Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten 9783504386696

Steuerliche Wahl- und Antragsrechte finden sich im gesamten Steuerrecht und haben eine große Bedeutung für jeden Steuerp

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German Pages 287 [295] Year 2019

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Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten
 9783504386696

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Heinen Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten

Rechtsordnung und Steuerwesen Band 54 Schriftenreihe begründet von Brigitte Knobbe-Keuk herausgegeben von Wolfgang Schön und Rainer Hüttemann

Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten

von

Dr. iur. Andreas Heinen

2019

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64253-2 ©2019 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Druck und Verarbeitung: Stückle, Ettenheim Printed in Germany

Meinen Eltern

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Geleitwort Zu dieser Schriftenreihe Seit Brigitte Knobbe-Keuk im Jahre 1986 diese Schriftenreihe in der Nachfolge von Werner Flume begründet hat, sind mehr als 40 Bände er­ schienen, in deren thematischen Mittelpunkt die Frage nach dem Ver­ hältnis zwischen dem Steuerrecht und der allgemeinen Rechtsordnung gestellt ist. Die Entwicklung der Reihe hat gezeigt, dass die vielfältigen Verflechtungen des Steuerrechts mit anderen Rechtsgebieten den ge­ wählten Zuschnitt eindrucksvoll gerechtfertigt haben. Die publizierten Arbeiten nehmen Bezüge zum allgemeinen Zivilrecht, zum Gesellschafts­ recht, zum Bilanzrecht und zu den Wirtschaftswissenschaften ebenso in den Blick wie die Rahmenbedingungen des Verfassungsrechts, des Euro­ parechts und des Internationalen Rechts. Strafrechtliche Zusammenhän­ ge unserer Steuerrechtsordnung werden ebenso beleuchtet wie verfah­ rensrechtliche Implikationen der Besteuerungspraxis. Der Erkenntnis der Begründerin der Schriftenreihe, dass in den juristi­ schen Fragestellungen aus dem Bereich des Steuerwesens Fragestellun­ gen aus den Teilgebieten der allgemeinen Rechtsordnung zusammentref­ fen, muss besonders Nachdruck in einer Zeit verliehen werden, in der die innere Stabilität unserer Besteuerungsordnung in hohem Maße gefährdet ist und der Wunsch, aus der eigenen Systematik des Steuerrechts heraus feste Leitlinien für Rechtspolitik und Rechtsanwendung zu gewinnen, hinter den fiskalischen Zwängen der öffentlichen Hand und dem Ge­ staltungswillen der Steuerpolitik immer weiter zurücktritt. Die Veran­ kerung des Steuerrechts in der allgemeinen Rechtsordnung dient daher auch den Anliegen der Rechtssicherheit und Rationalität unseres Steuer­ rechts. Darüber hinaus kann durch die Anlehnung an die der Privatauto­ nomie verpflichtete Zivilrechtsordnung sowie durch die Verwirklichung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Freiheitsgewährungen dem Steuerwesen ein Stück rechtsstaatlicher Liberalität zurückgegeben wer­ den. Die Herausgeber wünschen daher, dass die Schriftenreihe in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zur Kultur unserer Steuerrechtsordnung zu leisten vermag. München und Bonn, im Oktober 2011 Wolfgang Schön

Rainer Hüttemann

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Geleitwort

Zu dieser Schrift Viele Steuergesetze enthalten Wahl- und Antragsrechte, die dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumen, die Höhe der gesetzlichen Steuer zu beeinflussen. Während zur Systematisierung und Verfassungsmäßigkeit steuerlicher Wahlrechte bereits eine Reihe von wissenschaftlichen Beiträgen vorliegt, fehlte bisher eine Untersuchung zur verfahrensrecht­ lichen Seite der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten im Steuerrechtsverhältnis. Insoweit geht es um mehrere dogmatisch wie praktisch relevante Fragen: Wie werden steuerliche Wahlrechte gegenüber den ­Finanzbehörden wirksam ausgeübt? Gelten für ihre Ausübung die zivilrechtlichen Regelungen über die Wirksamkeit und Auslegung von Willenserklärungen entsprechend? Können sich Steuerpflichtige bei der Wahl­ rechtsausübung vertreten lassen und welche formellen und zeitlichen Anforderungen gelten für solche steuerlichen Erklärungen? Ist der Steuerpflichtige an eine Wahlrechtsausübung gebunden oder kann er diese unter Umständen widerrufen oder bei Willensmängeln auch anfechten? Es liegt auf der Hand, dass sich diese und weitere verfahrensrechtliche Probleme wie z.B. die Anwendung der Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO nicht unabhängig von der materiell-rechtlichen Wirkung steuerlicher Wahlund Antragsrechte auf den gesetzlichen Steueranspruch lösen lassen. Die vorliegende Monographie von Heinen setzt sich – soweit ersichtlich – erstmals monographisch mit der verfahrensrechtlichen Problematik von Wahl- und Antragsrechten auseinander. Ausgehend von der materiellen Wirkung einer Wahlrechtsausübung auf den Steueranspruch und – der Tradition dieser Schriftenreihe folgend – unter vergleichender Einbeziehung der allgemeinen zivil- und öffentlich-rechtlichen Grundsätze über Willenserklärungen entwickelt der Verf. dogmatisch überzeugende und innovative Lösungsansätze für die steuerliche Wahlrechtsausübung. So wird z.B. aus der schon bisher allgemein geteilten Ansicht, dass die Ausübung von Wahlrechten den gesetzlichen Steueranspruch rückwirkend ändert, konsequent auf eine Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geschlossen. Auch zu anderen Problembereichen – wie z.B. den subjektiven Elementen steuerlicher Willenserklärungen, den Form- und Fristerfordernissen bei einer Wahlrechtsausübung und den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Anfechtung der Wahlrechtsausübung einschließlich möglicher Drittwirkungen – enthält die Arbeit zahlreiche Überlegungen, die erheblich über den bisherigen Diskussionsstand hinausweisen. Mit seinen eigenständigen und sorgfältigen Analysen des Problems der steuerrechtlichen Wahlrechtsausübung hat der Verf. einen wichtigen und weiterführenden Beitrag zum Steuerverfahrensrecht als Teil der allgemeinen Rechtsordnung geleistet. München und Bonn, im März 2019 Wolfgang Schön VIII

Rainer Hüttemann

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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung konnten Rechtspre­ chung und Schrifttum bis einschließlich Februar 2019 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem hochverehrten Lehrer und Doktor­ vater Herrn Prof. Dr. Rainer Hüttemann, der die vorliegende Arbeit ange­ regt, mein Interesse an dem Thema geweckt und meinen Weg an ent­ scheidender Stelle bestärkt hat. Vor allem aber Danke ich ihm für die stete Förderung und Unterstützung während meiner gesamten Instituts­ zugehörigkeit seit den Anfängen meines Studiums bis hin zum Abschluss meiner Promotion. Zugleich danke ich ihm ebenso wie Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriften­ reihe „Rechtsordnung und Steuerwesen“. Herrn RiBFH Prof. Dr. Andreas Herlinghaus gilt mein Dank für die außerordentlich zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Meinem lieben Kollegen Dr. Carsten Meinert gebührt Dank für die kriti­ sche, aber stets fruchtbare Diskussion in den gemeinsamen Gesprächen zum Thema dieser Arbeit. Für die unbezahlbare Hilfe bei der Enddurch­ sicht bedanke ich mich bei meinen Eltern, meinem Bruder Stefan Heinen, meiner Freundin Barbara Gerold sowie meinem Freund Hendrik Burbach. Gewidmet ist diese Arbeit meinen Eltern Michaele und Hans Jürgen ­Heinen. Diese waren mir stets ein Vorbild und haben mich seit Kindes­ tagen in jeder Hinsicht gefördert. Ohne die von ihnen gewährten finan­ ziellen Freiheiten in allen Phasen meines Studiums wäre mir dieser Weg bis zum erfolgreichen Abschluss meiner Promotion nicht möglich gewe­ sen. Zuletzt Danke ich meiner Freundin Barbara Gerold für den Rückhalt und den Ansporn während der gesamten Dauer meines Promotionsvor­ habens. Schleiden, Februar 2019

Andreas Heinen

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Inhaltsübersicht

Seite

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

Einleitung I. Untersuchungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1. Teil: Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

I. Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts . . . . . . . 9

II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­ Antragsrechten im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2. Teil: Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

I. Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung . . . . . . . . . . . 37

II. Ausübungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 III. Form der Ausübungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 IV. Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . 110

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Inhaltsübersicht

3. Teil: Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder ­Antragsrechtes

I. Bindung der Ausübung für die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

II. Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. Anfechtung einer Wahlrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . 227

Anhang: Beispiele für steuerliche Wahl- und ­ Antragsrechte im Sinne dieser Untersuchung . . . . . . . 231

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

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Inhaltsverzeichnis

Seite

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI

Einleitung I. Untersuchungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Thematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Bisheriger Kenntnisstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1. Teil: Steuerliche Wahl- und Antragsrechte I. Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts . . . . . . . 9 1. Begriff des steuerlichen Wahl- und Antragsrechtes . . . . . . . . 9 a) Steuerliche Wahl- und Antragsrechte im Sinne d ­ ieser ­Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 aa) Gleichstellung von Wahl- und Antragsrechten . . . . . . 9 bb) Beschränkung auf steuerliche Wahl- und Antragsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 cc) Kein Wahlrecht bei gesetzlicher Befolgungsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 b) Abgrenzung zu nicht von dieser Untersuchung erfassten ­Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 aa) Beurteilungsspielräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 bb) Sachverhaltsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2. Arten von Wahl- und Antragsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 a) Bisherige Systematisierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 aa) Gruppenbildung nach der Steuerart . . . . . . . . . . . . . . . 15 bb) Gruppenbildung nach der Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . 16 cc) Gruppenbildung nach dem Normzweck . . . . . . . . . . . 18 dd) Gruppenbildung nach formellen Kriterien . . . . . . . . . 19 ee) Sonstige Ansätze zur Gruppenbildung . . . . . . . . . . . . . 19 XIII

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Inhaltsverzeichnis

b) Würdigung der bisherigen Systematisierungsansätze . . . . 20 c) Zielorientierter, eigenständiger Systematisierungsansatz 21 3. Auswirkung der Wahlrechtsausübung auf die Entstehung des Steueranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­ Antragsrechten im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Vereinbarkeit mit der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung . . . 24 a) Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung . . . . . . . 24 b) Ausprägungen und Reichweite des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 c) Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 d) Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . 28 e) Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Verletzung der Gleichheit der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . 30 a) Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 b) Inhalt des steuerrechtlichen Gleichheitssatzes . . . . . . . . . 31 c) Ungleichbehandlung durch Wahl- und Antragsrechte . . . 32 d) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 aa) Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 bb) Rechtfertigung von Steuervergünstigungswahlrechten 35 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

2. Teil: Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten I. Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung . . . . . . . . . . . 37 1. Arten von Erklärungen im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Wissenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Einordnung der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten . 38 3. Folgen der Rechtsnatur des Ausübungsaktes . . . . . . . . . . . . 39 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Beratungspflicht der Finanzbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 aa) Herleitung einer Beratungspflicht von Finanzbehörden 40 bb) Beratungspflicht bei Wahl- und Antragsrechten . . . . . 41 cc) Folgen eines Verstoßes gegen die Beratungspflicht . . . 42 c) Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Regelungen . . . . . . . 43 d) Auslegung der Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4. Wirksamkeitsvoraussetzungen der Ausübungserklärung . . . 48 a) Empfangsbedürftigkeit der Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Ausübung als empfangsbedürftige Willenserklärung . 48 bb) Zugang der Ausübungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 XIV

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Inhaltsverzeichnis

b) Bedingungsfeindlichkeit des Ausübungsaktes . . . . . . . . . . 50 c) Subjektiver Tatbestand der steuerrechtlichen Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 aa) Handlungswille als unverzichtbare Voraussetzung einer ­Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 bb) Erfordernis eines Erklärungsbewusstseins . . . . . . . . . . 51 (1) Erklärungsbewusstsein bei zivil- und öffentlichrechtlichen ­Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) Erforderlichkeit eines Erklärungsbewusstsein bei der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (3) Kritische Würdigung der Übernahme der zivilrechtlichen R ­ echtsprechung in das Steuerrecht . . 54 (4) Originär steuerrechtlicher Ansatz zur Frage des Erklärungs­bewusstseins bei der Wahl- und Antragsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (5) Erklärungsbewusstsein bei der Ausübung handelsbilanzieller Wahlrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 cc) Entbehrlichkeit des Geschäftswillens . . . . . . . . . . . . . 59 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Ausübungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Grundsatz: der Steuerpflichtige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 b) Ausübung durch den gesetzlichen Vertreter . . . . . . . . . . . 62 c) Einschaltung eines Bevollmächtigten . . . . . . . . . . . . . . . . 63 d) Zulässigkeit einer nachträglichen Genehmigung . . . . . . . 65 e) Beteiligung weiterer Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (1) Befugnisse des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (2) Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2. Besonderheiten bei Personenmehrheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Mehrheit an gesetzlichen Vertretern . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 aa) Ausübungsbefugnis in Körperschaften . . . . . . . . . . . . . 72 bb) Vertretung natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 cc) Zwangsmittel anderer Vertreter zur Durchsetzung einer Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Mehrheit von betroffenen Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . 75 aa) Mitunternehmerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (1) Grundsatz der Einheit der Bilanzierung . . . . . . . . . 75

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(2) Sonderfall: mitunternehmerbezogene Wahl- und Antragsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (1) Umsatzsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . 79 (2) Ertragsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 cc) Umwandlungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 dd) Veranlagungswahlrecht von Ehegatten . . . . . . . . . . . . 82 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 III. Form der Ausübungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Bestehende gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Aufzeichnungs- und Nachweispflichten . . . . . . . . . . . . . . 84 b) Formanforderungen an den Erklärungsakt . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Gesetzliche Formvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (1) Verwendung eines Vordruckes . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (2) Schriftformerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (3) Gesetzliche Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 bb) Formvorgaben durch Verwaltungsvorschriften . . . . . . 87 2. Formfreiheit des Ausübungsaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Qualitative Anforderungen an den Erklärungsakt . . . . . . . 89 aa) Ausdrückliche Ausübungserklärung . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Konkludente Ausübungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (2) Konkludente Ausübung im Umsatzsteuerrecht . . 90 (3) Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechtes nach § 4 Abs. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Insbesondere: konkludente Ausübung bilanzieller Wahlrechte im Rahmen der Bilanzerstellung . . . . . . . . . . . . 93 a) Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz . . . . . . 94 aa) Der Maßgeblichkeitsgrundsatz und seine Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 bb) Fortgeltung und Reichweite der formellen Maßgeblichkeit nach dem BilMoG . . . . . . . . . . . . . . . 95 (1) Meinungsspektrum in Literatur und Verwaltung . 96 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Ausübung GoB-konformer Wahl- und Antragsrechte in der H ­ andelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Ausnahmen von der Bindung an den konkreten Handelsbilanzansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Ausübung bei Fehlen einer wirksamen Handelsbilanz 102 c) Rein steuerliche Wahl- und Antragsrechte . . . . . . . . . . . . 103 d) Gewerbe- und körperschaftsteuerliche Wahlrechte . . . . . . 104 XVI

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aa) Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 e) Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Sonderfälle in einer Mitunternehmerschaft . . . . . . . . 106 bb) Wahlrechte des Umwandlungssteuerrechts . . . . . . . . . 108 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 IV. Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Bestehende gesetzliche Ausschlussfristen . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Fristbestimmungen durch Steuergesetze . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Sonstige Fristbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Folgen eines Fristversäumnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Einordnung als Ausschlussfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 bb) An die Steuererklärungsfrist gebundene Fristen . . . . . 113 b) Wiederaufleben der Wahlmöglichkeit durch das Eingreifen von Korrekturvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Behandlung der ungeregelten Konstellationen nach den bisherigen Ansichten in Rechtsprechung und Literatur . . . . 119 a) Materiell-rechtlich unbefristete Ausübungsmöglichkeit mit faktischer Befristung aufgrund von verfahrensrechtlichen Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Ausübungsmöglichkeit in den verschiedenen Stadien des ­Besteuerungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 aa) Ausübung von Wahl- und Antragsrechten im Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Zulässigkeit der Ausübung im finanzgerichtlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 cc) Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof . . . . . . 124 dd) Zeitraum nach Eintritt der Bestandskraft . . . . . . . . . . 127 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 c) Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Wiederaufleben der Ausübungsmöglichkeit durch Erlass von Änderungsbescheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 bb) Besonderheiten beim Veranlagungswahlrecht der Ehegatten, § 26 Abs. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 dd) Eingreifen von Korrekturvorschriften . . . . . . . . . . . . . 134 XVII

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(1) Auswirkungen der Wahlrechtsausübung auf die Rechtmäßigkeit der Besteuerungsfestsetzung . . . . 134 (2) Änderung nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) AO . 135 (3) Aufhebung oder Änderung wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel, § 173 Abs. 1 AO . . . . . . . . . . . . 136 (4) Korrektur wegen Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO . . . . . . . . . 138 (5) Besondere Korrekturvorschriften . . . . . . . . . . . . . . 141 ee) Berücksichtigung einer Wahlrechtsausübung nach § 177 AO bei Änderung oder Aufhebung des Bescheides aufgrund von ­Korrekturvorschriften . . . . 141 ff) Ausübung bilanzieller Wahlrechte . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (2) Nachträgliche Entstehung der Wahlmöglichkeit . . 143 d) Möglichkeit der verfahrensrechtlichen Berücksichtigung eines rechtzeitig ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes nach Eintritt der formellen Bestandskraft . . . . . . . . . . . . . 145 4. Stellungnahme: Grundsatz des unbeschränkten Ausübungszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Ausübung im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor den Finanzgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Ausübung nach Eintritt der Bestandskraft . . . . . . . . . . . . . 148 aa) Fehlen einer materiellen Befristung . . . . . . . . . . . . . . . 148 bb) Verwirklichung des Tatbestandes von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO durch die nachträgliche Ausübung von Wahl- und Antragsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (1) Ausübung als rückwirkendes Ereignis . . . . . . . . . . 149 (2) Eintritt einer steuerlichen Rückwirkung . . . . . . . . 152 (3) Rechtswidrigkeit des ergangenen Bescheides . . . . 152 cc) Kein Anhaltspunkt für eine teleologische Reduktion des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 dd) Umkehrschluss zu der Regelung des § 175 Abs. 2 S. 2 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 ee) Eintritt der Festsetzungsverjährung als äußerste zeitliche Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 c) Auswirkungen auf die oben aufgeführten Sonderfälle . . . 159 5. Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

XVIII

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3. Teil: Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder ­Antragsrechtes I. Bindung der Ausübung für die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Gesetzlich angeordnete Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Bindung von Wahl- und Antragsrechten ohne ausdrückliche ­gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Handelsrechtlicher Grundsatz der Stetigkeit . . . . . . . . . . . 162 aa) Inhalt des handelsrechtlichen Stetigkeitsgrundsatzes 162 bb) Anwendung der handelsrechtlichen Stetigkeit auf die Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (1) Rechtslage vor Einführung des BilMoG . . . . . . . . . 163 (2) Übernahme der handelsrechtlichen Bewertungsstetigkeit nach aktueller Rechtslage . . . . . . . . . . . 163 b) Originär steuerrechtliche Einschränkungsmöglichkeiten 167 aa) Steuerrechtlicher Grundsatz der Bewertungsstetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Grundsatz der materiell-rechtlichen Folgerichtigkeit bzw. ­Einheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 cc) Einschränkung durch das Willkürverbot . . . . . . . . . . . 170 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 II. Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Verhältnis der Änderungs- bzw. Widerrufsmöglichkeit zur Bindung an die Ausübung in der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Vorhandene steuergesetzliche Regelungen zur Änderbarkeit oder zur Widerruflichkeit einer getroffenen Wahl . . . . . . . . . 173 3. Behandlung der nicht steuerrechtlich geregelten Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Differenzierung zwischen der Änderbarkeit bzw. Widerruflichkeit und der zeitlichen Grenze durch Eintritt einer Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Änderungsmöglichkeit von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung 174 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 bb) Besonderheiten bei Wahl- und Antragsrechten mit Drittwirkung, insb. im UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (1) Möglichkeit zur Änderung von Wahl- und Antragsrechten mit Drittwirkung . . . . . . . . . . . . . 175 (2) Besonderheit bei Wahlrechten im UmwStG . . . . . 177 c) Späterer Eintritt einer Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Bindungswirkung durch Ablauf einer zeitlichen Ausübungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 XIX

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bb) Übernahme zivilrechtlicher Vorschriften auf das Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (1) Zivilrechtliche Vorschriften zur Bindung an eine Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (2) Meinungsstand in Bezug auf verwaltungsrechtliche ­Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (3) Anwendung von § 130 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (4) Übernahme des § 183 BGB in das Steuerrecht . . . . 186 cc) Grundsatz der unbeschränkten Änderbarkeit der Wahl- oder Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 d) Besonderheiten beim Wechsel der Gewinnermittlungsart 189 aa) Möglichkeit zur Änderung der getroffenen Wahl . . . . 190 bb) Grundsätze über Wechsel der Gewinnermittlungsart 192 4. Verfahrensrechtliche Umsetzung einer Änderung . . . . . . . . 196 a) Änderungs- bzw. Widerrufserklärung des Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Außerbilanzielle Wahl- und Antragsrechte . . . . . . . . . . . . 196 aa) Änderung bzw. Widerruf während des Verwaltungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 bb) Situation im finanzgerichtlichen Verfahren sowie im ­Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof . . . . . . 197 cc) Berücksichtigungsmöglichkeit aufgrund einer Durchbrechung der Bestandskraft . . . . . . . . . . . . . . . . 197 dd) Durchbrechung der Bestandskraft durch die Änderung bzw. den Widerruf der Wahl- oder Antragsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (1) Eingreifen von § 173 Abs. 1 AO . . . . . . . . . . . . . . . 198 (2) Änderung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO . . . . . 199 c) Bilanzielle Wahl- und Antragsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 aa) Bilanzänderung zur abweichenden Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (1) Änderungs- bzw. Widerrufserklärung . . . . . . . . . . . 200 (2) Bilanzberichtigung oder -änderung . . . . . . . . . . . . . 201 (3) Voraussetzungen der Bilanzänderung . . . . . . . . . . . 202 bb) Besonderheiten bei GoB-konformen Wahl- und Antragsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 cc) Benachteiligung der bilanzierenden Steuerpflichtigen 205 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 III. Anfechtung einer Wahlrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Fehlen spezieller steuerlicher Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . 207 XX

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2. Situation in anderen Rechtsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Anfechtung zivilrechtlicher Willenserklärungen . . . . . . . 208 b) Anfechtbarkeit einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Anfechtung der steuerrechtlichen Wahl- oder Antragsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Zulässigkeit der Anfechtung einer Ausübungserklärung . 210 aa) Übertragbarkeit der zivilrechtlichen Grundsätze auf das Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 bb) Abwägung der gegensätzlichen Interessen zur Bestimmung der Reichweite der Anfechtungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 cc) Anfechtung einer unwiderruflichen oder befristeten Wahl- oder Antragsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Behandlung der verschiedenen Willensmängel im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 aa) Inhalts- und Erklärungsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 bb) Sonstige Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 cc) Einbeziehung des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 c) Besonderheiten bei Drittwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 d) Sonstige Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 e) Rechtsfolgen der Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 f) Zeitliche Grenze einer Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . 227 Anhang: Beispiele für steuerliche Wahl- und ­Antragsrechte im Sinne dieser Untersuchung I. EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. EStDV/EStR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 III. KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 IV. UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 V. UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 VI. Sonstige Wahl- und Antragsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 XXI

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Einleitung I. Untersuchungsziel 1. Thematische Einordnung Anders als in einigen anderen Bereichen des Verwaltungshandelns1 ist es im Steuerrecht anerkannt, dass eine Steuervereinbarung oder ein Steuer­ vertrag zwischen Steuerschuldner und Steuerverwaltung unzulässig ist.2 Dennoch verbleiben dem Steuerpflichtigen verschiedene Möglichkeiten, erheblichen Einfluss auf seine steuerliche Belastung nehmen zu können.3 So ist es ihm möglich, seine Steuerlast durch eine geschickte Sachver­ haltsgestaltung entscheidend zu verändern, da im Steuerrecht nur die ausdrücklich gesetzlich normierten Tatbestände relevant werden. Ge­ staltet der Steuerpflichtige seinen Sachverhalt folglich derart, dass er mit keinem gesetzlichen Tatbestand übereinstimmt, kann er hierdurch seine steuerliche Belastung verhindern oder zumindest reduzieren. Ein we­ sentliches Optimierungspotenzial bildet hierbei die Wahl der Rechts­ form der Unternehmung des Steuerpflichtigen.4 Grundsätzlich entsteht gemäß § 38 AO die gesetzlich angeordnete Steu­ erfolge mit Verwirklichung des steuerpflichtigen Sachverhaltes. Die hier­ nach regelmäßig erforderliche Festsetzung der Steuer hat rein deklarato­ rischen Charakter.5 Aufgrund des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung kann die einmal entstandene steuerliche Belastung auf Rechtsfolgenseite grundsätzlich nicht mehr von dem Steuerpflichtigen beeinflusst werden. Eine Möglichkeit des Steuerpflichtigen, seine steuerlichen Lasten nach der Verwirklichung des Sachverhaltes zu verändern, ist die Inanspruch­ 1 Beispiel hierfür ist etwa die grundsätzliche Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach §§ 54 ff. VwVfG. Siehe zu den konsensualen Handlungsmöglichkei­ ten der Verwaltung Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 66 ff., der je­ doch gleichzeitig eine umfassende Vertragsfreiheit der Verwaltung ablehnt, S. 272 ff. 2 Ständige Rechtsprechung seit RFH v. 20.10.1925 - II A 453/25, RStBl 1926, 190; RFH v. 25.05.1938 - VI 212/38, RStBl 1938, 626; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 132 m.w.N. für die h.M; weitergehend, insbesondere auch mit Ausführungen über die Grenzziehung zwischen zulässiger und unzulässiger Verständigung Seer, Ver­ ständigungen in Steuerverfahren. 3 Birk, NJW 1984, 1325. 4 Zu den Unterschieden in der Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalge­ sellschaften Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13 Rn. 4 ff. 5 BVerwG v. 26.04.1974 - VII C 30.72, BStBl II 1975, 317; Rüsken in: Klein, AO, § 155 Rn. 6 AO; speziell für die Einkommensteuer siehe etwa Ring in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, § 36 Rn. 12 EStG.

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Einleitung 

nahme von Beurteilungsspielräumen, durch die der Steuerpflichtige im Rahmen der Bewertung oder des Bilanzansatzes sein teilweise vorhande­ nes Ermessen in der für ihn günstigsten Weise ausüben kann. Anderer­ seits kann dem Steuerpflichtigen jedoch auch noch nach der eigentlichen Entstehung der Steuer im Bereich der steuerlichen Rechtsfolgen die Op­ tion gegeben werden seine Steuerlast zu beeinflussen. Dies erfolgt durch die Ausübung von steuerlichen6 Wahl- und Antragsrechten,7 mit denen sich diese Untersuchung im Folgenden tiefer gehend befassen soll. Hierbei wird der Schwerpunkt der Arbeit nicht auf der materiell-recht­ lichen Seite der Wahl- und Antragsrechte liegen, also der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Steuerpflichtige den Tatbestand der Wahloder Antragsnorm erfüllt und welche Wirkungen er durch deren Aus­ übung herbeiführen kann. Im Fokus dieser Untersuchung steht vielmehr die formelle Seite der Wahl- und Antragsrechte, genauer gesagt der Akt mit dem sie ausgeübt werden.8 2. Bisheriger Kenntnisstand An allgemeingültigen gesetzlichen Regelungen über die Voraussetzun­ gen des Ausübungsaktes fehlt es im deutschen Steuerrecht. Allenfalls zu einigen Wahl- und Antragsrechten existieren gesetzliche Regelungen in Bezug auf einzelne der hier zu untersuchenden Fragestellungen. Eine grundsätzliche und allgemeingültige Aussage zu den Voraussetzungen des Ausübungsaktes findet sich jedoch nicht. In der Literatur hat, von wenigen Ausnahmen abgesehen,9 bislang keine umfassende Behandlung der relevanten Problemfelder stattgefunden. Sie ist vielmehr, wie auch die Rechtsprechung, geprägt von Ausführun­ gen bzw. Entscheidungen zu einzelnen Problemen, insbesondere im ­Hinblick auf die zeitliche Grenze der Wahl- oder Antragsausübung.10 Zu anderen Fragestellungen gibt es dagegen fast gar keine11 oder nur verein­

6 Streng genommen müsste von „steuerrechtlichen“ Wahl- und Antragsrechten ge­ sprochen werden, siehe Hummel, FR 2010, 163, 166. § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG be­ zeichnet die Wahlrechte jedoch ausdrücklich als „steuerlich“, weshalb diese Be­ grifflichkeit im Folgenden weitergeführt werden soll. 7 Birk, NJW 1984, 1325, 1325. Zu den einzelnen steuerlichen Wahl- und Antrags­ rechten siehe die beispielhafte Aufzählung im Anhang an diese Bearbeitung. 8 Siehe hierzu den 2. Teil. 9 Soweit ersichtlich erstmals ausführlicher mit dieser Frage befasste sich Rönitz, ­StbJb 1980/1981, 359; siehe zudem auch die Dissertation von Roth, Steuerliche Wahlrechte. 10 Siehe hierzu die Darstellung der bisherigen Rechtsprechungs- und Literaturansich­ ten im 2. Teil unter IV.3. 11 Dies betrifft beispielsweise die Frage der veranlagungszeitraum-übergreifenden Bin­ dung an die Ausübung. Dazu im 3. Teil I.

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I. Untersuchungsziel

zelte Stimmen in der Literatur sowie Entscheidungen des Bundesfinanz­ hofs.12 Darüber hinaus ist die Rechtsprechung der verschiedenen Senate, die sich mit den formellen Voraussetzungen der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten befassen, in sich vielfach widersprüchlich. Während teil­ weise ohne nähere Begründung die entsprechende Anwendung von zi­ vilrechtlichen Grundsätzen auf die Ausübungserklärung bejaht wird,13 wird an anderer Stelle die Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften oder Grundsätze ohne stichhaltige Begründung abgelehnt, unter anderem Na­ men jedoch faktisch trotzdem angewendet.14 Dies ist insbesondere dann nicht hinzunehmen, wenn aufgrund der eigenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wesentliche Begründungselemente der übernomme­ nen zivilrechtlichen Grundsätze im Steuerrecht nicht greifen.15 Andere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs werden als „Präzisierung der Rechtsprechung“ bezeichnet, obwohl es sich inhaltlich um eine Kehrtwende in der Rechtsprechungslinie und damit um eine eindeutige Rechtsprechungsänderung handelt.16 In anderen Fällen wiederum baut der Bundesfinanzhof seine ständige Rechtsprechung auf unhaltbaren Ar­ gumenten auf.17 Eine wirklich klare – und vor allem überzeugende – Li­ nie ist in Rechtsprechung und Literatur somit leider nicht ersichtlich. Gleichzeitig haben steuerliche Wahl- und Antragsrechte eine enorme Be­ deutung in der Besteuerungspraxis. Es ist – insbesondere im Bereich der Ertragsteuern, aber auch bei der Umsatzsteuer – kaum eine Steuerfestset­ zung vorstellbar, in der nicht mindestens ein Wahl- und Antragsrecht zur Anwendung gekommen ist. Insbesondere im Rahmen der bilanziellen Gewinnermittlung ist deren Ausübung ein wesentlicher Bestandteil der Steuerbilanzpolitik und damit auch der steuerlichen Beratung. Aufgrund dessen ist es kaum hinnehmbar, dass die formelle Seite der Wahl- und Antragsausübung derart unklar ist. Wenn der Steuerpflichtige nicht si­ cher sein kann, wer zur Ausübung in welcher Form befugt ist, wie lange das entsprechende Recht ausgeübt, geändert oder widerrufen werden kann, und zuletzt auch die Frage, ob etwaige Willensmängel des Erklä­ 12 So etwa bei den Fragen der Anfechtbarkeit (3. Teil III.) und des potenziellen Erklä­ rungsbewusstseins (2. Teil I.4.c)bb)(2) - (4)). 13 So beispielsweise beim potenziellen Erklärungsbewusstseins, dazu der 2. Teil I.4.c) bb)(2) - (4). 14 Beispielhaft hierfür ist insbesondere die Anfechtung. Siehe hierzu den 3. Teil III.3.a) aa). 15 Nähere Ausführungen zur Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung zur Anfech­ tung und zum potenziellen Erklärungsbewusstsein im 2. Teil I.4.c)bb)(3). 16 Dazu im 2. Teil IV.3.b)cc). 17 So etwa die Rechtsprechung zur Verlängerbarkeit der fristmäßig an die Steuererklä­ rungsfrist gekoppelten Wahl- und Antragsrechte im 2. Teil IV.2.a)bb).

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renden berücksichtigt werden können, ist dies unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit und -sicherheit ein nicht zu tolerierender Zustand. Ziel dieser Untersuchung soll es infolgedessen sein, aus den vereinzelten gesetzlichen Regelungen, aus allgemeinen steuerrechtlichen Überlegun­ gen sowie aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu einzelnen Fragen für alle relevanten Problemfelder allgemeingültige Prinzipien für diejenigen steuerlichen Wahl- und Antragsrechte herauszuarbeiten, bei denen der Ausübungsakt gesetzlich nicht ausgestaltet wurde.

II. Gang der Untersuchung Zur Erreichung dieses Untersuchungsziels wird zunächst in einem ein­ führenden Teil die Begrifflichkeit des steuerlichen Wahl- und Antrags­ rechtes definiert18 und zu anderen, nicht von dieser Untersuchung erfass­ ten Konstellationen abgegrenzt.19 Hieran schließt sich ein Überblick über die verfassungsrechtliche Di­ mension der steuerlichen Wahl- und Antragsrechte an.20 Dabei wird ins­ besondere thematisiert, ob die verfassungsrechtliche Zulässigkeit sol­ cher Rechte aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung in Zweifel gezogen werden kann.21 Darüber hinaus wird auch die Vereinbarkeit von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten mit den einzelnen Ausprägungen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung zu untersuchen sein.22 Der zweite Teil der Arbeit beginnt in Kapitel I. mit der Herleitung der Rechtsnatur des Ausübungsaktes, also der Frage, ob es sich hierbei um eine Willens- oder eine Wissenserklärung handelt.23 Daran anschließend werden allgemeine Folgen dieser rechtlichen Einordnung für die Behand­ lung des Ausübungsaktes aufgezeigt. So stellt sich zunächst die Frage, ob die Finanzbehörden den Steuerpflichtigen bei der Ausübung der Wahlund Antragsrechte unterstützen und beraten müssen. Ebenso wird zu untersuchen sein, ob eine entsprechende Anwendung von zivilrecht­ lichen Regelungen bei Fehlen von spezifischen steuer- oder öffent­ lich-rechtlichen Regelungen grundsätzlich möglich ist.24 Hierbei wird insbesondere die Frage der Auslegung der Willenserklärung sowie die Frage des Zugangs der Erklärung relevant. Ist der Ausübungsakt als Wil­ 18 Siehe im 1. Teil unter I.1.a). 19 Hierzu im 1. Teil unter I.1.b). 20 1. Teil unter II. 21 1. Teil unter II.2. 22 1. Teil II.1. 23 2. Teil I.1. und 2. 24 2. Teil I.3.,4.a) und b).

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Einleitung 

renden berücksichtigt werden können, ist dies unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit und -sicherheit ein nicht zu tolerierender Zustand. Ziel dieser Untersuchung soll es infolgedessen sein, aus den vereinzelten gesetzlichen Regelungen, aus allgemeinen steuerrechtlichen Überlegun­ gen sowie aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu einzelnen Fragen für alle relevanten Problemfelder allgemeingültige Prinzipien für diejenigen steuerlichen Wahl- und Antragsrechte herauszuarbeiten, bei denen der Ausübungsakt gesetzlich nicht ausgestaltet wurde.

II. Gang der Untersuchung Zur Erreichung dieses Untersuchungsziels wird zunächst in einem ein­ führenden Teil die Begrifflichkeit des steuerlichen Wahl- und Antrags­ rechtes definiert18 und zu anderen, nicht von dieser Untersuchung erfass­ ten Konstellationen abgegrenzt.19 Hieran schließt sich ein Überblick über die verfassungsrechtliche Di­ mension der steuerlichen Wahl- und Antragsrechte an.20 Dabei wird ins­ besondere thematisiert, ob die verfassungsrechtliche Zulässigkeit sol­ cher Rechte aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung in Zweifel gezogen werden kann.21 Darüber hinaus wird auch die Vereinbarkeit von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten mit den einzelnen Ausprägungen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung zu untersuchen sein.22 Der zweite Teil der Arbeit beginnt in Kapitel I. mit der Herleitung der Rechtsnatur des Ausübungsaktes, also der Frage, ob es sich hierbei um eine Willens- oder eine Wissenserklärung handelt.23 Daran anschließend werden allgemeine Folgen dieser rechtlichen Einordnung für die Behand­ lung des Ausübungsaktes aufgezeigt. So stellt sich zunächst die Frage, ob die Finanzbehörden den Steuerpflichtigen bei der Ausübung der Wahlund Antragsrechte unterstützen und beraten müssen. Ebenso wird zu untersuchen sein, ob eine entsprechende Anwendung von zivilrecht­ lichen Regelungen bei Fehlen von spezifischen steuer- oder öffent­ lich-rechtlichen Regelungen grundsätzlich möglich ist.24 Hierbei wird insbesondere die Frage der Auslegung der Willenserklärung sowie die Frage des Zugangs der Erklärung relevant. Ist der Ausübungsakt als Wil­ 18 Siehe im 1. Teil unter I.1.a). 19 Hierzu im 1. Teil unter I.1.b). 20 1. Teil unter II. 21 1. Teil unter II.2. 22 1. Teil II.1. 23 2. Teil I.1. und 2. 24 2. Teil I.3.,4.a) und b).

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II.  Gang der Untersuchung

lenserklärung zu qualifizieren, stellt sich sodann die Frage, welche An­ forderungen an die subjektive Seite der Erklärung zu stellen sind.25 Dabei wird in Anlehnung an den üblichen zivilrechtlichen Aufbau des subjek­ tiven Tatbestandes der Willenserklärung die Notwendigkeit von Hand­ lungs-, Erklärungs- und Geschäftswille im Steuerrecht überprüft. Im 2. Teil ab Kapitel II. schließt sich die eigentliche Bearbeitung des erst­ maligen Ausübungsaktes der Wahl- und Antragsrechte an. Dabei wird zunächst die Frage gestellt, welche Person zur Ausübung eines steuerli­ chen Wahl- und Antragsrechtes befugt ist26 und ob sich diese bei der Aus­ übung des jeweiligen Rechtes vertreten lassen kann.27 Ein weiteres Pro­ blemfeld ergibt sich, wenn durch das Wahl- oder Antragsrecht nicht nur eine Person, sondern eine Personenmehrheit betroffen ist. Es stellt sich dabei die Frage, wer von den betroffenen Personen zur Ausübung befugt ist, ob die Ausübung gemeinsam vorzunehmen ist und ob bei einer beste­ henden Einzelbefugnis eine vorherige Abstimmung mit den übrigen Be­ troffenen stattzufinden hat.28 Unter III. im 2. Teil rückt die Form des Ausübungsaktes in den Fokus der Untersuchung. An gesetzlichen Regelungen zur Form des Erklärungs­ aktes fehlt es im Wesentlichen.29 Es ist somit zu durchleuchten, ob dies für die restlichen Wahl- und Antragsrechte eine grundsätzliche Formfrei­ heit bedeuten muss.30 Dabei wird auch zu überprüfen sein, welche quali­ tativen Anforderungen an den Erklärungsakt zu stellen sind, d.h. ob eine ausdrückliche Ausübung notwendig, oder auch eine konkludente Aus­ übung möglich ist.31 Zentraler Punkt im Rahmen der Ausführungen zur Form der Erklärung ist die Ausübung bilanzieller Wahlrechte in der Handels- und Steuerbi­ lanz.32 Nach einführenden Darlegungen zum Verhältnis von Handelsund Steuerbilanz33 wird untersucht, im Rahmen welcher Bilanz die Aus­ übung der verschiedenen Arten einkommensteuerrechtlicher Wahl- und Antragsrechte zu erfolgen hat.34 Im Anschluss daran ist kurz darzustel­ len, ob sich die im Einkommensteuerrecht gewonnenen Erkenntnisse auf andere Rechtsgebiete übertragen lassen.35 25 2. Teil I.4.c). 26 2. Teil unter II. 27 2. Teil unter II.1.b) - d). 28 Siehe hierzu den 2. Teil II.2.b). 29 Siehe III.1. im 2. Teil 30 2. Teil III.2. 31 2. Teil III.2.b). 32 2. Teil III.3. 33 2. Teil III.3.a). 34 2. Teil III.3.b) und c). 35 2. Teil unter III.3.d) und e).

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Einleitung 

Der letzte Abschnitt des 2. Teils wird sich mit der zeitlichen Dimension der Wahl- und Antragsausübung beschäftigen. Diese betrifft die Frage­ stellung, wie lange der Ausübungsbefugte, d.h. im Normalfall der Steuer­ pflichtige, die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes vornehmen kann. Hierzu werden nach einer kurzen Aufzählung der gesetzlich vor­ handenen Regelungen36 die Rechtsnatur der vorhandenen Fristen sowie die Folgen eines Fristversäumnisses dargestellt.37 Die Behandlung der ungeregelten Konstellationen beginnt mit einer Dar­ stellung der bisherigen Rechtsprechung sowie der bisherigen Literaturan­ sichten. Diese Darstellung teilt sich in die verschiedenen Phasen des Besteuerungsverfahrens auf um hieraus einen allgemeinen Grundsatz ableiten zu können,38 von dem Rechtsprechung und Literatur jedoch zahlreiche Ausnahmen zugelassen haben.39 Diese – bislang nahezu un­ umstrittene – herrschende Ansicht wird im Anschluss einer kritischen Analyse unterzogen. Im Rahmen dieser Stellungnahme wird versucht, einen eigenständigen Ansatz für die zeitliche Grenze der Wahl- und An­ tragsausübung zu entwickeln. Kernstück dieses Ansatzes ist dabei die von der herrschenden Ansicht abgelehnte Anwendbarkeit der Korrektur­ vorschrift des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auf die Ausübung von steuerli­ chen Wahl- und Antragsrechten.40 In einem 3. Teil wird es um die Zeit nach der erstmaligen Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes gehen. Erste untersuchte Fragestellung in Ka­ pitel I. wird dabei sein, ob der Steuerpflichtige auch ohne eine ausdrück­ liche gesetzliche Regelung41 an seiner erstmaligen Wahl in kommenden Veranlagungszeiträumen festhalten muss, oder ob er in jedem Veranla­ gungszeitraum neu über die für ihn vorteilhafteste Ausübung entschei­ den kann.42 Diese Untersuchung geht von dem im Handelsrecht gelten­ den Grundsatz der Stetigkeit aus und überprüft dessen Übertragbarkeit auf die Steuerbilanz durch die Anwendung des Maßgeblichkeitsgrund­ satzes nach Einführung des BilMoG.43 Sofern die handelsrechtliche Ste­ tigkeit über den Maßgeblichkeitsgrundsatz im Steuerrecht keine Anwen­ dung finden kann, müssen daran anschließend originär steuerrechtliche Ansätze ausgearbeitet werden, um hieraus eine Bindung an die frühere Ausübung ableiten zu können.44 36 2. Teil IV.1.a) und b). 37 2. Teil IV.2. 38 2. Teil IV.3.b). 39 2. Teil IV.3.c). 40 2. Teil IV.4. 41 Zu den vorhandenen Regelungen im 3. Teil I.1. 42 3. Teil I.2. 43 Hierbei ist die Anwendbarkeit in Bezug auf GoB-konforme sowie auf GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte gesondert zu überprüfen. Siehe hierzu im 3. Teil I.2.a). 44 3. Teil I.2.b).

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II.  Gang der Untersuchung

Von dieser Frage der veranlagungszeitraumübergreifenden Bindung ist das nächste Thema dieser Arbeit zu unterscheiden, die Möglichkeit, ein bereits ausgeübtes Wahl- oder Antragsrecht rückwirkend zu ändern bzw. zu widerrufen.45 Hierzu ist zunächst die abstrakte Frage zu behandeln, ob eine Ausübung von Wahl- und Antragsrechten überhaupt änderbar oder widerrufbar ist46 und ob für Wahl- und Antragsrechte mit Drittwirkung eventuell abweichende Grundsätze zu gelten haben.47 Im Anschluss ­daran geht es um die Herausarbeitung der für eine Änderung bzw. für ei­ nen Widerruf zu beachtenden zeitlichen Grenze, mit anderen Worten somit um den Eintritt einer Bindung an die getroffene Wahl.48 Hierbei wird mangels eigenständiger steuerrechtlicher Regelungen zunächst die Möglichkeit einer Übernahme von zivil- und verwaltungsrechtlichen Grundsätzen auf das Steuerrecht untersucht, um im Anschluss daran die Fragestellung anhand von Wertungen der Steuergesetze beantworten zu können. Eng verbunden mit der Zulässigkeit ist die Frage der Umsetzung einer möglichen Änderung bzw. eines möglichen Widerrufs. Für eine wirksame Änderung bzw. einen wirksamen Widerruf bedarf es zunächst einer Ände­ rungs- bzw. Widerrufserklärung des Steuerpflichtigen.49 Diese Erklärung führt jedoch nur dann zu der gewünschten Änderung der Steuerfestset­ zung, wenn die hierdurch ausgedrückte geänderte Wahl verfahrensrecht­ lich noch berücksichtigt werden kann. Diese Berücksichtigungsmög­ lichkeit wird für außerbilanzielle Wahl- und Antragsrechte anhand der einzelnen Phasen des Besteuerungsverfahrens zu untersuchen sein.50 Hiervon abweichende Besonderheiten für bilanzielle Wahl- und Antrags­ rechte könnten sich zum einen aus dem Erfordernis einer Bilanzände­ rung, zum anderen auch aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit erge­ ben.51 Zuletzt wird in Kapitel III. ein Augenmerk auf die Folgen von Willens­ mängeln des Steuerpflichtigen bei der Abgabe der Ausübungs-, Ände­ rungs- oder Widerrufserklärung gelegt.52 Mangels eigenständiger steuer­ rechtlicher Regelungen wird nach einem Blick in das Zivilrecht und das Öffentliche Recht53 die Übernahme der dort bestehenden Regelungen

45 3. Teil II. Zur Abgrenzung zum vorherigen Prüfungspunkt siehe insbesondere den 3. Teil II.1. 46 3. Teil II.3.b)aa). 47 3. Teil II.3.b)bb). 48 3. Teil II.3.c). 49 3. Teil II.4.a). 50 3. Teil II.4.b). 51 3. Teil II.4.c). 52 3. Teil III. 53 3. Teil III.2.

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Einleitung 

erwogen.54 Hierbei erlangt insbesondere die Frage Bedeutung, ob aus den Besonderheiten des Steuerrechts eventuell vom Zivilrecht abweichende Voraussetzungen an eine Anfechtung abgeleitet werden müssen.55 Im Anschluss hieran werden die Voraussetzungen einer Anfechtung der steuerlichen Ausübungserklärung herauszuarbeiten sein. Hierbei sind neben der Frage der beachtlichen Willensmängel56 und eventuellen sons­ tigen Voraussetzungen57 einer Anfechtung die Besonderheiten, die even­ tuell bei Wahl- und Antragsrechten mit Drittwirkung zu beachten sind, darzustellen.58 Schließlich werden die Rechtsfolgen einer wirksamen An­ fechtung der Ausübungs-, Änderungs- und Widerrufserklärung aufge­ zeigt.59

54 3. Teil III.3.a)aa). 55 3. Teil III.3.a)bb). 56 3. Teil III.3.b). 57 Hierzu zählt etwa die Anfechtungserklärung sowie die Einhaltung der Anfech­ tungsfrist. Siehe im 3. Teil III.3.d). 58 3. Teil III.3.c). 59 3. Teil III.3.e).

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1. Teil: Steuerliche Wahl- und Antragsrechte I. Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts Die Existenz von Wahl- und Antragsrechten im Steuerrecht führt dazu, dass der Steuerpflichtige in gewisser Weise als Richter in eigener Sache fungieren kann, schließlich kann er in bestimmten Fällen selber frei ­entscheiden, welche der vom Gesetzgeber vorgegebenen Rechtsfolgen der von ihm erfüllte Steuertatbestand verursachen soll.60 Diese Wirkung von Wahl- und Antragsrechten entspricht eigentlich nicht dem Wesen des Steuerrechts als Zwangsrecht,61 sodass diese, trotz ihrer Vielzahl, im Steuerrecht einen Fremdkörper darstellen.62 1. Begriff des steuerlichen Wahl- und Antragsrechtes a) Steuerliche Wahl- und Antragsrechte im Sinne dieser Untersuchung aa) Gleichstellung von Wahl- und Antragsrechten Nach der Definition des Duden ist eine Wahl die Entscheidung zwischen zwei oder mehr Möglichkeiten.63 Solche Wahlmöglichkeiten prägen das gesamte Wirtschaftsleben64 und somit auch das Steuerrecht, welches im Regelfall auf wirtschaftlichen Sachverhalten aufbaut.65 Die Bezeichnung als ein steuerliches Wahlrecht legt somit schon von der Begrifflichkeit her nahe, dass es sich hierbei um das Recht handeln muss, eine von meh­ reren Möglichkeiten nach eigenem Ermessen auswählen zu können.66 Nicht jede Entscheidungsfreiheit des Steuerpflichtigen ist jedoch ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht im Sinne dieser Untersuchung. Ein steuerliches Wahlrecht ist nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige nach Verwirklichung des Sachverhaltes67 – aber vor Feststellung der Steuer­ last68 – einen freien69 Einfluss darauf eingeräumt bekommt, welche der

60 Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6. 61 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 33; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417. 62 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 33; Weber-Grellet, StbJb 1994/1995, 97, 105; ähnlich Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 2. 63 Duden – Das Bedeutungswörterbuch. 64 Vgl. Schmalenbach, Kostenrechnung und Preispolitik, S. 129 („Jedes Wirtschaften ist ein Wählen“). 65 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 52. 66 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 7. 67 Werndl, ÖStZ 1997, 189, 191. 68 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 53. 69 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 6.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen auf den von ihm verwirklichten Steuersachverhalt Anwendung finden soll.70 Keineswegs eindeutig ist, ob zwischen den so definierten steuerlichen Wahlrechten sowie den steuerlichen Antragsrechten eine derartige Ähn­ lichkeit besteht, durch die es vertretbar erscheint, beide aufgrund ihrer Nähe zueinander einer gemeinsamen Untersuchung zu unterziehen und gemeinsame Grundsätze aufzustellen. Ein steuerlicher Antragstatbestand in diesem Sinne liegt vor, wenn schon die Anwendbarkeit einer gesetzli­ chen Vorschrift davon abhängig ist, dass der Steuerpflichtige zuvor durch eine ausdrückliche Antragstellung den entsprechenden Wunsch zur An­ wendung der Rechtsnorm zum Ausdruck gebracht hat.71 Unproblematisch ist die Vergleichbarkeit bei solchen Antragsrechten ge­ geben, bei denen das Gesetz die Antragstellung lediglich als besondere äußere Form für die Wahlrechtsausübung vorgesehen hat.72 In diesem Fall ist der Antrag bloßer Bestandteil eines steuerlichen Wahlrechtes,73 sodass ein solches Antragsrecht einem steuerlichen Wahlrecht gleichzu­ stellen ist. Bei den meisten Antragsrechten soll es jedoch an dem Vorliegen einer Wahl des Steuerpflichtigen fehlen. Bei diesen Antragsrechten gehe es für den Steuerpflichtigen nicht um die Wahl einer Rechtsfolge. Vielmehr soll die Antragstellung bei Vorliegen der Voraussetzungen stets vorzuneh­ men sein, da sich dies zumindest nie negativ auswirken könne.74 Inhalt dieser Antragsrechte sei somit nicht die Mitteilung einer Wahlentschei­ dung durch den Steuerpflichtigen, sondern allein die Übermittlung von objektiv feststellbaren Tatsachen an das Finanzamt, die zur Anwendung einer Steuerermäßigungsnorm führen können.75 Als Beispiel hierfür wird die Steuerermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG angegeben, die bis zum StÄndG 2001 noch von einem Antrag des Steuerpflichtigen abhängig war76 und sich nach der Rechtsprechung aufgrund des Sinn und Zwecks der Norm niemals zulasten des Steuerpflichtigen auswirken durfte.77 Fehlt es nach dieser Ansicht an dem Vorliegen einer Wahl, müsste als Konsequenz hieraus eine parallele Behandlung solcher Antragsrechte mit steuerlichen Wahlrechten verneint werden. 70 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1418; Kammann, StuW 1978, 108, 109. 71 Schick, StuW 1969, 361, 362; ähnlich Hirschfeld, DB 1962, 384. 72 So auch der die Gleichstellung eigentlich ablehnende Kummer, Steuerliche Wahl­ rechte, S. 29. 73 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 29. 74 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 30. 75 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 30. 76 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 31; zu dem Antragsrecht siehe etwa Lindberg in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 34 Rn. 11 EStG. 77 OFH v. 16.04.1947 - VI 3/46 S, StuW 1947, 314.

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I.  Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts

Die Aussage, dass in der Ausübung eines solchen Antragsrechtes keine Wahlentscheidung enthalten sei, kann jedoch nicht überzeugen. Richti­ gerweise kann der Steuerpflichtige in einem solchen Fall zumindest zwi­ schen der Anwendung und der Nichtanwendung der antragspflichtigen Rechtsnorm wählen.78 Unabhängig davon, ob diese für den Steuerpflich­ tigen im Regelfall vorteilhaft ist, muss er dies zunächst durch eine Aus­ wahl und Überprüfung der verschiedenen Varianten herausfinden und die für ihn vorzugswürdige Möglichkeit im Anschluss daran auswählen. Es mag Fälle geben, in denen der Steuerpflichtige aufgrund von Verlust­ verrechnungsmöglichkeiten oder aus sonstigen Gründen eine grundsätz­ lich steuermindernde Antragstellung vorerst unterlassen will, um somit durch die Möglichkeit der Verlustverrechnung seine steuerliche Belas­ tung noch stärker, zumindest aber auf andere Art und Weise zu reduzie­ ren. Der Steuerpflichtige entscheidet somit sowohl bei steuerlichen An­ tragsrechten als auch bei Wahlrechten willentlich, welche Rechtsfolge der von ihm verwirklichte Sachverhalt herbeiführen soll.79 Darüber hinaus steht es dem Steuerpflichtigen frei, ob er den entspre­ chenden Antrag stellen oder auf die Antragstellung verzichten will.80 Ein Zwangsmittel der Finanzverwaltung, um auf eine Antragstellung hin­ zuwirken, besteht nicht.81 Wendet die Finanzbehörde eine antragspflich­ tige Norm an, ohne dass der Steuerpflichtige den entsprechenden Antrag zuvor gestellt hat, ist die hieraus resultierende Steuerfestsetzung fehler­ haft und somit zumindest anfechtbar.82 All dies verdeutlicht, dass dem Steuerpflichtigen ein freies Wahlrecht darüber zusteht, ob er die antrags­ pflichtige Norm auf seinen Fall angewendet haben möchte. Steuerliche Antragsrechte setzen auch nicht auf Ebene des Sachverhaltes an, sondern nehmen erst dann Einfluss auf die Höhe der Besteuerung, wenn der Sachverhalt bereits vollständig verwirklicht ist. In der Antrag­ stellung kann folglich nicht wie oben behauptet eine bloße Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes gesehen werden. Es handelt sich viel­ 78 Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 42; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 20. 79 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 12. 80 BFH v. 29.08.1969 - VI R 235/67, BStBl II 1970, 33, Rn. 8 (Anmerkung: die bei Ge­ richtsentscheidungen zitierten Randnummern beziehen sich nachfolgend immer auf juris, sofern nicht bei neueren Entscheidungen das Bundessteuerblatt selbst Randnummern festlegt); Schick, StuW 1969, 361, 365; sogar der Verzicht auf einen bereits gestellten Antrag ist möglich, BFH v. 14.04.1993 - I R 120/91, BStBl II 1993, 739, Rn. 11. 81 Klemp, StuW 1972, 217, 218. 82 Eine Nichtigkeit kommt nur in besonders schwerwiegenden Fällen in Betracht, sie­ he etwa BVerwG v. 11.02.1966 - VII CB 149.64, DÖV 1966, 351, Rn. 7; Schick, StuW 1969, 361, 370 f.; Bulling, DÖV 1962, 378; allgemein zur fehlenden Willenserklä­ rung im öffentlichen Recht Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 308 ff. m.w.N.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

mehr – wie auch bei der Ausübung eines Wahlrechtes83 – um die Aus­ wahl des anzuwendenden Steuerrechts durch eine eigenständige öffent­ lich-rechtliche Willenserklärung.84 Sieht das Gesetz einen steuerlichen Antragstatbestand vor, so ist dieser folglich so eng mit den steuerlichen Wahlrechten verwandt,85 dass es ge­ rechtfertigt erscheint, in der nachfolgenden Untersuchung über die Art und Weise der Ausübung solcher Rechte beide gleich zu behandeln. Kein Antragstatbestand in diesem Sinne ist jedoch gegeben, wenn die Antragstellung erst dazu dient, das gesamte erstrebte Verfahren in Gang zu setzen86 und in dessen Folge eine eigenständige Entscheidung der Fi­ nanzbehörde zu bewirken.87 Die von dieser Untersuchung erfassten un­ selbstständigen Antragstatbestände setzen vielmehr voraus, dass der An­ trag nur die anzuwendenden Vorschriften im Rahmen eines bereits laufenden Verwaltungsverfahrens modifiziert und sich so auf das Ergeb­ nis der behördlichen Entscheidung auswirkt.88 Abschließend bleibt demnach festzuhalten, dass Gegenstand dieser Un­ tersuchung sowohl steuerliche Wahlrechte als auch unselbstständige steuerliche Antragsrechte sind. Somit sind all diejenigen Rechte erfasst, die an einen bereits verwirklichten Sachverhalt anknüpfen und den Steu­ erpflichtigen im Anschluss daran vor die Wahl stellen, sich zwischen zwei verschiedenen Rechtsfolgen zu entscheiden, oder ihm die Möglich­ keit der Wahl über die Anwendbarkeit einer bestimmten Rechtsnorm selbst zubilligen. bb) Beschränkung auf steuerliche Wahl- und Antragsrechte Die Beschränkung dieser Untersuchung auf steuerliche Wahl- und An­ tragsrechte führt dazu, dass Wahlrechte, die über den Maßgeblichkeits­ grundsatz aus dem Handelsrecht in das Steuerrecht übernommen wer­ den, in diesem jedoch keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden haben, nicht Gegenstand dieser Arbeit sein werden. In erster Linie sind somit solche Wahlrechte Gegenstand der Untersu­ chung, die ausschließlich im Steuerrecht bestehen (sog. GoB-widrige 83 Siehe hierzu nachfolgend im 2. Teil die Ausführungen I.1. und 2. 84 Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 43; Heuer, StbJb 1959/1960, 327, 394; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 12. 85 Das sieht auch der BFH so und differenziert folglich nicht zwischen Wahl- und An­ tragsrechten. Siehe etwa BFH v. 16.02.1994 - II R 18/92, BFH/NV 1994, 826, Rn. 12. 86 Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 362. 87 Sogenannter selbstständiger Antragstatbestand, Schick, StuW 1969, 361, 371. Ein Beispiel hierfür wäre der Antrag auf Steuerstundung nach § 222 AO. Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 362; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 86 Rn. 30 ff. AO. 88 Schick, StuW 1969, 361, 371.

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I.  Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts

Wahlrechte), so etwa das Wahlrecht zur Teilwertabschreibung bei vor­ aussichtlich dauernder Wertminderung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG, dem – soweit man es im Steuerrecht überhaupt als Wahlrecht anerkennt – im Handelsrecht eine Pflicht zur außerplanmäßigen Ab­ schreibung gegenübersteht (vgl. § 253 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 HGB). Darüber hinaus sind auch solche Wahl- und Antragsrechte erfasst, die sowohl im Steuerrecht als auch im Handelsrecht eine Regelung erfahren haben, so­ genannte GoB-konforme Wahlrechte89 (so etwa beim Wahlrecht zur Ab­ schreibung nach der Lifo-Methode, § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG, § 256 HGB90). Bei solchen GoB-konformen Wahlrechten bezieht sich die nachfolgende Untersuchung jedoch nur auf die steuerrechtliche Seite, die Ausübung im Handelsrecht wird nicht behandelt. cc) Kein Wahlrecht bei gesetzlicher Befolgungsanordnung Mit Einführung des § 3a Abs. 1 S. 2 EStG durch das SchädlStPraktG im Jahre 2017 wurde die Wahlfreiheit für Sanierungsfälle in gewissem Um­ fang abgeschafft und durch eine gesetzliche Befolgungsanordnung er­ setzt.91 Dies führt dazu, dass in Sanierungsfällen die in dieser Arbeit ge­ fundenen Grundsätze keine Anwendung finden, da eine freie Ausübung von Wahl- und Antragsrechten in diesen Fällen ausgeschlossen ist. Die steuermindernden Rechtsfolgen treten hier nicht aufgrund eines Willens­ entschlusses des Steuerpflichtigen, sondern aufgrund gesetzlicher An­ ordnung ein. b) Abgrenzung zu nicht von dieser Untersuchung erfassten ­Gestaltungsmöglichkeiten aa) Beurteilungsspielräume Gegenstand dieser Untersuchung sind nur solche Wahl- und Antrags­ rechte, die sich nach der vollständigen Verwirklichung des steuerpflich­ tigen Sachverhaltes auf Rechtsfolgenseite auf die Besteuerung auswir­ ken. Nicht erfasst ist somit zunächst einmal der Beurteilungsspielraum des Steuerpflichtigen bei Schätzungen über die Entwicklung von be­ stimmten Geschäftsvorgängen.92

89 Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 488 EStG mit Auflistung einiger GoB-konformer Wahlrechte; ebenso Korn in: Korn, EStG, § 5 Rn. 150.7 EStG. 90 Siehe zum Lifo-Wahlrecht Hüttemann/Meinert, Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz. 91 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 3a Rn. 34 EStG; Förster/Hechtner, DB 2017, 1536, 1542 nennen es eine „Wahlrechtsfestschreibung“. 92 Kammann, StuW 1978, 108, 113 f.; Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapi­ talgesellschaften, S. 53.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

Ein Beispiel hierfür ist die Bilanzierung von Rückstellungen für dem Grunde nach noch ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 5 Abs. 1 EStG, § 249 Abs. 1 S. 1 HGB.93 Eine Bilanzierung hat hierbei immer dann zu erfolgen, wenn eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit der Inan­ spruchnahme durch den Dritten besteht. Ob diese im Einzelfall gegeben ist – und ob somit eine Passivierung stattzufinden hat – entscheidet zu­ nächst der Steuerpflichtige nach pflichtgemäßem kaufmännischem Er­ messen anhand der objektiven, am Bewertungsstichtag vorliegenden Umständen.94 Diese Beurteilungsentscheidung unterliegt jedoch in vol­ lem Umfang der behördlichen und gerichtlichen Nachprüfung95 und steht damit dem Steuerpflichtigen nicht frei. Eine Beurteilungsentschei­ dung ist somit kein echtes Rechtsfolgenwahlrecht wie es dieser Untersu­ chung zugrunde liegen soll. Keine Beurteilungsspielräume, sondern steuerliche Wahlrechte im Sinne dieser Untersuchung sind allerdings die diversen Bewertungsspielräume des Steuerpflichtigen bei der Wertbemessung seiner Wirtschaftsgüter. Besteht hinsichtlich der Bewertung ein gewisser Spielraum, so ist in dem gewählten Ansatz die Ausübung eines Bewertungswahlrechtes zu sehen, welches dem Finanzamt durch die Steuerbilanz mitgeteilt wird.96 Die Abgrenzung zwischen einem Beurteilungsspielraum und einem ech­ ten Ansatzwahlrecht, welches ein Rechtsfolgenwahlrecht im Sinne die­ ser Untersuchung darstellt, erfolgt nach der Verortung des Ermessens. Bei einem Beurteilungsspielraum werden die trotz sorgfältiger Sachver­ haltsermittlung verbleibenden Unsicherheiten aufgrund einer Prognose entschieden, die daran anknüpfend eine zwingende Rechtsfolge auslöst. Liegt hingegen ein Ansatzwahlrecht vor, steht der Sachverhalt zwar ein­ deutig fest, der Steuerpflichtige kann jedoch über die Wahl des Ansatzes entscheiden, ob die eine oder die andere Rechtsfolge eintreten soll.97 bb) Sachverhaltsgestaltungen Ebenfalls von den Wahl- und Antragsrechten im Sinne dieser Untersu­ chung zu unterscheiden sind die verschiedenen Wahlmöglichkeiten des Steuerpflichtigen bei der Sachverhaltsgestaltung. Hierbei handelt es sich um grundsätzlich zulässige98 Gestaltungen des steuerlich abzubildenden Sachverhalts im Vorfeld der Besteuerungsfestsetzung. Ein Beispiel hier­ 93 Kammann, StuW 1978, 108, 113; Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapi­ talgesellschaften, S. 54. 94 BFH v. 16.07.1969 - I R 81/66, BStBl II 1970, 15, Rn. 10. 95 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 53; Kammann, StuW 1978, 108, 114. 96 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 15. 97 Kammann, StuW 1978, 108, 114. 98 BFH v. 20.10.1965 - II 119/62 U, BStBl III 1965, 697 Leitsatz 1.

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I.  Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts

für wäre – neben der oben bereits angesprochenen Wahl der Unterneh­ mensform – zum Beispiel die Frage, ob bestimmte steuerpflichtige oder steuerlich absetzbare Vorgänge noch vor oder erst nach dem Bilanzstich­ tag vorgenommen werden.99 Über die Verschiedenheit der beiden Konstellationen kann auch die Tat­ sache nicht hinwegtäuschen, dass für solche Sachverhaltsgestaltungen teilweise der Begriff des „faktischen Wahlrechtes“100 verwendet wird. Von der Ausübung eines steuerlichen Wahl- oder Antragsrechtes unter­ scheiden sie sich dadurch, dass sie auf Ebene des Tatbestandes, also im Vorfeld der Verwirklichung eines Besteuerungstatbestandes vorgenom­ men werden. Durch die geschickte Gestaltung des Sachverhaltes wird von vornherein nur ein steuerlich optimierter Besteuerungstatbestand – oder aber derselbe Tatbestand zu einem steuerlich günstigeren Zeit­ punkt – erfüllt, um die steuerliche Belastung möglichst im Sinne des Steuerpflichtigen zu beeinflussen. Bei der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten hingegen geht es um eine Veränderung der Rechtsfolge für einen bereits erfüllten Besteuerungssachverhalt. 2. Arten von Wahl- und Antragsrechten Es existiert im Steuerrecht eine unüberschaubar große Zahl von Wahlund Antragsrechten101 die zudem sehr verschiedenartig sind. Im Folgen­ den wird daher versucht, nach einer kurzen Befassung mit einigen in der Literatur bereits vorgebrachten Systematisierungsansätzen, zum Zwe­ cke dieser Untersuchung eine Einordnung der verschiedensten steuerli­ chen Wahl- und Antragsrechte in eine überschaubare Anzahl von klar abgrenzbaren Gruppen vorzunehmen, um im Hauptteil der Arbeit bei der Herausarbeitung von Grundsätzen an diese Gruppenbildung anknüpfen zu können. a) Bisherige Systematisierungsansätze aa) Gruppenbildung nach der Steuerart Eine Gruppenbildung kann zunächst nach der Steuerart vorgenommen werden, auf die sich das entsprechende Wahlrecht bezieht.102 Hiernach wäre eine Unterscheidung etwa in einkommensteuerliche oder umsatz­ steuerliche Wahl- und Antragsrechte vorzunehmen.

99 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 54. 100 Korn, USt-Kongreß-Bericht 1988/89, 15, 16; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1418. 101 Siehe etwa die beispielhafte Aufzählung im Anhang an diese Arbeit. 102 Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 69.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

bb) Gruppenbildung nach der Wirkung Die Möglichkeit einer genaueren Untergliederung in Gruppen bietet der vielfach vorgenommene Ansatz, die diversen steuerlichen Wahl- und An­ tragsrechte nach ihrer primären Wirkung zu ordnen.103 Durch die Ausübung von Zuordnungswahlrechten hat der Steuerpflichti­ ge die Möglichkeit, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zuzuord­ nen.104 Dies geschieht beispielsweise, indem einzelne Wirtschaftsgüter durch einen Widmungsakt dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeord­ net werden, sodass die hieraus folgenden Einkünfte zu den betrieblichen Einkünften zu rechnen sind, oder aber eine Zuordnung unterlassen wird und das Wirtschaftsgut im Privatvermögen verbleibt.105 In diese Katego­ rie fällt auch das Wahlrecht zur Betriebsverpachtung, durch das eine Zu­ ordnung von Einkünften entweder zur Vermietung und Verpachtung oder weiterhin zum Gewerbebetrieb erfolgen kann.106 Eine weitere Wirkung von Wahlrechten ist die Bestimmung der grund­ sätzlichen Art und Weise der steuerlichen Behandlung eines Vorgangs.107 Hierzu zählt insbesondere das Recht zur Wahl der Gewinnermittlungsart gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Insgesamt lässt sich diese Gruppe der Wahlrech­ te auch als Ermittlungswahlrecht bezeichnen.108 Bilanzielle Wahlrechte führen zu Rechtsfolgenalternativen des bilanzie­ renden Steuerpflichtigen im Rahmen seiner Bilanzerstellung. Hierbei ge­ ben ihm Bilanzansatzwahlrechte die Möglichkeit, über die Aufnahme eines Wirtschaftsgutes in die Bilanz zu entscheiden.109 Bei einem Be­ wertungswahlrecht hat der Steuerpflichtige einen Spielraum in Bezug auf die Frage, mit welchem Wert das Wirtschaftsgut – innerhalb des ge­ setzlich vorgegebenen Rahmens – in der Bilanz angesetzt werden soll.110 Mit einem Pauschalierungswahlrecht kann ein Bilanzansatz anstelle ei­ ner Individualisierung mit einer Pauschalierung vorgenommen wer­

103 Siehe hierzu etwa Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahl­ rechte, S. 20 ff.; Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 71 ff.; Weber-Grellet, StbJb 1994/1995, 97, 98. 104 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 22 f.; Rose, StbJb 1979/1980, 49, 64. 105 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 64. 106 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 23. 107 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 65 f. 108 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 23; ähnlich Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 5. 109 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 35; Birk, NJW 1984, 1325, 1326; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahl­ rechte, S. 24 f. 110 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 35; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 26 f.

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I.  Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts

den.111 Hierdurch kann es entweder zu einer Erleichterung der Berech­ nung für den Steuerpflichtigen und die Finanzbehörden kommen oder es resultieren hieraus sogar Steuerbetragsunterschiede.112 Ein Beispiel für ein solches Wahlrecht ist das Recht eines Arbeitnehmers durch den Ver­ zicht auf eine genaue Aufstellung seiner Werbungskosten den Werbungs­ kostenpauschbetrag des § 9a S. 1 Nr. 1a) EStG in Anspruch zu nehmen. Andere Wahlrechte wirken unmittelbar auf die Steuerbemessungsgrund­ lage ein. Die Ausübung eines solchen Steuerbefreiungs-, Steuervergüns­ tigungs- oder Steuerermäßigungswahlrechtes oder die Inanspruchnahme eines Freibetrages bewirkt eine unmittelbare Minderung der Steuerbe­ messungsgrundlage und somit auch der Steuerbelastung.113 Ebenfalls möglich ist die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten, durch die eine Verlagerung von Einkünften auf ein anderes Steuersubjekt ermöglicht wird.114 Als Beispiel hierfür ist insbesondere das Veranla­ gungswahlrecht von Ehegatten aus § 26 EStG zu nennen, durch das die zusammengerechneten Einkünfte der beiden Ehegatten gleichmäßig auf diese verteilt werden. Durch die Ausübung eines Periodenwahlrechtes hat der Steuerpflichtige einen Einfluss darauf, in welche Besteuerungsperiode ein von ihm ver­ wirklichter Steuertatbestand fallen soll.115 Dies ist zum einen in der Form möglich, dass auf Antrag des Steuerpflichtigen die Fälligkeit der entstandenen Steuerschuld direkt nach hinten verschoben wird,116 zum anderen aber auch indirekt, indem durch den Steuerpflichtigen eine zeit­ liche Zuordnung einer Steuerbemessungsgrundlage vorgenommen wer­ den kann, wodurch ein Besteuerungssachverhalt in einen anderen Veran­ lagungszeitraum fallen kann.117 Als letzte Gruppe gibt es noch Wahlrechte die sich unmittelbar auf den Steuertarif auswirken,118 so z.B. das Wahlrecht für die Besteuerung von 111 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 28; Rose, StbJb 1979/1980, 49, 58; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 5. 112 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 58. 113 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 29; Rose, StbJb 1979/1980, 49, 57. 114 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 62 f.; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuer­ licher Wahlrechte, S. 29; Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 72. 115 Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 74; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 31. 116 Das von Rose hierfür vorgebrachte Beispiel des Antrags auf Steuerstundung nach § 222 AO ist als selbstständiges Antragsrecht ohnehin kein Antragsrecht im Sinne dieser Untersuchung, siehe hierzu die Ausführungen unter 1.a)aa). 117 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 59 ff. 118 Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 71; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 32.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

außergewöhnlichen Einkünften nach § 34 Abs. 3 EStG oder die Pauschal­ besteuerung nach § 37b Abs. 1 EStG.119 cc) Gruppenbildung nach dem Normzweck Ein weiterer Ansatz ist es, die verschiedenen Wahl- und Antragsrechte nach dem Grund ihrer Einführung durch den Gesetzgeber einzugruppie­ ren. Zunächst sind hierbei die Vereinfachungswahlrechte zu nennen. Diese zielen darauf ab, im Fall der Bilanzerstellung die Anwendung einer ­kostenintensiven Bewertungsmethode in die Entscheidungsfreiheit des Steuerpflichtigen zu stellen.120 Die Entscheidung für die günstigere und weniger aufwendige Methode geht zwar regelmäßig mit einem Informa­ tionsverlust für die Bilanzleser einher. Dieser Informationsverlust kann jedoch bei weniger wichtigen Bilanzposten aufgrund des Prinzips der We­ sentlichkeit121 zu rechtfertigen sein.122 Andere Wahlrechte haben den Zweck, dem Steuerpflichtigen die Mög­ lichkeit zu geben, durch die Ausübung eines Wahlrechtes das sehr allge­ mein geregelte Steuerrecht an seinen speziellen Einzelfall anzupassen. Diese Anpassungswahlrechte verhindern eine gleichheitswidrige123 und unbillige124 Belastung des Steuerpflichtigen und dienen somit der Her­ stellung von Einzelfallgerechtigkeit.125 Eine weitere Gruppe sind die sogenannten Kompromisswahlrechte.126 Diese erlauben es dem Gesetzgeber, sich bei Unsicherheiten über die vor­ zugswürdige Lösung einer strittigen Frage eine eigene bindende Ent­ scheidung zu ersparen. Hierdurch hat dann zum Beispiel der Steuer­ pflichtige bei Bilanzansatzwahlrechten selber zu entscheiden, ob er eine bestimmte Bilanzposition in der Bilanz abbilden möchte.127 Diese Art von Wahlrechten gleicht diejenigen Unsicherheiten aus, die dadurch ent­ stehen, dass es dem Gesetzgeber nicht immer möglich ist, eine eindeuti­ ge, passende und insbesondere auch allgemeingültige Bilanzierungsrege­ lung für eine bestimmte Bilanzposition aufzustellen. Die Lösung dieses 119 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 32. 120 Bauer, BB 1981, 766, 768; Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesell­ schaften, S. 67. 121 Lück, Materiality in der internationalen Rechnungslegung, S. 13; Niehus, Wpg 1981, 1, 3 f., 6 f. 122 Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 51; Bauer, BB 1981, 766, 768. 123 Birk, NJW 1984, 1325, 1326. 124 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 68. 125 Bauer, BB 1981, 766, 768. 126 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 71; Siegel, HURB, S. 417, S. 420. 127 Birk, NJW 1984, 1325, 1326.

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I.  Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts

Bilanzierungsproblems erfolgt dann durch die Einräumung eines Kom­ promisswahlrechtes für den Steuerpflichtigen.128 Eine Vielzahl an Wahlrechten dient auch außersteuerlichen Zwecken. Diese sogenannten Subventionswahlrechte verfolgen zumeist wirtschaftsoder sozialpolitische Ziele, und sollen die wirtschaftlichen Aktivitäten der Steuerpflichtigen in eine bestimmte – vom Gesetzgeber als erstre­ benswert angesehene – Richtung lenken.129 dd) Gruppenbildung nach formellen Kriterien Eine andere Möglichkeit zur Gruppenbildung ist es, eine Zuordnung an­ hand von formalen Kriterien zu treffen. Hierbei bietet es sich an, jeweils zu einzelnen formellen Merkmalen Gruppen nach den verschiedenen denkbaren Varianten zu bilden. Eine Unterscheidung kann zunächst danach vorgenommen werden, ob die Ausübung des Wahlrechtes einem alleine oder mehreren gemeinsam zusteht.130 Ebenso ist eine Gruppenbildung danach möglich, ob das Wahloder Antragsrecht durch einen formgebundenen Antrag ausgeübt werden muss oder ob es formlos ausgeübt werden darf.131 Eine weitere Differen­ zierung nach formellen Kriterien ist die Gruppenbildung nach termin­ freien und termingebundenen Wahlrechten, d.h. nach der Frage, ob eine Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes von einer Frist abhängig ist oder aber dauerhaft vorgenommen werden kann.132 Ein anderer Ansatz unterscheidet danach, ob der Steuerpflichtige durch eine einmal getroffene Wahl später in vergleichbaren Fällen an diese frü­ here Wahlrechtsausübung gebunden ist (konstante Wahlrechte), oder ob er bei jeder Sachverhaltsverwirklichung frei über die zu treffende Wahl entscheiden darf (variable Wahlrechte).133 ee) Sonstige Ansätze zur Gruppenbildung Über diese verallgemeinerbaren Gruppen hinaus wurden vereinzelt noch weitere Unterscheidungen vorgenommen, die keiner übergeordneten Gruppe zugewiesen werden können. So wird vorgeschlagen danach zu differenzieren, ob der Steuerpflichtige ein Wahl- oder Antragsrecht bei Vorliegen der Voraussetzungen wegen seiner Vorteilhaftigkeit stets aus­ üben sollte (formelle Wahlrechte), oder ob eine echte Ermessensentschei­ 128 Bauer, BB 1981, 766, 768. 129 Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 53 ff.; Birk, NJW 1984, 1325, 1326; Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 69. 130 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 56. 131 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 56. 132 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 24 f. 133 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 23 f.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

dung des Steuerpflichtigen vonnöten ist, um herauszufinden, welche Möglichkeit die für ihn vorzugswürdige ist (materielle Wahlrechte).134 Eine Unterscheidung kann auch danach vorgenommen werden, ob die Wahlrechte gesetzlich verankert oder durch die Verwaltung und die Rechtsprechung eingeräumt worden sind.135 Eine weitere Möglichkeit der Systematisierung ist die Einteilung der Wahlrechte in verschiedene Phasen. Hierbei kann man zum einen an die Phasen anknüpfen, die der Steuerpflichtige während seiner Existenz durchläuft, zum anderen aber auch an die Phasen des Besteuerungsverfahrens.136 b) Würdigung der bisherigen Systematisierungsansätze Die Systematisierung der Wahl- und Antragsrechte nach den einzelnen Steuerarten liegt zwar der Übersicht halber der Aufzählung der Wahlund Antragsrechte im Anhang zugrunde. Sie ist jedoch darüber hinaus wenig differenziert und ermöglicht keinerlei Aussage darüber, wie eine Ausübung der entsprechenden Rechte auszusehen hat.137 Sie ist folglich für diese Arbeit als Systematisierungsansatz wenig zielführend und da­ her abzulehnen. Da es sich bei steuerlichen Wahl- und Antragsrechten um Rechtsfolgen­ wahlrechte handelt, müsste grundsätzlich auch eine Systematisierung von der Betrachtung der Rechtsfolge ausgehen.138 Da Rechtsfolge der Wahlrechtsausübung eine Beeinflussung der Besteuerung und somit die Herbeiführung einer steuerlichen Wirkung ist, wäre grundsätzlich die Gruppenbildung nach der Wirkung der vorzugswürdige Ansatz zur Syste­ matisierung der bestehenden Wahl- und Antragsrechte. Das Ziel dieser Untersuchung ist jedoch nicht die Darstellung der materiellen Wirkung der verschiedenen Wahl- und Antragsrechte, sondern die Ermittlung von gemeinsamen Ausübungsregelungen für solche Wahl- und Antragsrech­ te, deren gesetzliche Regelung keine Ausübungskriterien vorsieht. Eine Gruppenbildung nach der materiell-rechtlichen Wirkung ist somit für das konkrete Untersuchungsziel ebenfalls nicht weiterführend. Der Ansatz, der danach unterscheidet, ob das Wahl- oder Antragsrecht gesetzlich verankert ist oder durch die Verwaltung bzw. die Rechtspre­ chung eingeräumt wurde, bietet sich insbesondere für eine Untersu­ 134 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 19 ff. 135 Rose, StbJb 1979/1980, 49, 56. 136 Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 76 ff.; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenser­ klärungen Privater im Steuerrecht, S. 43. 137 Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 70; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenser­ klärungen Privater im Steuerrecht, S. 43; ebenfalls kritisch Belser, Verfassungs­ rechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 20. 138 So auch Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 43.

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I.  Wahl- und Antragsrechte im System des Steuerrechts

chung an, in der hauptsächlich eine verfassungsrechtliche Überprüfung von Wahl- und Antragsrechten vorgenommen wird,139 da dieses Kriteri­ um die Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung we­ sentlich beeinflusst. Die nachfolgende kurze Darstellung der verfas­ sungsrechtlichen Probleme von Wahl- und Antragsrechten im Steuerrecht folgt deshalb diesem Kriterium. Die verfassungsrechtliche Dimension der Wahl- und Antragsrechte ist allerdings kein Hauptbestandteil dieser Arbeit, sondern dient nur der Schaffung eines Gesamtüberblicks. Außer­ halb dieses kurzen Teils ist dieser Ansatz somit kein taugliches Differen­ zierungswerkzeug. Ebenso abzulehnen ist die Einordnung von Kummer in formelle und ma­ terielle Wahl- und Antragsrechte.140 Diesem Ansatz liegt sein oben be­ reits abgelehnter Gedanke zugrunde, dass eine Vielzahl der Antragsrech­ te gar keine Wahl beinhalten und somit nach seiner Ansicht formeller Natur sind. Nach meinem Verständnis des Begriffs der Wahl- und An­ tragsrechte liegt jedoch einem solchen stets eine echte Wahl zugrunde, sodass nach diesem Kriterium alle Wahlrechte materieller Art wären und dieser Systematisierungsansatz folglich leerliefe.141 Auch eine Unterteilung in verschiedene Phasen ist sehr undifferenziert und eine genaue Zuordnung zu nur einer Phase ist im Regelfall unmög­ lich, weshalb auch dieser Ansatz für eine Systematisierung ungeeignet ist.142 c) Zielorientierter, eigenständiger Systematisierungsansatz Alle oben aufgelisteten Systematisierungsansätze haben wie gerade dar­ gestellt gewisse Nachteile, wenn man sie an dem (Haupt-)Ziel dieser Un­ tersuchung messen will. Hieraus wird deutlich, dass sich die Gruppen­ bildung mehr an dem spezifischen Ziel dieser Untersuchung orientieren muss.143 Da es hier darum geht, auf formeller Ebene des Ausübungsaktes Grundsätze für die gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten Ausübungs­ voraussetzungen aufzustellen, muss auch die Gruppenbildung auf for­ meller Ebene ansetzen. Hierzu eignen sich auch die oben unter 2.a)dd) genannten formellen Kriterien. Diese gehen jedoch in ihrer Differenzie­ rung nicht weit genug und bedürfen daher einer Konkretisierung. Für eine Vielzahl an Prüfungspunkten relevant ist zunächst die Unter­ scheidung in bilanzielle und außerbilanzielle Wahl- und Antragsrechte. Dies vollzieht sich anhand der Frage, ob die Wahl- und Antragsrechte 139 Siehe unten unter II. 140 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 18 ff. 141 Hierzu oben 1.a)aa). 142 Gleicher Ansicht Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 77 ff. 143 So auch Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 79.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

(auch) in der Steuerbilanz, oder ausschließlich durch eine anderweitige Erklärung ausgeübt werden können.144 Für bilanzielle Wahlrechte ist da­ rüber hinaus noch eine Unterscheidung zwischen GoB-konformen, d.h. ebenfalls im Handelsrecht bestehenden Wahlrechten und GoB-widrigen, d.h. rein steuerlichen Wahlrechten erforderlich. Anhand ihrer Wirkung müssen Wahl- und Antragsrechte, die lediglich auf das Verhältnis von Finanzbehörde und Steuerpflichtigen bezogen sind, von denjenigen Wahl- und Antragsrechten unterschieden werden, denen Drittwirkung zukommt. Bei diesen werden neben den beiden oben genannten noch dritte Personen in ihrem Rechtskreis durch die Wahloder Antragsausübung berührt,145 sei es aufgrund der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug oder wegen der bilanziell anzusetzenden Werte. Zum Schutz des Dritten ist an einigen Prüfungspunkten zu überlegen, ob die Drittwirkung zu einer Einschränkung der Wahlfreiheit des Steuerpflich­ tigen führen muss. Nach diesen beiden allgemeinen Kriterien, die im Rahmen verschiedener Prüfungspunkte von Bedeutung sein werden, sind in den einzelnen Prü­ fungspunkten die Wahl- und Antragsrechte mit gesetzlich geregelten Be­ sonderheiten und diejenigen, die anhand der herauszuarbeitenden Grund­ sätze zu behandeln sind, voneinander abzugrenzen. Hiernach ist etwa danach zu unterscheiden, ob die Ausübung durch den Steuerpflichtigen bzw. durch andere Beteiligte zu erfolgen hat, oder ob die Erklärung form­ frei bzw. formbedürftig ist. In zeitlicher Hinsicht sind gesetzlich befriste­ te und unbefristete Wahl- und Antragsrechte zu unterscheiden. In Bezug auf die Bindung gibt es Wahl- und Antragsrechte, die frei änderbar bzw. widerrufbar sind, und solche, die entweder aufgrund gesetzlicher Anord­ nung unwiderruflich sind oder zu einer mehrjährigen Bindung an die ge­ troffene Wahl führen. 3. Auswirkung der Wahlrechtsausübung auf die Entstehung des Steueranspruchs146 Der Steueranspruch des Staates gegen den Steuerpflichtigen entsteht nach § 38 AO in dem Zeitpunkt, in dem der Tatbestand erfüllt ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. In den wichtigsten Einzelsteuer­ gesetzen, der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer sowie der Um­ satzsteuer entstehen die Steueransprüche somit nach Ablauf des Veran­

144 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 3, S. 35. 145 Zur Drittwirkung auch im 3. Teil unter II.3.b)bb). 146 Siehe vertiefend hierzu die Dissertation von Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs. Auf die spezifischen Probleme kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht weiter eingegangen werden.

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

lagungs- bzw. Voranmeldungszeitraums, in dem der Tatbestand erfüllt worden ist.147 Wie sich die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes auf den entstan­ denen Steueranspruch auswirken soll, war lange Zeit unklar.148 Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs149 und die übereinstimmenden Positionen in der Literatur150 ist diese Frage mittler­ weile jedoch geklärt worden. Es ist nunmehr anerkannt, dass die Aus­ übung eines Wahl- oder Antragsrechtes den Entstehungszeitpunkt des Steueranspruchs unberührt lässt.151 Die Ausübung führt vielmehr dazu, dass der bereits entstandene Steueranspruch rückwirkend in seiner Höhe verändert wird,152 sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen des Wahloder Antragsrechtes bereits zum Zeitpunkt der Entstehung des Steueran­ spruchs vorgelegen haben.153

II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten im Steuerrecht Die Existenz von Wahl- und Antragsrechten im Steuerrecht ist aus ver­ schiedenen Gründen verfassungsrechtlich zu beleuchten. Zum einen kann die Einräumung von Wahlmöglichkeiten für den Steuerpflichtigen mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung kollidieren. Hier­ bei ist insbesondere problematisch, dass manche Wahl- und Antragsrech­ te nicht gesetzlich normiert sind, sondern durch die Steuerverwaltung und die Rechtsprechung154 entwickelt wurden.

147 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 38 Rn. 13 AO; Schuster in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 38 Rn. 45 ff. AO. 148 Siehe hierzu Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steuer­ anspruchs, S. 65 ff. 149 Siehe etwa BFH v. 10.12.2008 - XI R 1/08, BStBl II 2009, 1026, Rn. 20; BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 18. 150 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 143; Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 38 Rn. 23 AO; Schuster in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 38 Rn. 29 AO. 151 Kruse, FS Tipke, 277, 292; Ratschow in: Klein, AO, § 38 Rn. 12 AO. 152 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 129; Schuster in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 38 Rn. 29 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 143, für nähere Ausführungen zur Bedeutung des Begriffs der Rückwirkung siehe die Seiten 98 ff. 153 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 38 Rn. 23 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahl­ rechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 143. 154 Siehe beispielsweise RFH v. 23.06.1933 - VI A 28/31, RStBl 1933, 1143; das Wahl­ recht zur Versteuerung der Veräußerung des Gewerbebetriebs nach laufenden Ren­ ten BFH v. 20.01.1971 - I R 147/69, BStBl II 1971, 302, Rn. 10; BFH v. 30.01.1974 - IV R 80/70, BStBl II 1974, 452, Rn. 18; sowie vor dessen gesetzlicher Normierung das Wahlrecht bei Betriebsverpachtungen, siehe hierzu etwa BFH v. 02.04.1957 - I

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

lagungs- bzw. Voranmeldungszeitraums, in dem der Tatbestand erfüllt worden ist.147 Wie sich die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes auf den entstan­ denen Steueranspruch auswirken soll, war lange Zeit unklar.148 Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs149 und die übereinstimmenden Positionen in der Literatur150 ist diese Frage mittler­ weile jedoch geklärt worden. Es ist nunmehr anerkannt, dass die Aus­ übung eines Wahl- oder Antragsrechtes den Entstehungszeitpunkt des Steueranspruchs unberührt lässt.151 Die Ausübung führt vielmehr dazu, dass der bereits entstandene Steueranspruch rückwirkend in seiner Höhe verändert wird,152 sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen des Wahloder Antragsrechtes bereits zum Zeitpunkt der Entstehung des Steueran­ spruchs vorgelegen haben.153

II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten im Steuerrecht Die Existenz von Wahl- und Antragsrechten im Steuerrecht ist aus ver­ schiedenen Gründen verfassungsrechtlich zu beleuchten. Zum einen kann die Einräumung von Wahlmöglichkeiten für den Steuerpflichtigen mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung kollidieren. Hier­ bei ist insbesondere problematisch, dass manche Wahl- und Antragsrech­ te nicht gesetzlich normiert sind, sondern durch die Steuerverwaltung und die Rechtsprechung154 entwickelt wurden.

147 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 38 Rn. 13 AO; Schuster in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 38 Rn. 45 ff. AO. 148 Siehe hierzu Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steuer­ anspruchs, S. 65 ff. 149 Siehe etwa BFH v. 10.12.2008 - XI R 1/08, BStBl II 2009, 1026, Rn. 20; BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 18. 150 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 143; Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 38 Rn. 23 AO; Schuster in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 38 Rn. 29 AO. 151 Kruse, FS Tipke, 277, 292; Ratschow in: Klein, AO, § 38 Rn. 12 AO. 152 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 129; Schuster in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 38 Rn. 29 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 143, für nähere Ausführungen zur Bedeutung des Begriffs der Rückwirkung siehe die Seiten 98 ff. 153 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 38 Rn. 23 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahl­ rechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 143. 154 Siehe beispielsweise RFH v. 23.06.1933 - VI A 28/31, RStBl 1933, 1143; das Wahl­ recht zur Versteuerung der Veräußerung des Gewerbebetriebs nach laufenden Ren­ ten BFH v. 20.01.1971 - I R 147/69, BStBl II 1971, 302, Rn. 10; BFH v. 30.01.1974 - IV R 80/70, BStBl II 1974, 452, Rn. 18; sowie vor dessen gesetzlicher Normierung das Wahlrecht bei Betriebsverpachtungen, siehe hierzu etwa BFH v. 02.04.1957 - I

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

Zum anderen kann es Probleme unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit der Besteuerung und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit geben. Durch die Existenz von Wahl- und Antragsrechten ist es möglich, dass zwei in der Sache vollkommen identische Steuerpflichtige durch eine unterschiedliche Wahlrechtsausübung ungleich belastet werden, oder aber zwei Steuerpflichtige mit zumindest vergleichbarem Sachverhalt unterschiedlich besteuert werden, weil nur einem von ihnen die Wahl offensteht.155 1. Vereinbarkeit mit der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung a) Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung Jeder steuerliche Zugriff auf das Vermögen eines Steuerpflichtigen be­ rührt diesen in dem Schutzbereich seiner Grundrechte.156 Um einen sol­ chen Eingriff zu rechtfertigen, bedarf es im Steuerrecht als Eingriffs­ recht157 stets einer gesetzlichen Grundlage.158 Darüber hinaus benötigen die Bürger in steuerlichen Belangen Rechtssicherheit,159 verlangen aber auch nach demokratischer Teilhabe an der Belastungsentscheidung.160 Auch diese Anliegen werden durch die Zuständigkeit des demokratisch legitimierten Parlaments für die Steuergesetzgebung abgesichert. Die Notwendigkeit eines Steuergesetzes ergibt sich zudem aus dem Bun­ desstaatsprinzip.161 Die Steuergesetze bestimmen maßgeblich die Höhe des staatlichen Steueraufkommens und somit auch die Haushalte der einzelnen Bundesländer. Über die Finanzverfassung des Art. 106 GG be­ darf es daher einer Beteiligung der Länder an einem formellen Gesetzge­ bungsverfahren.

53/56 U, BStBl III 1957, 273, 274; BFH Großer Senat v. 13.11.1963 - GrS 1/63 S, BStBl III 1964, 124, 127; Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 465. 155 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 46 f. 156 Vgl. etwa BVerfG v. 25.09.1992 - 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, Rn. 64; Kirchhof in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Band V, § 118 Rn. 80; Jochum, FS Kirchhof, Band II, 1611. 157 Barke, DStZ 2015, 302; Hummel, FR 2010, 163, 166; Hensel, Steuerrecht, S. 3. 158 Vogel/Waldhoff, Grundlagen des Finanzverfassungsrechts, Rn. 477, siehe auch die näheren Erläuterungen zum Grundrechtseingriff in Rn. 565 ff.; Kirchhof in: Isen­ see/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Band V, § 118 Rn. 80; Kirchhof, FS Kruse, 17, 18. 159 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 120; ähnlich Ossenbühl in: Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Band V, § 101 Rn. 42. 160 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 120; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 231. 161 Kirchhof, StuW 1975, 357, 365; Kirchhof in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Band 4 (2. Auflage), § 88, Rn. 42; Kirchhof, FS Kruse, 17, 18; zustim­ mend Vogel/Waldhoff, Grundlagen des Finanzverfassungsrechts, Rn. 477.

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

Im geltenden Verfassungsrecht in Deutschland ist der Grundsatz der Ge­ setzmäßigkeit der Besteuerung nicht unmittelbar verankert,162 er kann jedoch aus Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2, 20 Abs. 2, Abs. 3 GG abgeleitet werden.163 Zudem hat die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung einfachgesetzlichen Niederschlag in den §§ 3 Abs. 1, 38 AO164 gefunden, er ist mithin im gesamten deutschen Steuerrecht zwingend zu beach­ ten.165 b) Ausprägungen und Reichweite des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung beinhaltet zunächst den Vorbehalt des Gesetzes. Dieser verlangt, dass der Staat dem Bürger steuerliche Lasten nur durch eine gesetzliche – und zudem hinreichend bestimmte – Regelung auferlegen darf. Daneben tritt der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, wonach die Festsetzung der Steuer erst dann erfolgen darf, aber auch muss, wenn der gesetzliche Steuertatbestand erfüllt ist. Würde man den Gesetzesvorbehalt im Steuerrecht alleine aus den Grund­ rechten der Betroffenen ableiten, so spräche dies für eine Anwendung ausschließlich auf Steuerbelastungsnormen.166 Neben dem Schutz der Grundrechte des Steuerpflichtigen wurzelt der Gesetzesvorbehalt jedoch auch im Rechtsstaats-, Bundesstaats- und Demokratieprinzip. Dies hat zur Folge, dass auch Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen vom Gesetzesvorbehalt erfasst sein müssen.167 Steuerliche Wahl- und An­ tragsrechte unterliegen somit stets dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung.168 162 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 49; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 126; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 232. 163 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 126 f.; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 49; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 232; Papier, Gesetzesvorbehalte und Demokratieprinzip, S. 92, S. 95; anders das BVerfG v. 16.01.1957 - 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32, 43, dass den allgemeinen Gesetzesvorbehalt allein aus rechtsstaatlichen Erwägungen ableitet. 164 Vgl. hierzu den Wortlaut des § 3 AO: „Steuern sind Geldleistungen, die […] allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leis­ tungspflicht knüpft“, den ähnlichen Wortlaut des § 38 AO sowie Belser, Verfas­ sungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 47. 165 So auch das BVerfG v. 24.01.1962 - 1 BvR 232/60, BVerfGE 13, 318, Rn. 29, dass in Anlehnung an Bühler/Strickrodt, Allgemeines Steuerrecht, S. 658 vom „Diktum des Gesetzgebers“ spricht; Kirchhof, FS Kruse, 17, 18. 166 Papier, Gesetzesvorbehalte und Demokratieprinzip, S. 117. 167 Papier, Gesetzesvorbehalte und Demokratieprinzip, S. 119; Tipke, Die Steuer­ rechtsordnung Band 1, S. 129. 168 Dies gilt unabhängig davon, ob man mit Belser, Verfassungsrechtliche Zulässig­ keit steuerlicher Wahlrechte, S. 50 f., auch „Steuervergünstigungswahlrechte“

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

c) Vorbehalt des Gesetzes Nach dem Vorbehalt des Gesetzes bedarf die Auferlegung von steuerli­ chen Lasten auf den Bürger einer gesetzlichen Grundlage.169 Übertragen auf die hier zu behandelnden steuerlichen Wahl- und Antragsrechte be­ deutet dies, dass die verschiedenen Wahlmöglichkeiten ebenfalls einer gesetzlichen Verankerung bedürfen.170 Wenn jedoch für das Steuerrecht nach § 4 AO als Gesetz jede Rechtsnorm anzusehen ist, bleibt es zu über­ prüfen, auf welcher Normebene ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht geregelt sein muss, um dem Vorbehalt des Gesetzes aus verfassungs­ rechtlicher Sicht genügen zu können. Dem Gesetzesvorbehalt wird unzweifelhaft genüge getan, wenn die ent­ sprechende Regelung durch ein formelles Parlamentsgesetz erfolgt.171 Auch eine Konkretisierung der formellen Steuergesetze durch Rechtsver­ ordnungen ist unter den zusätzlichen Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zulässig.172 Hiernach ist es erforderlich, dass das formelle Gesetz selbst die wesentlichen Merkmale des Steuertatbestandes, wie beispiels­ weise das Steuersubjekt, das Steuerobjekt, die Steuerbemessungsgrund­ lage sowie den Steuersatz, festlegt.173 Werden diese Voraussetzungen ein­ gehalten, ist die Einräumung eines steuerlichen Wahl- und Antragsrechtes durch Rechtsverordnung auch dann zulässig, wenn die Ermächtigungs­ norm dies nicht ausdrücklich vorsieht.174

wegen der Mitwirkungspflichten, der Gefahr der falschen Wahl sowie der Unge­ wissheit bezüglich künftiger Steuerperioden im Ergebnis stets als eine belastende Regelung ansieht. 169 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 233; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 128. 170 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 65; Ein Ver­ stoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes kann insbesondere auch nicht darin gese­ hen werden, dass das Gesetz keine zwingende Rechtsfolgenentscheidung trifft. Dem Vorbehalt des Gesetzes wird genüge getan, wenn der Gesetzgeber den Sach­ verhalt und die möglichen Rechtsfolgen gesetzlich vorgibt, so Barke, DStZ 2015, 302, 304. Barke weist zudem richtigerweise darauf hin, dass auch bei der Einräu­ mung von Rechtsfolgenermessen der Behörde im Eingriffsrecht ein Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes nicht angenommen wird. Bei einem Wahlrecht wird lediglich die Person des Entscheidenden getauscht. 171 Kirchhof, FS Kruse, 17, 26; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 128. 172 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 129; Wernsmann in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 4 Rn. 666 AO; Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 4 Rn. 54 AO; speziell im Hinblick auf Wahlrechte siehe Belser, Verfassungsrechtli­ che Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 70 f. 173 So etwa zuletzt BVerfG v. 05.11.2014 - 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350, Rn. 38; Wernsmann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 4 Rn. 667 AO; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 128 m.w.N. 174 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 71; siehe beispielsweise die Wahlrechte der §§ 81 ff. EStDV.

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

Verwaltungsvorschriften sind im Unterschied zu Rechtsverordnungen verwaltungseigene Regelungen, die von einer übergeordneten Stelle an die ihr nachgeordneten Behörden gerichtet sind.175 Sie beruhen nicht auf einer entsprechenden Ermächtigung durch den parlamentarischen Ge­ setzgeber176 und genügen somit dem Gesetzesvorbehalt grundsätzlich nicht.177 Nach dem Gesetzesvorbehalt sind dem Gesetzgeber allerdings nur die wesentlichen Entscheidungen übertragen.178 Unterhalb dieser Schwelle ist auch eine Regelung durch die Exekutive mit dem Gesetzesvorbehalt vereinbar.179 Dies gilt – für die ebenfalls grundrechtsgebundene Verwal­ tung – auch im Steuerrecht, sofern das Gesetz selbst eine Verfassungs­ aussage nicht hinreichend verdeutlicht180 und die Verwaltungsregelung im Rahmen des geltenden Rechts bleibt.181 Im Falle der Einräumung von Wahl- und Antragsrechten an den Steuerpflichtigen kann dies jedoch nicht gelten, da die hieraus entstehende Verletzung des Leistungsfähig­ keitsprinzips – und folglich auch des grundrechtlich verankerten Gleich­ heitssatzes – stets als wesentlich anzusehen ist, sodass sie sich nicht al­ leine aufgrund von Verwaltungsvorschriften rechtfertigen lässt.182 Gleichwohl lässt sich die Schaffung von steuerlichen Wahl- und Antrags­ rechten durch die Verwaltung in Ausnahmefällen zum Zwecke der Rechtsfortbildung rechtfertigen, die sich jedoch stets im Rahmen der vorhandenen Gesetze bewegen muss.183 Unter den verschiedenen Mög­ lichkeiten184 einer Rechtsfortbildung ist die Einräumung eines Wahloder Antragsrechtes aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oftmals sogar

175 Erichsen, FS Kruse, 39, 40; zur Bindung für die nachgeordnete Behörde siehe etwa BFH v. 07.11.1975 - III R 120/74, BStBl II 1976, 277, Rn. 22. 176 Ossenbühl in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Band V, § 104 Rn. 19, Rn. 76 ff. 177 Wernsmann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 4 Rn. 671 AO; Ossenbühl in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Band V, § 104 Rn. 12 f.; Kirchhof, FS Kruse, 17, 26. 178 So etwa BVerfG v. 06.12.1972 - 1 BvR 230/70, 1 BvR 95/71, BVerfGE 34, 165, Rn. 103 ff.; Kirchhof, FS Kruse, 17, 27; zum Begriff der Wesentlichkeitslehre siehe Oppermann, Verhandlungen des 51. Deutschen Juristentages Gutachten C, 51. 179 Wernsmann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 4 Rn. 671 ff. AO. 180 Kirchhof, StuW 1975, 357, 366; so auch Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 74; Wernsmann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 4 Rn. 671 ff. AO. 181 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 237. 182 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 236. 183 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 237; Belser, Verfassungsrechtliche Zuläs­ sigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 74 ff.; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6; so auch Möllinger, DStJG 5 (1982), 339, 354, der aus dem Verfassungsauftrag zum Geset­ zesvollzug sogar eine Pflicht der Verwaltung zur Ausfüllung von Lücken ableitet. 184 Zu nennen wäre hier beispielsweise noch die Analogie.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

vorrangig zu wählen, da es sich hierbei für den Steuerpflichtigen um das mildeste zur Verfügung stehende Mittel handelt.185 Dieselben Grundsätze – also die ausnahmsweise Anerkennung einer Be­ fugnis zur Begründung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten im Wege der Rechtsfortbildung – haben auch für die steuerrechtsprechenden Gerichte zu gelten.186 Mit dem Vorbehalt des Gesetzes vereinbar ist so­ mit letzten Endes sowohl die Begründung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten durch formelles Gesetz und Rechtsverordnung als auch durch Verwaltungsvorschrift und Rechtsprechung zum Zwecke der Rechtsfortbildung. d) Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung Problematisch ist die Einräumung von steuerlichen Wahl- und Antrags­ rechten auch in Bezug auf den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung. Dieser verlangt, dass eine Besteuerung erst bei Erfüllung eines Besteuerungstatbestandes stattzufinden hat, dann jedoch auch zwingend stattfinden muss.187 Hierin liegt auch ein wesentlicher Be­ zugspunkt des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung mit dem Gleichheitsgrundsatz, da die stetige Anwendung des Gesetzes bei Tatbestandserfüllung eine Rechtsanwendungsgleichheit und somit eine Gleichheit der Besteuerung zur Folge hat.188 Wird dem Steuerpflichtigen durch die Einräumung eines Wahl- oder An­ tragsrechtes die Möglichkeit gegeben, die Besteuerung trotz eines abge­ schlossenen Sachverhalts noch abzuwenden oder zumindest abzuändern, liegt hierin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßig­ keit der Besteuerung und insbesondere gegen das hierdurch bezweckte Gleichbehandlungsgebot.189 Ein solcher Verstoß bedarf zu seiner Verfas­ sungsmäßigkeit einer besonderen sachlichen Rechtfertigung.190

185 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 78. 186 Martens, DStJG 5 (1982), 165, 177 f.; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 74. 187 Kammann, StuW 1978, 108, 109; Birk, StuW 1989, 212, 213. 188 Birk, StuW 1989, 212, 213. 189 Kammann, StuW 1978, 108, 109; Birk, StuW 1989, 212, 213. 190 Schick, StuW 1969, 361, 363; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 26; so auch für das ver­ gleichbare österreichische Recht Werndl, ÖStZ 1997, 189, 191; näher zu den Rechtfertigungsmöglichkeiten unten im 1. Teil unter II.2.c); gegen ein Rechtferti­ gungsbedürfnis Barke, DStZ 2015, 302, 305. Dieser argumentiert, dass der Grund­ satz der Tatbestandsmäßigkeit dem Schutz des Bürgers vor Willkür der Finanzbe­ hörden diene und somit durch steuerliche Wahl- und Antragsrechte schon gar nicht berührt wird. Eine solche Eindimensionalität der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung überzeugt jedoch nicht.

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

e) Bestimmtheitsgrundsatz Ein weiterer Bestandteil des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ist der Bestimmtheitsgrundsatz. Hiernach müssen Steuer­ tatbestände nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß so bestimmt sein, dass der jeweilige Steuerpflichtige die von ihm geschuldete Steuer selbst berechnen kann.191 Neben dieser Vorhersehbarkeit der steuerli­ chen Belastung für den Steuerpflichtigen soll der Bestimmtheitsgrund­ satz den Handlungsspielraum der Finanzverwaltung und der Gerichte einschränken.192 Ein freies Ermessen der Verwaltung aufgrund einer „va­ gen Generalklausel“ wäre mit diesem Grundsatz unvereinbar.193 Steuerliche Wahl- und Antragsrechte überlassen die Bestimmung der Rechtsfolge des erfüllten Steuertatbestandes der Wahl des Steuerpflichti­ gen und sind somit auf Rechtsfolgenseite unbestimmt. Dies erscheint zunächst einmal als Verstoß gegen den Grundsatz der Bestimmtheit steuerlicher Normen.194 Obliegt dem Steuerpflichtigen selbst jedoch die Wahl zwischen den möglichen Rechtsfolgen, so ist der staatliche Eingriff für ihn immer dann vorhersehbar, wenn die einzelnen möglichen Rechts­ folgen als solche wiederum ausreichend berechenbar sind.195 Ebenso wie die Bestimmtheit196 ist jedoch auch eine Berechenbarkeit nicht in vollem Umfang erforderlich.197 Ein gewisser Grad an mangelnder Berechenbarkeit der Wahlmöglichkeiten, der insbesondere bei mehrjäh­ riger Bindung an die Entscheidung entstehen kann, ist vor dem Hinter­ grund des Bestimmtheitsgrundsatzes und der Ungenauigkeit der Rechts­

191 BVerfG v. 12.11.1958 - 2 BvL 4/56, 2 BvL 26/56, 2 BvL 40/56, 2 BvL 1/57, 2 BvL 7/57, BVerfGE 8, 274, Rn. 193; BVerfG v. 14.12.1965 - 1 BvR 571/60, BVerfGE 19, 253, Rn. 44; ebenso Paulick, Steuerrecht, Rn. 136; Bühler/Strickrodt, Allgemeines Steuerrecht, S. 217. 192 BVerfG v. 03.03.2004 - 1 BvF 3/92, BVerfGE 110, 33, Rn. 105 ff.; Hey in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 243; Bühler/Strickrodt, Allgemeines Steuerrecht, S. 217 m.w.N. 193 BVerfG v. 12.11.1958 - 2 BvL 4/56, 2 BvL 26/56, 2 BvL 40/56, 2 BvL 1/57, 2 BvL 7/57, BVerfGE 8, 274, Rn. 194. 194 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 54. 195 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 54; Diese Anforderungen werden im gesetzlichen Regelfall, den einfach gestalteten Steuer­ vergünstigungswahlrechten, grundsätzlich erfüllt. Dazu Roth, Steuerliche Wahl­ rechte, S. 10. 196 BVerfG v. 03.03.2004 - 1 BvF 3/92, BVerfGE 110, 33, Rn. 105 ff.; Grzeszick in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 58 ff. GG, für das Steuerrecht als Eingriffsrecht ins­ besondere Art. 20 Rn. 65 f. GG; Vogel/Waldhoff, Grundlagen des Finanzverfas­ sungsrechts, Rn. 482; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 138. 197 BVerfG v. 10.10.1961 - 2 BvL 1/59, BVerfGE 13, 153, Rn. 23; Belser, Verfassungs­ rechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 64; ähnlich auch Hey in: Tip­ ke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 246.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

sprache198 nicht zu beanstanden, zumal diese Unsicherheiten oftmals Folge der Prognoseungenauigkeiten über künftige Entwicklungen sind.199 Ein Bestimmtheitsverstoß liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Voroder Nachteilhaftigkeit der möglichen Rechtsfolgen schlechthin unkal­ kulierbar ist.200 Eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes durch die Einräumung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten liegt somit – mit Ausnahme von absoluten Härtefällen – nicht vor. 2. Verletzung der Gleichheit der Besteuerung a) Herleitung Ein weiteres wesentliches Prinzip und Hauptprüfungsmaßstab zur Beur­ teilung der Verfassungsmäßigkeit von Steuergesetzen ist Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung.201 Die große Bedeutung dieses Grundsatzes liegt insbesondere darin, dass Gleichheit ein entscheidendes Kriterium für Gerechtigkeit ist.202 Abgeleitet wird der Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung – nach Abschaffung des steuerspezifischen Gleichheits­ satzes in Art. 134 WRV203 – aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.204 Über Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG ist auch der Gesetz­ geber an den Gleichheitssatz gebunden.205

198 Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 5; Werndl, ÖStZ 1997, 189, 191; Tipke, Die Steuer­ rechtsordnung Band 1, S. 143. 199 Die mit einer Prognoseentscheidung verbundenen Unsicherheiten treten auch ­außerhalb von Wahl- und Antragsrechten auf und sind ein allgemeines – und hin­ zunehmendes – Risiko des Steuerpflichtigen, Barke, DStZ 2015, 302, 305. 200 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 63 f.; in­ haltlich gleich etwa Birk, NJW 1984, 1325, 1326, der eine Verfassungswidrigkeit nur bei „Unberechenbarkeit“ annimmt; sowie Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 244, die nur bei „Unbestimmbarkeit“ einen Verstoß annimmt. 201 Erläuternd etwa Isensee, StuW 1994, 3, der die Gleichheit als entscheidendes Kri­ terium für die Akzeptanz einer Steuer zugunsten der Allgemeininteressen durch den Bürger ansieht; Tipke, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, S. 23 f.; ders., Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 290 m.w.N. für ähnliche Überlegungen in ausländischen Steuerrechtsordnungen; Vogel/Waldhoff, Grundlagen des Finanz­ verfassungsrechts, Rn. 500. 202 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 284 m.w.N.; so auch Schmidt in: Mül­ ler-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, Art. 3 Rn. 1 GG. 203 Art. 134 WRV lautete: „Alle Staatsbürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei.“ 204 BVerfG v. 03.07.1973 - 1 BvR 368/65, 1 BvR 369/65, BVerfGE 35, 324, Rn. 27; ­BVerfG v. 17.01.1957 - 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55, Rn. 47 f.; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 110. 205 BVerfG v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14, Rn. 137; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 110; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, S. 4.

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

b) Inhalt des steuerrechtlichen Gleichheitssatzes Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG – und somit auch der Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung – verlangt von der gesam­ ten Staatsgewalt, dass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behan­ delt wird.206 Als Teilaspekte fordert er zum einen die gleichmäßige An­ wendung bestehender Steuergesetze durch Exekutive und Judikative (sog. Rechtsanwendungsgleichheit), zum anderen aber auch die am Wer­ tesystem des Grundgesetzes orientierte gerechte Steuergesetzgebung (sog. Rechtsetzungsgleichheit).207 Wonach die Gleichheit im Einzelfall zu bemessen ist muss bereichsspezifisch herausgearbeitet werden,208 wobei sich der gewählte Vergleichsmaßstab im Rahmen der Gerechtigkeitswer­ tungen bewegen muss.209 Im Steuerrecht ist anerkannt, dass Verteilungsgerechtigkeit anhand des Leistungsfähigkeitsprinzips zu ermitteln ist.210 Dieses bedarf als obers­ tes211 – jedoch bloß allgemeines – Rechtsprinzip des Steuerrechts einer weiteren Konkretisierung durch Unterprinzipien, Legislativakte, Judika­ tur und wissenschaftliche Dogmatik.212 Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip muss sich die Besteuerung des Ein­ zelnen immer an dessen finanzieller Leistungsfähigkeit – d.h. seiner in Geldwert vorhandenen Ist-Leistungsfähigkeit – orientieren.213 Diese kann im deutschen Vielsteuersystem durch die Einkommenserzielung, die Ein­ kommensverwendung und den Vermögensbestand zum Ausdruck kom­ men.214 Das Leistungsfähigkeitsprinzip verlangt neben der gleich hohen Besteuerung bei gleicher Leistungsfähigkeit (sog. horizontale Steuerge­ rechtigkeit) auch die in einem angemessenen Rahmen höhere Besteuerung von höheren Einkommen im Vergleich mit niedrigeren Einkommen (sog. vertikale Steuergerechtigkeit215 als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips).216 206 Ständige Rechtsprechung, siehe zuletzt etwa BVerfG v. 26.07.2010 - 2 BvR 2227/08, 2 BvR 2228/08, FR 2010, 992, Rn. 3. 207 Grundlegend hierzu das „Zinssteuerurteil“ BVerfG v. 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, Rn. 108 ff.; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 110. 208 Ständige Rechtsprechung seit BVerfG v. 08.10.1963 - 2 BvR 108/62, BVerfGE 17, 122, Rn. 22. 209 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 121. 210 BVerfG v. 21.06.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rn. 70, st. Rspr. 211 Lang, FS Kruse, 313, 315. 212 Nähere Erläuterungen zu den Konkretisierungen etwa bei Tipke, Die Steuer­ rechtsordnung Band 1, S. 492 ff.; Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 41. 213 Tipke, StuW 1980, 281, 295; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 167. 214 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 121; weitergehend Lang, FS Kruse, 313, 326 ff. 215 BVerfG v. 21.06.2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rn. 70; nähere Erläuterun­ gen zu den Begrifflichkeiten etwa bei Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 165 ff., S. 170 ff. 216 Birk, FS Kirchhof, Band II, 1591, 1593.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

c) Ungleichbehandlung durch Wahl- und Antragsrechte Eine Verletzung der Gleichheit der Besteuerung durch steuerliche Wahlund Antragsrechte läge vor, wenn diese eine Ungleichbehandlung von wesentlich gleichen Steuerpflichtigen hervorrufen würde. In Betracht käme hierbei eine Ungleichbehandlung im Sachverhalt sowie in der Rechtsfolge. Eine Ungleichbehandlung im Sachverhalt liegt durch die Existenz von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten nicht vor. Die Steuerpflichtigen, die einen bestimmten – mit einem Wahl- oder Antragsrecht verknüpf­ ten – Steuertatbestand erfüllen, haben einen im wesentlich gleichen Sachverhalt verwirklicht. Durch diese Tatbestandserfüllung bietet sich ihnen jedoch auch gleichermaßen die Möglichkeit, nach ihrer Wahl die Rechtsfolge zu beeinflussen. Eine Ungleichbehandlung auf Sachver­ haltsebene ist somit nicht gegeben.217 Eine Ungleichbehandlung liegt jedoch auf Ebene der Rechtsfolge vor. Sie besteht zunächst zwischen denjenigen Steuerpflichtigen, die das Wahloder Antragsrecht in Anspruch nehmen können, und denen, die zwar einen ganz ähnlichen Sachverhalt verwirklicht haben, aber dennoch nicht alle Voraussetzungen der Wahlmöglichkeit erfüllt haben.218 Trotz eines zumindest ähnlichen Sachverhalts hat der eine Steuerpflichtige in diesem Fall die Möglichkeit zur Beeinflussung seiner Steuerlast, wäh­ rend der andere Steuerpflichtige die von ihm verursachte Steuerlast nicht mehr verändern kann. Daneben besteht auch eine Ungleichbehandlung auf Rechtsfolgenseite zwischen zwei Steuerpflichtigen, die beide die Wahlmöglichkeit für sich in Anspruch nehmen können. Je nach Entscheidung des Steuerpflichti­ gen wird eine unterschiedliche steuerliche Belastungsfolge verursacht, obwohl der verwirklichte Sachverhalt nahezu identisch ist.219 Auch die Tatsache, dass die Belastungshöhe dem Steuerpflichtigen nicht vorgege­ ben wird, sondern seiner eigenen Entscheidung entspringt, kann diese Ungleichbehandlung nicht kompensieren.220 Die eingeräumte Wahlmög­ lichkeit verlangt in vielen Fällen eine Prognose der Vorteilhaftigkeit der verschiedenen Varianten unter Zugrundelegung hypothetischer Daten. 217 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 86 f. 218 Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 201; so auch Kammann, StuW 1978, 108, 109. 219 Birk, NJW 1984, 1325, 1327; Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerli­ cher Wahlrechte, S. 86 f.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 516; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6; Barke, DStZ 2015, 302, 306. 220 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 87 f.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 517; a.A. Barke, DStZ 2015, 302, 306, der eine Durchbrechung des staatlichen Handelns durch die Wahlentscheidung des Steuer­ pflichtigen annimmt. Eine Rechtfertigungsbedürftigkeit läge hiernach nicht vor.

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

Dies belastet den Steuerpflichtigen nicht nur mit einem faktischen Zwang zur Entscheidung, sondern auch mit einem nicht vollständig be­ herrschbaren Risiko einer fehlerhaften Kalkulation.221 d) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung aa) Rechtfertigungsgründe Die durch steuerliche Wahl- und Antragsrechte verursachte Ungleichbe­ handlung verschiedener Steuerpflichtiger macht die entsprechenden Re­ gelungen nicht von vornherein unwirksam.222 Zur Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG sowie mit dem Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung bedürfen sie jedoch einer besonderen sachli­ chen Rechtfertigung.223 Ein solcher Rechtfertigungsgrund liegt zunächst in der Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit durch die Schaffung eines steuerlichen Wahlund Antragsrechtes.224 Es ist bei einigen steuergesetzlichen Tatbeständen fraglich, ob diese die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichti­ gen wirklich abbilden können. Lastengleichheit kann jedoch nur ge­ schaffen werden, wenn die tatbestandliche Bemessungsgrundlage ent­ sprechend der Leistungsfähigkeit richtig ermittelt worden ist.225 Wird ein Steuerpflichtiger im Tatbestand zu Unrecht als leistungsfähig erfasst, kann dies durch ein Rechtsfolgenwahlrecht ausgeglichen werden, wel­ ches dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gibt, die nicht seiner Leis­ tungsfähigkeit entsprechende Belastung abzuwenden.226 Auch bei beste­ hender Leistungsfähigkeit kann die Vermeidung einer vor Art. 14 GG problematischen Übermaßbesteuerung durch ein Steuervergünstigungs­ wahlrecht eine Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips rechtferti­ gen.227

221 Belser, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechte, S. 87; Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 202. 222 Mit ausführlicher Begründung Birk, NJW 1984, 1325, 1327, der u.a. darauf ab­ stellt, dass einige Wahlrechte gerade der Verteilungsgerechtigkeit zu dienen be­ stimmt sind; Kummer, Steuerliche Wahlrechte, S. 204; Werndl, ÖStZ 1997, 189, 192; insgesamt ablehnend noch Tipke, Steuerrecht (11. Auflage), S. 64; Schneider, StuW 1971, 326, 332 f. 223 Schick, StuW 1969, 361, 363; Weber-Grellet, StbJb 1994/1995, 97, 105; Werndl, ÖStZ 1997, 189, 192. 224 Birk, NJW 1984, 1325, 1327. 225 Birk, StuW 1989, 212, 215. 226 Birk, NJW 1984, 1325, 1327. Als Beispiel hierfür nennt er das Wahlrecht bei Be­ triebsverpachtung. 227 Lang, Steuervergünstigungen, S. 120; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 128.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

Eine weitere Möglichkeit zur Rechtfertigung ist der Wille zur Vereinfa­ chung und Typisierung.228 Vereinfachungswahlrechte folgen dem Grund­ satz der Wesentlichkeit. Dieser lässt ausnahmsweise zu, dass unwesent­ liche Posten bei der Bilanzierung und Bewertung unbeachtet bleiben können.229 Auch Gründe der Praktikabilität können zu einer Rechtfertigung eines Wahlrechtes herangezogen werden.230 Diese soll eine praktische Un­ durchführbarkeit und Unüberschaubarkeit der Steuergesetze verhindern und damit eine gleiche Gesetzesanwendung fördern.231 Darüber hinaus kann die Schaffung eines steuerlichen Wahl- und An­ tragsrechtes auch bezwecken, dem Gesetzgeber die Entscheidung zwi­ schen zwei – jeweils verfassungsrechtlich nicht vollständig unbedenkli­ chen – steuerlichen Lösungswegen abzunehmen. Anstelle einer bindenden Vorgabe durch den Gesetzgeber kann dieser dem Steuerpflichtigen in solchen Fällen die Wahl lassen, welche der beiden möglichen Belastun­ gen er persönlich – zur Abwehr der anderen Belastung – in Kauf nehmen möchte.232 Zum Teil dient die Schaffung eines Wahl- oder Antragsrechtes auch dazu, dem Steuerpflichtigen die Chance zu geben auf eine gesetzliche Privile­ gierung zu verzichten, falls diese im Einzelfall dazu führen würde, dass er steuerlich schlechtergestellt wäre als ohne deren Existenz.233 Dies zu ver­ hindern rechtfertigt in diesen Fällen die Existenz des steuerlichen Wahlund Antragsrechtes, da ein Steuerprivileg den zu Privilegierenden auch in Einzelfällen nicht benachteiligen darf.234 Das Wahlrecht der Ehegatten zur Zusammenveranlagung wiederum ist unmittelbar durch Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geboten und gerechtfertigt.235 228 Birk, NJW 1984, 1325, 1327; Weber-Grellet, StbJb 1994/1995, 97, 106; Schmidt, DB 1988, 1277, 1280; allgemein zur Rechtfertigung von Vereinfachungsnormen Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 145 ff. 229 Thiel/Lüdtke-Handjery, Bilanzrecht, Rn. 300, Rn. 348; zustimmend Weber-Grellet, StbJb 1994/1995, 97, 107. 230 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 127. 231 Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 10. 232 Weber-Grellet, StbJb 1994/1995, 97, 106, nennt diese Form „Kompromisswahl­ rechte“; Birk, NJW 1984, 1325, 1327. 233 Korn, USt-Kongreß-Bericht 1988/1989, 15, 16, 19. Dies gilt beispielsweise für den Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG. Hierbei kann die negative Folge der Steuerbefreiung, der Ausschluss des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG, die positive Folge, die Befreiung von der Umsatzsteuer, in Einzelfäl­ len überwiegen. Hier ist es gerechtfertigt, die Anwendung der „Privilegierung“ in das Ermessen des betroffenen Unternehmers zu stellen. 234 Korn, USt-Kongreß-Bericht 1988/89, 15, 19. 235 BVerfG v. 17.01.1957 - 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55.

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II.  Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Wahl- und ­Antragsrechten

Den meisten steuerlichen Wahl- und Antragsrechten liegt jedoch eine Subvention zugrunde. Sie verfolgen den Zweck, die wirtschaftliche Betä­ tigung der Steuerpflichtigen in eine bestimmte vom Staat gewünschte Richtung zu lenken.236 Auch dies kann ein zulässiger Grund für die Ein­ räumung eines Wahl- und Antragsrechtes sein, da dem einfachen Gesetz­ geber die Verfolgung von außerfiskalischen Zwecken nicht verwehrt ist, sofern diese nur Nebenzweck sind und dem Gemeinwohl oder dem So­ zialstaatsprinzip dienen.237 Nicht ausreichend zur Rechtfertigung von Gleichheitsverstößen sind hingegen rein fiskalische Zwecke. Fiskalische Ziele enthalten keinerlei Richtmaß und sind somit zur Rechtfertigung von Verstößen gegen steu­ errechtliche Grundprinzipien nicht geeignet. Fiskalzwecke müssen sich vielmehr stets innerhalb der von den steuerlichen Grundprinzipien gezo­ genen Grenzen halten.238 bb) Rechtfertigung von Steuervergünstigungswahlrechten Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung soll nach einer Ansicht von vornherein ausgeschlossen sein, wenn es sich bei dem Wahl- oder An­ tragsrecht um ein Steuervergünstigungswahlrecht handelt.239 Die Be­ gründung hierfür soll eine staatliche Fürsorgepflicht sein, da insbesonde­ re die Gefahr bestehe, dass der Staat unerfahrene Bürger in die Hand von „Verlustzuweisungs-Managern“ treibt, die die Bürger ausbeuten. Diese Kritik Tipkes kann in ihrer Allgemeinheit allerdings nicht über­ zeugen. Steuervergünstigungen dürfen dem Steuerpflichtigen, wie Tipke selber zugesteht, nicht aufgezwungen werden.240 Andererseits sind sie aufgrund des weiten gesetzgeberischen Ermessensspielraums bei der Ausgestaltung der Steuergesetze – wenn sie auf einem sachlichen Grund beruhen – verfassungsrechtlich auch nicht bedenklich.241 Dürfen die als solche anzuerkennenden Steuervergünstigungsnormen jedoch dem Bür­ ger nicht aufgezwungen werden, liegt es nahe, dem Steuerpflichtigen die 236 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 128; Hennrichs, Wahlrechte im Bi­ lanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 42; Werndl, ÖStZ 1997, 189, 193; Beispiele hierfür sind insbesondere die diversen Möglichkeiten zur Vornahme von Sonder­ abschreibungen. 237 Ständige Rechtsprechung, zuletzt etwa BVerfG v. 07.11.2006 - 1 BvL 10/02, ­BVerfGE 117, 1, 31; allgemein zu Lenkungsnormen im Steuerrecht etwa Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 131 ff., § 19 Rn. 74 ff. 238 St. Rspr. seit BVerfG v. 17.01.1957 - 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55; Hey in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 3 Rn. 130. 239 So nunmehr Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 517; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 26. 240 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 1, S. 517. 241 Siehe ausführlich zur Rechtfertigung von Steuervergünstigungen etwa Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 19 Rn. 70 ff.

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1. Teil:  Steuerliche Wahl- und Antragsrechte

Anwendung dieser Steuervergünstigungen durch ein Wahl- oder Antrags­ recht freizustellen. Die Gefahr der Ausbeutung von unerfahrenen Bürgern durch zwielichti­ ge Finanzberater mag zwar vor dem Hintergrund einer irgendwie gearte­ ten Fürsorgeverpflichtung des Staates nicht vollkommen von der Hand zu weisen sein. Sie kann jedoch – insbesondere da die Gefahr für eine Vielzahl der Steuervergünstigungswahlrechte schon gar nicht gilt242 – nicht in der von Tipke geäußerten Allgemeinheit zu einer ungerechtfer­ tigten Gleichheitsverletzung führen. Vielmehr ist spezifisch für das ein­ zelne Steuervergünstigungswahlrecht zu prüfen, ob eine solch eklatante Gefahr besteht, dass sie der Fürsorgeverpflichtung des Staates wider­ spricht und somit zwingend verhindert werden muss. Im Allgemeinen muss es damit für die Rechtfertigung eines Steuervergünstigungswahl­ rechtes ausreichend sein, dass den verfolgten Subventionszielen ein stär­ keres Gewicht zukommt als den verletzten Bilanzierungsprinzipien.243 3. Zusammenfassung Abschließend bleibt somit festzustellen, dass steuerlichen Wahl- und Antragsrechten sowohl vor dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Be­ steuerung als auch vor dem Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung große verfassungsrechtliche Probleme anhaften. Diese sind jedoch nicht so weitgehend, dass Wahl- und Antragsrechte insgesamt mit der Verfas­ sung unvereinbar wären. Allenfalls in Einzelfällen kann es durchgreifende Zweifel an der Verfas­ sungsmäßigkeit eines Wahl- oder Antragsrechtes geben, wenn dieses ent­ weder nicht auf einem sachlichen Grund beruht oder durch die Verwal­ tung oder Rechtsprechung eingeräumt worden ist, ohne dass sich diese an die Grenzen der Rechtsfortbildung gehalten haben. Werden diese bei­ den Vorgaben hingegen eingehalten, sind steuerliche Wahl- und Antrags­ rechte mit der Verfassung vereinbar.

242 Beispielsweise dem Veranlagungswahlrecht der Ehegatten nach § 26 EStG ist eine solche Gefahr in keiner Weise immanent. 243 Bauer, BB 1981, 766, 771.

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2. Teil: Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Steuerlichen Wahl- und Antragsrechten ist gemeinsam, dass sie stets ei­ nes Ausübungsaktes bedürfen, um die von ihnen vorgesehenen Rechts­ folgen herbeiführen zu können. Im Steuerrecht fehlt es jedoch grundsätz­ lich an konkreten gesetzlichen Vorgaben für die Ausübung der einzelnen Rechte. Ziel dieser Untersuchung wird es dementsprechend sein, aus den wenigen ausdrücklichen Regelungen und den Grundlagen des Steuer­ rechts allgemeingültige Grundsätze zur Ausübung der unzähligen Wahlund Antragsrechte zu finden, bei denen es an einer spezifischen gesetzli­ chen Ausübungsregelung fehlt.

I. Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung 1. Arten von Erklärungen im Steuerrecht Um nachfolgend Grundsätze über die Art und Weise der Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes aufstellen zu können, ist die Feststellung der Rechtsnatur des Ausübungsaktes unerlässlich. Im Besteuerungsverfah­ ren kann der Bürger im Wesentlichen von zwei verschiedenen Arten von Erklärungen gegenüber der Finanzbehörde Gebrauch machen, der Wis­ sens- und der Willenserklärung.244 a) Wissenserklärungen Als Wissenserklärung werden diejenigen Erklärungen des Steuerpflichti­ gen an die Finanzbehörden verstanden, die sich auf eine bloße Mitteilung von Tatsachen beschränken und somit vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängig sind.245 Durch die Abgabe einer Wissenserklärung erstrebt der Steuerpflichtige nicht die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges.246 Vielmehr erfüllt er hierdurch seine Pflicht zur Offenlegung des wesentli­ chen Besteuerungstatbestandes gegenüber den Finanzbehörden.247

244 Daneben gibt es noch geschäftsähnliche und tatsächliche Handlungen im Besteue­ rungsverfahren, siehe Crisolli, Lehrbuch des Steuerrechts, S. 176 f. Diese spielen für den Untersuchungsgegenstand jedoch keine Rolle. 245 Crisolli, Lehrbuch des Steuerrechts, S. 176; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 32; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 149 Rn. 9 AO. 246 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 32. 247 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 32.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Um den wohl wichtigsten Fall einer Wissenserklärung handelt es sich bei den wesentlichen Bestandteilen einer Steuererklärung,248 durch die der Steuerpflichtige dem Finanzamt den steuerlich relevanten Sachver­ halt mitteilt. Bei diesen Mitteilungen ist zwar die Besonderheit zu beach­ ten, dass in vielen Fällen über die reine Sachverhaltsvermittlung hinaus bereits eine rechtliche Würdigung stattgefunden hat,249 beispielsweise indem die erzielten Einkünfte durch den Steuerpflichtigen einer be­ stimmten Einkunftsart zugeordnet wurden. Diese rechtliche Würdigung des Steuerpflichtigen ändert jedoch nichts an der Rechtsnatur dieses Teils der Steuererklärung als einer Wissenserklärung.250 b) Willenserklärungen Von den Wissenserklärungen zu unterscheiden sind die sogenannten steuerrechtlichen Willenserklärungen. Diese gehören zu den öffentlich-­ rechtlichen Willenserklärungen251 und zeichnen sich dadurch aus, dass der Steuerpflichtige eine Äußerung tätigt, mit der er eine bestimmte steuerrechtliche Rechtswirkung auslösen möchte.252 Voraussetzung für den Eintritt der vom Steuerpflichtigen erstrebten Rechtsfolge ist, dass das Gesetz den Steuerpflichtigen zu einer entsprechenden Willenserklä­ rung ermächtigt und dabei die erstrebte Rechtsfolge auch vorsieht.253 2. Einordnung der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten Wesensmerkmal eines steuerlichen Wahl- und Antragsrechtes ist es, dass der Steuerpflichtige durch die Kundgabe eines entsprechenden Willens

248 BFH v. 16.08.1962 - I 216/61 U, I 217/61 U, BStBl III 1962, 493, Rn. 2; BFH v. 08.07.1983 - VI R 80/81, BStBl II 1984, 13, Rn. 17; Crisolli, Lehrbuch des Steuer­ rechts, S. 176. 249 Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 149-153 Rn. 7 AO; ebenso Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 149 Rn. 9 AO. 250 Schindler in: Gosch, AO, FGO, § 149 Rn. 9 AO; die anderslautende Entscheidung des FG Bremen v. 30.10.1981 - I 128/81 K, EFG 1982, 135 wurde durch den BFH wieder aufgehoben; BFH v. 20.01.1984 - VI R 15/82, juris, jedoch ohne eine aus­ drückliche Auseinandersetzung mit der Versagung der Einordnung als Wissenser­ klärung. 251 Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 10; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 26; all­ gemein zur öffentlich-rechtlichen Willenserklärung Gurlit in: Ehlers/Pünder, All­ gemeines Verwaltungsrecht, § 28; zur Herleitung der Rechtsfigur der öffentlich-­ rechtlichen Willenserklärung von Privatpersonen siehe Küchenhoff, FS Laforet, 317; sowie ders., BayVBl 1958, 325. 252 Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 11; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 33. 253 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 34; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 10.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

die von ihm gewollte steuerrechtliche Rechtsfolge herbeiführt.254 Da folglich bei der Ausübung eines solchen Rechtes das Willenselement im Vordergrund steht,255 stellt die Ausübung eines steuerlichen Wahl- oder Antragsrechtes eine steuerrechtliche Willenserklärung dar.256 Nicht von Bedeutung ist dabei, dass im Rahmen dieser Willenserklärung oftmals auch tatsächliche Angaben vorgebracht werden. Diese dienen in erster Linie der Begründung des rechtlich erstrebten Erfolges und werden durch die Willenskundgabe überlagert.257 Auch das Zusammenfallen der Willenserklärungen mit einer Vielzahl von Wissenserklärungen inner­ halb der Steuererklärung258 berührt die Rechtsnatur des Ausübungsaktes als Willenserklärung nicht.259 Vielmehr handelt es sich bei der Steuerer­ klärung in diesem Fall um die Zusammenfassung von mehreren eigen­ ständigen Wissens- und Willenserklärungen in einer gemeinsamen Ur­ kunde.260 3. Folgen der Rechtsnatur des Ausübungsaktes a) Allgemeines Die Einordnung des Ausübungsaktes als eine steuerrechtliche – und da­ mit öffentlich-rechtliche – Willenserklärung hat einige grundsätzliche Auswirkungen, die für die folgende Untersuchung des Ausübungsaktes von großer Bedeutung sind. Eine öffentlich-rechtliche bzw. steuerrechtliche Willenserklärung des Bürgers ist – anders als in dem von der Privatautonomie geprägten Zivil­ recht, in dem die Willenserklärung ein wesentliches Element der freien Willensbetätigung des Bürgers darstellt261 – aufgrund des Grundsatzes vom Gesetzesvorbehalt nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn sie aus­ drücklich in einer Rechtsnorm vorgesehen ist.262

254 Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 366; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 9. 255 Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 149-153 Rn. 7 AO. 256 Allgemeine Ansicht: BFH v. 10.10.2002 - VI R 13/01, BStBl II 2003, 156, Rn. 17; BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 15; für die Literatur siehe Crisolli, Lehrbuch des Steuerrechts, S. 176; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 33; Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 149-153 Rn. 7 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 149 Rn. 10 AO. 257 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 33. 258 So bereits Koch in: Becker, RAO, § 166 Anm. 5 (2); Sidow, steuerliche Mitwir­ kungspflichten und das Grundgesetz, S. 28. 259 BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 15. 260 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 33; Klemp, StuW 1972, 217, 218. 261 Mansel in: Jauernig/Stürner, BGB, Vor § 104 Rn. 1; Medicus/Petersen, Allgemei­ ner Teil des BGB, Rn. 175; Leipold, BGB I, 104. 262 Klemp, StuW 1972, 217. Vertiefend hierzu im 1. Teil unter II.1.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

b) Beratungspflicht der Finanzbehörde aa) Herleitung einer Beratungspflicht von Finanzbehörden Anders als bei einer privatrechtlichen Willenserklärung stehen sich bei einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung nicht zwei in ihrem Han­ deln vollständig freie Privatpersonen gegenüber, sondern eine Privatper­ son und der Staat. Dieser ist aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsat­ zes und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei der Gestaltung seiner Rechtsbeziehungen nicht vollkommen frei. Vielmehr muss der Staat – vertreten durch seine Behörden – das geltende Recht sowie die bisherige Verwaltungspraxis einhalten und kann somit keine beliebigen öffentlichen Interessen verfolgen. Im Gegensatz zu der durch die Privatautonomie geprägten privatrechtlichen Willenserklärung ste­ hen sich somit bei der Abgabe einer öffentlich-rechtlichen Willenserklä­ rung nicht zwingend zwei gegensätzliche Interessen gegenüber.263 Aus diesem fehlenden Interessengegensatz und dem Wesen des sozialen Rechtsstaates ergibt sich eine Betreuungspflicht der Behörden gegenüber dem Bürger, wenn dieser durch die Abgabe einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung die Erlangung seiner gesetzlich vorgesehenen Rechte anstrebt.264 Die Mitarbeiter in staatlichen Behörden dürfen nicht „sehen­ den Auges“ in Kauf nehmen, dass die von ihnen betreuten Bürger einen Schaden erleiden.265 Gestützt wird diese Annahme im Steuerrecht insbesondere durch die Vorschrift des § 89 Abs. 1 AO, die zumindest für offensichtliche Konstel­ lationen eine Fürsorgepflicht266 der Finanzbehörden gegenüber dem Steu­ erpflichtigen vorsieht. Der Umfang dieser Fürsorgeverpflichtung richtet sich nach der individuellen „Fürsorgebedürftigkeit“ des Steuerpflichti­ gen,267 erreicht jedoch nicht das Ausmaß einer allgemeinen Beratungs­

263 Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 306; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 142; ähn­ lich auch in anderem Zusammenhang das BVerfG v. 29.04.1954 - 1 BvR 328/52, BVerfGE 3, 377, das in Rn. 12 ausführt: „Dieser Widerstreit der Interessen ist nach der Natur der Sache im Allgemeinen in privaten Arbeitsverhältnissen schärfer als in behördlichen Arbeitsverhältnissen“. 264 So etwa der BGH v. 26.09.1957 - III ZR 65/56, NJW 1957, 1873; der Beamte als „Helfer des Staatsbürgers“ in BGH v. 06.04.1960 - III ZR 38/59, NJW 1960, 1244, Rn. 29; Zeidler, Verhandlungen des 44. Deutschen Juristentages, Band 1 Gutach­ ten 2, S. 11, S. 55 m.w.N.; Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 306 f. 265 Ständige Rechtsprechung des BGH in Amtshaftungsprozessen, siehe etwa BGH v. 05.04.1965 - III ZR 11/64, NJW 1965, 1226, Rn. 31. 266 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 14 f. AO; Rätke in: Klein, AO, § 89 Rn. 6 ff. AO. 267 Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 13 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 62 AO.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

pflicht der Finanzbehörden.268 Insoweit wird der Steuerpflichtige auf die Hilfe der steuerberatenden Berufe verwiesen.269 bb) Beratungspflicht bei Wahl- und Antragsrechten Diese Fürsorge- und Beratungsverpflichtung der Finanzbehörden besteht auch in Bezug auf die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten durch den Steuerpflichtigen.270 Als Folge daraus muss271 die Finanzbehörde dem Steuerpflichtigen einen Hinweis geben, wenn für sie anhand der ihr be­ kannten Umstände offensichtlich ist, dass der Steuerpflichtige das Wahl­ recht oder den Antrag irrtümlich oder mangels Kenntnis gar nicht oder unrichtig ausgeübt bzw. gestellt hat.272 Übt der Steuerpflichtige ein Wahl- oder Antragsrecht in einer bestimm­ ten Weise aus, kann die Finanzbehörde allerdings grundsätzlich anneh­ men, dass der Steuerpflichtige die Entscheidung bewusst getroffen hat.273 Zu einer Beratung über die bestmögliche steuerliche Gestaltung sind die Finanzbehörden nicht verpflichtet.274 Lediglich in Ausnahmefällen kann die Behörde dazu angehalten sein nachzuprüfen, ob die gewählte Rechts­ folge für den Steuerpflichtigen nachteilig ist, und den Steuerpflichtigen gegebenenfalls auf diesen Nachteil hinzuweisen.275 Auch in Bezug auf unselbstständige Antragstatbestände276 ist die Betreuungspflicht sehr res­ triktiv zu handhaben. Bei versehentlich nicht gestellten Anträgen kann eine Hinweispflicht nur dann bejaht werden, wenn der Wille den Antrag zu stellen „in der Luft liegt“.277 268 BGH v. 02.10.2003 - III ZR 420/02, VersR 2005, 1730, Rn. 11; Birk, FS Pöllath, 161, 163; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 4 AO. 269 Birk, FS Pöllath, 161, 163; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 4 AO. 270 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 44, Rn. 50, Rn. 56 AO; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 362; Wünsch in: Koenig, AO, § 89 Rn. 8; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 3 AO. 271 Trotz der Formulierung als Sollvorschrift wird allgemein eine Verpflichtung der Finanzbehörden angenommen, wenn die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind. So etwa Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 35 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 2 AO; Wünsch in: Koenig, AO, § 89 Rn. 12 AO. 272 Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 6 AO; Wünsch in: Koenig, AO, § 89 Rn. 11. 273 BFH v. 09.07.1976 - VI R 221/72, BStBl II 1976, 674, Rn. 7; FG Düsseldorf v. 13.12.1978 - VIII 250/74 E, EFG 1979, 394, 395; Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 17 AO. 274 BGH v. 02.10.2003 - III ZR 420/02, VersR 2005, 1730, Rn. 14; Söhn in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 39 AO. 275 So etwa entschieden im Falle der nur von einem Ehegatten gewählten Zusammen­ veranlagung: BFH v. 18.08.1972 - VI R 125/71, BStBl II 1973, 49, Rn. 9 f.; zustim­ mend Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 116 AO. 276 Zum Begriff der unselbstständigen Antragstatbestände siehe die Ausführungen im 1. Teil I.1.a)aa). 277 BFH v. 18.12.1985 - I R 82/85, BFH/NV 1986, 506, Rn. 24; Söhn in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 80 ff. AO; Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 14 AO.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

In Fällen der Unkenntnis des Steuerpflichtigen über seine Rechte besteht eine solche Verpflichtung nur dann, wenn dieser in Steuersachen nicht beraten ist278 und die Unkundigkeit des Steuerpflichtigen auf der Hand liegt.279 Auch in Fällen eines für den Steuerpflichtigen nachteiligen An­ trags ist die Finanzbehörde im Regelfall somit nicht zu einer Beratung verpflichtet.280 Eine Ausnahme ist beispielsweise anzunehmen, wenn der gestellte Antrag den offensichtlichen Interessen des Antragstellers entge­ genläuft.281 Ist ein gestellter Antrag hingegen sachlich unrichtig, mehr­ deutig oder unvollständig so ist die Finanzbehörde dazu verpflichtet, auf eine Richtigstellung hinzuwirken.282 cc) Folgen eines Verstoßes gegen die Beratungspflicht Wird die Betreuungspflicht der Finanzbehörden im Einzelfall durch den Be­ amten verletzt, steht dem geschädigten Steuerpflichtigen ein Folgenbesei­ tigungsanspruch aus Treu und Glauben zu.283 Hierdurch kann im Einzelfall etwa eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO284 oder die Gewährung eines Billigkeitserlasses nach § 227 Abs. 1 AO285 notwendig werden.286 Darüber hinaus kann dem Steuerpflichtigen ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung nach Art. 34 Abs. 1 GG i.V.m. § 839 Abs. 1 BGB zustehen.287 278 Anderenfalls fehlt es grundsätzlich an der Fürsorgebedürftigkeit des Steuerpflich­ tigen, sodass die Finanzbehörde davon ausgehen darf, dass mit dem Antrag be­ stimmte steuerliche Ziele verfolgt werden. Helsper in: Koch/Scholtz, AO, § 89 Rn. 7 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 95 AO; Jedoch gelten auch hier Grenzen. Bei offensichtlichen Fehlern des Steuerberaters ist eine Beratungspflicht dennoch zu bejahen, BFH v. 18.12.1985 - I R 82/85, BFH/NV 1986, 506 Rn. 27; Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 18 AO. 279 BFH v. 13.05.1960 - VI 161/59, DB 1961, 119, 120. 280 Helsper in: Koch/Scholtz, AO, § 89 Rn. 6 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spita­ ler, AO, FGO, § 89 Rn. 106 AO. 281 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 106 AO; Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 16 AO. 282 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 98 ff. AO. 283 FG Köln v. 21.04.1992 - 3 K 6630/91 (rkr.), EFG 1993, 4; Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 26 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 19 AO. 284 „Der Bürger soll so gestellt werden, als wäre der Verstoß […] nicht passiert.“ BFH v. 18.12.1985 - I R 82/85, BFH/NV 1986, 506, Rn. 20; FG Köln v. 21.04.1992 - 3 K 6630/91 (rkr.), EFG 1993, 4; Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 26 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 19 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 121 AO, § 110 Rn. 87 AO. 285 BFH v. 18.12.1985 - I R 82/85, BFH/NV 1986, 506; Söhn in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 123 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 89 Rn. 19 AO. 286 Weitere denkbare Rechtsfolgen des Verstoßes sind die Fiktion der Fristwahrung, die Fiktion der Antragstellung oder ähnliches. Siehe hierzu Söhn in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 122 ff. AO m.w.N. 287 St. Rspr., siehe etwa BGH v. 03.03.2005 - III ZR 186/04, VersR 2006, 76; Reinert in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 839 Rn. 47 f. BGB

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

c) Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Regelungen Da es sich bei der steuerrechtlichen Willenserklärung um einen Unter­ fall der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung handelt, müssen deren Wirksamkeitsvoraussetzungen zunächst aus steuerrechtlichen und öf­ fentlich-rechtlichen Regelungen ermittelt werden.288 Sowohl im Steuer­ recht als auch im öffentlichen Recht fehlt es indessen an einer umfassen­ den Regelung über die Wirksamkeit der Willenserklärung.289 Zu überlegen ist deshalb, ob in Ermangelung vorrangiger öffentlich-rechtlicher Rege­ lungen zu den einzelnen Problemkreisen eine Übernahme der zivilrecht­ lichen Vorschriften über Willenserklärungen nach den §§ 104 ff. BGB möglich ist.290 § 62 S. 2 VwVfG normiert in Bezug auf bestimmte öffentlich-rechtliche Willenserklärungen die Anwendbarkeit der Grundsätze des bürgerlichen Rechts. Dies gilt allerdings nur für diejenigen öffentlich-rechtlichen ­Willenserklärungen, die im Zusammenhang mit dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages abgegeben werden.291 Für andere Arten öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen wie beispielsweise der steuer­ rechtlichen Willenserklärung fehlt es an einer solchen Verweisungsvor­ schrift. Es ist daher zu überprüfen, ob dennoch eine entsprechende An­ wendung der bürgerlich-rechtlichen Grundsätze zulässig ist. Teilweise wird ein Rückgriff auf zivilrechtliche Bestimmungen – insbe­ sondere über das Rechtsinstitut der Analogie – vollständig abgelehnt.292 Begründet wird diese Ansicht mit der Wesensverschiedenheit von öffent­ m.w.N.; Roser in: Gosch, AO, FGO, § 89 Rn. 26 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 89 Rn. 124 AO. 288 Birkenfeld, StuW 1977, 31. 289 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 38 ff., S. 66 f.; Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 300; Kluth, NVwZ 1990, 608, der die fehlende Kodifikation der Willenserklärung im öffentlichen Recht darauf zurück­ führt, dass der Willensfreiheit im öffentlichen Recht aufgrund der hier nicht gel­ tenden Privatautonomie weniger Bedeutung zukommt. 290 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 67; Kluth, NVwZ 1990, 608, 610; ausführlich de Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 56 ff. 291 Für die h.M., die den § 62 S. 2 VwVfG unmittelbar auf die zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen anwendet, siehe etwa Mann in: Mann/Sennekamp/ Uechtritz, VwVfG, § 62 Rn. 25 VwVfG; Bonk/Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62 Rn. 25 VwVfG; a.A. Schliesky in: Knack/Henneke, VwVfG, § 62 Rn. 4 VwVfG, nach dem die unmittelbare Anwendung daran scheitert, dass das VwVfG direkt nur den Vertrag als öffentlich-rechtliche Handlungsform erfasst, nicht jedoch die einzelnen Voraussetzungen für dessen Zustandekommen. Diese Ansicht bevorzugt eine analoge Anwendung der einzelnen bürgerlich-rechtlichen Normen. 292 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, S. 117; Apelt, Der verwaltungsrechtliche Ver­ trag, S. 18 ff.; Fleiner, Institutionen, S. 56.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

lichem und privatem Recht.293 Auf die Wesensverschiedenheit der betref­ fenden Rechtsgebiete kann es jedoch richtigerweise nicht ankommen. Maßgeblich für die Frage der Vergleichbarkeit der Interessenlage muss vielmehr die Ähnlichkeit der spezifischen Sachverhalte sein,294 vorlie­ gend also die Frage, ob sich die einzelnen Probleme von zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Willenserklärung gleichen.295 Gegen die Anwendung zivilrechtlicher Normen im Steuerrecht spricht auch nicht der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.296 Die analoge oder auf allgemeinen Rechtsgrundsätzen beruhende297 Anwen­ dung der zivilrechtlichen Normen auf das öffentliche Recht begründet keinen Verstoß gegen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Ein derart weites Verständnis käme einem Analogieverbot im öffentlichen Recht gleich, welches hier jedoch – anders als im Strafrecht gemäß Art. 103 Abs. 2 GG – gerade nicht besteht.298 Letzten Endes muss demzufolge zumindest im Grundsatz eine Übertra­ gung zivilrechtlicher Grundsätze auf das öffentliche Recht – auch in Be­ zug auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen der öffentlich-rechtlichen und steuerrechtlichen Willenserklärung – möglich sein.299 Für einen Rück­ 293 Dazu etwa Hartmann, VerwArch (25) 1917, 389, 399. 294 Busch, Öffentlichrechtliche Verwahrungsverhältnisse, S. 10; Middel, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 59. 295 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 61, der zudem richtigerweise auf Seite 59 die von Hartmann beschworene strikte We­ sensverschiedenheit ablehnt, da sich die Stellung der Verwaltung gegenüber dem Bürger verändert hat; zustimmend Kluth, NVwZ 1990, 608, 610; ähnlich Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 302, der durch die vergleichende Heranziehung zivil­ rechtlicher Lösungsansätze jedoch langfristig ein eigenständiges öffentlich-rechtli­ ches Rechtsinstitut der Willenserklärung Privater herausarbeiten will. 296 Anders Flückinger, FS Schweizerischer Juristenverein, 137, 145 ff.; und Giaco­ metti, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, S. 112 ff., die eine öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage für den Verweis fordern. Diese soll al­ lerdings auch in der stillschweigenden Verwendung zivilrechtlicher Begriffe gese­ hen werden können. 297 Zur Art und Weise des Rückgriffs auf die zivilrechtlichen Regelungen siehe Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 69 ff. Dieser arbeitet heraus, dass eine unmittelbare Anwendung des BGB nicht in Betracht kommt (S. 69 - S. 72). Möglich ist jedoch neben einer ausdrücklichen oder still­ schweigenden Verweisung (S. 72 - S. 74) sowohl die Analogie (S. 74 - S. 82) als auch der Rückgriff auf allgemeine – im Zivilrecht zum Ausdruck kommende – Rechts­ gedanken (S. 83 - S. 91); ausführlich auch de Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 56 ff., der ab S. 62 methodisch überzeugend die inhaltliche Gleichartigkeit von einer Analogie und der Übernahme allgemeiner Rechtsgrundsätze herausarbeitet. 298 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 64 f. 299 Küchenhoff, FS Laforet, 317, 321; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärun­ gen von Privatpersonen, S. 93; Birkenfeld, StuW 1977, 31; a.A. noch BFH v. 09.11.1961 - IV 73/59 U, BStBl III 1962, 91. Der BFH verweist hierbei auf die frühe­ re Regelung des § 102 AO, in der eine ausdrückliche Verweisung auf das bürgerli­ che Recht nur für die Geschäftsfähigkeit, Vertretung und Vollmacht geregelt war;

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

griff sind allerdings im Einzelfall die Besonderheiten des öffentlichen Rechts beziehungsweise des Steuerrechts zu beachten. Somit ist für jede Norm separat zu prüfen, ob die Interessenlage bei der privatrechtlichen und der öffentlich-rechtlichen bzw. steuerrechtlichen Willenserklärung vergleichbar ist, um eine entsprechende Anwendung dieser speziellen Norm bejahen zu können.300 d) Auslegung der Willenserklärung Auch bei der Ausübung eines steuerlichen Wahl- oder Antragsrechtes durch den Berechtigten kann es zweifelhaft sein, wie der Berechtigte das ihm zur Verfügung stehende Recht im Einzelfall ausüben wollte. Noch bevor diesbezüglich unter Umständen die Betreuungspflicht der Finanz­ behörde eingreift und diese auf eine Klarstellung hinwirken muss, kann eine Auslegung der entsprechenden Willenserklärung durch die Finanz­ behörde für Klarheit sorgen. Hierbei gilt auch für die Auslegung einer öffentlich-rechtlichen Willens­ erklärung der allgemeine Grundsatz des § 133 BGB, nach dem der tat­ sächliche Wille des Erklärenden zugrunde gelegt werden muss,301 und zwar auch dann, wenn die Erklärung von einem Bürger gegenüber der Verwaltung abgegeben worden ist.302 Nach ständiger Rechtsprechung der Finanzgerichte gilt dieser Grundsatz auch für Erklärungen des Bürgers innerhalb des Besteuerungsverfahrens.303 Richtigerweise ließ sich jedoch aus § 102 AO nicht der Umkehrschluss ableiten, dass eine Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften auf andere Problemkrei­ se schlechterdings ausgeschlossen ist, so Koch in: Becker, RAO, § 102 Anm. 1 (1) AO. 300 De Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 62 ff., S. 112 f.; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 96. Dies gilt im weiteren Verlauf der Überprüfung insbe­ sondere in Bezug auf die Übertragung der Grundsätze der §§ 119 ff. BGB, also der Frage, ob bei einer Wahl- oder Antragsausübung im Steuerrecht eine Anfechtung zulässig sein kann. 301 BVerwG v. 10.07.1963 - VI C 91.60, BVerwGE 16, 198, Rn. 20; Dersch, VerwArch (33) 1928, 99, 135; Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 322; Kluth, NVwZ 1990, 608, 609; Gurlit in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 28 Rn. 10; de Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 140 f. 302 BVerwG v. 10.07.1963 - VI C 91.60, BVerwGE 16, 198, Rn. 20; Kluth, NVwZ 1990, 608, 611; Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 133 Rn. 29; Busche in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 133 Rn. 47 BGB. 303 So der BFH v. 07.05.1982 - VI R 49/79, BStBl II 1982, 685, Rn. 7. In dem entschie­ denen Fall verweist der BFH für die Auslegung einer Erklärung im Besteuerungs­ verfahren auf die Rechtsprechung des BVerwG; BFH v. 10.10.2002 - VI R 13/01, BStBl II 2003, 156, Rn. 18; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Priva­ ter im Steuerrecht, S. 71; anders noch das FG Köln v. 11.12.2008 - 15 K 4963/01 (rkr.), EFG 2009, 448, Rn.49, welches den objektiv erkennbaren Willen gemäß §§ 133, 157 BGB als maßgeblich betrachtete; für die Auslegung von Verträgen im Steuerrecht siehe die Entscheidung des BFH v. 04.12.2018 - IX R 14/18, juris, Rn. 19.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Im Rahmen der Auslegung hat die Behörde bei der Ermittlung des wah­ ren Willens neben dem Wortlaut der Erklärung alle anderen ihr bekann­ ten Umstände sowie das Gesamtverhalten des Steuerpflichtigen zu be­ rücksichtigen.304 Nur wenn der Wortlaut der Erklärung eindeutig ist und die Gesamtschau der Umstände keine für die Behörde erkennbaren Zweifel daran lassen, dass sich der Wortlaut der Erklärung und der wirk­ liche Wille des Ausübenden einander entsprechen, kann sie auf die Rich­ tigkeit des Inhalts der Erklärung vertrauen.305 Anderenfalls ist sie auf­ grund des Betreuungs- und Untersuchungsgrundsatzes zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Im Rahmen der Auslegung darf die Finanzbehörde grundsätzlich vom öf­ fentlich-rechtlichen Prinzip der Meistbegünstigung ausgehen. Hiernach kann sie unterstellen, dass der Bürger die Willenserklärung so verstanden haben will, wie sie für ihn objektiv gesehen am günstigsten wäre.306 ­Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn erhebliche Zweifel an dem wahren Willen des Bürgers verbleiben. In diesem Fall muss das durch das Wahl- oder Antragsrecht begründete Selbstbestimmungsrecht des Bür­ gers gewahrt werden, sodass nicht ohne Weiteres auf das Prinzip der

304 BFH v. 07.05.1982 - VI R 49/79, BStBl II 1982, 685, Rn. 7; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 124, sieht dies als Minus zu der Betreuungspflicht der Behörde, nach der sie bei offensichtlichen Fehlern die Berichtigung der Erklärun­ gen anzuregen hat. 305 Diesen Vorgaben entspricht auch die Entscheidung des FG Köln v. 11.12.2008 – 15 K 4963/01 (rkr.), EFG 2009, 448, Rn 48 f. Diesem Urteil lag ein Sachverhalt zu­ grunde, in dem eine Einbringung gegen Teilwertansatz in Höhe von ca. 5 Mio € erfolgen sollte. Dieser Wert entstammte einem Gutachten, bei dem eine Einbrin­ gung zum Teilwert ausdrücklich der Bewertungsmethode zugrunde gelegen hat. Nach einer abweichenden Ermittlung des Teilwertes i.H.v. ca. 7 Mio € im Rahmen einer Betriebsprüfung hat das FG den Ansatz dieses Wertes durch die Finanzbehör­ de bestätigt und es abgelehnt, den angegebenen Wert i.H.v. ca. 5 Mio € als einen Zwischenwertansatz anzusehen. Der von dem Antragssteller verwendete Begriff des Teilwertes war hier eindeutig in dem gesetzlich in § 10 BewG definierten Sin­ ne zu verstehen. Auch die anderweitigen Umstände ließen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung keine Zweifel zu. Es waren aufgrund des eindeuti­ gen Wortlautes keine Anhaltspunkte dahingehend erkennbar, dass der Ansatz ei­ gentlich zu einem Zwischenwert erfolgen sollte. Zudem war nicht ersichtlich, dass der konkret benannte Wert und nicht dessen rechtliche Bezeichnung maß­ geblich war. Denn der Wert entstammte dem Gutachten, welches die ca. 5 Mio € ausdrücklich als den zu bestimmtenden Teilwert ausgegeben hatten. Somit durfte die Finanzbehörde berechtigterweise davon ausgehen, dass aus Sicht des Steuer­ pflichtigen nicht die angegebene Zahl – fälschlich bezeichnet als Teilwert – maß­ geblich sein sollte, sondern ein Ansatz zum Teilwert erfolgen sollte; siehe zu die­ sem Urteil auch die Anmerkung von Herlinghaus, EFG 2009, 450, 451; sowie Menner in: Haritz/Menner, UmwStG, § 20 Rn. 297 UmwStG. 306 De Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 141 f.; Dersch, VerwArch (33) 1928, 99, 137; Nebinger, Verwaltungsrecht AT, S. 54 in Fn. 16; Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 323 m.w.N.; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 124.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

Meistbegünstigung abgestellt werden kann.307 Die Behörde hat dann den wirklichen Willen des Steuerpflichtigen bei erheblichen Zweifeln an dem Inhalt der Erklärung selbstständig zu erforschen. Diese Pflicht der Finanzbehörde ist Ausfluss des Untersuchungs- und Betreuungsgrund­ satzes im Steuerrecht nach §§ 88 Abs. 1 S. 1, 89 Abs. 1 S. 1 AO.308 Ein solcher Zweifel an dem wahren Willen des Bürgers muss insbesonde­ re im Steuerrecht häufig angenommen werden. Die oftmals sehr schwie­ rigen Abwägungsentscheidungen des Steuerpflichtigen im Vorfeld der Ausübung eines Wahl- und Antragsrechtes sowie die komplizierten steu­ eroptimierten Sachverhaltsgestaltungen sind für die Finanzbehörden im steuerrechtlichen Massenverfahren nicht ohne Weiteres nachvollzieh­ bar. Diese erhält durch die Willenserklärung zumeist nur das Ergebnis der Vorüberlegungen des Steuerpflichtigen, die – wenn sich der wahre Wille wegen einer unzureichenden Formulierung der Erklärung nicht eindeutig ergibt – für einen Außenstehenden kaum rekonstruierbar sind. Wenn sich aus den äußeren Umständen somit nicht ausnahmsweise ein­ deutig ableiten lässt, in welcher Art und Weise der Steuerpflichtige die ihm zustehenden Rechte ausüben wollte, kann die Finanzbehörde man­ gels eines erkennbaren „wahren Willens“ nicht auf das Prinzip der Meist­ begünstigung abstellen. Dies gilt umso mehr, da eine „objektive Meistbegünstigung“ in den komplizierten Besteuerungsfällen nicht zweifelsfrei zu ermitteln sein wird. Fraglich wäre hier zunächst schon der Zeitraum der Meistbegüns­ tigung, also ob diese nur im entsprechenden Veranlagungszeitraum oder über eine mehrjährige Gesamtbetrachtung zu ermitteln ist. Wenn jedoch schon der Maßstab der Meistbegünstigung nicht eindeutig ermittelt wer­ den kann, können die Finanzbehörden – erst recht aufgrund der oben ge­ nannten Informationsprobleme – die objektive Meistbegünstigung nicht mit zumutbarem Aufwand ermitteln. Bei der Auslegung einer inhaltlich nicht eindeutigen steuerrechtlichen Willenserklärung wird die Finanzbehörde somit im Regelfall nicht auf das öffentlich-rechtliche Prinzip der Meistbegünstigung abstellen kön­ nen. Vielmehr ist sie im Rahmen ihrer Betreuungspflicht gehalten, auf eine Klarstellung durch den Steuerpflichtigen hinzuwirken, um den wah­ ren, hinter der Erklärung stehenden Willen zu erfahren. 307 Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 124. 308 So für das allgemeine Verwaltungsverfahren, welches ebenso vom Untersuchungsund Betreuungsgrundsatz geprägt ist wie das Steuerrecht: Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 322; Kluth, NVwZ 1990, 608, 611; de Wall, privatrechtliche Vorschrif­ ten, S. 141 f.; Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 133 Rn. 29 BGB, der jedoch nicht auf die Betreuungspflicht, sondern den fehlen­ den Interessengegensatz abstellt. Aus diesem ergibt sich jedoch nach den obigen Ausführungen die Betreuungspflicht der Behörde.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

4. Wirksamkeitsvoraussetzungen der Ausübungserklärung a) Empfangsbedürftigkeit der Erklärung aa) Ausübung als empfangsbedürftige Willenserklärung Die Abgabe einer steuerrechtlichen Willenserklärung – und damit auch die Erklärung über die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antrags­ rechten – zeichnet sich dadurch aus, dass sie nur dann ihre rechtlich er­ wünschte Wirkung entfalten kann, wenn die Erklärung an das zuständige Finanzamt gelangt ist.309 Nur bei positiver Kenntnis des Finanzamts von der Ausübung des entsprechenden Rechtes kann es die Voraussetzungen der Norm überprüfen und deren angeordnete Rechtsfolge im Rahmen der Besteuerungsfestsetzung berücksichtigen.310 Aufgrund dessen handelt es sich bei der Ausübung eines steuerlichen Wahl- und Antragsrechtes um eine empfangsbedürftige Willenserklä­ rung.311 Eine im Zivilrecht vereinzelt mögliche nichtempfangsbedürftige Willenserklärung ist im Steuerrecht nicht denkbar.312 bb) Zugang der Ausübungserklärung Der Zugang einer empfangsbedürftigen zivilrechtlichen Willenserklä­ rung erfordert neben der reinen Möglichkeit zur Kenntnisnahme auch, dass mit dieser unter gewöhnlichen Umständen gerechnet werden kann.313 Gemäß § 130 Abs. 3 BGB gilt dieser Grundsatz auch für den Zugang einer amtsempfangsbedürftigen Willenserklärung bei einer Behörde.314 Voraus­ 309 Daraus folgt auch, dass die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes durch eine Prozesserklärung unwirksam ist. Nur das Finanzamt, nicht auch das Finanzge­ richt ist empfangszuständig für eine solche Erklärung. BFH v. 13.12.1984 - V R 32/74, BStBl II 1985, 173, Rn. 13; BFH v. 01.12.1994 - V R 126/92, BStBl II 1995, 426, Rn. 22; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueran­ spruchs, S. 12; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1418. 310 So auch Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueran­ spruchs, S. 12. 311 BFH v. 28.01.1988 - IV R 12/86, BStBl II 1988, 530, Rn. 19; BFH v. 13.12.1984 - V R 32/74, BStBl II 1985, 173, Rn. 11; BFH v. 11.01.1973 - V R 3/72, BStBl II 1973, 574, Rn. 9; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 366; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 12; so schon für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 38 f. 312 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 12; so schon für das verwandte öffentliche Recht Apelt, Der verwaltungsrechtli­ che Vertrag, S. 38; Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 319. 313 Siehe hierzu statt aller etwa Einsele in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 130 Rn. 17 ff. BGB. 314 Dieser gilt nach h.M. entsprechend im öffentlichen Recht. So etwa Singer/Benedict in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 130 Rn. 13 BGB; ebenso Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 94 f. m.w.N. für die h.M; die Anwendung auf das öffentliche Recht ablehnend jedoch Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueran­

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

setzung des Zugangs zivilrechtlicher Willenserklärungen bei einer Be­ hörde ist somit, dass sie während der Dienstzeiten in den Machtbereich der Behörde gelangen. Anderenfalls fällt der Zugangszeitpunkt auf den Dienstbeginn des kommenden Arbeitstages.315 Im Verfahrensrecht ist indessen anerkannt, dass für die Abgabe fristge­ bundener Willenserklärungen die Geschäftszeiten der Behörden oder Ge­ richte keine Rolle spielen können.316 Anders als Privatleute im Zivilrecht müssen die Behörden und Gerichte durch geeignete Empfangsvorrich­ tungen wie beispielsweise einen Nachtbriefkasten sicherstellen, dass ein Nachweis des rechtzeitigen oder verspäteten Zugangs auch außerhalb ihrer Öffnungszeiten ermöglicht werden kann.317 Grund hierfür ist, dass dem Bürger aufgrund der Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 GG die vollständige Ausnutzung gesetzlich eingeräumter prozessualer Fristen möglich sein muss.318 Insoweit kommt es für den Zugang von Erklärungen im Verfah­ rensrecht lediglich darauf an, dass die Erklärung tatsächlich in den Macht­ bereich der Behörde gelangt ist. Auch im Steuerrecht ist es geboten, dass der Steuerpflichtige die ihm zustehenden Erklärungsfristen ohne Rücksicht auf die behördlichen Dienstzeiten vollständig ausschöpfen kann.319 Für den Zugang der Aus­ übungserklärung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten muss so­ mit ebenfalls alleine das Gelangen der Erklärung in den Machtbereich spruchs, S. 13; im Endeffekt kommt es auf diesen Streitstand jedoch gar nicht an, da auch diejenigen, die eine entsprechende Anwendung bejahen, im öffentli­ chen Recht eigenständige Zugangsregelungen anwenden. So etwa Middel (a.A.o.), S. 96 f.; oder Gurlit in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 28 II Rn. 7. 315 Statt aller Einsele in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 130 Rn. 44 BGB. 316 BVerfG v. 03.10.1979 - 1 BvR 726/78, BVerfGE 52, 203, Rn. 14 ff.; BVerfG v. 11.02.1976 - 2 BvR 652/75, BVerfGE 41, 323, Rn. 9 ff.; siehe auch de Wall, privat­ rechtliche Vorschriften, S. 128 ff. 317 Zweifel am genauen Zugangszeitpunkt gehen in diesem Fall zulasten der Behör­ de, BVerwG v. 13.03.1962 - I C 158/60, NJW 1962, 1268; siehe auch BFH v. 13.10.2005 - VII B 155/04, BFH/NV 2006, 371, Rn. 4. 318 BVerfG v. 19.06.1979 - 2 BvR 342/79, BVerfGE 51, 352, Rn. 10; BVerfG v. 03.06.1975 - 2 BvR 99/74, BVerfGE 40, 42, Rn. 10; de Wall, privatrechtliche Vor­ schriften, S. 129 f. 319 Speziell zum Zugang der Wahl- und Antragsausübung Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 14; allgemein zum Zu­ gang von Erklärungen des Bürgers bei der Behörde im Steuerrecht der BFH v. 11.05.1976 - VII B 37/75, BStBl II 1976, 570, Rn. 6 f. im Anschluss an die Recht­ sprechung des BVerfG; ebenso Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 108 Rn. 142 ff. AO mit Ausführungen zu den einzelnen Übermittlungsarten; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 108 Rn. 20 AO; zum Zugang von Willenser­ klärungen des Bürgers im Verwaltungsrecht Kluth, NVwZ 1990, 608, 612; lässt sich der genaue Zugangszeitpunkt außerhalb der Dienstzeiten mangels geeigneter Empfangsvorrichtungen der Behörde nicht beweisen, geht dies nicht zulasten des Bürgers, so der BFH v. 13.10.2005 - VII B 155/04, BFH/NV 2006, 371, Rn. 4.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

der Behörde ausschlaggebend sein, und dies unabhängig davon, ob die entsprechende Erklärung fristgebunden war oder nicht.320 Dieses Ergebnis wird durch einige bestehende steuerrechtliche Sonderre­ gelungen gestützt. Zum einen regelt § 87 Abs. 3, Abs. 4 AO, dass es für den Zugang von Willenserklärungen in fremder Sprache nur auf den Ein­ gang einer deutschen Übersetzung bei der Behörde ankommt. Darüber hinaus ist nach § 87a Abs. 1 S. 2 AO für den Zugang eines elektronischen Dokumentes maßgeblich, dass dieses durch eine Einrichtung der emp­ fangenden Behörde in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet worden ist. Bei­ den gesetzlichen Regelungen ist somit gemeinsam, dass es für den Zu­ gang der Erklärungen gerade nicht darauf ankommt, dass der Bürger bereits mit einer Kenntnisnahme des zuständigen Amtsträgers rechnen konnte. Maßgeblich ist alleine, dass die erforderlichen Erklärungen tat­ sächlich in den Machtbereich der Finanzbehörde als Empfänger gelangt sind.321 Wenn beide gesetzlichen Sonderregelungen dies übereinstimmend regeln und eine solche Sichtweise auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ge­ boten ist, kann für den Zugang einer in deutscher Sprache verfassten schriftlichen oder in sonstiger Weise zugegangenen Erklärung bei einer Behörde nichts anderes gelten.322 b) Bedingungsfeindlichkeit des Ausübungsaktes Die Wahl- oder Antragsausübung ist als besteuerungsrelevante Tatsache bedingungsfeindlich.323 Dies gilt – anders als beispielsweise für die nach § 388 S. 2 BGB ebenfalls bedingungsfeindliche Aufrechnungserklärung im Zivilrecht324 – auch dann, wenn die Ausübung hilfsweise beantragt wird, d.h. wenn eine innerprozessuale Bedingung gestellt wird.325 320 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 14. 321 Siehe in Bezug auf § 87a Abs. 1 S. 2 AO BT-Drucksache 14/900, 36; ebenso ­Thürmer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 87a Rn. 65 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 87a Rn. 8 AO. 322 So auch für die Parallelvorschrift zu § 87a Abs. 1 S. 2 AO, den § 23 Abs. 4 VwVfG: Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 105; anders ist dies bei der Be­ kanntgabe eines Steuerverwaltungsaktes gegenüber dem Bürger. Hier ist zusätz­ lich erforderlich, dass mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann. So etwa zuletzt BFH v. 13.10.2011 - IX B 99/11, BFH/NV 2012, 163, Rn. 2; Seer in: Tipke/ Kruse, AO, FGO, § 122 Rn. 11 AO; Müller-Franken in: Hübschmann/Hepp/Spita­ ler, AO, FGO, § 122 Rn. 56 AO. 323 BFH v. 13.12.1984 - V R 32/74, BStBl II 1985, 173, Rn. 13; BFH v. 16.03.1988 - X R 7/80, juris, Rn. 12; für umwandlungssteuerrechtliche Wahlrechte siehe etwa Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.16 UmwStG; S ­ chmitt/ Schlossmacher, DB 2010, 522, 525. 324 Statt aller etwa Schlüter in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 388 Rn. 4 BGB. 325 BFH v. 01.12.1994 - V R 126/92, BStBl II 1995, 426, Rn. 22; a.A. Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 378 f.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

c) Subjektiver Tatbestand der steuerrechtlichen Willenserklärung aa) Handlungswille als unverzichtbare Voraussetzung einer ­Willenserklärung Aus der Rechtsnatur des Ausübungsaktes als öffentlich-rechtliche Wil­ lenserklärung folgt, dass es neben der objektiven Äußerung eines Rechts­ folgewillens auch des Bewusstseins über die Abgabe einer Erklärung (sog. Handlungsbewusstsein oder -wille)326 und des Bewusstseins über die Rechtserheblichkeit dieser Mitteilung (sog. Erklärungsbewusstsein) be­ darf.327 An diesen Voraussetzungen muss sich auch die Ausgestaltung des Ausübungsaktes orientieren. Während es sich bei dem Handlungswillen um eine unverzichtbare Voraussetzung einer Willenserklärung handelt und bei dessen Fehlen schon tatbestandlich keine Willenserklärung vor­ liegt,328 ist diese Frage in Bezug auf das Erklärungsbewusstsein weitaus schwieriger zu beantworten. bb) Erfordernis eines Erklärungsbewusstseins (1) Erklärungsbewusstsein bei zivil- und öffentlich-rechtlichen ­Willenserklärungen Im Zivilrecht wird vereinzelt auch das Erklärungsbewusstseins als un­ verzichtbare Voraussetzung einer Willenserklärung angesehen.329 Fehle dem Erklärenden hiernach bei der Abgabe einer zivilrechtlichen Willens­ erklärung das Erklärungsbewusstsein, d.h. war er sich nicht darüber im Klaren, dass er eine rechtserhebliche verbindliche Erklärung abgibt, läge hiernach keine tatbestandliche Willenserklärung vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs330 und der herrschenden Literaturansicht331 führt ein fehlendes Erklärungsbewusst­ sein nicht zwingend zur Nichtigkeit der Willenserklärung aufgrund 326 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 34; FG München v. 20.01.1972 - IV 114/71, EFG 1972, 366, 367. 327 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 34. 328 Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, Vor § 116 Rn. 22 BGB; Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 133 Rn. 5 BGB; Ellenberger in: Palandt, BGB, Einführung vor § 116 Rn. 16 BGB. 329 Siehe hierzu insbesondere Canaris, Vertrauenshaftung, S. 427 f.; Canaris, NJW 1984, 2281, 2282; ebenso Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemei­ ner Teil 3), Vorbemerkung zu §§ 116 ff. Rn. 37 ff. BGB m.w.N. für diese Ansicht. 330 Ständige Rechtsprechung seit BGH v. 07.06.1984 - IX ZR 66/83, BGHZ 91, 324, Rn. 20, Rn. 22; zuletzt etwa BGH v. 30.10.2013 - V ZB 9/13, NJW 2014, 1242, Rn. 9. 331 Die Argumente der h.M. sehr überzeugend herausarbeitend Bydlinski, JZ 1975, 1; Ellenberger in: Palandt, BGB, Einführung vor § 116 Rn. 17 BGB; Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 119 Rn. 104 BGB m.w.N.; dies anerkennend, wenngleich die h.M. inhaltlich ablehnend Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), Vorbemerkung zu §§ 116 ff. Rn. 36 BGB.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

f­ ehlender Tatbestandserfüllung. Vielmehr lasse das fehlende Erklärungs­ bewusstsein die Wirksamkeit der zivilrechtlichen Willenserklärung un­ berührt, sofern der Erklärungsempfänger die Äußerung objektiv als Wil­ lenserklärung ansehen durfte und der Erklärende diese objektive Eignung der Erklärung als eine wirksame Willenserklärung bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können (sog. potenzielles Erklärungsbewusstsein). Da eine tiefergehende Befassung mit der zivilrechtlichen Fragestellung in dem Kontext dieser Bearbeitung nicht passend ist, wird für die weitere Untersuchung des steuerrechtlichen Problems die Ansicht des Bundesge­ richtshofs und der herrschenden Literaturansicht als für das Zivilrecht vorzugswürdig behandelt. Nur hierdurch wird neben der Selbstbestim­ mung des Erklärenden auch dem Verkehrs- und Vertrauensschutzgedan­ ken hinreichend Rechnung getragen. Darüber hinaus wird die Privatau­ tonomie des Erklärenden durch die Möglichkeit, die irrtümlich abgegebene Erklärung gegen sich gelten zu lassen, sogar noch gestärkt.332 Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung333 wird auch eine Willenserklärung des Bürgers im öffentlichen Recht zumindest dann nicht durch das fehlende Erklärungsbewusstsein bei Abgabe der Erklärung un­ wirksam, wenn dem Bürger die Unkenntnis von der Rechtserheblichkeit vorgeworfen werden kann.334 (2) Erforderlichkeit eines Erklärungsbewusstsein bei der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur Grundsätzlich ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Erklärungsbewusstsein zur Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten erforderlich.335 Die oben genannten Wertungen, die der 332 Ausführlich mit den jeweiligen Argumenten setzen sich etwa Armbrüster in: ­Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 119 Rn. 98 ff. BGB; Bydlinski, JZ 1975, 1; sowie für die a.A. Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), Vor­ bemerkung zu §§ 116 ff. Rn. 33 ff. BGB, auseinander, jeweils m.w.N. 333 So etwa der VGH Baden-Württemberg v. 18.01.2005 - PB 15 S 1129/04, IÖD 2005, 81, Rn. 24 mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; ebenso die Beschlüsse des OVG Lüneburg v. 18.08.2014 - 13 LA 50/14, juris, Rn. 7; und OVG Lüneburg v. 10.09.2015 - 13 ME 118/15, NVwZ-RR 2016, 115, Rn. 12; zustim­ mend in der Literatur Ismer/Wiesner, DB 2014, 125, 134; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 144. 334 Dies konnte in dem Fall des OVG Nordrhein-Westfalen v. 12.09.2014 - 1 A 1637/12, NVwZ-RR 2014, 972, Rn. 15 nicht nachgewiesen werden, weshalb das Vorliegen einer Willenserklärung in diesem Urteil mangels Erklärungsbewusst­ seins verneint wurde. 335 BFH v. 01.10.1996 - VIII R 40/94, BFH/NV 1997, 403, Rn. 20; BFH v. 08.10.2008 - VIII R 74/05, BStBl II 2009, 238, Rn. 55; siehe auch FG Berlin-Brandenburg v. 27.05.2009 - 7 K 1233/05 B, EFG 2009, 1695, Rn. 58.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

Bundesgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung für das Zivilrecht entwickelt hat, überträgt der Bundesfinanzhof somit auf das Steuer­ recht.336 Auch hier soll demnach das tatsächliche Erklärungsbewusstsein ein verzichtbarer Bestandteil der Ausübungserklärung sein, wenn der Steuerpflichtige fahrlässig verkannt hat, dass der Rechtsverkehr seine Er­ klärung als rechtserheblich auffassen könnte.337 Speziell in Bezug auf das Gewinnermittlungswahlrecht des § 4 Abs. 3 EStG hat die Rechtsprechung das Bewusstsein einer Wahlrechtsaus­ übung teilweise als erforderlich,338 teilweise als entbehrlich angesehen.339 Im ersten Fall wurden jedoch die Anforderungen an das Erklärungsbe­ wusstsein – und somit auch an die Wirksamkeit der Ausübungserklä­ rung – nahezu auf null reduziert. Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Bundesfinanzhofs fehlt das Erklärungsbewusstsein erst dann, wenn der Steuerpflichtige insgesamt verkennt, dass er überhaupt Gewinnein­ künfte erzielt hat. Nur wenn der Steuerpflichtige also gar keinen Willen zur Gewinnermittlung haben konnte, müsse das Erklärungsbewusstsein verneint werden.340 In der Literatur wird die Frage des Erklärungsbewusstseins soweit er­ sichtlich praktisch nicht behandelt. Im Wesentlichen wird lediglich die Notwendigkeit des Erklärungsbewusstseins abstrakt und ohne Begrün­ dung bejaht,341 ohne hierbei inhaltliche Anforderungen zu formulieren. Die Darstellung beschränkt sich zumeist auf die Wiedergabe der vom 336 So erstmalig in BFH v. 11.12.1997 - V R 50/94, BStBl II 1998, 420, Rn. 15. Der BFH bezieht sich in dieser Entscheidung zwar nicht unmittelbar auf die Rechtspre­ chung des BGH. Der von ihm zitierte Heinrichs in der 56. Auflage des Palandt stützt seine Ausführungen in Einführung vor § 116 Rn. 17 BGB sowie in § 133 Rn. 11 BGB jedoch maßgeblich auf ebendiese BGH-Rechtsprechung; so bereits zu­ vor, jedoch ohne nähere Begründung und ohne Bezugnahme auf die Rechtspre­ chung des BGH der BFH v. 29.08.1985 - IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158, Rn. 16 f. 337 Ständige Rechtsprechung seit BFH v. 11.12.1997 - V R 50/94, BStBl II 1998, 420, Rn. 15; aus neuerer Zeit etwa BFH v. 24.07.2013 - XI R 14/11, BStBl II 2014, 210, Rn. 31; sowie BFH v. 19.03.2009 - IV R 57/07, BStBl II 2009, 659, Rn. 24. 338 So zumindest BFH v. 08.10.2008 - VIII R 74/05, BStBl II 2009, 238, Rn. 55; BFH v. 01.10.1996 - VIII R 40/94, BFH/NV 1997, 403, Rn. 20. Aufgrund der offensichtli­ chen Divergenzen in der Rechtsprechung wäre hier eine Entscheidung des Großen Senats einzuholen gewesen. Da jedoch durch die herabgesetzten Voraussetzungen an das Bewusstsein auch der 8. Senat fast immer ein Erklärungsbewusstsein als gegeben ansehen muss, bestehen im Ergebnis nahezu keine Unterschiede zwi­ schen beiden Ansichten. 339 So etwa der 4. Senat, BFH v. 19.03.2009 - IV R 57/07, BStBl II 2009, 659, Rn. 24; BFH v. 29.08.1985 - IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158, Rn. 16. 340 BFH v. 01.10.1996 - VIII R 40/94, BFH/NV 1997, 403, Rn. 19 f.; BFH v. 19.03.2009 - IV R 57/07, BStBl II 2009, 659, Rn. 24. 341 So etwa Birkenfeld, StuW 1977, 31, S. 34; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 10; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willens­ erklärungen Privater im Steuerrecht, S. 8, S. 11; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 11; Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. D 52 EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Bundesgerichtshof für das Zivilrecht entwickelten und vom Bundesfi­ nanzhof in das Steuerrecht ohne Weiteres übernommenen Kriterien.342 (3) Kritische Würdigung der Übernahme der zivilrechtlichen ­Rechtsprechung in das Steuerrecht Richtigerweise muss das Steuerrecht mangels eigener Regelungen und umfassender eigener Judikatur zum Problemfeld der Willenserklärung durchaus eine Anlehnung an das Zivilrecht vornehmen. Diese darf jedoch dem Wesen des Steuerrechts nicht widersprechen.343 Eine bedingungslose Übernahme der zivilrechtlichen Rechtsprechung zum potenziellen Erklä­ rungsbewusstsein könnte im Steuerrecht jedoch zu erheblichen Wer­ tungswidersprüchen führen.344 Ob vor diesem Hintergrund die Übernah­ me der zivilrechtlichen Rechtsprechung in das Steuerrecht – wie durch den Bundesfinanzhof vorgenommen – möglich ist, wird im Folgenden überprüft. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Wesentlichen auf zwei Säulen begründet. Zum einen betont der Bundesgerichtshof in sei­ nen Entscheidungen die Erforderlichkeit eines ausreichenden Verkehrs­ schutzes, d.h. den Schutz des Vertrauens der Erklärungsempfänger in die abgegebene Erklärung. Darüber hinaus sieht er in der Einräumung des Anfechtungsrechts auch eine Steigerung der Privatautonomie des Erklä­ renden, da diesem die Nichtigkeit seiner Erklärung nicht „aufgezwun­ gen“ wird, sondern ihm die Möglichkeit verbleibt, die Erklärung gegen sich gelten zu lassen. Um eine Übernahme dieser zivilrechtlichen Recht­ sprechung in das Steuerrecht vornehmen zu können, müsste diese Her­ leitung des potenziellen Erklärungsbewusstseins auf das Steuerrecht übertragbar sein. Anders als im Zivilrecht lässt die steuerrechtliche Rechtsprechung die Anfechtung einer steuerrechtlichen Willenserklärung nicht zu. Lediglich in Ausnahmefällen gesteht der Bundesfinanzhof dem Bürger die Mög­ lichkeit zu, die bereits wirksame Willenserklärung aufgrund eines Wil­ lensmangels zurückzunehmen.345 Ein umfassendes Lösungsrecht des Steuerpflichtigen wie im Zivilrecht existiert hingegen – zumindest nach 342 So etwa bei Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. D 52 EStG; Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 550 EStG; Roth, Steuerli­ che Wahlrechte, S. 11, S. 37 f.; anders Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 19 Rn. 129.1 UStG. Dieser bezeichnet diese unreflektierte Übernahme der zivilrecht­ lichen Grundsätze m.E. zu Recht als „von erschreckender Oberflächlichkeit“. 343 Siehe hierzu oben 3.c). 344 So auch Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 19 Rn. 129.1 UStG, wenngleich er einzig auf den Punkt des fehlenden Vertrauensschutzes abstellt. 345 Tiefer gehend zur Möglichkeit der Anfechtung einer Ausübungserklärung und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im 3. Teil unter III.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

Ansicht des Bundesfinanzhofs – nicht. Die Anerkennung des potenziel­ len Erklärungsbewusstseins im Steuerrecht kann somit nach der Recht­ sprechung des Bundesfinanzhofs nicht wie im Zivilrecht mit einer hier­ durch bewirkten Steigerung der Privatautonomie begründet werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass der Steuerpflichtige im Regelfall die Möglichkeit einer Änderung bzw. eines Widerrufs der getätigten Erklärung hat. Der Anfechtung verbleibt bei unwiderruflichen bzw. befristeten Wahl- und Antragsrechten ein eigener Anwendungsbe­ reich, sodass die freie Änderbarkeit nicht die zivilrechtliche Anfech­ tungsmöglichkeit im Rahmen der Herleitung des potenziellen Erklä­ rungsbewusstseins zu ersetzen vermag. Die Anerkennung des potenziellen Erklärungsbewusstseins würde im Steuerrecht somit zu einer umfassenden Bindung des Steuerpflichtigen an die fahrlässig abgegebene Erklärung führen. Mit der Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger zu einer Antragstellung oder Wahlrechtsausübung nicht gezwungen werden kann,346 wäre dies unvereinbar. Wenn man als Sanktionierung von fahrlässigem Verhalten die Wirksamkeit der Erklä­ rung annehmen wollte, müsste dem Steuerpflichtigen allein aufgrund dieses Gedankens ein Anfechtungsrecht zur Loslösung eingeräumt wer­ den. Auch der Verkehrsschutzgedanke ist im Steuerrecht deutlich weniger ge­ wichtig als im Zivilrecht. Während Erklärungsempfänger im Zivilrecht ein gleichgeordneter und ebenfalls privatautonom handelnder Bürger ist, steht im Steuerrecht der Staat auf Seiten des Erklärungsempfängers. Die­ ser verfolgt gegenüber dem Bürger jedoch – anders als ein anderer Bürger im Zivilrecht – keine gänzlich gegenläufigen Interessen. Vielmehr hat er sogar in gewissen Grenzen die Pflicht, den Bürger bei der Durchsetzung seiner Interessen zu unterstützen.347 Hieraus folgt eine gegenüber dem zivilrechtlichen Erklärungsempfänger reduzierte Schutzbedürftigkeit des Staates als Empfänger einer steuerrechtlichen Willenserklärung.348 Die wesentlichen und im Zivilrecht überzeugenden Begründungsele­ mente für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommen somit – zumindest, wenn man auch in Bezug auf die Anfechtungsmöglichkeit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs folgen würde – aufgrund der Eigenarten des Steuerrechts nicht gleichermaßen zum Tragen. Hierdurch wird deutlich, dass die unreflektierte Übernahme der zivilrechtlichen 346 Siehe hierzu etwa den 1. Teil unter I.1.a). 347 Dies folgt aus der Fürsorge- und Betreuungspflicht des Staates. Siehe oben 3.b). 348 Dies erkennt auch Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 19 Rn. 129.1 UStG. Man­ gels einer Disposition der Finanzbehörden seien diese in ihrem Vertrauen auf den Bestand der Erklärung – anders als der Erklärungsempfänger im Zivilrecht – nicht schutzwürdig.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Rechtsprechung zum potenziellen Erklärungsbewusstsein im Steuer­ recht nicht möglich sein kann, sondern ein eigenständiger steuerrechtli­ cher Ansatz für die Behandlung des Erklärungsbewusstseins zu entwi­ ckeln ist. (4) Originär steuerrechtlicher Ansatz zur Frage des Erklärungs­ bewusstseins bei der Wahl- und Antragsausübung Die generelle Erforderlichkeit eines irgendwie gearteten Erklärungsbe­ wusstseins sollte auch im Steuerrecht nicht in Zweifel gezogen werden. Eine Willenserklärung kann bereits nach ihrem Wortsinn nicht schon dann als „willentlich“ angesehen werden, wenn zwar ein Handlungswil­ le, nicht aber ein Erklärungswille vorliegt.349 Um den Steuerpflichtigen vor ungewollten Folgen seines Handelns wirksam zu schützen, muss demnach auch im Steuerrecht zumindest ein potenzielles Erklärungsbe­ wusstsein verlangt werden, damit von einer wirksamen Willenserklä­ rung ausgegangen werden kann. Fraglich ist jedoch, ob im Steuerrecht die Wirksamkeit der Willenserklärung von dem Vorhandensein eines tat­ sächlichen, aktuellen Erklärungsbewusstseins abhängig ist, oder ob man – im Ergebnis wie im Zivilrecht, allerdings anhand eigener steuerrechtli­ cher Überlegungen entwickelt – das potenzielle Erklärungsbewusstsein für ausreichend erachtet. Verlangt man ein aktuelles Erklärungsbewusstsein des Steuerpflichtigen, würde das dazu führen, dass eine Vielzahl von bisher für wirksam erach­ teten Ausübungserklärungen nunmehr mangels Vorliegens der tatbe­ standlichen Voraussetzungen der Willenserklärung nichtig wären. Hier­ durch käme es zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit, da die auf Grundlage dieser nichtigen Erklärungen ergangenen Steuerbescheide rechtswidrig wären. Diese rechtswidrigen Bescheide könnte der Steuerpflichtige nach § 173 AO bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung korrigieren lassen, wenn er die Finanzbehörden über seinen damaligen Willensmangel informie­ ren würde. Diese müsste den Bescheid nunmehr unter Beachtung der Nichtigkeit der Willenserklärung abändern, da es sich bei dem Willens­ mangel um eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache handelt. Da es nahezu ausgeschlossen erscheint, dass die Finanzbehörde eigenständig Kenntnis von dem fehlenden aktuellen Erklärungsbewusstsein erlangen kann, läge es bei bloß leicht fahrlässigem Verhalten im Belieben des 349 So auch die Rechtsprechung des BFH und die Ansichten der Literatur. Abwei­ chend nur der 4. Senat in Bezug auf das Gewinnermittlungswahlrecht des § 4 Abs. 3 EStG, siehe etwa BFH v. 19.03.2009 - IV R 57/07, BStBl II 2009, 659, Rn. 24. Diese Ansicht ist jedoch mit der Einordnung der Ausübungserklärung als eine „steuerrechtliche Willenserklärung“ nicht vereinbar.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

Steuerpflichtigen, ob und wann er – unter Beachtung der Festsetzungs­ verjährung – eine Korrektur des Bescheides nach § 173 AO anstrengt. Hinzu kommt, dass es neben dem im Vergleich zum zivilrechtlichen Er­ klärungsempfänger weniger schutzwürdigen Staat oftmals weitere Per­ sonen gibt, die auf die Wirksamkeit der Erklärung vertrauen. So entfal­ ten einige Wahl- und Antragsrechte Drittwirkung, so insbesondere im UmwStG sowie im UStG. Diese Dritten sind zwar nicht die unmittelba­ ren Empfänger der steuerrechtlichen Willenserklärungen, in ihrer Schutz­ bedürftigkeit stehen sie jedoch dem zivilrechtlichen Erklärungsempfän­ ger in nichts nach. Auch sie vertrauen in den Bestand der Erklärung und tätigen auf Grundlage dieses Vertrauens vermögensrelevante Dispositio­ nen. Eine gegebenenfalls jahrelang unerkannte Rechtswidrigkeit und die hieraus resultierende Möglichkeit zur Korrektur des Bescheides aufgrund des fehlenden aktuellen Erklärungsbewusstseins würde dieses Vertrauen stark beeinträchtigen. Sofern man dem Steuerpflichtigen entgegen der Ansicht des Bundesfi­ nanzhofs bei lediglich potenziellem Erklärungsbewusstsein die Möglich­ keit zur Anfechtung der Erklärung einräumt, sind seine Interessen, nicht an die auf Grundlage eines Willensmangels entstandene Erklärung dau­ erhaft gebunden zu sein, ausreichend geschützt. Dies gilt umso mehr, als er sich durch die Anfechtung – mit Ausnahme von Fällen mit Drittwir­ kung – auch nicht analog § 122 BGB schadensersatzpflichtig macht.350 Somit ist es vorzugswürdig, auch im Steuerrecht das potenzielle Erklä­ rungsbewusstsein als Voraussetzung einer wirksamen Willenserklärung ausreichen zu lassen. Verkennt der Steuerpflichtige leicht fahrlässig,351 dass die von ihm abge­ gebene Erklärung eine rechtserhebliche Wirkung entfaltet, muss ihm wie im Zivilrecht die Anfechtung analog § 119 BGB zugebilligt werden.352 Anders als die ihm zustehende Möglichkeit einer Korrektur nach § 173 AO im Falle einer generellen Nichtigkeit muss der Steuerpflichtige hierbei die Anfechtung unverzüglich nach Kenntnis erklären. Hierdurch wäre der Zeitraum, in dem die oben beschriebene Rechtsunsicherheit in Bezug auf den Bestand der Erklärung und den Inhalt des daraufhin ergan­ genen Steuerbescheides besteht, deutlich reduziert und die Vornahme einer Korrektur nicht mehr in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt.

350 Siehe hierzu im 3. Teil III.3.e). 351 Näher zum einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab im 3. Teil III.3.b)cc). 352 So wohl auch BFH v. 11.05.2010 – IX R 26/09, BFH/NV 2010, 2067, Rn. 44; sowie die Vorinstanz FG Berlin-Brandenburg v. 27.05.2009 - 7 K 1233/05 B, EFG 2009, 1695, Rn. 57 ff., wo die Anfechtung jedoch bereits an dem Fehlen einer Anfech­ tungserklärung gescheitert ist.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Handelte der Steuerpflichtige hingegen grob fahrlässig, ist dem Steuer­ recht eine deutlich reduzierte Schutzbedürftigkeit353 zu entnehmen, die einen Ausschluss des Anfechtungsrechtes in diesen Fällen rechtfertigt. Bestätigt wird diese Ansicht dadurch, dass im Ergebnis nichts anderes gelten würde, wenn man zum Schutz des Steuerpflichtigen ein aktuelles Erklärungsbewusstsein fordern würde. Zwar wäre die Wahl- oder Antrags­ ausübung bei lediglich potenziellem Erklärungsbewusstsein in diesem Fall nichtig, eine Korrektur des ergangenen Bescheides nach § 173 AO käme bei grob fahrlässigem Verhalten des Steuerpflichtigen jedoch eben­ falls nicht in Betracht, sodass die Nichtigkeit auf die Steuerfestsetzung auch in diesem Fall keinen Einfluss haben könnte. Bei grober Fahrlässigkeit reicht somit das potenzielle Erklärungsbe­ wusstsein für den Tatbestand einer Willenserklärung aus, ohne dass dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einer rückwirkenden Vernichtung der Erklärung durch Anfechtung zuzubilligen ist. Die Willenserklärung ist somit mit Ausnahme einer etwaigen Änderungs- oder Widerrufsmög­ lichkeit354 bindend. Dieser Ansatz führt zu einer dem Steuerrecht ent­ sprechenden Beachtung der gegenseitigen Interessen des Steuerpflich­ tigen auf der einen und der Finanzbehörde und eventuell betroffener Dritter auf der anderen Seite. (5) Erklärungsbewusstsein bei der Ausübung handelsbilanzieller Wahlrechte Unter Fortgeltung der formellen Maßgeblichkeit355 kann es bei GoB-kon­ formen bilanziellen Wahl- und Antragsrechten aufgrund dieses auf leicht fahrlässigen Verhaltens beschränkten Anfechtungsrechts zu Problemen kommen. Handelsrechtlich richtet sich die Frage des Erklärungsbewusst­ seins nach dem allgemeinen zivilrechtlichen Maßstab, sodass eine An­ fechtung bei potenziellem Erklärungsbewusstsein stets möglich ist. Steuerrechtlich steht dem Steuerpflichtigen das Anfechtungsrecht je­ doch nur bei leicht fahrlässigem Verhalten zu, sodass hieraus bei grob fahrlässigem Verkennen der Rechtserheblichkeit der Erklärung eine Ab­ weichung von Handels- und Steuerbilanz entstehen könnte.

353 Diese geringere Schutzbedürftigkeit zeigt sich auch im Rahmen anderer steuer­ rechtlicher Schutzinstrumente für den Steuerpflichtigen, so etwa bei § 173 AO. Aus diesem Grunde muss das Anfechtungsrecht wegen eines Willensmangels der aus der Sphäre des Steuerpflichtigen stammt bei grob fahrlässigem Verhalten gene­ rell ausgeschlossen werden. Vergleiche hierzu auch die generellen Anforderungen an die Anfechtung der Ausübungserklärung im 3. Teil unter III.3.a)bb) sowie III.3.b)cc). Nichts anderes kann auch für die Anfechtung aufgrund eines potenziel­ len Erklärungsbewusstseins gelten. 354 Dazu im 3. Teil unter II. 355 Ausführlich hierzu unten unter III.3.

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I.  Rechtliche Einordnung der Wahlrechtsausübung

Kann die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes im Steuerrecht nach den allgemeinen Grundsätzen noch geändert oder widerrufen werden,356 zwingt der Maßgeblichkeitsgrundsatz den Steuerpflichtigen dazu, die steuerrechtliche Ausübung an die nach der Anfechtung der handelsrecht­ lichen Ausübung bestehende handelsrechtliche Lage anzugleichen. Sofern eine Änderung bzw. ein Widerruf ausnahmsweise nicht in Betracht kommt, kann der Maßgeblichkeitsgrundsatz jedoch nicht dazu führen, die besonderen steuerrechtlichen Voraussetzungen der Anfechtung einer Ausübungserklärung bei GoB-konformen bilanziellen Wahl- und Antrags­ rechten unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen diese, da sie aus den Besonderheiten des Steuerrechts abgeleitet wurden, als steuerrechtliche Prinzipien der Anwendung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes vorgehen.357 Kommt im Steuerrecht eine Änderung bzw. ein Widerruf der bisherigen Wahl- oder Antragsausübung nicht mehr in Betracht, führt die Anfech­ tung der handelsrechtlichen Ausübung somit im Falle grober Fahrlässig­ keit zu einer abweichenden Ausübung des Wahl- und Antragsrechtes in Handels- und Steuerbilanz.358 Diese Abweichung ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 EStG in ein gesondertes Verzeichnis aufzunehmen. cc) Entbehrlichkeit des Geschäftswillens Verzichtbar ist hingegen auch im Steuerrecht der Geschäftswille des Er­ klärenden, also der Wille, mit seiner Erklärung eine bestimmte Rechts­ folge auszulösen.359 Während dies im Zivilrecht aus der Normierung des Inhaltsirrtums in § 119 Abs. 1 1. Alt BGB abgeleitet wird,360 ist Ausgangs­ punkt der Überlegungen im Steuerrecht § 89 Abs. 1 S. 1 AO. In diesem ist ausdrücklich angeordnet, dass die Finanzbehörde bei „offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis […] unrichtig abgegebenen [Er­ klärungen] oder gestellten [Anträgen]“ eine Berichtigung anregen muss.

356 Allgemein zur Änderung und zum Widerruf im 3. Teil II., zu den hier problemati­ schen bilanziellen Wahl- und Antragsrechten insbesondere unter 4.c). 357 Zu den Grenzen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes, insbesondere aufgrund des Vor­ rangs besonderer steuerrechtlicher Prinzipien: Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 164 ff. EStG; Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 258 ff. EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 375 ff., insbesondere Rn. 381 ff. EStG. 358 Anders war dies unter Geltung der umgekehrten Maßgeblichkeit, da in diesem Fall die handelsrechtliche Lage an die besonderen Voraussetzungen des Steuer­ rechts anzupassen war. Durch das BilMoG wurde die umgekehrte Maßgeblichkeit jedoch abgeschafft. 359 Zum Begriff etwa Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 133 Rn. 7 BGB; Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, Vor § 116 Rn. 28 BGB. 360 Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), Vorbemerkung zu §§ 116 ff. Rn. 29 f. BGB.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Der Geschäftswille kann infolgedessen keine zwingende Voraussetzung der steuerrechtlichen Willenserklärung sein, da eine ohne Geschäftswil­ le abgegebene Erklärung ansonsten bereits unwirksam wäre. In diesem Fall müssten die Finanzbehörden jedoch keine Berichtigung, sondern eine erneute Abgabe der Erklärung anregen. Die Berichtigung einer Er­ klärung setzt deren bisherige Wirksamkeit gerade voraus. 5. Zusammenfassung Die Ausübung steuerlicher Wahl- und Antragsrechte erfolgt durch steu­ errechtliche Willenserklärungen. Aufgrund des Grundsatzes der Gesetz­ mäßigkeit der Besteuerung ist für ihre Zulässigkeit eine gesetzliche Ver­ ankerung notwendig. Aus dem Wesen des sozialen Rechtsstaates sowie aus § 89 Abs. 1 AO folgt auch in Bezug auf die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten eine – restriktiv zu handhabende – Beratungspflicht der Behörde gegenüber dem Steuerpflichtigen. Bei deren Verletzung steht dem geschädigten Steuerpflichtigen ein Folgenbeseitigungsanspruch zu. Fehlen eigene steuerrechtliche Regelungen in Bezug auf die steuerrecht­ liche Willenserklärung, so ist grundsätzlich eine Adaption der zivilrecht­ lichen Regelungen vorzunehmen, sofern hierbei den Besonderheiten des Steuerrechts im Einzelfall Rechnung getragen wird. Dies gilt insbesonde­ re auch für die Auslegung der Ausübungserklärung. Für diese gilt man­ gels spezieller steuerrechtlicher Regelung grundsätzlich der § 133 BGB, sodass der tatsächliche Wille zugrunde gelegt werden muss. Hierbei be­ steht basierend auf dem Wesen des Steuerrechts jedoch die Besonderheit, dass die Finanzverwaltung aufgrund des Untersuchungs- und Betreu­ ungsgrundsatzes verbleibende Zweifel an der Auslegung eigenständig aufzuklären hat. Dem im öffentlichen Recht überaus bedeutsamen Prin­ zip der Meistbegünstigung kommt im Steuerrecht hingegen nur eine un­ tergeordnete Bedeutung zu. Als eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist für eine wirksame Ausübung steuerlicher Wahl- und Antragsrechte der Zugang bei dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt erforderlich. Hierfür reicht es aus, wenn die Erklärung bis zum Ende der Ausübungsfrist in den Macht­ bereich der entsprechenden Behörde gelangt ist, eine tatsächliche Kennt­ nisnahme ist – anders als im Zivilrecht – nicht erforderlich. Aufseiten des subjektiven Tatbestandes gehört der Handlungswille – an­ ders als der Geschäftswille – zu den zwingenden Voraussetzungen für eine wirksame Ausübungserklärung. Die zivilrechtliche Rechtsprechung zum potenziellen Erklärungsbewusstsein kann hingegen nicht ohne Wei­ teres auf das Steuerrecht übertragen werden. In Übereinstimmung mit dem Zivilrecht muss es zwar für die Wirksamkeit der Willenserklärung ausreichen, wenn der Steuerpflichtige die Rechtserheblichkeit seiner 60

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II. Ausübungsbefugnis

­ rklärung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte E erkennen können. Das zivilrechtlich stets zulässige Anfechtungsrecht bei lediglich potenziellem Erklärungsbewusstsein ist im Steuerrecht al­ lerdings auf Fälle zu beschränken, in denen der Steuerpflichtige die Rechtserheblichkeit lediglich leicht fahrlässig verkannt hat. Bei grob fahrlässigem Handeln ist die Willenserklärung hingegen ohne eine An­ fechtungsmöglichkeit wirksam.

II. Ausübungsbefugnis Entscheidend für eine korrekte – und damit auch rechtlich wirksame – Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten ist zunächst die Person des Ausübenden. Nur wenn eine ausübungsbefugte Person die erforderliche Erklärung abgegeben hat, kann ein Wahl- und Antragsrecht seine gewünschten steuerlichen Wirkungen entfalten. 1. Grundsatz: der Steuerpflichtige a) Allgemeines Im Regelfall sind Wahl- und Antragsrechte von dem Steuerpflichtigen auszuüben. Dies ergibt sich teilweise ausdrücklich aus dem Wortlaut des entsprechenden Wahlrechtes.361 In anderen Fällen – wie beispielsweise dem Wahlrecht362 des § 7 Abs. 5 S. 1 EStG oder des § 6b Abs. 10 S. 1 EStG – ist die Ausübungsbefugnis nicht unmittelbar gesetzlich normiert.363 Hier folgt die Ausübungsbefugnis des Steuer(erklärungs)pflichtigen364 aus dem Zusammenspiel von dem Ort der Wahlrechtsausübung in der Steuerer­ klärung365 und der Pflicht und der Zuständigkeit des Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Steuererklärung aus § 149 Abs. 1 S. 1 AO. Wer der jeweilige Steuerpflichtige ist, bestimmt sich gemäß §§ 33 Abs. 1, 149 Abs. 1 S. 1 AO nach den Einzelsteuergesetzen. Steuerpflichtiger der Einkommensteuer – und damit auch der Wahlrechtsausübungsbefugte – ist beispielsweise die natürliche Person, § 1 Abs. 1 S. 1 EStG.366 Im ­Körperschaftsteuergesetz sind die verschiedenen in § 1 Abs. 1 KStG auf­ 361 Siehe hierzu beispielsweise § 7g Abs. 1 S. 1 EStG („Steuerpflichtige können“). 362 Zu der Qualifikation des § 7 Abs. 5 S. 1 EStG als ein steuerliches Wahlrecht siehe z.B. Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 7 Rn. 333 EStG; Brandis in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 Rn. 547 EStG. 363 Vergleiche den Wortlaut: „Bei Gebäuden […] können abweichend […] als Abset­ zung für Abnutzung die folgenden Beträge abgezogen werden“. 364 Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 7 Rn. 333 EStG; Waldhoff in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 Rn. F 18 EStG; Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 81. 365 Näher hierzu nachfolgend unter III. 366 Zur Ausübung in einer Personengesellschaft siehe 2.b)aa).

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II. Ausübungsbefugnis

­ rklärung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte E erkennen können. Das zivilrechtlich stets zulässige Anfechtungsrecht bei lediglich potenziellem Erklärungsbewusstsein ist im Steuerrecht al­ lerdings auf Fälle zu beschränken, in denen der Steuerpflichtige die Rechtserheblichkeit lediglich leicht fahrlässig verkannt hat. Bei grob fahrlässigem Handeln ist die Willenserklärung hingegen ohne eine An­ fechtungsmöglichkeit wirksam.

II. Ausübungsbefugnis Entscheidend für eine korrekte – und damit auch rechtlich wirksame – Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten ist zunächst die Person des Ausübenden. Nur wenn eine ausübungsbefugte Person die erforderliche Erklärung abgegeben hat, kann ein Wahl- und Antragsrecht seine gewünschten steuerlichen Wirkungen entfalten. 1. Grundsatz: der Steuerpflichtige a) Allgemeines Im Regelfall sind Wahl- und Antragsrechte von dem Steuerpflichtigen auszuüben. Dies ergibt sich teilweise ausdrücklich aus dem Wortlaut des entsprechenden Wahlrechtes.361 In anderen Fällen – wie beispielsweise dem Wahlrecht362 des § 7 Abs. 5 S. 1 EStG oder des § 6b Abs. 10 S. 1 EStG – ist die Ausübungsbefugnis nicht unmittelbar gesetzlich normiert.363 Hier folgt die Ausübungsbefugnis des Steuer(erklärungs)pflichtigen364 aus dem Zusammenspiel von dem Ort der Wahlrechtsausübung in der Steuerer­ klärung365 und der Pflicht und der Zuständigkeit des Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Steuererklärung aus § 149 Abs. 1 S. 1 AO. Wer der jeweilige Steuerpflichtige ist, bestimmt sich gemäß §§ 33 Abs. 1, 149 Abs. 1 S. 1 AO nach den Einzelsteuergesetzen. Steuerpflichtiger der Einkommensteuer – und damit auch der Wahlrechtsausübungsbefugte – ist beispielsweise die natürliche Person, § 1 Abs. 1 S. 1 EStG.366 Im ­Körperschaftsteuergesetz sind die verschiedenen in § 1 Abs. 1 KStG auf­ 361 Siehe hierzu beispielsweise § 7g Abs. 1 S. 1 EStG („Steuerpflichtige können“). 362 Zu der Qualifikation des § 7 Abs. 5 S. 1 EStG als ein steuerliches Wahlrecht siehe z.B. Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 7 Rn. 333 EStG; Brandis in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 Rn. 547 EStG. 363 Vergleiche den Wortlaut: „Bei Gebäuden […] können abweichend […] als Abset­ zung für Abnutzung die folgenden Beträge abgezogen werden“. 364 Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 7 Rn. 333 EStG; Waldhoff in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 Rn. F 18 EStG; Michels, Steuerliche Wahlrechte, S. 81. 365 Näher hierzu nachfolgend unter III. 366 Zur Ausübung in einer Personengesellschaft siehe 2.b)aa).

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

geführten Körperschaften selbst steuerpflichtig. Auch die Steuererklä­ rungspflicht des § 149 Abs. 1 AO trifft folglich die Körperschaften, sodass sie dem Grunde nach auch für die Ausübung von Wahl- und Antragsrech­ ten des KStG zuständig sind.367 b) Ausübung durch den gesetzlichen Vertreter Kann ein Steuererklärungspflichtiger die Erklärung selber nicht wirksam abgeben, hat für ihn gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 AO sein gesetzlicher Vertreter zu handeln.368 Natürliche Personen sind grundsätzlich selber handlungsbefugt, d.h. sie können ihre Erklärungen selber wirksam abgeben. Dies ist jedoch anders, wenn es sich – insbesondere aufgrund von Minderjährigkeit – um be­ schränkt geschäftsfähige oder sogar um geschäftsunfähige Personen han­ delt. Zur Feststellung der beschränkten Geschäftsfähigkeit oder der ­Geschäftsunfähigkeit ist auf das bürgerliche Recht zurückzugreifen, ins­ besondere auf die §§ 104 ff. BGB.369 Gesetzlicher Vertreter der beschränkt geschäftsfähigen oder geschäftsunfähigen natürlichen Person können die Eltern, ein Vormund, ein Betreuer oder ein Pfleger sein, §§ 1626 ff., 1773 ff., 1896 ff., 1909 ff. BGB. Im häufigsten Fall, der gesetzlichen Ver­ tretung von Minderjährigen, richtet sich die gesetzliche Vertretung nach der Sorgeberechtigung für den Minderjährigen, § 1629 Abs. 1 BGB. Im Regelfall sind somit beide Eltern die gemeinsamen gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen, §§ 1626 Abs. 1, 1626a BGB.370 Körperschaften als juristische Personen sind ebenfalls nicht selber hand­ lungsfähig, sodass auch sie sich bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 AO von ihrem gesetzlichen Vertreter vertreten lassen müssen. Diese Vertretungsverpflichtung betrifft auch

367 Die hier bestehenden Wahl- und Antragsrechte ergeben sich über den Verweis des § 8 Abs. 1 S. 1 KStG im Wesentlichen auch aus dem EStG. Vgl. hierzu etwa die Auflistung der erfassten Wahl- und Antragsrechte in R 32 Abs. 1 KStR 2004. Die entsprechende Vorschrift wurde in die neue KStR 2015 zwar nicht übernommen. Da die Auflistung in der KStR jedoch bloß deklarativer Natur gewesen ist, ändert dies am Inhalt des Verweises des § 8 Abs. 1 S. 1 KStG nichts; siehe hierzu auch Rengers in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 Rn. 46 KStG; Schallmoser in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 8 Rn. 22 KStG; Frotscher in: Frotscher/ Drüen, KStG, GewStG, UmwStG, § 8 Rn. 38 ff. KStG; Intemann in: Rödder/Her­ linghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 35 KStG. 368 Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 5 AO; Loose in: Tipke/ Kruse, AO, FGO, § 34 Rn. 2 f. AO. 369 Jatzke in: Gosch, AO, FGO, § 34 Rn. 6 AO; Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spita­ ler, AO, FGO, § 34 Rn. 12 AO. 370 Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 34 Rn. 5 AO; Boeker in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 14 AO; Jatzke in: Gosch, AO, FGO, § 34 Rn. 6 AO.

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II. Ausübungsbefugnis

die Steuererklärungspflicht der Gesellschaft aus § 149 Abs. 1 S. 1 AO.371 Für die Körperschaft gibt somit der gesetzliche Vertreter die Steuererklä­ rung ab und ist damit auch die zuständige Person für die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten.372 Für den Vertreter ergibt sich hierdurch zwar eine Haftung aus § 69 Abs. 1 AO, Steuererklärungspflich­ tiger i.S.v. §§ 33 Abs. 1 4. Var., 149 Abs. 1 S. 1 AO wird er jedoch nicht, da er nur „für“ die erklärungspflichtige Körperschaft handelt.373 Gesetzli­ cher Vertreter in der Aktiengesellschaft, in der Genossenschaft sowie in einem eingetragenen Verein ist der Vorstand, § 78 Abs. 1 S. 1 AktG, § 24 Abs. 1 S. 1 GenG, § 26 Abs. 1 S. 2 BGB, in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Geschäftsführer, § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG.374 c) Einschaltung eines Bevollmächtigten Nach § 80 Abs. 1 S. 1 AO ist es einem an sich handlungsfähigen Steuer­ pflichtigen oder dem handlungsfähigen gesetzlichen Vertreter eines Steu­ erpflichtigen als Beteiligter am Steuerverfahren möglich, sich durch ­einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen.375 Anders als im Falle der zwangsweisen Einschaltung eines gesetzlichen Vertreters beruht diese Verfahrensbeteiligung des Bevollmächtigten auf einer freiwilligen Be­ vollmächtigungserklärung durch den Steuerpflichtigen, er ist damit sein gewillkürter Vertreter.376 Durch die Stellung als Bevollmächtigter ist dieser – neben dem weiterhin handlungsbefugten Steuerpflichtigen377 – dazu berechtigt, im Namen378 und mit Wirkung für und gegen379 den Steuerpflichtigen Verfahrenshand­ lungen im Besteuerungsverfahren vorzunehmen. Diese Vollmacht zur Abgabe von Verfahrenshandlungen erfasst neben der Vornahme von tat­ 371 Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 45 AO; Loose in: ­Tipke/Kruse, AO, FGO, § 34 Rn. 19 AO. 372 Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 67. 373 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 33 Rn. 10 AO. 374 Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 34 Rn. 6 AO; Boeker in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 24 AO; Ziemons in: Ziemons/Binnewies/Bächle, Handbuch Aktiengesellschaft, Rn. I 8.490 f.; Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 67; zur Ausübungsbefugnis des Geschäftsführers einer GmbH siehe BFH v. 28.05.2008 - I R 98/06, BStBl II 2008, 916, Rn. 16 f. Zur Entscheidungsfindung in­ nerhalb eines mehrköpfigen Vertretungsorgans (2.a)) und der Beteiligung weiterer Organe (1.e)) siehe im Folgenden. 375 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 9 AO. 376 Mues in: Gosch, AO, FGO, § 80 Rn. 7 AO; Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 80 Rn. 4 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 13 AO. 377 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 80 Rn. 5 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 34 AO; Schneider in: Schwarz/Pahlke, AO, § 80 Rn. 14 AO. 378 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 80 Rn. 4 AO. 379 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 35 AO; Drüen in: Tipke/ Kruse, AO, FGO, § 80 Rn. 5 AO.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

sächlichen Handlungen und der Abgabe von Wissenserklärungen insbe­ sondere auch die Abgabe von steuerrechtlichen Willenserklärungen380 und damit die Ausübung von steuerlichen Wahl-381 und Antragsrechten.382 Einer wirksamen Ausübung von Wahl- und Antragsrechten durch den Bevollmächtigten steht es nicht entgegen, dass dieser ohne das Wissen oder sogar gegen den Willen des Steuerpflichtigen gehandelt hat.383 Kommt es infolgedessen zu einer divergierenden Ausübung durch den Steuerpflichtigen und seinen Bevollmächtigten, ist die Ausübung durch den Steuerpflichtigen selbst nicht ohne Weiteres vorrangig. Vielmehr gilt in diesem Fall im Zweifel das spätere Vorbringen als Abänderung oder Klarstellung des Früheren und ist als die letzten Endes maßgebliche Er­ klärung anzusehen.384 Individuelle Beschränkungen der Vollmacht – zum Beispiel ein Verbot für die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten – bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nach § 80 Abs. 1 S. 2 AO einer ausdrücklichen oder konklu­ denten385 Aufnahme in die Vollmachtserteilung und müssen gegenüber der Finanzbehörde kenntlich gemacht werden.386 Für die Ausübung eines steuerlichen Wahl- und Antragsrechtes bedeutet dies, dass bei Vorhandensein eines Bevollmächtigten dieser – neben dem Steuerpflichtigen, aber jeweils alleine – zur Ausübung des entsprechen­ den Rechtes immer dann befugt ist, wenn im Rahmen der Vollmachtser­ teilung keine Einschränkung vorgesehen wurde. Übt der Bevollmächtig­ te das Wahl- oder Antragsrecht aus, so ist dies wie eine Ausübung durch den Steuerpflichtigen selbst zu behandeln.387 380 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 80 Rn. 15 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 131 AO. 381 BFH v. 08.03.2007 - IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640, Rn. 27. In dem vom BFH zu entscheidenden Fall ging es speziell um die Ausübung des Wahlrechtes zur Be­ triebsaufgabe; Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 80 Rn. 15 AO. 382 Hirschfeld, DB 1962, 384; Rüsken in: Gosch, AO, FGO, § 80 Rn. 11 AO (Stand 64. EGL März 2007). 383 BFH v. 08.03.2007 - IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640, Rn. 27; so auch Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 151 AO. Die Verfahrenshandlung bleibt in diesem Fall voll wirksam, der Bevollmächtigte macht sich bei Missach­ tung der Weisungen im Innenverhältnis jedoch möglicherweise Schadensersatz­ pflichtig. 384 Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 14 Rn. 7 VwVfG m.w.N.; so auch für das Steuerrecht Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 34 AO. Dies gilt selbstverständlich nur, wenn auch die spätere Ausübung fristgerecht er­ folgt ist (siehe IV.) und nicht aufgrund einer vorherigen Bindung an die erste Aus­ übung ausgeschlossen ist (hierzu im 3. Teil I. und II.). 385 FG Niedersachsen v. 23.05.1990 - III 450/89, EFG 1990, 504, „Die Einschränkung ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang“; Mues in: Gosch, AO, FGO, § 80 Rn. 34 AO: „Sie kann aber auch konkludent erfolgen“. 386 BFH v. 30.07.1953 - IV 524/52 U, BStBl III 1953, 288, Rn. 9. 387 Mues in: Gosch, AO, FGO, § 80 Rn. 26 AO.

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II. Ausübungsbefugnis

d) Zulässigkeit einer nachträglichen Genehmigung Übt ein Nichtberechtigter das dem Steuerpflichtigen zustehende Wahloder Antragsrecht aus, stellt sich die Frage, ob dieser Mangel in Bezug auf die Antragsberechtigung nachträglich durch eine Genehmigung geheilt werden kann. Relevant wird diese Frage weniger in den Fällen, in denen die Genehmigung der Ausübung noch innerhalb der zeitlichen Aus­ übungsgrenzen388 erteilt wird. In einem solchen Fall kann eine ausdrück­ lich erklärte Genehmigung notfalls in eine eigene Antragstellung oder Wahlrechtsausübung des Steuerpflichtigen umgedeutet werden. Bedeu­ tung erlangt die Frage der Genehmigungsfähigkeit vielmehr dann, wenn die Frist für eine Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes zwischenzeit­ lich abgelaufen ist, die Ausübung durch den Nichtberechtigten hingegen fristgerecht erfolgte.389 Die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes ist als steuerrechtliche Willenserklärung zugleich Verfahrenshandlung im Besteuerungsverfah­ ren.390 Die Heilung unwirksamer Verfahrenshandlungen durch eine nach­ trägliche Genehmigung wird grundsätzlich für zulässig erachtet.391 Diese ausdrücklich oder konkludent392 zu erteilende Genehmigung wirkt grund­ sätzlich ex tunc,393 sodass die Verfahrenshandlung als von Anfang an wirksam anzusehen ist. Die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten führt allerdings zu systemwidrigen und gleich­ heitswidrigen Folgen, die nicht ohne Weiteres hingenommen werden können. Erfährt der Steuerpflichtige davon, dass ein Nichtberechtigter in seinem Namen gehandelt hat, könnte er – wenn man die voraussetzungs­ lose Genehmigung für den bestehenden Schwebezustand zulassen wür­ de – die etwaigen Ausübungsfristen für Wahl- und Antragsrechte voll­ ständig umgehen. Für die Finanzbehörden hätte dies die negative Folge, 388 Dazu näher unter IV. 389 Ähnlich allgemein zur steuerrechtlichen Willenserklärung Klemp, Öffentlich-­ rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 63. 390 So der BFH speziell zum Wahlrecht der Betriebsaufgabe, BFH v. 08.03.2007 - IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640, Rn. 27. 391 BFH v. 18.10.1988 - VII R 123/85, BStBl II 1989, 76, Rn. 22; Ebling, DStZ 1998, 322, 327; so auch Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 79 Rn. 10 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 79 Rn. 132 AO. 392 Ebling, DStZ 1998, 322, 327; Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 79 Rn. 10 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 79 Rn. 137 AO. 393 BFH v. 08.03.2007 - IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640, Rn. 27; Drüen in: Tipke/ Kruse, AO, FGO, § 79 Rn. 11 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 79 Rn. 139 AO. Eine Ausnahme kommt allenfalls bei unwirksamer Bekanntgabe eines Steuerbescheides durch die Finanzbehörden gegenüber einem Nichtberech­ tigten in Betracht. Die ex tunc Wirkung der Genehmigung würde hier ansonsten zu einer Verwehrung der gesetzlichen Rechtsbehelfsfristen führen.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

dass die genaue Höhe der Besteuerung entgegen des Zwecks der gesetzli­ chen Befristungen unter Umständen erst viele Jahre nach Ende des Ver­ anlagungszeitraumes endgültig feststehen würde, ohne dass dies der Fi­ nanzbehörde – anders als im Falle eines langjährigen Rechtsstreits über die Besteuerung – bewusst sein muss. Auch unter Gleichheitsgesichtspunkten ist zumindest die vorausset­ zungslose Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung der fehlerhaf­ ten Ausübung von Wahl- und Antragsrechten nicht hinzunehmen. Durch die unwirksame Ausübung entsteht ein Schwebezustand, der, sofern das Finanzamt diesen nicht bemerkt und dem Steuerpflichtigen somit aus­ nahmsweise eine Genehmigungsfrist setzen kann, theoretisch unendlich lange andauern kann. Der Steuerpflichtige könnte hierdurch die Fortent­ wicklung seiner Geschäfte in aller Ruhe abwarten und auf Grundlage späterer Erfahrungen darüber entscheiden, ob bzw. wie er das Wahl- oder Antragsrecht rückwirkend ausüben möchte. Der hierdurch besser informierte Steuerpflichtige wäre gegenüber an­ deren Steuerpflichtigen, die die Ausübung aufgrund gesetzlicher Aus­ übungsfristen von einer unsicheren Prognose abhängig machen müssen, ungerechtfertigt begünstigt. Die Möglichkeit einer nachträglichen Ge­ nehmigung der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten muss zur Rechtfertigung des Gleichheitsverstoßes somit auf einem sachlichen Grund beruhen.394 Ein sachlicher Grund kann insbesondere in dem schutzwürdigen Ver­ trauen des gutgläubigen Steuerpflichtigen in eine wirksame Ausübung der Wahl- und Antragsrechte durch seinen Vertreter oder Bevollmächtig­ ten zu sehen sein. In diesem Fall bestünde ein schützenswertes Interesse daran, dass ihm nach der Entdeckung eines Fehlers in der Bevollmächti­ gung die Möglichkeit zur Genehmigung der Ausübung eingeräumt wird. Dies kann etwa dann vorkommen, wenn der Steuerpflichtige einen Be­ vollmächtigten mit der Ausübung seiner Wahl- und Antragsrechte beauf­ tragen wollte, er aber bei der Vollmachtserteilung nicht geschäfts- und somit auch nicht handlungsfähig war.395 Ging der Steuerpflichtige in ei­ nem solchen Fall gutgläubig von der Wirksamkeit der Bevollmächtigung aus, und somit auch von der Wirksamkeit der Wahl- oder Antragsaus­ übung durch den Bevollmächtigten, und unterlässt er aufgrund dessen trotz wiedergewonnener Handlungsfähigkeit eine eigene Ausübung, kann es billig sein, ihm die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung der Ausübung einzuräumen. 394 Allgemein zur Rechtfertigung von Gleichheitsverstößen Kischel in: Epping/Hill­ gruber, GG, Art. 3 Rn. 34 ff. GG. 395 Siehe hierzu etwa Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 53 f. AO.

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II. Ausübungsbefugnis

Voraussetzung für eine nachträgliche Genehmigung muss neben dem Vorhandensein eines sachlichen Grundes auch sein, dass zumindest nach Ablauf einer gesetzlichen Ausübungsfrist der Steuerpflichtige die Geneh­ migung unverzüglich nach Kenntniserlangung von dem Handeln des Nichtberechtigten erteilt oder verweigert. Das Kriterium der Unverzüg­ lichkeit gibt dem Steuerpflichtigen genau die Zeit, die er benötigt, um selber über die Ausübung entscheiden zu können und die hierfür gegebe­ nenfalls erforderlichen Informationen zusammenzutragen. Nur in dieser engen zeitlichen Grenze ist es billig, die Durchbrechung des Gleichheits­ satzes und die entstehende Rechtsunsicherheit aufgrund der Gutgläubig­ keit des Steuerpflichtigen in seine wirksame Vertretung hinzunehmen. Jede weitere Verzögerung der Genehmigung würde hingegen zu einer Vertiefung des Gleichheitsverstoßes führen, der sachlich nicht zu recht­ fertigen wäre. Genehmigt der Steuerpflichtige die Ausübung durch den Nichtberechtig­ ten nicht unverzüglich, können in dem oben genannten Beispiel auch die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht396 nicht herange­ zogen werden, da ansonsten der zwischenzeitlich fehlenden Handlungs­ fähigkeit nicht genügend Rechnung getragen wird. Voraussetzung für eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht ist immer ein zurechenbarer Rechtsschein des Vertretenen. Diesen kann ein Handlungsunfähiger durch eine unwirksame Bevollmächtigung nicht setzen.397 Auf die später wiedergewonnene Geschäfts- und Handlungsfähigkeit kann es, wie sich aus der Wertung des § 108 Abs. 3 BGB ergibt, für die Frage des zurechenbaren Rechtsscheins nicht ankommen. § 108 Abs. 3 BGB ordnet ausdrücklich an, dass der Minderjährige nach Erreichen der Volljährigkeit, d.h. nach Wegfall der beschränkten Geschäftsfähigkeit seine Genehmigung erteilen muss. Dies kann zwar auch konkludent398 erfolgen, die reine Passivität kann für die Wirksamkeit des Vertrages je­ doch nicht ausreichen.399 Hieraus ergibt sich, dass auch der zwischenzeit­ lich handlungsunfähige Steuerpflichtige den in der Handlungsunfähig­ keit vorgenommenen Rechtsgeschäften nicht durch bloße Untätigkeit zur Wirksamkeit verhelfen kann.

396 Siehe zur Anscheins- und Duldungsvollmacht Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 80 Rn. 10 ff. AO; sowie Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 90 ff. AO m.w.N. 397 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 80 Rn. 92, Rn. 95 AO. 398 Spickhoff in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 108 Rn. 33 BGB; Knothe in: Staudin­ ger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 108 Rn. 20 BGB. 399 Knothe in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 108 Rn. 19 BGB; Spickhoff in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 108 Rn. 32 BGB.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Dieses Ergebnis wird zudem durch § 111 S. 1 BGB gestützt der besagt, dass einseitige Rechtsgeschäfte wie die Vollmachtserteilung400 nicht ge­ nehmigungsfähig sind.401 Kommt schon eine Genehmigung der unwirk­ sam erteilten Vollmacht durch aktives Tun nicht in Betracht, so kann dieses Ergebnis erst recht nicht dadurch umgangen werden, dass seine bloße Passivität im Wege der Anscheins- oder Duldungsvollmacht den Weg für eine Vollmachtserteilung freimacht.402 Zum Schutz des vorübergehend geschäftsunfähigen Steuerpflichtigen und des Rechtsverkehrs vor einem dauerhaften Schwebezustand muss somit nach Ablauf des Zeitraums der „Unverzüglichkeit nach Kenntniserlan­ gung“ die Genehmigungsfähigkeit wegfallen. Hieraus folgt die endgültige Nichtausübung des entsprechenden Wahl- oder Antragsrechtes. Schutz­ würdige Interessen des Steuerpflichtigen stehen dem nicht entgegen, da ihm der Zeitraum der Unverzüglichkeit ausreichend Zeit für seine Ent­ scheidung und für die Ausübung zugebilligt hat. Ein darüber hinausge­ hendes schutzwürdiges Interesse, sich mit der Ausübung Zeit lassen zu können, besteht nach Ablauf der eigentlichen Ausübungsfrist nicht mehr. e) Beteiligung weiterer Organe In den einzelnen Körperschaften des § 1 Abs. 1 KStG gibt es neben dem Vorstand oder dem Geschäftsführer als gesetzlichem Vertreter zumeist noch ein oder mehrere andere Organe. Ob diese in Bezug auf die steuerli­ chen Wahl- und Antragsrechte eine eigene (Mit-)Entscheidungskompe­ tenz besitzen, soll im Weiteren überprüft werden. aa) Aktiengesellschaft (1) Befugnisse des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ist bei der Abgabe der Steuer­ erklärung – und somit auch bei der Ausübung von steuerlichen Wahlund Antragsrechten – nicht entscheidungsbefugt.403 Es handelt sich hier­ bei um Vertretungsmaßnahmen404 des Vorstands gegenüber dem Finanzamt 400 Schilken in: Staudinger, §§ 164–240 (Allgemeiner Teil 5), § 167 Rn. 10 BGB; Schubert in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 167 Rn. 5 BGB; Ellenberger in: Palandt, BGB, Überbl v § 104 Rn. 11 BGB, § 167 Rn. 1 BGB. 401 So zumindest die h.M. im Zivilrecht, siehe etwa Knothe in: Staudinger, §§ 90– 124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 111 Rn. 3 f. BGB; Spickhoff in: Säcker/­ Rixecker, MüKo BGB, § 111 Rn. 10 BGB m.w.N. 402 § 111 S. 1 BGB verbietet jedoch nicht die nachträgliche Genehmigung der Wahl­ rechtsausübung als solche. Bei dieser geht es ja gerade nicht um die nachträgliche Herstellung der Vollmacht, sondern um die Genehmigung des vom Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommenen Rechtsgeschäftes. 403 Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 67. 404 Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 67.

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II. Ausübungsbefugnis

gemäß § 78 Abs. 1 AktG, die diesem gemäß § 82 Abs. 1 AktG nicht ent­ zogen werden können. Die Befugnisse des Aufsichtsrats beschränken sich vielmehr auf die Kon­ trolle der Zweckmäßigkeit der Ausübung der Wahl- und Antragsrechte im Rahmen seiner Kontrollfunktion aus § 111 Abs. 1, Abs. 2 AktG.405 Auch die Kontrolle des handelsrechtlichen Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat nach § 171 Abs. 1 S. 1 AktG beinhaltet die Überprüfung der Zweckmäßigkeit von bilanzpolitischen Entscheidungen, insbesondere der Zweckmäßigkeit der ausgeübten handelsrechtlichen Wahlrechte.406 Da die Steuerbilanz aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips der § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 1 EStG, § 8 Abs. 1 S. 1 KStG überwiegend der Handelsbilanz ent­ spricht, wirkt sich dieses Prüfungsrecht theoretisch auch auf die Steuerbi­ lanz aus. Es greift jedoch nicht ein, wenn der Vorstand in Übereinstim­ mung mit § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG, § 8 Abs. 1 S. 1 KStG in der Steuerbilanz einen anderen Ansatz als in der Handelsbilanz gewählt hat.407 Des Weiteren kann der Aufsichtsrat selbst bei Bedenken gegen den han­ delsbilanziellen Wertansatz nicht einfach in eigener Person eine ab­ weichende Wahl treffen.408 Er ist vielmehr darauf beschränkt, durch ein Einwirken auf den Vorstand diesen dazu zu bewegen, das Wahl- und An­ tragsrecht in der nach Ansicht des Aufsichtsrates zweckmäßigeren Wei­ se auszuüben.409 Als Druckmittel kann ihm hierbei allenfalls die Ankün­ digung dienen, die zu dessen Wirksamkeit erforderliche410 Feststellung des (handelsrechtlichen) Jahresabschlusses zu verweigern.411 Eine für die Steuerbilanz wirksame Wahl- oder Antragsausübung kann er auch durch diese Drohung jedoch nicht verhindern. Die nach dem Maßgeblichkeits­ grundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 1 EStG aufgestellte Steuerbilanz – und damit auch die hierin steuerrechtlich bindende Wahl- oder Antragsaus­ übung – setzt die wirksame Feststellung der zugrunde liegenden Han­ delsbilanz gerade nicht voraus.412 405 Jaeger in: Ziemons/Binnewies/Bächle, Handbuch Aktiengesellschaft, Rn. I 9.139; Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 67. 406 Hennrichs/Pöschke in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 171 Rn. 36 ff. AktG; Hüffer/Koch, Aktiengesetz, § 171 Rn. 7 AktG; Forster, FS Kropff, 71, 84 m.w.N. 407 Dieses Argument greift nach der hier vertretenen Ansicht, nach der GoB-konfor­ me Wahl- und Antragsrechte unbeschadet des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG in Über­ einstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben sind, jedoch nicht ein. Dazu III.3. 408 Hennrichs/Pöschke in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 171 Rn. 53 AktG; Ekkenga in: Zöllner/Noack, KölnerKomm AktG, § 171 Rn. 42 AktG. 409 Hennrichs/Pöschke in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 171 Rn. 53 AktG. 410 Hennrichs/Pöschke in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 172 Rn. 12 f. AktG; Vetter in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 172 Rn. 8 AktG. 411 Hennrichs/Pöschke in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 171 Rn. 53 AktG. 412 BFH v. 28.05.2008 - I R 98/06, BStBl II 2008, 916, Rn. 15 ff.; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 196 EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Abschließend lässt sich somit sagen, dass der Aufsichtsrat – trotz seiner weitreichenden Befugnisse zur Kontrolle des handels- und steuerrechtli­ chen Jahresabschlusses – weder eine Handhabe gegen die ihm unzweck­ mäßig erscheinende Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrech­ ten durch den Vorstand hat, noch eine solche Wahl selber treffen kann. Ihm bleibt vielmehr nur eine beratende und beobachtende Funktion. (2) Hauptversammlung Dieselben Überlegungen gelten auch, wenn die Hauptversammlung den handelsrechtlichen Jahresabschluss nicht bloß nach §§ 175 Abs. 1, Abs. 2, 176 Abs. 1 S. 2 AktG zur Einsicht vorgelegt bekommt, sondern aufgrund einer Feststellungsverweigerung durch den Aufsichtsrat oder einer ge­ meinsamen Vorlage durch Vorstand und Aufsichtsrat selber gemäß § 173 Abs. 1 AktG über die Feststellung zu entscheiden hat. Auch die Haupt­ versammlung hat in diesen Fällen keine Entscheidungskompetenz in Sa­ chen Wahl- und Antragsausübung. bb) GmbH In einer GmbH ist wie oben dargestellt der Geschäftsführer als gesetz­ licher Vertreter zur Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrech­ ten zuständig.413 Hieran ändert auch die Weisungsgebundenheit414 des GmbH-­Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern aus § 37 Abs. 1 GmbHG nichts. Denn obwohl für den Geschäftsführer die Weisungen der Gesellschafter intern bindend sind,415 bleibt im Außenverhältnis nach § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG er, und nicht die Gesellschafter, alleiniger gesetzlicher Vertreter der GmbH.416 Eine Beschränkung seiner Vertre­ tungsbefugnis durch eine Weisung nach § 37 Abs. 1 GmbHG ist zwar im Innverhältnis wirksam, hat jedoch gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG – von Ausnahmefällen abgesehen417 – keine Wirkungen im Außenverhältnis.418 Somit ist eine Wahlrechtsausübung des Geschäftsführers gegenüber dem 413 BFH v. 28.05.2008 - I R 98/06, BStBl II 2008, 916, Rn. 17; siehe hierzu speziell auch Fuhrmann in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 2201. 414 Oetker in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 37 Rn. 11 GmbHG; Bochmann/ Cziupka in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 1465. 415 Oetker in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 37 Rn. 11 GmbHG; Stephan/ Tieves in: Fleischer/Goette, MüKo GmbHG, § 37 Rn. 107 GmbHG; Bochmann/ Cziupka in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 1468 f. 416 BFH v. 28.05.2008 - I R 98/06, BStBl II 2008, 916, Rn. 16; Oetker in: Henssler/ Strohn, Gesellschaftsrecht, §§ 35 Rn. 34, 37 Rn. 15 GmbHG. 417 Zu nennen wäre hier insbesondere der Missbrauch der Vertretungsmacht, vgl. Stephan/Tieves in: Fleischer/Goette, MüKo GmbHG, § 37 Rn. 172 ff. GmbHG. 418 Dies gilt auch im Verwaltungsverfahren, Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 51 GmbHG; Stephan/Tieves in: Fleischer/Goette, MüKo ­GmbHG, § 37 Rn. 170 GmbHG.

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II. Ausübungsbefugnis

Finanzamt auch dann wirksam, wenn diese einer internen Weisung sei­ tens der Gesellschafter widerspricht.419 Dies gilt auch dann, wenn in der Satzung der GmbH ein Zustimmungs­ vorbehalt der Gesellschafterversammlung nach § 37 Abs. 2 S. 2 GmbHG für die Abgabe der Steuererklärung – und damit auch für die Ausübung der steuerlichen Wahl- und Antragsrechte – vorgesehen ist. Dieser Zu­ stimmungsvorbehalt wäre im Innenverhältnis zwar genau wie eine Wei­ sung zwingend zu beachten, kann jedoch wegen § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG die Vertretungsmacht des Geschäftsführers im Außenverhältnis nicht beschränken.420 Auch dessen Missachtung lässt mithin die Wirksamkeit der Ausübung unberührt. Die Zuständigkeit der Gesellschafter für die Feststellung des Jahresab­ schlusses nach § 46 Nr. 1 GmbHG betrifft wie beim Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft lediglich die Handelsbilanz.421 Ein wirksames Mittel zur Überwachung der bilanzpolitischen Entscheidungen des Geschäfts­ führers stellt sie wie auch in der Aktiengesellschaft gleichwohl nicht dar. Auch bei Vorhandensein eines Aufsichtsrates in der GmbH ändert sich an dieser unbeschränkten Zuständigkeit der Geschäftsführer nichts. Der Aufsichtsrat einer GmbH hat zwar ebenfalls das Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG, § 170 f. AktG, worunter auch die Kontrolle von bilanzpolitischen Entscheidungen des Geschäfts­ führers fällt.422 Hier gilt jedoch ebenfalls das oben zum Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft Gesagte. Auch der Aufsichtsrat in einer GmbH kann weder selbst ein steuerliches Wahl- oder Antragsrecht ausüben, noch die Ausübung durch den Geschäftsführer effektiv verhindern. cc) Zusammenfassung Abschließend lässt sich sagen, dass bezüglich der Ausübung von steuer­ lichen Wahl- und Antragsrechten keinem anderen Organ privatrechtli­ cher Körperschaften grundlegende Rechte zukommen. Alle denkbaren Druckmittel der anderen Organe wie beispielsweise Weisungen oder die Ausübung von Kontrollrechten sind dem Innenverhältnis zuzuordnen und somit ohne Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Ausübung im Außenverhältnis.

419 So auch das FG Niedersachesen v. 02.11.2006 – 6 K 502/02, EFG 2007, 472, Rn. 26. 420 Fuhrmann in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 2147; Stephan/ Tieves in: Fleischer/Goette, MüKo GmbHG, § 37 Rn. 124 GmbHG. 421 BFH v. 28.05.2008 - I R 98/06, BStBl II 2008, 916, Rn. 16. 422 Fuhrmann in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 1840.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

2. Besonderheiten bei Personenmehrheiten Die Ausübung durch den Steuerpflichtigen oder seinen gesetzlichen Ver­ treter bereitet solange keine Probleme, wie es sich hierbei um eine einzi­ ge natürliche Person oder um den Alleinvertreter einer juristischen Per­ son handelt. Liegen dagegen Personenmehrheiten vor, ist die Ermittlung des Erklärungsbefugten sowie eine etwaige interne Abstimmung proble­ matisch. a) Mehrheit an gesetzlichen Vertretern Eine solche Personenmehrheit liegt zunächst vor, wenn ein Steuerpflich­ tiger nicht nur einen, sondern mehrere gesetzliche Vertreter hat. Dies ist beispielsweise in dem üblichen Fall gegeben, dass Vorstand oder Ge­ schäftsführung einer Körperschaft aus mehreren natürlichen Personen besteht. Hierbei ist selbstverständlich, dass für einen Steuerpflichtigen – vertreten durch seine gesetzlichen Vertreter – ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht einheitlich ausgeübt werden muss. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Erklärung von allen Vertretern gemeinsam oder von einem Vertreter alleine abgegeben werden kann. Zudem ist zu überprüfen, in­ wieweit etwa bei einer Einzelvertretung eine interne Zustimmungs­ pflicht der übrigen gesetzlichen Vertreter gegeben sein könnte. aa) Ausübungsbefugnis in Körperschaften Grundsätzlich können sich die gesetzlichen Vertreter den Pflichten aus § 34 Abs. 1 AO nicht durch privatrechtliche Vereinbarung entziehen. Dies folgt aus deren Charakter als eine öffentlich-rechtliche Pflicht.423 Daher kann auch die interne Geschäftsverteilung zwischen den verschie­ denen Vertretern deren Verpflichtung zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten nicht berühren.424 Zur Erfüllung dieser Pflichten sind alle ge­ setzlichen Vertreter folglich selbst dann selbstständig verantwortlich, wenn sie lediglich zur gemeinsamen Vertretung befugt sind. Das Finanz­ amt kann auch die nur zu einer gemeinsamen Vertretung befugten ge­ setzlichen Vertreter bei Nichterfüllung dieser Pflichten nach § 69 AO in Anspruch nehmen.425

423 BFH v. 13.09.1988 - VII R 35/85, BFH/NV 1989, 139, Rn. 19; Loose in: Tipke/Kru­ se, AO, FGO, § 34 Rn. 16 AO; Jatzke in: Gosch, AO, FGO, § 34 Rn. 47 AO. 424 Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 34 Rn. 16 AO; Boeker in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 53 AO. 425 RFH v. 17.12.1924 - VII v A 56/24, RFHE 15, 146, 147; BFH v. 29.05.1990 - VII R 85/89, BStBl II 1990, 1008, Rn. 11; BFH v. 30.06.1995 - VII R 87/94, BFH/NV 1996, 3, Rn. 9; die interne Geschäftsverteilung zwischen den Geschäftsführern kann je­ doch für die Frage des Verschuldens Relevanz erlangen, dazu Loose in: Tipke/Kru­ se, AO, FGO, § 69 Rn. 32 AO; bei der Übertragung der Pflichten auf Mitarbeiter

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II. Ausübungsbefugnis

Diese Überlegungen greifen für die Ausübung von steuerlichen Wahlund Antragsrechten der Sache nach jedoch nicht. Deren Ausübung ist den gesetzlichen Vertretern zwar als ein Teil ihrer Steuererklärungs­ pflicht für die vertretene Körperschaft übertragen,426 sie ist jedoch keine steuerliche Verpflichtung im Sinne des § 34 Abs. 1 AO, sondern ein Recht der Körperschaft, der sie angehören. Dieses Recht auch tatsächlich auszuüben kann der Körperschaft vom Finanzamt nicht aufgezwungen werden,427 sodass die obigen Ausführungen zur selbstständigen Pflichten­ erfüllung durch die gemeinsamen Vertreter nicht übertragen werden können. Bei der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten handelt es sich vielmehr um eine gewöhnliche Vertretungsmaßnahme für die Gesellschaft. In Bezug auf die interne Zuständigkeit und die Aus­ übung im Außenverhältnis müssen folglich die allgemeinen Geschäfts­ führungs- und Vertretungsregelungen der jeweiligen Körperschaft gelten. In der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beispielsweise ist gesetzlicher Regelfall die gemeinschaftliche (Aktiv-) Vertretung nach § 78 Abs. 2 S. 1 AktG, § 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG.428 Somit sind die verschiedenen Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer immer nur gemeinsam zur Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrech­ ten befugt.429 Anders ist dies jedoch dann, wenn eine abweichende gesell­ schaftsvertragliche Vertretungsregelung getroffen worden ist. Es sind dann die jeweiligen hierzu geltenden Grundsätze zu beachten.430 Möglich ist jedoch – auch bei Vorliegen des gesetzlichen Leitbildes der Gesamtvertretung – die Einzelermächtigung eines gesetzlichen Vertreters durch die übrigen Vertreter gemäß § 78 Abs. 4 S. 1 AktG.431 Zudem ist es auch bei der Gesamtvertretung nicht zwingend erforderlich, dass alle ge­ setzlichen Vertreter im Außenverhältnis zusammenwirken. Vielmehr ist ebenfalls ausreichend, wenn im Außenverhältnis ein einziger gesetzli­ cher Vertreter nach interner Zustimmung der übrigen Vertreter auftritt.432 kann ein Überwachungsverschulden des Vertreters verbleiben, Boeker in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 69 Rn. 42 AO. 426 Siehe hierzu oben 1.b). 427 Schick, StuW 1969, 361, 365. 428 Stephan/Tieves/Jaeger/Steinbrück in: Fleischer/Goette, MüKo GmbHG, § 35 Rn. 119 GmbHG; Spindler in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 78 Rn. 27 AktG. 429 Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 368; Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 69; Rose, StbJb 1979/1980, 49, 71. 430 Siehe hierzu beispielsweise die Auflistung von Spindler in: Goette/Habersack/ Kalss, MüKo AktG, § 78 Rn. 33 ff. AktG. 431 Spindler in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 78 Rn. 63 AktG; dies gilt – trotz fehlender gesetzlicher Regelung – auch für eine GmbH: OLG München v. 19.09.2013 - 23 U 1003/13, DB 2013, 2260; Oetker in: Henssler/Strohn, Gesell­ schaftsrecht, § 35 Rn. 63 GmbHG. 432 Spindler in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 78 Rn. 58 AktG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Auch die interne Beschlussfassung über die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten, d.h. die Geschäftsführungsbefugnis,433 steht nach dem gesetzlichen Leitbild den Vertretern einer Körperschaft gemein­ sam zu.434 Daraus folgt, dass im Rahmen der Beschlussfassung über die Ausübung stets Einstimmigkeit, d.h. die Zustimmung aller Vorstands­ mitglieder oder Geschäftsführer erforderlich ist.435 Dies gilt – vorbehalt­ lich anderweitiger Regelungen durch den Gesellschaftsvertrag – auch dann, wenn im Außenverhältnis ein Vertreter Einzelvertretungsbefugnis hat, da ein Gleichlauf von Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis nicht zwingend erforderlich ist.436 Ein Verstoß gegen die Pflicht zur inter­ nen Abstimmung im Rahmen der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis ist im Außenverhältnis wegen der Unbeschränkbarkeit der Vertretungs­ macht jedoch irrelevant. bb) Vertretung natürlicher Personen Auch wenn eine natürliche Person von mehreren gesetzlichen Vertretern vertreten wird,437 so insbesondere bei der gemeinsamen elterlichen Sorge der Eltern für einen Minderjährigen, liegt grundsätzlich ein Fall der Ge­ samtvertretung vor, § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB. Somit müssen die Eltern das Kind bei der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten grundsätzlich gemeinsam vertreten.438 Es steht den Eltern jedoch offen, dass ein Elternteil dem Anderen eine Bevollmächtigung zur Ausübung der Vertretungsmacht über das Kind erteilt. Auch dann liegt dann zwar weiterhin ein Fall der Gesamtvertretung vor, es kann nunmehr allerdings ein Elternteil alleine handeln, weil es gleichzeitig das andere Elternteil in dessen Sorgeausübung vertreten darf.439 cc) Zwangsmittel anderer Vertreter zur Durchsetzung einer Ausübung Weigert sich einer der gemeinsamen Vertreter, die entsprechende Aus­ übung des Wahl- oder Antragsrechtes mit den übrigen Vertretern vorzu­ 433 Zum Begriff der Geschäftsführung siehe etwa Spindler in: Goette/Habersack/ Kalss, MüKo AktG, § 77 Rn. 6 AktG. 434 Spindler in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 77 Rn. 8 AktG; zur analogen Anwendung des § 77 Abs. 1 AktG auf die GmbH siehe Zöllner/Noack in: Baum­ bach/Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 29 GmbHG; Fuhrmann in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 2174. 435 Fuhrmann in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 2174; Spindler in: Goette/Habersack/Kalss, MüKo AktG, § 77 Rn. 10 AktG. 436 Fuhrmann in: Eder/Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch, Rn. I 2174; Dauner-­ Lieb in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 77 Rn. 6 AktG. 437 Siehe oben unter 1.b). 438 Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 15 AO; allgemein hierzu Huber in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 1629 Rn. 12 BGB. 439 Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 15 AO; Huber in: ­Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 1629 Rn. 39 BGB.

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II. Ausübungsbefugnis

nehmen oder diese hierfür zu beauftragen, ist eine gerichtliche Erzwin­ gung der Mitwirkung an der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten nicht möglich.440 Es besteht grundsätzlich keine Rechts­ pflicht eines Vertreters zur Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnah­ men der anderen Vertreter441 und folglich erst recht keine Handhabe zu deren klageweisen Durchsetzung. Die Prüfung von Zweckmäßigkeits­ entscheidungen – wie beispielsweise der Entscheidung, ob oder in wel­ cher Art und Weise ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht geltend ge­ macht wird – ist der gerichtlichen Kontrolle überdies von vornherein entzogen.442 b) Mehrheit von betroffenen Steuerpflichtigen Ein weiterer problematischer Fall ist gegeben, wenn die Ausübung eines steuerlichen Wahl- und Antragsrechtes mehrere natürliche oder juris­ tische Personen als Steuerpflichtige gleichermaßen betrifft. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes durch alle betroffenen Personen gemeinschaftlich erfolgen muss, oder ob diese – stellvertretend für die Anderen – durch eine Einzelperson erfolgen kann. Zu denken ist hierbei beispielsweise an eine Wahlrechtsausübung in Mitunternehmerschaften oder an die Ausübung des Veranlagungs­ wahlrechtes des § 26 Abs. 1 EStG unter Ehegatten. aa) Mitunternehmerschaften (1) Grundsatz der Einheit der Bilanzierung Bei einer Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt es sich – da es sich nach dem Gesetzeswortlaut um Gesellschaften han­ delt – stets um eine Personenmehrheit. Neben den gesetzlich erwähnten OHG und KG erfasst der Begriff der Mitunternehmerschaft unter gewis­ sen Umständen auch GbR, stille Gesellschaften oder gleichwertige aus­ ländische Gesellschaftsformen.443 Die Mitunternehmerschaft selber ist kein Steuersubjekt der Einkommensteuer.444 Sie ist allerdings ein Gewinn­ ermittlungssubjekt, da die Einkünfte der Mitunternehmerschaft nach 440 Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 368. 441 Siehe hierzu und zu den Ausnahmen beispielsweise Habermeier in: Staudinger, §§ 705–740 (Gesellschaftsrecht), § 709 Rn. 41 BGB; Mertens/Cahn in: Zöllner/ Noack, KölnerKomm AktG, § 77 Rn. 32 AktG; BGH v. 24.01.1972 - II ZR 3/69, BB 1972, 550. 442 So zur GbR BGH v. 24.01.1972 - II ZR 3/69, BB 1972, 550, Rn. 10. 443 Wacker in: Schmidt, EStG, § 15 Rn. 169, Rn. 320 ff. EStG; Reiß in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 173 ff. EStG. 444 Heinicke in: Schmidt, EStG, § 1 Rn. 13 EStG; Tiede in: Herrmann/Heuer/Rau­ pach, EStG, KStG, § 1 Rn. 15 EStG; Rauch in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 Rn. 66 EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

§§ 179, 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a), 182 Abs. 1 AO einheitlich und geson­ dert festgestellt und im Anschluss daran den Gesellschafter zugerechnet werden.445 Aufgrund dessen gilt in einer Mitunternehmerschaft im Wesentlichen der Grundsatz der Einheit der Bilanzierung.446 Der Betriebsvermögens­ vergleich ist folglich für Zwecke der Mitunternehmerschaft einheitlich vorzunehmen, sodass auch Ansatz- und Bewertungswahlrechte für die gesamte Mitunternehmerschaft einheitlich auszuüben sind.447 Eine un­ terschiedliche Inanspruchnahme der Wahl- und Antragsrechte durch die einzelnen Gesellschafter – beispielsweise bezüglich der Abschreibung – ist somit grundsätzlich ausgeschlossen.448 Mitunternehmerschaften fallen grundsätzlich unter den Begriff der „nicht rechtsfähigen Personengesellschaften und Vermögensmassen“ des § 34 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 AO.449 Im Außenverhältnis handeln für diese gemäß § 34 Abs. 1 2. Alt. AO die gesellschaftsvertraglichen Geschäftsführer,450 bei deren Fehlen gemäß § 34 Abs. 2 AO die Gesellschafter nach den all­ gemeinen gesellschaftsrechtlichen Vertretungsregeln.451 Nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 115 Abs. 1, 125 Abs. 1, 164, 170 HGB ist in der OHG und KG eine Alleingeschäftsführungs- und Al­ leinvertretungsbefugnis der persönlich haftenden Gesellschafter vorgese­ hen. Hiernach wäre weder eine interne Abstimmung noch eine gemein­ same Ausübung im Außenverhältnis erforderlich. Für eine GbR wäre dies nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 709, 714 BGB anders, da hier eine Gesamtvertretung vorgesehen ist. Für die Beschlussfassung unter mehreren gesetzlichen Vertretern einer solchen Mitunternehmerschaft gilt wiederum das oben bereits Gesagte.452 Als Ergebnis bleibt somit fest­ 445 BFH Großer Senat v. 25.06.1984 - GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, Rn. 138 ff.; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 1 Rn. 13 EStG; Tiede in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 1 Rn. 15 EStG; Rauch in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 Rn. 66 EStG. 446 BFH v. 07.08.1986 - IV R 137/83, BStBl II 1986, 910, Rn. 34 ff.; Tiede in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 15 Rn. 468 EStG; so auch Börner/Krawitz, Steuerbilanzpolitik, S. 68. 447 BFH v. 07.08.1986 - IV R 137/83, BStBl II 1986, 910, Rn. 35; Schick, StuW 1969, 361, 366 in Fn. 16; Wacker in: Schmidt, EStG, § 15 Rn. 410 EStG; Tiede in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 15 Rn. 468 EStG. 448 Etwas anderes kann bei mitunternehmerbezogenen Wahl- und Antragsrechten gelten. Hierzu später unter (2). 449 Rüsken in: Klein, AO, § 34 Rn. 7 AO; Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 31 AO. 450 Rüsken in: Klein, AO, § 34 Rn. 8 f. AO; Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 34 Rn. 34 ff. AO. 451 BFH v. 08.11.1995 - V R 64/94, BStBl II 1996, 256, Rn. 18 f.; Rüsken in: Klein, AO, § 34 Rn. 19 AO. 452 Dazu 2.a)aa).

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II. Ausübungsbefugnis

zuhatlten, dass im Falle einer Gesamtgeschäftsführung eine vorherige interne Abstimmung und im Falle einer Gesamtvertretung eine gemein­ same Ausübung der jeweiligen steuerlichen Wahl- und Antragsrechte erforderlich ist. (2) Sonderfall: mitunternehmerbezogene Wahl- und Antragsrechte Der oben angesprochene Grundsatz der Einheit der Bilanzierung gilt je­ doch nicht unbegrenzt, er wird für personenbezogene Steuervergünsti­ gungen durchbrochen. Dies gilt zunächst dann, wenn sich ein Wahl- oder Antragsrecht ausschließlich auf das Sonderbetriebsvermögen eines Mit­ unternehmers bezieht. In diesem Fall handelt es sich um ein in der Son­ derbilanz des Mitunternehmers auszuübendes mitunternehmerbezoge­ nes Wahl- oder Antragsrecht.453 Es besteht hierbei das Problem, dass die Mitunternehmerschaft selbst – und nicht der einzelne Mitunterneh­ mer – neben der Zuständigkeit für die Aufstellung der Gesamthandsbi­ lanz auch für die Aufstellung der Sonderbilanzen der Mitunternehmer verantwortlich ist.454 Es ist somit zu überprüfen, wer das mitunterneh­ merbezogene Wahl- und Antragsrecht ausüben darf. Nach Ansicht der Finanzbehörden soll bei mitunternehmerbezogenen Wahl- und Antragsrechten – abweichend von der grundsätzlichen Zu­ ständigkeit des Steuerpflichtigen für die Ausübung seiner Wahl- oder An­ tragsrechte – auch das Recht zur Ausübung dieses Wahl- oder Antrags­ rechtes bei der buchführungspflichtigen Mitunternehmerschaft liegen.455 Diese rein aus Praktikabilitätsgründen zu erklärende Auffassung der Fi­ nanzbehörde widerspricht allerdings wesentlichen Besteuerungsprinzipi­ en, im Besonderen dem Subjektsteuerprinzip. Durch eine Zuständigkeit der Mitunternehmerschaft würde die Höhe der steuerlichen Belastung des Mitunternehmers in die Hände der grundsätzlich von dieser Frage gar 453 Dies gilt etwa für die Rücklage nach § 6b Abs. 3 S. 1 EStG, dazu BFH v. 25.01.2006 - IV R 14/04, BStBl II 2006, 418, Rn. 22; Ley, Wpg 2006, 904, 906; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 197 EStG; Kempermann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 153 EStG; Wacker in: Schmidt, EStG, § 15 Rn. 475 EStG. 454 So die h.M., etwa BFH v. 23.10.1990 - VIII R 142/85, BStBl II 1991, 401, Rn. 34 ff.; ausführlich Desens/Blischke in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. F 25 f. EStG m.w.N.; Ley, Wpg 2006, 904, 905; a.A. etwa Schön, DStR 1993, 185, 193, der die Buchführungspflicht der einzelnen Mitunternehmer damit begründet, dass es der Mitunternehmerschaft im Regelfall an den zur Aufstellung der Sonder­ bilanz erforderlichen Informationen fehlt; ähnlich Knobbe-Keuk, StbJb 1991/1992, 215, 218; über diesen Einwand der anderen Ansicht hilft jedoch die verfahrens­ rechtliche Mitwirkungspflicht der betroffenen Mitunternehmer aus § 181 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 AO hinweg, so etwa Desens/Blischke (a.A.o.), § 15 Rn. F 27 EStG. 455 Diese Auffassung kommt in dem Vorbringen der Finanzbehörde im Rahmen des Urteils des BFH v. 25.01.2006 - IV R 14/04, BStBl II 2006, 418 zum Ausdruck.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

nicht unmittelbar betroffenen Mitunternehmerschaft gelegt.456 Die Aus­ übungsbefugnis für mitunternehmerbezogene Wahl- und Antragsrechte der Mitunternehmerschaft zuzusprechen wäre folglich mit dem gelten­ den Steuerrecht unvereinbar und ist daher abzulehnen. Richtigerweise kann nur der Mitunternehmer persönlich zur Ausübung von mitunter­ nehmerbezogenen Wahl- und Antragsrechten befähigt sein.457 Die von der Mitunternehmerschaft berechtigterweise aufgestellte Son­ derbilanz trägt jedoch die Vermutung der Richtigkeit in sich und somit auch eine – widerlegbare – Vermutung dafür, dass die hierin aufgeführte Wahlrechtsausübung mit Willen des betroffenen Mitunternehmers vor­ genommen wurde. Diese Vermutung resultiert daraus, dass die Finanzbe­ hörde berechtigterweise davon ausgehen darf, dass der Mitunternehmer im Rahmen der Bilanzaufstellung auf die übrigen Mitunternehmer dahin gehend eingewirkt hat, dass die Wahl- und Antragsrechte in Bezug auf sein Sonderbetriebsvermögen in seinem Willen ausgeübt werden. Diese Vermutung kann jedoch nicht mehr gelten, wenn der betroffene Mitunternehmer vor der Bilanzaufstellung bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden ist oder dem Finanzamt bekannt ist, dass er mit der Mit­ unternehmerschaft ernsthaft im Streit steht.458 Ist in einem solchen Fall der ausgeschiedene Mitunternehmer an der Bilanzaufstellung nicht mehr beteiligt oder ist es zu vermuten, dass die übrigen Mitunternehmer bei der Bilanzaufstellung auf die berechtigten Interessen dieses Mitunter­ nehmers keine Rücksicht genommen haben, muss die Vermutungswir­ kung richtigerweise widerlegt sein. In diesem Fall kann der ausübungs­ befugte Mitunternehmer seine Wahl- und Antragsrechte auch nach Abgabe der Sonderbilanz ohne Einhaltung der restriktiven Voraussetzun­

456 Ley, Wpg 2006, 904, 906. Hierin liegt auch der Unterschied zu den Zuständigkei­ ten im Umwandlungssteuerrecht (näheres dazu unten). Dort ist zwar auch entwe­ der der Erwerber oder der Veräußerer zuständig, der jeweils Berechtigte ist jedoch ebenfalls unmittelbar betroffen. In diesem Fall kann die Durchbrechung des Sub­ jektsteuerprinzips gerechtfertigt werden, zumal hier die Möglichkeit einer ver­ traglichen Berücksichtigung der steuerlichen Lasten besteht. Etwas anderes kann sich allenfalls beid der Gewerbesteuer ergeben, da hier die Gesellschaft selbst ge­ mäß § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG Steuerschuldner ist. 457 So der BFH v. 07.07.1992 - VIII R 2/87, BStBl II 1993, 328, Rn. 34 zur Bildung von gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen; zur Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs. 3 EStG BFH v. 25.01.2006 - IV R 14/04, BStBl II 2006, 418, Rn. 23; allgemeiner zu personenbezogenen Wahl- und Antragsrechten Tiede in: Herrmann/Heuer/Rau­ pach, EStG, KStG, § 15 Rn. 468 EStG; EStH 2015, H 4.4 „Wahlrecht eines Mitun­ ternehmers“; Uelner, DStJG 14 (1991), 139, 147. 458 BFH v. 25.01.2006 - IV R 14/04, BStBl II 2006, 418. Rn. 25 ff. Der BFH übernimmt insoweit die Wertungen der Ausnahmetatbestände des § 183 Abs. 2 S. 1 AO auf die Vermutungswirkung; Marchal in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 6b Rn. 50 EStG; Ley, Wpg 2006, 904, 906.

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II. Ausübungsbefugnis

gen für eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG durch die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung selber ausüben.459 Gleiches hat zu gelten, wenn sich personenbezogene Wahl- und Antrags­ rechte auf die Gesamthandsbilanz beziehen. Auch in diesem Fall werden die Wahl- und Antragsrechte durch den betroffenen Gesellschafter selbst im Rahmen der Ergänzungsbilanz ausgeübt.460 Aufgrund der Zuständig­ keit der Mitunternehmerschaft für die Aufstellung der Ergänzungsbilan­ zen besteht die oben genannte – widerlegbare – Vermutung der Richtig­ keit jedoch auch hier. bb) Organschaft Eine weitere Fallkonstellation, in der die Ausübung eines Wahl- oder An­ tragsrechtes Auswirkungen auf die steuerlichen Verhältnisse eines ande­ ren Steuersubjekts haben kann, ist das Vorliegen einer steuerrechtlichen Organschaft. Hierbei ist zwischen der umsatzsteuerlichen und der er­ tragsteuerlichen Organschaft zu unterscheiden. (1) Umsatzsteuerliche Organschaft In einer umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zählt nur der Organträger als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuer­ gesetzes, die Organgesellschaften gelten als in das Unternehmen des Or­ ganträgers eingegliedert.461 Daraus folgt eine Alleinzuständigkeit des Or­ ganträgers für Erklärungen im Besteuerungsverfahren.462 Werden somit im Umsatzsteuerrecht „dem Unternehmer“ Wahl- oder Antragsrechte eingeräumt,463 können diese in Organschaftskonstellatio­ nen ausschließlich von dem Organträger ausgeübt werden, auch wenn diese die von der Organgesellschaft zugerechneten Umsätze betreffen.464 Diese Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips rechtfertigt sich aus dem Wesen der Organschaft und der damit einhergehenden finanziellen, 459 Dies ist aus den tatsächlichen Ausführungen in BFH v. 25.01.2006 - IV R 14/04, BStBl II 2006, 418, Rn. 28 abzuleiten; Ley, Wpg 2006, 904, 907. 460 Kempermann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 153 EStG; Tiede in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 15 Rn. 468 EStG. 461 Reiß in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 2 Rn. 101 UStG; Stadie in: Rau/Dürr­ wächter, UStG, § 2 Rn. 936 UStG; Scharpenberg in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 2 Rn. 282 UStG. 462 Treiber in: Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rn. 270 UStG; Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 986 UStG; Reiß in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 2 Rn. 102 UStG; Scharpenberg in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 2 Rn. 462 UStG; Sterzinger in: Küffner/Stöcker/Zugmaier, UStG, § 2 Rn. 552 UStG. 463 So etwa die Wahl des Kleinunternehmers, nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Umsatz­ steuerfreiheit des § 19 Abs. 1 UStG zu verzichten, oder die Wahl zwischen Sollund Istbesteuerung in § 20 UStG. 464 Sterzinger in: Küffner/Stöcker/Zugmaier, UStG, § 2 Rn. 556 UStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der Organgesell­ schaft in das Unternehmen des Organträgers. (2) Ertragsteuerliche Organschaft In einer Organschaft nach § 14 KStG bleiben die Organgesellschaften zi­ vil- und steuerrechtlich eigenständige Rechtssubjekte.465 Das Einkom­ men wird auf Stufe der Organgesellschaft – mit Ausnahme der Beson­ derheiten der §§ 15, 16 KStG – so ermittelt, als würde eine Organschaft gar nicht bestehen.466 Das so ermittelte Einkommen wird nun nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG auf einer zweiten Stufe dem Organträger zugerech­ net.467 Diese eigenständige Einkommensermittlung auf Ebene der Organgesell­ schaft führt dazu, dass steuerliche Wahl- und Antragsrechte auf Ebene der Organgesellschaft unabhängig von dem Organträger durch die gesetz­ lichen Vertreter der Gesellschaft ausgeübt werden.468 Dies resultiert da­ raus, dass die Ausübung der Wahl- und Antragsrechte einen Zwischen­ schritt auf dem Weg zur Ermittlung des zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft darstellt.469 Dieser Schritt findet alleine auf der Ebene der rechtlich selbstständigen Organgesellschaft statt. Die Mög­ lichkeit des Organträgers, auf eine Ausübung in seinem Sinne hinzuwir­ ken, beschränkt sich auf die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte als beherrschender Gesellschafter der Organgesellschaft.470 Aufgrund der fortbestehenden rechtlichen Selbstständigkeit und der ge­ trennten Ermittlung der jeweiligen Gewerbeerträge471 gilt gleiches auch 465 Schmidt, StuW 1969, 441, 453; Olbing in: Streck, KStG, § 14 Rn. 130 KStG; Walter in: Ernst & Young AG/Antweiler/Kröner, KStG, § 14 Rn. 799 KStG; Neumann in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rn. 390 KStG. 466 BFH v. 11.04.1990 - I R 167/86, BStBl II 1990, 772, Rn. 25; Dötsch in: Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 14 Rn. 692 KStG; Walter in: Ernst & Young AG/Antweiler/Kröner, KStG, § 14 Rn. 801, Rn. 820 ff. KStG; Neumann in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rn. 392 KStG. 467 Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 14 Rn. 690 KStG; Neumann in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rn. 505 KStG. 468 Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 14 Rn. 704 KStG; Olbing in: Streck, KStG, § 19 Rn. 7 KStG; Walter in: Ernst & Young AG/Antwei­ ler/Kröner, KStG, § 19 Rn. 6 KStG; Drüen, Der Konzern 2013, 433, 441; Neumann in: Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 19 Rn. 11 KStG; a.A. für einige Wahl- und Antragsrechte unter Verweis auf § 19 KStG Maas, BB 1985, 228; Claudy, Ubg 2017, 621, 623 f.; differenzierend nach der Art des Wahlrechtes Isler in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 19 Rn. 25 KStG. 469 Walter in: Ernst & Young AG/Antweiler/Kröner, KStG, § 19 Rn. 6 KStG; Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 19 Rn. 15 KStG. 470 Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 19 Rn. 21 ff. KStG. 471 BFH v. 17.02.1972 - IV R 17/68, BStBl II 1972, 582, Rn. 12 ff.; Keß in: Lenski/Stein­ berg, GewStG, § 2 Rn. 3520 ff., Rn. 3760 ff. GewStG; Güroff in: Glanegger/Güroff,

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II. Ausübungsbefugnis

im Falle einer gewerbesteuerlichen Organschaft. Ausübungsbefugt für Wahl- und Antragsrechte bleibt auch hier die Organgesellschaft. cc) Umwandlungsvorgänge In einigen Fällen hat die Ausübung eines Wahlrechtes auch dann eine steuerrechtliche Auswirkung auf verschiedene Steuerpflichtige, wenn ein Wirtschaftsgut von einem Steuerpflichtigen durch einen der gesetzli­ chen Umwandlungsvorgänge auf ein anderes Rechtssubjekt übertragen wird. Zu denken ist dabei insbesondere an Vorgänge nach dem Umwand­ lungssteuergesetz. Hierbei sind die Wirtschaftsgüter in der Bilanz grund­ sätzlich mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen,472 was zur Aufdeckung stiller Reserven führen kann. Dies kann vermieden werden, indem bei Vorliegen bestimmter materieller Voraussetzungen der Wertansatz auf Antrag zu einem Buch- oder Zwischenwert erfolgt.473 Wer dieses steuerliche Antragsrecht im Einzelnen auszuüben hat, unter­ scheidet sich je nach Umwandlungsvorgang, die Befugnis ist jedoch über­ wiegend in den einzelnen Regelungen ausdrücklich bestimmt. Bei einer Verschmelzung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Kapital- oder Per­ sonengesellschaft nach §§ 3, 11 UmwStG wird das Wahlrecht vor der Handelsregistereintragung der Verschmelzung durch den gesetzlichen Vertreter474 der übertragenden Körperschaft als Teil von deren Schlussbi­ lanz ausgeübt.475 Nach der Eintragung – und somit nach Ausführung der Verschmelzung – geht die Befugnis zur Ausübung des Wahlrechtes auf die übernehmende Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin der über­ tragenden Körperschaft über.476

GewStG, § 2 Rn. 518 ff. GewStG; Drüen in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 2 Rn. 131, Rn. 157 ff. GewStG. 472 Rödder in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, Einführung Rn. 54, Rn. 61, Rn. 70, Rn. 79. 473 Rödder in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, Einführung Rn. 54, Rn. 61, Rn. 70, Rn. 79. 474 Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.7 UmwStG; Schmitt in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 3 Rn. 73 UmwStG. 475 BFH v. 20.08.2015 - IV R 34/12, BFH/NV 2016, 41, Rn. 25; Birkemeier in: Rödder/ Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 140 UmwStG; Widmann in: Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. 49 UmwStG; Rödder in: Rödder/Herling­ haus/v. Lishaut, UmwStG, § 11 Rn. 93 UmwStG; Ruoff in: Schneider/Ruoff/Sister­ mann, UmwSt-Erlass 2011, § 11 Rn. 11.18 UmwStG. 476 Siehe zur Gesamtrechtsnachfolge etwa Winter in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 20 Rn. 23 ff. UmwG; zum Übergang der Ausübungsbefugnis Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 141 UmwStG; Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 52 UmwStG; ­Schmitt in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 3 Rn. 65 UmwStG; Brinkhaus in: Haritz/Menner, UmwStG, § 3 Rn. 101 UmwStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Bei einer Auf- bzw. Abspaltung einer Kapitalgesellschaft auf eine Kapitaloder Personengesellschaft nach §§ 15, 16 UmwStG besteht über die Ver­ weisung auf die §§ 3, 11 UmwStG ebenfalls ein Bewertungswahlrecht zum Ansatz des Buch- oder Zwischenwertes. Dieses ist vor der Handels­ registereintragung von der übertragenden Gesellschaft auszuüben.477 Nach Eintragung der Spaltung geht die Befugnis zur Ausübung des Wahl­ rechtes bei einer Aufspaltung aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die übernehmenden Rechtsträger über.478 Bei einer Abspaltung hingegen liegt nur eine „partielle“ Gesamtrechts­ nachfolge der übernehmenden Gesellschaft vor, die nicht zu dem Über­ gang des gesamten Vermögens führt.479 Bleibt die übertragende Gesell­ schaft somit auch nach Ausführung der Abspaltung bestehen, ist sie für die Ausübung des Bewertungswahlrechtes weiterhin zuständig.480 Für den Fall eines Formwechsels von einer Kapital- auf eine Personenge­ sellschaft verweist § 9 S. 1 UmwStG ebenfalls auf § 3 UmwStG. Das hierin enthaltene Bewertungswahlrecht ist vor der Handelsregisterein­ tragung von der übertragenden Körperschaft auszuüben, nach der Eintra­ gung durch deren Rechtsnachfolger.481 Handelt es sich bei der umzuwandelnden Gesellschaft um eine Perso­ nengesellschaft, richten sich die steuerlichen Folgen der Umwandlung nach den §§ 20, 21, 23, 24, 25 UmwStG. In diesem Fall sind von vornhe­ rein die übernehmenden Rechtsträger die zuständigen Antragsteller für die Ausübung der jeweils in den Vorschriften geregelten Bewertungs­ wahlrechte.482 dd) Veranlagungswahlrecht von Ehegatten Auch die Wahl der Ehegatten zur gemeinsamen Veranlagung der Ein­ kommensteuer gemäß §§ 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 26b EStG betrifft zwei 477 Schumacher in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, §§ 15 Rn. 177, 16 Rn. 22 UmwStG; Hörtnagl in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, §§ 15 Rn. 248, 16 Rn. 25 UmwStG; Klingberg in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, §§ 15 Rn. 77, 16 Rn. 22 UmwStG. 478 Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 141 UmwStG. 479 BFH v. 23.03.2005 - III R 20/03, BStBl II 2006, 432, Rn. 14. 480 Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 141 UmwStG. 481 Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, §§ 9 Rn. 20, 3 Rn. 140 f. UmwStG; Greve in: Haritz/Menner, UmwStG, § 3 Rn. 33 UmwStG; Schmitt in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 9 Rn. 13 UmwStG. 482 Ausdrücklich nur § 23 Abs. 2 S. 1 UmwStG. Für § 24 siehe BFH v. 09.12.2010 - VIII B 151/09, BFH/NV 2011, 437, Rn. 6; klarstellend für die übrigen Vorschriften BMF v. 11.11.2011 - UmwStE 2011, BStBl I 2011, 1314 Rn. 20.21, Rn. 21.12, Rn. 24.03, Rn. 25.01; Widmann und Fuhrmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, §§ 20 Rn. R 417, 21 Rn. 163, 24 Rn. 716 ff. UmwStG; Menner, Behrens, Bilitewski und Schlößer/Schley in: Haritz/Menner, UmwStG, §§ 20 Rn. 366 f., 21 Rn. 192 f., 23 Rn. 94, 24 Rn. 103, 25 Rn. 37 UmwStG.

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II. Ausübungsbefugnis

eigenständige Einkommensteuersubjekte. Diese Wahl kann nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 26 Abs. 2 S. 2 EStG nur gemeinsam erfol­ gen. Eine steuerrechtliche Verpflichtung des anderen Ehegatten zur Zu­ stimmung zu der Zusammenveranlagung besteht zwar nicht,483 aus § 1353 Abs. 1 BGB folgt jedoch eine zivilrechtliche – auch klageweise vor dem Familiengericht durchsetzbare484 – Zustimmungspflicht des anderen Ehegatten, wenn er hieraus keine eigenen steuerlichen Nachteile erfährt und es seinen Ehegatten steuerlich besserstellt.485 Denkbar ist jedoch auch, dass eine rechtsmissbräuchliche Wahl486 der Einzelveranlagung un­ wirksam ist und damit die Zusammenveranlagung gemäß § 26 Abs. 3 EStG als gewählt gilt.487 3. Zusammenfassung Die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten steht der je­ weiligen steuerpflichtigen Person zu, unter Umständen vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter oder ihre Bevollmächtigten. Schaltet der Steu­ erpflichtige einen Bevollmächtigten ein, so ist dieser selbstständig neben dem Steuerpflichtigen für die Ausübung der Wahl- und Antragsrechte zuständig. Handelt für den Steuerpflichtigen ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, so ist grundsätzlich eine nachträgliche Genehmigung seines Handelns denkbar. Dies gilt jedoch aufgrund der Verletzung der Gleichheit der Be­ steuerung nur dann, wenn etwa wegen Gutgläubigkeit des Steuerpflich­ tigen ein sachlicher Grund dafür besteht. Auch in diesem Fall hat der Steuerpflichtige – zumindest nach Ablauf der gesetzlichen Ausübungs­ frist – unverzüglich darüber zu entscheiden, ob er die Genehmigung vor­ nimmt oder diese Gelegenheit verstreichen lässt. Eine längere Frist wäre unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen. Sind mehrere gesetzliche Vertreter vorhanden erfolgt die interne Abstim­ mung und die externe Ausübung nach den allgemeinen – gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglich vereinbarten – Geschäftsführungs- und Ver­ tretungsregelungen. 483 BFH v. 07.02.2005 - III B 101/04, BFH/NV 2005, 1083, Rn. 9 f.; Pflüger in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 26 Rn. 72 EStG. 484 Ettlich in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 26 Rn. 99 EStG. 485 BGH v. 18.11.2009 - XII ZR 173/06, DStR 2010, 266, Rn. 11 m.w.N. 486 Zu nennen wäre hier beispielsweise der Fall, dass der die Einzelveranlagung wäh­ lende Ehegatte in dem betreffenden Veranlagungszeitraum gar keine Einkünfte er­ zielt hat, so etwa Schneider in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 26 Rn. C 27 EStG; so auch der BFH v. 30.11.1990 - III R 195/86, BStBl II 1991, 451, Rn. 15, der diesen Fall zwar in der Rechtsfolge gleichbehandelt, ihn jedoch nicht unter den Begriff „rechtsmissbräuchlich“ subsumiert. 487 Schneider in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 26 Rn. C 27 ff., Rn. C 41, Rn. D 10 EStG; Seiler in: Kirchhof, EStG, § 26 Rn. 24 EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Auch bei einer Mehrheit von betroffenen Steuerpflichtigen ist grundsätz­ lich eine gemeinsame Ausübung steuerlicher Wahl- und Antragsrechte erforderlich. Etwas Anderes gilt jedoch im Falle einer Organschaft – im Umsatzsteuerrecht ist hierbei ausschließlich der Organträger, im Ertrag­ steuerrecht nur die Organgesellschaft ausübungsbefugt – sowie bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern auf ein anderes Steuersubjekt nach dem UmwStG, hier steht die Ausübungsbefugnis je nach Vorgang entwe­ der der übernehmenden oder der übertragenden Gesellschaft alleine zu.

III. Form der Ausübungserklärung Da es sich bei der Ausübung eines steuerlichen Wahl- und Antragsrech­ tes um eine Willenserklärung handelt, ist zwingende Voraussetzung für die wirksame Wahlrechtsausübung ein irgendwie gearteter Erklärungs­ akt. Wie dieser konkret auszusehen hat, wird im Folgenden untersucht. 1. Bestehende gesetzliche Regelungen Ist dem Steuerpflichtigen das Recht eingeräumt, durch „Antrag beim Fi­ nanzamt“ Einfluss auf die Höhe der Steuerlast zu nehmen, ist damit nicht zwingend eine besondere Form vorgeschrieben.488 Besondere ge­ setzliche Formvorschriften für den Erklärungsakt finden sich in den Steuergesetzen nur vereinzelt. Um im Anschluss allgemeine Grundsätze herausarbeiten zu können, soll zunächst ein Überblick über die beste­ hende Gesetzeslage gegeben werden. a) Aufzeichnungs- und Nachweispflichten Eine allgemeine Formvorschrift für die Ausübung von einkommensteu­ erlichen Wahl- und Antragsrechten bilanzieller Art enthält § 5 Abs. 1 S. 2 EStG. Nach dieser Vorschrift ist die Aufnahme in ein gesondertes Verzeichnis „Voraussetzung für die Ausübung“ all derjenigen steuerli­ chen Wahl- und Antragsrechte, die zu einem von der Handelsbilanz ab­ weichenden Wert für ein Wirtschaftsgut führen. Folge einer fehlerhaften Führung des Verzeichnisses ist die Unwirksamkeit der Wahl- oder An­ tragsausübung.489 Die Eintragung in das Verzeichnis ist demzufolge eine gesetzliche Vorschrift in Bezug auf die Form der Ausübung. Die Aufnah­ me des ausgeübten Wahlrechtes in ein besonderes Verzeichnis ist dane­ ben auch für einige nicht unter § 5 Abs. 1 S. 2 EStG fallende Wahlrechte 488 BFH v. 30.10.2003 - III R 24/02, BStBl II 2004, 394, Rn. 19; so auch AEAO vor §§ 172 bis 177 Nr. 8 Abs. 2; Schick, StuW 1969, 361, 366. 489 BMF v. 12.03.2010 - BMF-Schreiben, BStBl I 2010, 239, Rn. 39; Anzinger in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 886 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 203a EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Auch bei einer Mehrheit von betroffenen Steuerpflichtigen ist grundsätz­ lich eine gemeinsame Ausübung steuerlicher Wahl- und Antragsrechte erforderlich. Etwas Anderes gilt jedoch im Falle einer Organschaft – im Umsatzsteuerrecht ist hierbei ausschließlich der Organträger, im Ertrag­ steuerrecht nur die Organgesellschaft ausübungsbefugt – sowie bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern auf ein anderes Steuersubjekt nach dem UmwStG, hier steht die Ausübungsbefugnis je nach Vorgang entwe­ der der übernehmenden oder der übertragenden Gesellschaft alleine zu.

III. Form der Ausübungserklärung Da es sich bei der Ausübung eines steuerlichen Wahl- und Antragsrech­ tes um eine Willenserklärung handelt, ist zwingende Voraussetzung für die wirksame Wahlrechtsausübung ein irgendwie gearteter Erklärungs­ akt. Wie dieser konkret auszusehen hat, wird im Folgenden untersucht. 1. Bestehende gesetzliche Regelungen Ist dem Steuerpflichtigen das Recht eingeräumt, durch „Antrag beim Fi­ nanzamt“ Einfluss auf die Höhe der Steuerlast zu nehmen, ist damit nicht zwingend eine besondere Form vorgeschrieben.488 Besondere ge­ setzliche Formvorschriften für den Erklärungsakt finden sich in den Steuergesetzen nur vereinzelt. Um im Anschluss allgemeine Grundsätze herausarbeiten zu können, soll zunächst ein Überblick über die beste­ hende Gesetzeslage gegeben werden. a) Aufzeichnungs- und Nachweispflichten Eine allgemeine Formvorschrift für die Ausübung von einkommensteu­ erlichen Wahl- und Antragsrechten bilanzieller Art enthält § 5 Abs. 1 S. 2 EStG. Nach dieser Vorschrift ist die Aufnahme in ein gesondertes Verzeichnis „Voraussetzung für die Ausübung“ all derjenigen steuerli­ chen Wahl- und Antragsrechte, die zu einem von der Handelsbilanz ab­ weichenden Wert für ein Wirtschaftsgut führen. Folge einer fehlerhaften Führung des Verzeichnisses ist die Unwirksamkeit der Wahl- oder An­ tragsausübung.489 Die Eintragung in das Verzeichnis ist demzufolge eine gesetzliche Vorschrift in Bezug auf die Form der Ausübung. Die Aufnah­ me des ausgeübten Wahlrechtes in ein besonderes Verzeichnis ist dane­ ben auch für einige nicht unter § 5 Abs. 1 S. 2 EStG fallende Wahlrechte 488 BFH v. 30.10.2003 - III R 24/02, BStBl II 2004, 394, Rn. 19; so auch AEAO vor §§ 172 bis 177 Nr. 8 Abs. 2; Schick, StuW 1969, 361, 366. 489 BMF v. 12.03.2010 - BMF-Schreiben, BStBl I 2010, 239, Rn. 39; Anzinger in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 886 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 203a EStG.

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III.  Form der Ausübungserklärung

speziell angeordnet, so beispielsweise in den Fällen der §§ 4g Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 2, 6 Abs. 2 S. 4, 6c Abs. 2 S. 1 EStG. Andere steuerliche Wahlund Antragsrechte setzen zu ihrer wirksamen Ausübung voraus, dass ein Nachweis über getätigte Ausgaben erbracht wird.490 Allen Fallgruppen ist gemeinsam, dass die Einhaltung der Formvorschrif­ ten eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Wahl- und Antragsaus­ übung und damit auch für die Herbeiführung der mit der Antragstellung erstrebten Rechtsfolge ist. Weder die Aufzeichnungs- noch die Nachweis­ pflichten betreffen allerdings den Ausübungsakt als solchen, sondern greifen zeitlich nachgelagert ein. Die Aufnahme in das Verzeichnis setzt die vorherige Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes, also die wirk­ same Abgabe der Ausübungserklärung selbst voraus. Auch die Nach­ weispflichten erlangen Relevanz erst zu dem Zeitpunkt, in dem der ­Steuerpflichtige das ihn begünstigende Wahl- oder Antragsrecht geltend gemacht hat. Bei den genannten Formvorschriften handelt es sich somit nicht um einen Bestandteil des Ausübungsaktes, sondern vielmehr um diesem nachgelagerte Aufzeichnungs- bzw. Nachweispflichten des Steu­ erpflichtigen. b) Formanforderungen an den Erklärungsakt aa) Gesetzliche Formvorgaben Vereinzelt stellen die Steuergesetze auch ausdrücklich Formanforderun­ gen an den eigentlichen Ausübungsakt der steuerlichen Wahl- und An­ tragsrechte. (1) Verwendung eines Vordruckes Zunächst existieren Wahl- und Antragsrechte, deren Ausübung nach amtlich vorgegebenem und unterschriebenem Vordruck zu erfolgen hat.491 Die Ausübung hat jedoch nicht „auf”, sondern lediglich „nach“ amtlichem Vordruck zu erfolgen. Dies hat zur Folge, dass die Nichtver­ wendung des Vordrucks nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Antrag­ stellung führt.492 Die Verwendung des Vordruckes dient vielmehr der ­Ermöglichung einer Automatisierung des Verfahrens sowie zur Gewähr­ leistung, dass die Finanzbehörden alle für die Bearbeitung erforderlichen

490 Hierzu gehören etwa die Wahlrechte der §§ 7g Abs. 1, 10 Abs. 1a Nr. 1, 10a Abs. 1 S. 1, 10b Abs. 1 S. 1 EStG. Bei diesen ist immer ein Nachweis des Empfängers (bei § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG in Form einer Zustimmung) oder eine weitere Aufschlüs­ selung durch den Steuerpflichtigen erforderlich. 491 So etwa in den §§ 39a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1, S. 2 EStG. 492 Dazu etwa Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 150 Rn. 7 AO; Heuermann in: Hübsch­mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 150 Rn. 15 AO.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Informationen erlangen.493 Ebenso wie bei der Abgabe der Steuererklä­ rung selbst494 ist die Verwendung eines nicht amtlichen Vordrucks folg­ lich solange unschädlich, wie dieser dem amtlichen Vordruck in Inhalt und Layout entspricht.495 Das Veranlagungswahlrecht der Ehegatten gemäß § 26 Abs. 1 EStG ist nach § 26 Abs. 2 S. 3 EStG496 durch Angabe in der Steuererklärung auszu­ üben. Hierdurch gilt für dessen Ausübung auch § 25 Abs. 3 EStG sowie § 150 AO.497 Das Wahlrecht ist durch ein Kreuz an der entsprechenden Stelle auf dem amtlich vorgeschriebenen und unterschriebenen Vordruck auszuüben. Auch hier ist die Verwendung des amtlichen Vordrucks aller­ dings nicht verpflichtend.498 Alternativ kann die schriftliche Einreichung der Steuererklärung und somit die Wahlrechtsausübung auch durch eine elektronische Abgabe im Rahmen der ELSTER-Software gemäß §§ 87a Abs. 3, Abs. 6, 150 Abs. 1 S. 2, Abs. 6 AO ersetzt werden.499 (2) Schriftformerfordernis Daneben ordnet etwa § 13a Abs. 2 S. 3 EStG für das in Satz 1 der Norm enthaltene Gewinnermittlungswahlrecht der Land- und Forstwirte an, dass dieses schriftlich auszuüben ist.500 Eine ausdrückliche Antragstel­ lung durch den Steuerpflichtigen ist hierdurch jedoch nicht vorgegeben. Ausreichend ist vielmehr, dass sich der Wille des Steuerpflichtigen zur Ausübung des Wahlrechtes aus seinen eingereichten und unterschriebe­ nen Unterlagen im Wege der Auslegung ergibt.501 493 Geurts in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 25 Rn. C 11 EStG; Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 150 Rn. 15 AO. 494 BFH v. 22.05.2006 - VI R 15/02, BStBl II 2007, 2, Rn. 13 f.; BMF v. 15.04.2012 - BMF-­ Schreiben, BStBl I 2012, 522, unter 2.; so auch die Begründung zu § 95 eines RegE zur AO, BT-Drucksache 6/1982, 128, der inhaltlich dem aktuellen § 150 Abs. 1 AO entspricht; gleichlautend Rätke in: Klein, AO, § 150 Rn. 4 AO. 495 Tillmann in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 39a Rn. 40 EStG; Hummel in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 39a Rn. C 3 EStG. 496 Gleiches gilt für das Wahlrecht zum Verzicht auf die Anwendung des § 8c KStG, vgl. § 8d Abs. 1 S. 5 KStG. 497 Ettlich in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 26 Rn. 106 EStG; Pflüger in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 26 Rn. 79 EStG. 498 Siehe hierzu die Ausführungen zuvor. 499 Tormöhlen in: Korn, EStG, § 25 Rn. 16 EStG; Pflüger in: Herrmann/Heuer/Rau­ pach, EStG, KStG, §§ 25 Rn. 45, 26 Rn. 79 EStG. 500 Das Schriftformerfordernis hat Beweis-, Warn- und Sicherungsfunktion, BFH v. 28.01.1988 - V R 12/86, BStBl 1988, 530, Rn. 22; BFH v. 23.06.1987 - IX R 77/83, BStBl II 1987, 717, Rn. 9. 501 BFH v. 04.06.1992 - IV R 123-124/91, BStBl II 1993, 125, Rn. 21 ff.; Auch eine Ver­ wendung des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks „Anlage L“ ist hierfür nicht zwingend. So auch erstmals BFH v. 28.01.1988 - IV R 12/86, BStBl II 1988, 530, Rn. 22 ff.; Kulosa in: Schmidt, EStG, § 13a Rn. 18 EStG; Kube in: Kirchhof, EStG, § 13a Rn. 6 EStG.

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III.  Form der Ausübungserklärung

Außerhalb des Einkommensteuergesetzes regelt – soweit ersichtlich – nur § 142 Abs. 3 S. 1 BewG die Form einer Wahlrechtsausübung. Der hier für die Bewertung nach dem Einzelertragswert erforderliche Antrag ist ebenfalls schriftlich zu stellen. (3) Gesetzliche Empfehlungen Andere gesetzliche Regelungen geben dem Steuerpflichtigen eine „Emp­ fehlung“ zur Ausübung des entsprechenden Wahl- oder Antragsrechtes. So soll beispielsweise das Wahlrecht zur Betriebsaufgabe bei einer Be­ triebsunterbrechung oder Betriebsverpachtung nach § 16 Abs. 3b S. 1 Nr. 1 EStG vom Steuerpflichtigen durch ausdrückliche502 – aber formfrei mögliche503 – Erklärung gegenüber dem Finanzamt ausgeübt werden. Dieselbe Rechtsfolge tritt jedoch gemäß § 16 Abs. 3b S. 1 Nr. 2 EStG auch ein, wenn das Finanzamt anderweitig von den Voraussetzungen der Be­ triebsaufgabe Kenntnis erlangt hat. Eine ausdrückliche Aufgabeerklä­ rung ist somit keine zwingende Voraussetzung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen einer Betriebsaufgabe.504 Die andere Alternative liegt je­ doch außerhalb des Verantwortungsbereichs des Steuerpflichtigen, so­ dass eine ausdrückliche Aufgabeerklärung durch den Steuerpflichtigen immer dann erforderlich ist, wenn er den Zeitpunkt der Betriebsauf­ gabe – unter Umständen unter Einbeziehung der Rückwirkung nach § 16 Abs. 3b S. 2 EStG – aus Gründen der optimalen steuerlichen Lasten­ verteilung oder aus sonstigen Gründen selber bestimmen will. Das Recht zur Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahres nach § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 S. 2 EStG soll gemäß R 4.a EStR durch Erstellung des Jahresabschlusses oder außerhalb des Veranlagungsverfahrens ausgeübt werden. Auch hier ist die Aufnahme der Erklärung in den Jahresabschluss keine unverzichtbare Voraussetzung der Erklärung. Sie führt für den Steuerpflichtigen lediglich zu einer erleichterten Beweisführung. bb) Formvorgaben durch Verwaltungsvorschriften Neben diesen gesetzlichen Regelungen enthalten auch Verwaltungsvor­ schriften Vorgaben in Bezug auf die Form der Ausübungserklärung. Diese regeln teilweise positiv gewisse Anforderungen, die das Finanzamt an den Ausübungsakt zu stellen hat, so etwa R 4.4 EStR, wonach das Wahl­

502 Das Erfordernis einer „ausdrücklichen“ Erklärung verhindert die Wahlrechtsaus­ übung durch konkludente Aufgabeerklärung. Siehe Wacker in: Schmidt, EStG, § 16 Rn. 711 EStG; schädlich ist es hingegen nicht, wenn die vom Steuerpflichti­ gen abgegebene Erklärung „ausgelegt“ werden muss, so Kulosa in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 16 Rn. 673 EStG; Manz, DStR 2013, 1512, 1513. 503 BMF v. 22.11.2016 - BMF-Schreiben, BStBl I 2016, 1326 unter III. 504 Siehe etwa Schallmoser in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 16 Rn. 526 EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

recht durch Einreichung der Steuererklärung ausgeübt wird.505 Andere Verwaltungsvorschriften ordnen wie z.B. Abschnitt 9.1 (3) 5 UStAE nega­ tiv an, dass die Ausübung des entsprechenden Rechtes einer bestimmten Form gerade nicht bedarf, sondern auch durch schlüssiges Verhalten möglich ist.506 Diese negativen Anordnungen haben für den Steuerpflichtigen insoweit eine Bedeutung, als dass die Finanzverwaltung von den für sie intern ­bindenden Verwaltungsvorschriften507 nicht ohne Weiteres abweichen darf.508 Für den Bürger steht somit durch diese negative Anordnung wäh­ rend der Geltungsdauer der Verwaltungsvorschriften die Formfreiheit fest. Die positive Anordnung einer Form durch Verwaltungsvorschriften ist für den Steuerpflichtigen aufgrund deren fehlender Außenwirkung al­ lerdings nicht bindend.509 2. Formfreiheit des Ausübungsaktes a) Allgemeines Wie dargestellt fehlt es für die überwiegende Zahl von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten an einer gesetzlichen Formvorgabe in Bezug auf den Ausübungsakt.510 Ähnlich wie bei der zivilrechtlichen Willenser­ klärung511 ist somit auch im Steuerrecht vom Grundsatz der Formfrei­ heit der Willenserklärung auszugehen.512 Dieses Ergebnis wird dadurch gestützt, dass der Bundesfinanzhof auch bei der Erfüllung von bestehen­ den gesetzlichen Formvorschriften äußerst großzügig agiert. Dies lässt 505 Siehe auch R 6a (11) EStR („in der Bilanz“), R 34c (4) EStR („grundsätzlich mit der Feststellungserklärung“) sowie R E 13a.13 (2) 1 ErbStR („schriftlich oder zur Nie­ derschrift“). 506 Siehe auch H 4.5 (1) EStR („Entscheidung nach außen dokumentiert“), Abschnit­ te 19.2 (1), 23.4 (2), 24.8 (1) UStAE („Für die Erklärung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben.“) oder Abschnitt 25a.1 (7) UStAE („ist von einer formlosen Erklä­ rung abhängig“). 507 Die interne Bindung der Verwaltungsvorschriften ergibt sich maßgeblich aus der Folgepflicht der Beamten, vgl. § 62 Abs. 1 BBG sowie § 35 BeamtStG. So auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 3, S. 1436 ff.; die Verwaltungsvorschriften si­ chern darüber die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dienen der Rechtssicher­ heit, Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 28, Rn. 32 f. 508 Eine Ausnahme besteht nach §§ 63 Abs. 2 S. 4 BBG, 36 Abs. 2 S. 4 BeamtStG nur bei offensichtlich strafbaren oder menschenverachtenden Anordnungen, die für die hier relevanten Konstellationen allerdings kaum denkbar sind. 509 Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 28, Rn. 33; eingehend Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 3, S. 1436 ff. 510 Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 375; Rose, StbJb 1979/1980, 49, 70; v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150. 511 Siehe hierzu etwa Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, Vor § 116 Rn. 6 ff. BGB; Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), Vorbemer­ kung zu §§ 116 ff. Rn. 51 ff. BGB. 512 Schick, StuW 1969, 361, 366; Klemp, StuW 1972, 217, 65.

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III.  Form der Ausübungserklärung

darauf schließen, dass der Erklärungsakt – anders als beispielsweise der Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht nach § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB – kein derartiges Gewicht aufweist, dass der Steuerpflichtige oder die Fi­ nanzbehörde durch Formvorschriften geschützt werden müsste. Die Ausübung von Wahl- oder Antragsrechten ohne gesetzliche Form­ vorgabe kann folglich sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen, wo­ bei zur besseren Beweisbarkeit der Ausübung eine schriftliche Antrag­ stellung vorzuziehen ist.513 Nicht möglich ist – mangels einer Empfangszuständigkeit des Richters – die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten durch Prozesserklärung gegenüber dem Richter im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfah­ rens.514 Solange die zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung allerdings noch nicht abgelaufen ist,515 kann das Wahl- oder Antragsrecht auch noch während des finanzgerichtlichen Verfahrens durch Erklärung gegenüber dem Finanzamt – auch während des Prozesses gerichtet an den Prozess­ vertreter des Finanzamts – ausgeübt werden. b) Qualitative Anforderungen an den Erklärungsakt Ist festgestellt, dass eine besondere Form für die Erklärung grundsätzlich nicht erforderlich ist, bleibt weiterhin zu überprüfen, wie konkret sich aus der Erklärung der Wille des Steuerpflichtigen zur Ausübung des ent­ sprechenden Wahl- und Antragsrechtes ergeben muss. aa) Ausdrückliche Ausübungserklärung Bei einer ausdrücklichen Ausübungserklärung gibt der Steuerpflichtige eine Willenserklärung ab, mit der er dem Finanzamt den Willen zur Aus­ übung des entsprechenden Wahl- oder Antragsrechtes direkt und zwei­ felsfrei mitteilt. Im Regelfall erfolgt dies im Rahmen der Steuererklärung des jeweiligen Rechtsgebietes, dem das entsprechende Wahl- oder An­ tragsrecht entstammt,516 oftmals durch entsprechenden Eintrag in dem dazu ausgelegten Erklärungsformular.517 Ausdrückliche Erklärungen sind jedoch auch auf andere Weise, etwa durch schriftliche oder mündli­ che Mitteilung des Steuerpflichtigen an das Finanzamt denkbar. 513 So bereits Schick, StuW 1969, 361, 366. 514 BFH v. 13.12.1984 - V R 32/74, BStBl II 1985, 173, Rn. 13; BFH v. 01.12.1994 - V R 126/92, BStBl II 1995, 426, Rn. 22. Siehe auch die Ausführungen oben unter I.4.a) aa) und dort insbesondere die Fn. 309. 515 Siehe hierzu die unter IV. folgenden Ausführungen. 516 BFH v. 10.10.1969 - VI R 180/67, BStBl II 1970, 63, Rn. 10. 517 BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 15 ff.; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 41; Schick, StuW 1988, 301, 318; der Eintrag an der vorgesehenen Stelle ist jedoch nicht zwingend BFH v. 28.01.1988 - IV R 12/86, BStBl II 1988, 530, Rn. 24.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

bb) Konkludente Ausübungserklärung (1) Allgemeines Sofern gesetzlich nichts Entgegenstehendes angeordnet ist, kann der Steuerpflichtige das ihm zustehende Wahl- und Antragsrecht auch durch schlüssiges Verhalten ausüben.518 Eine solche schlüssige Erklärung kann insbesondere in der Einkommensteuererklärung,519 der Umsatzsteuervor­ anmeldung bzw. -jahreserklärung,520 der Lohnsteueranmeldung521 oder einer (Steuer-) Bilanz522 enthalten sein. Zur Wirksamkeit einer solchen Erklärung ist es ausreichend, dass sich der Wille des Steuerpflichtigen zur Ausübung aus den der Finanzbehörde bekannten Gesamtumständen, also den Erklärungen und den sonstigen Verlautbarungen des Steuerpflichtigen,523 eindeutig ergibt. Die ihr be­ kannten Umstände hat die Finanzbehörde im Rahmen ihrer Betreuungs­ pflicht auszulegen und hierdurch den Willen des Steuerpflichtigen eigen­ ständig zu ermitteln.524 Erkennt das Finanzamt, dass der Steuerpflichtige sich so verhält, als hätte er die Ausübung seines Wahl- oder Antragsrech­ tes bereits erklärt, so ist in diesem Verhalten eine schlüssige Ausübungs­ erklärung zu sehen.525 (2) Konkludente Ausübung im Umsatzsteuerrecht Exemplarisch für die Zulässigkeit der schlüssigen Wahlrechtsausübung sind die Regelungen des UStAE für das Umsatzsteuerrecht. In diesem ordnen etwa die Abschnitte 9.1 (3) 5, 19.2 (1) 4 Nr. 2, 23.4 (2), 24.8 (1) UStAE ausdrücklich an, dass die Ausübung des dazugehörigen umsatz­ steuerrechtlichen Wahlrechtes nicht von einer Form abhängig ist, son­ dern vielmehr auch durch schlüssige Erklärung erfolgen kann. Ein solcher Fall ist nach dem Wortlaut des Erlasses insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer die Berechnung der Steuer im Rah­ 518 BFH v. 11.12.1997 - V R 50/94, BStBl II 1998, 420, Rn. 12; BFH v. 29.08.1985 - IV R 238/83, BFH/NV 1987, 504, Rn. 18; so auch AEAO vor §§ 172 bis 177 Nr. 8; Weber-­Grellet, DStR 1992, 1417, 1418; Korn, Kösdi 2017, 20128. 519 Kruse, FS Tipke, 277, 292. 520 Siehe hierzu auch nachfolgend (2). 521 BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 16. 522 Siehe hierzu die gesonderten Ausführungen unter 3. 523 BFH v. 16.07.1997 - XI R 94/96, BStBl 1997, 670, Rn. 20; Roth, Steuerliche Wahl­ rechte, S. 42; zu den Anforderungen an eine solche konkludente Ausübung siehe auch BFH v. 29.08.2017 - VIII R 33/15, Rn. 23. 524 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 41; so auch Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 375, wenn er davon spricht, dass „es unklar [ist], ob ein Wahlrecht ausgeübt wor­ den ist“. Zur Auslegung der steuerrechtlichen Willenserklärung siehe oben unter I.3.d). 525 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 42.

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III.  Form der Ausübungserklärung

men seiner Voranmeldung oder der Jahressteuererklärung nicht nach dem gesetzlichen Regelfall, sondern anhand der anderen Variante berech­ net. Reicht etwa der Kleinunternehmer eine Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt ein, in der er seine Umsatzsteuerschuld nach den nor­ malen Regeln berechnet, so ist hierin auch ohne ausdrückliche Erklä­ rung gemäß Abschnitt 19.2 (1) 4 Nr. 2 UStAE526 ein Verzicht auf die Um­ satzsteuerbefreiung nach § 19 Abs. 2 S. 1 UStG zu sehen.527 (3) Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechtes nach § 4 Abs. 3 EStG Außerhalb des Umsatzsteuerrechtes ist eine Ausübung durch schlüssi­ ges Verhalten insbesondere bei der Wahl der Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 3 EStG vorzufinden.528 Nach dieser Norm hat der Steuerpflich­ tige, sofern er nicht gesetzlich zur Führung von Büchern verpflichtet ist, die Wahl, ob er seine steuerliche Gewinnermittlung durch Be­ triebsvermögensvergleich oder durch Einnahmenüberschussrechnung vornimmt.529 Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übte der Steu­ erpflichtige das Wahlrecht bereits in dem Moment aus, in dem er sich zu Beginn seiner Tätigkeit für eine Art der Gewinnermittlung entschieden und die erforderlichen Vorkehrungen für deren Durchführung geschaffen hat.530 Das Wahlrecht zugunsten des Betriebsvermögensvergleichs war hiernach bereits in dem Moment ausgeübt, in dem der Steuerpflichtige eine Eröffnungsbilanz erstellt und eine kaufmännische Buchführung ein­ gerichtet hatte.531 Ob der Steuerpflichtige im Folgenden tatsächlich eine kaufmännische Buchführung vornahm und auf Grundlage dieser Buch­

526 Diese Regelung geht zurück auf die Rechtsprechung des BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 12 ff. Der BFH entschied hier, dass Kleinunterneh­ mer ihr Wahlrecht aus § 19 Abs. 4 S. 1 UStG (heute in § 19 Abs. 2 S. 1 UStG) auch konkludent ausüben können. Hierbei reichte es nach Ansicht des BFH aus, dass der Kleinunternehmer die Umsatzsteuer nach normalen Regeln berechnet; siehe auch BFH v. 11.12.1997 - V R 50/94, BStBl II 1998, 420, Rn. 13 für das Wahlrecht des § 23 Abs. 3 S. 1 UStG. 527 Ebenso wird durch die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung, in der der Steuer­ pflichtige auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze verzichtet, die Option des § 9 Abs. 1 UStG ausgeübt, vgl. Abschnitt 9.1 (3) 5 UStAE. 528 BFH v. 13.10.1989 - III R 30-31/85, BStBl II 1990, 257, Rn. 17; Seiler in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. D 52 EStG; Nacke in: Littmann/Bitz/Pust, Ein­ kommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 1503 EStG; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 42. 529 Erläuternd zu den beiden Gewinnermittlungsmethoden etwa Hennrichs in: Tip­ ke/Lang, Steuerrecht, § 9. 530 BFH v. 20.05.1988 - III R 217/84, BFH/NV 1990, 17, Rn. 17, „Einrichtung oder Nichteinrichtung der erforderlichen Buchführung“. 531 So etwa noch BFH v. 29.04.1982 - IV R 95/79, BStBl II 1982, 592, Rn. 16; BFH v. 13.10.1989 - III R 30-31/85, BStBl II 1990, 257, Rn. 17; BFH v. 23.06.1983 - IV R 185/81, BStBl II 1983, 723, Rn. 13.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

führung Abschlüsse erstellte, sollte hingegen unerheblich sein.532 Die Entscheidung für die Einnahmenüberschussrechnung erfolgte mit Erstel­ lung und Sammlung der Einnahmen- und Ausgabenbelege sowie deren vollständiger und zeitlich fortlaufender Ablage,533 nicht jedoch durch das bloße Sammeln entsprechender Belege.534 Von dieser in der Literatur kritisierten Rechtsprechung535 ist der Bundes­ finanzhof inzwischen abgerückt. Eine Ausübung des Wahlrechtes zu­ gunsten des Betriebsvermögensvergleichs wird nunmehr erst zu dem Zeitpunkt angenommen, zu dem der Steuerpflichtige am Schluss seines Wirtschaftsjahres tatsächlich seinen Jahresabschluss gemacht hat und dieser den Finanzbehörden zugegangen ist.536 Positive Auswirkungen für den Steuerpflichtigen hat dieser zurückverlagerte Ausübungszeitpunkt insbesondere durch den Aufschub der Bindung an die gewählte Gewinn­ ermittlungsart und die daraus folgende Möglichkeit, diese auch nach An­ sicht der Rechtsprechung im laufenden Veranlagungszeitraum noch zu wechseln.537 532 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 42. 533 BFH v. 13.10.1989 - III R 30-31/85, BStBl II 1990, 257, Rn. 17; BFH v. 01.10.1996 - VIII R 40/94, BFH/NV 1997, 403, Rn. 20; BFH v. 12.10.1994 - X R 192/93, BFH/NV 1995, 587, Rn. 17. 534 BFH v. 12.10.1994 - X R 192/93, BFH/NV 1995, 587, Rn. 17, der in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 13a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG zumindest eine geordnete Be­ legsammlung voraussetzt; ähnlich BFH v. 13.10.1989 - III R 30-31/85, BStBl II 1990, 257, Rn. 17. 535 Siehe etwa die Ausführungen von Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Ent­ stehung des Steueranspruchs, S. 24 ff.; sowie Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 46 ff. Roth kritisiert hierbei zunächst, dass die Rechtsprechung unbeachtet ließ, dass das Gesetz selbst in § 4 Abs. 3 EStG ausdrücklich die Abschlusserstellung und eine tatsächliche Buchführung als sachliche Voraussetzung für einen Ausschluss des Wahlrechtes und somit für die Gewinnermittlung nach Betriebsvermögensver­ gleich vorsehe. Die vorherige Annahme eines konkludenten Ausübungsaktes sei mit dieser Regelung unvereinbar (S. 49). Bei einem alleinigen Abstellen auf die Ein­ richtung der Buchführung sowie der Erstellung einer Eröffnungsbilanz fehle es wei­ terhin an der Voraussetzung des Zugangs beim Finanzamt. Diesem gehe einzig der später gemachte Jahresabschluss zu. Ohne Zugang einer Erklärung könne aller­ dings noch keine wirksame Ausübung des Wahlrechtes angenommen werden (S. 50, so auch Gluth (a.A.o.), S. 25). Gluth führt darüber hinaus an, dass gerade der mit der Einnahmenüberschussrechnung verfolgte Vereinfachungszweck für einen solchen späten Ausübungszeitpunkt spreche. Eine Vereinfachung könne auch dann noch erreicht werden, wenn trotz einer laufenden Buchführung am Ende des Jahres statt eines Abschlusses eine Einnahmenüberschussrechnung erstellt wird (S. 25 f.). All dies spreche dafür, dass der nunmehr erfolgte Rechtsprechungswandel lange überfällig war und daher eindeutig zu begrüßen ist. 536 BFH v. 19.03.2009 - IV R 57/07, BStBl II 2009, 659, Rn. 18; BFH v. 19.10.2005 - XI R 4/04, BStBl II 2006, 509, Rn. 19; so auch bereits BFH v. 02.03.1978 - IV R 45/73, BStBl II 1978, 431, Rn. 26; Nacke in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 1503 EStG. 537 Näheres hierzu im 3. Teil II., zum Gewinnermittlungswahlrecht siehe insbeson­ dere 3. Teil II.3.d).

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III.  Form der Ausübungserklärung

Wurde durch die Rechtsprechung vereinzelt eine ausdrückliche Kennt­ lichmachung der getroffenen Wahl nach außen verlangt,538 so betraf dies jeweils Fälle, in denen es an ordnungsgemäßen Aufzeichnungen für die Gewinnermittlung fehlte und der Steuerpflichtige zu schätzen war. Die­ se Schätzung erfolgt nach der Rechtsprechung nur dann anhand der vom Steuerpflichtigen gewünschten Gewinnermittlungsart, wenn er diesen Wunsch dem Finanzamt zuvor ausdrücklich kenntlich gemacht hatte. Nimmt der Steuerpflichtige die Wahl hingegen selbst konkludent durch eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung vor, muss die Gewinnermitt­ lung dem Finanzamt zwar im Vorfeld der Besteuerungsfestsetzung zuge­ hen.539 Zur zwingenden Voraussetzung der Ausübung des Gewinnermitt­ lungswahlrechtes wird die ausdrückliche Verkündung der Wahl gegenüber dem Finanzamt hierdurch aber nicht.540 Fehlt es wie in dem oben genannten Fall an einer konkludenten Aus­ übungserklärung ist der Gewinn des Steuerpflichtigen zu schätzen. Auf die strittige Frage, ob diese Schätzung anhand der Gewinnermittlungs­ vorschrift des § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG stattzufinden hat,541 wenn der Steuerpflichtige nicht zuvor eine entsprechende – nach der Rechtsprechung ausdrücklich abzugebende – Erklärung abgegeben hat, braucht im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen zu werden, da dies gerade voraussetzt, dass der hier zu untersuchende Ausübungsakt fehlt. 3. Insbesondere: konkludente Ausübung bilanzieller Wahlrechte im Rahmen der Bilanzerstellung Wird ein Wahl- oder Antragsrecht durch den Steuerpflichtigen konklu­ dent im Rahmen der Bilanzerstellung ausgeübt spricht man von bilanzi­ ellen Wahl- und Antragsrechten.542 Der überwiegende Teil solcher Rech­ te entstammt dem Einkommensteuerrecht, hierunter fallen insbesondere diejenigen Wahl- und Antragsrechte, die in den §§ 4 – 7k, 13a EStG, d.h. in den Regelungen zur Gewinnermittlung verankert sind. Die folgende Darstellung wird sich daher im Wesentlichen auf solche dem EStG ent­ stammenden Wahl- und Antragsrechte beziehen.

538 BFH v. 06.04.2000 - IV R 31/99, BStBl II 2001, 536, Rn. 20; FG Niedersachsen v. 08.03.2011 - 10 K 200/09 (rkr.), juris, Rn. 28. 539 Siehe hierzu die Ausführungen in diesem Teil unter I.4.a). 540 Dies wohl verkennend: Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 550 EStG. 541 Siehe hierzu etwa die Ausführungen von Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Vor §§ 4-7 Rn. 13 ff. EStG m.w.N. 542 Hennrichs, Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, S. 3, S. 35.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

a) Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz aa) Der Maßgeblichkeitsgrundsatz und seine Ausprägungen Sofern der Steuerpflichtige seine Gewinnermittlung nach den §§ 4 Abs. 1, 5, 5a EStG vornimmt ist er nach § 60 Abs. 1 S. 1 EStDV verpflichtet, der Steuererklärung eine Bilanz beizulegen. Dies kann entweder durch die Vorlage einer mit Anmerkungen oder Zusätzen ergänzten Handelsbilanz oder durch die Anfertigung und Abgabe einer eigenen Steuerbilanz erfol­ gen, § 60 Abs. 2 EStDV. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG regelt hierzu den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz bei gewerbetreiben­ den Steuerpflichtigen, die freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflich­ tung eine Buchführung vornehmen und Abschlüsse machen.543 Aus der Maßgeblichkeit folgt zunächst die Pflicht zur Beachtung aller allgemeinen handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften sog. materiel­ le Maßgeblichkeit. Diese umfasst nach der wohl richtigen Ansicht alle Vorschriften der §§ 238 ff. HGB.544 Andere hingegen beschränken den Maßgeblichkeitsgrundsatz auf alle handelsrechtlichen545 bzw. auf die „oberen“546 GoB. Wesentliche Folge der materiellen Maßgeblichkeit ist eine abstrakte547 Bindung an die genannten Bilanzierungsvorschriften. Neben der materiellen Maßgeblichkeit besagte der von der Rechtspre­ chung zunächst aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG abgeleitete548 und später in § 5 Abs. 1 S. 2 EStG i.d.F.d. WoBauFG gesetzlich verankerte Grundsatz 543 Siehe zur Voraussetzungsseite der Norm etwa Crzelius in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 20 ff. EStG; ausführlicher Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 200 ff. EStG. 544 Mit überzeugender Stellungnahme für diese Ansicht etwa Meinert in: Kirchhof/ Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 447 EStG; Crzelius in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 28 EStG; Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 55; Beisse, GS Knobbe-­Keuk, 385, 387; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 205 EStG; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 21; Krengel, Maß­ geblichkeitsgrundsatz, S. 11; i.E. wohl auch Anzinger in: Herrmann/Heuer/Rau­ pach, EStG, KStG, § 5 Rn. 250 EStG. 545 Kempermann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 38 EStG; Neumann-Tomm in: Lademann/Söffing, EStG, § 5 Rn. 281 EStG; Schulze-Osterloh, ZGR 2000, 594, 595. 546 Weber-Grellet, Bilanzsteuerrecht, Rn. 10, Rn. 79; ders. in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 28 EStG. 547 Aufgrund der lediglich abstrakten Bindung ist der Inhalt der konkreten Handelsbi­ lanz unbeachtlich. Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 180 EStG; Weber-Grellet, DB 2009, 2402; als Folge daraus ist ein handelsrechtswidriger An­ satz in der Handelsbilanz nicht auf die Steuerbilanz übertragbar. So etwa zu feh­ lerhaften Pensionsrückstellungen der BFH v. 13.06.2006 - I R 58/05, BStBl II 2006, 928, Rn. 13. 548 Ausführlich zur Ableitung aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG Kempermann in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 134 EStG; ähnlich Knobbe-Keuk, Bilanzund Unternehmenssteuerrecht, S. 22 m.w.N.; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 181 m.w.N EStG.

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III.  Form der Ausübungserklärung

der formellen Maßgeblichkeit, dass der Steuerpflichtige für Ansatz und Bewertung in der Steuerbilanz an die tatsächlich erstellte Handelsbilanz gebunden ist.549 Für die hier zu untersuchenden steuerlichen Wahl- und Antragsrechte bedeutete dies, dass im Falle von korrespondierenden Wahl- und Antragsrechten die Ausübung in der Steuerbilanz mit der in der Handelsbilanz übereinstimmen musste.550 Zuletzt enthielt § 5 Abs. 1 S. 2 EStG i.d.F.d. WoBauFG noch den Grund­ satz der umgekehrten Maßgeblichkeit. Dieser ordnete an, dass spezifisch steuerrechtliche Wahl- und Antragsrechte auch in der Handelsbilanz nachvollzogen werden mussten.551 bb) Fortgeltung und Reichweite der formellen Maßgeblichkeit nach dem BilMoG Während die Einführung des neuen § 5 Abs. 1 S. 2 EStG durch das Bil­ MoG ausweislich der Gesetzesmaterialien das Ende der umgekehrten Maßgeblichkeit zum Ziel hatte,552 wird die Frage der Fortgeltung der for­ mellen Maßgeblichkeit nach aktueller Rechtslage uneinheitlich beant­ wortet. Teilweise wird in der Neufassung des § 5 Abs. 1 S. 2 EStG durch das BilMoG und der Schaffung des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG ein Indiz für die Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit gesehen.553 Andere hinge­ gen verweisen auf die Verankerung der formellen Maßgeblichkeit in § 5 Abs. 1 S. 1 EStG und sehen deren Bestand durch die Neuregelung so­ mit unberührt.554 In Bezug auf die hier relevanten steuerlichen Wahlrechte hängt die Frage nach der Fortgeltung der formellen Maßgeblichkeit hauptsächlich von der Reichweite des Wahlrechtsvorbehalts in § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG ab. 549 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 181 EStG; Meinert in: Kirch­ hof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 370 EStG; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unter­ nehmenssteuerrecht, S. 22; Krengel, Maßgeblichkeitsgrundsatz, S. 13, S. 133. 550 Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 370; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 182 EStG; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unterneh­ menssteuerrecht, S. 22. 551 Schiffers in: Korn, EStG, § 5 Rn. 114 EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 371 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 183 EStG. 552 Siehe BT-Drucksache 16/10067, 99. 553 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 183 EStG; Schiffers in: Korn, EStG, § 5 Rn. 113 EStG. 554 Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 506 EStG; Hüttemann/ Meinert, Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz, S. 90 ff.; zur Ableitung aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG Kempermann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 134 EStG; sowie Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 22, jedoch ohne Aktualisierung nach dem BilMoG. Ist jedoch eine Ableitung unmittelbar aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG möglich, so spricht dies gegen eine Aufgabe der formellen Maßgeblichkeit durch das BilMoG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Erfasst dieser alle Arten steuerlicher Wahl- und Antragsrechte, ist der Steuerpflichtige bei deren Ausübung in jedem Fall frei. Ein Anwendungs­ bereich der formellen Maßgeblichkeit würde in diesem Fall – unabhängig von der Frage, ob man diese auch unmittelbar aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ableiten kann – nicht mehr verbleiben. Die Reichweite des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG wiederum hängt entscheidend von der Auslegung des hierin verwendeten Begriffs der „steuerlichen Wahlrechte“ ab. (1) Meinungsspektrum in Literatur und Verwaltung Eine erste Auffassung versteht den Begriff des „steuerlichen Wahlrech­ tes“ weit. Hiernach sind alle in Steuergesetzen geregelten Wahl- und An­ tragsrechte erfasst, also auch solche, die inhaltsgleich im Handelsrecht bestehen.555 Hierfür spräche neben dem Gesetzeswortlaut, der eine Ein­ schränkung auf bestimmte Arten von Wahlrechten gerade nicht vor­ sieht,556 auch die Streichung des § 5 Abs. 1 S. 2 EStG. Es sei zudem zu vermuten, dass der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen nur dann durch ein Steuergesetz Wahl- und Antragsrechte zur Verfügung stellen würde, wenn er ihm zugleich deren autonome Ausübung ermög­ lichen wolle.557 Darüber hinaus würden auch andere Gewinnermitt­ lungsarten – wie z.B. bei Land- und Forstwirten – nicht durch handels­ rechtliche Vorgaben eingeschränkt, weshalb eine Einschränkung der Gewinnermittlung von Gewerbetreibenden nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG durch handelsrechtliche Regelungen nicht einzusehen sei.558 Andere legen den Begriff der „steuerlichen Wahlrechte“ enger aus und sehen nur die rein steuerrechtlichen, d.h. die GoB-widrigen Wahlrechte, hiervon erfasst.559 Begründet wird diese Ansicht ebenfalls mit dem Geset­ 555 BMF v. 12.03.2010 - BMF-Schreiben, BStBl I 2010, 239, Rn. 13 ff., Rn. 16 ff.; Weber-Grellet in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 60 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 201 ff. EStG; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 934, 935 f.; Weber-Grellet, DB 2009, 2402, 2403; Dörfler/Adrian, DB 2009, Beilage 5, 58 f.; Herzig/Briesemeister, DB 2010, 926, 929 f.; Günkel, FS Herzig, 509, 513 f.; so im Ergebnis auch BFH v. 09.12.2014 - X R 36/12, BFH/NV 2015, 821, Rn. 20: „Der Maßgeblichkeitsgrundsatz wurde erst mit dem [BilMoG] aufgegeben, das dem Steuerpflichtigen ausdrücklich die abweichende Ausübung steuerlicher Wahlrech­ te ermöglicht“. 556 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 202 EStG. Der im Gesetz ge­ nannte „andere Ansatz“ könne auch bei GoB-konformen Wahlrechten vorliegen, wenn hierbei eine von der Handelsbilanz abweichende Ausübung vorgenommen werde; Herzig/Briesemeister, DB 2010, 926, 930; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 934, 935 f.; Ballwieser, FS Spindler, 577, 591; Thiel, FS Meilicke, 733, 741 ff.; Dörfler/Adrian, Ubg 2009, 385, 387; mit ausführlicher Herleitung auch Geberth/Blasius, FR 2010, 408, 411 ff. 557 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 202 EStG. 558 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 202 EStG. 559 Förster/Schmidtmann, BB 2009, 1342, 1343; Wehrheim/Fross, StuW 2010, 195, 202 f.; dies., DStR 2010, 1348, 1350; Schenke/Risse, DB 2009, 1957, 1959.

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III.  Form der Ausübungserklärung

zeswortlaut, der einen „anderen“, d.h. einen nicht GoB-konformen An­ satz fordere.560 Eine subjektive, durch die Gesetzesmaterialien beein­ flusste Auslegung des Gesetzeswortlauts lasse auf ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers schließen.561 Die Streichung des § 5 Abs. 1 S. 2 EStG a.F. sollte lediglich sicherstellen, dass GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte in der Steuerbilanz ausgeübt werden können, ohne sie – anders als zuvor unter Geltung der umgekehrten Maßgeblichkeit – in der Handelsbilanz gleichermaßen abbilden zu müssen.562 Eine dritte Ansicht engt die Vorherige weiter ein und beschränkt den Anwendungsbereich des Wahlrechtsvorbehalts auf subventionelle GoB-­ widrige Wahl- und Antragsrechte.563 Begründet wird dies mit dem Stre­ ben nach einer objektivierten Gewinnermittlung. Wenn steuerliche Wahl­ rechte verfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftig sind, könne eine solche Rechtfertigung zwar in Vereinfachungs- oder Lenkungszwecken gesehen werden, nicht jedoch alleine darin, dem Steuerpflichtigen durch steuerbilanzpolitische Entscheidungen die Möglichkeit zur Abweichung von der Handelsbilanz zu gewähren.564 Insoweit sei die Norm des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG einschränkend auszulegen.565 Darüber hinaus lasse sich auch der Entstehungsgeschichte der Norm entnehmen, dass der Ge­ 560 Förster/Schmidtmann, BB 2009, 1342, 1343. 561 Das gleiche Ergebnis lasse sich auch durch eine teleologische Reduktion errei­ chen, Schenke/Risse, DB 2009, 1957, 1959; so auch Wehrheim/Fross, StuW 2010, 195, 202 f. 562 Förster/Schmidtmann, BB 2009, 1342, 1343; Wehrheim/Fross, StuW 2010, 195, 202 f.; dies., DStR 2010, 1348, 1350. 563 Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, DB 2009, 2570, 2572; ausführlich Krengel, Maßgeblichkeitsgrundsatz, S. 170 ff., S. 178 ff.; Hennrichs, Ubg 2009, 533, 537 ff.; ders., GmbHR 2010, 17, 21; Schulze-Osterloh, DStR 2011, 534, 535 ff.; Hoffmann in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 329 ff. EStG; Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 273 EStG; Crezelius in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 54 EStG; Hennrichs in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 99; Hüttemann/Meinert, Die Lifo-Methode in Handelsund Steuerbilanz, S. 90 ff.; differenzierend Anzinger/Schleiter, DStR 2010, 395, die zwar eine teleologische Reduktion des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG auf subventio­ nelle GoB-widrige Wahlrechte vornehmen wollen (S. 396 ff.). Ein Wahlrechtsvor­ behalt für GoB-konforme Wahlrechte soll sich jedoch unmittelbar aus dem Maß­ geblichkeitsgrundsatz ergeben, da durch die materielle Maßgeblichkeit nur auf die handelsrechtlichen Regelungen verwiesen wird, nicht jedoch auf den konkret ge­ wählten Ansatz (S. 398). 564 Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, DB 2009, 2570, 2572; Hennrichs, Ubg 2009, 533, 539; Krengel, Maßgeblichkeitsgrundsatz, S. 180 f.; Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 273 EStG. 565 Anzinger/Schleiter, DStR 2010, 395, 396 f.; Anzinger in: Herrmann/Heuer/Rau­ pach, EStG, KStG, § 5 Rn. 273 EStG; ebenso Schulze-Osterloh, DStR 2011, 534, 535; Hennrichs, Ubg 2009, 533, 539; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 502 EStG; Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 99; und Krengel, Maßgeblichkeitsgrundsatz, S. 178 ff. erreichen dieses Ergebnis durch eine teleologische Reduktion der Norm.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

setzgeber mit der Neufassung der Norm ausschließlich die Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit bezweckt habe, jedoch keine Abschaf­ fung oder wesentliche Einschränkung der formellen Maßgeblichkeit ge­ wollt habe.566 (2) Stellungnahme Der ersten Ansicht ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG zunächst eine weite Auslegung nahelegt. Jedoch ist auch eine Beschränkung auf GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte durch den Gesetzeswortlaut gedeckt, da mit dem „anderen“ Ansatz auch ein GoB-­ widriger Ansatz gemeint sein kann. Im Rahmen der Entscheidung zwi­ schen diesen beiden Auslegungsmöglichkeiten des Wortlauts kann der eigentliche Wille des Gesetzgebers nicht unberücksichtigt bleiben,567 wenn dieser wie im vorliegenden Fall durch die Gesetzesmaterialien ein­ deutig zum Ausdruck gekommen ist.568 Da auch die systematische Stellung der Norm als Ausnahme zum Maß­ geblichkeitsgrundsatz569 sowie der Zweck der Norm570 für eine einschrän­ kende Auslegung des Wortlautes sprechen, ist mit der zweiten bzw. ­dritten Ansicht der Wahlrechtsvorbehalt auf GoB-widrige Wahl- und An­ tragsrechte zu beschränken. Dies bedeutet gleichzeitig, dass GoB-konfor­ me Wahl- und Antragsrechte weiterhin der formellen Maßgeblichkeit unterfallen, sodass diese in der Steuerbilanz entsprechend dem Ansatz in der Handelsbilanz auszuüben sind. Der Unterschied zwischen der zweiten und dritten Auffassung liegt in einer weitergehenden Beschränkung des Anwendungsbereichs der steu­ erlichen Wahlfreiheit durch die dritte Ansicht. Diese einschränkende Auslegung bzw. teleologische Reduktion des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG wird mit der Vermeidung von Wertungswidersprüchen und der Verhinde­ rung von willkürlichen Entscheidungen begründet. Wahl- und Antrags­

566 Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, DB 2009, 2570, 2571; Schulze-Osterloh, DStR 2011, 534, 535; Hennrichs, Ubg 2009, 533, 538; Krengel, Maßgeblichkeitsgrundsatz, S. 179; Anzinger in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 273 EStG; siehe hierzu auch BT-Drucksache 16/10067, 99, 120, 124. 567 Ausführlich Krengel, Maßgeblichkeitsgrundsatz, S. 170 ff.; siehe auch Hennrichs, Ubg 2009, 533, 538 f.; Schenke/Risse, DB 2009, 1957, 1958; sowie Hoffmann in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 331 EStG; zur Bedeutung der historischen Auslegung im Allgemeinen etwa Englisch in: Tipke/Lang, Steuer­ recht, § 5 Rn. 60 ff. 568 Siehe BT-Drucksache 16/10067, 99, 120, 124. 569 Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 273 EStG; Anzinger/ Schleiter, DStR 2010, 395, 397. 570 Siehe hierzu die obigen Ausführungen zur dritten Ansicht.

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III.  Form der Ausübungserklärung

rechte ohne subventionellen Charakter sind nach dieser Auffassung kei­ ne Wahlrechte im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG. Es erschließt sich jedoch nicht, wieso das Anliegen der Vermeidung will­ kürlicher Entscheidungen im Tatbestand des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG verortet werden sollte. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Einräumung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten an den Steuerpflichtigen ist für jedes Wahl- und Antragsrecht richtigerweise eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung zu verlangen.571 Einen Schutz gegen ungerechtfertigte und damit verfassungswidrige Wahl- und An­ tragsrechte kann allerdings nicht die Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG bieten. Eine Verortung des Problemfeldes in § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG führt auch nicht dazu, dass das Problem allgemeingültig gelöst werden könnte. Ver­ fassungsrechtliche Probleme ergeben sich vielmehr auch bei außerbilan­ ziellen Wahl- und Antragsrechten, sodass ohnehin in einer Vielzahl von Fällen die Lösung außerhalb des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG im Rahmen des einzelnen Wahl- und Antragsrechtes zu suchen ist. Es bietet sich da­ her an, auch für bilanzielle Wahl- und Antragsrechte auf die jeweiligen Einzelnormen abzustellen und nicht ohne echte systematische Begrün­ dung eine lediglich für bilanzielle Wahl- und Antragsrechte greifende „allgemeingültige“ Lösung zu konstruieren. Der Schutz vor verfassungswidrigen Wahl- und Antragsrechten ist somit durch eine teleologische Reduktion der jeweiligen Steuerrechtsnor­ men vorzunehmen, durch die dem Steuerpflichtigen ein solches Recht ein­ geräumt worden ist. Sofern für ein Wahl- und Antragsrecht kein Rechtfertigungsgrund vorhanden ist, muss die entsprechende Norm ein­ schränkend ausgelegt bzw. teleologisch reduziert werden, sodass dem Steuer­ pflichtigen im Ergebnis keine Wahl offensteht.572 Infolgedessen wäre § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG nicht auf diese Normen anwendbar, so­ dass sich die Frage der formellen Maßgeblichkeit für solche „Wahl- und Antragsrechte“ nicht stellt. Ein Beispiel hierfür könnten steuerbilanzielle Vereinfachungswahlrechte sein, denen in der Handelsbilanz zwingende Regelungen gegenüber­ stehen. In diesem Fall könnte argumentiert werden, dass das Bestehen einer Wahlmöglichkeit abgelehnt werden müsse, da hieraus eine Abwei­ chung von der Handelsbilanz und damit keine Vereinfachung sondern

571 Näher dazu im 1. Teil unter II. 572 Hiernach müsste etwa § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG selbst teleologisch re­ duziert werden, um zu einer zwingenden Geltung der Teilwertabschreibung zu gelangen. Entgegen des Wortlauts bestünde dann kein Wahlrecht des Steuerpflich­ tigen.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

vielmehr ein zusätzlicher Aufwand verursacht würde.573 Um in diesem Fall eine eigenständige steuerrechtliche Wahlrechtsausübung verhindern zu können, bedarf es jedoch keiner allgemeinen Einschränkung des Wahlrechtsvorbehalts, sondern vielmehr einer Einschränkung der einzel­ nen Wahlrechtsnorm. Wollte man dieser Argumentation folgen, müsste das Wahl- oder Antragsrecht zumindest für bilanzierende Steuerpflichti­ ge teleologisch reduziert werden. Im Endeffekt muss der Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG mithin so ausgelegt werden, dass von ihm alle und nicht nur subventio­ nelle, GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte erfasst sind. Für GoB-kon­ forme Wahlrechte verbleibt es auch nach dem BilMoG bei der Geltung der formellen Maßgeblichkeit. b) GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte aa) Ausübung GoB-konformer Wahl- und Antragsrechte in der ­Handelsbilanz Sofern ein Wahl- oder Antragsrecht sowohl im Handelsbilanzrecht als auch im Steuerbilanzrecht enthalten ist, spricht man von GoB-konfor­ men Wahl- und Antragsrechten.574 Diese werden nach der hier vertrete­ nen Ansicht auch nach den Neuerungen durch das BilMoG uneinge­ schränkt von der formellen Maßgeblichkeit erfasst. Sowohl bei Abgabe einer mit Anmerkungen versehenen Handelsbilanz beim Finanzamt ge­ mäß § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV als auch bei Aufstellung und Abgabe einer eigenständigen Steuerbilanz nach § 60 Abs. 2 S. 2 EStDV durch den Steu­ erpflichtigen werden GoB-konforme steuerliche Wahl- und Antragsrech­ te somit durch Ansatz oder Bewertung in der Handelsbilanz ausgeübt.575 Im letzteren Fall muss die Wahlrechtsausübung zwar im Rahmen der Steuerbilanz abgebildet werden. Dessen ungeachtet ist der Steuerpflich­ tige aufgrund der formellen Maßgeblichkeit an die Ausübung des ent­ sprechenden Wahl- und Antragsrechtes im Rahmen der Handelsbilanz gebunden. Der eigentliche Ausübungsakt findet mithin nicht durch An­ 573 Ob diese Argumentation im Ergebnis allerdings durchgreift darf bezweifelt wer­ den. Siehe hierzu auch die Ausführungen zum Gewinnermittlungswahlrecht des § 4 Abs. 3 EStG im 3. Teil unter II.3.d). 574 Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 488 EStG mit Auflistung ei­ niger GoB-konformer Wahlrechte; ebenso Korn in: Korn, EStG, § 5 Rn. 150.7 EStG. 575 BFH v. 25.04.1985 - IV R 83/83, BStBl II 1986, 350, Rn. 11; Meinert in: Kirchhof/ Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 512 EStG; Kempermann in: Kirchhof/Söhn/Mel­ linghoff, EStG, § 5 Rn. B 154 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 194 EStG. Die Ausführungen von Krumm betreffen zwar die Rechtslage vor dem BilMoG, hinsichtlich derjenigen Wahl- und Antragsrechte, die entgegen sei­ ner Ansicht auch nach dem BilMoG der formellen Maßgeblichkeit unterfallen, gelten diese Maßstäbe richtigerweise fort.

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III.  Form der Ausübungserklärung

satz oder Bewertung in der Steuerbilanz, sondern bereits zuvor durch An­ satz oder Bewertung im Rahmen der Handelsbilanz statt. Im Falle von GoB-konformen Wahl- und Antragsrechten ist eine Aus­ übung ferner nicht durch eine gesonderte Erklärung gegenüber dem Fi­ nanzamt denkbar. Der Ausübungsakt vollzieht sich vielmehr bei der Aufstellung der Handelsbilanz. Auch wenn hierin die bestehende Wahl­ möglichkeit nicht ausdrücklich in Anspruch genommen wird, wählt der Steuerpflichtige hierdurch den gesetzlichen Regelfall. Eine abweichende Ausübung für steuerliche Zwecke durch gesonderte Erklärung ist auf­ grund der formellen Maßgeblichkeit nicht zulässig. Mithin führt der Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit dazu, dass GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte faktisch nur in Form der Handelsbilanzaufstel­ lung ausgeübt werden können, auch wenn sie vom Steuergesetzgeber nicht ausdrücklich als formbedürftig bezeichnet sind. Nicht ausreichend ist es, wenn beispielsweise der Ausweis einer Rücklage nach § 6b EStG in Buchführungskonten576 oder in der Eröffnungsbilanz577 erfolgt. Die Aufstellung der Bilanz selbst beinhaltet zwar den Ausübungsakt, Wirksamkeit erlangt die Wahlrechtsausübung als eine empfangsbedürfti­ ge Willenserklärung578 aber erst in dem Moment, in dem die Bilanz beim Finanzamt eingereicht wird. Auch bei Übermittlung in elektronischer Form durch eine E-Bilanz nach § 5b Abs. 1 S. 1 – S. 3 EStG bestehen dies­ bezüglich keine Besonderheiten. Der eigentliche Ausübungsakt liegt auch hier in der Erstellung einer der Taxonomie des § 5b EStG entspre­ chenden Bilanz, wirksam wird die Ausübung wiederrum mit Übermitt­ lung der E-Bilanz durch Datenübertragung an das Finanzamt. bb) Ausnahmen von der Bindung an den konkreten Handelsbilanzansatz Der Gedanke der formellen Maßgeblichkeit stößt in dem Moment an seine Grenzen, in dem eine Position in der Handelsbilanz entgegen den GoB aufgestellt wird. In diesem Fall ist eine Übernahme der entsprechen­ den Handelsbilanzposition nicht möglich, sodass das Wahl- und Antrags­ recht – den GoB entsprechend – in der Steuerbilanz autonom auszuüben ist.579 Dies folgt aus dem Vorrang der materiellen Maßgeblichkeit, nach­ dem die in der Steuerbilanz angesetzten Werte mit den GoB übereinstim­ 576 BFH v. 24.01.1990 - I R 152-153/85, BStBl II 1990, 426, Rn. 12; hierbei handelt es sich nach Ansicht des BFH v. 16.02.1989 - IV R 307/84, BFH/NV 1990, 632, Rn. 10 nur um eine vorbereitende Maßnahme zur Ausübung des Wahlrechtes. 577 Nach dem Grundsatz des Bilanzzusammenhangs kann nur ein Ansatz in der Schlussbilanz als Ausübung des Wahlrechtes dienen, da ein Nichtansatz auch auf die Eröffnungsbilanz durchgreift. BFH v. 30.03.1989 - IV R 72/88, BStBl II 1989, 560, Rn. 10. 578 Siehe hierzu im 2. Teil unter I.4.a). 579 BFH v. 13.06.2006 - I R 58/05, BStBl II 2006, 928, Rn. 13; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 180 f. EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow,

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

men müssen.580 Wird die Handelsbilanz nachträglich aufgrund des Bilan­ zierungsfehlers berichtigt, so ist die Steuerbilanz gegebenenfalls nach § 4 Abs. 2 EStG zu berichtigen. cc) Ausübung bei Fehlen einer wirksamen Handelsbilanz Sofern keine wirksame Handelsbilanz vorhanden ist, stellt sich die Fra­ ge, ob der Steuerpflichtige das Wahl- oder Antragsrecht in der Steuerbi­ lanz autonom ausüben darf. Fehlt es an einer wirksamen Handelsbilanz mangels einer handelsrecht­ lichen Bilanzierungsverpflichtung läuft die formelle Maßgeblichkeit von vornherein ins Leere. Die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten kann in diesem Fall nur autonom im Rahmen der Steuerbilanz erfolgen.581 Ist die erstellte Handelsbilanz unwirksam, hat dies keine negativen Aus­ wirkungen auf die Wirksamkeit der Steuerbilanz.582 Die Unwirksamkeit der Handelsbilanz führt allerdings dazu, dass diese – und damit auch die hierin ausgeübten bilanziellen Wahl- und Antragsrechte – für die auf ih­ rer Grundlage aufgestellte Steuerbilanz keine Bindungswirkung entfal­ ten kann.583 Für Zwecke der Steuerbilanz kann der Steuerpflichtige das Wahl- und Antragsrecht folglich autonom ausüben.584 Wird im Nach­ hinein eine wirksame Handelsbilanz aufgestellt, besteht für diese keine Bindung an die frühere unwirksame Handelsbilanz.585 Mit ihrer Auf­ stellung entsteht allerdings die Bindungswirkung der formellen Maßgeb­ lichkeit aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, sodass der Steuerpflichtige unter Um­ ständen zu einer Berichtigung der Steuerbilanz verpflichtet ist, wenn er

BeckOK EStG, § 5 Rn. 370 EStG; Weber-Grellet in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 26 EStG; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 22. 580 Neumann-Tomm in: Lademann/Söffing, EStG, § 5 Rn. 297 EStG; Krumm in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 180 f. EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 370 EStG. 581 BFH v. 30.03.1989 - IV R 72/88, BStBl II 1989, 560, Rn. 8; Rätke, StuB 2009, 431; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 513 EStG. 582 BFH v. 08.10.2008 - I R 61/07, BStBl II 2011, 62, Rn. 31; Rätke, StuB 2009, 431; Günkel, StbJb 2009/2010, 331, 342; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 400 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 973 EStG; dies gilt auch, wenn keine eigene Steuerbilanz erstellt wird, son­ dern die Handelsbilanz unverändert übernommen wird (sog. Einheitsbilanz), so BFH v. 28.05.2008 - I R 98/06, BStBl II 2008, 916, Rn. 17. 583 BFH v. 24.01.1990 - I R 17/89, BStBl II 1990, 681, Rn. 21; Rätke, StuB 2009, 431, 432; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 196 EStG. 584 Dies offenlassend BFH v. 08.10.2008 - I R 61/07, BStBl II 2011, 62, Rn. 32; so aber Rätke, StuB 2009, 431, 432; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 197 EStG. 585 BFH v. 08.10.2008 - I R 61/07, BStBl II 2011, 62, Rn. 33; Günkel, StbJb 2009/2010, 331, 343.

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III.  Form der Ausübungserklärung

dort das Wahl- oder Antragsrecht anders als in der Handelsbilanz ausge­ übt hatte.586 Kommt der Steuerpflichtige einer bestehenden handelsrechtlichen Bi­ lanzierungsverpflichtung nicht nach, so kann hieraus auch keine Bin­ dung in Bezug auf ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht entstehen, es ist vielmehr autonom in der Steuerbilanz auszuüben.587 Stellt der Steuer­ pflichtige nachträglich eine wirksame Handelsbilanz auf, muss die Steu­ erbilanz im Falle von Abweichungen durch eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG angepasst werden. c) Rein steuerliche Wahl- und Antragsrechte Rein steuerliche, d.h. GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte unterfallen dem Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG588 und unterlie­ gen somit nicht dem Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit. Ausgeübt wird ein solches Wahl- und Antragsrecht entweder durch ausdrückliche Erklärung,589 durch GoB-widrige Bilanzierung, Bewertung oder GoB-wid­ rigen Ausweis in der Steuerbilanz gemäß § 60 Abs. 2 S. 2 EStDV bzw. durch eine Anmerkung zur Handelsbilanz nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV.590 Vom Ausübungsakt im Rahmen der Bilanzaufstellung zu unterscheiden ist die zeitlich nachgelagerte Aufnahme des Wahl- oder Antragsrechtes in ein besonderes Verzeichnis gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 EStG als zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die dem Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG unterfallenden Wahl- und Antragsrechte, sofern diese den Wert von Wirtschaftsgütern betreffen. Die Führung dieses Ver­ zeichnisses führt auch nicht zu einer weitergehenden Bindungswirkung des Steuerpflichtigen. Durch Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG kann er das Wahl- oder Antragsrecht abweichend von den Angaben im Verzeichnis ausüben.591 Wirksam wird die Ausübung des Wahlrechts, sobald der Steuerpflichtige die Zusätze oder Anmerkungen zur Handelsbilanz nach § 60 Abs. 2

586 BFH v. 08.10.2008 - I R 61/07, BStBl II 2011, 62, Rn. 32; Rätke, StuB 2009, 431, 432 f.; Günkel, StbJb 2009/2010, 331, 343; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 196 EStG. 587 Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 513 EStG. 588 Siehe die vorherigen Ausführungen unter III.3.a)bb)(2). 589 Dazu III.2.b)aa). 590 Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 281 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 203b EStG; Schiffers in: Korn, EStG, § 5 Rn. 150.2 EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 519 EStG. 591 Strahl, Kösdi 2009, 16642, 16646; dem folgend Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 203b EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

S. 1 EStDV bzw. die Steuerbilanz nach § 60 Abs. 2 S. 2 EStDV an das zu­ ständige Finanzamt übermittelt hat.592 d) Gewerbe- und körperschaftsteuerliche Wahlrechte Über die Verweisungen in § 8 Abs. 1 S. 1 KStG sowie in § 7 Abs. 1 S. 1 GewStG gelten bilanzielle Wahl- und Antragsrechte des Einkommen­ steuerrechts auch für die Körperschaft-593 und Gewerbesteuer.594 Beide Normen beinhalten ebenfalls einen Verweis auf § 5 EStG.595 Die vorange­ gangenen Ausführungen zur Ausübung bilanzieller Wahl- und Antrags­ rechte sind mithin auch in Bezug auf die Körperschaft- und Gewerbe­ steuer zu beachten. aa) Gewerbesteuer Im Gewerbesteuerrecht besteht die Besonderheit, dass die Gewinner­ mittlung im Vergleich zur Steuerbilanz verfahrensrechtlich eigenständig erfolgt.596 Hieraus ergibt sich eine zusätzliche Ebene der Gewinnermitt­ lung neben Handels- und Steuerbilanz. Aus der grundsätzlichen Anknüp­ fung an die einkommensteuerrechtliche Gewinnermittlung folgt jedoch, dass im Regelfall nicht von der Gewinnermittlung nach EStG bzw. KStG abgewichen werden darf.597

592 Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 281 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 203b EStG; Schiffers in: Korn, EStG, § 5 Rn. 150.2 EStG. 593 Rengers in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 Rn. 46 f. KStG; Schallmoser in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 8 Rn. 22 KStG; Frotscher in: Frotscher/ Drüen, KStG, GewStG, UmwStG, § 8 Rn. 38 ff. KStG; Intemann in: Rödder/Her­ linghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 35 KStG. 594 Drüen in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 Rn. 45 GewStG; Roser in: Lenski/ Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 30 ff. GewStG. 595 Für das KStG siehe etwa Rengers in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 Rn. 46 f. KStG; Schallmoser in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 8 Rn. 22 KStG; zum GewStG Drüen in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 Rn. 45 GewStG; ­Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 50 GewStG. 596 Dies führt dazu, dass das Finanzamt den Gewerbeertrag separat nach den Vor­ schriften des EStG und des GewStG berechnet. BFH v. 06.09.2000 - XI R 18/00, BStBl II 2001, 106, Rn. 14; BFH v. 09.08.1989 - X R 110/87, BStBl II 1990, 195, Rn. 30; BFH v. 25.04.1985 - IV R 83/83, BStBl II 1986, 350, Rn. 17; Roser in: Lenski/​ Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 55 GewStG; Schnitter in: Frotscher/Drüen, KStG, GewStG, UmwStG, § 7 Rn. 24 GewStG; Voßkuhl in: Deloitte, Gewerbesteuerge­ setz, § 7 Rn. 12, Rn. 16 GewStG. 597 Ausnahmen bestehen etwa durch die Zu- und Abrechnungen nach §§ 8, 9 G ­ ewStG, so bereits BFH v. 18.02.1965 - IV 159/63 U, BStBl III 1965, 259, Rn. 5; BFH v. 21.01.1992 - VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958, Rn. 30; Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 55 f. GewStG.

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III.  Form der Ausübungserklärung

Wenngleich hierdurch keine vollständige rechtliche Bindung an den durch die Einkommen- oder Körperschaftsteuerbilanz ermittelten Ge­ winn hervorgeht,598 führt dies dazu, dass Wahl- und Antragsrechte für die Gewerbesteuer in Übereinstimmung mit der Einkommensteuer bzw. der Körperschaftsteuer ausgeübt werden müssen.599 Grund hierfür ist, dass die Handelsbilanz, in der nach der formellen Maßgeblichkeit die GoB-­ konformen Wahl und Antragsrechte ausgeübt werden, Grundlage für die Steuerbilanz ist, die wiederum Grundlage für die Ermittlung des Gewer­ beertrags ist.600 Da beide Bilanzen im Endeffekt auf der Handelsbilanz beruhen, muss sich die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten auf­ grund der formellen Maßgeblichkeit im Gewerbesteuerrecht und im Ein­ kommen- bzw. Körperschaftsteuerrecht decken. Darüber hinaus gilt die­ se Bindung allerdings auch, wenn bei rein steuerlichen Wahlrechten die Ausübung in der Steuerbilanz erfolgt ist.601 Nach den Neuerungen des BilMoG wird teilweise wieder eine Entkoppe­ lung der GewSt-Bilanz von der Steuerbilanz in den Fokus gerückt.602 Grund hierfür sei, dass die Argumentation des Bundesfinanzhofs in Be­ zug auf die Bindung an die Wahlrechtsausübung maßgebend auf der Bin­ dung der Handels- für die Steuerbilanz beruhe. In Folge der weitgehenden Entkoppelung von Handels- und Steuerbilanz durch das BilMoG sei eine solche „verlängerte Maßgeblichkeit“ nicht mehr sachgemäß.603 Diese Auffassung beruht jedoch auf der Ansicht, die die formelle Maß­ geblichkeit durch das BilMoG als abgeschafft und durch einen umfassen­ den Wahlrechtsvorbehalt ersetzt ansieht. Wird diese Ansicht wie hier abgelehnt und die Reichweite des Wahlrechtsvorbehalts auf rein steuer­ liche, d.h. GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte beschränkt,604 so ist an 598 BFH v. 21.01.1992 - VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958, Rn. 30; BFH v. 23.06.1983 - IV R 185/81, BStBl II 1983, 723, Rn. 17; BFH v. 18.02.1965 - IV 159/63 U, BStBl III 1965, 259, Rn. 5; Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 56 GewStG. 599 BFH v. 06.09.2000 - XI R 18/00, BStBl II 2001, 106, Rn. 14; BFH v. 09.08.1989 - X R 110/87, BStBl II 1990, 195, Rn. 25 ff.; BFH v. 25.04.1985 - IV R 83/83, BStBl II 1986, 350, Rn. 17 f.; so auch zur Rechtslage vor dem BilMoG Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 56 GewStG; Frotscher in: Frotscher, EStG, §§ 4 Rn. 458, 5 Rn. 37a EStG. 600 BFH v. 09.08.1989 - X R 110/87, BStBl II 1990, 195, Rn. 25 ff.; BFH v. 25.04.1985 - IV R 83/83, BStBl II 1986, 350, Rn. 17; Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 56 GewStG. 601 BFH v. 09.08.1989 - X R 110/87, BStBl II 1990, 195, Rn. 27 f.; dies gilt auch für steuerliche Sonderbilanzen, BFH v. 21.01.1992 - VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958, Rn. 29. 602 So etwa von Drüen in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 Rn. 54 GewStG; und Roser in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 67a GewStG. 603 Drüen in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 Rn. 54 GewStG; Roser in: Lenski/ Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 67a GewStG. 604 Siehe hierzu oben 3.a)bb)(2).

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

der gefestigten Rechtsprechung zur Bindung an die Steuerbilanz auch nach Geltung des BilMoG festzuhalten. Wahl- und Antragsrechte dürfen somit auch weiterhin im Gewerbesteuerrecht nicht abweichend von der Steuerbilanz ausgeübt werden.605 Die formelle Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG schlägt folglich für GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte auf die Gewerbesteuer durch. Aufgrund der mittelbaren Bindung an die Handelsbilanz erfolgt bei GoB-konformen Wahl- und Antragsrechten die Ausübung auch in Bezug auf das Gewerbesteuerrecht im Rahmen der Aufstellung der Handels­ bilanz. Für GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte gilt im Einkommen­ steuerrecht der Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG. Das Gewerbesteuerrecht ist hier an die Einkommensteuerbilanz gebunden, sodass die Ausübung der Wahl- und Antragsrechte mit deren Aufstellung erfolgt. bb) Körperschaftsteuer Für den Bereich der Körperschaftsteuer existiert das oben skizzierte ­Problem der Gewerbesteuer, die zusätzliche Gewinnermittlungsebene, nicht. Hier verbleibt es vielmehr bei den für die Ausübung bilanzieller Wahl- und Antragsrechte in der Einkommensteuerbilanz geltenden allge­ meinen Grundsätzen. Bei der Ausübung GoB-konformer Wahl- und An­ tragsrechte ist somit die formelle Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, § 8 Abs. 1 S. 1 KStG zu beachten,606 sodass die Ausübung in der Handelsbilanz erfolgt.607 GoB-widrige Wahl- und Antragsrechte unterfal­ len dem Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG, § 8 Abs. 1 S. 1 KStG und können somit autonom im Rahmen der Körperschaftsteu­ erbilanz ausgeübt werden. e) Sonderfälle aa) Sonderfälle in einer Mitunternehmerschaft Anders als der überwiegende Teil sind manche bilanziellen Wahl- und Antragsrechte nicht in der Handelsbilanz oder der steuerlichen Gesell­ schaftsbilanz auszuüben. Dies gilt immer dann, wenn die Steuerbilanz in ihrem Umfang über den Inhalt der Handelsbilanz hinausgeht. Beispiel­ haft hierfür sind Wahl- und Antragsrechte von Mitunternehmern im

605 Ähnlich auch Selders in: Glanegger/Güroff, GewStG, § 7 Rn. 8 GewStG; Schnitter in: Frotscher/Drüen, KStG, GewStG, UmwStG, § 7 Rn. 29 GewStG. 606 Dötsch in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 14 Rn. 693 KStG. 607 Die oben unter 3.b)bb) - cc) genannten Ausnahmefälle sind auch bei der Körper­ schaftsteuer zu beachten.

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III.  Form der Ausübungserklärung

Rahmen einer Ergänzungsbilanz608 sowie in Bezug auf ihre Sonderbilanz zu nennen.609 Solche mitunternehmerbezogenen Wahl- und Antragsrechte können in der Handelsbilanz nicht ausgeübt werden, da in dieser die Bildung einer Ergänzungsbilanz nicht zulässig ist und ein etwaiges Sonderbetriebsver­ mögen nicht ausgewiesen wird.610 Eine Anwendung der formellen Maß­ geblichkeit – und somit eine Bindung an die Handelsbilanz – ist in die­ sem Fall nicht denkbar. Diese Wahl- und Antragsrechte sind somit grundsätzlich in der Ergänzungs- bzw. Sonderbilanz des entsprechenden Mitunternehmers auszuüben. Daneben ist eine Ausübung mitunternehmerbezogener Wahl- und An­ tragsrechte auch durch einfache Mitteilung an die Finanzbehörden denk­ bar. 611 Dies gilt zumindest dann, wenn die Vermutungswirkung für die Richtigkeit der aufgestellten Sonderbilanz widerlegt wurde.612 In diesem Fall hat dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zur Ausübung in der Son­ derbilanz nicht offen gestanden, sodass die Wahl- und Antragsrechte durch jede Art von Erklärung gegenüber den Finanzbehörden ausgeübt werden können. Etwas anders kann jedoch gelten, wenn der Gegenstand des Sonderbe­ triebsvermögens des Gesellschafters handelsrechtlich einem anderen Be­ trieb zuzuordnen ist. In diesem Fall gilt die formelle Maßgeblichkeit ­wegen der Identität der betroffenen Wirtschaftsgüter auch bei Personen­ verschiedenheit,613 sodass der Steuerpflichtige an die Ausübung des Wahl- und Antragsrechtes in der dortigen Handelsbilanz auch in Bezug auf die Sonderbilanz gebunden ist.614

608 BFH v. 30.04.2003 - I R 102/01, BStBl II 2004, 804, Rn. 16; Meinert in: Kirchhof/ Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 148, Rn. 506 EStG; Neumann-Tomm in: Lade­ mann/Söffing, EStG, § 5 Rn. 152/23. 609 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 197 EStG; Neumann-Tomm in: Lademann/Söffing, EStG, § 5 Rn. 152/17 EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 506, Rn. 513 EStG. 610 Kempermann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 153 EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 506, Rn. 513 EStG; zur Unzulässig­ keit einer handelsrechtlichen Ergänzungsbilanz etwa Schön, FR 1994, 658, 663 f. m.w.N.; a.A. zumindest in Bezug auf die Ergänzungsbilanz Mathiak, StbJb 1986/1987, 79, 106. 611 Dies ist aus den tatsächlichen Ausführungen in BFH v. 25.01.2006 - IV R 14/04, BStBl II 2006, 418, Rn. 28 abzuleiten; Ley, Wpg 2006, 904, 907. 612 Siehe hierzu bereits unter II.2.b)aa)(2). 613 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 197 EStG. 614 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 197 EStG; zustimmend Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 513 EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

bb) Wahlrechte des Umwandlungssteuerrechts Auch Wahlrechte des Umwandlungssteuerrechts unterliegen keiner be­ sonderen Form,615 sodass sie außer durch ausdrückliche Erklärung gegen­ über dem Finanzamt616 auch konkludent durch einen entsprechenden Ansatz im Rahmen der steuerlichen Schlussbilanz ausgeübt werden kön­ nen.617 Spätestens seit Einführung des SEStEG gilt die formelle Maßgeblichkeit für umwandlungssteuerliche Wahlrechte nicht mehr.618 Diese können folglich unabhängig von dem Ansatz in der Handelsbilanz ausgeübt wer­ den.619 Der eigentliche Ausübungsakt erfolgt somit in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden620 bzw. der übernehmenden621 Körper­ schaft bzw. durch eine andere vorherige Erklärung gegenüber dem Fi­ nanzamt. Wirksam wird auch die Ausübung von umwandlungssteuer­ rechtlichen Wahlrechten durch Abgabe der entsprechenden Erklärung, d.h. zumeist mit Abgabe der Schlussbilanz beim zuständigen Finanz­ amt.622

615 Siehe stellvertretend für alle Wahlrechte die Ausführungen zu § 3 UmwStG in BMF v. 11.11.2011 - UmwStE 2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 03.29; Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.8 UmwStG; Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 3 Rn. 136 UmwStG, siehe auch die Kom­ mentierungen der verschiedenen Bearbeiter in §§ 11 Rn. 93, 13 Rn. 26b, 20 Rn. 150, 21 Rn. 78, 23 Rn. 72, 24 Rn. 73 UmwStG. 616 Der Antrag kann schriftlich oder mündlich gestellt werden, Widmann in: Wid­ mann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.7 UmwStG; Birkemeier in: Röd­ der/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 136 UmwStG; Schmitt in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 3 Rn. 70 UmwStG. 617 Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173, 174; Brinkhaus in: Haritz/Menner, UmwStG, § 3 Rn. 102 UmwStG; Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 3 Rn. 136 UmwStG; Schmitt in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 3 Rn. 70 UmwStG; Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungs­ recht, § 3 Rn. R 63.11 UmwStG. 618 Siehe dazu BT-Drucksache 542/06, 55; Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173, 174; Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 64 UmwStG; Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 304 UmwStG; Brinkhaus in: Haritz/Menner, UmwStG, § 3 Rn. 72 UmwStG; Krumm in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 193 EStG; anders zuvor noch die Finanzver­ waltung, siehe BMF v. 25.03.1998 - UmwStE 1998, BStBl I 1998, 268, Rn. 03.01; diese Ansicht der Finanzverwaltung war jedoch mit Gesetzeswortlaut und Ge­ setzeszweck unvereinbar. Mit der h.A. war somit auch bereits zuvor eine Geltung der formellen Maßgeblichkeit abzulehnen. Hierzu Brinkhaus/Grabbe in: Haritz/ Menner, UmwStG, § 3 Rn. 73 UmwStG m.w.N. für die h.A. 619 Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 64 UmwStG. 620 Bei den Wahlrechten der §§ 3, 9, 11, 15, 16 UmwStG. 621 So im Falle der §§ 20, 21, 23, 24, 25 UmwStG. 622 Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 58 UmwStG.

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III.  Form der Ausübungserklärung

4. Zusammenfassung Abschließend lässt sich sagen, dass eine Vielzahl der existenten Form­ vorschriften wie etwa die Nachweis- und Aufzeichnungspflichten nicht den Ausübungsakt als solchen betreffen und für den Gegenstand dieser Untersuchung somit nicht von Bedeutung sind. Die wenigen echten Formvorschriften in Bezug auf den Erklärungsakt sind nur teilweise zwingender Natur. Sei es, dass in diesen selbst mehrere Alternativen vor­ gegeben werden oder, dass die Regelung in den für den Steuerpflichtigen nicht zwingenden Verwaltungsrichtlinien verortet ist. Handelt es sich bei den echten Formvorschriften wie etwa bei § 13a Abs. 2 S. 3 EStG aus­ nahmsweise um zwingendes Recht, so wird deren Einhaltung von der Rechtsprechung großzügig gehandhabt. Zum einen reicht es entgegen des Wortlautes zumeist aus, wenn der Steuerpflichtige den hinter der Formvorschrift stehenden Zweck anderweitig erfüllt. Zum anderen muss auch eine den besonderen Formvorgaben unterfallende Erklärung nicht zweifelsfrei abgegeben werden, sondern ist der Auslegung zugänglich. Sofern in Bezug auf ein steuerliches Wahl- oder Antragsrecht eine gesetz­ liche Formvorgabe fehlt, kann dieses durch jede Art von Erklärung gegen­ über dem Finanzamt ausgeübt werden, sei es durch schriftliche oder mündliche, sei es durch ausdrückliche oder konkludente Erklärung. Für bilanzielle Wahl- und Antragsrechte des Einkommen- und Körper­ schaftsteuerrechts bleibt es auch nach dem BilMoG bei der Geltung der formellen Maßgeblichkeit. Durch die hieraus resultierende Bindung an die Wahlrechtsausübung in der Handelsbilanz verlagert sich der Aus­ übungsakt für GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte in die Aufstel­ lung der Handelsbilanz. GoB-widrige, d.h. rein steuerliche Wahl- und Antragsrechte sind formfrei auszuüben und können somit entweder durch Erklärung gegenüber dem Finanzamt oder konkludent im Rahmen der Steuerbilanz ausgeübt werden. Eine Bindung an die Handelsbilanz kommt nicht mehr in Betracht, sofern eine hierin vorgenommene Wahlrechtsausübung gegen die GoB verstößt. Auch wenn keine Handelsbilanz aufgestellt wird, oder die aufgestellte Handelsbilanz die betroffenen Wirtschaftsgüter wie insbesondere im ­Falle des Sonderbetriebsvermögens des Mitunternehmers nicht abbildet, kann nicht mit Blick auf die formelle Maßgeblichkeit eine Wahlrechts­ ausübung aus der Handelsbilanz übernommen werden. Ausnahmsweise können in diesem Fall auch GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte au­ tonom im Rahmen der Steuerbilanz oder durch gesonderte Erklärung aus­ geübt werden. Lediglich bei späterer Aufstellung einer wirksamen bzw. GoB-konformen Handelsbilanz kann die formelle Maßgeblichkeit eine Pflicht des Steuerpflichtigen begründen, die Steuerbilanz nach den Vorga­ ben der Handelsbilanz zu berichtigen. 109

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Für gewerbesteuerliche Wahl- und Antragsrechte bleibt es richtigerweise auch weiterhin bei der grundsätzlichen Bindung an Handels- und Steuer­ bilanz, sodass eine eigenständige Wahlrechtsausübung im Rahmen der Gewerbesteuerbilanz nicht denkbar ist. Die Ausübung findet hier viel­ mehr in der Handels- oder Steuerbilanz statt. Umwandlungssteuerliche Wahlrechte unterfallen seit dem SEStEG jedoch nicht mehr der formel­ len Maßgeblichkeit. Sie können somit formfrei durch eine separate Er­ klärung oder im Rahmen der steuerlichen Schlussbilanz ausgeübt wer­ den. Eine Bindung an die Handelsbilanz besteht nicht.

IV. Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung 1. Bestehende gesetzliche Ausschlussfristen a) Fristbestimmungen durch Steuergesetze Will der Steuerpflichtige ein Wahl- oder Antragsrecht in Anspruch neh­ men, stellt sich in zeitlicher Hinsicht die Frage, bis wann er die erforder­ liche Ausübung vornehmen kann. Vereinzelt finden sich hierzu in den Steuergesetzen ausdrückliche Bestimmungen, die dem Steuerpflichtigen eine Frist zur Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes setzen. So ordnen beispielsweise die §§ 13a Abs. 2 S. 3, 26 Abs. 2 S. 3, 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG an, dass die Ausübung der darin enthaltenen Wahl- und Antragsrechte bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung, d.h. gemäß § 25 Abs. 3 EStG, § 149 Abs. 2 S. 1 AO spätestens innerhalb von sieben Monaten nach Ende des Veranlagungszeitraums zu erfolgen hat. § 8d Abs. 1 S. 5 KStG verlangt, dass der Antrag in der Steuererklärung zu stellen ist, wodurch auch dieses Wahlrecht mittelbar an den Lauf der Steuererklä­ rungsfrist gebunden ist.623 Nach § 6b Abs. 1 S. 1, Abs. 2a S. 2 EStG müssen die in § 6b EStG enthal­ tenen Wahlrechte im Wirtschaftsjahr der Veräußerung des Wirtschafts­ gutes ausgeübt werden. § 39a Abs. 2 S. 2, S. 3 EStG setzt für den Antrag nach § 39a Abs. 1 EStG eine Ausübungsfrist zwischen dem 1.10. des Vor­ jahres und dem 30.11. des betroffenen Kalenderjahres, das Wahlrecht des § 39a Abs. 4 EStG kann nach dessen Satz 2 bis zum Ablauf des Kalender­ jahres ausgeübt werden.624 623 Durch die Entscheidung des FG Thüringen, v. 05.10.2018 – 1 K 348/18 ist die Ein­ ordnung als Fristenregelung nunmehr fraglich. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 40/18 anhängig. 624 Die Regelung des § 34a Abs. 1 S. 4 EStG enthält keine Befristung der Antragsaus­ übung, sondern ermöglicht nur die bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteu­ erbescheides für den nächsten Veranlagungszeitraum verlängerte Rücknahme des Antrags. Siehe Ratschow in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 34a Rn. 27 f. EStG; Niehus/Wilke in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 34a Rn. 40, Rn. 48 EStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Für gewerbesteuerliche Wahl- und Antragsrechte bleibt es richtigerweise auch weiterhin bei der grundsätzlichen Bindung an Handels- und Steuer­ bilanz, sodass eine eigenständige Wahlrechtsausübung im Rahmen der Gewerbesteuerbilanz nicht denkbar ist. Die Ausübung findet hier viel­ mehr in der Handels- oder Steuerbilanz statt. Umwandlungssteuerliche Wahlrechte unterfallen seit dem SEStEG jedoch nicht mehr der formel­ len Maßgeblichkeit. Sie können somit formfrei durch eine separate Er­ klärung oder im Rahmen der steuerlichen Schlussbilanz ausgeübt wer­ den. Eine Bindung an die Handelsbilanz besteht nicht.

IV. Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung 1. Bestehende gesetzliche Ausschlussfristen a) Fristbestimmungen durch Steuergesetze Will der Steuerpflichtige ein Wahl- oder Antragsrecht in Anspruch neh­ men, stellt sich in zeitlicher Hinsicht die Frage, bis wann er die erforder­ liche Ausübung vornehmen kann. Vereinzelt finden sich hierzu in den Steuergesetzen ausdrückliche Bestimmungen, die dem Steuerpflichtigen eine Frist zur Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes setzen. So ordnen beispielsweise die §§ 13a Abs. 2 S. 3, 26 Abs. 2 S. 3, 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG an, dass die Ausübung der darin enthaltenen Wahl- und Antragsrechte bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung, d.h. gemäß § 25 Abs. 3 EStG, § 149 Abs. 2 S. 1 AO spätestens innerhalb von sieben Monaten nach Ende des Veranlagungszeitraums zu erfolgen hat. § 8d Abs. 1 S. 5 KStG verlangt, dass der Antrag in der Steuererklärung zu stellen ist, wodurch auch dieses Wahlrecht mittelbar an den Lauf der Steuererklä­ rungsfrist gebunden ist.623 Nach § 6b Abs. 1 S. 1, Abs. 2a S. 2 EStG müssen die in § 6b EStG enthal­ tenen Wahlrechte im Wirtschaftsjahr der Veräußerung des Wirtschafts­ gutes ausgeübt werden. § 39a Abs. 2 S. 2, S. 3 EStG setzt für den Antrag nach § 39a Abs. 1 EStG eine Ausübungsfrist zwischen dem 1.10. des Vor­ jahres und dem 30.11. des betroffenen Kalenderjahres, das Wahlrecht des § 39a Abs. 4 EStG kann nach dessen Satz 2 bis zum Ablauf des Kalender­ jahres ausgeübt werden.624 623 Durch die Entscheidung des FG Thüringen, v. 05.10.2018 – 1 K 348/18 ist die Ein­ ordnung als Fristenregelung nunmehr fraglich. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 40/18 anhängig. 624 Die Regelung des § 34a Abs. 1 S. 4 EStG enthält keine Befristung der Antragsaus­ übung, sondern ermöglicht nur die bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteu­ erbescheides für den nächsten Veranlagungszeitraum verlängerte Rücknahme des Antrags. Siehe Ratschow in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 34a Rn. 27 f. EStG; Niehus/Wilke in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 34a Rn. 40, Rn. 48 EStG.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

Ferner regelt § 16 Abs. 3b S. 2 EStG, dass ein Antrag des Steuerpflichtigen nur dann Rückwirkung auf den gewünschten Aufgabezeitpunkt haben kann, wenn er innerhalb von drei Monaten nach dem von ihm bestimm­ ten Zeitpunkt abgegeben wird. Eine spätere Antragstellung macht die Wahlrechtsausübung nicht insgesamt unwirksam, sie führt allerdings dazu, dass dem Antrag nur ex-nunc Wirkung zukommen kann. Es han­ delt sich damit aber nicht um eine echte Ausschlussfrist für die Aus­ übung des Wahlrechtes. Auch im Umsatzsteuergesetz existieren Fristbestimmungen zur Aus­ übung von Wahlrechten. Dabei werden dem Steuerpflichtigen teilweise relativ enge Zeitfenster zur Ausübung gesetzt,625 andere Wahlrechte kön­ nen hingegen bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung und damit weitaus länger ausgeübt werden.626 Insbesondere im Umwandlungssteuergesetz finden sich weitere Rege­ lungen zur Bestimmung der Fristen für die meisten der hierin enthalte­ nen Wahlrechte zur Bewertung mit Buch- oder Zwischenwert. In den §§ 3 Abs. 2 S. 2, 20 Abs. 2 S. 3, 21 Abs. 2 S. 4 UmwStG ist angeordnet, dass die Anträge spätestens bis zur erstmaligen627 Abgabe der steuerli­ chen Schlussbilanz zu stellen sind. Durch zahlreiche Verweisungen, so etwa in den §§ 9, 11 Abs. 3, 21 Abs. 1 S. 2, 24 Abs. 2 S. 3 UmwStG, gelten diese Fristen auch für weitere umwandlungssteuerliche Wahlrechte. b) Sonstige Fristbestimmungen Auch in Verwaltungsvorschriften werden vereinzelte Fristvorgaben für steuerliche Wahl- und Antragsrechte normiert. So ist die Ausübung des Wahlrechtes zur Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gemäß H 4.5 (1) EStR ab der Erstellung des Jahresabschlusses nicht mehr möglich. Die Ausübung der in R 6a (11) 3, 4 EStR enthaltenen Wahlrech­ te zur Bestimmung des Pensionsalters müssen nach R 6a (11) 7, 8 EStR in der Bilanz des entsprechenden Wirtschaftsjahres ausgeübt werden, so­ dass die Frist zur Bilanzerstellung auch der Wahlrechtsausübung eine zeitliche Grenze setzt. H 6c, 21.1 EStR sowie Abschnitt 9.1 (3) 1 UStAE lassen eine Ausübung der betroffenen Wahlrechte bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft des entsprechenden Steuerbescheides zu. 625 § 24 Abs. 4 UStG setzt eine Frist bis zum 10. Tag des folgenden Kalenderjahres, § 23a Abs. 3 S. 1 UStG bis zum 10. Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldezeit­ raums des Kalenderjahres, § 25a Abs. 2 S. 1 UStG sogar nur bis zur Abgabe der ers­ ten Voranmeldung des Kalenderjahres. 626 So etwa die §§ 19 Abs. 2 S. 1, 23 Abs. 3 S. 1 UStG. 627 Der Ausdruck „erstmalige“ Abgabe ist wohl so gemeint, dass bei einer Änderung oder Berichtigung der Schlussbilanz nach deren Abgabe kein Antrag mehr gestellt werden kann. So Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 57 UmwStG.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

H 21.1 EStH gestattet die Ausübung des Wahlrechtes zur Verteilung von Erhaltungsaufwand nach § 82b Abs. 1 EStDV auch noch nach Eintritt der Festsetzungsverjährung für das Aufwandsentstehungsjahr.628 Der Eintritt der Festsetzungsverjährung für das Aufwandsentstehungsjahr führt je­ doch dazu, dass der auf dieses Jahr entfallende Anteil nicht mehr abzieh­ bar ist.629 2. Folgen eines Fristversäumnisses a) Einordnung als Ausschlussfrist aa) Allgemeines Ausübungs- oder Handlungsfristen im Steuerrecht können rechtlich ent­ weder nicht verlängerbare oder durch das Finanzamt verlängerungsfähige Fristen darstellen. Verlängerungsfähig sind nach § 109 Abs. 1 S. 1 AO die Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen sowie behördlich gesetz­ te Fristen.630 Gesetzliche Fristen sind mit Ausnahme der Steuererklärungsfrist nicht verlängerbar.631 Bei nicht verlängerbaren gesetzlichen Fristen handelt es sich rechtlich um sogenannte Ausschlussfristen.632 Dieser früher in § 83 Abs. 1 S. 3 RAO gesetzlich verankerte,633 aber auch heute in Recht­ sprechung und Literatur noch gebräuchliche Begriff bezeichnet diejeni­ gen Fristen, die für die Wahrnehmung eines Rechtes bestimmt sind und bei deren Versäumnis der Beteiligte das ihm eigentlich zustehende Recht verliert.634 Die Einführung solcher Ausschlussfristen dient zum einen der

628 Dies ist eine Reaktion auf das Urteil des BFH v. 27.10.1992 - IX R 152/89, BStBl II 1993, 539, Rn. 9 ff. 629 BFH v. 27.10.1992 - IX R 152/89, BStBl II 1993, 539, Rn. 12 f. 630 Zur Fristsetzung müssen die Behörden entweder ausdrücklich ermächtigt sein oder sie muss sich aus dem Zusammenhang mit einer von der Behörde zu erfül­ lenden Aufgabe ergeben. So etwa die Frist zur Erfüllung eines Auskunftsverlan­ gens nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO sowie zur Dauer der Stundung nach § 222 AO. Siehe Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 108 Rn. 5 AO; weitere Beispiele bei Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 108 Rn. 36 f. AO; und Müller in: Gosch, AO, FGO, § 108 Rn. 22 AO. 631 Weitere Ausnahmen können sich aus speziellen Regelungen ergeben, so etwa aus § 24 Abs. 4 S. 5, S. 6 UStG, wonach die Frist für das in § 24 Abs. 4 S. 1 UStG ent­ haltene Wahlrecht verlängerbar ist. 632 BFH v. 21.10.1999 - V R 76/98, BStBl II 2000, 214, Rn. 26 ff.; BFH v. 23.10.2003 - V R 48/01, BStBl II 2004, 196, Rn. 17; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 108 Rn. 51 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 108 Rn. 7 AO; Müller in: Gosch, AO, FGO, § 108 Rn. 19 AO. 633 Aus § 65 Abs. 2 S. 2 FGO lässt sich der Begriff der Ausschlussfrist auch heute noch aus dem Gesetz ableiten. 634 BFH v. 21.10.1999 - V R 76/98, BStBl II 2000, 214, Rn. 26 ff.; so bereits Koch in: Becker, RAO, § 82 Anm. 1 (5) RAO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO,

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

Gewährleistung von Rechtssicherheit,635 zum anderen auch der Siche­ rung des ordnungsgemäßen Gangs des Besteuerungsverfahrens.636 Zu den Ausschlussfristen in diesem Sinne gehören auch die Fristen zur Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten,637 die demzufolge ebenfalls nicht verlängerbar sind. Versäumt der Steuerpflichtige somit spezielle gesetzliche Fristen zur Ausübung steuerlicher Wahl- und An­ tragsrechte verliert er hierdurch sein Recht zur Ausübung und damit auch die Möglichkeit, Einfluss auf seine Steuerlast nehmen zu können. In der Folge tritt der gesetzliche Regelfall ein. bb) An die Steuererklärungsfrist gebundene Fristen Etwas Anderes soll sich auch nicht daraus ergeben können, dass das Ge­ setz die Frist zur Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes in einigen Fällen an die Steuererklärungsfrist koppelt.638 Wird die Abgabefrist für die Steuererklärung in diesem Fall durch eine behördliche Entscheidung auf Grundlage des § 109 Abs. 1 S. 1 AO verlängert, führt dies nach An­ sicht der Rechtsprechung und der Literatur nicht zu einer Verlängerung der Ausübungsfrist für das Wahl- oder Antragsrecht.639 Richtig ist, dass sich durch die Koppelung an die verlängerungsfähige Steuererklärungsfrist die rechtliche Einordnung der Ausübungsfrist als FGO, § 108 Rn. 51 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 108 Rn. 7 AO; Müller in: Gosch, AO, FGO, § 108 Rn. 19 AO; siehe auch Heuermann, FR 2007, 427. 635 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 3, S. 1519; Pahlke in: Schwarz/Pahlke, AO, § 108 Rn. 25 AO; so auch das BVerfG v. 20.04.1982 - 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, Rn. 57 zur Verfassungsmäßigkeit von Fristen im Asylverfahren; Brandis in: Tipke/ Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 1 AO. 636 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band 3, S. 1519; Pahlke in: Schwarz/Pahlke, AO, § 108 Rn. 26 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 1 AO. 637 BT-Drucksache 7/4292, 96; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 109 Rn. 12 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 109 Rn. 26 AO; Pahlke in: Schwarz/ Pahlke, AO, § 109 Rn. 2 AO; so auch bereits zur alten Rechtslage unter § 83 Abs. 1 S. 1 RAO, unter der als verlängerungsfähig noch allgemein „Erklärungsfristen“ deklariert wurden Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 76 ff. Dieser sah bereits damals Fristen zur Ausübung von steuer­ rechtlichen Willenserklärungen nicht als eine solche verlängerungsfähige „Er­ klärungsfrist“ an. Dies beruhe darauf, dass nach dem Sinn und Zweck der Norm nur Fristen von solchen Erklärungen verlängerungsfähig sein können, bei denen es sich um die Erfüllung einer Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen handelt. Steuerrechtliche Willenserklärungen üben dagegen ein subjektives Recht des Steuerpflichtigen aus und sind somit gerade nicht Ausdruck einer Mitwirkungs­ pflicht; ders., DStR 1972, 77. 638 Beispiele hierzu oben unter 1.a). 639 BFH v. 07.07.2011 - V R 21/10, BStBl II 2014, 81, Rn. 36; BFH v. 15.07.1999 - V R 52/98, BFH/NV 2000, 98, Rn. 15; Rätke in: Klein, AO, § 109 Rn. 2 AO; Koenig in: Koenig, AO, § 109 Rn. 7 AO; etwas Anderes ließ sich noch aus BFH v. 07.06.1966 - I 66/64, BStBl III 1966, 514, Rn. 6 ableiten, wonach die Frist mit Ablauf der allge­ meinen oder im Einzelfall verlängerten Steuererklärungsfrist ablaufen sollte.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

eine gesetzliche – und damit nicht verlängerbare – Ausschlussfrist nicht ändern kann, da beide Fristen rechtlich selbstständig bleiben.640 Die ­dieser Ansicht zugrundeliegende Entscheidung des Bundesfinanzhofs641 betraf allerdings gar kein solches an die Steuererklärungsfrist gekoppel­ tes Wahlrecht. Es ging vielmehr um das Zuordnungswahlrecht nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG. Bei diesem muss die Zuordnungsentschei­ dung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zeitnah erfolgen, wozu der Unternehmer grundsätzlich bis zum Ablauf der Umsatzsteuer­ erklärungsfrist Zeit haben soll. In diesem Zusammenhang ist dem Bun­ desfinanzhof zuzustimmen, dass das von ihm aufgestellte Kriterium der „zeitnahen“ Ausübung nicht durch eine Verlängerung der Steuererklä­ rungsfrist modifiziert werden kann. Mit den hier relevanten und qua Ge­ setz ausdrücklich an die Steuererklärungsfrist gekoppelten Wahl- und Antragsrechten ist dieser Fall jedoch nicht vergleichbar. Auch die vom Bundesfinanzhof als allgemeine Ansicht angegebenen Quellen enthalten keinerlei Aussagen dazu, ob die mittelbare Verlänge­ rung solcher Ausübungsfristen möglich sein kann. Diese besagen viel­ mehr nur, dass die Fristen zur Ausübung von Wahl- und Antragsrechten als Ausschlussfristen nicht unmittelbar nach § 109 Abs. 1 S. 1 AO ver­ längerbar sind.642 Auch inhaltlich kann die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht überzeugen, wenn man die Schaffung von Ausschlussfristen für Wahlund Antragsrechte mit dem Streben nach Rechtssicherheit und einer ordnungsgemäßen Verfahrensdurchführung rechtfertigt. Wird die Aus­ übungsfrist für ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht an die Frist zur Abgabe der Steuererklärung gebunden, so wird hierdurch die Durch­ führung des Besteuerungsverfahrens erleichtert und Rechtssicherheit ­geschaffen. Durch die Bindung an diese Steuererklärungsfrist ist sicher­ gestellt, dass spätestens mit Abgabe der Steuererklärung auch die Ent­ scheidung über die für die Festsetzung der Steuerlast relevanten Wahlund Antragsrechte der Finanzbehörde vorliegt, so etwa im Falle des § 13a Abs. 2 S. 1 EStG die Entscheidung, ob der Land- und Forstwirt auf die mögliche Durchschnittsbesteuerung verzichten möchte. Hierdurch werden Unsicherheiten darüber vermieden, ob sich die Berechnung der 640 Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 78. 641 BFH v. 07.07.2011 - V R 21/10, BStBl II 2014, 81, Rn. 36. 642 So die heutigen Ausführungen der vom BFH zitierten Kommentare zu diesem Thema, siehe Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 109 Rn. 26 AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 109 Rn. 5 AO; ähnlich auch Kuczynski in: Gosch, AO, FGO, § 109 Rn. 1, Rn. 3.1, Rn. 5 AO (Stand 36. EGL, März 2002), der sogar ausdrücklich ausführt, dass die „Erklärungen zur Ausübung eines Wahlrechtes nicht mehr unmittelbar durch § 109 AO erfasst“ sind. Eine mittelbare Verlänge­ rung durch die Verlängerung der Steuererklärungsfrist ist hierdurch gerade nicht ausgenommen.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

Steuerlast durch eine spätere Wahlrechtsausübung noch ändern kann und das Besteuerungsverfahren quasi neu begonnen werden muss. Diese Begründungsansätze greifen jedoch nicht bei der Frage, ob sich durch die Verlängerung der Steuerklärungsfrist mittelbar auch die Aus­ übungsfrist für die betroffenen Wahl- und Antragsrechte verlängern soll­ te. Die Ansicht der Rechtsprechung hat zur Folge, dass Wahl- und An­ tragsrechte trotz einer verlängerten Steuererklärungsfrist bis zum Ende der regulären Steuererklärungsfrist ausgeübt werden müssen. Hierdurch könnte es passieren, dass die Ausübungserklärung mitunter Monate vor der eigentlichen Steuererklärung abgegeben werden muss. Der Steuer­ pflichtige, der für die Aufstellung der Steuererklärung eine verlängerte Frist eingeräumt bekommen hat, muss hierdurch bereits innerhalb der regulären Frist über die Vorteilhaftigkeit der Ausübung entscheiden, wozu meistens eine der Steuererklärung vergleichbare Berechnung der steuerlichen Lasten für beide Varianten stattfinden muss. Die Vorteile des Steuerpflichtigen durch die Verlängerung der Steuererklärungsfrist würden hierdurch faktisch aufgehoben. Haben die Finanzbehörden die Steuererklärung noch nicht erhalten, kann eine vorherige Ausübung von Wahl- und Antragsrechten auch nicht zu einem Gewinn an Rechtssicherheit oder einer Sicherung des ordnungs­ gemäßen Besteuerungsverfahrens führen. Bevor die Steuererklärung ein­ gereicht wurde, hat die Finanzbehörde von dem steuerpflichtigen Sach­ verhalt keine Kenntnis. Für sie ist es damit ohne Belang, ob ihr die Entscheidung über den möglichen Verzicht auf die Durchschnittsbesteu­ erung bereits Monate vor oder zeitgleich mit der Steuererklärung mitge­ teilt wird. Bis zum Ablauf der verlängerten Steuererklärungsfrist kann die Finanzbehörde ohnehin keine weiteren Schritte unternehmen, die durch eine spätere Wahlrechtsausübung obsolet werden könnten. Auch eine Stärkung der Rechtssicherheit dadurch, etwa von einem Landund Forstwirt gemäß § 13a Abs. 2 S. 1 EStG lange vor Kenntnis des Be­ steuerungssachverhaltes die Entscheidung darüber mitgeteilt zu bekom­ men, ob dieser auf die Besteuerung nach Durchschnittssätzen verzichten möchte, ist nicht ersichtlich. Eine sachliche Rechtfertigung für diese starre Ausschlussfrist existiert so­ mit meines Erachtens nicht. Richtigerweise sollte deshalb die Verlänge­ rung der Steuererklärungsfrist nach § 109 Abs. 1 S. 1 AO eine mittelbare Verlängerung der Ausübungsfrist für diejenigen Wahl- und Antragsrechte, deren Frist sich nach der Steuererklärungsfrist richtet, zur Folge haben.643 643 So auch noch die frühere Rechtsprechung des BFH v. 07.06.1966 - I 66/64, BStBl III 1966, 514, Rn. 6: „sie endet mit Ablauf entweder der allgemeinen oder der im Ein­ zelfall verlängerten Frist für die Abgabe der Steuererklärung“; dem folgend Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 79; so wohl

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

b) Wiederaufleben der Wahlmöglichkeit durch das Eingreifen von Korrekturvorschriften Ergeht ein Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, kön­ nen Änderungen grundsätzlich bis zum Erlöschen des Vorbehalts vorge­ nommen werden. Eine Berücksichtigung von nach Fristende ausgeübten Wahl- oder Antragsrechten wird hierdurch allerdings nicht ermöglicht. Vielmehr gelten die Fristenregelungen als lex specialis, sodass eine An­ wendung des § 164 Abs. 2 S. 2 AO nicht in Betracht kommt.644 Auch ein Vorbehalt der Nachprüfung kann somit nicht dazu führen, dass befristete Wahl- und Antragsrechte noch nach Fristablauf wirksam ausgeübt wer­ den können. Gleiches hat im Ergebnis auch für eine Anwendung der allgemeinen Kor­ rekturvorschriften der §§ 172 ff. AO zu gelten. Selbst wenn die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten den Tatbestand der Korrekturnormen er­ füllen könnte,645 ist eine Korrektur zur Berücksichtigung einer Wahloder Antragsausübung nach Ablauf der Fristen nicht möglich. Auch hier sperrt die Fristenregelung eine mögliche Korrekturvorschrift als vorran­ gige Sonderregelung.646 So fehlt es etwa im Rahmen des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zumindest an der erforderlichen steuerlichen Rückwirkung der Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes, da dieses nach Ablauf der Ausübungsfrist keinen Einfluss mehr auf den bereits entstandenen Steu­ eranspruch nehmen kann.647 Sofern die Rechtswidrigkeit des ergangenen Bescheides als ungeschriebe­ ne Voraussetzung einer Korrektur angesehen wird,648 fehlt es bei einem nach Fristende ausgeübten Wahl- oder Antragsrecht zudem an der Rechts­ widrigkeit. Diese entsteht durch eine Wahl- oder Antragsausübung nur auch Pflüger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 26 Rn. 79 EStG für das Veranlagungswahlrecht der Ehegatten; für die Zulässigkeit einer mittelbaren Ver­ längerung von Ausschlussfristen in der neueren Literatur siehe Pahlke in: Schwarz/Pahlke, AO, § 109 Rn. 5 AO für an die Steuererklärungsfrist gekoppelte Anzeigefristen. 644 BFH v. 25.02.2005 - III B 113/04, BFH/NV 2005, 1144, Rn. 8; dem folgend Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 164 Rn. 26 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 135. 645 Siehe zum aktuellen Stand der Ansichten 3.c)bb)dd) und die Stellungnahme hierzu unter 4.b). 646 BFH v. 18.12.1986 - III R 150/82, BStBl II 1987, 307, Rn. 11; BFH v. 30.09.1981 - II R 105/81, BStBl II 1982, 80, Rn. 15; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 90 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 173 Rn. 18 AO; Forchhammer in: Leopold/Madle/Rader, AO Praktikerkommentar, § 173 Rn. 12 AO. Möglich ist in diesen Fällen allenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 110 AO. Siehe hierzu nachfolgend c). 647 v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 50 AO; Forchhammer in: Leopold/ Madle/Rader, AO Praktikerkommentar, § 175 Rn. 56 AO. 648 Siehe hierzu ausführlicher unter 3c)dd)(1).

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

dann, wenn das entsprechende Recht materiell fristgerecht ausgeübt worden ist. Nach Ablauf der materiellen Frist kann die Rechtmäßigkeit durch eine Ausübung von Wahl- und Antragsrechten nicht mehr berührt werden.649 c) Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand aa) Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand Hat der Steuerpflichtige eine Ausschlussfrist versäumt, kommt unter ge­ wissen Umständen eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 110 AO in Betracht. Dieses Rechtsinstitut bringt die durch Ausschluss­ fristen erstrebte Rechtssicherheit mit dem Recht des Bürgers auf rechtli­ ches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang.650 § 110 AO ist somit eine verfassungs­ rechtliche Notwendigkeit.651 Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung ist zunächst das Versäumen, d.h. die Nichteinhaltung einer gesetzlichen Frist. Hierunter fallen auch die Fristen zur Ausübung von Wahl- und Antragsrechten.652 An der Frist­ wahrung fehlt es neben der verspäteten Ausübung653 auch dann, wenn eine formgebundene Erklärung formfehlerhaft abgegeben wird oder der Erklärung wesentliche Angaben fehlen.654 Die Absicherung der Rechtsschutzgarantie des Bürgers und seines rechtli­ chen Gehörs überwiegt das Erfordernis nach Rechtssicherheit und einer ordnungsgemäßen Verfahrensdurchführung nur, wenn der Ausübungsbe­ rechtigte ohne eigenes Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert wurde. Maßgeblich hierfür ist, ob der Ausübungsberechtigte das in seiner Person oder in äußeren Umständen liegende Fristwahrungshindernis655 unmittelbar zu vertreten hat.656 Maßstab für das Verschulden des Steuer­ pflichtigen ist hierbei eine subjektiv-individuelle Sicht. Es ist folglich die­ jenige Sorgfalt einzuhalten, die dem Betroffenen unter Berücksichtigung 649 Vgl. auch 3.c)dd)(1) sowie 4.b)bb)(3). 650 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, S. 1519; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 1 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 9 AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 2 AO; Leopold in: Leopold/Madle/Rader, AO Praktikerkommentar, § 110 Rn. 1 f. AO. 651 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, S. 1519. 652 BFH v. 29.08.2017 – VIII R 33/15, Rn. 32; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 5 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 26 AO. 653 Dies richtet sich gemäß § 108 Abs. 1 AO im Wesentlichen nach den Fristbestim­ mungen der §§ 187 ff. BGB. 654 Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 16 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 7 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 41 AO. 655 Siehe hierzu Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 47 f. AO. 656 Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 9 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 53 AO.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

des Falles und seiner persönlichen Verhältnisse zugemutet werden kann.657 Diese Sicht erlangt insbesondere bei der Zurechnung des Verschuldens von Vertretern658 Bedeutung, da rechtskundige Vertreter wie etwa Steuer­ berater einem strengeren Sorgfaltsmaßstab unterliegen als rechtsunkun­ dige Laien.659 Eine Beschränkung auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, weshalb jeglicher Grad an (Mit-) Verschulden die Wiedereinsetzung grundsätzlich ausschließt.660 Etwas anderes kann allerdings bei einem (Mit-)Verschulden der Finanz­ behörde gelten, so insbesondere bei Verletzung der Beratungspflicht aus § 89 Abs. 1 S. 1 AO.661 Ein Verschulden der Finanzbehörden kann trotz fahrlässigem Verhalten des Steuerpflichtigen zur Folge haben, dass eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren ist.662 Formale Voraussetzung der Wiedereinsetzung ist das Stellen eines form­ freien663 Antrags durch den Steuerpflichtigen, § 110 Abs. 1 S. 1 AO. Die­ ser ist gemäß § 110 Abs. 2 S. 1 AO innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen, spätestens jedoch innerhalb von einem Jahr nach Ablauf der eigentlichen Frist, § 110 Abs. 3 AO. Mit dem Antrag, spätestens jedoch bis zum Ablauf der Antragsfrist nach § 110 Abs. 2 S. 1 AO hat der Steuerpflichtige den Antrag zu begründen und die Vo­ raussetzungen der Wiedereinsetzung glaubhaft zu machen, § 110 Abs. 2 S. 2 AO. Diese Begründung muss alle entscheidungserheblichen Tatsa­ chen umfassen, aus denen sich die unverschuldete Fristversäumung durch den Steuerpflichtigen ergibt.664 Innerhalb der Antragsfrist muss 657 BFH v. 20.11.2008 - III R 66/07, BStBl II 2009, 185, Rn. 24; Söhn in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 55 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 10 AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 19 AO. 658 Hierunter fallen sowohl gesetzliche Vertreter als auch Bevollmächtigte. Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 16 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spita­ ler, AO, FGO, § 110 Rn. 234 ff. AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 23 AO. 659 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 240 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 17 AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 23 AO. 660 Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 19 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spita­ ler, AO, FGO, § 110 Rn. 54 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 12 AO; Schwarz in: Schwarz/Pahlke, AO, § 110 Rn. 16 AO. 661 Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 10 AO; Söhn in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 59 AO. Dies muss gleichermaßen für eine Ver­ letzung der Beratungspflicht der Finanzbehörde bei der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten gelten. Siehe hierzu I.3.b). 662 BVerfG v. 02.09.2002 - 1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835, Rn. 13; Söhn in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 59 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 10 AO. 663 BFH v. 29.10.2003 - V B 61/03, BFH/NV 2004, 459, Rn. 15; Schwarz in: Schwarz/ Pahlke, AO, § 110 Rn. 71 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 30 AO. 664 Ständige Rechtsprechung, siehe etwa BFH v. 25.03.2003 - I B 166/02, BFH/NV 2003, 1193, Rn. 4.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

zudem die versäumte Handlung nachgeholt werden, § 110 Abs. 2 S. 3 AO. Dies bedeutet, dass der Ausübungsberechtigte unter Wahrung einer eventuell erforderlichen Form dem Finanzamt die Ausübung des Wahloder Antragsrechtes mitteilen muss.665 bb) Rechtsfolge Liegen die Voraussetzungen des § 110 AO vor, hat der Säumige einen Anspruch auf Wiedereinsetzung, ein Ermessen der Finanzbehörde be­ steht insoweit nicht.666 Wird die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt, gilt die versäumte Handlung als rechtzeitig vorgenom­ men.667 In der Hauptsache muss somit eine Steuerfestsetzung erfolgen, als wäre die Frist für die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes nie versäumt worden.668 Eine etwaige vorherige Festsetzung der Steuer wird gegenstandslos.669 Berührt die Wiedereinsetzung die Rechtsstellung eines Dritten, so etwa in den unter II.2.b) genannten Fällen, ist diesem vor ei­ ner positiven Wiedereinsetzungsentscheidung Gelegenheit zur Stellung­ nahme zu geben.670 3. Behandlung der ungeregelten Konstellationen nach den bisherigen Ansichten in Rechtsprechung und Literatur a) Materiell-rechtlich unbefristete Ausübungsmöglichkeit mit faktischer Befristung aufgrund von verfahrensrechtlichen Überlegungen Wie sich aus der überschaubaren Anzahl an gesetzlichen Fristregelungen ergibt, existiert für die überwiegende Zahl steuerlicher Wahl- und An­ tragsrechte keine Bestimmung über die bei der Ausübung einzuhaltende Frist. Materiell-rechtlich können diese Wahl- und Antragsrechte folglich 665 Zur erforderlichen Wahrung der Formalitäten siehe BFH v. 02.12.1988 - X R 92/88, BStBl II 1989, 147, Rn. 15; bestehen für die Ausübung des Wahl- oder Antragsrech­ tes keine besonderen Voraussetzungen, kann sich die Nachholung des versäumten Antrages auch durch Auslegung aus dem Antrag zur Wiedereinsetzung ergeben, so BFH v. 09.12.2009 - II R 52/07, BFH/NV 2010, 824, Rn. 21; Brandis in: Tipke/Kru­ se, AO, FGO, § 110 Rn. 36 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 536 AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 90 AO. 666 Ständige Rechtsprechung seit BFH v. 01.09.1961 - III 77/59 U, BStBl III 1962, 45, Rn. 9; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 98 AO; Söhn in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 565 AO; Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 40 AO. 667 BFH Großer Senat v. 01.12.1986 - GrS 1/85, BStBl II 1987, 264, Rn. 23; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 567 AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 2 AO. 668 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 567 AO. 669 Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 110 Rn. 567 AO; Koenig in: Koenig, AO, § 110 Rn. 113 AO. 670 Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 110 Rn. 40 AO; Schwarz in: Schwarz/Pahl­ ke, AO, § 110 Rn. 80 AO; Bruns in: Gosch, AO, FGO, § 110 Rn. 100 AO.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

unbegrenzt ausgeübt werden.671 Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich in diesem Fall lediglich durch den Eintritt der Festsetzungsverjährung nach § 169 AO. Grund hierfür ist, dass die Ausübung eines Wahl- oder Antrags­ rechtes das Steuerschuldverhältnis umgestaltet und somit zwingend das Bestehen eines solchen voraussetzt.672 Mit Eintritt der Festsetzungsver­ jährung nach § 47 AO ist das Steuerschuldverhältnis jedoch erloschen, sodass eine Ausübung keine steuerliche Wirkung mehr entfalten kann.673 Eine faktische Befristung674 der Ausübung kann sich jedoch aus der Frage ergeben, wie lange diese im Besteuerungsverfahren noch Berücksichti­ gung finden kann.675 b) Ausübungsmöglichkeit in den verschiedenen Stadien des ­Besteuerungsverfahrens aa) Ausübung von Wahl- und Antragsrechten im Verwaltungsverfahren Unproblematisch bejaht wird die Möglichkeit des Steuerpflichtigen, un­ befristete Wahl- und Antragsrechte während des laufenden Veranla­ gungsverfahrens auszuüben. Durch den hier geltenden Untersuchungs­ grundsatz hat die Finanzbehörde alle für den Steuerpflichtigen günstigen Umstände zu ermitteln und bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen, § 88 Abs. 1 S. 1, S. 2 AO. Dies verhindert eine Zurückweisung der An­ tragstellung als verspätet und verpflichtet die Behörde dazu, ein ausgeüb­ tes Wahl- oder Antragsrecht bei der Besteuerungsfestsetzung im Veranla­ gungsverfahren zu berücksichtigen.676 671 So der BFH für das Wahlrecht des § 32d Abs. 6 EStG, BFH v. 12.05.2015 - VIII R 14/13, BStBl II 2005, 806, Rn. 10: „Danach handelt es sich bei dem Antrag […] um ein unbefristetes Wahlrecht, das bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung aus­ geübt werden kann“; ähnlich BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 13 für den Antrag nach § 23 Abs. 1 S. 2 GrEStG 1983; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 123; Klemp, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 85; siehe auch v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 60 AO. 672 BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 14. 673 BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 14; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 185; Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 47 Rn. 4 AO. 674 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 43. 675 So auch der BFH, wenn er in der Entscheidung BFH v. 12.05.2015 - VIII R 14/13, BStBl II 2005, 806, in Rn. 11 weiter ausführt: „Insoweit ergibt sich eine zeitliche Begrenzung der Wahlrechtsausübung aus dem allgemeinen verfahrensrechtli­ chen Institut der Bestandskraft“; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärun­ gen P ­ rivater im Steuerrecht, S. 85; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 123; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 43; Guth, DB 1985, 2274, 2275. 676 Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 88 Rn. 10 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahl­ rechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 124; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 371.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

Gleiches hat im Einspruchsverfahren zu gelten. In diesem hat die Finanz­ behörde die Sache nach § 367 Abs. 2 S. 1 AO in vollem Umfang erneut zu überprüfen.677 Über § 365 Abs. 1 AO gilt auch hier der Untersuchungs­ grundsatz des § 88 Abs. 1 S. 1 AO,678 sodass die Finanzbehörde den Be­ steuerungssachverhalt für die Einspruchsentscheidung völlig neu zu er­ mitteln hat.679 Dies beinhaltet auch die Frage, ob der Steuerpflichtige bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung noch unbefristete Wahloder Antragsrechte ausgeübt hat.680 Eine Abänderung des Steuerbeschei­ des im Einspruchsverfahren verlangt gerade nicht die Rechtswidrigkeit des Bescheides bei seinem Erlass.681 Da es sich bei dem Einspruchsverfah­ ren um ein „verlängertes Veranlagungsverfahren“682 handelt, können und müssen auch solche Tatsachen im Einspruchsverfahren berücksich­ tigt werden, die erst nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung eingetreten sind.683 bb) Zulässigkeit der Ausübung im finanzgerichtlichen Verfahren Teilweise wird die Zulässigkeit einer Ausübung von Wahl- und Antrags­ rechten im gerichtlichen Verfahren insgesamt – also auch vor den Fi­ nanzgerichten – abgelehnt. Grund hierfür soll der Zweck des gerichtli­ chen Verfahrens sein, der heutzutage alleine in der Gewährung von Rechtsschutz zu sehen sei.684 Das Finanzgericht prüfe gemäß § 100 Abs. 1 FGO die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes. Hierbei soll das FG darauf beschränkt sein festzustellen, ob der Verwaltungsakt zur Zeit seines Erlasses durch die Finanzbehörde rechtswidrig gewesen 677 Bartone in: Gosch, AO, FGO, § 367 Rn. 28 AO; Birkenfeld in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 367 Rn. 141 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 367 Rn. 10 AO. 678 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 125; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 372; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, §§ 365 Rn. 7 f., 367 Rn. 16, Rn. 18 AO; Bartone in: Gosch, AO, FGO, §§ 365 Rn. 15, 367 Rn. 28 AO; Birkenfeld in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, §§ 365 Rn. 50 ff., 367 Rn. 168 AO. 679 Birkenfeld in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, §§ 365 Rn. 50, 367 Rn. 169 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, §§ 365 Rn. 7, 367 Rn. 10 ff., Rn. 16, Rn. 18 AO; Bartone in: Gosch, AO, FGO, § 367 Rn. 28 AO. 680 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 125; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 372. 681 Eine dem § 100 Abs. 1 S. 1 FGO vergleichbare Regelung existiert für das Ein­ spruchsverfahren gerade nicht. So auch Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 372. 682 So ausdrücklich der BFH v. 20.07.2007 - VIII B 8/06, BFH/NV 2007, 2069, Rn. 22. 683 Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 371 f.; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 125. 684 Anders war dies noch unter Geltung der §§ 217 ff. RAO 1919 sowie der §§ 228 ff. RAO 1931, wo auch das Rechtsmittelverfahren noch ein „verlängertes Veranlagungsverfahren“ darstellte, so Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 125 f.; und Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 370, 372.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

ist.685 Dies sei allerdings nicht der Fall, wenn die Rechts- und Sachlage zur Zeit der Einspruchsentscheidung durch die Finanzbehörden richtig erfasst und daraufhin der entsprechende Bescheid erlassen wurde.686 Die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes soll auch nicht zu den vor dem Finanzgericht vortragbaren Tatsachen gehören. Eine solche Ausübung gehöre nicht zu dem Besteuerungssachverhalt, sondern beein­flusse ledig­ lich nachträglich die bereits entstandene Steuerschuld. Eine Gleichstel­ lung mit tatsächlichem Vorbringen, d.h. mit der Darstellung des zu besteu­ ernden Sachverhaltes, sei somit nicht angebracht.687 Diese Begrenzung des Prüfungsmaßstabes der Finanzgerichte solle das in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG verankerte Gewaltenteilungsprinzip sowie die in Art. 97 Abs. 1 GG an­ geordnete Unabhängigkeit des Richters widerspiegeln.688 Sofern dieser eingeschränkte Prüfungsmaßstab Zustimmung verdienen sollte, könnte das Finanzgericht ein nach Abschluss des Verwaltungsver­ fahrens ausgeübtes Wahl- oder Antragsrecht nicht mehr bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides berücksichtigen. Eine Anfechtungs­ klage gegen den Steuerbescheid wäre erfolglos, sodass dieser ohne Be­ rücksichtigung des Wahl- oder Antragsrechtes in Bestandskraft erwach­ sen würde. Für die Möglichkeit der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten im fi­ nanzgerichtlichen Verfahren wird zunächst ein Umkehrschluss zu ei­ nigen vorhandenen Fristbestimmungen wie etwa den §§ 19 Abs. 2 S. 1, 23 Abs. 3 S. 1 UStG angeführt. Hier werde dem Steuerpflichtigen die ­Möglichkeit eingeräumt, die Wahl- oder Antragsrechte bis zur Unan­ fechtbarkeit der Steuerfestsetzung, d.h. bis zu dem Zeitpunkt, wo der Steuerbescheid weder mit gerichtlichen noch mit außergerichtlichen Rechtsbehelfen angefochten werden kann689 auszuüben. Dies spreche da­ 685 Adam, BB 1970, 1424; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 373; Kurz, StuW 1979, 243, 252; so auch das FG Düsseldorf v. 25.07.1967 - IX 13-26/64 L (rkr.), EFG 1968, 34, 35 mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG; hierzu etwa BVerwG v. 19.11.1953 - I B 95.53, BVerwGE 1, 35, Rn. 10. 686 Adam, BB 1970, 1424; Kurz, StuW 1979, 243, 252; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 373 unter Verweis auf das Verwaltungsrecht; siehe dazu Eyermann/Fröhler, VwGO, 8. Auflage, § 113 Rn. 2 VwGO; in den neueren Auflagen wird diese An­ sicht nicht mehr geteilt, siehe etwa Schmidt in: Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 45 VwGO. Ein Grundsatz, dass es bei Anfechtungsklagen stets auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankomme, lasse sich dem Prozessrecht nicht ent­ nehmen. Vielmehr hänge der maßgebliche Zeitpunkt stets von dem zugrunde lie­ genden materiellen Recht ab; dies folgt der neueren Rechtsprechung des BVerwG, dazu etwa BVerwG v. 27.04.1990 - 8 C 87/88, NVwZ 1991, 360, Rn. 10 ff.; sowie BVerwG v. 26.07.2006 - 6 C 20/05, BVerwGE 126, 254, Rn. 81 m.w.N. 687 Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 369 f. 688 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 125. 689 GmS-OGB v. 24.10.1983 - GmS-OGB 1/83, BGHZ 88, 353, Rn. 15; BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 33 f.; Seer in: Tipke/Lang, Steuer­

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

für, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer verfahrensrechtlichen Berücksichtigung von Wahl- und Antragsrechten im finanzgerichtlichen Prozess vorausgesetzt hat. Wieso die Berücksichtigung einer Ausübung innerhalb des finanzgericht­ lichen Verfahrens nur in Bezug auf einige befristete Wahl- und Antrags­ rechte zugelassen sein sollte, unbefristete hingegen im Vergleich hier­ zu deutlich früher ausgeübt werden müssten, sei nicht ersichtlich.690 Für eine Berücksichtigungsmöglichkeit spreche zudem, dass auch ande­ re steuerrechtliche Willenserklärungen vonseiten des Steuerpflichtigen noch vor dem Finanzgericht abgegeben werden könnten.691 Zu der von der anderen Ansicht vorgetragenen Verletzung des Gewalten­ teilungsprinzips durch die Möglichkeit, noch vor dem Finanzgericht ein Wahl- oder Antragsrecht auszuüben, soll es in der Realität ebenfalls nicht kommen. Das Finanzgericht habe bei Kenntniserlangung einer zwi­ schenzeitlichen Ausübung von Wahl- oder Antragsrechten die Möglich­ keit, das Verfahren nach § 74 FGO auszusetzen, da die Entscheidungs­ kompetenz für diese Frage bei den Verwaltungsbehörden liegt.692 Die Berücksichtigung eines während des finanzgerichtlichen Verfahrens aus­ geübten Wahl- oder Antragsrechtes bliebe hiernach weiterhin Sache der Finanzbehörden und damit der Exekutive, sodass dem Gewaltenteilungs­ prinzip auch in diesem Fall genüge getan würde. Auch eine dies verhindernde „Bestandskraft“ der Einspruchsentschei­ dung sei nicht gegeben. Die Finanzbehörde könne den Steuerbescheid während des finanzgerichtlichen Prozesses noch nach §§ 132 S. 1, 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a) AO abändern, sodass die Berücksichtigung von erstmalig ausgeübten Wahl- und Antragsrechten zu diesem Zeitpunkt noch möglich sei. Die herrschende Meinung in der Literatur sieht somit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs693 die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten zumindest bis zum Ende des finanzgerichtlichen Verfahrens als zulässig an.694 recht, § 21 Rn. 80; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 282 f.; Erichsen/ Knoke, NVwZ 1983, 185, 186. 690 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 126 f. 691 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 36. 692 BFH v. 13.12.1984 - V R 32/74, BStBl II 1985, 173, Rn. 13 in Bezug auf das Wahl­ recht des § 19 Abs. 2 UStG; dem folgend Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 127. 693 So schon immer die Rechtsprechung zur Ausübung während des finanzgerichtli­ chen Verfahrens, siehe etwa BFH v. 01.02.1966 - I 275/62, BStBl III 1966, 570, Rn. 19; sowie BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 14 m.w.N. 694 Stellvertretend für die Literatur Birkenfeld, StuW 1977, 31, 36; Klemp, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 85; Gluth, Der Ein­ fluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 125 ff.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

cc) Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof Einige Stimmen in der Literatur vertreten in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Ansicht, dass die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten im Revisionsverfahren nicht mehr möglich sei. Vielmehr müsse der Antrag spätestens bis zum Ende der Tatsacheninstanz, d.h. bis zum Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens gestellt werden.695 Zur Begründung wird auf das Wesen des Revisionsverfahrens als eine rei­ ne Rechtsinstanz verwiesen, die sich auf eine rechtliche Kontrolle der Vorinstanz beschränken müsse.696 Nur in der Tatsacheninstanz, dem fi­ nanzgerichtlichen Verfahren, könnten neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden. Der Bundesfinanzhof hingegen sei an die tatsächli­ chen Feststellungen des FG gebunden, sodass eine Ausübung von Wahlund Antragsrechten während des Revisionsverfahrens ausscheide.697 Lag bei Abschluss der Vorinstanz noch keine Antragsausübung vor, sei die Nichtberücksichtigung des Antrags in der finanzgerichtlichen Entschei­ dung nicht fehlerhaft gewesen, weshalb eine Aufhebung der Entschei­ dung wegen einer nachträglichen Wahlrechtsausübung nicht in Betracht komme.698 Gegen diesen strikten Verweis auf die Stellung des Bundesfinanzhofs als Revisionsgericht wendet sich Birkenfeld.699 Dieser trägt vor, dass der Bundesfinanzhof nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich an die tatsächli­ chen Feststellungen des Finanzgerichts gebunden sei. Es könnten aller­ dings zumindest solche Neutatsachen vor dem Revisionsgericht Berück­ sichtigung finden, die unstreitig oder offenkundig sind und somit keiner eigenständigen Sachverhaltsaufklärung durch das Revisionsgericht be­ dürfen.700 695 BFH v. 03.05.1957 - VI 48/55 U, BStBl III 1957, 227, Rn. 6; BFH v. 01.02.1966 - I 275/62, BStBl III 1966, 570, Rn. 19; für die Literatur siehe Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 22 Rn. 241; Klemp, StuW 1972, 217, 222; Stöcker, BB 1972, 701, 702; Heuer, StbJb 1959/1960, 327, 394. 696 BFH v. 01.02.1966 - I 275/62, BStBl III 1966, 570, Rn. 19. 697 Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 22 Rn. 241. 698 BFH v. 01.02.1966 - I 275/62, BStBl III 1966, 570, Rn. 19. 699 Birkenfeld, StuW 1977, 31. 700 Grundlegend hierzu Mattern, JZ 1963, 649, 652, der die Berücksichtigungsfähig­ keit solcher Neutatsachen mit der Prozessökonomie rechtfertigt; diesem Vor­ bringen folgend ist die Berücksichtigungsfähigkeit von unstreitigen und unzwei­ felhaften Neutatsachen seit dem Urteil des BVerwG v. 14.02.1968 - VI C 53.65, BVerwGE 29, 127, Rn. 13 ständige Rechtsprechung des BVerwG; BVerwG v. 20.10.1992 - 9 C 77/91, NVwZ 1993, 275, Rn. 11, Rn. 13; so auch der BGH in stän­ diger Rechtsprechung, siehe etwa BGH v. 11.11.1982 - III ZR 77/81, BGHZ 85, 288, Rn. 10 m.w.N. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn schützenswerte Inte­ ressen des anderen Beteiligten bestehen, BGH v. 17.12.1969 - IV ZR 750/68, BGHZ

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

Um einen solchen Fall handele es sich auch, wenn der Steuerpflichtige in der Revisionsinstanz gegenüber dem Finanzamt701 eine neue Willenser­ klärung in Form einer Wahl- oder Antragsausübung abgibt.702 Diese Neutatsache sei offenkundig und bedürfe keiner zusätzlichen Beweiser­ hebung durch den Bundesfinanzhof, sodass § 118 Abs. 2 FGO einer Be­ rücksichtigung nicht entgegenstehe.703 Sofern zur Ermittlung der Rechts­ wirkungen der Wahlrechtsausübung weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich sein sollten, sei dies über eine Zurückverweisung an das Fi­ nanzgericht zu lösen.704 Beweisbedürftig sei in diesem Fall nicht die Neutatsache Wahl- oder Antragsausübung, sondern der entscheidungser­ hebliche Sachverhalt als solcher. Eine solche Zurückverweisung an das Finanzgericht sei der FGO auch nicht fremd, wie die Regelung des § 127 FGO in Bezug auf einen neuen oder geänderten Verwaltungsakt verdeutliche.705 Diese von Birkenfeld vorgenommene Übertragung der ständigen Recht­ sprechung von Bundesverwaltungsgericht und Bundesgerichtshof auf das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof wird in der steuerrechtlichen Litera­ tur in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung überwiegend abge­ lehnt.706 Voraussetzung für eine Durchbrechung der Bindungswirkung sei nach § 118 Abs. 2 HS. 2 FGO der Eintritt von Rechtsverletzungen auf­ grund der tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichtes.707 Auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof sei zwar ausnahmsweise eine Be­ rücksichtigung von Neutatsachen aus Gründen der Prozessökonomie möglich.708 Hierfür soll es aber nicht ausreichen, dass eine Tatsache zwi­

53, 128, Rn. 14; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 37 überträgt diese ständige Rechtspre­ chung aus den anderen Prozessordnungen auch auf den Steuerprozess. 701 Die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes durch eine Prozesserklärung gegen­ über dem Gericht verbietet sich aufgrund dessen fehlender Empfangszuständig­ keit für die Ausübungserklärung. Siehe hierzu bereits I.4.a)aa) sowie III.2.a). 702 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 37. 703 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 37. 704 So geschehen etwa im Urteil BFH v. 20.01.1972 - IV R 1/69, BStBl II 1972, 214, Rn. 10; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 37. 705 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 37. 706 So die ständige Rechtsprechung des BFH. Siehe etwa BFH v. 26.06.1996 - II R 64/93, BFH/NV 1997, 157, Rn. 15; und BFH v. 15.03.2012 - III R 87/03, BFH/NV 2012, 1603, Rn. 22; das Urteil BFH v. 28.02.1990 - I R 43/86, BStBl II 1990, 615, Rn. 9 ist hiervon keine Ausnahme, da die unstreitigen Tatsachen hier im Zuge ei­ ner Gegenrüge eingeführt wurden. Diesbezüglich ist eine Berücksichtigung aus rechtsstaatlichen Gründen zwingend; für die Literatur siehe etwa Ratschow in: Gräber, FGO, § 118 Rn. 51 FGO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 118 Rn. 93 FGO. 707 Beermann in: Gosch, AO, FGO, § 118 Rn. 45 FGO. 708 Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 118 Rn. 93 ff. FGO; BFH v. 28.02.1990 - I R 43/86, BStBl II 1990, 615, Rn. 9 zum Fall einer zulässigen Gegenrüge im Revi­ sionsverfahren mit einem zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalt.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

schen den Beteiligten unstreitig ist,709 da es nicht Aufgabe des Bundesfi­ nanzhofs sei, ein zum Erlasszeitpunkt rechtmäßiges Urteil aufgrund von nachträglich vorgetragenen Tatsachen noch einmal abzuändern.710 Trotz Ablehnung dieser Auffassung Birkenfelds hat der Bundesfinanz­ hof seine ursprüngliche Rechtsprechung, in der er die Ausübung im Re­ visionsverfahren abgelehnt hat, zwischenzeitlich aufgegeben.711 Er ent­ scheidet seither in ständiger Rechtsprechung, dass die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten grundsätzlich712 bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, d.h. bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft, er­ folgen muss.713 Formelle Bestandskraft tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem der Bescheid weder mit außergerichtlichen, noch mit gerichtlichen Rechtsbehelfen angefochten werden kann.714 Folglich erkennt der Bun­ desfinanzhof nunmehr die Möglichkeit zur Ausübung von Wahl- und Antragsrechten während des Revisionsverfahrens an. Diese neue Rechtsprechung wird auch von der herrschenden Ansicht in der Literatur geteilt.715 Das abgabenrechtliche Korrektursystem ziehe die Bestandskraft als Grenze für eine Änderung der Besteuerungsgrund­ lagen – also auch für die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten als Bestimmung über die anzuwendenden Steuerrechtsnormen – heran. Hiervon dürfe ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung nicht abge­ 709 Grund hierfür ist, dass auch die Unstreitigkeit der Neutatsache das Revisionsge­ richt nicht von einer systemfremden Beweiserhebung oder Beweiswürdigung be­ freit, May, Die Revision, S. 462; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 118 Rn. 93 FGO; Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 118 Rn. 130 ff. FGO; BFH v. 15.03.2012 - III R 87/03, BFH/NV 2012, 1603, Rn. 22. 710 Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 118 Rn. 132 FGO. 711 Der BFH selbst nennt es in seiner Entscheidung BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 14 zwar eine „Präzisierung der Rechtsprechung“. Diese Be­ zeichnung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich in Wahrheit um zwei miteinander unvereinbare Ansätze und damit um eine Rechtsprechungs­ änderung handelt. 712 Zu den Sonderfällen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nachfolgend unter c). 713 Siehe etwa die Urteile BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 15; BFH v. 13.02.1997 - IV R 59/95, BFH/NV 1997, 635, Rn. 19; BFH v. 27.09.1988 - VIII R 432/83, BStBl II 1989, 225, Rn. 12; sowie BFH v. 28.08.1981 - VI R 139/78, ­BStBl II 1982, 156, Rn. 9 ff., wobei es hier um die Möglichkeit eines Widerrufs ei­ ner Antragsausübung ging; BFH v. 18.12.1973 - VIII R 101/69, BStBl II 1974, 319, Rn. 14. 714 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 15; allgemein zur formel­ len Bestandskraft von Verwaltungsakten Erichsen/Knoke, NVwZ 1983, 185, 186 m.w.N. 715 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1421; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 131; Rader, BB 1975, 414, 415; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 172-177 Rn. 126 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 61 AO; so auch mit der oben genannten, aber nicht überzeugenden Begründung Birkenfeld, StuW 1977, 31, 37 f.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

wichen werden.716 Für diese Auffassung spreche auch der oben bereits angesprochene Umkehrschluss zu einigen gesetzlichen Fristbestimmun­ gen, die als zeitliche Grenze für die Ausübung den Eintritt der Unan­ fechtbarkeit, also die Bestandskraft des Bescheides vorsehen.717 Sofern sogar gesetzlich befristete Wahl- oder Antragsrechte bis zu diesem Zeit­ punkt, also auch im Rahmen des Revisionsverfahrens ausgeübt werden dürfen, müsse dies erst recht für gesetzlich unbefristete Rechte gelten.718 Nach der herrschenden Ansicht in der Literatur sowie der heutigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten somit auch noch während des Revisionsverfahrens vor dem Bundesfinanzhof zulässig. Verfahrensrechtlich kann diese Ausübung von den Finanzbehörden durch eine Änderung des Steuerbescheides nach §§ 132 S. 1, 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a) AO719 berücksichtigt werden. Dieser nach Ende des finanzgericht­ lichen Verfahrens geänderte Bescheid kann im Folgenden allerdings nicht durch den Bundesfinanzhof selbst berücksichtigt werden, vielmehr führt er zu einer Zurückverweisung an das Finanzgericht gemäß § 127 FGO.720 dd) Zeitraum nach Eintritt der Bestandskraft Eine Ausübung nach Eintritt der Bestandskraft ist nach ständiger Recht­ sprechung grundsätzlich nicht möglich.721 Begründungen hierfür trägt die Rechtsprechung zumeist nicht vor.722 Lediglich vereinzelt verweisen die Senate in ihren Entscheidungen auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Bedürfnis nach Rechtssicherheit. Dieses verlange, dass die Bestandskraft von Steuerbescheiden beachtet und eine Durchbrechung der Bestandskraft nur aufgrund von gesetzlichen Ände­ rungsvorschriften vorgenommen werde, nicht hingegen durch die bloße Ausübung von Wahl- oder Antragsrechten.723 Darüber hinaus wird ange­ 716 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1421; Rader, BB 1975, 414, 415. 717 Siehe dazu die Ausführungen unter bb). 718 Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 126 f. 719 Die Vorschrift gilt auch im Rahmen des Revisionsverfahrens, siehe etwa BFH v. 24.04.1979 - VIII R 16/77, BStBl II 1979, 606, Rn. 18; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 132 Rn. 6 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 132 Rn. 1 AO. 720 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1421; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 131; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 37. 721 So bereits der RFH v. 25.06.1930 - Ie A 18/30, RStBl 1930, 591; aus der neueren Rechtsprechung siehe etwa BFH v. 12.05.2015 - VIII R 14/13, BStBl II 2005, 806; BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49. 722 Siehe beispielsweise das Urteil des BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49; sowie BFH v. 18.12.1973 - VIII R 101/69, BStBl II 1974, 319. 723 BFH v. 21.01.1992 - VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958, Rn. 17; BFH v. 09.08.1989 - X R 110/87, BStBl II 1990, 195, Rn. 19.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

führt, dass die gesetzlichen Korrekturvorschriften der Abgabenordnung ausgehöhlt würden, sofern eine Ausübung von Wahl- und Antragsrech­ ten ausreichend wäre, um die Änderung eines bestandskräftigen Steuer­ bescheides vornehmen zu können.724 Ein nach Eintritt der Bestandskraft ausgeübtes Wahl- und Antragsrecht könne somit grundsätzlich ebenso wenig wie sonstige Einwendungen Einfluss auf die Höhe der Steuerlast nehmen.725 Auch in der Literatur wird eine Ausübung von Wahl- und Antragsrechten nach Eintritt der Bestandskraft überwiegend abgelehnt.726 Würde dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt, Wahl- und Antragsrechte in den Grenzen der Verjährung beliebig auszuüben und zu ändern würde dieser ohne sachlichen Grund privilegiert.727 Lediglich vereinzelt wird vertreten, dass die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes auch noch nach Eintritt der Bestandskraft, genauer bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff. AO möglich sei.728 Eine Beschränkung auf den Zeitraum bis zum Eintritt der Bestands­ kraft sei insbesondere aus dem Grunde bedenklich, dass die zeitliche Be­ grenzung der Ausübungsmöglichkeit eine gesetzlich nicht vorgesehene Verschärfung zulasten des Bürgers wäre.729 ee) Zusammenfassung Aus der oben geschilderten Rechtsprechung sowie den in der Literatur vertretenen Ansichten lässt sich der heute geltende Grundsatz ableiten, dass unbefristete steuerliche Wahl- und Antragsrechte in jedem Verfah­ rensstadium bis zum Eintritt der Bestandskraft ausgeübt werden können. Dies gilt sowohl für das Veranlagungs- und Einspruchsverfahren als auch für das Verfahren vor dem Finanzgericht sowie dem Bundesfinanzhof. Sobald mit Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung Bestandskraft einge­ treten ist, soll eine erstmalige Ausübung von unbefristeten Wahl- und Antragsrechten grundsätzlich nicht mehr möglich sein.

724 BFH v. 21.07.1989 - III R 303/84, BStBl II 1989, 960, Rn. 10. 725 FG Münster v. 20.02.1986 - IV 5838/81 E, EFG 1986, 605, 607. 726 Koenig in: Koenig, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 11 AO; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1421; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuer­ recht, S. 86; v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 151. Zu den Ausnahmefällen siehe die folgenden Ausführungen unter c). 727 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1421. 728 FG Köln v. 30.01.2001 - 13 K 6855/00, EFG 2001, 841, Rn. 31 ff.; Grube, JBFfSt. 1983/1984, 37, 46; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 46. Roth leitet aus der Recht­ sprechung des BFH zum Veranlagungswahlrecht der Ehegatten ab, dass mit dieser Begründung eine Befristung der Wahl auf den Eintritt der Bestandskraft unzulässig ist. 729 Grube, JBFfSt. 1983/1984, 37, 46.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

c) Sonderfälle aa) Wiederaufleben der Ausübungsmöglichkeit durch Erlass von Änderungsbescheiden In Rechtsprechung und Literatur wird der oben genannte Grundsatz nicht ausnahmslos angewandt. Vielmehr werden für diverse Sonderkon­ stellation abweichende Zeitpunkte definiert, bis zu denen eine Aus­ übung von Wahl- und Antragsrechten noch vorgenommen werden kann. Eine erste Ausnahme von der Maßgeblichkeit der formellen Bestands­ kraft stellt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Zeitpunkt der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten bei Erlass eines Änderungsbe­ scheides dar. Ergeht zu dem ursprünglichen Bescheid ein Änderungsbescheid, so ver­ hindere die formelle Bestandskraft des Erstbescheides nicht die Aus­ übung von Wahl- und Antragsrechten. Vielmehr sei eine Ausübung der Wahl- und Antragsrechte in diesem Fall solange zuzulassen, bis auch der Änderungsbescheid in formeller Bestandskraft erwachsen ist.730 Dies be­ ruht auf der Überlegung, dass die Überprüfung des Änderungsbescheides in den Grenzen des § 351 Abs. 1 AO umfassend zu erfolgen habe. Hierbei sei unschädlich, wenn die nunmehr gegen den Änderungsbescheid vorge­ brachten Umstände – wie etwa die zwischenzeitliche Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes – bereits im Verfahren des ursprünglichen Be­ scheides hätten vorgebracht werden können.731 Eine Einschränkung dieser Rechtsprechung ergibt sich nicht dadurch, dass der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung für die erstmalige Aus­ übung eines Wahl- oder Antragsrechtes nach Ergehen des Änderungsbe­ scheides verlangt hat, dass sich die Notwendigkeit für die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes erst durch die erfolgte Änderung ergeben hat.732 Eine solche Einschränkung ist zum einen selbst dem in Bezug ge­ nommenen Urteil des 4. Senats733 nicht zu entnehmen. Auch im späteren 730 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 26; BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 25 ff.; Siegers in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 351 Rn. 73a AO; Koenig in: Koenig, AO, Vorbemerkung zu §§ 172 bis 177 Rn. 12 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 62 AO; Hildebrand, BB 2016, 740; so auch Englisch, FR 2015, 533, 535 ff., der wie im Folgenden darge­ stellt lediglich den Anwendungsbereich des § 351 Abs. 1 AO begrenzen möchte; a.A., jedoch ohne jegliche Begründung: Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 44. 731 Brockmeyer in: Klein, AO, § 351 Rn. 4 AO; Keß in: Schwarz/Pahlke, AO, § 351 Rn. 7 AO; siehe auch BFH v. 17.03.1964 - I 392/61 U, BStBl III 1964, 373, Rn. 9; sowie BFH v. 19.12.2006 - VI R 63/02, BFH/NV 2007, 924, Rn. 19. 732 So aber BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 23, Rn. 27 unter Verweis auf die Entscheidung BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49. 733 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49. Der hier zu entscheidende Fall lag zwar so, dass erst der Änderungsbescheid die Notwendigkeit einer Wahlrechts­ ausübung begründet hat. Eine Einschränkung der Anwendbarkeit dieser Recht­

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Urteil vom 27.10.2015734 erachtet der 10. Senat des Bundesfinanzhofs die­ se Voraussetzung nicht als zwingend, sondern hält lediglich die Aus­ übung „jedenfalls dann“ weiterhin für möglich. In einer darauffolgenden Entscheidung vom 09.12.2015735 wurde eine derartige Einschränkung zu­ dem nicht mehr aufgenommen, sodass davon ausgegangen werden konn­ te, dass der Bundesfinanzhof seine vorherige Aussage, dass die Notwen­ digkeit der Ausübung erst durch den Änderungsbescheid entstanden sein dürfe, nicht als allgemeingültige Voraussetzung für den nach hinten ­verlagerten Ausübungszeitraum ansieht. Mittlerweile hat der Bundesfi­ nanzhof dies in einem neueren Urteil auch ausdrücklich klargestellt.736 Beschränkt werde die Möglichkeit zur Ausübung von Wahl- und An­ tragsrechten nach Erlass eines Änderungsbescheides durch die Regelung des § 351 Abs. 1 AO. Diese besagt, dass die Bestandskraft des Erstbe­ scheides nur insoweit durchbrochen wird, wie die Änderung reicht. Die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten sei folglich nur dann zulässig, wenn die hierdurch zu bewirkenden Steueränderungen den durch § 351 Abs. 1 AO beschränkten Rahmen nicht verlassen.737 Gehe die Wir­ kung des ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes indessen über den durch den Änderungsbescheid eröffneten Rahmen hinaus, bedürfe es einer ei­ genständigen Änderungsvorschrift zur Durchbrechung der Bestandskraft des Erstbescheides.738 Ist ein Wahl- oder Antragsrecht unteilbar, führt dies nach Ansicht der Rechtsprechung zu einer vollständigen Versagung der Ausübungsmöglichkeit, da eine Beschränkung der Wirkungen eines unteilbaren Wahl- oder Antragsrechtes auf den durch § 351 Abs. 1 AO eröffneten Rahmen nicht möglich sei.739 In Ausweitung der Rechtsprechung zum Veranlagungswahlrecht der Ehegatten740 vertritt Englisch741 für das Wahlrecht des § 34a Abs. 1 EStG sprechung durch eine solche Voraussetzung ist dem Urteil allerdings nicht zu ent­ nehmen. 734 BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 23, Rn. 27. 735 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 25 ff. 736 BFH v. 26.04.2018 – III R 12/17, juris, Rn. 30. 737 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 26; BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 25; Siegers in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 351 Rn. 73a AO; Koenig in: Koenig, AO, Vorbemerkung zu §§ 172 bis 177 Rn. 12 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 62 AO; Hildebrand, BB 2016, 740; so auch Englisch, FR 2015, 533, 535 ff., da er lediglich untersucht, ob die Einschränkung des § 351 Abs. 1 AO ausnahmsweise nicht auf das Wahlrecht des § 34a Abs. 1 EStG angewendet werden soll. 738 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 27. 739 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 28, Rn. 40. In dem vom BFH zu entscheidenden Fall ging es um das unteilbare Wahlrecht aus § 34 Abs. 3 EStG. Anlass für eine teleologische Reduktion des § 351 Abs. 1 AO sieht der BFH vor diesem Hintergrund nicht, siehe hierzu Rn. 30. 740 Siehe hierzu um Folgenden bb). 741 Englisch, FR 2015, 533, 535.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

die Ansicht, dass § 351 Abs. 1 AO keine Begrenzung für die Ausübung des Wahlrechtes im Rahmen der Anfechtung des Änderungsbescheides darstellt. Ebenso wie bei dem Veranlagungswahlrecht der §§ 26 ff. EStG handele es sich bei § 34a Abs. 1 EStG um ein reines Tarifwahlrecht, wel­ ches die Besteuerungsgrundlagen selbst unberührt lasse.742 Durch Erlass eines Änderungsbescheides entfalle nachträglich die Geschäftsgrundlage für die bisherige Tarifwahl, sodass es in Übereinstimmung mit der Recht­ sprechung zum Veranlagungswahlrecht sachgerecht sei, eine nachträgli­ che unbeschränkte Ausübung des Tarifwahlrechtes zuzulassen.743 Zwar handele es sich bei den beiden durch die Wahlrechtsausübung nach § 34a Abs. 1 EStG denkbaren Veranlagungen – anders als im Falle des Veranlagungswahlrechtes – nicht um zwei eigenständige und wesensver­ schiedene Veranlagungsverfahren. Tragend für die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den §§ 26 ff. EStG seien jedoch die beiden anderen Aspekte, sodass eine Übernahme der Rechtsprechung auf das Wahlrecht des § 34a Abs. 1 EStG sachgerecht erscheine.744 Diese Ansicht wird in der Literatur unter Verweis auf die Rechtspre­ chung des Bundesfinanzhofs auf das vergleichbare Wahlrecht des § 34 Abs. 3 EStG überwiegend nicht geteilt.745 Hiernach sei der eingeschränk­ te Änderungsrahmen des § 351 Abs. 1 AO auch für das Wahlrecht des § 34a Abs. 1 EStG zu beachten. bb) Besonderheiten beim Veranlagungswahlrecht der Ehegatten, § 26 Abs. 1 EStG Noch einen Schritt weiter geht die ständige Rechtsprechung des Bundes­ finanzhofs in Bezug auf das Veranlagungswahlrecht der Ehegatten gemäß § 26 Abs. 1 EStG. Dieses kann hiernach von jedem der beiden Ehegatten solange ausgeübt werden, bis beide gegenüber den Ehegatten ergangenen Bescheide unanfechtbar geworden sind. Folglich könne auch derjenige Ehegatte, der selber bereits formell bestandskräftig veranlagt worden ist, seinen Antrag auf Zusammenveranlagung solange stellen, wie die Veran­

742 Englisch, FR 2015, 533, 535. 743 Englisch, FR 2015, 533, 535. 744 Englisch, FR 2015, 533, 536 f. mit ausführlicher Begründung dafür, warum das ei­ genständige Veranlagungsverfahren kein Kernargument der Rechtsprechung dar­ stellt; so auch noch das FG Düsseldorf v. 19.11.2013 - 13 K 3624/11 E, EFG 2014, 201, Rn. 32 ff. in der Vorinstanz des im Folgenden genannten BFH-Urteils. 745 Siehe BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 26 ff.; Niehus/Wilke in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 34a Rn. 40 EStG; Reiß in: Kirchhof, EStG, § 34a Rn. 27 EStG; Ratschow in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 34a Rn. 27 EStG; so auch die Verwaltungsansicht, siehe BMF v. 11.08.2008 - BMF-­ Schreiben, BStBl I 2008, 838, Rn. 10.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

lagung des anderen Ehegatten noch nicht bestandskräftig geworden ist.746 In Bezug auf das Veranlagungswahlrecht aus § 26 Abs. 1 EStG führe so­ mit erst die formelle Bestandskraft beider Bescheide zu einer zeitlichen Grenze für die Ausübung. Darüber hinaus hält der Bundesfinanzhof eine Ausübung des Veranla­ gungswahlrechtes auch dann noch für möglich, wenn nur einer der bei­ den formell bestandskräftigen Bescheide durch einen Änderungsbescheid abgeändert wird. In diesem Fall soll die Möglichkeit zur Ausübung des Ehegattenwahlrechtes bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbe­ scheides für beide Ehegatten wiederaufleben.747 Anders als bei der grund­ sätzlichen Rechtsprechung in Bezug auf den Änderungsbescheid748 soll die Ausübung des Veranlagungswahlrechtes auch nicht aufgrund des § 351 Abs. 1 AO auf den Umfang der Änderung beschränkt sein.749 § 351 Abs. 1 AO beschränke nur den Umfang einer Anfechtung von Ände­ rungsbescheiden, eine solche liege jedoch bei Ausübung des Veranla­ gungswahlrechtes nicht vor.750 Diese abweichende Rechtsprechung begründet der Bundesfinanzhof da­ mit, dass bei übereinstimmendem Antrag auf Zusammenveranlagung beider Ehegatten in dem noch offenen Verfahren des einen Ehegatten eine getrennte Veranlagung nach § 26 Abs. 2 S. 1 EStG nicht mehr in Be­ tracht kommt, sondern eine Zusammenveranlagung stattzufinden hat.751 Es handele sich mithin nicht um eine Änderung eines bereits bestands­ 746 BFH v. 17.05.1977 - VI R 243/74, BStBl II 1977, 605, Rn. 7; BFH v. 28.08.1981 - VI R 139/78, BStBl II 1982, 156, Rn. 8; BFH v. 19.05.2004 - III R 18/02, BStBl II 2004, 980, Rn. 21 ff.; BFH v. 24.01.2002 - III R 49/00, BStBl II 2002, 408, Rn. 8; siehe auch das Urteil BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 21 ff.; Englisch, FR 2015, 533, 534 f.; Sieger in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 351 Rn. 3 AO; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 351 Rn. 35 AO; kritisch in Bezug auf die Sonderbehandlung des Veranlagungswahlrechtes Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 45 f., die jedoch eher eine Ausweitung der Rechtsprechung zu §§ 26 ff. EStG auf alle unbefristeten Wahlrechte als die vorzugswürdige Abhilfemöglichkeit für diese Ungleichbehandlung ansieht. 747 BFH v. 25.06.1993 - III R 32/91, BStBl II 1993, 824, Rn. 9; BFH v. 28.08.1981 - VI R 139/78, BStBl II 1982, 156, Rn. 8. 748 Siehe hierzu die vorherigen Ausführungen unter aa). 749 Grundlegend hierzu BFH v. 25.06.1993 - III R 32/91, BStBl II 1993, 824, Rn. 10; BFH v. 06.02.1998 - III ER -S- 4/97, BFH/NV 1999, 160, Rn. 15; BFH v. 24.01.2002 - III R 49/00, BStBl II 2002, 408, Rn. 10; BFH v. 03.03.2005 - III R 22/02, BStBl II 2005, 690, Rn. 15; a.A. Weber-Grellet, FR 1999, 1081, 1082. 750 BFH v. 24.01.2002 - III R 49/00, BStBl II 2002, 408, Rn. 10; siehe hierzu auch die in Fn. 749 aufgeführten Entscheidungen. 751 BFH v. 17.05.1977 - VI R 243/74, BStBl II 1977, 605, Rn. 7; BFH v. 19.05.2004 - III R 18/02, BStBl II 2004, 980, Rn. 21 ff.; siehe hierzu auch die Ausführungen im Urteil BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 31 ff. In dieser Entscheidung lehnt der BFH wegen dieser besonderen, auf § 26 Abs. 1 EStG zugeschnittenen Be­ gründung eine Ausweitung der Rechtsprechung auf andere Wahl- und Antrags­ rechte ab.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

kräftigen Bescheides, sondern vielmehr um den – unbefristet mögli­ chen752 – Antrag auf ein neues Veranlagungsverfahren.753 Ein entgegenste­ hendes Interesse der Finanzbehörden, an der bereits abgeschlossenen Veranlagung in Bezug auf den einen Ehegatten festhalten zu können, sieht der Bundesfinanzhof als nicht erheblich an. Vielmehr müssten die Finanzbehörden bis zur Unanfechtbarkeit des anderen Bescheides jeder­ zeit mit neuen steuerrelevanten Anträgen oder Angaben rechnen. Einen Grund dafür, Anträge zur Veranlagungsart hiervon auszuschließen, be­ stehe nicht.754 Für die Veranlagungszeiträume ab 2013 wird aus der Verpflichtung zur Ausübung des Wahlrechtes im Rahmen der Steuererklärung nach § 26 Abs. 2 S. 3 EStG abgeleitet, dass die Ausübung des Veranlagungs­ wahlrechtes indirekt an die Frist zur Abgabe der Steuererklärung gebun­ den ist und somit faktisch einer Ausübungsfrist unterliegt.755 Die oben genannte Rechtsprechung ist somit seit dem VZ 2013 überholt und die Ausübung des Veranlagungswahlrechtes grundsätzlich bis zum 31.07. des Folgejahres vorzunehmen.756 Wird die Steuererklärungsfrist durch die Finanzbehörde verlängert, greift diese Verlängerung mittelbar auch in Be­ zug für die Ausübungsfrist für das Wahlrecht des § 26 EStG. Eine Aus­ übung nach Ablauf der (verlängerten) Steuererklärungsfrist ist hingegen nicht mehr möglich.757 cc) Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Ergeht ein Steuerbescheid gemäß § 164 Abs. 1 S. 1 AO unter dem Vorbe­ halt der Nachprüfung, können Wahl- und Antragsrechte nach der Recht­ sprechung des Bundesfinanzhofs ungeachtet des Eintritts der formellen Bestandskraft solange ausgeübt werden, wie der Vorbehalt der Nachprü­ fung besteht.758

752 Dies stellt der BFH bereits in seiner Entscheidung BFH v. 17.05.1977 - VI R 243/74, BStBl II 1977, 605, Rn. 6 klar; hierzu ebenso die weiteren zuvor aufgeführten Ent­ scheidungen des BFH. 753 BFH v. 17.05.1977 - VI R 243/74, BStBl II 1977, 605, Rn. 7; BFH v. 19.05.2004 - III R 18/02, BStBl II 2004, 980, Rn. 21 ff.; BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 31 ff. 754 BFH v. 28.08.1981 - VI R 139/78, BStBl II 1982, 156, Rn. 10. 755 Seiler in: Kirchhof, EStG, § 26 Rn. 26 EStG; Pflüger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 26 Rn. 79 EStG. 756 Pflüger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 26 Rn. 79 EStG. Zur Mög­ lichkeit einer indirekten Verlängerung der Ausübungsfrist durch Verlängerung der Steuererklärungsfrist siehe IV.2.a)bb). 757 Dazu bereits oben 2. und dabei insbesondere unter a)bb). 758 BFH v. 03.02.1987 - IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751, Rn. 23; BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 18; BFH v. 19.12.2013 - V R 6/12, BStBl II 2017, 837, Rn. 20 ff.; v. Wedelstädt in: Bartone/v. Wedelstädt, Korrektur von Steuerver­

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Entscheidend für die Möglichkeit einer Ausübung von Wahl- oder An­ tragsrechtes sei es, dass die Finanzbehörde die Ausübung im Rahmen der Besteuerungsfestsetzung noch berücksichtigen kann.759 Eine solche Be­ rücksichtigungsfähigkeit sei bei einem unter Vorbehalt ergangenen Be­ scheid gegeben. Die Ausübung von unbefristeten Wahl- und Antrags­ rechten könne mithin bis zum Ende der in § 164 Abs. 2 AO geregelten Änderungsmöglichkeit des unter Vorbehalt stehenden Bescheides erklärt werden,760 im Ergebnis also bis zur Aufhebung des Vorbehalts durch die Finanzbehörde nach § 164 Abs. 3 S. 1, S. 3 AO761 beziehungsweise bis zum Erlöschen des Vorbehalts durch Eintritt der Festsetzungsverjährung gemäß § 164 Abs. 4 S. 1 AO.762 dd) Eingreifen von Korrekturvorschriften Eine Durchbrechung der Bestandskraft zugunsten einer Berücksichti­ gung von Wahl- und Antragsrechen kommt auch dann in Betracht, wenn die Ausübung die Voraussetzungen einer allgemeinen oder speziellen Korrekturnorm erfüllt.763 Dies hat auch Auswirkungen auf den oben bereits beschriebenen Fall, in dem eine Ausübung nach Erlass eines Änderungsbescheides aber vor Ein­ tritt dessen formeller Bestandskraft vorgenommen wird. Greift in diesem Fall eine Korrekturvorschrift ein, ist als Konsequenz hieraus der Ände­ rungsrahmen des § 351 Abs. 1 AO unbeachtlich. Durch das Eingreifen der Korrekturnorm wird eine Berücksichtigung der Ausübung gemäß § 351 Abs. 1 HS. 2 AO in vollem Umfang zulässig.764 (1) Auswirkungen der Wahlrechtsausübung auf die Rechtmäßigkeit der Besteuerungsfestsetzung Zweck der Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO ist die Auflösung des Widerspruches von Vertrauensschutz und Rechtssicherheit auf der einen waltungsakten, Rn. 526; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 164 Rn. 43 AO; Cöster in: Koenig, AO, § 164 Rn. 55 AO. 759 So zur Ausübung des Verzichts auf die Steuerbefreiungen nach § 9 Abs. 1 UStG BFH v. 02.04.1998 - V R 34/97, BStBl II 1998, 695, Rn. 28; BFH v. 19.12.2013 - V R 6/12, BStBl II 2017, 837, Rn. 24 f. 760 BFH v. 28.11.2002 - V R 54/00, BStBl II 2003, 175, Rn. 15; BFH v. 19.12.2013 - V R 6/12, BStBl II 2017, 837, Rn. 26. 761 Siehe hierzu etwa Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 164 Rn. 47 ff. AO; sowie Rüsken in: Klein, AO, § 164 Rn. 36 ff., Rn. 46 ff. AO. 762 Siehe Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 164 Rn. 47 ff. AO; und Rüsken in: Klein, AO, § 164 Rn. 51 f. AO. 763 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 18; BFH v. 12.05.2015 - VIII R 14/13, BStBl II 2005, 806, Rn. 11; BFH v. 21.01.1992 - VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958, Rn. 17; BFH v. 19.05.1987 - VIII R 327/83, BStBl II 1987, 848, Rn. 19; siehe auch Werth, FR 2016, 632. 764 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 27.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

und der materiellen Rechtsrichtigkeit auf der anderen Seite.765 Hieraus leitet die herrschende Ansicht in der Literatur die ungeschriebene Vo­ raussetzung der Rechtswidrigkeit des zu korrigierenden Bescheides für eine Korrektur von Steuerbescheiden nach §§ 172 ff. AO ab.766 Hierbei soll der Zeitpunkt des Wirksamwerdens als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit anzusehen sein.767 Als rechtswidrig wird von dieser Ansicht ein Steuerbescheid angesehen, wenn er nicht die Rechtsfolge enthält, die sich aufgrund des erfüllten gesetzlichen Tatbe­ standes nach § 38 AO eigentlich ergeben sollte.768 Übt der Steuerpflichtige ein Wahl- oder Antragsrecht wirksam, d.h. ins­ besondere rechtzeitig aus, werde ein bereits ergangener Steuerbescheid rechtswidrig, bis das ausgeübte Wahl- oder Antragsrecht Berücksichti­ gung gefunden hat.769 Erfolgt die Ausübung hingegen verspätetet, könne die Ausübung die Rechtmäßigkeit des ergangenen Bescheides nicht mehr berühren. Die getroffene Wahl werde im späteren Verlauf nicht dadurch rechtswidrig, dass der Steuerpflichtige die Unvorteilhaftigkeit seiner Wahl feststellt.770 Schon hieraus zieht die herrschende Literaturansicht die Erkenntnis, dass eine Anwendung der §§ 172 ff. AO auf die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten nach Eintritt der Bestandskraft grundsätz­ lich nicht möglich sei.771 (2) Änderung nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) AO Eine Änderung des Steuerbescheides auf Antrag des Steuerpflichtigen nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) AO soll bei einer Ausübung von Wahlund Antragsrechten nicht in Betracht kommen.772 Nach der Rechtspre­ chung eröffnet die Norm gerade nicht die Möglichkeit, die Bestandskraft 765 BFH v. 30.01.1969 - V 149/64, BStBl II 1969, 409, Rn. 11; v. Groll in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 172–177 Rn. 72 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 172 Rn. 2 AO; so auch im Zusammenhang mit der Einfügung des § 175 Abs. 2 S. 2 AO BT-Drucksache 15/4050, 61. 766 Koenig in: Koenig, AO, Vor §§ 172–177 Rn. 10 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 172 Rn. 28 AO; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 172–177 Rn. 70 AO; skeptisch Rüsken in: Klein, AO, § 172 Rn. 32 AO; of­ fen gelassen in der Entscheidung des BFH v. 13.02.1997 - IV R 59/95, BFH/NV 1997, 635, Rn. 20. 767 v. Wedelstädt in: Bartone/v. Wedelstädt, Korrektur von Steuerverwaltungsakten, Rn. 44 ff. 768 v. Wedelstädt in: Bartone/v. Wedelstädt, Korrektur von Steuerverwaltungsakten, Rn. 50. 769 v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 151. 770 v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 151; Koenig in: Koenig, AO, Vor §§ 172–177 Rn. 11 AO; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 172–177 Rn. 126 AO. 771 v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 172–177 Rn. 126 AO. 772 A.A. zumindest in Bezug auf die erstmalige Ausübung von Wahl- und Antrags­ rechten Rüsken in: Klein, AO, § 172 Rn. 32 AO.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

als zeitliche Grenze für die Ausübung solcher Rechte nachträglich zu beseitigen.773 Voraussetzung für eine Änderung nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) AO wäre die Rechtswidrigkeit des zu ändernden Steuerbe­ scheides. Rechtswidrig sei ein Steuerbescheid jedoch nicht alleine da­ durch, dass ein Wahl- oder Antragsrecht nicht ausgeübt worden ist.774 (3) Aufhebung oder Änderung wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel, § 173 Abs. 1 AO Holt der Steuerpflichtige die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes nach, stellt dies nach Ansicht der Rechtsprechung und einiger Autoren keine Tatsache dar, deren nachträgliches Bekanntwerden zu einer Korrek­ tur des Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO führen kann. Bei der Ausübung handele es sich vielmehr um eine Verfahrenshandlung, deren Nachholung den Tatbestand des § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO nicht erfüllt.775 Andere wiederum sehen die Antragstellung zwar als eine Tatsa­ che an, verweisen zur Ablehnung der Korrekturmöglichkeit allerdings darauf, dass die Antragstellung keine neue, d.h. nachträglich bekanntge­ wordene, sondern eine nachträglich eingetretene Tatsache sei.776 Tatsachen im Sinne von § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO können jedoch diejenigen Umstände sein, durch deren Vorliegen die Ausübung des ­ Wahl- oder Antragsrechtes erst ermöglicht wird.777 Führt deren nach­ 773 BFH v. 27.09.1988 - VIII R 432/83, BStBl II 1989, 225, Rn. 32; BFH v. 09.08.1989 - X R 110/87, BStBl II 1990, 195, Rn. 23; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 63, Rn. 159 AO; Rüsken in: Klein, AO, § 172 Rn. 37 AO. 774 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 20; v. Wedelstädt in: Bar­ tone/v. Wedelstädt, Korrektur von Steuerverwaltungsakten, Rn. 76, Rn. 744; v. Groll, FS Haas, 149, 159; ders. in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 172-177 Rn. 126 AO; Frotscher in: Schwarz/Pahlke, AO, § 172 Rn. 32 AO; a.A. Rüsken in: Klein, AO, § 172 Rn. 38 AO. 775 BFH v. 28.09.1984 - VI R 48/82, BStBl II 1985, 117, Rn. 16; BFH v. 30.10.2003 - III R 24/02, BStBl II 2004, 394, Rn. 12; BFH v. 12.05.2015 - VIII R 14/13, BStBl II 2005, 806, Rn. 15; ausführlich auch Guth, DB 1985, 2274, 2274 f.; Loose in: Tipke/Kru­ se, AO, FGO, § 173 Rn. 16 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 173 Rn. 22 AO; ders. in: Bartone/v. Wedelstädt, Korrektur von Steuerverwaltungsakten, Rn. 77; a.A. v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 88 AO, der nicht die Einordnung als Verfahrenshandlung, sondern vielmehr den Umstand, dass die Ausübung des Wahlrechtes zwar die Rechtsfolge nachträglich verändert, den Sachverhalt jedoch unberührt lässt als entscheidend für die Ablehnung des § 173 AO ansieht. 776 Frotscher in: Schwarz/Pahlke, AO, § 173 Rn. 42 ff. AO; Woerner/Grube, Die Auf­ hebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten, S. 89; so auch BFH v. 30.09.1981 - II R 105/81, BStBl II 1982, 80, Rn. 15; und BFH v. 17.03.1982 - II R 39/81, BStBl II 1982, 491, Rn. 10; a.A. etwa Federmann, DB 1983, 76, 78 f.; sowie Grube, JBFfSt. 1983, 37, 43 ff., die auch eine nachträglich eingetretene Tatsache als „nachträglich bekannt geworden“ qualifizieren wollen. 777 BFH v. 30.10.2003 - III R 24/02, BStBl II 2004, 394, Rn. 12; BFH v. 28.09.1984 - VI R 48/82, BStBl II 1985, 117, Rn. 16; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO,

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

trägliches Bekanntwerden – mittelbar durch die Ausübung des entspre­ chenden Rechtes – zu einer höheren bzw. niedrigeren Steuer, so wird hierdurch der Tatbestand des § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO erfüllt.778 Nachträglich bekanntgeworden sind diese Tatsachen, wenn sie zum maßgeblichen Zeitpunkt – dies ist nach der Rechtsprechung des Bundes­ finanzhofs der Zeitpunkt, in dem die Willensbildung im zuständigen Fi­ nanzamt abgeschlossen wird779 – zwar bereits vorhanden, aber noch nicht positiv bekannt gewesen sind, wodurch ihre Berücksichtigung bei der Steuerfestsetzung nicht möglich war. An der für eine Änderung erforderlichen Rechtserheblichkeit fehle es auch nicht dadurch, dass die nunmehr bekanntgewordenen Tatsachen nur in Verbindung mit einem Willensentschluss des Steuerpflichtigen in Form der Antragstellung oder der Wahlrechtsausübung zu einer höhe­ ren oder niedrigeren Steuer führen können.780 Vielmehr ergebe sich die Rechtserheblichkeit der Tatsache bereits daraus, dass die hieraus resul­ tierende Wahlmöglichkeit nicht fristgebunden ist.781 Eine Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, d.h. eine Änderung, die zu einer niedrigeren Steuer führt, setzt allerdings voraus, dass den Steuer­ pflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden der Tatsache kein grobes Verschulden trifft.782 Grobes Verschulden umfasst hierbei Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, wobei letztere anzunehmen ist, wenn der Steu­ erpflichtige die ihm nach seinen Fähigkeiten und Verhältnissen zumut­ bare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt hat.783 Fertigt der Steuerpflichtige seine Steuererklärung selber ohne steuerliche Beratung an, kann ihm dies nicht angelastet werden.784 Hat er hierbei mangelnde Kenntnis rechtlicher Vorschriften bzw. unterläuft ihm ein FGO, § 173 Rn. 90 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 173 Rn. 17 AO; Federmann, DB 1983, 76; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 136. 778 BFH v. 28.09.1984 - VI R 48/82, BStBl II 1985, 117, Rn. 16; v. Groll in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 90 AO. 779 Ständige Rechtsprechung seit BFH v. 23.08.1963 - VI 150/62 U, BStBl III 1963, 489, Rn. 5; für die neuere Rechtsprechung siehe etwa BFH v. 09.03.2016 - X R 9/13, BStBl II 2016, 815, Rn. 24. 780 So noch BFH v. 10.08.1961 - IV 117/58 U, BStBl III 1961, 534, Rn. 11; hiergegen mit ausführlicher Begründung BFH v. 28.09.1984 - VI R 48/82, BStBl II 1985, 117, Rn. 15 ff. 781 BFH v. 28.09.1984 - VI R 48/82, BStBl II 1985, 117, Rn. 15 ff. 782 Siehe statt aller Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 173 Rn. 17 AO. 783 Siehe etwa BFH v. 21.07.1989 - III R 303/84, BStBl II 1989, 960 Rn. 15, Rn. 17 m.w.N.; BFH v. 03.02.1983 - IV R 153/80, BStBl II 1983, 324, Rn. 25; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 275 AO; Grube, JBFfSt. 1983/1984, 37, 51. 784 Eine allgemeine Rechtspflicht sich fachkundigen Rat einzuholen bestehe nicht, so BFH v. 23.01.2001 - XI R 42/00, BStBl II 2001, 379, Rn. 19; BFH v. 21.07.1989 - III R

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Irrtum über die Rechtslage, ist dies grundsätzlich nicht als grob fahrläs­ sig anzusehen.785 So hat es der Bundesfinanzhof etwa bei einem nicht beratenen Steuerpflichtigen nicht als grob fahrlässig angsehen, dass die­ ser die Stellung des Antrags auf Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen rechtsirrtümlich unterlassen hat.786 Wird der Steuerpflich­ tige jedoch durch einen Steuerberater vertreten, wird ihm dessen Ver­ schulden wie Eigenes zugerechnet.787 Hierbei sind bei der Ermittlung der gewöhnlichen Sorgfalt die persönlichen Fähigkeiten des Beraters aus­ schlaggebend, von dem die Kenntnis und richtige Anwendung steuerli­ cher Normen erwartet werden kann.788 Bei steuerlich beratenen Steuer­ pflichtigen wird somit im Regelfall von einer groben Fahrlässigkeit aus­ zugehen sein.789 Ist nach diesen Grundsätzen eine Durchbrechung der Bestandskraft nach § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO möglich, muss die Finanzbehörde ein zwi­ schenzeitlich ausgeübtes, aufgrund der Bestandskraft bisher allerdings verfahrensrechtlich noch nicht berücksichtigtes Wahl- oder Antrags­ recht bei Erlass des Änderungsbescheides steuermindernd bzw. -erhö­ hend einbeziehen.790 Die Bestandskraft als zeitliche Grenze der Wahloder Antragsausübung ist für diese Fälle aufgrund der Regelung des § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO durchbrochen. (4) Korrektur wegen Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ermöglicht eine Änderung oder Aufhebung von bestandskräftigen Steuerbescheiden, sofern ein Ereignis mit steuerli­ cher Rückwirkung eintritt. Ereignis im Sinne der Norm ist jeder recht­ lich relevante Vorgang, dies sind sowohl solche mit lediglich rechtlichem Bezug als auch tatsächliche Lebensvorgänge.791 Nachträglich eingetre­ 303/84, BStBl II 1989, 960, Rn. 17; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 283 AO; Grube, JBFfSt. 1983, 37, 54. 785 BFH v. 10.08.1988 - IX R 219/84, BStBl II 1989, 191, Rn. 21; BFH v. 23.01.2001 - XI R 42/00, BStBl II 2001, 379, Rn. 12. 786 BFH v. 21.07.1989 - III R 303/84, BStBl II 1989, 960, Rn. 17. 787 BFH v. 03.02.1983 - IV R 153/80, BStBl II 1983, 324, Rn. 14 ff.; v. Groll in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 283 AO; Grube, JBFfSt. 1983/1984, 37, 57. 788 BFH v. 03.02.1983 - IV R 153/80, BStBl II 1983, 324, Rn. 29. 789 Dies dürfe aber nicht dazu führen, ohne jegliche Prüfung das Verschulden zu beja­ hen. So v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 283 AO. 790 Die anderslautende Rechtsprechung aus BFH v. 08.07.1983 - VI R 96/81, juris, Rn. 9 ff. hat der 6. Senat kurz darauf wieder aufgegeben; hierzu BFH v. 28.09.1984 - VI R 48/82, BStBl II 1985, 117, Rn. 19; BFH v. 21.07.1989 - III R 303/84, BStBl II 1989, 960, Rn. 10 ff. 791 BFH Großer Senat v. 19.07.1993 - GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, Rn. 57; BFH v. 26.01.2006 - VI R 2/03, BFH/NV 2006, 1045, Rn. 8; Loose in: Tipke/Kruse, AO,

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

ten ist ein Ereignis, wenn es weder bei Erlass des ursprünglichen Beschei­ des noch zur Zeit einer eventuellen Einspruchsentscheidung vorgelegen hat.792 Eine steuerliche Rückwirkung tritt ein, wenn das Ereignis anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhaltes tritt und somit an dessen Stelle der Besteuerung zu unterwerfen ist.793 Ob die durch das Ereignis ausgelöste steuerliche Wirkung rückwirkend ist, muss dem materiellen Recht, d.h. den besonderen Steuergesetzen entnommen werden.794 Folge dieser steu­ erlichen Rückwirkung muss es jedenfalls sein, dass durch die eingetrete­ nen Veränderungen die ursprüngliche Steuerfestsetzung falsch ist und somit ein rechtswidriger Zustand geschaffen wurde, der durch eine Kor­ rektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO aufgelöst werden muss.795 Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der überwiegenden Ansicht in der Literatur sollen diese Voraussetzungen durch die Aus­ übung eines steuerlichen Wahl- oder Antragsrechtes grundsätzlich nicht erfüllt sein.796 Ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung bestehe nur dann, wenn es ein Bedürfnis dafür gäbe, eine schon bestandskräftig ge­ wordene Regelung nachträglich anzupassen. Ein solches Bedürfnis sei alleine aufgrund der Ausübung eines steuerlichen Wahl- oder Antrags­ rechtes nicht anzunehmen.797 FGO, § 175 Rn. 26 AO; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 251 ff. AO. 792 BFH Großer Senat v. 19.07.1993 - GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, Rn. 58; BFH v. 06.03.2003 - XI R 13/02, BStBl II 2003, 554, Rn. 10; mit überzeugender Herleitung v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 270 ff. AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 23 AO. 793 BFH Großer Senat v. 19.07.1993 - GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, Rn. 59; BFH v. 13.09.2000 - X R 148/97, BStBl II 2001, 641, Rn. 28; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 26 AO; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 280 AO. 794 Siehe hierzu BT-Drucksache 6/1982, 155; BFH Großer Senat v. 19.07.1993 - GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, Rn. 61; BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 13; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 27 AO; v. Groll in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 280 AO. 795 Nur dann ergebe sich das in BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 12 geforderte Bedürfnis, eine bestandskräftige Regelung an die Sachverhaltsge­ staltung anzupassen; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 280 f. AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 50 AO; ders., AO-StB 2012, 150, 152. 796 BFH v. 05.05.2011 - V R 39/10, BFH/NV 2011, 1474, Rn. 21; BFH v. 14.05.2009 - IV R 6/07, BFH/NV 2009, 1989, Rn. 24; BFH v. 21.04.1988 - IV R 215/85, BStBl II 1988, 863, Rn. 20; v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 152; ders. in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 50 AO; Frotscher in: Schwarz/Pahlke, AO, § 175 Rn. 68, Rn. 68d AO; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 172-177 Rn. 126 AO. 797 BFH v. 12.05.2015 - VIII R 14/13, BStBl II 2005, 806, Rn. 23; BFH v. 28.11.2002 - V R 54/00, BStBl II 2003, 175, Rn. 15; BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 12.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Etwas Anderes soll allenfalls dann gelten, wenn der Antrag ausnahms­ weise keine bloße Verfahrenshandlung,798 sondern Merkmal des gesetz­ lichen Tatbestandes sei.799 Als ein solches gesetzliches Tatbestands­ merkmal wirke der Antrag ausnahmsweise unmittelbar rechtsgestaltend und nachträglich auf die Steuerschuld ein, indem er beispielsweise den Rechtscharakter von Aufwendungen abändert oder eine Verlagerung ei­ nes Freibetrages auf eine andere Person bewirkt und hierdurch den nach § 38 AO bereits entstandenen Steueranspruch verändert.800 Die für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erforderliche Rückwirkung ergebe sich in diesen Fällen beispielsweise daraus, dass die ebenfalls er­ forderliche Zustimmung von dem Antrag untrennbar sei und typischer­ weise erst nachträglich erteilt werde. Eine Antragstellung vor Erteilung der Zustimmung sei dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten.801 Gegen diese herrschende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur stel­ len sich Kruse802 und Loose.803 Nach deren Ansicht stellt sich die Aus­ übung des Wahlrechtes als eine rückwirkende Änderung der materi­ ell-rechtlichen Lage dar, sodass diese als rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anzusehen ist. Zwar sei eine Ausübung von Wahl- oder Antragsrechten keine neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 AO, durch die rückwirkende Änderung der Rechtslage sei gleichwohl ein 798 BFH v. 21.04.1988 - IV R 215/85, BStBl II 1988, 863, Rn. 20. 799 So etwa entschieden für das Ehegattenwahlrecht aus § 26 AO, BFH v. 03.03.2005 - III R 22/02, BStBl II 2005, 690, Rn. 22; BFH v. 10.10.1996 - III R 94/93, BFHE 181, 458, Rn. 17 für den Antrag nach § 32 Abs. 6 S. 4 EStG 1987. Das hierin noch enthaltene und die Entscheidung maßgeblich stützende Zustimmungserfordernis ist aus der heutigen Fassung des Antragsrechtes in § 32 Abs. 6 S. 6 EStG jedoch gestrichen worden; BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 11 für den Antrag nach § 23 Abs. 1 S. 2 GrEStG; sowie BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 16 zum Antrag auf Abzug der Unterhaltsleistungen in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1979, heute normiert in § 10 Abs. 1a S. 1 Nr. 1 EStG; für die Literatur siehe etwa v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 152; ders. in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 50 AO; ders. in: Bartone/v. Wedelstädt, Korrektur von Steuerverwaltungsak­ ten, Rn. 79; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 345 ff. AO; Koenig in: Koenig, AO, § 175 Rn. 46 AO. 800 BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 17 f.; BFH v. 10.10.1996 - III R 94/93, BFHE 181, 458, Rn. 17; BFH v. 03.03.2005 - III R 22/02, BStBl II 2005, 690, Rn. 22; Lehnert in: Hey/Lehnert, Aufhebung und Änderung von Steuerverwal­ tungsakten, Rn. 977. 801 BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 19 f.; BFH v. 10.10.1996 - III R 94/93, BFHE 181, 458, Rn. 18 f.; anders hingegen die Begründung im Urteil BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 13. In dieser Entscheidung wird die Komplexität der rechtlichen Lage in den Vordergrund gestellt. Diese mache es zur Erreichung des Gesetzeszwecks - der Möglichkeit, die für den Steuerpflichtigen günstigere Rechtslage anzuwenden - erforderlich, den Antrag auch noch nach Ein­ tritt der Bestandskraft zu ermöglichen. 802 Kruse, FS Tipke, 277, 292 in Fn. 84; ders. in: Tipke/Kruse, AO, FGO (Stand 66. EGL Juli 1992), § 175 Rn. 12 AO. 803 Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 39a f. AO.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO gegeben.804 Somit stelle alleine die Ausübung eines unbefristeten Wahl- oder Antragsrech­ tes eine Grundlage für eine Änderung des Steuerbescheides nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO und damit für eine Durchbrechung einer etwaig be­ stehenden Bestandskraft dar. (5) Besondere Korrekturvorschriften Eine besondere Korrekturvorschrift enthält § 10d Abs. 1 S. 3, S. 4 EStG.805 Durch diese Regelung kann die Bestandskraft des Bescheides aus dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum insoweit durchbrochen werden, wie die Steuerschuld durch die nachträgliche Berücksichtigung des Ver­ lustabzugs gemindert wird.806 Nach der Rechtsprechung einiger Finanzgerichte führt diese Regelung dazu, dass die Ausübung des Wahlrechtes aus § 10d Abs. 1 S. 5 EStG zeit­ lich nicht durch die formelle Bestandskraft des Steuerbescheides des Ver­ lustrücktragsjahres begrenzt wird, sondern erst durch die Bestandskraft des Bescheides aus dem Verlustentstehungsjahr.807 Der Bundesfinanzhof widerspricht dieser Rechtsprechung der Finanzgerichte und hält eine Ausübung nur bis zum Eintritt der Bestandskraft der Abzugsveranlagung für möglich.808 Aus § 10d Abs. 1 S. 3, S. 4 EStG sei nicht abzuleiten, dass der Antrag bis zur Festsetzungsverjährung des Verlustentstehungsjahres jederzeit ausgeübt werden könne. Die Norm beziehe sich nicht auf den dazugehörigen Antrag, sondern lediglich auf den Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 S. 1 EStG.809 ee) Berücksichtigung einer Wahlrechtsausübung nach § 177 AO bei Änderung oder Aufhebung des Bescheides aufgrund von ­Korrekturvorschriften Wird ein Wahl- oder Antragsrecht zu einem Zeitpunkt ausgeübt, zu dem der Bescheid formell bereits bestandskräftig ist, kann die Ausübung ver­ fahrensrechtlich grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden, sofern man nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen einer Korrekturvor­ 804 So auch Grube, JBFfSt. 1983/1984, 37, 46. 805 Ständige Rechtsprechung, siehe etwa BFH v. 06.06.2000 - VII R 104/98, BStBl II 2000, 491, Rn. 32 m.w.N. Weitere Korrekturvorschriften außerhalb der AO finden sich beispielsweise in § 17 UStG oder § 16 GrEStG. 806 Zum Inhalt des § 10d Abs. 1 S. 2, S. 3 EStG etwa Schlenker in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 10d Rn. 110 ff. EStG. 807 FG Köln v. 30.01.2001 - 13 K 6855/00, EFG 2001, 841, Rn. 33, Rn. 41; dem folgend das FG Niedersachsen v. 25.10.2006 - 3 K 28/06, EFG 2007, 401, Rn. 14, Rn. 16 ff. 808 BFH v. 17.09.2008 - IX R 72/06, BStBl II 2009, 639, Rn. 18 ff.; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 10d Rn. 28 EStG; Hallerbach in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 10d Rn. 90 EStG. 809 BFH v. 17.09.2008 - IX R 72/06, BStBl II 2009, 639, Rn. 20.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

schrift als erfüllt ansieht. Kommt es im Anschluss an diese Ausübung allerdings aus anderen Gründen zu einer Änderung des Erstbescheides aufgrund einer Korrekturvorschrift der §§ 172 ff. AO, müssen in dem durch die Änderung eröffneten Rahmen810 materielle Fehler von Amts wegen zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen saldiert wer­ den, § 177 Abs. 1, Abs. 2 AO. Ein materieller Fehler liegt nach § 177 Abs. 3 AO vor, wenn der Steuer­ bescheid objektiv unrichtig ist.811 Hierbei soll es nicht darauf ankom­ men, dass der Fehler bereits Gegenstand der früheren Steuerfestsetzung gewesen ist, sondern allein darauf, dass ein materieller, nicht eigenstän­ dig korrigierbarer Fehler zur Zeit der Änderung bzw. Aufhebung vorliegt. Es genüge folglich, dass der Fehler „in der Zwischenzeit“ eingetreten ist und es ohne eine Kompensation zu einer Steuerfestsetzung käme, die von der gesetzlichen entstandenen Steuer abweicht.812 Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs und der herrschenden Meinung in der Literatur liegt ein materieller Fehler im Sinne von § 177 Abs. 3 AO vor, wenn der Steuerpflichtige in dem Zeitraum zwischen dem Eintritt der Bestandskraft und der Änderung ein Wahl- oder Antragsrecht ausübt, welches nicht durch eine eigenständige Korrektur verfahrensrechtlich berücksichtigt werden kann.813 Hierdurch werde der erfasste Sachverhalt rückwirkend unrichtig und eine Berichtigung dieses Fehlers erfor­ derlich.814 Die Bestandskraft des Steuerbescheides hindert somit nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur die verfahrensrechtliche Be­ rücksichtigung einer Wahl- oder Antragsausübung nicht, sofern es im 810 Siehe hierzu etwa die Ausführungen von Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 177 Rn. 7 ff. AO. 811 Siehe § 177 Abs. 3 AO sowie AEAO zu § 177, Nr. 1 S. 1. Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 177 Rn. 4 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 177 Rn. 13 AO. 812 BFH v. 11.07.2007 - I R 96/04, BFH/NV 2008, 6, Rn. 21; BFH v. 03.03.2011 - IV R 35/09, BFH/NV 2011, 2045, Rn. 22; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 177 Rn. 4a AO; Koenig in: Koenig, AO, § 177 Rn. 17 AO. 813 BFH v. 03.03.2011 - IV R 35/09, BFH/NV 2011, 2045, Rn. 22; FG Münster v. 24.04.2013 - 7 K 2342/11 E, EFG 2014, 287, Rn. 17; Urteil aufgehoben durch BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278. Der BFH lehnt jedoch hier nicht die Anwendung des § 177 Abs. 3 AO auf die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten generell ab. Vielmehr sieht er hier eine erneute Ausübung nach Ergehen eines ­Änderungsbescheides als gegeben an, wodurch ein Abstellen auf § 177 Abs. 3 AO für ihn entbehrlich war, siehe hierzu Rn. 12 des Urteils; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 177 Rn. 4a AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 177 Rn. 17 AO; a.A. v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 177 Rn. 132 f. AO, der „nachträglich produzierte Rechtsfehler“ aus dem Anwendungsbereich des § 177 AO ausklammern möchte; zum Streit um die Reichweite des § 177 AO a.F., in dem lediglich von „Rechtsfehlern“ die Rede war, Kulla, DStZ 1980, 51 für die weite Auslegung des Begriffes; sowie Struller, DStZ/A 1979, 112 für die enge Aus­ legung. 814 Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 177 Rn. 4a AO.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

Anschluss hieran zu einer Korrektur aufgrund der §§ 172 ff. AO kommt und sich die Wirkung der Ausübung innerhalb des hierdurch eröffneten Korrekturrahmens hält. ff) Ausübung bilanzieller Wahlrechte (1) Allgemeines Ein weiterer Sonderfall ergibt sich bei der Ausübung von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten. Bei diesen ist die Bestandskraft als zeitliche Grenze für die Ausübung zwar grundsätzlich zu beachten, in der Praxis kommt diese Grenze allerdings kaum zum Tragen. Dies resultiert da­ raus, dass mit Einreichung einer Bilanz die Wahl- oder Antragsrechte ent­ weder positiv durch den Steuerpflichtigen ausgeübt wurden oder zumin­ dest konkludent der gesetzliche Regelfall als gewählt angesehen wird.815 Eine Bilanzerstellung und -einreichung wird kaum nach Eintritt der Be­ standskraft erfolgen, sodass die zeitliche Grenze kein Problem der erst­ maligen Ausübung von Bilanzierungswahlrechten, sondern allenfalls ein Problem einer etwaigen Änderung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes durch Bilanzberichtigung bzw. -änderung nach § 4 Abs. 2 EStG ist.816 (2) Nachträgliche Entstehung der Wahlmöglichkeit Problematisch kann jedoch auch die erstmalige Ausübung bilanzieller Wahl- und Antragsrechte werden, wenn die Voraussetzungen für deren Ausübung – zumindest aus Sicht des ausübungsberechtigten Steuer­ pflichtigen – noch nicht vorgelegen haben. In diesem Fall kann in dem Bilanzansatz zumindest dann keine konkludente Nichtausübung des Wahl- und Antragsrechtes gesehen werden, wenn die Nichtausübung keine Folge fahrlässigen Verhaltens des Steuerpflichtigen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist in diesen Fällen der Anwendungsbereich von § 4 Abs. 2 S. 2 EStG nicht eröffnet, sodass der Steuerpflichtige das Wahl- und Antragsrecht ohne Einhaltung der ein­ schränkenden Voraussetzungen der Bilanzänderung nach Bilanzeinrei­ chung ausüben kann.817 Grund hierfür ist nach Ansicht Knobbes, dass 815 Siehe hierzu etwa das Urteil des BFH v. 21.01.1992 - VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958, Rn. 15; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 460 EStG. Zur konkludenten Ausübung von Bilanzierungswahlrechten durch die Bi­ lanzerstellung siehe auch oben unter III.3. 816 Siehe hierzu im 3. Teil II.4.c). 817 BFH v. 25.01.2006 - IV R 14/04, BStBl II 2006, 418, Rn. 28; BFH v. 27.09.2006 - IV R 7/06, BStBl II 2008, 600, Rn. 12; BFH v. 11.06.2010 - IV S 1/10, BFH/NV 2010, 1851, Rn. 16; BFH v. 12.09.2006 - I B 169/05, BFH/NV 2007, 48, Rn. 20; ähnlich Kanzler, FR 1999, 833, 836 für eine Bilanzänderung vor Durchführung der Veran­ lagung oder während eines bestehenden Vorbehalts der Nachprüfung; a.A. Roser,

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

durch die fehlende Berücksichtigung bereits vorliegender Tatsachen am Bilanzstichtag oder aufgrund rechtsirrtümlicher Nichtausübung eines Wahlrechtes trotz bekannter Umstände die Bilanz fehlerhaft sei,818 so­ dass es sich um eine Bilanzberichtigung und nicht um eine Bilanzände­ rung handeln müsste. Stapperfend819 folgt dieser Rechtsprechung zwar im Ergebnis, hält jedoch die Begründung des BGH für nicht schlüssig. Sofern die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes bei Bilanzerstellung nicht vorlagen, würde die spätere Erfüllung der Voraussetzungen nicht zur Fehlerhaftigkeit der Bilanz führen, sodass der Anwendungsbereich der Bilanzänderung auch bei nachträglicher Entstehung der Wahlmög­ lichkeit eröffnet wäre. Erforderlich sei vielmehr eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG, da die Nichtberücksichtigung der nachträglich entstan­ denen Wahlrechtsmöglichkeit zu einem Widerspruch in der Rechtsord­ nung führen würde. In diesen Fällen würde die Regelung des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG ansonsten dazu führen, dass dem Steuerpflichtigen die Wahl­ rechtsausübung niemals offen gestanden hat. Zweck der Wahl- oder An­ tragsrechte sei aber gerade, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einer steuerlichen Gestaltung durch die Ausübung der entsprechenden Rechte zu ermöglichen. Eine Auslegung des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG, nach der bei nachträglicher Entstehung der Wahlmöglichkeit eine Ausübung von den einschränkenden Voraussetzungen der Bilanzänderung abhängig wäre, stünde zu der das Wahl- oder Antragsrecht einräumenden Norm somit in einem Widerspruch.820 Auch wenn Stapperfend zuzustimmen ist, dass eine Ausklammerung dieses Falles aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG ohne Weiteres wohl kaum möglich ist und somit eine verfassungskonforme Auslegung der Norm wohl die vorzugswürdige Begründung für die FR 1999, 837, 840, der aus § 177 AO die Möglichkeit zur Saldierung ableiten will, weshalb die Wahlrechtsausübung als passive Reaktion auf geänderte Umstände nicht der Bilanzänderung unterfallen soll; ablehnend in Bezug auf beide Ansätze Eisgruber/Schallmoser, DStR 1999, 1936, 1937; siehe hierzu auch R 4.4 Abs. 2 S. 3 EStR 2017. 818 Knobbe in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1269.2 EStG. 819 Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 358 EStG. 820 Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 358 EStG. Auch nach dieser Ansicht gelte dies jedoch nicht im Falle fahrlässigen Verhaltens des Steuerpflichtigen, da eine zeitliche Begrenzung der Ausübung keinen solchen un­ haltbaren Widerspruch in der Rechtsordnung mit sich bringt. Dem Steuerpflichti­ gen hätte bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt zumindest zwischenzeitlich die Möglichkeit zur Ausübung offen gestanden. Zum Grundsatz der Widerspruchs­ freiheit im Steuerrecht BVerfG v. 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106, Rn. 57 f.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

Nichtanwendung der Bilanzänderungsvoraussetzungen darstellen dürfte, bedarf dieser Streit keiner Entscheidung.821 Es ist mit beiden vertretenen Ansichten anzuerkennen, dass die Ausübung von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten im Falle der nachträglichen Entstehung der Wahlmög­ lichkeit nicht den einschränkenden Voraussetzungen der Bilanzände­ rung unterfallen kann und diese somit jedenfalls bis zur allgemeinen Grenze der Bestandskraft zulässig sein muss. d) Möglichkeit der verfahrensrechtlichen Berücksichtigung eines rechtzeitig ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes nach Eintritt der formellen Bestandskraft Problematisch ist, wie die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes ver­ fahrensrechtlich Berücksichtigung finden kann, wenn die Ausübung zwar vor Eintritt der Bestandskraft vorgenommen wurde, verfahrens­ rechtlich jedoch noch nicht umgesetzt wurde. Dieses Problem resultiert daraus, dass alleine die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes nicht verhindern kann, dass mit Ablauf der Rechtsmittelfrist die Bestandskraft eintritt.822 Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs kann die verfahrensrechtliche Be­ rücksichtigung nicht durch eine unmittelbare Anwendung der Korrek­ turvorschrift des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfolgen. Diese setze den Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses nach Eintritt der Bestandskraft voraus823 und verlange zudem, dass der zu ändernde Bescheid rechtswid­ rig gewesen ist. Beides sei aber nicht der Fall, wenn ein Wahl- oder An­ tragsrecht nach Erlass des Bescheides, jedoch vor Eintritt der Bestands­ kraft ausgeübt wird.824 Um einer materiell zulässigen Ausübung dennoch formell Geltung zu verschaffen, wendet der Bundesfinanzhof § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ent­ sprechend an.825 Der dieser Norm zugrunde liegende Rechtsgedanke – die Durchbrechung der Bestandskraft durch rückwirkende Ereignisse mit steuerlicher Wirkung – verlange auch, dass die rechtliche Wirkung eines vor Eintritt der Bestandskraft eingetretenen rückwirkenden Ereignisses 821 Ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit den beiden Begründungsansätzen die Unanwendbarkeit annehmend Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1028 EStG. 822 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 20. 823 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 20; anderenfalls kommt lediglich eine „sinngemäße“ Anwendung der Norm in Betracht, BFH v. ­ 19.08.2003 - VIII R 67/02, BStBl II 2004, 107, Rn. 18; v. Groll in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 273 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 23 AO; a.A. v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 47 ff. AO m.w.N. für diese Ansicht. 824 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 20. 825 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 21.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

nicht durch die Bestandskraft aufgehoben werden dürfe.826 Dies entspre­ che dem aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Grundsatz der rechtsschutz­ gewährenden Anwendung und Auslegung von Verfahrensvorschriften.827 In dieser Sache weicht der Bundesfinanzhof von dem Urteil des Finanz­ gerichts Düsseldorf in der Vorinstanz ab, in dem die verfahrensrechtliche Umsetzung noch in direkter Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO vorgenommen wurde.828 Diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur entsprechenden An­ wendung von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist in der Literatur teilweise auf Kritik gestoßen. Nach dieser ablehnenden Ansicht ist in Übereinstim­ mung mit dem FG Düsseldorf in der Vorinstanz eine direkte Anwendung der Norm vorzugswürdig.829 Grundlage hierfür ist, dass als Bezugspunkt des nachträglichen Eintritts des Ereignisses der Erlasszeitpunkt des Be­ scheides anzusehen sei.830 Der Eintritt der Bestandskraft solle nur für die Frage Relevanz erlangen, wann die Korrektur nach §§ 172 ff. AO vorge­ nommen werde, nicht hingegen für den Anlass der Änderung.831 Nur so könne verhindert werden, dass ein änderungsfreier Zeitraum zwischen Erlass des Bescheides und Eintritt der Bestandskraft entsteht.832 Auch an der Rechtswidrigkeit des Bescheides scheitere es in diesem Fall nicht, da die verfahrensrechtliche Nichtberücksichtigung eines zeitlich wirk­ sam – da vor Eintritt der Bestandskraft – ausgeübten Wahl- und Antrags­ rechtes die Rechtswidrigkeit der Besteuerungsfestsetzung zur Folge ha­ be.833 Sofern Frotscher die Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht nur in der Begründung, sondern auch in der Rechtsfolge, d.h. in der Berücksichti­ gung der Wahlrechtsausübung ablehnt,834 verkennt er hierbei grundle­ gend den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt. Seine Kritik an der Durchbrechung der Bestandskraft endet mit der Erkenntnis, die Unanwendbarkeit der Korrekturvorschriften solle den Steuerpflichtigen zu einer rechtzeitigen, d.h. bis zum Eintritt der Bestandskraft erfolgen­ 826 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 21. 827 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 21; zum Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung siehe etwa BFH v. 11.12.1992 - VI R 162/88, BStBl II 1993, 306, Rn. 7; sowie BFH v. 23.01.1997 - IV R 84/95, BStBl II 1997, 462, Rn. 11 m.w.N. 828 FG Düsseldorf v. 19.02.1999 - 1 K 4780/96 E, juris, Rn. 31 ff. 829 FG Düsseldorf v. 19.02.1999 - 1 K 4780/96 E, juris, Rn. 31 ff.; v. Wedelstädt, AOStB 2012, 150, 153; ders. in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 47.2, Rn. 50.1 f. AO. 830 FG Düsseldorf v. 19.02.1999 - 1 K 4780/96 E, juris, Rn. 32; v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 153; ders. in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 47.2 AO. 831 v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 47.2 AO. 832 v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 47.2 AO. 833 v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 153. Näher hierzu unter c)dd)(1). 834 Frotscher in: Schwarz/Pahlke, AO, § 175 Rn. 68a AO.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

den Wahlrechtsausübung anhalten.835 Diese Kritik ist jedoch nicht halt­ bar, wenn man sich vor Augen führt, dass in dem vom Bundesfinanzhof zu entscheidenden Fall die Ausübung ja gerade vor dem Eintritt der Be­ standskraft, und somit – auch in seinem Verständnis – rechtzeitig, erfolgt ist. Für Zwecke der hier relevanten Wahl- und Antragsrechte ergibt sich nach beiden Ansichten die Möglichkeit, dass vor Eintritt der Bestands­ kraft ausgeübte Wahl- oder Antragsrechte nach Eintritt der Bestandskraft verfahrensrechtlich nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO (analog) umgesetzt werden können.836 Eine Entscheidung dahingehend, welchen Bezugs­ punkt die Frage des nachträglichen Eintritt des Ereignisses haben muss, ist somit für Zwecke dieser Arbeit entbehrlich. 4. Stellungnahme: Grundsatz des unbeschränkten Ausübungszeitraums a) Ausübung im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor den Finanzgerichten An der Zulässigkeit der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten inner­ halb des Verwaltungsverfahrens inklusive des Einspruchsverfahrens kann es keine ernsthaften Zweifel geben. Das Verwaltungsverfahren dient der Ausforschung des zu besteuernden Sachverhalts, die hierdurch ge­ wonnenen Erkenntnisse sind zwangsläufig bei der darauffolgenden Be­ steuerungsfestsetzung zu berücksichtigen. Dies muss auch bei Kenntnis­ erlangung der Finanzbehörden von einer Wahl- oder Antragsausübung gelten. In Bezug auf die Zulässigkeit einer Ausübung von steuerlichen Wahlund Antragsrechten bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft, d.h. auch noch während des finanz- oder revisionsgerichtlichen Verfahrens, ist – trotz aller Kritik – der herrschenden Meinung der Vorzug zu geben, eine Ausübung somit auch noch in diesem Zeitraum möglich. Hierfür spricht insbesondere die Existenz der gesetzlich befristeten Wahl- und Antragsrechte, die als Fristende den Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit, d.h. ebenfalls den Zeitpunkt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung vor­ sehen. Solche befristeten Wahlrechte können noch während des Revisi­ onsverfahrens und damit erst recht auch während des finanzgerichtli­ chen Verfahrens geltend gemacht werden. Wenn jedoch selbst befristete Wahlrechte bis zum Ende des Revisionsverfahrens ausgeübt werden kön­ 835 Frotscher in: Schwarz/Pahlke, AO, § 175 Rn. 68a AO. 836 Etwas fernliegend erscheint hingegen der im Urteil des FG Schleswig-Holstein v. 02.10.2003 - 5 K 394/02, EFG 2004, 349 in Rn. 20 gemachte Vorschlag, dem Wahl­ recht selbst eine ungeschriebene verfahrensrechtliche Befugnis zur Änderung zu­ zugestehen.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

nen, wäre es systemwidrig, wenn die von Gesetzes wegen unbefristeten Wahl- und Antragsrechte nur innerhalb eines engeren Zeitraumes, etwa bis zum Ende des finanzgerichtlichen Verfahrens oder sogar nur bis zum Ende des Einspruchsverfahrens, ausgeübt werden könnten. In Überein­ stimmung mit der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der herrschenden Ansicht in der Literatur ist somit die Ausübung von unbe­ fristeten Wahl- und Antragsrechten zumindest bis zum Ende des Revisi­ onsverfahrens zulässig. b) Ausübung nach Eintritt der Bestandskraft aa) Fehlen einer materiellen Befristung Es ist jedoch darüber hinaus äußerst fraglich, ob die von Rechtsprechung und Literatur vorgenommene Beschränkung des Ausübungszeitraumes auf den Zeitpunkt des Eintritts der Bestandskraft mit den Wertungen der geltenden Steuergesetze vereinbar ist. Die Existenz von ausdrücklich bis zur Bestandskraft befristeten Wahl- und Antragsrechten auf der einen und von unbefristeten Wahl- und Antragsrechten auf der anderen Seite lässt vermuten, dass der Steuerpflichtige unbefristete Wahl- und An­ tragsrechte materiell-rechtlich unbegrenzt ausüben kann.837 Eine endgül­ tige zeitliche Grenze kann nicht wie bei einigen befristeten Wahl- und Antragsrechten der Zeitpunkt der Bestandskraft sein, da es anderenfalls keiner Kodifizierung dieser Befristungen bedurft hätte. Dies erkennen auch der Bundesfinanzhof sowie Vertreter der herrschenden Ansicht in der Literatur teilweise an.838 bb) Verwirklichung des Tatbestandes von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO durch die nachträgliche Ausübung von Wahl- und Antragsrechten Vor Eintritt der Bestandskraft ist es ohne Weiteres möglich, die Aus­ übung von Wahl- und Antragsrechten verfahrensrechtlich zu berücksich­ tigen. Nach Eintritt der Bestandskraft bedarf es zur verfahrensrechtli­ chen Umsetzung des Eingreifens einer Korrekturnorm der §§ 172 ff. AO, um den Steuerbescheid trotz der bereits eingetretenen Bestandskraft an die veränderte Wahl- oder Antragsausübung anpassen zu können. Diese Korrektur hat richtigerweise – von der ausnahmsweisen Anwendbarkeit

837 So auch der Bundesfinanzhof, dazu die Belege in Fn. 671. 838 So der BFH für das Wahlrecht des § 32d Abs. 6 EStG, BFH v. 12.05.2015 - VIII R 14/13, BStBl II 2005, 806, Rn. 10: „Danach handelt es sich bei dem Antrag […] um ein unbefristetes Wahlrecht, das bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung aus­ geübt werden kann“; ähnlich BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 13 für den Antrag nach § 23 Abs. 1 S. 2 GrEStG 1983; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 123; siehe auch v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 60 AO.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

des § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO abgesehen839 – in direkter Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu erfolgen.840 (1) Ausübung als rückwirkendes Ereignis Das hierfür notwendige Ereignis ist in jedem rechtlich relevanten Vor­ gang zu sehen. Gemeint sind hiermit sowohl Vorgänge mit rechtlichem Bezug, als auch tatsächliche Lebensvorgänge,841 insgesamt also alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestandes sein kann.842 Vereinzelt erkennen auch der Bundesfinanzhof und die herrschende An­ sicht in der Literatur an, dass die Ausübung von Wahl- und Antragsrech­ ten keine reine Verfahrenshandlung, sondern vielmehr Merkmal des ge­ setzlichen Tatbestandes und damit ein Ereignis im Sinne der Vorschrift ist.843 Überwiegend lagen diesen Fällen Wahl- und Antragsrechte zugrun­ de, bei denen der Antrag – wie etwa bei dem Wahlrecht des § 10 Abs. 1a) Nr. 1 EStG – mit Zustimmung einer dritten Person gestellt werden muss. Die Rechtsprechung sieht in diesen Fällen jedoch nicht die – unter Um­ ständen verspätete – Zustimmung des Dritten als das für § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erforderliche Ereignis an, sondern den Antrag selbst. Hierzu führt der Bundesfinanzhof aus, dass es sich bei dem Antrag mit Zustimmung des Empfängers um ein einheitliches Sachverhaltselement handele, welches nicht voneinander losgelöst betrachtet werden kön­ ne.844 Dies ist aus rechtlicher Sicht nicht überzeugend, da die Zustim­ mung lediglich für die Entfaltung der Wirkungen des Antrags erforderlich ist. Wenn der Bundesfinanzhof argumentiert, dass eine Antragstellung ohne vorherige Zustimmung für den Steuerpflichtigen aufgrund der Bin­ dung des Antrags unzumutbar sei,845 erkennt er damit selber an, dass die Verknüpfung von Antrag und Zustimmung nicht zwingend, sondern auch eine vorherige Antragstellung möglich ist. Wenn man dies dem Grunde nach anerkennt, es jedoch lediglich für unzumutbar hält den

839 Siehe hierzu 3.c)dd)(3). 840 So zumindest in Bezug auf bilanzielle Wahlrechte Kruse, FS Tipke, 277, 292 in Fn. 84; ders. in: Tipke/Kruse, AO, FGO (Stand 66. EGL Juli 1992), § 175 Rn. 12 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 39a f. AO; siehe auch Grube, JB­ FfSt. 1983, 37, 46. 841 BFH Großer Senat v. 19.07.1993 - GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, Rn. 57; BFH v. 26.01.2006 - VI R 2/03, BFH/NV 2006, 1045, Rn. 8; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 26 AO; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 251 ff. AO. 842 v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 251 AO. 843 Siehe hierzu die Ausführungen unter 3.c)dd)(4) und insbesondere auch die Belege in Fn. 799. 844 BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 21. 845 BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 23.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Steuerpflichtigen darauf zu verweisen, spricht dies gegen eine Einheit von Antrag und Zustimmung. Aus dem Argument der Unzumutbarkeit lässt sich auch eine Subsumti­ on als gesetzliches Tatbestandsmerkmal nicht herleiten. Anders als vom Bundesfinanzhof angenommen sind die entstehenden Nachteile nicht erheblich – und damit schon gar nicht unzumutbar. Stellt der Steuer­ pflichtige den Antrag ohne die Zustimmung des Empfängers, ist er hier­ durch noch nicht gebunden. Sofern die Zustimmung im Anschluss an die Antragstellung verweigert würde, liefe der Antrag vielmehr ins Leere, sodass er ohnehin keine Rechtswirkungen entfalten könnte. Sofern die Zustimmung erst nach Eintritt der Bestandskraft erteilt wird, wäre bereits das ein Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO, wo­ durch die Korrektur des Steuerbescheides möglich wäre. Warum man nun dem Steuerpflichtigen in diesen Fällen anders als bei allen anderen Wahl- und Antragsrechten zubilligen sollte, erst nach Erteilung der Zu­ stimmung seine Überlegungen dahin gehend anzustellen, ob er den An­ trag im Endeffekt stellen will, ist nicht ersichtlich. Es wäre vielmehr vor dem Hintergrund der Argumentation des Bundesfinanzhofs sachgerecht, wenn der Steuerpflichtige den Antrag bis zum Eintritt der Bestandskraft stellen müsste und er im Folgenden darauf verwiesen wäre abzuwarten, ob dieser durch die nachträgliche Zustimmung und eine darauf gestützte Korrektur auch seine gewünschte Wirkung entfaltet. Darüber hinaus stellt der Bundesfinanzhof darauf ab, dass die Zustim­ mung grundsätzlich erst nachträglich erteilt werde, da hierzu Überlegun­ gen erforderlich seien, die typischerweise erst nach Ende des Veranla­ gungszeitraums getroffen werden könnten. Dies resultiere daraus, dass einige Daten erst danach zugänglich und die Auswirkungen erst zu die­ sem Zeitpunkt absehbar wären.846 Dies könnte überzeugen, sofern hier­ durch die Zustimmung selbst als das rückwirkende Ereignis herausgear­ beitet werden sollte.847 Sofern allerdings die Einordnung des Antrags als rückwirkendes Ereignis begründet werden soll, überzeugt diese Argu­ mentation keineswegs, da sich das geschilderte Problem bei jedem Wahlund Antragsrecht ergibt. Bereits ihrem Wesen nach sind Wahl- und An­ tragsrechte Prognoseentscheidungen und die Ausübung somit genau von den Ungenauigkeiten geprägt, die der Bundesfinanzhof hier als Argument für eine Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO aufführt. Eine Un­ gleichbehandlung der nach Ansicht des Bundesfinanzhofs zu unterschei­ denden Konstellationen lässt sich auch mit diesem Aspekt jedoch in kei­ ner Weise rechtfertigen. 846 BFH v. 12.07.1989 - X R 8/84, BStBl II 1989, 957, Rn. 20. 847 Dies erkennt auch der BFH in seinem Urteil BFH v. 10.10.1996 - III R 94/93, BFHE 181, 458 in Rn. 19 an.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

In einer anderen Entscheidung zum Veranlagungswahlrecht der Ehegat­ ten fehlte es an dem Erfordernis der Zustimmung. Hier wurde vor Ein­ tritt der Bestandskraft des Steuerbescheides die Wahl von einem Ehegat­ ten geändert und die getrennte Veranlagung gewählt. Dies hatte nach Ansicht des Bundesfinanzhofs für den bereits bestandskräftigen Steuer­ bescheid des anderen Ehegatten zur Folge, dass eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO vorgenommen werden musste, da die Stellung des Antrags durch den anderen Ehegatten ein Ereignis im Sinne der Norm sei.848 Wenn man die allgemeine Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch auf diesen Fall anwenden wollte, würde dies zu dem Ergebnis füh­ ren, dass die Stellung des Antrags für den passiven Ehegatten ein rück­ wirkendes Ereignis darstellt, für den aktiven, d.h. antragsstellenden Ehe­ gatten hingegen nicht. Die rechtliche Beurteilung des Antrags kann jedoch nicht danach unterschieden werden, ob der steuerpflichtige Ehe­ gatte selbst oder der andere Ehegatte den Antrag gestellt hat. Vielmehr spricht diese Argumentation des Bundesfinanzhofs dafür, den Antrag stets als ein Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anzusehen. Es ist folglich nicht ersichtlich, was diese nach herrschender Ansicht „qualifizierten“ Anträge in ihrer Einordnung als Merkmal des gesetzli­ chen Tatbestandes von den „einfachen“ Anträgen, etwa für die Ausübung des Antragsrechtes des § 4g Abs. 1 S. 1 EStG, unterscheiden soll.849 In al­ len Fällen hängt die Anwendung der entsprechenden Rechtsnorm von der Stellung eines Antrages des Berechtigten gegenüber den Finanzbehör­ den ab.850 Ohne Antragstellung kann die entsprechende Norm nicht an­ gewendet werden, sodass es sich in beiden Fällen gleichermaßen um ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes und mithin um ein Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO handelt.851 Hierfür spricht zudem, dass auch außersteuerliche Willenserklärungen Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darstellen können. So ist beispielsweise die Ausübung eines Rücktrittsrechtes oder die Anfech­ tung der zivilrechtlichen Willenserklärung als Ereignis im Sinne der Vor­ 848 BFH v. 03.03.2005 - III R 22/02, BStBl II 2005, 690, Rn. 22 ff. 849 Die ebenso fehlende gesetzliche oder systematische Grundlage für eine Unter­ scheidung in Bezug auf die Bescheinigungen anprangernd v. Groll in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 262 AO. 850 Dies ist in der Entscheidung des BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 11 die grundlegende Überlegung zur Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auf den zu entscheidenden Fall. 851 So kann auch der BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 21 verstan­ den werden. Hier wendet er den Rechtsgedanken der Durchbrechung der Be­ standskraft durch ein (rückwirkendes) Ereignis auf Fälle der Wahlrechtsausübung an. Daraus lässt sich schließen, dass er die Wahlrechtsausübung als ein solches Ereignis ansieht, nur den Eintritt der Bestandskraft bei Ausübung noch nicht als gegeben angesehen hat.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

schrift anerkannt.852 Deren Berücksichtigung hängt im Folgenden ledig­ lich an der Regelung des § 41 Abs. 1 AO, nach der erst mit tatsächlicher Rückabwicklung des Vertrages die erforderlichen Rückwirkungen im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO eingetreten sind.853 Ereignis im Sin­ ne der Norm ist jedoch die Anfechtungs- bzw. Rücktrittserklärung selbst. Ein sachlicher Grund dafür, zivilrechtliche und steuerrechtliche Willens­ erklärungen wie die Wahl- oder Antragsausübung unterschiedlich zu be­ handeln, ist nicht ersichtlich. (2) Eintritt einer steuerlichen Rückwirkung Für die Frage der steuerlichen Rückwirkung soll es darauf ankommen, dass das Ereignis anstelle des bisher verwirklichten Sachverhaltes tritt und somit an dessen Stelle der Besteuerung zu unterwerfen ist, wodurch die bisherige Steuerfestsetzung falsch geworden ist.854 Diese steuerliche Rückwirkung ergibt sich in Bezug auf die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten bereits aus deren Wirkungsweise. Nach mittlerweile herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur wird durch die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes der nach § 38 AO entstandene Steueranspruch rückwirkend geändert.855 Wenn man dies wie der Bundesfinanzhof selbst anerkennt, bleibt für eine Ver­ sagung der steuerlichen Rückwirkung im Rahmen des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO kein Raum.856 (3) Rechtswidrigkeit des ergangenen Bescheides Selbst wenn man in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung die Rechtswidrigkeit des ergangenen Bescheides für die Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO verlangt,857 ist diese Voraussetzung durch die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten nach Eintritt der Bestandskraft

852 Zum Rücktrittsrecht siehe BFH v. 21.12.1993 - VIII R 69/88, BStBl II 1994, 648, Rn. 15 ff.; zur Anfechtung BFH v. 12.05.2016 - II R 39/14, BStBl II 2017, 63, Rn. 19 ff.; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 34 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 61, Rn. 66 AO; dies gilt für das Rücktrittsrecht unbe­ schadet des Umstands, dass es seine zivilrechtliche Wirkung lediglich für die Zu­ kunft entfaltet. Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 41 Rn. 101 AO. 853 Drüen in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 41 Rn. 44 AO; Schmieszek und v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, §§ 41 Rn. 56, 175 Rn. 61 AO. 854 Siehe hierzu die Ausführungen unter 3.c)dd)(4). 855 Siehe hierzu die Dissertation von Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, passim, sowie die überblicksartigen Ausführun­ gen im 1. Teil dieser Arbeit unter 2. 856 So auch Kruse, FS Tipke, 277, 292, dort insbesondere Fn. 84. 857 Siehe hierzu oben unter 3.c)dd)(1).

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

erfüllt.858 Der herrschenden Meinung ist insoweit Recht zu geben, dass ein Steuerbescheid nicht allein dadurch rechtswidrig wird, dass sich die getroffene Wahl im Nachhinein als unvorteilhaft herausstellt. Die Feh­ lerhaftigkeit entsteht jedoch in dem Moment, in dem ein Wahl- oder An­ tragsrecht erstmals wirksam ausgeübt wird, es verfahrensrechtlich aller­ dings keine Berücksichtigung gefunden hat.859 Für die Frage der Wirksamkeit der Ausübung muss hierbei nicht auf die verfahrensrechtliche, sondern auf die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Ausübung abgestellt werden. Hierfür spricht zunächst der Zweck der Regelung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO als eine allgemeine Korrektur­ vorschrift, die zur Sicherstellung der materiellen Rechtsrichtigkeit die Durchbrechung der Bestandskraft ermöglichen soll.860 Stellt man als Grundlage für die Durchbrechung auf die materielle Rechtsrichtigkeit ab, muss auch für die Frage der Wirksamkeit der Wahlrechtsausübung im Zusammenhang mit § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO die materielle Rechtslage entscheidend sein. Dafür spricht auch, dass die Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO ja gerade die verfahrensrechtliche Berücksichtigungsmöglichkeit für be­ stimmte Ereignisse herstellen sollen. Für deren Anwendung zu verlan­ gen, dass diese Ereignisse verfahrensrechtlich bereits Wirksamkeit ent­ falten konnten, ist nicht hinzunehmen, da die Vorschrift andernfalls ins Leere laufen würde. Mithin ist für die Frage der Rechtswidrigkeit einzig entscheidend, dass ein unbefristetes Wahl- oder Antragsrecht materiell-rechtlich unbegrenzt ausgeübt werden darf. Kann dessen Ausübung aufgrund der Bestands­ kraft des Bescheides nach deren Eintritt im Rahmen der Besteuerungs­ festsetzung nicht mehr berücksichtigt werden, wird der entsprechende Bescheid hierdurch rechtswidrig. Genau dies erkennt auch die herrschen­ de Meinung in Bezug auf die materielle Fehlerhaftigkeit im Sinne des § 177 Abs. 3 AO an, ein Grund dafür, dies im Rahmen der Rechtswidrig­ keit im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anders zu beurteilen, ist nicht ersichtlich. Letzten Endes kann somit kein Zweifel daran verbleiben, dass durch die nachträgliche Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes der Tatbestand der Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfüllt wird. Eine verfahrensrechtliche Berücksichtigung der Ausübung bleibt somit trotz eingetretener Bestandskraft weiterhin möglich. 858 So auch Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 74, S. 76. 859 So auch zum nachträglichen Wegfall des Antrags auf Erlass eines mitwirkungsbe­ dürftigen VA im allgemeinen Verwaltungsrecht Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rn. 66 VwVfG. 860 Siehe zum Zweck der §§ 172 ff. AO die Ausführungen unter 3.c)dd)(1).

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

cc) Kein Anhaltspunkt für eine teleologische Reduktion des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO Wenn teilweise vorgetragen wird, dass es an einem sachlichen Grund für die „Besserstellung“ des Steuerpflichtigen durch eine unbegrenzte Mög­ lichkeit zur Wahlrechtsausübung fehle,861 müsste dies – wenn man mit der hier vertretenen Ansicht den Tatbestand der Norm als erfüllt an­ sieht – durch eine teleologische Reduktion des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO verhindert werden. Durch diese könnte man die Ausübung von steuerli­ chen Wahl- und Antragsrechten aus dem Anwendungsbereich der Norm ausklammern. Meines Erachtens fehlt es jedoch an den Voraussetzungen für eine solche teleologische Reduktion der Vorschrift. Diese setzt vo­ raus, dass der Wortlaut der Norm Sachverhalte erfasst, die nach dem Wil­ len des Gesetzgebers nicht von der Norm erfasst sein sollen.862 Es muss also der abweichende wirkliche Wille des Gesetzgebers ermittelt werden und der zu weit gefasste Wortlaut aus diesem Grunde eingeschränkt wer­ den.863 Grundlage der Bestandskraft ist das Bedürfnis nach Rechtssicherheit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips.864 Der Begriff der Bestandskraft ist je­ doch – anders als der prozessrechtliche Begriff der Rechtskraft – nicht dadurch gekennzeichnet, dass der Verwaltungsakt endgültig bindend ge­ worden ist. Vielmehr schließt der Begriff der Bestandskraft gerade die Möglichkeit ein, dass der entsprechende Verwaltungsakt unter gewissen Voraussetzungen durch die Behörde zum Zwecke der Herstellung von Rechtsrichtigkeit865 noch korrigiert werden kann.866 Die Möglichkeit einer Durchbrechung ist der Bestandskraft somit imma­ nent und kann für sich alleine nicht auf den Willen des Gesetzgebers schließen lassen, die Korrekturvorschriften einschränkend anzuwen­ den.867 In seiner grundlegenden Entscheidung vom 30.08.2001 erkennt auch der Bundesfinanzhof an, dass „der materiell zulässigen Ausübung des Wahlrechtes auch formell Geltung zu verschaffen“ ist.868 Eine teleo­ logische Reduktion der Korrekturvorschriften um eine verfahrensrecht­ 861 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1421. 862 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, Rn. 902. 863 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, Rn. 903. 864 BVerfG v. 20.04.1982 - 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, Rn. 58; Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 21 Rn. 80; v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 281; Erichsen/Knoke, NVwZ 1983, 185, 188. 865 Siehe hierzu die Belege in Fn. 765. 866 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 283. 867 So muss man aber wohl die Vertreter der herrschenden Ansicht verstehen, die eine Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO alleine mit der Begründung ableh­ nen wollen, dass ansonsten die Bestandskraft sowie das Korrektursystem der Ab­ gabenordnung ausgehöhlt werden würde. 868 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 21.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

liche Umsetzung einer materiell-rechtlich wirksamen Ausübung von Wahl- und Antragsrechten zu verhindern, wäre mit dieser Aussage un­ vereinbar. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Einbeziehung der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten in den Tatbestand des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dem Willen des Gesetzgebers widerspricht. Gegen eine solche Annahme spricht gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber sich bei einigen Wahlund Antragsrechten bewusst für die Aufnahme einer zeitlichen Begren­ zung – teilweise sogar ausdrücklich den Zeitpunkt der Unanfechtbar­ keit – in das Gesetz entschieden hat, es jedoch bei den meisten an einer entsprechenden Regelung fehlt. Sofern der Gesetzgeber den Eintritt der Bestandskraft als zeitliche Grenze für die Ausübung allgemeingültig hät­ te festlegen wollen, wäre er entweder gehalten gewesen, alle Wahl- und Antragsrechte einzeln und ausdrücklich zu begrenzen oder anderenfalls eine allgemeine Norm zu schaffen, mit der ein solcher Grundsatz gesetz­ lich festgelegt würde. Da folglich zwingende Anhaltspunkte dafür feh­ len, dass der Gesetzgeber jede Ausübung von Wahl- oder Antragsrechten ab dem Eintritt der Bestandskraft verbieten wollte, bleibt für eine teleo­ logische Reduktion des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO kein Raum.869 Sofern in Rechtsprechung und Literatur befürchtet wird, dass das System der Korrekturvorschriften der Abgabenordnung durch eine Korrektur we­ gen nachträglicher Ausübung eines Wahl- und Antragsrechtes ausge­ höhlt wird,870 ist es – mangels eines für die teleologische Reduktion erfor­ derlichen erkennbaren gesetzgeberischen Willens – an dem Gesetzgeber, die vorhandenen Zweifel zu überprüfen und den befürchteten Problemen unter Umständen durch eine entsprechende Änderung der Gesetze – etwa durch eine ausdrückliche Einschränkung der Korrekturnorm des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO oder durch eine sehr zu begrüßende allgemeine Normierung der Ausübungsregeln für Wahl- und Antragsrechte – zu be­ gegnen. dd) Umkehrschluss zu der Regelung des § 175 Abs. 2 S. 2 AO Für die Einordnung der Wahl- oder Antragsausübung als ein Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO sowie für die Ablehnung einer te­ leologischen Reduktion der Norm spricht auch die Einfügung des § 175 Abs. 2 S. 2 AO im Jahre 2004. Bis zu diesem Zeitpunkt war herr­ schende Ansicht, dass die Vorlage einer Bescheinigung, die nicht bloß ein Beweismittel, sondern Bestandteil des materiellen Besteuerungstatbe­ standes ist, als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 869 Zweifelnd auch in Bezug auf die generelle Befristung auf den Zeitpunkt der Be­ standskraft Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 46. 870 Siehe oben 3.b)dd).

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Nr. 2 AO anzusehen sei.871 Folge hiervon war, dass die Vorlage einer ­ escheinigung als Tatbestandsmerkmal zu einer sachlich und zeitlich B unbeschränkten Berücksichtigungsmöglichkeit geführt hat.872 Hieraus ergab sich eine Ungleichbehandlung von den Fällen, in denen die Be­ scheinigung gesetzlich gefordert war, zu den Fällen, in denen die Beschei­ nigung nur als Beweismittel von den Finanzbehörden gefordert wurde.873 Durch die Einfügung des Ausnahmetatbestandes in § 175 Abs. 2 S. 2 AO hat der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, dass die Vorlage einer Beschei­ nigung niemals ein rückwirkendes Ereignis im Sinne der Norm darstel­ len soll.874 Als Begründung hierfür stellt der Gesetzgeber hauptsächlich darauf ab, dass eine Ungleichbehandlung beider Fälle der Beweisvorlage vor der Ge­ setzesänderung alleine aufgrund „rechtstechnischer Unterschiede“ nicht sachgerecht erscheine.875 Lediglich nachrangig fügt er in seiner Gesetzes­ begründung hinzu, dass die frühzeitige Vorlage dem Steuerpflichtigen zur Verwaltungsvereinfachung auch zumutbar sei. Die Ausnahmevor­ schrift dient somit in erster Linie der Vermeidung von Gleichheitsverstö­ ßen und eben nicht der Begrenzung der Berücksichtigungsmöglichkeit solcher Ereignisse auf den Zeitpunkt bis zum Eintritt der Bestands­ kraft.876 Aus diesem Umstand kann mithin auch nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber für ähnliche Fälle, in denen die Herbeiführung eines rück­ wirkenden Ereignisses ebenfalls von einem Willensentschluss des Steu­ erpflichtigen abhängig ist, gleichermaßen eine Einschränkung der Norm gewünscht hat. Vielmehr lässt sich aus der Gesetzesbegründung sogar eine Absage an die bisherige Praxis der herrschenden Lehre ableiten, die ja gerade durch die Unterscheidung von der Ausübung als „Verfahrens­ handlung“ und der Ausübung als „gesetzliches Tatbestandsmerkmal“ eine solche Ungleichbehandlung geschaffen hat, die der Gesetzgeber

871 Siehe hierzu etwa BFH v. 06.03.2003 - XI R 13/02, BStBl II 2003, 554, Rn. 11; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 46 ff. AO; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 261 ff. AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 51.1 AO. 872 BT-Drucksache 15/4050, 61; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 261 AO. 873 BT-Drucksache 15/4050, 61; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 261, Rn. 286 AO. 874 Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, dass solche Bescheinigungen Grundla­ genbescheide im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO darstellen und deren Ände­ rung zur Korrektur des Folgebescheides führen kann, v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 51.3 AO. 875 BT-Drucksache 15/4050, 61; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 51.2 AO. 876 BT-Drucksache 15/4050, 61.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

durch die Einfügung des § 175 Abs. 2 S. 2 AO für Bescheinigungen hat abschaffen wollen. Lehnte der Gesetzgeber damals schon ab, dass eine Ungleichbehandlung auf gesetzlich vorgegebene, aber gleichwohl rein rechtstechnische Über­ legungen gestützt wird, muss er erst recht eine Ungleichbehandlung auf­ grund von verfahrensrechtlichen Gegebenheiten ablehnen, die dem Ge­ setz so nicht einmal zu entnehmen sind. Anders als in Bezug auf die Vorlage von Bescheinigungen, ist es allen Wahl- und Antragsrechten im­ manent, dass deren Ausübung ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestan­ des darstellt. Mithin ist auch aus der Gesetzesbegründung des § 175 Abs. 2 S. 2 AO zu folgern, dass die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten unter den Korrekturtatbestand des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu subsu­ mieren und gerade nicht teleologisch zu reduzieren ist. ee) Eintritt der Festsetzungsverjährung als äußerste zeitliche Grenze Unbefristete Wahlrechte können somit bis zum Eintritt der Festset­ zungsverjährung nach §§ 169 f. AO ausgeübt werden. Erst mit Eintritt der – wegen des Rechtsstaatsprinzips auch verfassungsrechtlich gebote­ nen – Festsetzungsverjährung ist nach den Wertungen des Gesetzgebers das Bedürfnis nach Rechtssicherheit gegenüber den individuellen Inte­ ressen der Betroffenen als vorrangig anzusehen877 und eine Abänderung des Steuerbescheides unzulässig. Ab diesem Zeitpunkt ist die verfah­ rensrechtliche Berücksichtigung einer Ausübung endgültig unmöglich, sodass die Festsetzungsverjährung die zeitliche Grenze für die erstmalige Ausübung von unbefristeten Wahl- und Antragsrechten setzt. Als problematisch ist in diesem Zusammenhang die Regelung des § 175 Abs. 1 S. 2 AO anzusehen. Diese besagt, dass die Festsetzungsfrist erst in dem Zeitpunkt beginnt, in dem das Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO eintritt. Hierdurch würde erst durch die Wahloder Antragsausübung als Eintritt des Ereignisses im Sinne der Norm die Verjährungsfrist zu laufen beginnen. Mangels Fristbeginns hätte die Fest­ setzungsverjährung niemals eine begrenzende Wirkung auf Fälle der Wahl- oder Antragsausübung.878 Dies kann – wie beispielsweise Frotscher

877 BVerfG v. 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08, BVerfGE 133, 143, Rn. 40 ff.; BFH v. 15.06.1988 - I R 68/86, BFH/NV 1990, 128, Rn. 11; BFH v. 31.01.1989 - VII R 77/86, BStBl II 1989, 442, Rn. 18; Banniza in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 169-171 Rn. 6 AO; Frotscher in: Schwarz/Pahlke, AO, § 169 Rn. 1 f. AO; Cöster in: Koenig, AO, § 169 Rn. 4 AO. 878 A.A. BFH v. 12.01.1994 - II R 72/91, BStBl II 1994, 302, Rn. 14. Hier führt der BFH an, dass mangels eines Steuerschuldverhältnisses nach Ablauf der Festsetzungs­ frist der Antrag keine steuerliche Wirkung mehr entfalte und somit kein Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 AO darstelle.

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

in anderem Zusammenhang aufgeführt hat879 – tatsächlich nicht gerecht­ fertigt werden. Aus diesem Grunde ist § 175 Abs. 1 S. 2 AO für die Fälle teleologisch zu reduzieren, in denen der Eintritt des Ereignisses im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO lediglich von einem Willensentschluss des Steuerpflichti­ gen abhängig ist. Die Norm soll es ermöglichen, dass die Umsetzung der durch das Ereignis eingetretenen Korrekturpflicht nicht durch die Fest­ setzungsverjährung verhindert wird.880 In Anbetracht des Normzwecks der Verjährung im Allgemeinen kann dieses Ziel jedoch nicht mehr zum Tragen kommen, wenn es dem Steuerpflichtigen jederzeit möglich war, das Ereignis aufgrund eines bloßen Willensentschlusses eigenverant­ wortlich eintreten zu lassen. Würde man § 175 Abs. 1 S. 2 AO auf diesen Fall anwenden, käme dies einer zeitlich unbegrenzten Möglichkeit zur Korrektur von Steuerbescheiden aufgrund von willkürlichen Entschei­ dungen des Steuerpflichtigen gleich. Diese Rechtswirkungen kann der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 175 Abs. 1 S. 2 AO nicht bezweckt haben, weshalb eine teleologische Reduktion der Norm angebracht er­ scheint. Durch die Unanwendbarkeit des § 175 Abs. 1 S. 2 AO bleibt es somit bei den allgemeinen Regelungen zur Verjährung nach den §§ 169 f. AO. Im Regelfall wird somit die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten nach §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des vierten Kalen­ derjahres nach Einreichung der Steuererklärung verfahrensrechtlich un­ zulässig. ff) Ergebnis Abschließend lässt sich festhalten, dass die materiell-rechtlich unbe­ grenzt zulässige Ausübung von Wahl- und Antragsrechten verfahrens­ rechtlich nicht durch den Eintritt der Bestandskraft begrenzt wird. Durch die Möglichkeit, eine Ausübung nach Eintritt der Bestandskraft als Grundlage für eine Korrektur des Bescheides nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO heranzuziehen, wird die verfahrensrechtliche Berücksichtigung erst durch die vollständige Unabänderlichkeit des Steuerbescheides, also den Eintritt der Festsetzungsverjährung nach §§ 169 f. AO endgültig ver­ hindert. Hierbei steht dem Eintritt der Festsetzungsverjährung die Vor­ schrift des § 175 Abs. 1 S. 2 AO nicht entgegen. Diese ist für diejenigen Fälle teleologisch zu reduzieren, in denen der Eintritt des Ereignisses – wie etwa bei der Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes – lediglich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig ist.

879 Frotscher in: Schwarz/Pahlke, AO, § 175 Rn. 68a AO. 880 v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 410 AO.

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IV.  Zeitliche Grenze der Wahlrechtsausübung

c) Auswirkungen auf die oben aufgeführten Sonderfälle Nach der hier vertretenen Ansicht, die eine Ausübung grundsätzlich bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung für möglich hält, stellen sich die oben in den Sonderkonstellationen aufgeworfenen Probleme – etwa die Beschränkung auf den Umfang der Änderung nach §§ 177, 351 Abs. 1 AO – nicht mehr. Eine Ausübung ist hierdurch gerade unabhängig von einer anderweitigen Korrektur und in unbegrenzter Höhe möglich, da die Berücksichtigungsfähigkeit der Ausübung stets durch die Korrek­ tur des bestandskräftigen Bescheides nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ge­ währleistet ist. Die vielfältigen, oben beschriebenen Sonderkonstellatio­ nen fallen somit ersatzlos weg, da die Ausübung unbefristeter Wahl- oder Antragsrechte stets bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung nach §§ 169 f. AO möglich ist. 5. Zusammenfassung der Erkenntnisse Nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur stellt die Bestandskraft die zeitliche Grenze für die verfahrensrechtliche Berücksichtigung einer Ausübung von materiell unbefristeten Wahl- und Antragsrechten dar. Eine spätere Ausübung soll verfahrensrechtlich nur noch dann umge­ setzt werden können, wenn die Bestandskraft wegen eines Vorbehalts der Nachprüfung, eines Änderungsbescheides oder des Eingreifens einer Kor­ rekturvorschrift durchbrochen wird. Hierbei bieten nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur weder der § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO noch die Regelung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO eine generelle Grundlage für die Korrektur des bestands­ kräftigen Bescheides aufgrund einer Ausübung von Wahl- und Antrags­ rechten. Lediglich in Ausnahmefällen sollen diese Vorschriften eine Durchbrechung der Bestandskraft zum Zwecke der Ausübung von Wahlund Antragsrechten ermöglichen. Hierbei soll insbesondere eine Anwen­ dung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO nur dann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn das Wahl- oder Antragsrecht Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes und keine bloße Verfahrenshandlung sei. Diese Unanwendbarkeit des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist mit der gelten­ den Gesetzeslage unvereinbar. Bei der Ausübung von Wahl- und Antrags­ rechten handelt es sich vielmehr immer um ein Ereignis in Form eines Merkmals des gesetzlichen Tatbestandes, welchem aufgrund der allge­ meinen Wirkung von Wahl- und Antragsrechten auch stets steuerliche Rückwirkung beizumessen ist. Für eine teleologische Reduktion der Vor­ schrift, mit der die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen werden könnte, fehlt es an einem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. 159

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2. Teil:  Ausübung von steuerlichen Wahl- und ­Antragsrechten

Somit ergibt sich als zeitliche Ausübungsgrenze in verfahrensrechtlicher Hinsicht alleine die Festsetzungsverjährung nach §§ 169 f. AO. Erst mit Eintritt der Festsetzungsverjährung ist jegliche Änderung des Steuerbe­ scheides unzulässig, sodass nach diesem Zeitpunkt die Ausübung eines materiell unbefristeten Wahl- oder Antragsrechtes verfahrensrechtlich nicht mehr umgesetzt werden kann. Deren Eintritt wird auch nicht durch die Regelung des § 175 Abs. 1 S. 2 AO berührt, da deren Norm­ zweck den Beginn der Festsetzungsverjährungsfrist nicht in das Belieben des Steuerpflichtigen hat stellen wollen, sodass die Vorschrift teleolo­ gisch zu reduzieren ist.

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3. Teil: Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Nachdem im 2. Teil dieser Arbeit die Voraussetzungen für eine wirksame erste Wahlrechtsausübung oder Antragstellung durch den Steuerpflichti­ gen herausgearbeitet wurden, stellt sich im folgenden Teil die Frage, in­ wiefern aus dieser erstmaligen Ausübung eine Bindung resultiert. Hierbei wird zunächst zu erörtern sein, ob sich der Steuerpflichtige durch eine Wahl- oder Antragstellung für die Zukunft an die getroffene Wahl bindet oder ob im nächsten Veranlagungszeitraum eine hiervon abwei­ chende Wahl getroffen werden kann. Danach wird auf die Frage eingegan­ gen, ob der Steuerpflichtige seine einmal getroffene Wahl nachträglich noch ändern kann. Sofern dies für einige Wahl- oder Antragsrechte bejaht werden kann, stellt sich die Folgefrage, wie eine solche Änderung vorzu­ nehmen ist. Zuletzt wird zu überprüfen sein, ob und unter welchen Vo­ raussetzungen der Steuerpflichtige seine getroffene Wahl aufgrund von Willensmängeln anfechten kann.

I. Bindung der Ausübung für die Zukunft 1. Gesetzlich angeordnete Bindungswirkung Gesetzliche Regelungen, nach denen der Steuerpflichtige durch die Aus­ übung des Wahl- oder Antragsrechtes für einen gewissen Zeitraum in der Zukunft an die getroffene Wahl gebunden bleibt, gibt es nur vereinzelt. So regeln etwa die §§ 1 Abs. 4 S. 3, 25a Abs. 2 S. 2 UStG eine Bindung des Steuerpflichtigen für mindestens zwei Kalenderjahre, die Vorschriften der §§ 19 Abs. 2 S. 2, 23a Abs. 3 S. 2, 24 Abs. 2 S. 2 UStG ordnen eine Bin­ dung an das jeweilige Wahlrecht sogar für mindestens fünf Jahre an. Im Einkommensteuerrecht ist beispielsweise in den §§ 5a Abs. 3 S. 7, 13a Abs. 2 S. 1 EStG geregelt, dass der Steuerpflichtige durch seinen An­ trag für einen Zeitraum von zehn bzw. vier Jahren an die Art der Gewinn­ ermittlung gebunden ist. Auch in § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG wird eine Bindung des Antrags für die kommenden vier Veranlagungszeiträume angeordnet. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass für die folgenden Veranlagungszeiträume eine Bindung nur dann besteht, wenn der Antrag nicht zuvor widerrufen worden ist, § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG. Eine weitere gesetzliche Regelung zur Bindung für die Zukunft findet sich in § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG. In Satz 3 der Vorschrift wird eine Änderung der Abschreibungsmethode von der Zustimmung des Finanzamts abhängig gemacht. Zudem verbietet § 7 Abs. 3 S. 3 EStG den Wechsel von der line­ 161

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

aren zur degressiven AfA. Auch diesbezüglich ist der Steuerpflichtige so­ mit für die Folgejahre an seine Wahl gebunden. H 4.6 EStH 2010 ordnet auf der Ebene der für den Steuerpflichtigen nicht bindenden Verwaltungshinweisen im Anschluss an ein Urteil des Bun­ desfinanzhofs881 an, dass der Steuerpflichtige an seine Wahl der Gewinn­ ermittlungsart für mindestens drei Jahre gebunden ist. Lediglich in Aus­ nahmefällen soll bei Vorliegen eines besonderen wirtschaftlichen Grundes ein vorheriger Wechsel zulässig sein.882 Im Übrigen sind soweit erkennbar in den Steuergesetzen keine Bestim­ mungen darüber enthalten, ob der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten eine Bindungswirkung für die Zukunft zuzusprechen ist. 2. Bindung von Wahl- und Antragsrechten ohne ausdrückliche ­gesetzliche Regelung a) Handelsrechtlicher Grundsatz der Stetigkeit aa) Inhalt des handelsrechtlichen Stetigkeitsgrundsatzes Für Zwecke des Handelsrechts regeln die §§ 246 Abs. 3 S. 1, 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB den Grundsatz der Stetigkeit für die Ansatz- und Bewertungs­ methoden im Rahmen des Jahresabschlusses. Hiernach ist der Bilanzie­ rende für die Ausübung von handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungs­ wahlrechten grundsätzlich883 an die Ausübung in den vorherigen Jahren oder für sachlich vergleichbare Sachverhalte gebunden.884 Hierdurch soll die willkürliche Verlagerung von Gewinnen und Verlusten verhindert und die Vergleichbarkeit sowie die Transparenz der aufeinanderfolgen­ den Jahresabschlüsse verbessert werden.885

881 BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 27. 882 Siehe hierzu aber noch unter II.3.d)bb). 883 Um eine gesetzlich gestattete Abweichung handelt es sich nicht allein dadurch, dass das HGB ein Wahlrecht gewährt, so Winkeljohann/Büssow in: Grottel, Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 252 Rn. 74 HGB; eine nach § 252 Abs. 2 HGB zu­ lässige Ausnahme liegt jedoch gemäß Art. 67 Abs. 8 EGHGB etwa bei der Ände­ rung der Bewertungsmethode zur Anpassung an veränderte Rechnungslegungsvor­ schriften vor, vgl. hierzu etwa Kleindiek in: Staub, HGB Band 5, § 252 Rn. 51 HGB. 884 Schmidt/Ries und Winkeljohann/Büssow in: Grottel, Beck’scher Bilanz-Kommen­ tar, §§ 246 Rn. 125 ff., 252 Rn. 55 ff. HGB; Kleindiek in: Staub, HGB Band 5, §§ 246 Rn. 109, 252 Rn. 49 HGB; a.A. Ballwieser in: Schmidt/Ebke, MüKo HGB Band 3, § 252 Rn. 81 HGB, der die sachliche oder horizontale Stetigkeit nicht aus § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB, sondern aus dem Willkürverbot ableiten möchte. 885 Winkeljohann/Büssow in: Grottel, Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 252 Rn. 55 HGB; Kleindiek in: Staub, HGB Band 5, §§ 246 Rn. 107, 252 Rn. 46 HGB; Ballwieser in: Schmidt/Ebke, MüKo HGB Band 3, §§ 246 Rn. 157, 252 Rn. 78 HGB.

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I.  Bindung der Ausübung für die Zukunft

bb) Anwendung der handelsrechtlichen Stetigkeit auf die Steuerbilanz (1) Rechtslage vor Einführung des BilMoG Vor Einführung des BilMoG war die Anwendbarkeit des handelsrechtli­ chen Stetigkeitsgrundsatzes im Steuerrecht weitestgehend geklärt. Der Grundsatz der Stetigkeit wurde schon vom Reichsfinanzhof als Bestand­ teil einer ordnungsgemäßen Buchführung angesehen.886 In der Folgezeit wurde er auch in der Literatur vereinzelt als ungeschriebener GoB aner­ kannt,887 endgültig als GoB durchgesetzt hat er sich mit seiner Kodifizie­ rung in § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB im Rahmen des BilRiG.888 Durch das in § 5 Abs. 1 S. 1 EStG a. F. verankerte Maßgeblichkeitsprinzip fand der handelsrechtliche Stetigkeitsgrundsatz spätestens seit seiner Kodifizierung auch im Steuerrecht Anwendung. Nunmehr entfaltete er über die Maßgeblichkeit indirekt auch für die Steuerbilanz seine begren­ zende Wirkung und galt damit auch für die Ausübung bilanzieller steuer­ licher Wahl- und Antragsrechte.889 (2) Übernahme der handelsrechtlichen Bewertungsstetigkeit nach aktueller Rechtslage Fraglich ist jedoch, ob die Einführung des Wahlrechtsvorbehalts in § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG durch das BilMoG dazu geführt hat, dass das han­ delsrechtliche Stetigkeitsprinzip seine Bedeutung in Bezug auf bilanziel­ le steuerliche Wahl- und Antragsrechte verloren hat. Teilweise wird in der Einführung des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG ein Indiz für die Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit gesehen.890 Die Vertre­ ter dieser Ansicht sehen den Maßgeblichkeitsgrundsatz in Bezug auf die Ausübung von GoB-konformen sowie von GoB-widrigen steuerlichen

886 So erstmals RFH v. 20.11.1928 - I A 244/28, RStBl 1929, 33, hier jedoch noch als „Grundsatz der Kontinuität“ bezeichnet; in RFH v. 10.02.1932 - VI A 930/31, StuW 1932, Nr. 622 bezeichnete der RFH ihn nunmehr als „Stetigkeit in der ein­ mal gewählten Behandlungsart“. 887 So etwa Mellerowicz in: Barz/Gadow, Großkommentar AktG, 3. Auflage, § 149 Rn. 78 AktG, wo er die Bewertungsstetigkeit als materiellen Bestandteil der Bi­ lanzkontinuität und damit als Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung auflis­ tet; Kammann, StuW 1978, 108, 116; Leffson, GoB, S. 432 ff.; sowie Söffing, DB 1987, 2598, 2600; ablehnend etwa Heuer, FR 1967, 317, 318. 888 Zweifelnd zur vorherigen Einordnung als ungeschriebenen GoB etwa Börner, Stb­ Jb 1986/1987, 201, 214 ff. m.w.N.; Velte, StuW 2014, 240, 252; Leffson, GoB, S. 434 ff. 889 Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 306 f.; Velte, StuW 2014, 240, 252; so auch der BFH v. 10.07.1991 - X R 79/90, BFHE 165, 75, Rn. 26; BFH v. 16.08.1991 - X B 7/91, BFH/NV 1991, 819, Rn. 5. 890 Siehe hierzu im 2. Teil unter III.3.a)bb)(1).

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Wahl- und Antragsrechten in eine subsidiäre Stellung verdrängt,891 wes­ halb auch eine Übertragung des handelsrechtlichen Stetigkeitsgrundsat­ zes auf die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten aus­ scheiden soll.892 Darüber hinaus wird gegen die Übertragung des handelsrechtlichen Ste­ tigkeitsgebotes auf das Steuerrecht die Existenz des Bewertungsvorbe­ halts in § 5 Abs. 6 EStG angeführt.893 Hieraus sei abzuleiten, dass die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften, zu denen auch steuerliche Bewertungswahlrechte gehören, vor der Maßgeblichkeit der Handelsbi­ lanz und somit auch vor den handelsrechtlichen GoB anzuwenden sind, weshalb die handelsrechtliche Bewertungsstetigkeit für steuerliche Be­ wertungswahlrechte zurücktreten müsse.894 Als ein weiteres Argument gegen eine Übernahme des handelsrechtlichen Stetigkeitsgrundsatzes wird die unterschiedliche Zielsetzung von Han­ dels- und Steuerbilanz angeführt.895 Das Stetigkeitsprinzip diene in erster Linie der Herstellung einer Vergleichbarkeit der aufeinanderfolgenden handelsrechtlichen Jahresabschlüsse und begründe sich daher in dessen Informationsfunktion.896 Zielsetzung der Steuerbilanz sei demgegenüber die Möglichkeit der Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflich­ tigen durch die Finanzbehörden. Eine vergleichbare Informationsgrundla­ ge zur Einschätzung der Vermögenslage, wie sie durch das Stetigkeitsprin­ zip gewährleistet werden soll, sei für die Finanzbehörden irrelevant.897 891 Dörfler/Adrian, Ubg 2009, 385, 387; Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2079; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 221. 892 BMF v. 12.03.2010 - BMF-Schreiben, BStBl I 2010, 239, Rn. 13 „nicht durch die Maßgeblichkeit [der GoB] beschränkt“, Rn. 15 „zu prüfen, ob eine willkürliche Ge­ staltung vorliegt.“; Hoffmann, StuB 2009, 787, der die Übertragung als einen „logi­ schen Kurzschluss“ bezeichnet; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 258 EStG; Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 307; Scheffler/Binder, StuB 2012, 891, 893 f.; Geberth/Blasius, FR 2010, 408, 413; Ortmann-Babel/Bolik, BB 2010, 2099, 2102; Dietel, DB 2012, 483, 485; Korn, Kösdi 2017, 20128, 20131. So auch die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu § 252 HGB in BT-Drucksache 10/4268, 100, wonach der Stetigkeitsgrundsatz den Kaufmann nicht daran hindere, steuerrechtliche Bewertungswahlrechte von Jahr zu Jahr unterschiedlich auszu­ üben. Gegen eine zwingende Verallgemeinerung dieser Aussage spricht allerdings, dass mit steuerrechtlichen Bewertungswahlrechten auch „rein steuerrechtliche Wahlrechte“ gemeint sein können, was auch durch das vom Rechtsausschuss an­ geführte Beispiel, das Wahlrecht zur Vornahme von Sonderabschreibungen, bestä­ tigt wird. A.A. Weber-Grellet, DB 2009, 2402, 2403, der zwar von einer freien Aus­ übbarkeit der steuerlichen Wahlrechte ausgeht, allerdings dennoch eine Bindung an den Stetigkeitsgrundsatz annimmt. 893 Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 307; dies., DStR 2013, 2077, 2079. 894 Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 307 f. 895 Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2079; dies., Ubg 2013, 305, 308. 896 Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2079; dies., Ubg 2013, 305, 308. 897 Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2079; dies., Ubg 2013, 305, 308.

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I.  Bindung der Ausübung für die Zukunft

Andere wiederum gehen in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Ansicht898 von einem verbleibenden Anwendungsbereich der formellen Maßgeblichkeit nach der Einführung des Wahlrechtsvorbehalts in § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG aus.899 Aus diesem Grund greift in Bezug auf die von der formellen Maßgeblichkeit erfassten Wahl- und Antragsrechte weiterhin der handelsrechtliche Grundsatz der Stetigkeit ein,900 wonach von der einmal gewählten Ansatz- und Bewertungsmethode nur in Aus­ nahmefällen abgewichen werden kann. Für eine Übernahme der Stetigkeit auf GoB-konforme Wahl- und An­ tragsrechte in der Steuerbilanz spricht zunächst, dass die unterschiedli­ che Zielsetzung von Handels- und Steuerbilanz keinen zwingenden Rückschluss auf die Unanwendbarkeit der Stetigkeit im Rahmen der Steuerbilanz zulässt. Vielmehr dient die Handelsbilanz – und damit auch ihre Informationsfunktion – als Basis für die Ermittlung der steuerlichen Leistungsfähigkeit im Rahmen der Steuerbilanz.901 Somit ist auch die Stetigkeit als ein wichtiges Instrument zur Bemessung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen einzuordnen. Ferner verlangt auch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit und der Tatbe­ standsmäßigkeit der Besteuerung, dass die zur Leistungsfähigkeitsbe­ stimmung erforderlichen Positionen willkürfrei und objektiv feststellbar angesetzt werden.902 Auch der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat überdies festgestellt, dass die Aufrechterhaltung von Bewertungswahl­ rechten mit dem Zweck der Erfassung des vollen Gewinns nicht ohne Weiteres vereinbar ist.903 Diese Aussage lässt auch vermuten, dass eine völlig unstetige steuerliche Wahl- oder Antragsausübung nicht gerecht­ fertigt werden kann.904 Auch der Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG kann nicht als zwin­ gendes Argument gegen eine Anwendung der handelsrechtlichen Ste­ tigkeit angesehen werden. Enthalten die speziellen steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften – wie in Bezug auf die hier untersuchte Frage­ stellung – Regelungslücken, bleibt es bei der Anwendung der Grundsatz­ 898 Ausführliche Stellungnahme hierzu im 2. Teil III.3.a)bb)(2). 899 Siehe hierzu im 2. Teil III.3.a)bb)(1). 900 Velte, StuW 2014, 240, 255 f.; Grieser/Faller, DStR 2012, 727, 632; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 612 EStG; Anzinger und Tiedchen in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 282, Rn. 349 EStG; Tiedchen in: Hennrichs/Kleindiek/Watrin, MüKo BilanzR, § 252 Rn. 89 HGB; Kulosa in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 12 ff. EStG. 901 Velte, StuW 2014, 240, 255. 902 Weber-Grellet, DB 1994, 2405, 2406; Velte, StuW 2014, 240, 255; Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 282 EStG. 903 BFH Großer Senat v. 03.02.1969 - GrS 2/68, BStBl II 1969, 291, Rn. 24; Velte, StuW 2014, 240, 255. 904 Velte, StuW 2014, 240, 255.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

regelung des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 1 EStG und damit bei der Anwendung der handelsrechtlichen GoB.905 Wenn also die Ablehnung der Übernahme der handelsrechtlichen Stetig­ keit letzten Endes nur noch mit der Abschaffung der formellen Maßgeb­ lichkeit begründet werden soll, bleibt dafür nach der hier vertretenen Auffassung – der Fortgeltung der formellen Maßgeblichkeit für GoB-kon­ forme steuerliche Wahl- und Antragsrechte – keine Grundlage mehr. Vielmehr ist über den Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit auch weiterhin eine Geltung der handelsrechtlichen Stetigkeit im Bereich der bilanziellen steuerlichen Wahl- und Antragsrechte anzunehmen. Auch bei GoB-konformen steuerlichen Wahl- und Antragsrechten kann das Stetigkeitsgebot allerdings ausnahmsweise unanwendbar sein, wenn den Ansatz- und Bewertungsmethoden Einzelfallentscheidungen zu­ grunde liegen. Solche sind – sowohl für handels- als auch für steuerrecht­ liche Zwecke – dem Stetigkeitsgebot naturgemäß entzogen, weshalb hier in jedem Einzelfall eine eigenständige und freie Entscheidung getroffen werden kann.906 Etwas anderes hat im Hinblick auf GoB-widrige, d.h. rein steuerliche Bi­ lanzierungswahlrechte zu gelten. Auch hierzu wird teilweise eine Bin­ dung an den handelsrechtlichen Stetigkeitsgrundsatz abgeleitet.907 Diese Ansicht beruht allerdings auf der abzulehnenden Auffassung, dass auch GoB-widrige Wahl- oder Antragsrechte, sofern sie nicht subventioneller Natur sind, unter den Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit fallen und der Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG nur in Bezug auf subventionelle Wahl- und Antragsrechte eingreift.908 Vertritt man wie hier jedoch die Ansicht, dass von der formellen Maß­ geblichkeit lediglich GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte erfasst sind, greift der Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG für jedes GoB-widrige Wahl- oder Antragsrecht, sodass die handelsrechtli­ chen GoB – und somit auch der handelsrechtliche Grundsatz der Stetig­ 905 Krengel, Maßgeblichkeitsgrundsatz, S. 250, S. 268; Anzinger in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 2355 EStG; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 398 EStG; Kempermann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 121 EStG. 906 Tiedchen in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 349 EStG; ders. in: Hennrichs/Kleindiek/Watrin, MüKo BilanzR, § 252 Rn. 92 HGB; Winkeljohann/ Büssow in: Grottel, Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 252 Rn. 62 HGB; Velte, StuW 2014, 240, 253. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Vornahme von außerplanmäßigen Abschreibungen. 907 So etwa Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 612 EStG, der le­ diglich subventionelle Wahl- und Antragsrechte als nicht erfasst ansieht. 908 Näher zu dieser Ansicht im 2. Teil unter III.3.a)bb)(1) sowie die Stellungnahme hierzu unter III.3.a)bb)(2).

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I.  Bindung der Ausübung für die Zukunft

keit – auf die steuerliche Wahl- oder Antragsausübung keine Anwendung finden können.909 Die Übertragung der handelsrechtlichen Stetigkeit auf das Steuerrecht ist nicht auf die Bewertungsstetigkeit begrenzt, sondern erstreckt sich auch auf die Anwendung der handelsrechtlichen Ansatzstetigkeit des § 246 Abs. 3 HGB.910 Diese grundsätzliche Anwendbarkeit besteht unab­ hängig davon, dass einige Stimmen in der Literatur aufgrund der Ent­ scheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs911 die praktische Re­ levanz der Ansatzstetigkeit im Steuerrecht in Zweifel ziehen.912 Abschließend lässt sich festhalten, dass auch nach Einführung des Bil­ MoG dem handelsrechtlichen Grundsatz der Stetigkeit große Relevanz für die Ausübung von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten im Steuer­ recht zukommt. Sein Anwendungsbereich entspricht dem der formellen Maßgeblichkeit, da seine Geltung im Steuerrecht über das Einfallstor des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zustande kommt. Bedeutung erlangt er so­ mit nur für die Ausübung von GoB-konformen steuerlichen Bilanzie­ rungswahl- und -antragsrechten. b) Originär steuerrechtliche Einschränkungsmöglichkeiten aa) Steuerrechtlicher Grundsatz der Bewertungsstetigkeit Der Bundesfinanzhof hat in seiner Rechtsprechung in Bezug auf das frü­ here Wahlrecht eines Landwirtes, abweichend vom Normalfall sein Feld­ inventar zu aktivieren, den bis 2011 durch R 14 Abs. 2 S. 4 EStR 2011 auch in die Verwaltungsvorschriften aufgenommenen Grundsatz der steuerrechtlichen Bewertungsstetigkeit entwickelt.913 In der aktuellen Fassung des R 14 Abs. 3 S. 1 EStR 2016 ist das zuvor ge­ regelte Wahlrecht umgekehrt worden, wodurch die Aktivierung der Re­ gelfall ist, von der jedoch auf Antrag aus Vereinfachungsgründen abge­ 909 Tiedchen in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 349 EStG; Velte, StuW 2014, 240, 255 f., der sich in seiner Argumentation für eine Anwendung der handelsrechtlichen Stetigkeit ausschließlich auf GoB-konforme Wahl- und An­ tragsrechte bezieht. 910 So auch Velte, StuW 2014, 240. 911 BFH Großer Senat v. 03.02.1969 - GrS 2/68, BStBl II 1969, 291. 912 Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 612 EStG; Tiedchen in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 346 EStG; Schmidt/Ries in: Grot­ tel, Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 246 Rn. 132 HGB. 913 BFH v. 06.12.1984 - IV R 212/82, BStBl II 1985, 391, Rn. 22; BFH v. 14.04.1988 - IV R 96/86, BStBl II 1988, 672, Rn. 16; BFH v. 18.03.2010 - IV R 23/07, BStBl II 2011, 654, Rn. 28 f. Grund für die Schaffung der Bewertungsstetigkeit war die Vermei­ dung von unzulässigen Gewinnminderungen bzw. Gewinnverschiebungen durch eine geänderte Ausübung des Wahlrechts, dazu BFH v. 16.11.1978 – IV R 160/74, BStBl II 1979, 138, Rn. 25.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

sehen werden kann. Vor diesem Hintergrund ist die Fortgeltung der steuerrechtlichen Bewertungsstetigkeit in der Rechtsprechung des Bun­ desfinanzhofs unklar, vermutlich jedoch auch in Bezug auf das neue Wahlrecht zu bejahen. Fraglich ist jedoch, ob dieser Rechtsprechung, die stets in Bezug auf die­ ses spezielle Wahlrecht ergangen ist, ein zu verallgemeinernder Grund­ satz der Bewertungsstetigkeit zu entnehmen ist, der für die Ausübung aller steuerlichen Wahl- und Antragsrechte Geltung beansprucht. Gegen eine solche Verallgemeinerung spricht zunächst, dass das Steuerrecht kein eigenständiges kodifiziertes Stetigkeitsgebot kennt.914 Nur für ein­ zelne Wahl- und Antragsrechte ist steuerrechtlich eine Bindung für die Folgejahre vorgesehen, sodass von einem allgemeingültigen Grundsatz der Stetigkeit im Steuerrecht nicht die Rede sein kann. Darüber hinaus stellt das Kongruenzprinzip für bilanzielle Wahl- und Antragsrechte sicher, dass durch die Ausübung der meisten Rechte die Steuerbelastung zwar periodisch unterschiedlich verteilt wird, die Ge­ samtsteuerbelastung sich jedoch nicht verändert. Sofern vereinzelt Wahlund Antragsrechte die Steuerbelastung endgültig vermindern können ist dies vom Gesetzgeber ausdrücklich so vorgesehen. Eine Einschränkung dieser Möglichkeit müsste demnach auch vom Gesetzgeber vorgenom­ men werden.915 Schlussendlich spricht auch das im Steuerrecht geltende Prinzip der Ab­ schnittsbesteuerung, geregelt etwa in § 2 Abs. 7 EStG, gegen die Annah­ me einer allgemeinen steuerrechtlichen Bewertungsstetigkeit.916 Nach dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung ist jede Besteuerungsperiode grundsätzlich isoliert voneinander zu betrachten.917 Hieraus ergibt sich, dass auch steuerliche Wahl- und Antragsrechte mangels einer entgegen­ stehenden steuerrechtlichen Sonderregelung – zu diesen zählt auch der über die Maßgeblichkeit übernommene handelsrechtliche Stetigkeits­ grundsatz – für jede Besteuerungsperiode unabhängig von vorherigen Zeitabschnitten ausgeübt werden können.918 Eine Übertragung der Rechtsprechung zum Grundsatz der steuerrechtli­ chen Bewertungsstetigkeit auf alle Wahl- und Antragsrechte ist nach gel­ tender Gesetzeslage somit nicht möglich.919 914 Schneeloch, DB 1989, 285, 292; Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 307; dies., DStR 2013, 2077, 2079. 915 Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 308; dies., DStR 2013, 2077, 2079. 916 Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 309; dies., DStR 2013, 2077, 2080. 917 Siehe hierzu etwa Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8 Rn. 44 ff.; sowie Ratschow in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 2 Rn. 185 ff. EStG. 918 Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 309; dies., DStR 2013, 2077, 2080. 919 Dies lässt sich auch BFH v. 10.07.1991 - X R 79/90, BFHE 165, 75, Rn. 26 entneh­ men, da der 10. Senat hier den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit zwar erwähnt

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bb) Grundsatz der materiell-rechtlichen Folgerichtigkeit bzw. ­Einheitlichkeit Sofern weder der handelsrechtliche Stetigkeitsgrundsatz im Steuerrecht zur Anwendung kommt noch ausnahmsweise der Geltungsbereich der steuerrechtlichen Bewertungsstetigkeit erfüllt ist, kann nach der Recht­ sprechung des Bundesfinanzhofs die materielle Steuerrechtsnorm darauf­ hin untersucht werden, ob dieser selbst eine Bindung für künftige Veran­ lagungszeiträume zu entnehmen ist.920 Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen ist es jedoch frag­ lich, unter welchen Voraussetzungen den steuerrechtlichen Normen eine konkludente Bindungswirkung zu entnehmen ist. Weber-Grellet stellt hierzu auf die Frage ab, ob sich die Wirkung der Ausübung – wie etwa bei Absetzungswahlrechten – über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt. In diesem Fall sei eine einheitliche Ausübung geboten und der Steuerpflichtige durch die erstmalige Ausübung für die Folgejahre gebun­ den.921 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass im Steuerrecht nach § 6 Abs. 1 EStG der Grundsatz der Einzelbewertung gilt.922 Eine Bindung an die Ausübung von Wahl- und Antragsrechten kann somit von vornherein nicht in Bezug auf verschiedene, jedoch art- und funktionsgleiche Wirt­ schaftsgüter angenommen werden, sondern allenfalls in Bezug auf ein einzelnes Wirtschaftsgut.923 Der häufigste Fall der von Weber-Grellet angeführten Wahl- oder An­ tragsrechte mit mehrjähriger Wirkung ist die Abschreibung nach § 7 EStG. Hierbei lässt § 7 Abs. 3 S. 1 EStG den Übergang von der degres­ siven zur linearen AfA – anders ist dies gemäß § 7 Abs. 3 S. 3 EStG in dem umgekehrten Fall – gesetzlich ausdrücklich zu. Gerade bei dieser gegensätzlichen Gesetzeslage ist ein eindeutiger gesetzlicher Wille dahin gehend, dass jedes Wahl- und Antragsrecht mit mehrjähriger Wirkung zu einer Bindung für die Folgejahre führt, nicht ersichtlich. Vielmehr ist je­ weils neu zu ermitteln, ob sich in dem zu untersuchenden Fall ein Um­ kehrschluss aus einer bestehenden gesetzlichen Regelung ableiten lässt.924 Nur wenn eine die Bindung anordnende gesetzliche Regelung auf hat, ihn aber nicht auf das im Urteil relevante Wahlrecht zur Versteuerung von wiederkehrenden Bezügen nach §§ 16, 34, 24 Nr. 2 EStG angewendet hat. 920 BFH v. 10.07.1991 - X R 79/90, BFHE 165, 75, Rn. 26; BFH v. 28.09.2006 - V R 43/03, BStBl II 2007, 417, Rn. 38; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 258 EStG. 921 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1420. 922 Siehe hierzu etwa Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 270 ff. 923 Söffing, DB 1987, 2598, 2602. 924 Zulässig ist daher aufgrund des Umkehrschlusses aus § 7 Abs. 3 S. 1 EStG auch der Wechsel zwischen der Leistungs-AfA gemäß § 7 Abs. 1 S. 6 EStG und der linearen

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

den zu überprüfenden Fall übertragbar ist, kann von dem Grundsatz der freien Ausübung der Wahl- und Antragsrechte in aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen abgewichen werden. cc) Einschränkung durch das Willkürverbot Seit dem BilMoG prüft die Finanzverwaltung die Ausübung von Wahlund Antragsrechten über mehrere Besteuerungszeiträume lediglich noch darauf, ob in ihr eine willkürliche Gestaltung zu sehen ist.925 Eine solche Einschränkung der Wahl- und Antragsausübung durch das Willkürverbot wird auch in der Literatur vielfach angenommen.926 Eine von den vorhe­ rigen Veranlagungszeiträumen abweichende Wahl sei unzulässig, wenn sie auf willkürlichen Überlegungen beruhe. Dies könne etwa der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige durch die Wahl- oder Antragsausübung den steuerrechtlichen Gewinn bewusst zur Umgehung der Mindestbe­ steuerung oder zum Ausgleich von hohen Gewinnen beeinflussen wol­ le.927 Von vornherein ausscheiden muss eine Willkürprüfung bei sogenannten manipulationsspezifischen Wahl- und Antragsrechten. Hierunter sind Wahl- und Antragsrechte zu verstehen, durch deren Einführung der Ge­ setzgeber den Steuerpflichtigen mittels steuerlicher Anreize zu einem bestimmten Verhalten anregen will.928 Solchen Rechten ist eine Gewinn­ manipulation durch den Steuerpflichtigen immanent, da diese die Ver­ günstigung darstellt, mit der der Gesetzgeber den Steuerpflichtigen zu AfA nach § 7 Abs. 1 S. 1, S. 2 EStG, aufgrund des § 7 Abs. 3 S. 3 EStG hingegen nicht in dem umgekehrten Fall. Siehe Brandis in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 Rn. 377 EStG; Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 7 Rn. 221 EStG; Kulosa in: Schmidt, EStG, § 7 Rn. 175 EStG. 925 BMF v. 12.03.2010 - BMF-Schreiben, BStBl I 2010, 239, Rn. 15; hierauf verweisend BT-Drucksache 17/2823, 37; was genau die Finanzverwaltung hierunter versteht ist nicht ganz eindeutig, siehe Geberth/Blasius, FR 2010, 408, 413. Da die Über­ nahme des handelsrechtlichen GoB, wonach willkürliche Bilanzierungsentschei­ dungen verboten sind, sowie die Übertragung des aus Art. 3 GG stammenden Willkürverbots für die Exekutive nicht gemeint sein können, bleibt nach Ansicht der Autoren nur ein ungenau bezeichneter Verweis auf die Missbrauchsvorschrift des § 42 AO; kritisch auch Kaminski, DStR 2010, 771, 772. 926 Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2080; Scheffler/Binder, StuB 2012, 891, 896; teilweise wird dies aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz abgeleitet, da eine alternierende Ausübung zu ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen im Außen­ vergleich führen könnte. So etwa Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 Rn. 282 EStG; und Barke, DStZ 2015, 302, 311; a.A. Heuer, FR 1967, 317, 318 f., der auch das Willkürverbot nur dann zur Anwendung kommen lassen wollte, wenn im (damaligen) Ausnahmefall handelsrechtlich eine Pflicht zur Bi­ lanzstetigkeit bestand. Eine eigenständige Bedeutung neben der handelsrechtli­ chen Bewertungsstetigkeit wäre hiernach nicht mehr anzunehmen. 927 Klein, NWB 2010, 2042, 2045 f.; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 227. 928 Börner, StbJb 1986/1987, 201, 219; Velte, StuW 2014, 240, 252.

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dem gewünschten Verhalten veranlassen möchte.929 Sofern der Gesetzge­ ber diese willkürliche Ergebnisbeeinflussung explizit beabsichtigt, kann deren tatsächliche Durchführung nicht aufgrund eines vermeintlich willkürlichen Verhaltens untersagt werden.930 Es erscheint darüber hinaus auch bei manipulationsunspezifischen931 Wahl- und Antragsrechten fragwürdig, die Ausübung eines solchen ge­ setzlich vorgesehenen Rechtes als eine willkürliche, und damit im End­ effekt zu untersagende missbräuchliche Gestaltung anzusehen.932 Räumt der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen steuerliche Wahl- und Antrags­ rechte ein, ist diesen immanent, dass der Steuerpflichtige sie zur Er­ zielung eigener Vorteile einsetzt.933 Eine Beschränkung dieser Möglich­ keit müsste durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfolgen. Eine von den Finanzbehörden zur Vermeidung von Steuerschwankungen vorgenommene, dem Gesetz so nicht zu entnehmende Willkürprüfung ist hingegen unzulässig.934 Darüber hinaus setzt eine willkürliche Ausübung von Wahl- und An­ tragsrechten bereits begrifflich voraus, dass es keinen sachlichen Grund für die getroffene Wahl gibt, diese also beliebig ist.935 Im Regelfall wird der Steuerpflichtige seine Wahl aus steueroptimierenden Gründen tref­ fen, sodass diese eben nicht sachgrundlos und damit auch nicht willkür­ lich ist.936 Eine Einschränkung der Wahl- oder Antragsausübung durch die Vornahme einer Willkürprüfung ist folglich abzulehnen. 3. Zusammenfassung Sofern eine Bindung an die in vergangenen Zeiträumen vorgenommene Wahl- oder Antragsausübung nicht ausnahmsweise ausdrücklich gesetz­ lich angeordnet ist, unterfallen bilanzielle GoB-konforme Wahl- und ­Antragsrechte dem handelsrechtlichen Grundsatz der Stetigkeit. Dieser findet im Steuerrecht über den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 929 Börner, StbJb 1986/1987, 201, 220; Velte, StuW 2014, 240, 252. 930 Börner, StbJb 1986/1987, 201, 220; Velte, StuW 2014, 240, 252. 931 Hierunter sind diejenigen Wahl- und Antragsrechte zu verstehen, deren Einfüh­ rung nicht der Gewinnbeeinflussung gedient hat, so Börner, StbJb 1986/1987, 201, 219; Velte, StuW 2014, 240, 250 f. 932 Söffing, DB 1987, 2598, 2600, 2602; Ortmann-Babel/Bolik, BB 2010, 2099, 2102; Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2078; so ist im Ergebnis auch Schneeloch, DB 1989, 285, 292 zu verstehen. 933 Ortmann-Babel/Bolik, BB 2010, 2099, 2102; Dietel, DB 2012, 483, 485. 934 Zwirner/Künkele, Ubg 2013, 305, 308 f.; Ortmann-Babel/Bolik, BB 2010, 2099, 2102. 935 Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2078; Gabler Wirtschaftslexikon Band 6, 3585; P. Kirchhof in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts 3. Auflage Band VIII, § 181 Rn. 234. 936 Zwirner/Künkele, DStR 2013, 2077, 2078.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

S. 1 HS. 1 EStG auch nach dem BilMoG Anwendung und führt zu einer Bindung in Bezug auf die gewählten Ansatz- und Bewertungsmethoden. Sofern der Anwendungsbereich der formellen Maßgeblichkeit bei GoB-­ widrigen bilanziellen- sowie bei außerbilanziellen Wahl- und Antrags­ rechten nicht eröffnet ist, führt in dem Ausnahmefall des Wahlrechtes aus R 14 Abs. 3 S. 1 EStR 2016 der Grundsatz der steuerrechtlichen Be­ wertungsstetigkeit zu einer Bindung des Steuerpflichtigen an die im vor­ herigen Veranlagungszeitraum getroffene Wahl. Eine allgemeine Wir­ kung ist diesem Grundsatz jedoch nicht beizumessen. Vereinzelt kann zudem die Übertragung einer gesetzlich ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung auf eine materiell vergleichbare Kon­ stellation anzunehmen sein. Das oftmals angeführte Willkürverbot kann hingegen nicht zur Begrenzung der Wahl- oder Antragsausübung he­ rangezogen werden. Ein solches wäre mit dem Wesen eines steuerrecht­ lichen Wahl- und Antragsrechtes unvereinbar, durch das dem Steuer­ pflichtigen gerade die Möglichkeit zur Beeinflussung seiner Steuerlast zugebilligt werden soll.

II. Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes Nachfolgend wird zu untersuchen sein, ob ein bereits ausgeübtes Wahloder Antragsrecht mit Wirkung für die Vergangenheit noch geändert oder widerrufen werden kann. Hierbei sollen unter dem Begriff der Änderung Fälle erfasst werden, in denen eine Wahl- oder Antragsausübung zurück­ genommen und zugleich durch eine alternative Wahl- oder Antragsaus­ übung ersetzt wird. Der Widerruf hingegen stellt eine ersatzlose Rück­ nahme einer Wahl- oder Antragstellung dar, wodurch der Steuerpflichtige im Ergebnis zum gesetzlichen Regelfall zurückkehrt. Dazu wird zu­ nächst wie bei den anderen Problemstellungen auf die wenigen bestehen­ den gesetzlichen Regelungen eingegangen, um im Anschluss daran für die ungeregelten Konstellationen einen allgemeingültigen Grundsatz entwickeln zu können. 1. Verhältnis der Änderungs- bzw. Widerrufsmöglichkeit zur Bindung an die Ausübung in der Zukunft Sofern im Folgenden die Änderbarkeit bzw. Widerruflichkeit bejaht wer­ den sollte, wird diese nicht dadurch berührt, dass durch die Ausübung einiger Wahl- oder Antragsrechte eine Bindung für zukünftige Veranla­ gungszeiträume aufgrund des handelsrechtlichen Grundsatzes der Stetig­ keit oder infolge von speziellen steuergesetzlichen Regelungen anzuneh­

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

S. 1 HS. 1 EStG auch nach dem BilMoG Anwendung und führt zu einer Bindung in Bezug auf die gewählten Ansatz- und Bewertungsmethoden. Sofern der Anwendungsbereich der formellen Maßgeblichkeit bei GoB-­ widrigen bilanziellen- sowie bei außerbilanziellen Wahl- und Antrags­ rechten nicht eröffnet ist, führt in dem Ausnahmefall des Wahlrechtes aus R 14 Abs. 3 S. 1 EStR 2016 der Grundsatz der steuerrechtlichen Be­ wertungsstetigkeit zu einer Bindung des Steuerpflichtigen an die im vor­ herigen Veranlagungszeitraum getroffene Wahl. Eine allgemeine Wir­ kung ist diesem Grundsatz jedoch nicht beizumessen. Vereinzelt kann zudem die Übertragung einer gesetzlich ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung auf eine materiell vergleichbare Kon­ stellation anzunehmen sein. Das oftmals angeführte Willkürverbot kann hingegen nicht zur Begrenzung der Wahl- oder Antragsausübung he­ rangezogen werden. Ein solches wäre mit dem Wesen eines steuerrecht­ lichen Wahl- und Antragsrechtes unvereinbar, durch das dem Steuer­ pflichtigen gerade die Möglichkeit zur Beeinflussung seiner Steuerlast zugebilligt werden soll.

II. Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes Nachfolgend wird zu untersuchen sein, ob ein bereits ausgeübtes Wahloder Antragsrecht mit Wirkung für die Vergangenheit noch geändert oder widerrufen werden kann. Hierbei sollen unter dem Begriff der Änderung Fälle erfasst werden, in denen eine Wahl- oder Antragsausübung zurück­ genommen und zugleich durch eine alternative Wahl- oder Antragsaus­ übung ersetzt wird. Der Widerruf hingegen stellt eine ersatzlose Rück­ nahme einer Wahl- oder Antragstellung dar, wodurch der Steuerpflichtige im Ergebnis zum gesetzlichen Regelfall zurückkehrt. Dazu wird zu­ nächst wie bei den anderen Problemstellungen auf die wenigen bestehen­ den gesetzlichen Regelungen eingegangen, um im Anschluss daran für die ungeregelten Konstellationen einen allgemeingültigen Grundsatz entwickeln zu können. 1. Verhältnis der Änderungs- bzw. Widerrufsmöglichkeit zur Bindung an die Ausübung in der Zukunft Sofern im Folgenden die Änderbarkeit bzw. Widerruflichkeit bejaht wer­ den sollte, wird diese nicht dadurch berührt, dass durch die Ausübung einiger Wahl- oder Antragsrechte eine Bindung für zukünftige Veranla­ gungszeiträume aufgrund des handelsrechtlichen Grundsatzes der Stetig­ keit oder infolge von speziellen steuergesetzlichen Regelungen anzuneh­

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

men ist.937 Sofern die erstmalige Ausübung, die nachfolgend die Bindung auslösen würde, noch änderbar ist, kann diese mit Wirkung für alle von der Bindungswirkung erfassten Zeiträume geändert werden. Eine endgül­ tige Bindung tritt in diesem Fall somit erst zum Zeitpunkt der Unverän­ derbarkeit der erstmaligen Wahl- oder Antragsausübung ein.938 2. Vorhandene steuergesetzliche Regelungen zur Änderbarkeit oder zur Widerruflichkeit einer getroffenen Wahl Zu der Frage der Änderbarkeit bzw. der Widerruflichkeit einer Wahl- oder Antragsausübung gibt es in den einzelnen Steuergesetzen kaum aus­ drückliche Regelungen. Einzig die Vorschrift des § 4g Abs. 1 S. 4 EStG regelt die Unwiderruflichkeit des Antrags auf Bildung eines Ausgleichs­ postens gemäß § 4g Abs. 1 S. 1 EStG.939 Andere Vorschriften hingegen lassen einen Widerruf, eine Rücknahme oder eine Änderung des ge­ stellten Antrags ausdrücklich zu. Teilweise wird deren Zulässigkeit jedoch zusätzlichen Voraussetzungen940 oder einer anderweitigen Be­ ­ schränkung941 unterworfen. 3. Behandlung der nicht steuerrechtlich geregelten Konstellationen a) Differenzierung zwischen der Änderbarkeit bzw. Widerruflichkeit und der zeitlichen Grenze durch Eintritt einer Bindungswirkung In Bezug auf die steuerrechtlich nicht ausdrücklich geregelten Konstella­ tionen werden im Folgenden zwei verschiedene Ebenen zu unterschei­ den sein. Auf der ersten Ebene wird zu überprüfen sein, ob eine Änderung 937 Näher hierzu zuvor unter I. 938 BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 16 m.w.N.; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1420; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 42; Korn, Kösdi 2017, 20128, 20130. 939 In diesem Fall wird die abgegebene Willenserklärung mit Zugang bei der Finanz­ behörde bindend. Birkenfeld, StuW 1977, 31, 39; zu § 4g Abs. 1 S. 4 EStG siehe etwa Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4g Rn. 10 EStG; Bodden in: Korn, EStG, § 4g Rn. 45 EStG. 940 § 26 Abs. 2 S. 4 EStG macht beispielsweise eine Änderung des Veranlagungswahl­ rechtes der Ehegatten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides von den zusätzlichen Voraussetzungen der Änderung bzw. Berichtigung des ergan­ genen Bescheides sowie einer Änderungserklärung gegenüber dem Finanzamt ab­ hängig. 941 So hat etwa die Rücknahme des Antrags nach § 13a Abs. 2 S. 1 EStG innerhalb der Antragsfrist zu erfolgen, d.h. innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres, § 13a Abs. 2 S. 3, S. 4 EStG. §§ 19 Abs. 2 S. 3, S. 4, 23 Abs. 3 S. 2, S. 3 UStG lassen einen Widerruf des Antrags nur mit Wirkung zum Beginn eines Kalenderjahres und nur bis zur Unanfechtbarkeit des betroffenen Steuerbescheides zu, die Widerrufserklärung nach § 23a Abs. 3 S. 3, S. 4 UStG kann sogar nur bis zum zehnten Tag nach Ablauf des ersten Veranlagungszeit­ raums des Kalenderjahres abgegeben werden.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

bzw. ein Widerruf eines ausgeübten steuerlichen Wahl- und Antragsrech­ tes überhaupt in Betracht kommen kann. Danach ist in einem zweiten Schritt herauszuarbeiten, wann trotz einer grundsätzlichen Änderbarkeit bzw. Widerruflichkeit zu einem späteren Zeitpunkt dennoch eine Bin­ dungswirkung eintreten kann, die eine Änderung bzw. einen Widerruf nach diesem Zeitpunkt ausschließen würde. b) Änderungsmöglichkeit von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung aa) Allgemeines Soweit gesetzlich nichts Entgegenstehendes geregelt ist, wird die Mög­ lichkeit zur Änderung oder zum Widerruf eines bereits ausgeübten steu­ erlichen Wahl- oder Antragsrechtes allgemein zugelassen.942 Dies resul­ tiert daraus, dass weder in der AO noch in den Einzelsteuergesetzen wie etwa dem EStG die Unwiderruflichkeit bzw. Unabänderlichkeit der Aus­ übung vorgesehen ist.943 In Bezug auf bilanzielle Wahl- und Antragsrechte wird dieses Ergebnis durch die Existenz der Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG ge­ stützt.944 Durch diese können steuerrechtlich zulässige Bilanzansätze durch andere steuerrechtlich zulässige Bilanzansätze ersetzt werden.945 Die Möglichkeit einer Bilanzänderung setzt also voraus, dass der Steuer­ pflichtige mehrere zulässige Werte gegeneinander austauschen kann, was nur bei einer Änderung oder einem Widerruf der Wahl- oder Antrags­ ausübung denkbar ist.946 Sofern es sich vereinzelt so anhört, als würde die Widerrufs- oder Ände­ rungsmöglichkeit des Steuerpflichtigen in Zweifel gezogen,947 beruht 942 BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 18; BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 23; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 34; Kruse, FS Tip­ ke, 277, 292; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuer­ recht, S. 93; Rüsken in: Klein, AO, § 164 Rn. 35 AO; so bereits Becker, StuW I 1929, Sp. 19, Sp. 40; und Crisolli, Lehrbuch des Steuerrechts, S. 178, der zumin­ dest solche Willenserklärungen des Steuerpflichtigen für änderbar hält, deren Aus­ übung wie etwa bei Wahl- oder Antragsrechten im persönlichen Interesse des Er­ klärenden liegt. 943 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 17. 944 So auch Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1419; sowie Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 132. 945 Siehe etwa BFH v. 19.12.2012 - IV R 41/09, BStBl II 2013, 313, Rn. 38; BFH v. 09.08.1989 - X R 110/87, BStBl II 1990, 195, Rn. 16; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1026 EStG; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 750 EStG. 946 Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 460, Rn. 484 f. EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1026 EStG; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 750 EStG. 947 So etwa in BFH v. 10.01.1958 - VI 46/55 U, BStBl III 1958, 74, Rn. 6; Klemp, StuW 1972, 217, 221.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

dies darauf, dass die beiden zu trennenden Ebenen948 hierbei vermischt werden. Den Quellen ist es gemeinsam, dass die abstrakte Frage der Än­ derbarkeit sowie der eventuelle spätere Eintritt einer Bindungswirkung als zeitliche Grenze für Änderung bzw. Widerruf nicht ausdrücklich un­ terschieden werden. Die theoretische Möglichkeit einer Änderung bzw. eines Widerrufs auf erster Ebene ist jedoch auch hiernach wohl zu beja­ hen. bb) Besonderheiten bei Wahl- und Antragsrechten mit Drittwirkung, insb. im UmwStG Bei manchen Wahl- und Antragsrechten, insbesondere im UmwStG, ver­ einzelt aber auch im UStG oder EStG, besteht die Besonderheit, dass die­ sen eine Drittwirkung zukommt. So wirkt etwa die Ausübung des Be­ wertungswahlrechtes aus § 3 Abs. 2 S. 1 UmwStG nicht nur im Verhältnis zwischen der übertragenden Gesellschaft und dem Finanzamt, sondern darüber hinaus auch für die übernehmende Gesellschaft sowie deren Ge­ sellschafter, da hierdurch die anzusetzenden Werte für die übernomme­ nen Wirtschaftsgüter verbindlich festgesetzt werden.949 Auch der Option zum Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG kann eine solche Drittwirkung zukommen.950 (1) Möglichkeit zur Änderung von Wahl- und Antragsrechten mit Drittwirkung Sofern einem Wahl- oder Antragsrecht Drittwirkung zukommt, soll nach der herrschenden Ansicht eine Änderung allein aus diesem Grunde nicht mehr in Betracht kommen.951 Dies beruhe darauf, dass in Dreipersonen­ verhältnissen ein erhöhtes Bedürfnis an Rechtssicherheit und Ver­ trauensschutz bestehe.952 Es könne der an der Antragstellung nicht un­ mittelbar beteiligten dritten Person nicht zugemutet werden, dass der Antragssteller das bereits ausgeübte Wahl- oder Antragsrecht abändern und damit das zwischen beiden geschlossene zivilrechtliche Rechtsver­

948 Siehe hierzu die vorherigen Ausführungen unter a). 949 BFH v. 19.10.2005 - I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099, Rn. 15; Birkemeier in: Rödder/ Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 145 UmwStG. 950 Siehe hierzu etwa den dem Urteil des BFH v. 21.10.2015 - XI R 40/13, BStBl II 2017, 852 zugrunde liegenden Sachverhalt. 951 BFH v. 21.10.2015 - XI R 40/13, BStBl II 2017, 852, Rn. 46 f. zum Verzicht nach § 9 Abs. 1 UStG; für umwandlungssteuerliche Wahlrechte siehe etwa BFH v. 19.10.2005 - I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099, Rn. 15. 952 BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 24. In dieser Entscheidung sieht der BFH das Vertrauen aber nicht als schutzwürdiger an als das Interesse des Wahlrechtsausübenden an dem Widerruf der erstmaligen Wahl; Albert, FR 2006, 913, 194; Seifert, DStZ 2007, 102, 106.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

hältnis sowie das Steuerrechtsverhältnis zwischen dem Dritten und der Finanzbehörde modifizieren kann.953 Das Vorliegen eines Dreipersonenverhältnisses spricht jedoch keines­ wegs zwingend gegen eine Versagung der Änderungsmöglichkeit.954 Hier­ für spricht zunächst, dass der Dritte auch an der eigentlichen Wahl- oder Antragsausübung nicht unmittelbar beteiligt wird. Zwar besteht zwi­ schen beiden Steuerpflichtigen in Konstellationen mit Drittwirkung ­regelmäßig ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis. Dessen Missachtung durch eine abredewidrige Antragstellung berührt aber nicht die Wirk­ samkeit der Wahl- oder Antragsausübung, sondern begründet allenfalls zivilrechtliche Schadensersatzansprüche des Ausübenden.955 Wird dem Dritten auch beim erstmaligen Ausübungsakt keine steuerrechtlich rele­ vante Einwirkungsmöglichkeit zugebilligt, spricht allein dieser Umstand bereits gegen einen absoluten Schutz seines Vertrauens nach der Aus­ übung des Wahl- oder Antragsrechtes. Es ist vielmehr erforderlich einen Ausgleich zwischen dem Änderungsin­ teresse des Ausübenden und dem Vertrauen des Dritten herbeizuführen, der im Anschluss an die ursprüngliche Ausübung unter Umständen steu­ erlich relevante Dispositionen vorgenommen hat. Der Schutz dieses be­ rechtigten Vertrauens des Dritten sollte in gewissen Grenzen zwar ge­ währleistet werden, er erfordert allerdings kein absolutes Änderungs- bzw. Widerrufsverbot.956 Vielmehr muss es den Beteiligten auch in einem Dreipersonenverhältnis möglich sein, eine Änderung bzw. einen Wider­ ruf der Antragsausübung zumindest einvernehmlich vornehmen zu kön­ nen.957 Sofern eine Zustimmung des betroffenen Dritten vorliegt, hat er 953 BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 24; BFH v. 21.10.2015 - XI R 40/13, BStBl II 2017, 852, Rn. 47. 954 So auch der BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 24 in Bezug auf das Wahlrecht zur pauschalierten Besteuerung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG. Hier hat der BFH den Vertrauensschutz des Zuwendungsempfängers gegenüber dem Interesse des Ausübungsberechtigten zurücktreten lassen, sofern dieser den Empfänger von der Änderung in Kenntnis gesetzt hat. 955 Koch, BB 2011, 1067, 1070; Schmitt/Schlossmacher, DB 2010, 522; Birkemeier in: Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 139 UmwStG; Schmitt in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 3 Rn. 65 UmwStG. 956 BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 24; Fuhrmann/Potsch, Kösdi 2015, 19619, 19620 f.; Urban, DStZ 2007, 299, 309; Lingemann in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 37b Rn. 32 EStG. 957 A.A. in Bezug auf das Wahlrecht des § 37 b EStG BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 24, wo eine bloße Inkenntnissetzung des Dritten als aus­ reichend angesehen wird; so auch Fuhrmann/Potsch, Kösdi 2015, 19619, 19620 f.; Urban, DStZ 2007, 299, 309; sowie Lingemann in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 37b Rn. 32 EStG. Die bloße Mitteilung des Ausübenden an den Dritten ermöglicht diesem seinen veränderten steuerlichen Verpflichtungen nach­ kommen zu können. Sie schützt allerdings nicht sein Vertrauen darauf, nach der erstmaligen Ausübung keinen weiteren steuerlichen Belastungen unterworfen zu

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

auf den durch die Bindung erstrebten Schutz seiner Dispositionen ver­ zichtet, sodass es keinen Grund dafür gibt, die Wirksamkeit der Ände­ rung oder des Widerrufs in Zweifel zu stellen. Die Finanzbehörde ist grundsätzlich auch im Rahmen eines Dreiperso­ nenverhältnisses nicht schutzbedürftiger als in dem zuvor geschilderten Normalfall. Aus ihrer Sicht steht die Änderung bzw. der Widerruf einer Wahl- oder Antragsausübung im Zweipersonenverhältnis der im Drei­ personenverhältnis gleich und ist folglich – vorbehaltlich einer u.U. spä­ ter eintretenden Bindung958 – bei Zustimmung beider beteiligter Steuer­ pflichtiger hinzunehmen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn sich durch die Ausübung die steuerliche Belastung bei dem Dritten erhöht. In einem solchen Fall muss es der Finanzbehörde möglich sein zu prüfen, ob sie die Veranla­ gung bei dem Dritten überhaupt noch an die höhere steuerliche Belas­ tung anpassen kann.959 Wäre ihr dies ausnahmsweise960 nicht möglich, würde es durch die Änderung zu endgültigen Steuerausfällen kommen, die aus Sicht der Finanzbehörden nicht hinnehmbar sind und damit durch die Möglichkeit zur Ablehnung der Änderung bzw. es Widerrufs verhindert werden müssen. (2) Besonderheit bei Wahlrechten im UmwStG Auch bei Wahlrechten des UmwStG soll eine Änderung des gestellten Antrags nach der herrschenden Ansicht nicht in Betracht kommen.961 werden. Da somit diese Ansicht lediglich das Interesse der Finanzbehörden in Be­ zug auf die künftige Steuerfestsetzung sicherstellt, das schützenswerte Vertrauen des Dritten jedoch vollkommen außer Acht lässt, kann sie meines Erachtens nicht überzeugen. Vorzugswürdig ist für mich daher eine einvernehmliche Änderung vorauszusetzen, da hierdurch sowohl das Vertrauen des Dritten, nicht ohne seine Zustimmung geänderten steuerlichen Verpflichtungen zu unterliegen, geschützt wird und zugleich dem Interesse der Finanzbehörden an der Sicherstellung der veränderten Steuerfestsetzung Genüge getan wird. 958 Siehe hierzu im Folgenden unter c). 959 So auch, wenngleich mit diesem Argument eine Änderung insgesamt ausschlie­ ßend, der BFH v. 21.10.2015 - XI R 40/13, BStBl II 2017, 852, Rn. 49 f. Die Frage, ob auch die Veranlagung des Ausübenden an die geänderte Ausübung angepasst wer­ den kann, wird im Folgenden unter 4. zu behandeln sein. 960 Da die Änderung eines Wahl- oder Antragsrechtes jedoch genau wie dessen erst­ malige Ausübung die Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfüllt und in einigen Fällen zudem eine Korrektur auch nach § 174 AO in Betracht kom­ men kann, dürfte ein solcher Fall nahezu ausgeschlossen sein. Siehe hierzu die Ausführungen im 2. Teil unter IV.4.b)bb), nachfolgend unter 4.b)dd) sowie BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 25; siehe zu § 40 EStG Thürmer in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 40 Rn. 124 EStG; Heuermann, Leistungs­ pflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, S. 36. 961 BFH v. 19.10.2005 - I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099, Rn. 14 ff.; Widmann in: Wid­ mann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.17 UmwStG; Birkemeier in: Röd­

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Dies beruhe neben der vorhandenen Drittwirkung962 darauf, dass eine Be­ rücksichtigung der geänderten Wahlrechtsausübung eine Bilanzänderung der eingereichten Schlussbilanz nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG erfordern wür­ de, deren Voraussetzungen jedoch – da es sich bei der Änderung um eine rückwirkende Sachverhaltsgestaltung handeln soll – nicht gegeben sei­ en.963 Auch eine solche Begründung rechtfertigt jedoch keineswegs eine unein­ geschränkte Bindung an den gestellten Antrag. Wahlrechte des UmwStG sind zeitlich befristet, da sie spätestens bis zur Einreichung der steuerli­ chen Schlussbilanz auszuüben sind.964 Hieraus ergibt sich, dass auch eine Änderung bzw. ein Widerruf entsprechend den im Folgenden zu erläu­ ternden Grundsätzen nur bis zu diesem Zeitpunkt in Betracht kommen kann.965 Eine Änderung bzw. ein Widerruf ist somit von vornherein nur dann denkbar, wenn die erstmalige Ausübung des Wahlrechtes durch einen vor Einreichung der Schlussbilanz gestellten separaten Antrag erfolgt ist. Sofern die Änderung oder der Widerruf vor oder mit Einreichung der Schlussbilanz966 vorgenommen wird, ist eine Bilanzänderung – mangels einer bis zu diesem Zeitpunkt eingereichten Bilanz – jedoch gar nicht erforderlich. Aus den nach dieser Ansicht fehlenden Voraussetzungen für

der/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 145 UmwStG; Schmitt in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 3 Rn. 72 UmwStG; Möhlenbrock/Pung in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 3 Rn. 65 UmwStG; a.A. für den Zeitraum bis zur Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz Koch, BB 2011, 1067, 1070; Brinkhaus in: Haritz/Menner, UmwStG, § 3 Rn. 102 UmwStG; Frotscher, Umwandlungssteuererlass 2011, S. 182. 962 BFH v. 19.10.2005 - I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099, Rn. 15 ff.; Birkemeier in: Röd­ der/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 145 UmwStG; Möhlenbrock/Pung in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 3 Rn. 65 UmwStG; Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.17 UmwStG. Allei­ ne durch die Drittwirkung kann jedoch wie unter (1) dargestellt die vollständige Versagung einer Änderungsmöglichkeit nicht begründet werden. 963 BFH v. 19.10.2005 - I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099, Rn. 13 ff.; Birkemeier in: Röd­ der/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, § 3 Rn. 145 UmwStG; Schmitt in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, § 3 Rn. 72 UmwStG; Schönherr/Lemaitre, GmbHR 2007, 459, 462. 964 Siehe hierzu bereits im 2. Teil unter IV.1.a). 965 Siehe hierzu 3.c)aa). 966 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei Abweichungen zwischen dem vorherigen Antrag und den im Rahmen der Schlussbilanz angesetzten Werten der Antrag vor­ gehen soll. So etwa Schmitt/Schlossmacher, DB 2010, 522, 523; Koch, BB 2011, 1067, 1068; Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.17 UmwStG in Fn. 1; Möhlenbrock/Pung in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körper­ schaftsteuer, § 3 Rn. 60 UmwStG unter Verweis auf Rn. 03.29 des UmwStE 2011. Es empfiehlt sich somit, der Schlussbilanz in diesem Fall eine ausdrückliche Än­ derungserklärung beizulegen.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG kann folglich kein zusätz­ liches Argument für eine Bindung gezogen werden.967 Auch bei Wahl- und Antragsrechten des UmwStG ist mit Zustimmung des Dritten somit eine Änderung bzw. ein Widerruf zuzulassen. Aufgrund des Zeitpunktes der Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz als zeitliche Ausübungsgrenze besteht diese Möglichkeit allerdings nur in dem Zeit­ raum zwischen der Stellung eines ausdrücklichen vorherigen Antrages und der späteren Einreichung der Schlussbilanz. c) Späterer Eintritt einer Bindungswirkung aa) Bindungswirkung durch Ablauf einer zeitlichen Ausübungsgrenze Einige Wahl- und Antragsrechte unterliegen einer ausdrücklichen gesetz­ lichen Befristung.968 Sobald diese zeitliche Grenze erreicht wird, ist nicht nur die erstmalige Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes unzulässig,969 sondern grundsätzlich970 auch die Frist zur Änderung bzw. zum Widerruf der getroffenen Wahl abgelaufen,971 wodurch diese verbindlich wird. Auch eine Durchbrechung der Bestandskraft durch das Eingreifen von Korrek­ turvorschriften kann die zwischenzeitlich bereits eingetretene Bindung nicht wieder beseitigen, da insoweit die Fristbestimmungen als vorrangi­ ge Sonderregelungen zu den Korrekturvorschriften anzusehen sind.972 Eine Verlängerung der gesetzlichen Befristungen durch die Finanzbehör­ den ist aufgrund deren Einordnung als Ausschlussfristen nicht mög­ lich.973 Lediglich in Ausnahmefällen, wenn die Frist zur Ausübung des Wahl- und Antragsrechtes an die Steuererklärungsfrist gekoppelt ist, kann mittelbar über eine Verlängerung der Erklärungsfrist auch die Aus­ übungsfrist ausgedehnt werden,974 wodurch der Eintritt der Bindung an 967 So auch Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 3 Rn. R 63.17 UmwStG in Fn. 1. Widmann lehnt dennoch ohne weitere Begründung eine Wider­ ruflichkeit ab. 968 Dies ist im deutschen Steuerrecht jedoch die Ausnahme, wie auch die Auflistung im 2. Teil unter IV.1.a) und b) verdeutlicht. 969 Näher dazu 2. Teil IV.2. 970 Etwas anderes gilt etwa für das Veranlagungswahlrecht der Ehegatten aus § 26 EStG, da hier eine Änderung bzw. ein Widerruf ausdrücklich gemäß § 26 Abs. 2 S. 4 EStG unter bestimmten Voraussetzungen auch noch nach Ablauf der Steuer­ erklärungsfrist zugelassen ist. 971 v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150; so in Bezug auf bilanzielle Wahl- und Antrags­ rechte Knobbe in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1301 EStG; Prinz, StbJb 2007/2008, 203, 209; Beckerath, FR 2011, 349, 356. 972 2. Teil unter IV.2.b). 973 Siehe bereits im 2. Teil IV.2.c)aa). 974 Eine solche mittelbare Verlängerung der Ausübungsfrist durch Verlängerung der Steuererklärungsfrist wird überwiegend abgelehnt, dieser herrschenden Ansicht ist jedoch nicht zu folgen. Siehe hierzu im 2. Teil IV.2.c)bb).

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

die getroffene Wahl verschoben und eine Änderung bzw. ein Widerruf bis zum Ablauf dieser verlängerten Frist ermöglicht wird. In Betracht kommt jedoch auch in Bezug auf die verspätete Änderungsoder Widerrufserklärung einer Wahl- oder Antragsausübung eine Wieder­ einsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 S. 1 AO. Sofern die engen Voraussetzungen der Norm vorliegen,975 insbesondere also der Ausübungsberechtigte oder dessen Vertreter das Fristversäumnis nicht zu vertreten haben, kann die Änderung bzw. der Widerruf innerhalb von einem Monat nach Wegfall des Hindernisses erklärt werden, § 110 Abs. 2 S. 1 AO. bb) Übernahme zivilrechtlicher Vorschriften auf das Steuerrecht Um für unbefristete steuerliche Wahl- und Antragsrechte mangels Exis­ tenz eigenständiger steuerrechtlicher Vorschriften zum Eintritt der Bin­ dung an eine abgegebene Willenserklärung einen allgemeingültigen Grundsatz aufstellen zu können, lohnt sich zunächst der Blick in andere Rechtsgebiete. Sofern hier entsprechende Grundsätze vorhanden sind, wird zu prüfen sein, ob sich diese auf das Steuerrecht übertragen las­ sen.976 Dabei bietet sich – neben einem Blick in das dem Steuerrecht na­ hestehende allgemeine Verwaltungsrecht – insbesondere ein Blick in das Zivilrecht an, da hier das einzige umfassende gesetzliche Regelungsre­ gime für Willenserklärungen besteht. (1) Zivilrechtliche Vorschriften zur Bindung an eine Willenserklärung Der Widerruf einer zivilrechtlichen Willenserklärung ist gesetzlich aus­ drücklich zugelassen. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB sieht jedoch als enge zeitli­ che Beschränkung vor, dass der Widerruf nur dann wirksam wird, wenn er dem Empfänger vor oder zeitgleich mit der Willenserklärung zugeht. Eine Bindung an die abgegebene Willenserklärung tritt folglich mit deren Zugang bei dem Empfänger ein.977 Hierdurch soll ein Ausgleich zwischen dem Primat des Erklärungswillens und dem Vertrauensschutz des Erklä­ rungsempfängers geschaffen werden.978 Demgegenüber regelt § 183 BGB, dass der Widerruf einer Einwilligungs­ erklärung bis zur Vornahme des entsprechenden Rechtsgeschäftes mög­ lich ist. Erst der Eintritt der durch die Willenserklärung erstrebten Rechts­ 975 Ausführlicher im 2. Teil unter IV.2.c)aa). 976 Allgemein zur Übernahme zivilrechtlicher Vorschriften auf das Steuerrecht im 2. Teil I.3.c). 977 Zum Widerruf von Willenserklärungen nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB siehe statt aller Einsele in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 130 Rn. 40 BGB. 978 Singer/Benedict in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 130 Rn. 100 BGB.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

folgen führt hiernach zu einer Bindung des Zustimmenden an seine Zustimmungserklärung.979 (2) Meinungsstand in Bezug auf verwaltungsrechtliche ­Willenserklärungen Im Verwaltungsrecht dreht sich die Diskussion zum Widerruf oder zur Änderung einer Willenserklärung im Wesentlichen um Erklärungen im Rahmen des mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsaktes, d.h. eines sol­ chen Verwaltungsaktes, der nur auf Antrag des Bürgers ergehen kann oder von dessen Zustimmung abhängig ist.980 Die grundsätzliche Änder­ barkeit bzw. Widerruflichkeit von öffentlich-rechtlichen Willenserklä­ rungen ist hierbei von den verschiedenen Meinungen – wie im Steuer­ recht auch – anerkannt.981 Begründet wird die Widerruflichkeit bzw. die Änderbarkeit mit einem Verweis auf die im Verwaltungsprozessrecht geltenden Grundsätze, nach denen die Rücknahme eingelegter Rechtsbehelfe bis zur rechtskräftigen Entscheidung möglich ist.982 Anders als im Zivilrecht fehle es im öffent­ lichen Recht regelmäßig an einem schutzwürdigen Vertrauen der Behör­ de als Erklärungsempfänger, welches die Nichtberücksichtigung von Willensänderungen des Bürgers verlangen würde.983 Darüber hinaus spre­ che auch die Dispositionsmaxime in denjenigen Verwaltungsverfahren, deren Verfahrenseröffnung von einem Antrag abhängig ist (vgl. § 22 S. 2 VwVfG) dafür, dem Bürger ebenfalls die Entscheidungsfreiheit darüber zuzubilligen, den gestellten Antrag wieder zurückzunehmen.984 Unklar ist jedoch auch im Verwaltungsrecht der Zeitpunkt, bis zu dem die Änderung bzw. der Widerruf erklärt werden muss um wirksam zu sein, d.h. im Endeffekt auch hier die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Bindungswirkung eintritt. 979 Zum Widerruf nach § 183 BGB siehe etwa Bayreuther in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 183 Rn. 9 ff. BGB. 980 Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rn. 229 ff. VwVfG; Alemann/ Scheffczyk in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 35 Rn. 80 ff. VwVfG. 981 BVerwG v. 29.05.1980 - 5 C 65/78, FamRZ 1981, 208, Rn. 17 f.; BVerwG v. 03.04.1987 - 4 C 30/85, NJW 1988, 275, Rn. 24; Hartmann, DÖV 1990, 8, 12; Kluth, NVwZ 1990, 608, 612; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 100 f.; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 142 ff. 982 Siehe hierzu die Regelungen der §§ 92 Abs. 1, 126 Abs. 1, 140 Abs. 1 VwGO. ­BVerwG v. 29.05.1980 - 5 C 65/78, FamRZ 1981, 208, Rn. 13; Kluth, NVwZ 1990, 608, 612. 983 Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 321; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 142 f. 984 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 142; allgemein zum Widerruf des Antrags auf Er­ lass eines Verwaltungsaktes Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 22 Rn. 66 ff. VwVfG; Heßhaus in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 22 Rn. 36 VwVfG; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 102 ff.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Teilweise wird für den Eintritt der Bindungswirkung an eine öffentlich-­ rechtliche Willenserklärung § 130 Abs. 3, Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend angewendet.985 Hiernach würde die Bindung in dem Zeitpunkt eintreten, in dem die Willenserklärung der Behörde zugegangen ist. Nur so könne die Rechtssicherheit gewahrt, ein unklarer Schwebezustand für die Be­ troffenen verhindert und eine unnötige Verzögerung des Verfahrens ver­ mieden werden.986 Überwiegend wird dagegen eine entsprechende Anwendung des § 183 BGB auf öffentlich-rechtliche Willenserklärungen angenommen.987 Der Norm sei der allgemeine Grundsatz zu entnehmen, dass Willenserklä­ rungen, die ihre Rechtswirkungen nur in Verbindung mit weiteren Rechtshandlungen des Empfängers entfalten können, erst mit Eintritt dieser Gesamtwirkungen bindend werden sollen.988 Mit diesem in § 183 BGB geregelten Grundsatz sei die vom Bürger im Rahmen eines mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsaktes abzugebende öffentlich-­recht­ liche Willenserklärung vergleichbar. Auch bei einem solchen Verwal­ tungsakt strebt der Bürger den Eintritt von Rechtsfolgen an, die er nicht bereits durch seine eigene Erklärung herbeiführen kann, sondern die durch den Erlass des Verwaltungsaktes durch die Behörde bedingt sind.989 Gegen eine entsprechende Anwendung des § 183 BGB spricht nicht, dass es sich bei dem mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt regelmäßig um ein Rechtsgeschäft in einem Zweipersonenverhältnis handelt.990 Un­ ter § 183 BGB sind nicht nur Erklärungen im Dreipersonenverhältnis, sondern etwa auch einseitige zustimmungsbedürftige Willenserklärun­ gen im Zweipersonenverhältnis zu subsumieren.991 Eine Übertragung der 985 VGH Mannheim v. 1983 - 5 S 278/82, NVwZ 1983, 229, Rn. 2; Kempfler, NJW 1965, 1951; Hartmann, DÖV 1990, 8, 12, beschränkt die Anwendung des § 130 BGB auf diejenigen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen, die keine zwingen­ de Voraussetzung für den Erlass des VAs durch die Behörde sind. 986 VGH Mannheim v. 1983 - 5 S 278/82, NVwZ 1983, 229, Rn. 2; Kempfler, NJW 1965, 1951. 987 Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rn. 237 VwVfG; Middel, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 101 ff.; im Ergebnis auch Krause, JuS 1972, 425, 428, wenngleich er sich dabei nicht ausdrücklich auf § 183 BGB beruft; so auch für den Fall, dass die Verwaltungsentscheidung mit der abgegebenen Willenserklärung „steht und fällt“ Hartmann, DÖV 1990, 8, 13; kri­ tisch de Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 159 f., der eine Rücknahme bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit zulassen möchte, S. 162 ff. 988 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 102; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 112. 989 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 103; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 107. 990 So aber Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 110 f., der die Anwen­ dung des § 183 BGB jedoch anderweitig begründen möchte. 991 Gursky in: Staudinger, §§ 164–240 (Allgemeiner Teil 5), Vorbem zu §§ 182-185 Rn. 16 BGB; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 146.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

Grundsätze des § 183 BGB auf das Verhältnis zwischen Bürger und Ver­ waltung ist mithin nicht ausgeschlossen.992 Zivilrechtlich betrifft § 183 BGB solche Willenserklärungen, die eine Wirksamkeitsvoraussetzung für das angestrebte Rechtsgeschäft darstel­ len.993 Der Antrag im Verwaltungsrecht hingegen ist für den zu erlasse­ nen Verwaltungsakt regelmäßig nur eine Rechtmäßigkeitsvorausset­ zung.994 Eine zwingende Versagung der Anwendung von § 183 BGB kann auch hiermit allerdings nicht begründet werden. Dem Zivilrecht insge­ samt ist die im öffentlichen Recht vorgenommene Aufteilung in rechts­ widrige und nichtige Rechtsgeschäfte fremd.995 Die Vergleichbarkeit der Konstellationen im Zivil- und im Verwaltungsrecht muss somit auf ei­ ner anderen Ebene stattfinden. Entscheidend für die entsprechende An­ wendung des § 183 BGB sollte somit sein, dass die durch das Rechtsge­ schäft eintretenden Wirkungen von dem Willen des Erklärenden umfasst sind, was auch bei Willenserklärungen im Verwaltungsrecht zu bejahen ist.996 Eine entsprechende Anwendung von § 183 BGB auf Willenserklärungen im Verfahren eines mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsaktes ist somit zulässig und geboten. Dies hat zur Folge, dass der Bürger an die von ihm abgegebene Willenserklärung erst mit Eintritt der Rechtswirkungen des vorzunehmenden Rechtsgeschäftes i.S.d. § 183 BGB, d.h. mit Bekanntga­ be des Verwaltungsaktes gebunden ist.997 Ein überwiegendes Interesse der Behörde, die Bindungswirkung bereits mit Zugang der Willenserklärung eintreten zu lassen ist von absoluten Ausnahmefällen abgesehen nicht ersichtlich.998

992 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 146. 993 Gursky in: Staudinger, §§ 164–240 (Allgemeiner Teil 5), Vorbem zu §§ 182-185 Rn. 18 BGB; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 144; so auch Hartmann, DÖV 1990, 8, 12, der aus diesem Grunde § 183 BGB im Regelfall für unanwendbar hält. 994 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 145. 995 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 103; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 145. 996 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 103; Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 145 f. 997 Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe und nicht auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des VA soll vorzugswürdig sein, da es ansonsten um die nach­ trägliche Aufhebung von eingetretenen Rechtswirkungen gehen würde, was dem Wesen des Widerrufs widersprechen solle, so Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 105; a.A. Stelkens in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 35 Rn. 237 VwVfG, der einen Widerruf nach Erlass nur ausschlie­ ßen möchte, wenn hierdurch einem Dritten eine begünstigende Rechtsposition entzogen werden würde. 998 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 103, S. 107; Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 321; Kluth, NVwZ 1990, 608, 613.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

(3) Anwendung von § 130 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten Da es wie aufgezeigt überwiegend an eigenständigen steuerrechtlichen Vorgaben in Bezug auf den Eintritt einer Bindung an die getroffene Wahl fehlt, könnte eine Übernahme von zivilrechtlichen Vorschriften auf die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten angedacht wer­ den.999 Hierbei kommen – wie im Verwaltungsrecht auch – grundsätzlich die Vorschriften des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB sowie des § 183 BGB in Betracht. Auf das Steuerrecht übertragen würde eine entsprechende Anwendung des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB dazu führen, dass der Steuerpflichtige mit Zu­ gang seiner erstmaligen Wahl- oder Antragsausübung bei den Finanzbe­ hörden gebunden ist. Die Änderung und der Widerruf einer wirksamen Wahl kämen somit nie in Betracht, da zum Wirksamwerden der Wahloder Antragsausübung als empfangsbedürftige Willenserklärung stets de­ ren Zugang bei der zuständigen Finanzbehörde erforderlich ist.1000 In Bezug auf steuerrechtliche Willenserklärungen mit unmittelbarer Ge­ staltungswirkung ist die entsprechende Anwendung des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB bislang bejaht worden.1001 Solche zeichnen sich dadurch aus, dass die durch sie erstrebten Rechtswirkungen bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung eintreten und somit keine umsetzende Ent­ scheidung der Finanzbehörden mehr erforderlich ist.1002 Eine solche unmittelbare Wirkung kommt der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten im Steuerrecht grundsätzlich1003 nicht zu. Sie bewirkt 999 Allgemein zur Übernahme zivilrechtlicher Regelungen auf steuerrechtliche Wil­ lenserklärungen im 2. Teil unter I.3.c). 1000 Näher im 2. Teil unter I.4.a). 1001 BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 26 ff., wobei das hier be­ troffene Kleinunternehmerwahlrecht aufgrund von vorrangigen Sonderregelun­ gen in § 19 UStG im Endeffekt doch nicht mit Zugang bindend wird; BFH v. 17.09.2008 - IX R 72/06, BStBl II 2009, 639, Rn. 16; richtigerweise kommt dem Verzicht jedoch keine solche unmittelbare Gestaltungswirkung zu, da er ledig­ lich zur Anwendung der allgemeinen Vorschriften führt, die Umsatzsteuer je­ doch im Folgenden noch durch das Finanzamt festgesetzt werden muss. So ­Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 19 Rn. 126 UStG; generell zur Bindung an Willenserklärungen mit unmittelbarer Gestaltungswirkung Birkenfeld, StuW 1977, 31, 34; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 149 Rn. 13 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 132; sowie Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1418, hier jedoch ohne ausdrücklichen Verweis auf § 130 BGB. 1002 BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 29; BFH v. 17.09.2008 - IX R 72/06, BStBl II 2009, 639, Rn. 16; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 149 Rn. 13 AO; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1418. 1003 Anders jedoch die abzulehnende (s.o. Fn. 1001) Auffassung des BFH in Bezug auf das Kleinunternehmerwahlrecht des § 19 UStG. Siehe hierzu BFH v. 19.12.1985 - V R 167/82, BStBl II 1986, 420, Rn. 29. Hier lässt das Gesetz den

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

durch die Änderung der anzuwendenden Rechtsvorschriften zwar eine rückwirkende Änderung der nach § 38 AO entstandenen Steuer.1004 Der Steuerpflichtige bezweckt durch seine Antragstellung jedoch nicht allein die Beeinflussung der entstandenen Steuer, sondern in erster Linie auch die Anpassung der tatsächlichen Steuerfestsetzung an diese Änderung. Eine solche bedarf jedoch einer Änderung des Steuerbescheides durch die Finanzbehörden, sodass der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten bloß mittelbare Gestaltungswirkung durch eine inhaltliche Änderung des zu erlassenden oder zu ändernden Bescheides zukommt.1005 Sofern der Willenserklärung wie bei der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten bloß mittelbare Gestaltungswirkung zu­ kommt, lässt sich eine entsprechende Anwendung des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB im Steuerrecht nicht begründen. Nach den oben herausgearbei­ teten Grundsätzen1006 muss bei der Übernahme einer zivilrechtlichen Vorschrift auf die Besonderheiten des Steuerrechts Rücksicht genommen werden. Einer Übernahme des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB stehen diese aller­ dings entgegen, da dem mit der Vorschrift im Zivilrecht verfolgten Ziel, einen Ausgleich zwischen den Interessen des Erklärenden und dem Ver­ trauensschutz des Erklärungsempfängers herzustellen,1007 im Steuerrecht eine weitaus geringere Bedeutung beizumessen ist. Zwar muss auch hier ein Ausgleich zwischen den Interessen des Steuer­ pflichtigen und der Finanzbehörde geschaffen werden. Anders als im Zivilrecht, wo Erklärender und Erklärungsempfänger jeweils eigene ­ ­Interessen verfolgen, verfolgt die Finanzbehörde im Steuerrecht keine In­ teressen, die dem Interesse des Steuerpflichtigen vollständig entgegen­ stehen.1008 Als schützenswert ist hier lediglich das Interesse der Finanz­ behörde an einer reibungslosen und einfachen Verfahrensdurchführung anzusehen. Dieses ist jedoch zumindest solange nicht besonders schüt­ zenswert und damit in der Abwägung gegenüber den Interessen des Steu­ erpflichtigen grundsätzlich nachrangig, bis die Finanzbehörde die Steuer tatsächlich festgesetzt hat.1009 Bei Zugang der Ausübungserklärung ist die Widerruf allerdings ausdrücklich bis zur Unanfechtbarkeit zu, sodass der BFH § 130 Abs. 1 S. 2 BGB aufgrund einer vorrangigen Sonderregelung auch hier nicht angewendet hat. 1004 Siehe hierzu den 1. Teil I.3. sowie die Dissertation von Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, passim. 1005 Ähnlich Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueran­ spruchs, S. 132. 1006 2. Teil I.3.c). 1007 Singer/Benedict in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 130 Rn. 100 BGB. 1008 Siehe hierzu bereits im 2. Teil unter I.3.b) sowie unter I.4.c)bb)(3). 1009 So bereits der RFH v. 17.04.1929 - VI A 879/27, StuW II 1929, Sp. 113, Sp. 117; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 379; ähnlich Crisolli, Lehrbuch des Steuerrechts, S. 178.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Rechtslage hingegen noch ungewiss, sodass die Finanzbehörden kein schützenswertes Vertrauen in den Bestand der Erklärung aufbauen kön­ nen.1010 Es besteht im Steuerrecht folglich kein Bedürfnis daran, die Finanzbehör­ den in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand der einmal getroffenen Wahl schon ab dem Zugang der Willenserklärung zu schützen. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB kann aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage in Zivilund Steuerrecht nicht entsprechend auf die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten angewendet werden.1011 (4) Übernahme des § 183 BGB in das Steuerrecht Eine weitere Regelung über deren Übernahme in das Steuerrecht nachge­ dacht werden kann, ist § 183 BGB. Hiernach ist eine Einwilligung wider­ ruflich, bis das betroffene Rechtsgeschäft vorgenommen worden ist. Erst mit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, d.h. mit dessen Wirksamwerden würde bei einer Übertragung des § 183 BGB auf das Steuerrecht die Bin­ dung an die Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes eintreten. Roth1012 möchte in den Fällen, in denen die Wahl- oder Antragsausübung mit dem Antrag auf Erlass eines mitwirkungsbedürftigen Verwaltungs­ aktes vergleichbar ist, die Vorschrift des § 183 BGB im Steuerrecht ent­ sprechend anwenden und mit Bekanntgabe des Steuerbescheides die ­Bindung eintreten lassen. Auch bei der Ausübung einiger steuerlicher Wahl- und Antragsrechte1013 handele es sich um eine Rechtmäßigkeitsvo­ raussetzung für den zu erlassenden Verwaltungsakt. Sofern die Finanzbe­ hörde in dem erlassenen Steuerbescheid etwa die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Aufwendungen ohne einen entsprechenden Antrag vornehme, sei der ergangene Bescheid mangels einer Antragstellung rechtswidrig.1014 Dementsprechend sei die Situation bei der Ausübung solcher steuerlicher Wahl- und Antragsrechte mit der in § 183 BGB gere­ gelten Konstellation vergleichbar, sodass eine entsprechende Anwen­ dung der Norm notwendig sei.1015 1010 Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 91; Klemp, StuW 1972, 217, 222; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 379. 1011 Aus diesem Grunde wendet Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 89, S. 91, den § 130 Abs. 1 BGB nicht auf die öffent­ lich-rechtliche Willenserklärung Privater an. 1012 Roth, Steuerliche Wahlrechte, leitet auf S. 142 ff. die analoge Anwendung des § 183 BGB auf mitwirkungsbedürftige Verwaltungsakte her. Diese wird im An­ schluss daran auf S. 179 ff. auf einige steuerliche Wahl- und Antragsrechte ausge­ weitet. 1013 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 172 ff. nennt hierzu etwa die Vorschriften der §§ 33a, 40 EStG. 1014 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 178, S. 180. 1015 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 179 f.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

Diese von Roth in Bezug auf §§ 33a, 40 EStG vorgetragene Begründung ist jedoch jedem steuerlichen Wahl- und Antragsrecht immanent. Sofern die Finanzbehörde ein Wahl- oder Antragsrecht im Rahmen der Steuer­ festsetzung berücksichtigt, ohne dass der Steuerpflichtige diese Wahl ge­ troffen hat, ist die Steuerfestsetzung mangels Antragstellung rechtswid­ rig.1016 Eine außerhalb der Regel1017 liegende Anwendung des § 183 BGB lässt sich hiermit folglich nicht herleiten. Auch das zweite von Roth vorgebrachte Argument, eine verfassungsge­ mäße Auslegung der Norm,1018 kann nicht überzeugen. Roth verkennt hierbei, dass eine Bindung an die Antragstellung ihrem Kritikpunkt nicht abhilft. Einziger Kritikpunkt an dem jetzigen Antragserfordernis ist, wenn überhaupt, dass einige Steuerpflichtige von der Möglichkeit zum Abzug ihrer außergewöhnlichen Aufwendungen gar nichts wissen und somit auch den erforderlichen Antrag nicht stellen können. Sofern dieser Antrag jedoch bereits vorliegt, ist ihnen die Abzugsmöglichkeit offen­ sichtlich bekannt. Eine Bindung an diesen Antrag würde nunmehr ihre Privatautonomie beschränken, ohne dass dies der Realisierung des sub­ jektiven Nettoprinzips förderlich wäre. Eine Bindung an den gestellten Antrag mit Bekanntgabe des Steuerbescheides ist somit abzulehnen. Auch in Bezug auf § 40 EStG wird vertreten, dass bereits mit Bekanntga­ be des Pauschalierungsbescheides eine Bindung des Arbeitgebers an den gestellten Antrag eintreten würde.1019 Dies beruht im Wesentlichen auf dem Bestreben endgültige Besteuerungsausfälle zu vermeiden, die ent­ stehen könnten, wenn der Arbeitgeber den Antrag erst zu einem Zeit­ punkt zurücknimmt, in dem die Veranlagung des Arbeitnehmers nicht mehr geändert werden kann. Hiergegen spricht jedoch, dass entsprechend der obigen Ausführungen zur Drittwirkung eine Versagung der Änderung nur dann in Betracht 1016 Anders ist dies nur, wenn das Gesetz eine Zweifelsregelung oder vergleichbares vorsieht, der die Finanzbehörde bei ihrer Steuerfestsetzung entsprochen hat. 1017 Roth, Steuerliche Wahlrechte, erkennt auf S. 172 selbst an, dass eine Vergleich­ barkeit zu mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten grds. im Steuerrecht nicht besteht. 1018 Roth, Steuerliche Wahlrechte, S. 180, hält die Existenz des Wahlrechtes für un­ vereinbar mit dem Auftrag der Vorschrift, der Realisierung des subjektiven Net­ toprinzips. Eine Bindung an das Wahlrecht ab Zugang käme diesen verfassungs­ rechtlichen Vorgaben nach ihrer Ansicht eher entgegen als die Möglichkeit zu einer Änderung bzw. einem Widerruf. 1019 So etwa BFH v. 05.03.1993 - VI R 79/91, BStBl II 1993, 692, Rn. 11. Der BFH be­ ruft sich hierbei jedoch nicht ausdrücklich auf § 183 BGB; Krüger in: Schmidt, EStG, § 40 Rn. 4 EStG; Eisgruber in: Kirchhof, EStG, § 40 Rn. 6 EStG; a.A. etwa Heuermann, Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, S. 41, der eine Antragsrücknahme durch den Arbeitgeber ausdrücklich zulässt; und Thürmer in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 40 Rn. 23, Rn. 124 EStG; vermittelnd Wagner in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 40 Rn. 15 EStG.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

kommen kann, wenn tatsächlich im Einzelfall Steuerausfälle entstehen würden. Durch die regelmäßig bestehende Möglichkeit, den Bescheid des Arbeitnehmers nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO an die geänderte Wahloder Antragsausübung anzupassen, dürfte ein solcher Fall allerdings praktisch kaum vorkommen.1020 Schlussendlich kann es demnach nur um eine generelle Anwendung oder Nichtanwendung des § 183 BGB auf die Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten gehen. Hierzu müsste in Zivil-, Verwaltungsund Steuerrecht eine vergleichbare Interessenlage bestehen, aufgrund derer eine Übernahme der zivil- und verwaltungsrechtlichen Grundsätze auf das Steuerrecht geboten sein könnte. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn den jeweils abgegebenen Willenserklärungen ein ver­ gleichbares Gewicht zuzusprechen ist. Im Zivilrecht kann ein Rechtsgeschäft ohne die Zustimmung generell nicht geschlossen werden. Das Handeln des Vertreters kann nur dann Rechtswirkungen gegen den Vertretenen entfalten, wenn dieser hierzu seine Einwilligung erteilt hat. Auch im Verwaltungsrecht bewirkt die Willenserklärung des Bürgers, dass entweder das Verwaltungsverfahren auf Antrag überhaupt erst zu eröffnen ist1021 oder es handelt sich bei der zu erteilenden Zustimmung um eine Voraussetzung dafür, dass über­ haupt ein Bescheid ergehen kann. Der im Rahmen von unselbstständigen Antragsrechten abzugebenden Willenserklärungen kommt kein derart großes Gewicht zu. Anders als im Zivil- und im Verwaltungsrecht ist es den Finanzbehörden hier auch ohne die Antragstellung möglich das „Rechtsgeschäft“ in Form des Steu­ erbescheides gegenüber dem Steuerpflichtigen zu erlassen. Die Wahl des Steuerpflichtigen betrifft hier somit nicht die Frage des „Ob“ eines recht­ mäßigen bzw. wirksamen Rechtsgeschäftes, sie beeinflusst vielmehr bloß dessen Inhalt und ist mit der Situation in Zivil- und Verwaltungs­ recht nicht vergleichbar. Eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 183 BGB auf die Ausübung eines unselbstständigen Wahl- oder An­ tragsrechtes im Steuerrecht ist somit abzulehnen. cc) Grundsatz der unbeschränkten Änderbarkeit der Wahl- oder Antragstellung Mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelungen und aufgrund der Tatsache, dass sich die zivil- und verwaltungsrechtlichen Grundsätze 1020 Heuermann, Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, S. 36; Thürmer in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 40 Rn. 124 EStG; Wagner in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 40 Rn. 58 EStG. 1021 Dies würde im Steuerrecht den sogenannten selbstständigen Antragstatbestän­ den entsprechen, die jedoch von dieser Untersuchung nicht erfasst sind. Siehe hierzu im 1. Teil I.1.a)aa).

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

wie aufgeführt nicht auf steuerliche Wahl- und Antragsrechte im Sinne dieser Untersuchung übertragen lassen, ist materiell von dem Grundsatz der freien Widerruflichkeit bzw. Änderbarkeit von ausgeübten Wahloder Antragsrechten auszugehen.1022 Eine faktische Befristung ergibt sich allerdings wie bei der erstmaligen Ausübung auch hier aus verfahrens­ rechtlichen Überlegungen.1023 Sofern sich die geänderte Ausübung in der Besteuerungsfestsetzung nicht mehr abbilden lässt, geht die Änderung bzw. der Widerruf ins Leere. d) Besonderheiten beim Wechsel der Gewinnermittlungsart Abweichend von dem zuvor genannten Grundsatz soll nach der Recht­ sprechung des Bundesfinanzhofs eine Änderung bzw. ein Widerruf der getroffenen Wahl in Bezug auf das Gewinnermittlungswahlrecht des § 4 Abs. 3 EStG ausscheiden.1024 Diese Rechtsprechung beruht auf der Auffassung, dass dem Steuerpflichtigen eine nachträgliche Änderung bzw. der Widerruf der Gewinnermittlungsmethode nicht gestattet ist.1025 Vielmehr sei in einer solchen Änderung oder einem solchen Widerruf der Wahl zur Gewinnermittlungsart ein Wechsel der Gewinnermittlungsart zu sehen, der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie nach H 4.6 EStH 2010 vor Ablauf von drei Wirtschaftsjahren nur bei Vorliegen eines besonderen wirtschaftlichen Grundes zulässig sei.1026

1022 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 23; BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 18; Rüsken in: Klein, AO, § 164 Rn. 35 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, S. 132; Kruse, FS Tipke, 277, 292; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1418; v. Wedel­ städt, AO-StB 2012, 150; Korn, Kösdi 2017, 20128. 1023 In der Literatur wird daher überwiegend der Eintritt der Bestandskraft als zeitli­ che Grenze für eine Änderung oder den Widerruf der Wahl- oder Antragsaus­ übung genannt. Siehe etwa BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 17 f., Rn. 23; in BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 14 wird diesbezüglich von einem „Verbrauch“ des Wahlrechtes gesprochen; Rüsken in: Klein, AO, § 164 Rn. 35 AO; Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entste­ hung des Steueranspruchs, S. 132; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 35, 39; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1418; v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150; Korn, Kösdi 2017, 20128. Ob eine verfahrensrechtliche Berücksichtigung nach diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht mehr in Betracht kommen kann, muss im Folgenden unter 4. untersucht werden. 1024 BFH v. 02.06.2016 - IV R 39/13, BStBl II 2017, 154, Rn. 24 ff. 1025 BFH v. 19.01.1967 - IV 12/63, BStBl III 1963, 288, Rn. 6; BFH v. 02.03.1978 - IV R 45/73, BStBl II 1978, 431, Rn. 23; BFH v. 29.08.1985 - IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158, Rn. 15; BFH v. 02.06.2016 - IV R 39/13, BStBl II 2017, 154, Rn. 26; in der Li­ teratur etwa Nacke in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 1505 EStG. 1026 BFH v. 02.06.2016 - IV R 39/13, BStBl II 2017, 154, Rn. 27; BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 27 ff.; Nacke in: Littmann/Bitz/Pust, Einkom­ mensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 1504 EStG.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Um herauszuarbeiten, ob mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Änderung des Gewinnermittlungswahlrechtes aus § 4 Abs. 3 EStG tatsächlich nicht in Betracht kommen kann, wird diese im Folgenden kritisch hinterfragt. Hierbei wird sich die Untersuchung darauf konzen­ trieren, zu überprüfen, ob die beiden Behauptungen des Bundesfinanz­ hofs – die grundsätzliche Versagung einer nachträglichen Änderung und die Anwendung der Rechtsprechung zum Wechsel der Gewinnermitt­ lungsart – stichhaltig sind oder ob die Ansicht des Bundesfinanzhofs auf­ grund einer fehlenden rechtlichen Grundlage abzulehnen ist. aa) Möglichkeit zur Änderung der getroffenen Wahl Die Unzulässigkeit einer nachträglichen Änderung der Gewinnermitt­ lungsmethode wird zunächst damit begründet, dass die jeweiligen ­Gewinnermittlungsarten im Laufe des Veranlagungszeitraumes unter­ schiedliche Maßnahmen zur Gewinnermittlung erfordern würden, die nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes nicht mehr nachgeholt werden könnten.1027 Mit der neuen Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Ausübung des Gewinn­ ermittlungswahlrechtes1028 ist dies jedoch kaum vereinbar. Hiernach ist beispielsweise die Wahl zum Betriebsvermögensvergleich erst getroffen, wenn am Ende des Wirtschaftsjahres tatsächlich der Abschluss gemacht worden ist. Hierdurch wird deutlich, dass auch der Bundesfinanzhof an­ erkennt, dass es dem Steuerpflichtigen durchaus möglich ist, im laufen­ den Veranlagungszeitraum gleichzeitig eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und eine Einnahmenüberschussrechnung vorzubereiten, da man sich erst am Ende des Veranlagungszeitraumes durch den eingereichten Abschluss für eine Gewinnermittlungsmethode entscheiden muss. Werden aber beide Gewinnermittlungsmethoden oh­ nehin parallel vorbereitet, stehen solche praktischen Erwägungen – gera­ de nach dem heutigen Stand der Technik1029 – einer nachträglichen Ände­ rung bzw. dem Widerruf der Wahlrechtsausübung nicht entgegen.

1027 So ist im Endeffekt das Urteil des BFH v. 29.08.1985 - IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158, Rn. 15 zu verstehen; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 6 EStG spricht etwa von einer materiellrechtlichen Begrenzung; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 135 EStG; Nacke in: Littmann/Bitz/Pust, Einkom­ mensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 1505 EStG. 1028 Dazu bereits im 2. Teil III.2.b)bb)(3); vergleiche zur neuen Rechtsprechung insbe­ sondere BFH v. 19.03.2009 - IV R 57/07, BStBl II 2009, 659, Rn. 18; siehe auch die weiteren Fundstellen in Fn. 536. 1029 Bereits im Jahre 2000 wurde in der Entscheidung des BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 23 festgestellt, dass aufgrund der Verwendung von EDV in Bezug auf manche Streitstände veränderte Umstände bestehen könnten; dazu auch Take, BB 2001, 713.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

Strebt der Steuerpflichtige den Wechsel von der Einnahmenüberschuss­ rechnung zum Betriebsvermögensvergleich an, ist hierfür neben der lau­ fenden Buchführung richtigerweise erforderlich, dass zeitnah zum Be­ ginn des Wirtschaftsjahres eine Anfangsbilanz erstellt wurde.1030 Im Umkehrschluss kann diesen Aussagen des Bundesfinanzhofs allerdings entnommen werden, dass ein Wechsel durchaus in Betracht kommen kann, sofern zu Beginn eines Wirtschaftsjahres neben den Voraussetzun­ gen für eine Einnahmenüberschussrechnung zugleich auch durch Erstel­ lung einer Anfangsbilanz und die Aufnahme einer laufenden Buchfüh­ rung die Voraussetzungen für den Betriebsvermögensvergleich geschaffen wurden.1031 Zumindest bei dem Wechsel vom Betriebsvermögensvergleich zur Ein­ nahmenüberschussrechnung soll nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch der Zweck des § 4 Abs. 3 S. 1 EStG einer Änderung der Wahl zur Gewinnermittlungsart entgegenstehen. § 4 Abs. 3 S. 1 EStG diene der Vereinfachung der Gewinnermittlung für die der Norm unterfallenden Steuerpflichtigen, die sich durch das eingeräumte Wahlrecht den höhe­ ren Aufwand für einen Betriebsvermögensvergleich sparen und die ver­ einfachte Einnahmenüberschussrechnung durchführen können.1032 So­ fern der Steuerpflichtige jedoch ohnehin durch seine tatsächliche Buchführung und die Abschlusserstellung einen Betriebsvermögensver­ gleich durchgeführt habe, bestehe für eine vereinfachte Gewinnermitt­ lung kein Bedarf mehr.1033 Gegen eine solche Argumentation spricht jedoch, dass es der Finanzbe­ hörde und den Finanzgerichten nicht zusteht, bewusste Entscheidungen des Steuerpflichtigen – wie etwa den Wechsel vom Betriebsvermögens­

1030 In der Entscheidung des BFH v. 19.10.2005 - XI R 4/04, BStBl II 2006, 509, Rn. 19 f. wurde der Wechsel abgelehnt, da die Anfangsbilanz nicht zeitnah nach dem Eröffnungsstichtag, sondern erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes aufgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist eine zeitgerechte Werteermittlung jedoch nicht mehr gewährleistet; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 135 EStG. 1031 Weitemeyer/Rehr in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1915 EStG; so auch Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Vor §§ 4-7 Rn. 45 EStG für den Fall des Widerrufs eines Wechsels der Gewinnermittlungsart. 1032 BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 28; Bode in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 11 EStG; Holler, Wechsel der Gewinnermittlungsart, S. 42; Drüen, DStR 1999, 1589, 1594. 1033 BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 28; ähnlich bereits RFH v. 24.10.1938 - IV 129/38, RStBl 1939, 193; Weitemeyer/Rehr in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1907 EStG; a.A. das FG Niedersachsen v. 16.10.2013 - 9 K 124/12, EFG 2014, 243, Rn. 34, dass einen Verzicht auf die Abschlusserstellung trotz laufender Buchführung nicht mit dem Vereinfachungszweck im Wider­ spruch sieht.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

vergleich zur Einnahmenüberschussrechnung – auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen.1034 Es ist zudem nicht zwingend, dass der spätere Wechsel vom Betriebsver­ mögensvergleich zur Einnahmenüberschussrechnung zu einem erhöhten Aufwand des Steuerpflichtigen führt. Sofern er – wie oben bereits als tat­ sächliche Voraussetzung einer geänderten Wahl aufgeführt – im laufen­ den Wirtschaftsjahr sowohl den Betriebsvermögensvergleich als auch eine Einnahmenüberschussrechnung vorbereitet hat, entsteht der zu­ sätzliche Gewinnermittlungsaufwand bereits durch diese vorgelagerte Entscheidung. Die Änderung der Gewinnermittlungsmethode selbst führt hingegen zu keinem zusätzlichen Aufwand, da sie – aufgrund des neuen Ausübungszeitpunktes mit Zugang des Jahresabschlusses – zu ei­ nem Zeitpunkt stattfindet, zu dem die Buchführung als solche bereits abgeschlossen ist. Zumindest in solchen Fällen müsste der Zweck des § 4 Abs. 3 S. 1 EStG nicht der späteren Änderung, sondern allenfalls der Zulässigkeit einer parallelen Gewinnermittlung entgegenstehen. Diese wird richtigerweise jedoch weder vom Bundesfinanzhof noch von der Fi­ nanzverwaltung in Zweifel gezogen. Schlussendlich bleibt festzustellen, dass es – in Anbetracht dessen, dass das Gesetz eine Bindung gerade nicht vorschreibt – keine stichhaltigen Gründe dafür gibt, den Steuerpflichtigen an seiner getroffenen Wahl der Gewinnermittlungsart grundsätzlich festzuhalten. Änderung und Wider­ ruf des Wahlrechtes müssen somit vorbehaltlich einer etwaig eintreten­ den Bindung möglich sein.1035 bb) Grundsätze über Wechsel der Gewinnermittlungsart Wenn der Bundesfinanzhof im Anschluss an die generelle Versagung von Änderung und Widerruf anführt, dass es sich hierbei um den Wechsel der Gewinnermittlungsart handelt, kann diesem Vortrag schon aus ganz grundsätzlichen Überlegungen nicht gefolgt werden. Den Grundsätzen über den Wechsel der Gewinnermittlungsart liegen veranlagungszeitraum­ übergreifende Überlegungen zugrunde, während die Änderung und der Widerruf der Gewinnermittlungsart innerperiodische Ereignisse darstel­

1034 Eine solche Kontrolle nimmt auch die Finanzverwaltung nicht vor, sofern der Steuerpflichtige nach Abschlusserstellung aber vor dessen Übermittlung an die Finanzverwaltung eine entsprechende Willensänderung vornimmt. Inwieweit al­ leine durch den Zugang des Abschlusses und die damit verbundene erstmalige Ausübung des Wahlrechtes eine Zäsur in Bezug auf eine Zweckverwirklichung vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich. 1035 So auch Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Vor §§ 4-7 Rn. 45 EStG.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

len.1036 Es kann somit grundsätzlich für eine Änderung und einen Wider­ ruf der Wahl der Gewinnermittlungsart nicht auf die einschränkenden Voraussetzungen zum Wechsel der Gewinnermittlungsart zurückgegrif­ fen werden. Es sind allerdings Fälle denkbar, in denen durch die Änderung bzw. den Widerruf der getroffenen Wahl gleichzeitig ein Wechsel der Gewinner­ mittlungsart im Vergleich zum Vorjahr erfolgt.1037 In diesen Fällen stellt sich die nachgelagerte Frage, ob sich aus den Grundsätzen über den Wechsel der Gewinnermittlungsart einschränkende Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer nachträglichen Änderung bzw. eines Widerrufs er­ geben können. Nach den Grundsätzen zum Wechsel der Gewinnermittlungsart führt die Ausübung des Wahlrechtes nach § 4 Abs. 3 EStG in der Regel zu einer Bindung an die getroffene Wahl für drei Veranlagungszeiträume. Die Zu­ lässigkeit eines Wechsels der Gewinnermittlungsart innerhalb dieser Dreijahresfrist ist von dem Vorliegen eines besonderen wirtschaftlichen Grundes abhängig.1038 Als Grund für diese Rechtsprechung wird neben dem Schutz des Interes­ ses der Verwaltung an einer möglichst einfachen und störungsfreien Ge­ winnermittlung1039 auch der Zweck des § 4 Abs. 3 EStG angeführt. Hier­ nach sei es mit dem angestrebten Vereinfachungszweck unvereinbar, wenn der Steuerpflichtige ohne besonderen Grund zwischen den Gewinn­ ermittlungsarten wechseln könnte.1040 Auch die auf Antrag durch die Fi­ nanzverwaltung im Wege der Billigkeit vorgenommene Verteilung des Übergangsgewinns auf drei Jahre spreche für eine solche Bindung, da ein erneuter Wechsel im Widerspruch zu dem gestellten Verteilungsantrag 1036 Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Vor §§ 4-7 Rn. 45 EStG; FG Niedersachsen v. 16.10.2013 - 9 K 124/12, EFG 2014, 243, Rn. 41. 1037 Anders war dies im Urteil des FG Niedersachsen v. 16.10.2013 - 9 K 124/12, EFG 2014, 243. Hier wurde durch den Widerruf der Wahl zu der Gewinnermittlungs­ art der Vorjahre zurückgekehrt. Darauf die Grundsätze über den Wechsel der Ge­ winnermittlungsart anzuwenden, macht meines Erachtens keinen Sinn; a.A. das Revisionsurteil des BFH v. 02.06.2016 - IV R 39/13, BStBl II 2017, 154, Rn. 26. 1038 BFH v. 02.06.2016 - IV R 39/13, BStBl II 2017, 154, Rn. 27; BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 27; FG Niedersachsen v. 30.05.1960 - IV 266/58 (rkr.), EFG 1961, 12; Nacke in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 1504 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 137 EStG; Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Vor §§ 4-7 Rn. 45 EStG. 1039 BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 28 f.; BFH v. 24.11.1959 - I 47/58 U, BStBl III 1960, 188, Rn. 7; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 137 EStG; Weitemeyer/Rehr in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1919 EStG. 1040 BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 28; Weitemeyer/Rehr in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1919 EStG.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

stünde.1041 Erst wenn der Wechsel der Gewinnermittlungsart Folge einer wirtschaftlichen Veränderung ist, wie beispielsweise im Falle einer Ein­ bringung nach § 24 UmwStG, rechtfertige dies den mehrfachen Wechsel der Gewinnermittlungsart in kurzem zeitlichem Abstand und den damit verbundenen Mehraufwand für die Finanzverwaltung.1042 Aus dem Umstand, dass im Rahmen der Durchbrechung der Bindung an die Gewinnermittlungsart die besonderen Umstände lediglich als Recht­ fertigung für den Mehraufwand der Verwaltung angeführt werden, kann man schließen, dass der Bundesfinanzhof selbst der angeblichen Zweck­ verfehlung beim Steuerpflichtigen nur nebensächliche Bedeutung beige­ messen hat. Darüber hinaus ist anerkannt, dass die Finanzbehörde dem Steuerpflichtigen die Wahl zur Einnahmenüberschussrechnung nicht aufzwingen kann.1043 Dies spricht im Umkehrschluss auch dafür, dem Steuerpflichtigen eine Möglichkeit zum Verzicht auf die zu seinen Guns­ ten bestehende Vereinfachungsvorschrift zuzubilligen und dementspre­ chend einen Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht aus diesem Grund zurückzuweisen. Eine solche Versagung würde das dem Steuerpflichti­ gen zustehende Recht zur freien Wahl der Gewinnermittlungsart größ­ tenteils entwerten.1044 Ebenso wenig zielführend ist die Argumentation in Bezug auf den Wider­ spruch zu dem zuvor gestellten Verteilungsantrag für den Übergangsge­ winn. Ein solcher Antrag muss im Vorfeld vor einem Wechsel der Gewinn­ ermittlungsart keineswegs immer gestellt werden. Es kann hieraus de facto keine generelle Versagung eines Wechsels der Gewinnermittlungs­ art hergeleitet werden. Vielmehr ist dieses schlussendlich auf Treu und Glauben beruhende Argument stets von dem konkreten Verhalten des Steuerpflichtigen abhängig und könnte allenfalls im Einzelfall die Unzu­ lässigkeit eines Wechsels begründen.1045 Im Ergebnis verbleibt in der Argumentation des Bundesfinanzhofs ledig­ lich der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung. Auch dieses ist 1041 BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 30; Weitemeyer/Rehr in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1919 EStG. 1042 BFH v. 09.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, Rn. 31; Kanzler in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, KStG, Vor §§ 4-7 Rn. 45 EStG. 1043 BFH v. 11.08.1992 - VII R 90/91, BFH/NV 1993, 346, Rn. 10, Rn. 19 ff.; Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 550 EStG. 1044 Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. D 56 EStG. 1045 So auch das FG Niedersachsen v. 16.10.2013 - 9 K 124/12, EFG 2014, 243, Rn. 39; sowie Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 549 EStG, der nur für den Fall der tatsächlichen Stellung eines Antrags auf Verteilung des Über­ tragungsgewinns eine dreijährige Bindung an die Wahl annimmt; a.A. wohl noch ders., FR 1999, 225, 229. Auch in diesem Fall läge es jedoch m.E. näher, dem Steuerpflichtigen unter der Voraussetzung einer sofortigen Versteuerung des Übertragungsgewinns den Wechsel zu gestatten.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

jedoch nicht dazu geeignet dem Steuerpflichtigen den Wechsel der Ge­ winnermittlungsart zu versagen. Hierfür spricht zunächst, dass nach der bisherigen Rechtsprechung die Grundsätze über den Wechsel der Gewinn­ ermittlungsart unabhängig davon Anwendung finden, ob die Finanzbe­ hörde im Rahmen der Steuerfestsetzung für das betreffende Jahr über­ haupt schon tätig geworden ist.1046 Erst ab diesem Zeitpunkt käme aber überhaupt ein schutzwürdiges Interesse der Verwaltung an der Verhinde­ rung von doppeltem Gewinnermittlungsaufwand in Betracht. Zudem ist ein solcher „Schutz“ der Finanzverwaltung in § 4 Abs. 3 EStG – anders als dies etwa die §§ 5a Abs. 3 S. 7, 13a Abs. 2 S. 1 EStG in Bezug auf andere Gewinnermittlungswahlrechte vorsehen – gesetzlich nicht geregelt.1047 Dass der Gesetzgeber von einer solchen Regelung in diesem Fall Abstand genommen hat, spricht dafür, dass das Argument der Ver­ waltungsvereinfachung – auch nach dem Tätigwerden der Behörde – nicht als Begründung für die bisherige Rechtsprechung im Rahmen von § 4 Abs. 3 EStG herangezogen werden kann.1048 Sofern dies dem – bisher jedoch in dieser Form nicht erkennbaren – Willen des Gesetzgebers ent­ gegenlaufen sollte, müsste dieser selbst aktiv werden und eine mehrjäh­ rige Bindung wie in den §§ 5a Abs. 3 S. 7, 13a Abs. 2 S. 1 EStG ausdrück­ lich anordnen. Die Rechtsprechungsgrundsätze zum Wechsel der Gewinnermittlungs­ methode sind folglich insgesamt abzulehnen,1049 sodass hieraus auch kei­ ne zusätzlichen Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Änderung der Gewinnermittlungsmethode abgeleitet werden. Eine solche ist somit entsprechend dem für alle Wahl- und Antragsrechte geltenden Grundsatz materiell unbegrenzt zulässig. Eine faktische Befristung ergibt sich auch hier lediglich aus der Frage, ob eine solche geänderte Wahl- oder Antrags­ ausübung verfahrensrechtlich noch berücksichtigt werden kann.

1046 Ähnlich Kurz, StuW 1979, 243, 247; mit derselben Argumentation lehnt Kanzler, FR 1999, 833, 836 die Anwendung des früheren Bilanzänderungsverbots auf eine „Bilanzänderung“ vor Durchführung der Veranlagung ab. 1047 Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Vor §§ 4-7 Rn. 45 EStG; Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. D 51 EStG; Kanzler, FR 1999, 225, 229. 1048 Dies erkennt auch Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. D 50 EStG an, wenn er sagt, dass aufgrund der legislativen Grundentscheidung die Wahl der Gewinnermittlungsart keinen besonderen Einschränkungen unterliegt; zweifelnd, ob der BFH die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung einhält oder nicht vielmehr der Vorbehalt des Gesetzes eingreifen müsste, Take, BB 2001, 713. 1049 So auch Kanzler, FR 1999, 225, 229; kritisch zur früheren Willkürrechtsprechung des RFH Holler, Wechsel der Gewinnermittlungsart, S. 72 ff.; dazu etwa RFH, v. 17.12.1930 VI A 863/28, RStBl 1931, 448, 451.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

4. Verfahrensrechtliche Umsetzung einer Änderung a) Änderungs- bzw. Widerrufserklärung des Steuerpflichtigen Auch zur Vornahme einer Änderung bzw. eines Widerrufs einer zuvor wirksam vorgenommenen Wahl- oder Antragsausübung bedarf es einer entsprechenden Willenserklärung des Steuerpflichtigen, der Änderungsbzw. Widerrufserklärung. Diese Willenserklärung ist als „actus contra­ rius“ zu der Ausübungserklärung anzusehen und folgt mithin denselben Grundsätzen wie die erstmalige Antragstellung.1050 Die Erklärung wird somit mit Zugang bei der empfangszuständigen Fi­ nanzbehörde wirksam. Hierbei bedarf die Erklärung grundsätzlich keiner Form und kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent abgegeben werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt es sich jedoch, die Änderungs- bzw. Widerrufserklärung in derselben Form wie die ur­ sprüngliche Ausübungserklärung abzugeben.1051 Zur Abgabe der Erklä­ rung ist grundsätzlich der Steuerpflichtige befugt. Darüber hinaus gibt es jedoch zahlreiche Konstellationen, in denen auch andere Personen zur Abgabe berechtigt sein können.1052 b) Außerbilanzielle Wahl- und Antragsrechte aa) Änderung bzw. Widerruf während des Verwaltungsverfahrens Sofern nach dem oben herausgearbeiteten Grundsatz eine Änderung bzw. ein Widerruf der Wahl- oder Antragsausübung materiell unbeschränkt möglich ist, hat die Finanzbehörde eine vor Erlass des Steuerbescheides zugegangene Änderungs- bzw. Widerrufserklärung aufgrund des Untersu­ chungsgrundsatzes des § 88 Abs. 1 S. 1 AO wie sonst die erstmalige Aus­ übung bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.1053 Da im Einspruchsverfahren nach § 367 Abs. 2 S. 1 AO eine vollumfäng­ liche neue Prüfung stattzufinden hat und über § 365 Abs. 1 AO der Un­ tersuchungsgrundsatz des § 88 Abs. 1 S. 1 AO zur Anwendung kommt, ist auch in diesem Stadium von der Finanzbehörde zu ermitteln, ob bis zum Erlass eines Einspruchsbescheides eine Änderung bzw. ein Widerruf der vorherigen Wahl- oder Antragsausübung vorgenommen wurde.1054

1050 So zur Widerrufserklärung BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 27; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 59 AO. Zu den einzelnen Grundsätzen siehe den 2. Teil der Arbeit. 1051 So auch der BFH v. 15.06.2016 - VI R 54/15, BStBl II 2016, 1010, Rn. 27. 1052 Näher im 2. Teil unter II. 1053 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 35. Siehe auch die Ausführungen zur erstmaligen Ausübung im 2. Teil IV.3.b)aa). 1054 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 35.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

bb) Situation im finanzgerichtlichen Verfahren sowie im ­Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof Im Rahmen der zeitlichen Grenze für die erstmalige Ausübung von Wahl- und Antragsrechten wurde der herrschenden Ansicht gefolgt, die eine Berücksichtigung der Wahl- und Antragsausübung im finanzgericht­ lichen Verfahren sowie im Revisionsverfahren für zulässig erachtet.1055 Entsprechend dieser Auffassung ist auch eine Änderung bzw. ein Wider­ ruf der Wahl- oder Antragstellung bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit, d.h. jedenfalls bis zum Ende des finanzgerichtlichen Verfahrens bzw. des Re­visionsverfahrens verfahrensrechtlich zu berücksichtigen.1056 Verfahrensrechtlich erfolgt dies durch eine Änderung des entsprechen­ den Steuerbescheides, welche der Finanzbehörde im finanzgerichtlichen Verfahren bzw. nach einer Zurückverweisung durch den Bundesfinanz­ hof an das Finanzgericht gemäß § 127 FGO aufgrund der §§ 132 S. 1, 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a) AO möglich ist. cc) Berücksichtigungsmöglichkeit aufgrund einer Durchbrechung der Bestandskraft Sofern die Bestandskraft aus Gründen durchbrochen wird, die nicht auf der Änderung bzw. dem Widerruf der Wahl- oder Antragsausübung beru­ hen, ist nach herrschender Ansicht eine Berücksichtigung der Änderung bzw. des Widerrufs im Rahmen der geänderten Steuerfestsetzung mög­ lich.1057 Eine solche Durchbrechung der Bestandskraft liegt zunächst vor, wenn zu dem ursprünglichen Bescheid ein Änderungsbescheid erlassen wird. In den Grenzen des § 351 Abs. 1 AO ist bis zur Bestandskraft des Ände­ rungsbescheides eine Änderung oder ein Widerruf der Wahl- oder Antrags­ ausübung zulässig und verfahrensrechtlich umsetzbar.1058 Gleiches gilt, sofern die Finanzbehörden aufgrund des Eingreifens einer Korrekturvorschrift der §§ 172 ff. AO eine Änderung des Erstbescheides beabsichtigen. In diesem Fall müssen in dem durch die Änderung eröff­ neten Rahmen materielle Fehler gemäß § 177 AO von Amts wegen zu­ 1055 Vertiefend mit Darstellung des Streitstandes im 2. Teil IV.3.b)bb) und cc). 1056 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 14 „erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des entsprechenden Bescheids verbraucht“. 1057 BFH v. 28.09.1984 - VI R 48/82, BStBl II 1985, 117, Rn. 17; Kruse, FS Tipke, 277, 292; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1420; v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 151; Werth, FR 2016, 632. 1058 BFH v. 09.12.2015 - X R 56/13, BStBl II 2016, 967, Rn. 25 f.; BFH v. 27.10.2015 - X R 44/13, BStBl II 2016, 278, Rn. 25 ff.; Siegers in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 351 Rn. 73 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 172 Rn. 62 AO; Hildebrand, BB 2016, 740.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

gunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen saldiert werden.1059 Ein solcher materieller Fehler liegt auch vor, wenn die materiell unbefristete Änderung bzw. der materiell unbefristete Widerruf verfahrensrechtlich noch nicht umgesetzt worden ist, da hierdurch der Sachverhalt nachträg­ lich unrichtig wird.1060 Ein weiterer Grund für eine Durchbrechung der Bestandskraft ist der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 S. 1 AO.1061 Solange dieser Vorbehalt besteht, ist eine Änderung bzw. ein Widerruf der Wahl- oder Antragsausübung aufgrund der fortbestehenden Änderungsmöglichkei­ ten für den Steuerbescheid nach § 164 Abs. 2 AO verfahrensrechtlich umsetzbar.1062 Bei unbefristeter Änderungs- bzw. Widerrufsmöglichkeit besteht folglich kein Grund für eine faktische Befristung aus verfahrens­ rechtlichen Überlegungen. dd) Durchbrechung der Bestandskraft durch die Änderung bzw. den Widerruf der Wahl- oder Antragsausübung Sofern die Bestandskraft des Steuerbescheides nicht bereits aufgrund an­ derer Umstände ganz oder teilweise durchbrochen ist und hierdurch die Berücksichtigung der nachträglichen Änderung bzw. des Widerrufs ohne­ hin möglich ist, stellt sich die Frage, ob eine Anpassung des bestands­ kräftigen Bescheides alleine aufgrund der geänderten bzw. widerrufenen Wahl- oder Antragsausübung möglich ist. Im Endeffekt geht es auch hier­ bei darum, ob Änderung und Widerruf eines Wahl- oder Antragsrechtes die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllen. Aufgrund der oben bereits aufgeführten Grundsätze1063 kommen dafür nur die Korrek­ turvorschriften der §§ 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ernsthaft in Betracht. (1) Eingreifen von § 173 Abs. 1 AO Zum einen könnten der Änderung oder dem Widerruf auf Sachverhalts­ ebene Tatsachen zugrunde liegen, die dem Steuerpflichtigen erst nachträg­ 1059 Siehe hierzu bereits im 2. Teil IV.3.c)ee). 1060 BFH v. 03.03.2011 - IV R 35/09, BFH/NV 2011, 2045, Rn. 22 in Bezug auf die zu­ lässige Abwahl der Nutzwertbesteuerung; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 177 Rn. 4a AO; v. Wedelstädt, AO-StB 2012, 150, 152; ders. in: Gosch, AO, FGO, § 177 Rn. 17 AO; a.A. vermutlich auch zur Änderung von Wahl- und An­ tragsrechten v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 177 Rn. 132 f. AO. 1061 Siehe hierzu auch den 2. Teil IV.3.c)cc). 1062 BFH v. 03.02.1987 - IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751, Rn. 23; Schoor, StuB 2007, 453, 457; Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 381; v. Wedelstädt in: Bartone/v. Wedel­ städt, Korrektur von Steuerverwaltungsakten, Rn. 81; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 164 Rn. 43 AO. 1063 Siehe im 2. Teil unter IV.3.c)dd).

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

lich bekannt geworden sind, sodass eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO in Betracht kommt.1064 Die Anwendbarkeit dieser Kor­ rekturvorschrift ist in den Fällen anerkannt, in denen erst durch die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes erfüllt worden sind.1065 Eine solche Konstellation ist in Bezug auf den Widerruf der Wahl- oder Antragstellung von vornherein ausgeschlossen. Bei diesem wird lediglich eine bereits getroffene Wahl rückgängig gemacht, ohne dass es zu der Anwendung einer anderen Wahl- oder Antragsnorm käme, deren Voraus­ setzungen unter Umständen erst durch die später bekannt gewordenen Tatsachen erfüllt sein könnten. Bei der hierdurch erfolgenden Rückkehr zum gesetzlichen Regelfall können keine von der ursprünglichen Wahl abweichenden Voraussetzungen notwendig werden, sodass der Korrek­ turtatbestand des § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AO bei dem Widerruf eines Wahl- oder Antragsrechtes nicht erfüllt sein kann. Auch in Bezug auf die Änderung der Wahl- oder Antragsausübung dürfte die Vorschrift nur selten erfüllt sein. Stimmen die Voraussetzungen der ursprünglichen mit denen der geänderten Wahl überein, ist es ebenso wie beim Widerruf nicht denkbar, dass entsprechende Umstände erst nach­ träglich bekannt geworden sind, da andernfalls auch die ursprüngliche Wahl zuvor nicht wirksam hätte getroffen werden können. Eine Anwen­ dung des § 173 Abs. 1 AO ist somit nur möglich, wenn die ursprüngliche und die geänderte Wahl verschiedene Voraussetzungen aufweisen und sich das nachträgliche Bekanntwerden ausschließlich auf Tatbestandsvo­ raussetzungen der neuen Wahl- oder Antragsausübung bezieht. Nur dann kann die Änderung einer Wahl- oder Antragsausübung durch eine Kor­ rektur nach § 173 Abs. 1 AO umgesetzt werden. (2) Änderung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO Nach Ansicht der Rechtsprechung sowie der herrschenden Auffassung in der Literatur führen Änderung und Widerruf einer Wahl- oder Antrags­ ausübung nicht zu einer Korrektur des Steuerbescheides nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO.1066 Es handele sich hierbei nicht um Ereignisse mit steuer­ licher Rückwirkung, sodass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt seien. Nach der oben vertretenen Auffassung1067 muss dieser herrschenden An­ sicht jedoch auch in Bezug auf eine Änderung bzw. einen Widerruf wider­ 1064 Hierzu bereits im 2. Teil IV.3.c)dd)(3). 1065 Vgl. die Nachweise in Fn. 777. 1066 Siehe hierzu die Nachweise in Fn. 788. 1067 Ausführliche Stellungnahme hierzu im 2. Teil unter IV.4.b)bb).

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

sprochen werden. Bei der Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes handelt es sich um ein Merkmal des steuerlichen Tatbestandes, weshalb auch die Änderung bzw. der Widerruf dieser Erklärung als ein Ereignis im Sinne der Norm anzusehen ist. Aufgrund der Wirkungsweise eines Wahloder Antragsrechtes1068 kommt es zu einer rückwirkenden Änderung des nach § 38 AO bereits entstandenen Steueranspruchs, wodurch die bishe­ rige Steuerfestsetzung bis zu der verfahrensrechtlichen Berücksichtigung dieser Änderung rechtswidrig wird. Die Änderung bzw. der Widerruf einer Wahl- oder Antragsausübung ist folglich als ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Sinne von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anzusehen. Nach Eintritt der Bestandskraft steht der Finanzbehörde somit bis zum Ablauf der Verjährungsfrist als äußerste zeitliche Grenze1069 stets eine Möglichkeit zur verfahrensrecht­ lichen Berücksichtigung der Erklärung zur Verfügung. Eine Änderung bzw. ein Widerruf von Wahl- oder Antragsrechten ist demnach bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung möglich. c) Bilanzielle Wahl- und Antragsrechte aa) Bilanzänderung zur abweichenden Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes (1) Änderungs- bzw. Widerrufserklärung Bilanzielle Wahl- und Antragsrechte können von dem Steuerpflichtigen entweder durch eine ausdrückliche Erklärung gegenüber den Finanzbe­ hörden oder konkludent durch die entsprechende Berücksichtigung im Rahmen der Bilanzerstellung ausgeübt werden.1070 Da es sich bei der Än­ derungs- bzw. Widerrufserklärung um den „actus contrarius“1071 zu der ursprünglichen Ausübungserklärung handelt, gilt entsprechendes auch für die Änderung bzw. den Widerruf. Änderungs- und Widerrufserklärun­ gen können somit nicht nur konkludent durch eine unmittelbare Anpas­ sung der Steuerbilanz abgegeben werden, sondern auch durch ausdrück­ liche Erklärung gegenüber dem Finanzamt. Auch in diesem Fall kann die Änderung bzw. der Widerruf von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten nach Einreichung der Steuerbilanz1072 jedoch nur dann seine gewünschte 1068 Dazu bereits im 1. Teil I.3. 1069 Dies ergibt sich aus einer teleologischen Reduktion des § 175 Abs. 1 S. 2 AO, durch die der Eintritt des Ereignisses keine neue Festsetzungsfrist in Gang setzt. Siehe dazu 2. Teil IV.4.b)ee). 1070 Siehe im 2. Teil III.2.b) sowie III.3. 1071 Hierzu bereits a). 1072 BFH v. 18.08.2005 - IV R 37/04, BStBl II 2006, 165, Rn. 24; Stapperfend in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 460 EStG; Kanzler, NWB 2012, 2374, 2384 f.; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 751 EStG.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

Wirkung entfalten, wenn die hieraus resultierenden Änderungen in der Bilanz nachvollzogen werden. (2) Bilanzberichtigung oder -änderung Fraglich ist zunächst, nach welcher Vorschrift diese Anpassung der Bi­ lanz an die geänderte Wahl- oder Antragsausübung stattzufinden hat. Eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG wäre vorzunehmen, wenn die geänderte Wahl- oder Antragsausübung dazu führen würde, dass die Bilanz den handelsrechtlichen GoB unter Beachtung der Vor­ schriften des EStG nicht mehr entsprechen würde. Handelt es sich hin­ gegen um den Wechsel zwischen zwei nach den GoB bzw. dem EStG zulässigen Bilanzansätzen, wäre die Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 ­ S. 2 EStG das richtige Rechtsinstitut.1073 Das entscheidende Kriterium für die Anwendbarkeit der Bilanzberichti­ gung bzw. der Bilanzänderung ist somit die bei der Berichtigung erforder­ liche Fehlerhaftigkeit des Bilanzansatzes im Sinne von § 4 Abs. 2 S. 1 EStG. Diese ist nach überwiegender Ansicht anzunehmen, wenn dem Bilanz­ ansatz ein objektiver Verstoß gegen handels- oder steuerrechtliche Bilan­ zierungsgebote oder -verbote zugrunde liegt.1074 Besteht steuerrechtlich ein Wahl- oder Antragsrecht und hält sich der Steuerpflichtige bei dessen Ausübung in dem gesetzlich vorgegebenen Rahmen, kann hierin kein objektiver Verstoß gegen die GoB oder die Vorschriften des EStG gesehen werden, da diese den gewählten Ansatz ausdrücklich – wenngleich nicht als den Einzigen – zulassen.1075 Die Änderung bzw. der Widerruf der erst­ maligen Ausübung eines Wahl- oder Antragsrechtes unterfällt somit der Bilanzänderung und nicht der Bilanzberichtigung.1076 1073 Grundlegend zu beiden Rechtsinstituten etwa Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuer­ recht, § 9 Rn. 480 ff. m.w.N. 1074 BFH Großer Senat v. 31.01.2013 - GrS 1/10, BStBl II 2013, 317, Rn. 56 ff.; ausführ­ lich Beckerath, FR 2011, 349; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 681 EStG; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 409 EStG. Die streitige Frage, ob diese Abkehr vom früheren normativ-subjektiven Fehlerbegriff (siehe hierzu etwa die Kritik bei Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht (22. Auf­ lage 2015), § 9 Rn 34 ff.) vorzugswürdig ist, ist für den Zweck dieser Bearbeitung nicht von Relevanz. Die ablehnenden Stimmen schränken den Anwendungsbe­ reich der Bilanzberichtigung mithilfe des subjektiven Fehlerbegriffs weiter ein, sodass sich hierdurch in Bezug auf das hier gefundene Ergebnis kein Unterschied ergibt. 1075 BFH v. 19.12.2012 - IV R 41/09, BStBl II 2013, 313, Rn. 38; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 681 EStG; Hoffmann in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuer­ recht, §§ 4, 5 Rn. 576 EStG. 1076 BFH v. 19.12.2012 - IV R 41/09, BStBl II 2013, 313, Rn. 38 m.w.N. aus der Recht­ sprechung; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 460 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1026 ff. EStG; Bode in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 116, Rn. 127 EStG; Kanzler, NWB 2012, 2374, 2384 f.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Hieran ändert sich auch nichts durch die oben vertretene Auffassung, dass die Ausübung eines Wahl- und Antragsrechtes aufgrund der rück­ wirkenden Änderung der bereits entstandenen Steuer zur Rechtswidrig­ keit der bisherigen Steuerfestsetzung führt.1077 Die dort angenommene Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung beruht auf dem Auseinanderfal­ len der rückwirkend geänderten Steuer nach § 38 AO und dem Inhalt des ergangenen Steuerbescheides. Dessen ungeachtet bleibt der bisher in der Steuerbilanz abgebildete Bilanzansatz aufgrund der GoB bzw. der Vor­ schriften des EStG weiterhin gesetzlich zulässig, wenngleich es sich nicht mehr um den vom Steuerpflichtigen gewollten und gewählten An­ satz handelt. Eine Fehlerhaftigkeit der Bilanz im Sinne eines Verstoßes gegen die GoB bzw. die Vorschriften des EStG wird hierdurch nicht be­ gründet.1078 Die Änderung bzw. der Widerruf eines bilanziellen Wahloder Antragsrechtes ist somit ein Fall der Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 EStG.1079 (3) Voraussetzungen der Bilanzänderung Zwingende Voraussetzung für eine verfahrensrechtliche Umsetzung der Änderung bzw. des Widerrufs von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten ist somit die Änderung der bereits eingereichten Steuerbilanz gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 EStG.1080 Hierfür ist neben einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG auch die Einhaltung des durch die Bilanzberichtigung eröffne­ ten Änderungsrahmens erforderlich. Ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang ist regelmäßig gege­ ben, wenn die Bilanzänderung dieselbe Bilanz wie die zuvor Berichtigte betrifft (sachlicher Zusammenhang) und die Bilanzänderung der Bilanz­ berichtigung unverzüglich nachfolgt (zeitlicher Zusammenhang).1081 Bei Mitunternehmerschaften ist ein enger sachlicher und zeitlicher Zusam­ menhang darüber hinaus auch zwischen der Gesamthands- und der Er­ 1077 2. Teil IV.4.b)bb)(3). Zu der hiervon abweichenden herrschenden Ansicht siehe im 2. Teil IV.3.c)dd)(1). Nach dieser Auffassung bleibt eine Steuerfestsetzung trotz der nachträglichen Ausübung von Wahl- oder Antragsrechten rechtmäßig. 1078 Ähnlich Eisgruber/Schallmoser, DStR 1999, 1936, 1937. 1079 Hierfür spricht zudem, dass das Rechtsinstitut der Bilanzänderung ansonsten ge­ genstandslos und überflüssig wäre. 1080 BFH v. 25.10.2007 - III R 39/04, BStBl II 2008, 226, Rn. 17 ff.; Hoffmann in: Litt­ mann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 592 EStG. 1081 Siehe R 4.4 Abs. 2 S. 5 EStR 2017; Bode in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 129 EStG; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 465, Rn. 469 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1034 f. EStG; Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. C 78 EStG; a.A. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 751 EStG, der an der Zulässigkeit der Beschränkung auf dieselbe Bilanz zweifelt; Streitfrage offen gelassen im Urteil des BFH v. 25.10.2007 - III R 39/04, BStBl II 2008, 226, Rn. 19.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

gänzungs- bzw. Sonderbilanz des Mitunternehmers zu bejahen, da die Gesellschaft ein selbstständiges Gewinnermittlungssubjekt ist und der Gewinn erst aus dem Zusammenwirken von allen Bilanzen ermittelt werden kann.1082 Nicht erforderlich für einen engen sachlichen Zusam­ menhang ist hingegen, dass sich sowohl die Bilanzberichtigung als auch die Bilanzänderung auf dasselbe Wirtschaftsgut bzw. dieselbe „Bilanz­ gruppe“ beziehen.1083 In Bezug auf die Gewinnauswirkung1084 ist die Bilanzänderung, und so­ mit auch die Möglichkeit zur Berücksichtigung einer geänderten Wahloder Antragsausübung, auf den Berichtigungsbetrag aus der Bilanzberich­ tigung gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 EStG beschränkt. Die Bilanzänderung dient somit lediglich der Neutralisation der Bilanzberichtigung und kann nicht darüber hinausgehen.1085 Die wichtigste Einschränkung der Bilanzänderung ergibt sich jedoch aus § 4 Abs. 2 S. 1 HS. 2 EStG. Nach dieser Vorschrift ist eine Bilanzberichti­ gung nur solange möglich, wie der hiervon betroffene Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig ist oder er aufgrund einer Korrekturvorschrift noch änderbar ist.1086 Da die Bilanzänderung einen engen zeitlichen Zu­ sammenhang zu der Bilanzberichtigung erfordert und in Bezug auf ihre Voraussetzungen auf die Bilanzberichtigung verweist, wirkt diese Gren­ ze auch für die Bilanzänderung.1087

1082 R 4.4 Abs. 2 S. 6 EStR 2017; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 469 EStG; Knobbe in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1292 EStG; Bode in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 129 EStG; a.A. Seiler in: Kirch­ hof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. C 80 EStG. 1083 Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 469 EStG; ­Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 751 EStG; Kanzler, NWB 2012, 2374, 2387. Anders ist dies jedoch innerhalb eines Organkreises. Hier ist eine Bilanzände­ rung nur im Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung bei derselben Organ­ gesellschaft oder dem Organträger zulässig; hierzu auch Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1035 EStG. 1084 Die Bilanzänderung kann hierbei nicht nur gewinnerhöhend, sondern auch ge­ winnmindernd eingesetzt werden. Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 472 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1036 EStG; Kanzler, NWB 2012, 2374, 2387. 1085 BFH v. 27.09.2006 - IV R 7/06, BStBl II 2008, 600, Rn. 15; Seiler in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. C 78 EStG; Heinicke in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 751 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1036 EStG; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 472 EStG. 1086 Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1000 ff. EStG; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 414 ff. EStG; Seiler in: § 4 Rn. C 53 ff., Rn. C 100 ff. EStG. 1087 BFH v. 30.08.2001 - IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, Rn. 18; Kanzler, NWB 2012, 2374, 2384; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1041 EStG; Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. C 82 EStG.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

Nach der hier vertretenen Ansicht dürfte dieser zeitlichen Begrenzung allerdings keine allzu große Bedeutung zukommen. Da die Änderung oder der Widerruf der Wahl- oder Antragsausübung – nicht jedoch die Bilanzänderung als solche1088 – als rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anzusehen ist,1089 wird hierdurch die Änderbar­ keit des entsprechenden Steuerbescheides wiederhergestellt. Im Zuge dessen ist sowohl die notwendige Bilanzberichtigung als auch die für die Umsetzung der Wahl- oder Antragsausübung erforderliche Bilanzände­ rung wieder zulässig. In diesen Fällen ist lediglich der Eintritt der Fest­ setzungsverjährung als äußerste Grenze für eine Änderung der Wahloder Antragsausübung beachtlich.1090 bb) Besonderheiten bei GoB-konformen Wahl- und Antragsrechten Bei GoB-konformen Wahl- und Antragsrechten besteht die Besonderheit, dass bei deren Ausübung der Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit auch heute noch berücksichtigt werden muss.1091 Dies hat im Rahmen der erstmaligen Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes zur Folge, dass der Ausübungsakt selbst grundsätzlich im Rahmen der Erstellung und Einreichung der Handelsbilanz stattzufinden hat.1092 Für die hier zu un­ tersuchende Änderung bzw. den Widerruf der Wahl- oder Antragsaus­ übung bedeutet dies, dass auch die Änderungs- bzw. Widerrufserklärung im Rahmen der Handelsbilanz abzugeben ist.1093 Es ist somit eine han­ delsrechtliche Bilanzänderung vorzunehmen, die nach der erneuten Fest­ stellung der Bilanz Wirksamkeit entfaltet.1094 Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Bilanzänderung im Handels­ recht – und damit auch für die Änderung bzw. den Widerruf eines GoB-­ 1088 Gegen die Einordnung einer Bilanzänderung als rückwirkendes Ereignis etwa v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 175 Rn. 284 AO; Rüsken in: Klein, AO, § 175 Rn. 61 AO; so auch Knobbe in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 4 Rn. 1280.4 EStG, der richtigerweise vorbringt, dass die Einordnung der Bilanzänderung als ein rückwirkendes Ereignis zu einem Zirkelschluss führen würde, der die Änderungssperre faktisch aufheben würde. 1089 Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 175 Rn. 39a AO; Kruse, FS Tipke, 277, 292 in Fn. 84. Siehe dazu auch oben unter b)dd)(2) sowie im 2. Teil IV.4.b)bb). 1090 Dazu im 2. Teil IV.4.b)ee). 1091 Näher zu diesem Problemkreis im 2. Teil III.3.a)bb). 1092 Siehe zu diesem Grundsatz und den etwaigen Ausnahmen im 2. Teil III.3.b). 1093 BFH v. 24.01.1990 - I R 17/89, BStBl II 1990, 681, Rn. 15 f.; BFH v. 13.06.2006 - I R 84/05, BStBl II 2007, 94, Rn. 23 f.; Kanzler, NWB 2012, 2374, 2389; Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 5 Rn. 512 EStG; Hoffmann in: Littmann/ Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 582 EStG; so auch wegen der ver­ meintlichen Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit begrenzt auf den Zeit­ raum vor dem BilMoG Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 195 EStG. 1094 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 697; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommen­ tar Bilanzierung, § 252 Rn. 250 HGB.

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II.  Möglichkeit zur Änderung bzw. zum Widerruf

konformen Wahl- oder Antragsrechtes – ist ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften (Änderung von fehlerhaften Jahresabschlüssen) bzw. das Vorliegen eines wichtigen Grundes, insbesondere wenn ohne die Korrek­ tur ein den tatsächlichen Verhältnissen widersprechendes Bild über die Finanz- und Vermögenslage vermittelt würde (Änderung von fehlerfreien Jahresabschlüssen).1095 Wurde nach diesen Grundsätzen die Handelsbilanz wirksam abgeändert und dem Finanzamt vorgelegt, ist die geänderte Ausübung des Wahloder Antragsrechtes in einem zweiten Schritt aufgrund des Maßgeblich­ keitsgrundsatzes im Wege der Bilanzänderung unter Wahrung der in § 4 Abs. 2 S. 2 EStG normierten Voraussetzungen in der Steuerbilanz nachzuvollziehen.1096 Nach Eintritt der Bestandskraft der bisherigen Steuerfestsetzung kann dies durch eine Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses – hier der Ände­ rung der zugrunde liegenden Handelsbilanz – erfolgen.1097 cc) Benachteiligung der bilanzierenden Steuerpflichtigen Das Erfordernis einer Bilanzänderung zur Umsetzung einer Änderung bzw. eines Widerrufs von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten führt zu einer Schlechterstellung der bilanzierenden Steuerpflichtigen gegenüber nicht bilanzierenden Steuerpflichtigen, insbesondere wenn einzelne Wahl- und Antragsrechte beiden Gruppen offenstehen.1098 Nicht bilanzie­ rende Steuerpflichtige können die Änderung bzw. den Widerruf bis zum Eintritt der Bestandskraft ohne zusätzliche Voraussetzungen erklären, nach der hier vertretenen Auffassung durch die stets mögliche Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO sogar bis zum Eintritt der Festsetzungs­ verjährung. Die Restriktionen des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG, hauptsächlich also die Beschränkung auf die Gewinnauswirkung sowie der erforderli­

1095 IDW RS HFA 6 Rn. 6 ff., Rn. 9 ff., Rn. 14; ebenso Kanzler, NWB 2012, 2374, 2376; allgemein zur Änderung der Handelsbilanz etwa Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 252 Rn. 244 ff. HGB; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilan­ zen, S. 693 ff.; Schubert in: Grottel, Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 253 Rn. 835 ff. HGB. 1096 OFD Chemnitz, DB 2012, 376; Kanzler, NWB 2012, 2374, 2389; Hoffmann in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 582 EStG; Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 195 EStG; Knobbe und Meinert in: Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, §§ 4 Rn. 1297 ff., 5 Rn. 448 EStG. 1097 Krumm in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 Rn. 196 EStG; so auch im Ergeb­ nis der BFH v. 08.10.2008 - I R 61/07, BStBl II 2011, 62, Rn. 32, wobei die Begrün­ dung hierfür offengelassen wird. 1098 Kanzler, NWB 2012, 2374, 2385; Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. C 79 EStG; Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 357, Rn. 359 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1024 EStG.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

che enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zu einer Bilanzberich­ tigung, treffen hingegen nur den Bilanzierenden. Diese Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen ist jedoch nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht verfassungswidrig. Vielmehr sei der Gesetz­ geber dazu berechtigt, die Bilanzänderung an enge Voraussetzungen zu knüpfen und müsse hierbei auch die verschiedenen Gewinnermittlungs­ arten nicht zwingend gleichbehandeln. Der Steuerpflichtige habe vor der Bilanzeinreichung eine freie Wahl darüber, wie er die Wahl- und Antrags­ rechte ausüben möchte, ihn danach in gewissen Grenzen an diese Ent­ scheidung zu binden liege im Ermessen des Gesetzgebers.1099 5. Ergebnis Die Änderung bzw. der Widerruf einer Ausübungserklärung ist mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelungen grundsätzlich zulässig. Dies gilt auch im Falle eines Wahl- und Antragsrechtes mit Drittwirkung. Das hier zu beachtende schutzwürdige Vertrauen des Dritten in den Bestand der einmal abgegebenen Erklärung verlangt nicht das vollständige Verbot einer Änderung bzw. eines Widerrufs, sondern lediglich, dass diese nicht ohne seine Zustimmung erfolgen kann. Ist die Ausübung des Wahl- oder Antragsrechtes zeitlich befristet, ist eine Änderung bzw. ein Widerruf nach Fristablauf unzulässig. Bei unbe­ fristeten Wahl- und Antragsrechten sind die Änderung und der Widerruf unbeschränkt möglich. Insbesondere kann der Eintritt einer Bindung nicht über eine entsprechende Anwendung der §§ 130 Abs. 1 S. 2, 183 BGB hergeleitet werden. Voraussetzung dafür, dass Änderung und Widerruf die vom Steuerpflich­ tigen erstrebten Rechtsfolgen noch herbeiführen können, ist jedoch die Möglichkeit einer Anpassung des Steuerbescheides im Hinblick auf die geänderte Wahl- oder Antragsausübung. Im Falle von außerbilanziellen Wahl- und Antragsrechten folgt diese Möglichkeit einer verfahrensrecht­ lichen Umsetzung aus den zur erstmaligen Ausübung aufgezeigten Grundsätzen. Eine Berücksichtigung ist somit in jedem Stadium des Ver­ waltungsverfahrens sowie im Rahmen der finanzgerichtlichen Verfahren möglich. Nach Eintritt der Bestandskraft ist eine Berücksichtigung der 1099 BFH v. 14.02.2007 - XI R 16/05, BFH/NV 2007, 1293, Rn. 31; BFH v. 11.06.2010 - IV S 1/10, BFH/NV 2010, 1851, Rn. 16; Seiler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. C 79 EStG; Wied in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 Rn. 1024 EStG; zweifelnd Kanzler, NWB 2012, 2374, 2385, der von einer „sachlich schwer zu rechtfertigenden Benachteiligung“ spricht; ders., FR 2006, 224, 227; a.A. Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 357, Rn. 359 EStG, der die Ungleichbehandlung nicht allein durch die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Gewinnermittlungsarten als gerechtfertigt ansieht.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

Änderung bzw. des Widerrufs bis zum Eintritt der Festsetzungsverjäh­ rung durch die Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO möglich, das hierfür erforderliche rückwirkende Ereignis stellt die geänderte oder wi­ derrufene Wahl- oder Antragsausübung dar. Im Falle von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten ist für eine Umset­ zung der durch die Änderung bzw. den Widerruf bewirkten Änderung der entstandenen Steuer eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG erfor­ derlich. Eine solche ist – aufgrund der durch die Änderung bzw. den Wi­ derruf ermöglichten Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO – eben­ falls bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung zulässig. Handelt es sich um GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte, ist aufgrund der for­ mellen Maßgeblichkeit für eine wirksame Änderung bzw. einen wirksa­ men Widerruf im Steuerrecht auch eine Änderung bzw. ein Widerruf der handelsrechtlichen Ausübung erforderlich. Nach einer entsprechenden Änderung der Handelsbilanz kann die Steuerbilanz hieran nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG angepasst werden.

III. Anfechtung einer Wahlrechtsausübung Sofern der Steuerpflichtige bei der Abgabe seiner Ausübungs-, Ände­ rungs- oder Widerrufserklärung in Bezug auf ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht einem Willensmangel unterlegen hat, stellt sich die Frage, ob er seine Erklärung aufgrund dessen anfechten kann. Die praktische Bedeutung dieser Fragestellung ist aufgrund der oben ver­ tretenen Ansicht, dass die Änderung oder der Widerruf einer Wahl- oder Antragsausübung grundsätzlich bis zum Eintritt der Festsetzungsverjäh­ rung möglich ist, relativ gering. Eine eigenständige Rolle spielt die An­ fechtung nur dann, wenn es sich ausnahmsweise um unwiderrufliche oder zeitlich befristete Wahl- oder Antragsrechte handelt oder besondere Voraussetzungen für eine Änderung eines solchen Rechtes nicht vorlie­ gen, mithin also dann, wenn Änderung oder Widerruf aus irgendwelchen Gründen nicht in Betracht kommen.1100 1. Fehlen spezieller steuerlicher Regelungen Spezielle steuerrechtliche Regelungen zu der Frage der Anfechtung von steuerlichen Willenserklärungen, insbesondere in Bezug auf die Aus­ 1100 So auch Birkenfeld, StuW 1977, 31, 35; für das Verwaltungsrecht Middel, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 124. Dieser führt auf S. 127 richtigerweise aus, dass die Änderung bzw. der Widerruf der Anfechtung sofern möglich vorgeht, da diese nicht an das Vorhandensein bestimmter Gründe gebunden sind und folglich die einfacheren Mittel zur Loslösung von der abgege­ benen Erklärung sind.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

Änderung bzw. des Widerrufs bis zum Eintritt der Festsetzungsverjäh­ rung durch die Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO möglich, das hierfür erforderliche rückwirkende Ereignis stellt die geänderte oder wi­ derrufene Wahl- oder Antragsausübung dar. Im Falle von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten ist für eine Umset­ zung der durch die Änderung bzw. den Widerruf bewirkten Änderung der entstandenen Steuer eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG erfor­ derlich. Eine solche ist – aufgrund der durch die Änderung bzw. den Wi­ derruf ermöglichten Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO – eben­ falls bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung zulässig. Handelt es sich um GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte, ist aufgrund der for­ mellen Maßgeblichkeit für eine wirksame Änderung bzw. einen wirksa­ men Widerruf im Steuerrecht auch eine Änderung bzw. ein Widerruf der handelsrechtlichen Ausübung erforderlich. Nach einer entsprechenden Änderung der Handelsbilanz kann die Steuerbilanz hieran nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG angepasst werden.

III. Anfechtung einer Wahlrechtsausübung Sofern der Steuerpflichtige bei der Abgabe seiner Ausübungs-, Ände­ rungs- oder Widerrufserklärung in Bezug auf ein steuerliches Wahl- und Antragsrecht einem Willensmangel unterlegen hat, stellt sich die Frage, ob er seine Erklärung aufgrund dessen anfechten kann. Die praktische Bedeutung dieser Fragestellung ist aufgrund der oben ver­ tretenen Ansicht, dass die Änderung oder der Widerruf einer Wahl- oder Antragsausübung grundsätzlich bis zum Eintritt der Festsetzungsverjäh­ rung möglich ist, relativ gering. Eine eigenständige Rolle spielt die An­ fechtung nur dann, wenn es sich ausnahmsweise um unwiderrufliche oder zeitlich befristete Wahl- oder Antragsrechte handelt oder besondere Voraussetzungen für eine Änderung eines solchen Rechtes nicht vorlie­ gen, mithin also dann, wenn Änderung oder Widerruf aus irgendwelchen Gründen nicht in Betracht kommen.1100 1. Fehlen spezieller steuerlicher Regelungen Spezielle steuerrechtliche Regelungen zu der Frage der Anfechtung von steuerlichen Willenserklärungen, insbesondere in Bezug auf die Aus­ 1100 So auch Birkenfeld, StuW 1977, 31, 35; für das Verwaltungsrecht Middel, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 124. Dieser führt auf S. 127 richtigerweise aus, dass die Änderung bzw. der Widerruf der Anfechtung sofern möglich vorgeht, da diese nicht an das Vorhandensein bestimmter Gründe gebunden sind und folglich die einfacheren Mittel zur Loslösung von der abgege­ benen Erklärung sind.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

übungserklärung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten, sind nicht vorhanden. Im Steuerrecht fehlen insgesamt – wie bereits zu verschiede­ nen anderen Problemfeldern dargestellt – eigenständige Regelungen zur Behandlung von Willenserklärungen, weshalb auch hier ein Blick in an­ dere Rechtsgebiete vonnöten ist.1101 Geklärt werden soll hierbei in einem ersten Schritt, ob die Anfechtung steuerrechtlicher Willenserklärungen generell möglich ist. Sofern dies zu bejahen sein sollte, werden in einem zweiten Schritt die verschiedenen denkbaren Willensmängel daraufhin untersucht, ob sie auch im Steuer­ recht als Anfechtungsgründe Relevanz erlangen können. 2. Situation in anderen Rechtsgebieten a) Anfechtung zivilrechtlicher Willenserklärungen Zunächst bedarf es auch hier eines Blicks in das Zivilrecht. Dort ist mit den §§ 119 ff. BGB ein umfassendes Anfechtungsrecht für diverse Wil­ lensmängel gesetzlich vorgesehen. Wie der Name „Willenserklärung“ bereits verdeutlicht, tritt der durch die Erklärung verursachte Rechtser­ folg deshalb ein, weil er von dem Erklärenden gewollt ist. Dieser Um­ stand würde es entsprechend der Willenstheorie naheliegen lassen, bei Willensmängeln die Unwirksamkeit der entsprechenden Erklärung an­ zunehmen. Die §§ 119 ff. BGB schränken dieses Loslösungsrecht des Er­ klärenden in einer zwischen Willens- und Erklärungstheorie vermitteln­ den Weise aus Gründen der Verkehrssicherheit erheblich ein, indem sie nur bestimmte Willensmängel als beachtlich ansehen, allen anderen Willensmängeln hingegen das schutzwürdige Vertrauen des Erklärungs­ empfängers in die Wirksamkeit der empfangenen Erklärung vorgehen lassen.1102 Im bürgerlichen Recht sind neben dem Inhalts- und Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 Fall 1, Fall 2 BGB) auch Eigenschafts- (§ 119 Abs. 2 BGB) und Übermittlungsirrtümer (§ 120 BGB) als Grundlage für eine Anfech­ tung vorgesehen. Kalkulations- und Motivirrtümer sind hingegen (mit Ausnahme der arglistigen Täuschung und der widerrechtlichen Drohung nach § 123 BGB) unbeachtlich. Die Anfechtung ist im bürgerlichen Recht als Gestaltungsrecht ausge­ staltet, sodass es zur Beseitigung der Rechtswirkungen der Willenserklä­ rung einer Anfechtungserklärung nach § 143 BGB bedarf. Diese hat nach § 121 BGB unverzüglich ab Kenntnis des Irrtums zu erfolgen, bei einer 1101 Hamsch, Irrtum im Steuerrecht, S. 118. 1102 Siehe hierzu statt vieler etwa Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher On­ line-Kommentar BGB, § 119 Rn. 1 f. BGB; sowie Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 119 Rn. 1 f. BGB.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

Anfechtung nach § 123 BGB aufgrund der fehlenden Schutzwürdigkeit des Empfängers binnen eines Jahres, § 124 BGB. b) Anfechtbarkeit einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung Neben dem Zivilrecht könnte sich auch der Blick in das öffentliche Recht, insbesondere in das Verwaltungsrecht lohnen. Da steuerrechtli­ che Willenserklärungen einen Unterfall der öffentlich-rechtlichen Wil­ lenserklärung darstellen,1103 könnte eine Übernahme der hier geltenden Grundsätze zur Frage der Anfechtbarkeit auf das Steuerrecht naheliegen. In Bezug auf diejenigen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen, die auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sind, regelt § 62 VwVfG die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB. Hierunter fallen auch die Vorschriften zur Anfechtung einer Wil­ lenserklärung.1104 Bei Anträgen auf Erlass eines Verwaltungsaktes gemäß § 22 S. 2 Nr. 2 VwVfG handelt es sich ebenfalls um öffentlich-rechtliche Willenserklä­ rungen. Eine Anfechtung dieser Art von Willenserklärung wird unter Übernahme prozessrechtlicher Grundsätze teilweise für unzulässig er­ achtet.1105 Überwiegend wird jedoch auch hier die Anfechtung in entspre­ chender Anwendung der §§ 119 ff. BGB zugelassen.1106 Auch unabhängig dieser beiden speziellen Konstellationen wird die An­ wendung der §§ 119 ff. BGB auf öffentlich-rechtliche Willenserklärungen im Verwaltungsverfahren größtenteils bejaht.1107 Es handele sich bei die­ 1103 Dazu bereits im 2. Teil I.1.b). 1104 Mann in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 62 Rn. 29 f. VwVfG; Ramsauer/­ Tegethoff in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 62 Rn. 13 f. VwVfG; Schliesky in: Knack/Henneke, VwVfG, § 62 Rn. 23 VwVfG. Erfasst von dieser Verweisung sind neben den Anfechtungsgründen der §§ 119 ff. BGB auch die Modalitäten und Rechtsfolgen der Anfechtung nach §§ 121, 122, 124, 142 ff. BGB. Siehe hier­ zu auch de Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 176 ff. 1105 Begründet wird diese Ansicht mit der im Vergleich zum „amtswegigen Verfah­ ren“ erhöhten Förmlichkeit des Antragsverfahrens, Engel/Pfau in: Mann/Senne­ kamp/Uechtritz, VwVfG, § 22 Rn. 60 VwVfG; Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 22 Rn. 78 ff. VwVfG beschränkt die Anfechtung aus diesem Grunde auf den materiellrechtlichen Teil des Antrags. 1106 Pautsch in: Pautsch/Hoffmann, VwVfG, § 22 Rn. 60 VwVfG; Ritgen in: Knack/ Henneke, VwVfG, § 22 Rn. 81 ff. VwVfG; Raumsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rn. 66 VwVfG; Hartmann, DÖV 1990, 8, 13. Diese Ansicht wird insbeson­ dere damit begründet, dass es unbillig sei, das Verwaltungsverfahren denselben strengen Regelungen wie das Prozessrecht zu unterwerfen. Darüber hinaus seien Konstellationen denkbar, in denen der Antragssteller ein berechtigtes Interesse an der Beseitigung des Antrages mit ex tunc Wirkung habe. 1107 Ritgen in: Knack/Henneke, VwVfG, § 9 Rn. 74 ff. VwVfG; Middel, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 112 ff.; Kluth, NVwZ 1990, 608, 614; Krause, VerwArch (61) 1970, 297, 327 ff.; Küchenhoff, BayVBl 1958, 325, 328; VGH Baden Württemberg v. 07.12.1981 - A 13 S 191/81, VBlBW

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

sen Vorschriften um die Kodifizierung eines allgemeinen, für die gesamte Rechtsordnung geltenden Rechtsgrundsatzes.1108 Nach umfassender Ab­ wägung der widerstreitenden Interessen sei die Zubilligung einer An­ fechtungsmöglichkeit auch im öffentlichen Recht vorzugswürdig.1109 Die weitgehende Unanwendbarkeit der Anfechtungsregelungen wird hinge­ gen nur vereinzelt vertreten.1110 3. Anfechtung der steuerrechtlichen Wahl- oder Antragsausübung a) Zulässigkeit der Anfechtung einer Ausübungserklärung aa) Übertragbarkeit der zivilrechtlichen Grundsätze auf das Steuerrecht In der bisherigen steuerrechtlichen Rechtsprechung sowie von einigen Vertretern in der Literatur wird die Übernahme der zivilrechtlichen An­ fechtungsregelungen auf das Steuerrecht abgelehnt. Als Begründung hier­ für wird im Wesentlichen ein Vorrang der steuerrechtlichen Verfahrensre­ geln angebracht.1111 In der Literatur findet sich dagegen vielfach auch die Ansicht, dass die zivilrechtlichen Anfechtungsregelungen – zumindest eingeschränkt – auf das Steuerrecht Anwendung finden sollen.1112 1983, 22, 23; OVG Lüneburg v. 14.10.1960 - I OVG A 151/59, OVGE 16, 355, 359; siehe auch BVerwG v. 10.12.1970 - II C 5.66, BVerwGE 37, 19, Rn. 43 ff. Die ana­ loge Anwendung zulassend, wenn auch aufgrund der zumeist möglichen Rück­ nahme in eine subsidiäre und damit nur selten anwendbare Stellung verdrän­ gend, de Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 162 ff., S. 171 ff. Offen bleiben kann hierbei, ob dies aufgrund einer entsprechenden Anwendung der §§ 119 ff. BGB erfolgt oder durch Verweis auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gilt. 1108 Sehr ausführliche Darstellungen bei Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklä­ rungen von Privatpersonen, S. 115 ff.; und Schnell, Der Antrag im Verwaltungs­ verfahren, S. 145 ff.; siehe auch Ritgen in: Knack/Henneke, VwVfG, § 9 Rn. 74 VwVfG; Kluth, NVwZ 1990, 608, 613; VGH Baden-Württemberg v. 07.12.1981 - A 13 S 191/81, VBlBW 1983, 22, 23; OVG Lüneburg v. 14.10.1960 - I OVG A 151/59, OVGE 16, 355, 359; BVerwG v. 10.12.1970 - II C 5.66, BVerwGE 37, 19, Rn. 43 ff. 1109 Ausführliche Darstellungen dieser Interessenabwägung finden sich bei Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 145 ff.; und Middel, Öffentlich-rechtli­ che Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 115 ff. 1110 Bulling, DÖV 1962, 378, 379 hält jedoch eine Anfechtung ausnahmsweise doch für möglich, wenn eine dem Zivilrecht vergleichbare Bindung an die abgegebene Willenserklärung besteht. Nur dann bestehe eine ausreichende Ähnlichkeit zur bürgerlich-rechtlichen Willenserklärung. 1111 BFH v. 11.01.1967 - I 78/65, BStBl III 1967, 208, Rn. 11; BFH v. 09.04.1975 - I R 55/73, BStBl II 1975, 616, Rn. 9; BFH v. 24.07.2013 - XI R 14/11, BStBl II 2014, 210, Rn. 43; Schindler in: Gosch, AO, FGO, § 149 Rn. 10 AO; Seer in: Tipke/ Kruse, AO, FGO, Vor § 149 Rn. 13 AO; Heuermann in: Hübschmann/Hepp/­ Spitaler, AO, FGO, Vor §§ 149-153 Rn. 7 AO; Nebinger, Verwaltungsrecht AT, S. 54; so auch in Bezug auf die entsprechende Anwendung der zivilrechtlichen Anfechtungsvorschriften Kurz, StuW 1979, 243, 246, der jedoch eine Anfechtung im Anschluss daran aus allgemeinen Grundsätzen ableitet. 1112 Grundlegend Birkenfeld, StuW 1977, 31, 40 ff.; siehe auch Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 315; Knobbe-Keuk, StuW 1975, 335, 342 f.; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1419; sowie Klemp, StuW 1972, 217, 223 f.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

Aufgrund der oben bereits dargestellten Grundsätze, dass bei fehlender originär steuerrechtlicher Regelung ein Rückgriff auf das bürgerliche Recht geprüft werden muss, ist auch für die entsprechende Anwendung der §§ 119 ff. BGB entscheidend, ob die Besonderheiten des Steuerrechts einer Übernahme dieser zivilrechtlichen Regelungen entgegenstehen könnten.1113 Für eine Möglichkeit zur Anfechtung steuerrechtlicher Willenserklärun­ gen – zumindest bei der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten – spricht die Ähnlichkeit von zivil- und steuerrechtlicher Willenserklä­ rung. Beide Erklärungen folgen in Bezug auf Entstehung, Wirksamkeit und Auslegung gleichen Grundsätzen.1114 Durch die Einräumung von Wahl- und Antragsrechten ist dem Steuerpflichtigen auch in dem von einem Über-/ Unterordnungsverhältnis und dem Grundsatz der Gesetz­ mäßigkeit der Verwaltung geprägten Steuerrecht eine dem Zivilrecht zu­ mindest vergleichbare Entscheidungsfreiheit eingeräumt worden. Der Steuerpflichtige kann wie im Zivilrecht eigenverantwortlich über die Abgabe der Erklärung und damit auch über den Eintritt der mit der Erklä­ rung erstrebten Rechtsfolgen entscheiden.1115 Die Situation bei der Aus­ übungserklärung von Wahl- und Antragsrechten ist somit mit der Abga­ be einer zivilrechtlichen Willenserklärung vergleichbar. Auch die vom Zivilrecht abweichende Interessenlage im öffentlichen Recht kann nicht als Argument gegen die generelle Anwendung der An­ fechtungsregelungen vorgebracht werden. Der Staat hat zwar durchaus ein schützenswertes Interesse an einer gesicherten Haushaltsführung so­ wie an einem geregelten Verwaltungsverfahren. Diese Interessen verfolgt jedoch grundsätzlich auch der Erklärungsempfänger im Zivilrecht, der ebenfalls ein schutzwürdiges Interesse an dem Bestand seines Vermögens sowie seiner durch die Erklärung verursachten Anstrengungen hat. An­ ders als der schützenswerte Erklärungsempfänger im Zivilrecht verfolgt die Finanzbehörde als Erklärungsempfängerin im Vergleich zu dem sich irrenden Steuerpflichtigen aufgrund ihrer Betreuungspflichten keine gänzlich gegenläufigen Interessen.1116 Es ist somit nicht ersichtlich, wie­ so den Interessen der Finanzbehörde – anders als denen des zivilrechtli­ chen Erklärungsempfängers – grundsätzlich Vorrang vor den Interessen des Anfechtenden eingeräumt werden sollte. Der von der ablehnenden Ansicht vorgebrachte Verweis auf die spe­ ziellen steuerrechtlichen Verfahrensvorschriften geht für die Frage der 1113 Dazu im 2. Teil I.3.c). 1114 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 40; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 315. 1115 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 40; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 315. 1116 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 41; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 103 f.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

entsprechenden Anwendung ebenfalls fehl. Vorschriften über die (Un-) Beachtlichkeit von Willensmängeln im Rahmen der Abgabe einer steuer­ rechtlichen Willenserklärung sind dem Steuerrecht gerade nicht zu ­entnehmen.1117 Die von dieser Ansicht vorgebrachten – und angeblich vorrangigen – steuerrechtlichen Korrekturvorschriften sowie die steuer­ rechtliche Besonderheit der Bestandskraft betreffen vielmehr die Frage, ob ein Steuerbescheid noch änderbar ist. Diese verfahrensrechtliche Um­ setzung der durch die Anfechtung bewirkten Änderungen ist von der abs­ trakten Möglichkeit der Anfechtung allerdings getrennt zu betrachten, es bedarf selbstverständlich auch nach einer Anfechtung noch der Um­ setzung der hierdurch erfolgten Änderungen im Rahmen der bestehen­ den Korrekturvorschriften. Eine Sperrwirkung in Bezug auf die Übernah­ me der Anfechtungsregelungen ergibt sich hieraus aber nicht. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass der Bundesfinanzhof selber einige Willensmängel schon als beachtlich angesehen hat. So hat er in einem Urteil die gesetzlich angeordnete Unwiderruflichkeit der Wahlrechtsausübung aufgrund eines Irrtums bei Abgabe der Erklärung durchbrochen und eine Rücknahme des irrtümlich gestellten Antrags zugelassen.1118 Diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist in der Sache zu begrüßen, der Versuch, dies über eine Rücknahme und nicht über die Anfechtung zu lösen – im Ergebnis hat der BFH in dem genannten Urteil eindeutig eine Anfechtung wegen Erklärungsirrtums nach § 119 Abs. 1 2. Alt. BGB vorgenommen – leuchtet jedoch keineswegs ein.1119 Gegen eine generelle Versagung der Beachtlichkeit von Willensmängeln bei der Ausübung von Wahl- und Antragsrechten durch den Steuerpflich­ tigen spricht auch, dass die Beachtlichkeit von Willensmängeln dem Steuerrecht nicht fremd ist, sondern diese auch bei anderen Willensent­ schlüssen durchaus Beachtung finden,1120 so etwa im Rahmen des Ent­ nahme- oder Einlagewillens bei Entnahme oder Einlage.1121 Stellt man auf den im öffentlichen Recht geführten Streit über die ent­ sprechende Anwendbarkeit der §§ 119 ff. BGB ab, wird gegen eine An­ wendung hauptsächlich die Ähnlichkeit zum Prozessrecht angeführt. Zumindest für die hier behandelten unselbstständigen Wahl- und An­ tragsrechte kann eine solche jedoch nicht angenommen werden. Bei die­ sen handelt es sich um Erklärungen im Rahmen eines laufenden Verwal­ 1117 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 41; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 103. 1118 BFH v. 09.04.1975 - I R 55/73, BStBl II 1975, 616, Rn. 11. 1119 Knobbe-Keuk, StuW 1975, 335, 342 f.; zweifelnd auch Rönitz, StbJb 1980/1981, 359, 380. 1120 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1419. 1121 Siehe hierzu statt vieler Musil in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 4 Rn. 176 (zum Entnahmewillen), Rn. 301 (zum Einlagewille) EStG m.w.N.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

tungsverfahrens, mit denen zwar das anzuwendende Recht beeinflusst wird, nicht jedoch grundsätzlicher Einfluss auf den Gang des Verfahrens genommen wird. Eine Übernahme der Grundsätze über prozessuale Erklärungen im öffentlichen Recht auf die Anfechtung von steuerli­ ­ chen Wahl- und Antragsrechten – und somit die Unanwendbarkeit der §§ 119 ff. BGB – ist daher abzulehnen. bb) Abwägung der gegensätzlichen Interessen zur Bestimmung der Reichweite der Anfechtungsmöglichkeit Die Abwägung der grundsätzlichen Interessen vom Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde führt zu dem Ergebnis, dass eine Anfechtungs­ möglichkeit des Steuerpflichtigen nicht allgemeingültig abgelehnt wer­ den kann. Vielmehr ist im Einzelfall zu überprüfen, ob den Interessen der Finanzbehörde abweichend vom Grundsatz ein höheres Gewicht als den Interessen des Steuerpflichtigen zuzumessen ist. Sofern aufseiten des Steuerpflichtigen bei der Abgabe der Erklärung ein Willensmangel bestanden hat, ist das Interesse der Finanzbehörden nur dann ausnahmsweise als überwiegend anzusehen, wenn der Steuerpflich­ tige den Willensmangel selbst grob fahrlässig verschuldet hat. In diesen Fällen muss das Anfechtungsrecht des Steuerpflichtigen zum Schutz der öffentlichen Interessen abweichend vom zivilrechtlichen Regelfall aus­ geschlossen werden. Grund für diese Verschärfung der Anfechtungsvoraussetzungen im Ver­ gleich zum Zivilrecht ist der Umstand, dass die Verletzung der schutzwür­ digen Interessen der Finanzbehörde – anders als dies im Regelfall bei dem zivilrechtlichen Erklärungsempfänger der Fall ist – nicht durch § 122 BGB analog ausgeglichen wird.1122 Den Interessen der Finanzbehörde muss so­ mit im Rahmen der Anfechtungsvoraussetzungen zusätzliches Gewicht beigemessen werden, wodurch nur bei maximal leicht fahrlässig verur­ sachten Willensmängeln ein Übergewicht der Interessen des Anfechten­ den bejaht werden kann. Dass dieses Erfordernis des fehlenden Verschuldens aufseiten des Steuer­ pflichtigen dem Steuerrecht keineswegs fremd ist, ergibt sich aus zwei weiteren steuerrechtlichen Vorschriften. Sowohl § 110 Abs. 1 AO als auch § 173 Abs. 1 AO verlangen für eine Durchbrechung des Fristablaufs bzw. der grundsätzlich eingetretenen Bestandskraft durch einen der Sphäre des Steuerpflichtigen entstammenden Fehler, dass dieser den Feh­ ler nicht bzw. nicht grob fahrlässig zu vertreten hat. Hieraus lässt sich ableiten, dass ein fehlendes Verschulden auch in anderen Konstellatio­ nen bei Willensmängeln zu beachten ist, die ihre Ursache – wie im Falle 1122 Siehe hierzu nachfolgend e).

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

von Erklärungs- oder Inhaltsirrtümern des Steuerpflichtigen – ebenfalls in der Sphäre des Steuerpflichtigen haben. Ein fehlendes Verschulden ist nicht zu prüfen, wenn die Anfechtung auf die Willensmängel der arglistigen Täuschung oder der widerrechtlichen Drohung gestützt werden soll. Diese entstammen nicht der Sphäre des Steuerpflichtigen, sondern beruhen auf einem treuwidrigen Verhalten der Finanzbehörde oder von Dritten, vor dem der Steuerpflichtige umfas­ send geschützt werden muss. In diesem Fall ist ein Überwiegen der Inte­ ressen der Finanzbehörde aufgrund der hohen Schutzwürdigkeit des An­ fechtenden nicht denkbar, eine Anfechtung somit nach zivilrechtlichen Grundsätzen immer möglich. Aus den Wertungen der §§ 110 Abs. 1, 173 Abs. 1 AO sowie aufgrund der Nichtberücksichtigung der verletzten Interessen der Finanzbehörde in­ folge der Unanwendbarkeit des § 122 BGB ergibt sich somit, dass das An­ fechtungsrecht des Steuerpflichtigen im Vergleich zum Grundsatz im Zivilrecht wegen der Besonderheiten des Steuerrechts einzuschränken ist. Die Besonderheiten des Steuerrechts stellen nach der hier vertrete­ nen Ansicht aber nicht die generelle Möglichkeit einer Anfechtung der Ausübungserklärung aufgrund von Willensmängel bei Abgabe der Erklä­ rung infrage. Sie führen vielmehr zu einer Verschärfung der Anfechtungs­ voraussetzungen durch das Erfordernis des nicht auf grober Fahrlässig­ keit beruhenden Willensmangels. cc) Anfechtung einer unwiderruflichen oder befristeten Wahl- oder Antragsausübung Auch die Unwiderruflichkeit einer Wahl- oder Antragsausübung spricht nicht gegen die Zulässigkeit einer Anfechtung der Erklärung.1123 Sinn und Zweck der Unwiderruflichkeit ist die Verhinderung willkürlicher Änderungen eines bereits ausgeübten Wahl- und Antragsrechtes.1124 Ein explizites Verbot der Berücksichtigung von Willensmängeln des Erklä­ renden kann der Anordnung der Unwiderruflichkeit hingegen nicht ent­ nommen werden.1125 Grundlage der Anfechtung ist gerade keine willkürliche Entschließung des Erklärenden, das ausgeübte Wahl- und Antragsrecht nunmehr in ei­ 1123 Hamsch, Irrtum im Steuerrecht, S. 122 ff.; a.A. Birkenfeld, StuW 1977, 31, 41; Kurz, StuW 1979, 243, 252; Seer in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 149 Rn. 13 AO. 1124 So die schriftliche Stellungnahme des Finanzausschusses zu BT-Drucksache 2706 in der 3. Wahlperiode auf Seite 6; BFH v. 09.04.1975 - I R 55/73, BStBl II 1975, 616, Rn. 11; ähnlich Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 124. 1125 Ähnlich Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 124.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

ner anderen Weise ausüben zu wollen. Sie beruht vielmehr darauf, dass der vorherigen Erklärung kein fehlerfrei gebildeter Wille zugrunde gele­ gen hat. Die Kundgabe dieses fehlerhaften Willens nachträglich beseiti­ gen zu wollen kann nicht als willkürlich angesehen werden, weshalb der Sinn und Zweck der Unwiderruflichkeit der Zulässigkeit einer Anfech­ tung nicht entgegensteht. Im Rahmen der Abwägung ergibt sich aus der gesetzlich angeordneten Unwiderruflichkeit keine weitere Verschiebung zulasten des Steuerpflichtigen. Um einen Ausschluss der Anfechtung rechtfertigen zu können, müssten der gesetzlich angeordneten Unwiderruflichkeit somit neben der Ver­ meidung von willkürlichen Entscheidungen noch weitere besondere öf­ fentliche Interessen zugrunde liegen. Solchen besonderen Interessen könnte im Rahmen der Abwägung ausnahmsweise Vorrang vor den durch die entsprechende Anwendung der §§ 119 ff. BGB geschützten In­ teressen des Steuerpflichtigen eingeräumt werden,1126 im bisherigen Recht sind sie jedoch nicht ersichtlich. Ist für die Ausübung des steuerlichen Wahl- oder Antragsrechtes aus­ nahmsweise eine Ausübungsfrist vorgesehen, spricht dies nach Ansicht der Rechtsprechung für einen Ausschluss der Anfechtungsmöglich­ keit.1127 Dass die Berücksichtigung von Willensmängeln mit dem Ablauf einer Ausschlussfrist nicht schlechthin unvereinbar ist, zeigt allerdings die Regelung der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 110 AO. Sofern hier bei unverschuldeten Hindernissen seitens des Steuerpflichtigen eine Nachholung des Antrags ermöglicht wird, ver­ deutlicht dies, dass das Gesetz selbst die Missachtung des Fristablaufs aufgrund der Schutzwürdigkeit des Steuerpflichtigen unter gewissen Umständen anerkennt. In Übertragung dieses Gedankens ist es meines Erachtens gerechtfertigt, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zur An­ fechtung der Wahl- oder Antragsausübung auch dann zuzubilligen, wenn er nach Ablauf der Ausübungsfrist feststellt, bei der Ausübung Willens­ mängeln unterlegen zu haben. Folglich führt auch die gesetzlich angeordnete Unwiderruflichkeit der Wahl- oder Antragsausübung oder der Ablauf einer gesetzlichen Aus­ übungsfrist nicht zu einem Ausschluss der Anfechtung einer Erklärung, sofern diesen Regelungen nicht ausnahmsweise besondere und gewichti­ ge öffentliche Belange zugrunde liegen.

1126 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 128. 1127 Die Anfechtung der Erklärung solle mit dem Wesen der Ausschlussfrist unver­ einbar sein, BFH v. 11.01.1967 - I 78/65, BStBl III 1967, 208, Rn. 11; zustimmend Federmann, DB 1983, 76, 78; und Kurz, StuW 1979, 243, 252.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

b) Behandlung der verschiedenen Willensmängel im Steuerrecht aa) Inhalts- und Erklärungsirrtum Nachdem die generelle Frage der Übertragung zivilrechtlicher Anfech­ tungsregeln auf das Steuerrecht positiv beantwortet wurde, stellt sich das weitergehende Problem, unter welchen Voraussetzungen eine An­ fechtung der Wahl- oder Antragsausübung zulässig ist. Zunächst muss dabei untersucht werden, welche Willensmängel des Steuerpflichtigen beachtlich sind. Hierzu bietet es sich an, eine Übertragung der zivilrecht­ lichen Anfechtungsgründe auf das Steuerrecht zu untersuchen. Ein zur Anfechtung berechtigender Willensmangel muss in Entspre­ chung zu § 119 Abs. 1 2. Alt BGB zumindest bei einem Erklärungsirrtum zu bejahen sein, also dann, wenn der Steuerpflichtige eine solche Erklä­ rung gar nicht abgeben wollte.1128 In der Rechtsprechung des Bundesfi­ nanzhofs wurde dies beispielsweise in einem Fall angenommen, in dem der Steuerpflichtige in einem Erklärungsvordruck das Häkchen eine Zei­ le zu hoch gesetzt hatte.1129 Ebenfalls zur Anfechtung berechtigt den Steuerpflichtigen ein Inhaltsirr­ tum nach § 119 Abs. 1 1. Alt BGB.1130 Unter diesem versteht man im Zi­ vilrecht einen Irrtum des Erklärenden über den objektiven, rechtlich wirksamen Inhalt der abgegebenen Erklärung.1131 Der Steuerpflichtige hat hier zwar die Erklärung selbst richtig abgegeben, dieser aber einen anderen Sinn beigemessen.1132 Nicht schutzwürdig ist der Steuerpflichtige allerdings im Falle eines rei­ nen Motivirrtums.1133 Dies kann bei der Ausübung von steuerlichen 1128 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 41; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 315; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1419; Kurz, StuW 1979, 243, 248; Klemp, StuW 1972, 217, 223; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 109 f. 1129 BFH v. 09.04.1975 - I R 55/73, BStBl II 1975, 616. Wie oben bereits dargestellt führte der Erklärungsirrtum nach Ansicht des BFH jedoch nicht zu einem An­ fechtungsrecht, sondern zur Möglichkeit der Rücknahme des gestellten Antrags. 1130 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 315; Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1419; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuer­ recht, S. 111 f.; Klemp, StuW 1972, 217, 223. 1131 Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 119 Rn. 57 BGB; Klemp, Öffent­ lich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 111. 1132 Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 119 Rn. 30 BGB; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steu­ errecht, S. 111. 1133 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1419; Schick, StuW 1969, 361, 369 in Fn. 36; Kurz, StuW 1979, 243, 249; Klemp, StuW 1972, 217, 224; ders., Öffentlich-recht­ liche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 113; treffend Lehmann/ Hübner, BGB AT, S. 263 „es genügt, dass jemand will; warum er will, ist regel­ mäßig gleichgültig“.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

Wahl- und Antragsrechten insbesondere der Fall sein, wenn er sich bei der Ausübung über die steuerlichen Folgen geirrt und folglich nicht die für ihn steuerlich günstigste Wahl getroffen hat.1134 Zwar steht ihm in diesem Falle grundsätzlich die Möglichkeit der Änderung oder des Wi­ derrufs der Wahl offen,1135 eine Anfechtung bei gesetzlich angeordneter Unwiderruflichkeit oder nach Ablauf einer gesetzlichen Frist kann je­ doch nicht mehr in Betracht kommen. Sofern anstelle des Steuerpflichtigen dessen – gesetzlicher oder gewill­ kürter – Vertreter handelt, ist im Steuerrecht § 166 Abs. 1 BGB analog anzuwenden. Für die Ermittlung eines Willensmangels ist in diesem Fall auf die Person des Vertreters abzustellen.1136 bb) Sonstige Willensmängel Ein Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB ist im Steuerrecht nicht denkbar.1137 Im bürgerlichen Recht werden hiervon Konstellationen ­erfasst, in denen sich der Erklärende über verkehrswesentliche Eigen­ schaften einer Sache oder einer Person irrt. Als verkehrswesentliche Ei­ genschaften kommen im Steuerrecht jedoch nur solche Umstände in Betracht, an die die Steuergesetze Rechtsfolgen anknüpfen. Sofern diese jedoch nicht vorgelegen haben, geht der gestellte Antrag mangels Erfül­ lung des gesetzlichen Tatbestandes ins Leere und muss bei der Besteue­ rung unberücksichtigt bleiben, einer Anfechtung bedarf es in diesen Fäl­ len nicht.1138 In Betracht kommt allerdings der Übermittlungsirrtum nach § 120 BGB.1139 Relevanter als der Fall der falschen Übermittlung durch einen Boten1140 dürfte hierbei die Übermittlung durch eine technische Einrich­ tung sein. Dies kann theoretisch bei Problemen des ELSTER-Programms oder in vergleichbaren Situationen der Fall sein, wenn hierdurch der ei­

1134 Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 113; ders., StuW 1972, 217, 224. 1135 Dazu oben II. 1136 Dies verkennt Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 110. Er führt lediglich aus, dass Irrtümer des Vertreters nicht un­ ter § 120 BGB analog zu subsumieren sind, stellt aber nicht klar, dass in diesen Fällen eine Anfechtung nach § 166 Abs. 1 BGB i.V.m. einem der Anfechtungs­ gründe in Betracht kommt. 1137 Weber-Grellet, DStR 1992, 1417, 1419; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenser­ klärungen Privater im Steuerrecht, S. 114; ders., StuW 1972, 217, 223. 1138 Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 114. 1139 Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuerrecht, S. 110 f. 1140 Die hierunter zu subsumierende mündliche Überbringung einer Wahl- oder An­ tragsausübung dürfte im Steuerrecht schon aus Beweisgründen kaum einmal vorkommen.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

gentliche Wille des Steuerpflichtigen nicht korrekt an die Finanzbehörde weitergeleitet wird. Die Anfechtungsgründe des § 123 BGB, also die Anfechtung wegen arg­ listiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung, sind im Steuerrecht zwar theoretisch denkbar,1141 dürften in der Praxis allerdings kaum rele­ vant werden. In Bezug auf die arglistige Täuschung ergibt sich aus § 123 Abs. 2 BGB, dass entweder das Finanzamt als Erklärungsempfänger selbst die Täuschung verursacht oder zumindest von der Täuschung ei­ nes Dritten Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis gehabt haben muss.1142 Einen solchen Sachverhalt möchte man sich in der Praxis kaum vorstel­ len.1143 Die widerrechtliche Drohung kann zwar anders als die arglistige Täuschung von jedermann vorgenommen werden.1144 Auch sie wird al­ lerdings kaum praktische Relevanz erlangen, da es eher fernliegend ist, dass jemand einem anderen droht, um diesen zu einer bestimmten Weise der Ausübung eines steuerlichen Wahl- oder Antragsrechtes zu bewegen. cc) Einbeziehung des Verschuldens Um den Besonderheiten des Steuerrechts gerecht zu werden, ist für die Anfechtung der Wahl- oder Antragsausübung wegen eines Willensman­ gels nach §§ 119 f. BGB erforderlich, dass der Steuerpflichtige diesen nicht zu vertreten hat.1145 Hierbei ist an das Verschulden ein durchaus strenger Maßstab anzusetzen. Eine überwiegende Schutzwürdigkeit des Steuerpflichtigen ergibt sich nur bei einem unverschuldeten oder einem auf leichter Fahrlässigkeit beruhenden Willensmangel. Die grob fahrläs­ sige Herbeiführung des Willensmangels hingegen lässt das Anfechtungs­ interesse des Steuerpflichtigen hinter den öffentlichen Interessen an der Beibehaltung der bisherigen Besteuerung zurücktreten. Zur Ermittlung des von dem Steuerpflichtigen zu erwartenden Sorgfalts­ maßstabes ist eine Anlehnung an die Auffassungen zu einer anderen steuerlichen Vorschrift geboten. Auch in § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist grob 1141 Kurz, StuW 1979, 243, 251 erwähnt sie etwa beispielhaft im Rahmen der Darle­ gungslast für die Willensmängel; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärun­ gen Privater im Steuerrecht, S. 114 ff. 1142 Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 123 Rn. 69 ff. BGB; Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 123 Rn. 21 ff. BGB. 1143 Dieses Verhalten würde zudem auch zu Schadensersatzansprüchen des Steuer­ pflichtigen gegen die Finanzbehörden führen, so etwa nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Kurz, StuW 1979, 243, 251 führt die Täuschung bzw. Drohung durch die Finanzbehörden dennoch beispielhaft auf. 1144 Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 123 Rn. 127 ff. BGB; Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 123 Rn. 36 BGB. 1145 Im Rahmen einer Anfechtung nach § 124 BGB analog ist das Verschulden nicht zu prüfen. Grund hierfür ist, dass diese Willensmängel ohnehin nicht der Sphäre des Steuerpflichtigen entstammen. Hierzu bereits unter a)bb).

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

fahrlässiges Verhalten in Bezug auf die Unkenntnis von Tatsachen als Ausschlussgrund für die Korrektur der Besteuerungsfestsetzung angeord­ net. Aufgrund der Vergleichbarkeit dieser Wertungen mit der hier zu be­ handelnden grob fahrlässigen Verursachung von Willensmängeln ist der dort vertretene subjektiv-individuelle Sorgfaltsmaßstab auf die Anfech­ tung zu übernehmen. Danach ist ein Verhalten als grob fahrlässig anzu­ sehen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt hat.1146 Ebenso wie im Rahmen des § 173 AO ist dem Steuerpflichtigen das Verschulden seines Steuerberaters wie Eigenes zuzurechnen.1147 Be­ sonders relevant wird dieser Umstand auch hier wiederum dadurch, dass im Rahmen der Ermittlung der gewöhnlichen Sorgfalt die persönlichen Fähigkeiten des Beraters ausschlaggebend sind.1148 Eine Anfechtung kommt somit im Einzelfall nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige nach seinem individuellen Sorgfaltsmaßstab den Wil­ lensmangel nicht grob fahrlässig zu vertreten hat. Da es sich hierbei um ein den Steuerpflichtigen belastendes Anfechtungshindernis handelt, muss die Beweislast für das Vorliegen der groben Fahrlässigkeit in Über­ tragung der Grundsätze zu § 173 AO – und damit anders als bei den grundsätzlich im Rahmen des § 119 BGB geltenden Beweisregeln1149 – bei der Finanzbehörde liegen.1150 Um einer Anfechtungserklärung die Rechts­ wirkungen versagen zu können, muss somit von der Finanzbehörde das Vorliegen grob fahrlässigen Verhaltens des Steuerpflichtigen im Prozess hinreichend bewiesen werden. c) Besonderheiten bei Drittwirkung In Bezug auf die Änderung oder den Widerruf einer Wahl- oder Antrags­ ausübung wurde herausgearbeitet, dass es im Falle einer Drittwirkung

1146 Siehe etwa BFH v. 21.07.1989 - III R 303/84, BStBl II 1989, 960 Rn. 15, Rn. 17 m.w.N.; BFH v. 03.02.1983 - IV R 153/80, BStBl II 1983, 324, Rn. 25; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 275 AO; Grube, JBFfSt. 1983/1984, 37, 51. 1147 BFH v. 03.02.1983 - IV R 153/80, BStBl II 1983, 324, Rn. 14 ff.; v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 283 AO; Grube, JBFfSt. ­ 1983/1984, 37, 57. 1148 BFH v. 03.02.1983 - IV R 153/80, BStBl II 1983, 324, Rn. 29. 1149 Siehe hierzu etwa Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 119 Rn. 149 BGB. 1150 BFH v. 22.05.1992 - VI R 17/91, BStBl II 1993, 80, Rn. 17; v. Groll in: Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 173 Rn. 298 AO; Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 173 Rn. 85 AO. Dies beruht im Wesentlichen darauf, dass dem Steuer­ pflichtigen der schwierig zu erbringende Beweis eines negativen Umstandes nicht auferlegt werden könne; a.A. unter Berufung auf die Normbegünstigungs­ theorie v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 173 Rn. 105 AO.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

des Wahl- oder Antragsrechtes einer Zustimmung des Dritten bedarf.1151 Grundlage hierfür war eine Abwägung zwischen dem Änderungsinteres­ se des Steuerpflichtigen und dem schutzwürdigen Vertrauen des Dritten in den Bestand der erstmaligen Wahl- oder Antragsausübung. Diese Interessenabwägung ist auch in Bezug auf die Anfechtung einer Wahl- oder Antragsausübung mit Drittwirkung vorzunehmen. Durch den Willensmangel ist das Anfechtungsinteresse des Steuerpflichtigen allerdings deutlich stärker zu gewichten als dessen reines Änderungsbzw. Widerrufsinteresse. Durch diese Verschiebung der Interessenlage zugunsten des Steuerpflichtigen und der im Verhältnis hierzu weniger gewichtigen Interessen des Dritten bedarf es im Rahmen der Anfechtung keiner Zustimmung des Dritten zur Anfechtungserklärung. Es genügt vielmehr, dass der Steuerpflichtige den Dritten unverzüglich nach Gel­ tendmachung seines Anfechtungsrechtes hierüber in Kenntnis setzt, da­ mit sich dieser auf die für ihn veränderte steuerliche Situation einzustel­ len vermag.1152 Dem schutzwürdigen, wenngleich im Verhältnis zu den Interessen des Anfechtenden geringer zu gewichtenden Vertrauen des Dritten in seine bisherigen Dispositionen wird genüge getan, wenn er den durch die An­ fechtung entstandenen Vertrauensschaden nach § 122 BGB analog erstat­ tet bekommt.1153 Ein darüber hinausgehendes Interesse des Dritten ist nicht ersichtlich. d) Sonstige Voraussetzungen Da es sich bei der Anfechtung um ein Gestaltungsrecht handelt, verlangt deren Wirksamkeit das Vorliegen einer Anfechtungserklärung durch eine hierzu berechtigte Person. Anfechtungsberechtigt in Bezug auf die An­ fechtung der Wahl- oder Antragsausübung sind diejenigen Personen, die auch zur erstmaligen Ausübung der Wahl- oder Antragsrechte befugt ge­ wesen sind.1154 Für eine wirksame Anfechtungserklärung ist hierbei er­ forderlich, dass der Anfechtungsberechtigte objektiv erkennen lässt, dass

1151 II.3.b)bb). 1152 Relevant wird theoretisch auch hier, ob es der Finanzbehörde möglich sein wird, dass diese die Besteuerungsfestsetzung des Dritten an die geänderten Verhältnis­ se anpassen kann. Aufgrund der oben unter II.3.b)bb)(1) beschriebenen Möglich­ keit zur Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO bzw. nach § 174 AO dürfte eine Anpassung jedoch regelmäßig möglich sein. 1153 So auch für das Verwaltungsrecht Krause, JuS 1972, 425, 430. Als Vertrauens­ schäden des Dritten kommen im Steuerrecht etwa die Kosten für eine erneute, auf die geänderten Umständen angepasste steuerliche Beratung, die möglicher­ weise erhöhten steuerlichen Belastungen oder die Nachteile aus dem Verlust ei­ ner Vorsteuerabzugsmöglichkeit in Betracht. 1154 Hierzu im 2. Teil II.

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

er die vorherige Wahl- oder Antragsausübung aufgrund eines Willens­ mangels beseitigen möchte.1155 Die Anfechtungserklärung ist wie die erstmalige Ausübung oder deren Änderung bzw. deren Widerruf an die zuständige Finanzbehörde zu rich­ ten.1156 Sofern die Wahl- oder Antragsausübung Drittbezug hat, ist der betroffene Dritte von deren Anfechtung in Kenntnis zu setzen. Der Steuerpflichtige hat die Anfechtungserklärung analog § 121 BGB un­ verzüglich ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes abzugeben.1157 Sofern er die ihm hierbei zustehende Bedenkzeit überschritten hat, geht seine ver­ spätete Anfechtungserklärung ins Leere. Birkenfeld1158 leitet aus dem Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ab, dass die Anfechtungserklärung nicht unverzüglich im Sinne von § 121 Abs. 1 BGB erfolgt sei. Dies soll damit begründet werden, dass der Steuerpflichtige mit Bekanntgabe des Steuer­ bescheides die Möglichkeit gehabt hätte, Kenntnis von seinem Willens­ mangel zu erlangen und diesen im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens zu berücksichtigen.1159 Hierbei wird allerdings verkannt, dass im Rah­ men des § 121 BGB nur die tatsächliche Kenntnis des Willensmangels zu einem Fristbeginn führt, fahrlässige Unkenntnis – wie in dem von Birkenfeld geschilderten Fall – hingegen unschädlich ist,1160 weshalb die ge­ nannte Auffassung abzulehnen ist. e) Rechtsfolgen der Anfechtung Folge der Anfechtung einer Willenserklärung ist die rückwirkende Nich­ tigkeit der entsprechenden Erklärung, § 142 BGB. Übertragen auf steuer­ 1155 Hieran fehlte es in dem Urteil des BFH v. 11.05.2010 – IX R 26/09, BFH/NV 2010, 2067, Rn. 44 sowie der Vorinstanz des FG Berlin-Brandenburg v. 27.05.2009 - 7 K 1233/05 B, EFG 2009, 1695, Rn. 57 ff. Der Anfechtungsberechtigte hatte sich hier nicht auf das Vorliegen eines Willensmangels berufen. 1156 So auch zum Verwaltungsrecht Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärun­ gen von Privatpersonen, S. 123. 1157 Sofern ausnahmsweise die Anfechtung nach § 123 BGB in Betracht kommt, muss entsprechend der zivilrechtlichen Grundsätze eine verlängerte Anfech­ tungsfrist gelten. Ob diese wie in § 124 BGB geregelt ein Jahr beträgt oder aber mit der von Kluth, NVwZ 1990, 608, 614 für Zwecke des öffentlichen Rechts vertretenen Ansicht eine kürzere Frist zu gelten hat, Bedarf aufgrund der fehlen­ den praktischen Relevanz dieses Anfechtungsgrundes keiner näheren Untersu­ chung. M.E. spricht jedoch viel dafür, aufgrund des Bedürfnisses nach Rechtssi­ cherheit eine frühzeitige Anfechtung durch den Steuerpflichtigen zu verlangen und die Frist auf wenige Wochen nach dem Zeitpunkt des Wegfalls des Willens­ mangels zu verkürzen. 1158 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 41; diese falsche Argumentation aufnehmend das Ur­ teil des BFH v. 24.07.2013 - XI R 14/11, BStBl II 2014, 210, Rn. 44. 1159 Birkenfeld, StuW 1977, 31, 41. 1160 Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 121 Rn. 5 f. BGB; Singer in: Stau­ dinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 121 Rn. 4 BGB; Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 121 Rn. 2 BGB.

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

liche Wahl- und Antragsrechte bedeutet dies, dass die Wahl- oder Antrags­ ausübung bzw. deren Änderung oder Widerruf rückwirkend wegfällt.1161 An die Stelle der vorherigen Wahl tritt der gesetzliche Regelfall,1162 da die Anfechtungserklärung nicht zugleich eine Änderungserklärung beinhal­ tet.1163 Die nach § 38 AO bereits entstandene Steuer erfährt aufgrund der Anfechtung ebenfalls eine rückwirkende Änderung.1164 Neben der rückwirkenden Nichtigkeit der angefochtenen Erklärung zum Schutz des Anfechtenden führt die Anfechtung zur Entstehung des Scha­ densersatzanspruchs aus § 122 BGB, mit dem das durch die Anfechtung verletzte Vertrauen des Erklärungsempfängers in den Bestand der Erklä­ rung ausgeglichen werden soll.1165 Da dieses Vertrauen des Erklärungs­ empfängers auch im Steuerrecht zu schützen ist, ist eine analoge Anwen­ dung des § 122 BGB vorzunehmen. Es ist folglich derjenige Schaden zu ersetzen, der durch das Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung ent­ standen ist.1166 Ein ersatzfähiger Vertrauensschaden kann sich wie oben dargestellt bei­ spielsweise in einem Sachverhalt mit Drittwirkung ergeben.1167 Ein Scha­ densersatzanspruch der Finanzbehörde ist dagegen im Regelfall nicht denkbar, da bei ihr regelmäßig kein Vertrauensschaden eintritt. Anders als dem allgemeinen Verwaltungsrecht1168 sind dem Steuerrecht – mit Ausnahme der verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 3 S. 1 AO – Ge­ bührentatbestände fremd. Wenn es sich bei dem Besteuerungsverfahren für den Steuerpflichtigen somit grundsätzlich um ein kostenfreies Ver­ waltungsverfahren handelt, kann der durch eine Anfechtung verursachte 1161 BFH v. 11.01.1967 - I 78/65, BStBl III 1967, 208, Rn. 13; Birkenfeld, StuW 1977, 31, 41; Klemp, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen Privater im Steuer­ recht, S. 109. 1162 Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn sich die Anfechtung auf eine Änderungs- bzw. Widerrufserklärung bezieht. In diesem Fall wird nur die Ände­ rungs- bzw. Widerrufserklärung selbst nichtig, sodass die ursprüngliche Aus­ übung wieder zur Geltung gelangt. 1163 BFH v. 11.01.1967 - I 78/65, BStBl III 1967, 208, Rn. 13. Es ist jedoch durchaus möglich, dass eine zusätzliche neue Ausübung noch Berücksichtigung finden kann, so etwa über eine Saldierung nach § 177 AO, sofern die anderweitige Aus­ übung vor Abgabe der Anfechtungserklärung vorgenommen wurde oder nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO bei Abgabe der Ausübungserklärung nach der Anfech­ tung. Vertiefend hierzu die im 2. Teil unter IV.3.c) aufgestellten Grundsätze. 1164 Insoweit müssen Änderung bzw. Widerruf sowie Anfechtung gleichbehandelt werden. Siehe hierzu auch II.4.b)dd)(2). 1165 Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 122 Rn. 1 BGB; Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 122 Rn. 1 BGB. 1166 Singer in: Staudinger, §§ 90–124; §§ 130–133 (Allgemeiner Teil 3), § 122 Rn. 12 BGB; Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 122 Rn. 17 ff. BGB. 1167 Dazu bereits oben c). 1168 Siehe hierzu etwa das Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes (BGebG) oder das Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW).

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

Mehraufwand der Finanzbehörden nicht in Geld beziffert werden und somit auch nicht Grundlage eines Schadensersatzanspruches sein.1169 Auch in dem etwaigen Verlust von Besteuerungssubstrat kann ein sol­ cher Vertrauensschaden nicht gesehen werden. Hierbei würde es sich im zivilrechtlichen Sinne um das „positive Interesse“ der Finanzbehörde, quasi ihren entgangenen Gewinn handeln. Dieser ist im Rahmen des § 122 BGB1170 und somit folgerichtig auch im Rahmen seiner analogen Anwendung grundsätzlich nicht ersatzfähig. f) Zeitliche Grenze einer Anfechtung Unter Wahrung der Anfechtungsfrist kann die Anfechtungserklärung zeitlich unbeschränkt abgegeben werden. Ihre gewünschten Wirkungen kann sie allerdings nur entfalten, wenn die hierdurch bewirkte Änderung der entstandenen Steuer verfahrensrechtlich noch umgesetzt werden kann.1171 Problematisch wird dies wiederrum ab dem Eintritt der Bestandskraft. Nach diesem Zeitpunkt bedarf es einer der gesetzlichen Korrekturvor­ schriften, um die bisherige Steuerfestsetzung an die geänderte Steuer an­ passen zu können. Nach der hier vertretenen Ansicht, dass auch die erst­ malige oder geänderte Ausübung von Wahl- und Antragsrechten sowie deren Widerruf ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Sinne von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darstellt, muss Entsprechendes auch für eine Anfechtung der bisherigen Ausübungserklärung gelten. Es wäre wider­ sprüchlich, trotz der im Vergleich zu den genannten Fällen deutlich er­ höhten Schutzbedürftigkeit des anfechtenden Steuerpflichtigen eine ver­ fahrensrechtliche Berücksichtigung hier abzulehnen. Hinzu kommt, dass auch die zivilrechtliche Anfechtung eines Rechtsge­ schäftes als ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Sinne des 1169 Im regelmäßig gebührenpflichtigen Verwaltungsverfahren stellt der unnötige Verwaltungsaufwand hingegen einen Schaden im Sinne von § 122 BGB dar. Dazu de Wall, privatrechtliche Vorschriften, S. 172. 1170 Etwas anderes gilt nur für den Gewinn, der sich aus einem anderen Geschäft er­ geben hätte, welches der Erklärungsempfänger im Vertrauen auf den Bestand der Erklärung jedoch unterlassen hat. Armbrüster in: Säcker/Rixecker, MüKo BGB, § 122 Rn. 17 BGB; Wendtland in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommen­ tar BGB, § 122 Rn. 7 BGB. Ein solcher Fall ist im Steuerrecht jedoch nicht denk­ bar, weil die Finanzbehörden wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung nicht im Vertrauen auf den Bestand einer Erklärung die Besteuerung eines anderen Steuerpflichtigen unterlassen dürfen. 1171 Klemp, StuW 1972, 217, 224. Zur Berücksichtigungsmöglichkeit im Rahmen der verschiedenen Verfahrensstadien kann – mit Ausnahme des im folgenden unter­ suchten Zeitraumes nach Eintritt der Bestandskraft – auf die obigen Ausführun­ gen zur erstmaligen oder geänderten Ausübung bzw. zum Widerruf verwiesen werden. Siehe hierzu oben II.4.b) sowie im 2. Teil unter IV.3.b).

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3. Teil:  Bindungswirkung eines bereits ausgeübten Wahl- oder Antragsrechtes

§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO angesehen wird.1172 Einer in Anlehnung an das Zivilrecht zugelassenen steuerrechtlichen Anfechtungserklärung diese Wirkung abzusprechen wäre systemwidrig und damit unzulässig. Sofern der Steuerpflichtige also die bisherige Wahl- oder Antragsausübung nach Eintritt der Bestandskraft anficht, muss der betroffene Steuerbescheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO korrigiert werden. Als äußerste Grenze könnte auch hier der Eintritt der Festsetzungsver­ jährung gemäß §§ 169 f. AO zu beachten sein, nach dem eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO nicht mehr in Betracht kommt. Aufgrund des Erfordernisses der Einhaltung der Anfechtungsfrist ist jedoch abwei­ chend von den zur erstmaligen Ausübungserklärung vertretenen Grund­ sätzen1173 für Zwecke der Anfechtung keine teleologische Reduktion der Vorschrift des § 175 Abs. 1 S. 2 AO vorzunehmen. Die Anfechtungserklä­ rung führt somit zu einem (Neu-)Beginn der Festsetzungsfrist. Anders als im Rahmen der erstmaligen Ausübung ist durch das Erfordernis der An­ fechtungsfrist sichergestellt, dass der Steuerpflichtige die Ausübung des Anfechtungsrechtes nicht willkürlich nach hinten verlagern kann, so­ dass die oben dargelegte Grundlage für die teleologische Reduktion in diesem Fall fehlt. 4. Ergebnis Die Ausübung steuerlicher Wahl- und Antragsrechte unterliegt als steu­ errechtliche Willenserklärung der Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB ana­ log. Aufgrund der grundsätzlich bis zum Eintritt der Festsetzungsverjäh­ rung bestehenden Möglichkeit zur Änderung oder zum Widerruf der Wahl- oder Antragsausübung wird die Anfechtung dabei regelmäßig nur bei unwiderruflichen bzw. befristeten Wahl- oder Antragsrechten oder aufgrund des Neubeginns der Festsetzungsverjährungsfrist bei einer Aus­ übung nach Eintritt der Festsetzungsverjährung relevant. Sofern es sich nicht um eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung handelt, ist für eine Anfechtung zusätz­ lich zum Bestehen eines Anfechtungsgrundes – also eines Inhalts-, Erklä­ rungs- oder Übermittlungsirrtums – erforderlich, dass der Steuerpflichti­ ge den Willensmangel nicht grob fahrlässig zu vertreten hat. Dies richtet sich nach den zu § 173 Abs. 1 AO entwickelten Grundsätzen, sodass ein nach den individuellen Verhältnissen des Steuerpflichtigen als grob fahr­ lässig einzuordnendes Verhalten zum Ausschluss des Anfechtungsrech­ tes führen muss. Neben dem Bestehen eines Anfechtungsgrundes und 1172 BFH v. 12.05.2016 - II R 39/14, BStBl II 2017, 63, Rn. 19 ff.; Loose in: Tipke/Kru­ se, AO, FGO, § 175 Rn. 34 AO; v. Wedelstädt in: Gosch, AO, FGO, § 175 Rn. 61, Rn. 66 AO; Rüsken in: Klein, AO, § 175 Rn. 62 AO. 1173 Siehe hierzu im 2. Teil IV.4.b)ee).

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III.  Anfechtung einer Wahlrechtsausübung

eines etwaigen Verschuldens ist daneben nach allgemeinen zivilrechtli­ chen Grundsätzen die Abgabe einer Anfechtungserklärung unter Wah­ rung der Anfechtungsfrist nach § 121 BGB analog erforderlich. Im Falle einer Drittwirkung des Wahl- oder Antragsrechtes ist zum Schutz des Dritten zwar aufgrund seines Anspruchs auf Schadensersatz nach § 122 BGB analog zur Anfechtung nicht dessen Zustimmung erfor­ derlich. Damit dieser seinen veränderten steuerrechtlichen Pflichten nachkommen kann, muss er aber zumindest über die Anfechtung infor­ miert werden. Rechtsfolge einer wirksamen Anfechtung ist die rückwirkende Nichtig­ keit der angefochtenen Erklärung und damit der Eintritt des gesetzlichen Regelfalles. Hierdurch verändert sich der bereits entstandene Besteue­ rungsanspruch nachträglich, sodass der Steuerbescheid auf Grundlage einer Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auch nach Eintritt der Bestandskraft angepasst werden kann.

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Zusammenfassung der Erkenntnisse

Bei der Ausübung von steuerlichen Wahl- und Antragsrechten handelt es sich um steuerrechtliche Willenserklärungen. Mangels eigenständiger gesetzlicher Regelung sind hierauf die zivilrechtlichen Regelungen über Willenserklärungen anzuwenden, sofern einer Übertragung nicht die Be­ sonderheiten des Steuerrechts entgegenstehen. Dies gilt zunächst für die Auslegung der Erklärung. Diese folgt der Vor­ schrift des § 133 BGB, sodass die Finanzverwaltung aufgrund des Unter­ suchungs- und Betreuungsgrundsatzes den wahren Willen des Erklären­ den zu ermitteln hat. Für den Zugang der Erklärung ist ausreichend, dass diese in den Machtbereich der zuständigen Behörde gelangt ist, abwei­ chend vom Zivilrecht ist dabei nicht erforderlich, dass mit einer Kennt­ nisnahme gerechnet werden kann. Subjektiv ist das Vorhandensein eines Handlungswillens eine unver­ zichtbare Voraussetzung der Ausübungserklärung, ein aktuelles Erklä­ rungsbewusstsein sowie ein Geschäftswille ist hingegen nicht zwingend erforderlich. Ausreichend ist wie im Zivilrecht auch ein potenzielles ­Erklärungsbewusstsein, also das fahrlässige Verkennen der Rechtserheb­ lichkeit. Anders als dort steht dem Erklärenden das Anfechtungsrecht bei potenziellem Erklärungsbewusstsein allerdings nur zu, wenn er höchstens leicht fahrlässig gehandelt hat. Anderenfalls ist die Erklärung ohne Anfechtungsmöglichkeit wirksam. Berechtigt zur Ausübung der Wahl- und Antragsrechte sind die jeweili­ gen steuerpflichtigen Personen. Hierbei können sich diese von einem Be­ vollmächtigten vertreten lassen. Dieser ist neben dem Steuerpflichtigen selbstständig zur Ausübung befugt. Eine nachträgliche Genehmigung des Handelns von Vertretern ohne Vertretungsmacht ist nach Ablauf einer gesetzlichen Ausübungsfrist aufgrund der Verletzung der Gleichheit der Besteuerung nur unverzüglich und bei Vorliegen eines sachlichen Grun­ des zulässig, so etwa im Falle der Gutgläubigkeit des Steuerpflichtigen in Bezug auf eine wirksame Vertretung. Handeln für den Steuerpflichtigen seine gesetzlichen Vertreter, gelten bei einer Mehrzahl von Vertretern die gesetzlichen oder gewillkürten Geschäftsführungs- und Vertretungsre­ geln. Betrifft die Ausübung mehrere Steuerpflichtige, sind diese grundsätzlich gemeinsam zur Ausübung berechtigt. Etwas anderes gilt im Falle der Or­ ganschaft – hier ist im Umsatzsteuerrecht der Organträger und im Kör­ perschaft- und Gewerbesteuerrecht die Organgesellschaft alleine zur Ausübung befugt – sowie im UmwStG – hier ist die Ausübungsbefugnis 227

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Zusammenfassung der Erkenntnisse

in den einzelnen Normen entweder der übertragenden oder der überneh­ menden Gesellschaft ausdrücklich zugewiesen. Die gesetzlichen Formvorschriften betreffen nur in seltenen Fällen den Ausübungsakt als solchen und sind oftmals nicht zwingender Natur. Da­ rüber hinaus lässt es die Rechtsprechung meist ausreichen, wenn der Steuerpflichtige den Zweck der Formvorschrift anderweitig erfüllt. Die meisten Wahl- und Antragsrechte können mangels entgegenstehen­ der gesetzlicher Regelung formfrei und auch konkludent ausgeübt wer­ den. GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte unterfallen auch nach dem BilMoG der formellen Maßgeblichkeit und sind daher in der Handelsbi­ lanz auszuüben. Diese Ausübung wird im Nachhinein nur noch im Rah­ men der Steuerbilanz nachvollzogen. GoB-widrige bilanzielle Wahl- und Antragsrechte können dagegen entweder durch ausdrückliche Erklärung oder konkludent in der Steuerbilanz ausgeübt werden. Eine Bindung an die Handelsbilanz kommt auch bei GoB-konformen Wahl- und Antragsrechten nicht mehr in Betracht, sofern die tatsächli­ che handelsrechtliche Ausübung mit den GoB unvereinbar ist. Dies gilt auch, wenn eine wirksame Handelsbilanz nicht vorliegt oder diese das betroffene Wirtschaftsgut nicht abbildet. In diesem Fall können auch GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte durch ausdrückliche Erklärung oder konkludent im Rahmen der Steuerbilanz ausgeübt werden. Gesetzlich unbefristete Wahl- und Antragsrechte können materiell un­ begrenzt ausgeübt werden. Ihre gewünschte Wirkung können sie aber nur dann entfalten, wenn die hierdurch bewirkten Änderungen verfah­ rensrechtlich noch umsetzbar sind. Als Grenze hierfür sieht die bisherige Rechtsprechung und herrschende Ansicht in der Literatur den Zeitpunkt des Eintritts der Bestandskraft an. Eine spätere Ausübung sei nur dann verfahrensrechtlich umsetzbar, wenn die Bestandskraft wegen eines Vor­ behalts der Nachprüfung, aufgrund eines Änderungsbescheides oder aus­ nahmsweise wegen des Eingreifens einer Korrekturvorschrift durchbro­ chen wird. Entgegen der Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist eine Kor­ rektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO wegen der Ausübung eines Wahlund Antragsrechtes nicht nur im Ausnahmefall zulässig. Es handelt sich vielmehr stets um ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung, das den Tatbestand des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfüllt. Eine teleologische Re­ duktion der Norm ist mangels eines erkennbaren Willens des Gesetzge­ bers nicht möglich. Als zeitliche Grenze für die verfahrensrechtliche Umsetzung kommt so­ mit nur der Eintritt der Festsetzungsverjährung nach §§ 169 f. AO in Be­ tracht. Durch eine teleologische Reduktion ist hierbei die Regelung des 228

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Zusammenfassung der Erkenntnisse

§ 175 Abs. 1 S. 2 AO auf die Ausübungserklärung unanwendbar, da an­ sonsten der (Neu-) Beginn der Verjährungsfrist in das Belieben des Steu­ erpflichtigen gestellt wäre. GoB-konforme Wahl- und Antragsrechte unterfallen aufgrund des Maß­ geblichkeitsgrundsatzes dem handelsrechtlichen Grundsatz der Stetig­ keit. Im Übrigen kann eine Bindung an die in vorangegangenen Veran­ lagungszeiträumen getroffene Wahl grundsätzlich nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung erfolgen. Dem steuerrechtli­ chen Prinzip der Bewertungsstetigkeit ist kein allgemeingültiger Grund­ satz zu entnehmen. Insbesondere kann eine Stetigkeit auch nicht aus dem Willkürverbot abgeleitet werden, da dies dem Wesen von Wahl- und Antragsrechten widersprechen würde. Die Ausübung von Wahl- und An­ tragsrechten ist somit grundsätzlich in jedem Veranlagungszeitraum un­ abhängig von den vorherigen Jahren möglich. Mangels entgegenstehender gesetzlicher Anordnung ist eine Änderung bzw. ein Widerruf der Ausübungserklärung bei unbefristeten Wahl- und Antragsrechten materiell unbegrenzt zulässig. Eine Begrenzung ergibt sich allerdings auch hier aus verfahrensrechtlichen Überlegungen. Dabei gelten für die Berücksichtigung von außerbilanziellen Wahl- und An­ tragsrechten dieselben Grundsätze wie für deren erstmalige Ausübung, aufgrund der Möglichkeit zur Korrektur nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist sie folglich bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung möglich. Im Falle von bilanziellen Wahl- und Antragsrechten bedarf es regelmäßig einer Änderung der Steuerbilanz nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG sowie bei GoB-konformen Wahl- und Antragsrechten zusätzlich einer vorherigen Änderung der Handelsbilanz. Für eine wirksame Änderung bzw. einen wirksamen Widerruf ist somit die Erfüllung der Änderungsvoraussetzun­ gen des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG bzw. des Handelsrechts erforderlich. Zeitlich wird auch diese Änderung erst durch den Eintritt der Festsetzungsverjäh­ rung begrenzt. Eine Änderung oder ein Widerruf ist auch bei Wahl- und Antragsrechten mit Drittwirkung möglich. Dem schutzwürdigen Vertrauen des Dritten in den Bestand der Erklärung wird genüge getan, wenn dieser zuvor seine Zustimmung zu einer Änderung bzw. einem Widerruf erteilen muss. Ein vollständiges Verbot ist hingegen nicht erforderlich. Sofern der Steuerpflichtige selbst oder sein Vertreter analog § 166 Abs. 1 BGB bei der Ausübung, der Änderung oder dem Widerruf eines Wahloder Antragsrechtes einem Willensmangel unterlegen hat, kommt eine Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB analog in Betracht. Wegen der frei­ en Änderbarkeit oder Widerruflichkeit ist die praktische Relevanz der Anfechtung allerdings auf Fälle von befristeten oder unwiderruflichen 229

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Zusammenfassung der Erkenntnisse

Wahl- und Antragsrechten beschränkt. Die Anfechtungsgründe und ‑vo­ raussetzungen im Steuerrecht entsprechen grundsätzlich dem Zivilrecht und damit den §§ 119 ff., 142 ff. BGB. Bei einer Anfechtung nach §§ 119, 120 BGB ist wegen der Besonderheiten des Steuerrechts als zu­ sätzliche Voraussetzung einer Anfechtung zu verlangen, dass der Steuer­ pflichtige den Willensmangel nicht grob fahrlässig herbeigeführt hat. Im Falle einer Drittwirkung des Wahl- oder Antragsrechtes ist die Zu­ stimmung des Dritten aufgrund der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Anfechtenden im Vergleich zum Falle einer bloßen Änderung bzw. eines bloßen Widerrufs entbehrlich. Da dem Dritten ein Schadensersatzan­ spruch nach § 122 BGB analog zugebilligt wird, ist es ausreichend, dass dieser von der Anfechtung in Kenntnis gesetzt wird. Die wirksame Anfechtung führt zur rückwirkenden Nichtigkeit der an­ gefochtenen Erklärung und damit zum Eintritt des gesetzlichen Regel­ falls. Es kommt somit zu einer nachträglichen Änderung der bereits ­entstandenen Steuer, sodass die Änderung eines bestandskräftigen Be­ scheides auf Grundlage des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO in Betracht kommt.

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Anhang: Beispiele für steuerliche Wahl- und ­Antragsrechte im Sinne dieser Untersuchung1174 I. EStG § 1 Abs. 3 EStG

Wahlrecht zur unbeschränkten Steuer­ pflicht von Grenzpendlern

§ 4 Abs. 3 EStG

Wahlrecht zur Gewinnermittlung

§ 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 S. 2 EStG

Wahlrecht zur Umstellung auf ein abwei­ chendes Wirtschaftsjahr

§ 4g Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Bildung eines Ausgleichspostens bei ausländischer Entnahme

§ 5a Abs. 1 S. 1 EStG

Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach Tonnage bei Handelsschiffen

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG

Wahlrecht zur Teilwertabschreibung bei voraussichtlich dauernder Wertminderung

§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG

Wahlrecht zum Verzicht auf die Einbezie­ hung von Verwaltungskosten und freiwilli­ gen Sozialkosten

§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG

Wahlrecht zur Abschreibung nach der Lifo-Methode

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG

Wahlrecht zwischen Pauschalbesteuerung und Anwendung der Fahrtenbuchmethode

§ 6 Abs. 2 EStG

Wahlrecht zur Sofortabschreibung gering­ wertiger Wirtschaftsgüter

§ 6 Abs. 2a EStG

Wahlrecht zur Bildung eines Sammelpos­ tens für geringwertige Wirtschaftsgüter

§ 6b Abs. 1 S. 1 EStG

Wahlrecht zur Übertragung des Veräuße­ rungsgewinns

§ 6b Abs. 2a S. 2 EStG

Antrag auf Steuerstundung

§ 6b Abs. 3 S. 1 EStG

Wahlrecht zur Rücklagenbildung

§ 6c EStG

Wahlrecht zur Behandlung von Veräuße­ rungsgewinnen

§ 7 Abs. 1 S. 6 EStG

Wahlrecht zur leistungsabhängigen AfA

1174 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit (Stand März 2017).

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Anhang:  Beispiele für steuerliche Wahl- und ­Antragsrechte

§ 7 Abs. 1 S. 7 EStG

Wahlrecht zur außergewöhnlichen Ab­ schreibung

§ 7 Abs. 2 EStG

Wahlrecht zur degressiven AfA

§ 7 Abs. 5 EStG

Wahlrecht zur degressiven Gebäude-AfA

§ 7 Abs. 6 S. 2 EStG

Wahlrecht zur Absetzung für Substanzver­ ringerung

§ 7g Abs. 1 EStG

Wahlrecht zum Investitionsausgabenabzug

§ 7g Abs. 5, Abs. 6 EStG

Wahlrecht zur Sonderabschreibung von Anschaffungs- und Herstellungskosten

§ 7h EStG

Wahlrecht für die erhöhte AfA in Sanie­ rungsgebieten

§ 7i EStG

Wahlrecht zur erhöhten AfA für Baudenk­ mäler

§ 9a S. 1 Nr. 1a) EStG

Wahlrecht zur Heranziehung des Werbungs­ kostenpauschbetrages

§ 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG

Antrag auf Abzug von Ehegattenunterhalt

§ 10a Abs. 1 S. 1 EStG

Wahlrecht zum Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgeaufwendungen

§ 10b Abs. 1 S. 1 EStG

Wahlrecht zum Sonderausgabenabzug von Spenden

§ 10d Abs. 1 S. 5 EStG

Antrag auf Nichtberücksichtigung des Verlustabzugs

§ 10f EStG

Wahlrecht zur Steuerbegünstigung von Baudenkmälern

§ 11a EStG

Wahlrecht zur Verteilung von Erhaltungs­ aufwendungen in Sanierungsgebieten

§ 11b EStG

Wahlrecht zur Verteilung von Erhaltungs­ aufwendungen bei Baudenkmälern

§ 13a Abs. 2 EStG

Wahlrecht zur Gewinnermittlung bei Land- und Forstwirten

§ 15a Abs. 1 S. 2 EStG

Wahlrecht zum erweiterten Verlustaus­ gleich

§ 16 Abs. 3b EStG

Wahlrecht zur Betriebsaufgabe bei Betriebs­ unterbrechung und Betriebsverpachtung

§ 16 Abs. 4 EStG

Antrag auf Abzug eines Veräußerungsfreibe­ trags

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I. EStG

§ 26 EStG

Wahlrecht über die Veranlagungsart von Ehegatten

§ 32 Abs. 6 S. 6 EStG

Antrag auf Übertragung des Kinderfreibetra­ ges auf ein Elternteil

§ 32 Abs. 6 S. 8 EStG

Antrag auf Übertragung des Betreuungsfrei­ betrages auf ein Elternteil

§ 32 Abs. 6 S. 10 EStG

Antrag auf Übertragung des Kinderfreibetra­ ges auf andere Steuerpflichtige

§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG

Option zur Regelbesteuerung von Gewinn­ ausschüttungen

§ 32d Abs. 4 EStG

Antragsveranlagung

§ 32d Abs. 6 EStG

Antrag auf Besteuerung nach dem allgemei­ nen Tarif

§ 33 Abs. 1 EStG

Antrag zur Berücksichtigung von außerge­ wöhnlichen Belastungen

§ 33a Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag zur Berücksichtigung von außerge­ wöhnlichen Unterhaltsbelastungen

§ 33a Abs. 2 S. 5 EStG

Antrag auf abweichende Aufteilung des Abzugsbetrags zwischen Ehegatten

§ 33b Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Berücksichtigung des Behinder­ tenpauschbetrages

§ 33b Abs. 4 S. 1 EStG

Antrag auf Berücksichtigung des Hinterblie­ benenpauschbetrages

§ 33b Abs. 5 S. 1 EStG

Antrag auf Übertragung der Pauschbeträge

§ 33b Abs. 5 S. 3 EStG

Antrag auf abweichende Aufteilung der Pauschbeträge zwischen Ehegatten

§ 33b Abs. 6 S. 1 EStG

Antrag auf Berücksichtigung des Pflege­ pauschbetrages

§ 34 Abs. 3 EStG

Antrag auf alternative Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte

§ 34a Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung

§ 34a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 EStG

Antrag auf Nachversteuerung

§ 34c Abs. 2 EStG

Antrag auf Abzug von ausländischen Steuern

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Anhang:  Beispiele für steuerliche Wahl- und ­Antragsrechte

§ 35a Abs. 1 EStG

Antrag auf Steuerermäßigung für geringfü­ gige haushaltsnahe Beschäftigungsverhält­ nisse

§ 35a Abs. 2 S. 1 EStG

Antrag auf Steuerermäßigung für haushalts­ nahe Beschäftigungsverhältnisse

§ 35a Abs. 2 S. 2 EStG

Antrag auf Steuerermäßigung für Pflegeund Betreuungsleistungen

§ 35a Abs. 3 S. 1 EStG

Antrag auf Steuerermäßigung für Hand­ werksleistungen

§ 35b EStG

Antrag auf Steuerermäßigung bei Belastung mit der Erbschaftsteuer

§ 36 Abs. 5 EStG

Antrag auf Ratenzahlung bei virtueller Betriebsaufgabe

§ 37a EStG

Antrag auf Pauschalierung der Einkommen­ steuer bei Sachzuwendungen an Dritte

§ 37b EStG

Antrag auf Pauschalierung der Einkommen­ steuer bei Sachzuwendungen

§ 38b Abs. 2 S. 2 EStG

Antrag auf Berücksichtigung der Kinderfrei­ beträge in der Lohnsteuer

§ 38b Abs. 3 S. 1 EStG

Antrag auf ungünstigere Berücksichtigung von Lohnsteuerabzugsmerkmalen

§ 39a Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Berücksichtigung von Freibeträ­ gen und ähnlichem in der Lohnsteuer

§ 39a Abs. 4 S. 1 EStG

Antrag auf Berücksichtigung von Freibeträ­ gen bei beschränkter Steuerpflicht

§ 40 Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer

§ 40 Abs. 2 S. 1 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer

§ 40 Abs. 2 S. 2 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer für Sachzuwendungen

§ 40a Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte

§ 40a Abs. 2 S. 1 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer für geringfügig Beschäftigte

§ 40a Abs. 3 S. 1 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer für Aushilfskräfte in der Land- und Forst­ wirtschaft

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II. EStDV/EStR

§ 40b Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer für Zukunftssicherungsleistungen

§ 40b Abs. 3 EStG

Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer für Unfallversicherungen

§ 42b Abs. 1 S. 1 EStG

Wahlrecht zur Durchführung eines Lohn­ steuerjahresausgleichs durch den Arbeit­ geber

§ 43b Abs. 1 S. 1 EStG

Antrag auf Nichterhebung der Kapitaler­ tragsteuer

II. EStDV/EStR § 51 Abs. 1 EStDV

Antragsrecht der Forstwirte zum Abzug von pauschalen Betriebsausgaben

§ 81 EStDV

Wahlrecht zur Sonderabschreibung bei Wirtschaftsgütern im Bergbau

§ 82a EStDV

Wahlrecht zur erhöhten Absetzung von Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand

§ 82b EStDV

Wahlrecht zur Verteilung größeren Erhal­ tungsaufwands bei Wohngebäuden

§ 82f EStDV

Wahlrecht zur Sonderabschreibung für Handelsschiffe und Luftfahrzeuge

R 4.2 EStR

Wahlrecht zur Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen

R 4.4 EStR

Wahlrecht zur Vornahme einer Bilanzände­ rung

R 6.2 EStR

Wahlrecht zur abweichenden Berechnung von Anschaffungskosten bei der Übernah­ me von Rentenverpflichtungen

R 6.3 (1) EStR

Wahlrecht zur Berücksichtigung von Herstellungskosten

R 6.3 (5) EStR

Übertragung des handelsrechtlichen Bewertungswahlrechtes für Fremdkapital­ zinsen

R 6.5 EStR

Wahlrecht zur Berücksichtigung von öffentlichen oder privaten Zuschüssen für Anlagegüter

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Anhang:  Beispiele für steuerliche Wahl- und ­Antragsrechte

R 6.8 (1) EStR

Wahlrecht zur Bewertung mit dem niedrige­ ren Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung

R 6.8 (2) EStR

Wahlrecht zur Gruppenbewertung von gleichartigen Wirtschaftsgütern des Vorrats­ vermögens

R 6.11 (3) EStR

Wahlrecht zur Passivierung einer gewinn­ mindernden Rücklage

R 6a (11) EStR

Wahlrecht zum Ansatz eines höheren Pensions- oder Rentenalters

R 7.4 EStR

Wahlrecht zur Bestimmung der AfA-­ Methode

R 14 (3) 1 EStR

Wahlrecht zur Nichtaktivierung von Feldinventar

R 16 (11) EStR

Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbe­ steuerung bei Betriebsveräußerung gegen Leibrente

III. KStG § 7 Abs. 4 S. 3 KStG

Wahlrecht zur Bestimmung des Wirtschafts­ jahres

§ 8d Abs. 1 S. 1 KStG

Antrag auf Nichtanwendung des § 8c KStG

IV. UStG § 1a Abs. 4 UStG

Antrag auf Einordnung als innergemein­ schaftlicher Erwerb

§ 9 Abs. 1 UStG

Antrag auf Verzicht auf die Steuerbefreiung

§ 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG

Wahlrecht zur Zuordnung eines Wirt­ schaftsgutes zum Unternehmen

§ 19 Abs. 2 UStG

Antrag auf Verzicht auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer

§ 20 S. 1 UStG

Antrag auf Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten

§ 23 Abs. 3 S. 1 UStG

Antrag auf Besteuerung nach Durch­ schnittssätzen

236

DISS-HEINEN – D/913

V. UmwStG

§ 23a Abs. 3 S. 1 UStG

Antrag auf Besteuerung nach Durch­ schnittssätzen für gemeinnützige Körper­ schaften

§ 24 Abs. 4 UStG

Antrag auf Übergang zur Regelbesteuerung für Land- und Forstwirte

§ 25 Abs. 3 S. 3 UStG

Wahlrecht zur Bemessung nach Leistungs­ gruppen

§ 25a Abs. 2 S. 1 UStG

Antrag auf Ausweitung der Differenzbesteu­ erung

§ 25a Abs. 4 S. 1 UStG

Antrag auf Gesamtdifferenzbesteuerung für geringwertige Gegenstände

§ 25a Abs. 8 UStG

Wahlrecht zum Verzicht auf die Differenz­ besteuerung im Einzelfall

§ 25c Abs. 3 S. 1 UStG

Wahlrecht zum Verzicht auf die Steuerbe­ freiung für Anlagegold

V. UmwStG § 3 Abs. 2 UmwStG

Antrag auf abweichende Bewertung der Wirtschaftsgüter

§ 6 Abs. 1 S. 1 UmwStG

Wahlrecht zur Bildung einer Gewinnmin­ derungsrücklage

§ 11 Abs. 2 UmwStG

Antrag auf abweichende Bewertung der Wirtschaftsgüter

§ 13 Abs. 2 UmwStG

Antrag auf abweichende Bewertung der Anteile

§ 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG

Antrag auf abweichende Bewertung der Wirtschaftsgüter

§ 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG

Antrag auf abweichenden Stichtag für die Vermögensermittlung

§ 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG

Antrag auf abweichende Bewertung der Wirtschaftsgüter

§ 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG

Antrag auf abweichende Bewertung der Anteile des Einbringenden

§ 23 Abs. 2 S. 1 UmwStG

Antrag auf erhöhten Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft

§ 24 Abs. 2 UmwStG

Antrag auf abweichende Bewertung der Wirtschaftsgüter 237

DISS-HEINEN – D/913

Anhang:  Beispiele für steuerliche Wahl- und ­Antragsrechte

VI.  Sonstige Wahl- und Antragsrechte § 142 Abs. 3 S. 1 BewG

Antrag auf Bewertung nach dem Einzel­ ertragswert

§ 2 Abs. 3 S. 1 ErbStG

Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht

§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG

Antrag des Nacherben auf Besteuerung nach dem Verhältnis zum Erblasser

§ 13a Abs. 10 ErbStG

Antrag auf Optionsverschonung

§ 13c Abs. 1 S. 1 ErbStG

Antrag auf Minderung des Verschonungs­ abschlags

§ 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG

Antrag auf Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer

§ 23 Abs. 1 S. 1 ErbStG

Wahlrecht für die Bemessungsgrundlage der Rentenbesteuerung

§ 24 S. 1 ErbStG

Antrag auf Verteilung der Besteuerung bei Stiftungsvermögen

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG

Antrag auf erweiterte Gewerbesteuer­ kürzung

Abschnitt 15.2c Abs. 2 Nr. 2 lit. b) UStAE

Wahlrecht zur Zuordnung zum Unterneh­ mensvermögen

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Werndl, Josef, Besteuerung nach Wahl – Wahlrechte, insbesondere Be­ wertungswahlrechte im Steuerrecht, Österreichische Steuer-Zeitung 1997, 189. Werth, Franceska, Anmerkung zu BFH, X R 56/13, Finanz Rundschau 2016, 632. Widmann, Siegfried/ Mayer, Dieter (Hrsg.), Umwandlungsrecht: Um­ wandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, Spruchverfahrensge­ setz, Einbringung, Realteilung, Umsatzsteuer, Grunderwerbssteuer, Vertragsmuster; Kommentar, Stand: 175. EGL, Januar 2019, Bonn (Zit.: Bearbeiter in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht). Woerner, Lothar/ Grube, Georg, Die Aufhebung und Änderung von Steu­ erverwaltungsakten, 8. Auflage, Stuttgart 1988 (Zit.: Woerner/Grube, Die Aufhebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten). Zeidler, Karl, Empfiehlt es sich, die bestehenden Grundsätze über Aus­ kunft und Zusagen in der öffentlichen Verwaltung beizubehalten?, Verhandlungen des 44. Deutschen Juristentages Band 1 Gutachten 2 (Zit.: Zeidler, Verhandlungen des 44. Deutschen Juristentages, Band 1 Gutachten 2). Ziemons, Hildegard/ Binnewies, Burkhard/ Bächle, Hans-Ulrich (Hrsg.), Handbuch Aktiengesellschaft: Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Stand: 81. EGL, Januar 2019, Köln (Zit.: Bearbeiter in: Ziemons/Binnewies/ Bächle, Handbuch Aktiengesellschaft). Zöllner, Wolfgang/ Noack, Ulrich (Hrsg.), Kölner Kommentar zum Akti­ engesetz, 3. Auflage, Köln 2015 (Zit.: Bearbeiter in: Zöllner/Noack, KölnerKomm AktG). Zwirner, Christian/ Künkele, Kai Peter, Kein steuerliches Stetigkeitsge­ bot – Anmerkungen zu Konzeption, Teleologie und den Grenzen von Willkür und Missbrauch, Die Unternehmensbesteuerung 2013, 305. Dies., Steuerbilanzpolitische Wahlrechtsausübungen: Kein Raum für ein Stetigkeitsgebot in der Steuerbilanz, Deutsches Steuerrecht 2013, 2077.

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Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere Ansicht a.A.o. andere Angaben oben a.E. am Ende Abs. Absatz AfA Absetzung für Abnutzung AktG Aktiengesetz Alt. Alternative Anm. Anmerkung AO Abgabenordnung Art. Artikel BB Betriebsberater BBG Bundesbeamtengesetz BeamtStG Beamtenstatusgesetz BewG Bewertungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entschei­ dungen des Bundesfinanzhofs BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof BilMoG Bilanzrechts-Modernisierungsgesetz BilRiG Bilanzrichtlinien-Gesetz BStBl Bundessteuerblatt BT-Drucksache Bundestags-Drucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bzw. beziehungsweise d.h. das heißt DB Der Betrieb ders. derselbe dies. dieselbe bzw. dieselben DStJG Jahrbuch der Deutschen Steuerjuristischen Gesell­ schaft DStR Deutsches Steuerrecht DStZ Deutsche Steuer Zeitung DÖV Die Öffentliche Verwaltung

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Abkürzungsverzeichnis

EFG Entscheidungen der Finanzgerichte EGHGB Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch EGL Ergänzungslieferung EStDV Einkommensteuerdurchführungsverordnung EStG Einkommensteuergesetz EStH Einkommensteuerhinweise EStR Einkommensteuerrichtlinien FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (f)f. folgend(e) FG Finanzgericht FGO Finanzgerichtsordnung Fn. Fußnote FR Finanzrundschau FS Festschrift GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts GenG Genossenschaftsgesetz GewStG Gewerbesteuergesetz GG Grundgesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmS-OGB Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes GoB Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung GrS Großer Senat h.A. herrschende Ansicht h.M. herrschende Meinung HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber HS. Halbsatz HURB Handbuch der unbestimmten Rechtsbegriffe des Bilanzrechts i.d.F.d. i.S.d. i.S.v. IÖD

in der Fassung des im Sinne des im Sinne von Informationsdienst Öffentliches Dienstrecht

JBFfSt.

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht

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Abkürzungsverzeichnis

KG Kommanditgesellschaft KölnerKomm Kölner Kommentar KStG Körperschaftsteuergesetz lit. littera m.w.N. MüKo

mit weiteren Nachweisen Münchener Kommentar

NJW Nr.  NVwZ NVwZ-RR

Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtspre­ chungsreport

OHG OFH ÖStZ OVGE

Offene Handelsgesellschaft Oberster Finanzgerichtshof Österreichische Steuerzeitung Amtliche Sammlung der Entscheidungen der Oberver­ waltungsgerichte Lüneburg und Münster

RFH Reichsfinanzhof RFHE Entscheidungen des Reichsfinanzhofs rkr. rechtskräftig Rn. Randnummer Rspr. Rechtsprechung RStBl Reichssteuerblatt S. Seite bzw. Satz s.o. siehe oben SchädlStPraktG Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusam­ menhang mit Rechteüberlassungen SEStEG Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften sog. sogenannte Sp. Spalte st. ständige StÄndG Steueränderungsgesetz StbJb Steuerberaterjahrbuch StuW Steuer und Wirtschaft u.a. unter anderem UmwG Umwandlungsgesetz 261

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Abkürzungsverzeichnis

UmwStE Umwandlungssteuer Erlass UmwStG Umwandlungssteuergesetz USt Umsatzsteuer UStAE Umsatzsteuer-Anwendungserlass UStG Umsatzsteuergesetz usw. und so weiter v. von bzw. vom VA Verwaltungsakt Var. Variante VBlBW Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg VerwArch Verwaltungsarchiv vgl. vergleiche VO Verordnung VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz VZ Veranlagungszeitraum WoBauFG Wohnungsbauförderungsgesetz Wpg Die Wirtschaftsprüfung WRV Weimarer Reichsverfassung z.B. zum Beispiel zit. Zitiert

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Stichwortverzeichnis Aktiengesellschaft 68, 73 –– Aufsichtsrat 68 –– Hauptversammlung 70 Änderbarkeit –– Abgrenzung zur Bindungs­ wirkung 172 –– Änderungserklärung 196, 200 –– Bilanzerstellung Siehe Bilan­ zierungswahlrechte –– Drittwirkung Siehe Umwand­ lungsvorgänge –– Durchbrechnung der Bestands­ kraft 197 –– Finanzgerichtliches Verfahren 197 –– Fristablauf 179 –– Gesetz 173 –– Grundsatz der freien Änderbar­ keit 174 –– Korrekturvorschriften Siehe Korrektur –– Revisionsverfahren 197 –– Übernahme zivilrechtlicher Vorschriften 180 –– Unbeschränkt 188 –– Verwaltungsverfahren 196 Anfechtung 207 –– Anfechtungsbefugnis 220 –– Anfechtungserklärung 221 –– Anfechtungsfrist 223 –– Befristung oder Unwiderruflich­ keit 214 –– Drittwirkung Siehe Umwand­ lungsvorgänge –– Interessenabwägung 213 –– Rechtsfolgen 221 –– Schadensersatz 222 –– Verschulden 218 –– Willensmängel 216

–– Zeitliche Grenze Siehe Verjäh­ rung –– Zulässigkeit 210 Antragsrecht –– Begriff 10 –– im Übrigen Siehe Wahlrecht Aufzeichnungs- und Nachweis­ pflichten 84 Ausübungsbefugnis 61 –– Bevollmächtigter 63 –– Ertragsteuerliche Organschaft 80 –– Gesetzlicher Vertreter 62, 72 –– Kapitalgesellschaften 68, 72 –– Nichtberechtigter 65 –– Personenmehrheit 72 –– Steuerpflichtiger 61 –– Umsatzsteuerliche Organschaft 79 –– UmwStG Siehe Umwandlungs­ vorgänge Ausübungserklärung –– Ausdrücklich 89 –– Bilanzerstellung Siehe Bilan­ zierungswahlrechte –– Form Siehe Formvorgaben –– Formfreiheit 88 –– Konkludent 90 –– Umsatzsteuerrecht 90 Ausübungsgrenze –– Änderungsbescheid 129, 131 –– Befristung Siehe Fristbestim­ mungen –– Bestandskraft 127 –– Bilanzerstellung Siehe Bilan­ zierungswahlrechte –– Festsetzungsverjährung Siehe Verjährung –– Finanzgerichtliches Verfahren 121, 147 263

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Stichwortverzeichnis

–– Korrekturvorschriften Siehe Korrektur –– Materiell-rechtlich 119, 148 –– Revisionsverfahren 124, 147 –– Verwaltungsverfahren 120, 147 –– Vorbehalt der Nachprüfung 133 Bedingungsfeindlichkeit 50 Beratungspflicht 40 –– Herleitung 40 –– Inhalt 41 –– Verletzung 42 Bestimmtheitsgrundsatz 29 Beurteilungsspielraum 13 Bilanzierungswahlrechte 93 –– Ausübungsfrist 143 –– Bilanzänderung 200, 205 –– BilMoG 95 –– Gewerbesteuerliche Gewinn­ ermittlung 104 –– GoB-konforme Wahlrechte 100, 204 –– GoB-widrige Wahlrechte 103 –– Körperschaftsteuerliche Gewinn­ermittlung 106 –– Maßgeblichkeitsgrundsatz 94 –– UmwStR Siehe Umwandlungs­ vorgänge Bindungswirkung –– Folgerichtigkeit 169 –– Handelsrechtlicher Stetigkeits­ grundsatz 162 –– Künftige Veranlagungszeiträume 161 –– Steuerrechtliche Bewertungsste­ tigkeit 167 –– Willkürverbot 170 Empfangsbedürftigkeit 48 Formvorgaben 85 –– Empfehlungen 87 –– Formfreiheit Siehe Ausübungs­ erklärung –– Gesetz 85 264

–– Verwaltungsvorschrift 87 Fristbestimmungen 110 –– Ausschlussfrist 112 –– Fristversäumnis 113 Siehe Änderbarkeit –– Gesetz 110 –– Koppelung an Steuererklärungs­ frist 113 –– Ungeregelt Siehe Ausübungs­ grenze –– Verwaltungsvorschriften 111 –– Wiedereinsetzung 117 Gesetzmäßigkeit der Besteuerung 24, 25 Gewerbesteuer –– Gewerbesteuerliche Organschaft 81 –– Maßgeblichkeit 104 Gewinnermittlungswahlrecht –– Änderung 190 –– Erklärungsbewusstsein 53 –– Form 91 –– Wechsel der Gewinnermitt­ lungsart 192 Gleichheit der Besteuerung –– Herleitung 30 –– Leistungsfähigkeitsprinzip 31 –– Rechtfertigungsgründe 33 –– Verletzung 32 GmbH 70, 73 Korrektur –– § 172 AO 135 –– Besondere Regelungen 141 –– Materielle Fehlerberichtigung, § 177 AO 141 –– Nach Fristablauf 116 –– Neue Tatsachen, § 173 AO 136, 198 –– Rechtmäßigkeit des Bescheides 134, 152 –– Rückwirkendes Ereignis, § 175 AO 138, 148, 154, 155, 199, 223

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Stichwortverzeichnis

Mitunternehmerschaft –– Ausübungserklärung 106 –– Grundsatz der Einheit der Bilan­ zierung 75 –– Mitunternehmerbezogenes Wahlrecht 77 Öffentlich-rechtliche Willens­ erklärung 38 –– Änderbarkeit 181 –– Anfechtung 209 –– Auslegung 45 –– Erklärungsbewusstsein 52 Sachverhaltsgestaltung 14 Subjektiver Tatbestand 51 –– Erklärungsbewusstsein 51, 52, 56 –– Geschäftswille 59 –– Handlungswille 51 Tatbestandsmäßigkeit der ­Besteuerung 28 Umwandlungsvorgänge –– Änderbarkeit 175 –– Anfechtung 219 –– Ausübungsbefugnis 81 –– Formerfordernisse 108 Veranlagungswahlrecht –– Ausübungsbefugnis 82 –– Ausübungsfrist 131

Verjährung –– Änderung 200 –– Anfechtung 224 –– Ausübung 157 –– Unanwendbarkeit des § 175 I 2 AO 157 Vorbehalt des Gesetzes 26 Wahlrecht –– Abgrenzung 13 –– Auswirkungen 23 –– Begriff 9 –– Systematisierung 15, 21 –– Verfassungsmäßigkeit 23 Widerruflichkeit Siehe Änderbar­ keit Willenserklärung 38 –– Steuerrechtliche Willens­ erklärung 39 Wissenserklärung 37 Zivilrechtliche Vorschriften –– Anfechtung 208, 216 –– Auslegung 45 –– Bindungswirkung Siehe Änder­ barkeit –– Erklärungsbewusstsein 51 –– Geschäftswille 59 –– Übernahme 43, 210, 216 –– Zugang 48 Zugang 48

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