GG gewahrt werden könnten, während eine darüber hinausgehende Bindung an die Zustimmung der Länder vom Verfassungsgeber nicht gewollt sei. 685 Dieser Interpretation steht aber möglicherweise bereits der Wortlaut des Art. 80 Abs. 2 GG entgegen, der eine „anderweitige bundesgesetzliche Regelung" ausdrücklich für zulässig erklärt. Dieser Vorbehalt einer anderweitigen bundesgesetzlichen Regelung ist nicht nur dahingehend zu verstehen, daß aufgrund eines Bundesgesetzes die Zustimmung des Bundesrates an sich wegfallen kann, sondern auch dahingehend, daß die Zustimmung des Bundesrates durch die Zustimmung eines anderen Organs ersetzt werden kann. 6 8 6 Gerade in den Fällen, in denen lediglich die Interessen eines oder mehrerer Länder berührt werden, 687 bietet sich daher eine „sonstige Regelung" i.S.d. Art. 80 Abs. 2 GG an, die die Zustimmung des Bundesrates durch die der jeweils betroffenen Länder ersetzt. 688 § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG, der die Mautverordnungen an das Einvernehmen der obersten Landesstraßenbaubehörden bindet, stellt allerdings
683
BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (39 f.). A.A. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, S. 668, der Mischformen zwischen Bundes- und Landesorganen im Hinblick auf die „Grundstruktur der föderativen Kompetenzzuordnung" für unzulässig hält, solange in der Verfassung nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Wilke, in: von Mangoldt/ Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 80 Anm. V. 6. d) spricht insoweit von einer „föderativen Sperre". 685 Vgl. Wilke, in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 1974, Art. 80 Anm. V. 6. d), der Art. 80 Abs. 2 GG als Spezialvorschrift für diejenigen Rechtsverordnungen ansieht, bei deren Erlaß Bundesorgane dem Einfluß der Länder ausgesetzt sein sollen. 686 Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1978, Art. 80 Rn. 68. 687 Dies verkennt Wilke, a.a.O., der die Gewährung einer Zustimmungskompetenz an nur eine Landesregierung für mit dem Gebot der Bundestreue unvereinbar hält. 688 So zutreffend Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 80 Rn. 18. 684
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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keine i.S.d. Art. 80 Abs. 2 GG zulässige „anderweitige bundesgesetzliche Regelung" dar: Zwar betreffen auch die gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG zu erlassenden Rechtsverordnungen in erster Linie nur das Land, in dem das konkrete Straßenbauprojekt verwirklicht wird. Die Bindung einer Rechtsverordnung an die Zustimmung eines anderen - an die Stelle des Bundesrates tretenden - Organs kann allerdings nur dann zulässig sein, wenn es sich bei diesem Organ um einen der in Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG genannten Ermächtigungsadressaten handelt. 6 8 9 Dies ist hier jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - gerade nicht der Fall. M i t dem Vorbehalt einer „anderweitigen bundesgesetzlichen Regelung" in Art. 80 Abs. 2 GG läßt sich die Bindung der Mautverordnungen an das Einvernehmen der obersten Landesstraßenbaubehörden somit nicht rechtfertigen. Der in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG zugunsten der obersten Landesstraßenbaubehörden statuierte Einvernehmensvorbehalt ist - in bundesstaatsrechtlicher Hinsicht - möglicherweise auch im Hinblick auf Art. 85 Abs. 3 GG unzulässig. Kraft seines Weisungsrechts gemäß Art. 85 Abs. 3 GG, deren Gegenstand „sowohl eine nach außen hin zu treffende verfahrensabschließende Entscheidung wie auch das ihrer Vorbereitung dienende Verwaltungshandeln" sein kann, 6 9 0 ist der Bund an sich grundsätzlich befugt, das jeweils betroffene Land anzuweisen, eine bestimmte Fernstraße auf der Grundlage des FStrPrivFinG zu realisieren und deren Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einem bestimmten privaten Unternehmen zu übertragen. 691 Prinzipiell könnte der Bund also per Weisung nicht nur die Ausschreibung eines bestimmten Vorhabens als Betreibermodell veranlassen, sondern auch auf die Auswahl eines geeigneten privaten Investors Einfluß nehmen. Dies würde regelmäßig auch dann gelten, wenn es um die private Errichtung und Finanzierung einer Ortsdurchfahrt ginge, die gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 2 a FStrG in der Straßenbaulast einer Gemeinde stünde: Eine Kollision des Weisungsrechts mit Art. 28 Abs. 2 GG wäre nicht möglich, da die Finanzhoheit der betroffenen Gemeinde bei der Realisierung
689 Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1978, Art. 80 Rn. 68, wonach die Zustimmung des Bundesrates nur dann durch die Zustimmung eines anderen Organs ersetzt werden kann, wenn gegen dessen Einschaltung „keine grundgesetzlichen Bedenken" bestehen. 690 So BVerfG, U.v. 22.5.1990 - 2 BvG 1/88 -, BVerfGE 81, 310 ff. (335); U.v. 10.4.1991 - 2 BvG 1/91 -, BVerfGE 84, 25 ff. (31). Zu der in der Literatur umstrittenen Frage, ob Weisungen i.S.d. Art. 85 Abs. 3 GG stets einzelfallbezogen sein müssen oder ob sie auch genereller Art sein können, vgl. Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 85 Rn. 50 f. m.w.N. 691 Vgl. Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 76.
IS Susanne Schmitt
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
einer Straßenbaumaßnahme nach dem FStrPrivFinG gerade nicht tangiert wird, 692
da hier die Kostenlast vom privaten Investor getragen wird. Aufgrund der in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG vorgesehenen Bindung an das Einvernehmen der obersten Landesstraßenbaubehörden ist es dem Bund jedoch nicht möglich, von seinem grundsätzlich bestehenden Weisungsrecht Gebrauch zu machen. Die Zuständigkeiten der Normgebungsinstanzen sind, wie bereits ausgeführt wurde, 6 9 3 bereits bei der Auswahl eines konkreten Projektes wie auch bei der Auftragsvergabe selbst zu beachten. Da stets das „Einvernehmen" mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden herzustellen ist, kann der Bund gegen den Willen des jeweiligen Landes per Weisung weder die Realisierung eines Straßenbauvorhabens im Wege des Betreibermodells noch die Vergabe eines diesbezüglichen Auftrages an einen bestimmten Privaten durchsetzen. Das in Art. 85 Abs. 3 GG ausgeformte Weisungsrecht des Bundes wird durch die Regelung in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG somit faktisch verkürzt. Dies ist verfassungsrechtlich unzulässig. Zwar ist es dem Bundesgesetzgeber nicht verwehrt, per Gesetz Festlegungen zur näheren Ausgestaltung seiner Weisungskompetenz zu treffen. Das in Art. 85 Abs. 3 GG vorgesehene Weisungsrecht als solches darf allerdings - auch in Einzelheiten - nicht angetastet werden. 6 9 4 Die in Art. 85 GG normierte Bundesauftragsverwaltung ist eindeutig subordinationsrechtlich geprägt, so daß ein Verzicht auf die verfassungsrechtlich normierten Ingerenzrechte zugunsten einer kooperativen Verfahrensweise das Typenbild des Art. 85 GG grundlegend ändern würde. 6 9 5 Eine „Mischverwaltung", die das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG außer Kraft setzt, ist also nicht gestattet. 696 Da die Bindung an das Einvernehmen der obersten Landesstraßenbaubehörden das Weisungsrecht des Bundes blockiert und sich der Vollzug des FStrPrivFinG im Ergebnis - zumindest hinsichtlich der Auftragsvergabe sowie der grundsätzlichen Entscheidung, eine Maßnahme als Betrei-
692 Zur Kollision von Weisungsrecht und Finanzhoheit der straßenbaupflichtigen Gemeinden vgl. oben sub I. 1. c) bb). 693 Vgl. oben sub II. 2. c), d). 694 Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 85 Rn. 68. 695 Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, Diss. München 1969, S. 92 ff. 696 Die in der Fernstraßenverwaltung seit Jahrzehnten übliche Praxis, daß Anwendungs- und Verfahrensrichtlinien gemeinsam von Bund und Ländern in Koordinierungsgremien erarbeitet und anschließend auf bloße Empfehlung der Bundesregierung als eigene Verwaltungsvorschriften der Länder eingeführt werden, wird daher zum Teil für verfassungswidrig gehalten, vgl. Blümel, AöR 93 (1968), S. 200 ff. (236 ff., 240); Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, Diss. München 1969, S. 94. Zur Verwaltungspraxis vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, 1974, S. 119 ff.; Zech, DVB1 1987, S. 1089 ff. (1093 f.); Blümel, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 857 ff. (892 f.).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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bermodell zu verwirklichen - als ein gleichberechtigt koordinierter Gesetzesvollzug zwischen Bund und Land darstellt, ist § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG verfassungswidrig. An dieser Beurteilung ändert sich auch im Hinblick auf den Grundsatz bundesfreundlichen oder gemeinschaftsfreundlichen Verhaltens 697 nichts. Es handelt sich dabei um einen ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz, der Bund und Länder verpflichtet, bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verfassung eingeräumten Kompetenzen die gebotene und ihnen zumutbare Rücksicht auf das Gesamtinteresse des Bundesstaates und auf die Belange der Länder zu neh698
men. Auch bei Ausübung seiner Weisungskompetenz gemäß Art. 85 Abs. 3 GG unterliegt der Bund dem Gebot der Bundestreue. Er hat daher dem betroffenen Land vor Weisungserlaß grundsätzlich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, dessen Standpunkt zu erwägen und ihm zu erkennen zu geben, daß der Erlaß einer Weisung in Betracht gezogen wird. Nicht erforderlich ist es hingegen, daß sich der Bund, bevor er zum Mittel der Weisung greift, um ein Einvernehmen mit dem jeweiligen Land bemüht. 699 Es wäre daher verfehlt, die in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG vorgesehene Bindung an das Einvernehmen der obersten Landesstraßenbaubehörden nicht als formellen Zustimmungsvorbehalt, sondern lediglich als Ausdruck des Grundsatzes bundesfreundlichen Verhaltens zu werten und deshalb fur zulässig zu halten. 700 Indem § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG den Erlaß der Mautverordnung an das Einvernehmen mit den obersten Landesstraßenbaubehörden bindet, mißachtet er somit nicht nur den von Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG intendierten numerus clausus der Ermächtigungsadressaten, sondern steht darüber hinaus auch im Widerspruch zu dem sich aus Art. 85 Abs. 3 GG ergebenden Mischverwaltungsverbot. 7 0 1 A u f die übrigen Bestimmungen des FStrPrivFinG wirkt sich die Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG im Falle einer Entscheidung 702
durch das BVerfG jedoch nicht aus.
697 Zu den Begriffen vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, S. 699 f. 698 Vgl. BVerfG, U.v. 15.11.1971 - 2 BvF 1/70 -, BVerfGE 32, 199 ff. (218); U.v. 8.2.1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 ff. (348). 699 BVerfG, U.v. 22.5.1990 - 2 BvG 1/88 -, BVerfGE 81, 310 ff. (337 f.). 700 So aber Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 233. 701 Vgl. auch Steiner, NJW 1994, S. 3150 f. (3151), der die in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG durch Verankerung einer Mischkompetenz vorgesehene rechtliche Verstärkung der Position der Länder ohne nähere Begründung aus deren Sicht für verkehrspolitisch verständlich, bundesstaatsrechtlich aber für „weniger willkommen" hält. 702 Die für sich genommen verfassungskonformen Regelungen eines Gesetzes nehmen an der Nichtigkeit der verfassungswidrigen Bestimmungen dieses Gesetzes nur dann teil, wenn und soweit sie unselbständige Teile einer Gesamtregelung sind, die für
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG 4. Anspruch des privaten Betreibers auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung?
Wie bereits ausgeführt wurde, ist es nicht erforderlich, daß die Rechtsverordnung gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG parallel zum Abschluß des Konzessionsvertrages erlassen wird. Es genügt, wenn sie spätestens bei Inbetriebnahme der Straße vorliegt, zumal sich die Gebührenhöhe in der Regel erst nach Fertigstellung des Bauprojekts bestimmen läßt. 703 Wenn aber die Mautverordnung nicht gleichzeitig mit Abschluß des Konzessionsvertrages verabschiedet wird, erscheint es nicht ausgeschlossen, daß ihr Erlaß - sei es aus Nachlässigkeit, aufgrund geänderter politischer Verhältnisse oder aus welchen Gründen auch immer - unterbleibt, obwohl die Straße oder das Bauwerk fertiggestellt und für den öffentlichen Verkehr freigegeben worden ist. Darüber hinaus ist es denkbar, daß die Mautverordnung zwar erlassen wird, die Gebühren jedoch aus der Sicht des privaten Betreibers zu niedrig bemessen werden. Hier stellt sich die Frage, ob der private Betreiber eine auf Erlaß bzw. Änderung der Mautverordnung gerichtete Klage erheben kann. Die Beantwortung dieser Fragen erfordert eine Auseinandersetzung mit der in Rechtsprechung 704 und Literatur 705 unter dem Stichwort „Normenerlaßklag e " 7 0 6 kontrovers diskutierten Problematik, ob es
sich allein ihren Sinn verlieren würde, vgl. BVerfG, B.v. 12.11.1958 - 2 BvL 4/56 u.a. -, BVerfGE 8, 274 ff. (301); B.v. 15.2.1978 - 2 BvR 134, 268/76 -, BVerfGE 47, 253 ff. (284); U.v. 16.6.1981 - 1 BvL 89/78 -, BVerfGE 57, 295 ff. (334); U.v. 4.11.1986- 1 BvF 1/84 -, BVerfGE 73, 118 ff. (151). 703 Vgl. oben sub III. 2. 704 Vgl. BVerwG, U.v. 1.8.1958 - VII A 35.57 -, BVerwGE 7, 188 f.; U.v. 26.1.1962 - VII C 13.61 -, BVerwGE 13, 328 ff.; B.v. 19.8.1971 - I WB 41.71 -, BVerwGE 43, 261 f.; U.v. 6.11.1986 - 3 C 72.84 -, BVerwGE 75, 109 ff.; U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff.; U.v. 7.9.1989 -7 C 4.89 -, BayVBl 1990, S. 417 ff.; BayVGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 822/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff.; OVG Münster, U.v. 7.9.1973 - XIV A 778/72 -, DVB1 1974, S. 813 ff.; OVG Koblenz, U.v. 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684. 705 Vgl. etwa Zuleeg, DVB1 1970, S. 157 ff. (160 f.); von Barby, Verwaltungsgerichtliche Klagen auf Rechtsetzung?, Diss. Köln 1973; Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976; Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff.; Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. 706 Unter diesem Begriff werden nicht nur die Fälle behandelt, in denen der Erlaß einer Rechtsnorm gänzlich unterbleibt, sondern auch solche Fälle, in denen eine Rechtsnorm zwar ergangen ist, die Normsetzungsinstanz jedoch veranlaßt werden soll, diese Norm sachgerecht zu ergänzen (Normenergänzung). Normenergänzungen zielen in der Regel darauf ab, die eine bestimmte Gruppe begünstigende Regelung auf eine bislang von dieser Vergünstigung ausgeschlossene Gruppe zu erstrecken, vgl. Robbers, JuS 1990, S. 978 ff. (978); Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (372 f.). Da der Private, der gegen eine zu niedrig bemessene Mautgebühr vorgeht, keine „Ergänzung" der Mautverordnung in diesem Sinne anstrebt, wird im folgenden nicht von einer Normen-
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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einen materiellen Anspruch auf Erlaß bzw. Änderung einer untergesetzlichen Norm, hier einer Rechtsverordnung, gibt (sub a) und
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mit welcher Klageart ein solcher Anspruch durchzusetzen wäre (sub b).
a) Bestehen eines materiellen Anspruchs? Zu klären ist zunächst, ob der private Betreiber einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung hat. In diesem Fall müßte er ein subjektives öffentliches Recht auf ein Tätigwerden des Verordnungsgebers geltend machen können. Ein subjektives öffentliches Recht setzt nach heute h.M. voraus, daß eine Norm des objektiven Rechts besteht, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern zumindest auch dem Schutz der Interessen eines einzelnen zu dienen 707
bestimmt ist. Dies sei aber, so die Gegner eines Anspruchs auf Erlaß untergesetzlicher Rechtsnormen, im Bereich der Normsetzung von vornherein nicht der Fall, da der Normgeber grundsätzlich nur im Interesse der Allgemeinheit tätig werde. 708 Gegen ein subjektives öffentliches Recht auf Normenerlaß spreche darüber hinaus auch der Gewaltenteilungsgrundsatz; es stelle einen bedenklichen Einbruch der Justiz in den Bereich der Exekutive dar, wenn diese durch verwaltungsgerichtliches Urteil zum Erlaß einer Rechtsnorm verpflichtet werden könnte. 7 0 9 Die geltend gemachten Einwände können indes nicht überzeugen. Es mag zutreffen, daß der Normgeber in der Regel im Interesse der Allgemeinheit handelt. Gleichwohl verbietet es sich, den Normenerlaß ausschließlich dem Allgemeininteresse zuzuordnen. Zum einen ist zu berücksichtigen, daß es Maßnahmen gibt, die zwar in der Form eines Rechtssatzes ergehen, jedoch im wesentlichen anläßlich eines Einzelfalls zu Lasten oder zugunsten eines bestimmten, abgrenzbaren Personenkreises erfolgen, wie dies beispielsweise bei Maßnahmegesetzen der Fall ist. 7 1 0 Zum anderen läßt die Argumentation der Anergänzung, sondern nur allgemein von einer „Änderung" der Norm gesprochen. Unabhängig davon sind die Gründe, die für oder gegen die Zulässigkeit einer Normenerlaßbzw. einer Normenergänzungsklage sprechen, für die Frage nach der Zulässigkeit einer Klage auf Normenänderung jedoch entsprechend heranzuziehen, vgl. Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Aufl. 1994, § 47 Rn. 9 a.E. 707 Vgl. statt aller Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 8 Rn. 8. 708 Vgl. BVerwG, U.v. 1.8.1958 - VII A 35.57 -, BVerwGE 7, 188 f. (188); HessVGH, U.v. 7.7.1972 - IV OE 41/71 -, ESVGH 22, 224 ff. (225). 709 Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 387 ff. (408); OVG Koblenz, U.v. 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684; Zuleeg, DVB1 1970, S. 157 ff. (160); in dieser Richtung auch BVerwG, U.v. 26.1.1962 - VII C 13.61 -, BVerwGE 13, 328 ff. (329). 710
So von Barby, NJW 1989, S. 80 f. (80).
230
2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
spruchsgegner völlig außer acht, daß dann, wenn sich aus dem Grundgesetz dem Schutz des Individuums dienende Gesetzgebungsaufträge herleiten lassen (z.B. Art. 6 Abs. 5, 33 Abs. 5 GG) oder wenn in einem Regelungssystem willkürliche Benachteiligungen normiert sind, ein Anspruch auf Erlaß eines formellen Gesetzes allgemein anerkannt ist. 711 Wenn aber sogar ein Anspruch auf Gesetzeserlaß prinzipiell möglich ist, dann muß man auch die Existenz eines Anspruchs auf Erlaß untergesetzlicher Normen anerkennen (arg. a maiore ad mi712
nus). Für die grundsätzliche Möglichkeit eines solchen Anspruchs spricht zudem die Regelung in § 2 Abs. 3 BauGB, wonach Ansprüche auf Erlaß eines Bebauungsplans - der gemäß § 10 BauGB als Satzung ergeht - ausgeschlossen sind. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn es überhaupt keinen Anspruch auf Normenerlaß gäbe. 713 Die im Hinblick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz vorgebrachten Bedenken erweisen sich ebenfalls als unbegründet, da ein Gericht, das die Verwaltung zum Erlaß einer Rechtsverordnung oder Satzung verpflichtet oder eine solche Verpflichtung feststellt, nicht selbst Recht setzt, sondern lediglich gesetzlich normierte Pflichten umsetzt, die zu erfüllen die Verwaltung berufen • . 714
ist. Ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erlaß einer untergesetzlichen Norm ist demnach nicht von vornherein ausgeschlossen. Im konkreten Fall muß jedoch stets sorgfältig geprüft werden, ob die als Anspruchsgrundlage herangezogene Norm tatsächlich eine individualbegünstigende Zielsetzung verfolgt. 715 Diese Prüfung kann u.U. Schwierigkeiten bereiten, wenn der Anspruch auf Normenerlaß nicht aus einem Grundrecht, sondern allenfalls aus einfachem Gesetz herleitbar ist. Während nämlich die Anspruchsgrundlage für den Erlaß
711 Vgl. nur BVerfG, B.v. 20.2.1957 - 1 BvR 441/53 -, BVerfGE 6, 257 ff. (264); B.v. 11.6.1958 - 1 BvR 1/52 u.a. -, BVerfGE 8, 1 ff. (19 f.); B.v. 6.11.1962 - 2 BvR 151/60 -, BVerfGE 15, 46 ff. (75); B.v. 25.2.1969 - 1 BvR 224/67 -, BVerfGE 25, 236 ff. (246 ff.); B.v. 12.3.1975 - 1 BvL 15/71 u.a. -, BVerfGE 39, 169 ff. (194). Siehe auch Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 24 ff. 712 Westbomke, a.a.O., S. 29; ebenso Soell/Martin, BayVBl 1978, S. 649 ff. (656). Siehe auch BVerwG, U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff. (360) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung. 713 So zutreffend Robbers, JuS 1988, S. 949 ff. (951); vgl. auch Soell/Martin, BayVBl 1978, S. 649 ff. (656). 714 Robbers, JuS 1988, S. 949 ff. (951); vgl. auch Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (399). 7,5 Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (377). Papier, in: Festschrift für Christian-Friedrich Menger, 1985, S. 517 ff. (533) weist daraufhin, daß es in der Regel an einem entsprechenden materiellen Anspruch fehlen werde und eine Normenerlaßklage deshalb in der Regel unbegründet sei.
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eines formellen Gesetzes nur im Grundgesetz zu suchen ist, 7 1 6 kann ein Anspruch auf Erlaß einer untergesetzlichen Norm sowohl durch verfassungsrechtliche Normen als auch durch Normen des einfachen Rechts vermittelt werden. 7 ' 7 Auch für einen möglichen Anspruch des privaten Investors auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung kommt lediglich eine einfachgesetzliche Norm, und zwar das zum Rechtsverordnungserlaß ermächtigende Gesetz selbst, als Anspruchsgrundlage in Betracht. 718 Das FStrPrivFinG ist also daraufhin zu untersuchen, ob der Erlaß der Mautverordnung lediglich dem Interesse der Allgemeinheit dient oder ob darüber hinaus auch die Interessen des privaten Betreibers geschützt werden sollen. Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu berücksichtigen, daß der Private, dem gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Aufgaben zur Ausführung übertragen werden, gleichzeitig das Recht zur Erhebung von Mautgebühren erhält ( § 2 FStrPrivFinG). Von dieser Rechtsposition kann er erst dann Gebrauch machen, wenn eine Gebührenverordnung gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG erlassen wurde, die nicht nur die konkrete mautpflichtige Straße bzw. das mautpflichtige Bauwerk sowie den konkreten Gebührenerhebungsberechtigten bezeichnet, sondern auch die Höhe der Mautgebühren bestimmt. Da der Private die Gebührenhöhe nicht selbständig festlegen darf, ist der Erlaß der Mautverordnung unabdingbare Voraussetzung für die Realisierung seines Gebührenerhebungsrechts. Kann eine gesetzlich eingeräumte Rechtsposition, wie hier das Gebührenerhebungsrecht gemäß § 2 FStrPrivFinG, erst auf der Grundlage einer Rechtsverordnung verwirklicht werden, dann muß man dem einzelnen auch einen Anspruch auf Erlaß der konkretisierenden Rechtsverordnung zubilligen. 719 Es wäre widersprüchlich, dem Privaten einerseits das Recht zur Erhebung von Mautgebühren einzuräumen, ihm andererseits aber ein subjektives öffentliches Recht auf Erlaß der Rechtsverordnung, ohne die er von seinem Erhebungsrecht keinen Gebrauch machen kann, zu versagen. Die Ermächtigung zum Erlaß der Mautverordnung ist nicht nur Selbstzweck, sondern dient auch und gerade da716
Der Anspruch auf Erlaß einer Norm kann sich immer nur aus einer höherrangigen als der gewünschten Norm ergeben, vgl. Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 25. 717 Vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff. (Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages gem. § 5 TVG); Robbers, JuS 1988, S. 949 ff. (Erweiterung der Ladenöffnungszeiten gem. § 14 Abs. 1 LSchlG) gegen OVG Koblenz, U.v. 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684. 718 Zum ermächtigenden Gesetz als Anspruchsgrundlage vgl. Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 34 ff. 719 Vgl. Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (377); Westbomke, a.a.O., S. 38, 44 f.
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
zu, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß der Private sein Recht zur Refinanzierung über Mautgebühren realisieren kann. Der Erlaß der Gebührenverordnung dient damit auch den Interessen des privaten Investors, so daß dieser einen direkt aus § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG herzuleitenden Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung geltend ma720
chen kann. Zu beachten ist allerdings, daß der Verordnungsgeber - ähnlich dem Ermessen beim Erlaß von Verwaltungsakten - in der Regel einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich des „Ob" und „Wie" der Rechtsetzung genießt. 721 Nur in den eher seltenen Fällen einer Ermessensreduzierung auf Null besteht ein strikter Rechtsanspruch auf Erlaß einer konkreten Norm; in den übrigen Fällen kann nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung geltend gemacht werden. 722 Ein derartiger Gestaltungsspielraum besteht hier jedoch allenfalls hinsichtlich des „Wie" der Mautverordnung, nicht dagegen hinsichtlich des „Ob" eines Verordnungserlasses, zumindest dann nicht, wenn die Straße bzw. das Bauwerk den vertraglichen Vorgaben entsprechend ordnungsgemäß fertiggestellt und in Betrieb genommen wurde. Was allerdings die in der Rechtsverordnung festzulegende Gebührenhöhe betrifft, wird man dem Privaten regelmäßig nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zugestehen können, es sei denn, im Konzessionsvertrag ist die Höhe der Mautgebühren mit Zustimmung der zuständigen Normsetzungsinstanzen723 bereits verbindlich festgeschrieben. Die rechtlichen Grenzen des verordnungsgeberischen Ermessens sind erst dann überschritten, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung und den hiernach zu berücksichtigenden Interessen - einschließlich der des privaten Investors - schlechthin unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Der Private kann die Mautverordnung also nur daraufhin verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen, ob diese äußersten Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis bei Bemessung der Gebührenhöhe überschritten worden sind. 724 Dies wird nur dann der Fall sein, wenn der Verordnungsgeber verfassungsrechtliche Vorgaben oder die Bemessungsgrundsätze des § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG mißachtet oder das unternehme-
720
So auch i.E. Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (370). Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (378); vgl. auch Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 47 ff; Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. (317). 722 Vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff. (360 ff.); Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (378). 723 Vgl. hierzu oben sub IV. 2., II. 2. d). 724 Vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff. (370). 721
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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rische Risiko und den Gewinnanspruch des privaten Betreibers gänzlich unberücksichtigt läßt. 725 Letztlich bleibt dem Privaten, der eine bestimmte Gebührenhöhe gerichtlich durchzusetzen beabsichtigt, daher ein nicht unerhebliches Prozeßrisiko. 726
b) Verwaltungsprozessuale Geltendmachung dieses Anspruchs? Nachdem geklärt ist, daß der private Betreiber unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG einen Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung hat, schließt sich nunmehr die Frage an, ob und gegebenenfalls wie dieser Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden kann. 727
aa) Rechtsschutzgarantie Um die Frage nach dem „Ob" eines Rechtsschutzes zu beantworten, ist Art. 19 Abs. 4 GG heranzuziehen. Diese Vorschrift gewährleistet jedermann den lückenlosen gerichtlichen Rechtsschutz gegen behauptete rechtswidrige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in seine Rechte. 728 Der private Investor könnte sich also dann auf Art. 19 Abs. 4 GG berufen und seinen Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung gerichtlich geltend machen, wenn es sich bei dem von ihm angegriffenen normgeberischen Unterlassen um einen Akt der „öffentlichen Gewalt" handelte. Da sich der Begriff der „öffentlichen Gewalt" nach dem gängigen Sprachgebrauch auch auf den Bereich der Gesetzgebung erstreckt, 729 scheint nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 4 GG einer Erstreckung der Rechtsschutzgarantie auf normgeberisches Unterlassen vom Grundsatz her nichts entgegenzustehen.
725
Zu den einzelnen Bemessungskriterien vgl. oben sub III. 4. Vgl. auch Reidt/Stickler, BauR 1997, S. 241 ff., 365 ff. (370 f.). 727 Die Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage nach dem Bestehen eines materiellen Anspruchs auf Normenerlaß gestreift (Stichwort: Gewaltenteilungsgrundsatz). Beide Themenkreise sind eng miteinander verknüpft; von den Gegnern einer Normenerlaßklage wird zuweilen aus dem angeblichen Fehlen prozeßrechtlichen Rechtsschutzes auf das Fehlen materiellrechtlicher Normenerlaßansprüche geschlossen, so OVG Koblenz, U.v. 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684. Kritisch hierzu Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. (314). 728 Vgl. BVerfG, B.v. 20.6.1967 - 2 BvL 10/64 -, BVerfGE 22, 106 ff. (110); B.v. 23.6.1981 - 2 BvR 1107/79 u.a. -, BVerfGE 58, 1 ff. (40). 729 So meint beispielsweise der in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG verwendete Begriff der „öffentlichen Gewalt" nach insoweit unbestrittener Auffassung u.a. jede Form der Gesetzgebung, vgl. Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. (313 f.). 726
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
Gleichwohl ist es streitig, ob auch der Bereich der Rechtsetzung von der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG erfaßt wird. Nach der Rechtsprechung des BVerfG 7 3 0 und einer teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung wird zumindest die formelle Gesetzgebung aus dem Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG ausgenommen. Zur Begründung wird angeführt, die Überprüfung der formellen Gesetzgebung unterliege, wie sich aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 2, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a und Art. 100 Abs. 1 GG ergebe, dem Entscheidungsmonopol des BVerfG und müsse daher, wolle man sich über dieses Monopol nicht hinwegsetzen, aus dem Begriff der „öffentlichen Gewalt" in Art. 19 Abs. 4 GG ausgeklammert werden. 732 Eine Auseinandersetzung mit dieser Auffassung 733 erscheint im Rahmen dieser Abhandlung jedoch nicht erforderlich, da es hier nicht um einen Akt der formellen Gesetzgebung, sondern um den Anspruch auf Erlaß oder Änderung einer untergesetzlichen Norm geht. Es ist zwischenzeitlich nahezu allgemein anerkannt, daß die Rechtsetzung der Exekutive durch Rechtsverordnung und Satzung zur „öffentlichen Gewalt" i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG gehört. 734 Die Argumente, die gegen eine Erstreckung der Rechtsschutzgarantie auf die formelle Gesetzgebung ins Feld geführt werden, sind sowieso nicht ohne weiteres auf den Bereich der untergesetzlichen Normgebung übertragbar; sie können zumindest dort nicht entsprechend herangezogen werden, wo es um die Überprüfung untergesetzlicher Normen des Landesrechts geht, da die Entscheidungs-
730 Vgl. nur BVerfG, U.v. 25.6.1968 - 2 BvR 251/63 -, BVerfGE 24, 33 ff. (49 f.); U.v. 18.12.1968 - 1 BvR 638/64 u.a. -, BVerfGE 24, 367 ff. (401); B.v. 27.7.1971 - 2 BvR 443/70 -, BVerfGE 31, 364 ff. (368); B.v. 10.5.1977 - 1 BvR 514/68 u.a. -, BVerfGE 45, 297 ff. (334). 731 Vgl. nur Bettermann, AöR 86 (1961), S. 129 ff. (155 f.); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 337. 732 Vgl. nur BVerfG, U.v. 25.6.1968 - 2 BvR 251/63 -, BVerfGE 24, 33 ff. (50); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 337. 733 Kritisch hierzu und für eine Erstreckung der Rechtsschutzgarantie auf formelle Gesetze Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die Rechtsweggarantie, 1973, S. 162 ff.; Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. (313 ff.); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand 1996, Art. 19 Abs. 4 Rn. 93 ff. 734 Vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff. (361); U.v. 7.9.1989 - 7 C 4.89 -, BayVBl 1990, S. 117 ff. (118); Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (391 ff.); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand 1996, Art. 19 Abs. 4 Rn. 70, 76; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 3. Aufl. 1995, Art. 19 Rn. 24; Robbers, JuS 1990, S. 978 ff. (979). Grundsätzlich zur (objektiven) Pflicht zu untergesetzlicher Normsetzung BVerfG, B.v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84 -, BVerfGE 79, 174 ff. (193 ff.); vgl. auch (zu § 47 VwGO) BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 2 BvR 397/ u.a. -, BVerfGE 70, 35 ff. (56 f.).
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
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gewalt insoweit - wie sich aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ergibt - nicht zwingend beim BVerfG monopolisiert ist. 735 Handelt es sich aber bei der untergesetzlichen Normgebung um „öffentliche Gewalt" i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG, so erstreckt sich die Rechtsschutzgarantie nicht nur auf die Rechtsetzungsakte, die gegen höherrangiges Recht verstoßen, sondern auch auf ein mit höherrangigem Recht unvereinbares normgeberisches Unterlassen. 736 Daß demjenigen, der einen Anspruch auf Erlaß oder Änderung einer untergesetzlichen Norm geltend macht, gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zur Durchsetzung seiner Rechte der Rechtsweg offenstehen muß, ergibt sich auch aus folgenden Überlegungen: Art. 19 Abs. 4 GG fordert keinen bestimmten Rechtsweg; es genügt, wenn die hoheitliche Maßnahme in irgendeinem Verfahren - und sei es nur inzidenter - überprüfbar ist. Weder Bund noch Länder sind daher verpflichtet, für alle unter dem Range eines Gesetzes stehenden Regelungen die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung per Normenkontrolle vorzusehen; 737 die Gültigkeit untergesetzlicher Rechtsnormen kann schließlich zumindest im Verfahren gegen den die Rechtsverordnung oder Satzung konkretisierenden Vollzugsakt überprüft werden. Dies ist jedoch bei Normenerlaßklagen nicht der Fall; ein inzidenter Rechtsschutz ist hier nicht möglich, da es gerade an einem hoheitlichen Handeln fehlt, das Anlaß zur gerichtlichen Klärung geben könnte. 738 Für einen effizienten Rechtsschutz ist es daher unabdingbar, daß ein Anspruch auf Erlaß einer untergesetzlichen Rechtsnorm gerichtlich durchgesetzt werden kann. Das gleiche gilt, soweit es um die Geltendmachung eines Anspruchs auf Normenänderung geht. Hier existiert zwar bereits eine Norm; dennoch kann der Bürger seinen Anspruch weder durchsetzen, indem er eventuelle Vollzugs-
735
Vgl. Pieroth/Schlink, Grundrechte Staatsrecht II, 12. Aufl. 1996, § 26 Rn. 1084. BVerwG, U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff. (361); U.v. 7.9.1989 - 7 C 4.89 -, BayVBl 1990, S. 117 ff. (118). 737 Vgl. BVerfG, B.v. 27.7.1971 - 2 BvR 443/70 -, BVerfGE 31, 364 ff. (369 f.); Kopp, Verwaltungsgerichtordnung, 10. Aufl. 1994, § 47 Rn. 8. 738 Vgl. Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (396 f.); Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 126 f.; Papier, in: Festschrift für Christian-Friedrich Menger, 1985, S. 517 ff (533); Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. (315). Unrichtig ist dagegen die Auffassung des OVG Koblenz, U.v. 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684, das im Wege eines Erst-rechtSchlusses von der fehlenden Verpflichtung zur Einführung einer Normenkontrollklage nicht nur auf die Unzulässigkeit einer Klage auf Normenerlaß, sondern überhaupt auf das Fehlen materiell-rechtlicher Normenerlaßansprüche schließt, ohne jedoch auf die Gründe einzugehen, die den Verzicht auf eine Normenkontrollklage vertretbar erscheinen lassen. 736
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
akte abwartet und die Rechtsnorm dann inzidenter überprüfen läßt, noch erfährt er ausreichenden Rechtsschutz, indem er im Wege der Normenkontrolle gegen die Norm selbst vorgeht: Eine Änderung der Rechtsnorm läßt sich auf diese Weise nicht erreichen, denn entweder wird nur der die sujektiven Rechte verletzende Vollzugsakt aufgehoben oder aber die Rechtsnorm selbst wird für nichtig erklärt. Da somit Ansprüche auf Erlaß oder Änderung einer untergesetzlichen Rechtsnorm der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unterfallen, kann der private Investor entsprechende Ansprüche in bezug auf die gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG zu erlassende Mautverordnung gerichtlich geltend machen. Steht nunmehr das „Ob" eines Rechtsschutzes fest, ist im folgenden zu untersuchen, wie dieser Rechtsschutz zu gestalten ist.
bb) Verwaltungsrechtsweg Der Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung ist gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO vor dem Verwaltungsgericht geltend zu machen, sofern es sich hierbei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt unzweifelhaft vor. Es handelt sich auch nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit. Das Vorliegen eines Verfassungsstreits würde nämlich voraussetzen, daß sich der vom privaten Investor geltend gemachte Normenerlaß- bzw. Normenänderungsanspruch aus einem beide Parteien umfassenden materiellen Verfassungsrechtsverhältnis ergibt; der Private müßte sein Begehren aus Rechtsbeziehungen zwischen Verfassungsorganen oder am Verfassungsleben beteiligten Organen herleiten. 739 Dies ist jedoch nicht der Fall. Grundlage des vom privaten Betreiber verfolgten Anspruchs ist keine verfassungsrechtliche Norm, sondern nur eine Norm des einfachen Rechts. Das dem Rechtsstreit zugrundeliegende Rechtsverhältnis ist demnach eindeutig nicht verfassungsrechtlich geprägt, zumal es sich beim Anspruch eines einzelnen nicht um einen Streit zwischen am Verfassungsleben beteiligten Organen handelt. 740
739 Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Aufl. 1994, § 40 Rn. 32 m.w.N; vgl. auch Eyermann/Fröhler/Kormann, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Aufl. 1988, § 40 Rn. 89 ff. 740 Vgl. Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 127.
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Auch die Tatsache, daß es um die Geltendmachung eines Normenerlaßbzw. Normenänderungsanspruchs geht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es steht zwar außer Frage, daß in den Fällen, in denen es um die Verpflichtung eines demokratisch legitimierten Parlaments zur Normsetzung oder um die Gültigkeit eines parlamentsbeschlossenen Gesetzes geht, nur ein Verfassungsgericht zur Entscheidung berufen sein kann. 741 Hier handelt es sich jedoch lediglich um eine im Range unterhalb eines formellen Gesetzes stehende Rechtsverordnung. Mit der Kontrolle über die Gesetzgebungstätigkeit der Exekutive ist kein solch einschneidender Eingriff in den verfassungsgebundenen Prozeß demokratischer Willensbildung verbunden, der eine Entscheidung durch das Verfassungsgericht erforderlich machen würde. 742 Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit liegt damit nicht vor, so daß dem Privaten für die Geltendmachung seines Anspruchs auf Erlaß bzw. Änderung der Mautverordnung gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg offensteht. 743
cc) Normenkontrolle
analog § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Erlaß einer untergesetzlichen Norm sei im Normenkontrollverfahren analog § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu verfolgen. 744 Soweit es nicht nur um den Anspruch auf Änderung oder Ergänzung einer bestehenden Rechtsnorm geht, kann in der Tat - wenn überhaupt - nur eine analoge Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Betracht kommen, da nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur eine be-
741
Vgl. Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (381 f.). Vgl. Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (382). Vgl. auch Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 127 f., der unter Hinweis auf Art. 100 GG und § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO deutlich macht, daß die untergesetzliche Normenkontrolle - und damit auch die Kontrolle verordnungs- und satzungsgeberischen Unterlassens - keine ausschließliche Aufgabe der Verfassungsgerichtsbarkeit ist. 743 Für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erlaß einer untergesetzlichen Norm im Verwaltungsrechtsweg auch BayVGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 822/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff. (500); HessVGH, U.v. 7.7.1972 - IV OE 41/71 -, ESVGH 22, 224 ff. (224 f.); BVerwG, U.v. 3.11.1988 - 7 C 115.86 -, BVerwGE 80, 355 ff. (357). Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. (336 ff.) hingegen vertritt die Auffassung, bei der prozessualen Geltendmachung eines Anspruchs auf Erlaß einer untergesetzlichen Norm handele es sich - ebenso wie bei einer auf Erlaß eines formellen Gesetzes gerichteten Klage - um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit, die mit der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen sei. 744 Vgl. Bartlsperger, DVB1 1967, S. 360 ff. (372); von Engelhardt, Der Rechtsschutz gegen Rechtsnormen, 1971, S. 244 ff. 742
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reits bestehende Norm auf ihre „Gültigkeit" überprüft und „für nichtig" erklärt (vgl. § 47 Abs. 6 S. 2 VwGO) werden kann. 745 Ob diese Auffassung zutreffend ist, kann hier jedoch dahinstehen.746 Eine analoge Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO käme nur in Betracht, wenn und soweit der Anspruch auf Erlaß einer untergesetzlichen Rechtsnorm des Landesrechts gerichtlich geltend gemacht werden soll. 747 Bei der gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG zu erlassenden Mautverordnung handelt es sich aber um eine bundesrechtliche Norm. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO scheidet daher zur Durchsetzung der Ansprüche des privaten Investors aus.
dd) Verpflichtungsklage Der Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung kann auch nicht im Wege der Verpflichtungsklage geltend gemacht werden, da gemäß § 42 Abs. 1 VwGO nur ein Verwaltungsakt, nicht aber ein Rechtsetzungsakt748 Gegenstand einer Verpflichtungsklage sein kann. 749
ee) Allgemeine Leistungsklage Möglicherweise kann der private Investor seinen Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung mit der allgemeinen Leistungsklage verfolgen. Da in der VwGO nicht positiv geregelt ist, was Gegenstand einer allgemeinen Leistungsklage sein kann, läßt sich die Annahme einer Leistungsklage zur
745
Vgl. HessVGH, B.v. 15.4.1991 - 1 Ν 3368/90 -, DÖV 1992, S. 121 f. (121); VGH Kassel, B.v 15.11.1982 - VIII Ν 2/82 -, NJW 1983, S. 2895 f. (2896); BayVGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 822/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff. (501); Robbers, JuS 1988, S. 949 ff. (951). 746 Gegen eine analoge Anwendung des § 47 VwGO mangels planwidriger Regelungslücke HessVGH, B.v 15.4.1991 - 1 Ν 3368/90 -, DÖV 1992, S. 121 f.; BayVGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 822/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff. (501 f.); Robbers, JuS 1988, S. 949 ff. (951 f.). 747 Vgl. Schenke, VerwArch 82 (1991), S. 307 ff. (352). 748 Für eine extensive Auslegung des § 42 Abs. 1 VwGO jedoch Bettermann, NJW 1960, S. 649 ff. (650); Menger, VerwArch 52 (1961), S. 304 ff. (318). Kritisch und ablehnend hierzu Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 130 ff. 749 Insoweit zutreffend OVG Koblenz, U.v. 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684. Gegen die Geltendmachung eines Anspruchs auf Normenerlaß im Wege der Verpflichtungsklage auch BayVGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 822/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff. (503); Robbers, JuS 1988, S. 949 ff. (952).
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Durchsetzung eines Normenerlaß- oder Normenänderungsanspruchs mit dem Gesetzeswortlaut ohne weiteres vereinbaren. 750 Dennoch wird zum Teil die Auffassung vertreten, die allgemeine Leistungsklage scheide für die Erzwingung eines Normsetzungsaktes aus; sie sei „vom Typus her" lediglich auf Einzelakte ausgerichtet, 751 so daß mit ihrer Hilfe nur auf schlichtes Verwaltungshandeln, nicht hingegen auf den Erlaß eines abstrakt-generellen Rechtsetzungsaktes geklagt werden könne. 752 Die Aussage, Gegenstand einer Leistungsklage könne kein normatives Verwaltungshandeln sein, ist jedoch zu pauschal und undifferenziert, als daß daraus auf die Unzulässigkeit der Geltendmachung eines Normenerlaß- bzw. Normenänderungsanspruchs geschlossen werden könnte. Sie erweist sich nur dort als zutreffend, wo die VwGO zur Überprüfung eines Rechtsetzungsaktes ein spezielles Verfahren zur Verfügung stellt, deren (bewußte) Lücken nicht mit der Leistungsklage geschlossen werden sollen. Dementsprechend kann die Aufhebung einer für rechtswidrig erachteten untergesetzlichen Norm selbst dann nicht per allgemeiner Leistungsklage durchgesetzt werden, wenn von der Ermächtigung zur Einführung der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO kein Gebrauch gemacht wurde. 753 In diesem Fall lassen sich jedoch etwaige Rechtsschutzlücken, die aus der partiellen Zurverfügungstellung des Normenkontrollverfahrens (Beschränkung auf Landesrecht, Ländervorbehalt für seine Einführung, vgl. § 47 Abs. 1 VwGO) resultieren, durch die Möglichkeit einer Inzidentkontrolle schließen.754 Ganz anders stellt sich demgegenüber die Rechtsschutzlage im Falle eines Normenerlaß- bzw. Normenänderungsanspruchs dar: Ein rechtswidriges Unterlassen des Normgebers ist auch im Rahmen einer gerichtlichen Inzidentprüfung nicht angreif- und korrigierbar; für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Normenänderung kommt hinzu, daß sich mit einer Normenkontrolle gegen die bestehende Norm allenfalls deren Nichtigerklärung, nicht aber deren Änderung erreichen ließe. 755 § 47 VwGO bietet also für Normenerlaß- bzw. Normenände750 BayVGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 822/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff. (503); Robbers, JuS 1988, S. 949 ff. (952). Für die Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Erlaß einer untergesetzlichen Rechtsnorm auch HessVGH, U.v. 7.7.1972 - IV OE 41/71 -, ESVGH 22, 224 ff. (225) sowie Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 132 ff. 751 So Schmitt Glaeser, Verwaltungsprozeßrecht, 14. Aufl. 1997, Rn. 375; vgl. auch Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 (382 ff.). 752 So OVG Koblenz, U.v. 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684; Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (382 ff.). 753 Vgl. Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl. 1994, § 47 Rn. 3; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Aufl. 1994, § 47 Rn. 8. 754 Vgl. bereits oben sub aa). 755 Vgl. dazu bereits oben sub aa).
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2. Teil: Die Regelungen des FStrPrivFinG
rungsansprüche von vornherein keine einschlägige Regelung und entfaltet daher auch keine Sperrwirkung gegenüber der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erlaß oder Änderung einer untergesetzlichen Rechtsnorm im Wege einer allgemeinen Leistungsklage. 756 Demnach kann der Private etwaige Ansprüche auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung mit der allgemeinen Leistungsklage verfolgen.
ff) Feststellungsklage Fraglich ist, ob der private Betreiber anstelle der allgemeinen Leistungsklage auch eine Feststellungsklage erheben könnte. Der Statthaftigkeit einer Feststellungsklage könnte insbesondere § 43 Abs. 2 VwGO entgegenstehen, wonach eine Feststellungsklage nicht zulässig ist, sofern eine Gestaltungs- oder Leistungsklage erhoben werden kann. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, unnötige Feststellungsklagen zu vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine rechtsschutzintensivere - etwa weil voll757
streckbare - Klageart zur Verfügung steht. Dessenungeachtet vertritt die Rechtsprechung die Auffassung, Leistungsansprüche, für die regelmäßig die allgemeine Leistungsklage zur Verfügung stehe, könnten wenigstens gegenüber den öffentlich-rechtlichen Körperschaften auch mit Hilfe der Feststellungsklage geltend gemacht werden. Zur Begründung wird angeführt, aufgrund ihrer Bindung an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG könne von den Körperschaften öffentlichen Rechts erwartet werden, daß sie Gerichtsurteile auch ohne 758
Vollstreckungsandrohung respektieren. Hiervon ausgehend, ist der Private also trotz § 43 Abs. 2 VwGO grundsätzlich nicht gehindert, seinen Anspruch auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung im Wege der Feststellungsklage geltend zu machen. 756
Vgl. BayVGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 922/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff. (503); Papier, in: Festschrift für Christian-Friedrich Menger, 1985, S. 517 ff. (533). Vgl. auch BVerwG, U.v. 7.9.1989 - 7 C 4.89 -, BayVBl 1990, S. 117 ff. (118 f.), das zwar die erhobene Feststellungsklage auf Normenergänzung für zulässig erklärte, die Zulässigkeit einer stattdessen denkbaren Leistungsklage jedoch nicht in Abrede stellte. Das BVerwG wies lediglich darauf hin, die Form des Feststellungsbegehrens entspreche eher dem im Gewaltenteilungsgrundsatz begründeten Gedanken, daß auf die Entscheidungsfreiheit der rechtsetzenden Organe gerichtlich nur in dem für den Rechtsschutz des Bürgers unumgänglichen Umfang einzuwirken sei. 757 Vgl. Schmitt Glaeser, Verwaltungsprozeßrecht, 14. Aufl. 1997, Rn. 337. 758 Ständige Rspr., vgl. nur BVerwG, U.v. 27.10.1970 - VI C 8.69 -, BVerwGE 36, 179 ff. (181); U.v. 30.4.1971 - VI C 35.68 -, BVerwGE 38, 99 ff. (101 f.). Kritisch hierzu Schmitt Glaeser, Verwaltungsprozeßrecht, 14. Aufl. 1997, Rn. 337; ablehnend Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 137 f.
C. Die Untersuchung der Regelungen des FStrPrivFinG im einzelnen
241
Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erfordert ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen normsetzender Instanz und privatem Investor. Unter einem Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO versteht man gemeinhin „die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen 759
Person oder zu einer Sache." Insoweit wird zum Teil die Auffassung vertreten, bei Normenerlaßklagen liege kein Streit über die sich aus einem konkreten Rechtsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten vor; vielmehr werde vom Kläger erst auf den Erlaß eines solchen Rechtsverhältnisses in Gestalt der erstrebten Norm geklagt. 760 Diese Auffassung ist jedoch nicht zutreffend. Das von § 43 Abs. 1 VwGO geforderte Rechtsverhältnis liegt bereits in den Rechtsbeziehungen der Beteiligten, die den Normenerlaßanspruch als solchen begründen; 761 dieses Rechtsverhältnis ist von dem weiteren Rechtsverhältnis, das aufgrund der zu erlassenden Norm entsteht, zu unterscheiden. 762 Deshalb besteht auch dann, wenn eine Mautverordnung noch nicht erlassen wurde, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen Normsetzungsinstanz und Privatem; es entspringt der Verpflichtung des Normgebers, die zur Realisierung des Gebührenerhebungsrechts erforderliche Rechtsverordnung zu erlassen. Der Private kann somit Ansprüche auf Erlaß oder Änderung der Mautverordnung anstelle mit einer Leistungsklage auch mit einer Feststellungsklage verfolgen.
75 9
Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Aufl. 1994, § 43 Rn. 11 m.w.N. So OVG Koblenz, U.v 10.3.1988 - 12 A 171/87 -, NJW 1988, S. 1684; differenzierend Würtenberger, AöR 105 (1980), S. 370 ff. (386 ff.). 761 BVerwG, U.v. 7.9.1989 - 7 C 4.89 -, BayVBl 1990, S. 117 ff. (118); vgl. auch Bay VGH, U.v. 15.12.1980 - 22 Β 822/79 -, BayVBl 1981, S. 499 ff. (503); Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 136. 76 2 Robbers, JuS 1988, S. 978 ff. (980). 760
16 Susanne Schmitt
Dritter Teil
Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung am Fernstraßenbau nach dem FStrPrivFinG Da es zunächst erforderlich war, sich eingehend mit Inhalt und Tragweite der Regelungen des FStrPrivFinG auseinanderzusetzen, wurden verfassungsrechtliche Erwägungen bislang nur dort angestellt, wo dies zur Auslegung des Gesetzes unumgänglich war; die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit einer privaten Beteiligung im Fernstraßenbau ist hingegen bislang ausgeklammert worden. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Privatisierungsmaßnahmen ist jedoch keineswegs selbstverständlich. Der im FStrPrivFinG vorgesehenen Einbindung privater Investoren in den Fernstraßenbau und in die damit einhergehende Mauterhebung könnten nicht nur die Kompetenznormen des Grundgesetzes, sondern auch Sozialstaats-, Rechtsstaats- oder Demokratieprinzip entgegenstehen. Die folgenden Ausführungen befassen sich daher mit den grundlegenden verfassungsrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit einer Beteiligung Privater im Bereich des Bundesfernstraßenwesens stellen. Es soll geklärt werden, ob es aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt zulässig ist, Private mit dem Bau, der Erhaltung, dem Betrieb und der Finanzierung von Bundesfernstraßen zu betrauen (§ 1 Abs. 2 FStrPrivFinG) (sub Α.) und ihnen das Recht zur Erhebung von Mautgebühren zu übertragen (§ 2 FStrPrivFinG) (sub Β.). 1 Im Anschluß daran wird geprüft, inwieweit Enteignungen zugunsten der privat erstellten und finanzierten Infrastrukturmaßnahmen zulässig sind (sub C.).
1 Ob es darüber hinaus auch ein verfassungsrechtliches „Privatisierungsgebot" gibt, muß hier nicht erörtert werden. Vgl. hierzu näher Lecheler, ZBR 1980, S. 69 ff. (71 f.).
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
243
A. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG im Lichte des Verfassungsrechts I. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG Möglicherweise läßt sich bereits der Regelung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG entnehmen, ob und inwieweit Privaten Aufgaben des Baues, der Erhaltung, des Betriebs und der Finanzierung von Bundesfernstraßen zur Ausführung übertragen werden können. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG weist die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für den „Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr" dem Bund zu. Welche Straßen als solche „für den Fernverkehr" anzusehen sind, wird im Grundgesetz zwar nicht ausdrücklich festgelegt. Da aber die Verwaltungskompetenz des Bundes nicht weiter reichen kann als seine Gesetzgebungsbefugnis, 2 erfaßt der Begriff zumindest die in Art. 90 Abs. 2 GG genannten „Bundesautobahnen" und „sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs". 3 Vor allem mit Erlaß des FStrG vom 6.8.1953 hat der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG umfassenden Gebrauch gemacht, so daß den Ländern im Bereich der Bundesfernstraßen nur noch wenig Regelungsspielraum bleibt (vgl. Art. 72 Abs. 1 GG). Aus dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG lassen sich allerdings noch keine Aussagen über die Zulässigkeit der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehenen privaten Beteiligung bei der Erstellung neuer Bundesfernstraßen herleiten. Insoweit kann Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG vielmehr nur dann eine Rolle spielen, wenn er sich nicht in der bloßen Statuierung einer Zuständigkeitsvorschrift erschöpft, sondern einen darüber hinausgehenden materiell-rechtlichen Regelungsgehalt aufweist. Daß einzelne Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes neben der jeweils ausdrücklich getroffenen Zuständigkeits- bzw. Verfahrensregelung zugleich einen stillschweigend mitgeregelten materiellen Gehalt besitzen können, ist in Rechtsprechung4 und Literatur 5 mittlerweile anerkannt.
2
Vgl. BVerfG, U.v. 28.2.1961 - 2 BvG 1, 2/60 -, BVerfGE 12, 205 ff. (229); U.v. 30.10.1962 - 2 BvF 2/60 u.a. -, BVerfGE 15, 1 ff. (16). 3 Zu der Frage, ob die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG über die in Art. 90 Abs. 2 GG genannten Bundesfernstraßen hinausreicht und auch Fernverkehrsstraßen im Eigentum der Länder erfaßt, vgl. von Mangoldt/Klein, Grundgesetz, Bd. II, 2. Aufl. 1964, Art. 74 Anm. XLIV. 2. c) m.w.N.; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 10.3 ff., S. 33 ff. 4 Vgl. BVerfG, B.v. 20.12.1960 - 1 BvL 21/60 -, BVerfGE 12, 45 ff. (50); B.v. 22.5.1962 - 1 BvR 301, 302/59 -, BVerfGE 14, 105 ff. (111); B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 (56 f.); U.v. 19.10.1982 - 2 BvF 1/81 -, BVerfGE 61, 149 ff. (192).
244
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
Zu prüfen ist demnach, ob sich der Regelung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ein derartiger materiell-rechtlicher Regelungsgehalt entnehmen läßt. Für die hier zu erörternde Problematik käme es entscheidend darauf an, ob Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG neben der ihm primär innewohnenden Zuweisung der Gesetzgebungszuständigkeit an den Bund auch einen „aufgabenrechtlichen" Inhalt hat, indem er die gesetzlich zu regelnde Materie „Bau und Unterhaltung von Landstraßen fur den Fernverkehr" zwingend dem Staat zur Erledigung überantwortet. 6 Vor dem Hintergrund eines staatlichen Aufgabenvorbehalts wäre der Staat zu einer Übernahme der in Frage stehenden Aufgabe verpflichtet; ein privates Tätigwerden auf dem betreffenden Sachgebiet wäre ausgeschlossen. Eine solch weitreichende Bedeutung kommt der Regelung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG jedoch nicht zu. Es handelt sich dabei um eine bloße Zuständigkeitsregelung ohne materiell-rechtlichen Regelungsgehalt. Die Norm besagt nicht mehr, als daß der Bund befugt ist, die genannte Materie gesetzlich auszugestalten und zu ordnen. In welchem Ausmaß und auf welche Art und Weise der Bund von dieser Befugnis Gebrauch zu machen hat, läßt sich der Vorschrift dagegen nicht entnehmen.7 Genausowenig kann von der Gesetzgebungskompetenz auf einen staatlichen Aufgabenvorbehalt und damit auf den Ausschluß privaten Tätigwerdens geschlossen werden: 8 Träfe die Schlußfolgerung zu, daß das gesetzlich zu regelnde Sachgebiet zugleich auch Staatsaufgabe ist, würden sich gerade für die vom Gesetzgeber ebenfalls zu regelnden Bereiche autonom privatwirtschaftlicher Betätigung merkwürdige Konsequenzen ergeben. M i t Blick auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, der dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für das „Recht der Wirtschaft" zuweist, wäre ein Tätigwerden auf dem Gebiet der Wirtschaft ausschließlich dem Staat vorbehalten und privatwirtschaftliche Aktivitäten wären nicht möglich. 9 Es ginge daher zu weit, der Gesetzgebungskompetenz in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG über ihren kompetenzrechtlichen Inhalt hinaus auch einen aufgabenrechtlichen Gehalt zuzuschreiben. Als rein kompetenzrechtlich zu verstehende Regelung steht Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG der Zulässigkeit einer privaten Beteiligung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG somit nicht entgegen. 5
Vgl. z.B. Pestalozzi Der Staat 11 (1972), S. 161 ff.; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 152 ff.; Bleckmann, DÖV 1983, S. 129 ff. 6 Zum materiell-rechtlichen Regelungsgehalt des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG hinsichtlich der „Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen" vgl. oben im Zweiten Teil sub C. III. 1. a). 7 Vgl. Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 37. 8 Vgl. Friauf, a.a.O., S. 44 Fn. 38; Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1995, S. 104 f. 9 Vgl. Ossenbühl, in: Festschrift für Lukes, 1989, S. 525 ff. (533).
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
245
I I . Art. 90 G G Erkenntnisse über die Zulässigkeit eines privaten Tätigwerdens bei der Erstellung und Unterhaltung von Bundesfernstraßen könnten sich aber aus Art. 90 GG ergeben, in dessen Abs. 1 die Eigentumslage an den bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen geregelt wird, während sich Abs. 2 und Abs. 3 mit der Verwaltung der Bundesfernstraßen befassen. Aufgrund seiner sowohl systematischen als auch thematischen Zugehörigkeit zum VIII. Abschnitt des Grundgesetzes (Art. 83 ff. GG), der sich primär mit der verwaltenden Gewalt des Bundes, und zwar vornehmlich unter dem Aspekt der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern befaßt, 10 steht zwar auch hier zunächst der kompetenzrechtliche Regelungsgehalt der Norm im Vordergrund. Möglicherweise besitzt die Vorschrift aber - anders als Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG - darüber hinaus einen materiell-rechtlichen Regelungsgehalt, der eine Übertragung von Aufgaben der Straßenbaulast auf Private, wie sie in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehen ist, nicht gestattet.
/. Materiell-rechtlicher
Regelungsgehalt des Art. 90 GG
a) Organisationsrechtlicher Gehalt Die Art. 83 ff. GG weisen nach zutreffender Auffassung 11 auch einen organisationsrechtlichen Gehalt auf. Sie fungieren also nicht nur als Zuständigkeitsnormen für das Verhältnis von Bundes- und Landesverwaltung, sondern enthalten zugleich Direktiven für spezifische Organisationsformen innerhalb des Verwaltungsaufbaues. 12 Das Grundgesetz unterscheidet hierbei grundsätzlich zwischen drei verschiedenen Verwaltungstypen: dem Vollzug von Bundesgesetzen durch die Länder als eigene Angelegenheit (Art. 84 GG) oder im Auftrag des Bundes (Art. 85 GG) sowie dem Vollzug von Bundesgesetzen in eigener, sei es bundesunmittelbarer, sei es bundesmittelbarer Verwaltung (Art. 86). 13 Für den Bereich der Bundesfernstraßen hat sich das Grundgesetz für die Bundesauftragsverwaltung entschieden (Art. 90 Abs. 2 GG); eine Übernahme in bundes10
Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1983, Art. 83 Rn. 1. Vgl. nur BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (33); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 117; Krebs, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 567 ff. (600); Dittmann, Die Bundesverwaltung, 1983, S. 90. 12 Vgl. Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 43; Maunz, in: Festschrift für Hans Ulrich Scupin, 1983, S. 615 ff. (617). 13 Vgl. BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (40); Hömig, in: Seifert/Hömig (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. 1995, Vorb. zu Art. 83 ff. Rn. 1. 11
246
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
eigene Verwaltung erfolgt nur ausnahmsweise auf Antrag eines Landes (Art. 90 Abs. 3 GG).
b) Aufgabenrechtlicher Gehalt Neben dem organisationsrechtlichen Regelungsgehalt beinhalten die Art. 83 f f aber auch eine aufgabenrechtliche Dimension, die in dem inneren Zusammenhang zwischen (Verwaltungs-)Kompetenz und Aufgabe gründet: Die Zuweisung einer Verwaltungskompetenz bezieht sich stets auf eine bestimmte Sachaufgabe, die ihrerseits einem bestimmten Aufgabenträger zuzuordnen ist. Aufgrund dieser Verknüpfung erschiene eine Verwaltungskompetenznorm, der man eine stillschweigend implizierte aufgabenrelevante Funktion absprechen wollte, als weitgehend sinnentleert und funktionslos; erst wenn man voraussetzt, daß dem jeweils bestimmten Zuordnungssubjekt der Verwaltungskompetenz zugleich auch die - durch die administrative Zuständigkeit in Bezug genommene - Sachaufgabe als solche obliegt, kommt der zuvor praktisch inhaltlosen Zuständigkeitsnorm Aussagekraft zu. 14 Die Kompetenzzuweisung stellt sich somit als Folge einer Aufgabenzuweisung dar, so daß die in der Kompetenznorm angesprochene Sachaufgabe als dem staatlichen Verantwortungsbereich zugewiesene Aufgabe anzusehen ist. 15 Vor diesem Hintergrund kann den Art. 83 ff. GG daher auch ein aufgabenrechtlicher Regelungsgehalt entnommen werden. 16 Bezieht man diese Ausführungen auf Art. 90 GG, ergibt sich daraus folgendes: Die ausdrückliche Anordnung des Verfassungstextes, daß im Regelfall die Länder bzw. die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften die Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes verwalten (Art. 90 Abs. 2 GG) und der Bund ausnahmsweise die Straßen in eigene Verwaltung übernehmen kann (Art. 90 Abs. 3 GG), bliebe als „isolierte" Zuständigkeitsregelung praktisch gehaltlos, wenn nicht das Sachgebiet „Bundesfernstraßen" zugleich auch inhaltlich - zumindest partiell - eine staatliche Aufgabe wäre. 17 Art. 90 14 Vgl. die - insoweit allgemein auf die Art. 83 ff. GG übertragbaren - Ausführungen zu Art. 89 Abs. 2, Abs. 3 GG bei Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 44 f. 15 Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 152; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, 1980, S. 27. 16 In diesem Sinne auch BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (41), das ausdrücklich die verfassungskräftige Zuweisung von Verwaltungsaufgaben an Verwaltungsträger anspricht und die Zuordnung einer Materie durch eine Verwaltungskompetenz des Grundgesetzes als „Grundgedanken einer Kompetenznorm" bezeichnet. 17 So Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 59. Zweifelnd hingegen Stewing, BauR 1991, S. 703 ff. (708), der die Möglichkeit in Erwägung zieht, die Art. 90 Abs. 2, Abs. 3 GG könnten eine Zuständig-
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
247
GG setzt daher notwendigerweise stillschweigend voraus, daß der Bund rechtliches Zuordnungssubjekt der auf die Bundesfernstraßen bezogenen Sachfunktionen, d.h. Aufgabenträger ist. 18 Zu diesen Sachfunktionen, die in Abs. 2 durch das Tatbestandsmerkmal „Verwaltung der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs" in Bezug genommen werden, gehört auch die Herstellung und Unterhaltung der Bundesfernstraßen. Das Fernstraßenwesen einschließlich des Baues und der Unterhaltung der Fernstraßen bildet demnach im Grundsatz eine staatliche Aufgabe. 19 In Rechtsprechung und Literatur steht denn auch die aufgabenrechtliche Dimension des Art. 90 GG außer Zweifel. Sie kommt in Formulierungen wie: „In dem der Auftragsverwaltung dadurch [d.h. durch Art. 90 Abs. 2 GG] gezogenen Rahmen erfüllen die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften ... Bundesaufgaben; ..." 20 , und „Das Fernstraßenwesen im Sinne des Art. 90 GG ist in jedem Falle, ..., eine Bundesaufgabe" 2 1 zum Ausdruck. 22
keitsverteilung nur für den Fall einer Erledigung der Aufgabe durch den Staat selbst enthalten. 18 Friauf, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 209 ff. (213 f.). 19 So auch Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 60. Da sich der Charakter als Staatsaufgabe bereits aus Art. 90 GG ergibt, ist es überflüssig, darüber hinaus - wie z.B. Bartlsperger, Die Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung, 1969, S. 28 - eine staatliche Kompetenz „kraft Natur der Sache" zu konstruieren, zumal auch der Rekurs auf eine Kompetenz kraft „Natur der Sache" keine anderen Ergebnisse erwarten läßt, als sie nicht schon aufgrund einer an Art. 90 GG orientierten verfassungsrechtlichen Prüfung gewonnen werden könnten. 20 BVerwG, U.v. 15.4.1977 - IV C 3.74 -, BVerwGE 52, 226 ff. (229). 21 Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 50. 22 Demgegenüber wird der aufgabenrechtliche Gehalt des Art. 90 GG zum Teil nicht aus dessen Abs. 2 und Abs. 3, sondern aus dessen Abs. 1 hergeleitet, der dem Bund das Eigentum an den bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen zuweist, so z.B. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 12 f., S. 35 f.; vgl. auch Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 50 a.E., der sich jedoch primär auf Art. 90 Abs. 2 GG beruft. Kodal/Krämer stützen ihre Auffassung auf Art. 134 GG, der die Rechtsnachfolge in das Reichsvermögen regelt: Die bloße Eigentumsübertragung als solche wäre angesichts der allgemeinen Regelung in Art. 134 GG kaum Gegenstand einer expliziten Normierung geworden, wenn sie nicht zugleich mit der Übertragung einer staatlichen Aufgabe in Zusammenhang stünde. Eine Auseinandersetzung mit dieser Auffassung ist hier jedoch nicht erforderlich, da es letztlich nur darauf ankommt, daß Art. 90 GG überhaupt einen aufgabenrechtlichen Gehalt aufweist und nicht darauf, aus welchem der Absätze des Art. 90 GG dieser aufgabenrechtliche Gehalt konkret herzuleiten ist.
248
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung 2. Der aufgabenrechtliche Gehalt des Art. 90 GG: Verfassungskräftiger Ausschluß der Beteiligung Privater an der Staatsaufgabe „ Fernstraßenwesen "?
Zu prüfen ist nunmehr, ob sich aus der verfassungsrechtlichen Qualifizierung des Fernstraßenwesens als staatlicher Aufgabe Konsequenzen fur die Zulässigkeit einer privaten Beteiligung bei der Erstellung und Unterhaltung von Bundesfernstraßen ergeben. Hätte die verfassungskräftige Zuweisung einer Aufgabe an den Staat zur Folge, daß eine private Tätigkeit in diesem Bereich ausgeschlossen ist, so müßte die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehene Übertragung von Aufgaben des Fernstraßenbaues auf Private als verfassungswidrig eingestuft werden. Fraglich ist allerdings, ob dieser Schluß von der Staatsaufgabe auf das Staatsmonopol zwingend ist. Fest steht, daß die in Art. 90 GG getroffene Aufgabenzuweisung nicht zur Disposition des einfachen Gesetzgebers steht: Das Grundgesetz sieht die Bereitstellung von Bundesfernstraßen als eine dem Bund zugewiesene materielle Verwaltungsaufgabe an, die im Regelfall durch Länderbehörden wahrgenommen wird. Es liegt deshalb nicht in der Verfügungsgewalt des einfachen Gesetzgebers, autonom darüber zu entscheiden, ob sich der Staat grundsätzlich im Bereich der Bundesfernstraßen engagieren will oder nicht. 23 Steht mit der verfassungskräftigen Aufgabenzuweisung an den Staat somit das „Ob" der überantworteten Aufgabe außer Frage, ist indessen über das „Wie" der Aufgabenerfüllung noch nichts gesagt.24 Es ist keinesfalls zwingend, daß die dem Staat zugewiesene Aufgabe „Fernstraßenwesen" auch von diesem selbst zu erledigen ist und eine private Beteiligung bei der Aufgabenerfüllung 25
daher unzulässig wäre. Der Staat wird zwar mit der bindenden Zuweisung einer Aufgabe zum „Aufgabenträger", der die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgabe sicherzustellen hat; ihm obliegt also die „Aufgabenverantwortung". Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage der „Aufgabenerledigung"; sie betrifft lediglich die Ausführung der Aufgabe, d.h. die Wahrnehmung aller mit dem zugewiesenen Sachgebiet zusammenhängenden Tätigkeiten. 26 Wenn es auch im Einzelfall durchaus notwendigerweise vom Staat selbst wahrzunehmende Angelegenheiten ge-
23
Vgl. die entsprechenden Folgerungen aus Art. 89 GG bei Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 45 f. 24 Vgl. Friauf a.a.O., S. 46 Fn. 46. 25 Vgl. Stewing , BauR 1991, S. 703 ff. (708). 26 Zur Unterscheidung zwischen Aufgabenverantwortung und Aufgabenerledigung Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 53 Fn. 202.
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
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ben mag, 27 so müssen doch Aufgabenverantwortung und Aufgabenerledigung nicht zwangsläufig zusammenfallen. 28 Die „höchst heterogenen Abstufungen staatlicher Aufgabenerfüllung" 29 reichen von der vollständigen Wahrnehmung der Aufgabe durch den Staat im Sinne einer Monopolisierung über die Teilnahme an der Aufgabenerfullung durch Private, die Steuerung privater Tätigkeit, die Durchsetzung einer rechtlichen Rahmenordnung bis hin zur Anregung und Förderung privater Tätigkeit. 30 Eine dem Staat von Verfassungs wegen obliegende Aufgabenverantwortung resultiert daher nicht notwendig in einer Pflicht zur Selbstwahrnehmung durch staatliche Stellen.31 Auch aus dem Regelungsgehalt des Art. 90 GG folgt lediglich die Aufgabenverantwortung des Staates für die Bereitstellung eines funktionsfähigen Bundesfernstraßennetzes; in welcher Weise und mit welchen Mitteln er der ihm übertragenen Aufgabenverantwortung gerecht zu werden hat, läßt sich der Norm jedoch nicht entnehmen.32 Man würde den Aussagehalt des Art. 90 GG überhöhen, würde man gleichwohl allein aus der Aufgabenträgerschafit des Bundes auf ein staatliches Realisierungsmonopol und damit auf jeglichen Ausschluß privater Beteiligung schließen.33 Vielmehr kann eine vom Grundgesetz 27
Dazu zählen die Aufgaben, deren Erfüllung wesentlich und notwendig durch den Einsatz des staatsvorbehaltenen Mittels des physischen Zwangs geprägt wird wie z.B. Justiz, Zwangsvollstreckung, Polizei und Militär, vgl. Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrecht, Bd. III, 1988, S. 3 ff. (68 f.). Vgl. auch BVerfG, B.v. 5.5.1964 - 1 BvL 8/62 -, BVerfGE 17, 371 ff. (376), wonach Rechtspflege und freiwillige Gerichtsbarkeit „originäre Staatsaufgaben" darstellen und daher vom Staat notwendigerweise selbst wahrzunehmen sind. 28 Gromoll, Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1982, S. 151 Fn. 3 unter Hinweis auf Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 53 Fn. 202. 29 So Herzog, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 83 ff. (99). 30 Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 3 ff. (64 f.); vgl. auch Wahl, in: Ellwein/Hesse (Hrsg.), Staatswissenschaften: Vergessenene Disziplin oder neue Herausforderungen?, 1990, S. 29 ff. (31). Siehe auch BVerwG, U.v. 3.3.1994 - 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188 ff. (197), wonach der Staat grundsätzlich nicht gehalten sei, jede von ihm als erforderlich angesehene Maßnahme durch eigene Dienstkräfte zu erledigen, sondern sich zur Erfüllung seiner Aufgaben auch privater Personen bedienen dürfe. 31 So Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 25. 32 Vgl. Friauf, a.a.O., S. 61. 33 So aber offensichtlich Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. (156), dessen Ausführungen sich zwar auf den Bau von Privatstraßen für den öffentlichen Verkehr beziehen, für die hier interessierende Frage nach der Zulässigkeit privater Beteiligung bei der Erstellung öffentlicher Straßen aber ebenfalls Geltung beanspruchen würden: Wendrich führt zunächst - insoweit zutreffend - aus, die Regelung in Art. 90 Abs. 2 GG könne nur so verstanden werden, daß das Grundgesetz die Bereitstellung von Bundesfernstraßen als dem Bund zugewiesene Verwaltungsaufgabe ansehe, die im Regelfall durch Länderbe-
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3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
nur in abstrakter Form bezeichnete Staatsaufgabe - wie hier das Fernstraßenwesen - aus verfassungsrechtlicher Sicht in unterschiedlicher Weise 34 wahrgenommen werden, ohne daß dadurch die Sachadäquanz der Aufgabenerledigung gefährdet würde. 35 Wenn und soweit eine effektive Wahrnehmung der auf das Fernstraßenwesen bezogenen Aufgaben durch die Betätigung Privater möglich und darüber hinaus auch eine sachgerechte Überwachung des privaten Tätigwerdens gewährleistet ist, steht der Einbeziehung privater Unternehmen in die Aufgabenerfüllung vom Grundsatz her nichts entgegen.36 Nachdem sich aus dem aufgabenrechtlichen Gehalt des Art. 90 GG somit kein grundsätzliches Verbot einer privaten Beteiligung im Bereich der Bundesfernstraßen herleiten läßt, ist nunmehr zu untersuchen, ob die konkrete, in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG gewählte Einbindung privater Investoren verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Dies ist indessen nicht der Fall: Die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehene Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung zur Ausführung auf Private läßt die staatlichen Verantwortungsbereiche unberührt und unterwirft das mit der Errichtung und Finanzierung der Bundesfernstraße betraute private Unternehmen der staatlichen Aufsicht. 37 Der Staat entledigt sich also nicht seiner ihm von Verfassungs wegen obliegenden Aufgabenverantwortung für das Fernstraßenwesen, sondern nimmt lediglich bei der Wahrnehmung einzelner der ihm überantworteten Aufgaben die Hilfe Privater in Anspruch. Dabei handelt es sich im wesentlichen um Maßnahmen rein technischer Art im Zusammenhang mit der Erstellung und Unterhaltung von Bundesfernstraßen. 38 Insoweit ist nicht ersichtlich, weshalb der Bund der ihm übertragenen Sachverantwortung nicht auch in der Weise Rechnung tragen dürfte, daß er diese Aufgaben privaten Unternehmen überträgt. Eine andere Beurteilung ist aber auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der mit der Realisierung des Straßenbauprojektes betraute Private nicht nur die technische Herstellung und Unterhaltung der Straße übernimmt, sondern darüber hinaus auch vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten im Rahmen der hörden wahrgenommen werde. „Damit" sei aber, so Wendrich, auf der Ebene der Bundesfernstraßen der Bau von Privatstraßen für den öffentlichen Femverkehr durch Private nicht möglich. Zulässig und mit Art. 90 GG zu vereinbaren ist es nach Auffassung Wendrichs nur, wenn Private aufgrund staatlicher Beleihung tätig werden. 34 Zur Variationsbreite der Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Intensität und Modalitäten der staatlichen Aufgabenwahrnehmung vgl. die Nachweise in Fn. 30. 35 Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 61 f. 36 Vgl. BVerwG, U.v. 3.3.1994 - 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188 ff. (197); Friauf a.a.O., S. 46,61 f. 37 Vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 1. e). 38 Vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 3.
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
251
Projektplanung. 39 Eine derartige, lediglich auf vorbereitende und unterstützende Tätigkeit beschränkte Mitwirkung Privater in der Planungsphase, die die staatliche Zuständigkeit für die Planfeststellung nicht tangiert, bewegt sich ebenfalls noch im zulässigen Gestaltungsrahmen einer Privatisierung der Aufgabenerledigung. 40 Ein gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG erfolgender Einsatz privater Unternehmen begegnet somit im Hinblick auf die in Art. 90 GG verankerte Zuweisung des Bundesfernstraßenbaues an den Bund keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.41
3. Der organisationsrechtliche Gehalt des Art. 90 GG: Ausschluß privatrechtlicher Organisationsformen durch zwingend vorgeschriebene Bundesauftragsverwaltung? - Unzulässiger Einbruch in die Verwaltungszuständigkeit der Länder? Möglicherweise verbietet es sich aber im Hinblick auf den organisationsrechtlichen Gehalt des Art. 90 GG, die in § 1 Abs. 2 GG genannten Aufgaben Privaten zur Ausführung zu übertragen. Aufgrund der in Art. 90 Abs. 2, Abs. 3 GG vorgesehenen Organisationstypen der Bundesauftragsverwaltung bzw. der bundeseigenen Verwaltung könnten privatrechtliche Organisationsformen beim Vollzug der Fernstraßenverwaltung von vornherein unzulässig sein. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, könnte die durch § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG eröffnete Möglichkeit, Private mit der Erstellung und Unterhaltung von Bundesfernstraßen zu betrauen, zu einem unzulässigen Einbruch in die durch Art. 90 Abs. 2 GG für den Regelfall begründete Verwaltungszuständigkeit der Länder führen und aus diesem Grund verfassungswidrig sein. Zunächst ist zu klären, ob die in Art. 90 GG für den Bereich der Bundesfernstraßen vorgesehenen Organisationsformen einer privaten Beteiligung bei
39
Welche Tätigkeiten hierbei - insbesondere im Hinblick auf § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG - in Betracht kommen, wurde bereits im Zweiten Teil sub C. I. 3. a) bb) dargelegt. 40 Auch Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 108 ff, ist der Auffassung, daß sich der dem Gesetzgeber durch die Art. 87 ff. GG eröffnete weite Gestaltungsspielraum bei den Modalitäten der Aufgabenerledigung nicht nur auf die technische Herstellung der Verkehrsinfrastruktureinrichtungen, sondern prinzipiell auch auf die dieser vorgelagerte Planungsphase bezieht. Private Unternehmen dürften daher auch bei der Planung von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen beteiligt werden, sofern dies mit den „allgemeinen verfassungsrechtlichen Anforderungen" zu vereinbaren sei. Zu diesen, sich vornehmlich aus dem Rechtsstaat- und Demokratieprinzip ergebenden Anforderungen, wurde bereits im Zweiten Teil sub C. I. 3. a) bb) (1) (c) Stellung genommen. 41 Vgl. i.E. auch Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (137 f.).
252
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
der Erfüllung der in Frage stehenden Verwaltungsaufgaben prinzipiell entgegenstehen. Da die fur Art. 90 Abs. 2, Abs. 3 GG einschlägigen Regelungen der Art. 85, 87 Abs. 3 GG bzw. Art. 86 GG als organisatorische Träger der Verwaltungsfunktionen lediglich „Behörden" oder „Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes" ausdrücklich erwähnen, während privatrechtliche Organisationsformen nicht angesprochen werden, könnte man sich auf den Standpunkt stellen, eine Aufgabenwahrnehmung durch Private sei im Fernstraßenwesen nicht vorgesehen und daher unzulässig.42 Scheinbare Unterstützung erfährt diese Auffassung durch einen Vergleich mit den jüngst im Zuge der Privatisierung der Bundesbahn bzw. der Flugsicherung 43 eingefügten Art. 87 d Abs. 1 S. 2, 87 e Abs. 3 S. 1 GG, wo im Gegensatz zu Art. 90 GG eine Verwaltung in privatrechtlichen Organisationsformen ausdrückliche Erwähnung findet. 44 Es wäre allerdings verfehlt, das Schweigen des Art. 90 GG zu der Frage nach der Zulässigkeit privatrechtlicher Aufgabenwahrnehmung im Sinne eines konkludenten generellen Ausschlusses privaten Tätigwerdens im Bereich der Fernstraßenverwaltung zu interpretieren. Gegen eine derartige Interpretation spricht bereits der historische Hintergrund der Art. 83 ff. GG: Die Möglichkeit der Verwaltung, auf privatrechtliche Organisationsformen zurückzugreifen und beliehene Unternehmer einzuschalten, war bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes zu Zeiten der Weimarer Reichsverfassung anerkannt. 45 Hätte der Verfassungsgeber insoweit eine von der Staatspraxis und der Verfassungstradition abweichende Regelung treffen wollen, dann hätte er dies im Grundgesetz durch eine eindeutige Regelung, aus der sich die Beschränkung der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben auf öffentlich-rechtliche Träger ergibt, zum Aus-
42 In diesem Sinne argumentiert Reuß, der den Art. 83 ff. GG ein allgemeines Verbot der Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf Private entnimmt, vgl. ders., in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. III, 1. Halbband, 1958,
S. 91 ff. (128 ff.); ders., DVB1. 1953, S. 684 ff. (685 f.); ders., DVB1. 1976, S. 927 ff.
(930). 43
Vgl. im Ersten Teil, Fn. 113. Offensichtlich genau umgekehrt will hingegen Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 107, von der ausdrücklichen Erwähnung privatrechtlicher Organisationsformen in den Art. 87 d, 87 e GG auf die grundsätzliche Akzeptanz der Art. 83 ff. GG gegenüber einer Einbeziehung von Privatrechtssubjekten schließen. Diese Folgerung ist m.E. unschlüssig. 45 So ist z.B. Art. 14 WRV, der die Ausführung der Reichsgesetze grundsätzlich den Landes„behörden" übertrug, niemals im Sinne einer ausschließlichen Festlegung auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen verstanden worden, vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 116. 44
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
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druck bringen müssen.46 Dies ist indessen nicht geschehen, so daß es nicht gerechtfertigt erscheint, die Art. 83 ff. GG - soweit sie privatrechtliche Organisationsformen nicht ausdrücklich für zulässig erklären - im Sinne einer ausschließlichen Festlegung auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen zu verstehen.47 Für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG ist es daher irrelevant, daß sich Art. 90 GG zu einer Aufgabenerfüllung durch Privatrechtssubjekte nicht explizit äußert. Vielmehr können grundsätzlich auch solche Aufgaben, für die das Grundgesetz - wie hier in Art. 90 Abs. 2, Abs. 3 GG - ausdrücklich die Verwaltungszuständigkeit der öffentlichen Hand begründet, auf Private übertragen werden. 48 Soweit als organisatorische Träger von Verwaltungsfunktionen lediglich Behörden oder Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts genannt werden, ist diese Aufzählung nicht abschließend.49 Die Art. 83 ff. GG stellen keine umfassende Regelung der Verwaltungsorganisation dar, sondern eröffnen im Hinblick auf die konkrete Gestaltung der einzelnen Verwaltungsbereiche einen weiten organisatorischen Spielraum. 50 Nur auf diese Weise kann den verschiedenartigen und sich ständig wandelnden organisatorischen Erfordernissen Rechnung getragen und eine wirkungsvolle und leistungsfähige Verwaltung gewährleistet werden. 51 Dem jeweiligen Verwaltungsträger stehen damit bei der organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung grundsätzlich alle Organisationsformen des öffentlichen und des privaten Rechts zur Verfügung. 52 Eine unbegrenzte Wahlfreiheit besteht allerdings nicht: Eine Begrenzung des organisatorischen Gestaltungsspielraums ist insoweit anzunehmen, als das Grundgesetz ausdrückliche Schranken für die Regelung der Verwaltungsorganisation
46 Stober, NJW 1984, S. 449 ff. (452); Erbguth/Stollmann, DÖV 1993, S. 798 ff. (800); s. auch Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff. (163). 47 Vgl. im Ergebnis auch Kirchhof, DVB1 1984, S. 657 ff. (660). Daß die Schöpfer des Grundgesetzes die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private in den Art. 83 ff. GG nicht ausdrücklich erwähnt haben, ist wohl auf die in der damaligen Staatspraxis vergleichsweise geringe quantitative Bedeutung privater Verwaltungseinheiten zurückzuführen, vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 258. 48 Vgl. Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 8. 49 Stober, NJW 1984, S. 449 ff. (452); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 65. 50 BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (34); s. auch Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, S. 73, der insoweit einen „fragmentarischen Charakter" der Art. 83 ff. annimmt. 51 BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (34). 52 Vgl. Blümel, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 857 ff. (910 f.); s. auch Dittmann, Die Bundesverwaltung, 1983, S. 87 f.; ferner Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1989, Art. 86 Rn. 60.
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3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
enthält oder sich Einschränkungen aus den Regelungen hinsichtlich der Verwaltungskompetenz ergeben. 53 Zu prüfen ist demnach, ob der dem Bund eröffnete Regelungsspielraum bei der Ausgestaltung des Verwaltungsbereiches „Bundesfernstraßen" entsprechenden Beschränkungen unterworfen ist, die einer Übertragung der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG aufgeführten Tätigkeiten zur Ausführung auf Private entgegenstünden. Ausdrückliche organisationsrechtliche Schranken bestehen jedoch nicht; 5 4 mit dem in Art. 90 Abs. 2 GG für den Regelfall vorgesehenen Organisationstypus der Bundesauftragsverwaltung sind keine organisatorischen Festlegungen auf öffentlich-rechtliche Handlungsformen verbunden, 55 die eine im Sinne einer funktionalen Aufgabenprivatisierung erfolgende Aufgabenerledigung durch Private verbieten wuraen. M i t der Wahl privatrechtlicher Organisationsformen darf allerdings auch nicht die bundesstaatliche Kompetenzverteilung unterlaufen und in unzulässi53
BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (34). Vgl. demgegenüber Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F., der durch Vorgabe einer spezifischen öffentlich-rechtlichen Organisationsstruktur der Privatisierung von Bundesbahn und Bundespost gewisse organisationsrechtliche Schranken setzte und aus diesem Grund durch Gesetz vom 20.12.1993 (BGBl I S. 2089) geändert wurde: Die Norm in ihrer alten Fassung, wonach Bundespost und Bundesbahn in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau zu fuhren waren, wurde überwiegend nicht nur im Sinne einer verfassungsrechtlichen Bindung an die Organisationsform der bundesunmittelbaren Verwaltung verstanden, derzufolge die Wahl einer anderweitigen öffentlichrechtlichen Rechtsform mit eigener Rechtspersönlichkeit wie einer Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts (mittelbare Bundesverwaltung) grundsätzlich ausgeschlossen war, vgl. insoweit die Nachweise bei Schmidt-Aßmann/Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, 1986, S. 102 Fn. 246. Vielmehr Schloß man daraus auch - jedenfalls soweit es um das Gesamtunternehmen oder um wesentliche Tätigkeitsbereiche ging - auf ein generelles Verbot sowohl der formellen als auch der materiellen Privatisierung, vgl. Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1992, Art. 87 Rn. 111 ff. Die Übertragung einzelner Teilaufgaben auf private Rechtsträger wurde hingegen weitgehend für zulässig gehalten, sofern sich der Bund hinreichende Einflußmöglichkeiten vorbehält, vgl. Schmidt-Aßmann/Fromm, a.a.O., S. 119 ff. m.w.N; zur Zulässigkeit einer auf Teilgebiete des jeweiligen Verwaltungszweiges beschränkten Aufgabenerledigung durch beliehene Private vgl. auch BVerwG, U.v. 19.3.1976 - VII C 67/72 -, VerwRspr. 28 (1977), S. 214 ff. (218 ff.). 55 Vgl. Bartlsperger, in: Bonner Kommentar, Stand der Bearb.: 1969, Zweitbearbeitung Art. 90 Rn. 63: „Der Verwaltungsbegriff des Art. 90 Abs. 2 GG ... [erfaßt] jede Betätigung des Staates, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, ungeachtet des Unterschiedes zwischen öffentlichen und privaten Rechtsformen ... Siehe auch Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1962, Art. 90 Rn. 31, der von der ,,öffentliche[n] (wenn auch unter Umständen in privatrechtlicher Form gehandhabte[n]) Verwaltung" spricht. 56 Vgl. i.E. auch Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff. (137). 54
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
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ger Weise in den Bereich der Landesverwaltung eingegriffen werden. 57 Dem organisatorischen Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers könnten deshalb durch den kompetenzrechtlichen Gehalt des Art. 90 Abs. 2 GG, der die Verwaltungszuständigkeit für die Bundesfernstraßen den Ländern zuweist, gewisse Grenzen gesetzt sein. Zu fragen ist daher, ob § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG, der den Bau, die Erhaltung und den Betrieb bestimmter Fernstraßentrassen durch private Unternehmen vorsieht, zu einer unzulässigen Beschneidung der Länderkompetenzen führt. Die auf Art. 90 Abs. 2 GG beruhende Wahrnehmungskompetenz der Länder wird durch § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG nur insoweit tangiert, als die Länder bei der Realisierung eines Straßenbauprojektes als Betreibermodell die Aufgaben des Straßenbaues und der -Unterhaltung nicht mehr unmittelbar selbst wahrnehmen, sondern private Unternehmen mit der Erledigung beauftragen und deren Tätigkeit beaufsichtigen. Damit vollzieht sich ein Wechsel von der Eigenvornahme durch die Länder hin zur Überwachung der Fremdvornahme durch die privaten Investoren. Allein dies vermag jedoch noch keinen unzulässigen Einbruch in die Verwaltungszuständigkeit der Länder zu begründen. Eine unzulässige Beschneidung der Länderkompetenzen dürfte vielmehr erst dann vorliegen, wenn die Auftragsverwaltung nicht nur inhaltlich verändert, sondern gar in ihrem „Kernbereich" beeinträchtigt werden würde, 58 insbesondere wenn der den Ländern verfassungsrechtlich zugewiesene Kompetenzbereich derart ausgehöhlt werden würde, daß die Qualität der Verwaltungsfunktion „umschlüge" und von einer „Verwaltung" durch die Länder bei den privat finanzierten Teilen des Bundesfernstraßennetzes nicht mehr die Rede sein könnte. 59 Dies wird man hier indessen nicht annehmen können. Zwar erfährt die Wahrnehmungskompetenz der Länder eine gewisse Einschränkung, wenn die Länder nicht mehr alle einzelnen, zur Auftragsverwaltung gehörenden Aufgaben in Eigenregie - also mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln - erledigen. Eine Kompetenzverlagerung findet hierbei jedoch nicht statt; ein Übergang hoheitlicher Befugnisse auf den privaten Investor ist mit der Übertragung der in
57
Blümel, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, S. 857 ff. (911) unter Berufung auf BVerfG, B.v. 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 -, BVerfGE 63, 1 ff. (34). 58 Vgl. Marschall/Schroeter!Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 1 Rn. 4. Zu weitgehend wohl - zumindest bezogen auf Art. 90 Abs. 2 GG - Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 71, der die Auffassung vertritt, die Art. 83 ff. GG enthielten keine materielle Schranke gegenüber der Regelungsintensität der auszuführenden bundesgesetzlichen Vorschriften, so daß der Bund regelmäßig nicht verpflichtet sei, die Regelungsdichte seiner Gesetze zu beschränken, um den Ländern Vollzugsspielräume zu eröffnen. 59 In diesem Sinne auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 195; Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 138, 140.
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3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
§ 1 Abs. 2 FStrPrivFinG aufgeführten Aufgaben nicht verbunden. 60 Die Verwaltungszuständigkeit als solche - das „gegenständliche Substrat" der Verwaltungskompetenzen - bleibt den Ländern also erhalten. Ihre Funktion als verfassungsrechtlich berufene Träger der Verwaltung der Bundesfernstraßen bleibt demnach in ihrer Substanz auch dann unangetastet, wenn private Unternehmen auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG mit dem Bau, der Erhaltung und dem Betrieb neuer Bundesfernstraßen betraut werden. 61 Ein unzulässiger Eingriff in die den Ländern gemäß Art. 90 Abs. 2 GG zugewiesene Verwal62
tungskompetenz findet folglich nicht statt.
4. Ergebnis Festzuhalten ist demzufolge, daß sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG weder aus dem aufgaben-, noch aus dem organisationsrechtlichen Gehalt des Art. 90 GG Bedenken ergeben. 63
I I I . Art. 33 Abs. 4 GG Der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehenen Möglichkeit, Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen Privaten zur Ausführung zu 60
Vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 1. e), 2. b). Der vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 12.1.1983 - 2 BvL 23/81 - BVerfGE 63, 1 ff. (41) betonte „Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung", wonach grundsätzlich der Verwaltungsträger, dem durch eine Kompetenznorm des Grundgesetzes Verwaltungsaufgaben zugewiesen worden seien, diese Aufgaben durch eigene Verwaltungseinrichtungen - mit eigenen personellen und sächlichen Mitteln - wahrnehmen müsse, ist im vorliegenden Zusammenhang indes nicht einschlägig. Vielmehr befaßt sich das Urteil insoweit allein mit der Frage nach der Zulässigkeit einer Mischverwaltung zwischen Bund und Land durch „Zuhilfenahme" landesbehördlicher Einrichtungen für Zwecke der Bundesverwaltung. Es hat also für die hier gestellte Problematik, ob und inwieweit Private mit der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben betraut werden dürfen, keine Bedeutung. 62 Im Ergebnis ebenso Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 196; Mar schall!Sehr oeter!Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, § 1 Rn. 4. 63 Auch die mit § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vergleichbaren Regelungen in den §§7 Abs. 2, 12 Abs. 5 WaStrG, wonach „Dritten" - mithin auch Privaten - Aus- und Neubau, Unterhaltung und Betrieb der Bundeswasserstraßen bzw. der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen im Einzelfall zur Ausführung übertragen werden können, werden in der Literatur im Hinblick auf den aufgaben- und organisationsrechtlichen Gehalt des Art. 89 Abs. 2, Abs. 3 GG nicht beanstandet, vgl. Dittmann, Die Bundesverwaltung, 1983, S. 192 f.; Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 48 f.; s. auch Steiner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 1087 ff. (1104); prinzipiell zustimmend auch Fastenrath/Simma, DVB1 1983, S. 8 ff. (14). 61
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
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übertragen, könnte Art. 33 Abs. 4 GG entgegenstehen. Gemäß Art. 33 Abs. 4 GG ist „die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ... als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen." Die ständige Ausübung sog. „hoheitsrechtlicher Befugnisse" wird also im Regelfall an die Beamteneigenschaft der Staatsbediensteten gebunden, während demgegenüber Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes regelmäßig nicht mit ständigen Hoheitsaufgaben betraut werden sollen (sog. „Funktionsvorbehalt" zugunsten des Berufsbeamtentums 64). Die Vorschrift beschränkt sich aber nicht darauf, die Zuständigkeiten zwischen Beamten und anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes abzugrenzen. Sie legt darüber hinaus den Schluß nahe, daß Aufgaben, die ihrer Bedeutung wegen nicht einmal allen Arten von öffentlichen Bediensteten anvertraut werden dürfen, erst recht nicht einer Übertragung auf Private zugänglich sind. 65 Im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG ist Art. 33 Abs. 4 GG allerdings nur dann relevant, wenn es sich bei den dort genannten Aufgaben um „hoheitsrechtliche Befugnisse" handelt. Welche Tätigkeiten im einzelnen zum Kreise der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG zu rechnen sind, ist in der Literatur nicht unumstritten. Streitig ist vor allem, ob und in welchem Umfang neben dem Bereich der klassischen Eingriffsverwaltung auch Teilbereiche der Leistungsverwaltung unter den Funktionsvorbehalt fallen. 66 Überwiegend wird Art. 33 Abs. 4 GG aber dahingehend interpretiert, daß auch Aufgaben der Leistungsverwaltung erfaßt sein sollen, zumindest dann, wenn sie ausschließlich auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erledigt werden. 67 Der Streit braucht hier indessen nicht entschieden zu werden, da sich aus Art. 33 Abs. 4 GG auch dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG herleiten lassen, wenn man den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" weit faßt und die Leistungsverwaltung miteinbezieht: Der Private, der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Aufgaben des Baues, der Erhaltung, des Betriebs und der Finanzierung übernimmt, übt insoweit keine Hoheitsfunktionen aus. Sein Tätigkeitsbereich beschränkt sich hierbei lediglich auf Erfüllungshandlungen tatsächlicher Natur, während die Hoheitsaufgabe „Bereitstel-
64 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1966, Art. 33 Rn. 32; Dittmann, Die Verwaltung 8 (1975), S. 431 ff. (442). 65 Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, S. 74; ähnlich Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, 1979, S. 54. 66 Zum Meinungsstand vgl. Sc Huppert, in: Aiternati v-Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, 2. Aufl. 1989, Art. 33 Abs. 4 und 5, Rn. 24-38. 67 Vgl. nur Lecheler, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 717 ff. (731); Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, S. 348 f.; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 3. Aufl. 1995, Art. 33 Rn. 9.
17 Susanne Schmitt
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3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
lung von Bundesfernstraßen" als solche gerade nicht dem Privaten als neuem Aufgabenträger überantwortet wird, sondern im staatlichen Verantwortungsbereich verbleibt. 68 Da also im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG keine hoheitlichen Befugnisse übertragen werden, diese vielmehr weiterhin vom Staat wahrgenommen werden, ist der in Art. 33 Abs. 4 GG verankerte Funktionsvorbehalt zugunsten des Berufsbeamtentums nicht tangiert. 69
I V . Sozialstaatsprinzip Das in Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip 70 umfaßt nicht nur den Bereich der Sozialpolitik, die darauf abzielt, soziale Ungerechtigkeiten innerhalb der Gesellschaft abzumildern oder abzugleichen. Auch die Daseinsvorsorge als „Inbegriff der Funktionen der vorsorgenden, planenden, leistenden, darbietenden Verwaltung" 71 hat im Sozialstaatsprinzip ihre verfassungsrechtliche Fundierung als Staatsziel gefunden; sie stellt eine Ausprägung bzw. typische Erscheinungsform des Sozialstaates dar. 72 Bei einem nicht auf die bloße Sicherung des Existenzminimums verengten Verständnis des Sozialstaatsprinzips erstreckt sich die „Sozialpflichtigkeit des Staates" so73
mit auch auf die Daseinsvorsorge im weiteren Sinne, zu der nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur u.a. - als ein für jedes staatliche Gemeinwesen unverzichtbares Erfordernis 74 - auch die Bereitstellung und Unterhaltung eines funktionsfähigen Netzes öffentlicher Straßen und Wege gehört. 75 Möglicherweise stellt es daher einen Verstoß gegen das Sozial68
Vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 1. e), 2. b). Vgl. auch Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1159 f.) 70 Zum Sozialstaatsprinzip vgl. bereits im Zweiten Teil sub C. III. 4. b) aa). 71 So Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 6.2, S. 24. Der Begriff der „Daseinsvorsorge" wurde von Ernst Forsthoff geprägt und sollte „diejenigen Veranstaltungen, welche zur Befriedigung des Appropriationsbedürfnisses getroffen werden" bezeichnen, vgl. Forsthoff Die Verwaltung als Leistungsträger, 1938, S. 6; ders., Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 10. Aufl. 1973, S. 370. 72 Vgl. Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 1, 4. Aufl. 1992, Art. 20 Rn. 17; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, S. 897 f.; Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde und Wirtschaft, 1989, S. 151 f. 73 Stein, Staatsrecht, 15. Aufl. 1995, S. 174. 74 Lorenz, Landesstraßengesetz Baden-Württemberg, 1992, § 9 Rn. 3. 75 BGH, U.v. 24.5.1973 - III ZR 178/70 -, NJW 1973, S. 1650 ff. (1651); BVerwG, U.v. 12.7.1985 - 4 C 40.83 -, BVerwGE 72, 15 ff. (24); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 2 Rn. 6 ff., S. 23 f.; ferner auch Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 244. 69
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staatsprinzip dar, wenn der Staat Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung bestimmter Bundesfernstraßentrassen gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG Privaten zur Ausführung überträgt. Dies ist indes zweifelhaft. Bereits aus der abstrakten Zuordnung einer bestimmten Angelegenheit zum Bereich der Daseinsvorsorge lassen sich keine Folgerungen im Hinblick auf die Beteiligung privater Unternehmen an der Erfüllung dieser Aufgabe ziehen. Die Charakterisierung einer Tätigkeit als „Daseinsvorsorge" begründet lediglich die Verpflichtung des Staates, für die Befriedigung der entsprechenden Bedürfnisse zu sorgen; auf welche Art und Weise der Staat dieser Verpflichtung nachzukommen hat, insbesondere ob er hierzu eigene Einrichtungen einsetzt, ist dem Begriff der Daseinsvorsorge hingegen nicht zu entnehmen.76 Aufgaben der Daseinsvorsorge können vielmehr grundsätzlich sowohl in öffentlich-rechtlicher als auch in privatrechtlicher Rechtsform erfüllt werden. 77 Einen zwingenden Ausschluß privater Tätigkeit vermag „die Daseinsvorsorge" schon deswegen nicht zu begründen, weil der Terminus der Daseinsvorsorge seinerzeit im Wege außerjuristischer Argumentation gewonnen wurde 78 und bis heute - trotz seiner verfassungsrechtlichen „Aufladung" durch das Sozialstaatsprinzip - keine nonnative Direktionskraft besitzt.79 Rechtsfolgen lassen sich aus dem - angesichts des Fehlens von rechtlich fixierten Grenzen ohnehin recht konturlosen 80 - Begriff der Daseinsvorsorge daher nur in sehr engen Grenzen herleiten. 81 So führt denn auch die Qualifizierung von Straßenbau und -Unterhaltung als Aufgaben der staatlichen Daseinsvorsorge regelmäßig nur zu einer staatlichen Pflicht, für das Vorhandensein eines funktionsfähigen Verkehrsnetzes zu sorgen und dessen bedarfsgerechte Entwicklung zu gewährleisten, ohne jedoch zugleich eine bestimmte Art der Erfüllung dieser Aufgaben zu präjudizieren.
76 Vgl. Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 1037 ff. (1047). 77 Badura, DÖV 1966, S. 624 ff. (631). 78 Forsthoff, auf den der Topos Daseinsvorsorge zurückgeht, sah die Begründung für die Einführung des Begriffs in die Dogmatik des Verwaltungsrechts „in einer Analyse der realen Situation und der Aufgaben, die der Verwaltung aus ihr erwachsen". Und weiter: „Diese Analyse, dieser Rückgriff auf die Realität der Dinge, ist nicht Verwaltungsrechtswissenschaft, sondern Verwaltungslehre. Sofern man gegen den Begriff der Daseinsvorsorge geltend macht, er sei mittels außerjuristischer Argumentation gewonnen worden, stößt dieser Einwand offene Türen ein," so ders., Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1957, S. 55. 79 Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 21. 80 Friauf, a.a.O., S. 21. 81 Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 1037 ff. (1055). Vgl. auch Ossenbühl, DÖV 1971, S. 513 ff. (517).
260
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
Vor diesem Hintergrund läßt sich konsequenterweise auch aus der sozialstaatlichen Fundierung der Daseinsvorsorge kein anderes Ergebnis gewinnen: Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts stellt das Sozialstaatsprinzip dem Staat eine Aufgabe, ohne allerdings etwas darüber zu sagen, wie diese Aufgabe im einzelnen zu verwirklichen ist. 82 Indem es den Staat verpflichtet, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze zu sorgen, bestimmt es lediglich das „Was", d.h. das Ziel einer gerechten Sozialordnung. Das „Wie", d.h. mit welchen Mitteln dieses Ziel erreicht werden kann, ist hingegen nicht vorgegeben. 83 Der Gesetzgeber genießt insoweit einen weiten Gestaltungsspielraum; 84 zur Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips ist er daher nicht nur auf behördliche Maßnahmen beschränkt, sondern kann sich auch der Mithilfe Privater bedienen.85 Geht man somit davon aus, daß der Bau und die Unterhaltung von Straßen und Wegen als Aufgaben der Daseinsvorsorge in Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG ihre verfassungsrechtliche Verankerung gefunden haben, so begründet dies - wie schon die Charakterisierung dieser Aufgaben als „Daseinsvorsorge" - zwar eine staatliche Pflicht zur Vorhaltung eines funktionsfähigen Verkehrswegenetzes, nicht jedoch einen Durchführungsvorbehalt zugunsten staatlicher Träger. Der Staat ist vielmehr aufgrund des verfassungsrechtlich statuierten Sozialstaatsauftrags regelmäßig nicht gehindert, die Erfüllung dieser Pflicht privatwirtschaftlich tätigen Unternehmen zu überlassen. 86 Die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG vorgesehene Möglichkeit einer Übertragung von Aufgaben der Straßenbaulast zur Ausführung auf Private erscheint daher vom Grundsatz her zulässig. Zu beachten ist allerdings, daß der Staat - obwohl das Sozialstaatsprinzip grundsätzlich keine Sperrwirkung gegenüber Privatisierungsmaßnahmen entfaltet - in Ausnahmefällen verpflichtet sein kann, Daseinsvorsorge mit eigenen Einrichtungen anzubieten. Dies wird dann angenommen, wenn Leistungen der Daseinsvorsorge von Privaten nicht erbracht werden könnten, ohne dabei die Versorgung der Bevölkerung ernstlich zu gefährden. 87 Diese Gefahr besteht hier jedoch nicht: Werden private Investoren auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG mit der Errichtung und Finanzierung eines bestimmten Fernstra-
82
BVerfG, B.v. 13.1.1982 - 1 BvR 848, 1047/77 u.a. -, BVerfGE 59, 231 ff. (263). BVerfG, U.v. 18.7.1967 - 2 BvR 139/62 u.a. -, BVerfGE 22, 180 ff. (204); vgl. auch Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 1171 ff. (1196 f.). 84 BVerfG, B.v. 13.1.1982 - 1 BvR 848, 1047/77 u.a. -, BVerfGE 59, 231 ff. (263). Zum Gestaltungsspielraum, den das Sozialstaatsprinzip dem Gesetzgeber eröffnet, vgl. bereits im Zweiten Teil sub C. III. 4. b) aa). 85 BVerfG, U.v. 18.7.1967 - 2 BvR 139/62 u.a. -, BVerfGE 22, 180 ff. (204). 86 So auch Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 101. 87 So Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 1037 ff. (1054); vgl. auch Püttner, LKV 1994, S. 193 ff. (194). 83
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
261
ßenprojektes betraut, so fuhrt dies gerade nicht zu einer Einschränkung der allgemeinen Nutzbarkeit von Bundesfernstraßen, sondern im Gegenteil zu einer Ausweitung des bereits vorhandenen Fernstraßennetzes, so daß negative Auswirkungen auf die Versorgungslage der auf die Straßenbenutzung angewiesenen Bevölkerung schon vom Ansatz her nicht greifbar sind. 88 Die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG genannten Aufgaben können von Privaten vielmehr ebenso gut wie von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden, ohne daß es zu Mängeln in der Verkehrsinfrastruktur kommt. Eine private Beteiligung bei der Bereitstellung von Bundesfernstraßen verbietet sich auch nicht vor dem Hintergrund einer künftigen Gebührenpflicht der Straßenbenutzung: Zwar wird vertreten, der Staat müsse seinen Bürgern den Zugang zu allen „nicht marktgängigen" - d.h. über den Markt nicht oder nur unter erschwerenden oder diskriminierenden Bedingungen erhältlichen - Gütern und Leistungen garantieren. 89 Diese Pflicht des Staates soll auch dann bestehen, wenn er die Erfüllung der Daseinsvorsorgeaufgaben in den privaten Bereich verlagert. 90 Durch die Verpflichtung zur Mautentrichtung wird der grundsätzliche Zugang zu den gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG privat errichteten und finanzierten Bundesfernstraßen jedoch nicht angetastet; die Mautstraßen sind keine Privatstraßen, sondern Teil des für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßennetzes,91 so daß jeder Nutzungswillige, der bereit ist, die festgesetzte Mautgebühr ordnungsgemäß zu entrichten, Zugang hat. 92 Ein verfassungsrechtlich geschützter Anspruch darauf, die Güter und Leistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge ohne die Zahlung eines Entgelts zu erhalten, existiert nicht; 93 das Sozialstaatsprinzip kann allenfalls bei der Bemessung der Höhe des Entgelts zum Tragen kommen. 94 Solange die in Privathand überführten Lei88
Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1157). So Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 240, 245; vgl. auch Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 1037 ff. (1047). 90 Im Rahmen seiner Garantenstellung habe der Staat für eine gleichmäßige und dauerhafte Leistungserbringung durch den Privaten zu sorgen, so von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1992, S. 159; vgl. auch Görgmaier, DÖV 1977, S. 356 ff. (358 f.); ferner Tiemann, BayVBl 1976, S. 261 ff. (267). 91 Vgl. die Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. 92 Dies ist bei Privatstraßen, bei denen es keinen Gemeingebrauch gibt, gerade nicht der Fall; hier bestimmt - soweit nicht vertragliche Verpflichtungen entgegenstehen grundsätzlich der Eigentümer, ob, von wem und in welcher Weise die Straße benutzt wird, vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 4 Rn. 12, S. 124 f.; Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff. (163). 93 Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1158). Zur grundsätzlichen Vereinbarkeit von Gemeingebrauch und Straßenbenutzungsgebühren vgl. oben im Zweiten Teil sub C. III. 1. a )· 94 Zu den Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips bei der Festlegung der Höhe der Mautgebühren vgl. im Zweiten Teil sub C. III. 4. b) aa). 89
262
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
stungen zu sozial verträglichen Preisen angeboten werden, sind die Grenzen der aus dem Sozialstaatsprinzip abzuleitenden staatlichen Verpflichtungen auch dann nicht überschritten, wenn die Leistungen infolge der Privatisierung teurer - oder wie im Falle des FStrPrivFinG - überhaupt erst entgeltpflichtig werden. 95 Als Ergebnis läßt sich somit festhalten, daß die in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG gewählte Einbindung privater Unternehmen in Errichtung, Unterhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen weder einen generellen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip darstellt noch in ihrer konkreten Ausgestaltung hinter den sozialstaatlichen Anforderungen, die an eine Privatisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge gestellt werden, zurückbleibt.
V. Rechtsstaats- und Demokratieprinzip § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG ist ferner unter dem Blickwinkel des Rechtsstaatsund Demokratieprinzips zu untersuchen.
1. Rechtsstaatsprinzip Das Rechtsstaatsprinzip, das zu den elementaren Grundsätzen und Leitideen der Verfassung zählt, kommt vornehmlich in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck, der die gesamte Staatsgewalt an Recht und Gesetz bindet (Legalitätsprinzip). 96 Daneben zählen auch der Gewaltenteilungsgrundsatz (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG), der Gerichtsschutz gegen Rechtsverletzungen der öffentlichen Gewalt (Art. 19 Abs. 4 GG), die Gewährleistung persönlicher Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu den wichtigsten Ausformungen des Rechtsstaatsprinzips. 97 Für die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG ist das Rechtsstaatsprinzip zunächst in seiner Ausprägung als Gewaltenteilungsgrundsatz von Interesse: Gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG wird die Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Da nur Legislative, Exekutive und Judikative als „Organe" erwähnt werden, könnte man daran zweifeln, daß eine Übertragung öffentlicher Aufgaben auf Private zulässig ist.
95
Vgl. Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 1988, S. 1037 ff. (1055). 96 Art. 20 Abs. 3 GG als „Kern des Rechtsstaatsprinzips", vgl. Antoni, in: Seifert/Hömig (Hrsg.), Grundgesetz, 5. Aufl. 1995, Art. 20 Rn. 9. 97 Vgl. Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 3. Aufl. 1995, Art. 20 Rn. 20.
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
263
Dies hieße allerdings, den Gewaltenteilungsgrundsatz überzuinterpretieren: Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG gibt keine Anwort auf die Frage, ob nur staatliche Amtswalter „besondere Organe" sein können, sondern will lediglich eine wechselseitige Kontrolle durch die drei Gewalten herstellen und die Entstehung einer omnipotenten Instanz verhindern; eine Aussage über die interne Ordnung der Gewalten wird demnach nicht getroffen. 98 Somit können grundsätzlich auch Private als Organe i.S.d. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG angesehen werden. 99 Das Gewaltenteilungs- und damit auch das Rechtsstaatsprinzip wäre allenfalls dann verletzt, wenn von einer selbständigen Gewalt nicht mehr die Rede sein könnte, weil der wesentlichste Teil ihrer Aufgaben auf private Träger übertragen worden wäre. 100 Dies ist jedoch bei der in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG gewählten Einbindung privater Investoren offenkundig nicht der Fall. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit des § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG könnten sich aber aus einer Gefährdung des rechtsstaatlichen Individualschutzes ergeben. Das Rechtsstaatsprinzip ist dann verletzt, wenn die Übertragung einer Verwaltungsaufgabe auf Privatrechtssubjekte zu Einschränkungen oder Defiziten in der Rechtsposition des Bürgers führt, d.h. wenn es aufgrund der Privatisierung zu Grundrechtseinschränkungen, einer Verkürzung des gerichtlichen Rechtsschutzes oder zu Haftungsverlusten kommt. 101 Eine Verkürzung der Rechtsposition der Straßenbenutzer als Folge der Einbeziehung Privater gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG erscheint allerdings von vornherein unwahrscheinlich, da es insoweit zu keinen unmittelbaren Rechtsbeziehungen zu dem privaten Investor kommt, die staatlichen Aufgaben- und Verantwortungsbereiche vielmehr unberührt bleiben und dem Bürger nach wie vor der Staat als unmittelbarer „Ansprechpartner" gegenübersteht. 102 Rechtsbeziehungen könnten allenfalls bei einer schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Privaten entstehen.103 Aber auch insoweit muß ein Straßenbenutzer keine haftungsrechtlichen Nachteile oder eine Verkürzung des gerichtlichen Rechtsschutzes befürchten: Da sich die verkehrssi98 Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, S. 78; vgl. auch Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, 1979, S. 65; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 257. 99 Grabbe, a.a.O., S. 56. 100 Z.B. wenn man alle zivilrechtlichen Streitigkeiten privaten Schiedsgerichten zuweisen würde, so Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, S. 78 f. 101 Vgl. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff. (165); ferner Gromoll, Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1982, S. 177 ff; von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1992, S. 125 ff; Knemeyer, WiVerw 1978, S. 65 ff. (71). 102 Vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 1. e), 2. b). 103 Zur Haftung bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Privaten vgl. im Zweiten Teil sub C. II. 3. c).
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3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
cherungspflichtige Körperschaft bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht ihrer Haftung gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG im Außen Verhältnis nicht entziehen kann, 104 ist der Geschädigte weder hinsichtlich des Haftungssubjekts noch hinsichtlich des Haftungsumfangs schlechter gestellt. Mit der Verkehrssicherungspflichtigen Körperschaft steht ihm vielmehr nach wie vor ein solventer Schuldner zur Verfugung, der sich auch nicht durch Exkulpation von seiner Haftung befreien kann. Etwas anders liegt der Fall lediglich dann, wenn die Verkehrssicherungspflicht mangels besonderer gesetzlicher Bestimmung oder ausdrücklichen Organisationsaktes als privatrechtliche Pflicht zu beurteilen ist: 105 Hier kann der Geschädigte, sofern die Verkehrssicherungspflicht per Vertrag dem privaten Betreiber übertragen wurde, den gesetzlich Verpflichteten nur dann - und zwar gemäß den §§ 823 ff. BGB - in Anspruch nehmen, wenn diesem eine schuldhafte Verletzung seiner Kontroll- und Aufsichtspflichten vorzuwerfen ist und die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Exkulpation (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht vorliegen; ansonsten bleiben ihm nur zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen den - möglicherweise weniger solventen - Privaten. 106 Die Aufgabenübertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG führt somit zwar nicht zu einer Änderung am Umfang der Haftung (auch vor der Aufgabenübertragung kam nur eine deliktsrechtliche Inanspruchnahme der verkehrssicherungspflichtigen Körperschaft in Betracht), wohl aber - bei einer vertraglichen Übertragung der Verkehrssicherungspflicht - zu einem Austausch des Haftungssubjektes. Dennoch kann von einer rechtsstaatlich bedenklichen Haftungsverkürzung zu Lasten des Straßenbenutzers nicht die Rede sein, da der Gefahr von Haftungsverlusten infolge mangelnder Haftungsmasse vorgebeugt werden kann, indem der Private vertraglich zum Abschluß einer Haftpflichtversicherung verpflichtet wird. 1 0 7 Da eine private Herstellung und Unterhaltung von Bundesfernstraßen den rechtsstaatlichen Individualschutz der nutzungsberechtigten Bürger folglich nicht ernsthaft gefährden kann, bestehen auch aus der Warte des Rechtsstaatsprinzips keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Aufgabenübertragung gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG.
104
Vgl. im Zweiten Teil sub C. II. 3. c) bb) (2). Zur Rechtsnatur der Straßenverkehrssicherungspflicht vgl. im Zweiten Teil sub C. II. 3. c) aa). 106 Vgl. im Zweiten Teil sub C. II. 3. c) bb) (1). 107 Vgl. Gromoll, Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1982, S. 183; von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1992, S. 133. 105
Α. Die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung
265
2. Demokratieprinzip Das Grundgesetz bekennt sich nicht nur in Art. 20 Abs. 1 GG, wo die Bundesrepublik Deutschland als „demokratischer Bundesstaat" bezeichnet wird, zum Demokratieprinzip, sondern auch und in erster Linie in Art. 20 Abs. 2 GG, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und in Wahlen und Abstimmungen sowie durch besondere Organe der vollziehenden Gewalt ausgeübt wird. Da der Begriff der „Staatsgewalt" sämtliches amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter erfaßt, 108 folgt daraus, daß jedes hoheitliche Tätigwerden auf eine ununterbrochene, zum Volke hinfuhrende Legitimationskette gestützt werden muß. 1 0 9 Das Erfordernis einer ununterbrochenen Legitimationskette schließt es allerdings nicht generell aus, daß sich der Staat zur Erfüllung von staatlichen Verwaltungsaufgaben der Hilfe Privater bedient. Der durch keine demokratische Wahl legitimierte Private steht zwar prinzipiell außerhalb des durch den Wahlakt und die Organisation der Verwaltung manifestierten allgemeinen Willens; 1 1 0 für die Gewährleistung einer ununterbrochenen Legitimation hinsichtlich der Ausübung staatlicher Gewalt genügt es jedoch, wenn dem demokratisch legitimierten Hoheitsträger die notwendigen Kontroll- und Einwirkungsrechte auf den Privaten verbleiben, dieser also nicht weisungsfrei handelt. 111 Aufgrund des in § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG normierten Ausschlusses hoheitlicher Befugnisse ist es jedoch ausgeschlossen, daß eine private Beteiligung bei der Realisierung eines Fernstraßenprojektes nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zu einer Unterbrechung der demokratischen Legitimationskette führt: Da der Private lediglich in den Aufgabenvollzug eingeschaltet wird, bleiben die staatlichen Kompetenzen und die Aufgabenverantwortung des Staates unangetastet. Das mit Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung betraute private Unternehmen nimmt im wesentlichen Tätigkeiten rein technischer Natur wahr und unterliegt insoweit zudem der Aufsicht und dem Weisungsrecht der zuständigen Behörden. 112 Ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip liegt daher nicht vor. 1 1 3
108 Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 3. Aufl. 1995, Art. 20 Rn. 4; vgl. auch BVerfG, B.v. 15.2.1978 - 2 BvR 134, 268/76 -, BVerfGE 47, 253 ff. (273); U.v. 31.10.1990 - 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60 ff. (73 f.). 109 Vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 8. 110 Von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1992, S. 161; Gromoll, Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1982, S. 167. 111 Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1158). Vgl. hierzu auch Spannowsky, DVB1 1992, S. 1072 ff. (1073 f.). 112 Vgl. oben im Zweiten Teil sub C. I. 1. e), 2. b), 3. 113 So auch Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1158 f.)
266
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung 3. Die Übertragung von Planungsaufgaben im Lichte von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip
Besondere Anforderungen im Hinblick auf Rechtsstaats- und Demokratieprinzip stellen sich bei der Übertragung planerischer Tätigkeiten. Insoweit ist es verfassungsrechtlich geboten, daß die Letztentscheidungskompetenz der Planfeststellungsbehörde gewahrt bleibt und auch faktisch nicht beeinträchtigt wird. 1 1 4 Vorausgesetzt, die Grenze zwischen hoheitlichem und nicht-hoheitlichem Handeln wird eingehalten, 115 stehen einer privaten Beteiligung an den vorbereitenden Planungsstufen jedoch vom Grundsatz her keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Gegebenenfalls muß mittels Weisungen und Abstimmungen sichergestellt werden, daß sich der Private tatsächlich nur in der Rolle des lediglich vorbereitend Tätigen hält und die abschließende Planungsentscheidung nicht faktisch determiniert. 116
V I . Finanzverfassungsrechtliche Bestimmungen Haushaltsrechtliche Bedenken, wie sie gegen die Zulässigkeit des Konzessionsmodells erhoben werden, 117 sind im Rahmen des FStrPrivFinG schon vom Ansatz her nicht greifbar. Im Gegensatz zum Konzessionsmodell refinanziert sich der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPivFinG mit Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung einer Bundesfernstraße betraute Private nicht über vom Bund zu zahlende Nutzungsentgelte, sondern über direkt bei den Straßenbenutzern erhobene Mautgebühren. Der Bundeshaushalt kann allenfalls mit den bei der Entwurfsbearbeitung und Bauaufsicht anfallenden Zweckausgaben belastet werden, die gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 BStrVermG den Ländern gegenüber pauschal zu vergüten sind. 1 1 8 Diese Kosten sind vergleichsweise gering und können daher leicht im Haushalt untergebracht werden. 119
114
Vgl. hierzu ausfuhrlich im Zweiten Teil sub C. I. 3. a) bb) (1) (c). Zu den einzelnen planerischen Aufgaben, die unter dem Aspekt des Ausschlusses hoheitlicher Befugnisse gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG zur Ausführung übertragen werden können, vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 3. a) bb) (2). 116 Vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 3. a) bb) (2). Auch die Tätigkeit der DEGES wird letztlich für verfassungsrechtlich weitgehend unbedenklich gehalten, wenn und soweit sie entsprechenden Steuerungs- und Kontrollmechanismen unterliegt, vgl. Stüer, DVB1 1992, S. 1528 ff. (1529); Wahl, DVB1 1993, S. 517 ff. (525). 1,7 Vgl. im Ersten Teil sub Β. II. 1. c) cc). 118 Vgl. hierzu im Ersten Teil sub A. I. 119 So auch Püttner, Zur Rechtmäßigkeit des Privatfinanzierungsmodells im Straßenbau, 1994, S. 26. 115
Β. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beleihung Privater
267
Aber auch hinsichtlich dieser Kosten kann sich der Bund von seiner Finanzierungsverantwortung befreien: Die vom Bund zu tragenden Planungskosten entfallen, wenn das Projekt auf der Grundlage eines „Ideenwettbewerbs" durchgeführt wird; 1 2 0 in diesem Fall wird der private Investor auch mit der Erstellung des Planentwurfs beauftragt und hat dementsprechend die Planungskosten in seine Kalkulation miteinzubeziehen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Privaten vertraglich zu verpflichten, die der Auftragsverwaltung bei der Bauüberwachung entstehenden Kosten zu übernehmen und - entsprechend der Regelung in § 6 Abs. 3 S. 2 BStrVermG - pauschal in Höhe von 1 % der abgerechneten Baukosten zu erstatten. 121
B. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beleihung Privater mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren (§ 2 FStrPrivFinG) I. Art. 90 Abs. 2 GG Da zu den von Art. 90 Abs. 2 GG in Bezug genommenen Sachfunktionen auch die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren für Bundesfernstraßen gehört, 122 könnte § 2 FStrPrivFinG, der dem privaten Investor das Recht zur Erhebung von Mautgebühren einräumt, im Widerspruch zum aufgaben- bzw. organisationsrechtlichen Gehalt des Art. 90 GG stehen. Was den aufgabenrechtlichen Gehalt des Art. 90 GG betrifft, kann im wesentlichen auf die Ausführungen zu § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG verwiesen werden: 123 Zwar findet, da der Private mit der selbständigen Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse betraut wird, mit der Übertragung des Gebührenerhebungsrechts im Gegensatz zu § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG eine Kompetenzverlagerung statt. Die Aufgabe wird jedoch nicht aus dem staatlichen Bereich ausgegliedert; vielmehr wird das private Unternehmen durch den Beleihungsakt der staatlichen Organisation angegliedert und unterliegt staatlicher Aufsicht. Der Staat verzichtet nicht auf die staatliche Erfüllung, sondern nur auf eine Erfüllung durch eigene Behörden. 124 Es handelt sich also auch hier lediglich um eine - allerdings etwas weitergehende - „Verlagerung der Erfüllungszuständig120
Zur Ausschreibung des Projekts als „Ideenwettbewerb" vgl. im Zweiten Teil sub C. II. 2. d). 121 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 5 f. 122 Die Auftragsverwaltung bezieht sich ihrem Gegenstand nach auf den gesamten Umfang der Bundesfernstraßen, vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 1. c) aa). 123 Vgl. oben sub Α. II. 2. 124 Vgl. im Zweiten Teil sub C. I. 2. a).
268
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
keit", 1 2 5 so daß es im Hinblick auf den aufgabenrechtlichen Gehalt des Art. 90 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, den gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG in die Realisierung des Fernstraßenprojektes einbezogenen Privaten mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren auszustatten. Aber auch der organisationsrechtliche Gehalt des Art. 90 GG steht einer Beleihung nicht entgegen: Die Befugnis zur Erhebung von Mautgebühren wird zwar aus dem Bereich der Auftragsverwaltung ausgegliedert und der in Art. 90 Abs. 2 GG begründeten Wahrnehmungskompetenz der Länder entzogen. Dennoch handelt es sich nicht um einen unzulässigen Eingriff in den den Ländern von Verfassungs wegen zugewiesenen Kompetenzbereich, da über das Gebührenerhebungsrecht hinaus keine weiteren hoheitlichen Kompetenzen übertragen werden und somit die Länderzuständigkeit als solche im wesentlichen unberührt bleibt, 126 zumal das betreffende Land nicht nur die staatliche Aufsicht über den gebührenerhebungsberechtigten Privaten ausübt, sondern gemäß § 3 127
Abs. 3 FStrPrivFinG auch auf die Gebührenhöhe Einfluß nehmen kann. Bedenken gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des § 2 FStrPrivFinG ergeben sich damit weder aus dem aufgaben- noch aus dem organisationsrechtlichen Gehalt des Art. 90 GG.
II. Art. 33 Abs. 4 GG Fraglich ist, ob es mit Art. 33 Abs. 4 GG zu vereinbaren ist, daß der private Investor in § 2 FStrPrivFinG das Recht zur Erhebung von Mautgebühren erhält, also mit Hoheitsfunktionen ausgestattet wird, die unzweifelhaft zum Bereich der klassischen Eingriffsverwaltung zählen und gemäß Art. 33 Abs. 4 GG grundsätzlich dem Berufsbeamtentum vorbehalten sind. 128 Zu berücksichtigen ist allerdings, daß es nach dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG nicht generell ausgeschlossen ist, hoheitsrechtliche Befugnisse auf nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes oder gar auf Private zu übertragen: Zum einen sind hoheitliche Befugnisse nur dann dem Funktionsvorbehalt für Beamte unterstellt, wenn es sich dabei um eine „ständige Aufgabe" handelt. Eine zeitlich befristete oder kasuelle Übertragung erscheint daher
125 126
Vgl. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 430. Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG oben sub Α.
II. 3. c). III.
127
Vgl. hierzu die verfassungsrechtlichen Bedenken im Zweiten Teil sub C. IV. 3.
128
Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG oben sub Α.
Β. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beleihung Privater
269
ohne weiteres als zulässig. 129 Darüber hinaus enthält Art. 33 Abs. 4 GG aber auch einen sachlichen Dispens vom Funktionsvorbehalt, der in dem Zusatz „in der Regel" zum Ausdruck kommt und es dem Gesetzgeber gestattet, zumindest in sachlich begründeten Ausnahmefällen auch nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes oder Private mit hoheitsrechtlichen Befugnissen zu betrauen. 130 Alles in allem hindert Art. 33 Abs. 4 GG den Staat also nicht schlechthin, bestimmte Aufgaben aus dem staatlichen Bereich auf Private zu übertragen. Die Übertragungsbefugnis ist jedoch „quantitativ limitiert". 1 3 1 Die sich somit aus Art. 33 Abs. 4 GG ergebenden Privatisierungsschranken werden indessen von § 2 FStrPrivFinG weder in zeitlicher noch in gegenständlicher Hinsicht überschritten: Das dem privaten Betreiber eingeräumte Gebührenerhebungsrecht ist in der Regel nicht auf unbestimmte Dauer angelegt, sondern zeitlich begrenzt. 132 Die allgemein ins Auge gefaßte Konzessionsdauer von etwa 30 Jahren mutet zwar auf den ersten Blick recht lange an. Gleichwohl ist es nicht gerechtfertigt, die Beleihung privater Investoren als Übertragung einer „ständigen Aufgabe" anzusehen. Nicht die Dauer der Befristung ist ausschlaggebend, sondern vielmehr die Tatsache, daß die Aufgabe überhaupt zeitlich begrenzt ist. Die Befristung kann daher durchaus auch sehr lange Zeiträume umfassen, ohne daß die übertragene Aufgabe damit zu einer „ständigen Aufgabe" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG werden würde. 133 Aber selbst im Falle einer unbefristeten Erhebung der Mautgebühren durch den privaten Investor 134 läge kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG vor, da sich die private Gebührenerhebung nur auf einen vergleichsweise beschränkten Teil des gesamten Bundesfernstraßennetzes beziehen wird und daher zumindest quantitativ begrenzt ist.
129 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 260; s. auch Grùmoli , Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1982, S. 154 f. 130 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 260. 131 So Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, S. 348. Vgl. auch von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, 1995, S. 44; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff. (161 f.); ferner Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, 1979, S. 54. Eine exakte begriffliche Erfassung dieser „Limitierung" findet sich in der Literatur jedoch nicht, vgl. kritisch Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 111. 132 Vgl. Begründung zum Entwurf des FStrPrivFinG, BT-Drs. 12/6884, S. 5. 133 Vgl. von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, 1995, S. 41 f. Siehe auch Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1966, Art. 33 Rn. 42, der als „nichtständige Aufgaben" auch noch solche Verwaltungsaktionen qualifiziert, die sich wie der Lastenausgleich und die Wiedergutmachung über mehrere Jahrzehnte erstrekken, deren Ende aber - wie auch hier beim Gebührenerhebungsrecht gemäß § 2 FStrPrivFinG - absehbar ist. 134 Daß auch eine unbefristete Aufgabenübertragung mit dem Wortlaut des FStrPrivFinG zu vereinbaren wäre, wurde bereits dargelegt, vgl. im Zweiten Teil sub C. II. 3. a).
270
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
Zudem erfolgt die in § 2 FStrPrivFinG vorgesehene Beleihung privater Unternehmen nicht ohne sachlichen Grund: Die private Finanzierung dringender Straßenbauvorhaben, die wegen anderweitiger Prioritäten mit staatlichen Mitteln auf absehbare Zeit nicht realisiert werden könnten, ist ohne jegliche Belastung des Staatshaushalts nur dann möglich, wenn man den privaten Investoren das Recht einräumt, zur Refinanzierung der getätigten Investitionen direkt beim Straßenbenutzer Mautgebühren zu erheben. 135 Im Rahmen eines derartigen Betreibermodells entspricht es bereits Gründen der Zweckmäßigkeit, von dem Aufbau einer staatlichen Beamtenorganisation abzusehen, die die Mautgebühren fur den privaten Betreiber vereinnahmt. 136 Insgesamt läßt sich also feststellen, daß es sich bei dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren in § 2 FStrPrivFinG um eine hoheitliche Aufgabe handelt, aus der sich der Staat ohne Verstoß gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG zurückziehen kann. Die Übertragung des Gebührenerhebungsrechts auf private Investoren verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 4 GG.
I I I . Rechtsstaats- und Demokratieprinzip In der Beleihung des Privaten mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren liegt auch kein Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip, das die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz bindet und es nicht zuläßt, daß der rechtsstaatliche Individualschutz durch die Übertragung einer Verwaltungsaufgabe auf Privatrechtssubjekte eingeschränkt wird: 1 3 7 Als Glied der öffentlichen Verwaltung unterliegt der beliehene Private ebenso wie jeder andere Hoheitsträger den allgemeinen Rechtsbindungen der Verwaltung, insbesondere den Grundrechten (vgl. Art. 1 Abs. 3 GG). 1 3 8 Der private Betreiber ist daher gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, jedem Nutzungswilligen, der die Mautgebühr ordnungsgemäß entrichtet, Zugang zu der gebührenpflichtigen Straße zu gewähren. Dies ist im Wege staatlicher Aufsicht sicherzustellen. Die Gewähr für eine an dem allgemeinen Gleichheitssatz und den Anforderungen des § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG orientierte Gebührenerhebung 139 bietet darüber hinaus § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG, wonach die Festlegung der Gebührenhöhe nicht durch den Privaten selbst, sondern mittels Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Verkehr - im Einvernehmen mit der obersten Straßen-
135
Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1159). So Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1159). 137 Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG sub Α. V. 1. 138 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104 Rn. 7; Hermes, BB 1984, S. 96 ff. (100). 139 Vgl. dazu im Zweiten Teil sub C. III. 4. 136
. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit
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baubehörde des jeweiligen Landes - erfolgt. 140 Für den Fall, daß sich ein Verkehrsteilnehmer dennoch in seinen Rechten verletzt fühlt - sei es, daß ihm die Benutzung der Straße trotz ordnungsgemäßer Gebührenentrichtung versagt wird, sei es, daß er die Gebührenregelung für unwirksam hält und aufgrund seiner Zahlungsverweigerung von der Inanspruchnahme der Straße ausgeschlossen wird - kann er um verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen. 141 Eine Verkürzung oder Einschränkung der Rechte des Bürgers ist also mit der Beleihung des privaten Investors in § 2 FStrPrivFinG nicht verbunden; das Rechtsstaatsprinzip ist daher nicht verletzt. Die in § 2 FStrPrivFinG normierte Beleihung verstößt im übrigen auch nicht gegen das Demokratieprinzip, das für jedes hoheitliche Tätigwerden eine ununterbrochene, zum Volke hinführende Legitimationskette verlangt. Insoweit genügt es, wenn die staatliche Verantwortung für das hoheitliche Handeln des privaten Betreibers durch eine ausreichende Staatsaufsicht gewährleistet ist. 1 4 2 Dies ist hier der Fall: Der Private unterliegt im Ergebnis einer umfassenden staatlichen Kontrolle, da nicht nur die Höhe der zu erhebenden Gebühren von demokratisch legitimierten Organen festgelegt wird (vgl. § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG), sondern darüber hinaus auch der Vorgang der Gebührenerhebung selbst der Aufsicht des betreffenden Landes unterliegt. Die aus dem Demokratieprinzip abzuleitenden Forderungen sind damit gewahrt. 143
C. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Enteignungen zugunsten privater Investoren Aufgrund ihres weiten räumlichen Zuschnitts und Einzugsbereichs berührt die Planung von Bundesfernstraßen regelmäßig eine Vielzahl von Grundstükken, die im Eigentum unbeteiligter Privatpersonen stehen. Können die zur Realisierung eines Straßenbauprojektes benötigten Grundstücke nicht im Wege eines freihändigen Verkaufs erworben werden, 144 muß auf das staatliche Zwangs140
Näher zu § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG oben im Zweiten Teil sub C. IV. 3. Da der allgemeine Zugang zu einer öffentlichen Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs zulassungsfrei ist, wird nicht mit der Verpflichtungsklage auf Zulassung, sondern mit der Anfechtungs- bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Untersagungsverfügung geklagt, vgl. Salzwedel, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 97 ff. (112). 142 Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG sub Α. V. 2. 143 Vgl. Reidt, NVwZ 1996, S. 1156 ff. (1159). 144 Aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck folgt, daß eine Enteignung unzulässig ist, solange sich der Enteignungsbegünstigte nicht erfolglos um eine gütliche Einigung mit den betroffenen Grundstückseigentümern bemüht hat, vgl. die entsprechenden Regelungen in den neueren Enteignungsgesetzen der Länder (z.B. § 4 Abs. 2 LEntGBW; Art. 3 BayEG; § 3 HambEntG; §§ 4, 5 141
272
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
instrument der Enteignung zurückgegriffen werden. Auch die Realisierung eines Vorhabens nach dem FStrPrivFinG wird kaum ohne das Mittel der Enteignung auskommen können. Dabei sind, da das FStrPrivFinG keine Regelungen hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an den Straßengrundstücken enthält, 145 prinzipiell drei Möglichkeiten denkbar: -
Erstens: Das im Wege der Enteignung entzogene Eigentum wird wie bisher dem jeweiligen Träger der Straßenbaulast zugewiesen.
- Zweitens: Die enteigneten Grundstücke werden direkt auf den privaten Investor übertragen. -
Drittens: Auch hier wird letztlich der gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragte Private Eigentümer der in Anspruch zu nehmenden Grundstücke; es findet jedoch zunächst ein formaler Zwischenerwerb durch den Staat statt und erst im Anschluß daran die Übertragung auf den Privaten.
Die erste Möglichkeit wirft keine besonderen verfassungsrechtlichen Fragen auf. Bei den beiden anderen Varianten hingegen stellt sich das Problem einer „privatbegünstigenden Enteignung". Unter diesen Begriff werden diejenigen Fälle der Enteignung gefaßt, in denen der neue Zuordnungsberechtigte des entzogenen Eigentums ein Privater ist. 1 4 6 Als „neuer Zuordnungsberechtigter" in diesem Sinne gilt nicht nur der Private, dem durch Hoheitsakt das entzogene Eigentum unmittelbar zugewiesen wird (sog. privatnützige Enteignung im engeren Sinne). Vielmehr wird man auch dort von einer (mittelbar) „privatnützigen Enteignung" sprechen müssen, wo - wie unter Drittens dargestellt - der Staat nur vorübergehend Eigentümer der fraglichen Grundstücke wird und diese sodann dem Privaten überläßt (sog. transitorische Enteignung). 147 Der Unterschied zwischen privatnütziger Enteignung im engeren Sinne und transitorischer Enteignung findet sich nicht in der Qualität des Enteignungszweckes hier wie dort erfolgt die Enteignung letztlich „zugunsten eines Privaten" -, sondern lediglich in der Art der Realisierung. Dies rechtfertigt es, an die transitorische Enteignung dieselben verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen wie an die privatnützige Enteignung im engeren Sinne zu stellen. 148 Es soll hier daher zwischen den beiden Begriffen nicht mehr unterschieden werden.
NEG; § 4 LEnteigG RP). Zum freihändigen Grunderwerb vgl. auch Kastner, in: Bartlsperger/Blümel/ Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 447 ff. 145 Vgl. oben im Zweiten Teil sub C. I. 4. 146 So Schmidbauer, Enteignung zugunsten Privater, 1989, S. 29. 147 Zur Abgrenzung der beiden Begriffe vgl. Frey, Die Verfassungsmäßigkeit der transitorischen Enteignung, 1983, S. 90 ff.; siehe auch Grämlich, UPR 1986, S. 161 ff.
(166).
148
Vgl. Schmidbauer, Enteignung zugunsten Privater, 1989, S. 29 f.
. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit
einge
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Im folgenden gilt es zu untersuchen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Enteignung zugunsten Privater verfassungsrechtlich zulässig ist. Eine privatbegünstigende Enteignung könnte insbesondere im Hinblick auf den von Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG geforderten Gemeinwohlzweck verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.
I. Die öffentliche Zweckbestimmung von Bundesfernstraßen als grundsätzliche Legitimation der Enteignung im Hinblick auf das Gemeinwohl (Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG) Nach Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG ist eine Enteignung, soweit die übrigen verfassungsrechtlichen Erfordernisse erfüllt sind, nur „zum Wohle der Allgemeinheit" zulässig. Vom Allgemeinwohl getragen ist eine Enteignung nur dann, wenn sie zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe unumgänglich ist. 1 4 9 Dies ist der Fall, wenn der Enteignungszweck ein solches Gewicht hat, daß es gerechtfertigt ist, die individuellen Interessen des Eigentümers dahinter zurücktreten zu lassen; die öffentlichen Interessen müssen bei einer abwägenden Beurteilung die betroffenen Belange des privaten Eigentümers überwiegen. 150 Enteignungen allein aus fiskalischen Gründen 151 oder zum Vorteil bloßer Privatinteres152
sen sind damit ausgeschlossen. Beim Bau neuer oder bei der Änderung bestehender öffentlicher Straßen ergibt sich das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung des Vorhabens grundsätzlich ohne weiteres aus der öffentlichen Zweckbestimmung der Straße. 153 Das FStrG enthält aus diesem Grund in § 19 Abs. 1 S. 1 eine spezielle Enteignungsermächtigung, die den Straßenbaulastträgern zur Erfüllung ihrer Aufgaben das „Enteignungsrecht" zuweist. Dieses Enteignungsrecht vermittelt allerdings keinen Anspruch auf die Enteignung selbst und vor allem keinerlei Rechtsansprüche gegen die Enteignungsbetroffenen, sondern lediglich einen verfahrensrechtlichen Anspruch gegen die Enteignungsbehörde auf Durchfüh-
149 BVerfG, B.v. 12.11.1974 - 1 BvR 32/68 -, BVerfGE 38, 175 ff. (180); BGH, U.v. 27.1.1977 - III ZR 153/74 -, BGHZ 68, 100 ff. (102). 150 Nüßgens/Boujong, Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, 1987, Rn. 355; vgl. auch Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 505. 151 BVerfG, B.v. 12.11.1974 - 1 BvR 32/68 -, BVerfGE 38, 175 ff. (180); Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 498; Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 1, 4. Aufl. 1992, Art. 14 Rn. 83. 152 Papier, a.a.O., Art. 14 Rn. 584; vgl. auch Bryde, a.a.O., Art. 14 Rn. 84; Bullinger, Der Staat 1 (1962), S. 449 ff. (450); Böhmer, Sondervotum zu BVerfG, U.v. 10.3.1981 1 BvR 92, 96/71 -, BVerfGE 56, 249 ff. (284 ff.). 153 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 37 Rn. 14, S. 1175.
18 Susanne Schmitt
274
3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
rung des Enteignungsverfahrens; 154 zugleich liegt darin die Anerkennung, daß der Bau öffentlicher Straßen dem Allgemeinwohl dient. 155
II. Allgemeine Anforderungen an Enteignungen zugunsten Privater Vorliegen der Gemeinwohlvoraussetzungen einer privatbegünstigenden Enteignung bei Straßenbauvorhaben nach dem FStrPrivFinG? Da nach dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG nicht die Person des Begünstigten, sondern das mit der Enteignung verfolgte Ziel entscheidend ist, 1 5 6 können Enteignungen zugunsten privater Rechtssubjekte nicht schlechthin unzulässig sein. Auch aus Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG, wonach jeder private Eigentümer seine Rechtsposition nicht nur zum eigenen Nutzen, sondern auch zum Wohl der Allgemeinheit gebrauchen soll, geht hervor, daß sich gemeinnütziges Verhalten und private erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nicht ausschließen müssen. 157 Es kommt vielmehr allein darauf an, ob das der Enteignung zugrundeliegende private Projekt lediglich privaten Interessen - in diesem Fall ist eine 158
Enteignung nicht zulässig - oder aber einem „bestimmten, im öffentlichen Nutzen liegenden" Zweck dient, der die privatrechtliche Struktur und das auf Gewinnerzielung gerichtete private Interesse „überlagert". 159 Das BVerfG hat das Erfordernis des Gemeinwohlzwecks einer privatbegünstigenden Enteignung dahingehend präzisiert, daß es jedenfalls dann gegeben sei, „wenn einem solchen [d.h. privatrechtlich organisierten] Unternehmen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes die Erfüllung einer dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe zugewiesen und zudem sichergestellt ist, daß es zum Nutzen der Allgemeinheit geführt w i r d . " 1 6 0
154
Vgl. bereits oben im Zweiten Teil sub C. I. 2. b), 4. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kap. 37 Rn. 14, S. 1175. 156 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 26 Rn. 60; vgl. auch BVerfG, U.v. 16.12.1986- 1 BvR 1046/85 -, BVerfGE 74, 264 ff. (285). 155
157
158
Grämlich, JZ 1986, S. 269 ff. (275 f.).
Vgl. oben sub C. I. 159 BVerfG, U.v. 16.12.1986 - 1 BvR 1046/85 -, BVerfGE 74, 264 ff. (285). Daß Gemeinnützigkeit und private Gewinnerzielung einander nicht ausschließen, betonen auch Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 589; Bryde, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 1, 4. Aufl. 1992, Art. 14 Rn. 84. In diesem Sinne wohl auch Böhmer, Sondervotum zu BVerfG, U.v. 10.3.1981 - 1 BvR 92, 96/71 -, BVerfGE 56, 249 ff. (287 ff.). 160 BVerfG, U.v. 16.12.1986 - 1 BvR 1046/85 -, BVerfGE 74, 264 ff. (285). Unter ausdrücklicher Berufung hierauf Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 585; Nüßgens/Boujong, Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, 1987, Rn. 356.
. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit
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Zu fragen ist also, ob die genannten Zulässigkeitsanforderungen erfüllt sind, wenn bei Straßenbauvorhaben nach dem FStrPrivFinG das im Wege der Enteignung entzogene Grundstückseigentum dem mit der Herstellung und Finanzierung beauftragten privaten Investor zugewiesen werden soll. Daß die Enteignung auch bei privat zu errichtenden öffentlichen Straßen einem überindividuellen, im öffentlichen Nutzen liegenden Zweck dient, kann nicht ernsthaft bestritten werden. Der Private nimmt insoweit eine Aufgabe der Daseinsvorsorge wahr, die in den Verantwortungsbereich des Bundes fällt; die Enteignung dient also primär der Erledigung einer dem Staat obliegenden Angelegenheit und ist, sofern ein hinreichend dringendes öffentliches Verkehrsbedürfnis für den Bau eben dieser Straße besteht,161 im Hinblick auf das Gemeinwohlerfordernis in Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG nicht zu beanstanden. Da sich Gemeinnützigkeit und Gewinnerzielung - wie bereits erwähnt - nicht ausschließen, ist es auch nicht schädlich, daß der private Investor regelmäßig nicht uneigennützig handelt, sondern über die bei den Straßenbenutzern zu erhebenden 162 Mautgebühren Gewinne zu erzielen sucht. Mehr Probleme als die Bejahung des Gemeinwohlbezugs könnte die vom BVerfG geforderte Sicherung der Gemeinnützigkeit über den Enteignungszeitpunkt hinaus bereiten: Eine privatbegünstigende Enteignung ist nur dann zulässig, wenn gewährleistet ist, daß die gemeinnützige Aufgabe, deren Erfüllung dem Privaten zugewiesen ist, dauerhaft oder jedenfalls für die vorausbestimmte Zeit im Interesse des Gemeinwohls geführt wird. 1 6 3 Im vorliegenden Fall muß
161 Vgl. Friauf Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 101. 162 Hingegen hält Schmidbauer, Enteignung zugunsten Privater, 1989, S. 182 f., die Gemeinwohlvoraussetzungen einer privatbegünstigenden Enteignung bei privat errichteten und finanzierten Straßen in der Regel für nicht erfüllt. Schmidbauers Ausführungen beziehen sich zwar offenbar nur auf den Bau von Privatstraßen; er verneint einen Gemeinwohlzweck aber auch dann, wenn sichergestellt wird, daß diese Straßen von jedermann benutzt werden können (sog. „Privatstraßen für den öffentlichen Verkehr", vgl. hierzu Wendrich, BauR 1985, S. 152 ff.). Zur Begründung macht Schmidbauer geltend: „Indem nämlich die Exekutive einen straßenrechtlichen Gemeingebrauch für nicht erforderlich hält und der Private daher Wegegebühren erheben kann, macht sie im Vergleich zu den übrigen öffentlichen Straßen selbst Abstriche an Bedarf und Notwendigkeit der Funktion der betreffenden Straße." Diese Auffassung, der bereits ein verfehltes Verständnis des Gemeingebrauchs zugrundeliegt - der Gemeingebrauch ist nicht begriffsnotwendig unentgeltlich, vgl. im Zweiten Teil sub C. III. 1. a) -, ist - wie Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 100 f. zu Recht ausführt - unzutreffend, da dringender Bedarf und mangelnde Finanzierbarkeit aus öffentlichen Mitteln durchaus zusammentreffen können und die dann notwendige Prioritätensetzung kein Indiz für die absolute „Überflüssigkeit" einer Maßnahme ist. 163 Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 593.
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3. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung der privaten Beteiligung
also für die Dauer der Konzession sichergestellt werden, daß gegen ein angemessenes Entgelt jeder Nutzungswillige die Straße in Anspruch nehmen kann. In welcher Weise die öffentliche Nutzung sichergestellt werden muß, ist allerdings nicht ganz eindeutig. Im „Boxberg"-Urteil 1 6 4 hat das BVerfG grundsätzlich gesetzliche Sicherungsmaßnahmen verlangt. Nichtgesetzliche Vorkehrungen zur Sicherstellung des Gemeinwohls läßt es nur dann genügen, wenn sich der Nutzen für das allgemeine Wohl nicht lediglich als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergibt, sondern bereits der Geschäftsgegenstand des privaten Unternehmens - wie dies etwa bei Verkehrs- oder Versorgungsunternehmen der Fall ist - dem allgemein anerkannten Bereich der Daseinsvorsorge zuzuordnen ist. 1 6 5 In der Literatur 1 6 6 ist diese Auffassung des BVerfG auf erhebliche Kritik gestoßen; man hat dem Gericht vorgeworfen, den enteignungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt zu überdehnen, zumal außer einem Gesetz eine ganze Reihe anderer - ebenso verläßlicher - Sicherungsmittel zur Verfügung stünden. 167 Die Frage braucht an dieser Stelle jedoch nicht weiter vertieft zu werden, da der „Geschäftsgegenstand" des gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG beauftragten privaten Unternehmens - bezogen auf das konkrete Fernstraßenprojekt - sehr wohl unmittelbar dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen ist. Insoweit ist die Situation nicht mit dem Sachverhalt zu vergleichen, der der Entscheidung des BVerfG zugrundelag. Dort ging es um eine großflächige Enteignung zur Anlage eines privat zu nutzenden Testgeländes, wohingegen hier zugunsten einer für den öffentlichen Verkehr zu widmenden Straße enteignet werden soll; dort handelte das private Unternehmen ohne konkreten Auftrag zur Daseinsvorsorge, während der Private hier - zumindest auch - in Erfüllung einer staatlichen Aufgabe tätig wird. Es spricht daher viel für die Annahme, daß im vorliegenden Fall bereits die Eigenart des Projektes in Verbindung mit der vertraglichen Rechtsbeziehung zwischen dem enteignungsbegünstigten privaten Investor und dem Bund ausreichen, um den Enteignungszweck in einer den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG genügenden Weise für die Konzessions-
164
BVerfG, U.v. 24.3.1987 - 1 BvR 1046/85 -, BVerfGE 74, 264 ff. BVerfG, a.a.O., S. 264 ff. (286). In dem vom BVerfG entschiedenen Fall stellte sich der mit der Enteignung verfolgte Gemeinwohlzweck - Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und Schaffung von Arbeitsplätzen - lediglich als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit dar. 166 Vgl. nur Schmidbauer, Enteignung zugunsten Privater, 1988, S. 68; Papier, JZ 1987, S. 619 ff. (620); ders., in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 593. 167 Zu nennen sind z.B. Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlicher Vertrag, vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 593; Schmidbauer, Enteignung zugunsten Privater, 1989, S. 238 ff. 165
. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit
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dauer sicherzustellen. 168 Darüber hinaus enthält das FStrPrivFinG zumindest mit der Vorschrift des § 3 Abs. 3, der die Gestaltung der Mauttarife dem Bundesverkehrsministerium zuweist, eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die geeignet ist, zur Sicherung der kontinuierlichen Gemeinnützigkeit des der Enteignung zugrundeliegenden Straßenprojektes beizutragen. 169 Im übrigen ergibt sich aber auch indirekt aus § 1 Abs. 2 und § 2 FStrPrivFinG, daß der Aufgabenübertragung auf den privaten Investor ein System staatlicher Aufsichts- und Kontrollbefugnisse gegenübersteht, das für eine gemeinwohlorientierte Aufgabenerledigung bürgt 1 7 0 und in der vertraglichen Vereinbarung zwischen Staat und Privatem lediglich eine nähere Konkretisierung erfährt, prinzipiell aber bereits vom Gesetz vorgegeben ist. Da somit auch der geforderten Sicherstellung des mit der Enteignung verfolgten Gemeinwohlziels hinreichend genügt wird, ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die für die Realisierung der Straßenbaumaßnahme benötigten Flächen im Enteignungsverfahren nicht dem Staat, sondern dem privaten Investor zugewiesen werden. Ob und inwieweit die Praxis im Rahmen des FStrPrivFinG von der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit einer privatbegünstigenden Enteignung Gebrauch machen wird, bleibt jedoch abzuwarten. 171
168 Vgl. generell für privat errichtete und finanzierte Verkehrsprojekte Friauf, Die Übertragung öffentlicher Verkehrs-Infrastrukturaufgaben auf Private, 1992, S. 102. Trotz der „objektiv-institutionellen" Sicherung des gemeinwohlorientierten Enteignungszweckes bei Verkehrsinfrastrukturprojekten hält es Friauf zur Vermeidung verfassungsrechtlicher Risiken sicherheitshalber für angebracht, spezifische Regelungen, die die Verwirklichung des Gemeinwohlzweckes gewährleisten, ausdrücklich in den jeweiligen Fachgesetzen zu verankern. 169 Der staatliche Einfluß auf die Tarifgestaltung gilt als geeignetes Instrument zur dauerhaften Sicherung des gemeinnützigen Enteignungszweckes vgl. BVerfG, B.v. 20.3.1984 - 1 BvL 28/82 -, BVerfGE 66, 248 ff. (258) (Enteignung zugunsten eines privatrechtlich organisierten Energieversorgungsunternehmens). 170 Vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand der Bearb.: 1987, Art. 14 Rn. 589; Frenzel, Das öffentliche Interesse als Voraussetzung der Enteignung, 1978, S. 95 f. 171 Das Bundesverkehrsministerium scheint einen Eigentumserwerb bzw. eine Enteignung zugunsten der privaten Investoren bei der praktischen Umsetzung des FStrPrivFinG nicht vorzusehen, vgl. Bundesministerium für Verkehr, Betreibermodelle nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, Mai 1995, S. 4, 6. Hierzu sowie zu den mißlichen Konsequenzen einer Aufspaltung von Eigentum und Straßenbaulast vgl. bereits im Zweiten Teil sub C. I. 4.
Zusammenfassung und Bewertung Im Zuge der Wiedervereinigung, der Schaffung des Europäischen Binnenmarktes und der Öffnung der osteuropäischen Grenzen sieht sich Deutschland in der Vergangenheit mit wachsenden Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur konfrontiert. Insbesondere der zur Realisierung eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes erforderliche Neu- und Ausbau der Bundesfernstraßen ist mit enormen finanziellen Belastungen verbunden, die die derzeit verfugbaren Mittel im Bundeshaushalt bei weitem übersteigen. In Anbetracht dessen verwundert es nicht, daß auf der Suche nach Finanzierungsalternativen in zunehmendem Maße eine Finanzierung von Straßenbauprojekten mit privatem Kapital favorisiert wird. Die zum Teil bereits umgesetzte Finanzierung von Infrastrukturvorhaben im Wege des Konzessionsmodells verstößt allerdings gegen das verfassungsrechtlich verankerte Gebot der Wirtschaftlichkeit. Der Grund hierfür liegt darin, daß eine private Vorfinanzierung die öffentlichen Hand auf Dauer stärker belastet als eine herkömmliche Haushaltsfinanzierung und daß die Möglichkeit, das Projekt mit Hilfe privaten Kapitals früher zu realisieren, die damit einhergehenden Mehrkosten nicht kompensieren kann. Demgegenüber ist die Einbeziehung Privater auf der Grundlage des FStrPrivFinG vom 30.8.1994 finanzverfassungsrechtlich unbedenklich. Da sich die privaten Investoren über direkt beim Straßenbenutzer erhobene Mautgebühren refinanzieren, wird der Staatshaushalt anders als beim Leasing- oder Konzessionsmodell nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft entlastet. Künftige Bauvorhaben, für die auf absehbare Zeit keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen werden, wird der Bund daher - vorausgesetzt, sie gehören zu den in § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG genannten Straßen und Bauwerken - als Betreibermodell zu realisieren suchen. Auch über die finanzrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes hinaus begegnet ein privates Tätigwerden nach dem FStrPrivFinG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Gemäß § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG werden den privaten Investoren Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen lediglich zur Ausführung übertragen. Dies führt nicht zu einem Wechsel in der Aufgabenträgerschaft, sondern bewirkt lediglich eine interne Verpflichtung des beauftragten Privaten, während die Verantwortung des gesetzlich bestimmten Straßenbaulastträgers im Außenverhältnis unberührt bleibt. Eine Beleihung ist damit - im Unterschied zur Übertragung des Gebührenerhebungsrechts in § 2
Zusammenfassung und Bewertung
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FStrPrivFinG - nicht verbunden. Wenn auch der Private somit gegenüber den Straßenbenutzern keine hoheitlichen Leistungen erbringt, ist es ihm nicht verwehrt, für die Inanspruchnahme der Straße Mautgebühren zu erheben und zu vereinnahmen. Indem er die mautpflichtige Straße errichtet und finanziert, bereitet er den die Gebührenpflicht auslösenden hoheitlichen Akt der Zurverfügungstellung der Strecke in so weitgehendem Maße vor, daß nicht der Straßenbaulastträger, sondern vielmehr der Private als „Leistender" erscheint. Das FStrPrivFinG bedarf zweier konkreter Umsetzungsakte: Zum einen ist zwischen dem Straßenbaulastträger und dem privaten Investor ein öffentlichrechtlicher Vertrag (sog. Konzessionsvertrag) zu schließen, in dem die zur Ausführung übertragenen Aufgaben im einzelnen festgelegt und in der Regel zeitlich befristet werden. Zudem ist gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG spätestens mit der Verkehrsfreigabe der privat errichteten und finanzierten Straße eine Rechtsverordnung zu erlassen, in der u.a. auch die Höhe der von dem privaten Betreiber zu erhebenden Mautgebühren festgelegt wird. Auf den Erlaß dieser Mautverordnung besteht seitens des privaten Investors ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch. Der in § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG statuierte Einvernehmensvorbehalt zugunsten der obersten Landesstraßenbaubehörden verstößt allerdings sowohl gegen das sich aus Art. 85 Abs. 3 GG ergebende Mischverwaltungsverbot als auch gegen den von Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG intendierten numerus clausus der Ermächtigungsadressaten einer Rechtsverordnung. Ob die mit Erlaß des FStrPrivFinG angestrebten Ziele verwirklicht werden können, läßt sich - da praktische Erfahrungen mit dem Gesetz bislang nicht vorliegen - noch nicht abschließend beurteilen. Die Erfahrungen, die das europäische Ausland mit dem mautfinanzierten Straßenbau machte, sind jedenfalls eher schlecht: Insbesondere in Italien und Frankreich sind die meisten der zunächst ausschließlich in privater Hand befindlichen Mautgesellschaften aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten wieder in Staatsbesitz. In der Regel konnten die Gebühreneinnahmen zwar die Kosten für Betrieb und Unterhaltung decken; sie reichten jedoch nicht aus, um die Baukosten zu refinanzieren. Die Ursachen für Fehlschläge im Ausland sind vor allem darin zu sehen, daß die privaten Mautgesellschaften bei der Entgeltfestsetzung nicht frei waren, daß in einigen Ländern die Bau- und Finanzierungskosten unvorhergesehen anstiegen und sich dadurch die Rentabilitätskalkulationen der privaten Investoren nicht erfüllten und daß manche Strecken ein zu geringes Verkehrsaufkommen aufwiesen und das Gebührenaufkommen entsprechend gering war. Auch eine antiquierte Erhebungstechnik führte zu erhöhten operativen Kosten. Die zum größten Teil negativen Erfahrungen des Auslandes mit dem Betreibermodell müssen sich in Deutschland bei der Umsetzung des FStrPrivFinG aber nicht zwangsläufig wiederholen.
280
Zusammenfassung und Bewertung
Ein wesentlicher Unterschied besteht beispielsweise hinsichtlich des Verkehrsaufkommens und dessen weiterer Entwicklung. In Deutschland als einem Land mit einer im internationalen Vergleich sehr hohen Verkehrsdichte ist von vornherein mit höheren Erträgen zu rechnen als in schwach motorisierten Ländern wie beispielsweise Spanien. Probleme werden sich jedoch sicher vor allem daraus ergeben, daß Einzelstrecken, um deren Finanzierung es im FStrPrivFinG geht, dem Risiko einer Verkehrsverlagerung in der Regel deutlich stärker ausgesetzt sind als ganze Verkehrsnetze. Gerade in verkehrsinfrastrukturell besser ausgestatteten Regionen werden private Konzessionäre mit einer Abwanderung auf gebührenfreie Straßen rechnen müssen, so daß sich ihre Erwartungen hinsichtlich Nutzerfrequenz und Gebührenaufkommen unter Umständen nicht erfüllen werden. Ebenso wie im europäischen Ausland wird auch in Deutschland privaten Betreibern bei der Festsetzung der Höhe der Mautgebühren keine freie Hand gelassen. Die Gebührensätze sind im Hinblick auf § 3 Abs. 2 S. 1 FStrPrivFinG aber mindestens so hoch zu bemessen, daß die voraussichtlich zu erwartenden Gebührenerträge die veranschlagten Kosten für Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung des jeweiligen Straßenabschnitts decken. Zudem ist zugunsten der privaten Unternehmen ein angemessener Gewinn miteinzukalkulieren. Hingegen besteht die Möglichkeit einer effizienten Gebührenerhebung mittels automatischer Einrichtungen bisher noch nicht. Zum einen sind die derzeit zur Verfügung stehenden Gebührentechnologien technisch noch nicht so weit ausgereift, als daß sie ohne jegliche Unterstützung manueller Kontrollen auskämen. Zum anderen bedarf es, da der Einsatz elektronischer Erhebungssysteme regelmäßig in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Verkehrsteilnehmer eingreift, einer gesetzlichen Legitimierung durch bereichsspezifische datenschutzrechtliche Regelungen. § 6 S. 2 FStrPrivFinG, der eine elektronische Gebührenerhebung ausdrücklich für zulässig erklärt, genügt insoweit nicht. Bevor nicht entsprechende Vorschriften erlassen werden, ist eine automatische Erhebung der Mautgebühren somit unzulässig. Hier herrscht also noch gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Letztendlich werden sich Erfolg oder Mißerfolg privater Finanzierungen im Wege des Betreibermodells erst dann beurteilen lassen, wenn die ersten auf dem FStrPrivFinG beruhenden Projekte realisiert sind und konkrete Feststellungen darüber getroffen werden können, ob sich die Investitionen für die privaten Konzessionäre „bezahlt" machen. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit das FStrPrivFinG geeignet ist, die in es gesetzten Erwartungen in der Praxis zu erfüllen.
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-
Anhörungsverfahren 123 f.
Bundesfernstraßenverwaltung 22 ff., 85 ff., 245 f., 251 ff
Äquivalenzprinzip 185 ff, 196 Aufgaben
Bundesstaatsprinzip 223 ff.
-
Aufgabenerledigung 248 ff.
-
Aufgabengehalt 244, 246 ff., 267 f.
-
Aufgabenverantwortung 265
248
Bundestreue 227 Bundesverkehrswegeplanung 25
ff,
Ausbauplan 26 f. Ausgaben -
Weisungsrecht des Bundes 23, 89 f., 225 ff.
Verwaltungsausgaben 24, 69 f.
- Zweckausgaben 24, 69, 266 Ausschreibung 139 ff. Autobahnbenutzungsgebührengesetz 38 f., 213, 215
Daseinsvorsorge 258 ff, 276 Datenschutz 205 ff. DEGES 67 ff., 108 f. Demokratieprinzip 111 f., 265, 271 Eigentum 126 ff.
an
Straßengrundstücken
Einvernehmen 137, 218, 221 ff. Enteignung
Bauentwurf 120 f. Bedarfsplan 25 f., 138 Beleihung 99 ff., 167 ff., 213, 217, 220, 267 ff. Betreibermodell 64 ff.
-
Enteignungsrecht 104, 126, 273 f.
- Enteignung 271 ff.
zugunsten
Privater
Erfüllungsgehilfe - s. Verwaltungshelfer
Bundesauftragsverwaltung -
Hoheitsverwaltung 86
-
Sachkompetenz 23, 142
-
Vermögensverwaltung 86, 136
-
Wahrnehmungskompetenz 23, 86, 255 f., 268
Finanzmittel 27 ff. Finanzplanung 25 ff. Finanzverantwortung 21 ff., 87 f., 99 Forfaitierung 57 Fünfjahresplan - s. Ausbauplan
Sachwortverzeichnis Funktionsvorbehalt 256 ff., 268 ff.
Klage -
Feststellungsklage 240 f.
Gebühren
-
Leistungsklage 238 ff.
-
Begriff 163 f., 167, 169
- Normenkontrollklage 237 f.
-
für den Straßengebrauch - s. Mautgebühren und Straßenbenutzungsgebühren
-
Verpflichtungsklage 238
„Konventionelle Planung" 140 ff. Konzession
-
Gebührendegression 194
-
Gebührenprogression 194
-
Prinzip der speziellen Kostendekkung 172 ff.
-
Begriff 54, 130
-
Konzessionsvergabe 139 ff.
-
Konzessionsvertrag 128 ff.
Gemeingebrauch 160 ff.
Konzessionsmodell 53 ff, 176 f.
Gemeinwohl 199, 273 ff.
Kosten -
Kostenbegriff 182 ff.
-
Kostendeckungsgebot 178 f., 179 ff., 197
-
Kostendeckungsprinzip 177 ff.
-
Kostenüberschreitungsverbot 178 f., 179 ff.
Haushaltsgrundsätze
-
Wagniskosten 182 ff.
-
Grundsatz der Gesamtdeckung 27, 39
Kreditaufnahme 47 f., 56 f., 59 f.
-
Grundsatz der Vollständigkeit und Wahrheit des Haushaltsplans 48, 58 f.
Leasing-Modell 49 ff.
Gewaltenteilungsgrundsatz 262 f.
229
f.,
Gleichheitsgrundsatz 165 f., 194 f., 197 ff., 199 f., 200-202
Halterhaftung 200 ff., 215
Hoheitliches Handeln - Abgrenzung zu nicht-hoheitlichem Tätigwerden bei Aufgaben der Straßenbaulast 106 ff. -
obrigkeitliches Handeln 100, 101
-
schlicht-hoheitliches Handeln 100, 102
„Ideenwettbewerb" 140 ff.
297
Lenkungsgebühren 188 ff. Letztentscheidungsverantwortung 112 f., 116 f., 122, 266 Linienbestimmung 69, 114 ff.
Mauterhebungssysteme, elektronische 203 ff. Mautgebühren - s. auch Straßenbenutzungsgebühren -
Begriff37
-
Gebührenbefreiung 199 f.
298
arverzeichnis
-
Gebührenbemessung 177 ff., 232 f.
-
Gebührenerhebung durch Private 167 ff., 211 ff., 267 ff.
-
Gebührenschuldner 200 ff.
- Ermächtigungsadressaten 222
-
Mautverordnung 216 ff. - s. auch Rechtsverordnung Mischverwaltung 223, 226
- Anspruch auf Erlaß bzw. Änderung 228 ff Bestimmtheitsgrundsatz 219 f.
- Zustimmungsbedürftigkeit 220 f. Richtlinie 93/89 EWG 37 f., 175 Risikoverteilung zwischen Straßenbaulastträger und privatem Investor 147 ff
Öffa 46 ff Organisationsgehalt 245 f., 251 ff, 268
Sozialstaatsprinzip 191 ff, 258 ff
Ortsdurchfahrten 87 ff, 136, 225 f.
Steuern -
Begriff 28
Planfeststellungsbeschluß 111, 122 f.
-
Kraftfahrzeugsteuer 32 ff, 163 ff.
Planfeststellungsverfahren 121 ff.
-
Mineralölsteuer 29 ff, 163 ff.
Planung 107 ff, 140 ff.
Straßenbaulast
Privatfinanzierung
- Aufgaben der Straßenbau last 83 f., 106 ff
-
Privatfinanzierungsmodelle 48 ff
-
privatfinanzierter Ausland 71 ff.
Straßenbau
im
Privatisierung -
funktionale Aufgabenprivatisierung 44 f., 50, 55 f., 98 f.
-
materielle 43 f., 99
Aufgabenprivatisierung
-
Organisationsprivatisierung 41 f., 47
-
Vermögensprivatisierung 41
-
Erfüllung 94 ff.
-
Rechtsnatur 84 f.
-
Träger der Straßenbaulast 85 ff
90 ff,
Straßenbenutzungsgebühren - s. auch Mautgebühren -
Gesetzgebungskompetenz 161 f.
-
Rechtsentwicklung 34 ff
-
Vereinbarkeit mit Gemeingebrauch 160 ff.
-
Verhältnis zu Kfz-typischen Steuern 163 ff.
Rechtsschutzgarantie 233 ff, 262 ff.
Rechtsverordnung
Private
Straßenbauplan 27
Projektauswahl 137 ff
Rechtsstaatsprinzip 110 f., 262 ff, 270 f.
durch
Straßenverkehrssicherungspflicht -
Haftung bei Einschaltung Privater 153 ff, 263 f.
Sachwortverzeichnis -
Verhältnis zur Straßenbaulast 151
Verwaltungszwangsverfahren 214 f. VOB/B 144 f.
Umweltverträglichkeitsprüfung 117 ff.
69,
Verkehrsprojekte Deutsche Einheit 17 (Fn. 4), 67
Vorentwurf 120 f. Vorhabenträger 121 f. Widmung 125, 171, 174 Wirtschaftlichkeitsgebot 60 ff.
Verwaltungshelfer 44 f., 94, 97 Verwaltungsrechtsweg 236 f.
299
Zweckbindung 28, 39, 165