Aufstieg und Fall des VdU: Briefe und Protokolle aus privaten Nachlässen 1948-1955 9783205794066, 9783205796343


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Aufstieg und Fall des VdU: Briefe und Protokolle aus privaten Nachlässen 1948-1955
 9783205794066, 9783205796343

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Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg

Herausgegeben von Robert Kriechbaumer · Franz Schausberger · Hubert Weinberger Band 50

Lothar Höbelt (Hg.)

Aufstieg und Fall des VdU Briefe und Protokolle aus privaten Nachlässen 1948 –1955

2015 Böhlau Verlag Wien · Köln · Weimar

Gedruckt mit der Unterstützung des Amts der Salzburger Landesregierung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: 000000000p VdU-Versammlung Rathausplatz Wien 1949; © Foto: Votava

© 2015 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Herbert Hutz, Drasenhofen Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Satz: Michael Rauscher, Wien Druck und Bindung: Finidr, Cesky Tesin Gedruckt auf chlor- und säurefrei gebleichtem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-205-79634-3

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   7 Prolog  : Zur Vorgeschichte des VdU 1948/49.. . . . . . . . . . . . . . . . . . .   13 Teil I  : Protokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   36 a) Generalversammlung, Vorstand, Bundesverbandsleitung . . . . . . . . . . . .  36 b) Die Aufzeichnungen Gustav Zeillingers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Teil II  : Parteienverhandlungen.. a) Bund. . . . . . . . . . . . . . . b) Kärnten . . . . . . . . . . . . . c) Salzburg. . . . . . . . . . . . .

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Teil III. Der Fall des VdU 1955 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Reinthaller und die Versuchung der Rückkehr in die Politik . . b) Die Freiheitspartei und der Bruch mit dem VdU . . . . . . . . c) Das Ringen um Oberösterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang  : Verbandstage und Wahlergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

Einleitung Der VdU (Verband der Unabhängigen) ist bekannt als Vorgängerpartei der FPÖ, im Rahmen eines »dritten Lagers«, das nicht an einer Traditionspartei festhielt, sondern sich in jeder Generation gleichsam »häutete« und in einer neuen Gestalt präsentierte. Friedrich Peter sprach in diesem Sinne einmal von der FPÖ als der politischen Gestalt der Kriegsgeneration. Der VdU als Vorläufer der FPÖ war vergleichsweise noch viel stärker beeinflusst von den Vorkriegseliten, vor allem aber war er viel weniger eine Partei im herkömmlichen Sinne. Es war nicht bloß semantische Koketterie, wenn das P im »Parteinamen« fehlte. Der VdU war ein Verein  ; zu Wahlen trat er an als »Wahlpartei der Unabhängigen«, als WdU.1 Diese Doppelgleisigkeit als juristische Finte ging zurück auf die rechtlichen Schwierigkeiten der Besatzungszeit und den Rat von Innenminister Helmer. Aber die Bezeichnung als bloße Wahlpartei spiegelte den heterogenen Charakter des Verbandes gut wider. 1949 war die WdU ein lockerer Dachverband von Landesgruppen höchst unterschiedlichen Zuschnitts  ; 1953 ein Zusammenschluss des VdU mit der ›Aktion für politische Erneuerung‹, die sich aus ÖVP-Dissidenten rekrutierte. Im Rahmen des kurzen 20. Jahrhunderts, von 1918 bis 1989, stellt der VdU von seiner Struktur her, als »Kopfgeburt« ohne Bodenhaftung, mit Landesobmännern, die von oben ernannt wurden und erst langsam eine Organisation aufbauten, in Österreich eine Ausnahmeerscheinung dar. Die erste Generalversammlung fand im März 1949 statt  ; der erste Verbandstag mit gewählten Delegierten erst im Oktober 1950. Bis dahin war einer der Landesobmänner (Neumann in Oberösterreich) während einer Saalschlacht buchstäblich k. o. gegangen  ; einer (Haidner in Niederösterreich) war ausgeschieden, weil der Verdacht bestand, daß er gezwungen worden war, für die Sowjets zu arbeiten  ; in einem Land (Tirol) bestand nicht einmal Klarheit darüber, wer eigentlich der Obmann war. Die FPÖ der Peter und van Tongel wandte sich mit Grausen von derlei chaotischen Zuständen ab. Haiders Bewegung kam den VdU-Vorbildern da zuweilen schon näher. Anno 2014 ist uns das Modell einer Parteigründung durch einen Medieninhaber wie Kraus mit Unterstützung aus der Industrie (oder auch umgekehrt  : durch Industrielle mit Schützenhilfe der Medien) bereits wieder vertrauter, auch im altösterreichisch-mitteleuropäischen Umfeld.2 1 Dieser kleine Unterschied kostete den VdU das eine oder andere Mandat  : Denn amtliche Stimmzettel gab es noch nicht  ; alle Stimmen, die auf VdU lauteten, waren ungültig. 2 Nur die BRD mit ihrem rigid-humorlosen Parteiengesetz – das in der Praxis einem Kartell der beati possidentes Vorschub leistet – bildet hier, wie so oft, eine Ausnahme.

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Einleitung

Der »Apparat« des Verbandes war lächerlich klein  : er umfasste auf Bundesebene kaum ein halbes Dutzend Angestellte (auch wenn er in der Anfangsphase – unter dem charismatischen Generalsekretär Gordon Gollob – für einige Turbulenzen sorgte).3 Für den Historiker ist dieser Mangel an nachhaltiger bürokratischer Präsenz mit dem gravierenden Nachteil verknüpft, dass es auch kein VdU-Archiv gibt. Im FPÖ-Archiv hat sich eine Mappe »Korrespondenz Stendebach« aus den Jahren 1954–56 erhalten  ; ein Teil der Materialien der Frühzeit dürfte in Salzburg zurückgeblieben sein, als die Bundesverbandsleitung 1953 nach Wien übersiedelte. Zusammen mit den persönlichen Papieren Gustav Zeillingers, der als Obmann des Salzburger VdU bzw. der FPÖ von 1950 bis 1965 ein beindruckendes Beispiel von Kontinuität verkörperte, ist dieser recht umfangreiche Bestand heute im Salzburger Stadtarchiv als »VdU-Archiv« einzusehen. Dort finden sich verstreut auch einzelne Protokolle von Bundesvorstandssitzungen der Jahre 1949–52  ; außerdem ein Heft mit stenografischen Aufzeichnungen Gustav Zeillingers über die Sitzungen der Folgejahre (bis Anfang 1954). Für die ersten Monate des VdU fanden sich Protokolle und Aufzeichnungen auch in den Papieren des Tiroler Landesbeauftragten Wolfram v. Bitschnau im Tiroler Landesmuseum, der leider schon im Juli 1949 ausschied. Eine wertvolle Ergänzung, die vielfach auch hilft, dem Grundsatz des audiatur et altera pars gerecht zu werden, stellen die Gedächtnisprotokolle dar, die Vizekanzler a. D. (unter Seipel 1927–29) Karl Hartleb über politische Aussprachen anzufertigen gewohnt war. Der Landbundpolitiker Hartleb hatte auf seinem Hof bei Neumarkt in der Steiermark seit dem Ende des Ersten Weltkrieges einen Invaliden als Sekretär aufgenommen. Sein wohlgeordnetes Archiv – das auch über den Landbund der Zwischenkriegszeit wertvolle Aufschlüsse liefert – wurde von seiner Tochter Annemarie nach der Jahrtausendwende dem Steiermärkischen Landesarchiv anvertraut. Der Herausgeber hat vor nunmehr fünfzehn Jahren im Rahmen einer im Grazer Stocker-Verlag erschienenen Monografie  : »Von der vierten Partei zur dritten Kraft. Die Geschichte des VdU«, seine Interpretation der vorliegenden Quellen vorgelegt. Der Leser erhält hier das Rohmaterial serviert, zumindest für den zentralen Erzählstrang, die Bundesverbandsleitung des VdU, ihre Debatten, Konflikte und Beschlüsse, soweit sich Quellen darüber erhalten haben. Diese Geschichte selbst soll hier nicht noch einmal nacherzählt werden. Die Anmerkungen haben bloß den Zweck, diverse zum Verständnis dienliche Informationen nachzuliefern. Nicht immer ist es gelungen, allen Andeutungen im Einzelnen nachzugehen. Manche Passagen, vor allem der Stenogramme Zeillingers, geben weiterhin gewisse Rätsel auf. Für zweckdienliche Hinweise sind zwar keine Preise ausgesetzt  ; aber es steht zu hoffen, daß sich z.B. mithilfe der Lokalpresse das eine oder andere Detail noch aufklären 3 Die FPÖ zog aus diesen Querelen anfangs die Schlussfolgerung, Parteiangestellte dürften keine Mandate anstreben oder annehmen – überflüssig zu sagen, dass dieser Paragraph längst außer Kraft getreten ist.

Einleitung

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lassen wird. Biografische Daten zu den erwähnten VdU-Politikern finden sich in der Regel nicht bei der ersten Erwähnung, sondern im Personenverzeichnis. Keinen eigenen Nachlass gibt es leider von Herbert Alois Kraus, dem Gründer des VdU. Kraus blieb bis 1952 Obmann, spielte auch danach als Klubobmann und Finanzreferent weiterhin eine zentrale Rolle. Einige seiner Schreiben, die sich im Salzburger VdU-Archiv erhalten haben, wurden gemeinsam mit Aufzeichnungen Hartlebs um die Jahreswende 1948/49 zu einem »Prolog« zusammengefasst, um die Stimmung der Gründungsphase noch vor der ersten Generalversammlung am 26. März 1949 mit all ihren Unsicherheiten zu beleuchten. Kraus wollte nicht, wie es später oft vereinfachend hieß, innerhalb des »dritten Lagers« dem liberalen Flügel ein Übergewicht über den nationalen Flügel verschaffen, sondern er wollte das Potenzial des gesamten »dritten Lagers« als Sprungbrett nützen für eine breit gefächerte Reformbewegung, die von parteilosen Betriebsräten bis zu parteipolitisch heimatlosen Monarchisten reichte.4 Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass es ernst gemeint war, wenn er davon sprach – ähnlich wie Fürst Karl Schwarzenberg in Tschechien sechzig Jahre später – eine zweite Rechtspartei gründen zu wollen, um angesichts der weit verbreiteten Unzufriedenheit eine Linksmehrheit zu verhindern. Das Experiment Kraus’ hatte Erfolg  : Der VdU errang 1949 nicht bloß fast 12 % der Stimmen – in den westlichen Zonen sogar ca. 20 %  ; auch der Stimmenanteil der Linken sank von knapp über 50 % auf weniger als 45 %. Auch auf der inhaltlichen Ebene war der VdU mittelfristig höchst erfolgreich. In einem gewissen Sinne trieb er die Koalitionsparteien vor sich her  : Von der schrittweisen Aufhebung der Strafbestimmungen für ehemalige Nationalsozialisten bis zur Liberalisierung der Wirtschaft wurde in den frühen Fünfzigerjahren vieles von dem umgesetzt, was der VdU gefordert hatte. Mit der Regierungsumbildung Anfang 1952 begann der RaabKamitz-Kurs  ; die Riege der ÖVP-Minister umfasste jetzt drei Exponenten, die dem nationalen Lager sehr nahestanden (den »Pg.« Kamitz, den alten Landbündler Thoma und Kraus’ persönlichen Freund Böck-Greissau). Vielleicht war es gerade dieser sachliche Erfolg, der eine Wiederholung des Wahlerfolgs von 1949 trotz anders lautender Erwartungen verhinderte – der Problemdruck hatte in den vergangenen Jahren abgenommen, die Stabilisierungskrise vor dem Wirtschaftswunder half der SPÖ, nicht der Opposition. 1953 vermochte die WdU zwar im Osten noch etwas aufzuholen, verlor aber im Westen recht deutlich an Terrain.

4 Das nationalsozialistische Intermezzo musste einer solchen Zielsetzung anfangs bis zu einem gewissen Grad sogar Vorschub leisten, denn die NSDAP hatte das traditionelle dritte Lager deformiert, es zwar mehrheitlich aufgesogen, aber durch Neuzugänge majorisiert. Nach 1945 lief das Wählerreservoir der »Ehemaligen« dann wiederum in alle nur möglichen Richtungen auseinander  ; vgl. Elste/Hänisch, Kärnten von der Ersten zur Zweiten Republik   212. Die ›Ehemaligen‹ verteilten sich demnach 1949 in Kärnten wie folgt  : 37 % SPÖ, 31 % VdU, 21 % ÖVP, 7 % Nichtswähler, 4 % KPÖ.

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Einleitung

Im Rahmen der Trias »votes, office, policy«5 hatte der VdU anfangs bei den Wählern (votes) gepunktet  ; sich dann bei den Themen (policy) durchgesetzt  ; was ihm nicht gelang, war die Beteiligung an der Macht (office), oder besser gesagt  : Sie gelang nur dort, wo der VdU automatisch von den Proporzbestimmungen auf der Ebene der Landesregierungen profitierte.6 Der VdU stellte außerdem in einigen Kleingemeinden aus eigener Kraft Bürgermeister  ; doch zu ernsthaften Koalitionsverhandlungen in Landeshauptstädten kam es erst, sobald ab 1953 der Koalitionspakt der Großparteien auf die Bundesebene beschränkt blieb. Die Zeit zwischen dem Sommer 1952 und dem Sommer 1953 hätte den politischen Durchbruch des VdU bringen sollen  : Auf der Wählerebene die Verbreiterung durch die Fusion mit der ›Aktion‹ (die letzten Endes scheiterte), auf der politischen Ebene erstmals ein planmäßiges Zusammenspiel der bürgerlichen Parteien  : Raab begann die Koalitionsverhandlungen 1953 mit dem Rechenexempel  : »Mir san 88« (74 ÖVP + 14 WdU-Mandatare). Freilich  : Es war nie darum gegangen, die SPÖ noch während der Besatzungszeit in die Opposition zu drängen  ; angedacht war ein flotter Dreier, den Vizekanzler Schärf mit den Worten quittierte  : Es sei schon richtig, dass die Große Koalition eine Zwangsehe sei  ; aber damit sei noch lange nicht gesagt, dass die ÖVP ihre Konkubine in den gemeinsamen Haushalt mitbringen könne. Zur Dreierkoalition zwingen konnte man die SPÖ nicht, da bedurfte es nicht einmal des kolportierten Vetos des Bundespräsidenten. So wurde aus dem VdU-Minister nichts  ; was blieb, war das Zugeständnis des dritten Nationalratspräsidenten (gewählt wurde Hartleb, allerdings erst im 2. Wahlgang7), einige gemeinsame Anträge von ÖVP und WdU, schließlich als Plazebo die Abmachung über den »koalitionsfreien Raum«, der nicht wirklich zum Tragen kam, allenfalls – so wurde gemutmaßt – der ÖVP bei Spannungen innerhalb der Koalition als Druckmittel diente. Die Regierungsverhandlungen 1953 selbst haben leider keinen Niederschlag in den Quellen gefunden  ; nur ihr Ergebnis, die zwölf Punkte ihres Regierungsübereinkommens wurden publiziert. Als Stimmungsbild nicht uninteressant ist eine Sitzung des Kontaktkomitees, das 1953 eingesetzt worden war. Außerdem finden sich Verhandlungsprotokolle auf Länderebene, aus dem Nachlass Zeillingers (Salzburg) und Hartlebs (Kärnten). Sie alle werden im Abschnitt II vorgelegt. 5 Vgl. Wolfgang C. Müller & Kaare Strom (Hg.), Policy, Office or Votes  ? How Political Parties in Western Europe Make Hard Decisions (Cambridge 1999). 6 Und darüber hinaus in einer »echten« Koalition mit der ÖVP in Vorarlberg, die bis über die Jahrtausendwende andauerte. 7 Im 1. Wahlgang für den 3. Präsidenten entfielen 73 Stimmen auf Hartleb, 70 auf Pittermann  ; im 2. Wahlgang dann 80 (von 157) auf Hartleb, 72 auf Pittermann. Die ›Neue Front‹ vom 28. 3. 1953 erklärte das Ergebnis so  : Im 1. Wahlgang hätten zwölf ÖVP-Abgeordnete leere Stimmzettel abgegeben, weil sie davon ausgingen, dass auch die SPÖ Hartleb mitwählen würde.

Einleitung

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Der Übergang einer habituellen Oppositionspartei zur Regierungsverantwortung bedeutet eine Herausforderung. Beispiele für die Risiken eines solchen Stellungswechsels hält auch die jüngste Geschichte Österreichs bereit.8 Das Andocken im Establishment verunsichert die Protestwähler. (Ein Problem freilich hatte der VdU zum Unterschied vor der Jahrtausendwende nicht  : Er war unter den Funktionseliten – Akademikern und [Ex-]Beamten – gut verankert  ; kompetente Ministerkabinette zusammenzustellen, hätte für ihn kein Problem dargestellt.9) Herbert Kraus – zwar nicht mehr Verbandsobmann, aber für Freund und Feind nach wie vor der führende Kopf des VdU – war 1953/54 von einer besonderen Variante dieses Dilemmas betroffen  : Die Regierungsbeteiligung war ausgeblieben  ; doch die Verunsicherung der Wähler traf dennoch pünktlich ein. Die Flüsterparole lautete  : Das Programm der Verbandsleitung erschöpfe sich in dem Satz  : »Ich will Minister werden.« Vielleicht schlimmer noch  : Kraus war – aus Gründen, die im Detail leider nicht nachvollziehbar sind – inzwischen auch bei den maßgeblichen Kreisen der Industrie in Ungnade gefallen, die eine »konstruktive Opposition« und Absprachen zwischen den bürgerlichen Parteien im Prinzip durchaus schätzten. Damit kommen wir zum dritten und letzten Abschnitt, dem »Fall des VdU«. Die Niederlage des VdU bei den Landtags- und Arbeiterkammerwahlen vom Herbst 1954 lieferte den Startschuss für das Finale. Die Idee der Verbreiterung, die Kraus immer favorisiert hatte, wurde von seinen Kritikern jetzt gegen ihn instrumentalisiert, pikanterweise gerade von jenen, die letztlich zum Modell der klassischen Lagerpartei zurückkehren wollten. In einem Spiel mit verteilten Rollen gründete ein Teil der VdU-Dissidenten eifrig Komitees und Arbeitsgemeinschaften außerhalb der Partei, um den verbliebenen Kritikern die Stichworte zur projektierten »Sammlung« zu liefern. Als Galionsfigur und Katalysator sollte dabei der NS-Bauernführer Anton Reinthaller dienen, der seinerseits mit einflussreichen Männern der ÖVP-nahen Wirtschaft in ständigem Kontakt stand. Jenseits der Behauptungen und Verdächtigungen der Zeitgenossen steht für diese komplexen Vorgänge mit dem Nachlass Reinthallers im Oberösterreichischen Landesarchiv seit Kurzem eine hervorragend dichte Quelle zur Verfügung. Eine Auswahl der wesentlichen Stücke dieses Bestandes macht Teil III dieser Edition aus. Zu danken habe ich in erster Linie Herrn Kollegen Doz. Dr. Robert Kriechbaumer für seinen Vorschlag, einen Band in der Reihe der Haslauer-Stiftung dem VdU zu widmen, und Frau Dr. Cornelia Sulzbacher vom Oberösterreichischen Landes8 Vgl. Kurt Richard Luther, Of goals and own goals  : A case study of right-wing populist party strategy for and during incumbency. In. Party Politics XXX (2011) 453–470. 9 Anders sah es auf der Ebene der Landesräte aus, die sich als nicht sehr effektiv erwiesen. Alte Offiziere wie Elsnitz in der Steiermark oder Groll in Salzburg schienen der zivilen Routine wenig abgewinnen zu können  ; Wascher in Oberösterreich geriet aus anderen Gründen in Misskredit.

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Einleitung

archiv, die mich auf den Nachlass Reinthaller aufmerksam gemacht und die Arbeit daran stets in höchst zuvorkommender Weise erleichtert hat. Das Gleiche gilt für Dr. Erich Marx und seinen Nachfolger Mag. Thomas Weidenholzer im Salzburger Stadtarchiv. Frau Annemarie Hartleb (†) und Herr Wolfram Bitschnau waren so freundlich, mir schon vor längerer Zeit freien Zugang zu den Dokumenten in ihrem Besitz zu gewähren. Frau Margarethe Wudy von der Universitätsbibliothek Wien und Herrn Dr. Günther Perchtold von der Steiermärkischen Landesbibliothek danke ich für ihre spontane Hilfe bei den Recherchen, Herrn Dr. Michael Kraus für die Bereitstelung von Bildern seines Vaters. Schließlich bin ich Frau Mag. Susanne Bauda und meinem Bruder Thomas für wertvolle Assistenz bei der Transkription des Textes, vor allem aber auch bei der Bewältigung der Tücken moderner Textverarbeitung zu herzlichem Dank verpflichtet. Lothar Höbelt, im Juni 2014

Prolog  : Zur Vorgeschichte des VdU 1948/49 Das System der drei politischen Lager, wie es (fast) alle katholischen Länder Europas auszeichnete, war 1945 durch ein 3-Parteien-System ersetzt worden, mit der KPÖ als dritter Partei, die in der Zwischenkriegszeit in Österreich – zum Unterschied von den Nachbarländern – von den Sozialdemokraten marginalisiert worden war. Bei seiner Rückkehr in die Politik hatte das traditionelle »dritte Lager« daher als »vierte Partei« anzutreten und dabei mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Zulassung von Wahlwerbern jenseits der drei »Lizenz-Parteien« war nicht zuletzt vom Einverständnis der Besatzungsmächte abhängig. 1945 war nur in Kärnten eine solche Liste zugelassen worden, die Demokratische Union, die aber keinerlei Bodenhaftung zu gewinnen vermochte.10 Die Rechtslage blieb in dieser Beziehung bis knapp vor den Wahlen des Jahres 1949 unklar. Der Ausweg bestand schließlich in der Anmeldung von Wahlparteien – daher auch der kleine Unterschied, der viele Stimmen kostete, zwischen dem VdU und der WdU, der korrekten Bezeichnung, die auf dem Stimmzettel aufscheinen musste – amtlichen Stimmzettel gab es damals noch keinen. Unabhängig von den formalrechtlichen Voraussetzungen stellte sich die Frage, wer berufen und in der Lage war, eine solche Partei ins Leben zu rufen. Die ­NSDAP, die eine Mehrheit des nationalen Lagers aufgesogen hatte, war verboten  ; ihre Führungskader waren als »Belastete« vom politischen Leben bis auf Weiteres ausgeschlossen  ; die Großdeutsche Volkspartei war Anfang der Dreißigerjahre zwischen Heimwehren (Heimatblock) und NSDAP zerrieben worden – eine gewisse Ausnahme von dieser Regel stellten allenfalls die Länder Oberösterreich und Vorarlberg dar  ; eine vergleichsweise viel größere Überlebensfähigkeit hatte der Landbund demonstriert. Auch die ökonomische Situation ihrer Klientel in der unmittelbaren Nachkriegszeit verschaffte den Landbündlern zweifelsohne mehr Bewegungsfreiheit als den in der Zwischenkriegszeit überwiegend großdeutschen Beamten, die zwischen Entnazifizierung und Proporz um ihre Existenz zittern mussten – oder auch der Industrie, die nur diskret im Hintergrund zu agieren vermochte. 10 Die Demokratische Partei Österreichs (DPÖ) hatte bei den Kärntner Landtagswahlen 1945 mit Franz Knapitsch, dem Besitzer des Gutes Mayerhofen, ein Mandat errungen  ; Knapitsch wurde aber bereits im Jänner 1946 verhaftet (und 1953 schließlich freigesprochen  !)  ; die DPÖ hatte sich allerdings kurz zuvor mit der Demokratischen Union (DU) vereinigt, die von linkskatholischen Kreisen ins Leben gerufen worden war und schließlich im August 1949 von Josef Dobretsberger übernommen wurde, dem ehemaligen Sozialminister Schuschniggs, der 1952/53 dann zusammen mit der KPÖ auf der Liste des ›Linksblocks‹ kandidierte  ; vgl. Autengruber, Kleinparteien 84–96, 124 f., 153.

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Prolog  : Zur Vorgeschichte des VdU 1948/49

Es war daher wohl nicht ganz zufällig, dass die ersten ernsthaften Bemühungen um die Neugründung einer national-freiheitlichen Gruppierung von einem Kreis alter Landbündler ausgingen, seinem Gründer Leopold Stocker, seinem ersten Vizekanzler Karl Hartleb und seinem Klubobmann Ernst Schönbauer, die 1947 die ›Verfassungstreue Vereinigung‹ (VV) als Keimzelle einer späteren vierten Partei ins Leben riefen. Ihre Bemühungen wurden – im Sinne einer Spaltung des bürgerlichen oder vielleicht besser  : bäuerlichen Lagers – im Heimatland Stockers und Hartlebs, der Steiermark, ganz offenkundig von der SPÖ gefördert, insbesondere von Landeshauptmannstellvertreter Reinhard Machold,11 letztendlich aber auf Initiative von Staatssekretär Ferdinand Graf (ÖVP) im September 1948 verboten.12 Es rächte sich, dass die VV keinerlei Rückendeckung bei den Besatzungsmächten gesucht hatte. Hartleb freilich ließ nicht locker und verfolgte das Ziel auch nach dem Verbot der VV weiter. Insbesondere um den Kärntner Einzugsbereich des Landbundes spielte sich um die Jahreswende 1948/49 ein intensives Ringen ab zwischen Hans Steinacher als Fürsprecher der ÖVP, Hartleb als Nachlassverwalter der VV und Herbert Kraus als VdU-Gründer in spe. Mehrere Protokolle im Nachlass Hartleb geben Aufschluss über diese Debatten und Verhandlungen. Mitte Dezember 1948 schließlich gab Kraus mit einer großen Zahl von Schreiben, die mit individuellen Akzenten versehen waren, aber im Wesentlichen einer gleichlautenden Argumentation folgten, den Startschuss für die Gründung des VdU, der am 4. Februar 1949 der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Offen blieb noch längere Zeit, ob der VdU mit anderen ›vierten Parteien‹, z.B. dem Kongress der Parteilosen oder der Demokratischen Union, ein Bündnis eingehen oder sogar eine Listenkoppelung mit der ÖVP ins Auge fassen würde – eine Alternative, die von Hartleb mit äußerstem Misstrauen verfolgt wurde.

11 Machold fand auch noch 1949 für den VdU versöhnliche Worte  : Man möge aus seinem Wahlerfolg »keine falschen Schlußfolgerungen ziehen«, es handle sich dabei »nur um eine Ausbalancierung und Dreiteilung der politischen Kräfte, […] wie sie historisch begründet ist« (Stenografische Berichte über die Sitzungen des steiermärkischen Landtages 1949–53, S. 7, 12. 11. 1949). Wegen des »Graffaschismus« enthielt sich der VdU im November 1949 bei der Wiederwahl Josef Krainers zum Landeshauptmann auch der Stimme, während er in Oberösterreich sogar beantragte, die Wahl Gleissners einstimmig »per acclamationem« durchzuführen. 12 Anlass dafür war nicht zuletzt der Soucek-Prozess in Graz, ein Cocktail um eine ›Dritte Mann-Geschichte‹ aus Fluchthilfe, Hochstapelei und Beschaffungskriminalität, die zu einer NS-Untergrundorganisation aufgebauscht wurde  ; vgl. Höbelt, VdU 22–32.

Prolog  : Zur Vorgeschichte des VdU 1948/49

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Gedächtnisprotokoll Hartleb In der Zeit vom 11. bis 13. 12. 1948 fanden in Wien Beratungen statt, an welchen außer mir noch teilnahmen: Dr. Ernst Schönbauer, Dr. Arnulf Hummer, Dr. Fritz Stüber, Dr. Anton Gasselich, Julius Schachinger (Weitra), zeitweilig: Kurt Markos, Dr. Thianich. Von anderer Seite: Nat.Rat. Prof. Gschnitzer, Dr. Gredler (ÖVP Gewerbebundsekretär), Wolfgang Oberleitner (Journalist). Die Verhandlungen waren sehr langwierig und schwierig, doch immer sachlich und ruhig. Die wesentlichen Ergebnisse der Verhandlungen sind: Bei den Verhandlungen mit Dr. Gschnitzer, Dr. Gredler und Herrn Oberleitner, welcher bis vor kurzem als Berichterstatter der Schweizer Zeitung ‚Die Tat‘ in Österreich fungierte,13 wurde den Herrn genau auseinandergesetzt, warum es uns nicht möglich ist, in die ÖVP einzutreten. Hiebei zeigten Dr. Gschnitzer und Oberleitner Verständnis für unseren Standpunkt, während Dr. Gredler (ehemaliger Pg., späterer Widerständler) unbelehrbar ist. Nach den langwierigen Verhandlungen bezüglich der zukünftigen Organisation und einer Zeitung wurde folgendes vereinbart: 1.) Es wird unverzüglich ein neuer Verein angemeldet und so bald als möglich auch die Landesorganisationen gebildet, um eine legale Basis für die weitere Arbeit zu schaffen. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bezüglich der V.V. kann nicht abgewartet werden, da nach den neuesten Nachrichten der V[erfassungs]Gerichtshof erst im April unsere Beschwerde behandeln wird und es möglich ist, daß aus Prestigegründen auch im Falle einer günstigen Entscheidung die Regierung das Arbeiten in diesem Verein unmöglich macht. Nach langen Verhandlungen einigte man sich auf meinen Vorschlag, den Verein „Die Unabhängigen“ zu nennen. Dr. Hummer wird alles weitere veranlassen. 2.) Dr. Schönbauer und Dr. Hummer werden ermächtigt, sofort in Verhandlungen mit dem Haupteigentümer der Linzer Wochenzeitung ‚Der Ausweg‘, Nikolaus Schimanek, einzutreten und das Blatt, welches vor dem Eingehen steht, um den Höchstpreis von S 30.000,– zu kaufen. Hiefür haben aufzubringen: Hartleb S 10.000,– für Kärnten und Steiermark Hummer S 10.000,– für Wien Rest S 10.000,– Schachinger und Dr. Schönbauer, NÖ. Die von Markos aufgeworfene Frage, ob den Kärntnern der Eintritt in die Demokratische Partei empfohlen werden soll, wurde mit Rücksicht auf die ablehnende Haltung vieler Kärntner und das mit einem solchen Schritt verbundene Odium abgelehnt. 13 Oberleitner war später langjähriger Redakteur der ›Presse‹ in Wien und Herausgeber des mehrfach neu aufgelegten Nachschlagewerks  : Politisches Handbuch Österreichs [ab] 1945.

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Prolog  : Zur Vorgeschichte des VdU 1948/49

Es muß dafür gesorgt werden, daß sowohl die Schriftleitung als auch die Verwaltung der neuen Zeitung absolut in Ordnung geführt werden. Das Blatt wird weiter in Linz erscheinen und soll als Zeitung für ganz Österreich ausgestaltet werden. Für eine öftere genaue Revision der Geschäftsführung ist vorzusorgen (Dr. Kerber). Nach vertraulichen Berichten soll Dr. Graf versucht haben, die Russen zu bewegen uns bei einer Beratung in Wien auszuheben und zu verschleppen. Um Graf und die Russen sind dunkle Gerüchte im Umlauf. Herbert Kraus an Baron Alfons Stillfried, 15. Dezember 1948 Dr. v. Toncic hat mich über seine Besprechungen mit Ihnen unterrichtet.14 Ich glaube, der guten Sache ist am besten gedient, wenn ich Ihnen ganz offen meine geheimsten Gedanken mitteile: Ich finde die politische Basis Ihres Kongresses vorläufig noch zu schmal, um damit stark hervortreten zu können und um auf der einen Seite der Opposition das Gefühl zu geben, dass bereits etwas Organisatorisches besteht, woran sie sich mit ihren Hoffnungen und politischen Gefühlen anklammern könnte und um auf der anderen Seite bei den verschiedenen politischen Faktoren entsprechend Eindruck zu machen. Es muss also etwas entstehen, was eine breitere Basis aufweist und zwar die Persönlichkeiten umfasst, welche in der Publizistik bereits einen politischen Begriff darstellen und die verschiedenen, bereits ernsten, mit grosser Anhängerschaft ausgestatteten Gruppen vertritt. Die Herren, die sich zu Ihrem Kongress eingefunden haben, sind zumeist wohl vom besten Willen beseelt, aber entweder mit zu wenig Publicity ausgestattet, oder zu weltfern (ausgenommen Sie selbst und Leobell). Es gibt nun zwei Möglichkeiten: entweder wir gründen zugleich in Salzburg und Wien eine neue Sache auf der oben dargestellten breitesten Basis (die Verhandlungen mit sämtlichen in Frage kommenden Gruppen und wirklich massgebenden Persönlichkeiten laufen und sind ziemlich weit gediehen) und Sie treten zusammen mit Loebell als Vertreter des Kongresses in den von uns geplanten „Verband der Parteilosen“ ein, oder wir sammeln die Leute inzwischen formell und schlüpfen anschliessend in das juristische Gewand Ihres Kongresses, der dann natürlich eine wesentliche innere Umgestaltung erfahren und vielleicht auch seinen Namen ändern müsste, um die Wandlung von der begrenzteren in eine so grosse Bedeutung in Erscheinung treten zu lassen. Bitte nehmen Sie zu den beiden Vorschlägen Stellung und sprechen Sie in diesem Sinn vielleicht auch mit Loebell.

14 Der spätere ÖVP-Außenminister (1966–68) Lujo v. Toncic-Sorinj war Mitarbeiter in Kraus’ Institut für Wirtschaft und Politik und schrieb Artikel für die ›Berichte und Informationen‹  ; im Februar 1949 bot ihm Maleta einen Platz auf der Liste der ÖVP an  ; vgl. seine Erinnerungen  : Erfüllte Träume. Kroatien – Österreich – Europa (Wien 1982) 140, 161 f., 167 f.  ; als Gründungsdatum für Stillfrieds ›Congress der Parteilosen‹ wird der 29. November 1948 angegeben.

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Herbert Kraus an Arthur Meinhold15, 16. Dezember 1948 Es war sehr gut, dass Sie Ihre Gedamken nochmals brieflich zusammengefasst haben, so kann ich meine Gedanken auch etwas konzentrierter darstellen. Seit Ihrem Besuch ist meine Beurteilung der Lage und der zweckmässigsten Taktik auch noch durch eine ganze Flut von Zuschriften und persönlichen Aussprachen beeinflusst worden. Nach reiflicher Überlegung dieser und Ihrer Argumente bin ich zu folgender Überzeugung gelangt: ich schliesse mich Ihrer Meinung an, dass es falsch wäre im derzeitigen Augenblick sich auf irgendeine Wahlkoalition festzulegen. Ich halte es bloss für zweckmässig, sich auch nicht absolut dagegen festzulegen, sondern die Frage offen zu lassen, sodass diejenigen, welche zu viel Ressentiments gegen die ÖVP haben, es für selbstverständlich halten, dass man selbständig bleibt und diejenigen, welche sich nur unter der Prämisse eines engen Zusammengehens mit der anderen Rechtspartei der 4. Partei anschliessen wollen, diese Möglichkeit auch noch irgendwie als offenstehend vor sich sehen. In Wirklichkeit hat die Entscheidung dieser Frage noch lange Zeit. Ich kann es selbst noch nicht sagen, was mir im Mai oder Juni als das Zweckmässigste erscheinen wird. Man muss zuerst bei sich und bei den andern Inventur machen und sich erst nach der Abschätzung des Umfangs der eigenen Anhängerschaft auf die weitere Taktik festlegen. Ich bin überhaupt der Meinung, dass man seine Taktik nicht aus vorgefassten, atemlos verfolgten Zielsetzungen konzipieren soll, sondern die Verhältnisse organisch entwickeln lassen und sich ihnen dann schmiegsam anpassen soll. Im übrigen finde ich es zweckmässig, die ÖVP in dem Gefühl zu lassen, (natürlich nie offiziell, sondern nur durch private Gespräche) dass sie sich die Chance für eine evt. mögliche wahltechnische Zusammenarbeit nicht verderben darf. Man kann sie dadurch sowohl in ihrer Aktivität als auch in den gegen uns formulierten Wahlschlager viel erfolgreicher lähmen. Im Augenblick darf jedoch (Sie sehen also, Sie haben mich überzeugt) keine irgendwie geartete Bindung und auch kein Versprechen auf eine Bindung offiziell gemacht werden. Was ich bezüglich evt. Zusammenarbeitsmöglichkeiten in unserer Zeitschrift geschrieben habe, genügt bereits vollauf. Im weiteren will ich die Note des Distanzierens stärker betonen. […] Ich glaube übrigens, dass Sie meinen wirklichen Koalitionsvorschlag auch noch gar nicht richtig verstanden haben. Das Sich-zufrieden-Geben mit einer vorher ausgehandelten und endgültig festgelegten Anzahl von Mandaten habe ich ja bereits in meinem Artikel (siehe Punkt 2) abgelehnt. Das einzige, was ich als gangbar hinstellte (siehe Punkt 3) wäre eine Wahlkoalition in der Technik eines reformierten Wahlrechts, bei dem der Wähler innerhalb der Koalition die von ihm gewünschte Gruppe anzeichnen kann und bei dem dann diese Stimmen extra gezählt werden und schliesslich die 15 Meinhold war Generalsekretär der DU. Er hatte Hartleb schon im Februar 1948 besucht und zur Mitarbeit bewegen wollen.

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Zahl der auf die 4. Partei entfallenden Mandate bestimmen würden. Aber auch davon wollen wir vorläufig nicht weiter sprechen. […] Am wichtigsten ist mir aber nun die Frage der Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem hier in Gründung befindlichen „Verband der Parteilosen“. Grundsätzlich ist es mein privater Standpunkt, dass unsere Gründung die Genehmigung der DU nicht verhindern, sondern im Gegenteil unterstützen soll und zwar dadurch, dass sowohl bei den Alliierten als auch in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass nun ein neuer, zunächst nicht als Partei deklarierter politischer Faktor vorhanden ist, welcher die breiteste Basis aufweist und mit der DU personell verflochten ist, sodass weder die Öffentlichkeit noch die Alliierten genau wissen, ob das nun ein taktisches Manöver der DU oder einen Zusammenschluss sämtlicher bisher aufgetauchter ernster Gruppen bedeutet. Ich kann meine engeren Freunde und sonstigen zu mir gestossenen Gruppenführer nicht von vornherein dazu bringen, sich samt und sonders der DU zu verschreiben, erstens weil die DU ja schon lange besteht und man sich ihr hätte schon längst anschliessen können, wenn eine solche Bereitschaft schon von vornherein gegeben gewesen wäre (in diesem Fall würde der Reiz der Neuheit und der Gedanke des Zusammenschlusses von ebenbürtigen Partnern fehlen) und zweitens will man ebenso wie Sie es mit Ihren „Arbeitskreisen“ versuchen, als Auftakt und langsame Angewöhnung etwas schaffen, was noch keine parteimässige Bindung darstellt. Versuchen Sie nicht, letzte Ziele gleich am Anfang zu erreichen. Sie könnten sich damit die Chance des Erfolges, der nur in einer langsamen Entwicklung zu erreichen ist, verderben. Wir sind noch nicht so weit, dass wir fordern können, alle bestehenden Gruppen schliessen sich der DU an. Da muss vorher schon alles Misstrauen, alles Sich-nicht-Kennen und jede aus persönlichem Ehrgeiz stammende Besorgnis behutsam abgebaut werden. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, indem ich an einen der Schlussätze Ihres Briefes anknüpfe: „Alles hängt davon ab, dass sich alle Oppositionellen baldigst einigen.“ Wenn es richtig ist, dass Sie, wie Sie auf Blatt 4 unten schreiben, keinen persönlichen oder vereinsmässigen Ehrgeiz kennen, so ist es doch am besten, wenn wir sagen: wir alle, die wir eine ernste Parteigründungschance haben und eine Anhängerschaft nachweisen können, schliessen uns als ebenbürtige Partner zusammen und beschliessen dann demokratisch gemeinsam die einzuschlagende Taktik und das Programm. Die juristische Seite soll uns nur eine Frage der zweckmässigsten Technik sein. Bekommt die DU die Genehmigung, so können wir, die wir uns zunächst nicht als genehmigungspflichtige Partei, sondern als Verein (aber als ein solcher auf breiterer Basis) etabliert haben, immer noch in den juristischen Mantel der DU hineinschlüpfen. Sollten Sie die Genehmigung trotz Ihres grossen Vertrauens nicht bekommen, finden Sie bei uns Ihren Platz, um mit der grösseren Stosskraft der so ausserordentlich breiten Basis und meines persönlichen Einflusses (und Druckmöglichkeiten) auf die Amerikaner die Genehmigung in dieser Form durchzusetzen. Ich mache Ihnen nun den Vorschlag: nennen Sie mir 2 Vertreter der DU, welche in

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den Vorstand unseres Verbandes eintreten können, und ich mache Ihnen 2 Leute des Verbandes namhaft, welche der DU beitreten, sodass dadurch die eben dargestellte innere Verflechtung unserer beiden Gründungen sichtbar wird. In diesem Fall könnte meines Erachtens auch eine Presseveröffentlichung über die Gründung unseres Verbandes Ihnen nicht schaden, sondern im Gegenteil nur nützen, besonders wenn wir unter die Namen Ihrer Vertrauten in Klammer hinzufügen, dass es sich um Vertreter der DU handle. Die Politik ist die Kunst des Möglichen. Der geschlossene Beitritt sämtlicher von mir gesammelter Gruppen zur DU ist heute noch nicht möglich, aber vielleicht morgen oder übermorgen, insbesondere wenn Sie den Trumpf einer bereits [erfolg] ten alliierten Genehmigung ausspielen können. (Diese Anmerkungen nur für Dr. Veiter16) Ich will Ihnen meine Karten offen hinlegen. Die Gruppen, mit denen ich verhandle sind: 1. Die Anhängerschaft der Salzburger Nachrichten, durch die P[erson] Canavals und Viktor Reimanns vertreten. Sie wissen, dass sie S[N] auch dort, wo sie heute nicht mehr gelesen werden, einen politischen Begriff darstellen. 2. die Anhängerschaft, die ich selbst durch meine Zeitschrift, durch den Verein der Institutsmitglieder und durch meine mi[t] den Forum-Reden gewonnene Publicity besitze, 3. die ehemalige Anhängerschaft des „Heimatrufes“17 und heute der „freien Stimmen“, vertreten durch eine politisch unbelastete Person, welche auch einen akzeptablen Kurs durchsetzen würde (Käme der Herausgeber oder ein Redakteur in Frage?) 4. die davon (d. h. v. der 3. Gruppe) getrennte sogenannte Schönb[auer]gruppe (ehemals verfassungstreuer Verband) ebenfalls vertreten durch eine ideologisch und politisch einwandfreie Persönlichkeit (weisst Du einen guten?) 5. die aus der rechtsstehenden Widerstandsbewegung stammenden Kreise um die Quiriten in Wien, vertreten durch Dr. Gredler, 6. der Kongress der Parteilosen, vertreten durch Stillfried und Loebell, der eine gute Publicity hat, 7. rechtsstehende und stark konservative Widerstandsbewegungsleute der Steiermark, vertreten durch Dr. v. Win[c]kler, 8. die ehemaligen Landbund- und grossdeutschen Kreise von Kärnten und Steiermark, vertreten durch einen ehemaligen Abgeordneten (wen?) 9. die Akademikerkreise, welche sich der Richtung Srbik, Nadler, Othmar Spann und Sedlmaier verpflichtet fühlen, vertreten durch einen völlig unbelasteten und bekannten Hauptschüler einer dieser vier (Das soll Walter Heinrich sein.) 16 Derselbe Brief ging offensichtlich auch an den Vorarlberger Theodor Veiter, einen Korrespondenten von Kraus’ Wochenzeitung ›Berichte und Informationen‹, der ihm diverse Mitarbeiter aus monarchistischen Kreisen empfahl, darunter Wolfram Bitschnau und Karl v. Winckler. 17 Die Zeitung der Verfassungstreuen Vereinigung, die Anfang Dezember 1948 verboten worden war.

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10. je ein Vertreter Vorarlberg und Tirols, die dort entsprechende Publicity haben und auch bei den Konservativen Vertrauen erwecken. Sie sehen also, dass wir die breiteste Basis haben. Die angeführten Gruppen stellen erst den ideologischen Querschnitt dar. Dazu kommen noch die Vertreter der zusammenzuschliessenden Verbände (Arbeitsgemeinschaft der parteiunabhängigen Betriebsräte, Verband der parteilosen Hochschülerschaft, Verein der „Geistig Schaffenden“ usw.) und die Vertreter der einzelnen Berufsstände, welche ganz unabhängig vom parteipolitischen Vorgehen als Kandidaten für die verschiedenen Kammerwahlen aufzustellen sind (Wirtschaftskammer, Rechtsanwaltskammer, Ärztekammer, Bauernkammer usw.). Es ist richtig, dass ein so aufgebauter Verband in gewisser Hinsicht den Zusammenschluss etwas heterogener Elemente darstellt. Doch die Führung und die Pressepropaganda wird eine einheitliche sein. Im übrigen schadet es gar nicht, wenn im Augenblick der Eindruck einer etwas bunten Zusammenstellung entsteht, denn fürs erste, für den Start, ist das wichtigste der Eindruck der Grösse, der Mächtigkeit und der möglichst breiten Basis. Das ganze wird ohnedies erst allmählich fester zusammenwachsen können und zu einer Einheitlichkeit des Programms und des taktischen Vorgehens führen. Ich bin immer dafür, sich nicht voreilig festzulegen. Später kann man immer noch sehen, ob es besser ist, als Sammlung der Parteilosen bezw. als Wahlgemeinschaft einzelner Persönlichkeiten aufzutreten (und damit dem starken Drang der Bevölkerung nach einer „Überwindung des Parteiunwesens als solchem“ entgegenzukommen) oder als richtige Partei aufzutreten. Die beste Konstruktion ist immer die, welche der tatsächlichen Entwicklung der Gefühle und Verhältnisse am besten angepasst ist. Was nun Ihren 4. Punkt betrifft, so bin ich ganz Ihrer Meinung, dass man jede Provokation der Russen vermeiden muss. Andererseits muss ich gestehen, dass ich hier von Ihrer Grundhaltung etwas abweiche. Erstens ist heute im Bereich der politischen Gefühle der Abwehrgedanke gegen den Bolschewismus eines der stärksten Motive; die Wahlerfolge de Gasperis und de Gaulles sind hauptsächlich darauf zurückzuführen. Zweitens halte ich gar nichts vom Osthandel. Man hat auch 1919 geglaubt, dass man den handelspolitischen Anschluss an Russland nicht verlieren dürfte, weil Europa vorher von dort jährlich 11 Millionen Tonnen Getreide bekommen hat. Das war eine grosse Fehlspekulation, denn bis 1940 hat die Sowjet-Union kaum eine einzige Million im Jahr exportieren können. Jede konsequente Sowjetwirtschaft, auch die der Donauländer ist so in sich geklärt, dass ein an die Existenzfrage des Partners rührender Handel gar nicht zustande kommen kann. Der Osthandel wird, so lange die Sowjets dort sind, immer ein kleines und ein schlechtes Geschäft sein. Nichtsdestoweniger muss irgend ein Draht zu diesen Brüdern, mit denen man zuweilen ja wirklich reden kann, bestehen. Und vor allem darf man ihnen in ihrem Prestige nicht auf die Füsse treten. Ich war selbst als Journalist in Moskau und weiss, dass man sich mit anti-kommunistischer Propaganda keineswegs Verhandlungsmöglichkeiten verschüttet. Propaganda ist in ihren Augen etwas ganz anderes als Verunmöglichung der Verhand-

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lungen durch Prestige-Verletzungen. Aus all diesen Gründen kann ich für meine Person nicht ganz von der bisherigen Tendenz abrücken, aber dem steht nichts im Wege, dass Sie eine etwas andere Richtung einschlagen. Auch hier ist es gut, die Rollen zu verteilen und verschiedene Nuancen sichtbar zu machen (Im übrigen kann ich Ihnen verraten, dass Sie sicherlich nicht so vielen offiziellen sowjet-russischen Besuch gehabt haben – formelle, diplomatische Kommissionen – wie ich in den letzten 1½ Jahren.) Herbert Kraus an Minister a. D., Univ.-Prof. Wilhelm Taucher18, 16. Dezember 1948 Ich beziehe mich auf die Unterredung, welche Dr. v. Winckler mit Ihnen gehabt hat. Es ist nun so weit, dass der Verband der Parteilosen auf breitester Basis, d. h. unter Einschluss aller nur irgendwie ernstlich in Frage kommenden Gruppen und Persönlichkeiten gegründet werden soll. Er wird sich vorläufig kein anderes Ziel stecken, als die Interessenvertretung derer zu übernehmen, welche keine Protektion der heute bestehenden Parteien haben und für die Durchsetzung der bekannten, allgemein erhobenen Forderungen zur Demokratisierung des öffentlichen Lebens eintreten. Er wird also vorläufig keineswegs den Anschein einer neuen Partei oder irgend einer prononcierten Opposition erwecken. Aus diesem Grunde möchte ich Sie bitten, es doch nochmal[s] zu erwägen, ob Sie angesichts der heiklen innerpolitischen Situation nicht verpflichtet sind, sich an der Sache zu beteiligen, d. h. Ihr Einverständnis zu geben, dass Sie in den Vorstand aufgenommen werden. Ich habe mich auch nur nach grossem inneren Widerstreben dazu entschlossen, eine solche Initiative zu ergreifen. Aber ich sage mir: wenn wir morgen eine Linksmehrheit haben, haben wir übermorgen eine Volksdemokratie. Und die ÖVP schafft die Rechtsmehrheit allein nicht mehr. Die Opposition ist schon zu stark und verhärtet, wie unsere Untersuchungen immer wieder ergeben. Da muss irgend etwas existieren, was der ÖVP zur Erlangung der Rechtsmehrheit zu Hilfe eilen kann. Karl Hartleb  : Gedächtnisprotokoll Für 16. 12. 1948 hatte mich Dr. Steinacher telegrafisch zu einer Besprechung nach Klagenfurt Hotel Jannach eingeladen. Als ich dorthin kam, waren schon versammelt: Dr. Steinacher

18 Wilhelm Taucher (1892–1962), Grazer Universitätsprofessor für Volkswirtschaft, Handelsminister 1936– 38 und ab 1949 Chef des österreichischen Marshall-Plan-Büros, antwortete am 27. Dezember 1948, er wolle aus der Position eines »objektiven Wirtschaftspolitikers nicht heraustreten, um irgendwelche parteimäßigen Bindungen einzugehen, […] wenn ich auch Grund genug habe, mich über mancherlei Dinge in Österreich augenblicklich zu ärgern.«

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Dr. Abuja (Präsident des kärntn. Alpenvereines) Ing. Mayerhofer Supersberg Anton Dr. Scheuch Glantschnig Anton Kleinszig Peppe Ebner (früherer Obmann des Milch- u. Fettwirtsch. Vbd.)19 Dr. Steinacher begrüßte und teilte mit, daß er die Einladung deshalb ergehen ließ, weil Landeshauptmannstellvertreter Ferlitsch20 an ihn mit dem Ersuchen herangetreten sei, Verhandlungen über den Eintritt der nationalen und freiheitlichen Kreise Kärntens in die ÖVP aufzunehmen. Er habe sich grundsätzlich dazu bereit erklärt, solche Verhandlungen nach Rücksprache mit verschiedenen Personen zu führen, habe jedoch keinerlei Zusagen gemacht und sich auch über die Bedingungen nicht geäußert. Ferlitsch habe erklärt, er fühle sich nach wie vor als Nationaler und wolle sich dafür einsetzen, daß die Nationalen einen möglichst großen Einfluß erhalten und wolle sich dann selbst nach der nächsten Wahl eventuell zurückziehen. Er stelle sich die Sache so vor, daß mindestens jeder Dritte oder Vierte auf der ÖVP-Liste ein Nationaler sein soll. Er, Dr. Steinacher habe absichtlich zu dieser Besprechung keine Personen eingeladen, welche schon von sich aus der ÖVP beigetreten seien und sei der Meinung, daß solche Personen auch für die Verhandlungen über die Wahlliste nicht als Nationale zu zählen wären. Er habe bei der Einladung getrachtet möglichst die einzelnen Landesteile und Berufsgruppen zu berücksichtigen. Ein paar der Eingeladenen hätten sich entschuldigt. Mich habe er eingeladen, um nicht ohne Fühlung mit den anderen Bundesländern vorzugehen. Er forderte sodann zur Stellungnahme auf, doch äußerten sich die Herren vorläufig nur zur Frage, ob Ferlitsch überhaupt befugt sei namens der ÖVP solche Verhandlungen in für diese verbindlicher Art zu führen. Allseits wurde verlangt, daß dies einwandfrei festgestellt werden müsse, bevor die Verhandlungen aufgenommen werden. Da sich zur Frage des Eintrittes in die ÖVP selbst keiner der Anwesenden äußerte, legte ich meinen Standpunkt dar, teilte nach einem Rückblick auf den bisherigen Verlauf der Dinge mit, daß bei den letzten Besprechungen in Wien (11.–13.) beschlossen worden ist, nicht in die ÖVP einzutreten, sondern als äußerstes Zugeständnis eine Listenkoppelung

19 Bei den Versammelten handelte es sich um ehemalige Landbündler, mit Ausnahme Steinachers, der seinen Nimbus seiner Rolle als Stabschef im Abwehrkampf 1918/19 verdankte und in den Dreißigerjahren den VDA leitete  ; Hans Ebner war 1930–34 NR des Heimatblocks gewesen. 20 Der ehemalige Landbündler Hans Ferlitsch, der sich zusammen mit Schumy nach 1934 zur Mitarbeit im Ständestaat entschlossen hatte, war von 1945–60 Landeshauptmannstellvertreter von Kärnten, 1947–60 auch Obmann des Kärntner Bauernbundes.

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mit dieser Partei einzugehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür geschaffen werden. Um die Arbeiten auf einer legalen Basis fortsetzen zu können, wird ein neuer Verein unter dem Namen „Die Unabhängigen“ und annähernd denselben Statuten wie die Verfassungstreue Vereinigung angemeldet werden. Voraussichtlich wird es auch möglich sein, in den nächsten Wochen eine neue Zeitung an Stelle des Heimatruf herauszubringen. Alle bisher als Nachfolger dieses Blattes bezeichneten Wochenschriften sind von der ÖVP finanziert und dienen dem Abonnentenfang. Als Gründe für die Verweigerung, in die ÖVP einzutreten, führte ich an: 1.) Die Unrichtigkeit des Schlagwortes von der antimarxistischen Front, welche angeblich durch das Auftreten einer neuen Partei zerstört werde, während in Wirklichkeit nur eine neue Partei den Marxisten Stimmen wegnehmen kann und viele andere Wähler, wenn sie nur die Wahl zwischen Schwarz und Rot haben, eher rot als schwarz wählen werden. 2.) Die Mißachtung der Bundesverfassung durch die Führung der ÖVP, wenn dies in ihrem vermeintlichen Interesse liegt. Beispiel die Äußerung Staatssekretär Grafs, er werde jeden einsperren, der eine neue Partei machen will, und zahlreiche Äußerungen anderer ÖVP-Redner und der ÖVP-Presse im letzten Jahre. 3.) Die weit verbreitete Korruption, gegen welche von der ÖVP nichts unternommen wird. 4.) Den Mißbrauch der Amtsgewalt durch Beeinflussung der Justiz und Verwaltungsbehörden durch Regierungsfunktionäre, insbesondere in Strafverfahren politischer Art. 5.) Die schlechte Vertretung der Interessen der Bundesländer und vor allem der Bauernschaft durch die ÖVP. 6.) Die unaufrichtige, ja verlogene Politik der ÖVP in der Frage der NS-Gesetzgebung und Behandlung der NS-Frage 7.) Die Ablehnung der ÖVP durch die Masse der Heimkehrer und der Jugend, die eine andere Vertretung wünschen. Dies alles könne nicht dadurch geändert werden, dass man in die ÖVP hineingeht, sondern nur durch eine neue unabhängige Partei. Ich selbst gehe aus diesen Gründen nicht in die ÖVP und werde, wenn ich überhaupt kandidiere, nur bei einer unabhängigen Partei oder als Wilder kandidieren. Ich sei auch überzeugt, daß, wenn der Versuch die Nationalen in die ÖVP zu locken mißlinge, eine vierte Partei nicht verhindert werden wird. Im übrigen werde die Position der zu Verhandlung bereiten nationalen Kreise sehr gestärkt, wenn eine Gruppe vorhanden ist, welche den Eintritt in die ÖVP ablehnt. Nach mir sprach Dr. Steinacher, welcher es als gänzlich falsch hinstellte, eine unabhängige Partei anzustreben, da dies schon von den Alliierten, vor allen von den Russen, nicht geduldet werden würde. Man müsse die ganze Frage vom außenpolitischen Standpunkt ansehen und, um nicht ganz ausgeschaltet zu werden, in die ÖVP hinein-

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gehen. In Kärnten sei dies schon mit Rücksicht auf Südkärnten notwendig, um den Einfluss der Slowenen zurückzudrängen. Er sei deshalb grundsätzlich für den Eintritt in die ÖVP, doch müßten die Bedingungen sachlicher, aber auch personeller Art genau festgelegt werden, und es sei klar, daß der Landeshauptmann und der Präsident der Bauernkammer Nationale sein müßten; auch sei es viel zu wenig, nur jeden dritten oder vierten auf der ÖVP-Liste zu bekommen. Er nannte auch noch weitgehende sachliche Bedingungen, die gestellt werden müßten, unter anderem Wiedergutmachung an geschädigte Nationalsozialisten. In der folgenden Debatte schließen sich mehr oder weniger alle Anwesenden dem Standpunkte Dr. Steinachers an, doch kam auch der Wunsch zum Ausdruck, nicht das Einvernehmen mit den anderen Bundesländern zu verlieren bzw. bei einem Vereine mitzuarbeiten, in welchem gemeinsam beraten werden soll. Auch eine Zeitung wurde als unbedingt nötig bezeichnet. Ich nahm noch einmal zusammenfassend Stellung und erklärte, daß ich natürlich den Kärntnern ihr Recht, selbst zu entscheiden, nicht absprechen will. Die Ausführungen Dr. Steinachers hätten mich allerdings nicht überzeugt und ich hoffe nur, daß die Herren keine Enttäuschung erleben. Ich selbst würde heraußen bleiben und rate dringend, den gesicherten Bestand eines Vereines und einer Zeitung als Bedingung für die Verhandlungen zu nennen. Verhandeln werden Dr. Steinacher und Dr. Scheuch. Herbert Kraus an Ing. Valentin Mayerhofer, 28. Jänner 1949 Vor einigen Tagen hat in Salzburg eine Tagung stattgefunden, bei der die Gründung eines „Verbandes der Unabhängigen“, welcher in Kürze zur Wahlwerbung antreten soll, beschlossen wurde. Er ist auf der breitesten Basis gegründet, die heute in Österreich überhaupt denkbar ist, d. h., alle irgendwie in Frage kommenden Gruppen, die ausserhalb der heutigen drei Parteien stehen, tun dabei mit. In wenigen Tagen wird die Gründung des Verbandes in der Presse veröffentlicht und die Propaganda beginnen. Die bei der oben erwähnten Tagung anwesenden Vertreter des ehemaligen Landbundes, Herr Vizekanzler a. D. Hartleb und Dr. Robert Scheuch, haben mich gebeten, mich direkt an Sie zu wenden und Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass Sie nun ohne jede Sorge mit der Gründung eines mächtigen neuen politischen Organes rechnen können. Deshalb möchte ich Sie bitten, bei den dzt. Verhandlungen mit der ÖVP grösste Zurückhaltung zu zeigen und vor allem nicht abzuschliessen, ohne sich vorher mit den Vertretern der politisch Unabhängigen in den anderen Bundesländern ins Einvernehmen gesetzt zu haben. Es wird sich in Kürze die Gelegenheit zur ausführlichen Rücksprache ergeben. Das wichtigste ist, dass inzwischen keine voreilige Entscheidung getroffen wird. Sie werden über die weiteren Schritte unseres Verbandes in Kürze unterrichtet werden und ich bitte Sie, sich inzwischen vielleicht auch mit den Herren Hartleb und Dr. Scheuch in Verbindung zu setzen.

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Hans Steinacher an Herbert Kraus, Miklauzhof, 31. Jänner 1949 Ich danke Ihnen bestens für Ihr freundliches Schreiben vom 28. ds. Mts. Es kreuzte sich mit der von mir mit Dr. Scheuch eingeleiteten Bemühung, mit Ihnen vor dem Start Ihrer Pläne noch in eine grundsätzliche Besprechung einzutreten. Ich bedauere es außerordentlich, daß dies nicht schon früher geschehen ist bzw. nicht geschehen konnte. Trotzdem ich nach Graz in vereinbarter Weise über die Phasen der hiesigen Verhandlungen laufend Bericht erstattete und betonte, daß alle Besprechungen unter dem Vorbehalt einer bundesgebietlichen Absprache gingen, blieb ich ohne Gegeninformation, bis Ihre Sache in Salzburg sich auftat, zu der Sie für Kärnten zwar Dr. Scheuch zeitweise und sozusagen im letzten Stadium zugezogen hatten, so daß dieser uns nur eine mehr oder weniger beendete Tatsache berichten konnte. Ich meine, daß man Kärnten hätte beiziehen müssen, von Anfang an, und daß man uns hätte hören müssen. Oder wollte man uns nicht hören? Das ist kein gutes Vorzeichen für Ihren geplanten Start, denn relativ wiegt doch Kärnten in bezogener Hinsicht wohl am stärksten! Ich habe, da mir Dr. Scheuch wegen der erbetenen Aussprache noch keinen Bescheid geben konnte, Sie heute mit Telegramm gebeten, Ihren Start in die Öffentlichkeit zu verschieben, bis Sie mit uns – Dr. Scheuch und mir, als den beiden Verhandlungsbeauftragten von Kärnten – gesprochen hätten. Wenn zu dieser Aussprache auch Schönbauer oder Hartleb zugezogen würden, wäre es dienlich. Meine grundsätzliche Einstellung: Ich möchte die nationale Richtung in Österreich vor einer dritten Katastrophe bewahren: 1934, 1945 und 195?! Und es ist nicht zu vermeiden, daß eine 4. Partei dem Ausland als eine Fortsetzung oder Wiedererstehung der „Pangermanisten“ erscheinen würde. Und wir machen es den Feinden leicht, dreinzuschlagen, wenn wir [Ihnen] den Gefallen tun, in Geschlossenheit fein säuberlich aufzumarschieren! Wahlpolitisch ist ohne Zweifel mit 4. Partei ein Erfolg zu machen, aber nicht dies entscheidet! Ich warne! Und ich rechnete eigentlich gerade bei Ihnen auf die verantwortliche Weitsicht, daß Sie dem Strom der Gefühle sich entgegenstellen! Es wird in Österreich eine Politik „unausgesprochener Selbstverständlichkeiten“ gegangen werden müssen! Herbert Kraus an Hans Steinacher, 3. Februar 1949 Nach Erhalt Ihres Telegrammes habe ich sofort Miklauzhof angerufen, Sie aber nicht erreichen können. Inzwischen rief mich Dr. Scheuch an, dass er ohnedies mit Ihnen gesprochen habe und dass ich am nächsten Mittwoch, den 9. Februar nach Klagenfurt kommen soll. Dies werde ich auch tun und bei dieser Gelegenheit zu allen in Ihrem Brief vom 31. v. M. ausgedrückten Gedanken Stellung nehmen. Es wäre mir nur sehr angenehm, wenn Sie es in der Zwischenzeit erreichen könnten, dass sowohl Professor

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Schönbauer wie auch Vizekanzler a. D. Hartleb zu der Klagenfurter Besprechung erscheinen. Ich freue mich ausserordentlich, bei dieser Gelegenheit Ihre Bekanntschaft zu machen, da Sie mir schon seit vielen Jahren ein Begriff sind (durch meinen Bruder Günther Kraus, der unter Ihnen im VDA gearbeitet hat). Ich bin überzeugt davon, dass es sehr leicht sein wird, eine gemeinsame Linie zu finden, denn was wir wollen, ist ja dasselbe. Es kommt nur auf die Wahl der jeweils geeignetsten Mittel an. Darüber werden wir uns sicherlich einig. Walther Weißmann21 an Herbert Kraus, 7. Februar 1949 Für dieses Schreiben möchte ich von vornherein eine gewisse Entschuldigung von Ihnen erlangen, denn es ist der Ausfluss eines augenblicklichen Gefühles. Bitte werten Sie es auch so. Der Verbindung mit Ihnen, sehr geehrter Herr Doktor, hätte ich eigentlich gerne eine persönliche Fühlungnahme zugrunde gelegt. Da ich aber in der nächsten Zeit kaum nach Salzburg komme, greife ich zur Schreibmaschine. Was ist der Grund dieses Briefes? Natürlich die Politik. Die vierte Partei! Sie haben im Heft 135 der BuI in der Ihnen eigenen klaren und systematischen Art die möglichen Wege vorgezeichnet. Wenn ich – und mit mir viele andere – als Tenor Ihres Aufsatzes herauszulesen hoffte, daß eine Zersplitterung der bürgerlichen Gruppe vermieden werden müsse, so wird diese Hoffnung durch eine Nachricht, die ich vor einigen Tagen erhielt und die nun auch in der Presse bestätigt wurde, vorläufig zunichte gemacht. Zum leichteren Verständnis meiner Worte hören Sie, bitte, ein paar kurze Zeilen über mich. Als ich 1945 nach rund 5½ Jahren Soldatsein nach Hause kam, war mein fester Vorsatz – nie mehr Politik. Mein Brotgeber ist eine unpolitische bzw. überparteiliche Vereinigung. Wenn ich nun trotzdem meinem seinerzeitigen Vorsatz zum Teil wieder untreu wurde, so einfach durch die Erkenntnis, daß durch Beiseitestehen die Entscheidung Menschen überantwortet wird, denen sie nicht zusteht. Und warum ich eine Spaltung der nichtmarxistischen Gruppe fürchte? Weil sich in mir durch einige Kenntnis der designierten Männer fast schon pathologisch die Überzeugung festgesetzt hat, daß sich ein sozialistischer Sieg zur Staatskatastrophe entwickeln würde. Wenn dieses Problem nicht so sehr unter den Nägeln brennen würde, ich schwiege und lebte meiner Arbeit und meiner Familie. Sie, sehr geehrter Herr Doktor, sind dadurch, daß Sie zu einer Zeit, als Hunderte anderer öffentlicher Schreiber zaghaft schwiegen, den Mut zum offenen Wort bewiesen, zu einer öffentlichen, beachteten Persönlichkeit geworden. Ihr Urteil und auch Ihr Entschluß 21 Walther Weißmann war Geschäftsführer der Landesgruppe Kärnten der Industriellenvereinigung, 1952– 67 Finanzreferent der Kärntner ÖVP, 1966–72 Landeshauptmannstellvertreter.

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wird vielen der Leitstern sein. Ebenso brennend wie die Zustimmung zu Ihren Worten bei der Lektüre der BuI in mir aufflammte, wird sie in anderen Lesern gewirkt haben. Gerade um dieses großen Einflußes willen aber bitte ich Sie, die Auswirkungen eines so weit tragenden Entschlußes zu erwägen. Tragen Sie, sehr geehrter Herr Doktor, das viele, das in Ihrer Macht liegt, dazu bei, um Österreich auch in den nächsten Jahren zu einer ruhigen Entwicklung zu verhelfen. Wenn im großen Block der nichtmarxistischen Menschen – ich möchte das abgegriffene Wort bürgerlich vermeiden – sich die Gutgesinnten und Sauberen zusammenschließen, muß es doch möglich sein, der Sauberkeit und Ehrbarkeit auch im öffentlichen Leben und im Staatsgetriebe zum Durchbruch und zur Geltung zu verhelfen. Dies kann aber doch auch innerhalb einer großen Partei geschehen. Ist die äußere Gefahr gebannt und eine Mehrheit der Sozialisten das geworden, was sie in den Zwanzigerjahren war, nämlich ein Kabinettswechsel, dann mag an grundsätzlichere Scheidungen im rechten Lager gedacht werden. Heute scheint mir die allgemeine Lage dazu zu ernst zu sein. Nehmen Sie, sehr geehrter Herr Doktor, mir diese ganz an Sie persönlich gerichteten Zeilen bitte nicht übel. Sie werden vielleicht die Sorge, die dahinter steht, gefühlt haben. Karl Hartleb an Ernst Schönbauer, 13. Feber 1949 Zu Deiner Unterrichtung teile ich Dir freundlich Nachstehendes mit. Am 8. d. M. erhielt ich von Dr. Freyborn eine Expresskarte, in welcher er mir mitteilte, daß am 9. d. M. vormittag im Hotel Jannach in Klagenfurt eine Besprechung stattfinde, zu welcher er mich für den Fall einlade, daß ich von Kärnten keine Einladung hiezu erhalten sollte. Dein Kommen sei ungewiß. Ich fuhr also am 9. d. M. früh nach Klagenfurt und fand dort bei Jannach versammelt: Dr. Steinacher, der den Vorsitz führte, Supersberg, Dr. Scheuch, Anton Glantschnig, Hans Steinwender, Dr. Abuja, Ing. Mayerhofer, Michl Sumper, Dr. Hans Neuner, Hermann Wachernig, Dr. Kraus und weitere ca. 8 mir dem Namen nach nicht bekannte Herren. Das Verhandlungsthema war die Frage eines Zusammengehens mit der ÖVP bei der nächsten Wahl. Die Debatte war in vollem Gange, da ich zu spät in Klagenfurt ankam, um bei Beginn anwesend zu sein. Zu meiner Verwunderung sprachen sich fast alle Vertreter aus den einzelnen Landesteilen für ein Zusammengehen mit der ÖVP aus, so daß ich den Eindruck hatte, daß eine starke Beeinflußung stattgefunden hatte. Dr. Steinacher lud schließlich, wenn auch offenbar widerwillig, auch mich zur Stellungnahme ein. Ich nahm entschieden und energisch gegen ein Zusammengehen Stellung und begründete meinen Standpunkt ausführlich, widerlegte das Grafsche Schlagwort von der antimarxistischen Kampffront, die uns allein vor der Volksdemokratie retten könne und warnte die Kärntner dringend, indem ich darauf hinwies, daß gerade in Kärnten in absehbarer Zeit wieder eine starke freiheitliche nationale Partei erstehen

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werde und daß, wie Beispiele zeigen, keiner mehr loskomme, der sich mit der ÖVP einlasse. Die besten Menschen müßten daher heraußen bleiben und sich für die neue Partei zur Verfügung halten. Wenn wir uns nicht einschüchtern lassen, seien die Bemühungen Grafs, uns unser Recht zu nehmen, zum Scheitern verurteilt. Die Kärntner müßten auch auf die anderen Länder Rücksicht nehmen. Dr. Steinacher, der über meine Ausführungen offenbar sehr ungehalten war, nahm mit seinem alten Argument, daß es sich dabei um eine außenpolitische Frage handle und die Alliierten, selbst wenn wir Mandate bekommen sollten, uns dieselben in kürzester Zeit wieder aberkennen würden, sehr scharf gegen mich Stellung und bezeichnete Begriffe wie „national“ und „freiheitlich“ als längst überholt. Auch im Falle vorsichtigster Politik würde die neue Partei wenn schon nicht am „Neonazismus“, so doch am „Pangermanismus“ scheitern, es bliebe daher nur der Weg in die ÖVP übrig, wenn wir uns betätigen wollen. Ich konnte später noch einmal zum Wort kommen und legte das Unsinnige und Unlogische der Ausführungen Dr. Steinachers dar. Dr. Kraus war leider krank und konnte nur kurz den Sinn der Salzburger Gründung auseinandersetzen. Vormittag war Dr. Steinacher noch sehr zuversichtlich und äußerte wiederholt, er werde durch Befragen der Vertreter die Ermächtigung zu abschließenden Verhandlungen sicherstellen. Nach meiner zweiten Rede war ein ersichtlicher Umschlag in der Stimmung wahrzunehmen und als nun Dr. Scheuch sich deutlich meinem Standpunkt näherte, schloßen sich auch Dr. Abuja, Steinwender, Sumper, Mayerhofer und andere an und zum Schluß musste Dr. Steinacher feststellen, daß ihm und Dr. Scheuch zwar der Auftrag zu Verhandlungen nicht vollständig entzogen, jedoch ein Abschluß vorläufig nicht möglich sei, bis man die weitere Entwicklung überblicken könne und neue Beschlüße gefaßt worden seien. Er versuchte dann, die Formulierung durchzusetzen, daß mit den weiteren Verhandlungen ausgesetzt werden solle, bis die neue Partei ihre Zulassung durchgesetzt habe, wofür er eine Frist von höchstens vier Wochen in Aussicht nehmen wolle. Ich sprach mich entschieden gegen diesen Vorschlag aus, mit der Begründung, daß wir gar nicht die Absicht haben, beim alliierten Kontrollrat um die Genehmigung als Partei anzusuchen, weshalb ich bei etwaigen Formulierungen anstatt des Wortes Partei das Wort Organisation verlangte. Die Frist lehnte ich überhaupt ab und stellte mich auf den Standpunkt, daß von den Anwesenden eigentlich gar niemand das Recht habe, namens eines Wählerkreises zu sprechen, weil derzeit ja noch jede Organisation fehle. Meiner Ansicht nach müßte deshalb zuerst an die Schaffung einer Organisation geschritten werden, welche dann mit der ÖVP die Frage zu klären habe, ob sie bereit sei, durch eine entsprechende Fassung des Wahlgesetzes eine Koppelung der Listen zu ermöglichen, was meiner Ansicht nach das Richtige sei. Dies könne aber nicht in jedem einzelnen Bundesland verhandelt werden, sondern müsse der „Verband der Unabhängigen“ als die einzige derzeit bestehende Organisation mit der Aufgabe betraut werden, sofort nach Ablauf der Einspruchsfrist und Konstituierung die Verhandlungen

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mit der Bundesleitung der ÖVP aufzunehmen, bei welcher Gelegenheit aber auch darauf hingewiesen werden müsse, daß noch vor Aufnahme von Verhandlungen mit der ÖVP über eine Listenkopplung zur Bildung einer antimarxistischen Abwehrfront den schandbaren, skandalösen Zuständen unbegründeter Verfolgung und Inhaftierung von Personen, welche gegen den Eintritt in die ÖVP eingestellt sind, ein Ende gesetzt wird. Mit diesen Vorschlägen erklärten sich schließlich fast alle Anwesenden einverstanden. Ich bitte Dich, mit Dr. Kraus dafür zu sorgen, daß noch rechtzeitig vor Beratung des Wahlgesetzes die ÖVP von unserer Bereitschaft, eine Listenkopplung einzugehen, in Kenntnis gesetzt wird. Ich bin der Meinung, daß Dr. K. die nötige Erfahrung für derartige Verhandlungen noch mangelt, weshalb es wohl notwendig sein wird, daß Du zumindest dabei bist, falls Du nicht überhaupt dazu bevollmächtigt wirst, wie Dr. Kraus es zu wünschen scheint. Zu erwägen wäre noch, ob bei dieser Gelegenheit als Bedingung für eine Listenkopplung nicht auch die Verpflichtung zu einem fairen Wahlkampf gestellt werden soll, an welche Verpflichtung auch die ÖVP-Presse schon jetzt gebunden sein müßte. Stocker soll stark an Rheuma leiden, wie mir seine Frau telefonisch mitteilte. Ich halte eine baldige gründliche Aussprache zwischen uns für notwendig und bitte Dich deshalb um Mitteilung, wann und wo selbe stattfinden könnte. Stellung des ‚Verbandes der Unabhängigen‘ zur Monarchie, 3. März 1949 (Notiz, Sammlung Bitschnau) Im Proponentenkomitee sind folgende Personen als überzeugte Monarchisten anzusprechen: Dr. Karl v. Winckler, Leiter d. österr. Kontor Ges., wohnhaft in Schladming als Exponent der Widerstandsbewegung W-Astra. Dr. Lujo von Toncic, außenpolitischer Mitarbeiter der „B.u.I.“ in Salzburg, Mitglied des Instituts für Politik und Wirtschaftsforschung.22 Auf eine direkte Anfrage hin äußerte sich Dr. H. A. KRAUS bez. der Stellung seines Verbandes zur Frage der Monarchie wie folgt: Er erklärt dezidiert, Monarchist (Legitimist) zu sein und wird daher nicht dulden, daß in einem Organ des Verbandes der Unabhängigen oder im Verband selbst gegen den Legitimismus oder Kaiser Otto etwas gesagt oder geschrieben wird. Er ist ferner entschlossen, die österreichische Tradition und Überlieferung aus der Zeit der Habsburger auch publizistisch hochzuhalten und in dieser Tradition auch eine Kraftquelle für das heutige Österreich anzuerkennen. Im übrigen erklärt er und der Verband, daß die Frage der Restauration der Habsburger derzeit völlig uninteressant sei, so daß sich eine Stellungnahme dazu gegenwärtig erübrigt. Er kann natürlich offiziell nicht für die Einführung der Monarchie sein, sonst hat er nicht nur die Sozialisten und Kommunisten, sondern auch große Teile der Liberalen 22 Toncic hatte damals allerdings bereits Maleta und der ÖVP zugesagt, siehe oben, Anm. 5.

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und Nationalen gegen sich, die er jetzt gerade gewonnen hat oder gewinnen will. Er will jedoch in geschickter Form auch publizistisch und vom Verband aus fallweise zum Ausdruck bringen, daß die monarchische Staatsform schlechthin die beste sei. In der ersten Nummer des Organs der Unabhängigen „Die Neue Front“ vom 25. 2. 49 wird als Programmpunkt hervorgehoben: Punkt 4: Zeitgemäße Reform unserer Verfassung. Das Volksbegehren, das heute lediglich auf dem Papier steht, soll endlich Wirklichkeit werden. Ebenso soll die Volksbefragung ein ständiger Bestandteil unseres Verfassungslebens werden. Auch sonst soll die politische Willensbildung und Gesetzgebung immer mehr von der Diktatur der Parteibüros befreit und den Staatsbürgern ein unmittelbarer Einfluß gewährt werden. In diesem Punkt ist nach Ansicht Dr. KRAUS’ sowie der oben ange­führten Herren die Möglichkeit der Wiedereinführung der Monarchie in nuce gegeben. Dr. KRAUS ist auch bestrebt in die Organisation seines Verbandes Monarchisten einzubauen. Er würde es auch begrüßen, wenn seitens der Monarchisten bevoll­mächtige Vertreter mit ihm Verbindung aufnehmen würden, um schwebende Fragen durchzubesprechen und die eventuelle künftige Mitarbeit der Monarchisten beim Verband der Unabhängigen zu erörtern. Hans Steinacher an Herbert Kraus, 6. März 1949 […] Dann darf ich noch die parteipolitische Frage erörtern. Sie haben uns am 9. Feb. in Klagenfurt in Aussicht gestellt, daß Sie wegen der Herstellung eines gemeinsamen Proporzes um Verhandlungen mit der Bundesleitung der ÖVP bemühen wollten. Wir kamen dann dahin ab, daß Sie uns im Laufe des März in Klagenfurt über das Ergebnis Bescheid geben wollten. Es wäre mir lieb, wenn ich über den Zeitpunkt der möglichen Aussprache in diesem Sinn rechtzeitig Bescheid bekommen würde, denn diese Frage ist ohne Zweifel im Gesamtrahmen der schwebenden Erwägungen von grundlegender Bedeutung. Herbert Kraus an Hans Steinacher, 11. März 1949 Ich habe die damals abgesprochenen Verhandlungen mit der ÖVP-Bundesführung über die geplante Listenkoppelung noch nicht geführt, und zwar aus zwei Gründen. Erstens wollte ich das Existentwerden des Verbandes, welches sich jetzt durch einen unklaren formalen Einspruch des Innenministeriums verzögert hat, abwarten und mir von der Generalversammlung, die nun wahrscheinlich erst am 26. März stattfinden wird, die Delegation geben lassen, solche Verhandlungen mit der ÖVP zu führen.

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Zweitens halte ich es für taktisch ungünstig, wenn wir von uns aus an die ÖVP mit einem solchen Anerbieten herantreten, nicht nur weil die darin ein Zeichen der Schwäche sehen werden, sondern weil sie uns mit der Tatsache eines solchen Angebotes auch übel mitspielen könnten. Aus diesem Grunde möchte ich durch Mittelspersonen die Sache so arrangieren, dass mir von der Bundesführung der ÖVP aus dieser Gedanke vorgeschlagen wird. Ich habe diesbezügliche Schritte eingeleitet, sie sind aber noch nicht beendet. Wenn Sie nun der Meinung sind, dass Sie über Karisch und Gruber die Bundesführung der ÖVP zu einem solchen Angebot an uns veranlassen könnten, dann habe ich nichts dagegen, dass Sie auf diese Weise den Stein ins Rollen bringen. Ich bitte Sie, zu berücksichtigen, dass ich bei der Sammlung der Oppositionskräfte fast nichts so sehr zu fürchten habe als das derzeit im Umlauf befindliche Gerücht: Die Kraus-Partei ist ja nur eine Auffangorganisation für die ÖVP. Auf der anderen Seite haben wir es auch gar nicht nötig, bei den bestehenden Parteien bitten zu gehen. Denn unser organisierter Anhang ist schon jetzt nach den ersten Wochen unseres Auftretens so gross, dass wir uns mit einem ruhigen Selbstbewusstsein sagen können, ein Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung steht hinter uns und es kann uns daher kein Alliierter und keine österreichische Partei die Zulassung zur Wahlwerbung auf die Dauer verwehren. Nichtsdestoweniger sehe ich die grossen Vorteile einer Listenkoppelung ein. Nur bitte ich Verständnis dafür zu haben, dass wir bei aller Gemeinsamkeit im Kampfe gegen den Bolschewismus zunächst auch die Interessen unserer Machtposition berücksichtigen müssen. Ich werde Ihnen auf jeden Fall über jeden Schritt, der in dieser Sache von uns aus getan wird, sofort Mitteilung machen. Da die derzeitige Unentschiedenheit Ihres Kreises einen Zu­stand herbeiführte, der nicht mehr lange anhalten darf, wäre es doch am besten, wenn wir uns möglichst bald persönlich aussprechen würden. Ich bitte Sie, meine hier gegebenen Argumente in den nächsten Tagen mit Dr. Scheuch und womöglich auch den anderen Herren Ihres Kreises zu besprechen und dann mit Dr. Scheuch zu einer Aussprache nach Salzburg zu kommen. Nachdem ich die ganze nächste Woche vom 13. bis zum 20. d. M. verreist bin, würde ich vorschlagen, entweder kurz vor der Generalversammlung oder zur Generalversammlung selbst am 26. d. M. nach Salzburg zu kommen. Gedächtnisprotokoll der Besprechung mit Dr. H. Kraus vom 11. März 1949 in Salzburg Anwesend: Dr. H. A. Kraus, Dr. Pesendorfer, Herr Maas (od. s[o]. ä[hnlich].) Dr. Bitschnau. Dr. Kraus begrüßt Dr. Bitschnau und stellt die beiden anderen Herren vor. Dr. Bitschnau ersucht vor Eingehen in weitere Verhandlungen um Klärung folgender Fragen:

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1) Stellung des VdU zur Kirche. Dr. Kraus gibt folgende Antwort: Der Verband steht klar auf dem Boden der christlichen Weltanschauung. Das Programm Kardinal Innitzers bezw. d. politischen Haltung des Katholiken wird voll bejaht. Darüber hinaus fordert der VdU noch eine weiter gehende Verwirklichung des kath. Sozialprogramms. Bei den Unterredungen Dr. Kraus’ mit Erzbischof Rohracher ließ sich letzterer über die Ziele des VdU auf kulturpolitischem Gebiet aufklären. Dr. Kraus machte insbesondere hinsichtlich der Schulfrage bindende Zusicherungen. Erzbischof Rohracher steht nunmehr dem VdU positiv gegenüber, ebenso wie Kardinal Innitzer. E. Rohracher befürchtete ursprünglich durch die Gründung des Verbands eine Schwächung der Rechten. Dr. Kraus vertrat dagegen die Ansicht, daß die Rechte, d.h. die ÖVP, bei den kommenden Wahlen auf keinen Fall mehr die Mehrheit erhalten wird. Aus dieser Erwägung heraus habe er, Kraus, den Verband gegründet, um alle rechtsstehenden Elemente zu erfassen u. somit eine marxistische Mehrheit zu vereiteln. Wenn der Verband auch christlich-kath. Prinzipien vertritt, so kann er aus Gründen der Werbung sich doch nicht als eine katholische Bewegung offiziell bezeichnen, da in seinem Rahmen auch protestantische und liberal-freigeistige Menschen Platz haben sollen. Auch die NS lehnen den Kulturkampf heute ab. 2) Welche Garantien bestehen dafür, daß nicht Leute mit großdeutsch­-zen­tra­listischen Tendenzen, zu denen auch die NS gehören, eine vorherrschende Rolle im Verband spielen werden? Die Statuten des VdU sowie die führenden Männer bilden dafür eine Gewähr, daß oben bezeichnete Tendenzen nicht vorherrschen werden noch Eingang finden werden. Der Verband verfolgt eine Großraumpolitik, das ist zuzugeben. Unser Großraum wird aber vom Donauraum gebildet. Hier liegt die eigentliche Sendung Österreichs. Heute mehr denn je hat Österreich den Donauländern etwas zu bieten. Daher sind unsere außenpolitischen und kulturellen Ziele auf die Gewinnung der Donauvölker, d.h. der alten Monarchie, gerichtet. Sollten diese Ziele in absehbarer Zeit aus höheren außenpolitischen Gründen nicht zu verwirklichen sein, dann müssen wir in der neu entstehenden westeuropäischen Union unser Ziel sehen. Zu dieser zählen wir allerdings auch Deutschland. Unsere Zusammenarbeit mit Deutschland kann also nur im höheren Rahmen der europäischen Union erfolgen. Eine Anschlußpolitik im alten Sinne wird nie mehr gemacht werden. Wir sind im Gegenteil der Überzeugung, daß wir Österreicher für Deutschland noch eine Sendung haben. Wir müssen den Deutschen helfen, den Kontakt mit der Welt wiederzugewinnen. Durch unsere alte Kultur, die wir den Deutschen mehr als je vermitteln wollen, können wir dazu wesentlich beitragen. Wir werden auch dafür eintreten, daß die Deutschen wieder als gleichberechtigte Europäer angesehen werden. Während es aber in der NS-Zeit hieß: Zuerst Deutscher, dann Österreicher, so stehen wir auf dem umgekehrten Standpunkt: zuerst Österreicher, dann etwas anderes. In unserem Verband hat nur derjenige Platz, der sich

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bedingungslos auf den österreichischen Standpunkt stellt. Dies gilt für jeden, gleich welcher ideologischer Herkunft. Daher kann auch ein ehemaliger NS zu uns stoßen, sofern er nur heute wirklich ein Österreicher sein will. Bei unseren Besprechungen mit NS-Kreisen und besonders mit dem alten Nationalen Langoth (o.s.ä.) in Goisern hat sich gezeigt, daß die Mehrzahl der ehemaligen NS, abgesehen von einigen Unbelehrbaren, heute von einem Großdeutschland nichts mehr wissen will. Daher wollen wir über die vergangenen Fehler der kleinen NS hinwegsehen und ihren Willen zur Mitarbeit an Österreich aktivieren. Bei uns gilt das Prinzip der Anständigkeit. Wer sich auch in der NS-Zeit als anständiger Mensch, obschon NS, bewährt hat, kann jetzt auch zu uns kommen. Wir Österreicher sind alle in irgendeinem Winkel unseres Herzens Monarchisten und großdeutsch, im Sinne des Alten Reiches. Vor dem Ersten Weltkrieg standen diese beiden Einstellungen in harmonischem Zusammenhang. Später hat der Österreicher seine Dynastie, mit der er sich mehr als mit der Nation verbunden fühlte, verloren und damit auch seinen ersten Grundpfeiler. Daher konnte der zweite, nämlich der großdeutsche, zum tragenden werden. Die Folgen sind uns nur zu bekannt. Unser Bestreben geht daher dahin, wieder eine engere Bindung zur Heimat zu schaffen und den Großraumgedanken in einer für Österreich geeigneten Weise zu verwirklichen. Die folgende Frage wurde unter vier Augen besprochen: 3) Stellung des VdU zur Frage der Monarchie. Dr. Kraus wiederholte nochmals, daß er persönlich überzeugter Monarchist und Legitimist sei. Er wird nicht dulden, daß in einem Organ des Verbandes oder vom Verband selbst gegen den Legitimismus oder gegen Kaiser Otto etwas gesagt oder geschrieben wird. Er ist ferner entschlossen, die österr. Tradition und Überlieferung aus der Zeit der Habsburger auch publizistisch hochzuhalten und in dieser Tradition auch eine Kraftquelle für das heutige Österreich anzuerkennen. Im übrigen erklären er und der Verband, daß die Frage der Restauration der Habsburger derzeit völlig uninteressant sei, so daß sich eine Stellungnahme gegenwärtig erübrigt. Er kann natürlich offiziell nicht für die Errichtung der Monarchie sein, sonst hat er nicht nur die SPÖ und KP, sondern auch große Teile der Liberalen und Nationalen gegen sich, die er jetzt gerade gewonnen hat oder gewinnen will. Er will jedoch in geschickter Form auch publizistisch und vom Verband aus fallweise zum Ausdruck bringen, daß die monar­chische Staatsform schlechthin die beste sei. Er erklärt, mit Herrn von Lovrek in ständigem Kontakt zu stehen und im Mai d. J. nach Paris zu S. M. fahren zu wollen, um diesen über seine Ziele genau zu informieren. Als einen wesentlichen Beitrag für die monarchistische Idee betrachtet er die Forderung nach Einführung der Volksbefragung und des Volksbegehrens in die Verfassung. Im weiteren Verlauf der Unterredung wurden technische Fragen der Landesgeschäftsstelle Tirol erörtert.

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Bez. der Gehaltsansprüche Dr. Bitschnaus wurde mit Dr. Pesendorfer eine Vorvereinbarung getroffen: Relativ niedriger Gehalt (wegen der Steuer), dafür erhöhte Aufwandsentschädigungen. Ersatz aller Spesen. Gesonderte Honorierung von Artikeln für „Die Neue Front“. Abnützungsbetrag für den Privatwagen Dr. Bitschnaus, der dem VdU zur Verfügung gestellt wird. Eine nähere Fixierung erfolgt schriftlich in einem Vertrag. Herbert Kraus an Baron Alfons Stillfried, 29. März 1949 Es tut mir leid, dass wir unsere so gut angelaufenen Salzburger Besprechungen nicht zu Ende führen konnten. Es sind nämlich noch grundsätzliche Fragen zu klären, bevor wir das beiderseits gewünschte Zusammenarbeitsverhältnis endgültig festlegen können. Wir entnehmen der Tagespresse immer wieder, dass vom „Kongress der Parteilosen“ Initiativen ausgehen, welche als gegen die Bestrebungen unseres Verbandes gerichtet ausgelegt werden könnten. Ich weiss auch nicht, inwieweit die geheimnisvollen Andeutungen Canavals [über] neue Aktionen zur Schaffung neuer politischer Faktoren auf der Ebene einer parteilosen Volksvertretung, im Zusammenhang mit Ihrem Kongress stehen. Es wird vielfach davon gesprochen, dass diese Aktion den Zweck haben sollte, uns den Wind aus den Segeln zu nehmen und unser konsequentes Vorgehen, dass der ÖVP sehr unangenehm ist, durch eine mildere und der ÖVP leichter erträgliche Konstruktion zu ersetzen. Obwohl wir angesichts unseres ausserordentlich grossen Anhanges keine diesbezüglichen Sorgen haben, müssten alle diese Fragen wenigstens deshalb geklärt werden, weil davon die Festlegung unseres gegenseitigen Verhältnisses abhängt. Ich habe diese Frage auf unserer vorgestrigen konstituierenden Generalversammlung, auf welcher nur ein kleiner provisorischer Rumpfvorstand gebildet wurde (während der eigentliche endgültige Vorstand erst zu einem späteren Zeitpunkt gewählt werden soll), zur Sprache gebracht und wurde dabei beauftragt, vor der besprochenen gegenseitigen Delegierung von Vorstandsmitgliedern diese Frage mit Ihnen zu klären. Ich wäre Ihnen daher ausserordentlich dankbar, wenn Sie mir entweder schriftlich oder durch eine neuerliche mündliche Aussprache eine ausreichende Aufklärung über die von Ihrem Kongress verfolgte politische Linie geben würden. Ich bin überzeugt, dass die so verheissungsvoll eingeleitete Zusammenarbeit aufrechterhalten werden kann und unser Zusammengehen einen sicherlich sehr wertvollen Beitrag zur weiteren Demokratisierung unseres öffentlichen Lebens leisten wird. Baron Alfons Stillfried an Herbert Kraus, 2. April 1949 In Beantwortung Ihres Schreibens vom 29. v. M. möchte ich zunächst betonen, dass ich es ebenfalls ausserordentlich bedauere, dass unsere Besprechungen schliesslich nega-

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tiv verlaufen sind. Ich bitte jedoch, sich dessen zu erinnern, dass ich schon gelegentlich der ersten Unterredung keinen Zweifel darüber gelassen habe, dass eine Zusammenarbeit nur auf der Linie „parteilos“ erfolgen könne und dass Sie mir damals vorbehaltlos zugestimmt haben. Da Sie jedoch den Verband der Unabhängigen eindeutig als Partei aufzogen, mussten sich unsere Wege trennen und ich denke, dass Sie zur Zeit, da Sie die Einladung zur konstituierenden Generalversammlung an mich unterliessen, über diese Trennung nicht im Zweifel sein konnten. Bei aller Freundschaft und trotz der Gemeinsamkeit unseres Endzieles lässt es sich nicht verhindern, dass die Initiativen, welche vom Congress ausgehen, als gegen die Bestrebungen des Verbandes gerichtet ausgelegt werden können und es teilweise bis zu einem gewissen Grad auch tatsächlich sind. […] Ob Ihr Weg oder der meine der richtige ist und wie immer die Dinge angesehen werden mögen, bleibt das bedauerliche Faktum einer Spaltung bestehen. Mein Vertreter in Linz hat mir vor kurzem mitgeteilt, dass eine Linzer Industriellengruppe – von dieser Spaltung ebenfalls peinlich beeindruckt – Sie und mich zu einer gemeinsamen Besprechung nach Linz einzuladen die Absicht hat. In der Hoffnung, dass diese zu einem positiven Resultat führen möge, verbleibe ich mit herzlichen Grüssen

Teil I  : Protokolle a) Sitzungsprotokolle  : Generalversammlung, Vorstand, Bundesverbandsleitung Bei den Protokollen der leitenden Gremien des VdU handelt es sich um keine vollständige oder fortlaufende Reihe, sondern um Zufälle der Überlieferung. Das Gros der vorhandenen Protokolle stammt aus dem VdU-Archiv, das auf dem Umweg über den Nachlass Zeillinger der Nachwelt erhalten geblieben ist, ergänzt von Einzelstücken aus dem Nachlass Hartleb (Graz) und der Sammlung Bitschnau (Tiroler Landesmuseum, Innsbruck). Aufgenommen wurden in Einzelfällen auch Sitzungen des Programm-Ausschusses oder des Salzburger Landesvorstandes. Die Reihe wird ab 1952 fortgesetzt durch die stenografischen Notizen, die Gustav Zeillinger selbst von diversen Sitzungen anfertigte. Beide Quellengattungen ergeben einen reizvollen Kontrast  : Die Protokolle mit ihrer formalen Gestaltung, die insbesondere Beschlüsse festhalten sollten. einerseits, die Stichworte Zeillingers andererseits, die einzelne Zitate und Sottisen herausgreifen und mit eigenen Stellungnahmen vermengen. Nur eine Sitzung (vom 26. März 1952) ist in beiden Versionen überliefert  : Ein Vergleich liefert einen guten Einblick in die Schwächen und Stärken beider Überlieferungen, in das, was dem offiziellen Schriftführer oder dem politisch engagierten Teilnehmer erwähnenswert erschien oder nicht. Die Protokolle liefern einen Einblick in die Kontroversen und in die »Streitkultur« des VdU. Leider lassen sich nicht alle Anspielungen in den Aufzeichnungen Zeillingers auflösen. Eigene Skandale und Skandälchen wurden in den eigenen Blättern nicht an die große Glocke gehängt. Hier ließe die Durchsicht der gegnerischen Lokalpresse allenfalls noch den einen oder anderen Aufschluss erwarten. Über das hinaus, was dem Herausgeber bei seiner Arbeit an einer Geschichte des VdU von Belang erschien, wird vermutlich jeder Leser andere Anknüpfungspunkte für interessant halten.23 Allgemein gilt  : Der VdU besaß eine nur sehr lockere Struktur, die Organisation ließ in großen Teilen des Bundesgebietes lange Zeit zu wünschen übrig. Umso mehr zieht sich durch fast alle Protokolle als roter Faden das Bestreben Kraus’ und der Bundesleitung, die sehr heterogenen Strömungen, die sich unter dem Dach der vierten Partei 1949 zusammengefunden hatten, zu disziplinieren und Ausritte einzelner Funktionäre oder Landesgruppen zu unterbinden. Regierungs23 Diese Protokolle standen dem Herausgeber bei seiner Arbeit an der vierten Partei schon zur Verfügung.

Teil I  : Protokolle

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parteien steht zu diesem Behufe ein ganz anderes Instrumentarium zur Verfügung  ; bei Oppositionsparteien, die kaum auf wirksame Sanktionsmechanismen zurückgreifen können, gleicht der Versuch vielfach einer Sisyphus-Arbeit. Der Krise um den charismatischen Generalsekretär Gordon Gollob 1950 folgte der Streit um die Wahlempfehlung Kraus’ für Gleissner bei der Präsidentenwahl 1951, dann die Querelen um den Zusammenschluss mit der Aktion 1952 und die Abspaltung Stübers und seiner FSÖ 1953. Es muß freilich auch betont werden. So sehr das Muster  : Bund gegen rebellische Landesgruppen, gleich bleibt, so sehr handelt es sich bei den Frontstellungen, die sich dabei im Laufe der Zeit ergaben, um Konstellationen, die einander geradezu kaleidoskopartig ablösten. Um es an einem prominenten Beispiel zu illustrieren  : Hartleb galt 1949 als der Gegenpol der Bundesführung  ; doch 1950 waren es seine Landbündler, die Kraus in der Gollob-Krise das politische Überleben ermöglichten  ; 1951 wurde Hartleb dann von den KrausKritikern auf den Schild gehoben und löste Kraus in einer Kampfabstimmung Ende 1952 sogar als Klubobmann ab  ; doch 1954/55 zählte er gegen die rebellischen Steirer wiederum zu den Stützen der Bundesführung. Der »nationale Barde« Fritz Stüber, der sich 1953 mit der Freiheitlichen Sammlung Österreichs (FSÖ) vom VdU abspaltete, votierte 1950 ebenfalls noch für Kraus. Gustav Zeillinger hingegen, 1950 einer der schärfsten Oppositionellen, riet 1954/55 durchgehend zur Mäßigung. Ein zweiter roter Faden, der ab 1951 in den Protokollen seinen Niederschlag findet, waren die Einigungsverhandlungen mit der Aktion für politische Erneuerung, die aus der Jungen Front hervorging und sich nach der Bundespräsidentenwahl 1951 von der ÖVP losgesagt hatte. Doch der Erfolg Burghard Breitners im 1. Wahlgang entwickelte sich für den VdU nahezu zum Bumerang. Die ÖVP nahm im Zuge des Raab-Kamitz-Kurses 1952 eine Kurskorrektur in Angriff, die der Oppositon den Wind aus den Segeln nahm. Die Aktion hingegen geriet vielfach zu Recht in den Ruf von Generälen ohne Armee. Kraus wollte die Fusion aus Gründen der Profilerweiterung, des Image und wohl auch der Kontakte zu Industrie und Finanz durchziehen, stieß dabei aber gerade bei seinen bisherigen Anhängern auf Widerstand. Ein oberösterreichischer Delegierter äußerte den Verdacht, der Aktion sei die ÖVP bloß zu wenig schwarz oder gar schwarz-gelb. Die vorgezogenen Wahlen im Winter 1952/53 überraschte die beiden Partner kurz vor dem Eheversprechen auf dem falschen Fuß  ; das enttäuschende Ergebnis der Wahlen versetzte der geplanten Fusion den Todesstoß. Zwar waren zwei Aktions-Abgeordnete (Gredler und Herzele) unter den nur mehr 14 Mitgliedern des WdU-Klubs,24 die Aktion reihte sich in Hinkunft jedoch in der Regel unter die Kritiker der Verbandsführung ein, die einer Neuformation der Dritten Kraft den Vorzug gaben. 24 Die WdU versäumte in Kärnten um 142 Stimmen ein zweites Grundmandat, im Wahlkreisverband West um rd. 900 Stimmen ein zweites Restmandat  ; vgl. NF, 21. 3. 1953.

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Teil I  : Protokolle

Ein dritter roter Faden bezieht sich auf die regionalen Muster der internen Konflikte  : Der VdU war eine Salzburger Gründung  ; sein anfangs bestes ­Ergebnis erzielte er in Vorarlberg  ; Kraus errang sein Grundmandat in Oberösterreich (Hausruckviertel)  ; 1953/54 übersiedelte die Bundesführung endgültig nach Wien. Auch wenn der Salzburger Landesverband, mehr noch die Gemeinderatsfraktion, zum Bund bald auf Distanz ging, die zentrale geografische Achse des VdU war die »Westbahnschiene«. Zentrum der internen Konflikte hingegen war die Steiermark  : Man könnte hier lange über die Rivalität von Graz und Salzburg als »heimliche Hauptstädte« Österreichs in der Besatzungszeit spekulieren  ; innerhalb des VdU kamen dazu noch die Ressentiments der Steirer, die ursprünglich ja die Gründung der vierten Partei selbst hatten in die Hand nehmen und nicht im Schlepptau von Herbert Kraus segeln wollten  ; vor allem aber machte sich der inhomogene Charakter der steirischen Landespartei geltend. Ein disproportionaler Anteil der Widersacher Kraus’ kam aus der Steiermark  : Hartleb, Gollob, Elsnitz, Schweiger, dazu noch seine beiden enttäuschten Wunschpartner v. Winckler und Strachwitz – aber sie waren einander fast alle ebenfalls spinnefeind. Konstituierende Generalversammlung des VdU am 26. März 49 (Sammlung Bitschnau Nr. 1263) Vor Beginn der allgemeinen Versammlung bespricht Dr. Kraus mit den ganz verlässlich rechts stehenden Leuten die Lage. Er macht darauf aufmerksam, dass es heute gelte, allenfalls vordringenden radikalen Elementen entscheidenden Widerstand entgegenzusetzen und die Führung in der von uns gewünschten Bahn zu halten. Die eigentliche konstituierende Generalversammlung ist inzwischen auf nachmittags 14 Uhr verlegt worden. Vormittags findet eine zwanglose Aussprache zur Klärung der verschiedenen Standpunkte statt. Dr. Kraus gibt einen Überblick über die Gesamtsituation des VdU: Der Absatz der „Neuen Front“ ist sehr zufriedenstellend. Bereits mit der 3. Nummer wurde die Rentabilitätsgrenze erreicht. In Vorarlberg wurden weit über 10.000 Interessenten erfasst. In Salzburg sind nach Meldung von Vertrauensleuten 40 % der Bevölkerung Anhänger des VdU. Nach Ablauf der vierwöchigen Einspruchsfrist der Sicherheitsdirektion Salzburg ist der Verein existent geworden. Zur rechtlichen Genehmigung bedarf es aber noch der Nahmbarmachung des Vereinsvorstandes, da nach § 17 Absatz 2 des NS-Gesetzes belastete Personen nicht Mitglieder eines Vereinsvorstandes sein können (§ 18, Absatz m). Erst nach Überprüfung der Vorstandsmitglieder in dieser Hinsicht wird die endgültige Genehmigung erteilt werden. Bezüglich der Zulassung zur Wahlwerbung muss der Grundsatz gelten: keine unnotwendige Nervosität.

Sitzungsprotokolle  : Generalversammlung, Vorstand, Bundesverbandsleitung

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Für die Wahlwerbung haben wir folgende Möglichkeiten: a) der Nationalrat gibt die konzipierte Wahlgesetzgebung heraus. Darnach müssen von jeder Wahlwerbungsgruppe 100 Unterschriften gesammelt werden, damit die Zulassung ausgesprochen werden kann. Die SPÖ unterstützt diesen Antrag. b) Der alliierte Rat erklärt die Aufhebung der Verordnung vom 11. IX. 45 über die Zulassung der demokratischen Parteien durch das 2. Kontrollabkommen vom Juni 1946. Er behält sich aber das Recht des Einspruches wegen neonazistischer Betätigung vor. Dieser Einspruch müsste dann aber einstimmig erfolgen. Ein Alliierter, und zwar die Engländer, haben bereits erklärt, dass sie für die Zulassung des VdU eintreten werden. Aus dem ZK der KPÖ verlautet, dass die Russen für ihre Zustimmung die Zulassung Scharfs als Wahlwerber verlangen werden.25 c) Sollte der Alliierte Rat die Wahlwerbung des VdU ablehnen, so müssen wir die Weltöffentlichkeit für uns mobilisieren, uns an den Verfassungsgerichtshof wenden. Eventuell können wir auch die Parole ausgeben, unter dem Mantel einer anderen Splitterpartei zu wählen oder überhaupt die Zusammenarbeit einer anderen uns nahestehenden Partei propagieren. Unser Verhältnis zu den bestehenden Parteien: Die ÖVP wird von uns so scharf angegriffen, weil sie unser erbittertster Gegner ist und vor keinem Mittel zurückscheut, unsere Existenz zu verhindern. Der VdU dringt nicht nur in bürgerliche, sondern auch in Arbeiterkreise ein. Die SPÖ verhält sich gegenüber dem VdU bisher korrekt. Soeben habe er, Dr. Kraus, die Nachricht erhalten, dass der Präsident des Gewerkschaftsbundes, Nationalrat Böhm, beabsichtigt, den VdU als Plattform der unabhängigen Betriebsräte anzuerkennen. Dadurch würde der VdU schon jetzt entscheidende Positionen im ÖGB erhalten. Die SPÖ setzt sich für die Zulassung zur Wahlwerbung des VdU ein. Vizekanzler Schärf hat deswegen in London vorgesprochen. Lord Henderson, Minister für deutsche und österreichische Angelegenheiten, hat das britische Element angewiesen, die Wahlwerbung zuzulassen.26 Die Einheit des Gewerkschaftsbundes soll nicht gefährdet werden zur Ausschaltung der Gefahr eines Generalstreikes. Nach Nachrichten aus Linz wird die Zahl der unabhängigen Betriebsräte noch mehr zunehmen. […] Staatssekretär Graf erklärte bei einer Sitzung der Landesparteisekretäre: Kampf gegen SP und KP bis aufs Messer, Kampf gegen 4. Partei bis zur Liquidierung, absoluten Vernichtung. Bei Verhandlung zwischen dem Kreis Dr. Stein[ach]er (sic!) und Dr. Scheuch einerseits und der ÖVP andererseits wurde der Vorschlag einer Listenkoppelung mit der ÖVP gemacht. Unser Entschluss war, dieserthalben nicht von uns aus an die ÖVP 25 Der ehemalige Zentralsekretär (1945–48) der SPÖ, Erwin Scharf, gründete eine Partei der Linkssozalisten und trat 1949 dann zusammen mit der KPÖ als Linksblock zur Wahl an. 26 Vgl. dazu Thomas Albrich, Die Linken für die Rechten  : Labour Party, SPÖ und die »vierte« Partei. 1948/49. In  : Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte 19 (1990) 383–410.

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Teil I  : Protokolle

heranzutreten. Nur in Privatgesprächen wurde diese Frage mit der ÖVP erörtert. Wenn die ÖVP ja gesagt hätte, so hätte Kraus nur bedingt zugestimmt, nämlich gegen die Zusicherung der Erfüllung von Mindestforderungen. Insbesondere sollten unfaire Methoden im Wahlkampf vermieden werden. Die ÖVP lehnte ab. Kraus tritt für die Unabhängigkeit des Verbandes ein. Ein bestimmter Beschluss in dieser Richtung müsste aber sowieso von der Generalversammlung gefasst werden. Wir sind wirklich eine unabhängige Gruppe. Wir haben noch keine detaillierten Programmpunkte aufgestellt. Zum Beispiel auch nicht für die unabhängigen Betriebsräte. Alles, was die unabhängigen Betriebsräte beschliessen, wird die Gewerkschaftssektion des VdU vertreten. Weiters treten wir für eine weitgehende Föderalisierung des Staates ein. Auch in der Organisation wollen wir weitmöglich selbständig sein, nur gemeinsame Richtlinien festlegen. In unserer personellen Politik dürfen wir keine vorzeitigen Beschlüsse fassen. Nur die besten Leute können ausgewählt werden. Wir müssen hier die Entscheidung aus sich reifen lassen. Praktisch sieht das so aus, dass wir einem Mann eine bestimmte Arbeit zuweisen und dann sehen, wie er sie meistert. Finanzielle Lage: Hier bestehen ziemliche Schwierigkeiten. Das Geld für die „Neue Front“ wird von einem kleinen Kreis kleinerer Unternehmer aufgebracht. Wir haben allerdings die Aussicht, von einem einzigen Mann [Anm. Kosteltschnig] Geld für eine Tageszeitung zu bekommen. Diese Tageszeitung würde mit mutierten Titeln für die einzelnen Bundesländer erscheinen.27 Auch das Erscheinen von Fachblättern ist gesichert. Spendenaktion: Die Spendenscheine wurden an Funktionäre und eigene Werbeorganisation ausgegeben. Diskussion Dr. Bitschnau28 (Tirol) wirft die Frage der Zweckmässigeit von Zweigvereinen oder Geschäftsstellen auf. Nach Mittelung der Sicherheitsdirektion Tirol hat die Geschäftsstelle keinerlei Eigenbefugnisse. Sie dient nur der Weiterleitung. Praktisch heisst das, dass z.B. jede Versammlung in Tirol von Salzburg aus angemeldet werden müsste. Der 27 Als Tageszeitung des VdU erschien ab 1. Dezember 1949 die ›Österreichische Allgemeine Zeitung‹, musste aber schon am 20. April 1950 wieder eingestellt werden. Weil die Zeitung nicht in Parteibesitz war, sondern im Eigentum des Gründerduos, soll Hartleb die Auslieferung in der Steiermark verhindert haben (vgl. Scrinzi, Politiker und Arzt 202). Ein Teil der Mannschaft wechselte zum ›Salzburger Volksblatt‹, das ab Juni 1950 im Kiesel-Verlag wieder herausgegeben wurde. 28 Wolfram Bitschnau war dem VdU im Einverständnis mit Otto v. Habsburg als Vertreter der Monarchisten beigetreten, wie er dem Herausgeber in einem Gespräch im März 1999 mitteilte, schied aber bereits im Juli wieder aus.

Sitzungsprotokolle  : Generalversammlung, Vorstand, Bundesverbandsleitung

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Zweigverein ist dagegen viel selbständiger und kann im Rahmen des […] viel rascher und zweckmässiger arbeiten. Er stellt daher den Antrag auf Bildung von Zweigvereinen in den Bundesländern je nach den gegebenen Bedürfnissen. Dieser Antrag wird mehrheitlich angenommen. Weiters verweist Dr. Bitschnau auf die Schwierigkeiten, die bei der Spendenaktion entstehen können. Für Sammlungen bedarf es einer Bewilligung bzw. eines Beschlusses der Landesregierung, die von politischen Gegnern natürlich lange hinausgezögert werden kann. Es wird von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam gemacht, daß bei der Aufnahme von Mitgliedern, Mitarbeitern und überhaupt bei jeder Tätigkeit äußerste Vorsicht am Platz ist, um den Gegnern keinen Vorwand zum Einschreiten wegen neonazistischer Tätigkeit zu geben. Es werden Fälle zitiert, wo sich Belastete im Auftrag der ÖVP zur Mitarbeit angeboten haben. Weiters wird der Beschluß gefasst, das in Kärnten und Steiermark kursierende Flugblatt eines gewissen Dr. Waldhäusl öffentlich und auch in der NF zu desavouieren. Dr. Scheuch (Kärnten) stellt den Antrag auf genaueste Überprüfung aller sich anbietenden Mitarbeiter durch Umfrage bei Vertrauensleuten und bei den Behörden. Dieser Antrag wird angenommen. Dr. Scheuch (Kärnten) macht dann darauf aufmerksam, dass bei der Abfassung der Statuten ein Redaktionsfehler unterlaufen sein muß. In den vorgelegten Statuten heißt es nämlich, daß der Vereinsvorstand aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und 19 Mitgliedern besteht. Durch diese Zahl ist der VdU unnötig festgelegt. Es hätte genügt: „… und aus 7–20 Mitgliedern“. Es sei nämlich nicht demokratisch, wenn heute der Vorstand einfach durch die Anwesenden bestimmt werde, ohne dass die Länder einen genügenden Einfluß auf die Benennung ihrer Vertreter nehmen konnten. Es erhebt sich sodann eine mehr als einstündige Debatte über die beabsichtigte Änderung dieses Paragraphen. Die Einreichung der Änderung würde bedeuten, dass der Verband durch weitere 4 Wochen am Funktionieren gehindert werden könnte. Ander(er)seits wird das Undemokratische einer einfachen Wahl der Anwesenden zu Vorstandsmitgliedern zugegeben. Zu diesem Punkt werden vielfache Vorschläge gemacht. Zweck der meisten ist, die möglichst schnelle Erlangung der Genehmigung nicht zu verzögern. Dr. Freyborn (Salzburg) formuliert endlich folgende Endvorschläge: a) Es wird unter gleichzeitiger Einreichung der geänderten Statuten ein Vereinsvorstand von 8 Mitgliedern der Si[cherheits-]Di[rekti]on präsentiert. Dieser Vorschlag bleibt endgültig, wenn die SiDion die beabsichtigte Änderung auf kurzem Wege bewilligt. b) Sollte die Bewilligung nicht schnell erreichbar sein, so wird die vollständige Liste von 21 Vorstandsmitgliedern präsentiert. Die Zahl der Vorstandsmitglieder wird beantragt abzuändern auf 7–31. Einer in Bälde abzuhaltenden GV bleibt es vorbehalten, die Vorstandsmitglieder von unten herauf zu wählen.

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Teil I  : Protokolle

Der Vorstand soll sich zusammensetzen aus: Vertretern der Bundesländer, Vertretern der Stände und Vertretern der politischen Richtungen. Nachmittags 14.30 Uhr wird die Konstituierende G.V. durch Dr. Kraus eröffnet, der die Erschienenen begrüßt. Die Tagesordnung umfasst: Tätigkeitsbericht Genehmigung der Statuten Wahl des Vorstandes Rechenschaftsbericht, Festsetzung d. Höhe d. Mitgliedsbeitrages. Allfälliges. Dr. Kraus bringt den Tätigkeitsbericht vor (siehe oben), einstimmig angen[ommen]. Die Statuten werden verlesen. Dr. Freyborn (Salzburg) bringt zu § 8 folgenden Änderungsantrag ein: … besteht aus dem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern und 3–26 Mitgl. Dieser Vorschlag wird abgeändert auf: „aus dem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern, mit insgesamt 7–31 Mitgliedern. Kosteltschnig (O.Ö.): … der Vorstand setzt sich zusammen aus mindestens 7, höchstens 30 Mitgliedern und setzt sich zusammen aus dem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern und den übrigen Vorstandsmitgliedern. Dieser Vorschlag wird zur Abstimmung gebracht und einstimmig angenommen. Im § 11/1 wird abgeändert: „… seinen Stellvertretern …“ Auch dieser Änderungsvorschlag wird einstimmig angenommen. Es wird sodann zur Wahl des Vorstandes geschritten. Die Liste A (8 Mitglieder) wird der SiDion präsentiert, wenn die beabsichtigte Statutenänderung sofort durchgeht. Für den Fall, dass die Statutenänderung nicht sofort die schriftliche Genehmigung der Sicherheitsbehörden zur Folge hat, also dass für diese Änderung neuerlich eine Frist abgewartet werden müsste, wird außer den im ersten Wahlgang bestimmten Vorsitzenden, Stellvertretern und Vorstandsmitgliedern noch folgende Personen gewählt: … Die Wahl der ferner nach Statutenänderung noch weiter zu wählenden Vorstandsmitglieder erfolgt erst nach Organisation des Verbandes in den Ländern und nachdem die Namhaftmachung geeigneter Personen in den Ländern sichergestellt ist. Eine später abzuhaltende G.V. hat die heute vorgenommene Wahl zu bestätigen bzw. stellen die gegenwärtigen Vorstandsmitglieder ihr Mandat zur Verfügung. Dieser Vorschlag wird einstimmig angenommen.

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Dr. Reimann schlägt zum Vorsitzenden Dr. Kraus vor. Dr. Kraus wird durch Zuruf einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Sonach wird die Frage nach der Anzahl der zu wählenden Vorsitzendenstellvertreter aufgeworfen. Neuwirth (Salzburg) schlägt vor, aus Zweckmäßigkeitsgründen nur 2 V[orsitzenden]-Stellv[ertreter] zu wählen. Dr. Reimann stellt den Antrag auf vier Vors. Stellv. Mit Stimmenmehrheit werden 2 Vors.Stellv.-Sitze bestimmt. Es soll jedoch keine Reihung der einzelnen Stellvertreter erfolgen. Es wird sodann Vizekanzler a. D. Hartleb vorgeschlagen. Dieser verlässt den Raum. Dr. Winckler (Graz) macht schwerste politische Bedenken gegen eine Erwählung Hartlebs geltend. Äusserste pol. Vorsicht sei geboten. Man dürfe keinerlei Handhabe bez. Neonazismus bieten.29 Daher sollte Hartleb nicht als Vors.Stellv. gewählt werden. Dr. Kraus teilt mit, dass die Vertreter Kärntens und der Steiermark es zur Bedingung der Mitarbeit des Landbundes gemacht haben, dass Hartleb zu einem der Vors.Stellv. gewählt wird. Er schlägt daher vor, dass Hartleb durch andere Personen ein genügendes Übergewicht entgegengesetzt wird. Es stellt sich die Frage, ob Hartleb für die anderen pol. Gruppen tragbar ist. Die Oberösterreicher vertreten den Standpunkt, dass man überhaupt keine alten Männer nehmen solle, sondern junge. Kosteltschnig (O.Ö.) spricht sich auch gegen Hartleb aus, dieser solle nur einfaches Vorstandsmitglied werden. Die Frage des stellv. Vorsitzenden könne man dadurch entgehen, daß man nur einen geschäftsführenden Vors. bestelle. Reimann erläutert nun seinen Vorschlag von früher, daß man vier Vors.Stellv. wählen solle. Es sei klar, daß unter diesen Hartleb sei. Um aber auf alle Fälle den Vorwurf des Neonazismus zu entkräften, müsse man dem einen Nationalen drei Nichtnationale gegenüberstellen. Er beantragt daher Abstimmung über die Aufhebung des vorhergehenden Beschlusses, nur 2 Vors.Stellv. zu wählen. Die Abstimmung ergibt 10 Stimmen für die Abänderung auf 4 Vors.Stellv., 6 Enthaltungen und 2 Gegenstimmen. Es sind somit doch vier Vorsitzendenstellvertreter zu wählen. Dr. Winckler (Graz) beantragt vier Vors.Stellv. zu wählen, unter diesen Hartleb. Dr. Pesendorfer30 (Salzburg) schlägt weiters vor: Dr. Winckler, Karoly und Dr. Reimann.

29 Hartleb bot in dieser Beziehung vermutlich weniger Angriffsfläche als so mancher andere, war aber nach 1945 im Lager Wolfsberg inhaftiert gewesen. Die von ihm wesentlich mitgetragene Verfassungstreue Vereinigung war 1948 verboten worden. Im Hintergrund spielte vermutlich auch eine Rolle, dass Winckler den Monarchisten nahestand, Hartleb aber vehement den republikanischen Standpunkt verteidigte. 30 Franz Pesendorfer war als Leiter der Pressestelle der erste Parteiangestellte des VdU. Er schied 1950 zusammen mit Generalsekretär Gollob aus und trat später als Autor historischer Sachbücher hervor.

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Teil I  : Protokolle

Die drei Herren verlassen den Raum. Karoly ist Schlosser bei der VÖESt, sehr tüchtig, unabhängiger BR, unbelastet. Dr. Winckler stammt aus national-kath. Kreisen, vertrat stets eine Verständigung mit Deutschland, kennt viele Leute in Deutschland und vor allem Männer des 20. Juli. Hatte durch seine Widerstandstätigkeit nach 1945 engere Beziehungen zu Graf. Dr. Bitschnau (Tirol) spricht sich gegen Dr. Winckler aus, da dieser von franz. und amerik. Seite beargwöhnt werde. Dr. Reimann, als bekannt vorausgesetzt, pol. Opfer des Nazismus.31 Die vier vorgeschlagenen Vorsitzendenstellvertreter werden mit Stimmeneinhelligkeit gewählt. Vorgeschlagen wird als Vorstandsmitglied Dr. Kopf (Vorarlberg) Der Vertreter O.Ö. Huemer spricht sich gegen Dr. Kopf aus, da sich dieser nach dem Anschluß den Sozialisten gegenüber bei einem Zwischenfall unkorrekt verhalten habe.32 Dr. Bitschnau (Tirol) tritt voll für Dr. Kopf ein und klärt dahin gehend auf, dass Kopf wohl Nationaler, aber bis weit in konfessionell-konservative Kreise hinein geachtet ist. Irgendwelche Unkorrektheiten sind niemals bekannt geworden. Dr. Kopf wird sodann einstimmig gewählt. Thomas Neuwirth, Gewerkschaftsführer d. Privatangestellten Salzburgs, früher Hagebund. Paschinger (O.Ö.) spricht sich dagegen aus. 4 Enthaltungen, 15 dafür. Kostentschnig (O.Ö.) Finanzmann, Geldgeber für den Verband mit einer Finanzgruppe von 11 Fabriken, früher AST, Briefverkehr mit Gen. Donovan. Dr. Maahs spricht sich für K. aus, um durch eine Finanzgruppe eine Bresche in den Block der Kreditanstalt etc. zu schlagen. Einstimmig gewählt. Dr. Freyborn (Salzburg). Hartleb dagegen, da fachliche Qualitäten fehlen. 15 Stimmen dafür, 5 Enthaltungen, minderbelastet.

31 Reimann hatte – obwohl Parteianwärter – Kontakt zur Widerstandsgruppe des Klosterneuburger Chorherren Roman Scholz, wurde im Februar 1941 verhaftet und zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt, vgl. Rathkolb, Gründung des VdU, 96. 32 Rudolf Kopf war nach dem ›Anschluß‹ zum Landesstatthalter in Vorarlberg ernannt, wegen seines Eintretens für die Selbstständigkeit des Gaues Vorarlberg dann aber nach Aussig versetzt worden  ; vgl. Margit Schönherr, Vorarlberg 1938. Die Eingliederung Vorarlbergs in das Deutsche Reich 1938/39 (Dornbirn 1981) 54 f., 101.

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Dr. Reimann bemerkt, dass 8 Mann vorläufig für Liste A genügen. Bei der nächsten G.V. tritt der gesamte Vorstand zurück und es kommen Neuwahlen. Sobald die Länderorgansationen eigene Vorschläge haben. Nach Vorschlag der Länderorgansationen tritt innerhalb 14 Tagen eine GV zusammen zur Ergänzung des Vorstandes, wobei gleichzeitig der bestehende provisorische Vorstand bereit ist, seine Funktionen zu Gunsten anderer Vorschläge niederzulegen. Der Vorschlag Reimann wird einstimmig angenommen. Weitere Vorschläge für den Vorstand: Professor Dr. Hans (sic!) Schönbauer. Die Russen sind gegen Schönbauer. Die Kandidatur Schönbauers wird bis zur Frage der Klärung des verfassungstreuen Vereins zurückgestellt. Dr. Georg (sic!) Scheuch (Kärnten), derzeit ÖVP-Funktionär, wird aber seine Funktion zurücklegen, arbeitet mit Steinacher zusammen. Minderbelastet. Gerhard Ebenbichler, Kaufmann in Innsbruck/Tirol, unbelastet. Mathias Paschinger, Oberösterreich. Breitinger, freiwirtschaftlicher Sozialistenvertreter, Oberösterreich. Oskar Huemer, Beamter in Linz/Oberösterreich. Emil Barnert, Beamter, Oberösterreich. Gustav Neumann, Verleger, Oberösterreich. Herbert Schweiger, Steiermark. Dr. Wolfram Bitschnau, Rechtsanwaltsanwärter, Innsbruck/Tirol. Wilhelm Kaufmann, Bauer in Kärnten, minderbelastet. Hans Burgstaller, Redakteur, Kufstein/Tirol. Dr. Kraus stellt fest, dass 6 Vorstandsmitglieder minderbelastet sind. Zu Rechnungsprüfern werden gewählt Ing. Schennet und Hans Krückel. Zu Beisitzern des Ehrengerichtes werden gewählt Anton Diabel in Kopfing und Richard Leidold in Vöcklabruck. In den Presseausschuss werden gewählt die Vertreter der einzelnen dem Verbande angehörigen Zeitungen, nämlich Schimanek, Klautzner, Neumann, Burgstaller, Reimann.33 Die Höhe des Mitgliedsbeitrages wird einstimmig mit mindestens S 1,– monatlich für das Jahr 1949 festgelegt.

33 Wilhelm Schimanek gab in Linz den ›Ausweg‹ heraus  ; Hans Burgstaller in Kufstein die ›Sonntagspost‹ – beide kehrten noch im Laufe des Sommers 1949 dem VdU den Rücken. Gustav Adolf Neumann, der oö. Landesobmann, gab das ›Echo der Heimat‹, der Berufsoffizier Franz Klautzer – 1949–53 auch NR – in Graz den ›Alpenruf‹ heraus  ; Reimann war Chefredakteur der ›Neuen Front‹, die seit dem 25. Februar 1949 als Wochenzeitung des VdU in Salzburg erschien.

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Teil I  : Protokolle

Allfälliges: Über Antrag von Dr. Bitschnau/Tirol wird die Stärke des Vorstandes der Zweigvereine mit 4–10 Mitglieder angenommen. Dr. Kraus schliesst um 19 Uhr die Generalversammlung. Bei zwangloser Diskussion nach der GV macht Hans Burgstaller den Vorschlag, in Tirol ein Bindeglied zwischen ÖVP und VdU zu schaffen. Er denkt hiebei an den Tiroler Heimatbund, der zwar genehmigt, aber nicht aktiviert ist. Dieser Bund soll die Ideen des VdU pflegen und die Mitglieder ganz allmählich dahin bringen, dem VdU ihre Stimme zu geben, ohne jedoch Mitglieder des VdU zu sein. Burgstaller nennt für den Tiroler Heimatbund eine Reihe von Namen, darunter Dr. Hans Blaas, Professor Dr. Gschnitzer, Ludwig Canal u.a.m. Führende Leute des Tiroler Heimatbundes könnten ohne weiteres Mitglieder des VdU sein und umgekehrt. Nach Meinung Burgstallers würde dieses Bindeglied auch die mehr konservatven Kreise Tirols zum VdU herüberziehen. Dr. Kraus und Dr. Bitschnau sprechen sich für diesen Vorschlag aus, wofern die ideenmäßige Gleichrichtung mit dem VdU und weitgehende personelle Einflussnahme in den THB gewahrt bleibt. Gedächtnisprotokoll Hartleb Am 18. 3. 1949 um 13 Uhr wurde ich von Dr. Kraus aus Obertraun angerufen, der mir folgendes mitteilte: Die Beantwortung meiner Briefe ist deshalb unterblieben, weil die 2 Sekretäre infolge des hohen Posteinlaufes von täglich rund 100 Briefen mit der Erledigung nicht nachkommen, deshalb rufe ich nun selbst an. Auf meine briefliche Frage bezüglich seiner Verhandlungen mit Dr. Gorbach teile er mir mit, dass er mit diesem nur einmal und zwar einige Tage vor der Gründung des Verbandes der Unabhängigen gesprochen habe, aber ohne etwas zu vereinbaren. In den nächsten Tagen werde Dr. Karl von Winckler mit Dr. Gorbach reden, und zwar über die Bereitschaft zur Listenkoppelung, welche Frage Dr. Kraus lieber mit Dr. Gorbach als mit den Wiener Stellen bespreche, da er ersteren für ehrlicher halte. Er habe aber immer den Standpunkt betont, dass der Verband grundsätzlich nur selbständig kandidieren werde. Auch Dr. Winckler sei beauftragt, dies zu betonen. Ich riet zu größter Vorsicht auch Dr. Gorbach gegenüber und sagte, ich würde Dr. Kraus noch mündlich meine Meinung hiezu sagen. Ersucht mich Dr. Kraus am 26 d. M. anlässlich der Konstituierung des Verbandes bestimmt in Salzburg zu sein, was ich nicht bestimmt zusagen konnte, weil ich am 25. in Graz sein muß und nicht weiß, ob ich dann noch rechtzeitig nach Salzburg kommen kann.

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Bezüglich der steirischen Vertreter im Verbandsvorstand erklärte Dr. Kraus, dass er gerne einen Namen hätte, der in weiteren Kreisen bekannt sei als Diabel. Ich sagte, dass letzter mir wichtig ist, worauf wir uns einigten, dass für Steiermark eventuell 1 oder 2 Stellen reserviert bleiben sollten. Dr. Kraus äußerte sich dahin, dass seiner Meinung nach in Steiermark noch am wenigsten für den Verband gearbeitet worden sei, und meinte, es sei dringend notwendig, dass ich mich ehestens mit H[errn] Klautzer in Verbindung setze und mit ihm, Dr. Steidler und Herbert Schweiger, dessen Adresse Klautzer bekannt sei, und eventuellen weiteren Personen die Arbeit in Angriff nehme. Ich erwiderte ihm, dass ich mit Klautzer reden werde, dass aber meiner Meinung nach zuerst das Ergebnis der Verhandlung beim Verfassungsgerichtshof abgewartet werden muß, da davon ja die weitere Arbeit abhänge, ob die Verfassungstreue Vereinigung wieder existent wird oder nicht. Außerdem habe man ja bisher noch gar nicht erfahren, ob gegen den Verband innerhalb der Untersagungsfrist ein Einspruch erhoben wurde oder nicht. Ich lehne es aber ab, ohne legale Basis zu arbeiten, da ich Niemanden in Gefahr bringen und den Behörden nicht Grund für die Behauptung einer illegalen Betätigung bieten wolle. Überhaupt hätten wir keinen Grund zur Nervosität und sollten schön in Ruhe die Entwicklung der einzelnen Phasen abwarten. Wer weiß, ob heuer überhaupt Wahlen stattfinden. Vor allem können wir es uns weder finanziell, noch physisch leisten, schon jetzt mit einem Wahlkampf einzusetzen, sonst würde uns bis zum Herannahen der entscheidenden letzten Monate vor den Wahlen der Atem ausgegangen sein. Dr. Kraus teilte mir hierauf mit, dass innerhalb der Frist keine Untersagung des Verbandes erfolgt sei, dass aber gewisse Schwierigkeiten bestünden. In diesem Zusammenhang sprach er von einer Kaution von S 250.000,– die erlegt werden soll. Deutlich war dies wegen Telefonstörung nicht zu verstehen. Er habe auch Briefe an Dr. Scheuch und Dr. Steinacher gerichtet. Für den 26. 3. 1949 hatte Dr. Kraus ohne vorheriges Einvernehmen mit Dr. Schönbauer und mir die konstituierende Generalversammlung des „Verbandes der Unabhängigen“ nach Salzburg einberufen. Dr. Schönbauer teilte vollständig meine Ansicht, dass dies sehr übereilt sei, weil die Landesorganisationen ja noch keine Möglichkeiten hatten, sich über die Entsendung von Vertretern in den Vorstand des Verbandes zu beraten, was zu Schwierigkeiten führen könne. Im Einvernehmen mit Dr. Schönbauer schrieb ich deshalb am 23. 3. in Wien einen Brief an Dr. Kraus mit dem dringenden Ersuchen, die Generalversammlung zu verschieben, und gab diesen Brief Dr. Freyborn am selben Tage nach Salzburg mit. Um diese und andere Fragen, welche Anlass zu Besorgnis geben, mit Dr. Kraus gründlich zu besprechen, fuhr ich trotzdem nach Salzburg, um für alle Fälle anwesend zu sein. Dr. Schönbauer gab mir einen Brief mit demselben Verlangen und dringenden

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Teil I  : Protokolle

Warnungen vor weiteren übereilten Schritten mit, den ich in Salzburg Dr. Kraus persönlich übergab. Als ich am 26. 3. um ca. 10.30 in Salzburg Hellbrunner Allee Nr. 53 ankam, war die Generalversammlung noch nicht eröffnet, doch erklärte Dr. Kraus, dass eine Verschiebung deshalb nicht möglich sei, weil von verschiedenen Seiten auf eheste Aufnahme der Tätigkeit gedrängt werde und er deshalb und weil die Behörde auf die Konstituierung warte, nicht mehr zuwarten könne. Ich machte darauf aufmerksam, dass sich aus der überstürzten Einberufung der Versammlung große Schwierigkeiten ergeben können, umso mehr als die anderen Parteien und möglicherweise auch die Behörden nur darauf warten, uns wegen formaler Fehler Schwierigkeiten zu machen. Die diesbezügliche lange Debatte endete damit, dass beschlossen wurde, schon in der konstituierenden Versammlung eine Änderung der eingereichten Statuten in dem Sinne zu beschließen, dass der Vorstand nicht aus 21, sondern aus 7 bis 30 Mitgliedern zu bestehen habe. Diese Statutenänderung sollte sofort der Polizeidirektion Salzburg mit dem Ersuchen mitgeteilt werden, selbe im kurzen Wege zu genehmigen. Wenn dies gelingt, dann soll vorläufig nur ein 7gliedriger Vorstand gewählt werden, der später durch weitere Vertreter der Länder etc. ergänzt werden könne. Dies habe den Vorteil, dass der Verband existent werde, da Hofrat Dr. Hantsch versprochen habe, dass sofort nach Bekanntgabe der gewählten Vorstandsmitglieder die Zulassungsbescheinigung ausgestellt werden wird.34 Aus diesem Grunde hat Dr. Kraus auch Beibringung der Bestätigungen der Registrierungsstellen erbeten, damit durch die sonst notwendigen Erhebungen keine Zeit verloren gehe. Für den Fall, dass die Statutenänderung nicht sofort genehmigt werden kann, würde als Eventualvorschlag eine Liste mit 21 Vorstandsmitgliedern im Sinne des alten Wortlautes der Statuten überreicht werden. Da ich die Befürchtung hatte, dass dadurch unter Umständen Leute in den Vorstand gewählt erscheinen können, welche nicht erwünscht sind oder nicht den Wünschen der künftigen Länderorganisationen entsprechen, stellte ich hiezu den Antrag, dass in diesem Falle der Vorstand verpflichtet werden solle, nach Erstellung der Landesorganisationen und Vorliegen der Vorschläge derselben zurückzutreten, worauf in einer zweiten Generalversammlung der endgültige Vorschlag gewählt werden soll. Dieser Antrag wurde schließlich einstimmig angenommen. Es wurde sodann eine entsprechende Statutenänderung beschlossen und Dr. Freyborn beauftragt, sich so bald als möglich mit Hofrat Dr. Hantsch wegen Genehmigung derselben ins Einvernehmen zu setzen. Am selben Tage war dies nicht möglich, weil Hofrat Hantsch krank war. Bei der nachmittag stattgehabten Generalversammlung wurden gewählt:

34 Hofrat Bruno Hantsch war bereits vor 1938 Leiter des Staatspolitischen Büros in der Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit gewesen.

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Zum Obmann – – Stellvertr. – – – – – – . Vorst.-Mitgl. – – – – – –

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Dr. Kraus, Hartleb Karoly (unabhäng. Gewerkschaft) Dr. Reimann (als geschäftsführender Obmann) Dr. Karl Winckler Dr. Kopf (Vorarlberg) Neuwirt Viktor (sic!)

für den Fall als weitere Vorstandsmitglieder: Dr. Kostentschnig?, Finanzierung Dr. Freyborn, derzeit juristischer Berater Dr. Gerhard Ebenbichler, Kaufmann Tirol Dr. Robert Scheuch, Kärnten Breitinger, Angestellter (freiwirtsch. Sozialist) Paschinger, unabhäng. Betriebsrat VÖESt Schimanek, Verleger? Linz Barnert Emil, Beamter OÖ Schweiger Herbert, Heimkehrer35 Stmk. Dr. Wolfgang Bitschnau, R.Anw. Tirol Kaufmann Wilhelm, Bauer Kärnten Huemer, Linz Neumann, Zeitungsherausgeber Linz Burgstaller – – Innsbruck (sic!) Im Laufe des Abends hatte ich dann noch Gelegenheit, mit Barnert, der früher einmal in Kärnten tätig war,36 mit Dr. Kopf Vorarlberg, der dort schon Verbindung mit den ehemaligen Landbündlern (über Wolfmeyer) aufgenommen hat, Neuwirt Viktor, Gewerkschaftsvertreter in Salzburg (Anhänger Dr. Schönbauers), Schweiger Herbert, Heimkehrer Sekretär Stmk., und Kostentschnig (Volksdeutscher aus Belgrad) ausführlich zu sprechen. Die vier Erstgenannten machen einen sehr guten Eindruck und verbürgen eine gute Zusammenarbeit. Über Kostentschnig möchte ich noch nicht aburteilen. Am 27. 3. war ich Vormittag und Nachmittag bis zu meiner Abreise allein bei Dr. Kraus und habe die wichtigsten Dinge mit ihm durchbesprochen. Er ist einverstanden, dass wir unsere Leute in der Verfassungstreuen Vereinigung sammeln und diese als Mit35 Schweiger war ursprünglich für die Heimkehrerbetreuungsstelle der ÖVP tätig, die in der Steiermark Graf Ernst Strachwitz leitete. 36 Emil Barnert war bis 1931 Landesgeschäftsführer der Heimwehren in Kärnten, später bis Juni 1934 Stabsleiter der Bauernwehren (Landbund) in Oberösterreich.

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Teil I  : Protokolle

glied dem Verband beitritt. Ich verlangte eine Zeitung, welche stärker als bisher auf die bäuerlichen Interessen Rücksicht nimmt. Dr. Kraus will hiefür den Alpenruf37 zur Verfügung stellen. Ich erwähnte Dr. Kraus gegenüber auch die Frage, die Verfassungstreue Vereinigung eventuell in „Verfassungstreuer Heimatbund“ umzubenennen, womit er ebenfalls einverstanden wäre. Er versprach mir ferner endgiltig, dass es keinesfalls mehr vorkommen wird, dass ohne Einvernehmen mit den maßgebenden Leuten in den Bundesländern Mitarbeiter bestellt werden. Vorstandssitzung des VdU in Salzburg am 3. Juni 1949 (Sammlung Bitschnau Nr. 1360) Beginn: 11 Uhr. Anwesend u.a.: Dr. Kraus, Dr. Reimann, Neumann (O.Ö.), Dr. Roschall (O.Ö.), Dr. Elsnitz (Stmk.), Hartleb (Stmk.), Burgstaller (Kärnten), Brand (Wien), Dr. Bitschnau (Tirol), Ebenbichler (Tirol), Prof. Gasselich (Tirol), als Gast, Klautzner (Stmk.), Schimanek (Ausweg), Dr. Freyborn (Salzburg), Dr. Pesendorfer (S), am Nachmittag kamen noch dazu: Dr. v. Winckler, Wolfmeyer (Vlbg.) Tagesordnung: 1) Finanzfragen, Abrechnung über Spendenscheine und Beiträge 2) Bildung von Ausschüssen u. zw. Presseausschuß, Propagandaausschuß, Finanzausschuß, pol.-rechtlicher Ausschuß. 3) Festlegung der Politik gegenüber anderen pol. Parteien u. Koordinierung der Ambitionen gegenüber äußeren politischen Fraktionen 4) Gründung einer unabhängigen Wirtschaftsunion 5) Gründung eines Vereins der parteilosen Betriebsräte 6) Bezirksorganisation 7) Stellungnahme zum Amnestieausschuß 8) Finanzierung einer Tageszeitung 9) Fühlungnahme mit Sportvereinen 10) Programmpunkte des VdU für Hochschüler und Akademiker. Evtl. Antrag zur Gründung eines unpol. Studentenvereins 11) Allfälliges. Finanzfragen: Die Lage ist nach wie vor kritisch. Die zwei Anfangskredite müssen zurückgezahlt werden. Aus den Ländern fließen die Beiträge für den Zentralverband 37 Die Wochenzeitung ›Alpenruf‹ verfocht ab 5. Februar 1949 die Belange des VdU in Graz  ; als Herausgeber fungierte, wie schon bei dem 1948 eingestellten ›Alpenländischen Heimatruf‹, Franz Klautzer, von 1949–53 auch NR des VdU.

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nur sehr spärlich. Nur Vorarlberg hat bisher größere Summen (ca. 4500 S) zur Verfügung gestellt. Tirol hat durch die kostenlose Anfertigung der Flugzettel einen Beitrag geleistet. Dr. Elsnitz (Stmk.) erklärt, dass er nur einen bestimmten Prozentsatz, u. zw. 10 % der eingehenden Gelder, an den Verband abgeben könne. Dies sei auch die beste Art und Weise der Abrechnung, weil dann keine Mißverständnisse entstehen können. Dr. Kraus erklärt, dass der Zentralverband monatlich mindestens 12.000 S brauche und ersucht um Zustimmung zu diesem provisorischen Budget. Derzeit sind in Salzburg tätig: 1 Pressereferent, 2 Sekretäre (Dr. Pesendorfer u. Dr. Wallner), 1 Buchhalter und 2 Schreibkräfte. Geplant ist aber die Einstellung eines Generalsekretärs zur Entlastung von Dr. Kraus und einer weiteren Schreibkraft. Dazu kommen die Hausmiete, Druckkosten, Reisespesen usw. Das Monatsbudget von 12.000 S für den Zentralverband wird einstimmig bei einer Enthaltung genehmigt. Die Abrechnung der Spendenscheine erfolgt monatlich. Alle Aktivisten sind zur Spendenaktion einzusetzen. Auch bei Versammlungen sind Spendenscheine zu verkaufen. Die Vertreter der einzelnen Bundesländer berichten über die Finanzlage. Auch bei den Ländern ist diese nicht günstig. Die Kundgebung in Linz hat 7.000 bis 8.000 S gekostet, so dass dort ein Defizit herrscht. Auch der Zentralverband hat zur Zeit ein Defizit von 20.000 S. Bei jedem Landesverband ist ein Finanzausschuß oder zumindest ein Finanzreferent zu bestellen, um die prekäre Lage zu beseitigen. Ausschüsse: Dr. Freyborn berichtet zuerst über die kommende Geschäftsordnung. Wichtig ist vor allem die Frage der Stimmberechtigung der Länder. Ein weiterer Antrag bezweckt die Zuerkennung von zwei Stimmen an jedes Land, um auch eine gegenteilige Meinung innerhalb des Landesverbandes zur Geltung zu bringen. Ein Antrag Neumanns auf Zuerkennung von Stimmen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl der Länder wurde abgelehnt. Für die heutige Sitzung wurde die Errichtung eines Programmausschusses beschlossen. Dieser Programmausschuß setzt sich wie folgt zusammen: Hartleb (Vorsitz), Dr. Roschall (O.Ö.), Dr. Elsnitz (Stmk.), Dr. Gasselich (als Schriftführer, nicht stimmberechtigt), Dr. Bitschnau (Tirol), Brand (Wien), Burgstaller (K), Dr. Pesendorfer (Slzbg.), Dr. Freyborn (ZV), Dr. Kraus. Bericht über die Arbeit dieses Ausschusses: s. unten. Der Presseausschuß besteht aus: Dr. Reimann, Neumann, Klautzner, Schimanek, Ebenbichler (für Burgstaller, Tirol). Im Presseausschuß wurden folgende Fragen besprochen: Gegenseitiger Austausch von Leitartikeln, Austausch von Adresslisten für den Fall des Verbotes einer Zeitung, wobei nach Aufhebung des Verbotes die Abonnenten wieder zurückgegeben werden; Befragung zur Stellungnahme der Landesverbände bei Veröffentlichungen über personelle und sachliche Mißstände in einem Land. Beteiligung aller Verbandszeitungen bei der Errichtung einer Tageszeitung.

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Teil I  : Protokolle

Der Finanzausschuß setzt sich aus je einem Ländervertreter und einem des Zentalverbandes statt. Der Ländervertreter wird von der Landesleitung delegiert, soll aber möglichst immer derselbe sein. Für den Zentralverband spricht Herr Schennet. Der Propagandaausschuß wurde nicht konstituiert. Der politisch-rechtliche Ausschuß soll Fragen von besonderer Dringlichkeit und Wichtigkeit behandeln (z.B. Entschlüsse über Verhalten zu anderen Parteien, Alliierte etc.). Es wurden nominiert: Dr. Kraus, Dr. Reimann, Hartleb, Neumann. Als Jurist wurde vorgeschlagen: Dr. Winckler. Dieser wurde jedoch abgelehnt, da er nicht mehr das volle Vertrauen der Verbandsführung besitze. (Winckler stehe nämlich mit der ÖVP in zu engen persönlichen Verhandlungen und Beziehungen.) Wegen Zeitmangels wurde gleich auf den Punkt Allfälliges übergegangen: Folgende Aufrufe werden zur Abstimmung gebracht und gutgeheissen: Die oben angeführten Anträge des Presseausschusses. Verpflichtungserklärung für alle Verbandsfunktionäre, in keiner anderen Partei legal oder illegal mitzuarbeiten, beim VdU im Rahmen der Statuten zu wirken und mit keinem in- oder ausländischen ND [Nachrichtendienst] in Verbindung zu stehen oder zu arbeiten.38 Verpflichtungserklärung für alle Funktionäre ohne vorhergehende Genehmigung des Vorstandes mit keinem anderen politischen Faktor verpflichtende Vereinbarungen einzugehen oder verbindliche Erklärungen für den Verband abzugeben. Ausserhalb der offiziellen Sitzung wurden noch die restlichen Fragen der Tagesordnung gestreift. Ein Zusammengehen mit der ÖVP kommt für den Augenblick nicht in Frage. Das Verhältnis zur SPÖ ist weiterhin korrekt. Die Unabhängige Wirtschaftsunion soll keine Zweiggliederung des VdU sein, sondern wirklich eine Unabhängige Vereinigung. Die Interessen des Verbandes werden in ihr nur durch personelle Bindungen gewahrt. Es ist nicht gedacht, aus der UWU eine Art Wirtschaftsbund zu machen. Das gleiche gilt für die Vereinigung d. parteilosen Betriebsräte. Die Bezirksorganisationen sollen baldmöglichst errichtet werden. Es wird zweckmässig sein, die Bezirksgruppen als eigene Zweigvereine der Landesverbände anzumelden. Bezüglich der Stellungnahme zu den verschiedenen Amnestieausschüssen der ÖVP stellt Dr. Winckler fest, dass diese Aktion bereits gescheitert sei. Es ist sicher, dass die NS 38 Diese Bestimmung in dieser Fassung einzuhalten, erwies sich angesichts der Besatzungsmächte als schwierig. Kraus selbst verdankte seine Stellung nicht zuletzt seinen Verbindungen zum CIC.

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nicht zur ÖVP gehen werden. Man solle daher die Amnestieausschüsse fördern. Da die Befürworter dieser Ausschüsse, wie Dr. Gorbach, in der ÖVP sowieso einen schweren Stand haben, wird durch eine Förderung seitens des VdU deren Stand noch erschwert. Ein Mehrerfolg wird aber trotzdem nicht erzielt. Der ÖVP ist es ja mit ihren Amnestieanträgen gar nicht ernst. Dies wird sich auch noch vor den Wahlen zeigen. Der VdU schlägt somit zwei Fliegen auf einen Schlag: Schwächung der Stellung verschiedener ÖVP-Funktionäre, Gewinnung der von den Amnestieausschüssen enttäuschten NS. Neumann (O.Ö.) ist der Ansicht, dass dieses Vorgehen für Oberösterreich auf keinen Fall in Frage komme, da der dortige Amnestieausschuß zu wenig angesehen sei. Wenn der VdU diesen unterstütze, so schade er nur sich selbst. Er schlägt daher vor, dass man nur ganz sachlich über die Tätigkeit der Amnestieausschüsse berichte, so dass man nicht erkennen könne, ob dies in positivem oder negativem Sinne geschehe. Bezüglich der Finanzierung der Tageszeitung wurde erklärt, dass sich die einzelnen Verbandsorgane im Rahmen des Möglichen finanziell beteiligen sollen. Als große Einflussmöglichkeit wird die Fühlungnahme mit Sportvereinen angesehen. Viele Sportler wollen von der ÖVP nichts wissen, sind aber für eine unabhängige Gruppe eingenommen. Die Frage der Hochschüler wurde vorläufig offengelassen und es wird Sache der betreffenden Landesverbände sein, diesbezügliche Fühlungnahmen und Vorschläge zu machen.39 Dr. Winckler berichtet weiters über die Stellung der Alliierten zum VdU: Vor der letzten Sitzung des Kontrollrates, in der die Entscheidungsbefugnis des Rates über die Zulassung neuer Parteien bekräftigt wurde, habe eine Sitzung der politischen Berater der Westmächte stattgefunden. In dieser Sitzung sei einhellig festgelegt worden, dass der VdU unter keinen Umständen zur Wahl zugelassen werde. Die Westmächte gehen dabei von folgenden Erwägungen aus: 1) Vor Abschluß des Staatsvertrages soll das innenpolitische Kräfteverhältnis beibehalten werden. 2) Der VdU ist doch mehr oder minder eine nazistische Angelegenheit. Zu diesem Bericht Dr. Wincklers äußerte sich Dr. Kraus wie folgt: Wir machen zur Zeit einen Nervenkrieg durch, den wir überstehen müssen. Letzten Endes werden es auch die Alliierten nicht wagen, die freie Willensäußerung eines Volkes auf solch brutale Weise zu verhindern. Dagegen würde die Presse des In- und Auslandes Sturm laufen. 39 Der Bund Unabhängiger Studenten (ab 1952  : Ring Freiheitlicher Studenten) wurde erst 1950 von Erwin Hirnschall gegründet.

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Teil I  : Protokolle

Sollte es aber wider Erwarten doch der Fall sein, dass der VdU als solcher zur Wahlwerbung nicht zugelassen wird, so gibt es immer noch die Möglichkeit der Aufstellung von Einzelkandidaten. Dann müsste man eben in jedem Wahlkreis unabhängige und unangreifbare Kandidaten aufstellen, dazu noch einen gemeinsamen Kandidaten für jeden Wahlkreisverband. Diese unabhängigen Kandidaten können dann im Nationalrat doch wieder eine gemeinsame Politik betreiben. Im übrigen müssen wir tun und handeln, als ob wir auf alle Fälle zugelassen werden. Es müssen alle Vorbereitungen für eine ordentliche Wahlkampagne getroffen werden. Ende: 19.30 Uhr Anlagen: Programmentwurf Hartleb Programmentwurf Bitschnau Bericht über die Sitzung des Programmausschusses Sitzung des Programmausschusses des VdU anläßlich der Vorstandssitzung v. 3. 6. 1949 Beginn: 13.30 Uhr Anwesend: Hartleb (Stmk., als Vorsitzender), Dr. Kraus, Dr. Freyborn (Salzburg und Zentralverband), Dr. Pesendorfer (Salzburg und Zentralverband), Dr. Roschall (O.Ö.), Burgstaller (K.), Dr. Elsnitz (Stmk.), Brand (Wien), Dr. Bitschnau (Tirol), Prof. Gasselich (Tirol, als Gast) Gegen Ende der Sitzung kamen noch hinzu: Dr. Winckler, Wolfmeyer (Vlbg.). Eingangs wird von Dr. Kraus festgestellt, daß drei Entwürfe eingegangen sind: Hartleb, Pesendorfer-Freyborn, Bitschnau. Hartleb legt seinen Entwurf (siehe Anlage) vor und beantragt punkteweise Abstimmung, was angenommen wird. Beim ersten Punkt spricht sich Dr. Kraus gegen die Festlegung auf die republikanische Staatsform aus. Seiner Ansicht nach genügt der Hinweis auf die Verfassung völlig. Man könne sich nicht so festlegen, da man die Monarchisten nicht zurückstoßen dürfe. Er sei der Meinung, daß man für die dem Volke jeweils beste Staatsform eintreten müsse, also nicht nur für die Republik. Dr. Kraus wird sekundiert von Dr. Bitschnau, der die gleiche Ansicht vertritt. Bitschnau vertritt die Ansicht, daß man die Diktatur ja ablehne, daß aber die Monarchie auch eine Form der Demokratie sei und man daher nicht a priori diese ablehnen dürfe. Auch sei es gar nicht notwendig, die Staatsform so sehr zu betonen, da sie heute gar nicht zur Debatte stehe. Hartleb spricht sich leidenschaftlich gegen diese Ansicht aus und erklärt, dass er absolut gegen die Monarchie sei und er nicht mittun könnte, wenn man etwa in Monarchismus machen wolle. Auch seien die Monarchisten

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eine viel zu kleine Gruppe, die man ruhig beiseite lassen könne. Durch die Betonung der republikanischen Staatsform müsse man den Sozialisten den Wind aus den Segeln nehmen. Hartleb wird sekundiert von Burgstaller (K); Brand (W) ist ebenfalls der Ansicht, daß der Legitimismus in Wien tot sei. In der Abstimmung wird der Absatz über die Staatsform mit allen gegen zwei Stimmen angenommen. Beim Punkt über die Vereinigten Staaten von Europa wird die Ansicht vertreten, dass diese Vereinigung nur auf der Basis der Gleichberechtigung erfolgen könne, und jede Unterdrückung vermieden werde. Zuerst sollte das Wort „nationale“ Gleichberechtigung eingefügt werden, was aber abgelehnt wurde. Die folgenden Punkte wurden mit geringfügigen Änderungen angenommen. (Die Anlage enthält den ursprünglichen Text. Die Worte in den Klammern bezeichnen die nachträglich genehmigten Änderungen.) Nachdem der Ausschuss bis zum Punkt Sozialprogramm gekommen war, stellt Dr. Freyborn fest, daß dieser Programmentwurf die Wirtschaft zu sehr vernachlässige. Er stellt weiters fest, daß auch noch zwei andere Entwürfe eingereicht worden seien und man nicht endgültig abstimmen solle, bevor der Ausschuss nicht auch die anderen beiden Entwürfe durchbesprochen habe. Hartleb vertrat den Standpunkt, daß man keine Zeit habe, die anderen Entwürfe zu besprechen, denn dann würde man überhaupt nicht fertig. Dr. Pesendorfer sagte dann, daß auch der Punkt Sozialprogramm des Entwurfes Hartleb dürftig sei. Hartleb erläuterte dann seine Absicht, daß dieses Wahlprogramm durch einen genauen Kommentar ergänzt werden soll, der alle Einzelheiten und Detaillierungen enthalten soll. Dr. Bitschnau meldet sich dann zu Wort und entschuldigt sich, daß er als der Jüngste folgendes zu sagen habe: Der vorliegende 1. Programmentwurf ist viel zu dürftig und verschwommen. Ein solches Programm kann genauso gut von der ÖVP wie von der SPÖ kommen. Mit leeren Phrasen werde man keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken. Das Volk will konkret wissen, wie man es besser machen will. Er schlägt daher vor, daß das Programm die Hauptteile durch Wahlparolen- und -schlager kennzeichnen soll. Innerhalb jedes Hauptteils wird dann durch beispielhafte Aufzeigung von Einzelproblemen oder Forderungen der Weg zur Durchführung des Programms aufgezeigt. Die Mehrzahl der Ausschußmitglieder stimmt grundsätzlich zu. Das Programm Hartleb wird dann noch kurz weiter durchbesprochen. Hartleb erklärt, dass man dann heute ja gar nicht zu einem endgültigen Beschluß kommen könne und daher noch weiter auf unbestimmte Zeit auf das Programm warten müsse. Leider müsse er mit den Zuge um 1/2 5 Uhr zurückfahren und verabschiede sich deshalb. Nach seinem Weggang wird vorgebracht, daß der Entwurf wesentliche Forderungen unberücksichtigt lasse, so z.B. die Gleichberechtigung der Bürger vor dem Gesetz und verschiedene Verfassungsforderungen.

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Teil I  : Protokolle

Dr. Kraus teilt mit, daß in einem Vorspruch zu dem Entwurf Hartleb folgender Satz enthalten sei: Der VdU steht auf dem Standpunkt der christlichen Ethik. Burgstaller (K) lehnt jeden Hinweis auf das Christentum entschieden ab. Dieses werde von weiten Kreisen der Bevölkerung abgelehnt. Besonders von der Jugend. Die Mehrzahl der Teilnehmer ist der Ansicht, daß man eine Bindung an eine Ethik oder Ideologie eingehen müsse. Dr. Kraus teilt mit, daß er selber eine Formulierung vorgesehen habe, wonach der VdU die Grundsätze des Naturrechts vertrete. Diese Formulierung sei auch von Erzbischof Rohracher anerkannt worden. Die übrigen Teilnehmer lehnen aber die Formulierung Naturrecht ab, da die Mehrzahl des Volkes sie nicht richtig verstehe. Dr. Bitschnau schlägt sodann vor: Der VdU vertritt christlich-ethische Grundsätze. Zur Abstimmung gelangt sodann der Vorschlag Kraus (Naturrecht) und Bitschnau. Eine Einigung wurde nicht erzielt, doch war die Mehrheit eher für Annahme des Vorschlages Kraus. Da eine Einigung über den Entwurf Hartleb nicht zu erreichen war, wurde folgendes beschlossen: Die vorliegenden Entwürfe Hartleb, Pesendorfer-Freyborn, Bitschnau werden den einzelnen Landesverbänden zugestellt; darüber hinaus wird der Zentralverband einen Neuentwurf ausarbeiten, der die heute gewonnenen Erkenntnisse verwerten wird. Auch dieser Entwurf wird den Landesverbänden zur Stellungnahme vorgelegt. Die Landesverbände haben sich bis spätestens 20. 6. zu äußern. (Die Entwürfe Pesendorfer-Freyborn und Bitschnau unterscheiden sich nur geringfügig. Im ersteren wird einer schlagwortartigen Forderung der heute bestehende Zustand gegenübergestellt. Pesendorfer/Freyborn wollen aber dieses „Heute“ in Zukunft auslassen. Der Entwurf Bitschnau […] gliedert sich in einzelne Hauptabschnitte wie Verfassung, Recht, Staatswirtschaft, Wirtschaftspolitik, Staatswesen, Kulturpolitik, Außenpolitik. Jedes dieser Teilgebiete ist durch ein Schlagwort gekennzeichnet, das als Wahlschlager gedacht ist. Die konkreten Forderungen werden im Anschluß an diesen Wahlschlager durch Beispiele angeführt. Die vorgebrachten Forderungen beider Entwürfe stimmen zu ca. 80 % völlig überein. Der Entwurf Bitschnau ist jedoch unvollständig. Er enthält nichts über die Agrarpolitik und Sozialfragen wie Heimkehrer, Kriegsbeschädigte etc. Er ist auch nicht als vollständiger Entwurf gedacht, da weitere Forderungen und Punkte durch gemeinsame Arbeit festgelegt werden sollen.)

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Protokoll der Vorstandssitzung vom 6. 9. 1949, 14 h im Stieglkeller (Vdu-Archiv Salzburg) Anwesend: Dr. Kraus, Dr. Reimann, Vz. [Vizekanzler] Hartleb, Karoly, Gollob, Dr. Wallner, Neuwirth, Ing. Heger, Dr. Tanzner, Wicha, Quidenus, Gasselich, Bayer, Dr. Elsnitz, Groll, Dir. Neumann, Dr. Roschall, Ebenbichler. Dr. Scheuch wird durch Vzk. Hartleb, Herr Huemer durch Dr. Roschall, Niederösterreich durch Prof. Gasselich vertreten. Schriftführer: Gollob und Dr. Wallner Tagesordnung: 1.) Situationsbericht Dr. Kraus a) politisch-juristische Situation b) Propagandasituation 2.) Propagandalinie 3.) Vorschlag der ÖVP 4.) Finanzierung der Wahlpropaganda Ausgabenabrechnung Kandidaten auf Stimmzetteln 5.) Koordinierung der verschiedenen Tageszeitungspläne 6.) Kandidaten 7.) Allfälliges Gemäss Beschluss der Bundesvorstandssitzung vom 18. 8. 1949 wird der für Wien, Niederösterreich, Burgenland freigehaltene Platz eines Bundesobmannstellvertreters antraggemäss mit Ing. Heger besetzt. Antrag Dr. Kraus: Herr Wicha soll an der Vorstandssitzung teilnehmen. Antrag einstimmig angenommen. Zu Punkt 1. Kraus referiert über die politische und juristische Situation und Propagandasituation. Er weist insbesondere darauf hin, dass die Alliierten aufmerksam beobachten, ob pangermanistische Tendenzen fühlbar werden und ob Mandatare in Erscheinung treten, die – unabhängig von ihrer evtl. Parteizugehörigkeit zur NSDAP – als besonders aktive Propagatoren des NS-Gedankengutes gelten. Die Gefahr eines Verbotes des VdU vor den Wahlen durch die Alliierten besteht nicht mehr. Einen gewissen Unsicherheitsfaktor bezüglich des Verhältnisses nach den Wahlen stellt das russische Besatzungselement dar. Die diesbezügliche Lage ist aber die gleiche wie 1945, als man auch nicht wusste, wie sich die Russen nach den Wahlen verhalten würden.

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Dr. Kraus stellt fest, dass der VdU keinerlei Abkommen geschlossen, auch keine Verhandlungen mit der KPÖ geführt habe und dass die von Staatssekretär Graf ausgesprochene Anschuldigung völlig aus der Luft gegriffen ist. Der einzige Berührungspunkt mit der KPÖ ist durch einen vom VdU ausgehenden an alle Parteien gleichlautend gerichteten Vorschlag betreffend Führung eines fairen Wahlkampfes gegeben. Dieser Vorschlag wurde von der KPÖ nicht beantwortet. Dr. Kraus zeigt weiter auf, wie sich die widersprechenden Verleumdungen des VdU im Laufe der Zeit gewandelt haben, dass aber noch nie eine sachliche Stellungnahme zu unserem Programm genommen wurde. Zu Punkt 2. Dr. Kraus referiert über die „neue Linie“ in Rede und Propaganda. Seine Ausführungen sind in den Redneranweisungen niedergelegt. Im wesentlichen handelt es sich darum, den unsachlichen und unschönen Ton unserer politischen Geg* ner nicht mitzumachen. […] Protokoll der Bundesvorstandsitzung vom 13. 10. 1949 10 h vormittag, Hotel Corso, Salzburg (VdU-Archiv Salzburg) Anwesend: Dr. Kraus, Dr. Reimann, Gollob, Neuwirth, Groll, Dr. Kopf, Ebenbichler, Dr. Scheuch, Dr. Elsnitz, Dir. Neumann, Karoly, Vzk. a. D. Hartleb, Bayer, Dr. Tanzner, Ing. Heger, Herbert Schweiger, Dimmer, Prof. Pfeifer (Stimme für Baum. Quidenus), Dr. Stüber (Stimme für Prof. Stöckl), Prof. Gasselich (ohne Stimmrecht), Prof. Ulmer (Vorarlberg, o. Stimmrecht), Dr. Böhler (Vorarlberg, o. Stimmrecht) Ab 13 h nahmen an der Sitzung teil: Hr. Rammer (Innviertel), Direktor Josseck (Wels), Hr. Klautzer (Graz), Alois Gruber (Kärnten), Dr. Buchberger (Stmk.), Huemer (Linz, abwesend, Stimmübernahme v. Dir. Neumann). An der Bundesvorstandssitzung nahmen 19 stimmberechtigte Bundesvorstandsmitglieder teil. Schriftführer: Generalsekr. Gollob, Dr. Wallner Dr. Kraus verpflichtet sämtliche Anwesenden zu absolutem Stillschweigen sowohl gegenüber Funktionären und sonstigen Angehörigen des VdU, wie auch nach aussen und macht auf die schwerwiegenden politischen Folgen aufmerksam, die durch Indiskretion eintreten. Zu Punkt 1. Dr. Kraus gibt seiner Befriedigung über den Ausgang der Wahlen Ausdruck. Es wurde

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trotz allem Widerstand und aller Hinterlist ein bedeutender Erfolg erzielt. Der Erfolg dieser Wahlen muss betrachtet werden unter dem Gesichtspunkt, dass der VdU mit der Sammlung seiner Anhänger erst vor einem halben Jahr begonnen hat und der Wahlkampf unter unerhörtem Terror durchgeführt werden musste. Gerichtliche und polizeiliche Massnahmen gegen uns, wirtschaftlicher Terror, das Fehlen einer Tageszeitung, fast völliger Mangel an Geldmittel, Ausschluss von der Rundfunkpropaganda und vieles andere gestalteten unseren ersten Wahlkampf besonders schwierig. Die Ergebnisse der Wahlen in Vorarlberg bewiesen, dass von der richtigen Personenauswahl ungeheuer viel abhängt.40 Dr. Kraus appelliert deshalb an alle Landesleitungen, nach dem Wahlkampf der Personenauswahl besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Auch nach den Wahlen ist jede Demagogie in Wort und Schrift zu vermeiden. Die Landesleitungen werden angewiesen, eine genaue Statistik über das Wahlergebnis anzufertigen, Fehler und Mängel in der Organisation statistisch festzuhalten und zu untersuchen, welche Bevölkerungsschichten durch intensive Bearbeitung noch erfasst werden können. Generalsekretär Gollob, der durch Bundesvorstandsbeschluss mit der Organisationsleitung für Gesamtösterreich beauftragt wurde, wird diesbezüglich in der nächsten Zeit genaue Anweisungen an die Landesleitungen bzw. an die Organisationsleiter in den Landesleitungen ergehen lassen. Herr Neuwirth berichtet über ein Gespräch, das er mit NR Hillegeist führte. Er betonte besonders, dass der VdU in das Stimmenkader der SPÖ eingedrungen ist. Der Gewinnung der Arbeiterschaft ist in Rücksicht auf die bevorstehenden Betriebsrats- und Arbeiterkammerwahlen besondere Aufmerksamkeit zu schenken.41 Die Aufgabe des Verbandes muss es sein, das Vertrauen des kleinen Mannes, der Arbeiter und Angestellten (Gehaltsempfänger), kleinen Gewerbetreibenden usw. nicht zu enttäuschen. Dr. Kraus hält ein kurzes politisches Referat über die gegenwärtige Lage und voraussichtliche Entwicklung. Anschliessend referiert Vzk. a. D. Hartleb im einzelnen über dasselbe Thema. Über die von Vzk. a. D. Hartleb verlesenen Richtlinien über die weitere politische Haltung des VdU bei Verhandlungen und Gesprächen wurde volles Einvernehmen erzielt und die Richtlinien wurden einstimmig angenommen. Die Bundesvorstandsmitglieder und alle Anwesenden wurden nochmals aufmerksam gemacht, dass über diese Richtlinien ohne Ermächtigung seitens der Bundesleitung bzw. des Vollzugsausschusses zu niemandem gesprochen werden darf. Durch die Bekanntgabe dieser Richtlinien wurde Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.

40 Der VdU hatte mit 22 % in Vorarlberg sein bestes Ergebnis erzielt, Spitzenkandidat war Rudolf Kopf. 41 Bei den AK-Wahlen vom 23. Oktober 1949 erzielte der VdU Spitzenergebnisse bei den Arbeitern von 32 % in Oberösterreich, bei den Angestellten von 44 % in Salzburg. In Niederösterreich und im Burgenland trat er nicht an.

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Die Landesleitungen werden angewiesen, die politischen Verhältnisse in den Ländern nach den Wahlergebnissen zu prüfen und zu Händen des Vollzugsausschusses Vorschläge zu unterbreiten, wobei in diesen Vorschlägen die Forderungen genau formuliert sein müssen; ebenso ist genau zu formulieren, was in personeller und sachlicher Hinsicht bei der politischen Lage in den Ländern unbedingt abgelehnt werden muss. Die Landesobmänner wurden nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass sie ohne Ermächtigung der Bundesleitung bzw. des Vollzugsausschusses keine Verhandlungen mit anderen politischen Parteien oder Exponenten solcher führen dürfen. Diesbezüglich wurde nochmals auf die einstimmig angenommen Richtlinien verwiesen. Bei evtl. stattfindenden Verhandlungen wird der Vollzugsausschuss am Ort der Verhandlung in Permanenz tagen. Folgende zwei Kommuniques wurden vom Bundesvorstand herausgegeben: 1. Am 13. 10. 1949 fand in Salzburg eine Bundesvorstandssitzung des VdU statt, an der die neugewählten Nationalräte teilnahmen. Dabei wurde beschlossen, bei Aufrechterhaltung des bisherigen programmatischen Standpunktes die Staatsinteressen über die Parteiinteressen zu stellen, grundsätzlich eine Politik der freien Hand zu verfolgen. 2. Gegenüber den immer wieder auftauchenden und in der Presse verbreiteten Unterschiebungen, wonach der VdU neonazistischen und pangermanistischen Einflüssen ausgesetzt sei, erklärt der Bundesvorstand des VdU in voller Einstimmigkeit folgendes: 1. der VdU lehnt jede Form von Neonazismus und Pangermanismus ab; 2. innerhalb des VdU gibt es keinerlei Untergrundbewegung irgendwelcher Art; 3. die Beschlüsse des Bundesvorstandes halten sich streng an das Programm des VdU, seine Mitglieder sind ordentlich gewählt und keinen fremden Einflüssen unterworfen; 4. der Bundesvorstand erklärt ferner, dass keine belasteten Nationalsozialisten irgendwelche Stellungen oder Funktionen bekleiden oder auch nur den geringsten Einfluss auf die Beschlüsse des Bundesvorstandes oder die seiner Unterorganisationen nehmen können. Pressestelle: Einstimmig wurde die Errichtung einer Pressestelle beschlossen. Diese wird vorläufig ihren Sitz in Salzburg haben. Die Landesleitung Wien wurde beauftragt, einen Herrn aus dem Bundesvorstand namhaft zu machen, der die Leitung einer Nebenstelle Wien übernimmt.

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Interviewermächtigung für Dr. Kraus Der Bundesobmann Dr. Kraus wird vom Bundesvorstand ermächtigt, allgemeine Interviews zu geben. Finanzen: Die Finanzreferenten der einzelnen Länder sind dem Generalsekretär namentlich bekanntzugeben. Wo noch kein Finanzreferent bestellt ist, ist dies unverzüglich nachzuholen. Über Einladung des Generalsekretariats werden sich in der nächsten Zeit sämtliche Finanzreferenten bei der Bundesleitung einzufinden haben. Zweck: Rechnungslegung (Unterlagen in doppelter Ausfertigung, eine Ausfertigung verbleibt bei der Bundesleitung), Ermittlung von Möglichkeiten der Geldbeschaffung, Austausch von Erfahrungen. Der Termin dieser Konferenz der Finanzreferenten wird zeitgerecht bekanntgegeben werden. Für Oberösterreich wurde als Finanzreferent namhaft gemacht Dr. Erwin Wascher, für Salzburg Dr. Silber, Salzburg, Platzl 2, für Steiermark E. Peterka, Graz, Bischofplatz 1, für Kärnten Dr. Ernst Petritsch, Klagenfurt. Konstituierung des Nationalratsklubs der Unabhängigen: Auf Antrag Vzk. a. D. Hartleb wurde die Bezeichnung „Nationalratsklub der Unabhängigen“ einstimmig angenommen. Weiters wurde beschlossen, analog in den Ländern einen „Landtagsklub der unabhängigen Abgeordneten“ zu konstituieren. Es waren folgende Nationalräte anwesend: Dr. Kopf, Ebenbichler, Dr. Reimann, Dr. Kraus, Rammer, Huemer (abwesend), Josseck, Neuwirth, Vzk. a. D. Hartleb, Klautzer, Scheuch, Alois Gruber, Dr. Buchberger, Ing. Heger, Prof. Pfeifer, Dr. Stüber. Vzk. a. D. Hartleb wurde einstimmig zum Vizepräsidenten des Nationalrates vorgeschlagen. Abstimmungsergebnis für die Stelle des Klubobmannes und seines Stellvertreters: Bundesobmann Dr. Kraus 14 Stimmen Stellvertreter Vzk. a. D. Hartleb   8 Dr. Reimann   6 Dr. Pfeifer   1 Für Dr. Scheuch als Klubobmann wurden 2 Stimmen abgegeben. Es wurde zur Kenntnis genommen, dass der Dr. Kraus zum Klubobmann und Vzk. a. D. Hartleb zum Stellvertreter von den anwesenden Nationalräten gewählt wurden. Betreffend der Erklärung über Annahme und Verzicht auf ein Mandat wurden die Mandatare aufmerksam gemacht, dass die Frist für Annahme bzw. Verzicht 48 Stunden beträgt und mit dem Anschlag an der Amtstafel der Kreiswahlbehörde zu laufen beginnt.

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Antrag Dr. Elsnitz: Von der undatierten Verzichtserklärung, welche die Nationalräte unterschrieben haben, darf nur Gebrauch gemacht werden: 1. wenn ein entsprechender Beschluss des Nationalratsklubs der Unabhängigen mit 2/3-Mehrheit vorliegt und 2. wenn ein durch den Bundesvorstand einzusetzendes Ehrengericht zu einem Schuldspruch gelangt ist. Der zur Verantwortung zu ziehende Nationalrat und der Vorsitzende des Ehrengerichts dürfen nicht dem gleichen Bundesland angehören. Antrag einstimmig angenommen. Weiters wurde beschlossen, dass dieser Passus des Protokolls den 16 Nationalräten zugehen wird. Dr. Stüber, Hr. Klautzer u. Prof. Pfeifer verpflichten sich dem Bundesobmann gegenüber, nach diesen neu geschaffenen Bedingungen die Verzichtserklärung zu unterschreiben. Dr. Elsnitz sichert dem Bundesobmann Dr. Kraus zu, dass er nach erfolgter Rücksprache mit Hartleb auch für Vzk. a. D. diese Zusicherung geben könne. Die Verzichtserklärungen werden dem Bundesobmann Dr. Kraus übergeben und dieser wird für die Verwahrung dieser in einem Banksafe Sorge tragen. Zur Konstituierung selbständiger Landesvorstände für Wien, Niederösterreich und Burgenland berichten die Wiener, dass nach dem Rücktritt des Landesvorstandes Wien die Konstituierung für diese drei Bundesländer in den nächsten 14 Tagen erfolgen würde. Dr. Kopf teilt mit, dass der Landesverband Vorarlberg sich innerhalb der nächsten 14 Tage konstituieren werde. Zu Punkt 9 der Tagesordnung: Die Landesobmänner werden verpflichtet, über die Vertrauensleute bei den Wahlbehörden die rechtlichen Voraussetzungen für Wahlanfechtung bei den Kreiswahlbehörden und bei der Hauptwahlbehörde bzw. beim Verfassungsgerichtshof zu beschaffen. Allfälliges: Der Bundesvorstand beschliesst einstimmig: Herr Gordon Gollob bleibt auf jeden Fall bis zum Abschluss der gegenwärtigen Legislaturperiode Generalsekretär des Verbandes der Unabhängigen und wird als solcher auch die Organisation für Gesamtösterreich übernehmen. Verbindliche Anweisungen, für deren Beachtung die Landesobmänner verantwortlich gemacht werden, werden vom Generalsekretär ergehen.42

42 Der letzte »General der Jagdflieger«, Oberst Gordon Gollob – mit der Grazer Industriellenfamilie Reininghaus verwandt –, verfügte als eine Zeit lang erfolgreichster deutscher Jagdflieger über einen gewissen Nimbus  ; seine Eignung als administratives Hilfsorgan der Bundesführung war jedoch umstritten.

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Schluss der Sitzung um 18.30 Uhr. gez. Gollob Protokoll der Vorstandssitzung vom 7. XI. 1949 (VdU-Archiv Salzburg) Anwesend: Dr. Kraus, Dr. Reimann, Vzk. a. D. Hartleb, Dr. Tanzner, Dr. Elsnitz, Neuwirth, Wicha, Dr. Gasselich, Ebenbichler, Gruber, Prof. Miltschinsky, Dr. Scheuch, Dr. Wascher, Dimmer, Hartung, Klautzner, Dr. Wallner Schriftführer: Dr. Gasselich in der ersten Hälfte der Sitzung, dann Dr. Wallner Punkt 3 der Tagesordnung: Pressereferat Dr. Reimann Dr. Reimann referiert über die Wichtigkeit der Errichtung eines Pressereferates und schlägt vor, dass in jedem Bundesland ein Pressereferat errichtet wird, das dem Pressereferenten bei der Bundesleitung untersteht und vom Pressereferenten die verbindlichen politischen Weisungen des Vollzugsausschusses erhält. Richtlinien sind unbedingt erforderlich, wenn der VdU Politik treiben will. Dr. Reimann regt überdies an, einen Pressebeirat zu schaffen, dem alle Vertreter der VdU-Presse, der Bundesobmann und 2 Vertreter des Bundesvorstandes angehören. Dr. Kraus spricht im gleichen Sinne darüber und erklärt, dass seiner Ansicht nach als VdU-Organe nur Presseorgane gelten können, deren Verleger Bindungen betreffend Weisungen des Pressereferenten eingegangen sind. Dr. Elsnitz stellt einige Fragen betreffend Finanzierung der NF. Vzk. a. D. Hartleb wies darauf hin, dass der gegenwärtige Zustand im Pressewesen des Verbandes auf die Dauer unhaltbar ist. Aus diesem Grunde hat er Statuten für einen Presseverein mit Sitz Graz eingereicht. Dieser Presseverein soll kleinere Beiträge (unter S 5000,–) sammeln, gibt dafür Anteilscheine und zeichnet als Presseverein bei einer zu gründenden Ges.m.b.H. Die Geschäftsführung dieser Ges.m.b.H. müsste in Händen eines Exponenten des Pressevereines liegen. Dr. Reimann berichtet über seine Bemühungen zur Gründung einer Tageszeitung und macht dem Bundesvorstand davon Mitteilung, dass auf 1. Dezember d. J. in Salzburg für die westlichen Bundesländer und auf 1. Jänner in Wien für den Osten Österreich eine Tageszeitung herausgebracht werden wird. Herr Dr.Scheuch referiert über die Wünsche der Kärntner Landesleitung bzw. Vertrauensmänner des VdU in Kärnten. Antrag Dr. Reimann: der Bundesvorstand möge beschliessen: 1. die Errichtung eines Pressereferates innerhalb des Bundesvorstandes.

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Teil I  : Protokolle

2. Der Pressereferent errichtet nach Möglichkeit in den einzelnen Ländern Pressereferate, die ihm unterstehen. 3. Der Pressereferent gibt die politischen Richtlinien, die a) vom Bundesvorstand, b) vom Vollzugsausschuss festgelegt werden. 4. Der Bundesobmann hat unmittelbares Weisungsrecht und ist dafür dem Vollzugsausschuss verantwortlich. 5. Sollten VdU-Organe gegen diese Richtlinien grundsätzlich und gröblichst verstossen, so ist eine Distanzierung vorzunehmen: a) durch den Bundesvorstand, b) den Vollzugsausschuss, c) in dringenden Fällen durch den Pressereferenten im Einvernehmen mit dem Bundesobmann. Dem Pressereferenten steht ein Presseausschuss zur Seite, dem alle VdU-Organe (sic!) durch je ein Mitglied, der Bundesobmann und zwei Vertreter des Bundesvorstandes angehören. Die Landespressestellen haben im engsten Einvernehmen mit dem Landesobmann vorzugehen. Die mit der Durchführung erwachsenden Kosten werden vorläufig von der VdU-Presse getragen. Antrag einstimmig angenommen. Antrag Vzk. a. D. Hartleb: Der Bundesvorstand beschliesst, die Gründung des Pressevereines des VdU zu begrüssen und den Landesverbänden dringend zu empfehlen, bei der Aufbringung der Mittel mitzuwirken. Antrag einstimmig angenommen, eine Enthaltung (Dr. Wascher). Der Bundesvorstand beauftragt den Bundesobmann, Dr. Reimann und die Herren von Oberösterreich, alles aufzubieten, um die bestehenden Tageszeitungsprojekte zu koordinieren, damit die Interessen des Verbandes gewahrt werden. Antrag Ebenbichler: Der Bundesvorstand möge beschliessen: die Neuherausgabe von Zeitungen und Zeitschriften, welche sich als Organe des VdU oder irgendwelcher seiner Gliederungen ausgeben, ist an die Zustimmung des Bundesvorstandes gebunden. Die ganze Frage ist so zu behandeln, dass als Endziel angestrebt wird, die Blätter, die sich als VdU-Organe ausgeben, in das volle Eigentum des VdU oder des Press-Vereines des VdU überzuführen. Antrag einstimmig angenommen bei 1 Stimmenthaltung. Zum Leiter des Pressereferates wurde durch einstimmigen Beschluß des Bundesvorstandes (bei 1 Stimmenthaltung) Dr. Viktor Reimann bestellt. Der Pressebeirat setzt sich nach Bundesvorstands-Beschluss zusammen aus:

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Dr. Viktor Reimann, Dr. Herbert Kraus, Gustav Neumann, Dr. Stüber, Klautzer, Prof. Miltschinsky, Dr. Scheuch (diese beiden letzten als Mitglieder des Bundesvorstandes) und dem Obmann des Pressvereines des VdU (Vzk. a. D. Hartleb). Gewerkschaftsreferat: Antrag Neuwirth: Der Bundesvorstand möge beschliessen: Von den Spenden, die über das Gewerkschaftsreferat (Landesreferate) mittels Spendenscheinen aufgebracht werden, stehen dem Gewerkschaftsreferenten 15 % zur eigenen Verwendung zu. Antrag mit 10 Stimmen angenommen, 9 Mitglieder des BV waren für 20 %. Der Punkt der Tagesordnung „Junge Kameradschaft“ wurde vertagt. Die Bundesleitung wird aber in allernächster Zeit eine Sitzung in Salzburg abhalten, zu der die Landesleitungen Delegierte entsenden werden. Als Delegierte werden genannt: Oberösterreich Oskar Huemer Niederösterreich Herr Sigert Steiermark Schweiger Kärnten Rohr Wien noch nicht genannt Tirol detto Vorarlberg detto Burgenland detto Salzburg Gordon Gollob Allfälliges Frauenreferat: Die Landesleitungen, die bisher noch kein Frauenreferat errichtet hatten, verpflichten sich, möglichst bald ein solches zu errichten. Die Vertreter der Länder nehmen Kenntnis davon, dass in nächster Zukunft eine Tagung der Leiterinnen der Landesfrauenreferate in Salzburg unter dem Vorsitz von Frau Ledochowska stattfinden wird.43 Die Vertreter der Landesleitungen verpflichten sich, umgehend Protokolle und Unterlagen für eventuelle Wahlanfechtung und die Berichte der Wahlzeugen an die Bundesleitung zu schicken. Gleichzeitig verpflichteten sich die Vertreter der Landesleitungen, Unterlagen über Neonazismus auf Seiten der gegnerischen Parteien, soweit vorhanden, zu besorgen und der Bundesleitung zuzusenden.

43 Gräfin Thea Ledochowska war die jüngere Schwester von Herbert Kraus.

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Der Unabhängige Wirtschaftsverband trat an den Bundesvorstand des VdU mit der Bitte heran, Herrn Prinzhorn als Vertreter der Wirtschaft und des UWV in den Bundesvorstand zu kooptieren.44 Antrag einstimmig angenommen. Antrag Hartleb. Der Bundesvorstand wird gebeten, eine lose Organisation „unabhängiger Bauern“, die Vzk. a. D. Hartleb in der Steiermark gegenwärtig aufbaut, zu genehmigen. (Einstimmig genehmigt.) Antrag Dr. Kraus. Der Bundesvorstand beauftragt Vizekanzler a. D. Hartleb die Vorarbeiten für eine bäuerliche Organisation innerhalb des VdU aufzunehmen. (Antrag einstimmig angenommen.) Antrag Dr. Reimann. Der Bundesvorstand möge beschliessen, dass in seinen Sitzungen in Zukunft Stimmenthaltung nicht mehr möglich ist. Ausnahme: Wahlen. Antrag Dr. Reimann. Auf der nächsten Bundesvorstandssitzung wird in den Bundesvorstand ein zweiter Vertreter der Arbeiter kooptiert werden. Punkt der Tagesordnung über Finanzfragen. Der Bundesvorstand beschloss, in allernächster Zeit die Landesfinanzreferenten zu einer Besprechung nach Salzburg einzuladen. Bei dieser Konferenz werden anhand der gesamten Unterlagen der Landesfinanzreferenten die finanzielle Lage der Bundesleitung und der Landesleitung und die möglichen Wege der Finanzierung besprochen werden. Erste Hälfte des Protokolls wird nachgeliefert!45 Salzburg, 18. Nov. 1949 Wallner e.h.

44 Harald Prinzhorn – der Vater des 2. NR-Präsidenten 1999–2002, Thomas Prinzhorn – war später von 1971–75 Obmann des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender. 45 Nicht auffindbar (Tagesordnungspunkte 1 und 2).

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Protokoll der Bundesvorstandssitzung vom 20. III. 1950, 9.45 (VdU-Archiv Salzburg) Anwesenheitsliste aufgenommen von Herrn Greil46 Dr. Herbert A. Kraus, Dr. Viktor Reimann, Gordon Gollob, Florian Groll, Thomas Neuwirth, Dr. Franz Wallner, Ing. Frauscher, Hans Rammer, Gerhart Ebenbichler, Lothar Greil, Prof. Miltschinsky, Dimmer, Eugen Görcz, Ferd. Haidner, Gump, Karl Hartleb, Herbert Schwaiger, Dr. Josef Elsnitz, Jörg Kandutsch, Franz Schuster, Dr. Robert Scheuch, Josef Rieder, Felzer, Neugebauer, Dr. Zeillinger, Gruber, Franz Buchinger, Otto Tisott, Fritz Hölzl, Dr. Fritz Roschall Tagesordnung: 1. Bericht über Oberösterreich 2. Wirtschaftskammerwahlen 3. Tagung der Landesräte, Landtagsabgeordneten, Bundesräte usw. 4. Pressefragen 5. Finanzfragen 6. Generalversammlung 7. Organisationsrichtlinien u. Statuten Dr. Kraus eröffnet die Sitzung und verweist auf die Wichtigkeit der heutigen Vorstandssitzung, bittet die Teilnehmer, sich möglichst kurz zu fassen, nur zum jeweils behandelten Punkt der Tagesordnung zu sprechen, und verweist nochmals auf die Geheimhaltungspflicht, nachdem in der letzten Zeit aus dem engsten Kreis des Bundesvorstandes immer wieder und wohl nur durch Leichtfertigkeit verursacht Veröffentlichungen in die gegnerische Presse gekommen sind. Punkt 1 der Tagesordnung: Bericht Dr. Reimann über Oberösterreich. Dr. Reimann informiert den Bundesvorstand über die beiden Sitzungen in Wels und Wien. Diese Sitzungen konnten sich nur in dieser Form abspielen, weil die Informationen, die vorlagen, unvollständig waren und vor allem in Wien die Gegenseite mit ihren Argumenten nicht zu Gehör kam. Dr. R. erinnert noch einmal daran, dass er snzt. [seinerzeit] vom Bundesvorstand beauftragt wurde, die gefassten Beschlüsse nach Sondierung der Lage in Oberösterreich durchzuführen oder nicht. Dr. R. hatte snzt. alle Vollmachten. Reimann berichtet in Übereinstimmung mit den beiden Vertretern Oberösterreichs (Rammer u. Frauscher), dass er mit wenigstens 60 Leuten, darunter auch sehr vielen Neutralen und auch Neumann-Anhängern gesprochen hat. Auf Grund dieser Besprechungen kam er zur Überzeugung, dass die Beschlüsse des Bundesvor46 Lothar Greil war der Sekretär Gollobs.

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standes in Wien nicht durchgeführt werden konnten. Aus diesem Grunde setzte Dr. Reimann im Rahmen der ihm gegebenen Vollmachten einen Arbeitsausschuss ein. Dieser Arbeitsausschuss ist zusammengesetzt unter dem Gesichtspunkt, dass Bezirke, Gemeinden und Berufsgruppen usw. gerecht vertreten sind. Dr. Joklik wurde gemäss Bundesvorstandsbeschluss ausgeschlossen. Die Anwürfe gegen Eder, Greil und Seewald erwiesen sich nach genauen Überprüfungen, die Dr. R. veranlasste, als nicht stichhältig.47 Der Fall Kratky erledigte sich durch seinen Austritt und Überlaufen zur SPÖ von selbst. Der Arbeitsausschuss Oberösterreich kam nach Bericht Dr. Reimanns zur Überzeugung, dass man Eder nicht mehr als Organisationsleiter verwenden könnte. Wohl aber komme eine andere Verwendung, z.B. als Bezirksleiter, in Frage. Dr. Reimann referiert noch über den Fall Wascher48 und über eine Besprechung mit dem Arbeitsausschuss in Presseangelegenheiten und Angelegenheit Tageszeitung. Im Arbeitsausschuss Oberösterreich ergab sich bei Anwesenheit von Dr. Reimann eine völlige Übereinstimmung der Auffassungen. Man einigte sich auf ein Arbeitsprogramm und verpflichtete sich, Differenzen personeller oder sachlicher Natur im Arbeitsausschuss auszutragen. Rammer erklärte, dass über die VdU-Finanzen in Oberösterreich überhaupt keine Kontrolle bestand. Erst die weiteren Untersuchungen werden ergeben, ob Neumann in dieser Sache eine Schuld trifft. – Der ehemalige Landesobmann Neumann war zweifellos an der Entwicklung in Oberösterreich weitgehend schuld, da er allmählich jeden Kontakt mit den Bezirksleitern verloren hat. Auf Antrag Dr. Kraus’ nahmen an der weiteren Sitzung des Bundesvorstandes die Landesgewerkschaftsreferenten Mayer, Kandutsch und Schuster ohne Stimmrecht teil. Antrag einstimmig angenommen. Dr. Kraus spricht noch kurz zum Fall Greil und erklärt, dass es Aufgabe des Sekretärs sei – ob nun angestellt oder nicht – sich grösster Zurückhaltung zu befleissigen. Aufgabe des Sekretärs ist es, nach allen Seiten hin äusserst korrekt zu sein.

47 Neumann war auf Betreiben der Bundesleitung – und der »Sekretärsmafia« im Lande, darunter Joklik und Eder, die angeblich über gute Kontakte zu den Sowjets verfügten – in einer tumultartig verlaufenden Sitzung in Wels am 20. Februar als Landesobmann abgewählt worden, doch regte Hartleb die Mission Reimanns zur Reassumierung des Beschlusses an. Neumann erklärte sich jedoch in einem Schreiben vom 14. März für dauernd verhindert und zog sich aus der Politik zurück, vgl. Höbelt, VdU 102 f. 48 Erwin Wascher war 1949 zum Landesrat gewählt worden, weil sich die beiden anderen Parteien an das »ungeschriebene Gesetz« halten wollten, daß Landesräte auch dem Landtag angehören sollten und deshalb nicht für Max Rabl stimmten, den der VdU ursprünglich vorgeschlagen hatte  ; gegen Wascher, einen Schwager von Landesobmann Gustav A. Neumann, wurden bald Korruptionsvorwürfe erhoben. Er trat im Juni 1950 zurück und wurde später verurteilt  ; vgl. Protokolle des oberösterreischen Landtages, 5. 12. 1949, 9. 6. 1950  ; Harry Slapnicka, Oberösterreich – zweigeteiltes Land 1945–55 (Linz 1986) 55. Als Landesrat folgte ihm der Gmundner Hotelier Roland Hausmann.

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Eine lebhafte Debatte entspann sich über die Verletzung der Geheimhaltungspflicht in den letzten Wochen. Neuwirth stellt dabei fest, dass die Sachen, die in der Presse erschienen sind, in der Indiskretion von Versammlungsteilnehmern in Oberösterreich ihren Ursprung haben müssen. Verschiedene Bundesvorstandsmitglieder (Dr. Elsnitz, Frauscher) erklären, dass der Bundesvorstand viel zu wenig funktioniert. Die Redner betonen, auch das mangelnde Funktionieren des Bundesvorstandes sei ein Grund für die vielen Austritte in der letzten Zeit. Hartleb stellt dazu fest, dass diese Auffassung völlig falsch ist. Um keinen, der bis jetzt ausgetreten ist, ist schade.49 Kandutsch stellt fest, dass es ein Mangel ist, dass das Generalsekretariat keine Möglichkeit hat, gefasste Beschlüsse des Bundesvorstandes durchzuführen. Überdies sei zu bemängeln, dass die Mehrzahl der Bundesvorstandsmitglieder im Nationalrat bzw. in den Landtagsklubs von Arbeit überbeansprucht sind und daher der Arbeit im Bundesvorstand nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken können. Kandutsch verweist in diesem Zusammenhang auf das verspätete Erscheinen der Stellungnahme des VdU zur bekannten Schuster-Erklärung. Dr. Kraus erklärt, dass der Bundesvorstand und die Landesvorstände mit ruhiger Besonnenheit an die Bewältigung der gestellten Aufgaben herantreten müssen. Wir sind eine junge Bewegung, Fehler werden immer gemacht werden, die Gesinnung muss bleiben. Antrag Dr. Kraus: Der Bundesvorstand wolle den Berichten Dr. Reimann und Dr. Elsnitz seine Zustimmung erteilen und Dr. Reimann entlasten. Bericht Dr. Elsnitz einstimmig zur Kenntnis genommen. Bericht Dr. Reimann mit 2 Gegenstimmen (Rammer und Frauscher) zur Kenntnis genommen und Entlastung gegen diese beiden Gegenstimmen gewährt. Rammer führt als Begründung für die Gegenstimmen Oberösterreichs an, dass die seinerzeitigen Welser Beschlüsse unter dem Vorsitz Dr. Kraus bzw. Dr. Reimann gefasst wurden. Gollob referiert noch kurz über die Vorfälle Oberösterr. und betont, dass er die Bundesleitung über die Gefahren, die dort aufziehen, einige Male orientiert hat. Seine Warnungen wurden nicht beachtet. Gollob erklärt auch noch, dass in Linz im Sozialund Gewerkschaftsreferat unter dem Vorsitz von Neuwirth Wahlen stattgefunden haben, wo nur ein Teil der Stimmberechtigten zugegen war.

49 Der Linzer NR Oskar Huemer hatte als Vertreter des Interessenverbandes der Kleinsparer auf dem Weg über Gustav Canaval zum VdU gefunden. Er trat im Februar 1950 aus, behielt aber als Parteiloser sein Mandat, schloß 1951 ein Bündnis mit der Demokratischen Union und war 1952 an der Gründung der ›Nationalrepublikaner‹ beteiligt  ; 1963 trat er der SPÖ bei  ; vgl. Autengruber, Kleinparteien 235–242. AKMandatar Eduard Kratky wechselte mit einigen Kollegen schon 1950 zur SPÖ.

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Hartleb stellt fest: Es ist eine falsche Einstellung zu sagen, dass bei solchen Vorkommnissen die Schuld die Bundesleitung trifft. Die Wiener Vorstandssitzung konnte sich nur an die Berichte, die gegeben wurden, halten und auf Grund der vorliegenden Informationen ihre Beschlüsse fassen. Jedenfalls sei er gegen eine Diktatur des Generalsekretariats. In einer politischen Partei kann es nur mit demokratischen Mitteln zu einer fruchtbaren Arbeit kommen. Die Stellen des Organisationsstatuts, die Landesobmann Haidner an der Wiener Vorstandssitzung verlas, liessen die Befürchtung aufkommen, dass eine Sekretärswirtschaft untragbar ist. Neuwirth nimmt noch einmal zur Linzer Tagung des Sozial- und Gewerkschaftsausschusses Stellung. Er erklärte, dass es sich ursprünglich um ein Referat handelte, dass sich zu einem Ausschussystem entwickelte. In Linz waren an dieser Tagung 50 Leute anwesend und an der Tagung selbst wurden keine Stimmen laut, die erklärt hätten, dass nicht genügend stimmberechtigte Mitglieder teilnahmen. Zur Rede von Gen.-Direktor Schuster wurde rechtzeitig Stellung genommen bzw. eine Presseerklärung des VdU herausgegeben. Selbstverständlich sind die Funktionäre verpflichtet, die Presseerklärungen in unserer Verbandspresse zu lesen und sich nicht an den Auslassungen der gegnerischen Presse zu orientieren. Frauscher: Selbstverständlich ist in einer politischen Partei eine demokratische Haltung wichtig. Die Verwaltung hingegen verlangt eine straffe Organisation; Organisation verlangt wiederum Geld. Punkt 2 der Tagesordnung: Wirtschaftskammerwahlen Dr. Kraus referiert über die Wichtigkeit der Wirtschaftskammerwahlen und betont, dass uns diese die Möglichkeiten geben, tatsächlich Einfluss auf das politische Geschehen zu erhalten. Die Personalunion von ÖVP und Wirtschaftskammern habe eine Situation geschaffen, dass wir mit unseren Argumenten, wenn sie sachlich auch noch so fundiert sind, nicht durchdringen. Wenn es gelingt, eine Liste aufzustellen, die nicht als VdU-Liste deklariert ist, die aber von uns gemacht wird, dann können wir mit einem großen Erfolg rechnen. Die gemeinsame Berufsüberzeugung der Handel- und Gewerbetreibenden lässt viele Sympathien für uns erwarten. Mit einer VdU-Liste werden wir nicht durchdringen, weil sich die Leute noch viel zu wenig trauen. Die ÖVP ist bisher in jedem Bundesland an uns herangetreten mit dem Bemühen, eine gemeinsame Liste mit der ÖVP zu machen. Er berichtet weiter, dass sich der VdU in Vorarlberg in allen Fachgruppen auf eine Liste mit der ÖVP einigen will. Dr. Zeillinger referiert über die Situation in Salzburg. Dimmer erklärt: Die gesamte Wirtschaft will von den Parteien wegkommen. Die Entpolitisierung der Wirtschaft ist das grösste Anliegen aller Wirtschaftstreibenden. Er berichtet weiter, dass in der Steiermark mit Namenslisten gearbeitet wird. Nach seiner Überzeugung wird es überhaupt nur möglich sein bei den Wirtschaftskammerwah-

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len mit Namenslisten aufzutreten. Weiters betont Dimmer, dass wir alle Leute nach den Wahlen fest in der Hand haben müssen, weil die entscheidenden Wahlen für die Kammer und für die Bestellung des Präsidiums erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Dr. Scheuch berichtet über die Situation in Kärnten und teilt dem Bundesvorstand mit, dass Kärnten für alle Fälle auch eine VdU-Liste vorbereitet.50 Dimmer referiert noch kurz über die Besprechungen, die mit den Vertretern des Transportgewerbes stattgefunden haben. Die übrigen Ländervertreter referieren über die Möglichkeiten und die Situation in ihren Bundesländern. Dr. Elsnitz regt an, Präsident Dimmer möge von Land zu Land gehen und dort mit den Landesobmännern Fühlung aufnehmen, sich überzeugen, wie weit die Vorbereitungen für die Kammerwahlen getroffen sind und im Einvernehmen mit den Landesobmännern das Nötige veranlassen. Die Landesobmänner werden besorgt sein, einen Verantwortlichen für die Durchführung der Kammerwahlen hauptamtlich zu bestellen. Punkt 3 der Tagesordnung: Tagung der Nationalräte, Bundesräte, Landesräte usw. Antrag Hartleb: 1. Landesobmänner, Landesräte, Nationalräte und Bundesräte, die Klubobmänner der Landtagsklubs. Neuwirth, Dimmer und Gollob halten zum Zweck der Koordinierung der Landespolitik und zum Zwecke der besseren Zusammenarbeit von Nationalratsklubs und Bundesräten und Landtagsklubs eine Tagung ab. (Den Landtagsabgeordneten steht es frei, dieser Tagung beizuwohnen.) 2. An dieser Tagung, die sich an die erste Tagung anschliesst, wird die Gemeindepolitik des VdU behandelt und es nehmen an dieser Tagung neben den oben Genannten die Stadträte der autonomen Städte, die Klubobmänner der unabhängigen Gemeinderatsklubs, die Gemeinderatsklubs der autonomen Städte, die Referenten für Gemeindepolitik im Landesvorstand und verschiedene Vertreter von kleineren Gemeinden teil. Beide Anträge einstimmig angenommen. Ort der Tagung Linz am 5. und 6. April 1950. Am 5. 4. um 10 Uhr und am 6. April um 9 Uhr. Auch dieser Antrag einstimmig angenommen. Vizekanzler a. D. Hartleb wird mit einigen anderen Herren eine Tagesordnung für diese beiden Tagungen ausarbeiten. Die Landesobmänner bzw. die Landtagsklubs des 50 Letztendlich trat der VdU auch in Kärnten nicht zur Handelskammerwahl an  ; in Vorarlberg und Oberösterreich kam eine gemeinsame Liste zustande.

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VdU werden gebeten, Anregungen für diese Tagesordnung zu geben. Frauscher stellt den Antrag, in der nächsten Zeit eine Tagung der Bezirksleiter – entweder die Bezirksleiter ganz Österreichs, oder nach Süd-, West- und Ostösterreich getrennt – abzuhalten. Antrag einstimmig angenommen. Besuch Dr. Elsnitz’ in Linz: Dr. Elsnitz erklärte, dass er nach einer Aussprache mit Generalsekretär Gollob in Graz zur Überzeugung kam, dass er sich am besten als Bundesvorstandsmitglied an Ort und Stelle über die Vorkommnisse in Oberösterreich informiere. In Oberösterreich sprach er mit Landesrat Grünbart und Rammer. Weitere Veranlassung für seine Reise nach Oberösterreich geben die Gerüchte über Wascher in der Steiermark. Dr. Elsnitz erklärt, dass er mit Joklik nicht verabredet war, sondern ihm vor der Landesleitung in die Hände gelaufen sei. Dr. Kraus dankte Dr. Elsnitz, findet sein Verhalten für richtig. Verschiedene Seiten bemängeln, dass Dr. Elsnitz weder den Bundesobmann noch seinen Stellvertreter über seine Reise nach Linz informierte. Neuwirth nimmt noch einmal zur Linzer Tagung des Sozial- und Gewerkschaftsausschusses Stellung. Er erklärte, dass es sich ursprünglich um ein Referat handelte, das sich zu einem Ausschussystem entwickelte. In Linz waren an dieser Tagung 50 Leute anwesend und an der Tagung selbst wurden keine Stimmen laut, die erklärt hätten, dass nicht genügend stimmberechtigte Mitglieder teilnahmen. Sozial- und Gewerkschaftspolitisches Referat: Neuwirth legt in einem einstimmigen [?] Referat die Lage und die Aussichten dar. Nach einer lebhaften Debatte, an der sich neben den Mitgliedern des Sozial- und Gewerkschaftspolitischen Ausschusses alle Bundesvorstandsmitglieder und Generalsekretär Gollob beteiligten, wurde auf Antrag Dr. Elsnitz’ der Beschluss gefasst, im Generalsekretariat umgehend einen hauptamtlichen Sekretär für Gewerkschafts- u. Sozialpolitik einzustellen, der 1. ein Gewerkschafts- und Sozialpolitisches Aktionsprogramm beschlussreif vorbereitet, 2. die notwendigen Formulierungen schafft, 3. Kontakt mit der Presse und mit der Gesamtorganisation des VdU pflegt, 4. um die dauernden Abstimmungen mit den Bestrebungen des UWV besorgt ist, 5. an der Festlegung der Taktik gegenüber dem Gewerkschaftsbund mitarbeitet und 6. eine VdU Betriebsorganisation vorbereitet. Als hauptamtlicher Angestellter des Gewerkschaftspolitischen Referates wird Herr Pfnier (Graz) in Aussicht genommen.

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Präsident Dimmer erklärt, dass sich der UWV für die Unterbringung von Leuten, die wegen ihrer VdU-Tätigkeit entlassen wurden, kümmern wird und in diesem Sinne auch an die Landesstellen des UWV Weisungen hinausgegeben werden. Neuwirth dankte dem Bundesvorstand für die ausführliche Behandlung der Probleme, stellte ferner fest, dass eine Betriebsorganisation selbstverständlich nur im Einvernehmen des Gewerkschaftsreferates gepflogen werden könne. Antrag Neuwirth: 1. An die Presse wird ein Gesamtkommunique hinausgegeben, in dem der ÖGB aufgefordert wird, sofort in sämtlichen Konferenzen des ÖGB VdU-Vertreter zu kooptieren. 2. Je ein berufsamtlicher Vertreter des VdU in den Zentral-Gewerkschaftsbund und je einer in der Landesexekutive gefordert wird. 3. [nicht leserlich] 4. Wenn von Seiten des ÖGB den Forderungen nicht Rechnung getragen wird, so zwingt der Gewerkschaftsbund dem VdU den Kampf auf. Antrag Neuwirth: in den Bundesvorstand werden kooptiert, ein Gewerkschaftsvertreter von Wien (Schuster), ein Gewerkschaftsvertreter aus Oberösterreich (Name wird später bekanntgegeben). NR Alois Gruber als Gewerkschaftsvertreter, Kandutsch übernimmt als Bundesvorstandsmitglied das Referat „Gewerkschafts- u. Sozialpolitik“, wobei Neuwirth weiterhin Vorsitzender des Zentralausschusses für Sozial- u. Gewerkschaftspolitik bleibt. Antrag einstimmig angenommen. Antrag Dr. Reimann: Der Bundesvorstand möge, um seinem Willen, Neuwirth jede Unterstützung zu gewähren, zum Ausdruck [zu] bringen, Neuwirth zum BundesobmannStellvertreter bestellen. Antrag einstimmig angenommen. Nach der Abstimmung über diese Anträge ergreift Hartleb das Wort und weist die Vorwürfe, die gegen den Bundesvorstand erhoben wurden, zurück. Er erklärt, dass weder im Bundesvorstand noch im Parlamentsklub je ein Antrag der Arbeitnehmer abgelehnt wurde. Dr. Elsnitz, Kandutsch und einige andere Herren bestätigen das gleiche für ihre Bundesländer. Der Bundesvorstand kehrt nunmehr zur Behandlung des Punktes Presseangelegenheiten zurück. Hartleb: Die Pressefrage wird immer schwieriger. Es wird immer das Gegenteil von dem gemacht, was empfohlen wird. Reden ist infolgedessen zwecklos. Haidner liest die in der letzten Bundesvorstandssitzung hinsichtlich der Presse gefassten Beschlüsse. Elsnitz: Solange kein Geld da ist, kann man Privatpersonen zu nichts zwingen. Dr. Reimann: Wenn die Blätter ihren Aufgabenbereich und dementsprechend ihren Inhalt ändern, werden sie bestehen können, wenn sie alle gleich sind, werden sie nicht leben können.

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Dr. Kraus hat die Bezirke gebeten, Anzeigen zu sammeln. Damit kann eine Finanzierungsbasis gewonnen werden. Wenn die Werbung Erfolg hat, dann kann man daran denken, für die Steiermark eine eigene Ausgabe zu machen. Elsnitz: Solange wir kein Geld haben, ist nichts zu machen. Der „Alpenruf“ wird eine Konkurrenz für die „Neue Front“ werden und das Blatt, das tüchtiger ist, wird sich durchsetzen.51 Gollob: Damit wird die „Neue Front“ geschwächt werden, d.h. gerade dasjenige Blatt, das dem VdU schon gehört. Elsnitz: Wenn der „Alpenruf“ zugrunde gegangen wäre, wäre dies ein noch schwe­ rer[er] Schlag für den VdU gewesen. Punkt 5 der Tagesordnung: Finanzfragen. Dr. Kraus schlägt vor, die Länder mögen von ihren Monatsbilanzen, d.h. von sämtlichen Einnahmen und Ausgaben, jedes Monat einen Durchschlag an das Generalsekretariat schicken. Der Bundesfinanzreferent kann das nicht machen. Die Funktionen müssen getrennt werden. Die Geldbeschaffung wird Dr. Kraus gemeinsam mit dem Landesfinanzreferenten selbst besorgen. Für die Verteilung der Gelder ersucht Dr. Kraus, ihn selbst zu bevollmächtigen. Die Finanzkontrolle hätte das Generalsekretariat zu besorgen. Einen Generalfinanzbericht hat bisher nur Wien, Niederösterreich und Steiermark geliefert. Die restlichen Länder haben sich nicht daran gehalten. Der von Dr. Kraus vorgeschlagene Modus und die Kontrolle durch das Generalsekretariat werden einstimmig beschlossen. Von einer Meldung von Spenden über tausend Schilling wird Abstand genommen, da die Spender nicht genannt zu werden wünschen. Dr. Elsnitz bringt die Lage des Forschungsinstitutes zur Sprache und macht Dr. Kraus auf mögliche Gefahren aufmerksam. Punkt 6: Vorbereitung der Generalversammlung. Nach langer Wechselrede wird beschlossen, die Generalversammlung zu einem noch nicht bestimmten Zeitpunkt satzungsgemäß einzuberufen. Für diese Generalversammlung wird ein neues Statut vorbereitet werden (zur Beschlußfassung). Den Ländern wird dieser Vorschlag vorher zur Begutachtung eingesandt werden.

51 Am 3. Juni 1950 war im ›Alpenruf‹ über eine mögliche Verschmelzung mit der ›Neuen Front‹ zu lesen. Der Konflikt zwischen dem steirischen Landesverband und dem Bund in den Wochen danach dürfte diese Pläne hinfällig gemacht haben.

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Punkt 7: Dr. Kraus kommt auf die seinerzeitigen Beschlüsse hinsichtlich des Generalsekretariats und die Persönlichkeit des Generalsekretärs Gollob zu sprechen. Dr. Kraus stellt fest, dass Oberst Gollob keine wie immer geartete Handlung gesetzt hat oder zu setzen gewillt war, die Grund für die snzt. vorgebrachten Beschuldigungen gegeben hätten. Gollob klärt von seiner Seite die missverstandenen Tatbestände auf, Hartleb und Haidner die Situation, wie sie für sie bzw. den Bundesvorstand gegeben waren. Kandutsch ist für das demokratische System, d.h. für die Wahl der führenden Persönlichkeiten, dann aber müsse Disziplin und Gehorsam herrschen, wenn man nicht dem Nihilismus und Chaos verfallen will. Dr. Kraus hält noch eine Ergänzung für nötig. Die Tätigkeit muss sich immer vollziehen im Rahmen der einer Persönlichkeit zustehenden Funktion, auch unterliegt die Tätigkeit der Kontrolle. Eine Gemeinschaft ist immer dann gesund, wenn ein Gleichgewicht besteht zwischen der Durchsetzung der Kontrollpersönlichkeit auf der einen Seite und der Durchsetzung des Kontrollwillens von unten her. Neuwirth: Der Generalsekretär muß naturgemäß die Vollmachten haben, die er braucht, um seine Aufgaben durchführen zu können. Noch dazu, wenn man als Generalsekretär eine Persönlichkeit wie Oberst Gollob hat. Aber es geht nicht an, dass wir Bundesvorstandssitzungen haben, deren Protokoll dann nicht einwandfrei ist oder nicht aufliegt. Das muss geändert werden. Damit ist der Punkt erledigt. Einvernehmlich wird schliesslich festgelegt, dass künftighin Bundesvorstandssitzugen immer am letzten Montag im Monat abzuhalten sein werden. Die Tagesordnung muss vorher bekanntgegeben werden. Die Sitzungen werden abwechseln(d) in den verschiedenen Städten abgehalten werden. Der Ort der nächsten Sitzung wird noch festgelegt werden. Datum ist der 24. April. Schluss der Bundesvorstandssitzung: 0.5 Uhr Verbuchte Ausgaben der Bundesleitung vom 1. Jänner–31. Mai 1950 Gehalte 32.750 Löhne 1.200 ReisekostenFahrtspesen 13.000 Soziale Abg. 1.000 Repräsentation 1.200 Miete u. Bel. 3.100 Beheizung 1.400 Büromaterial 3.000

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Drucksachen 1.400 Telf.-Geb. Teleg. 2.700 Porto u. Versand 1.700 SchreibmaschinMiete 150 Postspark. Spesen 4.600 Sonstige 3.400

70.600 : 5 = 14.000

Bezüge d. Bürokräfte Gollob Pauschal-Honorar Spesen-Pauschale



Pesendorfer P.-Honorar Spesen-Pausch. Repräsent.-Spesen Greil Gehalt Egger Gehalt Frl. Egger Gehalt Spesen P.



Monatl. Summe

750 1.100 750 150



750 170 50





750 450 400



Fr. Motzko Gehalt Bürodiener Lohn Reinig.-Frau

1.500 600

7.420

Verbandsleitungssitzung 10. 7. 1950 – Linz (Nl. Hartleb) Bericht der engeren Bundesleitung. Abstimmungsergebnis bei Antrag Hartleb auf Billigung des Beschlusses der engeren Bundesleitung.52 52 Es handelte sich dabei in erster Linie um die Suspendierung von Generalsekretär Gollob und des steirischen Landesobmannes Elsnitz. Am 21. Juni hatte in Graz eine Sonnwendfeier, am 23. Juni eine Veranstaltung mit Gollob und Kandutsch auf dem Hauptplatz stattgefunden (unter dem Titel  : Wirtschaftlicher

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12 Ja: Kraus, Hartleb, Reimann, Neuwirth, Miltschinsky (2), Gasselich (2), Richter, Schuster, Kopf, Gruber 10 Nein: Rammer, Elsnitz (2), Ebenbichler (2), Gollob, Scheuch, Kandutsch, Groll, Roschall Bundesverbandsleitung53 am 20. 7. 1950 (Nl. Hartleb) Beschlüsse und Abstimmungs-Ergebnisse I. Das Dienstverhältnis des Generalsekretärs Gollob ist nach § 27, Abs. 1 Ang[estellten]Ges[etz] zu lösen. 13 Ja: Kraus, Hartleb, Reimann, Neuwirth, Richter, Gruber, Schuster, Miltschinsky, Stüber, Gasselich, Stockinger, Kopf, Görcz 8 Nein: Wimmer, Roschall, Rammer, Neumann, Klautzer, Schweiger, Scheuch, Ebenbichler II. Herr Gordon Gollob wird auf Grund seiner derzeitigen Tätigkeit, welche zur Spaltung und schwersten Schädigung des VdU führen könnte, aus dem Verband ausgeschlossen.54 Dieser Beschluß hat mit den Grazer Vorfällen nichts zu tun. 13 Ja: Kraus, Hartleb, Reimann, Richter, Wimmer, Gruber, Schuster, Miltschinsky, Stüber, Gasselich, Stockinger, Kopf, Görcz 7 Nein: Roschall, Rammer, Neumann, Klautzer, Schweiger, Ebenbichler

Zusammenbruch oder nationale Sammlung), die als Anlass für ein Verbot des steirischen Landesverbandes am 1./3. Juli dienten. Gollob hatte dabei von Österreich als einer »Scheindemokratie« gesprochen (für eine Zusammenfassung seiner Rede vgl. Alpenruf, 1. Juli 1950). Auf Befragen Hartlebs berief sich Innenminister Helmer auf den Druck der Alliierten, vgl. Höbelt, VdU 107 ff. Am 26. Juni hatte Kraus in einer Sitzung der BVL in Villach (von der kein Protokoll erhalten ist) Gollob unter Berufung auf journalistische Quellen erstmals vorgeworfen, er wolle die Macht im VdU übernehmen (Memorandum Gollobs vom 8. 7. 1950). Eine Kontroverse entwickelte sich schließlich über die Frage, ob bei der Veranstaltung in Graz das Deutschland-Lied gesungen worden sei oder die Kernstock-Hymne, zu der Gollob aufgefordert hatte (vgl. Alpenruf 22. 7. 1950). 53 Gollob behauptete in seinen ›Vorhaltungen gegen Vizekanzler a. D. Karl Hartleb‹, die Sitzung sei bewusst in Wien abgehalten worden, um ihm ein Erscheinen unmöglich zu machen. Hartleb habe »in Wien eine bereits angelaufene Abstimmung über einen mich betreffenden Antrag als Vorsitzender unterbrochen und durch eine etwa 1½-stündige ›Bearbeitung‹ der BV-Mitglieder die entscheidende negative Wendung herbeigeführt«. 54 Der Vorwurf bezog sich insbesondere auf eine Fahrt nach Innsbruck, zusammen mit führenden Mitgliedern des Salzburger Verbandes, um auch die Tiroler für eine Stellungnahme gegen die Bundesführung zu gewinnen  ; siehe auch unten das Protokoll der Salzburger Landesleitung vom 25. Juli.

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III. Die Bundesverbandsleitung spricht dem Bundesobmann Dr. Kraus ihr vollstes Vertrauen aus und stellt sich geschlossen hinter ihn. Einstimmig angenommen (Enthaltung Kraus). IV. Mit der Führung der Geschäfte des Generalsekretariats wird bis zur Generalversammlung Bundesobmannstellvertreter Nationalrat Thomas Neuwirth betraut. Angenommen mit 1 Gegenstimme (Schweiger), Enthaltung Neuwirth. V. Die Bundesverbandsleitung beschliesst, so schnell wie möglich den Bundesverbandstag einzuberufen. VI. Die engere Bundesleitung wird ermächtigt, im Zuge der drohenden Spaltungsbewegung notwendig werdende weitere Ausschlüsse und Suspendierungen von Mitgliedern rechtsgültig zu beschliessen und erforderlichenfalls diese Maßnahmen in der Presse zu veröffentlichen. Angenommen mit 1 Gegenstimme. VII. Die Salzburger Funktionäre Dr. Zeillinger, Weilhartner, Ing. Daxer, Schmidjell und Freyborn werden aus dem Verband ausgeschlossen. 15 Ja : 2 Nein VIII. Die Bundesverbandsleitung ermächtigt die engere Bundesverbandsleitung, nach vorheriger Auseinandersetzung mit Landesrat Groll unter Umständen einen kommissarischen Beauftragten für das Bundesland Salzburg einzusetzen. 15 Ja : 2 Nein IX. Die Bundesverbandsleitung stellt fest, dass die in Graz verteilte Flugschrift „Die schwarze Fahne“ ohne ihr Wissen und ohne ihre Bewilligung abgefasst und verbreitet wurde. Sie kann daher nicht als Veröffentlichung des VdU angesehen werden. 14 Ja : 5 Nein X. Die Suspendierung der Herren Kandutsch, Fritz Maier und Gmeindl wird aufgehoben. Einstimmig. XI. Die Bundesverbandsleitung hat mit dem Innenministerium Verhandlungen über die Möglichkeit der Errichtung von Aussenstellen in der Steiermark zu führen und nach dem Ergebnis dieser Verhandlungen eine solche Aussenstelle oder Wahlkreisaussenstelle zu errichten. Das Vorschlagsrecht bezüglich der Bestellung des oder der Beauftragten steht dem Gemeinde- oder Landtagsabgeordnetenklub zu.

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Einstimmig. XII. Dem von Vizekanzler a. D. Hartleb und Dr. Miltschinsky ausgearbeiteten Entwurf der Landesstatuten wird die Zustimmung erteilt. Einstimmig. XIII. Die Bundesverbandsleitung beschliesst, den Bundesobmann und den Generalsekretär zu beauftragen, von Oberst Gollob die Rückgabe aller Schriften und Dokumente zu verlangen, die er aus dem Generalsekretariat irgendwohin verbracht hat. Sollte er der Aufforderung nicht Folge leisten, müssen die notwendigen rechtlichen Schritte unternommen werden. 1 Stimme dagegen. XIV. Ferner wurde die Ausgabe folgenden Kommuniques beschlossen: Die Bundesverbandsleitung des VdU hat in Anwesenheit des gesamten Nationalratsund Bundesratsklubs beschlossen, Herrn Gordon Gollob aus dem Verband der Unabhängigen auszuschliessen. Dieser Beschluss wurde nicht wegen der Grazer Vorfälle, die nach Meinung der Bundesverbandsleitung niemals die bekannten behördlichen Massnahmen gegen den VdU rechtfertigen können, sondern deswegen gefasst, weil sich Herr Gollob auf das schwerste gegen die Interessen des VdU vergangen, und zwar durch seine Aufforderungen an einige Landesverbände, sich vom Bundesverband zu lösen, durch die Übermittlung VdU-feindlicher Meldungen an die gegnerische Presse und durch Verbreitung falscher oder entstellter Nachrichten über führende VdU-Funktionäre. Wegen maßgebender Beteiligung an den Spaltungsbestrebungen wurden ausserdem folgende Mitglieder des Salzburger Landesverbandes aus dem VdU ausgeschlossen: Zeillinger, Ing. Daxer, Weilhartner, Freyborn und Schmidjell. Dem Bundesobmann Dr. Kraus wurde einstimmig – bei einer Stimme Enthaltung – das vollste Vertrauen ausgesprochen. 1 bis 2 Stimmen dagegen. Protokoll der Sitzung des Landesvorstandes am 25.7.50 im Chiemseehof (VdU-Archiv Salzburg) Bei der Eröffnung der Sitzung anwesend: Groll, Zeillinger, Dr. Silber, Tisott, Freyborn, Ruhdorfer, Daxer, Desser, Tschirf, Weilhartner, Ruzicka, Buchinger, Krüttner; während der Sitzung erschien Dr. Lainer. Als Gäste waren mit jederzeitigem Widerspruch zugelassen: Dr. Kraus, Mayr, Schmidjell und Karl.

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Groll eröffnet und begrüsst. Krüttner: Antrag: Die heutige Sitzung ist vertraulich und es wird beschlossen, wie in der Öffentlichkeit Stellung genommen wird. Antrag einstimmig angenommen. Weilhartner, Zeillinger, Daxer, Freyborn stimmen nicht mit. Groll: Antrag: Dr. Kraus erstattet Bericht in Anwesenheit aller. Anschliessend bekommen die Ausgeschlossenen Gelegenheit zur Stellungnahme. Bei Beratung und Beschlussfassung zu Pkt 1 der Tagesordnung ziehen sich die ausgeschlossenen Vorstandsmitglieder zurück. Antrag einstimmig angenommen. Kraus erstattet Bericht. Gibt Überblick über die Stellung Gollobs von Anfang an. Er stellt fest, dass sich eine Gruppierung Kraus – Gollob im Verband herausgestellt hat. Kraus entwickelt die nach seiner Ansicht gruppierenden Gründe. Kraus gibt im einzelnen die Gründe des Ausschlusses Gollobs bekannt. Weilhartner und Daxer wurden ausgeschlossen, weil sie mit Gollob in Innsbruck waren. Zeillinger wurde ausgeschlossen wegen der Resolutionen im Salzburger Landesverband, weil es Dr. Kraus bekannt ist, dass er der maßgebende Mann ist. Schmidjell weil er in einer Sitzung in Anwesenheit von Dr. Kraus es als „unerhörte Machination“ bezeichnete, dass Kraus eingeladen worden war, und dadurch offen zum Ausdruck brachte, dass er den Bundesobmann nicht anerkenne. Freyborn stand nicht auf der Ausschlussliste von Dr. Kraus. Sein Ausschluss wurde von einigen Herren aus Wien und Hartleb veranlasst, da er dasselbe was Weilhartner in Tirol in Wien versucht haben soll. Groll: Nimmt Stellung zum Bericht von Dr. Kraus und fragt, ob nicht auch Gollob gehört werden müßte. Zeillinger: wendet sich gegen die von Dr. Kraus ausgehenden, bewusst in Kauf genommenen Spaltungsbestrebungen und vor allem auch dagegen, dass der Vorwurf des Neofaschismus von Dr. Kraus in seiner eigenen Umgebung in den Streit geworfen wurde. Z. verlangt unter allen Umständen sofortige Einberufung der Generalversammlung, welche allein zuständig ist, das Verhalten aller Beteiligten zu beurteilen. Weilhartner: Erklärt, dass er nach Innsbruck fuhr, um auch die Tiroler für den Gedanken einer baldigen Einberufung der Generalversammlung zur Bereinigung der Krise zu bewegen. Daxer war lediglich Lenker des Kraftwagens. Kraus: Antwortet Zeillinger, und begründet, warum die Suspendierung Gollobs in der Presse veröffentlicht wurde. Groll: Nimmt Stellung zum Ausschluss Zeillingers und erklärt, dass auch er die Resolution unterschrieben habe. Kraus erklärt, dass wäre ihm bekannt gewesen, aber da Groll nicht der Initiator gewesen sei, wäre er nicht ausgeschlossen worden. Krüttner vertritt die Ansicht, dass Kraus als Bundesobmann unter allen Umständen

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hätte vermeiden müssen insbesondere die rufschädigenden Veröffentlichungen in den Zeitungen. K. demonstriert die Stellung Z. im Landesverband. Weilhartner: Begründet die Salzburger Resolution und erklärt, dass auch der Gemeinderatsklub in die Bundesleitung kein Vertrauen mehr habe. Schmidjell: Nimmt gegen seinen Ausschluss Stellung. Freyborn: Stellt fest, dass er am 3. 6. zuletzt in Wien war […] Es wird nun einstimmig beschlossen, den Pkt 6 der Tagesordnung zu erledigen. Zeillinger: bringt den von mehreren Vorstandsmitgliedern verfertigten Antrag auf sofortige Suspendierung und Ausschluß Buchingers vor. Kraus: schlägt vor, nicht so scharf vorzugehen, sondern reichlich zu überprüfen. Zeillinger: Weist darauf hin, dass Buchinger den Landesvorstand Salzburg, dem er selbst angehört, in den Rücken gefallen ist, die Einheit aufspalten wollte, das Ansehen des Verbandes geschädigt hat und sich selbst ausserhalb der Gemeinschaft stellt. Er erklärt sich jedoch bereit, mit den übrigen Antragstellern eine kurze Besprechung abzuhalten. Die Sitzung wird zu diesem Zwecke kurz unterbrochen. Nach Rückkehr erklärt Zeillinger namens der anderen Antragsteller, dass dieselben bereit sind, ihren Antrag zurückzuziehen, wenn Buchinger gegen sich selbst eine Disziplinaruntersuchung im Sinne der erhobenen Anklage sowie seine Beurlaubung von allen Funktionen bis zur Beendigung der Untersuchung beantragt. Buchinger: Erklärt sich in diesem Sinne einverstanden, beantragt Disziplinarverfahren gegen sich selbst sowie Beurlaubung bis zum Ende der Untersuchung. Er bittet um rasche Durchführung der Untersuchung. Der Landesvorstand nimmt das einstimmig zur Kenntnis und beschliesst, das Verbandsgericht zur raschen Durchführung aufzufordern. Buchinger: Erklärt, sich dem gewählten Landesverbandsgericht unterwerfen zu wollen. Krüttner: Antrag: Die ausgeschlossenen Funktionäre des Landesverbandes Salzburg üben ihre Funktionen bis auf weiteres weiterhin aus. Antrag bei 4 Stimmenthaltungen und 10 Stimmen angenommen. Die Bezirksleiter referieren die Lage in den Bezirken und überreichen schriftliche Berichte. Zeillinger: Referiert über die Tätigkeit des Exekutivausschusses und beantragt die nachträgliche Genehmigung der Beschlüsse des Exekutivausschusses. Einstimmig angenommen. Zellinger beantragt, dass mit Rücksicht auf den Mangel jeglichen Geldeinganges rund S 1000,– aus der Opferaktion zur Deckung der laufenden Gebarung der Landesleitung entnommen werden dürfen. Antrag einstimmig angenommen. Zeillinger: Referiert über Finanzlage und Opferaktion und stellt fest, dass durch die augenblickliche Krise alles unterbrochen wurde.

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Teil I  : Protokolle

Krützner: Referiert über die notwendigen Maßnahmen im Pinzgau und beantragt, die Zustimmung zur komm. Bestellung des Herrn Tschirf zum Bezirksleiter. Einstimmig angenommen. Groll schliesst die Sitzung. Beschlussprotokoll der Bundesverbandsleitungssitzung vom 21. 8. 1950 in Salzburg (VdU-Archiv Salzburg) 1.) Antrag Dr. Gasselich Abgeordneter Ebenbichler bleibt weiterhin Mitglied der Bundesverbandsleitung und LR Dr. Elsnitz nimmt an der Sitzung mit Stimmrecht teil. Antrag einstimmig angenommen. 2.) Bundesverbandstag: Antrag Neuwirth. a) Tagungsort Wels – einstimmig angenommen. b) Delegiertenschlüssel (vgl. Unterlagen, die an der Sitzung ausgegeben wurden) – einstimmig angenommen. c) Weisungen an die Landesverbandsleitungen für die Vorbereitung des Bundesverbandstages (vgl. Unterlagen, die an der Sitzung ausgegeben wurden) – einstimmig bei Stimmenthaltung Dr. Elsnitz angenommen. d) Tagesordnung des Bundesverbandstages (vgl. Unterlagen, die an der Sitzung ausgegeben wurden) – als Pkt. 11a wird angefügt: Festlegung der politischen Linie für das kommende Verbandsjahr und Resolution, als Pkt. 11b Satzungsänderung. – Tagesordnung einstimmig angenommen. 3.) Antrag Vizekanzler a. D. Hartleb: Die Bundesverbandsleitung bestellt, nachdem die auf der Generalversammlung im März 1949 bestellten Rechnungsprüfer ausgeschieden sind, Dr. Silber und Dr. Linkesch als Rechnungsprüfer und als Ersatzrechnungsprüfer Herrn Reidl. Antrag einstimmig angenommen. 4.) Antrag Neuwirth: Vizekanzl. a. D. Hartleb, Prof. Gasselich und Dr. Miltschinsky bearbeiten die einlaufenden Anträge, betreffend Änderung der Verbandsstatuten.55 Die Anträge müssen bis 55 Wohl nicht zufällig handelte es sich bei den drei Genannten um Routiniers der Vorkriegspolitik  : Der Großdeutsche Miltschinsky war Wahlkampfleiter des Schober-Blocks 1930 gewesen, die beiden anderen Herren Mandatare des Landbundes.

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spätestens 16. 9. 1950 Prof. Miltschinsky, Wien I., Mahlerstr. 7 zugesandt werden. Die Empfehlungen des Statutenkomitees und die Anträge der Länder werden dann auf der Bundesverbandsleitungssitzung vom 25. 9. 1950 behandelt werden. Antrag einstimmig angenommen. 5.) Antrag Neuwirth: Als Termin für die Bundesverbandsleitung zur Vorbereitung des Bundesverbandstages werden bestimmt: Montag, 25. 9. 1950 in Salzburg, Sternbräu, Griesgasse 21 und Samstag, der 30. 9. 1950 in Wels. 6.) Antrag Hartleb: Einige Mitglieder der Bundesverbandsleitung sollen für die Zusammensetzung der neuen Bundesverbandsleitung einen Vorschlag machen, ebenso für die Rechnungsprüfer und das Bundesverbandsgericht. Als Vorsitzenden eines solchen Komitees schlägt [er] Dr. Kopf vor. Antrag einstimmig angenommen. Der Beschluss der engeren Bundesverbandsleitung auf ihrer Sitzung vom 18. 8. 1950 in Villach, betreffend Untersuchung der Gerüchte betreffend Gmundner Kreis um Kernmayr,56 wurde mit dem Zusatz, dass die Untersuchung nach Möglichkeit innerhalb von 4 Wochen abgeschlossen werden soll und dass die Mitglieder der Bundesverbandsleitung Unterlagen und Material ehestens an das Generalsekretariat einzusenden haben und dass dieses Material und das Ergebnis der Prüfung Bundesrat Dr. Klemenz als Juristen zur Prüfung vorgelegt wird, einstimmig gebilligt. Beschlüsse 3 und 4 der engeren Bundesverbandsleitung vom 18. 8. 1950 wurden durch die Beschlüsse betreffend Bundesverbandstag einstimmig gebilligt.

56 Beim sogenannten Gmundner Kreis handelte es sich ursprünglich um ehemalige Insassen des Lagers Glasenbach, die weiterhin für den CIC arbeiteten, dem aber auch einige Mitarbeiter des VdU in Oberösterreich angehörten  ; der Schriftsteller Erich Kernmayr prägte für den Kreis den Ausdruck  : »Spinne« im Netz, die überall ihre Fühler ausstreckte – eine Bezeichnung, die von seinen Gegnern dankbar aufgegriffen wurde  ; vgl. Höbelt, VdU 76 f., 115 f. Gollob führte dazu in seinen ›Vorhaltungen‹ aus  : »Kraus – Reimann haben sich das Papier für die Stimmzettel von Steirermühl mit Hilfe Angehöriger des Gmundner Kreises über die SPÖ vermitteln lassen. […] An vielen Beziehungen und Bindungen zwischen KrausReimann-Hartleb und dem sogen. Gmundner Kreis bis vor wenigen Monaten habe ich jedenfalls nicht den geringsten Anteil gehabt. Umso erstaunlicher ist es, dass diese Herren Beziehungen meinerseits – die im übrigen in der behaupteten Form nicht existieren – nun so sehr verurteilen.«

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Teil I  : Protokolle

7.) Antrag Dr. Kraus: Die Errichtung eines Landesverbandes wird bis zum Eintritt normaler Verhältnisse aufgeschoben. Es wird eine Wahlkreisstelle Burgenland im Sinne des § 1, Abs. 2 der neuen Bundesverbandsstatuten errichtet. Als Leiter der Wahlkreisstelle Burgenland [wird] LA. Adalbert Görcz bestellt. Er hat in der Bundesverbandsleitung die Funktion eines Landesobmannes. Antrag einstimmig angenommen. 8.) Antrag Dr. Kraus: Die Bundesverbandsleitung beschliesst Vizek. a. D. Hartleb zu beauftragen, für die Bundesverbandsleitung Verhandlungen mit dem Innenministerium (Vereinsbehörde), betreffend vorläufige Regelung der Verhältnisse in der Steiermark durch Bestellung eines Beauftragten der Bundesverbandsleitung zu führen und gleichzeitig Möglichkeiten zu erörtern, die den Delegierten aus der Steiermark die Teilnahme am Bundesverbandstag sichern. Antrag einstimmig angenommen. 9.) Antrag Neuwirth: Die Bundesverbandsleitung beschliesst, ihren Mitgliedern Dr. Kraus, Hartleb, Dr. Elsnitz und Groll von der Bundesleitung Mitgliedskarten auszustellen. Antrag einstimmig angenommen. 10.) Antrag Dr. Kraus: Ein Komitee, bestehend aus Dr. Miltschinsky, Vizek. a. D. Hartleb und Prof. Gasselich, werden Anträge zur Gemeindeordnung, die von den Landesleitungen bis 7. 9. einzusenden sind, prüfen und die GO in der endgiltigen Fassung auf der nächsten Bundesverbandsleitungssitzung zur Beschlussfassung einbringen. Antrag einstimmig angenommen. 11.) Antrag Neuwirth: Die Bundesverbandsleitung beschliesst, die Buchführung des VdU, die bisher im Generalsekretariat war, nach Wien zu verlegen. Antrag einstimmig angenommen.

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12.) Antrag Dr. Kraus: Die engere Bundesverbandsleitung wird auf ihrer nächsten Sitzung in Wien 1) Die Vertretungsbefugnis von Prof. Schmid klären und 2) sich Klarheit darüber verschaffen, was das politische Forderungsprogramm der Volksdeutschen eigentlich ist. Antrag einstimmig angenommen. 13.) Antrag Dr. Kraus: Unter dem Vorsitz von Dr. Kopf werden die Mitglieder der Bundesverbandsleitung Max Linser und Max Schwaiger im Wege von Verhandlungen eine Grundlage für die Bereinigung der Differenzen zu schaffen versuchen. Antrag einstimmig angenommen. 14.) Antrag Neuwirth: Die Suspendierung von Dr. Elsnitz wird aufgehoben. Antrag mit den Gegenstimmen Dr. Kraus und Hartleb angenommen. 15.) Antrag Kandutsch, Neuwirth: Die ausgesprochenen Ausschlüsse werden, um die statutarischen Voraussetzungen für die Durchführung einer Untersuchung zu schaffen, aufgehoben. Voraussetzung: strenge Vertraulichkeit und Geheimhaltung Die daraus folgende Enthaltung von jeder Publikation, die Verpflichtung zur Geheimhaltung, gilt gegenüber jedermann. Über diesen Antrag wurde nicht abgestimmt, sondern im Wege der Befragung Übereinstimmung festgestellt. Vizek. a. D. Hartleb, Dr. Kraus und Schuster […] nicht mehr anwesend. Reg.-Rat Richter und Karl Wicha verlassen […] ihrer negativen Haltung. 16.) Antrag Dr. Scheuch: Zur Herbeiführung einer Generalbereinigung verpflichten sich alle Mandatare und Funktionäre, sich bis auf weiteres aller Maßnahmen, die zu einer weiteren Verschärfung der Krise im VdU führen könnten, zu enthalten. Dieser Beschluss ist den Landesleitungen mitzuteilen. Antrag einstimmig angenommen.

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B[undes]Verb[ands]l[ei]tungs-Sitzung, Salzburg am 21. 8. 1950 (Nl. Hartleb) Stimmberechtigungen: Ebenbichler: In 1. Gen.-Vers. angebl. gewählt, bei Vereinsbehörde nicht gemeldet. – Ja Beide Tiroler Bds.Verb.Tag stimmberechtigt.57 Elsnitz: soll mitstimmen können. – Ja! Hartleb: Arbeiten können – Dr. Scheuch, Dr. Kopf, Gasselich garantieren – rasches Eingr[eifen] Beschluß bedingt. Keine Angriffe von hinten (oder in Presse), aber nicht G. allein. Abwehr, wenn andere verleumden! auch für schon erschien[ene] Artikel Bereinigung Gmundner Kreis Kein Vorgreifen bei wichtigen pol. Fragen Untersuchung Klautzer – Verleumder Pressefragen Formulierung: 1. G. wird unter nachstehenden Bedingungen wieder als Mitgl. in den VdU aufgenommen. 2. G. legt seine Funktionen im VdU freiwillig bis Vbds.tag zurück. Auf der Wahlliste für die BVLtg. wird G. als einf. Vorst.Mitglied aufgenommen. 3. G. [zwei Worte unleserlich] Erklärung. 4. Alle Mitgl. der BVLtg. verpflichten sich, für die Einhaltung nachstehender Bedingungen einzutreten. a) Die Arbeitsfähigkeit der Sitzungen darf nicht durch unsägliche Nörgeleien u. Kritiken behindert werden. b) Anschuldigungen hinter dem Rücken haben zu unterbleiben. Wenn notwendig, ist das Verb[ands]Ger[icht] in Anspruch zu nehmen. Gegen Angriffe in Reden u. in der Presse muß über Verlangen des Betroffenen von dem zuständigen Organ Stellung genommen werden, dies gilt auch für bereits erschienene Artikel. c) Es muß eine vollständige Beruhigung in bezug auf Einflußnahme außenstehender Kreise herbeigeführt werden. In dieser Hinsicht notwendige Untersuchungen sind durchzuführen. d) Die mit Klautzer zusammenhängenden Fragen sind bei der bereits anhängigen Untersuchung vollständig zu klären.

57 Der als Obmann geführte Max Linser vertrat in der Gollob-Kontroverse eine andere Haltung als NR Ebenbichler. Gollob selbst – obwohl gebürtiger Steirer – zählte wegen seines Wohnsitzes in Kitzbühel zum Tiroler Landesverband.

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e) In den Pressefragen soll einvernehmlich eine gedeihliche Lösung angestrebt werden. f) Jedes Vorprellen untergeordneter Organe bei der Stellungnahme zu wichtigen Fragen muß unterbleiben.58 Gasselich: Schluß – Versöhnung. Dr. Elsnitz: Zustand vom 1. Juli beantragt. Kopf: Dafür. Hartleb: Unglück beim Eintritt, nicht beim Ausschluß! 2 Bedingungen. Schuster: Gegen Antrag. Ebenbichler: Warnende Stimme, auch Geschlossenheit d. Klubs. Dr. Kopf: Andere Seite ist bereit. Dr. Reimann: Drohung Klub – unwirksam. Linser: Rücknahme d. Beschlusses unmöglich. Richter: Rücknahme d. Beschlusses unmöglich, sonst nicht ernst zu nehmen. Schweiger: Formulierung ist entscheidend. Dr. Elsnitz: Wer hat Artikel im W[iener] ‚Montag‘ lanciert59 = Hartleb Protokoll erliegt Dr. Gasselich: Am Kübel nicht beteiligen, nur betrübt danebenstehen Groll: L.Obm. – an der Front. G. ist enorm bildungsfähig. Wir werden es verhindern. Wir wollen keinen Kopf verzichten. Dr. Kopf: Wir werden sorgen, daß G. Ruhe gibt. Reimann: Nicht abstimmen, Komitee einsetzen. Linser: Wie soll Versöhnung aussehen? Wicha: Wir halten es nicht aus, ein zweites Mal auszuschließen. Kandutsch: Wir halten Spaltung nicht aus. Gasselich: Komitee soll arbeiten. Dr. Kraus: scharfe Gegensätze 9: 9, Untersuchungen durchführen, Komitee ohne [?] ihm Dr. Elsnitz: Scheuch: Hartleb wollte in Kärnten L.Ltg. stürzen, Streit ins Land tragen.60 Lösung muß heute gefunden werden, Abstimmung wertlos! 58 Bis hierher handelt es sich um Stellungnahmen bzw. Anträge Hartlebs. 59 Im Wiener ›Montag‹ war am 10. Juli zu lesen, der VdU sei nur knapp einem Gesamtverbot entgangen  ; Gollobs Anhänger verdächtigten Hartleb, diese Meldung lanciert zu haben und beriefen sich dabei auf ein Gedächtnisprotokoll vom 27. Juli über ein Gespräch mit Redakteuren des ›Montag‹. Hartleb wiederum beschwerte sich über die Schreibweise von Klautzers ›Alpenruf‹, der deutlich für Gollob Stellung bezog und am 2. September dann auch mit Bezug auf Hartleb über »jenen anderen« schrieb, der »abermals seine ganze Beredsamkeit aufgewendet [habe], um diese versöhnliche Geste des Bundesvorstandes zu hintertreiben«. Klautzer betonte seine Unabhängigkeit  : Der ›Alpenruf‹ sei das Gewissen, nicht das Sprachrohr des VdU (vgl. die Ausgabe vom 29. 7. 1950). 60 Hartleb hatte seine alten Landbund-Kontakte mobilisiert, um gegen die Gollob-freundliche Linie von Scheuch und Scrinzi Stimmung zu machen. Er nahm am 23. Juli in Klagenfurt offenbar auch an einer

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Neuwirth: Formallegalität bestreiten. Linser: Spaltungsdrohung gilt f. Tirol nicht. Bundes-Verbandstag Einberufung – Sonntag 1. 10. 1950 Wels in Aussicht Delegiertenschlüssel: einstimmig angenommen Weisungen an Länder: einstimmig angenommen 3 prov. Rechnungsprüfer: Dr. Linkesch, Raidl, Dr. Silber Komitee f. Satzungsänderung: Hartleb, Gasselich, Miltschinsky, Anträge bis 16. 9. an Miltschinsky Bund.Vbds[l]tg.Sitzg. am 25. 9. – Jagdzimmer 11h Wahlvorschläge: sonst frei – Höchstzahl 23 = 1 + 4 + 9 + 9 = 1 Obm. + 4 Stellv. – 9 [Landes-] Obmänner, 1 Frau, 3 Soz. – 2 Gew. – 2 Bauern – 1 freie Berufe Generalsekretär: nicht mehr? (Statut ändern) B. Verbandsgericht: Dr. Kopf soll Vorschlag vorbereiten. Beschlüsse: H.P. 3 [???] – angenommen mit 2 Ausnahmen Burgenland: Antrag angenommen Anträge Steiermark: Hartleb soll bei In[nen]Min. klarstellen, ob Wahlbeteiligung Stmk. möglich,61 ev. Gesch[äfts]stelle VdU-Mitgliedschaft – Karte kommt vom Gen.Seketariat G.Ordnung bis 7. 9. Abänderungsanträge an Gen.Sekr. Finanz – Budgetfragen: Buchhaltung nach Wien. Ja Volksdeutsche: Vertretung in B.V.Ltg. Hartleb: Vertret[ungs]befugnis – Prof. Schmidt klären, erst dann Frage der Vertretung in Bd.Ltg. entscheiden Allfälliges: Jugendorganisation – wie aufziehen? Generalbereinigung: Gasselich: kleines Memorandum62 Wille muß heute zum Ausdruck kommen. Schweiger: Verzichtet Dr. Kopf: Gegenseitige Vorwürfe – Versöhnen



Sitzung des Landesvorstandes teil, am 20. August kam es in St. Veit zu einem Zusammenstoß mit Scrinzi als geschäftsführendem Landesobmann 61 Helmer erteilte die Auskunft, der Beteiligung der Steirer am Bundesverbandstag stehe trotz Auflösung des Landesverbandes – der 1951 formell neu gegründet wurde – nichts im Wege. 62 Gasselich hatte am 13. August ein Memorandum verfasst, in dem er die Wahl einer außer Streit stehenden Persönlichkeit zum Obmann vorschlug, mit Kraus und Gollob als seinen Stellvertretern.

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Wicha: Außenstehende Elemente Dr. Kopf: Außenstehende Elemente, Generalvers. mit Krach – mißlingt, keine Untersuchung, Versöhnung, Erklärung Hartleb, alle unterfertigen Kandutsch: Kampf nur 10 % Rest, keine polit. Urteilsfähigkeit Vorst. Neuwirth: Was ist mit Zukunft, steht zum Beschluß! Schweiger: Mehr Mannesmut gehört zum Widerruf. Reimann: Was wird eigentlich vorgeschlagen? Groll: Unerhörte Propagandakraft Gollobs – erhalten ist Sinn! Zukunft mit Gollob Dr. Kopf: Komitee bilden. Dr. Elsnitz: Heute muß Zustand vom 1. 7. hergestellt werden. Dann erst weiterreden. Dr. Gasselich: Wo kann G. nützlich sein? Propagandistisch einsetzen, wirtschaftlich nicht gesichert. Nat.R.-Mandat. Neuer Obmann (3 Namen) Kraus oder Gollob für 1 Jahr Bd.Vbds.Ltgs.Sitzung, Salzburg, Sternbräu 4. 9. 1950 (Nl. Hartleb) Dr. Kraus ermahnt – kurz u. sachlich sein Gollob – kann teilnehmen, wenn es ihn angeht Beschuldigte: bei Debatte hinausgehen Dr. Klemenz: Schwierigkeiten der Untersuchung. Nicht ganz fertig. Anregung f. Statuten: Vorsitz des Verbandsg[erichts] – Sitz im Vorstand ohne Stimmrecht Kraus: lt. Prot. Hartleb: Oberflächlichkeit bei Berichterstattung über Vorsprachen Abstimmung unterbrochen Scrinzi habe sich an Hartleb gewendet Versammlungen Kärnten – von Verb.Organen einberufen Mangelnde Objektivität ? 50.000 Verrechnung nach 9. 10. 1949 Gollob: Reisen in Russenzone63 Erweiterung seiner Macht nicht vorwerfen Mißtrauen mitbedingt d. mangelhafte Berichterstattung Verhalten bei Sitzungen – nur bedingt zu rügen Kein Vorwurf berechtigt in Zeit, wo G. ausgeschlossen war Kanäle aus Kreise[n] seiner Anhänger – zu gegner. Presse. 63 Gollob bemerkte dazu in seinen ›Vorhaltungen‹, seine Weigerung nach Wien zu fahren sei Kraus schon vor seinem Eintritt bekannt gewesen. Hartleb soll sich dazu geäußert haben  : »Bisher haben die Russen keinen abgeholt, der nichts mit einem Nachrichtendienst zu tun hatte.« Gollob stand – nicht zuletzt wegen seines Wohnsitzes in Tirol – im Verdacht von engen Kontakten zu französischen Stellen.

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Pressenotizen verantwortlich. Grazer Rede – verweigert ! Elsnitz: Für L.Obm. nicht geeignet Kandutsch: Äußerungen noch hinzunehmen Probst: Für Rede nicht selbst verantwortlich, da gebilligt Fritz Mayer & Gmeindl: Raufhandel – bei Beschimpfung – Vorbehalt: Verhandlung, bis dahin verschieben64 Ferry Mayer:65 Für nicht verantwortlich – weil Obm. verantwortlich. Kein Anlass zum Einschreiten Salzburger: Resolution gegen Kr. u. H. u. für G. – Versand an andere Länder (Zeillinger) – Gleiche Maßnahme geg. alle Mitstimmenden – Mißbilligung aussprechen. Freyborn war angeblich nicht in Wien. Fortsetzung Salzburg – 4. 9. 1950 nach Unterbrechung für Komitee Dr. Scheuch, Gasselich, Miltschinsky mit Gollob Miltschinsky berichtet: Gollob 1. Ausschluß u. Susp[ension] wird aufgehoben – Verzicht auf [ein Wort unleserlich] – V.tag 2. Kand.Liste einverstanden, wenn Organ.Leiter v. Heimkehrer-Org. u. Mitgl. d. Vorstands. In diesem Fall seinen Anhängern empfohlen f. Liste zu stimmen. Bundesverbandsleitungssitzung vom 5. II. 1951 in Salzburg (VdU-Archiv Salzburg) Beschlussprotokoll Präsidentenwahl 1. Der Beschluss der engeren BVL vom 23. I. 1951 wird genehmigt und die BVL legt nochmals fest, dass so viel Unterschriften wie nur möglich (bei Volksversammlungen über unsere Organisationen usw.) gesammelt werden und dass die Unterschriftensammlung während des gesamten Wahlkampfes fortgesetzt wird. 2. Die Landesobmänner haben einen Versammlungsplan aufzustellen, weiter obliegt ihnen die Sammlung und Sichtung der vorhandenen Redner, sie haben Redneranweisungen, Absprachen betreffend Saalmieten, Schemaplakate, Fahrbereitschaft, 64 Der LT-Abg. und einbeinige Kriegsinvalide Fritz Mayer war am Abend des 23. Juni in einen Raufhandel verwickelt. 65 Ferry Mayer war der Jugendreferent des VdU Steiermark, dem Elsnitz bei der Sonnwendfeier am 21. Juni »eine behördlich nicht bewilligte« schwarze Fahne mit Schwert und Eichenlaub überreicht hatte (Nl. Hartleb, telefonische Information von Elsnitz, 3. 7. 1950, 12 h). Der ›Alpenruf‹ vom 15. Juli machte sich darüber lustig, dass sich Helmer bei seinem Verbot damit auf die kaiserliche Uniformverordnung des Jahres 1917 berief (und auf den § 300, Aufwiegelung, nicht jedoch auf das Verbotsgesetz).

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Klebekontrolle usw. vorzubereiten. Den Landesobmännern obliegt es auch, Verhandlungen mit Papierfabriken, Druckereien und Rundfunk durchzuführen. Folgende Presseverlautbarung wird herausgegeben: „Die BVL hat in einer Sitzung vom 4. II. 1951 auf der Basis der grundsätzlichen Beschlüsse für die Bundespräsidentenwahl vom 15. I. 1951 alle notwendigen organisatorischen und propagandistischen Vorbereitungen getroffen.“ Als Termin des Wahlkampftermins wird der 8. III. festgelegt. An diesem Tage wird auch der überparteiliche Kandidat bekanntgegeben werden. Streng vertraulich, nur für den internen Gebrauch. Vorentscheidung über den Kandidaten: Antrag Neuwirth: Die BVL beschliesst, vorläufig die am ehesten in Frage kommenden Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl die Herren Reut-Nicolussi, Burghard Breitner, Ficker ins Auge zu fassen. Die Reihenfolge gilt als Empfehlung für den Grad des Infrage-Kommens. Die BVL beauftragt Bundesobmann Dr. Kraus, die Verhandlungen mit den genannten Herren und dem Proponentenkomitee zu führen. Ein endgültiger Beschluss über die Person des Kandidaten wird von der Bundesleitung erst nach erstattetem Bericht und nach Vorberatung in der engeren BVL auf einer Sitzung der gesamten BVL gefällt. Die BVL beschliesst, auf die Aufstellung eines ausgesprochenen VdU-Politikers als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl zu verzichten und statt dessen die Kandidatur einer Persönlichkeit zu unterstützen, welche als offenkundig über den Parteien stehend propagiert werden kann und von einem überparteilichen Personenkomitee, in dem auch die führenden VdU-Politiker vertreten sind, vorgeschlagen wird. Sie erklärt sich damit einverstanden, dass diesem Komitee alle als seriös zu bezeichnenden nichtkommunistischen und nicht auf Rache-Politik eingestellt gewesenen Organisationen und Persönlichkeiten angehören können. Die Organisierung des Proponentenkomitees soll so weit als möglich und zweckmässig durch den VdU vorgenommen werden. Der Vorsitzende soll ein unparteilicher, der Hauptzustellungsbevollmächtigte ein VdU-Mann sein. Das Arbeitskomitee soll zum überwiegenden Teil aus VdU-Leuten bestehen. Der Name „Wahlkomitee der überparteilichen Einigung“ wird als vorläufiger Arbeitstitel akzeptiert. Die BVL beschliesst, die engere Bundesverbandsleitung zu beauftragen, einen Wahlleiter und einen Hauptzustellungsbevollmächtigten zu wählen. Kandutsch wird beauftragt, mit Dr. Klemenz zu sprechen, um ihn zur Übernahme der Funktion eines Wahlleiters zu bewegen. Professor Miltschinsky wird in Wien nach geeigneten Persönlichkeiten Umschau halten für diese Funktion. Bezüglich der einzusetzenden Redner für die ersten Stimmungsversammlungen wird Bundesobmann Dr. Kraus im Einvernehmen mit den Landesobmännern vorgehen. Das gleiche gilt bezüglich der Persönlichkeiten, die für das Wahlkomitee in Frage kommen. Die Beschlüsse der engeren BVL auf ihren Sitzungen vom 23. und 29. I. 1951 wurden genehmigt.

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10. Da der seinerzeitige Beschluss des Bundesvorstandes (23. X. 1949) betreffend die Stellung der Belasteten im Verband in der Öffentlichkeit zu irrigen Anschauungen geführt hat, beschliesst die BVL, diesen Beschluss als gegenstandslos zu betrachten. 11. Die BVL nimmt zustimmend Kenntnis vom Entschluss der Bundesfrauenreferentin Frau Dr. Bandat, für den 18. II. eine Tagung der Frauenreferentinnen der Bundesländer nach Wels einzuberufen. 12. Die Beschlüsse des Sozial- und Gewerkschaftsausschusses betreffend Landjahr und Arbeitsdienstpflicht werden vom Zentralsekretär Fritz Mayer zusammengestellt und allen Mitgliedern der BVL zur Stellungnahme und zum Studium zugeschickt werden. Ferner beschliesst die BVL, einen fünfgliedrigen Ausschuss zu bestellen, der diese Frage vorbespricht. Dem Ausschuss gehören an: Dr. Scheuch, Alois Gruber, Frau Dr. Bandat, Kandutsch und Gollob. 13. Die BVL beschliesst, dass das Schreiben der Sozialistischen Jugend betreffend Arbeitsdienstpflicht nicht beantwortet werden darf. Von diesem Beschluss sind die Landesleitungen zu verständigen. 14. Zum Studium der Frage der Samstag-Nachmittagsperre wird ein Ausschuss eingesetzt, der diese Frage einer Vorprüfung unterziehen wird. Dem Ausschuss gehören an: Frau Nobis, Fritz Mayer, Neuwirth, Ebenbichler, Hartleb. 15. Die Beschlüsse der engeren Bundesleitung betreffend Jugendreferat und Sportorganisation werden genehmigt. 16. Die BVL nimmt zustimmend vom Entschluss BR Klemenz Kenntnis, dass er bereit ist, das Referat für die Koordinierung der Landespolitik zu übernehmen. Ferner wird die Abhaltung einer Tagung der Klubobmänner der Landtagsklubs der WdU beschlossen. Die Landesobmänner werden die Klubobmänner der Landtagsklubs veranlassen, bezüglich Tagesordnung und Tagungstermin an Bundesrat Klemenz, Leoben – Judendorf, Hauptstrasse 9, Vorschläge zu machen. 17. Es wird beschlossen, die Vorstände der bereits bestehenden drei Referate (Soziales-, Frauen- und Unabhängige Bauern [handschriftliche Ergänzung: Tisot, Nobis, Ruhdorfer]) und die VdU-Fraktionsführer in den Arbeiterkammern aufzufordern, betreffend die Koordinierung der Politik an die Bundesgeschäftsführung Vorschläge zu erstatten. 18. Cand.med.vet. Hans Polland, Wien 8, Josefsgasse 12/39, wird mit der Erfassung aller VdU-Wähler an den Hochschulen und mit der Koordinierung der VdU-Politik an den Hochschulen betraut. 19. Am 15. II. um 9 Uhr vormittags findet in Wien I, Parlament, eine Organisationstagung der Landessekretäre und der wichtigsten Bezirkssekretäre statt. 20. Es wird beschlossen, die Frage der Volksdeutschen auf der nächsten Sitzung der engeren BVL zu behandeln und auf der nächsten Sitzung der gesamten BVL endgültige Beschlüsse in dieser Frage zu fassen.

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Salzburg, den 8. II. 1951 Dr.W/MS Th. Neuwirth e.h. Bundesgeschäftsführer Einladung Zur Bundesverbandsleitungssitzung am Montag, den 10. September 1951, 9 Uhr vormittag in Wien I (VdU-Archiv Salzburg) Tagesordnung: 1. Bericht über die Verhandlungen mit ausländischen Parteien (Referent Dr. Kraus).66 2. Vorläufige Beschlussfassung über die mit ausländischen Parteien zu vereinbarenden Propagandaparolen (Referat Dr. Kraus). 3. Bericht über die Verhandlungen mit der „Jungen Front“ bezüglich Zusammenschluss, Wahl eines Verhandlungskomitees und Beschluss von Richtlinien für dieses Verhandlungskomitee (Referent Dr. Kraus). 4. Vorbereitung des Bundesverbandstages (Referent Neuwirth): a) Orts- und Terminfestsetzung des BVT und Richtlinien für die Termine der Landesverbandstage, b) Beschlussfassung über den Delegiertenschlüssel, c) Terminfestlegung für die Einbringung von Anträgen, d) Vorbesprechung über die Tagesordnung des BVT, e) Vorbesprechung allfällig notwendig gewordener Statutenänderungen, f) Vorbesprechung für eine eventuelle neue Referatsverteilung, g) Sonstiges zum BVT. 5. Bericht und Beschlussfassung über die Beschlüsse der letzten engeren Bundesverbandsleitungssitzung. 6. Richtlinien für die Herbstpropaganda und die Betriebsratswahlen (Referat Neuwirth). 7. Bericht des Bundesagrarausschusses (Referent Hartleb). 8. Bericht des Sozialausschusses (Referent Kandutsch). 9. Koordinierung der Landespolitik (siehe Rundschreiben v. 22. 8. 51) (Referent Neuwirth). 10. Anträge und Allfälliges.

66 Am Bundesverbandstag im Dezember 1951 nahm erstmals eine Delegation der FDP teil.

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Beschlussprotokoll über die Sitzung der Bundesverbandsleitung am 14. 1. 1952 in Wien (Nl. Hartleb) Punkt 1) der Tagesordnung: Bericht des Übereinstimmungsausschusses:67 Der Bericht Neuwirth wird zur Kenntnis genommen (Einstimmig). Punkt 2) der Tagesordnung: Änderung der Geschäftsordnung des Übereinstimmungsausschusses: Die am 29. 10. 1951 beschlossene Geschäftsordnung des Übereinstimmungsausschusses wird gemäss dem Antrage der Bundesgeschäftsstelle und gemäss den gestellten Zusatzanträgen neu gefasst und wird die Neufassung von der Bundesgeschäftsstelle nach Einlangen allfälliger Ergänzungsvorschläge von Seiten des Übereinstimmungsausschusses der Bundesverbandsleitung zur endgültigen Genehmigung vorgelegt werden (einstimmig). Wahl der Mitglieder des Übereinstimmungsausschusses (einstimmig). Vertreter des Zentralausschusses für Sozial- und Gewerkschaftspolitik: Dr. Roschall Vertreter des Wirtschaftsausschusses: Ebenbichler Vertreter der freien Berufe: Dr. Bandat Geschäftsführer: Neuwirth (siehe hiezu Reassumierung am Ende der Sitzung). Punkt 3) der Tagesordnung: Genehmigung der Geschäftsordnung des Agrarausschusses. Die Abänderungsanträge von Dr. Miltschinsky und der Bundesgeschäftsstelle werden zur Kenntnis genommen und werden dem Agrarausschuss empfohlen, im Sinne dieser Abänderungsvorschläge eine Neufassung der Geschäftsordnung zu beraten und der Bundesverbandsleitung zur Genehmigung vorzulegen (einstimmig). Punkt 4) der Tagesordnung: Zuweisung einer Verbandsgerichtssache: Der Antrag des Anton Pfnier auf Einleitung eines verbandsgerichtlichen Verfahrens gegen sich selbst wird dem Landesverbandsgericht Steiermark zur Verhandlung und 67 Hier beginnt in den Protokollen die »unendliche Geschichte« der Fusionsverhandlungen der ›Aktion für politische Erneuerung‹, die sich am 21./22. Oktober 1951 aus der ›Jungen Front‹ gebildet hatte, die wegen ihrer Unterstützung des unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Burghard Breitner im Juni aus der ÖVP ausgeschlossen worden war. Ihre prominentesten Vertreter waren der Ritterkreuzträger NR Graf Ernst Strachwitz und der Diplomat Willfried Gredler, den angeblich die Niederösterreicher als ÖVPGeneralsekretär verhindert hatten und der in Verbindung stand mit dem Gesandten Theodor Hornbostel und dem sich damals gerade bildenden Verband der Selbständig Wirtschaftstreibenden, der auf eine Kurskorrektur der ÖVP hinarbeitete  ; vgl. Höbelt, VdU 151–160  ; jetzt unter Auswertung des Nachlasses Strachwitz’ auch Fraydenegg-Monzello, Strachwitz 79 ff., 105, 109 f.

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Entscheidung zugewiesen und dem Landesverbandsgericht aufgegeben, das Verfahren so rechtzeitig zu beenden, dass die Stellungnahme der Bundesverbandsleitung [an die] Steiermark bis spätestens 15. 2. 1952 erfolgen kann (einstimmig). Punkt 5 der Tagesordnung: Arbeitsdienst und Landjahr: Der eigentliche Tagesordnungspunkt wird dem Übereinstimmungausschuss zur Behandlung zugewiesen (einstimmig). Schillingseröffnungsbilanz wird dem Übereinstimmungsausschuss zugewiesen (einstimmig). Der Bericht Kandutsch über die bei der Sitzung des Zentralausschusses am 12. und 13. 11. 1951 gefassten Beschlüsse bezüglich Planung der weiteren organisatorischen Arbeit wird zustimmend zur Kenntnis genommen (einstimmig). Hinsichtlich Lohnforderungen wird einstimmig beschlossen: Der VdU stellt fest, dass die seit einiger Zeit getroffenen Preissenkungsmassnahmen deswegen unzureichend sind, die Lebenshaltungskosten wesentlich zu senken, weil weder der Staat noch die Betriebe der Öffentlichen Hand (wie Bahn, Post, E- und Gaswerke, Strassenbahnen usw.) und die verstaatlichte Industrie eine Senkung ihrer offenkundig überhöhten Preise, Tarife und Gebühren vorgenommen haben. Grundsätzlich beharrt der VdU auf der Forderung nach organischer Entzerrung des Lohn- und Preisgefüges, weil nur darin die Gewähr einer echten Stabilisierung liegt. Sollten aber in allernächster Zeit diese berechtigten Forderungen nicht erfüllt werden, wird der VdU konkrete Lohnforderungen auf der Basis des gleitenden Indexlohnes unterstützen. Ferner wird beschlossen, dass sofort Weisungen an alle Betriebsräte durch den ZA hinauszugehen haben, mit dem Zwecke, eine allfällige Lohnforderungsaktion mit 1. 2. 1952 vorzubereiten. Punkt 6 der Tagesordnung: Bericht des Verhandlungskomitees. Die drei Forderungen der Aktion (neue Partei mit neuem Namen, neue Spitze, neue Profilierung) werden als Verhandlungsgrundlage abgelehnt (einstimmig). Diese Ablehnung wird der Aktion in Form eines Briefes mitgeteilt (mit Mehrheit). Hierfür wird ein Redaktionskomitee bestehend aus: Dr. Reimann, Dr. Gasselich, Dr. Ursin bestellt (mit Mehrheit). Antrag Dr. Kraus, weitere Unterhandlungen mit der Aktion über propagandistische Dinge zu pflegen, mit 11 : 10 Stimmen abgelehnt. Der Bundesobmann wird beauftragt, alle Gesuche um Genehmigung zu Sonderverhandlungen und Teilnahme an Diskussionen abweisend zu beantworten (einstimmig). Die Herren aus Salzburg, Steiermark und Kärnten, die bereits nähere Verhandlungen geführt haben, werden vom Verhandlungskomitee zu einer vertraulichen Aussprache nach Wien eingeladen (einstimmig).

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Als Komitee für die Planung der Sammlungsbewegung werden bestellt: Dr. Kraus, Dr. Ursin, Dr. Miltschinsky, Leisz (einstimmig). Punkt 7 der Tagesordnung: Bericht über die eingelangten Antworten auf die Schriften der Bundesverbandsleitung gemäss Beschluss vom 15. 12. 1951: Die Fälle Weilhartner, Rotter, Desser, Ruzicka, Schörghofer, Tschuggmell, Schmidjell, Doppler, Grasmugg, Kermann werden dem Bundesverbandsgericht überwiesen (Mehrheit). Hinsichtlich der übrigen Exodisten wird als Beschluss der engeren Bundesverbandsleitung bestätigt, dass ihre Antwort als Bejahung der gestellten Fragen aufgefasst wurde (Mehrheit).68 Der Beschluss der Landesverbandsleitung Steiermark vom 18. 12. 1951, wonach der Landesobmann den Sitzungen der Bundesverbandsleitung bis auf weiteres fernzubleiben hat, sofern nicht Angelegenheiten der Steiermark behandelt werden, ist statutenwidrig (Mehrheit). Gegen Dr. Elsnitz wird ein Verfahren vor dem Bundesverbandsgerichte eingeleitet, weil er den Sitzungen der Bundesverbandsleitung unentschuldigt fernbleibt und weil er einen satzungswidrigen Beschluss der Landesverbandsleitung herbeigeführt hat, obwohl er als Landesobmann verpflichtet ist, die Statuten zu kennen (Mehrheit). Den Kärntner Mitgliedern, welche bereits der Aktion beigetreten sind, werden die heutigen Beschlüsse über Verhandlungen mit der Aktion bekanntgegeben und sie neuerlich aufgefordert, ihre Mitgliedschaft rückgängig zu machen (mit Mehrheit). Punkt 8) der Tagesordnung: Allfälliges. An LO Zeillinger ist ein Brief wegen seiner Nichtteilnahme an den BVL-Sitzungen abzusenden (mit Mehrheit). Die Wahl von Neuwirth als Geschäftsführer des Übereinstimmungsausschusses wird reassumiert und Dr. Bandat mit Stimmenmehrheit als Geschäftsführer gewählt. Die Bundesverbandsleitung rügt die am Bundesverbandstage beim Exodus vorgekommenen gegenseitigen Beschimpfungen (einstimmig). Der vom Landesverbande Steiermark herausgegebene zweite Teil des Mitteilungs- und Schulungsblattes geht über den durch das VdU-Programm gestellten politischen Rahmen hinaus. Er behandelt philosophisch-weltanschauliche Themen, welche nach dem VdU-Programm weder in der einen noch in der anderen Richtung Gegenstand der Ver68 Am Bundesverbandstag in Salzburg war Kraus mit 85 gegen 60 Stimmen (die auf Hartleb entfielen) wiedergewählt worden. Über das Stimmrecht der abtretenden Vorstandsmitglieder – die nicht mehr als Delegierte nominiert worden waren – entwickelte sich eine Debatte, die zu einem Auszug eines Teils der Versammlung führte.

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bandspolitik sind. Hingegen wird er dem Zwecke, die Verbandsfunktionäre laufend über rein politische Fragen zu informieren, nicht gerecht, und ist geeignet, Verwirrung und Ablehnung hervorzurufen. Die BVL untersagt daher das weitere Erscheinen des Schulungsbriefes (2. Teil des Mitteilungs- und Schulungsblattes) in seiner bisherigen einseitigen Redigierung. Die Landesverbandsleitung Steiermark wird verpflichtet, die weiteren Folgen vor Verbreitung dem Bundesverbandsobmann zur Genehmigung vorzulegen. Protokoll über die Sitzung der Bundesverbandsleitung am 26. 3. 1952 in Wien I, ­Parlament (Korrespondenz Stendebach) Beginn: 9 Uhr 30 Vorsitz: BO Dr. Kraus Anwesend: Kandutsch, Stendebach, Dr. Miltschinsky, Dr. Bandat, Gruber, Dr. Roschall, Neuwirth, Dr. Lauritsch, Ing. Rabl, Schuster, Dr. Kaupe, Wilhelm Mayer, Wicha, Dr. Reimann, Fritz Mayer, Dr. Ursin, Ebenbichler, Görcz, Dr. Gasselich, Barnert, Zeillinger, Dr. Kopf, Dr. Buchberger Entschuldigt: Ing. Heidl (Stimmübertragung an Dr. Roschall) Dr. Klanitz ( -” Dr. Stüber) Ing. Zwerger ( -” Ebenbichler) Assmann ( -” Dr. Kopf) Unentschuldigt: Dr. Clar, Kaufmann, Hartleb, Dr. Scheuch Protokollführung: Dr. Schmidl Dr. Kraus eröffnet die Sitzung und stellt die Beschlussfähigkeit fest. Tagesordnungspunkt Bericht über die Verhandlungen mit der Aktion: Dr. Miltschinsky berichtet namens des Verhandlungskomitees über den Stand der Verhandlungen mit der Aktion und verliest die 6 Punkte der Erklärungen der Aktion, betreffend programmatische und ideologische Festlegungen. Er bittet diese 6 Punkte als absolut vertraulich zu behandeln. Nach dem Bericht wird die Generaldebatte eröffnet. Barnert berichtet über den Linzer Kongreß der Aktion am 23. 3. Dieser Kongreß hat in unseren Reihen schwerste Bedenken ausgelöst. Insbesondere die Erklärungen der Aktionsleute über die konfessionellen Schulen. Weiters erklärte Dr. Butschek, man müsse erwägen, ob man den Männern des 20. Juli 1944 nicht moralische Beweggründe zubilligen könne. Der Kongreß war von 80 bis 90 Leuten beschickt, davon waren 20 VdU-Leute, eigentliche Aktionsleute aus Oberösterreich waren sehr wenig, die meisten kamen aus Salzburg, Steiermark und Wien.

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Teil I  : Protokolle

Die Landesleitung Oberösterreich hat sich mit der durch den Kongreß geschaffenen Lage befasst und hat folgende Beschlüsse gefasst: 1.) Wenn weitere Verhandlungen stattfinden sollen, dürfen solche Punkte, wie konfessionelle Schulen etc., nicht mehr berührt werden. 2.) Gewisse Vorwürfe, welche insbesondere gegen Dr. Gredler erhoben werden, müssen untersucht werden.69 3.) Oberösterreich ist nicht gegen den Zusammenschluss, es will aber zur jetzigen Zeit weder ein Abbrechen noch eine Zusage, sondern zuerst eine vollkommene Klärung. Die nationalen Gefühle unserer Leute dürfen nicht verletzt werden. Weiters haben wir beschlossen, die Basiserweiterung nach der Idee Langoth in Oberösterreich weiter fortzuführen. Schließlich legt Oberösterreich im Hinblick auf die durch den Kongreß geschaffene Lage unbedingt Wert darauf, eine Vertretung im Verhandlungsausschuß zu haben. Oberösterreich spricht sich entschieden dagegen aus, daß man heute die Meinung vertritt, nur ein Zusammenschluß mit den Aktionsleuten könne uns retten. Kandutsch: Die Masse unserer Anhänger besteht aus Nationalen. Die nationale Gesinnung ist aber keine Opportunitätserscheinung, sondern eine Sache der inneren Haltung. Die Erklärungen der Aktion über ihre Ideologie und Programmatik genügen uns nicht. Der Punkt 1 würde in seiner jetzigen Fassung jede Privatisierung tolerieren. Es müßte vielmehr ausdrücklich gesagt werden, daß sie sich vom legitimistischen Gedankengut distanzieren. In Punkt 2 müßte zum Ausdruck gebracht werden, daß die Diskussion über den Donauraum überhaupt auszuscheiden ist. Wicha: Es fehlt das Vertrauen in die Männer der Aktion. Ihr Abrücken von ihren früheren Forderungen ist nur eine Opportunität. Fritz Mayer: Das Ideologische ist zu dürftig festgelegt. Es bestand kein Anlaß, bei der letzten BVL-Sitzung ein neues Komitee zu wählen. Neuwirth: Es haben nur reale und nüchterne Überlegungen Platz zu greifen. Die ganzen Verhandlungen sind noch im Fluss, wir sind aber schon sehr nahe an das Endziel gekommen. Wir sollen dem Verhandlungskomitee weiterhin das Vertrauen aussprechen, weil es wirklich Positives erreicht hat. Dr. Roschall: schildert nochmals den Eindruck des Linzer Kongresses und fordert grundsätzliche Klärung aller wesentlichen Programmpunkte. Wir hatten in Linz auf Grund 69 Es ging um Gredlers Rolle im Rahmen der Widerstandsgruppe im Palais Auersperg im April 1945  ; siehe unten, Aufzeichnungen Gustav Zeillingers, 26. März 1952.

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des Kongresses den Eindruck, daß den Aktionsleuten die ÖVP zu wenig schwarz oder zu wenig schwarz-gelb gewesen ist, deswegen sind sie von dort weg. Kandutsch: Die „Salzburger Nachrichten“ bringen ja heute schon, was wir erst beschliessen sollen. Wir werden hier einseitig festgelegt. Dr. Buchberger: Sie sollen sich von den Restaurationsbestrebungen distanzieren. Im übrigen ist die Aktion kein geschlossenes Ganzes. Wir müssen es so machen wie bei einer Ernte, zuerst alles hereinnehmen und dann erst sortieren. Dr. Ursin: Ich habe der Aktion gegenüber mich sehr ultimativ gegen die Abhaltung des Linzer Kongresses ausgesprochen. Ich hatte diesbezüglich eine Unterredung mit Dr. Butschek, von der ich auch Barnert in Kenntnis setzte. Ich habe mit ihm folgendes besprochen: 1.) Der Kongreß ist ausschließlich auf die zu erfolgende Einigung auszurichten. 2.) Jede Art von Entgleisungen ist selbstverständlich zu unterbinden. 3.) Der Vollzug der Einigung darf nicht vorweggenommen werden, weil wir uns die propagandistische Wirkung nicht schon vorher aus der Hand nehmen lassen dürfen. Auch ich war bestürzt über die am Linzer Kongreß erfolgten Entgleisungen und habe darüber mit Dr. Gredler gesprochen, der mir versicherte, daß sich derartige Dinge nicht mehr wiederholen werden. Ich stelle aber eines klar: worüber wir heute zu beschliessen haben, sind nur Präliminiarien. Das nationale Gedankengut ist unabdingbar und wir müssen davon auch Gebrauch machen. Zur Besetzung des Verhandlungskomitees stehe ich auf dem Standpunkt, daß es der anderen Seite gegenüber einen schlechten Eindruck machen würde, ständig das Komitee zu wechseln. Stendebach: Die Formulierungen sind zweifellos ein Erfolg, Mißtrauen und Furcht sind keine Basis für den Aufbau. Ich bin aber ebenfalls für eine nähere Klärung der Punkte 1 und 2. Dr. Gasselich: Die Linzer Entgleisungen sind nicht so wichtig zu nehmen. Wenn wir ernst genommen werden wollen, dürfen wir nicht einmal Hüh und einmal Hott ziehen. Die Frage der Mitte ist in Österreich von größter Bedeutung. Es wäre bedauerlich, wenn wir heute nicht zur Meinung kommen, daß die fixierten Punkte eine tragbare Basis bilden. Ich schlage daher vor, diese Punkte als Grundlage für weitere Verhandlungen anzuerkennen. Dr. Kopf: Ich vermisse die Großzügigkeit in dieser Debatte. Alles wartet auf die Einigung und wir verlieren uns hier in Kleinigkeiten.

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Schuster: Man muss die Entgleisungen doch berücksichtigen. Im übrigen wird der VdU nicht zugrunde gehen, wenn die Einigung nicht zustande kommt. Wegen dem Geld allein dürfen wir uns nicht verkaufen. Auch ich frage, warum das letzte Mal das Verhandlungskomitee gewechselt wurde. Zum Vergleiche von Dr. Buchberger wegen der Ernte möchte ich aber hinzufügen, daß wir leicht auch Wühlmäuse hereinbekommen können. Dr. Stüber: Die programmatische Klärung durch das Verhandlungskomitee könnte sich nur auf gewisse neuralgische Punkte beschränken. Ich glaube, daß Dr. Gredler seine Worte der Mißbilligung der Linzer Vorfälle ernst meint. Unsere Aufgabe ist es nun zu prüfen, ob wir in den Formulierungen etwas sehen, was so schwerwiegend ist, daß wir uns nicht finden können. Zu den persönlichen Vorwürfen gegen Dr. Gredler, dem ich selbst ursprünglich mit dem größten Mißtrauen gegenübertrat, muß ich sagen, daß sie nichts beinhalten, was unmoralisch wäre. Dr. Reimann: Ich bin der Ansicht, daß heute hier nur einheitliche Beschlüsse möglich sind. Strittige Punkte müssen neuerlich formuliert und von beiden Teilen unterschrieben werden. Was das Mißtrauen von Oberösterreich und des ZA anlangt, so müssen deren Standpunkte berücksichtigt werden und ihr Mißtrauen zerstreut werden. Es sollen Vertreter von ihnen in das Verhandlungskomitee hineingewählt werden. Zeillinger: berichtet über den schon vollzogenen Zusammenschluß im Landesverband Salzburg. Der Zusammenschluß brachte uns zahlenmäßig überhaupt keinen Gewinn, aber er hatte eine gute propagandistische Wirkung. Allerdings dürfen wir wegen dieser propagandistischen Wirkung nichts von unseren positiven Dingen hergeben. Ich stelle noch den Antrag, im Punkt 1 den Hinweis auf Dr. Canaval, „Salzburger Nachrichten“, zu streichen. Der Hinweis besagt gar nichts und würde mir in Salzburg gegenüber den SN nur unnötige Schwierigkeiten bereiten. Dr. Roschall: Ich bitte die Angelegenheit länderweise differenziert zu behandeln. In Oberösterreich besteht in unserer Anhängerschaft kein besonderer Wunsch zur Einigung. Kandutsch: Ich stelle zu den 6 Punkten folgende Abänderungsanträge: Zu Punkt 1) nach dem ersten Satz: „Die Aktion distanziert sich von allen Restaurationsbestrebungen.“ Das was sonst noch in der Klammer steht, hat zu entfallen. Zu Punkt 2): dieser hätte einfach zu lauten: „Der Begriff des Donauraumes bleibt außerhalb der Diskussion.“ Alles weitere wäre zu streichen. Dr. Ursin: Das was uns vorliegt, ist eine Erklärung der Aktion, an der wir keine textlichen Änderungen vornehmen können.

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Dr. Kraus: Was wir ändern wollen, können wir nur in Aufträgen an unser Verhandlungskomitee festlegen. Abstimmung über die Abänderungsanträge Kandutsch: Der Antrag zu Punkt 1) wird mit Stimmenmehrheit angenommen. Der Abänderungsantrag zu Punkt 2) wird von Kandutsch zurückgezogen. Barnert: schlägt folgende Fassung vor: Die Bundesverbandsleitung nimmt die Erklärungen der Aktion zur Kenntnis und beauftragt das Komitee zu weiteren Verhandlungen, wobei der zu Punkt 1) beschlossene Abänderungsantrag Kandutschs zu berücksichtigen ist. Einstimmig angenommen. Dr. Ursin berichtet über die Vereinbarungen des Verhandlungsausschusses über die Art der politischen Zusammenarbeit. Hierüber liegt eine einheitliche Formulierung noch nicht vor, es sind lediglich unverbindliche Aussprachen geführt worden. Die Zusammenarbeit soll demnach folgende Punkte umfassen: 1) Es wird ein paritätischer Einigungsausschuß eingesetzt. Seine Aufgabe ist es, die einheitlichen Auffassungen zu klären. Seine besonderen Aufgaben sollen sein: gemeinsame Behandlung der politischen Grundfragen, gemeinsame politische Taktik, gemeinsame Pressepolitik, finanzielle Fragen. 2) Der Einigungsausschuß kann Unterausschüsse einsetzen, welche ebenfalls paritätisch beschickt werden, u. zwar über organisatorische, sozialpolitische und wirtschaftliche Fragen sowie über Probleme der freien Berufe. 3) Die angestrebte Sammlung soll sich nicht ausschließlich auf die Heranziehung der Aktion beschränken, sondern auch die Fühlung mit anderen Gruppen aufnehmen. 4) Die gemeinsamen Arbeiten sollen in einem gemeinsamen Büro in Wien erfolgen. Kandutsch: Was ist das Endziel der Zusammenarbeit? Und wer soll die Führung übernehmen? Sind die Aktionsleute von ihren früheren Forderungen (Namensänderung, neue Spitze, neue Profilierung) abgerückt? Dr. Ursin: Das Endziel kann nicht sein, daß eine Parallelorganisation entsteht, sondern das Endziel ist die Fusionierung. Das Endziel wird etwas grundsätzlich Neues sein. Die Namensänderung wird sich zwangsläufig ergeben. Kandutsch: Wir müssen uns auf den Standpunkt einer organischen und demokratischen Entwicklung stellen und es muß ihnen klargemacht werden, daß oben nur der sein kann, der von unten herauf gewählt wird.

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Zeillinger: Die organische Entwicklung muß von unten herauf beginnen. Dort hat auch die Zusammenarbeit zu beginnen. Dr. Ursin: Die Dinge müssen zuerst oben abgeklärt sein, bevor die Zusammenarbeit unten beginnen kann. Zeillinger: Ich stelle den Antrag, daß gleichzeitig mit der Bildung der beantragten Ausschüsse die praktische Zusammenarbeit in der untersten Organisation (Ortsstellen, Betriebe etc.) beginnen soll. Ich bin jedoch bereit, diesen Antrag unter der Voraussetzung zurückzuziehen, daß es den Ländern unbenommen bleibt, diese Zusammenarbeit innerhalb des Landesverbandes durchzuführen. Dr. Miltschinsky: Zusatzantrag zum Antrag Zeillinger: im engsten Einvernehmen mit dem Verhandlungskomitee. Der Antrag Zeillinger mit dem Zusatzantrag Miltschinsky wird somit mit Stimmenmehrheit bei einer Stimmenthaltung angenommen. (Die Zusammenarbeit in der unteren Organisation bleibt den Landesverbänden überlassen, wobei jedoch das engste Einvernehmen mit dem Verhandlungskomitee zu pflegen ist.) Zeillinger: zieht darauf hin seinen ersten Antrag zurück. Stendebach: Antrag: Sobald die programmatische Einigung vollzogen ist, sind Landesausschüsse zu bilden. Antrag Stendebach mit Stimmenmehrheit bei einer Stimmenenthaltung angenommen. Dr. Ursin: stellt folgenden Antrag: Die BVL genehmigt die Vereinbarungen des Verhandlungsausschusses über die Art der politischen Zusammenarbeit. Mit Stimmenmehrheit gegen 2 Stimmen angenommen. Zusammensetzung des Verhandlungskomitees: Roschall schlägt Kandutsch vor. Neuwirth: beantragt das bisherige Komitee zu lassen. Kandutsch: schlägt Roschall (gleichzeitig für O.Ö. und ZA vor). Fritz Mayer: schlägt vor: Kandutsch, Zeillinger, Dr. Reimann, Dr. Ursin. Stendebach: schlägt vor, die Zahl der Mitglieder von 4 auf 5 zu erhöhen. Barnert: schlägt Kandutsch auch als Vertreter von Oberösterreich vor.

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Abstimmung über den Antrag Stendebach: Mit Stimmenmehrheit gegen zwei Stimmen angenommen. Neuwirth: Ich beantrage die bisherigen Mitglieder des Verhandlungskomitees zu belassen und nur einen 5. neu dazuzuwählen. Abstimmung: mit Stimmenmehrheit gegen 1 Stimme angenommen. Als fünftes Mitglied wird sohin einstimmig Kandutsch gewählt. Dr. Ursin: beantragt: Soweit es sich um grundlegende politische Fragen handelt, bedürfen die Beschlüsse des Einigungsausschusses zum Wirksamwerden der Zustimmung der BVL. Die vom VdU in die Unterausschüsse des Einigungsausschusses zu entsendenden Mitglieder werden von der BVL bestellt. Abstimmung: einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt Allfälliges. Dr. Kraus berichtet, daß NR Dr. Pittermann bei der letzten Parlamentssitzung Rundschreiben, die nur an die BVL-Mitglieder ergangen sind, verlesen hat.70 Nach Debatte wird beschlossen, daß Beschlußprotokolle über BVL-Sitzungen nur dan per Post zu senden sind, wenn sie keine vertraulichen Angelegenheiten betreffen, sonst sind sie bei der nächsten Sitzung auszuteilen. Die Landesobmänner haben sich bei den Sitzungen die notwendigen Notizen zu machen. Neuwirth: berichtet darüber, daß bei der letzten Sitzung der Arbeiterkammer Linz eine Resolution von allen Kammermitgliedern außer den Kommunisten, also auch von den VdULeuten, angenommen wurde, die gegen Kamitz und für Waldbrunner Stellung nimmt. Hierüber entwickelt sich eine längere Debatte, die jedoch ohne Ergebnis verläuft. Es wird die Tendenz ausgesprochen, sich vorläufig aus diesem Streit herauszuhalten. Neuwirth berichtet weiters über die vom Übereinstimmungsausschuß eingebrachte Enquete über Wohnbaufragen, wobei insbesondere die Frage des Tagungsortes (Salz70 Pittermann hatte am 19. März, wie er sagte, »einen Führererlaß aus der Fronburg« vom 26. Februar verlesen, der offen das Problem diverser programmatischer Unklarheiten ansprach (Stenographische Protokolle des Nationalrates, VI. GP, 83. Sitzung, S. 3204).

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burg oder Wien) zur Debatte steht. Der überwiegende Teil der BVL-Mitglieder spricht sich für Wien aus. Dr. Schmidl: berichtet über die bevorstehenden Apothekerkammerwahlen. Überwiegende Meinung, daß wir uns an diesen Wahlen nach Möglichkeit beteiligen sollen. Ende 14 Uhr 20.

b) Die Aufzeichnungen Gustav Zeillingers 71 29. Oktober 1951 Linz, „Weisses Lamm“, Beginn  : 9.40 Anwesend: Kraus, Richter, Clar, Elsnitz, Zwerger, Ebenbichler, Wicha, Miltschinsky, Görcz, Scheuch, Barnert, Maier (OÖ), Rabl, Mayer (ZA), Kandutsch, Schuster, Roschall, (Schmidl), Zeillinger, Gasselich, Hartleb, Neuwirth 1. Bericht Dr. Kraus: 1.) Junge Front: Dr. Kraus verlangte ein öffentliches Angebot und forderte die verschiedenen Leute zu direkten Gesprächen auf. 2. Gestern Gespräch in Goisern: Dr. Miltschinsky wird berichten. 3. Dr. Eisler hat eine Stellungnahme (öffentlich) angesagt. 4. 2 Änderung LV-Tag: Salzburg. 5. LV-Tag in Steiermark: Die Bundesleitung wurde vorher nicht verständigt. Eigene Schulungsbriefe über ideologische Punkte. Dr. Elsnitz soll erklären, ob er zusammen will oder eine eigene Politik machen will. Ich war vorher für den Ausmarsch. Jetzt wird er uns vorgehalten. Ich bin mit der Rede Elsnitz einverstanden. 6. BR-Wahlen: Allgemein gutes Zeichen. Kaprun hervorzuheben. Die parteilosen Betriebsräte müssen für uns [erfaßt?] werden. 7. Neuer industrieller Verband hat sich in Salzburg konstituiert. Es wurde nicht angenommen, in einer Aussprache wurde von diesen Leuten gegen die Partnerschaft Stellung ge[nommen?]. Es wurde eine Besprechung vereinbart. (Czerwenka [OÖ], Reininghaus)72 8. Parlament: Bei der Regierung ist Katastrophenstimmung. Ich habe nicht (wie in den SN stand) Neuwahlen „gefordert“, sondern habe nur erklärt, wenn sie keinen anderen Ausweg wissen, sollen sie es wie Attlee machen (Neuwahlen ausschreiben). 71 Das Heft mit den stenografischen Aufzeichnungen Zeillingers befindet sich im Salzburger VdU-Archiv, Karton 94. 72 Dabei dürfte es sich um die Anfänge des Verbandes der selbständig Wirtschaftstreibenden gehandelt haben.

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burg oder Wien) zur Debatte steht. Der überwiegende Teil der BVL-Mitglieder spricht sich für Wien aus. Dr. Schmidl: berichtet über die bevorstehenden Apothekerkammerwahlen. Überwiegende Meinung, daß wir uns an diesen Wahlen nach Möglichkeit beteiligen sollen. Ende 14 Uhr 20.

b) Die Aufzeichnungen Gustav Zeillingers 71 29. Oktober 1951 Linz, „Weisses Lamm“, Beginn  : 9.40 Anwesend: Kraus, Richter, Clar, Elsnitz, Zwerger, Ebenbichler, Wicha, Miltschinsky, Görcz, Scheuch, Barnert, Maier (OÖ), Rabl, Mayer (ZA), Kandutsch, Schuster, Roschall, (Schmidl), Zeillinger, Gasselich, Hartleb, Neuwirth 1. Bericht Dr. Kraus: 1.) Junge Front: Dr. Kraus verlangte ein öffentliches Angebot und forderte die verschiedenen Leute zu direkten Gesprächen auf. 2. Gestern Gespräch in Goisern: Dr. Miltschinsky wird berichten. 3. Dr. Eisler hat eine Stellungnahme (öffentlich) angesagt. 4. 2 Änderung LV-Tag: Salzburg. 5. LV-Tag in Steiermark: Die Bundesleitung wurde vorher nicht verständigt. Eigene Schulungsbriefe über ideologische Punkte. Dr. Elsnitz soll erklären, ob er zusammen will oder eine eigene Politik machen will. Ich war vorher für den Ausmarsch. Jetzt wird er uns vorgehalten. Ich bin mit der Rede Elsnitz einverstanden. 6. BR-Wahlen: Allgemein gutes Zeichen. Kaprun hervorzuheben. Die parteilosen Betriebsräte müssen für uns [erfaßt?] werden. 7. Neuer industrieller Verband hat sich in Salzburg konstituiert. Es wurde nicht angenommen, in einer Aussprache wurde von diesen Leuten gegen die Partnerschaft Stellung ge[nommen?]. Es wurde eine Besprechung vereinbart. (Czerwenka [OÖ], Reininghaus)72 8. Parlament: Bei der Regierung ist Katastrophenstimmung. Ich habe nicht (wie in den SN stand) Neuwahlen „gefordert“, sondern habe nur erklärt, wenn sie keinen anderen Ausweg wissen, sollen sie es wie Attlee machen (Neuwahlen ausschreiben). 71 Das Heft mit den stenografischen Aufzeichnungen Zeillingers befindet sich im Salzburger VdU-Archiv, Karton 94. 72 Dabei dürfte es sich um die Anfänge des Verbandes der selbständig Wirtschaftstreibenden gehandelt haben.

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9. Vorsprache von Kraus, Scheuch, Hartleb bei Schärf-Tschadek-Figl wegen Weihnachtsamnestie, NS-Gesetz usw., Rückgabe verfallener Vermögen.73 10. Es wird zuviel von verbandsinternen Dingen an die SPÖ verraten. Ad 9: Scheuch: Tschadek einverstanden, Bauernanwesen zum Einheitspreis zurückzukaufen und auch, falls das Geld fehlt, werden Raten in der Höhe des bisherigen Pachtschillings bewilligt. Figl ist nicht so entgegenkommend. Wir haben erklärt, dass der 2½-fache Einheitswert für uns indiskutabel sei. Ad 1: Scheuch: Sie wollten nicht den Anschein erwecken, dass sie eine neue Partei gründen, bei ihrem Kongreß in Wien. Es ist mehr als die Hälfte ehemalige Nationalsozialisten. Alle Anträge auf Änderung des Beschlusses über die Namensänderung werden zurückgezogen (Wicha). Ad 2: Miltschinsky: Es war eine Wiedersehensfeier der ehemals politisch Tätigen in Goisern.74 Keine konkreten Beschlüsse. Aber man ist geneigt, mit uns zusammenzuarbeiten. Ad 5: Zeillinger: Begrüßt den Ausmarsch, bekrittelt allerdings, dass Steiermark schlecht meldet. Kandutsch: Antrag: Um eine Einheitlichkeit in der Propaganda herbeizuführen, beschließt die Bundesleitung, dass ab sofort alle Redneranweisungen, Plakate sofort der Bundesleitung vorzulegen sind. Bei Verstößen sind Sanktionen vorgesehen. Gegenantrag Hartleb: Von solchen Weisungen (wie oben) soll Abstand genommen werden. Die Leute, die sprechen, sollen von Dingen, von denn sie noch nicht wissen, wie die Bundesleitung dazu Stellung nimmt, nicht reden. In Zukunft sollen in jeder Sitzung vom zuständigen Referenten Redneranweisungen vorgelegt werden. Kandutsch ändert Antrag ab: Schulungsbriefe, Redneranweisungen etc. der Bundesleitung vorzulegen, Propaganda-Aktionen sind vorher zu melden. 2. Zeillinger: […] einen Straßenpropaganda über[sicht] und fordert zur Aktivität auf. 3. Neuwirth: Erklärt seinen Rücktritt als Bundesgeschäftsführer: BV spricht ihm Dank aus. Kraus: Teilt die Bestellung von Dr. Schmidl mit. Dr. Schmidl einstimmig bestellt – 2.500 zugestimmt. 4. Resolution wird einstimmig angenommen. 5. Blatt 2 der Tagesordnung: Neuwirth verliest Vorschlag über die Tagesordnung.

73 Ein Gesetzesentwurf zum Thema wurde 1952 verabschiedet, aber von den Alliierten beeinsprucht  ; er trat erst nach dem Staatsvertrag in Kraft  ; entlassenen Beamten wurden inzwischen Pensionsvorschüsse ausgezahlt (OÖN 1. 10. u. 23. 11. 1955). 74 Goisern war der Altersitz des großdeutschen Landesobmanns in der Zwischenkriegszeit und späteren Bürgermeisters von Linz (1944/45) Franz Langoth.

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Teil I  : Protokolle

Außerordentliche BV-Sitzung in Wien am 13. XI. 1951 (Batzenhäusl), gemeinsam mit Junger Front Mängel: Es nehmen Leute teil, denen jede Legitimation fehlt. Von uns GR Hell, bei den anderen Dr. Walters. Dr. Kraus: Begrüßt und bittet die andere Gruppe, ihren Vortrag zu bringen. Dr. Strachwitz: Die Aktion will sich [nicht?] in innere Angelegenheiten des VdU einmischen. Wir sehen [?] den Willen zur Zusammenarbeit. Dr. Gredler: Hält förderlich: 1) Neuen Namen und neues Gesicht. 2) VdU soll die Dinge durchführen, die auch schon ein Anliegen sind (Verlegung der Bundesleitung nach Wien). 3) Neue Führung (es wurde bereits an Dr. Platzer gedacht). Unser Anliegen: Möglichst starke neue Gruppierung, wobei allerdings Vorsicht erforderlich ist. Pingitzer: Dr. Kraus ist es, der bei der ersten Besprechung das Zusammengehen VdU-JF als fragwürdige [?] Basis bezeichnete. Ich stehe nicht auf diesem Standpunkt, weil ich die JF allein nicht überschätze. Wir legen keinen Wert auf Prestigefragen, auch wir haben einen Namen zu verlieren. Schreiben Sie auf ein Papier nebeneinander Vorteile – Nachteile. Kraus: Ich wurde gefragt, ob wir heute noch denselben Wunsch zur Einigung haben. Wir haben noch denselben Ernst zur Einigung, daher die Einladung. Aber unser Vertrauen wurde erschüttert. Sind die Vorschläge von Pingitzer unabdingbare Forderungen oder nur, wie Strachwitz sagte, Vorschläge, über die debattiert werden soll. Stra[chwitz]: Wir sind grundsätzlich der Auffassung, dass eine Sammlung zustande kommen soll, dass dies aber nur möglich ist, wenn es etwas Neues ist. Kottulinsky: Wir haben keinen Zweifel über unsere Absichten gelassen, wir wollen etwas den beiden Regierungsparteien entgegenstellen. Es muß uns gesagt werden, welche Absichten uns untergeschoben werden. Dr. Treffer75: Es sollen sich auch andere Herren, auch vom VdU, melden, z.B. Hartleb usw. Kopf: Es ist selbstverständlich, dass eine Partei der Mitte entstehen muß. Ein großer Teil der Bevölkerung hofft, dass Verhandlungen ein positives Ergebnis haben. Wir müssen uns einigen, die Frage ist nur noch der Weg. Wenn wir uns nicht einigen, dann wird Waldbrunner der nächste Kanzler und Österreich eine Volksdemokratie. Prinzhorn: Wir zerbrechen uns zu viel den Kopf und haben Angst, das Ziel nicht zu erreichen. Wenn wir uns einigen, werden wir mehr erreichen bei der Wahl als jeder einzeln, […] dies zusammengerechnet. Kottulinsky: Zur Frage des Misstrauens: Es würden Gerüchte in Umlauf gesetzt, z.B. wir wollen die Donaumonarchie oder wir wollen die Nationalen sammeln, um sie wieder der ÖVP zuzuführen. Wir sind nicht der Ansicht, dass über das Programm des VdU nicht mehr gesprochen werden soll. 75 Günther Treffer machte sich später einen Namen als Journalist und Sachbuchautor.

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Kopf: Wir sind uns im Ziel einig. Dies sollten wir formulieren. Richter: Einer[seits] sagte Strachwitz, dass es das einfachste sei dem VdU beizutreten, andererseits wurde aber der VdU nicht als geeignete Grundlage bezeichnet. Stra[chwitz]: Es herrscht zuviel Misstrauen. Wir müssen der Ostzone Rechnung tragen. Das Kapital, das der VdU ausschöpfen kann, ist ausgeschöpft. Dr. Wunschheim: Die Stimmung in der Bevölkerung ist die, dass der Ruf nach Konzentration, neuem Firmenschild und neuen Personen an der Spitze verlangt wird. Der VdU würde bei einer Neuwahl nicht mehr 16 Mandate erreichen! Die Enttäuschung bei den Wählern ist groß (Zuruf: Selbst bei den NS!). Reimann: Schlägt Unterbrechung vor, um sich aussprechen zu können. Bundesvorstandssitzung am 30. XI. 1951, Salzburg Beginn 10 h. Anwesend: Kraus, Roschall, Schuster, Kandutsch, Richter, Zwerger, Reimann, Hartleb, Neuwirth, Maier, Wicha, Görcz, Gasselich, Miltschinsky, Mayr, Zeillinger, (Schmidl) BV-Tag: Salzburg macht als Vertreter für die Mandatskommission Herrn Tschirf namhaft. 22. I. 1952. Wien. Parlament. Bespr[echung] mit Bundeskomitee d. VdU f. ­„Verbreiterung“ Anwesend: Dr. Ursin, Gruber, Miltschinsky, Vallon Miltschinsky: War kein Zufall, dass Canaval bei der Hochzeit in Nancy war und Artikel des Otto verfasst. Das Auftreten der Aktion mit einem eigenen Aktionsprogramm ist unfair. Ursin: Die Verbreiterung ist eine Vereinigung. BV-Sitzung in Wien (Parlament) am 26. 3. 1952 Anwesend: Kraus, Kandutsch, Miltschinsky, Kaupe, Zeillinger, Barnert, Kopf, Maier (OÖ), Ursin, Bandat, Gruber, Stendebach, Schuster, Mayr, Rabl, Roschall, Görcz, Buchberger, Wicha, Stüber, Ebenbichler, Reimann, Neuwirth, Gasselich, Lauritsch Miltsch[insky]: Trägt 6 Punkte vor, die als Zugeständnisse der Aktion anzusehen sind. Barnert: Berichtet, dass auf seinem Kongreß der Aktion in OÖ verschiedene Entgleisungen vorgekommen sind (konfessionelle Schule, […] [Gredler]). Zeil[linger]: Will Klärung unseres Verhältnisses zur Aktion.

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Teil I  : Protokolle

Kand[utsch]: Pkt 1 genügt nicht. Die Aktion muß sich offiziell vom monarchischen Gedanken trennen. Pkt 2 schärfer formulieren: Über Donauraum wird überhaupt nicht mehr geredet. Fritz Mayer: Beanstandet, dass kein Arbeitervertreter im Verhandlungskomitee. Neuwirth: Nimmt Stellung gegen Kandutsch. Kand[utsch]: Haut zurück auf Neuwirth. Buchb[erger]: Verlangt Briefe an jene Leute der Aktion, die in Linz entgleisten. Ursin: Ich trat im Verhandlungskomitee scharf gegen die Abhaltung von Kongressen auf. In einer Unterredung mit Butschek legte er […] fest, dass beim Kongreß in OÖ alle Entgleisungen vermieden werden sollen. Das ist leider nicht geschehen. Stellt fest, dass Gredler nicht die Verteidigungspläne ausgeliefert hat. Er hat allerdings ein Widerstandskomitee gebildet, um den Kommunisten die Machtergreifung zu verhindern. Kand[utsch]: Pkt 1 scharf: Lehnt legitimistische Bestrebungen ab, Pkt 2: Donauraum außerhalb der Diskussion. Die Aktion distanziert sich von allen Restaurationsbestrebungen. Antrag Kand[utsch], Pkt 1 mit großer Mehrheit ohne Gegenstimmen angenommen. Ursin: Trägt Punkte der Einigung vor. Diese werden angenommen (Bildung von Ausschüssen, […]büro). Zeil[linger]: Beantragt Sanktionierung des Zustandes von […] (Zusammenarbeit unten). Angenommen. BV-Sitzung am 19. Mai 1952 in Wien  : Anwesend: Kraus, Kandutsch, Gasselich, Ebenbichler, Kopf, Stüber, Clar, Zeillinger, Bandat, Stendebach, Gruber, Mayr, Maier, Roschall, Rabl, Barnert, Rammer, Kaupe, Buchberger, Miltschinsky, Reimann, Schuster, Görcz, Lauritsch, Neuwirth (Dr. Schmidl) Barnert: Zur GO: Verlangt, dass politischer Bericht an die Spitze der Tagesordnung kommt. Kraus: Erklärt politischen Bericht geben zu wollen: Wir müssen mit vorgezogenen NRWahlen rechnen. Beiden Parteien ist […] den Antrag zu stellen, die Mehrheit ist sicher. Beide Parteien suchen einen guten Grund als Wahlschlager. Kraus: Pkt 2 der Tagesordnung: Verbandsstatuten und […] Statuten werden in Kraft gesetzt (Agrarausschuß mit Änderung). Schmidl: Verbandsgerichtsfall Elsnitz: Vorschlag auf Enthebung des Dr. Elsnitz von seinen Funktionen. 1) Anzeige Sterff (?): Kein Anlaß, dass Elsn[itz] die KdU für seine Privat […] einspannt. Frl. Czerny: Kein Anstoß: Er zeigt sich viel in der Öffentlichkeit. Dies geht über das […] eines LO hinaus. In moralischer Hinsicht nichts zu sagen. Aber ein Teil des Verbandes kritisiert, was E. wusste. Miese Stimmung unter den Mitgliedern. Ist Gegnern Anlaß zu

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Kritik. Dienstag: Keine Widerlegung der Behauptung des Dr. E., dass er in der LR nur an 3. Stelle steht. Dienstwagen hat […] für VdU verwendet. 2) Anklage Dr. Kraus: Inhalt und Art der Anträge wegen Finanzen bei […] BV-Tages sind unpassend. Die Hatz gegen BO wurde vom Gericht nicht überprüft, da keine Beweise geboten wurden und E. dies bestritt. 3) E. Anzeige an BV-Leitung: Er beruft sich auf Beschlüsse des Landesverbandes, er will alles getan haben, um einen scharfen Beschluß zu verhindern. E. konnte dies nicht beweisen. E. wurde von Lauritsch auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht. 4) Anklage Rabl: Vorgehen E. in Sache Wascher ist unverständlich und unkollegial. E. hätte nie so handeln dürfen, als er handelte. Nicht Verbandsgericht, Dr. Eder, Dr. Angerer, Dr. Pölzl. Dr. Stüber: Hält die Verteidigungsrede. Bestreitet die Zuständigkeit und Objektivität des Verbandsgerichtes. Kandutsch: Greift E. schwer an. Roschall: Zur GO. Redezeit auf 5 Minuten begrenzt. Und nur zum Antrag, nicht zum Tatbestand sprechen. Miltsch[insky] gegen Beschränkung der Redezeit. Stendeb[ach]: gegen eine Beschränkung der Redezeit, da die Sache zu wichtig. Mayr: Spricht gegen E. scharf. Neuw[irth]: Spricht mäßig für E – unterstützt die Stellungnahme Dr. Stüber. Barnert: Spricht nur zur oö. Angelegenheit. OÖ verlor von einer Änderung dieser Sache (Wascher). Stellt den Antrag: Von seiner Funktion enthoben und weitere Verfolgung bleibt dem Landtagsklub in der Steiermark überlassen. Stüber: Macht auf die Möglichkeit aufmerksam (von der im Fall Klautzer Gebrauch gemacht wurde), dass das Verfahren nochmals an das Verbandsgericht zurückgewiesen wird. Rabl: gegen E. insbesondere wegen der Affaire Wascher. Zwerger: In den Kleinigkeiten mit Stüber übereinstimmend. In der Sache Wascher sieht er aber ein verbandsschädigendes Verhalten. Clar: Verlangt nur, dass man unbedingt zu einem Antrag des Verbandsgerichtes stehen muß. Es sind noch einige Reden, dann Mittagspause. Nachm. Miltschinsky: Verurteilt zum Teil die Handlungsweise E, dass er genau das macht, was wir im Wahlkampf behauptet haben. Es soll ein dicker Strich unter die gesamte Vergangenheit gezogen werden. (Gasselich stellt Antrag auf starken Verweis.) Ursin: Wir haben nicht Gericht zu spielen. Das Verbandsgericht hat entschieden. E. verdient einen scharfen Verweis. Aber wir müssen tätig bleiben. Uns nicht lächerlich machen. Wir verhandeln wegen Verbreiterung der Basis und streiten uns selbst voneinander.

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Stüber: Verwischt leider den guten Eindruck der Ausführungen Miltsch. und vor allem Ursins und startet neuerdings große Angriffe gegen das Verbandsgericht. Wicha: Will einen Schlußstrich ziehen. Lauritsch: Verlangt scharfes Vorgehen gegen E. Viele stei[rische] Funktionäre stehen Gewehr bei Fuß und verlangen scharfes Vorgehen gegen E. Sie haben E. gewählt, weil sie dem Verbandsgericht nicht vorgreifen wollten.76 Mayr: Erinnert an die Affaire Ofenböck, der 450.000 S verdienen konnte, damit er mit 200.000 S in den „Alpenruf“ einsteigen könnte. Dieser Ofenböck hat einen Waggon Zement gestohlen und es wurde über Intervention totgeschwiegen.77 Neuwirth: Wir haben im VdU noch nicht den Mut, den Leuten alles offen ins Gesicht zu sagen. Angriffe erfolgen meistens im kleinen Kreis, wenn der Betreffende nicht anwesend. Kand[utsch], Ursin, Stendebach: Antrag Barnert: Antrag wie Verbandsgericht. Abstimmungsergebnis: 18 JA, 11 NEIN. Zeil[linger]: Beantragt, dass weitere Maßnahmen für St[eiermark] ergriffen werden (wenn Stm. nicht annimmt). Kand[utsch]: Am kommenden Sonntag soll Vorsitzender des Verbandsgerichts und Stendebach als Vorsitzender der heutigen BV-Sitzung hinausfahren. Stüber: Gibt E. die Entscheidung bekannt. E. erklärt, sich Rechtsmittel offen zu lassen. (?) Später wird über die Nachfolge debattiert und die Möglichkeit einer Presseveröffentlichung (Verstoß gegen die Verbandsstatuten). Affaire Klautzer. Bundesvorstandssitzung am 9. 6. 1952 in Wien (Parlament) Anwesend: Kraus, Kandutsch, Gasselich, Miltschinsky, Zwerger, Stüber, Ursin, Zeillinger, Barnert, Stendebach, Reimann, Roschall, ZA-Mayer, Wicha, Rabl, Neuwirth, Görcz, Kopf, Schuster, Lauritsch, Buchberger, Clar, Kaupe, Gruber, Maier, Rammer (Dr. Schmidl) 1. Protokolle werden genehmigt. 2. GO des ZA genehmigt. 3. Probe [?] Antrag Zeil[linger] wird nach langer Debatte genehmigt.

76 Elsnitz war vom Landesverbandstag am 20. April als Obmann bestätigt worden. Er legte seine Funktion jedoch Ende Mai zurück. Auf einem außerordentlichen Landesparteitag am 14. Juni wurde der 67-jährige Verwaltungsbeamte und Präsidialvorstand des Amtes der steiermärkischen Landesregierung ab 1938, Ernst Mayrhofer, als neuer Obmann gewählt (vgl. Alpenruf 31. 5., 21. 6., 28. 6.1952, S. 8). 77 Ing. Offenbeck wurde bei den Verkaufsverhandlungen 1953 als Teilhaber Klautzers beim Alpenländischen Verlag genannt.

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4. Bericht Ursin: Es soll der Öffentlichkeit mitgeteilt werden, dass eine Koalition VdU/ Aktion zustande gekommen. Wir stehen auf 10 : 5, Aktion will 10 : 6 – später 3 parteilose Betriebsräte beiziehen; 1 neutrale, über allen stehende Person konnte nicht gefunden werden. Es sollen 2 gleichberechtigte Vorsitzende gewählt werden (von jeder Gruppe einer). Es soll ein gemeinsamer Aufruf erlassen werden. Antrag: BV genehmigt das allgemeine Rahmenprogramm als Grundlage für gemeinsame politische Arbeit. Es stellt sich heraus, dass infolge eines Irrtums überhaupt noch kein Rahmenprogramm vorliegt. Antrag: zieht seinen 1. Punkt zurück. Neuw[irth] wendet sich überhaupt gegen die Herausgabe eines Aufrufs zur gegenwärtigen Zeit. Ursin (auf) Fragen Neuwirth: Ist die Aktion noch bereit zusammen zu gehen?: Ja Ist die Aktion bereit, sich im VdU einzugliedern?: Nein Wird das VdU-Programm rückhaltlos bejaht: Das kann man nicht sagen, allerdings: Zwischen VdU-Programm und den Leitgedanken der Aktion keine grundsätzlich verschiedenen Auffassungen. Welche Tendenz derzeit vorherrschend?: Aktion will eigene Organisation ausbauen. Kand[utsch]: Gegen die Bestimmung, dass 3 weitere Personen aufgenommen werden sollen. Gasselich: Es soll kein Aufruf, sondern nur ein Kommunique herauskommen. Mittagspause Nachmittags zu spät gekommen (Vorstand). Punkt Aktion bis auf weiteres abgeschlossen. […] Weinbauförderung (Übereinstimmungsausschuß) Aktionsausschuß Wahlergebnis: Gasselich 27, Kraus 25, Stendebach 23, Kopf 26, Barnert 24, Kandutsch 22, Ursin, Reimann je 20, Gruber 19, Lauritsch, Ebenbichler 14 Jeder Beitrag [?] soll in die Propaganda eingebunden werden. Kand[utsch]: Die Idee des Arbeitsdienstes soll propagiert werden (angenommen) pro Clar: Bericht über die sozialen Institute (?), etwas über Ambulatorien. Schmidl: Bericht über die Jugendorganisation. Antrag: Nimmt die Konstituierung der Bundesjugendführung zur Kenntnis. Die BVL fordert Länder auf, dass die Arbeit in den Ländern nach den vereinbarten Richtlinien erfolgt. Barnert: Bericht über die Muttertagsfeiern. Tirol betreut auch die Kliniken. Insgesamt wurden 1.685 Mütter betreut. Soweit der VdU keine finanziellen Mittel zur Verfügung stellt, kann Finanzreferat für karitative Zwecke sammeln. Frau Kogler weigert sich, ihr Kind in eine fremdsprachige Schule zu geben. Kraus: Zu wenig Fälle für die gute Tat!! Schmidl: Entscheidungs[?] Kommission für zu fördernden Verband.

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BV-Sitzung in Wien (Parlament) am 14. Juli 1952. Anwesend: Kraus, Kandutsch, Gasselich, Ebenbichler, Miltschinsky, Zwerger, Kopf, Zeillinger, Bandat, Gruber, Stendebach, Maierhofer, Reimann, Roschall, Mayer, Wicha, Scrinzi, Schuster, Ursin, Buchberger, Mair Willi, Kaupe, Rammer, Görcz, Neuwirth, Rabl, Leisz, Schmidl Kraus: Politischer Bericht: Bankenangelegenheit. Es war die 2. Kampfabstimmung. Es ging um die Frage, ob man die großen Banken während der Sommermonate politisch lahmlegen solle.78 Reprivatisierung der Großbanken gestimmt [?]. Unsere Ideologie. ÖVP will im Herbst Abänderungsantrag zum Elektrizitätsverstaatlichungsgesetz einbringen und die KW-Stunde so hinaufsetzen, dass in Österreich 750 Kraftwerke nicht mehr unter die Verstaatlichung fallen. Raab hielt es nicht für ausgeschlossen, dass ein Antrag Pfeifer durchgeht, dass alle aufgelösten national-freiheitlichen Vereine einem Restitutionsfonds, Leitung durch VdU, zugewiesen! Bauernvereine an ÖVP, andere Vereinsvermögen an SPÖ. Einführung des amtlichen Stimmzettels von Freyborn vorgeschlagen. Raab nicht abgeneigt / ÖVP will ein Listenkoppelungsgesetz. Besuch von Malzacher und von Richter-Brohm: Malzacher während Proporz nicht bereit mitzumachen, aber später bei einer anderen Sache schon. Richter-Brohm: Tschadek ist in Linz, um alles ins Rollen zu bringen, er war bei Dr. Stern, dem Gegner von Richter. Dieser bekam angeblich 150.000 S auf Vorschuß.79 Gespräche mit britischem Element: Es ist für die Briten unangenehm, wenn sie im alliierten Rat einem Zeitungsverbot zustimmen müssen. Wicha: Auch der Möbelraub muß aufgegriffen werden, eventuell auch Anklage bei der UNO. Kraus: Es ist besser, die Zahl der […] zu erhöhen! Das können wir beantragen. Kandutsch: Bei der Reprivatisierung soll nicht allein der Klub, sondern die BV gehört werden. Rammer: Banken sind das Krebsgeschwür der Wirtschaft.

78 Bei der Abstimmung am 3. Juli 1952 war es um den Antrag Pittermann gegangen, den Rechnungshofausschuss über die Sommerpause zu einem Untersuchungsausschuss in der Bankenfrage umzufunktionieren. Als der Antrag mit den Stimmen von ÖVP und VdU abgeschmettert wurde, ertönte ein Zwischenruf  : »Die neue Koalition  !«, den das Protokoll Herbert Kraus zuschreibt. Pikanterweise vertraute der VdU die Verteidigung seiner Position im Plenum dem Kraus-Kritiker und Linksverbinder Fritz Stüber an, der sich prompt dagegen verwahrte, den »Schutzengel der Bankdirektoren« spielen zu wollen  ; aber man wolle nicht, daß die »österreichische Wirtschaft weiterhin vielleicht den ganzen Sommer hindurch an besonders neuralgischer Stelle torpediert« werde (Sitzungen des NR, VI. Periode, S. 3633 f.). 79 Heinrich Richter-Brohm war als öffentlicher Verwalter der VÖESt im Herbst 1950 (noch vor dem Oktoberstreik) abgesetzt und verhaftet worden  ; der Prozeß zog sich noch jahrelang hin. Hans Malzacher (1896–1974) war 1941/42 Generaldirektor der Hütte Linz  ; nach Haft im Lager Glasenbach war er ab 1949 wieder in diversen führenden Funktionen der österreichischen Wirtschaft tätig.

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Zeil[linger]: Antrag, diese Punkte als eigenen Punkt auf die Tagesordnung zu bringen, Bericht zur Kenntnis zu nehmen, und Schluß der Debatte. Ebenbichler: In Kärnten ist das Wirtschaftsreferat gut organisiert und wird von der Kammer subventioniert. Mittagspause. Nachmittags erste Stunde versäumt. Dann gibt Kraus Übersicht über Arbeitsausschuß. Prüfungskommission, Wien, Parlament, 15. 7. 1952, 8.30 h 1.) ASVÖ. Antrag Lauritsch. Hg. Dr. Rösner, Elisabethstr. 45. Auf Grund der zitierten und vorliegenden Informationen (Lauritsch) bestehen keine Bedenken, dass Mitglieder des VdU dem ASVÖ beitreten. Wieweit der Beitritt den Mitgliedern und unseren Anhängern zu empfehlen ist sowie die Art eines engeren Zusammenarbeitens zwischen VdU – ASVÖ, bleibt dem Ermessen des jeweiligen Landesobmannes überlassen, da der politische Einfluß in den Landesführungen des ASVÖ unterschiedlich ist. Über Führung ist auch zu berichten. 2.) ATSV: Zurückstellung. Klärung Verhältnis Turngemeinde, Turnverein, Turnerbünde, ATSV. 3.) Antrag an BV: Unter Hinweis auf … wird der Wiener Landesverband aufgefordert, sofort über ATSV, dessen Zusammensetzung und die Art der bisherigen Zusammenarbeit zu berichten. Ebenfalls ist auch zu klären, inwieweit dieser Verein mit dem neugegründeten Öst. Turnerbund zusammenarbeitet. Wer sind die führenden Männer im ATSV. Bericht binnen drei Wochen. 4.) Kriegsversehrtenverband: Komitee soll Bericht über KOV [Kriegsopferverband] ausarbeiten, inzwischen hinhaltend gegenüber Kriegsversehrtenverband. Möglichkeit der Zusammenarbeit mit ÖVP im KOV prüfen. Kommission: Weilh[artner], Krtn. [Kärnten], Mayr. Länder sollen berichten, wer im Landesvorstand des KOV sitzt. 5.) Akademikerverband: Landesverbände OÖ, Stmk., Krtn., jedes Land 2–3 Mandatare hineinschicken, dann Berichte schicken, inzwischen wohlwollende Neutralität. 6.) wirtschaftliche Ärzte Organisation Wien: Bericht Scrinzi wird abgewartet – Wien soll Bericht geben. 7.) Öst. Landsmannschaft: Abwarten Bericht Miltschinsky (es soll sich um Wiederbelebung des Schulvereins handeln). 8.) Verband Deutsche Jugendwohlfahrt: Zurückstellen bis Stüber hier. 9.) An BV: Jede Neugründung in einem Land muß der LO dem BV vorher berichten. 10.) Dorfbote: Gruppe III. Nähere Stellungnahme erst, wenn AÖBV geklärt.80 11.) Broschüre Burgstaller: Auf Grund der positiven Stellungnahme des Hartleb als Ob80 Der in Gründung befindliche Allgemeine Österreichische Bauernverband bediente sich als Sprachrohres des seit November 1948 wieder bestehenden ›Dorfboten‹, der ursprünglich in Budweis gegründet worden war.

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mann des Agrarausschusses und des Bundesobmannes und des vorliegenden Manuskripts Gruppe I. Vertrieb durch Organisation zu unterstützen. 12.) Plattform: Gruppe III. Späterer Entscheidung vorbehalten. 13.) Glaub(en) – Kämpfen: Gruppe III. In Form, Aufmachung und Inhalt minderwertig, mit wenig Ausnahmen. 14.) Furchtlosen: Gruppe III. Bundesvorstandssitzung am 6. X. 1952 in Wien (Parlament) Anwesend: Kandutsch, Gasselich, Miltschinsky, Kraus, Stüber, Wicha, Zeillinger, Bandat, Gruber, Stendebach, F. Mayer, Roschall, Lauritsch, Rabl, Maierhofer, Barnert, Kopf, Neuwirth, Reimann, Görcz, Hartleb, Schuster, Clar, Zwerger, Ursin, W. Mayr, Kaupe, Rammer, Scrinzi, Buchberger, (Schmidl) Kraus: Berichtet über seine Absetzung als Klubobmann, wobei er sehr viele Worte des Lobes über sich selbst findet. Gasselich: Berichtet den Standpunkt des Klubs. Stüber: Berichtet über Presseverlautbarung bezüglich der Neuwahl des Klubpräsidiums. Buchberger: Vertritt den Standpunkt, daß der Klub […] hat und ihm nicht zu viel öffentlich gemacht werden dürfen [?]. Neuwirth: Begründet, warum er von der Gruppe Kraus ausschied; er wollte die Gruppenbildung bekämpfen, weil Kr. jeden, der nicht seiner Meinung war, von sich stieß. Ich frage Kr.: Waren Sie bei Otto und haben Sie mit Otto Gespräche geführt? Reimann: Versucht zu mäßigen. Barnert: Begründet den Standpunkt Oberösterreichs mit wenig Objektivität, aber ruhig. Mayr: Herzieht im KP-Stil, völlig niveaulos. Clar: Hebt die Person Kraus hervor. Sieht Lücke in den Statuten: Sie muß Vetorecht beim Klubobmann haben. Mittagspause, freiwillig verlängert bis 16 h Noch immer nichts Neues. Es wird fruchtlos weitergequatscht. Stüber, Neuwirth, Stüber Stendebach: Stellt Antrag mit 7 Punkten. Roschall: Bläst ins Vermittlungshorn. Reimann bringt Kompromissvorschlag. Clar: Ihm ist dieser Kompromiß zu wenig. Mayr: Nichts Neues. Buchberger: Sagt dasselbe wie Clar. Gasselich: Mit Vorschlag einverstanden. Reimann: Nimmt Rücktritt nicht zur Kenntnis und spricht das Vertrauen aus (Antrag) (Ich stimme für diesen Antrag!).

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Stüber: Erklärt, dass er auf Grund seiner bisherigen Haltung nicht dafür stimmen kann, aber bei einer Wachablöse dafür ist, dass diese für Kr. honorig geschieht. Kandutsch: Berichtet über die Verhandlungen mit Aktion. 1.) Name: Block der Unabhängigen, Soziale Erneuerungsbewegung VdU-Aktion. Kraus: Ergänzt: Aktion Beschluß für Name: Soziale Erneuerungsbewegung VdU – Aktion. Kandutsch: Fährt fort: 2.) Spitze. Es ist eine neue Spitze vereinbart, 3.) Mandate: 15 VdU + Strachwitz, 17–20 Aktion, um 21–22 wird noch gekämpft, 4.) Führungs[?]verteilung. Stüber: Trägt Vorschlag der LO vor. LO-Vorschlag einstimmig angenommen. Mayr: Schlägt als Name vor: Soziale Erneuerung VdU – Aktion. Ursin: Obmann 1 : 0, Stellvertreter 1 : 1, Präsidium 3 : 1, Referate 4 : 3, Sonstige 6 : 6. Bundesvorstandssitzung, am 16. Oktober 1952 (Parlament) Anwesend: Kandutsch, Stendebach, Gasselich, Miltschinsky, Wicha, Stüber, Scrinzi, Ursin, Zeillinger, Bandat, HWeidl, Mayr, Kopf, Clar, Mayrhofer, Neuwirth, Reimann, Schuster, Görcz, Buchberger, W. Mayr, Ebenbichler, Kaupe, Rammer, Roschall, Gruber (Dr. Schmidl) Antrag Stüber: An WdU festhalten (13 pro, Antrag gefallen) Antrag Kandutsch: Der neuen BLV überlassen,81 wie wir kandidieren (13 pro, Antrag gefallen) Kand.: Kompromißvorschlag: Binnen 4 Wochen muß über Name der Wahlpartei entschieden werden. Beschlossen wird einstimmig, daß der Antrag Stüber vertreten wird – im Falle er dann scheitert, sich die BVL wieder beschäftigt. Kopf: Nicht sein Ja-Wort gegenüber der Aktion selbst zurücknehmen – wir beharren bei Stendebach. Kand.: Schlägt vor, die Höchstzahl mit 40 festzusetzen (der BVL), aber die 35 […] (25 VdU – 10 Aktion). Es sollen der Aktion 3 Referate zugestanden werden. Engere soll mit 12 begrenzt werden, in diesem Rahmen soll die Akton 3 Mitglieder haben. Nachmittag (Sitzung des Arbeitsausschusses VdU – Aktion und der BVL) Die Aktion lehnt eine Wahlbeteiligung unter WdU ab. Antrag Mayrhofer: Als Wahlparteien gehen wir nur unter WdU in die Wahl. Unsere Einstellung kann sich ändern, wenn sie die Genehmigung bringen, daß sie uns von den 81 Für den 26. Oktober war der Bundesverbandstag in Graz anberaumt, auf dem Max Stendebach zum Obmann gewählt wurde.

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Alliierten die Ermächtigung als Parteien bringen. Termin unmittelbar nach der Fusionierung. 18 : 8 angenommen (ich stimme dagegen). Unterbrechung Stüber berichtet: Aktion erklärt, sie werde sich bemühen, ein solches Statut zu erreichen. Selbstverständlich kann die Fusion erst beschlossen werden, wenn wir sehen können, wir sind genehmigt oder nicht. Reimann: Ich habe mich bei dieser Sitzung geschämt. Die Aktion hat einen Beschluß, daß sie auf unsere Forderung eingeht. Der VdU erklärt sich bereit, im Falle der Genehmigung des Parteienstatuts unter diesem Namen zu kandidieren (Enthaltung). Bei Ab[lehnung] der gestellten Frage muß der VdU mit Bedauern feststellen, daß die Fusionsverhandlungen ohne sein Verschulden gescheitert sind. Bundesvorstandssitzung, Wien/Parlament, 10. XI. 1952 Anwesend: Stendebach, Stüber, Quinn, Scrinzi, Zwerger, Ursin, Zeillinger, Bandat, Gruber, Kandutsch, Roschall, Maierhofer, Barnert, Schuster, Görcz, Lauritsch, Näher, Rammer, Maier (OÖ), Scheuch, Gasselich (Dr. Schmidl) Zeillinger: Beantragt, dass spätestens bei Beginn der Nachmittagssitzung mit dem Tagesordnungspunkt „Wahl“ begonnen wird (einstimmig angenommen).82 Stüber: Von Aktion noch keine Antwort. Beschluß: Zurückstellen des Themas „Aktion“, bis wir Antwort bekommen. Stend[ebach]: Hartleb will geklärt, ob die Person gewählt oder ob er als Klubobmann kommt. Kraus: Vorschlag für die engere Verbandsleitung: Schlägt zuerst vor, den Finanzausschuß: Finanzreferent, Obmann und Geschäftsführer. Zeillinger: Schlägt vor: Obmann, Referent, Kraus und der BGF, sowie ein LO (wo die Sitzung stattfindet). Kraus: Schlägt vor: Obmann, Referent Zeillinger. Beschluß: Der Ausschuß soll dreigliedrig sein, der Obmann soll dabeisein, der BGF soll dabeisein. Wahl des Fin[anz]A[usschusses]: Gruber 17, Stendebach 17, Gasselich 20. Referate: Hauptreferate: Schuster: Soz[ial] Rammer: Bauer(n) 82 Die Regierung Figl war am 21. Oktober 1952 zurückgetreten  : Neuwahlen wurden für den Februar 1953 ausgeschrieben.

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Bandat: Frau(en) Ebenbichler: Wirtschaft Arbeitsreferate: Prop[aganda]: Zeillinger (durchgestrichen) Landtag(e): Scrinzi Gesch[äfts]f[ührung]: Schmidl Engere Leitung: Kraus, Stüber, Kandutsch, Zeillinger, Barnert, Reimann, Bandat, Scheuch, Stendebach Bu[ndes]wa[hl]lei[tung]: Zeillinger BPR [Bundespressereferent ?]: Kraus Kommunal: Clar AußAkt [?]-Ausschuß: Kraus, Stüber, Freyborn, Reimann, Miltschinsky Ausschuß für Statuten der Länder VdU-Aktion: Pfeifer, Ursin, Schmidl, Miltschinsky Nationale Liga schreibt Brief und bietet Wahlbündnis an. Engere Bundesverbandsleitung (mit Landesobmännern) am 18. Nov. 1952, Wien (Parlament) Anwesend: Stendebach, Barnert, Kandutsch, Reimann, Görcz, Kopf, Bandat, Zeillinger, Scheuch, Zwerger, Gasselich, Kraus, Stüber, Maierhofer, Ebenbichler, Dr. Schmidl Gasselich: Berichtet über eine Aussprache mit dem russischen Kommandanten, der von keinem Verbot sprach, sondern vorheriger Vorlage aller Druckwerke. Görcz: Die Russen verlangten bei Versammlung in […]: 3 Tage vorher Wortlaut der Rede, alle Teilnehmer müssen namentlich gemeldet werden (vorher). Rei[mann]: In Urfahr, nur Versammlung, erst sich 2 Stunden ereifert, vorher Gemeindepolitik besprochen und dann ging alles, bis auf jene, die den […]. Stü[ber]: Berichtet über eine Stellungnahme des Dr. Kraus, der sagte, dass die Russen uns schon seit 49 behindern. Kraus: Erklärt, ein Telefongespräch mit einem Vertreter der Associated Press gehabt zu haben. Dabei gab er nur eine private Stellungnahme ab. Kand[utsch] schlägt vor: 1. Anfrage im Innenministerium, um mit diesem gemeinsam vorzugehen. Die Regierung soll den Kampf führen, 2. Zu den Russen gehen. 3. Falls Russen Wahlpartei verbieten, müssen die Alliierten die KP im Westen verbieten. Beschluß: Wie bei Innenminister und Bundeskanzler vorgesprochen. Pfeifer: Bericht über die Statuten des gemeinsamen Dachverbandes mit Aktion.

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Engere Bundesvorstandssitzung am 1. XII. 1952, Parlament. Anwesend: Stendebach, Stüber, Kraus, Scheuch, Kandutsch, (Schmidl), Zeillinger, Reimann, Bandat NF: Der vorgelegte Vertrag wird zurückgestellt und Zeillinger beantragt mit Schennet einen neuen […] auszuarbeiten. Vorher wird Dr. Kraus – Stendebach mit der oberösterreichischen Industriellengruppe sprechen. Die 91.000,– S. AF83: Das Einschreiten wird nachträglich genehmigt. Kand[utsch] als Chefredakteur bestellt (21.700,– S netto), Neugebauer ehrenamtlich als Sitzredakteur bestellt. Zustell[ungs]ber[echtigte]: Hauptzustellungsbevollmächtigter ist Obmann Stendebach Für Wahlkreisverbände: BGF Schmidl. Für die Wahlkreise: wird später entschieden. Name: 1. Bleibt bei WdU (einstimmig), ohne Dr. Kraus Dachverband: Die Gründung des Dachverbandes wird beschlossen. Kandidatenlisten: Kärnten: NR: Scheuch, Gruber, Aktion (Möglichkeit einen Gewerbetreibenden) sonst nicht. Pulfer oder Weinberger sen., LT: 1–8 VdU, 9–11 Aktion, 12–14 VdU, 13–15 Aktion; Ebner […] 2. Landtagspräsident), Scrinzi. Falls ein VdU-Mann ausscheidet, steigt ein VdU-Mann nach. Ebenso bei Aktion. Erhält VdU mehr als 2 Regierungssitze, so gehört [?] dieser der Aktion. Salzburg: Zeil(linger), Aktion, Leitner, Ruhdorfer/Stendebach, Proksch, Zeil(linger), Weilh(artner) OÖ: Linz: Sadleder, Eichinger Arbeitervertreter Traun[viertel]: Neumann, Bauern- und Sozialausschuß raufen sich, Alois Maier nicht Hausruck[viertel]: Kraus, Willi Maier, Ed(l)er, Arbeiter Innviertel: Rammer Mühlviertel: Gschwandtner (Aktion), Angestellter, Rest[stimmenverband West]: Einverstanden mit Dr. Reimann. Stmk.: Obersteier: Hartleb, Kandutsch (abgesichert auf Reststimmen), Edi Metcher, Wahlkreisobmann, Donawitzer Arbeiter Graz: 1. Strohmaier, Näher, 2. Strachwitz Oststeier: Ing. Stephan (soll auf den Landtag) NR? Weststeier: Ing. Kalb (Listenführer Landtag) NR?

83 Der ›Arbeiter-Ruf‹ erschien ab 29. November 1952.

Die Aufzeichnungen Gustav Zeillingers

Wien: Wahlkreis III (5 Mand.) BB84 + 600 = Grundmandat I VI VII II IV V

(5) (7) (7) (3) (7) (6)

BB +   3.834 BB +   5.549 BB +   7.124 BB +   7.812 BB + 10.746 BB + 12.600



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Stüber (ev. Wagner VD) sonst Frau Groß, Burian Pfeifer/Miltschinsky/ Ursin/Frau ev. Dörler (jedenfalls Sozialreferat) Gredler Gussenbauer Gehr (ehemaliger Amtsrat)

Rest[stimmenverband Wien]: Stüber, Pfeifer, Ursin, Dörler, VD (Wagner), Aktion. Bundesvorstandssitzung am 2. XII. 1952/Wien, Parlament Anwesend: Stendebach, Stüber, Gasselich, Scrinzi, Zwerger, Ursin, Scheuch, Zeillinger, Bandat, Gruber, Kandutsch, Roschall, Reimann, Kopf, Kraus, Näher, Schuster, Görcz, Rammer, Hartleb, Grünbart, Wilh. Mayr, Ebenbichler, Quinn Namen: Kraus + Kopf sind für Namensänderung, alle anderen reden für Beibehaltung. Antrag, dass der Beschluß der engeren Leitung genehmigt wird: Mit allen gegen 2 Stimmen angenommen. Zusteller: Kontroverse Dr. Kraus – Zeillinger / Kraus dagegen dass die LO Zbr. sein sollen. Zeil[linger] empfindet es als […]. Stendebach: Erklärt, dass die LO gestern keinen Einwand erhoben. Zeil[linger] stellt fest, dass er eine solche Erklärung abgegeben habe, wenn Dr. Kraus […] erklärt habe. Beschluß: LO sind die Zbr. oder ein von ihnen an die BVL bekanntgegebener Mann. Der LO am Sitz der Landeswahlbehörde muß selbst Zbr. sein. Er wird Zbr. für den zuständigen Landeswahlvorschlag. Kandidaten: Kärnten beantragt, dass eine Frau in den Nationalrat kommen muß. Zeil[linger] schlägt vor, optisch die Frau in Wien kandidieren zu lassen, sie aber im Restverfahren Süd durchzubringen. OÖ: Mühlviertel: 1. Aktion (Gschwandtner) Vlbg: Kopf soll nicht mehr kandidieren. Wäre bereit, einen Mann der Aktion zu nehmen, die Aktion akzeptiert [?] aber nicht. Ti[rol]: Aktion in Tirol nicht vorhanden. Dreiseitl hat niemanden, der 3. Platz wäre als Kampfmandat zu haben. Ev[entuell] muß dort Canal hin. Die Aktion müsste in Tirol einen Arbeiter bringen, dann käme der 2. Platz in Betracht. 84 Der VdU nahm optimistischerweise die Ergebnisse der Breitner-Wahl als Ausgangsbasis und berechnete, wie viele Stimmen zum Gewinn eines Grundmandates fehlten.

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Teil I  : Protokolle

S[alzburg]: 2. Platz Aktion gesichert, aber sie muß Rücksicht nehmen auf Berufe und außerdem müsse (sie) die Hälfte der Arbeit mit leisten. Rest (West): Kraus schlägt vor Reimann, Kottulinsky. Zeil[linger] erklärt sich einverstanden. Maier (OÖ) kann keine Erklärung bzgl. Restverfahren abgeben, ist aber gegen die Lösung von Kraus. Abstimmung über das 2. Restmandat 15 pro (Kottulinsky, wenn es nicht anders [?] geht), dagegen 2 OÖ + Hartleb, 5 Enthaltungen (Näher, Schuster, OÖ) Kärnten gibt das 3. Mandat der Aktion. Scrinzi bezeichnet es als sicheres Mandat. Stmk. (Berichterstatter Näher): Rest: 1. Kandutsch, 2. Platz soll zwischen Bandat – Burgenland erst entschieden werden, wenn der Kandidat des Bgld. feststeht (18 : 5) Wien: Reststimmen: 1. Stüber, 2. Pfeifer, 3. Platz Aktion (Gredler), 4. Ursin, 5. Sozialreferat: Dörler oder Schuster, WK. 1. Stüber, 3. Ursin, 6. Pfeifer NÖ: Rechnet mit 2–3 Mandaten. Beschluß der LL: Man sieht keine Möglichkeit, einen Aktionskandidaten an aussichtsreicher Stelle aufzustellen. Rest[stimmenverband NÖ]: Gasselich, Neuwirth, Raser, Aktion. Präsidialsitzung in Wien am 12. 1. 1953 Kand[utsch] berichtet, dass Proksch nicht kandidiert. Schlägt vor, dass Stendebach in Graz an 1. Stelle kommen soll. Er selbst muß dafür mit der ersten Reststelle abgesichert werden. Das […] wird mit einigen Abänderungen und Ergänzungen genehmigt. BV-Sitzung in Wien am 13. 1. 1953 (Parlament) Anwesend: Kandutsch, Kraus, Maierhofer, Näher, Roschall, Quidenus, Gruber, Lauritsch, Reimann, Görcz, Schuster, Maier, Gasselich, Scrinzi, Zwerger, Kopf, Scheuch, Zeillinger, Clar, Ursin (Dr. Schmidl) Debatte über die Kandidatenlisten (vorher Beschluß im Westen mit Namenslisten und in NÖ – Bgld. ohne Namenslisten auf Stimmen […] zu dringen (Reimann). Vlbg.: Kopf, Amann, Pattenbach, Petter (Aktion) Krtn.: Scheuch, Gruber, Herzele, Müller (Bauer), Fr. Dr. Bandat. VD: Wagner, Restst. NÖ 3., WK. XI. 1. Stelle Rest Wien 6., WK V. 1. Stelle Gegen 8 Stimmen angenommen (Hartleb für, Weilh. dagegen […])

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Der Beschluß, dass man nur in einem Wahlkreis an erster Stelle kandidieren kann, wird abgeändert, dass die BWL Ausnahmen […] (gegen Dr. Reimann angenommen). Präsidialsitzung am 24. 2. 1953 im Parlament Stendeb[ach]: Es soll ohne Augenblicksstimmung gesprochen werden. Stü(ber): Verlangt 1.) Einberufung eines BVT. 2.) Die SEB85 hat sich überholt und der Gedanke der Fusion ist gefallen. 3.) Die LVT müssen abgehalten werden und der neue Schlüssel fürBundesdelegierte. Mitgliederstand muß überprüft werden. Ursache für den Misserfolg:86 Wir waren im Parlament zu wenig oppositionell, in Wien waren wir erfolgreicher, weil liberal und national, die „Grafenpartei“ hat uns geschadet, es gelang nicht, Teile der ÖVP herauszureissen. Kraus: Wir sind nicht als politischer Faktor anerkannt. Wo wir regiert haben, haben wir versagt. Der Kontakt ist mit der Wählerschaft nicht mehr vorhanden. Mit einer Papierflut kann man nicht die organisatorische Kleinarbeit ersetzen. Uns fehlt die Publizität (Radio, Presse). Für die Leute ist es schwer auszuhalten, wenn sie sehen, daß wir nirgends durchdringen. Vorschlag: Innere Streitigkeiten beseitigen, uns auf BVT aussprechen und handlungsfähige Führung wählen (Voraussetzung ist Statutenänderung). Statutenänderung (der BO muß stärker werden, einfache Mehrheiten zum Ausschluß oder Ablösung in einer Funktion). Aber der Organisationsapparat muß von der politischen Willensbildung getrennt werden. LR – Stadträte, die versagt haben, müssen ausgewechselt werden. Dies muß irgendwie auf die Bundesebene verlagert werden. Wir müssen Hilfsorganisationen bilden (wie den BSA, Organisationen, die hinter dem Arbeiter oder BR stehen). Wir müssen die Presse zusammenziehen. Wir müssen eine Stelle schaffen, die dafür sorgt, dass wir im Rundfunk zur Sprache kommen.

85 Soziale Erneuerungsbewegung. 86 Bei den NR-Wahlen hatte der VdU insgesamt leicht verloren, bei starken regionalen Unterschieden  : Gewinne im Osten, Verluste im Westen, siehe Anhang.

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Teil I  : Protokolle

Stärker über politische Dinge unterhalten und darüber klare Beschlüsse fassen, die als Parole hinausgetragen werden müssen. BV-Sitzung in Wien am 1. April 1953 (Parlament)

Anwesend: Stendebach, Stüber, Scrinzi, Zwerger, Raser, Ursin, Zeillinger, Bandat, Kandutsch, Quidenus, Roschall, Pfeifer, Ursin, Reimann, Lauritsch, Schuster, Kindl, Görcz, Gruber, Maier, Grünbart, Näher, Clar, Ebenbichler, Scheuch Stendebach: Berichtet über die Regierungsverhandlungen. SPÖ bekommt 3 Staatssekretariate: Äußeres, Handel, Unterricht. Dadurch entfällt der Staatssekretär im Inneren. Außerdem [er]langt sie den Vorsitzenden des Rechnungshofes. Bei Justiz dürfte Gerö bleiben. Wir sind nach dem derzeitigen Stand frei und haben dies der ÖVP mitgeteilt. Wir sind allerdings interessiert, verschiedene Dinge aus unserem Forderungsprogramm durchzusetzen. Scrinzi: Wir müssen eine parlamentarische Koalition verhindern. Ursin wie Stüber gegen ÖVP-Verhandlungen, Kandutsch spricht sich dafür aus. Antrag Stüber: 1. Der durch sein Ausscheiden frei gewordene Platz soll durch Prof. Pfeifer im Verhandlungskomitee ersetzt werden. 2. Die BVL nimmt den Bericht des Verhandlungskomitees zur Kenntnis und ermächtigt es, unverbindliche Verhandlungen mit beiden Koalitionsparteien, falls die SPÖ an sie herantreten sollte, zu führen, vorbehaltlich [?] der Zustimmung durch die BVL. Richtlinie für die beiden Verhandlungen des Komitees ist die fallweise Durchsetzung unserer pragmatischen Mindestforderungen im Sinne der Vorschläge Pfeifers, das heißt Zusagen unsererseits sind Zug um Zug von Zusagen einer oder der anderen Regierungsparteien abhängig zu machen. Nachmittag: Stüber kritisiert, dass die BVL während der Verhandlungen nicht öffentlich zur Beschlussfassung einberufen wurde. Hartleb erhebt schwere Vorwürfe gegen Ursin und noch schwerere Vorwürfe gegen Stüber, weil (sie) trotz des Mehrheitsbeschlusses immer wieder opponieren gegen die Verhandlungen mit der ÖVP. Hartleb hält Pfeifer für nicht geeignet, in das Verhandlungskomitee zu gehen, da er nicht für das Verhandeln und auch nicht Stüber. Scrinzi spricht für die Verhandlungen. Kraus: Antrag: Die BV nimmt den Bericht des Verhandlungskomitees zur Kenntnis, billigt und beauftragt weiter zu verhandeln. Die BVL wird einberufen, sooft neue Vorschläge zur Verhandlung stehen. Stendebach: Antrag wegen Kärnten: Bericht Scrinzi und die unternommenen Schritte wer-

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den zur Kenntnis genommen und gebilligt. Die Fraktion wird ersucht, gleiche Haltung beizubehalten. Einstimmig angenommen. /Neuwahlen würden von der BVL begrüßt werden, Listenverbindung mit ÖVP kommt nicht in Frage./ Vom Antragsteller zurückgezogen. Zeil[linger] ist der Ansicht, dass für das Verhandlungskomitee Ersatzleute gewählt wurden, daher Pfeifer nicht neu gewählt zu werden bräuchte. Antrag Stüber: Pfeifer ist im Verhandlungskomitee statt Stüber (8 dafür, daher abgelehnt; nicht dafür gestimmt). Antrag Stüber wegen Verhandlungen (5 Stimmen dafür, daher abgelehnt). Antrag Reimann: Hartleb ist im Verhandlungskomitee (mehrheitlich angenommen, dafür gestimmt). Antrag Kraus: gegen 3 Stimmen angenommen (dafür gestimmt). Stendeb[ach] berichtet über die Vorgänge, die zur Wahl Strohmaiers zum steirischen Landesrat führten.87 Strohmaier wurde mit 19 von 32 VdU-Stimmen gewählt. Dann kam die Aktion mit 15 Stimmen dazu. Es ging aus 26 : 18 für Dr. Stephan. Zum Bundesrat wurde Dr. Lauritsch gewählt (ohne lange Debatte). Es wurde zum Stadtrat gewählt: Im engeren Kreis: Dr. Benkö und Klautzer. Klautzer ist über Intervention weder auf NR- noch auf LT- noch auf GR-Liste gekommen. Er wurde nun zum Stadtrat bestellt. Er erklärte, wenn ihm die Zeitung abgekauft wird, werde er das Mandat zurücklegen. Es wurde schließlich entschieden, dass die Stadträte erst nach Kenntnis der zugeteilten Referate gewählt werden sollten. Mayrhofer legt dann seinen Landesobmann zurück. Näher: Verteidigt sich und nimmt die volle Verantwortung für die Vorgänge in der Steiermark auf sich. Clar: Spricht gegen Näher und teilt mit, dass ihm der Landeshauptmann erklärte, er könne Strohmaier keinen Teil der Verwaltung des Landes übergeben, da er sich im Landtag mehrmals […] und in Versammlungen so einen Unsinn spreche. BV-Sitzung am 13. April 1953 in Wien (Parlament) Anwesende: Stendebach, Ebenbichler, Kopf, Zeillinger, Scheuch, Ursin, Hartleb, Kandutsch, Quinn, Roschall, Kraus, Reimann, Schuster, Lauritsch, Maier, Raser Hartleb: Berichtet, dass in Graz ca. 1/3 gegen die Bundesleitung ist und 2/3 auf Seiten der Bundesleitung.88 Am Lande liegt es besser. Die Suspendierten wollen die Suspen87 Gemeint sein kann nur eine Nominierung  ; gewählt wurde im Landtag am 15. April 1953 ohne Zwischenfälle Dr. Stephan. 88 Ein Stimmungsbild der steirischen Landesgruppe ergab die Abstimmung auf dem Verbandstag am 3. Mai

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Teil I  : Protokolle

dierung nicht zur Kenntnis nehmen. Ein Betrag des Wahlfonds wurde zur Hälfte abgeführt. Grassmugg stahl einen Stempel, Hartleb verbot den Suspendierten das Betreten der Landesleitung. Die Reststimmenliste wurde in anderer Weise eingereicht. Grassmugg hat sich selbst statt an 3. an 2. Stelle eingereicht. Antrag Kandutsch: Näher – Grassmugg sind auszuschliessen (16 ja, 7 nein), 2/3-Mehrheit vorhanden, wegen verbandsschädigenden Verhaltens. Scheuch: Beantragt, diesen Beschluß zu reassumieren und mit der Auflage zu versehen, dass der Beschluß in Kraft tritt, wenn das Bundesverbandsgericht den Ausschluß empfiehlt. Kraus: Stellt Antrag auf Ausschluß Peterka – Klautzer wegen verbandsschädigenden Verhaltens. Schuster: Beantragt getrennte Abstimmung (mit Mehrheit angenommen). Antrag [auf Ausschluß] Peterka: 13 : 7 abgelehnt, weil nicht 2/3-Mehrheit. Antrag Scheuch: Mit der obigen Ausnahme wird der Ausschluß zur Kenntnis genommen. Antrag [auf Ausschluß] Klautzer: Reimann beantragt ebenso wie Peterka, erst nach Verbandsgericht. Kraus beantragt sofortigen Ausschluß. Antrag Kraus: Sofort Ausschluß wegen verbandsschädigenden Verhaltens (abgelehnt). Antrag Reimann: Ausschluß mit der Vorlage [?] der Empfehlung des Verbandsgerichts (einstimmig angenommen). In Sache Elsnitz – Stendebach [?] wird das LV-Gericht Salzburg delegiert. Stendebach: Berichtet über die neuen politischen Entwicklungen. Koalition erstreckt sich auf Regierung (nicht auf Parlament, Länder und Gemeinden). Man hat sich zunächst auf die Regierungserklärung geeinigt und was hier nicht besprochen ist und wo man sich nicht geeinigt hat, in diesen Punkten wird die Mehrheit im Parlament gesucht. Man hat sich über das Budget noch nicht geeinigt und wird das Provisorium fortsetzen. Die Regierung […] wird eine Bereinigung des NS-Problems bringen. Die ÖVP rechnet mit unserer Unterstützung. Abmachung wurde keine getroffen. Hartleb: Schlägt eine Reservierung gegenüber SPÖ vor, da sie uns immer diffamiert hat. Quinn: Alle Versuche der SPÖ mit uns ins Gespräch zu kommen, verständigt [?] das Land sofort den Bund. 1953. Im 1. Wahlgang erhielten Schweiger 40, Elsnitz 25, Strohmayer 20, Hartleb 15 und Lauritsch 9 Stimmen. Nur die beiden Letzteren waren uneingeschränkt als Anhänger der Bundesführung zu qualifizieren. Im 2. Wahlgang wurde Schweiger mit 65 Stimmen gegen 40 für Elsnitz gewählt.

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Delegiertenschlüssel für BVT: 62 Delegierte auf Grund Nationalratswahl und 61 Delegierte auf Grund Mitgliederstand (für rund 1.000 Mitglieder 4 Delegierte) OÖ: 10 + 17 = 27 (35) 4.327 T: 4 + 4 =   8   (8) 1.000 NÖ 6 + 2+1 =  9  (7) 200 Bgld. 1 + 1 =  2  (2) 70 Wien 16 + 5+1 = 22 (15) 1.404 Stmk. 12 + 13 = 25 (26) 3.441 Sbg. 5 + 4+1 = 10   (8) 1.158 Vlbg. 3 + 2 =  5  (4) 700 Ktn. 5 + 12 = 17 (18) 3.028 Stimmenzahl 473.102 : 62

Mitgliederzahl 15.328 : 61

Stüber: Beantragt den Mitgliederstand pro 31. 3. zu nehmen (7 dafür, daher abgelehnt). Reimann: Beantragt Antrag: Delegiertenzahl um 1 zu erhöhen und Wien und Salzburg je 1 zu geben. Reimann beantragt solches auch für NÖ. BVT in Wien 17. Mai, Albertgasse 43 (Schubertsaal)89 Kraus: Beantragt Linz, Zeil[linger] geht in […] ein, weil er wegen Gruppenbildung. Am 1. Tag (Samstag) wird überhaupt kein Gast zugelassen (ausnahmslos), auch nicht NR Beginn 16. 5., 14 h – 17. 5., 10 h Bundesvorstandssitzung am 16. Mai 1953 (Wien) Anwesend: Stüber, Ursin, Kaufmann, Zeillinger, Scheuch, Bandat, Kandutsch, Roschall, Quinn, Kindl, Schweiger, (Pfeifer), Clar, Kraus, Stendebach, Reimann, Schuster, Görcz, Maier, Lauritsch Stendeb[ach]: Zur Debatte steht unser Verhältnis zur Aktion. Dr. Butschek soll darüber informieren. Butschek: Schlägt einen Schlüssel 25 : 10 vor. Neben dem Obmann 3 Stellvertreter und davon einer aus den Reihen der Aktion. In Ländern und Bezirken sei in gleicher Form vorzugehen. 89 Auf dem Bundesverbandstag wurde Stendebach mit 102 Stimmen gegen 38 für Ursin als Obmann bestätigt  ; Kraus allerdings nur mit 85 gegen 81 Stimmen als Stellvertreter wiedergewählt  ; die beiden anderen Stellvertreter waren Stüber und Kandutsch.

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Teil I  : Protokolle

Mitgliederaufnahme: Jedes Mitglied und jeder Mitarbeiter der Aktion soll Anspruch erhalten, Mitglied der WdU zu werden. Paritätische Ausschüsse für strittige Fälle. Der Schlüssel soll nur auf Dauer dieses Jahres gelten. Stendeb[ach]: Verliest das Protokoll. Endlose Debatte über Zahl des Schlüssels und Frage der Kooptierung. BV-Sitzung am Montag, den 13. 7. 1953 in Wien, Parlament Anwesende: Stendebach, Stüber, Kopf, Zeillinger, Buchinger, Rotter, Bandat, Pupini, Kindl, Pfeifer, Leitl, Kraus, Reimann, Schuster, Görcz, Ebenbichler, Clar, Maier, Kandutsch, Roschall Angelegenheit Anklage Stüber Kraus: Stü[ber] forderte Salzburg auf, sich mit ihm vom VdU zu trennen. Dies sollte bei der Namensänderung am BV-Tag geschehen.90 2. Anklage: Mitwirkung an der Gründung einer neuen Partei (Nat.Rep.).91 Auch Ursin soll ein solches Gespräch mit Grassmugg und Näher geführt haben. Schweiger: Bezweifelt diesen Bericht in der von Dr. Kraus gegebenen Form. Er spricht mit Kr. lediglich davon, dass eine Möglichkeit erwogen wurde. Stü[ber]: Berichtet zuerst über die Neugründung der NR (Nationalrepublikaner). Lange Debatte von allen Seiten. Antrag Leitl (modifiziert) BV-Verfahren mit besonderer (?) Dringlichkeit gegen Ursin. Antrag, dass Anzeige Kraus gegen Stüber von BVL beschlossen wird, trete ich entgegen, weil er, Kraus, bereits die Anklage erstattet hat. Dieser Standpunkt wird einstimmig genehmigt und die Anzeige Kraus wird weitergeleitet. Stendebach berichtet wegen „Alpenruf“: Dieser wurde gekauft um 200.000,–. Dafür wurde 2 […] bei Dr. Barnuth [?] hinterlegt. Dafür Wechsel bis 30. 9. 53 / 65.000 wurden […] verkauft.92 90 Die Namensänderung wurde auf einer Tagung in Villach am 4. Juli allerdings von rd. 90 % der Delegierten abgelehnt. Der VdU stellte außerdem die Bedingung, er müsse sich die sechs Mitglieder der Aktion, die in den Vorstand des VdU kooptiert werden sollten, selbst aussuchen dürfen und diese müssten dem VdU formell beitreten. Die Aktion lehnte diese Bedingungen am 12. Juli ab. Die Fusion war damit gescheitert. 91 Die Nationalrepublikaner wurden von dem ehemaligen VdU-NR Oskar Huemer im Dezember 1952 zusammen mit der Gruppe um den Wiener »Ergokraten« Karl Peter gegründet  ; vgl. Autengruber, Kleinparteien 238. 92 Laut Kaufvertrag vom 4./10. Juli 1953 in der Korrespondenz Stendebach sollten S 65.000,– aus den laufenden Einnahmen des 3. Quartals beglichen werden  ; als Sicherstellung für den Rest wurden Klautzer die Wagenpapiere zweier Volkswägen übergeben. Die Leserschaft des ›Alpenruf‹ wurde auf ca. 4.700 Abo-

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Zeitungsvertragskomitee: Stendebach, Schennet, Zeillinger, Reimann, Kandutsch. Vorschlag für Ex(ekutiv)-A(usschuß): Stendebach, Kraus, Hartleb, Ebenbichler, Bandat, Reimann, Kindl. Beschlossen wurde, keine Wahlschulden für die Länder zu geben. Gemeinderatswahlen werden nicht finanziert und [für] Landtagswahlen können Länder einen Antrag stellen. Bezüglich der Wiener verdruckten burgenländischen Stimmzettel wird ohne Vorgriff des Untersuchungsausschusses beschlossen, diese Stimmzettel aufzubewahren und nicht einzustampfen. BV-Sitzung in Wien (Parlament) am 31. 8. 1953. Anwesend: Hartleb, Stendebach, Stüber, Kaufmann, Dr. Stephan, Scheuch, Buchinger, Rotter, Bandat, Pupini, Peter, Schweiger, Pfeifer, Schuster, Kraus, Reimann, Lauritsch, Leitl, Görcz, Kindl, Kandutsch, Maier (OÖ), Grünbart, Zeillinger Ich bin erst zu spät gekommen. Nach dem Referat von Dr. Hopfl über Amerika. Außenpolitische Debatte: War es gut, dass der BO der Regierung für ihre Hilfe die Anerkennung ausgedrückt hat? Reimann – Stüber sind dagegen, dass in irgendeiner Form Propaganda für die ÖVP gemacht wird. 475 Millionen machten die Besatzungskosten aus und 1.100 bis 1.200 Millionen kommen ein. BR-Wahlen: OÖ hat von der Industrie zweckgebunden durch 5 Monate 350.000 zugesagt erhalten. OÖ – Stmk. – Ktn. bekommen die Listen der Betriebsräte beim Einigungsamt. Name: „Liste der unabhängigen und parteilosen Arbeiter“. Bundesleitungssitzung am 26. 4. 1954 in Wien (Parlament) Anwesend: Stendeb(ach), Scheuch, Kaufmann, Pfeil, Schweiger, Zeil(linger), Bandat, Pupini, Grünb(art), Roschall, Dörler, Schuster, Kandutsch, Kraus, Clar, Ebenb(ichler), Stephan, Lauritsch, Reimann, Görcz, Maier, Kindl Stendeb[ach]: Begrüßt als neuen Mann Dörler (Wien) und gedenkt des verstorbenen Kameraden Buchinger. nennten und ca. 5.000 Stück im Einzelverkauf geschätzt. Die ›Neue Front‹ hatte ca. 7.000 Abonnenten, die mit ihr 1953 ebenfalls vereinigte ›Vorarlberger Rundschau‹ 1.600–1.800.

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Teil I  : Protokolle

Kandutsch wird mit der Einberufung eines Ausschusses für Fragen der Sozialgesetzgebung beauftragt. Ebenb[ichler]: Berichtet über Wohnbau-Ausschuß. Die erste Sitzung war nur Generaldebatte. Dr. H[…] ausarbeiten und […] Vorschlag erstellen. Antrag: Sitzung am 20. Mai.

Teil II  : Parteienverhandlungen a) Bund Die Überlieferung zu den Kontakten und Absprachen der beiden bürgerlichen Parteien, die mit Beginn der Ära Raab einsetzten, ist leider äußerst ­bruchstückhaft. Sie reicht dennoch aus, um zu erkennen, daß der ÖVP-Obmann in Bezug auf das »dritte Lager« keineswegs der oft zitierten »Inhalationstheorie« folgte, sondern ­einem weit großzügigeren Konzept. Raab war offenbar willens und bereit, die ÖVP-Dissidenten um die ›Aktion‹ nicht als Abweichler mit alttestamentarischem Haß zu verfolgen, sondern als Scharnier zwischen ÖVP und VdU zu instrumentalisieren. Bloß war die Rendite der gemeinsamen bürgerlichen Politik für den VdU nicht greifbar genug  ; nicht zuletzt der innerparteilichen Turbulenzen halber fehlte es 1954 zunehmend an der nötigen Geduld, diese Ansätze ausreifen zu lassen. Schon damals bemühte Kraus den Vorwurf, der später geradezu zum stehenden Topos werden sollte  : Die Sozialisten wären harte Gegner, aber sie verfügten über mehr »Handschlagqualität« … 12-Punkte-Programm von ÖVP und VdU, 9. März 1953 1. Konzentration aller den Staat und seine innere Befriedung bejahenden Kräfte; 2. Sicherung der Freiheit der Gesinnung, Bekämpfung aller Maßnahmen, die totalitäre und undemokratische Ideologien fördern könnten; 3. Entpolitisierung der Industrie; 4. Sicherung des rechtsstaatlichen Gedankens durch Beseitigung privater, gesetzlicher und verwaltungsmäßiger Diskriminierung einzelner Staatsbürger oder Staatsbürgergruppen; 5. Entpolitisierung und wirtschaftliche Führung der verstaatlichten Betriebe durch Aufhebung der öffentlichen Verwaltung und Bildung der Gesellschaftsorgane; Schutz der Arbeitnehmer vor Gesinnungszwang, sparsamste Gebarung, Wettbewerbsbedingungen für die private und verstaatlichte Industrie; 6. ein ausgeglichenes Budget, das allein die sichere Garantie für ein Wirtschaftsprogramm auf lange Sicht und die Arbeitsbeschaffung liefern kann, a) Vermeidung aller den Wert des Arbeitseinkommens schmälernder Lohn-PreisPakte; b) Reformierung und Vereinfachung der Steuer. Senkung der unerträglichen Pro-

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Teil II  : Parteienverhandlungen

gression der Lohn- und Einkommenssteuer, Sicherung der Investitionsfähigkeit der Wirtschaft und eine erste Phase der Entnivellierung der Beamten- und Angestelltengehälter; c) Senkung der Gewerbesteuer zunächst für die kleinen und mittleren Betriebe, Steuerbegünstigung zur Hebung der Leistungsfähigkeit der Fertigwarenindustrie, um den Export zu steigern und den Sparwillen zu fördern; 7. Zusätzliche Arbeitsbeschaffung durch Mittel aus ausländischen und inländischen Krediten, Festigung des Vertrauens der ausländischen und einheimischen Sparer, Beseitigung der Jugendarbeitslosigkeit durch begünstigte Einstellung der Jugendlichen in die Wirtschaft durch Gesetz; 8. Novellierung des derzeit unübersichtlichen Sozialversicherungsrechts, Vereinfachung und Verbesserung der Leistung durch sparsame Verwaltung; 9. Gesetzliche Regelung zur Förderung des Absatzes landwirtschaftlicher Produkte und zur Versorgung der städtischen Bevölkerung; 10. Auswertung der wirtschaftlichen Erfolge zur Schaffung und Sicherung fortschrittlicher sozialer Einrichtungen (Förderung des Wohnungsbaues aus öffentlichen und privaten Mitteln, insbesondere des Wohnungseigentums, Schutz und Sicherung der Familie, Rentensicherung) sowie Hebung des Lebensstandards benachteiligter Schichten; 11. Endgültige Bereinigung der Frage der Wiener Randgemeinden; 12. Vereinfachung der Gesetze und Verwaltung. Abschrift Bundeskanzler Raab (Korrespondenz Stendebach) 1) Wunschzettel [handschriftlich ergänzt: bezüglich Personalien (Ebenbichler, Pfeifer usw.)] 2) Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder bei verstaatlichten Banken und wichtigeren Unternehmungen des Deutschen Eigentums (in öffentlicher Verwaltung) – Zusage von Kamitz – klare Weisung. 3) Kampfabstimmungen: Gewerbesteuernovelle, Vorschlag Kamitz Steuervereinfachungsgesetz, Vorschlag Kamitz Wohnbauplan (80 % Haftung, 1/5 % Zinsen) Verstaatlichte Betriebe (45 % Vorbesitzer,15 % Belegschaft – Löwenstein) Antiterror. 4) Sonstige parlamentarische Zusammenarbeit: Pfeifer/Gschnitzer Hilfsentwürfe (vermögensrechtliche Folgen) Wiederaufnahme der Volksgerichtsverfahren

Bund

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Amnestiegesetze vom Juli 1952 ohne Verfassungsbestimmung u. Personenkreis erweitert, Wahlgesetz (amtliche Stimmzettel, Wahlkreisverbände – einheitlichere Stimmenliste, Zusammenlegung von Wahlkreisen). Werkschulplan Wohnungseigentum im Althausbesitz frei von Wohnungsanforderungsgesetz auf weitere Sicht: Besprechungen über Plan von Aufsichtspersonen. Solar Antrag: Pensionen der Geschiedenen Deutsche Turnhallen mit Gesetz regeln (derzeitige Rechtslage so verworren) 5) Klubobmann (Gorbach) Einfluss auf Bezirkshauptmänner, Bezirksschulinspektoren und Lehrer (Bezirkshauptmann von Grieskirchen treibt zu SPÖ) 6.) Zusammenarbeit in den Bundesländern? a) OÖ: Gleissner ganz auf SPÖ eingestellt, Ressortverteilung in Landesregierung, Schulinspektoren. b) Steiermark: Krainer soll VdU-Gemeinden mit Bedarfsdeckungsmitteln (Ausgleichsmitteln) besser bedenken, besonders Stainz und Liezen (VdU-Bürgermeister mit ÖVPStimmen gewählt). c) Bürgermeistervereinbarungen für Villach, Salzburg und Innsbruck d) Tiroler Landtag: rückwirkendes Gesetz für Innsbruck Gemeinderatswahl, Halbierung Rest von Juni-Opposition (Brief an Parteileitung Tirol, Verfassungsgerichtshof). e) Salzburg: Schwierigkeiten Ausweger/Klaus.93 f) NÖ: Partner für Kindl in Landesregierung 7) Pressepositionen a) Bundespressedienst b) Apa c) „Neues Österreich“ (Liquidierung oder ein Redakteur) 8) Partnerschaft, Johamprojekt, nicht Haas 9) Note an Besatzungsmächte (Punkt 5 des Memorandums vor allem Bezahlung des vollvalorisierten Wertes der anerkannten Schäden) 10) Die durch alliierte Militärgerichte Verurteilten (Brief an BU, mein Brief an Payart, gemischte Kommissionen) 11) Verwendung für freiwerdende Besatzungskosten (Besatzungsgeschädigte und Kriegssachgeschädigte) 12) Regelung des deutschen Eigentums 13) Liquidität der Banken: Schatzscheinplan (Wohnbauplan) 14) Weisungen Kammer: Stellungnahmen zu Regierungsvorlagen an uns; ebenso Entwürfe von Kamitz direkt. 93 Siehe dazu unten den Abschnitt über Salzburg.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

15) SPÖ-Material 16) Weisungen an NR Weinmayer: wie Prinke unsere Wohnungsanliegen im Beirat vertreten. Aussendung der Bundesverbandsleitung (VdU-Archiv Salzburg, Karton 38) Propagandareferat Wien, September 1953 Informationsunterlagen für die Verbandsorganisation und die Redner. FOLGE 1 Überblick über die allgemeine politische Lage des VdU 1.) Unsere Teilnahme an den Regierungsverhandlungen: Trotz des ungünstigen Wahlausganges waren wir nach dem 22. Februar 1953 in einer günstigeren Situation als nach dem 9. Oktober 1949. Erstens hatte die ÖVP ihren Vorsprung von 10 Mandaten gegenüber der SPÖ fast völlig verloren. Aufteilung der Mandate 1949 1953 ÖVP 77 74 SPÖ 67 73 VdU 16 14 Linksblock (VO)  5  4

165 165

Die beiden Grossparteien waren also fast gleich stark geworden, sodass unsere Bedeutung als „Zünglein an der Waage“ wesentlich gestiegen war. Die ÖVP hätte nun ein Ministerium an die SPÖ abtreten müssen (früherer Proporzschlüssel 77 : 67, jetziger 74 : 73), wenn sie nicht unseren Eintritt in die Regierung gefordert hätte. Der zweite Grund für unsere günstigere Lage war, dass 1953 nicht mehr Figl, sondern Raab Parteiobmann der ÖVP war. Während Figls Konzept „ÖVP-SPÖ-Koalition um jeden Preis“ hiess und sein Gesicht überhaupt mehr nach links gerichtet war, hat sich Raab grundsätzlich darauf eingestellt, durch Heranziehung des VdU den sozialistischen Einfluss zurückzudrängen.

Bund

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Diese beiden Momente führten dazu, dass wir schon drei Tage nach dem 22. Februar von der ÖVP aufgefordert wurden, an den Regierungsverhandlungen teilzunehmen. Unsere Bundesleitung hat mit grosser Mehrheit beschlossen, dieser Einladung nachzukommen. Für uns waren folgende Erwägungen massgebend: Mit ein Grund für den Wahlmisserfolg war, dass die schutzsuchenden Menschen, die uns 1949 gewählt haben, in den darauffolgenden Jahren sehen mussten, dass wir ihnen nur sehr wenig Schutz bieten und helfen konnten. Wir hatten kaum einen Einfluss auf die Gesetzgebung und konnten auch bezüglich der zahllosen Einzelanliegen (Wohnungen, Posten, Genehmigungen, Begnadigungen usw.) verhältnismässig wenig erreichen. Wir waren auf der Bundesebene offiziell und auf der Landesebene bzw. Gemeindeebene inoffiziell weitgehendst ausgeschaltet worden. Im Parlament galt der alte Koalitionspakt, in welchem sich die bei­den Grossparteien gegenseitig verpflichtet hatten, niemals gegenein­ander zu stimmen, sodass wir als „Zünglein an der Waage“ nicht zum Zuge kommen sollten. Gegen Ende der letzten Session wurde diese Vereinbarung zwar durchbrochen. Es gab zwei Kampfabstimmungen: in der ersten (Kontrolle der Aussenhandelsstellen) stimmten wir mit der SPÖ und in der zweiten (Bankaffäre) gingen wir mit der ÖVP. Aber das waren Ausnahmen. Es wurden nur ganz selten in den Ausschüssen Abän­derungsanträge von uns angenommen. Unser Einfluss war ein indirekter, indem wir so lange Kritik geübt und Anträge eingebracht haben, bis die Regierungsparteien von sich aus die von uns geforderten Schritte unternahmen (z.B. bezüglich der Amnestiegesetze). Wir mussten also trachten, in der neuen Parlamentsperiode aus dem Teufelskreis der absoluten Parlamentskoalition zwischen den beiden Grossparteien herauszukommen. Wenn das nicht gelang, waren wir weder in der Lage, unseren Einfluss bei der Gesetzgebung als „Zünglein an der Waage“ geltend zu machen, noch auch sonst einen Einfluss, mit dem wir un­seren Leuten helfen konnten, zu gewinnen. Dass wir mit der ÖVP verhandelten, bedeutet nun keineswegs, dass wir eine einseitige ÖVP-Orientierung suchten, es kam uns vielmehr darauf an, die erste sich bietende Möglichkeit zur Durchbrechung die­ses Teufelskreises zu ergreifen, egal von welcher Seite sie käme. Nun war die ÖVP durch den Wahlausgang in der schwächeren Position und daher gezwungen, vom bisherigen Figl-Kurs abzugehen. Es war end­lich so weit, dass sie uns brauchte. Die SPÖ wollte natürlich ihren Wahlerfolg restlos ausnützen und da ist ihr jede Heranziehung des VdU als grösste Gefahr erschienen. Deshalb begann sie mit ihren neuerlichen neonazistischen Verleumdungen des VdU (siehe die Erklärungen Körners und die Denunzierung Widmayers in London) und ihren sonstigen Hassausbrüchen gegen uns. Das hat also dazu geführt, dass die Spannungen zwischen VdU und SPÖ immer stärker wurden. Die Parlamentssitzungen waren seither fast nur von scharfen Gefechten zwischen uns und den Sozialisten gekennzeichnet. Wir haben nun auch allerdings keine Veranlassung,

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den Sozialisten entgegenzukommen, solange sie ihre neonazistischen Verleumdungen nicht zurücknehmen und uns über­haupt als vollwertigen Faktor akzeptieren. Die Ende Februar offiziell aufgenommenen Regierungsverhandlungen mit der ÖVP waren zwar sicherlich nicht besonders leicht, aber nahmen doch bald einen flüssigen Verlauf. Getreu unseren im Wahlkampf gege­benen Versprechungen haben wir es abgelehnt, lediglich von Ministerposten zu sprechen, sondern verlangten ein klares wirtschaftliches, soziales und innenpolitisches Konzept, mit dem regiert werden sollte. Ein solches Regierungsprogramm kam dann bald in dem damals veröffent­lichten 12-Punkte-Programm zustande. Es ist dabei wichtig, festzustellen, dass sich in diesem Programm nicht der VdU dem ÖVP-Standpunkt angeschlossen hat, sondern umgekehrt die ÖVP unserem Standpunkt. Wir haben keinerlei Zugeständnisse in kulturellen Fragen gemacht, aber dafür in der NS-Gesetzgebung unsere Wünsche durchgesetzt. Schon vor den Unterhaltungen über das Regierungsprogramm forderten wir, dass wir die uns in der vorhergehenden Periode vorenthaltenen Rechte bekommen. So setzten wir damals schon durch, dass Hartleb der dritte Präsident des Nationalrates wurde, dass wir in die grösseren Ausschüsse mit zwei Vertretern kamen, dass wir billige Büros der Bundesgebäudeverwaltung für unsere Bundesgeschäftsführung erhielten und schliesslich auch bei den Rundfunkübertragungen aus dem Parla­ment besser zum Zuge kamen. 2.) Die Entwicklung seit dem Scheitern der Regierungsverhandlungen: Unser Eintritt in die Regierung scheiterte am Widerstand der SPÖ. Wir waren aber nicht unglücklich darüber, da es uns nicht so sehr auf Regierungsstellen als vielmehr auf die Durchsetzung unseres parlamentarischen Einflusses ankam. Dies wurde insofern erreicht, als der Begriff des sogenannten „koalitionsfreien Raumes“ geschaffen wurde. „Koalitionsfreier Raum“ bedeutet, dass in jenen Fragen, in welchen sich die beiden Grossparteien nicht gütig einigen können, zu Kampfabstimmungen im Parlament gegriffen wird, also der VdU als „Zünglein an der Waage“ entscheiden kann, ob der ÖVP- oder der SPÖ-Standpunkt die Mehrheit erreicht. Die Auslegungen, welche die ÖVP und die SPÖ vom „koalitionsfreien Raum“ geben, sind sehr verschiedenartige. Aber die Tatsache, dass die ÖVP doch immer wieder erklärt; „Wenn ihr nicht wollt, dann stimmen wir eben mit dem VdU“, bedeutet doch, dass dieser „koalitionsfreie Raum“ in Anspruch genommen werden kann. Die amtliche „Wiener Zeitung“ hat kürzlich geschrieben, dass der „koalitionsfreie Raum die Rute im Fenster sei, mit welcher der eine Koalitionspartner den anderen Koalitionspartner bis jetzt noch immer zum Nachgeben gezwungen hat“. Unser Einfluss ist also vor­läufig noch ein indirekter, wenn er auch manchmal recht deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Als z.B. im zuständigen Ausschuss das Jugendeinstellungsgesetz behandelt wurde, hat die ÖVP diese Sitzung immer wieder unterbrochen und uns gefragt; „Würdet ihr dieser oder jener Bestimmung zustimmen?“ Wenn wir „ja“ sagten, gingen sie gleich zur SPÖ und sagten: „Wenn ihr nicht wollt, machen wir gleich Kampfabstimmung.“

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Es ist anzunehmen, dass es aber im Herbst auch zu offenen Kampf­abstimmungen im Plenum des Nationalrates kommen wird. Unsere Parteibesprechungen und sonst erhaltene Informationen lassen eine solche Entwicklung erwarten. Wir haben aber auch in der abgelaufenen Periode schon manchen Erfolg, der auf unseren gestiegenen Parlamentseinfluss zurückzuführen ist, zu buchen. So haben wir z.B. mit der ÖVP die bekannten Pfeifer-Gschnitzer-Anträge zur Beseitigung der vermögensrechtlichen Folgen der NS-Gesetzgebung und zur Revision mancher Volksgerichtsurteile eingebracht. Es ist an sich selten, dass zwei Parteien gemeinsam Anträge einbringen. Aber der gemeinsame Antrag einer Regierungspartei und einer Oppositionspartei ist schon besonders auffallend. Die Anträge, die aus technischen Gründen einige Änderungen erfahren müssen, werden wenigstens in ihren wichtigsten Teilen im Herbst beschlossen werden. […] Gedächtnisprotokoll über die am 2. März 1954. 16 Uhr in Parlament stattgefundene Sitzung ÖVP/VdU (Klubpräsidium). (Korrespondenz Stendebach) Anwesend: Maleta, Hartmann, Prinke, Dworschak [sic!]94 – Kraus, Scheuch, Ebenbichler. Die Besprechung fand über Vorschlag der ÖVP statt. Maleta: Begrüssung der Erschienenen. Es entspräche dem beiderseitigem Wunsche beider Parteien, über die Möglichkeit der parlamentarischen Zusammenarbeit für die nächste Zeit sich auszusprechen. Er verwies dabei auch auf ein seinerzeitiges Schreiben des Dr. Kraus. Kraus: Begrüsst ebenfalls das Zustandekommen dieser Aussprache, bringt aber zum Ausdruck, dass bevor über die Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene gesprochen wird, es doch nötig sei, eine notwendige Klarheit auf der parteipolitischen Ebene zu erreichen. Der VdU habe seit der letzten Nationalratswahl der ÖVP nicht nur ein Ministerium gerettet, sondern auch sonst viel genutzt. Es stehe ausser Zweifel, dass die ÖVP durch die Haltung des VdU grosse Vorteile bei ihren Verhandlungen mit ihrem Koalitionspartner gehabt hat. Demgegenüber sei die ÖVP dem VdU im Verzug geblieben und man kann wohl von einer völligen Einseitigkeit in den Beziehungen zwischen unseren Parteien sprechen. Die in Aussicht gestellte Zusammenarbeit im koalitionsfreien Raum kam nicht zustande, obwohl hiezu genügend Bereitwilligkeit seitens des VdU gezeigt wurde. Aus dem bisherigen Verhalten der ÖVP sind im VdU ausgesprochene Zweifel über das Wollen der ÖVP entstanden. 94 Alfred Maleta war 1952-63 Generalsekretär der ÖVP und 1953-62 auch Klubobmann, Franz Dworak von April 1953 bis 1961 Präsident der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Franz Prinke Wiener ÖAAB-ler, Eduard Hartmann 1946-66 Direktor des niederösterreichischen Bauernbundes (1959-64 auch Landwirtschaftsminister und 1965/66 Landeshauptmann).

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Andererseits haben sich die Differenzen zwischen VdU und SPÖ beachtlich entspannt und man kann diesbezüglich von einer geänderten Lage sprechen. Wo es zur Fühlungnahme (Kontaktaufnahme) zwischen VdU und SPÖ kam, hat sich herausgestellt, dass die SPÖ stets klar Nein oder Ja sage und bei Zustimmung ihre Zusagen auch strikt einhalte. Demgegenüber verspricht die ÖVP allzuleicht und bietet zu wenig konkrete Vorschläge an. Der VdU vermisst die Einhaltung (zumindest auf der geistigen Ebene) der Vereinbarungen vom März 1953. Dr. Kraus kommt zum Schluss, dass vor den parlamentarischen Fragen grundsätzliche Probleme zwischen unseren Parteien bestehen, welche vorher gelöst werden sollten. Maleta: Durch die Ausführungen Dr. Kraus’ entsteht eine andere Situation, denn die Behandlung grundsätzlicher Probleme liegt auf der Ebene der Partei und nicht der des Parlaments. Die ÖVP hat sich gedacht, dass es dermal das Vordringlichste sei, über die allernächste Ermöglichung einer Zusammenarbeit im Parlament zu sprechen. Es soll vermieden werden, dass über jede einzelne Gesetzesvorlage gesonderte Gespräche geführt werden, sondern es würde eine bedeutende Vereinfachung bilden, wenn in einer grundsätzlichen Besprechung eine Klärung herbeigeführt würde. Der VdU hat ja ebenso wie die ÖVP besondere Wünsche hinsichtlich der Behandlung von Anträgen. (Betont muss hier werden, dass die Vertreter der ÖVP für die von ihr gewünschten Verhandlungen sehr gut vorbereitet waren, eine Menge Unterlagen und Aufstellungen vor sich hatten.) Freilich dürfe man nicht vergessen, dass sich die ÖVP etwas schwer tue, wenn der VdU sich lediglich auf sogenannte „Pfeifer-Anträge“ beschränkt und nicht auch andere Sektoren berücksichtigt werden. Maleta wies darauf hin, dass die Sozialisten sehr leicht eine rare Haltung dem VdU gegenüber einnehmen können, denn sie bieten auch dem VdU nur Brosamen, hingegen doch die ÖVP dem VdU ein Ministerium angeboten habe. Man dürfe doch nie vergessen, dass die SPÖ es war, welche den Eintritt des VdU in die Regierung verhindert habe. Auch, dass Hartleb Präsident wurde, sei doch keineswegs unbedeutend, genau so wie die Vertretung des VdU in den Ausschüssen. Die Aufrechterhaltung des Kontaktes zwischen ÖVP und VdU sei erfolgt. Hinsichtlich der Auswertung des „koalitionsfreien Raumes“ muss leider seitens der ÖVP festgestellt werden, dass bei der ersten Möglichkeit zur Zusammenarbeit im koalitionsfreien Raum sich die Zusammenarbeit zu Ungunsten der ÖVP ausgewirkt habe. Siehe Salzburg. Ebenbichler: Es wäre einseitig, Salzburg für sich allein zu betrachten. Wenn hier Salzburg angezogen wird, so müsse unsererseits Innsbruck ins Treffen geführt werden. In Innsbruck hat der VdU trotz grösster berechtigter Bedenken die Wahl des ÖVP- Bürgermeisters Dr. Greiter ermöglicht. Es wurden mit der ÖVP

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ganz bestimmte und konkrete Vereinbarungen getroffen. Es muss leider festgestellt werden, dass die ÖVP bis zum heutigen Tage noch nicht bereit war, das versprochene Mandat eines amtsführenden Stadtrates mit entsprechend wichtigem Referat zu geben. Hiefür aber erhielt ohne jede besondere Notwendigkeit die SPO bereits ihren einen amtsführenden Stadtrat mit dem wichtigen Referat Sozialverwaltung. Ebenbichler wies darauf hin, dass sich dieser ungeklärte Zustand trotz versprochenen Einschreitens seitens BK Raab erhalten hat, dass weiter an diesem Zustand nicht der Landesobmann der ÖVP, Landesrat Dr. Lugger, schuldtragend sei, sondern hauptsächlich Bürgermeister Dr. Greiter, der heute noch lieber mit der SPÖ als mit dem VdU verhandelt. Ebenbichler verwies weiter auf die Haltung des VdU in der Frage Tiroler Landtag (Hauptwahlbehörde). Der VdU hätte ja schliesslich auch anders handeln können, dann würde heute die Zusammensetzung des Tiroler Landtages folgend aussehen; 4 WdU + 5 ABB + 10 SPÖ = 19 gegen 17 ÖVP. VdU hat die schweren inneren Differenzen innerhalb der ÖVP (ABB + SPÖ) nicht für die eigene Partei ausgenutzt, sondern im Gegenteil im Sinne des grossen Konzeptes entschieden. Es muss als eine sehr unvernünftige Haltung seitens der ÖVP bezeichnet werden, wenn diese jetzt sich ihren seinerzeitigen Versprechungen mehr oder minder zu entziehen versucht, während die SPÖ in Salzburg ihre Zusagen in grosszügigster Weise einlöst. Auch Ebenbichler hält die Bereinigung der parteipolitischen Probleme als in erster Linie notwendig. Dann erst habe es einen Zweck, über die parlamentarische Zusammenarbeit zu sprechen. Innsbruck sei für das gegenseitige Verhältnis symptomatisch. Es bestehe für die zukünftige Entwicklung eine grosse Gefahr, auf die ausdrücklich verwiesen werden muss, denn man dürfe dann nicht dem VdU die Schuld geben, wenn es in Innsbruck zu einer Arbeitsgemeinschaft VdU – SPÖ käme. Der Beweis, dass die ÖVP eine Zusammenarbeit mit dem VdU wirklich will, sei bisher eigentlich nicht – zumindest in nicht genügender Weise – erbracht worden. Ebenbichler verweist auf Kammer, etc. Kraus: Bespricht Fall Salzburg und stellt den tatsächlichen Verlauf klar. Maleta und Genossen zeigen sich uninformiert oder tun zumindest so. Der koalitionsfreie Raum wurde bisher nicht benützt. Die Pfeifer-Anträge liegen wesentlich in unserer Zielsetzung. Jetzt, nach dem Ausgang der Berliner Konferenz, ist die eheste Bereinigung der NS-Fragen das Vordringlichste. Hier muss nun endlich reiner Tisch gemacht werden Wenn die ÖVP mit der SPÖ verhandelt, so sei das Ergebnis eine Preisgabe vom Grundsätzlichen des Wollens der ÖVP. Maleta: Spricht wieder über die Möglichkeit parlamentarischer Zusammenarbeit und versucht abermals, Absprachen auf dieser Ebene zu erreichen. Kraus: Verweist auf seine bisherigen Ausführungen, weiters auf das Vorbringen

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Ebenbichlers und ist für die Aufnahme von Parteienbesprechungen vor Absprachen über parlamentarische Angelegenheiten. Scheuch: Vertritt ebenfalls den Standpunkt, dass die Abführung von Gesprächen über die parlamentarische Zusammenarbeit doch wesentlich von der Klärung der gesamtpolitischen zwischenparteilichen Probleme abhängig sei. Maleta: Bringt zum Ausdruck, dass auf alle Fälle die stattgefundene offene Aussprache sehr vorteilhaft gewesen sei. Wenn aber der VdU der unumstösslichen Meinung sei, dass die parteipolitische Klärung in erster Linie notwendig sei, so sei eigentlich die heutige Tagesordnung erschöpft. Er werde ehestens den Bundeskanzler über den Verlauf der Besprechung sowie über die Auffassung des VdU unterrichten. Hartmann: Es gibt wie immer zwei Wege. Erstens die grundsätzliche Aussprache oder zweitens den Weg, über die Behandlung von Detailfragen zur Lösung des Gesamtkomplexes zu kommen. Er sei der Meinung, dass, wenn zuerst grundsätzliche Aussprachen erfolgen, diese sich allzulange hinausziehen werden und während dieser Zeit nichts geschehe, während beim anderen Weg bereits Teilerfolge erzielt werden könnten, die dann eine grundsätzliche Einigung umso leichter ermöglichen. Hartmann ist für Behandlung der Parlamentsarbeit. Prinke und Genossen: verweisen darauf, dass die Absprache über die parlamentarische Arbeit ausserordentlich dringlich sei, weil ja zu den entsprechenden Anträgen bzw. Gesetzesvorlagen im Hause Stellung genommen werden muss. (Es verstärkt sich immer mehr der Eindruck, dass die Vertreter der ÖVP es sehr eilig haben, zu erfahren, bei welchen Anträgen bzw. Gesetzen sie mit der Unterstützung des VdU eventuell rechnen können.) Maleta: Er habe heute schon erwähnt, dass ja beiderseits besondere Wünsche für die Durchsetzung gewisser Initiativanträge und Gesetzesvorlagen vorhanden seien. Der ÖVP liege derzeit die Erledigung, folgender Gesetze sehr am Herzen: 1.) Kapitalmarktgesetze 2.) Luftfahrtgesetz (49 a) 3.) Zweites Verstaatlichungsgesetz (51 a) 4.) Volksabstimmungsgesetz (Maleta) und die erst einzubringenden Anträge 5.) Aussenhandelsgesetz 6.) Wohnbaugesetze 7.) Aussenhandelsförderungsgesetz. Dworschak: Stellt die Behandlung des Aussenhandelsförderungsgesetzes als ganz vordringlich hin, weil die Aufrechterhaltung der Aussenhandelsstellen durch Ablaufen des bisherigen Gesetzes am 30. Juni in der Luft hängt.

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Ebenbichler: erwähnt, dass gerade die Kammer ein Gebiet sei, wo [man] innerhalb des koalitionsfreien Raumes dem VdU seitens der ÖVP hätte Einfluss und Mitarbeit zugestehen können. Aber auch hier arbeitet anscheinend die ÖVP lieber mit der SPÖ (Kostroun) zusammen als mit uns. Kraus: vertritt denselben Standpunkt. Dworschak: die Vorwürfe seien nicht gerecht. Er habe ja jetzt Herrn Seutter in das Präsidium hineingenommen. Der sei doch aus dem Kreis des VdU. Ausserdem ergeben sich viele Schwierigkeiten dadurch, dass weite Kreise der Auffassung seien, dass man beim VdU nicht wisse, wie man daran sei. Vielfach wird behauptet, dass beim VdU die eine Hand nicht wisse, was die andere tue. Viele Leute glauben, dass der VdU eine Rechtspartei sei, gerade diese aber können „Salzburg“ nicht verstehen. Kraus: Verwahrt sich energisch gegen das Vorbringen Dworschaks, betont, dass man über den VdU nicht einfach hinweggehen könne. Es sei unmöglich, zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit zu kommen, wenn immer erst dann, wenn der ÖVP das Wasser bis zum Munde reiche, an den VdU um Zustimmung herangetreten werde, ohne vorher Verhandlungen zu führen. Wenn (zu Dworschak gewendet) Ihnen gegenüber solche Äusserungen über den VdU gemacht werden, so sagen sie die Wahrheit: „Wir haben mit dem VdU nicht verhandelt.“ Prinke: gibt Dworschak mehr oder weniger recht, findet aber doch einen versöhnlichen Ton, verweist darauf, dass eine Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Parteien durchaus möglich sei, was ja auch die seinerzeitige Zusammenarbeit der ÖVP mit der Grossdeutschen Partei durch viele Jahre hindurch bestätigt. Kraus: Sie können mit uns über alles sprechen, aber Sie können nicht für alle Zukunft uns für Ihre Verhandlungen mit der SPÖ verwenden, ohne uns dafür zu bezahlen. Maleta: wird einen eingehenden Bericht an den Kanzler erstatten. Er stellt weiters fest, dass für die allernächste Zeit jeder einzelne Fall separat abgesprochen werden soll. Er schlägt vor, dass zukünftig von uns eingebrachte Initiativanträge nicht erst im letzten Moment der ÖVP bekanntgegeben werden, sondern so rechtzeitig, dass man sich darüber besprechen kann. Damit wären wir mit der heutigen Besprechung eigentlich zu Ende, sie war sicherlich – wenn auch ohne eigentliches Ergebnis – äusserst aufschlussreich. Hartmann: sagt nochmals, dass er anderer Meinung sei und es für zweckdienlich erachten würde, zuerst eine parlamentarische Einigung zu erzielen. (Die Mitglieder der ÖVP waren sichtlich von unserer Haltung etwas betroffen, man könnte von einer gewissen Versteifung hinsichtlich des gegenseitigen Verhältnisses sprechen. Die Verabschiedung war aber offiziell kollegial.

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Im grossen und ganzen war das deutliche Bestreben der ÖVP, Einigungen über parlamentarische Fragen ohne Preisgabe besonderer Zugeständnisse raschestens zu erzielen. Die ÖVP hat im Laufe der Besprechung ihre Wünsche aufgezeigt, wir haben sie über unsere Absichten nicht informiert.) Ende 18.30 Uhr. Willfried Gredler an Max Stendebach, 6. März 1954 Bericht über die am Samstag, den 6. März 1954 bei NR Polcar stattgefundene Besprechung: l.) Von Niederösterreich aus werden der dortige kommende Landesparteiobmann der ÖVP, NR Dr. Withalm, und vielleicht der Landesparteisekretär NR Weinmayer an Sie herantreten. 2.) Die ÖVP Wien ist der Meinung, dass der VdU sehr stark Stimmen verlor, welche jedoch hauptsächlich in das Lager der Wahlenthalter abwandern dürften. Die dem Organisationsreferenten Zink (vormals Junge Front, mir sehr nahestehend) bekannten 16 Testpersonen aus nationalen Kreisen haben angeblich bis auf zwei erklärt, nicht mehr WdU zu wählen; zwei davon sprachen sich für die ÖVP aus und einer für Dr. Stüber. 3.) Die ÖVP glaubt daher, dass wir auch im Falle einer wahlkreisweisen Landtagswahl kein Grundmandat bekommen würden (nach den vorliegenden genauen Berechnungen müssten wir pro Wahlkreis etwa 11.000 Stimmen bekommen, man nimmt jedoch an, dass z.B. im Wahlkreis 1 unsere Stimmen unter die Hälfte gesunken sind). Ich widersprach und erklärte, im Falle einer Wahlordnung wie 1949 mit Sicherheit Grundmandate zu erreichen. Die Gesamtzahl müsste gegen 10 Mandate betragen. Übrigens erklärt Dr. Stüber, dann ein oder zwei Grundmandate zu bekommen, denn er hätte mit verschiedenen Verbänden (Turnerbund, Landsmannschaften, nationale Studenten, Akademikerverband o.ä.) bereits Wahlabreden getroffen. 4.) Im Falle einer bezirksweisen Wahl können wir selbst bei Erreichung des BreitnerErgebnisses keinesfalls ein Grundmandat bekommen. In diesem Falle verschwänden wir vielleicht aus dem Wiener Landtag und und können nicht in den Nö. Landtag hinein. Angesichts der knappen Situation im Burgenland würde dies praktisch ein Verschwinden aus Ostösterreich mit katastrophalen Folgen für die kommenden NR-Wahlen bedeuten. 5.) Obwohl ich erklärte, dass ein Wahlblock nur unter der Variante 4 überhaupt erwogen werden könnte, vertraten die ÖVP-Leute auch die Möglichkeit für 3. 6.) Im Falle der Aufstellung eines Wahlblocks sind sie bereit, auf einen von uns vorzuschlagenden vernünftigen Namen einzugehen, eine Wahlpartei zu bilden und diese nach der Wahl fraktionsweise wieder aufzuspalten. Ich glaube auch, dass sie uns hinsichtlich der Zahl der Gemeinderäte und bezüglich eines Landesrates entgegenkommen. Hinsichtlich des Bürgermeisters scheinen sie allerdings Weinberger halten zu wollen.

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7.) Das mit diesen und anderen Vorbereitungen beauftragte Komitee besteht aus Polcar, Weinberger, Mühlhauser und Zink. 8.) Sollte es nicht zu einem Wahlbündnis kommen, so bietet die ÖVP Wien ein allgemeines Abkommen über gegenseitige Fairness an. 9.) In Verbreiterung dieser Gespräche – nach anderen Informationen versuchen die Sozialisten, die seinerzeitigen Bedenken der Russen gegen die traditionelle Bezirkswahlordnung zu entkräften – ist die Bildung eines Kontakt-Komitees zwischen VdU und „Aktion“ Wien sowie den Niederösterreichern notwendig. 10.) Die Herren der ÖVP baten mich, Sie, sehr geehrter Herr Oberst, zu verständigen, wenn die Situation in unseren Reihen vorgeklärt ist In meiner Unterredung gab ich den Herren der ÖVP bekannt, dass eine prinzipielle Änderung ihrer Haltung auch auf allgemeiner politischer Ebene erforderlich sei. Polcar war über die Ablehnung der Pfeifer-Gschnitzer-Anträge im Hauptausschuss äusserst betroffen. Der Klub der ÖVP hätte eine solche nie beschlossen. Gedächtnisprotokoll  : Aussprache mit der Arbeitsgemeinschaft der Parteilosen am 27. 6. 1954. (VdU-Archiv Salzburg, Karton 61) Anwesend: AG: Riebel, Eberhart, Prokopovici, Vogel, Dorner VdU: Kandutsch, Hartl, Schuster, Specht, Dr. Lauritsch. Als Gast und Vorsitzender: Dr. Gredler, als weiterer Gast Herr Manndorff. Die Aussprache klärt eingangs die Frage, ob man beiderseits grundsätzlich gewillt sei, mit einer gemeinsamen Liste bei der AK-Wahl zu kandidieren. Diese Frage wird von beiden Seiten bejaht. Nach langer Wechselrede über die Bedingungen wurde folgendes Verhandlungsergebnis erzielt: 1. Der VdU kandidiert in keinem Bundesland mit einer eigenen Liste, sondern bekennt sich zu einer bundeseinheitlichen überparteilichen Liste. Der Vorschlag von Seiten des VdU, in den Untertitel WdU und Arbeitsgemeinschaft zu setzen, wird vom Verhandlungspartner kategorisch abgelehnt. Es wird zugesichert, diesen Wunsch des VdU in der kommenden Sitzung des Länderrates zur Diskussion zu stellen. Die VdU-Vertreter schlagen vor, den von der Arbeitsgemeinschaft geplanten Titel „Parteifreie Liste“ zu Gunsten der Listenbezeichnung „Überparteiliche Einigung“ fallenzulassen. Das wird als diskutabel und gangbar bezeichnet (Überparteiliche Liste). 2. Zur Forderung der Arbeitsgemeinschaft, dass der VdU verzichten möge, die gemeinsame Liste als VdU-Liste zu bezeichnen und sich auch jeder Empfehlung an seine Anhänger, diese Liste zu wählen, enthalten möge, wird von den VdU-Vertretern das erstere zugestanden, das zweite abgelehnt. Der VdU stellt fest, dass er sich äussern

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müsste, da die anderen Parteien die überparteiliche Liste auf jeden Fall als eine getarnte VdU-Liste bezeichnen werden. Ein Stillschweigen unsererseits würde von der Öffentlichkeit als ein Eingeständnis gewertet werden. Es ist eine Sprachregelung zu finden, die in einem Wahlausschuss beider Gruppen abgestimmt wird, durch welche erreicht werden soll: a) Die Arbeitsgemeinschaft ist keine Tarnorganisation des VdU. b) Der VdU hat den Kampf um den Arbeitnehmer nicht aufgegeben. NR Kandutsch erklärt, der VdU werde durch sein höchstes Führungsorgan deklarieren, dass alle ihm nahestehenden Mitglieder einer AK-Fraktion in ihren Entschlüssen und Beschlüssen vollkommen frei und unabhängig sind. Zwischen diesen und den politischen Mandataren sollen Informationen ausgetauscht und Beratungen durchgeführt werden, ohne dass eine Seite verpflichtet wäre, die Wünsche der anderen Seite aufzunehmen. Der VdU werde nie einen Zweifel darüber lassen, dass er eine Ausdehnung der Macht der Kammern über die beratende Tätigkeit hinaus bekämpft. 3) Die Forderung der AG, es dürften keine Funktionäre des VdU kandidieren, wird abgelehnt. Nach langer Wechselrede erklären die Verhandlungspartner diesen Standpunkt des VdU dem Länderrat zur Annahme zu empfehlen, obwohl damit ein fundamentaler Grundsatz der AG durchbrochen sei. Die Auswahl der Kandidaten soll nach übereinstimmender Auffassung nicht nach dem Proporz erfolgen, sondern nach der Tüchtigkeit, dem Persönlichkeitswert und seiner Publizität. Die Aufstellung der Listen erfolgt in den Länderausschüssen. Die Forderungen der AG, dass die zukünftigen Fraktionen in sich geschlossen auftreten sollen, wird vom VdU lebhaft unterstützt. 4) Die Bundesleitung des VdU und der Klub der WdU im Parlament verpflichten sich, dass sie davon Abstand nehmen werden, sich als offizielle Vertreter der „überparteilichen Fraktion“ zu bezeichnen. Der VdU schlägt vor, dieses Verhandlungsergebnis am 3. Juli in den Sitzungen des Länderrates und der ZA beschliessen zu lassen und sich in den Abendstunden telefonisch zu verständigen, ob die Annahme erfolgt sei bzw. welche Punkte verworfen wurden und einer weiteren Klärung bedürfen. Es wird in Aussicht genommen, am Sonntag in Bischofshofen zwecks weiterer Verhandlungen zusammenzutreffen.

b) Kärnten In Kärnten hatte der VdU nach den Landtagswahlen 1949 ursprünglich die Wahl Steinachers, der für die ÖVP kandidiert hatte, zum Landeshauptmann vorgeschlagen. Die Wiener Beschlüsse der Regierungsparteien, die jegliches Abweichen vom

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müsste, da die anderen Parteien die überparteiliche Liste auf jeden Fall als eine getarnte VdU-Liste bezeichnen werden. Ein Stillschweigen unsererseits würde von der Öffentlichkeit als ein Eingeständnis gewertet werden. Es ist eine Sprachregelung zu finden, die in einem Wahlausschuss beider Gruppen abgestimmt wird, durch welche erreicht werden soll: a) Die Arbeitsgemeinschaft ist keine Tarnorganisation des VdU. b) Der VdU hat den Kampf um den Arbeitnehmer nicht aufgegeben. NR Kandutsch erklärt, der VdU werde durch sein höchstes Führungsorgan deklarieren, dass alle ihm nahestehenden Mitglieder einer AK-Fraktion in ihren Entschlüssen und Beschlüssen vollkommen frei und unabhängig sind. Zwischen diesen und den politischen Mandataren sollen Informationen ausgetauscht und Beratungen durchgeführt werden, ohne dass eine Seite verpflichtet wäre, die Wünsche der anderen Seite aufzunehmen. Der VdU werde nie einen Zweifel darüber lassen, dass er eine Ausdehnung der Macht der Kammern über die beratende Tätigkeit hinaus bekämpft. 3) Die Forderung der AG, es dürften keine Funktionäre des VdU kandidieren, wird abgelehnt. Nach langer Wechselrede erklären die Verhandlungspartner diesen Standpunkt des VdU dem Länderrat zur Annahme zu empfehlen, obwohl damit ein fundamentaler Grundsatz der AG durchbrochen sei. Die Auswahl der Kandidaten soll nach übereinstimmender Auffassung nicht nach dem Proporz erfolgen, sondern nach der Tüchtigkeit, dem Persönlichkeitswert und seiner Publizität. Die Aufstellung der Listen erfolgt in den Länderausschüssen. Die Forderungen der AG, dass die zukünftigen Fraktionen in sich geschlossen auftreten sollen, wird vom VdU lebhaft unterstützt. 4) Die Bundesleitung des VdU und der Klub der WdU im Parlament verpflichten sich, dass sie davon Abstand nehmen werden, sich als offizielle Vertreter der „überparteilichen Fraktion“ zu bezeichnen. Der VdU schlägt vor, dieses Verhandlungsergebnis am 3. Juli in den Sitzungen des Länderrates und der ZA beschliessen zu lassen und sich in den Abendstunden telefonisch zu verständigen, ob die Annahme erfolgt sei bzw. welche Punkte verworfen wurden und einer weiteren Klärung bedürfen. Es wird in Aussicht genommen, am Sonntag in Bischofshofen zwecks weiterer Verhandlungen zusammenzutreffen.

b) Kärnten In Kärnten hatte der VdU nach den Landtagswahlen 1949 ursprünglich die Wahl Steinachers, der für die ÖVP kandidiert hatte, zum Landeshauptmann vorgeschlagen. Die Wiener Beschlüsse der Regierungsparteien, die jegliches Abweichen vom

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Muster der großen Koalition auch auf Landes- und Gemeindeebene unterbinden sollten, machten diesen Bestrebungen allerdings einen Strich durch die Rechnung. Für die Arbeiter-, Handels- und Landwirtschaftskammern galten diese Regelungen offenbar nicht. Warum auch  ? – Gab es auf diesem Sektor doch durchgehend absolute Mehrheiten von »Rot« oder »Schwarz«. Eine Ausnahme machte in dieser Beziehung einzig und allein die Kärntner Landwirtschaftskammer. Hier errang der VdU bei den Wahlen vom 25. November 1951 immerhin 28 % und sechs Mandate  ; der Arbeitsbauernbund der SPÖ 20 % und fünf Mandate  ; der ÖVP-Bauernbund verfehlte mit 45 % und elf Mandaten die absolute Mehrheit. Die Situation erinnerte an die Landwirtschaftskammerwahlen in der Steiermark mehr als zwanzig Jahre zuvor, im Herbst 1929  : Damals war der Landbündler Karl Hartleb, der jetzige Obmann des VdU-Bundes-Agrar-Ausschusses, mit den Stimmen der Sozialisten zum ersten Präsidenten der Kammer gewählt worden. In Kärnten freilich bildete 1951 eine andere »Vierte Partei« das sprichwörtliche »Zünglein an der Waage«, nämlich der Slowenische Bauernwirtschaftsbund, mit fast 2.000 Stimmen (7,7 %) und zwei Mandaten. Die SPÖ war durchaus bemüht, eine Mehrheit gegen die ÖVP zu organisieren. Doch der Ausbruch aus dem »Koalitionskorsett« scheiterte diesmal am VdU, der sich nicht in der Lage sah, auf die von slowenischer Seite für die Wahl eines VdU-Präsidenten geforderten Konzessionen in nationaler Hinsicht, wie z.B. der Schulfrage, einzugehen. Auch wenn Hartleb an den Verhandlungen nicht persönlich teilnahm, finden sich in seinem Nachlass doch die Protokolle der entscheidenden Sitzungen. Der Kärntner VdU-Landesobmann Dr. Robert Scheuch, langjähriger Tierzuchtdirektor, war zugleich Hartlebs Stellvertreter im Bundes-Agrar-Ausschuss, außerdem Schwiegersohn des Kärntner Vorkriegs-Kammerpräsidenten und jetzigen VdU-Bundesrates Anton Supersberg95 und Großvater der Scheuch-Brüder Uwe und Kurt, die noch in der Kärntner Politik der Jahrtausendwende eine große Rolle spielten. An den Beratungen nahm auch der Kärntner Gutsbesitzer Oberst Max Stendebach teil, der wenige Monate später Herbert Kraus als VdU-Bundesobmann nachfolgte. 1) Protokoll über die Sitzung am 4. 12. 1951 um 10.30 Uhr im „Gasthof zum goldenen Brunnen“ (König) in Klagenfurt, Lidmannskygasse, der Landesverbandsleitung, des Landesagrarausschusses, der Kandidaten der Vollversammlung und der Listenführer der Bezirksbauernkammer-Ausschüsse. Anwesenheitsliste: liegt bei. Tagesordnung: liegt bei. 95 Vgl. Knut Lehmann-Horn, Die Kärntner FPÖ 1955–83. Vom Verband der Unabhängigen (VdU) bis zum Aufstieg von Jörg Haider zum Landesparteiobmann (Klagenfurt 1992) 52 f.

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Landesobmann NR Dr. Scheuch eröffnet die Sitzung und begrüsst die Anwesenden. Er beantragt, dass der Bezirk Hermagor das Mandat in die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer erhält und dass er dafür von der Liste zu streichen sei. Weiters kündigt er auch an, dass das Bundesrats- und Landesratsmandat in nächster Zeit umbesetzt werden müsse (31. 12. 1951), da Ing. Lerchbaumer und Supersperg zurücklegen. Er selbst legt die Landesobmannstelle zurück und auch den heutigen Vorsitz und beauftragt NR Gruber, den Vorsitz zu übernehmen. Gruber verlangt von Dr. Scheuch, die Beweggründe zu seinem Rücktritt bekanntzugeben. Scheuch begründet Rücktritt durch das unsachliche Verhalten verschiedener Personen in Salzburg beim Bundesverbandstag und stellt auch noch fest, dass beide Teile Schuld tragen. Gruber erwähnt, daß heute nicht das richtige Forum zur Austragung dieser Angelegenheit vorhanden sei und dass dieses Problem auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden soll. Er ersucht weiters Scheuch, er möge den Vorsitz weiter führen. Stendebach stellt die Agrarfragen und die in diesem Zusammenhang zu behandelnden Probleme in den Vordergrund und pflichtet wegen dem Vorsitz NR Gruber bei. NR Gruber stellt an Dr. Scheuch die Frage, ob es stimme, dass Dr. Scheuch behauptet hat, dass er, Gruber, diejenigen die beim Bundesverbandstag in Salzburg den Saal verlassen haben, als Schweine bezeichnet habe. Scheuch bestätigt, daß Gruber diesen Ausdruck gebracht haben soll, und sagte weiters, dass er bewusst dieses Forum für diese Angelegenheit gewählt hätte, weil es im Zusammenhang mit personellen Änderungen steht. Gruber weist Behauptung von Scheuch zurück und sagt, dass der Rufer dieses Ausspruches von ihm festgestellt wurde. Dr. Bandat regt an, LAbg. Leitgeb möge den Vorsitz übernehmen und man soll in die Tagesordnung eingehen. Leitgeb lehnt Vorsitz ab. Gruber beantragt, die Mitglieder der Landesverbandsleitung, welche nicht dem Agrarausschuss angehören, mögen einstweilen die Sitzung verlassen, damit der Agrarausschuss mit seinen Beratungen beginnen könne. Die übrigen Landesleitungsmitglieder verlassen die Sitzung und Leitgeb übernimmt nun den Vorsitz. Pirker-Feistritz berichtet, dass die SPÖ in einigen Bezirken mit der ÖVP Fühlung genommen habe. Der Bauernbund schlägt Gruber wieder als Obmann vor. Rainer schildert das Zusammentreffen mit Präs. Gruber und beantragt sachliche Behandlung in den weiteren Fragen. Ing. Angerer gibt die Gründe der Ablehnung Grubers als Präsidenten bekannt. Stendebach begrüsst es, dass die SPÖ so stark in der Vollversammlung vertreten ist und dadurch in ihrer Nur-Arbeiter-Politik etwas beeinflusst wird; er beantragt, 3 Mann zu bestimmen, welche mit dem Arbeitsbauernbund Fühlung aufnehmen sollen.

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Supersberg stellt fest, dass eine Fühlungnahme mit der SPÖ unzweckmäßig sei, da diese ihre Richtlinien von Wien erhält. Ing. Angerer stellt fest, wenn ein gemeinsames Vorgehen mit der SPÖ durch oben erwähnte Umstände nicht möglich ist, dann nur in Opposition zu gehen. Verhandlungen mit der SPÖ werden doch als irgendwie möglich bezeichnet. Ebner stellt fest, dass mit der SPÖ im Landtag schon vor der Wahl verhandelt wurde und die SPÖ in der Frage Landwirtschaftskammer uns ihre Unterstützung zugesagt hat. Er glaubt jedoch, dass die SPÖ durch unser etwas unerwartet zurückgebliebenes Stärkeverhältnis unsicher ist. Es wäre noch mit der SPÖ Fühlung zu nehmen, um den endgültigen Standpunkt zu erfahren. Kaufmann beantragt, nicht vorzugreifen und zuerst die Besetzung in personeller Hinsicht zu klären. Burgstaller ist der Meinung, dass es wesentlich ist, welche Kandidaten in die Kammer einziehen und wer als Vizepräsident vorgeschlagen wird. Scheuch pflichtet Kaufmann bei. Er teilt mit, dass die Slowenen von der ÖVP für Grubers Wiederwahl durch Gegenleistung bei der Schulfrage sichergestellt wurden. Er schlägt weiters Kaufmann als Vizepräsidenten vor und stellt fest, dass der Vizepräsident einen schweren Stand haben wird, da nicht nur allein sachliche Fragen behandelt werden, sondern mehr die Politik in den Vordergrund treten wird. Es muss erreicht werden, dass der Vizepräsident durch Referatseinteilung mehr zur Geltung kommt. Weiters beantragt er seine Streichung von der Vollversammlungsliste und schlägt Bachmann vor. In allen Bezirken, ausser Kötschach, Winklern i.M., und Wolfsberg ist das Verhalten der SPÖ ausschlaggebend. Burgstaller berichtet über Aussprache mit Landeshauptmann Wedenig 2 Tage nach der Wahl und gibt bekannt, dass Wedenig behauptet, die SPÖ hält an den vorherigen Abmachungen fest. Auch hält die SPÖ nicht mehr an dem Koalitionspakt in Kärnten fest. Die Slowenen stimmen nicht für die ÖVP. Wedenig erkundigt sich über unsere Haltung zur Frage des zweiten Vizepräsidenten. Burgstaller kann Wedenig keine Erklärung geben. Er berichtet weiters über die heutige Aussprache mit Sima – der Arbeitsbauernbund ist unter keinen Umständen für die ÖVP, er fordert jedoch Unterstützung für 2. Vizepräsidenten. In Villach ist die SPÖ nicht bereit, für unseren Kandidaten zu stimmen, es wäre jedoch möglich, wenn unsere Kandidaten in Klagenfurt und Völkermarkt die SPÖ bei der Wahl des Bezirksbauernführers unterstützen. Bachmann beantragt, dass Dr. Scheuch bleiben soll und dass durch den vorher besprochenen Mandatswechsel (Bundesrat) das Gailtal ohnehin berücksichtigt wird. Leitgeb stellt Fragen, ob die Liste so bleiben soll. Bachmann: Liste soll so bleiben. Steinwender: Das Gailtal legt Wert auf eine Vertretung. Rainer: Die Liste soll so bleiben. Wachernig: Dr. Scheuch soll in der Kammer bleiben.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Glantschnig: Die Wähler würden einen Rücktritt Scheuchs nicht gutheissen. Kaufmann ist bereit, sein Mandat zu Gunsten des Gailtales niederzulegen. Scheuch stellt fest, dass er dort bleibt, wo er hingestellt wird, stellt jedoch fest, dass er schon zu viele Ämter bekleidet und nicht mehr in der Lage ist, noch mehr Ämter dazuzunehmen. Leitgeb stellt den Antrag, alle Mandatsfragen zugleich zu klären. Kaufmann käme als Landesrat in Frage und wäre dort wichtiger als als Vizepräsident der Landwirtschaftskammer. Kohlweiss beansprucht Kaufmann für Villach und stellt die Anfrage, (ob) Präsident und Bezirksbauernführer in einer Person möglich ist oder nicht? Angerer: Es muss erst die Frage Landesrat geklärt werden, dann kann man auch über die weiteren Besetzungen beraten. Scheuch beantragt einen Eventuellvorschlag von 2 Personen im Falle des Vizepräsidenten. Leitgeb schlägt Kaufmann und Rainer vor. Burgstaller schlägt Angerer vor. Feinig beantragt geheime Abstimmung Rainer – Angerer, Es wird folgender Beschluss gefasst: Scheuch bleibt in der Kammer. Bezüglich des Vizepräsidenten ist in erster Linie Kaufmann vorgesehen – und als Zweiter wurde für alle Fälle Angerer durch geheime Abstimmung ermittelt. Abstimmungsergebnis: Angerer 17 Stimmen Rainer 11 Leer  1 Verhandlungen mit den Parteien sollen führen: Kaufmann, Angerer und Burgstaller. Leitgeb wirft die Frage des Verhaltens der Bezirke auf. Striessnig stellt fest, dass starre Richtlinien für die Bezirke nicht möglich sind. Angerer schlägt vor, in Klagenfurt für den SPÖ-Kandidaten zu stimmen (wird zugestimmt). Glantschnig-Spittal geht keine Bindung mit anderen Gruppen ein. Der Bezirk Spittal schlägt ihn als Bezirksbauernführer vor. Pirker-Feistritz Eventuellvorschlag vom Bezirk Villach – Kaufmann, Kohlweiss, Scherzer. Striessnig: Feldkirchen geht keine Bindung ein. Maier: St. Veit geht keine Bindung ein. Wagner: Völkermarkt – Vereinbarung mit der SPÖ unmöglich, da Listenführer der SPÖ ein Titoist sei und entschieden abgelehnt wird. 13.15 Uhr Mittagspause. Wiederbeginn um 14.15 Uhr. Beratungen über die Wahl des Vizepräsidenten (Wahlmöglichkei­ten)

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Leitgeb beantragt, Richtlinien für das Verhalten in den Orts-Bauernausschüssen herauszugeben. Pirker Konstantin schildert Vorsprache eines SPÖ-Mandatars und sagt, dass im Bezirk Völkermarkt die Slowenen mit der SPÖ stimmen werden. Scheuch: Es muss getrachtet werden, möglichst viele Ortsbauernführerstellen zu besetzen. Maier: Keine festen Richtlinien festlegen, sondern tüchtigste und nicht allzuviel parteigebundene Männer wählen. Den Ortsstellen Weisungen im obigen Sinne hinausgeben. Leitgeb: Die einzige Stütze bei der Wahl war die Wahlzeitung. Eine Agrarpresse ist für die Zukunft wichtig. Spricht Oberst Stendebach den Dank für die Arbeit bei der Wahlzeitung aus. Rainer begrüsst eine Bauernzeitung, aber mit Fachartikeln, welche von wirklichen Fachleuten zensuriert werden. Wagner unterstreicht dasselbe und stellt fest, dass es eine Gemeinheit der Bauernzeitung war, 2 Tage vor der Wahl einen entstellten Bericht über die Subventionen zu bringen. Knafl meint, eine Antwort auf den ÖVP-Artikel wäre notwendig gewesen. Stendebach schlägt Druckerei Walkensteiner als Möglichkeit auch für eine solche Beantwortung vor. Angerer meinte, die Vorarbeiten für eine solche Zeitung sollten sofort geleistet werden und stellt weiters fest, dass die ÖVP-Zeitung mit Genossenschaftskosten hergestellt und unentgeltlich jedem Haushalt zugestellt wurde. Brunner weist darauf hin, dass vielfach die Zustellung unserer Zeitung durch die Postämter nicht geklappt hat und unsere Wahlzeitung (oft mehrere Nummern zugleich) erst einen Tag nach der Wahl zugestellt wurden. Burgstaller erklärt, es sollen konkrete Fälle wegen dieser Mängel über die Zustellung der Wahlzeitung bekanntgegeben werden, damit eine Beschwerde bei der Postdirektion gemacht werden kann. Eine Antwort auf den ÖVP-Artikel ist wegen geldlichen und technischen Gründen nicht möglich gewesen. Der Druck war in Klagenfurt nicht möglich. Plötz wurde von Präs. Gruber zur Rechenschaft gezogen. Stimmzettelverteilung hat nicht geklappt. Er berichtet über die finanziellen Schwierigkeiten und dass ein grosser Teil der Kosten, insbesondere der Wahlzeitung, noch als Schuld offen sind. Die geforderte Bezirks-Umlage ist bei weitem nicht erfüllt worden, sie muss jedoch in diesem Monat noch erfüllt werden, ansonsten der Betrag von Plötz & Theiss eingeklagt wird. Dr. Bandat beantragt, dass Rader einen Bericht über den Bundesverbandstag geben soll. Rader berichtet darüber. Angerer beantragt, noch eine Nummer der Wahlzeitung über die Wahlergebnisse usw. herauszugeben. Die Kosten hiefür wären durch eine interne Sammlung zu decken.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Maier meint, die Wahlbetrachtungen aus Ersparungsgründen durch Rundschreiben bekanntzugeben. Burgstaller lehnt Besprechung über weiteren Zeitungsdruck ab, solange die Schuld für die Wahlzeitung nicht gedeckt ist. Gruber schlägt nochmals Druckerei Walkensteiner vor und beantragt eine gekoppelte Zeitung (Bauern/Arbeiter). Stendebach begrüsst eine Zeitung in gekoppelter Form, jedoch wäre eine Namensänderung notwendig und man soll dieses Blatt nicht als reines VdU-Organ bezeichnen. Gruber ist mit einer Namensänderung einverstanden. Kaufmann, Leitgeb und Stendebach sprechen zu Zeitungsfragen. Leitgeb berichtet über die bevorstehenden Beratungen im Landtag (Budgetberatungen). Pirker-Feistritz macht auf die Genossenschaftswahlen, die in nächster Zeit stattfinden sollen, aufmerksam, damit wir auch hier einen Einfluss gewinnen. Schluss der Sitzung um 16.30 Uhr. Anwesenheitsliste Mitglieder der Landesverbandsleitung: NR Dr. Scheuch, NR Gruber, Frau Dr. Bandat, Stendebach, Kraus, Maier, Ebner, Steinwender, Striessnig, Feinig, Brunner, Slivka, Walkensteiner, Pirker in Ponfeld, Kulterer, Pirker Konstantin, Burgstaller. Mitglieder des Landesagrar-Ausschusses: Kaufmann, Ing. Walter Angerer, Kohlweiss, Trattnig, Ing. Wagner, Wachernig, Pachmann, Pucher, Waschnig, Warmuth, Kleinsasser, Supersperg, Fritzer, Glantschnig, Rainer, Pirker-Feistritz, Eixelsberger, Ing. Gfrerer, Knafl. 2) Klagenfurt, den 5. 12. 1951. (Betrifft  : Bekanntgabe der gewählten Landwirtschaftskammerräte) Gesch.Z.: II E 400 An die VdU-Bundesverbandsleitung in Salzburg. Betrifft: Bekanntgabe der gewählten Landwirtschaftskammerräte. Wir geben nachstehend die Namen der gewählten Landwirtschaftskammerräte bekannt:

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I.

Vollversammlung der Landwirtschaftskammer:

Dr. Robert Scheuch, Mühldorf 30 im Mölltal, Wilhelm Kaufmann, Bauer in St. Ruprecht bei Villach, Hans Rainer, vlg. Mente in Latschach, Post St. Georgen a. Längsee Roman Waschnig, ins. Lach in Reisberg, Post St. Stefan i. Lav. Ing. Walter Angerer, Moorhof bei Moosburg, Ing. Siegfried Wagner in Feistritz bei Bleiburg. II. Bezirksbauernkammern: 1.) Klagenfurt: Ing. Walter Angerer, Moorhof bei Moosburg Josef Schmied, vlg. Blase in Arndorf, Post Maria Saal 2.) Feldkirchen: Hans Eixelsberger, vlg. Teichhüter in Tschachitsch Friedrich Lax, vlg. Schiestl in Ebene Reichenau Karl Huber, vlg. Halle in Friedlach. 3.) Hermagor: Hans Steinwender, Bauer am Lerchenhof in Untermöschach Gabriel Walcher, vlg. Kropfitsch in Dragantschach Hans Kerschbaumer, vlg. Amtmann in Möderndorf 4.) Kötschach: Josef Warmuth, Bauer u. Gastwirt in Würmlach, Post Mauthen Peter Mascher, vlg. Oberringer in Oberring, Post Liesing 5.) Spittal a.d.Drau: Anton Glantschnig, vlg. Passhuber in Mallnitz Karl Egarter, vlg. Egarter in St. Peter-Edling Johann Hartlieb, vlg. Wedl in Pusarnitz Johann Kleinsasser, vlg. Wieser in Baldramsdorf 6.) St. Veit an der Glan: Hermann Wachernig, vlg. Eicher, Oberdorf, Post St. Salvator Karl Knafl, Pörlinghof, Kraig bei St. Veit an der Glan Gottlieb Hofer, vlg. Zechner in St. Jakob-Strassburg

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Thomas Telsnig, vlg. Jaklbauer in Gunzenberg, Gmde. Rabing Roman Labak, vlg. Bernle, Filfing, Gmde. Klein-St.Paul 7.) Villach: Wilhelm Kaufmann, Bauer in St. Ruprecht bei Villach Anton Berlin, vlg. Jaklitsch, Geritschach/Finkenstein Hans Kohlweiss jun., vlg. Knier in Buchholz bei Arriach Josef Ertl, vlg. Scherzer in Lauen/Weissenstein 8.) Völkermarkt: Hubert Manner, Pächter, Gut Hirschenau in Griffen Josef Kometter, vlg. Plassnig, Linsendorf, Post Gallizien 9.) Winklern im Mölltal: Johann Schrall, vlg. Fellner in Mörtschach/Lassach 10.) Wolfsberg: Rudolf Pucher, vlg. Müller in St. Georgen Otto Reitmeier, Bergbauer in Pölling Josef Grässl, vlg. Buggelbauer in Preitenegg Mit Verbandsgruss ! 3) Protokoll über die Sitzung des Agrarausschusses am 11. 12. 1951 um 10.00 Uhr im Gasthof „zum goldenen Brunnen« (König) in Klagenfurt, Eidmannskygasse. Anwesende: NR Gruber, Leitgeb, Ebner, Kaufmann, Ing. Angerer, Ing. Gfrerer, Kulterer, Rainer, Ing. Lerchbaumer, Striessnig, Feinig, Stendebach und Burgstaller. Tagesordnung: liegt bei. NR Gruber eröffnet die Sitzung und begrüsst die Anwesenden. Er berichtet über eine Aussprache mit NR Steiner (SPÖ) in Wien. Steiner teilte ihm mit, dass die SPÖ für unseren Kandidaten als Präsidenten in der Landwirtschaftskammer stimmen werde und dass auch die Slowenen sich für unseren Kandidaten entscheiden, wenn den Slowenen gegenüber folgende Forderungen erfüllt werden: 1.) Eine slowenische Landwirtschaftsschule im gemischtsprachigen Gebiet, 2.) ein slowenischer Beamter in der Landwirtschaftskammer,

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3.) eine Virilstimme in der slowenischen Genossenschaftsvertretung. Burgstaller berichtet über eine neuerliche Aussprache LAbg. Sima, welcher Burgstaller zu gleicher Zeit die neuerlichen Forderungen der Slowenen bekanntgibt, die folgend sind: 1.) Eine slowenische Landwirtschaftsschule im gemischtsprachigen Gebiet, 2.) ein, zwei Beamte in die Landwirtschaftskammer und je 2 Angestellte in die Bezirksbauernkammern Villach, Klagenfurt und Völkermarkt, 3.) eine Virilstimme in der slowenischen Genossenschaftsvertretung, 4.) dass der VdU in der Schulfrage seine derzeitige Haltung aufgibt. Burgstaller betrachtet die Stelle unseres Präsidenten (im Falle der vorerwähnten Wahl) als unmöglich. Stendebach spricht sich dahin gehend aus, dass dem Punkt 1 der slowenischen Forderungen, sich für eine slowenische Landwirtschaftsschule einzusetzen, ohne weiteres zuzustimmen wäre, da dieses Recht den Slowenen schon im Jahr 1920 durch die Minderheitenregelung zugesichert wurde. Alle anderen Forderungen sind unannehmbar. Lerchbaumer berichtet über eine Aussprache mit Landesh. Wedenig, der ihm gegenüber nochmals behauptete, die SPÖ halte an den mit dem VdU getroffenen Abmachungen fest. Ebner beleuchtet die Forderungen der Slowenen in der Schulfrage und betont, dass die Slowenen diese Position dann automatisch ausnützen würden. Wegen der Forderung der Angestellten-Posten können keine Zugeständnisse gemacht worden. Wir sollen, ohne eine Bindung irgendwie mit anderen Gruppen einzugehen, die Kandidatur Kaufmann allein bestreiten. Rainer: Eine Bindung mit den Slowenen ist unmöglich, da diese späterhin zu Verpflichtungen führen würde. Burgstaller stellt fest, dass die Wahl des Präsidenten laut Gesetz nicht geheim durchgeführt werden muss. Die ÖVP hat für die Wahl des Präsidenten und der beiden Stellvertreter bereits eine eigene Berechnung aufgestellt. Von der Genossenschaft wird wieder Matschnig als Vertreter entsendet. Ing. Angerer kritisiert die Machenschaften der Genossenschaft und stellt fest, dass der Genossenschaftsvertreter für die Landwirtschaftskammer erst in einer Vollversammlung gewählt werden müsse. Kaufmann spricht sich dahin gehend aus, dass die Forderung nach einer slowenischen Landwirtschaftsschule über kurz oder lang nicht zu umgehen ist. Wir sollen uns in dieser Situation fernehalten, weil dies für uns späterhin nur Nachteile bringen würde. Er regt weiterhin an, man solle mit der SPÖ dahin gehend verhandeln, dass diese ihre Stimmen bei der Wahl des Präsidenten dem ÖVP-Bauernbund gibt und sie dafür den

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2. Vizepräsidenten erhalten. Unter diesen Umständen wäre die Zusammensetzung des Präsidiums seines Erachtens am glücklichsten. Bei diesen Voraussetzungen wäre es uns dann auch möglich, bei der Bestellung des Kammeramtsdirektors fruchtbringend mitzuwirken. Striessnig berichtet, dass ÖVP-Gruber vergangenen Sonntag vom Bauernbund wieder als Präsident vorgeschlagen wurde, Gruber aber zu gleicher Zeit seine Landesobmannstelle in der ÖVP zurücklegen soll. Dies wäre für uns auch ein Vorteil, da heute Gruber der einzige ist, der die ÖVP in Kärnten noch wirklich zusammenhält. Leitgeb erachtet die Stelle des Präsidenten für uns als wertvoll, jedoch unter diesen Umständen als nicht für möglich. Stendebach betrachtet es als sehr wichtig, dass wir im Präsidium zu einem grösseren Einfluss kommen: Irgendwelche Abmachungen mit der ÖVP sind nicht empfehlenswert, da diese in ihrer Haltung immer sehr undurchsichtig ist. Ebner schlägt vor, Gruber zu wählen, um damit in der Frage des 2.Vizepräsidenten eine Entscheidung für die SPÖ zu erreichen. Burgstaller betrachtet die Wahl Grubers als unmöglich. Gruber weist darauf hin, dass niemand eine Gewähr dafür gibt, dass die ÖVP Abmachungen nach der Wahl des Präsidenten einhält. Es wäre nicht zweckmässig, mit der ÖVP eine schriftliche Vereinbarung zu machen. Die SPÖ könnte es tun. Kaufmann: Die ÖVP wird weitere Forderungen stellen und wird in den Bezirken Villach und Klagenfurt den Bezirksbauernführer beanspruchen. Gruber ersucht Feinig, als besonderen Kenner des gemischtsprachigen Gebietes, über die Slowenenfrage einen Bericht zu geben. Feinig berichtet, dass seiner Meinung nach gegen eine slowenische Landwirtschaftsschule nichts einzuwenden wäre und dass diese Forderung, wie schon früher erwähnt, nicht aufzuhalten ist. Eine Änderung unserer Haltung in der gesamten Schulfrage kommt nicht in Frage. Wegen der Forderungen der je 2 Angestellten für Villach, Klagenfurt und Völkermarkt stellt er fest, dass jede Bezirksbauernkammer nur 4 Angestellte im ganzen hat und somit die Hälfte der Angestellten Slowenen wären. Die Virilstimme in der Genossenschaftsvertretung könnte den Slowenen ohne weiteres zugestanden werden. Leitgeb beleuchtet die Sache dahin gehend, dass es hier nicht um eine Fachschule in slowenischer Art geht, sondern um einen rein slowenischen Stützpunkt. Er wirft auch die Frage auf, man soll in Erfahrung bringen, wie sich die SPÖ gegenüber dem ÖVP-Kammerrat Maierhofer verhält. Er regt an, Maierhofer als Kammerpräsidenten vorzuschlagen und zu trachten, (von) einigen ÖVP-Kammerräten die Stimmen dazu zu gewinnen, damit Gruber durchfällt. Ing. Angerer stellt fest, dass die Vollversammlung schon in der nächsten Woche einberufen wird. Er stellt zu gleicher Zeit fest, dass ohne Vereinbarung die Wahl zum Kammerpräsidenten folgendes Aussehen haben würde :

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11 ÖVP   6 VdU   7 SPÖ da die Slowenen sicherlich mit der SPÖ stimmen. Wegen einem 2.Wahlgang (Stichwahl) ist das Gesetz nicht ganz eindeutig und wird Burgstaller beauftragt, sogleich mit der Landeswahlbehörde Rücksprache zu pflegen. Ing. Gfrerer: Sämtliche Slowenen-Forderungen sind nicht zu akzeptieren. Er stellt fest, dass Maierhofer als Fachmann annehmbar wäre. Kaufmann spricht sich dahin gehend aus, dass er auch Maierhofer nicht wählen könne, und zwar wegen der Haltung, die Maierhofer bei der letzten Genossenschaftswahl gezeigt hat. Maierhofer hatte damals erklärt, dass ihn ÖVP-Gruber ersucht habe, auf eine Wahl in die Genossenschaft zu verzichten, obwohl er gewünscht wurde. Leitgeb sagte, man solle sich nicht endgültig entscheiden, um eine Möglichkeit offen zu lassen und auch mit den Slowenen weiterhin unverbindlich über die SPÖ verhandeln. Burgstaller berichtet, dass laut Rücksprache mit der Landeswahlbehörde festgestellt wurde, dass bei der Wahl des Kammerpräsidenten die einfache Stimmenmehrheit genügt und entscheidet. Die ÖVP ist bestrebt, sämtliche Bezirksbauernführer zu stellen. In den Bezirken Spittal, Hermagor, Feldkirchen und St.Veit a.d.Glan sollen wir jedoch alles daransetzen, um eine Entscheidung durch das Los zu erreichen, wir sollen weiterhin keinerlei Konzessionen in der slowenischen Schulfrage machen, da diese als eine slowenische Festung im Volkstumskampf Verwendung finden wird. Gruber übergibt den Vorsitz an Leitgeb (nach Wien). Kulterer gibt bekannt, dass es seines Erachtens notwendig wäre, die ÖVP dahin gehend zu bewegen, dass diese einen anderen Präsidentschaftskandidaten aufstellt. Leitgeb regt an, in der nächsten Zeit wieder eine Agrarausschuss-Sitzung einzuberufen und hier dann gleich zu wichtigen Fragen eingehende Berichte auszuarbeiten. Tagesordnung für die nächste Agrarausschuss-Sitzung: 1.) Organisation – Berichterstatter Kaufmann/Leitgeb. 2.) Das Milchproblem – Berichterstatter Ebner/Angerer. 5.) Slowenenfrage – Berichterstatter Angerer/Striessnig. Leitgeb ersucht die Vorgenannten, bis nächste Woche jeweils dieses bestimmte Referat auszuarbeiten. Burgstaller berichtet, dass für die Wahlzeitung noch ein Schuldbetrag von S 21.000 offen ist und er praktisch persönlich die Haftung dafür übernommen hat. Es muss jedenfalls getrachtet werden, dieses Geld noch bis Ende des Jahres aufzubringen, da sonst die Druckerei diesen Betrag einklagen wird.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Ende der Sitzung um 15.45 Uhr.

Der VdU hatte in den Verhandlungen über eine Dreierkoalition gegen die ÖVP eine bemerkenswerte Zurückhaltung an den Tag gelegt. Welche Strategie zumindest ein Teil seiner Fraktion damit verfolgte, lässt sich aus den Ereignissen um die Wahl des Kammerpräsidenten ablesen  : Bei der Eröffnung der ersten frei gewählten Kammer der Nachkriegszeit am 29. Dezember 1951 stimmte jede Fraktion für ihren eigenen Kandidaten (Kaufmann für den VdU, Steiner für die SPÖ, Ogris für die Slowenen). Die ÖVP erreichte mit ihrem bisherigen Präsidenten (und Kärntner Parteiobmann) Hermann Gruber folglich nur die relative, nicht die absolute Mehrheit. Nun war in der Wahlordnung nicht ausdrücklich von der absoluten Mehrheit die Rede, sondern bloß von der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die ÖVP betrachtete Gruber somit als gewählt  ; die anderen Fraktionen schlossen sich dieser Auffassung vorhersehbarerweise nicht an. Die Kammer drohte deshalb arbeitsunfähig zu werden. Hinter den Kulissen wurde über ein Junktim verhandelt  : Die SPÖ war an einer Novellierung des Landarbeiterkammergesetzes interessiert, das mithelfende Familienangehörige vom Wahlrecht ausschloss – und an der Stelle des 2. Vizepräsidenten der Kammer, der nach dem d’Hondt’schen System normalerweise wiederum der ÖVP zugefallen wäre. Die Slowenen brachten ihre oben schon angeführten Forderungen ins Spiel. Der VdU hingegen ließ durchblicken, er wäre sofort bereit, mit der ÖVP eine »solide Mehrheit« zu bilden, wenn die ÖVP bloß statt Gruber (der als »linientreuer« Schwarzer und Repräsentant des Ständestaates galt) ihren Kammerrat Valentin Maierhofer kandidieren würde, der als ehemaliger Landbündler und Vertreter der nationalen Randschichten galt, ähnlich wie Steinacher im Landtag. Bei diesem Lizit setzte sich die Solidarität der Koalitionsparteien allen anfänglichen Anfechtungen zum Trotz noch einmal durch  : Landeshauptmann Wedenig berief einen – rechtlich umstrittenen – zweiten Wahlgang ein, bei der am 9. Februar 1952 Gruber mit 18 von 24 (sprich  : allen außer den VdU-)Stimmen bestätigt wurde. Eingerahmt wurde Gruber von den zwei Vertretern des nationalen Lagers aus zwei verschiedenen Parteien  : Kaufmann wurde zum 1., Maierhofer zum 2. Vizepräsidenten gewählt.96 Exkurs  : Zur Abrundung des Bildes der VdU-Agrarpolitik seien an dieser Stelle noch zwei Dokumente aus der Feder des oberösterreichischen ehemaligen Landbund- und nunmehrigen VdU-Landtagsabgeordneten Alois Maier eingefügt, die einerseits den schwierigen Interessenausgleich mit dem Konsumentenstandpunkt des Arbeitneh96 Vgl. die Berichterstattung der NF 5. 1., 9. 2. u. 16. 2.1952.

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merflügels beleuchten, andererseits die Gründung des Allgemeinen Bauernverbandes (ABV), der politisch ähnliche Wurzeln aufwies wie die »Unabhängige Bauernschaft«, sich jedoch mit einer rein agrarischen Standesvertretung tatsächlich von allen »Volksparteien« unabhängig machen wollte.97 4) Landesagrarausschuß des VdU Oberösterreich – Stellungnahme zur Anfrage des Soz. u. Gewerkschafts-Ausschusses  : „Wie weit der Agrarausschuß der Forderung der Preissenkung nachgekommen ist.“ Der L.A.A. des VdU hat in seiner Eigenschaft und seinem Aufgabenbereich als Vertreter der Bauern im VdU keine Möglichkeiten, von sich aus eine Preissenkung durchzuführen, Der L.A.A. im VdU hat lediglich die gleichen Möglichkeiten als wie der Soz. u. Gewerk.-Ausschuß, diese bestehen darin, Forderungen zu stellen, Anträge auszuarbeiten und diese dann an die Landesleitung bzw. Mandatare des VdU zu ihrer Vertretung an der hiezu maßgebenden Stelle zu übermitteln. Die Preise für fast alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind vom Wirtschaftsdirektorium festgelegt und sind derzeit so erstellt, daß eine Forderung nach einer Preissenkung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise seitens des L.A.A. nicht in Erwägung gezogen werden könne. Preisverhältnis bzw. Preisrelation zwischen landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen und den Preisen der Bedarfsgüter der Landwirtschaft sind derzeit auch nach dem letzten Lohn- und Preisabkommen noch immer äußerst ungünstig für die Landwirtschaft. Als Beweisführung diene folgendes, das ich aber mit folgender Tatsache noch untermauern muß: Allgemein bekannt ist, daß im Jahre 1944 der Reichsminister für Landwirtschaft in Deutschland, Darré, über Nacht seines Postens enthoben und durch Backe ersetzt worden ist. Nicht bekannt wurde damals die Ursache der Absetzung Darrés, welche folgende war: Darré hielt anläßlich einer Bauernführertagung eine Rede, in welcher er folgende Feststellung machte: Die deutsche Landwirtschaft erzeugt derzeit Güter im Werte von 7 Milliarden Mark, erhält hiefür jedoch nur einen Betrag von 4 1/2 Milliarden ausbezahlt. 2 1/2 Milliarden Mark müssen wir jährlich der Landwirtschaft von dem ihr rechtmäßig zustehenden Einkommen vorenthalten. Durch die Kriegführung sind wir leider dzt. gezwungen, diese ungerechte Steuer der Landwirtschaft aufzuerlegen, wir müssen von der deutschen Landwirtschaft dieses Opfer als Kriegsbeitrag fordern. 97 Die offizielle Gründungsversammlung fand dann erst am 12. Oktober 1952 in Linz statt, vgl. Walter F. Kalina, »Auf Bauer – wehr Dich  !« Der Allgemeine Österreichische Bauernverband – die Agrarrebellen der Zweiten Republik (Graz 2008) 36–40.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Die Richtigkeit dieser Feststellung Darrés wurde damals anerkannt, Darré jedoch wegen seiner kriegszersetzenden Rede seines Postens enthoben. Diese Feststellung Darré beinhaltet, daß damals der deutschen Landwirtschaft ihre Erzeugnisse lediglich mit 64 % bezahlt wurden und die restlichen 36 für Kriegszwecke vom Staate beansprucht wurden. Trotz diesem mit nur 64 % bezahlten Einkommen der Landwirtschaft waren die Preisverhältnisse wesentlich günstiger, als wie sie derzeit gegeben sind. Beispielsweise hatte 1 kg Weizen 1940 folgende Kaufkraft: 7,2 Mauerziegel – dzt. 4 1 kg Zement – dzt. 45 dkg. 1,6 kg. Eisen – dzt. 0,30–0,60 2 kg Kalkamonsalpeter – dzt. 1.6 kg 6 kg Kali – dzt. 4 kg usw. Für alle diese Bedarfsgüter ist dzt. eine 30–50 % höhere Aufwendung unserer Erzeugnisse notwendig. Für Maschinen z.B.: Ein Cormick-Pferderechen 1940 = 480 kg. Weizen, dzt. 1.250 kg. Eine Melkmaschine 1940 ca. 3.400 kg Weizen – 1952 ca. 5.200 kg Weizen usw. Auch auf diesem Gebiet der Technisierung der Landwirtschaft herrschen äußerst ungünstige Preisverhältnisse, welche sich als sehr hemmend auf die notwendige Technisierung der Landwirtschaft auswirken. Wenn es gelingen sollte, dieses damals für die Landwirtschaft herrschende Preisverhältnis von 64 % wieder herzustellen, besteht ohneweiters die Möglichkeit, daß von Seiten des L.A.A. die Forderung und der Kampf um eine gerechte Preisrelation als abgeschlossen gilt und dass die restlichen 36 % des der Landwirtschaft zustehenden Einkommens zur Hebung der Sozialen Lage zur Verfügung gestellt werden. Angesichts des derzeit herrschenden Zustandes wie Wohnungsnot und dergleichen ist die Landwirtschaft auch jetzt bereit, so wie im Kriege, auf einen Teil des ihr zustehenden Einkommens zu verzichten. Das vorstehend angeführte Preisverhältnis mit Weizen ist eines der günstigsten, welches zu erstellen ist, wird aber bei einem Vergleich mit Milch wesentlich ungünstiger. Milcherzeugerpreis S 1,40 bei 3,5 % Fett. Bei einem großen Teil der österreichischen Landwirtschaft, hauptsächlich aber beim Gebirgsbauern, ist die Milchproduktion seine Haupteinnahme, damit seine Existenzgrundlage. Die wirtschaftliche Lage des Gebirgsbauern ist auch demnach dzt. eine äußerst schwierige und es wäre unbedingt angebracht, eine Preissenkung für die Bedarfsgüter der Gebirgsbauern in erster Linie ins Auge zu fassen. Die Bedarfsgüter des Gebirgsbauern sind zum Teil andere als wie jene der gemischten oder allseitigen Flachlandbetriebe. Insbesondere ist der Gebirgsbauer angewiesen Eiweißfuttermittel zuzukaufen, Leinkuchenmehl, Kleie u.dgl. Für 1 kg Butter erhielt der Gebirgsbauer in der Regel immer 25 kg Kleie, dzt. 12 kg–15 kg Kleie. Großhandelspreis S. 1,22 – Kleinhandel bis S. 1,90! Ein unmögliches Preisverhältnis be-

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steht in diesem Falle auch zwischen dem Grundprodukt Weizen und Abfallprodukt Kleie, welche derzeit infolge der vorgeschriebenen, hohen Ausmahlvorschriften minderwertig ist. 1935 z.B. Weizenpreis 35–38 Groschen. Kleiepreis 11–12 Groschen. 1 kg Weizen damals 3 kg Kleie – dzt. Weizenpreis S. 1,95 – Kleiepreis bis S 1,90. 1 kg Weizen bis 1,4 kg Kleie! Preise festgelegt ! Zurückkommend auf die Preissenkung ist eine solche zwar ohne Reklame bei Fleisch eingetreten, infolge Verbot des von den Fleischhauern freiwillig bezahlten Aufgeldes welches S. 2–3 per kg Lebendgewicht betrug. Die Fleischpreise wurden damit um 2–4 S. gesenkt. Hingegen aber nimmt die Aufwärtsentwicklung der Preise für verschiedene landwirtschaftliche Bedarfsgüter, hauptsächlich Maschinen, ihren Fortgang und zwar rapid. So kostete der Jenbacher Stallmist-Streuer Type SMS 50 im Dezember 1951 S. 9.200,–, im Jänner 1952 S. 11.050,– und seit 19.Februar S.13.730,–. Bestimmt eine spürbare Preiserhöhung für die Landwirtschaft im Zuge und Zeitalter der allgemeinen Preissenkung. Angesichts einer solchen Preisentwicklung ist es natürlich absurd, daß sich der L.A.A. mit einer Senkung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise auch nur befassen könnte. So sehr wir eine Preissenkung aller Produkte begrüßen und auch dahin gehend jederzeit gewillt sind mitzuarbeiten, so muß die Preissenkung dort beginnen, wo überhöhte Preise offensichtlich gegeben sind. Bei den Erzeugerpreisen der Landwirtschaft ist dies derzeit nicht der Fall. Dringend angebracht dürfte es jedoch sein, daß man sich mit den übermäßig hohen Zwischenspannen verschiedener lebensnotwendiger Nahrungsmittel, welche man dzt. Verarbeitungskosten nennt, befaßt. Da aufgrund dieser hohen Zwischenspannen bzw. Verarbeitungskosten die Verbraucherpreise sich ergeben, diese lediglich den Konsumenten berühren, ist es in erster Linie Sache des Sozial- und Gewerkschaftsausschusses, sich mit solchen Angelegenheiten zu befassen. In diesem Zusammenhang muß ich auf den Brotpreis in Österreich hinweisen, wo wir folgendes Verhältnis haben: 1 kg Brotmehl kostet dem Bäcker zugestellt S. 2,08. Dieses kg Mehl, auf Brot verarbeitet, kostet, da aus einem kg Mehl 1,28 kg Brot bei den derzeit geltenden Backvorschriften erzeugt werden, das kg Brot mit einem Preis von S 3,50 festgelegt ist, S. 4,41! Die Verarbeitungskosten inklusive Steuern und Gewinn betragen beim Schwarzbrot 113 % Ein kg Korn kostet S. 1,75. Aus diesem kg Korn werden bei den dzt. gültigen Ausmahlvorschriften 0,8 kg Mehl erzeugt, diese ergeben 1,008 kg Brot, das nunmehr S. 3,50 kostet. In dieser Berechnungsgrundlage tritt eine Verteuerung durch die Verarbeitung von mehr als 100 % ein. Auf der Vergleichsgrundlage von 1 kg Brotmehl, welches dzt. S. 2,08 kostet, zu 1 kg Brot, das S. 3,50 kostet, tritt in Österreich eine Verteuerung von 68 % ein. Merkwürdigerweise ergibt sich auf ebensolcher Vergleichsgrundlage von 1 kg Brotmehl

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zu 1 kg Brot in der Schweiz eine Preisspanne von 10 %, in Westdeutschland von 18 %, in Dänemark von 13 % usw. Eine Preisspanne von über 20% konnte ich in den westeuropäischen Staaten, soweit ich mir die Unterlagen beschaffen konnte, nicht feststellen. Warum gerade Österreich eine derart hohe Preisspanne bei Schwarzbrot notwendig hat, dürfte sich schwerlich begründen lassen. Diese Preise wurden einvernehmlich zwischen Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund und der Innung Mehlverarbeitende Betriebe festgelegt und sind vom Wirtschaftsdirektorium genehmigt. Während bei der Neufestsetzung der Brotgetreidepreise im Juli 1951 Monate dauernde Verhandlungen notwendig waren, wobei die gesamte öffentliche Meinung gegen die Landwirtschaft als die Preistreiber u.d.gl. mobilisiert wurde, hat diese unverhältnismäßig hohe Brotpreiserhöhung kaum eine Diskussion in der öffentlichen Meinung und in der Presse ausgelöst. Von Seite des Soz. u. Gewerk. A. dürfte es eher angebracht sein, an den Gewerkschaftsbund und an die Arbeiterkammer als die Ersteller des Brotpreises die Anfrage zu richten, inwieweit diese der Forderung der Preissenkung nachgekommen sind. Bei den Vergleichsziffern mit anderen Staaten dürfte beim Gewerkschaftsbund eine ziemliche Verlegenheit eintreten. Beim L.A.A. hingegen ist diese Anfrage eine willkommene Gelegenheit, auf die unhaltbar gewordenen Preiszustände in der Landwirtschaft beim Sozial-und Gewerkschaftsausschuß einmal hinzuweisen. Eine einvernehmliche Lösung dieser Probleme ist notwendig. Das in Österreich erzeugte Getreide, Fleisch usw. ist derzeit für den österreichischen Konsumenten am billigsten, denn alle uns umgebenden Staaten haben durchschnittlich höhere Agrarerzeugerpreise als wie die öst. Landwirtschaft. Wenn es demnächst notwendig sein wird, um den Brotbedarf zu decken, ausländisches Getreide einzuführen, wird der öst. Staat erhebliche Beträge aus öffentlichen Mitteln zuwenden müssen, um das Brot zum gleichen Preis als wie jenes von der öst. Landwirtschaft erzeugte Brot an den Konsumenten abgeben zu können. Nebst den Getreidepreisen liegen auch die Schweinepreise in Österreich tiefer. So mußten im Herbst 1951 anläßlich der Schweinefleisch-Knappheit importierte Schweine mit S. 2,– bis 3,– per kg Lebendgewicht vom Staate gestützt werden, um diese zum gleichen Preise als die Inlandschweine abgeben zu können. Angesichts einer derartigen Sachlage ist es natürlich unmöglich, eine Preissenkung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise ins Auge zu fassen, da alle westeuropäischen Staaten höhere Agrarpreise als wie Österreich haben, die Bedarfsgüter der Landwirtschaft hingegen in den uns umgebenden Staaten wesentlich tiefer liegen, als wie dies in Österreich der Fall ist. Importierte landwirtschaftliche Maschinen unterliegen heute in Öst. äußerst hohen Zollabgaben. So unterliegt derzeit ein aus Deutschland importierter Traktor einem Zoll von S. 13,– per kg, wobei dann noch ein Fixbetrag in der

Kärnten

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Höhe von S. 3,000–S. 4.000 zu entrichten ist, so daß bis zu 40 % des Gesamtkaufpreises der Maschine der öst. Staat einkassiert. Das ungünstigste Preisverhältnis der europäischen Staaten hat die öst. Landwirtschaft. So benötigt der Bauer in Westdeutschland zum Ankaufe einer landwirtschaftlichen Maschine in der Regel 30–45 % weniger seiner landwirtschaftlichen Erzeugnisse als der österreichische Bauer hiefür aufwenden muß. Desgleichen oder ähnlich sind die Verhältnisse in allen westeuropäischen Staaten und dürften in den Ver. Staaten Nord ihren Höhepunkt haben, wo der Bauer bereits um 12.000 Liter Milch einen Traktor mit 20 PS erstehen kann. Die ungesund hohen Preise für landwirtschaftliche Maschinen wirken sich äußerst hemmend für die Rationalisierung der öst. Landwirtschaft aus. Österreich hat bei 340.000 rein landwirtschaftlichen Betrieben dzt. 18.000 Traktoren. Also erst 5 % der österreichischen Landwirtschaftsbetriebe haben einen Traktor. Diese günstige Preisrelation Amerikas ist für Österreich natürlich nicht zu erreichen. Es müßte jedoch möglich sein, der Preisrelation Westdeutschlands annähernd gleichzukommen. Die Voraussetzungen hiefür sind, daß die Landmaschinen-Industrie sich vereinfacht, d.h. sich auf eine brauchbare allen Anforderungen entsprechende Maschine spezialisiert, diese im Fließbandverfahren herstellt und preisgerecht auf den Markt bringt. Nicht wie es derzeit der Fall ist, diese in Werksmannarbeit herstellen muß, was bekanntlich die Produktionskosten und damit den Preis der Maschine wesentlich erhöht. Andererseits ist auf dem Gebiet der Landwirtschaft in erster Linie auf eine Erhöhung der ha-Erträge hinzuarbeiten, welche den Schlüssel der Rentabilität des Betriebes und auch damit den Preis des erzeugten Produktes erstellt. Wenn bei einer Brotgetreide-Anbaufläche von 300.000 ha Erträge von 4.000 kg erreicht würden, wäre der Gesamtbrotgetreidebedarf Österreichs gedeckt. Die Möglichkeit, dies zu erreichen, haben verschiedene Betriebe unter Beweis gestellt. Hiezu sind die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, in erster Linie müssen die notwendigen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, um eine intensive Wirtschaft aufbauen und betreiben zu können. Technisch hochwertige und preisgerechte Maschinen, welche eine intensive Bodenbearbeitung, die Voraussetzung für hohe Erträge ist, in kurzer Arbeitszeit ermöglichen. Hochwertiges Saatgut, eine entsprechende und preisgerechte Menge von Kunstdünger. Alles dies ist derzeit für die Landwirtschaft unmöglich, da es in erster Linie an dem nötigen Bargeld, bedingt durch das ungünstige Preisverhältnis, in zweiter Linie an der Möglichkeit der Beschaffung von Krediten zu einem annehmbaren Zinsfuß mangelt. Angesichts des Arbeitsleistungs-Index, bei dem die öst. Landwirtschaft die Spitze mit über 100 % Leistung hält, das heißt, die öst. Landwirtschaft hat dzt. 30 % weniger Arbeitskräfte als während und vor dem Kriege und hat mit diesen 70 % Arbeitskräften eine Produktionskapazität von 90 % erreicht. Es ist äußerst bedauerlich, daß bei dieser Arbeitsleistung und jenen Preisen, welche die Landwirtschaft erhält, ein vollkommen verzerrtes Bild in weiten Kreisen der Bevölkerung entstanden ist und derzeit schon deutlich der Weg – in den Abgrund des Klassenkampfes – beschritten wird.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Angesichts der Nettolöhne und Gehälter der öst. Arbeiter u. Angestellten finde ich es begreiflich, daß die berechtigte Forderung nach einer Preissenkung aller ihrer Bedarfsgüter einschließlich der Lebensmittel immer vordringlicher wird. Eine gerechte Preisrelation zu erstellen, bei welcher alle Berufsgruppen das auf Grund ihrer Arbeitsleistung ihr zustehende Einkommen gewährleistet, soll unsere gemeinsame Hauptaufgabe und unser Ziel sein. Eine Preissenkung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise derzeit auch nur zu erwägen ist angesichts der in dieser Stellungnahme angeführten Tatsachen und Beispiele nicht möglich und kann daher in dem von Ihnen geforderten Sinne nicht diskutiert werden (Wels) 25.3.52 Maier L.A.A. 5) Bericht über den Allgemeinen Bauernverband (31.Mai 52) Alois Maier, Bichlbauergut, Roitham bei Gmunden. Vors. d. LAA Ob.Öst. An den Bundesagrarausschuss des VdU in Wien I. Bei der am 3l. Mai 1952 in Linz stattgefundenen Konstituierung bzw. vorbereitenden Sitzung zur Gründung eines überparteilichen Bauernverbandes waren 24 Vertreter aus allen Bundesländern, mit Ausnahme von Vorarlberg, anwesend. Allgemeine Stimmung: Gründung eines solchen Verbandes ist unbedingt notwendig und auch auf Grund der Einstellung der Parteien zu den agrarischen Fragen und Problemen unerlässlich, um auf die Parteien nun endlich einen Einfluss und einen Druck ausüben zu können. Von den Anwesenden waren der weitaus grösste Teil national eingestellte Bauern, so unter anderem einige ehemalige Kreisbauernführer, als Vorsitzender der KBF Huemer aus Scharten bei Wels, der ehemalige Gaujugendführer Zauner aus Neuhofen an der Krems, Kreisbauernführer Feitzlmayer aus Hörsching, der ehemalige Stabsleiter der Landesbauernschaft Dr. Butschek und andere mehr aus Oberösterreich. Aus Steiermark, Kärnten, Tirol, Niederösterreich, Wien und Burgenland waren ebenfalls Vertreter hier, welche mir mit einer Ausnahme des Kärntner Vertreters, welcher mir mitteilte, dass er in der BAA-Sitzung in Klagenfurt war und mich kenne, nicht bekannt waren.

Kärnten

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Von Seite der ÖVP waren ebenfalls Vertreter anwesend, und zwar der mir persönlich bekannte Ökonomierat Wagenhofer aus Leonding, sowie ein BBK-Rat aus Melk. Gefühlsmässig hatte ich jedoch den Eindruck, dass ungefähr 6–8 der Teilnehmer der ÖVP nahestehen oder dieser angehören. Als Referenten waren Mozina, Zangl, Zauner und ein Bauer aus Wien, dessen Namen ich nicht mehr weiss. Inhalt der Referate: Schwere Angriffe auf alle Parteien betreffs ihrer bäuerlichen zum Teil direkt feindlichen Einstellung, bei welcher Kritik der VdU vielleicht noch am besten hinweggekommen ist, in dem Sinne, dass man den beiden bäuerlichen Vertretern Hartleb und Dr. Scheuch Fähigkeiten und guten Willen nicht abgesprochen hat, den VdU jedoch in seiner Gesamteinstellung und Propaganda mehr als eine Arbeiterpartei bezeichnen muss. Dass man im VdU ja auch bestrebt ist, den bäuerlichen Einfluss möglichst zurückzudrängen, wobei man auch Oberösterreich beispielgebend zwischen den Wörtern hinstellte in dem Sinne, dass auch der VdU, falls er die Möglichkeit hat oder sich diese bietet, einen durch Tod abgegangenen Bauernvertreter, welcher weit über die Grenzen seines Wahlkreises hinaus bekannt war und auch gewirkt hat, gewissenlos durch einen gänzlich unbekannten Arbeiter ersetzt. Hiezu kommt sogar der Bundesobmann u.s.w. Also die Gesamtbeurteilung des VdU in agrarischer Hinsicht war ebenfalls nicht besonders günstig. In der darauffolgenden Aussprache, an welcher sich fast alle Anwesenden beteiligten, konnte ich feststellen, allgemein den Willen sich für einen allgemeinen Bauernverbund nunmehr einzusetzen, diesen auf überparteilicher Grundlage zu halten, ein Forderungsprogramm aufzustellen, dieses den drei Parteien, ÖVP, SPÖ und VdU, zu übermitteln und von diesen dann zu verlangen, eine klare und eindeutige Stellungnahme hiezu. Wir werden ja sehen dann, was sich tun wird (wurde wörtlich gesprochen), wird es so weitergehen, wie bisher, dass nur versprochen wird, werden wir diesen Parteien den schärfsten Kampf liefern, diese in der Presse und in Versammlungen in aller Offenheit anprangern und sie zwingen, auch für agrarische Fragen etwas zu tun. Wenn nicht, es besteht nicht die Möglichkeit, derzeit eine Bauernpartei zu gründen, aber als Wahlpartei könnte auch der allgemeine Bauernverband auftreten. Eine zustimmende Äußerung zu diesem konnte ich, ausser des Herrn Payhuber, Schlossbesitzer von Innersee, Ob.Öst. nicht feststellen, jedoch allgemeine Aufmerksamkeit und keinen Widerspruch. Bemerkenswert ist auf alle Fälle dies Vorstehende, ebenso aber auch, dass man eine eingehende Aussprache darüber abgeführt hat, dass man auch mit der Konsumentengruppe Verbindung suchen und einvernehmlich mit dieser zu arbeiten beginnen wolle. Einvernehmlich mit den Konsumenten will man zu einer gerechten Preisrelation kommen und jetzt einmal genau überprüfen, wieweit die derzeit gegebenen Spannen zwischen Produzenten und Konsumenten bei lebensnotwendigen Bedarfsgütern und Lebensmittel sich verringern lassen, so bei Brot, Milch u.s.w.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Die gründende Versammlung ist für 15. August 1952 in Linz festgelegt und es werden zu dieser ca. 200 Einladungen ausgesendet werden. Dies hat ein zehngliedriger Ausschuss, welchem auch ich angehöre, zu bewerkstelligen, b.z.w. die Personen auszuwählen, welche einzuladen sind. An dieser Sache achtlos vorbei zu gehen, wäre meines Erachtens verfehlt, ebenso aber bin ich der Auffassung, dass man einen Einbruch in die VdU-Bauernschaft, wie ich soeben einen Vorschlag der Landesleitung Oberösterreich des VdU erhalte, wo man mich ersucht, eine Landesagrarausschusssitzung einzuberufen, bei der Dir. Zangl einen Vortrag über den Allgemeinen Bauernverband halten soll, was bei dieser Sachlage derzeit nicht angebracht sein wird. Ich ersuche nun um umgehende Antwort betreffs unserer Einstellung zum Bauernverband. So gibt es, glaube ich, hier nur die eine Lösung, sich so viel Einfluss sichern, dass man eine „Wahlpartei des Allgemeinen Bauernverbandes“ gegebenenfalls verhindern kann. Ersuche, dies zur Kenntnis zu nehmen, und erbitte mir umgehend Verhaltungsmassnahmen.

c) Salzburg die bürgermeisterfrage 1953 (VdU-Archiv Salzburg, Karton 61) Der VdU hatte in Salzburg bei den Gemeinderatswahlen vom 30. Oktober 1949, drei Wochen nach der Nationalratswahl, sehr gut abgeschnitten und mit über 30 % die ÖVP (28,8 %) überholt. Die Ausdehnung des Koalitionspaktes im Bund auf die Länder und Gemeinden sicherte der erstplatzierten SPÖ (37,5 %) 1949 die Wiederwahl ihres Bürgermeisters Anton Neumayr, der 1951 allerdings krankheitsbedingt einen längeren Urlaub antrat und am 2. Jänner 1952 von Stanislaus Pacher abgelöst wurde. Damals hatte der VdU – der sich nach den Breitner-Wahlen im Aufwind wähnte – für eine Neuwahl des Gemeinderats und die Wahl eines nicht-sozialistischen Bürgermeisters plädiert  ; die ÖVP gab sich jedoch mit der Nominierung Pachers zufrieden. 1953 war nach den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und VdU im Bund eine andere Ausgangsposition gegeben. Die ÖVP übernahm jetzt die Forderung nach einem nicht-sozialistischen Bürgermeister und reihte mehrere Kandidaten aus dem nationalen Lager auf aussichtsreichen Plätzen der ÖVP-Liste – das »Salzburger Volksblatt« mutmaßte am Wahltag  : »Irgendwie scheinen da die westdeutschen September-Wahlen und ihr Ergebnis belebendes Ferment gewesen zu sein.«98 Spit 98 Salzburger Volksblatt, 17./18. 10. 1953.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

Die gründende Versammlung ist für 15. August 1952 in Linz festgelegt und es werden zu dieser ca. 200 Einladungen ausgesendet werden. Dies hat ein zehngliedriger Ausschuss, welchem auch ich angehöre, zu bewerkstelligen, b.z.w. die Personen auszuwählen, welche einzuladen sind. An dieser Sache achtlos vorbei zu gehen, wäre meines Erachtens verfehlt, ebenso aber bin ich der Auffassung, dass man einen Einbruch in die VdU-Bauernschaft, wie ich soeben einen Vorschlag der Landesleitung Oberösterreich des VdU erhalte, wo man mich ersucht, eine Landesagrarausschusssitzung einzuberufen, bei der Dir. Zangl einen Vortrag über den Allgemeinen Bauernverband halten soll, was bei dieser Sachlage derzeit nicht angebracht sein wird. Ich ersuche nun um umgehende Antwort betreffs unserer Einstellung zum Bauernverband. So gibt es, glaube ich, hier nur die eine Lösung, sich so viel Einfluss sichern, dass man eine „Wahlpartei des Allgemeinen Bauernverbandes“ gegebenenfalls verhindern kann. Ersuche, dies zur Kenntnis zu nehmen, und erbitte mir umgehend Verhaltungsmassnahmen.

c) Salzburg die bürgermeisterfrage 1953 (VdU-Archiv Salzburg, Karton 61) Der VdU hatte in Salzburg bei den Gemeinderatswahlen vom 30. Oktober 1949, drei Wochen nach der Nationalratswahl, sehr gut abgeschnitten und mit über 30 % die ÖVP (28,8 %) überholt. Die Ausdehnung des Koalitionspaktes im Bund auf die Länder und Gemeinden sicherte der erstplatzierten SPÖ (37,5 %) 1949 die Wiederwahl ihres Bürgermeisters Anton Neumayr, der 1951 allerdings krankheitsbedingt einen längeren Urlaub antrat und am 2. Jänner 1952 von Stanislaus Pacher abgelöst wurde. Damals hatte der VdU – der sich nach den Breitner-Wahlen im Aufwind wähnte – für eine Neuwahl des Gemeinderats und die Wahl eines nicht-sozialistischen Bürgermeisters plädiert  ; die ÖVP gab sich jedoch mit der Nominierung Pachers zufrieden. 1953 war nach den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und VdU im Bund eine andere Ausgangsposition gegeben. Die ÖVP übernahm jetzt die Forderung nach einem nicht-sozialistischen Bürgermeister und reihte mehrere Kandidaten aus dem nationalen Lager auf aussichtsreichen Plätzen der ÖVP-Liste – das »Salzburger Volksblatt« mutmaßte am Wahltag  : »Irgendwie scheinen da die westdeutschen September-Wahlen und ihr Ergebnis belebendes Ferment gewesen zu sein.«98 Spit 98 Salzburger Volksblatt, 17./18. 10. 1953.

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zenkandidat der ÖVP war Vizebürgermeister Hans Donnenberg, ein Magistratsbeamter, der 1949 vom damaligen VdU-Stadtobmann Christian Gurschner selbst auf eine Kandidatur angesprochen worden war, dem VdU inzwischen jedoch als »typischer Vertreter der Koalition der ÖVP mit der SPÖ« galt.99 Der VdU selbst führte zur Reihung seiner Kandidaten im Sommer Vorwahlen durch, ein »völlig neuer, absolut demokratischer Weg«, wie die Neue Front stolz verkündete, freilich auch ein Experiment, das prompt zu Querelen führte  : In einem ersten Durchgang bis zum 12. Juni konnten Kandidaten gestrichen oder nominiert werden, in einem zweiten Wahlgang wurde gereiht. In der Gemeinderatsfraktion wurden Stimmen laut, das Ergebnis sei »dem Herrn Landesobmann nicht genehm«, ja gar der Verdacht, das Ergebnis könnte »auf der Landesleitung umgefälscht« werden.100 Freilich  : Stimmzettel waren ausdrücklich nicht bloß an Mitglieder des VdU, sondern auch an »befreundete« Außenstehende ausgegeben worden, was Manipulation auch nach der anderen Seite hin möglich erscheinen ließ.101 Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang auch, dass von den schließlich gewählten Mandataren eine Mehrheit (sechs von zehn) nicht dem VdU angehörten, sondern nur – vive la petite difference – dem WdU (der Wahlgemeinschaft der Unabhängigen).102 Zwei Kandidaten, Dr. Kurt Richter (1911–1976, Mitbegründer des freiheitlichen Akademikerverbandes) und Dr. Fritz Bernhold (1895–1973), inserierten extra als »parteiungebundene« Bewerber.103 Vizebürgermeister Schneider-Manns-Au wiederum mutmaßte, die Vorwahlen seien nur inszeniert worden, um ihn »an eine rückwärtige Stelle zu setzen« und verzichtete auf ein Wiederantreten. Gustav Zeillinger als Landesobmann spekulierte eine Zeit lang damit, den Chefredakteur des »Salzburger Volksblattes«, Hans Menzel, zu kandidieren, als »Parteilosen, damit sich bei der Entscheidung auch die anderen Parteien für M. entscheiden könnten«. Es wurde auch die Frage erörtert, »ob M. ein Schreiben beibringen könne, dass die ÖVP ihm die Zustimmung geben würde«.104 Immerhin war die Blattlinie des »Volksblatts« im Wahlkampf relativ ÖVP-freundlich. Dennoch wurde aus der Idee offensichtlich nichts.105 Als Spitzenmann des VdU/WdU kristallisierte sich unter diesen Umstän 99 VdU-Archiv Salzburg, Karton 38, Stellungnahme der Privatankläger zum Beweisantrag von GR. Probst (der das Verhalten der WdU-Gemeinderäte »niederträchtig« genannt hatte). 100 VdU-Archiv Salzburg, Karton 38, Gemeinderatsfraktion an Landesleitung, 18. 6. 1953. 101 Zum Verlauf der Vorwahlen vgl. Neue Front, 6. 6. 1953, S. 2  ; 27. 6. 1953  ; 12. 9. 1953, S. 10. 102 Der bekannteste unter ihnen war vermutlich Hermann Ingram (1903–95), Ritterkreuzträger, leitender Angestellter im Bankhaus Spängler und prominenter »Glasenbacher«. 103 Salzburger Volksblatt, 16. 10. 1953, S. 3. 104 VdU-Archiv Salzburg, Karton 38, Protokoll ExA-Sitzung, 18. 9. 1953. 105 Menzel und sein »Volksblatt« verhielten sich in den Sechzigerjahren meist äußerst kritisch zu schwarzblauen Übereinkommen  ; 1953 ließ die Berichterstattung des Blattes aber noch eher ÖVP-Schlagseite erkennen.

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Teil II  : Parteienverhandlungen

den der zweite Stadtrat Ing. Otto Ponholzer (1908–1991) heraus, der bei den Vorwahlen am besten abgeschnitten hatte, aber ganz offensichtlich nicht zu Zeillingers Lieblingen gehörte.106 Das Resultat war  : Der VdU, der bei den NR-Wahlen im Frühjahr in der Stadt Salzburg – im Gegensatz zum Bundestrend – noch Zuwächse erzielt hatte, zog diesmal mit der Parole »Fachleute in die Gemeinde« und »Weder Pacher noch Donnenberg« in die Wahl, verlor jedoch 5 % der Stimmen und zwei Mandate. Das Ergebnis der Wahl vom 18. Oktober 1953 lautete  : SPÖ 38,1 % (15 Mandate), ÖVP 33,7 % (14), VdU 25,5 % (10), KPÖ 2,7 % (1) 1) Gedächtnis-Notiz vom Montag, den 19. Oktober 1953 Unterredung zwischen Landesobmann Zeillinger und LA Glaser (ÖVP). LA Glaser bat telefonisch um eine kurze Aussprache mit LO Zeillinger, die abends im Chiemseehof (Landesleitung VdU) erfolgte. LA Glaser erklärte, dass es sich dabei noch um keine Aussprache über die Bürgermeisterfrage handle, da seine Gemeinderatsfraktion sich erst kommenden Donnerstag konstituiere und einen Verhandlungsausschuß bilde und die Verhandlungsgrundlagen festlegen werde. Der Zweck der Unterredung, um die er bat, wäre nur der, dass der VdU in den nächsten Tagen in der Bürgermeisterfrage nicht vorprelle und seinen Standpunkt festfahre und damit alle Verhandlungen von vorneherein verschütte. Zeillinger verwies auf einen bereits geschriebenen, in der nächsten Nummer der „Neuen Front“ erscheinenden und von ihm gezeichneten Artikel, worin er selbst zur Besonnenheit und Mässigung riet und vor allem auch den Zeitungen empfiehlt, jede störende Schreibweise einzu­stellen. Ausserdem wollte LA Glaser aber schon auch den Standpunkt der WdU etwas aushorchen, wobei ihm LO Zeillinger erklärte, dass die WdU vor der Wahl einen Standpunkt bezogen habe und bisher keinerlei Beschlüsse gefasst habe, von diesem Standpunkt abzugehen. Es wäre auch kein Grund vorhanden. Glaser erklärte, die ÖVP werde auf keinen Fall für einen sozialistischen Bürgermeister stimmen, sie werde alles versuchen, um Donnenberg durchzubringen. Auf den Einwand Zeillingers, dass dazu auch die Zustimmung der SPÖ notwendig sei, erklärte er, dass er selbstverständlich mit der SPÖ darüber sprechen werde. Im übrigen sei er überzeugt, dass die SPÖ nicht allzuoft durch Hinausgehen eine Bürgermeisterwahl verhindern werde – sie würde dann ihr Gesicht verlieren. Glaser erklärte weiter, dass seine Partei die Bürgermeisterfrage auf jeden 106 In dem Punktesystem, das der Reihung zugrunde lag, erhielt Ponholzer 60.779 Punkte, der Zweitgereihte, Weilhartner, bereits um 17.000 weniger. Das Feld der restlichen Kandidaten lag nahe beieinander – genaue Ergebnisse wurden allerdings nicht veröffentlicht. Die endgültige Reihung nahm freilich immer noch der Landesvorstand vor  ; Neue Front, 12. 9. 1953, S. 10.

Salzburg

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Fall in Salzburg, und zwar weitgehend auf der Bezirksebene, klären will. Auch die Landesebene hält er nicht für zweckmässig, da sich Groll und Klaus nicht sehr gut vertragen.107 Auf die Bundesebene wird die ÖVP nicht gehen. LA Glaser bedauerte, dass die ÖVP nur dem VdU Mandate abnahm, so sehr er sich natürlich darüber freue. Er gab an, dass die Karikatur zu der Bürgermeisterwahl in unserer Broschüre uns mindestens 1 Mandat gebracht habe.108 2) G.R. Sepp Weilhartner Salzburg, den 20. 10. 1953 Gedächtnisprotokoll über die Aussprache G.R. Anton Porenta (ÖVP) bezüglich Bürgermeisterfrage am 20. 10. 1953 von 7:40 Uhr bis 7:50 Uhr G.R. Porenta wollte mich in der Schule Mülln aufsuchen und traf mich auf dem Wege dorthin. Porenta: Wie wird sich die WdU-Fraktion in der Bürgermeisterfrage verhalten? Weilhartner: Unsere Haltung haben wir vor der Wahl eindeutig klargelegt. Über eine Änderung ist mir nichts bekannt. Porenta: Ich möchte mich informativ mit Ihnen unterhalten, da doch ein beiderseitiges Interesse an einem nichtsozialistischen Bürgermeister vorhanden ist. Weilhartner: Ich habe keinen Auftrag, Besprechungen zu führen, dazu wurde ein Verhandlungsausschuss gewählt. Porenta: Der ÖVP ist es mit dem nichtsozialistischen Bürgermeister bitterernst. Eine Einmengung von Wiener Stellen wird abgelehnt. Weilhartner: Davon sind wir nicht so überzeugt. Porenta: Ich habe den Wunsch, dass beide Fraktionen (ÖVP/WdU) in Fühlung bleiben. Weilhartner: Ich bin damit einverstanden.

107 Damit stand Klaus allerdings nicht alleine  : Um dieselbe Zeit beschwerte sich auch die WdU-Landtagsfraktion unter Klubobmann Freyborn und seinem Stellvertreter Krüttner über die »demonstrative Abwesenheit« Grolls und sprach dem Landesrat, der aus Protest gegen die »seinerzeitige schlechte Ressortverteilung« an den Beratungen nicht teilnehme, offiziell ihre Mißbilligung aus (VdU-Archiv Salzburg, Karton 38, Fraktionsprotokoll vom 8. 11. 1953). Auch in einem Bericht Weilhartners über die Stimmung an der Basis anlässlich eines »Ortsstellenbesuchs« in Zederhaus im Lungau (28. 8. 1953) klang Kritik an Groll durch (»zu viel Komplimente zur SPÖ – roter Bruder«). 108 Möglicherweise handelte es sich dabei um eine Karikatur, die übertitelt war  : »4 Jahre deutsches Wirtschaftswunder, 8 Jahre österreichische Koalitionspolitik = 1   : 0« (vgl. Neue Front, 31. 10. 1953).

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Teil II  : Parteienverhandlungen

3) Gedächtnisprotokoll über die Besprechung des VdU-Verhandlungskomitees (Ponholzer/Bernhold/Weilhartner) mit Bürgermeister Stanislaus Pacher im Mirabellschloss, Salzburg, um 15.50 Uhr am Mittwoch, den 21. 10. 1953. Nach Begrüssung erklärte Bürgermeister Pacher, dass er in seiner Eigenschaft als Bürgermeister Besprechungen mit den Vertretern des VdU und auch der ÖVP führen wolle. Bürgermeister Pacher teilte mit, dass die Besprechung heute mit der ÖVP in zwei Minuten beendet war, da die ÖVP auf die Wahl Donnenbergs bestehe. Er wisse nicht, ob ihr von einer an­deren Seite Schützenhilfe angeboten wurde. Bürgermeister Pacher erklärte, dass seine Partei auf Wahl eines „sozialistischen Bürgermeisters“ bestehe. Auf die Frage Weilhartners, ob damit seine Person gemeint sei, meinte der Bürgermeister, daß die Reihung auf den Stimmzetteln zum Ausdruck bringe, wer soziali­stischer Bürgermeister werden solle. Ausserdem sagte er ganz klar, dass seine Partei niemand anderen hätte, denn Stadtrat Bäck soll als Finanzmann weiterhin für die Stadt arbeiten.109 Bürgermeister Pacher glaube nicht, dass die Bürgermeisterfrage auf Bundesebene ausgetragen werde, ausser es gibt auf Gemeinde- und Landesebene eine solche Versteifung, dass diese Frage nur durch Bundesebene zu lösen imstande ist. Wir erklärten, unseren Standpunkt, der ja durch den Wahlkampf bekannt ist: Weder Pacher noch Donnenberg! Der Bürgermeister möchte bis Donnerstag, den 29. d. M. vom VdU Bescheid haben darüber, ob wir unseren Standpunkt ändern wol­len oder nicht. Der Bürgermeister ist der Meinung, dass nächste Woche Verhandlungen zwischen den Parteien stattfinden und dass es vor der konstituierenden Sitzung, die der Alterspräsident G.R. Wölfler110 leiten wird, zu einer Vereinbarung kommen könne, damit es bei dieser ersten Sitzung keine Überraschungen gebe (event. Nichtvorhandensein der Zweidrittelmehrheit). Ende der Sitzung 16.05 Uhr. 4) Gedächtnis-Notiz über eine Unterredung zwischen LO Zeillinger und Dr. Varrick am Mittwoch, den 21. Oktober 53 Dr. Warwitz, der Konzipient bei Dr. Boyer ist, traf mich zufällig im Chiemseehof und teilte mir folgendes mit: Boyer, der erste nicht mehr gewählte Kandidat auf der ÖVP-Liste, wird nun doch Ge109 Bäck – zum Unterschied von Neumayr und Pacher auch politisch in der Stadt Salzburg groß geworden – war dann von 1957 bis 1970 mit maßgeblicher Unterstützung Weilhartners und der FPÖ ein äußerst populärer Bürgermeister von Salzburg. 110 Alois Wölfler war 1882 geboren, damals also bereits 71 Jahre alt.

Salzburg

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meinderat, da ein gewählter Vordermann über Wunsch der Partei ausscheidet. Man bemühe sich sogar, Dr. Chmelik hineinzubringen. – Er frug mich über unseren Standpunkt zu Donnenberg, wobei ich ihm erklärte, dass dieser Standpunkt von uns vor der Wahl klar formuliert wurde und sich nicht geändert habe. Persönlich meinte er, dass er nichts gegen Donnenberg habe, wozu er zugebe, dass er zu klerikal sei. – Er teilte mit, dass die vier zumindest ehemaligen nationalfreiheitlichen Kandidaten auf der ÖVP-Liste miteinander in Kontakt stünden, und er fragte mich, wie wir uns zu einem Vorschlag aus dieser Gruppe stellen würden. Ich erklärte ihm, dass diese Möglichkeit bei uns über­haupt noch nicht besprochen worden ist, und es müsste zumindest einmal eine inoffizielle Anfrage aus der ÖVP oder zumindest aus dieser Gruppe kommen, damit diese Möglichkeit überhaupt in unserem Klub be­raten werden könnte. – Zur Erläuterung sei festgehalten, dass Dr. Vavrick absolut unser Mann ist. 5) Gedächtnisprotokoll über die Parteienverhandlung (WdU – ÖVP) am 22. 10. 1953 von 19:15 Uhr–20.10 Uhr im Hotel Pitter Teilnehmer (WdU): G.R. Dr. Bernhold, G.R. Dr. Richter, G.R. Weilhartner (ÖVP): LA Glaser, G.R. Porenta, G.R. Prechtl Die Parteienverhandlung fand über Wunsch der ÖVP statt. Eingangs machte LA Glaser Mitteilung über die Zusammensetzung ihres Verhandlungskomitees und die Wahl ihres Klubpräsidiums (Klubobmann: G.R. Porenta, Stellv. G.R. Prechtl). Im weiteren Verlaufe wurde die Erklärung abgegeben, dass die ÖVP unter keinen Umständen einem sozialistischen Bürgermeister zustimmen würde, auch dann nicht, wenn die WdU ihre Zustimmung erteilen würde. Es wurde um die Bekanntgabe des Standpunktes der WdU ersucht. G.R. Weilhartner erklärte, dass die Fraktion Pacher als Bürgermeister ablehne und, solange die SPÖ eben nur Pacher vorschlage, ein sozialistischer Bürgermeister für uns nicht in Frage käme. Pacher würde auch durch Abgabe weisser Stimmzettel nicht auf den Bürgermeisterstuhl geholfen werden. Auf die Frage, ob die WdU Donnenberg als Bürgermeister zustimmen würde, wurde die Gegenfrage gestellt, ob die ÖVP sich ausschliesslich auf den Genannten festgelegt hätte. LA Glaser verneinte dies, doch gaben G.R. Prechtl und Porenta der Meinung Ausdruck, dass der Klub kaum von Donnenberg abgehen würde. G.R. Weilhartner erklärte, dass die WdU alles tun wird, um Salzburg einen nichtsozialistischen Bürgermeister zu sichern, dass aber Donnenberg aus den bekannten Gründen nicht akzeptabel sei. Die Vertreter der ÖVP versuchten nun glaubhaft zu machen, dass Donnenberg nicht klerikal sei, dass er nicht der Katholischen Aktion angehöre und dass doch die bisherigen WdU-Gemeinderäte (sich) von seiner Toleranz und Loyalität überzeugt hätten. Zum Einwand, dass

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ein Magistratsbeamter nicht gut Bürgermeister sein könnte, erläuterte G.R. Porenta die Vor- und Nachteile. LA. Glaser zog den Vergleich mit Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl. G.R. Weilhartner fasste nochmals die Bedenken, die gegen Donnenberg vorliegen, zusammen, wobei Dr. Bernhold und Dr. Richter auch ihrerseits die Ablehnung begründeten. Nach der eindeutigen Feststellung, dass die Person Donnenberg weiteren Verhandlungen im Wege stünde, fragte Glaser, wer von ihrer Liste sonst in Frage käme. Er engte selbst den Personenkreis auf Prechtl, Porenta, Dr. Binder, Wölfler und Reinthaler ein. Auf die Frage, ob die WdU dann einen geeigneten Kandidaten fände, wurde erklärt, dass sich über die Genannten reden liesse. LA Glaser gab der Meinung Ausdruck, dass die parteiungebundenen Kandidaten der WdU eventuell für Donnenberg stimmen könnten, wenn schon die Mitglieder des VdU sich nicht entschliessen können. Dr. Berthold und Dr. Richter wiesen darauf hin, dass in der Fraktion kein Unterschied zwischen Parteigebundenen und Parteiungebundenen bestehe. Die ÖVP befürchtete auch, dass nachdem die WdU keinen Klubzwang kenne, einzelne Gemeinderäte für Pacher stimmen könnten, sodass dieser doch eine Mehrheit bekäme. Dieser Meinung wurde einhellig entgegengetreten und betont, dass der Klub in dieser Frage sicher einheitlich vorgehen wird. Zum Abschluss wurde von Seite der ÖVP folgendes nochmals festgehalten: Die ÖVP stimmt niemals einem sozialistischen Bürgermeister zu, eine Einmengung der Bundesleitung wird abgelehnt. Der Klub wird nächsten Montag die Frage klären, ob eine andere Person ausser Donnenberg in Frage käme. Wir erklärten: Die WdU stimmt Pacher nicht zu. Wir wollen einen nichtsozialistischen Bürgermeister, sehen aber Donnenberg als nichtakzeptable Person an. Es wurde vereinbart, die Verhandlung am Dienstag, den 27. 10. um 20 Uhr fortzusetzen. 6) Aktenvermerk über die Besprechung mit der ÖVP am 27. 10. 1953 um 20.10 Uhr im Hotel Pitter, betr.  : Bürgermeisterfrage  ! Anwesend: von Seiten der ÖVP: LA Glaser, G.R. Porenta, G.R. Prechtl von Seiten des VdU: StR Dr. Ponholzer, G.R. Weilhartner und G.R. Dr. Bernhold. Einleitend wurde der ÖVP vorgehalten, dass sie durch ihre Aussendung über die „direkte Bürgermeisterwahl“ und durch den Artikel in den „Salzburger Nachrichten“ doch Verhandlungen ablehne. Stadtrat Dr. Ponholzer wies auf den Widerspruch hin und fragte: Was ist Ihnen nun ernst? LA Glaser bemerkte, dass die SN keine Parteizeitung sei, und G.R. Prechtl bemerkte, es sei der ÖVP mit dem Kommunique ernst, es ist ihnen aber auch mit den gemeinsamen Beratungen mit dem VdU Ernst. Die ÖVP hat mit der SPÖ noch nicht ver­handelt und

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hat an Neuwahlen kein Interesse. Die Herren brach­ten aber zum Ausdruck, dass sie davor keine Angst hätten. Bei der Bürgermeisterwahl würde die ÖVP den Klubzwang aufheben. Sie habe von ihren Mandataren auch keine Blankoverzichtserklärungen verlangt. G.R. Weilhartner teilte der ÖVP den Klubbeschluss des VdU mit, der lautet, dass Donnenberg vom VdU-Klub nicht unterstützt werden kann. G.R. Porenta erklärte hingegen, dass die ÖVP auf Grund eines einstimmigen Klubbeschlusses von ihrem Spitzenkandidaten Donnen­berg nicht abgehen könne und daher keinen anderen vorschlage. Von Seiten des VdU wurde noch einmal begründet, warum Vizebürgermeister Donnenberg nicht unterstützt werden könne (Magistratsbeamter und verlängerter Arm des Herrn Landeshauptmannes). G.R. Weilhartner fragte, welche Garantien die ÖVP biete, dass die SPÖ-Fraktion in den Sitzungssaal zur Bürgermeisterwahl komme, wenn sich letzten Endes die VdU-Fraktion doch für Donnenberg entscheiden würde. LA Glaser: Die SPÖ-Fraktion in den Saal zu bringen, wäre Aufgabe des VdU. Die WdUFraktion müsste mit der SPÖ verhandeln und eine Haltung einnehmen, aus der diese schliessen könnte, dass sie den sozialistischen Kandidaten wähle. Bei der Wahl soll aber die WdU Donnenberg wählen. G.R. Weilhartner erklärte, dass diese Vorgangsweise für die WdU nicht gangbar wäre, da sich dann der ganze Zorn der SPÖ über dieses Verhalten auf sie entladen würde. G.R. Prechtl sagte, dass der VdU durch Ablehnung des D. einen sozialistischen Bürgermeister ermögliche. StR Ponholzer er­widerte, dass man mit mehr Recht sagen könne, die ÖVP bringt uns wieder einen sozialistischen Bürgermeister. Warum könne die ÖVP nur einen aus der Liste der 14 Gemeinderäte vorschlagen. Über einen anderen Kandidaten könne man ja sprechen. Die ÖVP erwiderte, dass der VdU wohl bereit gewesen wäre, im Jahre 1949 und 1952 Donnenberg zu wählen, wir erklärten entschieden, dass bei den Verhandlungen 1949 niemals die Rede davon war, D. zu wählen, weil ja der Bürgermeisterpakt bestanden hat. Die ÖVP wolle sich an die VdU-Parole halten, Fachleute in die Gemeinde. Die ÖVP sagte, sie benötige vom VdU nur drei Stimmen und setzt ihre Hoffnung auf die parteiungebundenen Kandidaten. Der VdU brachte zum Ausdruck, dass die GR-Fraktion eine einheitliche Linie beziehen wird. G.R. Weilhartner brachte zum Ausdruck, dass praktisch keine Möglichkeit zur Fortsetzung der Verhandlung bestehe. Wir werden die Mitteilung der ÖVP unserem Klub zur Kenntnis bringen Ende 21:15 Uhr

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7) Gedächtnisprotokoll über ein Telefongespräch zwischen LA Glaser und NR Zeillinger am 28. l0. 1953 Glaser teilt mit, dass er über heutigen „NF“-Artikel entsetzt sei. Ich verweise auf die Doppelgleisigkeit der Haltung der ÖVP-Fraktion und ihrer Presseaussendung. Ich gebrauchte den Ausdruck „Hinterfotzigkeit“. G. teilt mit, dass die Verhandlungen nicht weitergehen, weil unser Klub immer nur den Klubbeschluss mitteile, aber keine weiteren Vollmachten habe. Ich erklärte ihm, dass er sich bei dem bisherigen Verhalten der ÖVP darüber nicht wundern dürfe. G. schlug vor, dass ich zu den zukünftigen Verhandlungen ebenfalls kommen solle. Ich lehnte ab, da dies für die ÖVP Veranlassung sein könnte, von einem „Einmischen“ der Partei zu sprechen. Er bestritt dies energisch. Ich stellte schliesslich in Aussicht, wenn der Klub es wünsche, zu kommen, jedoch nur, wenn in Gegenwart von Zeugen er bestätige, dass er dies nicht als Einmischung der Partei ansehe. G. erklärte, in der Nacht nach Wien zu fahren und Samstag früh wieder nach Salzburg zu kommen. Samstag vormittag tage dann der ÖVP-Klub und vorher wolle er mich noch anrufen wegen einer Aussprache, um die Verhandlungen wieder in Fluss zu bringen. 8) Der Landesobmann von Salzburg (Zeillinger) an Herrn NR Max Stendebach, Bundesobmann des VdU Chiemseehof, 30. Okt. 1953 Vertraulich Sehr geehrter Herr Oberst! Bevor mein Landesvorstand zusammentritt, der Ihnen dann einen politischen Situationsbericht über die Lage nach den Gemeinderatswahlen in Salzburg ausarbeiten wird, möchte ich Ihnen meinen persönlichen Standpunkt mitteilen. Ich habe meine Meinung nach zahlreichen informativen Rücksprachen mit den führenden Funktionären und Mandataren unseres Salzburger Landesverbandes, aber auch durch Gespräche mit dem sogenannten „kleinen Mann“ gebildet. Man kann über die Ursachen des Wahlausganges in Salzburg und vor allem über den Grund unserer, wenn auch nur geringfügigen Verluste gleich welcher Meinung auch immer sein, eines steht fest: Die ÖVP hat ihre gesamte Wahlpropaganda mit Schwerpunkt gegen uns gerichtet, das heisst, sie ist mit Argumenten hervorgetreten, die Ihre Wirkung nur in unserem Wählerkader haben konnten. Wir waren in unserer eigenen Propaganda durch die Abwehr dieser ÖVP-Propaganda derart gebunden, dass wir gar nicht dazu kamen, voll gegen die Sozialisten zu wirken. Dementsprechend verschoben

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sich auch nur etwa 200 Stimmen von uns zur ÖVP. Es mag sein, dass dies noch Zufall oder politische Dummheit auf Seiten der ÖVP war; im Interesse einer „antisozialistischen Einheitsfront“ lag es jedenfalls nicht, weil die ÖVP genau wusste, dass sie nie auch nur eine einzige Stimme in Salzburg aus der SPÖ herausbrechen wird, wir hingegen uns in dieser Richtung erfolgreich ausbreiten konnten. Finanziell wurden wir, das wissen Sie selbst, vom Bund vollkommen im Stich gelassen. Wir mussten unsere Wahlkosten zur Gänze von Wahlspenden der Arbeiter und kleinen Leute decken. Die kapitalskräftigeren Gruppen, besonders die Industrie, hielt sich völlig distanziert, ja sie warf unseren Wahlplan durch die Zurückhaltung auf der Bundesebene und den damit verbundenen Ausfall jeglicher Subventionen durch den Bund vollends über den Haufen. Mir ist jedoch bekannt, dass namhafte Summen von diesen Stellen an die anderen Parteien ausgezahlt worden sind. Das ist kein Zufall mehr. Die Verbitterung bei unseren Leuten über diese Haltung ist dementsprechend gross. Man will uns dazu gebrauchen, einen ÖVP-Bürgermeister in den Sattel zu heben, weil man unsere antisozialistische Haltung noch von jener Zeit her kennt, wo wir gegen den roten Bürgermeister stimmten, der dann mit den Stimmen der ÖVP gewählt werden konnte. Die Überlegung dieser Herren, dass wir die dummen Idealisten sind, die sowieso aufgrund ihrer geraden Haltung heraus gegen den Sozialisten stimmen und die notwendigen Wahlkosten durch den kleinen Mann aufbringen werden, ist zu durchsichtig. Es wäre ja auch zu schön: bei der Wahl räumt uns zuerst die ÖVP durch ihre falsche einseitige Propaganda ab und nachher sollen uns die Arbeiter, die nie einen klerikalen ÖVPBürgermeister vertragen werden, davonlaufen. Der Salzburger VdU wäre damit für die Zukunft praktisch ausgeschaltet und das Ganze hat den Leuten im Hintergrund keinen Groschen gekostet, weil wir uns diesen Untergang noch selbst finanzieren mussten. Ich bin persönlich jetzt froh, dass man uns mit dem Geld so hängen liess und einseitig die anderen unterstützte, nun kann kein Mensch an uns irgendwelche Bedingungen stellen. Wir können nun ohne jeden Druck frei entscheiden und wenn jemand versuchen sollte, nur einen geringfügigen Einfluss zu nehmen, dann werden wir jederzeit die notwendigen Unterlagen beisteuern, aus denen die wahren Absichten dieser Leute eindeutig hervorgehen. Die ÖVP hat sich, ohne uns zu fragen, auf Donnenberg festgelegt. Einen eindeutig klerikalen Mann, einen Magistratsbeamten, der in der Wirtschaft naturgemäss auf starke Ablehnung stösst, einen Mann, der bis zuletzt die schwarz-rote Koalition in der Gemeinde vertrat, als schon manch anderer Gemeinderat der ÖVP sich aufgeschlossener zeigte. Die ÖVP kam mit Donnenberg heraus, ohne uns vorher zu befragen oder auch nur zu informieren und wir mussten zur Vermeidung grösserer Stimmenverluste natürlich ablehnen. Wenn also kein SPÖ-Bürgermeister kommen soll, dann muss entweder die ÖVP oder der VdU einen Teil ihrer Wahlpropaganda preisgeben. Die ÖVP will unsere Unterstützung für einen ÖVP-Bürgermeister, also kann man von uns nicht

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auch noch verlangen, dass wir unsere Haltung in der Wahlpropaganda preisgeben. Jeder muss eben seinen Teil beitragen. Dies vor allem schon deswegen, weil weder die ÖVP noch sonst irgendjemand uns in dieser Wahl finanziell unterstützte. Das ist eine klare kaufmännische Überlegung. Wir haben zwar noch Schulden aus dem Wahlkampf, aber wir werden auch damit fertig werden. Persönlich kann ich Ihnen noch eines ergänzen: So dumm und ungeschickt die ÖVP ist, so klug und geschickt verhalten sich die Sozialisten. Für sie ist der von ihnen im Wahlkampf nominierte Bürgermeisteranwärter kein Problem: wenn es notwendig sein sollte, tauschen sie ihn sofort aus. Von der SPÖ bekamen wir auch viel klarere Zugeständnisse, z.B. hinsichtlich der Ressorts, und in allen uns interessierenden Fragen. Dazu kommt, dass die Salzburger SPÖ erfahrungsgemäss immer ihre Zusagen hielt, während die ÖVP immer ein Hintertürl suchte, nie vertragstreu war und auch jetzt wieder ihr berühmtes Doppelspiel treibt, indem sie in der Presse gegen Fraktionsverhandlungen auftritt, sich gegen die Einmischung der Parteien in der Bürgermeisterfrage wendet, gleichzeitig aber mit uns lustig drauflos verhandelt und als einzige Partei in ihrem Verhandlungsausschuss einen nicht gewählten Parteimann sitzen hat. Ich bin ein nüchterner Politiker, der immer vertragstreu geblieben ist; ich muss als Verhandlungspartner aber auch Parteien haben, auf die ich mich verlassen kann. Da muss die hiesige ÖVP noch viel von der SPÖ lernen. Schliesslich kommt noch zuletzt, aber nicht als Letztes, dass wir von der SPÖ sofort das in ausreichendem Masse haben könnten, was uns von den Industrie- oder ÖVP-Kreisen immer versprochen, dann wieder vorenthalten oder mit Bedingungen verknüpft wird. Für mich persönlich ist das nicht ausschlaggebend. Aber all die geschilderten Umstände zusammen geben mir wohl recht, wenn ich feststelle, dass ich mit meinen Leuten in Salzburg vollkommene Handlungsfreiheit habe, da uns niemand unterstützt hat und daher auch niemand das Recht auf Einflussnahme ableiten kann. Entscheidend ist, dass uns niemand die Schuld geben kann, wenn wieder ein Sozialist Bürgermeister wird. Wir wollen dies bestimmt nicht. Aber wir vertreten über 25 % Wählerstimmen, nicht viel weniger als die anderen Parteien, und wir werden für unsere Wähler herausholen, was herauszuholen ist. Wenn die ÖVP weiter so stur bleibt, so bestärkt dies nur eine längst allgemein diskutierte Annahme: die ÖVP habe sich innerlich damit abgefunden, dass wieder ein Sozialist Bürgermeister wird. Sie will nur diesmal die Schuld nicht auf sich nehmen, darum sucht sie ein Opfer. Dabei wird sie sich allerdings bei uns den Kopf einrennen. Wir haben gegen sie genügend in der Hand, um ihre Schuld und Hinterhältigkeit aufdecken zu können. Dazu kommt noch, dass nicht alle gewählten ÖVP-Gemeinderäte absolut auf der Linie der ÖVP liegen. Soweit mein Bericht. Es handelt sich um einen vollkommen privaten Bericht, in dem ich Ihnen nur aufzeigen wollte, wie man uns nicht nur im Stiche liess, sondern sogar in den Rücken fiel und warum wir da vollkommene Handlungsfreiheit verlangen. Wenn Sie die Salzburger kennen, dann wissen Sie, dass jeder Druck sofort die gegenteilige Wirkung hervorruft.

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Ich werde Sie am laufenden halten und zeichne mit Verbandsgruss 9) Gedächtnisprotokoll über die Besprechung zwischen SPÖ und VdU über die Bürgermeisterfrage am 3. 11. 1953 im Zimmer des Stadtrates Dr. Ponholzer im Schloss Mirabell. Beginn: 18:20 Uhr Anwesend: SPÖ: StR Bäck, GR Fellinger VdU: StR Ponholzer, GR Weilhartner, GR Dr. Bernhold GR Weilhartner erklärte, dass die Verhandlungen mit der ÖVP nicht abgeschlossen sind, dass aber im VdU-Klub noch keine Mehrheit für Donnenberg gefunden wurde, Scheinverhandlungen mit der SPÖ lehnt der VdU ab. GR Fellinger: SPÖ erklärt, dass sie mit der ÖVP Verhandlungen führte, hierbei fragte die SPÖ an, ob die ÖVP dem Wahlpropagandagrundsatz treu geblieben sei. ÖVP sagte: Ja. Auch die SPÖ erklärte der ÖVP, auf ihrem Standpunkt zu beharren. Die Verhandlungen mit der ÖVP wurden gestern durch die SPÖ abgebrochen. Ein Bürgermeister könne nur gewählt werden, wenn die SPÖ im Saale bleibt. Die SPÖ versteht den Standpunkt des VdU und sieht ein, dass es – aufgrund der Wahlparole des VdU – schwierig ist, einen SPÖ-Bürgermeister zu wählen, es wurde daher nur über den Fall einer „Wahlermöglichung“ gesprochen. Festgestellt wurde auch, dass die ÖVP beim Bürgermeister nicht schriftlich nachgesucht hat um „direkte Bürgermeisterwahl“ (gemeint ist Wahl ohne Verhandlungen). StR Bäck gibt einen kurzen Überblick über die Gemeindestube seit 1945. Die SPÖ versteht nicht die Haltung der ÖVP, da die beiden Fraktionen seit 1945 gut zusammengearbeitet haben. StR Bäck hält die Ressortverteilung als das Wichtigste und ist für Verteilung vor und nicht nach der Bürgermeisterwahl. Nach der Wahl würde es einen viel weniger schönen Schacher ergeben als vor der Wahl. StR Bäck spricht nun über die ideologischen Unterschiede der Parteien und meint, dass der Gegensatz zwischen VdU und SPÖ gewiss nicht grösser ist als jener zwischen SPÖ und ÖVP. StR Bäck erklärt weiter, dass Salzburg immer eine freiheitliche Stadt war, die SPÖ will daher keinen klerikalen Bürgermeister. Die SPÖ sagt nicht, die Sozialisten müssen die Führung in der Gemeinde haben. StR Bäck meint, es müsse daher irgendeine Form geben, um die Frage zu lösen, und betont, dass Abmachungen, die mit der SPÖ geschlossen wurden, auch immer gehalten worden sind. GR Fellinger stellt die Frage, ob der VdU einen Kandidaten stellen wird. Es wurde darüber Aufklärung gegeben, dass es nach dem Stadtrecht ja drei Wahlgänge gibt, wobei im dritten die Stichwahl zwischen den Kandidaten mit den meisten Stimmen erfolgt.

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Die SPÖ schlägt vor, der VdU möge nach dem zweiten Wahlgang den Saal verlassen. Als letzten Ausweg, wenn es zu keinem Verhandlungsergebnis käme, erklärte die SPÖ, wäre nur die Mög­lichkeit ihres Fernbleibens. Die SPÖ möchte nun die Wünsche vom VdU für den Fall der Wahlermöglichung hören. Die SPÖ schlägt Pacher als Bürgermei­ster vor. Auf die Frage Ponholzers, ob die SPÖ auch Bäck vor­schlagen würde, antwortete dieser mit der Gegenfrage, ob der VdU dann aktiv wählen würde. Die SPÖ sprach noch über die Erhöhung der Kollegiumsmitglieder von 5 auf 7, wobei auf die SPÖ 3, auf die ÖVP 2 und auf den VdU ebenfalls 2 Mitglieder entfallen würden. Sie will von sich aus diese Erhöhung im Landtag durchkämpfen. Die SPÖ erklärte sich bereit, dem VdU durch Kampfabstimmung jene Ressorts zukommen zu lassen, die im Rahmen des Möglichen liegen und worüber die SPÖ vom VdU Vorschläge erwartet. Mit der ÖVP will die SPÖ die Koalition nicht wieder aufnehmen. Es wurde von der SPÖ klar ausgesprochen, dass es im Falle der Wahlermöglichung zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit dem VdU käme. Abschliessend bemerkte noch die SPÖ, dass von Seite des VdU eine gleiche Konstruktion wie oben festgelegt, mit der ÖVP gleichzeitig nicht eingegangen werden kann. Die nächste Besprechung wurde für Donnerstag, den 5. 11., 16:00 Uhr festgelegt. Ende der Sitzung 19:20 Uhr. 10) Gedächtnisprotokoll über eine Unterredung zwischen NR Preussler (SPÖ) und NR Zeillinger (VdU) am Dienstag, den 3. November 1953 in RA-Kanzlei. Teil I (Bürgermeisterfrage). P. teilte mit, dass sich die beiderseitigen Verhandlungsausschüsse heute um 18 Uhr zur ersten Fühlungnahme zusammen­setzen, wobei seine Leute auf der Basis unserer letzten Besprechung die Verhandlungen führen werden. Er teilte weiters mit, dass sie ebenfalls eine Fühlungnahme mit der ÖVP gehabt hätten. Ich teile mit, dass im Klub derzeit noch keine Mehrheit für Donnenberg sei, die Verhandlungen mit der ÖVP jedoch noch nicht abgebrochen wurden, dass aber die Neigung zu Verhandlungen mit der ÖVP im Klub grösser als für Verhandlungen mit der SPÖ sei. Es liege lediglich an der Haltung der SPÖ und ihrer Verhandlungspartner, ob die Verhandlungen weitergeführt werden oder nicht. Ich machte P. auch darauf aufmerksam, dass selbstverständlich weite Kreise, vor allem die Bundesebene, mehr Interesse an einem ÖVP-Bürgermeister als an einem SPÖ-Bürgermeister hätten. Ich erwähnte den Vorschlag Glasers, wonach wir mit der SPÖ Scheinverhandlungen führen und bei der Wahl aber Donnenberg wählen sollen. P. schimpfte wahnsinnig auf die ÖVP und erklärte, dass die ÖVP ihnen gesagt habe, dass nicht sie, sondern der VdU die Verhandlungen gewünscht und begonnen hätten. Zur Bürgermeisterfrage sah P. schliesslich ein, dass unsere Parole: „Weder Pacher noch Donnenberg“, kein Zufall, sondern für uns bindend sei, da ich ihm erklärte, dass ein

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Festhalten der SPÖ an einer Forderung, Pacher oder einen anderen zu WÄHLEN, die Verhandlungen zwischen SPÖ und uns sehr bald festfahren liessen. P. kam schliesslich auf den Vorschlag, VdU soll lediglich die Wahl ERMÖGLICHEN. Er gab an, dass Peyerl dazu folgenden Vorschlag gemacht hätte: Die SPÖ schlägt Pacher vor, die ÖVP wahrscheinlich Donnenberg, und der VdU verlässt empört den Saal. – Ich erklärte, dass ich dazu nicht Stellung nehmen könne, doch wir hätten uns darüber auch nie unterhalten. Seine Verhandlungsleute sollten dies unseren Leuten vortragen, der Klub werde sich morgen damit befassen. Ich erklärte, dass dies aber nach meiner Meinung für uns mit Prestigeverlust verbunden sein. Für uns wäre es leichter möglich, zuerst selbst einen Kandidaten vorzuschlagen und bei der Stichwahl weiss zu wählen. P. gab an, dass ihn Peyerl dabei aufmerksam gemacht hätte, dass dies ein enormes, kaum tragbares Risiko für seine Partei sei. Was wäre denn, wenn von uns zwei Leute doch Donnenberg wählten? Die SPÖ sei nämlich entschlossen, in diesem Falle eine Bürgermeisterwahl lieber zu verhindern und im Februar Neuwahlen durchzuführen. Dies sei auch die einmütige Auffassung einer SPÖ-Fraktionsbesprechung im Mozarteum gewesen. Es handelte sich nach unserer beiderseitigen Ansicht, falls es zu einer Absprache kommen solle, lediglich um die Sicherheit. Ich schlug vor, dass die Verhandlungskomitees sich heute darauf beschränken sollten, diese beiden Standpunkte gegenseitig bekanntzugeben und jeder sollte sie dann im eigenen Parteikreis beraten. Auf meine Frage, welche Vorteile es aber für uns brächte, die Wahl Pachers zu ermöglichen, erklärte P., dass seine Partei in diesem Falle bereit sei, unsere Forderungen bei den Ressorts zu unterstützen, ferner auch gewisse Absprachen über künftige gemeinsame Politik in der Gemeinde zu ma­chen. Beispielsweise schlug er vor, dass die ÖVP das Wohnungsamt schlucken solle. Er wisse zwar nicht, ob wir Ponholzer oder Weilhartner nominieren würden, falls Ponholzer, dann würde seine Partei der An­sicht sein, dass wir das ganze Bau-Ressort zu bekommen hätten. Ferner erklärte er, die SPÖ hätte kein Interesse, Schule und Kultur in die Hände der ÖVP gelangen zu lassen. Er sei allerdings der Ansicht, dass nach der Wahl sich die Parteien doch wieder zu positiver Arbeit zusammenfinden würden. Auf meine Frage hierauf, ob die SPÖ, falls es zu einer Absprache in der Bürgermeisterfrage kommt, bereit sei, die Ehe mit der ÖVP abzubrechen und die ÖVP praktisch auf das tote Geleise zu schieben, wich P. zwar einer klaren Antwort aus, erklärte aber, dass seine Leute einen derartigen Zorn auf die ÖVP hätten, dass sie kein Interesse an Abmachungen mit dieser Partei hätten. Allerdings würde die SPÖ pro forma die ÖVP nochmals dazu einladen, für Pacher zu stimmen. Im Zusammenhang mit den Ressorts kam auch die Sprache auf die Zahl der Kollegiumsmitglieder, wobei P. allerdings nicht informiert schien. Auf Grund meiner Erklärung erklärte er, dies seiner Partei vorzutragen und schlug vor, zu erwägen, die Frage von 7 Kollegiumsmitgliedern mit der Frage von 7 Regierungsmitgliedern zu koppeln. P. schlug vor, im Falle einer Absprache dies schriftlich festzuhalten.

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Teil II (Landes- und Bundesebene). In Zusammenhang mit den Besprech­ungen über die Bürgermeisterfrage erklärte P., dass Peyerl, falls es zu einer Vereinbarung mit uns in der Bürgermeisterfrage käme, bereit sei, uns auf der Landesebene zu unterstützen. Seine Partei habe kein Interesse, dass der VdU verliere. Peyerl habe Angst, dass der VdU dem Ansturm der ÖVP auf dem Lande nicht gewachsen sei und seinen Regier­ ungssitz nicht halten könne. Es wäre möglich, hier eine Abgrenzung zu schaffen, damit die SPÖ am Lande den Kampf mit Schwerpunkt gegen die ÖVP führt. Ebenso könnte man eine Absprache über künftige Ressorts-Verteilungen am Lande, und über Zusammenarbeit treffen. Auf der Bundesebene habe P. mit Helmer im Beisein von Schärf gesprochen. Dieser habe erklärt, dass seit dem Tode von Gasselich die Verbindung zwischen SPÖ und VdU gänzlich abgerissen sei. Ich machte P. den Vorwurf, dass seine Partei selbst Schuld sei, wenn der VdU immer wieder in das ÖVP-Fahrwasser gedrängt werde, weil die SPÖ ihn nur bekämpfe, aber nir­gends helfe. P. gab zu, dass seitens der SPÖ auf Bundesebene hier nicht immer das notwendige Geschick gezeigt wurde. Er verwies jedoch darauf, wie Helmer sich bemüht habe, im Jahre 1949 den VdU entstehen zu lassen, obwohl er am SPÖ-Parteitag deswegen scharf angegriffen wurde. Bereits am nächstjährigen Parteitag konnte Helmer erfreut darauf verweisen, wie gut es gewesen sei, dem VdU bei der Geburt zu helfen. Helmer erklärte, dass die Hauptschuld an den schlechten Verhältnissen in dem einseitigen Verhalten einiger Spitzenfunktionäre (Kraus) liege. Er will jedoch mit seiner Partei sprechen, ob man die Taktik nicht ändern solle, da die SPÖ kein Interesse daran hat, dass der VdU geschwächt werde. Die letzte Wahl hätte nämlich bewiesen, dass jede Schwächung des VdU zu Gunsten der ÖVP ausgehe. Nach seiner Ansicht habe die ÖVP daher jetzt Interesse daran, den VdU zu schwächen, um ihn beerben zu können. P. gab an, Helmer den Vorwurf gemacht zu haben, dass man sich nicht darum gekümmert habe, ob der VdU finanziell und politisch durchkomme, dadurch sei der VdU zwangsweise immer wieder gezwungen gewesen, zur ÖVP zu gehen, und er sei dadurch natürlich einem Druck von dieser Seite ausgesetzt. P. schlug vor, hier so weit einen Ausgleich zu schaf­fen, dass der VdU nicht einseitig abhängig werde. Helmer und Schärf wollten dies beraten. Wir verblieben dabei, dieses Gespräch, soweit es die Landesebene betrifft, nach dem dieswöchigen SPÖ-Parteitag in Wien sowie auf Grund des Fortschrittes der Verhandlungen in der Bürgermeisterfrage allenfalls fortzusetzen. 11) Gedächtnis-Protokoll über eine Unterredung zwischen RA Dr. Bojer und RA Dr. Vavrick mit NR Zeillinger am 4. November 1953 auf der Strasse im Auto. Gegen Abend rief Dr. Vavrick an und bat um eine Unterredung in einer Rechtssache. Auf meinen Einwand, dass ich in Zeitnot wäre und um Verschiebung bitte, erklärte er, dass es sich um eine ganz dringende Rechtssache handle. Ich ersuchte ihn, sofort zu mir

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zu kommen. – Unter vier Augen erklärte er dann, dass sein Chef, Dr. Bojer, mich in der Bürgermeisterfrage sprechen wolle.111 Ich sagte zu. Abends trafen wir uns dann auf der Strasse. Die Unterredung fand in unserem Wagen zu Dritt statt. Bojer erklärte, dass er nach wie vor nationalfreiheitlich sei und lediglich Mitglied des Wirtschaftsbundes sei. Er verwalte in der Kanzlei das deutsche Eigentum und unter Berufung darauf hätte man ihn gezwungen, bei der ÖVP zu kandidieren. Der ÖVP sei seine innere Einstellung bekannt. Er sei vorgeschlagener Kandidat des Wirtschaftsbundes, doch habe ihn der Wirtschaftsbund an fünfter, und Gmelin an 6. Stelle vorgeschlagen. Klaus und Glaser hätten dann unter Berücksichtigung der Wünsche aller Bünde ihn und Gmelin so weit zurückgereiht. Es sei ihm jedoch fest zugesagt, dass er nachrücken werde. Bojer bezeichnete als die bösen Geister bei der ÖVP Glaser und seinen Bruder Dr. Glaser. Bojer will sich dafür verwenden, dass unter allen Umständen ein Nicht­sozialist Bürgermeister wird. Er trat im ersten Teil des Gespräches insoferne für Donnenberg ein, als er immer wieder fragte, warum wir denn so absolut gegen diesen Mann wären. Ich schilderte ihm den Hergang und den Grund unserer Verbitterung. B. meinte, dass die Presseaussendung anders zu verstehen sei und bezeichnete die Radiosendung als politische Dummheit. Er erklärte, dass wir im Fall Donnenberg verlangen könnten, dass bei der ÖVP, die Leute, die ebenfalls liberalfreiheitlich wären (Bojer und Gmelin) unbedingt nachrücken müssten. Dafür würden voraussichtlich zwei Frauen ausscheiden müssen. Nach seiner Meinung wäre die ÖVP dazu bereit. Dann wären im ÖVPKlub 4 Leute, mit denen wir gut zusammenarbeiten könnten, Binder (Glasenbacher), Reinthaler (Burschenschafter), Bojer (Glasenbacher), Gmelin (Protestant).112 Nach Ansicht Bojers hätten wir dann genügend Sicherheiten, dass die ÖVP dann keinen einseitigen Kurs betreiben könnte. Überdies wäre die ÖVP sicher bereit, uns noch weitere Sicherheiten zu geben. Bojer erklärte, dass im ÖVP-Klub gar nicht alle für Donnenberg wären. Es sei auch nicht richtig, dass alle anderen auf eine Kandidatur verzichtet hätten. Wölfler habe in einer Sitzung des Wirtschaftsbundes jene Klubsitzung geschildert, wo Porenta durch rasches Herumfragen feststellte, dass niemand anderer gegen Donnenberg kandidieren wolle. Daraufhin habe im Wirtschaftsbund grosse Erregung geherrscht. Ausweger habe wütend auf die ÖVP zu schimpfen begonnen und habe erklärt, dass sich die Wirtschaftsbundvertreter das nicht gefallen lassen sollen und bei einer solchen Vorgangsweise Porentas die Sitzung sofort verlassen sollten. – Ich habe den Eindruck, dass der anwesende Dr. Vavrick absolut unser Mann ist und dass es wahrscheinlich auch richtig ist, wenn Bojer erklärte, dass er uns weit näher wie der ÖVP steht. Doch glaube ich, dass Bojer die ÖVP noch nicht gut kennt. Er wirkt etwas weltfremd in dieser Beziehung. Er hat zweifellos eine gute Absicht. 111 Es dürfte sich um Dr. Arthur Boyer (1905–79) handeln. 112 Dr. Siegfried Gmelin (1897–1976) war gebürtiger Württemberger.

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Ich versprach, in meinem Klub einen endgültigen Abbruch der Gespräche mit der ÖVP heute zu verhindern. B. wollte gleich morgen vormittag, nachdem Klaus wieder da ist, Fühlung mit Glaser und Klaus aufnehmen, um das Gespräch nochmals in Fluss zu bringen. Wir vereinbarten, dass ich ihn morgen vormittag in seiner Kanzlei unter dem Namen „Hammer“ anrufen und ihm mitteilen werde, ob es noch eine Möglichkeit gäbe. 12) Gedächtnisprotokoll über eine Unterredung zwischen RA Dr. Bojer und NR Zeillinger am 5. 11. 1953 in der RA-Kanzlei Zeillinger. Dr. B. teilt auf Grund der gestrigen Unterredung mit, dass LA Glaser für heute nachmittag um eine Aussprache in der Bürgermeisterfrage bitte. Diese Aussprache soll in Gegenwart Dr. Bojers geschehen. Ich erklärte ihm, dass ich zu dieser Aussprache bereit sei, sie jedoch zur Voraussetzung habe, dass Glaser vom Vorschlag Donnenberg abgehe. Darüber ist Dr. Bojer nichts Näheres bekannt, doch erhofft er sich von dieser Aussprache eine Lösung der Frage. Die Unterredung wird um 1/2 3 Uhr nachmittag in meiner Kanzlei fortgesetzt. 13) Gedächtnisprotokoll über eine Unterredung zwischen LA Glaser, Dr. Bojer und NR Zeillinger am Do., den 5. 11. 1953 in RA-Kanzlei Zeillinger. Eingangs versuchten mich beide Herren, für Donnenberg zu erwärmen, wobei die üblichen Argumente und Gegenargumente behandelt wurden. Neu war nur das präzise Eingehen auf den Vorwurf, dass Donnenberg Mischling sei. Als ich nach etwa einer Stunde auf die Presseaussendung der ÖVP zu sprechen kam, gab Dr. Bojer zum Entsetzen Glasers zu, dass diese Aussendung nur eine Tarnung der (wörtlich) „Scheissgasse“ sei, in der sich die ÖVP befinde. Ich blieb in der Ablehnung Do. absolut hart, erklärte, dass dessen Zurückziehung eine Conditio sine qua non sei. Als ich das Ge­spräch zu beenden beginne, lenkte zuerst Bojer ein. Schliesslich fragte Glaser, wer denn sonst noch als erfahrener Kommunalpolitiker in Betracht käme. Ich erklärte, nicht mehr als mein Verhandlungsausschuss sagen zu können, nämlich, dass Donnenberg und auch Porenta nicht in Betracht kämen. Er erklärte übrigens, dass die Ablehnung Porentas nicht mitgeteilt worden wäre. Schliesslich zählte er alle auf, schrieb sie in Kolonnen, und in der für uns eventuell annehmbaren und auch formatmässig annehmbaren Kolonne stand: Prechtl, Reinthaler, Binder und Wölfler. Über Drängen teilte ich schliesslich mit (nachdem ich vor der Unterredung von Weilhartner die Zustimmung eingeholt hatte), dass sie heute einen Brief mit der Stellungnahme unseres Klubs erhalten. Ich gab schliesslich bekannt, dass der Brief 1. die absolute einstimmige Ablehnung Donnenbergs enthalten werde und 2. den Vorschlag Wölfler als letzten Vorschlag. – Betretenes Schweigen war die Antwort.

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Ich drängte schliesslich zum Aufbruch, Glaser wurde immer nervöser. Schon mehr bittend, fing er nochmals von Donnenberg an. Ich fasste zu­sammen: Uns verbindet nur eines: Die Forderung nach einem nichtsozialistischen Bürgermeister. Uns trennt eines: Donnenberg. Ich lehnte ab, vorher über andere Detailfragen zu verhandeln. Vor Auseinandergehen bat Glaser, den Brief heute noch während der Klubsitzung erhalten zu können, da sie um 1/2 6 bei Donnenberg im Mirabell tagten. Ich sagte zu. Aus dem ganzen Gespräch ergab sich folgendes: 1. Die ÖVP will kein Abkommen treffen, sondern nur eine lose Vereinbarung. Sie fürchtet irgendwie letzten Endes die SPÖ, und will diese nicht restlos verbittern. 2. Sie gibt zu, in einer „Scheissgasse“ (ihr eigener Ausdruck) zu sein. 3. Ich habe den Eindruck, dass die ÖVP-Fraktion möglicherweise unter unserem Drucke Donnenberg fallenlässt. 4. Von einem Nachrücken Bojer und Gmelin war nicht die Rede. Ich spielte auf Bojer an, jedoch gab Glaser keine Äusserung ab. Abschliessend kam Glaser noch mehrmals auf die Kontroverse zwischen Klaus und mir, und fragte, ob keine Möglichkeit bestehe, diese beizulegen. Ich erklärte, dass von mir aus nichts im Wege stünde. Glaser erklärte, dass, falls es hart auf hart gehe, die ÖVP herausrücken würde, wer die beiden Gemeinderäte seien, die ihnen seinerzeit Donnenberg als Bürgermeister anboten. Er erklärte weiters, dass Weilhartner dies im Hotel Pitter bereits zugegeben habe, überdies erklärte er, dass Weilhartner es beim letzten Auseinandergehen übernommen habe, zur nächsten Sitzung einzuladen. 14) Aktenvermerk über eine Unterredung mit Herrn Mr. Wölfler am 6. 11. 1953 von 17 Uhr 35 bis 17 Uhr 55 im Büro Dr. Richter. Am 6. 11. 53 um 17 Uhr 35 erschien Herr Mr. Wölfler bei mir – Dr. Richter – im Büro und bat mich um eine kurze Unterredung. Herr Mr. Wölfler erklärte, er müsse zunächst danken für das Schreiben des WdU-Klubs und insbesondere für das ihm entgegengebrachte Vertrauen. Mr. Wölfler käme im Namen des ÖVP-Klubs zu mir, um mich zu bitten, mit meinem Klub Verbindung aufzunehmen dahin gehend, dass die Antwort der ÖVP nicht vor der für Montag den 9. 11. vorgesehenen beiderseitigen Besprechung erfolgen könne, und er bitte, wir mögen uns mit der Antwort gedulden. Mr. Wölfler betonte, dass der Brief der WdU wie eine Bombe gewirkt habe und er könne mir versichern, dass allmählich die Vernunft sich durchzusetzen beginne. Er, Mr. Wölfler, habe den Herren seines Klubs erklärt, dass das Festhalten an Donnenberg eine sehr schwierige Situation heraufbeschworen habe und dass man nunmehr der WdU keinen Vorwurf mehr machen könne, wo sie mit solch konkreten Vorschlägen an die ÖVP herantrete. Wölfler erklärte mir weiter, dass auch Dr. Binder und Ing. Reinthaler befragt wurden, ob sie bereit wären, den Bürgermeisterposten zu übernehmen, was beide Herren im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit ausschlugen. ÖVP-GR Dr. Glaser

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hätte dann im Klub sehr vernünftige Worte gefunden und er, Wölfler, hoffe, dass nun allmählich Einsicht zu Worte komme und den Stimmen älterer, erfahrener Männer Gehör ge­schenkt würde und nicht nur der stürmischen Jugend. Mr. Wölfler sagte mir weiterhin, dass er in seinem Klub darauf hingewiesen habe, dass es ihm nicht zweckmässig erscheine, zu Verhandlungen mit der WdU gerade die stärksten parteigebundenen Vertreter der ÖVP zu schicken. Zur Besprechung am Montag den 9. 11. würden daher auch seitens der ÖVP die Herren Mr. Wölfler, Ing. Reinthaler, Dr. Binder und voraussichtlich auch Hr. Prechtl kommen. Wölfler betonte, dass er trotz seines Alters bereit wäre, den Posten des Bürgermeisters zu übernehmen, da er kommunalpolitisch schon gearbeitet habe und sich das, was Pacher kann, auch zutraue, besonders dann, wenn er einige gute Mitarbeiter habe. Ferner berichtete mir Wölfler, dass er als Alterspräsident des neuen Gemeinderates Bgmstr. Pacher einen Besuch abstattete, bei welcher Gelegenheit auch die Frage der Ressortverteilung gestreift wurde. Pacher hätte dabei darauf hingewiesen, dass die WdU sehr viele Ressorts habe und „man denen etwas wegnehmen müsste“. Wölfler habe Pacher daraufhin nachgewiesen, dass die SPÖ rund 70 % der Ressorts kontrolliere. Wölfler betonte abschliessend nochmal, dass er für das Schreiben danke und sich in der Lage fühlen würde, zumindest 2 Jahre lang den Posten eines Bürgermeisters zu übernehmen. Dr. Richter 15) Gedächtnisprotokoll über die Besprechung zwischen ÖVP und VdU in Hotel Pitter am 9. November 1953. Beginn: 18.35 Uhr Anwesend: ÖVP: LA Glaser, G.R. Wölfler, G.R. Dr. Binder, G.R. Prechtl, G.R. Porenta, G.R. Ing. Reinthaler. VdU: StR. Ponholzer, G.R. Weilhartner, G.R. Dr. Bernhold, G.R. Dr. Richter. G.R. Porenta: Die ÖVP freut sich darüber, dass es wieder zu einem Gespräch mit der WdU gekommen ist. Die Zeitungsnotiz in den „SN“ v. Samstag, den 7. 11. habe mit der ÖVP nichts zu tun. Die Bevölkerung erwartet einen nichtsozialistischen Bürgermei­ster. Die Parole ist der ÖVP Ernst; die ÖVP habe dies schon unter Beweis gestellt (?). Es soll nicht an der Person scheitern, man soll weiter denken. Bei den Städtebundtagungen weht überall die rote Fahne. Ganz Österreich schaut auf Salzburg, von dem man erwartet, dass hier die sozialistische Herrschaft gebrochen wird. Die G.R. Reinthaler, Dr. Binder und GR Wölfler wären die Namen, denen Sie, vom VdU, zustimmen würden. Die drei Herren sind selbst hier und werden Ihnen den Standpunkt selbst klarlegen.

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G.R. Weilhartner: Sie haben einen Brief an den Bürgermeister geschrieben, dass Sie keine Verhandlungen wollen; wie ist das zu verstehen? G.R. Porenta sagt, es sei die Sozialistische Partei gemeint, weil der Bürgermeister ihr angehöre. G.R. Reinthaler: Es ist für mich sehr ehrend, ich habe aber jedem erklärt, dass eine solche Bestellung (Bür­germeister) nicht in Frage käme. Kein Geschäftsmann kann sein Geschäft mit dem des Bürgermeisters vertauschen. Die rote Front soll endlich gestoppt werden. Neuwahlen werden der ÖVP keinen grösseren Sieg bringen und auch dem VdU nicht. Eine Neuwahl würde in die Zeit der Arbeitslosigkeit fallen. G.R. R. bezeichnete sich als Brücke zur Verständigung. G.R. Dr. Binder: Er denke nicht daran, die Bürgermeisterstelle zu übernehmen, besonders aus beruflichen Gründen. Er möchte die Zusammenarbeit mit dem VdU. Er fürchte, dass die Sozialisten aus dem Saal gehen könnten, deshalb dürften die Sozialisten von einer Vereinbarung mit dem VdU nichts erfahren. Es sollte eine Überrumpelung sein. Vielleicht gelingt es, Donnenberg beim ersten Wahlgang durchzubringen. Er erwähnte auch kurz die Frage der Ressortverteilung. G.R. Wölfler: Der Zeitungsartikel (s.o.) stammt nicht vom Klub der ÖVP. Er sei der ÖVP auch nicht richtig erschienen. An die schwere Belastung des Bürgermeisteramtes gemahnend, erklärt er, dass sie ihm kaum erträglich erschiene. Er wage sich nicht an diese grosse Aufgabe. Im Klub der ÖVP wurde neuerdings einstimmig beschlossen, an dem Spitzenkandidaten D. festzuhalten. Die Personenfrage gelte ihm nicht als die wichtigste. Er gab dann einen Rückblick bis zum Jahre 1919. Er denke an eine Koalition mit dem VdU, aber nicht so streng wie im Parlament, denn er wünsche auch keine Obstruktion der Sozialisten. Man müsse es auf die Abstimmung ankommen lassen. Er habe auch Bgm. Pacher die Aufwartung gemacht und über die Referatsverteilung gesprochen. Bgm. Pacher erklärte ihm, der VdU habe zu viele und dem seien sie wegzunehmen. An den Ressorts der Sozialisten würde sich kaum was ändern lassen. G.R. Porenta: Zusammenfassung: Die Vorschläge des VdU konnten bei bestem Willen von der ÖVP nicht angenommen werden. Auf Kandidatur von Donnenberg wird beharrt. Es wäre nicht anständig, den Mann wieder fallenzulassen. G.R. Weilhartner: Die Ausführungen der Sprecher waren wertvoll. Über die Ressortverteilung ist im VdUKlub noch nicht gesprochen worden. G.R. Dr. Binder: Zusammenhalten ohne Rücksicht auf Person.

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LA Glaser: Er sprach über Ressortverteilung. Der Bürgermeister könne nach dem Stadtrecht nicht gezwungen werden, dieses oder jenes Ressort abzugeben (§ 6 Stadtrecht). Dr. Richter: Die neue Situation müsse erst dem Klub berichtet werden, er schlug vor, Fühlung halten mit der SPÖ. Zusammenfassend wird nun festgestellt: a) An Vicebgm. Donnenberg wird von der ÖVP festgehalten b) Die drei Herren Dr. Binder, Ing. Reinthaler und G.R. Wölfler haben sich nicht bereit erklärt, den Bürgermeisterposten zu übernehmen. c) Was erhält der VdU für Garantien? d) Die Initiative zu den Verhandlungen der VdU [sei] — was Herr LA Glaser ausdrücklich betonte, von der ÖVP ausgegangen. LA Glaser schlägt für Donnerstag, den 12. 11. 1953 um 18.30 Uhr eine weitere Besprechung vor. Ende der Sitzung 19:40 Uhr. 16) Gedächtnisprotokoll über eine Unterredung zwischen NR Preussler und NR Zeillinger am 9. November im Café Central P. erklärte, dass er in Wien von Helmer absolute Zustimmung bekommen habe, mit uns eine über die Bürgermeisterfrage hinausgehende Vereinbarung zu treffen. Er fragte, wie der Stand bei uns ist bzw. ob er die Pressekommuniques richtig verstehe, dass wir uns nur in der Schuldfrage abdecken wollen. Ich bestätigte ihm dies und erklärte, dass wir mit der ÖVP nur noch in Kontakt seien, allerdings auch zu Gesprächen mit der SPÖ bereit wären. P. erklärte, dass wir in der nächsten Besprechung unsere Forderungen konkretisieren sollen. Er sei bereit, darüber eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, die neben der Fraktion auch von ihm, also auch von der Partei unterzeichnet würde. Er stelle sich vor, dass wir unsere gegenseitigen Abmachungen dann Zug um Zug erfüllen. Er schlug vor, abends vor unserer Fahrt nach Wien mit Bäck am Bahnhof eine Stunde zu sprechen, da dieser ebenfalls nach Wien fahre. Ich erkläre mich einverstanden, um 12 Uhr am Bahnhof, 2. Klasse. Ich sagte zu, Weilhartner wenn möglich mitzubringen. 18 Uhr desselben Tages. Telefongespräch mit P., der mitteilt, dass er auch Fellinger mitbringen werde, da Bäck nicht vor Donnerstag nach Salzburg kommen wird.

An dieser Stelle bricht die Überlieferung leider ab. Der »Trend« zu einer rot-blauen Zusammenarbeit, wie er sich in den letzten Besprechungen zwischen Zeillinger und

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Preußler abgezeichnet hatte, setzte sich jedoch offenbar fort. Als der Salzburger Gemeinderat am 23. November zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat, lautete das Resultat der beiden ersten Wahlgänge  : Pacher 16 Stimmen, Donnenberg 14, Ponholzer 10. Vor dem dritten Wahlgang erklärte Weilhartner, seine Fraktion habe beschlossen, die Abstimmung freizugeben  ; doch gaben alle zehn VdUGemeinderäte einhellig weiße Stimmzettel ab. Pacher war somit wiedergewählt. Als Vizebürgermeister wurden Ponholzer und Donnenberg bestellt  ; Ponholzer mit 30 Stimmen (er hatte also zusätzlich zu den SPÖ- und VdU-Stimmen auch mindestens vier von der ÖVP erhalten), Donnenberg mit 24, Bäck (26) und Prechtl (23) wurden zu Stadträten gewählt.113 Die ÖVP solle die VdU-Gemeinderäte daraufhin »beflegelt« und am Tag danach der SPÖ eine Koalition vorgeschlagen haben, um den VdU kaltzustellen. Pacher sei darauf jedoch nicht eingegangen  : Die ÖVP habe den koalitionsfreien Raum gewollt  ; ihr Wunsch sei erfüllt worden, nun müsse sie mit den Folgen leben. Bei der Ressortverteilung fiel dem VdU das Gewerbereferat zu, das bisher Donnenberg und die ÖVP innegehabt hatten.114 In den ›Salzburger Nachrichten‹ erkannte Gerd Bacher daraufhin zwar an, dieser erhöhte Einfluss mache den VdU »nicht zum Verlierer, sondern zum Sieger der Gemeinderatswahl«, er habe sich damit aber auch zum »unkontrollierbaren Werkzeug gewisser prinzipienloser Manager« gemacht. Der VdU hielt daran fest  : »Die Verantwortung für die Wiederwahl Pachers trifft ausschließlich die ÖVP«, weil sie nicht von der Kandidatur Donnenbergs abgegangen sei  ; außerdem verwahrte man sich gegen die »Lüge von der VdU-SPÖKoalition«.115 An diese Behauptung ließen sich allerlei spitzfindige Erörterungen 113 Wenn Heinz Dopsch und Robet Hoffmann, Geschichte der Stadt Salzburg (Salzburg 1996) 590 schreiben  : »Der Beginn dieser ursprünglich antiklerikal gefärbten Liaison datiert im Jahre 1953, als Stanislaus Pacher von SPÖ und FPÖ als Bürgermeister wiedergewählt wurde«, ist das formal zwar unrichtig (auch, weil es damals noch keine FPÖ gab), aber in der Sache nicht ganz falsch. 114 Im Salzburger Volksblatt (2. 12. 1953) fand sich eine penible Aufstellung der ÖVP, die SPÖ habe nunmehr Ressorts inne, die 56 % des Personals und 67 % des Budgets der Stadt umfaßten. Gemeinderat Hans Probst protestierte gegen die neue Ressortverteilung mit einem Sitzstreik im Sitzungssaal. 115 So lauteten die Titel der beiden Artikel in der Neuen Front vom 28. November u. 5. Dezember 1953. Bacher war zusammen mit dem NF-Redakteur Hans Zeilinger kurz zuvor von Kammerpäsident Ausweger geklagt worden, weil er in den SN vom 20. Oktober 1951 den Artikel aus der NF vom 13. Oktober weiterverfolgt hatte, der von Rückversicherern und Kontakten zwischen ÖVP und KPÖ sprach. Bacher verteidigte sich vor Gericht, »da es sich ja gerade um den Präsidenten der antikommunistischen Wirtschaftsvereinigung und den Angehörigen der antikommunistischen Partei Österreichs handelte, waren wir der Überzeugung, dass es geradezu die Pflicht unserer Zeitung war, dass hier reiner Tisch gemacht werden muss«. Der CIC-Beamte Ringer habe Bacher mitgeteilt, die Amerikaner verfügten »in Form von Magnetofonbändern mit Gesprächen Auswegers und Funktionären der KP« über Beweise  ; vgl. das Protokoll der öffentlichen Hauptverhandlung am Bezirksgericht Salzburg vom 11. 12. 1952 in VdU-Archiv Salzburg, Karton 38 (Gustav Zeillinger war der Verteidiger Hans Zeilingers).

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über den präzisen Begriffsinhalt des Terminus »Koalition« knüpfen. Auf den Beobachter musste nicht bloß die beschlossene Ressortverteilung, sondern auch die Tatsache, dass die SPÖ – was sie vorher immer vermeiden wollte – sich auf eine »offene« Abstimmung im Gemeinderat eingelassen hatte, sehr wohl den Eindruck weitgehender Absprachen unterstreichen, wie er sich auch aus den oben abgedruckten Protokollen ergibt. Um das Bild abzurunden, soll freilich auch auf eine weitere Bürgermeisterwahl hingewiesen werden, die kurz zuvor in Innsbruck stattgefunden hatte. Nach dem dortigen System wurde jeweils immer nur die Hälfte der Gemeinderäte neu gewählt. Die Wahlen ergaben keine großen Verschiebungen zwischen den Lagern  : Der Stimmenanteil des VdU ging – im Gegensatz zu den Landtagswahlen – nur leicht zurück (von 17,1 auf 16,2 %). Im Gemeinderat saßen einander nunmehr 17 – auf insgesamt vier unterschiedlichen Listen116 gewählte – Mandatare der ÖVP, 15 der SPÖ, 7 des VdU und 1 der KPÖ gegenüber. Auch hier kam es nicht mehr zu einer Erneuerung der Koalitionsvereinbarung zwischen den Partnern auf Bundesebene. Bürgermeister Greiter wurde diesmal vielmehr von ÖVP und VdU wiedergewählt  ; im Gegenzug wurde die Zahl der Stadträte von sieben auf acht aufgestockt (ein Verfahren, über das ja auch in Salzburg diskutiert worden war). Neben dem Tiroler VdU-Obmann Otto Gamper (pikanterweise der Bruder des ÖAAB-Obmannes Hans Gamper) wurde mit 21 gegen 19 Stimmen Egon Denz zum zweiten VdU-Stadtrat gewählt, der Alt-Bürgermeister der Jahre 1938–1945.117 verhandlungen über die regierungsbildung herbst 1954 (Quelle  : VdU-Archiv Salzburg, Karton 38) Im Gegensatz zu den Verhandlungen in der Stadt Salzburg im Jahr zuvor setzt die Überlieferung zu den Parteienbesprechungen im Lande schon einige Monate vor den Landtagswahlen vom 17. Oktober 1954 ein. 1) 30. Juli 1954, Kurze Besprechung Weißkind – Zeillinger Teile diesem mit, dass ich in den nächsten Tagen mit Klaus sprechen werde und vorher noch einige Fragen mit der SPÖ klären möchte. Weißkind sagt zu, P. sofort zu mobilisieren und die Unterredung zustande zu bringen

116 Die offizielle ÖVP-Liste hielt elf Sitze, der ÖAAB drei, die Bürgerliste (= Wirtschaftsbund) zwei, die »Heimatliste Junge Opposition« eines. Die Neue Front sprach vom »Rattenfängertum mit Tarnlisten«. 117 Neue Front, 21. November 1953.

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2) Gedächtnisprotokoll über eine Unterredung Peyerl – Weißkind – Zeillinger im Büro W. am 2. 8. 1954 Teile den Herren der SPÖ mit, dass ich vor einer Unterredung mit Klaus stehe und gerne die grundsätzliche Stellungnahme der SPÖ zur Frage der kommenden Regierungsbildung kennen würde. P. erklärt, dass die SPÖ keinesfalls mehr einer Ausschaltung des VdU wie 1949 zustimmen werde, dass er aber eine frühzeitige Vereinbarung mit der ÖVP und insbesondere Erklärungen in der LH-Frage taktisch für unklug halte. Er wäre bereit, mit dem VdU eine Vereinbarung dahin gehend zu treffen, dass keine der beiden Parteien mit einer anderen Partei (ÖVP) eine Stipulation mache, ohne vorher die andere Partei zu konsultieren. Ich erkläre ihm, dass ich ihm unsere Stellungnahme zu diesem Vorschlag nach Besprechung im ExA mitteilen werde. Darüber hinaus wäre die SPÖ, die nun Vertrauen zur Haltung des VdU habe, bereit, ein Gentleman Agreement zu schliessen. Ein endgültiger schriftlicher Vertrag wäre aber erst nach der Wahl zweckmässig. Insbesondere wäre die SPÖ bereit, dem VdU Schützenhilfe bei gewissen Schwierigkeiten (ungünstiger Wahlausgang) zu leisten. 3) Gedächtnisprotokoll über die Unterredung Klaus – Zeillinger im Büro Klaus am 3. Aug. 1954 Da ich in der letzten Unterredung zugesagt habe, die Antwort Klaus zu übermitteln, rief nun K. an und teilt mit, dass er um die Antwort bitte. Ich mache aufmerksam, dass ich mich nur mit 2 bis 3 Parteifreunden besprochen habe und die Angelegenheit noch vor kein Parteiforum gebracht habe. Der Vorschlag, wonach bei der neuen Regierungsbildung der VdU nicht nur nicht ausgeschaltet, sondern entsprechend seinem Wahlergebnis an den Regierungsgeschäften beteiligt werde, ist akzeptierbar. Da K. meinte, daß dies ja zu erwarten sei, mache ich ihn darauf aufmerksam, dass dies praktisch dann eine Zustimmung zu einer demokratischen Dreierkombination unter Verzicht auf eine Zweierlösung sein wird. Nach unserer Ansicht ist dabei aber die Stellungnahme der SPÖ hiezu entscheidend. K. teilt mit, dass er mit der SPÖ noch nicht gesprochen habe und dies erst nach unserer Unterredung tun wolle. Ich machte nochmals aufmerksam, dass alle weiteren Punkte so lange in Schwebe bleiben müssten, als die SPÖ nicht grundsätzlich ihr „Ja“ dazu gesagt habe. K. ist der Ansicht, dass die SPÖ dazu nicht „Nein“ sagen könne. Ich erkläre weiters, dass die gegenseitige Akzeptierung der von den Parteien vorgeschlagenen Regierungsmitglieder praktisch in der Verfassung verankert sei und daher nur auf den Landeshauptmann Bezug habe, also ein Zugeständnis an die ÖVP sei. Doch vertrete ich die Meinung, dass wir jetzt noch zu keiner Person Stellung nehmen können. Die ÖVP könnte schliesslich einen Mann vorschlagen, der für uns dann einfach unannehmbar sei. Auf Befragen, was ich darunter verstehe, führe ich als Beispiel

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Ausweger an.118 K. meint hierauf, dass dieser Mann nicht in Frage komme und selbst für ihn unannehmbar sei. Ich mache K. weiters darauf aufmerk­sam, dass nach unserer Information die Sache derzeit in der ÖVP noch gar nicht entschieden sei. Wir wüssten selbst von Klaus und Rehrl, wobei ich darauf hinwies, dass die Männer um Rehrl sehr agil seien und geschickt Verbindung mit Leuten von uns aufnehmen. Dieser Hinweis war ihm sichtbar peinlich und machte ihn nervös. Er meinte, es könnte eventuell aus taktischen Gründen auch Hasenauer herausgestellt werden, möglicherweise auch Grießner. Ich erkläre ihm, dass der von ihm entwickelte Gedanke, die stärkste Partei solle den LH stellen, für den Fall, dass auch die SPÖ ihm zustimme, absolut eine Diskussionsgrundlage sei. Eine Diskussion über die Person würde von unserer Partei jetzt noch abgelehnt, da wir uns weder festlegen noch Königmacher-Rolle innerhalb der ÖVP übernehmen wollen. Die von ihm angeführten Personen wären aber zweifellos in die Gruppe der tragbaren einzureihen gegenüber jenem Kreis vom Profil eines Ausweger. K. erklärte, dass sich die ÖVP ca. am 28. 8. mit der Kandidatenliste beschäftigen wird und diese dann zwischen dem 28. 8. und 10. 9. veröffentlichen werde. Der vorgeschlagene Spitzenkandidat wäre dann der prädestinierte LH. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass dies von uns auf keinen Fall als eindeu­tige Mitteilung aufgefasst werden könne, wie das Beispiel Rehrl im Jahre 1949 gelehrt habe. Wir werden auch in unserer Propaganda gezwungen sein, das Beispiel 1949 anzuführen und könnten daher nie eine solche Art der Mitteilung akzeptieren. K. sagt dann zu, dass er uns rechtzeitig informieren werde. Zu den personellen Fragen erkläre ich, dass diese erst zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert werden sollen, da sie untergeordneter Natur seien und im Zusammenhange mit der Gesamtregelung stünden. Auf die Frage K.s, wie es mit der Zusammenarbeit auf den verschiedenen Gebieten stünde, schlug ich vor, dafür Ausschüsse vorzubereiten, wo z.B. von jeder Partei 3 Leute teilnehmen sollten, um die Möglichkeiten eines gemeinsamen Vorgehens zu prüfen. K. war damit einverstanden. Im Zuge des Gespräches erklärte er, dass es ihm darauf ankomme, die Fehler der GRWahl zu vermeiden; darum wolle er diesmal schon vor der Wahl verschiedene Fragen, insbesondere die Personenfrage klären. Ich mache K. darauf aufmerksam, dass wir natürlich als kleine Partei noch eine ganze Reihe von Sicherheiten benötigen. Insbesondere könnte im Falle ei­nes ungünstigen Wahlausganges die Zahl der Regierungsmitglieder für uns wichtig sein. K. erklärte, dass er seinerzeit bei der Erhöhung der Landtagssitze auch für eine Vergrösserung der Regierung eintrat, damit aber bei seiner eignen Partei nicht durchdrang. Es sollte dies dem neuen Landtag vorbehalten bleiben. Anschliessend macht K. noch auf folgende Fälle aufmerksam: Der ehemalige Gemein118 Ausweger war vorgeworfen worden, als »Rückversicherung« Spenden an die KPÖ getätigt zu haben  ; siehe Anm. 115.

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debedienstete Mühlberg aus Zell wurde als ehemal. Nationalsozialist pensioniert. Es sei ihm Unrecht ge­schehen und er sei nun daraufgekommen, dass die Gemeindeaufsichtsbehörde den Auftrag gegeben habe, keine Entscheidung zu fällen. Weiters erklärte K., die Frage des Sprengelarztes in Schwarzach sei in erfreulicher Übereinstimmung ÖVP – VdU gelöst worden. Schließlich wies K. auf Dr. H. Hilzensauer aus Saalfelden hin, der derzeit in Pörtschach am Wörther See wohne und seit 9 Jahren berufslos sei. Als letztes fragte er mich, ob Proksch VdU-Mann sei. Ich erklärte, er sei mir als uns nahestehend bekannt. Er habe Proksch an das Landesverkehrsamt empfohlen, da es bei dieser fähigen Kraft schade sei, wenn er als Arbeiter an einem Ofen stehen müsse.119 Abschliessend stellen wir fest, dass als nächster Schritt K. mit der SPÖ sprechen muss, um deren grundsätzliche Stellungnahme einzuholen. 4) Gedächtnisprotokoll über eine Unterredung Zeillinger mit Peyerl am 3. August 1954. Über mein Ersuchen fand eine Unterredung mit Peyerl in dessen Büro statt, Ich mache aufmerksam, dass ich mit dem LH gesprochen habe und dieser mit ihm sprechen werde. P. erklärte, dass K. heute nachmittag ihn schon diesbezüglich angesprochen habe und es wurde eine Unterredung für nächsten Montag (9. 8.) vereinbart. P. wird mich nachher sofort verständi­gen. P. erklärte, dass er und seine Partei volles Vertrauen in die Ver­tragstreue des VdU haben. Er wiederhole nochmals, dass seine Partei durchaus bereit sei, uns eine Zusage zu geben, dass die SPÖ keine Abmachungen mit der ÖVP, ohne vorherige Absprache mit dem VdU, treffen werde. Vor­aussetzung sei, dass der VdU eine gleichartige Haltung zusage. Ich er­klärte ihm, diese Frage vor die engere Verbandsleitung zu bringen. P. er­klärte weiters, dass nichts im Wege stehe, wenn der VdU auf verschiedenen Gebieten mit der ÖVP zusammenarbeite. Er muss jedoch insbesondere dar­auf aufmerksam machen, dass die SPÖ nur dann auf eine Abmachung mit der ÖVP verzichte, wenn der VdU mit dieser Partei nicht eine Vereinbarung treffe, wonach in Zukunft jede Betreuung des sozialen Wohnbaufonds unterbleibe oder mit der ÖVP eine Bindung wegen einer Personalpolitik, die der SPÖ entgegensteht, eingehe. 119 Dabei handelte es sich um Rudolf Proksch, der bei der Aluminiumfabrik in Lend arbeitete, dort für die parteilosen Betriebsräte kandidierte und der Gruppe um die Aktion für politische Erneuerung angehört hatte. Proksch war als NSDAP-Funktionär vor 1938 ins Deutsche Reich emigriert und während des Krieges als Abwehroffizier vor allem mit den Kontakten zu den Ukrainern betraut. Sein Sohn war der nachmalige Club 45-Maître de plaisir Udo Proksch. Felix Butschek fragte Reinthaller 1951 im Auftrag von Vater Proksch, ob es ihm möglich wäre, dessen Sohn während der Sommerferien einige Zeit nach Attersee zu nehmen. Er sei »gescheit, anstellig und flink, körperlich sehr gewandt und nicht verwöhnt«. Der ältere Bruder gehe bei Friesacher in eine landwirtschaftliche Lehre (Oberösterreichisches Landesarchiv, Nl. Reinthaller, VdU/FPÖ I, 16. Juli 1951).

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Nach Ansicht P. muss man vor der Wahl jede Bindung mit der ÖVP vermei­den, diese im Ungewissen lassen, um dann einen möglichst schwachen LH zu erreichen. Nach seiner Ansicht wäre z.B. Hasenauer ein Mann, mit dem die anderen sehr leicht fertig würden. Man dürfe nicht die inneren Schwierigkeiten der ÖVP durch vorzeitige Zustimmung zu einem bestimmten Anwärter auf die Stelle des LH erleichtern. Im übrigen sei die SPÖ selbstverständlich an einem guten Abschneiden des VdU interessiert und deswegen auch zu einer guten und ehrlichen Zusammenarbeit bereit. Er wird nötigenfalls die Sache vor seinem Parteipräsidium vertreten. Wir verbleiben dabei, dass mich P. verständigt, wenn er mit K. gesprochen hat. 5) Parteienbesprechung  : Beschluß der engeren Landesverbandsleitung vom 6. 8. 1954  : „Stipulation mit SPÖ, wonach sich VdU und SPÖ gegenseitig verpflichten, keinerlei Vereinbarungen mit einer anderen Partei (ÖVP) zu treffen, ohne sich gegenseitig vorher darüber abzusprechen.“ 6) Gedächtnisprotokoll über eine Unterredung mit LHStv. Peyerl am 18. 8. 1954 Dieser teilt mit, dass K. mit ihm gesprochen habe. Er hat vorher mitgeteilt, dass seine Partei grundsätzlich bereit sei, einen Verhandlungsausschuss (je 4) zwischen den beiden Parteien einzu­setzen. K. wolle ihn morgen mittags um 12 Uhr nochmals sprechen, worauf ich ihn aufmerksam mache, dass K. mich um 10 Uhr zu sprechen wünsche. Er bestätigt, dass seine Partei seinen Vorschlag gebilligt habe, wonach sich SPÖ und VdU bereit erklären, mit einer 3. Partei kein Abkommen ohne vorherige Konsultation des anderen Partners zu stipulieren. Im übrigen werde er nach wie vor vermeiden, vor der Wahl irgend eine Entscheidung mit der ÖVP zu treffen und ihr bei der Schwierigkeit der Landeshauptmannauswahl behilflich zu sein. Ich teile mit, dass ich auf einer Dreierbesprechung bestehen werde und auch sonst keine engere Bindung eingehen werde. Vertraulich teilt mir P. noch mit, er sei informiert worden, dass Rehrl und Ponh[holzer] bereits zweimal in einem Hotel oder Gast­ hof sich zu einem Gespräch über das Verhältnis Rehrl – VdU getroffen hätten. Er wolle mich kollegialerweise darauf aufmerksam machen, da er annehme, dass ich offiziell darüber nicht informiert worden bin. 7) Gedächtnisprotokoll über ein Gespräch mit Dr. Klaus (19. 8. 1954), welches über dessen Wunsch in seinem Büro stattfand. K. eröffnet die Unterredung mit der Frage, ob der VdU gewillt sei, mit der ÖVP über die Punkte 1–4 (siehe frühere Protokolle!) eine Verabredung zu treffen. Ich antwortete dass dies eigentlich eine in-

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direkte Antwort auf meine seinerzeitige Frage bei der Unterredung in der Fronburg sei: Ist die ÖVP bereit, eine Abmachung mit dem VdU zu treffen, auch wenn die SPÖ nicht wolle? Später hätten wir uns jedoch geeinigt, über Punkte 1–4 die SPÖ zu hören und eine Dreierbesprechung abzuhalten. K. erklärt, er habe mit P. gesprochen; dieser habe ihm vorgehalten, dass er in seinem Urlaub verständigt worden sei, es finde eine Unterredung VdU – ÖVP statt. K. meint, es müsse also eine Indiskretion beim VdU passiert sein. P. habe ihn dezidiert gefragt, ob die ÖVP mit dem VdU eine Abmachung habe. K. habe lediglich erklärt, dass er verhandle (Hinweis: K. erwähnte mit keinem Wort im ganzen Gespräch die Vereinbarung, wonach je 4 Leute der ÖVP und der SPÖ zu Verhandlungen zusammentreten werden). K. wiederholt seine Frage, ob der VdU zu einer Abmachung mit der ÖVP gewillt sei. Ich betone, dass ich nur bezüglich meiner Person antworten könne, aber vor einer Vorstandssitzung nicht im Namen des VdU sprechen könne, worauf K. sichtlich schockiert ist und mich auch frägt, ob ich seine peinliche Überraschung bemerkt habe. Ich erkläre ihm, dass die Frage, ob die stärkste Partei den Landeshauptmann stelle, kaum auf nennenswerte Schwierigkeiten im VdU stoße. Wesentlich anders sei die Angelegenheit bezüglich einer Zusage, den von der ÖVP vorgeschlagenen Mann zu akzeptieren und zu wählen. Hier sähe ich Schwierigkeiten, da wir nicht ahnen können, wen die ÖVP vorschlagen wird. K. meint hierauf, dass mit grösster Wahrscheinlichkeit ein Mehrheitsbeschluss auf K. lauten werde. In einem Gespräch mit den drei Obmännern der Bünde und deren Stellvertreter wäre ihm dies zugesichert worden. Ich frage ihn, wann die ÖVP dies offiziell mitteilen könne. Er sagt, die ÖVP habe am 28. 8. eine grosse Sitzung, wo die Entscheidung falle. Am Montag, den 30. 8. wird er mich verständigen, wer der Spitzenkandidat ist und mir gleichzeitig mitteilen, ob dieser Spitzenkandidat als Landeshauptmann vorgeschlagen wird. Ich teile mit, dass ich ebenfalls am 28. 8. einen Vorstand einberufen habe, daher seine Mitteilung dabei noch nicht verwerte, sondern nur dann in der darauffolgenden Woche (Mittwoch) den engeren Partei(vor)stand einberufen kann. K. teilt mit, daß die SPÖ wohl kaum einer Lösung im Punkt 1 (Beteiligung nach der Wahl) die Zustimmung verweigern könne. Ich mache ihn aufmerksam, dass dies keine Stellungnahme für meinen Vorstand sei, da ich eine solche Zusage unbedingt aus dem Munde P. hören müsse. Es müsse also ein Gespräch zu dritt oder zwischen P. und mir stattfinden. Daraufhin erklärt K., vor dem 28. 8. ein Gespräch zu dritt arrangieren zu wollen. K. fragt nochmals über unsere Bereitschaft zu einer Abmachung mit der ÖVP; als er meine Antwort neuerdings hört, rückt er mit der „NF“ heraus und liest jene Stelle vor, dass wir ein Zusammengehen mit der ÖVP ablehnen. Ich teile ihm offiziell mit, dass sich dieser Artikel nur auf die GR-Wahl beziehe. Er erklärte, dass das ÖVP-Präsidium alle untergeordneten Dienststellen angewiesen habe, keine Wahlgemeinschaft mit dem

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VdU einzugehen.. Er habe auch im Falle UNKEN eine Gemeinschaftsliste abgelehnt. Ich danke für diese Mitteilung, die ich offiziell zur Kenntnis nehme und erkläre, dass wir in der nächsten „NF“ eine Erklärung bringen werden. K. macht mich auf­merksam, dass diese Anschüsse der „NF“ keine gute Vorbereitung für eine Zusammenarbeit waren. Die ÖVP-Zeitung greife den VdU nicht an. Ihr ganzer Kampf wird gegen die SPÖ geführt werden. K. fragt, ob wir einen Burgfrieden für die Propaganda schliessen könnten. Ich erkläre, dass ich diesbezüglich Bedenkzeit brauche.

Die Wahlen vom Oktober 1954 brachten dem VdU herbe Verluste ein und gaben den Startschuß zu den internen Auseinandersetzungen, die schließlich zu seinem Ende und zur Gründung der FPÖ führten (siehe Abschnitt Reinthaller). Im Lande Salzburg fiel sein Stimmenanteil von 18,6 auf 13,2 %, die ÖVP legte von 43,6 auf 45,9 % zu, die SPÖ noch stärker von 33,6 auf 38,2 %. Im Landtag lautete die Mandatsverteilung nunmehr ÖVP 15, SPÖ 13, VdU 4 (bisher: 12 – 9 – 5). Bei nur fünf Mitgliedern (wie bisher) wäre der VdU nach dem d’Hondt’schen System folglich nicht mehr in der Landesregierung vertreten gewesen. 8) Gedächtnisprotokoll über Besprechung VdU – ÖVP über Regierungsbildung am 23. 11. 1954 Ort: Wirtschaftskammer Zeit: 12 Uhr. Anwesend: ÖVP: LH Dr. Klaus, Präs. Ausweger, LHStv. Hasenauer, LA. Glaser VdU: Zeillinger, LR Groll, LA Krüttner, KR Leitner LH Dr. Klaus begrüsst und erklärt folgendes: Nach Meinung der ÖVP soll die bisherige Sparsamkeit beibehalten werden, die dritte Kraft soll in der Landesregierung Einfluss erhalten. Die Mitarbeit der dritten Kraft soll trotz des Wahlausganges ermöglicht werden, aller­dings unter der Voraussetzung, dass es zu einer geeigneten Zusammen­arbeit und zu einer Vereinbarung zwischen ÖVP und VdU in bestimmten Punkten kommt. Die ÖVP habe schon bei den Besprechungen vor der Wahl zum Ausdruck gebracht, dass die Lösung 1949 (VdU ohne prak­tische Ressorts) von der ÖVP nicht mehr vertreten werde. Man denke daran, dem VdU eine komplette Abteilung (Abteilung XII) zu geben, ferner seine bisherigen Aufgabengebiete Fremdenverkehrsförderungsfonds, Denkmalamt zu belassen und eventuell auch die Preisbehörde (Abteilung Vb) dem VdU zu unterstellen. Forderungen der ÖVP: Gemeinsame gegenseitige Wahl des Landeshauptmannes, der Regierungsmitglieder und des Landtagspräsidiums. Budget: Vereinbarung auf gegenseitige Unterstützung, um das Budget durchzubrin-

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gen. Dabei ein besonderer Wunsch, dass der VdU der Sub­ventionierung der Privatschulen (70.000 Schilling) die Zustimmung gebe. Wohnbauförderung: Sozialisten sollen nicht allein nur den sozialen Wohnungsbau durchführen können. Personalpolitik: ÖVP würde jeweilige Rücksprache mit uns pflegen. ÖVP würde Vertreter des VdU in SAFE und in den anderen Körperschaften garantieren. Dr. Zeillinger: Stellt die Frage, wie sich ÖVP die verfassungsmässige Lösung bei einem Regierungsverhältnis 2:2:1 vorstellt. ÖVP, Dr. Klaus: Sagt, ÖVP überlässt eines der 5 Mandate dem VdU. Nach Meinung der ÖVP käme es ihr auf die Initiative an, die in einem solchen Fall selbstverständlich bei der ÖVP läge Nach ziemlich langer Debatte, in der alle Besprechungsteilnehmer eingreifen, wird die Meinung des VdU dahin präzisiert, dass wir mit Rücksicht auf die Zusammensetzung unserer Wählerschaft jedes Geschenk einer Partei ablehnen müssen, da wir Politik auf weitere Sicht betreiben. In der Öffentlichkeit wäre die Annahme eines solchen Geschenks, selbst dann, wenn dadurch der VdU in kein Abhängigkeitsverhältnis geraten würde, niemals zu vertreten, da dies einfach niemand glauben würde. ÖVP-LH macht neuen Vorschlag: Wie würde sich der VdU verhalten, wenn bei einer Lösung 2:2:1 ein völlig parteiungebundener Mann auf ein Mandat gesetzt würde? Zeillinger: Erklärt, dass dafür unsere Zustimmung nicht möglich ist, gibt auch Gründe dafür an und stellt fest, dass der VdU dann ebenfalls in die Opposition gehen würde. Er sagt weiter, dass die Hereinnahme eines Parteilosen kein Grund ist, der geeignet ist, unseren Standpunkt gegenüber der 5(er)-Lösung zu ändern. Die Sitzung wird daraufhin unterbrochen, um den einzelnen Verhandlungskomitees die Möglichkeit zu geben, die Situation zu prüfen. Bei dieser internen Besprechung wird festgestellt, dass das Angebot 5 Regierungsmitglieder, dabei eines als Geschenk an den VdU, sicher auch ein Versuchsballon wäre, dass die ÖVP jetzt zweifellos neue Vorschläge machen wird. Es wird demnach intern an der Lösung 3:3:1 festgehalten wobei der ÖVP mitgeteilt werden soll, dass wir auch dieser 7er-Lösung nur dann zustimmen, wenn gleichzeitig der sozialistische Einfluss eingedämmt wird. Nach Wiedereröffnung der Sitzung wird von der ÖVP zunächst das Angebot, Erweiterung auf 6 gemacht, wobei die Sozialisten an den VdU ein Mandat abtreten sollen. Dies wird aus dem gleichen Grund, wie die 5er-Lösung abgelehnt. Zeillinger: Gibt sodann die Erklärung ab, dass wir für die 7er-Lösung eintreten, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Sozialisten ihre überspitzten Anforderungen zurückschrauben. Dr. Klaus: Erklärt, dass die ÖVP für diese Erklärung ausserordentlich dankbar sei. Ausweger: Schlägt nun, wie erwartet, eine Lösung vor: Erhöhung der Regierungsmitglieder auf 8 vor (Verhältnis 4:3:1). (Geht also der 7er- Lösung nochmals aus dem Weg.)

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LH Dr. Klaus: Teilt auch mit, dass Dr. Kraus anlässlich einer Besprechung mit ihm erklärt haben soll, dass bei einer solchen Lösung der VdU auch in der Stadt mit der ÖVP gehen werde, um auch dort eine Bereinigung zu erreichen. Zeillinger: Erklärt darauf, dass er von dieser Äusserung nichts wisse, und er werde dies überprüfen. Zur Lösung 8 zurückgehend, wird nach längerer Debatte festgestellt, dass das Verhandlungskomitee des VdU auf dieses Angebot nicht gefasst war und dass wir das noch genau überlegen müssen, daher keine verbindliche Erklärung in diesem Augenblick abgeben können. Leitner: stellt abschliessend noch fest, dass wir unsererseits die Erklärung der ÖVP, die WdU von der Regierungsarbeit nicht auszuschalten, als positiv werten können. Mit der Andeutung, dass weitere Gespräche folgen werden, wird diese erste offizielle Fühlungnahme mit der ÖVP geschlossen. Krüttner 9) Protokoll über die Besprechung zwischen ÖVP und VdU am 26. 11. 1954 Ort: Zimmer Landtagspräsident Anwesend: für die ÖVP: Landeshauptmann Dr. Klaus, LHStellv. Hasenauer, LA Kumpfmüller, LA Glaser für den VdU: NR Zeillinger, LR Groll, LA Krüttner, KR Leitner. LH berichtet, ÖVP stünde nach wie vor auf der 5er-Lösung, wenn aber eine Regierungserweiterung notwendig ist, muss die ÖVP die Lösung 8 Regierungsmitglieder fordern, weil ÖVP eben um 13.000 Stimmen stärker ist als die SPÖ. Er richtet an den VdU die Frage: Ist der VdU bereit, die 8er-Lösung zu unterstützen? Zei.: Wir (VdU) können nur abwarten. Wir können ohne die Sozialisten die (Mehrheit) für die 8er-Lösung für die Änderung der Verfassung nicht erreichen. LH.: Das Ziel wäre zu erreichen, jedoch bestünde bei ihm das Gefühl, dass der VdU mit der SPÖ zusammenspiele. Der VdU ist bei einer 8er-Lösung nicht schlechter dran. LH streift auch kurz die diversen Mehrheitsmöglichkeiten in der Landesregierung. Zei.: Erklärt, wir sind mit der 8er-Lösung einverstanden, unser ureigenster Wunsch wäre aber die Lösung 7. Er empfinde die Forderung auf 8 als taktisch unklug, da dann die 7er-Lösung gefallen ist und die Fronten sich dann versteifen müssen. Glaser: Sagt, dass die Äusserung der SPÖ, wenn keine Einigung zustande käme, gehen wir eben einfach in den Landtag, dann haben wir den Landtagspräsidenten, auf ein Einverständnis mit dem VdU hinweist. Er betont noch einmal, dass die 7er-Lösung für die ÖVP einen Prestigeverlust bedeute und daher nicht annehmbar sei. Zei.: Erklärte, Schlüsselstellung hat die SPÖ. (Wegen Verfassungsänderung.) Er betont,

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dass offiziell noch keine Verhandlungen mit der SPÖ waren. LH.: Betont, dass Privatgespräche dasselbe sind wie Verhandlungen. Zei.: Erklärt noch einmal ganz dezidiert, dass wir keine Abmachung mit den Sozialisten, weder wegen des Landtagspräsidenten noch wegen der Zahl der Regierungsmitglieder 7 oder 8 haben. Er wiederholt noch einmal, um Kumpfmüller, der das letzte Mal nicht dabei war, zu informieren, dass für uns die Zahl 7 nur unter der Voraussetzung in Frage käme, dass der sozialistische Einfluss zurückgedänmt wird. LH.: Stellt fest, dass die Sozialisten so tun, als wenn sie mit uns ein Abkommen hätten. Zei.: Wir haben kein Abkommen. Die Sozialisten nützen nur sehr geschickt die Dritte Kraft aus. Warum hat die ÖVP nicht gleich am 18. Oktober angerufen? Dann wäre die Erweiterung der Regierungsmitglieder auf 7 kein sozialistischer Erfolg. LH.: weist darauf hin, dass er sofort Kontakt mit dem VdU aufgenommen habe und zwar mit NR Dr. Kraus. Zei. stellt fest, dass dies keine Kontaktaufnahme mit dem Landesverband ist. Leitner stellt zusätzlich fest, dass Dr. Kraus nicht einmal Vorstandsmitglied des Landesvorstandes ist. Leitner: behandelt noch einmal das Beispiel 8, stellt nochmals fest, dass das Herumgerede gar keinen Sinn habe, da die notwendige 2/3-Mehrheit ohne die Sozialisten nicht zustande komme. Gl.: gibt im Zuge einer Debatte (zu), dass die überspitzten Ressortforderungen bei einer 7er-Lösung sowieso fallen. Daher keine Besserstellung der ÖVP bei einer solchen Lösung. Er deutet an, dass die ÖVP lieber auf Neuwahlen gehe. Die ÖVP ist jedenfalls nicht bereit, der 7er-Lösung zuzustimmen. Kumpfmüller: sagt, wenn er richtig verstanden habe, sowohl bei 7er- als auch 8erLösung ist nach Auffassung des VdU der Landeshauptmann und der Landtagspräsident von der ÖVP zu stellen. Ausserdem müssen die überspitzten Forderungen der SPÖ zurückgestellt werden. Gl.: Wir – der VdU – sollen mit den Sozialisten reden. Auch dort sind die Meinungen geteilt, die radikalen Teile sind für die 7er-Lösung, die Gemässigten für die 8er-Lösung, zumindest sind sie dafür zu haben. Es folgte nun eine lange Debatte über die 7er- und 8er-Lösung, wobei besonders festgestellt wird, dass sowohl bei der 7er- als auch bei der 8er-Lösung der VdU keinen Grund sieht, in die Opposition zu gehen. LH: Der springende Punkt der ÖVP ist folgender: 3 zu 2 gibt der ÖVP einen ungebührlichen Vorteil. 3 zu 3 zu 1 ist ungebührlicher Vorteil der SPÖ. Hs.: gibt bekannt, dass die SPÖ bereit wäre, der ÖVP bindende Zusagen zu machen. LH: Der Landeshauptmann schliesst die Sitzung mit der Bitte der ÖVP, der VdU solle etwas auf 8er-Lösung gegenüber der SPÖ dringen. Diese Vermittlerrolle wird von uns abgelehnt, da wir ohnehin lieber die 7er-Lösung wollen, wäre es Sache der ÖVP, die Sozialisten auf die 8er-Lösung zu bringen. LH: Bleibt bei seiner Bitte.

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10) Protokoll über die Besprechung ÖVP – VdU am 1. Dezember 1954 im Zimmer des Landtagspräsidenten Anwesend für die ÖVP: LH Dr. Klaus, LHStellv. Hasenauer, LA Kumpfmüller, LA Glaser für den VdU: NR Zeillinger, LR Groll, LA Krüttner und KR. Leitner LH.: teilt mit, dass die 7er-Lösung in den Bereich der Möglichkeit gerückt sei. Die ÖVP wird der Verfassungsänderung in diesem Sinne zustimmen, wenn keine zusätzlichen Ressorts an die SPÖ abgetreten werden müssen. Damit kommt der VdU als ausschlaggebendes Regierungsmitglied in Frage. Kpfm.: ergänzt den Bericht des LH, dass sich zu diesem Entschluss lediglich das Verhandlungskomitee durchgerungen hat, noch nicht aber die Landesparteileitung. Er fragt NR Zeillinger, ob von Seiten des VdU noch der Standpunkt gültig sei, „keine Machterweiterung der Sozialisten“. Zeillinger erklärt kurz, dass dies nach wie vor unser Standpunkt sei. LH: fragt: Wie stellt sich der VdU die kommenden Dinge vor, wenn er nun in die Regierung einzieht? Auf die Gegenfrage von Zei. nach einer genaueren Formulierung präzisiert der LH seine Frage dahin: „Was stellt sich der VdU als Ressorts vor?“ LH: führt gleich weiter aus, welche Ressorts die ÖVP dem VdU abtreten werde (VdU soll eine gesamte Abteilung bekommen). Abteilung XII (Verwaltung deutscher Betriebe, ehemalige militärische Liegenschaften, Umsiedlungsstelle). Zei.: stellt gleich fest, dass der VdU keine anderen Forderungen habe, da aber seinerzeit von der Abteilung Vb gesprochen wurde, baut Zei. gleich vor und deutet an, dass wir diese Abteilung nicht haben wollen. Nach längerer Debatte über den Wert und Unwert der Preisbildungsbehörde verzichtet die ÖVP darauf, dem VdU dieses Angebot zu machen. LH: sagt, es wäre an und für sich der Wunsch der ÖVP gewesen, dafür aber soll der Fremdenverkehrsförderungsfonds und der Verkehr an die ÖVP zurückgegeben werden. Es wird noch die Anregung gemacht, die Abteilung Vb den Sozialisten zu geben, damit sie endlich einmal bei sich selber demonstrieren können. Bezüglich Abgabe Verkehr und Fremdenverkehrförderungsfonds wird die Sitzung zweimal kurzfristig unterbrochen, dabei wird vom VdU die Ab­gabe des Ressorts Verkehr der ÖVP zugestanden, wobei die ÖVP unter Umständen bereit ist, die Regelung des Verkehrs in der Stadt (Tempelbezirk) bei unserem Regierungsmitglied zu belassen. Fremdenverkehrförderungsfonds bleibt beim VdU. (An sich vertrat intern das Verhandlungskomitee des VdU den Standpunkt, dass auch der Fonds abgegeben werden soll, da er sich ohnehin in Schwierigkeiten befindet und in Wirtschaftskrisen äusserst unbeliebt ist. Ausserdem ist unser Ziel ein Regierungsmitglied, das nicht so sehr mit Nebensächlichkeiten überlastet, um freie Hand im Lande zu haben.) ÖVP hat aber selbst von ihrer Forderung Abstand genommen.

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LH: Nach Wiederaufnahme der Besprechung kommt er auf eine mögliche Änderung bei der Ressortvorteilung der Stadt zu sprechen, wobei die ÖVP nur Rückgabe des Gewerbe- und Marktamtes anstrebe. Zei.: ist völlig erstaunt und betont, dass die ÖVP eine gleichzeitige Behandlung der Regierungserweiterung im Lande mit einer Bereinigung in der Stadt bisher abgelehnt habe. Fragt dann noch informativ, was sich die ÖVP konkret vorstelle, worauf der LH noch einmal Gewerbe- und Marktamt und die Baupolizei, die eigentlich zur Abteilung I gehöre, fordert. Zei.: erklärt dann weiters, dass dies ein(e) völlig neue Situation sei; an sich bestehe bei uns schon der Wille zu einer Gesamtbereinigung, um auf einer neuen Basis des gegenseitigen Vertrauens weiter aufbauen zu können, jedoch kann das derzeitige Verhandlungskomitee bindende Erklärungen noch keine abgeben, da erst die Fühlungnahme mit unserer Gemeinderatsfraktion in der Frage aufgenommen werden muss. Zei. kommt dann im Verlauf der weiteren vorläufig nur informativen Besprechung in (sic!) Frage auf die Möglichkeit der Erweiterung eines Stadtratskollegiums zu sprechen, da dies möglicherweise die Situation unserer Gemeinderatsfraktion erleichtern würde. Gl.: stellt fest, dass die ÖVP keinen entgültigen Beschluss wegen Kollegiumserweiterung gefasst hat, dass aber keine grosse Neigung zu einer solchen Erweiterung bestehe. Die Erweiterung auf 7 Kollegiumsmitglieder sei jedoch keine Grundlage für Verhandlungen. Krü.: fragt Glaser, ob nicht doch bei einer möglichen Ressortverschiebung im Sinne der ÖVP in der Stadt die Zahl 7 eine Diskussionsgrundlage wäre, da ÖVP durch Ressortzuwachs sicher saturiert wäre (7 Ressorts mit je einem Chef in der Stadt). Diese Frage bleibt vorläufig offen. Zei.: deutet noch an, daß wir versuchen werden, bei dieser Gelegenheit der SPÖ etwas wegzunehmen, ÖVP dürfte dieses Bestreben nicht stören. Kumpfm. stimmt sofort begeistert zu. Abschliessend gibt Zeillinger noch dem Wunsche Ausdruck, dass, wenn schon eine Gesamtbereinigung erfolge, die Zahl der für einen Antrag notwendigen Unterschriften vermindert werde. Dies stösst bei der ÖVP, die sich allerdings nicht endgültig festlegt, scheinbar auf keinen grossen Widerstand. 11) Protokoll über Besprechung VdU – SPÖ am 1. Dezember 1954 Ort: Wohnung Weisskind Anwesend: von der SPÖ: LHStellv. Peyerl, LR Weisskind, LA Hallinger vom VdU: NR Zeillinger, LR Groll, LA Krüttner Peyerl: berichtet, dass es den Anschein habe, dass die ÖVP auf die 7er-Lösung eingehen wird. Zumindest sind bei der Besprechung zwischen ÖVP und SPÖ in der vergangenen Nacht zum erstenmal Andeutungen in dieser Richtung laut geworden.

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Seine Frage: Wie stehen wir mit der ÖVP? Lässt durchblicken, dass SPÖ eine klare Erklärung erwünscht, dass wir mit der ÖVP keine einseitige Bindung eingegangen sind bzw. eingehen werden. SPÖ hat im Gespräch mit der ÖVP ein gemeinsames Gespräch aller drei Landtagsparteien angeregt. Peyerl schildert dann weiter, wie sich die SPÖ die Referatsverteilung für den VdU vorstelle. ÖVP wird anbieten: Abteilung XII und Vb; alles andere, was der VdU von der ÖVP gehabt hat, fällt an die ÖVP zurück. Gleichzeitig macht Peyerl darauf aufmerksam, dass die ÖVP das Gespräch auch auf die Gemeindeebene lenken wird, wobei sie das Gewerbe und Marktamt fordert. SPÖ will ganz klar wissen: Wie weit geht unsere Bindung mit der ÖVP, wie weit erfüllen wir Wünsche der ÖVP, die nicht gleichzeitig Wünsche der SPÖ sind? Gleichzeitig erklärt Peyerl im Namen der SPÖ, dass seine Partei auf der Landtagsebene kein Abkommen mit der ÖVP geschlossen habe, da die SPÖ freie Hand im Landtag haben wolle. Zei.: gibt eine kurze Inhaltsangabe des letzten Gespräches zwischen VdU und ÖVP. Stellt ferner fest, dass der VdU eine Bindung mit der SPÖ oder der ÖVP nicht eingehen werde, da diesbezüglich wäre er als Obmann durch einen Beschluss gebunden. (Keine generelle Abmachung.) Wir sind daher nur bereit, in einzelnen Punkten eine Absprache zu treffen. Wir haben jedoch für die einzelnen Dinge noch keine Detailpunkte festgelegt. Peyerl: befürchtet wiederum, dass der VdU eine konkrete Abmachung mit der ÖVP bzgl. des Wohnungsbaues treffen könnte. Zei.: Nach Auffassung des VdU ist über die Ressortverteilung in einem Dreiergespräch zu verhandeln. Ein Drei-Parteien-Gespräch ist auch ge­eignet, jedes Misstrauen sofort zu beseitigen. Peyerl: gibt dann noch einige Wünsche der SPÖ bekannt: nachdem die SPÖ auf einen Ressortzuwachs aller Voraussicht nach nicht rechnen kann und auch bereit ist, dieses Opfer auf Hinblick einer möglichen Einigung auf die 7er-Lösung zu bringen, müssen einige Sicherstellungen gegeben werden. 1. Personalfrage: Zugehörigkeit zu einer Partei darf kein Vorrang oder Hemmnis sein. 2. Besetzung der Bezirksschulinspektoren. Peyerl macht gleich aufmerksam darauf, dass ÖVP den 6er-Ausschuss für Lehrer in einen 8er-Ausschuss umwandeln möchte. Peyerl erklärt nun, wie seiner Meinung nach die Wahl der Landesregierung vor sich zu gehen habe. 1. Verfassungsänderung sollte ein Antrag aller drei Parteien sein. 2. Die Regierungsmitglieder können noch nicht gewählt werden, da Verfassungsänderung erst in Kraft treten muss. Die Sitzung wird einmal unterbrochen, der Präsident beruft den Verfassungs- und Verwaltungsausschuss ein, der den Antrag dem Hause zur Beschlussfassung vorlegt. Dann

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muss das Gesetz seinen verfassungsmässigen Weg nach Wien nehmen. Unmittelbar nach Kundmachung des Gesetzes kann die Wahl der Landesregierung erfolgen. Seiner Meinung nach müsste die alte Landesregierung die Geschäfte bis dorthin weiterführen. Zei.: stellt fest, dass dieser Standpunkt an und für sich richtig ist, wenn man aber schon im Interesse einer Einigung in diesem Punkte nach­geben müsste, dann müssen für die Zeit, da die neue Landesregierung aus 2 ÖVP-Leuten und 3 SPÖ-Leuten bestünde, Absicherungen getroffen wer­den. (In dieser Zeit dürfen keine Punkte behandelt werden bzw. beschlossen werden, über die Meinungsverschiedenheiten bestehen.) Wir, der VdU, werden, unabhängig, ob SPÖ Klaus wählt, Klaus wählen. Wie verhält sich die SPÖ dazu? Peyerl erklärt, dass dies für die SPÖ kein Grund zu einem Misstrauen oder Protest wäre. Es wird anschliessend die Frage besprochen, dass zwischen SPÖ und VdU eine Abmachung getroffen wird, wonach wir uns gegenseitig wählen. Die Debatte behandelt abschliessend noch die Frage: Drei-Parteien-Vertrag oder gegenseitige Abmachungen zu zweit? Wobei die Auffassung vertreten wird, dass eine gemeinsame Drei-Parteien-Vereinbarung anzustreben ist. Peyerl fragt noch, ob bei Nichtzustandekommen der Drei-Parteien-Vereinbarung der VdU die SPÖ unterrichten wird. Zei. sagt, so wie bisher, gegenseitig. Peyerl erklärt noch, SPÖ wird der ÖVP noch einen Dreierausschuss vorschlagen.

Als Ergebnis der Verhandlungen kristallisierte sich die »7er-Lösung« heraus. Die ÖVP verzichtete auf die Mehrheit in der Landesregierung, die ihr bei Beibehaltung der 5er-Variante zugefallen wäre und sicherte sich dafür gegen die rot-blaue Mehrheit im Plenum des Landtags ab. Der umstrittene VdU-Landesrat Florian Groll wurde von Walter Leitner abgelöst, der diese Position über Jahrzehnte innehaben sollte und innerhalb der FPÖ als Verbindungsmann zur ÖVP aufgebaut wurde – im Kontrast zum »Linksverbinder« Zeillinger. Der eigentliche Ansprechpartner für Klaus, so wird aus diversen Zwischenbemerkungen deutlich, war der VdU-Gründer Kraus – ein Kontakt, der noch bis in die Anfänge der „Alleinregierung“ Klaus aufrecht erhalten wurde.120

120 Vgl. Lothar Höbelt, Die Wotansanbeter, der heilige Josef und das Purgatorium. In  : Franz Schausberger (Hg.), Geschichte und Identität. Festschrift für Robert Kriechbaumer zum 60. Geburtstag (Wien 2008) 297–308.

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materialien badgastei und hofgastein 1954 (Quelle  : VdU-Archiv Salzburg, Karton 62) Unter den Gemeinden, in denen der VdU 1949 überdurchschnittlich gut abgeschnitten hatte, befand sich auch Badgastein, wo er mit 32 % der Stimmen die ÖVP (23 %) überholte  ; die SPÖ verlor die absolute Mehrheit und landete bei 42 %. Damit war im Verhältnis der drei Lager die Situation der Zwischenkriegszeit wiederhergestellt. Innerhalb des Pongau war Badgastein laut einer Aufstellung vom November 1953 übrigens auch die mit Abstand mitgliederstärkste Gemeinde (39 von 231 Mitgliedern, gefolgt von Radstadt, der Heimat des Landtagsabgeordneten Ruhdorfer, mit 26 Mitgliedern).121 Im Vorfeld der Herbstwahlen 1954 wurden auch hier Stimmen aus Sympathisantenkreisen laut, die für einen gemeinsamen bürgerlichen Bürgermeisterkandidaten eintraten. 1) H. Windischbauer an G. Zeillinger, Badgastein, 3. 8. 1954 VERTRAULICH! Wenn möglich, nach Ihrer Kenntnisnahme retournieren ! 1.) In Kürze einige Notizen, welche Sie vielleicht interessieren werden. Kammerrat Rainer, Kaufmann in Hof- und Badgastein, durchwegs angesehene Persönlichkeit, tadelloser Wirtschaftler, 2.Vorstand bei der Heilstollen AG Böckstein, gemässigter ÖVP-Mann, möchte in die Gemeindevertretung von Hofgastein gewählt werden, die örtliche Ortsstelle der ÖVP Hofgastein will Rainer aber nicht aufstellen, da er (wahrscheinlich sehr deutlich) in die Ge­meinde gewählt wird. Kammerrat Rainer angeblich darob sehr verschnupft. Vielleicht könnte hier die Landesleitung geschickt die Fühler ausstrecken und vielleicht wäre Rainer für uns zu gewinnen, da es in Hofgastein ohnedies nicht sehr rosig ausschaut.122 Rainer war in der NS-Zeit höherer NSFunktionär. 2.) Angeblich wird bei der SPÖ Salzburg folgendes geplant: Stadtrat Bäck (oder Beck) soll Pacher ablösen. In die Funktionen von Stadtrat Bäck, soweit es die Sparkasse betrifft, soll unser Filialleiter Stanko aufrücken. Stanko wurde vor drei Tagen von Weißkind mit allen Mitteln und Versprechungen bewogen, vorerst bei den Herbstwahlen

121 Verglichen mit den NR-Wahlen vom Februar 1953 ergab das einen Organisationsgrad von knapp 5 % für den Pongau, von fast 10 % für Radstadt und unter 4 % für Badgastein. 122 Diese Vorhersage sollte sich bewahrheiten  : Der VdU fiel bei den Gemeinderatswahlen in Hofgastein am 17. Oktober 1954 von 18 auf 9 % der Stimmen zurück  ; die SPÖ errang die absolute Mehrheit  ; die ÖVP stagnierte bei 35 %, vgl. Sebastian Hinterseer, Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins (Salzburg, 2. Aufl. 1977) 806 f.

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als Spitzenkandidat der SPÖ aufzufahren, um sich damit selbst als sicherer Bürgermeister von Badgastein ein Sprungbrett zu schaffen und andererseits soll er damit der SPÖ aus ihrer Spitzenmann-Verlegenheit helfen. Ich bin mit Stanko seit Jahren befreundet. Stanko war SPÖ-Mitglied und steht heute noch dieser Partei am nächsten. Bei uns hat er sich lediglich aufschreiben lassen, um zu testen und er verwahrte sich auch dagegen, dass sein Name auf einer VdU-Vorwahlliste aufschien, er war der Meinung, dass ein parteiungebundenes Komitee die Vorwahl durchführen wird. Wenn Stanko als Bürgermeisterkandidat aufgestellt wird, wird er Bürgermeister. Persönlich tadellos und tüchtig, sehr beliebt. Gute Verbindungen, tolerant. ÖVP- wie VdU-Leute würden sich teilweise schwer tun, ihn nicht zu wählen. Zweiter bei der SPÖ wäre wieder der jetzige Bürgermeister Pfarrmaier. Ersuche um gelegentliche Aussprache in kleinerem Rahmen. 3.) ÖVP stellt wahrscheinlich als Bürgermeisterkandidaten den Kurdirektor Zimburg auf. Es steht noch nicht fest, ob er endgültig ja sagt. Zimburg ist kein direkter ÖVPMann, wird ausserordentlich geschätzt und geachtet. Kaum Fehler vorhanden. Gruber an 2.er Stelle. 2) Zeillinger an Windischbauer, 13. 8. 1954 In der Anlage übersende ich Ihnen wieder wunschgemäss Ihr Originalschreiben nach Kenntnisnahme zurück, es hätte allerdings meiner Ansicht nach genügt, wenn Sie mich aufgefordert hätten, den Brief zu verbrennen. Was ich selbstverständlich getan hätte. Bezüglich Ihrer Angaben wegen Hofgastein werde ich versuchen, mich vorsichtig an den Betreffenden heranzutasten. Momentan fehlt mir allerdings noch jeder persönliche Kontakt. Ihre zweite Mitteilung bezüglich SPÖ-Spitzenkandidat mag hinsichtlich Badgastein stimmen, dürfte aber, was die Kombination um Bäck anbelangt, vorerst noch nicht stimmen. Bäck soll nämlich in den Landtag kommen. Am meisten überrascht mich die Mitteilung, dass Zimburg Spitzenkandidat der ÖVP werden soll. Ich würde Sie hier um eine Stellungnahme bitten, insbesondere über die Person Zimburgs: Wie steht er zu uns und wie ist seine politische Haltung? Indem ich Sie um eine baldige Antwort bitte, zeichne ich mit besten Grüssen und Empfehlung an die Frau Gemahlin 3) Bericht über ein Gespräch in Badgastein am Mittwoch, den 18. August 1954 Thema: Gemeinderatswahl. Anwesend: Mühlberger, Watzinger, Wilfer, Lackner.

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Ich teile mit, dass Dr. Windischbauer und Dr. Lowatschek wegen Bürgermeisterwahl an mich herangetreten sind. ÖVP möchte gerne Zimburg zum Bürgermeister wählen. Dieser könnte in diesem Falle auf unserer Liste kandidieren. In der Diskussion stellt sich heraus, dass Zimburg der ÖVP bereits zugesagt hat, aber im Grunde farblos ist. Z. ist der typische Beamte, nicht sehr stark. Mühlbacher und Watzinger sind sofort mit diesem Vorschlag einverstanden, Lackner und Wilfer machen Einwände. Zimburg bei Arbeitern nicht beliebt; es liegt nichts Negatives und nichts Positives vor; damit kann man aber keine Arbeiterstimmen gewinnen. Wilfer und Lackner sind allerdings dann einverstanden, wenn Zimburg nicht an einem vorderen Platz aufscheint. Wilfer und Lackner vertreten den Standpunkt, dass VdU nur etwa 150 Stimmen hinter der SPÖ liegt und sogar stärkste Partei werden könne. ÖVP bleibt sicher drittstärkste Partei, darum wäre ÖVP aufzufordern, einen Kandidaten des VdU zu wählen. Mein Vorschlag, die ÖVP aufzufordern, aus der Liste des VdU einen Dreiervorschlag zu akzeptieren, wird angenommen; daher Marschroute: ÖVP auffordern, Dreiervorschlag zu akzeptieren. Falls dies scheitern sollte, kann die Verhandlung auch auf Zimburg hinauslaufen. Der ÖVP wird mitgeteilt, dass die 4 Herren einen Ausschuß bilden; ÖVP möge auch 4 Herren nominieren und sich mit Wilfer und Watzinger in Verbindung setzen. Teile das Ergebnis Donnerstag Dr. Lowatschek mit. 4) Windischbauer an Zeillinger, 20. 8. 1954 In der Beilage fand ich mein Schreiben, welches Sie mir retournieren wollten, nicht vor – bitte wollen Sie den Brief also verbrennen. Leider konnte ich Sie bei Ihrem kürzlichen Aufenthalt in Badgastein nicht sprechen, ich hätte Ihnen gerne berichtet, wollte mich aber – da ich bei der Begrüßung nicht geladen war – nicht aufdrängen. Wenn Sie mich über die Person von Kurdirektor v. Zimburg fragen, so habe ich Ihnen ja schon angedeutet, daß Zimburg eine ausgesprochen sehr angesehene Gasteiner Persönlichkeit darstellt, welche sicherlich als Bürgermeister für Badgastein ungeteilte Zustimmung erhalten könnte. Zumindest für die Wähler von VdU und ÖVP. Ich vermute aber, daß auch die SPÖ wenig Einwendungen machen würde, sofern man dieser Partei Sachlichkeit zutrauen darf. Daß man bei unserer Vorwahl auf Zimburg vergessen hat, war ein Versehen. Auf jeden Fall ist Zimburg ein „alter“ Nationaler, bedeutend eindeutiger als z.B. Neumüller, der sehr gerne auch der SPÖ „spenden“ soll, gleichzeitig als ÖVP-Mitglied gilt. (?) Zimburg war Kavallerie-Rittmeister der k. k. Armee, auch im 2ten Weltkrieg Offizier. War ein bejahender Großdeutscher. War auch in der Nazizeit Kurdirektor. Er ist ein Alpinist ersten Ranges. Mehrmals Leiter des Deutsch-Österr. Alpenvereines. Ein begei-

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sterter Sportler: Reiter, Skifahrer, Schwimmer. Ein Sohn vermisst (bzw. gefallen) in Russland. Ein Sohn Doktor der Rechte (Semperit-Werke Wien). Zimburg ist früher in Zell am See gewesen, ist von Beruf ursprünglich Bankfachmann. Hat sich durch sein „Gasteiner Buch“ weiterhin einen Namen gemacht und gilt heute als einer der besten Kenner und Historiker von Gastein.123 Er katholisch, nicht betont, seine Frau (aus höherem Adel) evang. Auch sportl., bester Lebens-Leumund. Nachteile über die man spricht: Als Kurdirektor noch zu wenig agil, zu wenig in der großen Welt herumgekommen, langsam für das Modernste u. f. Neuheiten begeistert, z. Teil überbürdet mit Funktionen usw. Ich halte Zimburg für einen der günstigsten Männer für Gastein, sofern es gelingt, ihn nicht einseitig als ÖVP-Mann zu präsentieren – durch unsere Vorwahl sind wir z.T. gebunden. Bitte vertraulich! Ich stehe mit Zimberg auf du. So viel ich herausbekam, steht mein Bruder Dr. Fritz W. als Präsentierer hinter der ganzen Sache, mein Bruder ist mit Zimburg eng befreundet. Ich war etwas verschnupft, da ich doch um Aussprache bat!?! PS: Hoffentlich ist in Hofgastein etwas zu machen, auch Herr Ertl, Kaufmann im Kurhaus, käme in Frage.

Die Anregungen Windischbauers waren bei den Funktionären des VdU nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen; sie blieben folgenlos. Der VdU verlor bei den GR-Wahlen mit diesmal nur 23 % den zweiten Platz wiederum an die ÖVP (27 %), die mit Zimburg in den nächsten Jahren den Vizebürgermeister stellte. Die SPÖ baute ihren Vorsprung auf 45 % aus. Erst 1959 errang die FPÖ dann wiederum Platz 2 in der Gemeinde.

123 Vgl. Heinrich v. Zimburg, Die Geschichte Gasteins und des Gasteiner Tales (Wien 1948)  ; aus der Feder Zimburgs stammten auch eine Reihe anderer Studien, z.B. Der Perchtenlauf in der Gastein (1947) oder die Edition der ›Gasteinerischen Chronica‹ 1540, eine Quelle zur Geschichte des Salzburger Bauernkrieges.

Teil III  : Der Fall des VdU 1955 Die Wahlen des Februar 1953 bedeuteten für den VdU eine Enttäuschung, die Regional-(und Arbeiterkammer-)Wahlen des Herbst 1954 – mit Verlusten bis zu 50 % – eine Katastrophe. Die Querelen im Gefolge der Nationalratswahl führten zur Abspaltung von Fritz Stübers FSÖ (Freiheitliche Sammlung Österreichs), die jedoch über einen kleinen Zirkel Wiener Anhänger hinaus keinerlei Bodenhaftung zu gewinnen vermochte  ; auf die Niederlage vom Oktober 1954 folgte die Abspaltung, oder zumindest die angedrohte Abspaltung von gut der Hälfte der Partei  : Die Obmänner der fünf westlichen und südlichen Landesgruppen trafen sich am 12. Dezember 1954 in Schwarzach-St.Veit und forderten eine Reform an Haupt und Gliedern, mehr noch  : Das Aufgehen des VdU in einer neuen Gruppierung, die als Auffangbecken dienen und eine Verbreiterung der Basis symbolisieren sollte. Als Galionsfigur der runderneuerten Partei nahmen die »Schwarzacher« Anton Reinthaller (1895–1958) in Aussicht, eine ausgleichende und dennoch kontroverse Persönlichkeit. Denn bekannt war Reinthaller in erster Linie als »Anschluß-Minister«, der im März 1938 für achtundvierzig Stunden im Kabinett Seyß-Inquart das Landwirtschaftsressort innegehabt hatte. Danach war er Staatssekretär für Bergbauernfragen in Berlin gewesen, ein Referat, das zwangsläufig eine gewisse österreichische Note aufwies.124 Teil seines Nimbus war auch, dass er 1933/34 zu den innerparteilichen Gegnern der »Juli-Putschisten« um den rabiaten Landesinspektor Theo Habicht zählte und ab 1934 immer wieder Anläufe zu einem Ausgleich zwischen dem »Ständestaat« und der »nationalen Opposition« unternommen hatte. Persönlich hatte er zwischen 1938 und 1945 offenbar vielen politisch Andersdenkenden geholfen  ; die Betreffenden revanchierten sich, als sie während seines Hochverratsprozesses nach 1945 für Reinthaller aussagten.125 Aus diesen Voraussetzungen ergab sich ein janusgesichtiges Bild des FPÖ-Gründers. Sein Widersacher Herbert Kraus sprach im ersten Zorn 1956 von der Machtübernahme durch einen Kreis von ehemaligen NS-Führern. Dieser Vorwurf war

124 Vgl. Gerhard Siegl, Bergbauern im Nationalsozialismus. Die Berglandwirtschaft zwischen Agrarideologie und Kriegswirtschaft (Innsbruck 2013) 87, 147, 292–295. 125 Vgl. dazu auch Heinz-Dietmar Schimanko, Zum Strafverfahren gegen Anton Reinthaller vor dem Volksgericht. In  : Gerald Brettner-Meßler, Johannes Kalwoda, Hannes Rosenkranz, Michael Wladika (Hg.), Von Ferdinand III. bis Jörg Haider. Festschrift für Lothar Höbelt zum 50. Geburtstag (Wien 2006) 357–379  ; hier  : 372 f.

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freilich immer schon begleitet von Andeutungen, die ÖVP hätte bei der Installierung Reinthallers ihre Hand im Spiel gehabt. In seinen Memoiren nennt Kraus die traditionelle Dreikönigstagung des oberösterreichischen Wirtschaftsbunds (»Vergatterung der nationalen Industriellen«) Anfang 1954 als Ausgangspunkt.126 Als Motiv wurde genannt, Raab hätte sich eine dritte Kraft gewünscht, die nicht koalitionsfähig und daher für die ÖVP nicht gefährlich sei – eine nicht in jeder Beziehung überzeugende Hypothese. Seit den Achtzigerjahren, als Kraus seine Memoiren schrieb, seit den Neunzigerjahren auch, als der Verfasser dieser Zeilen einen ersten Versuch unternahm, eine zusammenhängende Geschichte der damaligen Ereignisse zu erstellen, ist der Öffentlichkeit der Nachlass Reinthallers zugänglich gemacht worden, der eine viel detailliertere Rekonstruktion der Rückkehr Reinthallers in die Politik und ihrer näheren Umstände erlaubt. Auf den folgenden Seiten findet sich eine Auswahl der wichtigsten Schriftstücke aus der Korrespondenz Reinthallers (vermischt mit diversen Aufzeichnungen und Notizen), die im Oberösterreichischen Landesarchiv aufbewahrt wird. Die Dokumente belegen, dass Reinthaller allerdings Anlaufstelle für ganz unterschiedliche Kräfte und Kreise war. Darunter fanden sich neben diversen VdU-Dissidenten der zitierte Kreis von hochrangigen »Ehemaligen« (der sich mit der »Gemeinschaft Österreich«127 vereinsmäßig organisierte) ebenso wie die von Kraus apostrophierten ÖVP-nahen Kreise der Wirtschaft, insbesondere – mit vielfachen personellen Überschneidungen – der Verband Selbständig Wirtschaftstreibender128 und die Vereinigung Österreichischer Industrieller, die auf der Basis einer Übereinstimmung in zentralen strategischen Fragen Reinthallers Renommee zur Stabilisierung der »drit126 Kraus, Untragbare Objektivität 278–280. Kraus blieb die Rolle Reverteras bei diesen Kontakten offenbar verborgen  ; dafür maß er van Tongel eine zentrale Rolle zu, die diesem 1954 noch keinesfalls zukam. Kraus überschätzt wohl auch das Zusammenspiel seiner Widersacher, z.B. van Tongels und Schachermayrs, der es 1955 bedauerte, dass Reinthaller seinem Rat nicht gefolgt sei, nicht in die Öffentlichkeit zu treten – und sich »enttäuscht und entsetzt« zeigte, weil sich Reinthaller bei seiner ersten Rede in Linz am 13. Juli zu sehr von seiner Vergangenheit distanziert habe (Brief 24. 7. 1955). 127 Der Verein wurde im Februar 1954 gebildet, die Generalversammlung am 30. 11. 1954 wählte den ehemaligen Gauhandwerksmeister Karl Gratzenberger zum Obmann, Timmel zum Stellvertreter, Norbert Burger zum Schriftführer (Kothny-Berichte 29. 12. 1954). 128 In einer Notiz im Nl. Reinthaller (Mappe Juni 1955) heißt es über den Verband wirtschaftlich Selbständiger [sic  !]  : »227 Mitglieder in Österreich  ; Präsident  : Karl Maria Stepan u. Robert Harmer (?), Geschäftsführer  : Theodor Hornbostel, Stellvertreter v. Moser  ; Landesgruppen  : Oberösterreich  : v. Wied (Kretz), Tirol  : Foradori, Kärnten  : Neuner, Vorarlberg  : Guido Schmidt, NÖ, Wien  : Harmer  ?, Steiermark  : Seutter-Loetzen.« Parteipolitisch ressortieren fast alle Genannten zur ÖVP, mit Ausnahme der südlichen Bundesländer, wo Neuner schon 1949 für den VdU eingetreten war und Erich Seutter-Lötzen, seit Dezember 1953 Vizepräsident der Bundeskammer, der Aktion für politische Erneuerung nahestand. Fritz Kretz (Zipfer Brauerei) war stellvertretender Vorsitzender der Sektion Industrie in der oö. Handelskammer, Wied 1962–69 parteiloser Vizepräsident der Kammer.

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ten Kraft« benützen wollte – »zur Erhaltung und Umgestaltung der bürgerlichen Mehrheit«.129 Das Wirtschaftswunder und der Staatsvertragsbonus sollten die ÖVP bei den Nationalratswahlen 1956 ganz knapp an die absolute Mandatsmehrheit heranführen. Diese Entwicklung war 1953/54 jedoch noch nicht abzusehen, im Gegenteil  : Die SPÖ hatte die ÖVP 1953 erstmals stimmenmäßig überholt, die Niederlagen des VdU im Oktober 1954 waren überall von starken Gewinnen der SPÖ begleitet. Wenn das »dritte Lager« bei der nächsten Wahl scheiterte, war eine »rote« Mehrheit im Nationalrat – der bis 1959 ja auch noch einige KP-Mandatare umfasste – nicht von der Hand zu weisen. Die Sorgen der Privatwirtschaft angesichts dieses Szenariums waren nur allzu verständlich. Offen bleibt in diesem Zusammenhang freilich nach wie vor, warum sich Herbert Kraus, ein persönlicher Freund des 1953 verstorbenen Vizepräsidenten der Industriellen-Vereinigung und Handelsministers Josef Böck-Greissau, ganz offenbar schon vor der Schlappe des Herbst 1954 das Vertrauen der Industrie verspielt hatte. Für die Überlieferung ist es ein Glücksfall, das Reinthaller versuchte, all diese Fäden von seinen beiden Bauerngütern in Oberösterreich – Mettmach im Innviertel und dem Besitz seiner Frau am Attersee – aus in der Hand zu behalten. Telefonate spielten dabei ganz offensichtlich eine vernachlässigenswerte Rolle. Als wichtigster Initiator seiner Kontakte zur Industrie kristallisiert sich dabei Graf Peter Revertera heraus, der ehemalige Sicherheitsdirektor von Oberösterreich, den mit Reinthaller schon gemeinsame Erfahrungen aus den Jahren 1934–38 verbanden, als sie auf verschiedenen Seiten der Barrikaden für die »nationale Befriedungsaktion« eintraten.130 Für die »Gemeinschaft Österreich« machte sich Dr. Rainer Timmel erbötig, als Geschäftsführer und »Kanzler« Reinthallers in Wien zu fungieren. Beide Kontakte gehen noch auf das Jahr 1952 zurück. Doch sobald um die Jahreswende 1954/55 tatsächlich Handlungsbedarf gegeben war, wurde Timmel bald von zwei Mitarbeitern Reinthallers überrundet, die erst jetzt Kontakt zu ihm aufgenommen hatten  : Emil van Tongel (1902–1981) und Friedrich Peter (1921–2005).131 129 Siehe unten, Reverteras Brief vom 31. Oktober 1954. 130 Dazu Lothar Höbelt, Die Aktion Reinthaller  : »Ständestaat« und »nationale Opposition«. In  : Gerhard Marckhgott (Hg.), Oberösterreich 1918–1938, Bd. 1 (Linz 2014) 48–88. 131 Van Tongel dürfte Reinthaller schon früher gekannt haben, wurde ihm aber vor allem von seinem früheren Mitarbeiter Fritz Butschek empfohlen, der am 20. Jänner 1955 erklärte, selbst nicht mittun zu können, weil ihm sein Beruf keine solche Nebenbeschäftigung gestatte, aber auch weil ihm »der Glaube fehle, daß die Dritte Kraft in Österreich derzeit formiert werden kann«  ; am 11. Februar wiederholte Butschek  : »Ich habe vor geraumer Zeit versucht, Deine Bedenken gegen Dr. van Tongel zu zerstreuen«. Butschek brach übrigens auch eine Lanze für den Vertrauten Kraus’, Jörg Kandutsch  : »in gediegener Umgebung erzieh- und einsetzbar« (Brief vom 27. Jänner 1955).

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Beide verdankten ihren Einfluss nicht zuletzt ihrem großen Arbeitseinsatz. Daraus entstand frühzeitig eine Rivalität, die auch noch die Anfangsjahre der FPÖ prägte. Peter schrieb schon in den ersten Wochen ihrer Zusammenarbeit über van Tongel  : »Mir graust allmählich vor diesem Menschen. Einen anderen Ausdruck will ich nicht gebrauchen.«132 Der gebürtige Sudetendeutsche van Tongel, der sich seine ersten Sporen noch im Jugendverband der Wiener Großdeutschen verdient hatte, kehrte auch beruflich Mitte 1955 als Apotheker endgültig nach Wien zurück. In Oberösterreich baute sich der junge Waffen-SS-Offizier und Volksschullehrer Peter mit Unterstützung seines »väterlichen Freundes« bald eine eigene Position auf.133 Allein schon der unterschiedliche Stil der Briefe, wie sie Peter und van Tongel an Reinthaller richteten, ergibt einen reizvollen Kontrast  : Die respektvoll-disziplinierten, vielfach abwägend gehaltenen Argumentation Peters und die ungeduldig-hektischen, oft im Stakkato von einem Thema zum anderen springenden Informationen des »Machers« van Tongel, die bis knapp an den Rand des Befehlstons reichten und hin und wieder zu Verstimmungen führten. Reinthaller hatte nach dem Eklat auf dem VdU-Bundesverbandstag vom 5./6. Februar 1955, den die »Schwarzacher« (mit Ausnahme von Zeillingers Salzburgern) demonstrativ verlassen hatten, mit der Gründung der Freiheitspartei seinen Führungsanspruch angemeldet. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen ergab sich mit Ausnahme Kärntens jedoch auch in den Ländern der »Schwarzacher« keine einheitliche Meinungsbildung für Reinthaller. (Vor allem die Steiermark erwies sich als ein Herd endloser Schwierigkeiten,134 die hier nicht im Detail ausgebreitet werden können, für die sich jedoch reiches Material im Nachlass Reinthaller findet, insbesondere die ausführlichen Briefe des Geschäftsführers der steirischen Freiheitspartei, Major a. D. Egon Plachutta.) Als Zankapfel, als das entscheidende Zünglein an der Waage im Ringen zwischen Reinthaller und der alten VdU-Führung, kristallisierte sich immer mehr Oberösterreich heraus.

132 Brief an Reinthaller, 28. 3. 1955. 133 Die Art, wie sich das Naheverhältnis zwischen Reinthaller und Peter im Lauf des ersten Halbjahres 1955 entwickelte, lässt sich an den Anreden ablesen, die Peter verwendete, von »Sehr geehrter Herr Minister« zu »Lieber väterlicher Freund«. 134 Dabei waren drei Fragenkomplexe zu unterscheiden  : Zum einen die Behauptung, es handle sich bei den Leuten um [den Landesobmann Herbert] Schweiger um unverbesserliche Neonazis, die – wie Wolf in der Maur am 10. Februar schrieb, »absolut falsch, wenn nicht erlogen« sei  ; zweitens die engen Kontakte Schweigers mit dem Komitee der nationalen Einigung, das aus der sowjetgesteuerten ›Nationalen Liga‹ hervorgegangen war, drittens um das Phänomen, dass gewählte Funktionäre von hauptamtlichen Mitarbeitern (»Parteimanagern«) »genasführt« würden (Brief von Landesrat Hueber an Reinthaller, 28. Juni 1955). Ein Spezifikum der steirischen Szenerie war, dass die Vertreter von Strachwitz’ »Aktion« – wie Hueber – hier eindeutig aufseiten der alten VdU-Führung standen.

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Reinthaller, Peter und van Tongel vertraten unterschiedliche Zugänge zur Lösung der Blockade. Van Tongel verfolgte eine kantige Politik, gegen Kraus auf der einen, wie gegen Timmels »Ehemalige« und die Steirer mit ihren suspekten Kontakten auf der anderen Seite. Auf einen einfachen Nenner gebracht  : Er wollte den VdU total abwirtschaften lassen und dann das Erbe übernehmen  ; Peter hingegen den oberösterreichischen VdU über seinen Landesrat Georg Grünbart mit Zuckerbrot und Peitsche zu einem Übertritt zur Freiheitspartei veranlassen  ; Reinthaller wollte diesen Weg sichtlich lieber mit dem jungen Eferdinger Unternehmer Karl Leitl gehen, dem 2. Obmann des oberösterreichischen VdU. Beide Anläufe eines regionalen Schulterschlusses scheiterten bis zum Sommer 1955. Für den 23. Oktober 1955 standen in Oberösterreich Landtagswahlen an. Entgegen den bisherigen Annahmen und Beschlüssen erklärte sich Reinthaller Mitte August mehr oder weniger spontan zum Antreten bereit, eine Entscheidung, die man durchaus als Sieg Peters über van Tongel interpretieren kann, der mit seinen Kassandra-Rufen nicht hinter dem Berg hielt. Das intuitive Kalkül ging auf  : Mit der Gefahr einer Spaltung konfrontiert, einigten sich Grünbart und Peter doch noch auf eine Wahlgemeinschaft – ein Durchbruch, der schließlich auch auf Bundesebene zur Einigung über die Gründung der FPÖ führte. Am 3. November 1955 trat ein paritätisch aus VdU- und FP-Vertretern gebildetes Proponentenkomitee der FPÖ zusammen  : Die Führungsspitze der neuen Partei sollte demokratisch aus Urwahlen in den Bezirken hervorgehen.135 Am 8. April 1956 trat der erste Bundesparteitag der FPÖ zusammen und wählte Reinthaller zum Obmann  ; unmittelbar danach beschloss der VdU seine Selbstauflösung. Der VdU als Partei gehörte damit der Geschichte an  ; sein personelles Substrat – ob man jetzt die Abgeordneten zum Nationalrat betrachtet oder die Bezirksobmänner in Oberösterreich – blieb weitgehend erhalten, war in der FPÖ im Hegel’schen Sinne aufgehoben. Verändert hatte sich der Anspruch der Partei  : Sie wollte keine breit gefächerte Reformbewegung mehr sein, die Gravamina der »Ehemaligen« bestenfalls als Sprungbrett benützte, sondern eine klassische Lagerpartei. Sie appellierte zwar an die berühmten »bürgerlichen Randschichten«, an Sympathisanten des nationalen Lagers, die aus opportunistischen Überlegungen bei den Großparteien gelandet waren, schaffte aber zumindest auf Bundesebene nicht den Ausbruch aus dem Ghetto einer immer wieder von Existenzängsten geplagten Kleinpartei (selbst wenn sie inhaltlich eine erstaunlich klar konturierte bürgerliche Politik verfolgte). Erst eine neuerliche »Generationenablöse« in den Achtzigerjahren schuf hier Wandel. 135 Dabei kam es allein auf Mitgliederzahlen an, was zu einer »Kärntner Lawine« (Kandutsch) führte. Der VdU-Bundestag basierte hingegen auf einem gemischten Schlüssel, der Mitgliederzahlen und Wählerstimmen der Länder zu gleichen Teilen berücksichtigte  ; vgl. Höbelt, VdU 237–239.

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a) Reinthaller und die Versuchung der Rückkehr in die Politik Graf Peter Revertera an Anton Reinthaller, 11. Februar 1952 Ich freue mich sehr, Ihrem Briefe zu entnehmen, dass wir über die vordringlichen Gebote der Stunde einer Meinung sind. Gelingt es nicht in kurzer Zeit die schweren Fehler der letzten – sagen wir – 20 Jahre endlich zielbewusst & EHRLICH zu erkennen & daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen, so ist der Untergang unseres Landes & wohl auch ganz Europas nicht aufzuhalten. Auf die Entwicklung der internationalen Lage haben wir ja nur einen geringen, ja fast gar keinen Einfluß. Aber umso mehr Möglichkeiten ergeben sich gerade jetzt, wenigstens das eigene, so bescheidene Haus zu säubern & in Ordnung zu bringen, was bisher in so erschreckendem Ausmaße versäumt wurde. Ansätze hiefür sind gerade in allerletzter Zeit zweifellos gesetzt worden & gerade was die ÖVP anbelangt, sind die sehr energischen Mahnung[en] zur Umkehr nicht ungehört verhallt, die insbesondere in den letzten Monaten seitens der Wirtschaft in unmissverständlicher Form erhoben wurden & an welchen ich mich mit allerdings recht bescheidenen Kräften beteilige. Damit ist aber noch lange nicht alles getan & insbesondere das Chaos im nicht der VP zugehörigen bürgerl. Lager sowie im Abseitsstehen wertvollster Kräfte (ich meine damit Ihnen nahestehende Kreise) muß jeder, der es mit Volk & Heimat wirklich ehrlich meint, schwerste Sorge bereiten. Gerade über diese Fragen MUSS ich in absehbarer Zeit mit Ihnen sprechen, da ich der festen – wenn auch vielleicht überheblichen – Meinung bin, dass wir zwei einiges zur so dringend & zwingend notwendigen Klärung auf diesem Gebiete beitragen könnten. […] Ich habe neulich eine längere Aussprache mit Langoth gehabt & fand ihn recht gealtert, in mancher Beziehung fast senil. Haben Sie sein Buch gelesen? Ich fürchte, er hat mit diesem der Sache der Überwindung alter Empfindlichkeiten keinen guten Dienst geleistet; vor allem lässt es in puncto Objektivität viel zu wünschen übrig. Auch begeht er einige Indiskretionen, die so manche vom besten Willen beseelten & heute noch in exponierter Stellung befindlichen Männern recht unangenehm werden können. Ich bedaure diese Publikation aus verschiedenen Gründen, trotz des unverdienten Lobes, das Langoth mir widmet, wofür ich ihm dankbar bin. Ich sende Ihnen demnächst eine Brochure, welche mehr oder minder das Programm der abendländischen Aktion behandelt, die besonders in Deutschland sehr starken Anklang findet. Ich hoffe, Sie haben Zeit, sie durchzulesen, denn Ihr Urteil wäre mir sehr wertvoll. Wir Landwirte haben ja gerade jetzt bei dem Hundewetter etwas mehr Zeit zur Lektüre, wenn dies auch leider für mich nur sehr bedingt Geltung besitzt.

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Felix Butschek an Anton Reinthaller, 26. April 1952 […] Ich würde nicht ganz so weit gehen, wie Du es tust, bin aber mit Dir restlos eines Sinnes, dass wir uns nicht in eine Heldenpose setzen dürfen, die uns gar nicht ansteht, da der „Erfolg“ unserer politischen Führung gar nicht abzusehen ist. – Unsere Gesinnungsfreunde sind, waren und bleiben Gefühlspolitiker, und da sie der Meinung sind, nun wieder „freier“ und offener reden zu dürfen, schlagen sie auf die „nationale“ Pauke, sind selbstgerecht und werden eines Tages wieder „Katzenjammer“ haben. Gegen diese Entwicklung wehre ich mich, gegenwärtig gegen den Wind kämpfend, und danke Dir daher besonders für Deine Einstellung zu meinen Bemühungen. Falls Du es ermöglichen kannst, besuche bitte, allen sonstigen Überlegungen nicht entsprechend, dennoch demnächst Vater Langoth, der sich mit meinen Ausführungen einverstanden erklärte, der aber dennoch meiner Auffassung nach dann, wenn sie ihn an seiner nationalen Lehrertradition fassen, wieder „nationalere“ Töne von sich geben könnte. Es gilt unseren Herren die Augen für die Möglichkeiten zu öffnen, sie jagen indessen Wünschen nach.136 Herbert Kraus an Anton Reinthaller, 31. Mai 1952 Präsident Robert Harmer hat mir nahegelegt, mit Ihnen Verbindung aufzunehmen, was ich besonders gern tue, da Sie ja für mich ein Begriff sind. Bitte teilen Sie mir mit, wann ich Sie einmal aufsuchen könnte oder wann Sie selbst einmal nach Salzburg oder Wien kommen. Ich würde mich sehr freuen, mich einmal mit Ihnen auszusprechen und Ihre große Erfahrung für unsere politische Tätigkeit einsetzen zu können.137

136 Fritz Butschek, unter Reinthaller einst Stabsleiter des Reichsnährstandes von ›Niederdonau‹, war einer der führenden Exponenten der »Aktion zur politischen Erneuerung«. Er hatte auf einem Linzer Kongress der Aktion im März 1952 Aufsehen erregt, als er für eine Würdigung der Männer des 20. Juli eingetreten war. Er bat Reinthaller außerdem um eine Intervention bei Gleissner (»wenn Du glaubst, dass Du dort etwas zu richten vermagst«) wegen einer Bewerbung um die Stelle des Personalleiters der Wolfsegg-Traunthaler, die ihm ursprünglich zugesagt worden war. Er kandidierte 1953 für die gemeinsame Liste von VdU und Aktion, schrieb dann aber bereits am 1. April 1953 an Reinthaller  : »Ich habe mir nie vorgestellt, dass Führer der politischen Gruppe, in die ich da hineingeraten bin, eine Rolle bar jeglicher charakterlichen Haltung zu spielen vermögen, wie sich dies hier ereignet.« 137 Reinthaller antwortete am 8. Juni, durch seinen Prozess seien ihm nach wie vor die Hände gebunden  ; Kraus erklärte am 14. Juni daraufhin, er habe nicht an eine politische Tätigkeit gedacht  : »Ich wollte mich nur Ihres Rates als Privatmann und eines gewissen freundschaftlichen Vertrauensverhältnisses versichern.«

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Graf Peter Revertera an Anton Reinthaller, 3. Juni 1952 […] Unterdessen hat, wie ich mit Empörung der Presse entnehmen musste, wieder eine Verhandlung in Ihrer Sache stattgefunden, die keinen glücklichen Ausgang nahm.138 Voll Wut setzte ich mich gleich mit Gleissner in Verbindung, der mir versprach, alles in seiner Macht Liegende zu unternehmen, Ihnen behilflich zu sein. Ich hoffe daher, daß auch Ihre Aussprache mit ihm Samstag – von deren Bevorstehen er mich unterrichtete – einen zufriedenstellenden Verlauf genommen hat. […] Graf Peter Revertera an Anton Reinthaller, 17. November 1952 Wir haben heute eine Konferenz des engeren Komitees des Verbandes der freien Wirtschaft hier gehabt (bestehend aus Stepan, Hornbostel, Dr. Harmer, Dr. Kretz und mir) in der Frage der diversen Bestrebungen einer Konzentration für die kommenden Wahlen, über welche wir im Sommer sprachen. In Verfolgung dieser Konferenz wäre eine Aussprache zwischen Ihnen und mir dringend vonnöten. Da ich momentan sehr angehängt bin und nicht zu Ihnen kommen kann, wäre es Ihnen möglich, mit mir hier in Linz zusammenzukommen? Ich wäre dafür sehr dankbar.139 Max Stendebach an Anton Reinthaller, 19. Dezember 1952 Ich habe mich ausserordentlich gefreut, bei unserer Besprechung in Linz Kontakt mit Ihnen gewonnen zu haben. Es wäre mir sehr angenehm, wenn wir diesen vertiefen und uns gelegentlich wiedersehen könnten. Ich glaube, wir sind in Linz so verblieben, dass Sie uns einige Anregungen geben wollten, an welche Persönlichkeiten wir uns 138 Am 7. Mai 1952 war in einem Volksgerichtsverfahren Reinthallers Haftstrafe wegen des Formaldelikts der illegalen Parteimitgliedschaft in der Zeit zwischen 1933 und 1938 zwar auf zweieinhalb Jahre reduziert worden (die er in US-Haft zwischen 1945 und 1949 längst abgesessen hatte), der Vermögensverfall über seine Güter aber nicht aufgehoben worden – das geschah erst durch Gnadenakt des Bundespräsidenten vom 6. Juni 1953  ; vgl. Schimanko, Strafverfahren 378. 139 Das Treffen fand am 21. November statt. Ein Resümee Reverteras vom 22. November fasst zusammen, es gehe nicht darum, »wieder 16 oder 20 oppositionelle Redner ins Parlament« zu bringen, sondern um den Willen »zur Führung des Staates im Sinne der Ordnung und Lauterkeit«. Man dürfe nationale Gesinnung nicht mit dem Anschluss und soziales Wollen nicht mit Enteignung gleichsetzen. Revertera warnte vor »weißen Stimmzetteln«, überschätzte aber wie die meisten Beobachter die Erfolgsaussichten der vereinigten Liste von VdU und Aktion, wenn er mit einem Wahlergebnis von 70 Mandaten für die ÖVP, 64 für die SPÖ und 26 für VdU/Aktion rechnete. Das tatsächliche Wahlergebnis vom 22. Februar 1953 lautete ÖVP 74, SPÖ 73, VdU/Aktion 14, KPÖ 4 Sitze. Am 28. November berichtete Revertera, Figl und Gleissner hätten seinen Wünschen prompt Rechnung getragen und im Zusammenhang mit Reinthallers Verfahren eine Aussage im positivsten Sinne erstattet.

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bezüglich Unterschrift unseres Wahlaufrufes wenden könnten. Ich wäre Ihnen für eine diesbezügliche Nachricht ausserordentlich dankbar. In der Zwischenzeit ist mir Ihr Name in einem Zusammenhang vorgebracht worden, den ich nicht durchschauen kann und der wohl aufklärungsbedürftig ist! Vor einigen Tagen trafen wir bei Präsident Robert Harmer einen gewissen Dr. Seyfert und Ing. Odelga (ÖVP-Funktionär), die erklärten, dass sie im Auftrag Minister Reinthallers, Herrn Heinzls und Proksch sprächen. Die Herren sagten, die Verhandlungen, die wir mit Ihnen und Heinzl in Linz geführt haben, hätten sich zerschlagen, da Sie von uns verlangt hätten, ungefähr die Hälfte unserer aussichtsreichen Mandate nach Ihren Wünschen zu besetzen und wir nun diese allein verteilt hätten. Dazu möchte ich feststellen, dass sich keiner der Teilnehmer – auch nicht Präsident Harmer – an einen derartigen Ausspruch von Ihnen oder Heinzl erinnert und dass wir im übrigen unsere Mandatslisten mit Ausnahme der für die Aktion vorgesehenen Stellen noch gar nicht festgelegt haben. Das Überraschendste aber war mir jedoch, dass Dr. Seifert und Ing. Odelga erklärten, die massgebenden Kreise der ehemaligen Nationalsozialisten haben daher beschlossen, die ehemaligen Parteimitglieder aufzufordern, bei der nächsten Wahl weisse Stimmzettel abzugeben. Dies soll sowohl durch Mundpropaganda als auch durch eine Flugzettelaktion, für die 40.000 S zur Verfügung stehen, durchgeführt werden. Seyfert wolle nun noch den letzten Versuch machen, dieser „irrsinnigen Stimmenthaltungsparole“ Einhalt zu gebieten und uns aufzufordern, die Bedingungen Ihres Kreises doch noch anzunehmen. Zu diesem Zwecke legte er uns eine Wunschliste von ca. 10 Kandidaten vor und verlangte sofortige Aufnahme von Verhandlungen mit der Parteiführung der „Sozialen Erneuerungs Bewegung VdU/Aktion“ auch über weitere Punkte. Ich möchte Sie nun dringend bitten, sehr geehrter Herr Minister, mir möglichst umgehend mitzuteilen, ob diese Darstellungen Dr. Seyferts tatsächlich auf Richtigkeit beruhen und er wirklich von Ihnen mit der Führung solcher Verhandlungen beauftragt ist. Bevor ich nicht von Ihnen ausreichend darüber unterrichtet bin, möchte ich – schon wegen des angenehmen Verhältnisses mit Ihnen – in keine weiteren Gespräche mit Dr. Seyfert eintreten. Im übrigen bin ich als Obmann einer in sich autonomen Körperschaft auch gar nicht befugt, mit einer aussenstehenden Gruppe, die ausserdem noch von einem ÖVP-Funktionär mitvertreten wird, formell Verhandlungen über die von uns zu vergebenden Mandate zu führen, ohne vorher eine Ermächtigung unserer Bundesleitung zu besitzen. Ich weiss auch nicht, ob es zweckmässig ist, eine solche Angelegenheit vor den 38 Mitgliedern der Bundesleitung zur Sprache zu bringen. Ich glaube, wenn tatsächlich solche Interessen und Wünsche vorliegen, wird eine solche Fühlungnahme zweckmässigerweise in anderer Form vorzunehmen sein.

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Stefan Schachermayr an Anton Reinthaller, 25. Juni 1953140 PS: Du wirst in Kürze Besuch bekommen. Die Besucher wollen Dich bewegen, die Würde eines Königs des VdU in Oberösterreich anzunehmen. Hoffentlich bist Du Dir der Größe des Augenblicks bewußt. Man will unseren Freund Georg141 abschießen und Dich oder Fastner142 zum König machen. Das nur zu Deiner Orientierung zwecks des Willkommensgrußes.143 Graf Peter Revertera an Anton Reinthaller, 5. Jänner 1954 Lieber, verehrter Herr Ingenieur! […] Ich freue mich sehr, dass Sie sich entschlossen haben, meiner Anregung Folge zu leisten und persönlichen Kontakt mit dem Betreffenden aufzunehmen.144 Es handelt 140 Stefan Schachermayr war unter Eigruber Gauinspektor gewesen. Das Schreiben galt in der Hauptsache Interventionsangelegenheiten für inhaftierte »Ehemalige«, das Spezialgebiet Schachermayrs, der deshalb am Vortag wiederum bei Gleissner vorgesprochen hatte und urteilte, die Landesregierung benehme sich »relativ anständig«. Sein Hauptansprechpartner in diesem Zusammenhang war allerdings die SPÖ, die das Justizministerium innehatte. In einem Schreiben an Bundespräsident Körner appellierte Schachermayr deshalb auch an die Gemeinsamkeit der Lagerstraße – von Wöllersdorf  : »Gerade Sie, Herr Bundespräsident, wissen um den Firmenvorgänger der ÖVP und ihren Verfassungsbruch nach dem tragischen 12. Februar. […] Ist jene Notgemeinschaft vergessen  ?« Viele »aufrechte und ehrliche Februarkämpfer« hätten »in den Kerkern mit illegalen Nationalsozialisten aufrichtige Freundschaft« geschlossen. 141 Landesrat Georg Grünbart (1903–87) aus Geinberg im Innviertel war seit 1952 Landesobmann des VdU Oberösterreich. Der Herausgeber der »Sozialpolitischen Korrespondenz«, Wilhelm Haas, schrieb über ihn am 21. März 1953 an Reinthaller  : »Schurl Grünbart« sei »ein ewig zaudernder Cunctator, der einfach nicht in Schwung zu bringen ist«. 142 Der Linzer VdU-Stadtrat Ferdinand Fastner lud Reinthaller dann 1954 zur »Arbeitsgemeinschaft der parteiungebundenen Vereine« ein, die im Grünen Salon des Schwechater Hofes tagte. 143 Unter den Papieren Reinthallers finden sich Notizen über die Besprechung am 4. Juli 1953 mit Revertera, Kretz, Hornbostel und Robert Harmer. Als »Succus« vermerkte er  : »Die Führer der nationalen Mittelpartei sind heute verfemt. Sie müssen [  ?] wieder reaktiviert werden, um die Führung dieser Partei anzutreten. Kraus und Reimann sind überfällig. Ihr Programm heißt  : Ich will Minister werden.« Harmer schrieb am 28. Juli an Egbert Mannlicher, »der mit Reinthaller besprochene Plan hat über mich die Unterstützung der Wirtschaft und würde durch positive Ratschläge Ihrerseits, allenfalls Mitarbeit, sehr wirkungsvoll gestaltet werden können«. 144 Es ist unschwer zu erkennen, dass es sich bei »dem Betreffenden« um Otto v. Habsburg handelte. Eine Fahrt zu ihm wurde für den 17. Jänner 1954 in Aussicht genommen. Otto Harmer, Roberts Vetter, der in Schloss Feyregg bei Bad Hall in Oberösterreich lebte und mit Reinthaller in Kontakt stand, hatte übrigens schon am 13. November 1952 über einen Bonner Vortrag Otto v. Habsburgs berichtet, der auch schon im Rahmen des Breitner-Wahlkampfes konsultiert worden war (vgl. das Interview mit Christoph Thienen-Adlerflycht in Lothar Höbelt [Hg.], Burghard Breitner, Wien 1994, S. 53 f.). Reinthallers Besuch bei Otto war insofern ironisch, als gerade Kraus immer wieder die Nähe zu Otto v. Habsburg und

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sich dabei, wie ich nicht oft genug betonen kann, durchaus nicht um irgendwelche Fragen der Staatsform, Restauration, Reaktion oder dergleichen, sondern um die Verfolgung der heute mehr denn je notwendigen Bestrebungen der Konzentration des Abendlandes, insbesondere des Donauraumes, unter Ausschaltung jedweder parteipolitischer, rassischer, nationaler & sonstiger ähnlicher Fragen. Da der Betreffende eine sehr maßgebliche Rolle bei all diesen Bestrebungen spielt, würde ich gerade eine Aussprache Ihrer Person mit ihm für sehr wünschenswert halten, da ich – ebenso wie er – der Überzeugung bin, dass unsere „nationalen“ Kräfte bei der Verfolgung dieser für die Zukunft Europas sehr bedeutsamen Vorarbeiten unter keinen Umständen abseits stehen sollten oder gar ausgeschaltet werden dürften. Handschriftliche Notiz Reinthallers, 10. Februar 1954 16 h Dr. Freyborn145 u. Dr. S.(???) zu Besuch in Mettmach F: Absacken des VdU in den letzten Monaten. Es muß etwas geschehen! Salzburg hat sich von der Bundesführung getrennt. Satzungen eingereicht: Statt „Landesgruppe Salzburg des VdU“ – „VdU Salzburg“. Er geht selbständig und Zusammenarbeit nur auf freiwilliger Grundlage. (Eigene Bemerkung: Ungeahnte Möglichkeiten einer Auflockerung des zentralistischbürokratischen Systems.) Föderation. Wohin gehört unter solchen Umständen die zentrale Bundesführung? Wie soll sie überhaupt aussehen? Welche Mittel stehen ihr zur Verfügung, um die Einheitlichkeit zu wahren, auch dann, wenn es im Gesamtinteresse, nicht aber im Interesse [des] einen oder anderen Landes liegt? F: Herbert Kraus – Reimann wurden nicht gewählt, weil sie Autorität besaßen, sondern weil das Bedürfnis nach einer 3ten Partei? Die Wähler aber waren die ehem. Naseine angebliche Teilnahme an Ottos Hochzeit in Nancy 1951 vorgeworfen wurde (siehe oben, Aufzeichnungen Gustav Zeillingers, 6. 10. 1952). 145 Über Johann Freyborn, den Klubobmann des VdU im Salzburger Landtag, informierte Hermann Ingram am 2. Februar Reinthaller. Er sei nach 1938 Wiener Studentenführer, dann Wirtschaftsredakteur im ›Völkischen Beobachter‹ gewesen  ; er sei »Exponent einer gewissen Linksorientierung« und mache Kraus zum Vorwurf, das Vertrauen der Arbeiter leichtsinnig verwirkt zu haben. Er wolle Kraus durch einen »homo novus« ersetzen, zur Wiedergewinnung der Abgesplitterten und Bändigung der Dissidenten. »Was der Mann anstrebt, ist richtig und verdient daher Unterstützung.« Außerdem berichtete Ingram von einem Gespräch mit Prinz Karl Anton Rohan, der meinte, »daß sich in Industriekreisen niemand auf Kraus kapriziere. Vorläufig zahlt man eben noch weiter, weil man die Existenz des VdU für wichtig hält. Aber wie lange noch  ?«

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tionalen. Die Zeit reif, die KZ-ler = Führer, die 1949 notwendig waren, abzuservieren. Daß sie nicht begreifen, sondern sich mit einer unglaublichen Sturheit an ihre Pöstchen klammern, ist bewundernswert. F. erklärt die Manager unter den für die Gründung des VdU überhaupt. Kraus sei durch die Angriffe auf den „neonazistischen“ VdU vor der Wahl derart verschüchtert gewesen, dass er sich überhaupt nicht in die Öffentlichkeit traute und unauffindbar war, als es sich darum drehte, die letzte Zeitung vor der Wahl zu redigieren. Dies besorgte dann Fr., zu dem die Zeitungsleute hilfeheischend eilten. Weiterhin war F. es, der Verbindung VdU und FDP hinstellte, ungeachtet dessen, dass H. Kraus sich nachträglich in einer Artikelserie brüstete. F. kennt Bonn u. deutsche Wirtschaft von Grund auf, steht mit prominenten deutschen Politikern auf dick und dünn; dass für den Besitz einer Tageszeitung von Deutschland FDP-Geld gegeben werde (FDP allein Westfalen-Rheinland oder Niedersachsen monatliches Budget 100.000,– DM). Auch in der Lage, ein Millionenprojekt Krupps in Österreich zu fördern. Vorbesprechung hätte bereits stattgefunden. Die oktroyierte Entflechtung Krupps mache Millionen frei, die Krupp in Österreich anlegen möchte.146 Ansehen Kraus null Komma Josef. Er hält sich durch Intrigen u. Geld. Seine Anhänger sind Mameluken, die gehaltlich vom ihm abhängen. Die Geld haben (Industrie) sind nur so lange mehr geneigt, mitzugehen, als sich nichts Besseres findet. Ob außerdem Kraus Geldgeber hat? Wahrscheinlich Raab (ÖVP), dem er sich total verschrieben hat, und Habsburg, eventuell aus Deutschland und Amerika – Kraus stehe mit CIC im besten Einvernehmen und man spricht davon, dass er ständig Berichte liefere. Stendebach charaktervoll, aber sehr schwach. Erklärt selbst, dass er gegen Kraus nichts unternehmen könne, weil er auf dessen Geld anstehe, denn „ohne Kasse“ lasse sich keine Politik treiben. Reimann nur gemeinsame Bespr[echung] mit der FDP. In Bonn wurden die Österreicher gefragt, ob mit Stüber nicht wieder ein Arrangement getroffen werden könne. Stendebach: „Ja, er beabsichtigt in den nächsten Monaten die Sache zu bereinigen“ – Kraus und Kandutsch zugleich „niemals“. Anregung: Zusammenkunft prominenter Vertrauensleute der Nationalen in Oberösterreich und Salzburg – nicht mehr als ca. 10. Beschlussfassung über weiteres Vorgehen. Wahrscheinlich: Liste jener (ca. 100–150), die gewillt sind entweder den VdU umzuformen oder eine Neugründung vorzunehmen. Stendebach vor Alternative stellen: Abzutreten oder Kampf aufzunehmen. Hartleb Angst vor den Nationalen, hält sich an Kraus, den er zwar verachtet, aber der ihn hält gegen die Aspirationen der NS, die sich zur Führung melden. – Hartleb sei jener Mann gewesen, der die Gründung des VdU zu Gunsten der „Verfassungstreuen 146 Freyborn ruderte bereits am 25. März mit der Entschuldigung zurück, man habe Bedenken, deutsches Geld in österreichische Beteiligungen zu investieren, »da deutsches Vermögen bekanntlich in Österreich vogelfrei ist«.

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Vereinigung“ (mit Schönbauer) erfinden wollte für den Osten Kraus. – Erst als Kr. in einer Versammlung in Graz Hartleb berichtigte, d.h. dessen Behauptung, der VdU sei nicht anerkannt und behördlich genehmigt – sei Hartleb zu Kreuz gekrochen. F. behauptet, ist von der Salzburger Landesleitung legitimiert, mit mir zu sprechen. Mannlicher tut mit!? Beschluß Salzburgs: „Die Länder sind zu einigen“, Angebot an Anton Reinthaller, die Führung zu übernehmen, dann „voll ja“. Kraus musste 49 durch Kniestösse aufs Podium gebracht werden. (Linz)147 Brief Peter Reverteras an Anton Reinthaller, 15. Februar 1954 […] Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass mit einer nur teilweisen & bloß individuellen Behandlung der Frage der endlichen Aufhebung der Diskriminierung nichts getan ist, sondern dass unbedingt eine generelle Lösung gefunden werden muß, und wir werden auch in diesem Sinne arbeiten. Da aber diese generelle Lösung nicht von heute auf morgen durchzuführen sein wird, sondern mindestens einige Wochen in Anspruch nehmen wird, wäre es zweckmäßig, wenn man unterdessen Teilerfolge erzielen könnte, was dort und da zweifellos möglich wäre. So z.B. die beiden Fälle, die Sie mir zur Kenntnis bringen, die wir sofort und unter den dermalen gegebenen Möglichkeiten einer Behandlung zuführen können. So dachte ich mir wäre es wünschenswert, wenn Sie mir oder Dr. Kretz ähnliche dringende Fälle jeweils bekanntgeben sollten bzw. Fälle, die Ihrer Meinung nach Leute betreffen, die für eine vorbereitende Arbeit im Sinne unserer letzten Aussprachen wichtig sein könnten, in der Form einer kleinen – nicht allzu umfangreichen – Liste übersenden könnten […] Daß es für Sie schwer ist, irgendwie öffentlich aufzutreten, insolange Ihre leider so zahlreichen Leidensgefährten noch immer unter Druck stehen, sehe ich vollkommen ein. Auch die anderen von Ihnen angeführten Gründe sind zweifellos richtig. Doch müssen wir wohl immer darauf gefasst sein, dass von marxistischer Seite aus in der von Ihnen befürchteten Richtung losgeschossen wird, sobald dieser etwas in den Kram passt. Die Zeiten sind aber gottlob vorüber, wo dies von besonderer Bedeutung sein würde, insbesondere auf dem Gebiete der internationalen Politik. Einiges wird wohl auch vom Ausgange der Berliner Komödie abhängen; nach Abschluß derselben werden wir wohl erst unsere Taktik für die allernächste Zeit festlegen können. Nach wie vor aber bleibt es meine Überzeugung, dass die Erfassung des wertvollen Teiles Ihrer Kreise eine unbedingte Voraussetzung dafür ist, dass wir bei uns die marxistische Gefahr bannen können. Dies heute nur in Eile. Julius habe ich nur ganz kurz in Tollet sprechen können, aber 147 Der abschätzige Hinweis bezog sich vermutlich auf die erste Großveranstaltung des VdU am 25. Mai 1949 in Linz mit ca. 17.000 Zuhörern  ; vgl. Höbelt, VdU 81.

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ganz im obigen Sinne. Leider ist er momentan recht angehängt! PS: Haben Sie das Buch O.s gelesen? Sehr lesenswert! Handschriftliche Notiz Reinthallers, 27. Februar 1954 Salzburg, Eulenspiegel 14 Uhr Dr. Freyborn, Weilhartner, Proksch, A.R., Mannlicher, Hueber, Rohan148 Nach einleitenden Worten Freyborns: Weilhartner über Lage in den Ländern 1. Kärnten, wegen Stüber der entgegen Versprechen in Klagenfurt eine nicht gut besuchte Versammlung abhielt, verschnupft. Scheuch distanziert sich von Stüber. Ob dies Wendung zu Kraus bedeutet, fraglich; sonst Kärnten einheitlich. Stübers Spaltungsversuche ohne Bedeutung. 2. Steiermark völlig zerrissen. Trostlos! 3. Burgenland tot. 4. Niederösterreich ohne nennenswerte Organisation; außer Waldviertel, wo man für Stüber ist. 5. Wien: VdU 0; Stüber klein, Abwarten. 6. Tirol Tendenz zur ÖVP. Organisation 0. 7. Vorarlberg Arbeiter wegen innenpolitischer Blödheiten wieder abgefallen. 8. Salzburg einheitlich, Separatismus, Stüberleute [ein Wort unleserlich]. Herumgerede Freyborn etc. über Maßnahmen. Die in Mettmach vereinbarte Fühlungnahme mit den Ländern ergab kein Resultat. Alles resigniert und bekennt, „es muß was geschehen“. Proksch Großreferat.149 Tenor: Während die Länder schlafen, hat in Wien ein kleiner Kreis (Proksch, Band, Gratzenberger, Koppitsch, Rinner) mit Vereinsexperiment Satzungen für eine Art nationaler Dachorganisation entworfen. Name: Einigung Österreich. Satzungen sind eingereicht und dürften um den 11. III. genehmigt sein. „Deutsch“ musste gestrichen werden. Aufgabe dieser Organisation, welche begreiflicherweise keine politische Partei sein will, soll es sein, alle nationalen Kreise, Splitter, sowie die Bünde unter Kontrolle zu bekommen. Bundesführungsstab (Gerusia) Zahl 15, detto Länder, detto Kreise. Man will mit Wünschen und Forderungen an VdU, FSÖ heran148 Prinz Karl Anton Rohan (1898–1975) gab in der Zwischenkriegszeit die ›Europäische Revue‹ heraus und stand mit Ignaz Seipel in Verbindung  ; er gehörte später zum Grusbacher Kreis von Adligen, die mit Henlein kooperierten und wurde nach 1945 von den Amerikanern inhaftiert  ; seine Nichte Margareta heiratete 1945 Graf Kunata Kottulinsky, der als ›Aktions‹-Kandidat 1953 nur ganz knapp ein NR-Mandat auf der WdU-Liste versäumte, sein Sohn Albert war gegen Ende des Jahrhunderts Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums. 149 Alfred Proksch, bis 1933 Landesleiter der österreichischen NSDAP, lebte in Wien und hatte am 22. Oktober 1952 erstmals wieder ein Treffen mit Reinthaller angeregt.

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treten und Knüppel hinterm Rücken zu verstehen geben, dass die Wähler, die man kommandiert, auch anders können. An diese will man durch das beste Wochenblatt Österreichs (in Grdg.) herankommen. Dieser Ältestenrat, meint Proksch, könnte schon bei den im Herbst fälligen Gemeindewahlen wirksam werden. Mannlicher bohrt: Wer sind die Männer? Es werden nicht mehr. Pflügl150 und einige seiner Trabanten hätten in Kenntnis der Prokschen Planungen am 20. II. versucht, die Sache an sich zu reißen. Bei dieser Besprechung, zu der ca. 200 Einladungen ergingen, waren ca. 80 Leute anwesend, davon 50 % Slawik-Leute. Demgegenüber behauptet Weilhartner, dass die ganze Slawik-Bewegung aus 15 eingeschriebenen Mitgliedern besteht. – Mannlicher und Hueber sind letzten Endes begeistert vom Plan Proksch – Rohan hält sich reserviert. A.R.: Proksch kann schweigen. Denn als ich vor Weihnachten in Wien war, hörte ich noch nichts von diesen Planungen. (Proksch meint, mit Absicht seien vorerst die genannten wenigen Männer befasst worden.) Ich muß die Ausführungen Prokschs erst verdauen und kann im Augenblick nicht abschließend Stellung beziehen. Kann das Gefühl nicht loswerden, dass es sich um die Gründung eines neuen nationalen Kreises handelt, deren Zahl ohnehin nicht klein ist. Und selbst wenn alles so erreicht würde, was uns Proksch prophezeit, so könnte das nicht von heute auf morgen geschehen. Die Gruppe kommt bestimmt bei den bevorstehenden Wahlen nicht mehr zum Tragen. Zudem steht offen, soll es eine Organisation [?] bis ins letzte Dorf werden, die zweifellos notwendig ist, wenn man an die Masse der nationalen Wähler herankommen will, oder soll’s nur ein Führungsstab sein, der über Zeitung und Bünde, gesellige Vereine wirksam wird. Letzteres will Proksch und betont im Referat, dass für die Nationalen eine politische Heimstätte geschaffen werden müsse, in der sie sich legal und ohne Furcht rühren können (als ob’s die Organisation nicht schon gäbe). Funktionäre der Organisation dürften keine Führerfunktionen in Parteien haben oder gar Mandatare werden. Haben wir ein so großes Reservoir an brauchbaren Menschen? – Endloses Palaver von Proksch. Ich verweise um 4 h 15 darauf, dass die heutige Tagung bisher so viel wie effektlos verlaufen sei, denn selbst dann, wenn der Plan Proksch zu verwirklichen ist, was ich noch immer nicht glaube, ist ja nichts geschehen, um den heute anstehenden Problemen an den Leib zu rücken. Die Feuerwehr, welche erst organisiert werden soll und über deren Einsatztermin nichts bekannt ist, ist wertlos im Augenblick, da es brennt. Ich fürchte, die Proksche Feuerwehr wird erst zum Brandplatz kommen, wenn alles in

150 Egon v. Pflügl, 1918/19 kurz Unterstaatssekretär im Kabinett Renner (nicht zu verwechseln mit Emmerich v. Pflügl, dem langjährigen österreichischen Gesandten beim Völkerbund  !), war der Vorsitzende des ›Komitees der nationalen Einigung‹, das sich im Dunstkreis der von den Sowjets geförderten Nationalen Liga unter Adlof Slavik bewegte und in der Steiermark einigen Zulauf hatte (z.B. der ehemalige Landesbauernführer Hainzl und der Landtagsabgeordnete Strohmayer). Seifert hielt Pflügl einmal zugute, er glaube, »auf diese Weise seinen Sohn aus Rußland zurückzuerhalten«.

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Schutt und Asche liegt. Also haben wir uns über das Zunächstliegende zu beraten. Wir haben über die Lage des VdU gehört. Sie ist trostlos. Ansatzpunkte zur Regeneration sind allein Salzburg und Kärnten und Einzelpersonen von den anderen Ländern. Von den Ländern her muß die Erneuerung kommen. Freyborn meint die 2 Länder sind zu schwach, um einen Erfolg zu bringen. Man brauche die Unterstützung prominenter Nationaler. Diese können wir und wollen wir hoffentlich gewähren, wenn man nicht Unbilliges von uns verlangt. Ich beantrage daher: 1. Dr. Freyborn stellt die Wünsche und Forderungen der Erneuerer im VdU zusammen. Sie sollen nur einige Punkte umfassen wie a) Stendebach muß DE FACTO Obmann sein, b) die Satzungen sind zu ändern, denn es ist geradezu absurd, dass die 35 Stimmen der Bundesleitung ständig die ca. 20 Ländervertreter majorisieren, d.h. sich selbst wählen, c) die geheime Wahl ist abzuschaffen, d) das Verfügungsrecht über das Geld hat nicht Herr Kraus oder der jeweilige Obmann, sondern ein Gremium von Vertrauensleuten, etc. etc. Freyborn sendet die Zusammenstellung an Proksch und mich zur Einsichtnahme und Kritik. 2. Proksch erstellt eine Liste der nationalen Proponenten (ca. 100), welche nicht gleichbedeutend ist mit der Bundesführung der „Einigung Österreich“. 3. Stendebach wird durch Freyborn gebeten, zur nächsten Besprechung (Linz, 20. III., 13 Uhr) zu kommen, wo er im kleinen Kreis inkl. Foppa beraten und er unter Druck gesetzt werden soll.151 Bei der [drei Buchstaben unleserlich]-Versammlung im April soll die Sache zum Klappen kommen, d.h., die Meuterer müssen auftrumpfen können. 4. Meine Frage, welche Zwangsmittel hat man. Hartleb und Kraus sind gefinkelte Menschen. Wie sollen sie zur Kapitulation genötigt werden, und die Drohung mit einem Aufruf der Proponenten an die nationalen Wähler ist natürlich etwas, aber was beabsichtigt man zu rufen? Wie werden Kraus und Hartleb reagieren? Werden sie nicht unsere Geheimnistuerei mit der Liste richtig einschätzen? Rohan sekundiert mir und gibt anschließend zu bedenken, ob es nach Berlin zu rechtfertigen ist, vereinzelte N.S. ins Rampenlicht zu stellen, umso mehr russische Veröffentlichungen [dies] bereits prophezeien. Proksch will Stüber die Länder Wien, NÖ und Burgenland überlassen, wogegen der neue VdU (oder anderer Name nach Mannlicher sei notwendig) die Alpenländer führen soll. Der Alfred wird immer blöder.

151 Stendebach kam am 20. März nicht nach Linz, wie aus den Notizen Reinthallers über das Treffen hervorgeht, die mit dem Satz enden  : »Aus sich heraus die VdU-Reform nicht zu machen, von außen  !« Am 2. Mai berichtete Reinthaller, die Besprechung mit Stendebach habe doch noch stattgefunden, sei aber negativ verlaufen. Stendebach lud Reinthaller allerdings zu einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Reinhard Mayer, in Salzburg am 2. Juli ein und bedauerte, dass es Reinthaller nicht möglich war zu kommen (Schreiben vom 29. Juni und 13. Juli 1954).

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Ich polemisiere gegen diese Auffassung und gebe zu bedenken, dass eine solche Teilung den Wünschen der Russen gemäß wäre, wobei beim Charakter Stübers eine Schwenkung zum Kommunismus ja nicht von der Hand zu weisen ist. Außerdem, was ist Stüber? Soll er überhaupt gehalten werden? Man versichert uns (Proksch), dass die Wiener dem VdU den Rücken gekehrt haben und Stüber auch nur ein Häuflein Leute hinter sich habe, wogegen die Masse abwartend abseits steht und auf eine Erneuerung wartet. Sehr die Frage, ob in der erneuerten Partei Stüber und Ursin152 noch aufscheinen sollen. Anton Reinthaller an Roland Timmel, 25. März 1954 (handschriftliches Konzept) Während ich am 24. d. M. von Linz aus an Proksch die Bitte richtete, mir eine Abschrift des Aufrufes zur Stellungnahme zu übermitteln, ist in Attersee Ihr Schreiben mit der erbetenen Abschrift eingetroffen, wofür ich bestens danke. Ich habe nach aufmerksamer Lesung des Aufrufes reiflich überlegt, die Sache überschlafen und komme zu folgenden Schlussfolgerungen, die ich Ihnen und Ihren Wiener Freunden ohne Schminke unterbreiten will: Wir sind uns einig im Wunsch, die „dritte politische Kraft“, welche auseinanderzufließen droht, möge wieder in Form gebracht werden, damit man reinen Gewissens und mit berechtigter Hoffnung auf Hilfe in seinen Nöten seitens der von ihm gewählten Volksvertreter zur Urne treten kann. Alle Voraussetzungen sind dafür gegeben, dass diese dritte Kraft, soferne die führenden Elemente dies wollen, d.h. alle persönliche Interessen gegenüber dem höheren Interesse zurückstellen, zu einem bestimmenden Faktor in Österreich werden kann. Seit Jahren bemühen sich Menschen, Ordnung in das im Jahre 1949 schicksalhaft entstandene Gebilde VdU zu bringen; allen blieb der Erfolg versagt. Statt zu sammeln, was ihr Vorhaben war, zersplitterten sie unentwegt weiter. Gegenwärtig spaltet sich die Führungsschicht im VdU in 1.) Kraustreue, 2.) Sympathisierende für Stüber und 3.) Abwartende. Letztere sind in der absoluten Majorität. – Angesichts dieser trostlosen Lage glaubten Leute im VdU, darunter viele Funktionäre, in Aktion treten zu müssen, um zu retten, was zu retten ist. Das dürfte in allen Ländern geschehen sein. Man ersuchte u.a. auch mich und Foppa, von außen her Sukkurs zu leisten, da die Reformwilligen im VdU kraft der bestehenden Satzungen, allein auf sich gestellt, keine Aussicht haben, mit ihren Wünschen und Forderungen durchzudringen, ein Tatbestand, der uns übrigens von Zeillinger bestätigt wurde. Wir stellten unsere Mithilfe in Aussicht, wenn man uns untrügliche Beweise dafür erbringen könne, dass die reformwilligen Kräfte im VdU 1.) 152 NR Fritz Stüber war im Herbst 1953 aus dem VdU ausgetreten  ; Fritz Ursin war Obmann der von ihm gegründeten FSÖ (Freiheitliche Sammlung Österreichs).

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zahlreich genug sind, 2.) diese Kräfte an einem Strang ziehen. Diese Beweise konnten nicht erbracht werden. Bei der Linzer Tagung am Samstag, den 20. III., hüllte sich Herr Dr. Freyborn, der es übernommen hatte, länderweise die Kräfte für eine Reform des VdU auf eine Linie zu bringen und darüber zu berichten, in Schweigen. Damit wurde die Aufstellung eines Proponentenkomitees gegenstandslos. Denn dieses allein kann sich nur lächerlich machen, wenn sich die Funktionäre im VdU Reserve auferlegen. Da trat nach Strachwitz, Rolf West etc. etc., Pflügl, Stüber u.a. nunmehr die G.Ö. auf den Plan, welche nichts anderes sein [kann] als ein Proponentenkomitee auf erweiterter Grundlage mit Einschluß von maßgebenden Vereins- und Verbandsfunktionären, denen man so eine Wirkung auf die von ihnen Geführten zumutete, dass man die Herren Kraus, Stüber, Strachwitz etc. dirigieren könne. Dies ist selbstverständlich Illusion, wenn man die Psyche dieser Leute kennt. Von der Warte des einfachen Mannes, der nicht gewillt ist, schwarz oder rot zu wählen, gesehen liegen die Dinge sehr unkompliziert: Die Partei (VdU) ist in Ordnung zu bringen! – Neue Gründungen, ob sie den Mut haben, sich politisch zu nennen oder nicht, brauchen wir nicht. Alle miteinander haben den Wirbel nur vermehrt. Daher kann die „G.Ö.“ nur im stillen wirken. Trommelwirbel und sonstige [ein Wort unleserlich] würden Verwirrung schaffen. Ein sofortiges Eingreifen halte ich, vor allem wegen der Inaktivität der reformwilligen VdU-Leute für aussichtslos. Zwar müsste man sich derer neben den genannten Proponenten versichern, alle zusammen müssten auf ein einfaches paar Punkte Programm verpflichtet werden. Erst der vollendete Organisationsaufbau dieser Phalanx lässt Aktionen zur Sammlung des nationalen Lagers zu. In VdU-Führerkreisen herrscht nach wie vor Siegerstimmung. So wie die ÖVP-Leute meinten, all die, welche nicht marxistisch sind, müssten sie sowieso wählen, glauben auch die Kraus und Genossen, dass die ehemaligen Nationalen gezwungen sind, VdU zu wählen, da ihnen keine andere Wahl übrig bleibt. Außerdem sind die an sich betrüblichen Wirren nur Kinderkrankheiten, die überwunden werden müssen, durch den Zusammenhalt der noch verbliebenen Kräfte. Zur Illustration dieser Behauptung: Es ist in Linz das Gerücht durchgesickert, ich strebe den VdU-Landesobmann für Oberösterreich an. Darob großes Gewurle in den Funktionärskreisen, trotzdem mich viele dieser Kalfatter [?] seit Jahr und Tag bestürmen, mich wieder in die politische Arena zu begeben. Man befürchtet, man sorgt sich. – Kurz – ich bin ihnen allen zusammen höchst unwillkommen. Diese Menschen sind noch nicht reif für die Reform an Haupt und Gliedern. Sie müssen wohl vom Schicksal noch ärgere Watschen bekommen, als sie ihnen schon erteilt wurden. Ich beabsichtige jedenfalls nicht, mich in dieser Korporation hinanzuraufen. Man steht im VdU auf dem Standpunkt, die Leute, welche von außen her kritisieren, sind keine VdU-Leute, daher hätten sie erst zu beweisen, ob sie welche sein wollen, d.h. sich einzugliedern und von unten anfangend zu dienen. Ein Mahnwort, wie es die G.Ö. erschallen lassen möchte, trifft – wie die Dinge stehen – auf völlig taube Ohren. Es ist nutzlos diese Menschen

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zur Raison zu bringen zu wollen. Entweder wir entschließen uns, à la Stüber in die politische Arena zu steigen, um die Gegner aus dem Feld schlagend, uns zu einer starken nationalen Gruppe emporzuarbeiten – was ich dermalen für Unsinn halte, oder man wartet zu, bis dieser Laden bzw. diese Läden so weit zusammenkracht und das verdiente Schicksal erleidet, um auf neuen Fundamenten frisch aufzubauen. Ich habe Sie in Linz als klaren Denker kennengelernt. Sie müssen einsehen, dass die erdachte Konzeption zu nichts führt als zu Verdruß, Streit, Fehden, persönlichen Diffamierungen und neuerlichen Spaltungen. Ganz nebenbei: „Freiheitlich“ ist nicht mehr zugkräftig; sagen wir lieber „tolerant“. Die Masse sucht Gott. Ich glaube nicht, dass die Partei [ein Wort unleserlich] ihr diesen beschert. Aber der Hinlauf zu diffusen Predigten spricht Bände. Noch ein Wort zu meiner persönlichen Lage. Die Auskunft ihrer Verwaltungsjuristen ist lückenhaft. Amnestierungen nach § 27 sind unterschiedlich. Ich bin amnestiert mit Ausnahme von § 18 lit. h. Dies schließt verständlicherweise mit ein, dass es mir nicht gestattet ist, öffentliche Aufrufe zu unterzeichnen. Dies werde ich so lange glauben müssen, als mir nicht behördlicherseits das Gegenteil kundgemacht wird. So wie die Dinge liegen, erachte ich es für ausgeschlossen, dass wir in kurzer Frist wirksam werden können. Für die nächste Zeit müssen wir den Dingen ihren Lauf lassen.153 Dies schließt aber nicht aus, dass wir uns in aller Ruhe formieren, wobei uns klar sein muß, dass wir möglicherweise das Erbe von Abenteurern und Hasardeuren werden antreten müssen. Der Aufbau einer Vertrauensmännerorganisation „G.Ö.“ ist zu delikat, als dass man die Sache übers Knie bricht.154 Ministerpostensucher sollen hier keinen Platz haben. Gelingt es, die Organisation eines [Vertrauens-]Männerapparates vor[an] zutreiben und untergeordneten Leuten klarzumachen, dass nicht für das Heute, sondern für eine nahe Zukunft gearbeitet werden soll, und die nationalen Kreise und Bünde an uns zu fesseln, was alles Geduldsarbeit bedeutet, dann haben wir Aussicht mit Erfolg dann auftreten zu können, wenn die Dermaligen am Ende ihres Lateins sind, was in sehr naher Zeit zu erwarten ist. Soferne Sie entschlossen sind, die stille und wohl lang dauernde Vorarbeit zu leisten, bin ich Ihr Mann: Für öffentliche Aufrufe im gegenwärtigen Augenblick habe ich nichts übrig. Ich hoffe, wir verstehen uns.155 153 Unter dem 25. April findet sich dann die Notiz  : Freyborn in Attersee 0. Freyborn schrieb am 18. Mai noch einmal  : »Ich kann mich leider des Eindrucks nicht erwehren, daß die Dinge nicht so laufen, wie sie sollen.« 154 Timmel zeigte schließlich am 27. November die konstituierende Generalversammlung der ›Gemeinschaft Österreich‹ an. Im Vorstand waren neben dem Wiener NS-Bürgermeister Blaschke, Gratzenberger und Timmel auch der Salzburger Gemeinderat Richter und der junge Norbert Burger vertreten. 155 Am 2. Mai findet sich hinter einem Briefkonzept an Timmel allerdings bereits das »Fazit«  : »Die GÖ Dr. Timmel etc. hantiert mit meinem Namen herum. Man ist zwar dagegen, daß ich Funktionen übernehme, aber man wollte Männer von GÖ in führende Funktionen des VdU bekommen. Vorsicht  !« Timmel

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Beilagen: Brief an Leute, die unterzeichnen sollen (von Freyborn konzipiert) Die Entwicklung im VdU, die Abspaltungen und die weitgehende Zerrissenheit im Lager all derer, die nach Herkunft und Gesinnung weder bei Schwarz noch bei Rot eine echte politische Heimat finden können, hat die Unterzeichneten veranlasst, einen letzten Versuch zu machen, der negativen, nicht zuletzt durch persönliche Motive veranlassten Entwicklung Einhalt zu gebieten und an die derzeit Verantwortlichen in den in Betracht kommenden politischen Gruppen heranzutreten, um sie zum Einlenken und dazu zu bewegen, die Bahn für eine neue Aufwärtsentwicklung einer geschlossenen und schlagkräftigen dritten politischen Kraft in unserer Heimat frei zu machen. Dieser Versuch kann nur gelingen, wenn er von aufrechten, allgemein anerkannten Männern innerhalb und ausserhalb der bestehenden politischen Gruppen getragen wird. 2. Appell Die jüngste Entwicklung im VdU erfüllt weiteste Kreise jenes Teiles der Wählerschaft mit wachsenden Bedenken, der nach Herkunft und Gesinnung weder bei Rot noch bei Schwarz eine echte politische Heimat finden kann und deshalb gehofft hatte, dass es dem VdU gelingen werde nach Überwindung üblicher Kinderkrankheiten zur starken dritten Partei aufzusteigen, die alle politischen Kräfte und verschiedene Meinungslager zwischen den beiden grossen Parteien zusammenfasst. Angesichts der Art, in der kürzlich offenbar persönliche Gegnerschaften ihre Austragung gefunden haben, fragen sich viele, ob es noch einen Sinn hat, einer Gruppe, deren Erfolgskurve weithin sichtbar abgesunken ist, noch eine Chance zu geben. Die Unterzeichneten sind der Meinung, dass Enttäuschung, Abfall und Spaltung, wenn ihnen nicht durch eine entschlossene Wendung Einhalt geboten wird, das Grundmandat bei den nächsten Wahlen gefährden. Den wesentlichen Ansatzpunkt zu einer Kursänderung erblicken sie im Verhalten des Salzburger und Kärntner VdU in der jüngsten Krise. Die Sanierungsvorschläge dieser beiden intakten Landesverbände erscheinen ihnen geeignet, einen Weg zu neuem

versuchte das Mißtrauen in einem Schreiben vom 30. Juni auszuräumen, mit dem Hinweis auf die Versuche der VdU-Führung, ihren Kreis zu separieren. Außerdem fügte er hinzu  : »Mit Helmer hatte ich […] Gelegenheit, selbst über Ihre Person zu sprechen. Er erklärte kurzweg, daß er keine Schwierigkeiten sehe, daß Sie sich wieder politisch betätigen. Im allgemeinen betonte er, daß Österreich wieder eine ordentliche nationale Partei mit sauberen Charaktären an der Spitze benötige. Alles, was bisher vorhanden sei, wäre nichts.«

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Aufstieg zu eröffnen und den weiten Kreisen, die sich von der korrupten Wiener Koalition abwenden, endlich wieder eine Hoffnung zu geben. Darüber hinaus erstatten die Unterzeichneten nachstehende Vorschläge: 1. Zusammenfassung aller politischen Lager und Bestrebungen zwischen Schwarz und Rot in einem reformierten VdU. 2. Ausweitung des Kreises der Mitarbeiter, Beauftragten und Funktionäre durch Heranziehung von Persönlichkeiten, die bei der Wählerschaft, besonders in der Kriegsgeneration und Jugend bekannt sind und Ansehen geniessen. 3. Stärkere Betonung der Interessen der Lohnempfänger – Arbeiter und Angestellten – und der sozial Benachteiligten, ohne deshalb in einen demagogischen Wettlauf mit den Linksparteien einzutreten. 4. Verwirklichung klarerer Profilierung und Selbständigkeit der einzelnen Mitarbeiter, Beauftragten und Funktionäre; das politische Gewicht unseres Lagers lag stets und liegt auch heute in den zahlreichen hervorragenden Fachleuten und ausgeprägten Persönlichkeiten, die wir herauszustellen vermögen. Die dritte Partei wird ihr Wählerpotential nur dann ganz ausschöpfen können, wenn sie bekannte Persönlichkeiten mit anerkannter weisser Weste und unterschiedlichen Meinungen zu Einzelfragen der Politik für sich sprechen und handeln lässt. Mit diesen Anregungen stellen sich die Unterzeichneten, jeder im Rahmen seiner persönlichen Möglichkeiten, zur praktischen Mitarbeit an ihrer Verwirklichung zur Verfügung. Sie hoffen, dass Ihr Einverständnis es vermeiden lassen wird, die Zusammenfassung aller echten Kräfte unseres Lagers auf anderen Wegen suchen zu müssen. Graf Peter Revertera an Anton Reinthaller, 13. April 1954 […] Über die Entwicklung der letzten Auseinandersetzung mit dem Gewerkschaftsbund sind ich und alle meine Freunde ebenso entsetzt wie Sie. Man kann nur mit Christian Morgenstern sagen: Dinge gehen vor im Mond, die das Kalb selbst nicht gewohnt! Ich kenne zwar die Hintergründe nicht, die Julius bewogen haben, einen so zweifelhaften und wie mir scheint, unnötigen Kompromiß zu schließen. Es muß da irgend etwas dahinterstecken. Jedenfalls werden wir von unserem Verband aus das Entsprechende veranlassen. Sehr fatal ist, dass bei den Verhandlungen es gerade die Industrie war, die sich für eine Lockerung des Antiterrorgesetzes aussprach mit der fadenscheinigen Begründung, dass ein Großteil ihrer Unternehmungen sich ohnehin nicht daran gehalten hatte.156 Ich habe jedenfalls, als uns Julius darüber befragte, namens der Urproduktion ganz energischen Protest gegen ein Nachgeben in dieser Frage 156 Das sogenannte Antiterrorgesetz, das sich gegen das gewerkschaftliche Prinzip des »closed shop« im Betrieb – und gegen das »Mobbing« von nicht organisierten Arbeitnehmern – richtete, war 1930 unter dem Druck der Heimwehren verabschiedet worden.

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eingelegt. Leider hat es aber wenig genützt. Aber einen Großteil der Schuld trägt wohl die Industrie. Notiz  : Ver[bands]Tagung Aussee,157 13. Mai 1954 1. Bei jeder Überlegung drängt sich der Gedanke auf, dass Entscheidungen von solcher Tragweite für Sache u. meine Person nicht in wenigen Stunden zwischen Tür und Angel getroffen werden können. 2. Überrascht durch die Tatsache, dass ich lediglich als Obmannstellvertreter vorgesehen bin. Um einen wirklich entscheidenden Einfluß auf künftige Entwicklung zu haben, müsste ich unabhängiger Obmann mit weitgehender Entscheidungsbefugnis sein. 3. Ausscheiden von Kraus u. Reimann aus dem Führungsapparat. Kraus als Finanz­ referent u. Verbindungsmann zur Wirtschaft ist einfach untragbar. Der Finanzausschuß gibt keine Gewähr die Tätigkeit Kr. entsprechend zu überwachen u. alle Extratouren auszuschalten, da er nur selten zusammentritt u. dann ohne die nötige Einsicht ist. 4. Eine wirkliche Reform d. Partei an Haupt und Gliedern erfordert entscheidenden Einfluß auf Parlament u. seine Tätigkeit. Der Obmann müsste daher zum wenigsten selbst Abgeordneter sein. 5. Da dies bis zur Neuwahl d. Parlaments nicht möglich ist, müsste ein polit. Aktionsausschuß errichtet werden, der Richtung u. Art d. Tätigkeit des Parlaments zu überwachen hätte (Anträge, Anfragen usw.). 6. Es ist ausgeschlossen, eine Oppositionspartei zu führen, ohne selbst u. dauernd in Wien zu sitzen, während die entscheidenden Kräfte, die in der Gegenrichtung ziehen, in Wien sind (Kraus, Reimann, Kandutsch). (Zum wenigsten wäre eine Anwesenheit in jeder Woche einige Tage unbedingt erforderlich. Ohne Mandat ist dies nicht möglich, es sei denn, man würde sich von d. Partei finanziell abhängig machen.) 7. Bei dem gegenwärtigen Stand d. Dinge müsste der ganze Führungsapparat in Ob.Öst. ausgewechselt werden, auf den ich mich als nunmehriger Obmann unbedingt verlassen müsste. Alle diese Bedenken zeigen, dass die ganze Angelegenheit zuerst wohl gründlich geklärt sein müsste, ehe ich mich in irgendeiner Weise binden könnte. Solche Entschei-

157 In Aussee fand an diesem Wochenende der Verbandstag des VdU statt  : Kraus (und der ausgetretene Stüber) schieden aus dem Präsidium aus  ; für sie rückte der Kärntner Robert Scheuch nach. Die Parteileitung wurde von zehn auf vierzehn Mitglieder aufgestockt  ; die bisherigen Mitglieder im Wesentlichen wiedergewählt  ; nur bei den Leitungsmitgliedern aus der Steiermark waren größere Veränderungen zu verzeichnen.

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dungen lassen sich nicht wenige Tage vor der entscheidenden Sitzung übers Knie brechen. Brief Max Stendebachs an Anton Reinthaller, 24. 9. 1954 Ich bitte, es mir nicht zu verargen, wenn nich noch einmal auf die Frage Ihres Eintritts in unseren Verband zurückkomme. Ich möchte Sie keinesfalls bedrängen, Sie werden aber sicher verstehen, dass uns an einem baldigen positiven Entschluss von Ihnen sehr gelegen ist. Sie wissen ja, dass der letzte Bundesverbandstag den Wunsch ausgesprochen hat, Sie als Bundesobmannstellvertreter in unserem Verband zu haben. Es haben in der Zwischenzeit mehrere Spitzenfunktionäre unseres Verbandes, die mit Ihnen teils gut bekannt, teils sogar gut befreundet sind, mit Ihnen gesprochen und Sie gebeten, doch diesem dringlichen Wunsch unseres Verbandes bzw. des Bundesverbandstages nachzukommen. Wir haben darüber auch schon Briefe gewechselt und in Salzburg die gleiche Frage besprochen. Sie haben damals die Ansicht vertreten, dass Sie nicht allein kommen, sondern einen grösseren Kreis Ihrer Freunde mitbringen wollten, dass Sie aber gerade deshalb zunächst mit diesem Freundeskreis sprechen und ihn über Ihre Absichten unterrichten müssten. Sie hatten geglaubt, dass dies erst bis Ende Juli – Anfang August der Fall sein könnte. Ich weiss, dass man sich in solchen Fällen immer etwas verrechnet, weil man nicht jeden, mit dem man sprechen will, so antrifft, wie man sich das vorgestelllt hat. Immerhin haben wir nun Mitte September, sodass zu hoffen ist, dass es Ihnen in der Zwischenzeit möglich war, alles zu klären, was Sie noch klären wollten. Ich möchte Sie, wie gesagt, nicht bedrängen. Ich lasse mich in ähnlichen Lagen auch nicht gerne bedrängen, sondern suche zu meinem Entschluss gerne ohne irgendwelchen Druck von aussen zu kommen. Ich verstehe es deshalb durchaus, dass wir noch keine positive Antwort von Ihnen haben und dass Sie sich noch nicht entschliessen konnten, die in Aussicht gestellte eingehende Aussprache mit mir herbeizuführen. Ich darf Ihnen aber folgendes mitteilen: Ich würde mich persönlich von Herzen freuen, wenn Sie sich entschliessen könnten, als Bundesobmannstellvertreter in unsere Bundesleitung einzutreten. Ich würde mich über einen solchen Entschluss nicht nur im Interesse des Verbandes freuen, sondern auch rein persönlich. Nach den kurzen Aussprachen, die wir bereits miteinander hatten, habe ich den Eindruck, dass der Verband über die Bedeutung Ihres Namens und Ansehens hinaus nicht nur einen wertvollen Mitarbeiter gewinnen würde, sondern dass ich mich persönlich mit Ihnen hervorragend verstehen und ich in Ihnen immer in der Vertretung einer klaren und vernünftigen politischen Linie eine tatkräftige Stütze haben werde. Ich weiss, dass manche in Ihnen den kommenden Bundesobmann sehen. Ich bitte Sie, überzeugt zu sein, dass ich nicht zu denen gehöre, die sich nach Ehrenämtern sehnen

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und an Sesseln kleben. Wenn Sie selbst es wünschen würden und wenn die Mehrheit des Bundesverbandstages in Ihnen den geeigneten Bundesverbandsobmann sehen würde, so würde ich Ihnen diesen Platz ohne jedes Ressentiment überlassen. Das, worauf es mir politisch ankommt, kann ich ohne die Belastung, wie sie die Stelle eines Bundesverbandsobmannes mit sich bringt, ja leichter durchsetzen als bisher. Falls Sie glauben, dass Sie bei Übernahme des angebotenen Amtes als Bundesobmannstellvertreter durch die Wünsche derer, die Sie gerne als Bundesobmann sehen würden, in einen persönlichen Konflikt mit mir hineingetrieben würden, für den Sie sich zu schade sind, so kann ich Sie wirklich in dieser Beziehung restlos beruhigen. Ich habe Ihnen dies mitgeteilt, weil es möglicherweise Ihren Entschluss, bald in die Führung der VdU einzutreten, erleichtern könnte. Ich wäre Ihnen dankbar, sehr geehrter Herr Minister, wenn Sie mir recht bald eine positive Entscheidung bekanntgeben könnten. Sollten Sie vorher noch eine persönliche Aussprache mit mir wünschen, so stehe ich Ihnen zu jederzeit gerne zur Verfügung Handschriftliche Notiz Reinthallers auf dem Brief  : Pol. Verpflichtung Belasteter Stendebach, Reimann Pressekonf. Kandutsch bei mir und Stendebach weiß nichts Diszipl. Unterredung. Corpsgeist = 0 Leitl, Rachbauer: „Wir sind eigentlich zur vereint ???“ Dr. Denz Opfer umsonst Hartleb agr.pol. und mit 3 Voraussetzungen: 1. Geld, 2. Macht, 3. Mandat (ca. 10.000,– S/Monat) Finanzierung durch Schwarze Graf Peter Revertera an Anton Reinthaller, 31. Oktober 1954 Lange habe ich Sie warten lassen auf eine Antwort auf Ihren letzten Brief, u.a. auch deswegen, weil ich das Ergebnis der letzten Wahlen abwarten wollte.158 Diese sind nun vorüber und haben dem VdU eine noch ärgere Schlappe gebracht als zu erwarten

158 Schon am 22. September hatte Revertera geschrieben  : »Die Desintegration des VdU macht uns allen rechte Sorge. Wie wird sich dies auf die Landtagswahlen auswirken  ?  ? Es ist ein Kreuz, daß die Einigkeit des bürgerlichen Lagers trotz aller Bemühungen noch immer nicht so richtig vorwärts getrieben werden konnte, denn wenn die Dinge so weiter gehen, werden wir in absehbarer Zeit mit einer marxistischen Mehrheit rechnen müssen und was dann  ?«

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stand; ich glaube, dass diesbezüglich selbst Ihre Erwartungen übertroffen wurden.159 Überraschend ist aber höchstens das Ausmaß des Versagens der Partei, nicht die Tatsache an sich. Darüber dürften wir uns wohl einig sein. Mein Kreis hat sich nun gestern eingehend mit der daraus resultierenden innenpolitischen Lage befasst – mit dem Ergebnis, dass wir nun wohl den VdU als solchen als positiven Faktor für die „bürgerliche Konzentration“ endgültig abschreiben müssen. Von diesem Gebilde bleiben wohl nur mehr die Funktionäre übrig, solange deren Mandatszeit läuft. Eine Erneuerung dieser Partei kommt m. E. kaum in Frage, da dazu alle Voraussetzungen fehlen – vor allem die Zielsetzung und der Führer. Nun aber können wir, wie Sie so richtig sagen und wie die Dinge liegen, keinesfalls auf eine 2. bürgerl. Partei verzichten; es muß daher ein völlig neuer Boden gelegt werden, der einigermaßen die Gewähr dafür bieten würde, die wertvollen Kräfte im nationalen und liberalen Lager aus ihrer nur zu verständlichen Enttäuschung u. Lethargie herauszuführen u. zu positiven Faktoren im Kampfe um die Erhaltung und Umgestaltung einer bürgerl. Mehrheit in unserem Lande zu gewinnen. Dies ist nicht nur unsere Meinung, sondern auch die Julius’ und Gleissners, mit welchen ich in den letzten Tagen eingehend gesprochen habe. Hiezu gibt es wohl nur zwei Wege: a) Diese Kräfte für die ÖVP zu gewinnen160 oder b) auf neuer Basis, mit neuen Führern eine 2. bürgerl.-freiheitliche – oder wie Sie sie immer nennen wollen – Partei zu versuchen, die imstande wäre, in unserem politischen Leben eine gesunde und konstruktive Opposition darzustellen. Ich weiß, dass so mancher realpolitisch Denkende im Lager des bisherigen VdU genau so denkt. Über diesen Fragenkomplex mit Ihnen zu sprechen, bin ich beauftragt und würde Sie sehr bitten, mir Gelegenheit zu geben, in nächster Zeit mit Ihnen zusammenzukommen. Am liebsten wäre es mir, wenn wir uns in Linz treffen könnten, da ich wie gewöhnlich überaus angehängt bin. Wenn Ihnen dies aber nicht möglich sein sollte, würde ich auch zu Ihnen nach Attersee kommen, was ich gerne tun würde, schon um mein Versprechen einzulösen. Mettmach wäre mir etwas weit u. entlegen. […] 159 Bei den Landtagswahlen vom 17. Oktober 1954 hatte der VdU zwischen 30 und 40 % seines Stimmenanteils von 1949 eingebüßt, in Vorarlberg von 22 auf 14 %, in Niederösterreich von 4,4 auf 2,6 %, in Wien von 6,8 auf 4,6 %, in Salzburg von 19 auf 13 %. Stübers FSÖ hatte in Wien kandidiert, nur 1,3 % erhalten, damit aber vermutlich den Wiedereinzug des VdU in den Landtag verhindert. Noch katastrophaler fiel das Abschneiden bei den Arbeiterkammerwahlen aus, z.B. in Oberösterreich von fast 30 % auf 5 % (plus 3 % Parteifreie). 160 In diesem Sinne beschwor sein Anwalt, der ehemalige Landbündler Karl Günther aus Mattighofen, am 27./28. November Reinthaller, er solle zur ÖVP gehen und Mitarbeiter von Landwirtschaftsminister Thoma werden  : »Raffe Dich auf zu diesem entscheidenden Schritt und Du wirst wie in der Nazizeit abermals die österreichischen Bauern vor dem Untergang gerettet haben.« Alles »Gerede und Geschreibsel« von einer dritten Kraft sei »Kinderei«.

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Im Zusammenhang mit dem oben Gesagten hätte ich Ihnen Dinge zu berichten und zu ergänzen, um Sie über die Bestrebungen zur Festigung einer verlässlichen antimarxistischen Einigung ins Bild zu setzen. Ich begreife gut, dass Sie sich es sehr überlegen, noch einmal ins politische Rampenlicht zu treten, und werde Sie diesbezüglich nicht zu beeinflussen versuchen. Aber ich halte sehr darauf, Sie über einige politische Aspekte zu informieren.161 Emil van Tongel an Anton Reinthaller, Schruns, 9. November 1954 Also endlich haben wir wieder Verbindung miteinander. Was ich Deinem Briefe entnehme, ist nicht gerade Zuversicht, ich möchte schon eher die Qualifikation: Lethargie zeigen. Du glaubst, dass jetzt kein geeigneter Zeitpunkt für eine neue Aktivität gegeben sei: Ja, sag mir, wann soll dieser Zeitpunkt denn kommen? Eines muß jedenfalls festgestellt werden: Die Wahlen haben das gebracht, was nicht anders erwartet werden konnte u. was ich Zeillinger im Mai vorausgesagt habe. Es war ein Debakel auf der ganzen Linie u. muß nun endlich auch den VdU-Taktikern zeigen, wo sie stehen. Sie haben aber auch etwas anderes gebracht, das einigermaßen überrascht hat: Die Verschiebung innerhalb der beiden großen Parteien war nicht so, wie man erwarten konnte. Darüber ist das Gespräch über Neuwahlen im Frühjahr verstummt u. man kann nun annehmen, dass die Parlamentsperiode regulär auslaufen wird. Es ist daher noch geraume Zeit zur Vorbereitung und Neuorientierung. Man darf aber demgegenüber nicht von vornherein den Standpunkt vertreten: Die Wähler werden für kein neues Gebilde zu haben sein, weil sofort wieder als Schreckgespenst der Neonazismus ins Feld geworfen wird. Neonazismus hat seine Wirkung längst eingebüßt u. schreckt niemanden mehr. Es gilt aber natürlich, jetzt klar Rückendeckung zu suchen. Zumal durch Verhandlungen mit den großen Parteien, ich meine da zuvörderst nur die ÖVP nicht etwa im Sinne einer neuerlichen Einheitsliste, sondern vielmehr als selbständige Partei zur Stützung eines bürgerlichen Kurses, wobei dieses neue Gebilde, mehr als es die ÖVP tun kann, die nationale-soziale Note betonen könnte. Endlich aber müsste die ÖVP aufhören, gegen all unser Wollen sofort Sturm zu laufen u. damit neuerdings die Roten zu stützen. Zum zweiten, was unbedingt notwendig wäre, ist die Stellungnahme der Wirtschaft zu einer dritten Partei. Sie muß sich endlich auch entschließen, einmal offen Farbe zu bekennen, dann würde sie sehr bald das Echo wahrnehmen. Wenn man 161 Über das Treffen am 11. November notierte Reinthaller  : »Raab + Gleissner wünschen sich 3. Kraft. Suchen integre Führungsfigur.« Revertera habe Reinthaller vorgeschlagen. Seine Bedenken bzw. Forderungen fasste Reinthaller zusammen  : »Geld für Partei allein, weil diese für Privateigentum eintritt. Heute Geld auf Kommando Raabs, so geht’s nicht. Auch VP nicht Geld auf Kommando Stendebachs. Tageszeitung notwendig. Verdacht 3. Kraft nicht zu groß, damit ÖVP keinen Schaden leide. Streben 2te Arbeiterpartei Unsinn. Abfall der Bauern und Bürgerlichen wegen Linksdemagogie wird nicht zu 1/10 durch Zulauf von Arbeitern wettgemacht.«

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denn zu positiven Resultaten kommen solle, dann ist der Zeitpunkt für Dich unbedingt gekommen u. wir stehen dann schon hinter Dir. So viel fürs erste. Es müsste dann sehr leicht fallen, die brauchbaren Leute aus dem Volk zu uns herüberzuziehen. Und was die kleinen Splittergruppen belangt, so können wir diese ruhig sich selbst überlassen. Sie werden im entscheidenden Gang kaum mehr in Erscheinung treten. Otto Gamper an Anton Reinthaller, 22. 12. 1954 Leider hatte ich bisher keine Gelegenheit mehr zu einer persönlichen Aussprache mit Ihnen, da ich Sie leider bei meiner letzten Anwesenheit in Schwarzach nicht mehr angetroffen habe. Ich habe zwischenzeitlich von Herrn Plachutta, Steiermark, eine Information über die Besprechung zwischen Ihnen und dem Landesobmann Schwaiger [sic!] erhalten. Diese Information steht teilweise in krassem Widerspruch zu den Mitteilungen, welche mir NR Ebenbichler über Ihre Verhandlungen mit dem Bundesleitungs-Präsidium gab und die dahin gehen, dass mit Ihnen bereits ziemlich klare Abmachungen getroffen worden seien, in welcher Form der Zusammenschluss des VdU mit Ihrem Kreis erfolgen solle. Nach diesen Mitteilungen sei es Ihr Wunsch, dass der Bundesverbandstag möglichst geschlossen bleibe – ein Wunsch, der sich mit meinem deckt, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sein sollten und dass die Wahl der neuen Bundesleitung am Bundesverbandstag so wie bisher durchgeführt werden möge, ohne Rücksicht auf die persönliche Zusammensetzung und dass Ihrerseits kein Verlangen dahin gestellt wäre, dass bestimmte Personen im Führerkorps des Verbandes nicht mehr aufscheinen sollen. Weiters hatten Sie den steirischen Vorschlag des Abspringens der 4 westlichen Länder in striktester Form abgelehnt, unabhängig davon, welches neue Gesicht die künftige Bundesleitung hat. Es sei mit Ihnen des weiteren vereinbart worden, dass die neu gewählte Bundesleitung dann von Ihnen namhaft gemachte Persönlichkeiten aus unserem Verband beauftragt, mit Ihrem Kreis zu verhandeln, das politische Programm für die „dritte Kraft“ ausarbeitet und, wenn auch über die übrigen Bedingungen eine Einigung erzielt ist, gemeinsam mit dem Gesamt-VdU unter Aufgehen des letzteren die „dritte Kraft“ bildet. Ich wäre Ihnen nun, sehr verehrter Herr Minister, sehr verbunden, wenn ich ehebaldigst von Ihnen über das Ergebnis Ihrer Verhandlungen mit dem Präsidium eine endgültige Information bekommen würde, um den Landesverband Tirol in jene Richtung führen zu können, die Ihrem Wunsche entspricht Ich möchte noch bemerken, dass mir vom steirischen Landesverband Informationen zukamen über die Besprechung des Kameraden Schwaiger mit Ihnen, die teilweise eine völlig andere Willensbildung Ihrerseits zum Inhalt hat als jene, welche mir NR Ebenbichler gab. Nach wie vor steht unser Landesverband auf dem Standpunkt, und diesbezüglich liegt ein neuerlicher einstimmiger Beschluss vor, unbedingt den Weg zu gehen, den Sie,

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Herr Minister, als richtig ansehen, um eine Reorganisation des Gesamtverbandes im Rahmen der dritten Kraft durchzuführen. Ich sehe Ihrer geschätzten Rückanwort entgegen und zeichne mit besten Grüßen von mir und Dr. Denz. Egon Plachutta an Anton Reinthaller, Graz, 30. Dezember 1954 Da der Landesobmann Schweiger gleich nach Erhalt Ihres geschätzten Schreibens vom 25. d.s. eine längere Geschäftsreise antreten musste, hat er mich beauftragt, Ihr Schreiben in seinem Sinne zu beantworten. Ich darf mir das umso mehr erlauben, als ich sowohl bei den entscheidenden Besprechungen stets anwesend war, als Mitglied der Bundesleitung auch über die Auffassung derselben bestens orientiert bin und im grundsätzlichen mit den Ansichten des Landesobmannes Schweiger konform gehe. Es hat uns außerordentlich erstaunt, Ihrem Schreiben entnehmen zu müssen, daß die Landesobmänner der Alpenländer in den grundsätzlichen Fragen keine einheitliche Auffassung besitzen sollen. Es ist uns leider nicht bekannt, ob irgendeiner dieser Landesobmänner mündlich oder schriftlich Ihnen gegenüber Erklärungen abgegeben hat, die Ihre Ansicht auslösen musste, daß auch diese Ländervertreter gegensätzliche Meinungen haben. In Schwarzach-St. Veit, wo sich die Landesobmänner von Steiermark, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg und ein Beobachter von Oberösterreich zusammengefunden hatten, ist im Grundsätzlichen eine Einigung dieser Herren erzielt worden. Gleichzeitig wurde vereinbart, daß keines dieser Bundesländer irgendeinen Schritt unternimmt, ehe es sich mit den Vertretern der anderen Bundesländer in Verbindung gesetzt hat und die Ansichten koordiniert wurden. Ich habe deshalb im Auftrag Schweiger nach Erhalt Ihres Schreibens an die Herren der anderen Bundesländer eine dringliche Anfrage gerichtet, ob einer dieser Herren seit den Abmachungen von Schwarzach eine Änderung der dortselbst gefassten Beschlüsse vorgenommen und Ihnen, Herr Minister, bekanntgegeben hat. Ich darf aber eine Vermutung aussprechen. Ich habe nach der in Wien erfolgten Aussprache zwischen Ihnen und Herrn Schweiger die Obmänner wunschgemäß über das Ergebnis dieser Aussprache informiert. Ich erhielt daraufhin von Herrn Stadtrat Gamper ein Schreiben, in dem er mir mitteilte, daß sich meine Informationen über das Wiener Gespräch in wesentlichen Fragen von Informationen, die Herr Stadtrat Gamper von NR Ebenbichler erhalten habe, unterscheide. Das ist mir ziemlich einleuchtend, denn NR Ebenbichler wurde von den Herren der Bundesleitung über Ihr Gespräch mit Bundesobmann Stendebach und NR Kandutsch unterrichtet und es erscheint mir diese Informierung des Herrn NR Ebenbichler sehr stark nach dem Wunsche einiger Mitglieder der Bundesleitung gefärbt. Ich darf hinzufügen, daß mir über einen Umweg eine Darstellung dieser Unterredung zwischen Ihnen und den Herren der Bundesleitung von Herrn NR Kandutsch zugekommen ist, die wieder ganz anders gelautet hat als die Ausführungen des Herrn NR Ebenbichler.

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Ich habe daraus den Eindruck gewonnen, daß von Herren der Bundesleitung über Ihre Aussprache mit Herrn Stendebach und Kandutsch je nach Befindlichkeit verschiedene Versionen ausgegeben werden. Ich glaube aber nicht, Herr Minister, daß dies mit den Ansichten der Ländervertreter irgendwie zusammenhängt. Wenn Sie in Ihrem Schreiben zum Ausdruck bringen, daß die Vertreter der Bundesländer über die Notwendigkeiten der Schaffung der dritten Kraft mit der Bundesleitung nicht einig sind, dann muss ich Ihnen allerdings zustimmen. Ich glaube auch nicht, daß sich eine vollkommene Einigung in dieser Hinsicht wird erzielen lassen, da die Auffassungen bedeutend auseinandergehen. Die Alpenländer haben in der nationalen und in der sozialen Frage eine einheitliche Auffassung. Wir sind uns des weiteren auch bewusst, daß der VdU.in seiner Form und Zusammensetzung nach einer Serie von Wahlniederlagen nicht reaktiviert werden kann ohne tiefgreifende personelle, organisatorische und statutarische Änderungen, wie wir auch der Ansicht sind, dass eine Namensänderung unbedingt erforderlich sei. In der Bundesleitung sind jedoch Kräfte am Werke, die der Ansicht sind, daß es genügen wird, die „aufsässigen“ Bundesländer durch einige taktische Änderungen abspeisen zu können und im übrigen aber nach dem Bundesverbandstag wieder alles beim alten zu belassen. Vor allem haben wir aber den Eindruck, daß gerade die Herren, die an der verschwommenen, unklaren Haltung des Verbandes Schuld tragend sind, nicht die Absicht haben, die von uns geforderten Konsequenzen ihres Austrittes aus der Bundesleitung zu ziehen. Ich darf Ihnen hier eine Charakterisierung dieser Herren geben, die nicht von mir stammt, sondern von allen Vertretern der Alpenländer geteilt wird. Herr Bundesobmann Stendebach ist persönlich eine unantastbare und integre Persönlichkeit, besitzt jedoch nicht die Kraft, die verschiedenen Strömungen innerhalb der Bundesleitung auf einen tragbaren Nenner zu bringen. Seine Haltung wird darüber hinaus sehr stark von der Notwendigkeit, sich das Nationalratsmandat zu erhalten, bestimmt. NR Dr. Kraus und Dr. Reimann steht unserer nationalen Auffassung diametral gegenüber, sind ausgesprochene Managertypen und werden als Führer einer nationalen Bewegung strikt abgelehnt. Es ist unbestritten, daß beide Herren über eine ausgesprochene geistige Wendigkeit verfügen, die sie bisher immer wieder in die Führung gebracht hat. Das gleiche gilt auch für NR Kandutsch, der über beachtliche Qualitäten verfügt, dessen Haltung jedoch sehr umstritten ist. Diese Herren bilden aber den geistigen Führungskopf des Verbandes und gegen sie richtet sich vor allem der Unmut der Organisation, wir glauben daher, daß es uns nicht mehr gelingen könnte, die Aktivisten in Stadt und Land, jene wertvollen und idealistischen Kräfte, auf die sich eine Organisation allein stützen kann, wieder in Schwung zu bringen, wenn wir ihnen nach dem Bundesverbandstag wieder die gleiche Führungsgarnitur präsentieren. Ich darf Ihnen, Herr Minister, aus der genauen Kenntnis der Organisation beispielsweise in der Steiermark mitteilen, daß alle Funktionäre eine abwartende Stellung bezogen und daß sie nur wieder zur aktiven Mitarbeit zu gewinnen sein werden, wenn jene Reformen durchgeführt werden, die ich vorher er-

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wähnt habe. Mit dieser Tatsache müssen wir rechnen, wobei allerdings zu erwarten ist, daß die vielen guten Männer, die aus Enttäuschung schon früher den Verband verlassen haben, wieder zu uns stossen, wenn sie in der neuen dritten Kraft jene saubere nationale Organisation verspüren, die der VdU führungsgemäß nicht dargestellt hat. Es wäre deshalb unserer Ansicht nach illusionistisch, sich von dieser Führungsgarnitur einen neuen Auftrieb zu erwarten, auch wenn dieselbe durch die eine oder andere Persönlichkeit aufgeputzt würde. Es ist durchaus keine Übertreibung, wenn ich behaupte, daß durch die Organisation ein fühlbares Aufatmen ging, daß wir unzählige Zuschriften erhielten, als wir die Mitteilung durchgaben, daß Sie, Herr Minister, die Absicht haben, sich an die Spitze der neu zu bildenden dritten Kraft zu stellen. [Reinthaller:?] Ich bin mir der Anfangsschwierigkeiten klar bewußt. Ich glaube auch nicht, daß sämtliche Bundesländer gleich mittun werden und dadurch vielleicht eintritt, was Sie als weitere Aufsplitterung des nationalen Lagers befürchten. Es ist aber meine feste Überzeugung, daß diese Aufsplitterung des nationalen Lagers im selben Augenblick beendet sein wird, wenn die Menschen unserer Auffassung die Kraft verspüren, die von der neu zu bildenden Bewegung ausgeht. Vor allem aber werden uns diese Kräfte sofort zufliessen, wenn sie verspüren, daß bei dieser neuen Bewegung Männer am Werke sind, die nicht ihre egozentrischen Ziele verfolgen, sondern in erster Linie das Wohl des Verbandes im Auge haben. Denn darin liegt primär die Begründung bei der Analyse des Niederganges des Verbandes: Die Männer, die den Verband führten, dachten in erster Linie an sich, ihre Positionen und Mandate und alle ihre Handlungen waren von diesem Gesichtspunkt bestimmt. Und weil dies so offensichtlich wurde, wurde diese Führung und wurden diese Mandatare so leidenschaftlich abgelehnt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß die Bereitwilligkeit zur tätigen Mitarbeit im nationalen Lager ebenso groß ist wie in den besten Tagen des Verbandes und daß der Ruf nach der dritten Kraft allgemein ist. Es wäre daher für diese nationalen Kreise eine tiefe Enttäuschung, wenn Ihre Bemühungen nicht zum Erfolge führen würden. Allerdings glaube ich nicht an die Möglichkeit der Schaffung dieser Kraft mit jenen Männern, die in der Vergangenheit ihre Unfähigkeit zur Führung so eklatant bewiesen haben. Wohl aber bin ich fest überzeugt, daß diese neue Bewegung sich restlos auf die Organisation bzw. auf die braven und unentwegten kleinen Funktionäre und Mitarbeiter des Verbandes stützen kann. Jene Männer, die bloß auf den Anruf eines Mannes warten, zu dem sie Vertrauen haben können. Ich darf daher auf Ihren Einwurf im Schreiben, daß Sie nicht den Ehrgeiz haben, als Präses eines Teiles des ohnehin schon genug geteilten völkischen Lagers in Österreich zu fungieren, antworten, daß durchaus die berechtigte Hoffnung besteht, daß die Teilung beendet sein wird, wenn Sie kraftvoll die Leitung dieses nationalen Lagers in die Hand nehmen. Das ist keine Phrase, sondern das Ergebnis ungezählter Gespräche, die ich mit Männern aus allen Schichten des nationalen Lagers geführt habe und die alle

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nur der Erwartung Ausdruck verliehen haben, daß sich endlich ein Mann finden möge, der dieser Zersplitterung und Führungslosigkeit ein Ende bereitet. Da ich nicht den Eindruck habe, daß zwischen den Landesobmännern der Alpenländer irgendwelche Meinungsverschiedenheiten bestehen, darf ich Sie im Namen des Landesobmannes Schweiger nochmals herzlichst bitten, die geplante Aussprache mit diesen Herren doch in Kürze ansetzen zu wollen. […] Ich darf mir auch noch eine Bemerkung erlauben: Der Ruf, der an Sie ergangen ist, ist zutiefst verbunden mit einer nationalen Verpflichtung, da der Zusammenbruch des VdU den Weiterbestand der nationalen Idee in Österreich überhaupt in Frage gestellt hat. Ich glaube daher, daß Sie, Herr Minister, sich in einer so ernsten Zeit einer solchen Verpflichtung nicht entziehen können, auch wenn die Schwierigkeiten zur Überwindung dieser Krise des nationalen Lagers groß sind. Klaus Mahnert an Anton Reinthaller, Innsbruck, 5. Jänner 1955 Für Ihren Brief herzlichen Dank. In der Zwischenzeit hat mich auch Dr.Timmel besucht, mit dem ich nochmals meine Auffassungen durchsprechen konnte. Vielleicht darf ich noch einmal kurz folgende Punkte wiederholen, die meiner Meinung nach einer absoluten Klarstellung bedürfen: 1. Wir sind uns darin einig, dass etwas Neues entstehen muss. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass dieses Neue nicht von vorneherein mit einer nicht tragbaren Hypothek belastet werden darf. Diese Hypothek würde ich aber darin sehen, dass optisch der Eindruck entsteht, dass zwischen der von Ihnen angestrebten Auflösung des VdU und einer allfälligen Neugründung einer anderen Bewegung irgendein Zusammenhang besteht. Kaufmännisch gesprochen: eine Firma geht in Konkurs und macht sich unter neuem Namen und mit anderen „Aushängschildern“ wieder auf. Wie sehr diese Gefahr besteht, dafür scheint mir die Bereitschaft Stendebachs Beweis zu sein, die Auflösung des VdU bei Neugründung einer anderen Bewegung ins Auge zu fassen. Ist das, was wir wollen, gut und richtig, werden die guten Kräfte, die derzeit noch im VdU stehen, eines Tages von selbst kommen, ohne dann eine Belastung darzustellen. 2. Darüber hinaus darf keinesfalls irgendein Terminzwang entstehen. Das „Neue“ wird kommen, wenn es ausgereift ist, nur dann kann ein Erfolg daraus werden. Weder Verbandstage des VdU noch Wahlen oder andere Dinge können daher auf den Termin der Neugründung von Einfluss sein. 3. Ziel der Neugründung kann zunächst nicht sein, nur die „dritte Kraft“ im politischen Tageskampf zu werden, sondern in zäher Aufklärungsarbeit den Boden zu lockern, Begriffe wieder zurechtzurücken, die im letzten Jahrzehnt eine totale und erschreckende Entwertung erfahren haben, und so die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Anständigkeit und das Recht wieder zur „ersten Kraft“ werden. Keinesfalls halte ich es daher für glücklich, in absehbarer Zeit in den Kampf um Mandate auf irgendeiner

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Ebene einzutreten. Unvermeidliche Misserfolge würden von vorneherein jede weitere Arbeit wiederum unnötig erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Wesentlich ist nicht das Mandat, sondern die Gemeinschaft. Von meinem alten Freund Schachermayr erhielt ich dieser Tage in Ihrem Auftrag die Anfrage, ob ich zur Teilnahme an einer von allen Bundesländern beschickten Besprechung bereit sei. Eine solche Besprechung ist sicher notwendig, jedoch bedarf sie, wenn sie erfolgreich sein soll, einer gründlichen Vorbereitung. Ich halte es daher für unerlässlich, dass Sie, lieber Kamerad Reinthaller, vorher in den einzelnen Bundesländern den persönlichen Kontakt mit den in Frage kommenden Kreisen aufnehmen, damit der vorgesehenen Besprechung schon ein fest umrissenes und klares Programm zugrunde liegt. Nur dann verspreche ich mir etwas Positives davon. Ich habe daher auch im Namen meiner Kameraden die Bitte an Sie, zur Abstimmung unserer Ansichten möglichst bald nach Innsbruck zu kommen. Gottfried Griesmayr162 an Jörg Kandutsch, Horb/N., 5. Jänner 1955 Ich bedaure aufrichtig, dass sie Ihren Anti-Ost-Komplex nicht loskriegen. Den Hang zum „Entweder-Oder“, zur Schwarz-Weiss-Manie, die Zwei-Welten-Dogmatik und die Angst halte ich für jene Hauptursachen, die Ihnen den Staatsvertrag und uns die Wiedervereinigung verhindern. Julius Raab ist der weisse Rabe unter allen deutschsprechenden Politikern. In ihm ist der grossartige Genius des Wiener Ballhausplatzes noch lebendig, er hat noch Sinn für das Wesen der Politik, für die Zwischentöne, für den Kompromiss, für brauchbare Übergänge, fürs „Pakl’n“, für eine Politik der Mitte und des Ausgleichs, die uns Geographie, Geschichte, Wirtschaft und Sicherheit unseres Volkes gebieterisch vorschreiben. Sehen Sie den elementaren Zusammenhang zwischen der deutschen und der österreichischen Frage wirklich nicht? Die Sowjetunion kann aus Sicherheitsgründen VOR der Lösung der deutschen Frage keinen österreichischen Staatsvertrag gewähren, weil sie bei der Separation des österreichischen Problems ihre Truppen von der Enns und Donau bis zum Schwarzen Meer zurücknehmen müsste. Sofern der Status Gesamtdeutschlands die bündnisfreie Unabhängigkeit ist, von den vier Mächten garantiert und von einer Berliner Reichsregierung, die in West UND IN OST Vertrauen haben muss, respektiert, kann die UdSSR die Rote Armee aus Mittel- und Süd-Ost-Europa zurückziehen, ohne ihr Sicherheitssystem zu gefährden. Ich wage zu behaupten, dass unsere Probleme schon in der Lösung begriffen wären, wenn Julius Raab in Bonn Bundeskanzler wäre. 162 Griesmayr war ehemaliger hochrangiger HJ-Führer und kandidierte 1957 für den Gesamtdeutschen Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten, einen der Koalitionspartner Adenauers. Er schrieb am 6. Jänner 1955 auch an Reinthaller über Kraus  : »sein liberal-klerikaler Anstrich, sein Westlertum könnten das eichenhaft Nationale ergänzen« und mildern.

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Friedrich Peter163 an Anton Reinthaller, 8. Jänner 1955 Die Linzer Interessengemeinschaft freiheitlicher Vereine wäre Ihnen überaus verbunden, wenn Sie wieder einmal in deren Reihen das Wort ergreifen würden. Vor allem wären wir Ihnen für eine Orientierung über die sich in Ihrem Blickfeld abzeichnenden Möglichkeiten einer Neubelebung der dritten Kraft sehr verbunden. Eine uns aus Salzburg zugekommene Mitteilung – es kann sich wohl auch um ein Gerücht handeln – besagt, daß sich dort allmählich ein Arbeitskreis „Reinthaller“ zu bilden beginnt. Es würde den gemeinsamen Bestrebungen dienen, wenn die hiesigen Verbände hierüber stichhaltige Argumente erfahren könnten. Durch die Fusionierung der beiden Linzer unabhängigen Tageszeitungen wurde eine Fülle von Problemen aufgeworfen, die einer gemeinsamen Erörterung wert wären. Verschiedene Meinungen gehen dahin, daß man in den „Salzburger Nachrichten“ oder im „Salzburger Volksblatt“ (was vielleicht naheliegender wäre) einen oberösterreichischen Lokalteil einschalten könnte, um so wieder einen bescheidenen Presseeinfluß zu bekommen. Sache der Vereine wäre es für eine Umbestellung der Tageszeitung Sorge zu tragen. Zudem soll der Chefredakteur der „SN“, Canaval, in den nächsten Tagen zu orientierenden Gesprächen nach Linz kommen. Bevor wir in diese Verhandlungen einsteigen, hätten wir gerne Ihre Meinung dazu eingeholt. Im besonderen wären wir an der Prüfung der Frage interessiert, in welcher Form sich eine Verdichtung des Kontaktes zwischen Ihnen und dem Vereinsring in Linz ermöglichen ließe. Diese Gedanken bringe ich vor allem auch deswegen zur Kenntnis, weil Herr Professor Foppa der Meinung war, daß Sie bei unserer nächsten Zusammenkunft anwesend sein sollten. Diese findet nun am Mittwoch, den 12. Jänner um 18 Uhr im Grünen Salon des Schwechater Hofes statt. Halten Sie mich, bitte, nicht für vermessen, wenn ich Sie hiezu herzlich einlade. […] Abschließend erbitte ich eine wohlwollende Prüfung meines Anliegens und verknüpfe damit die Bitte, daß Sie für die kommenden Aufgaben – welche um der Sache willen gelöst werden müssen – wegbereitend, führend und beratend zur Seite stehen mögen. Felix Butschek an Anton Reinthaller, 12. Jänner 1955 […] Man erzählt sich, daß unsere Gesprächspartner, nicht die anwesend gewesenen,

163 Peter hatte sich am 6. November 1954 das erste Mal an Reinthaller gewandt und ihn unter Berufung auf den Linzer Stadtrat Fastner – einen Kollegen aus dem Oberösterreichischen Landeslehrerverband – zu einem Abend des Ringes national-freiheitlicher Verbände eingeladen, der im Grünen Salon des Schwechater Hofes tagte – der berühmten »Schlangengrube«, wie sie von VdU-Funktionären später einmal bezeichnet wurde.

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aber deren Gruppe mit dem Gedanken spielen, den VdU wieder etwas flottzumachen, ihm auch im „koalitionsfreien Raum“ hin und wieder Luft zu geben, dies in der Presse dann aufscheinen zu lassen und schließlich dafür Sorge tragen wollen, daß irgendwo ein Grundmandat herausschaut, was nach Lage der Dinge 4–6 Mandate erbringen dürfte und somit die Gefahr des Überwiegens der Roten verhindern würde und „alles bestens in Ordnung“ wäre. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 17. Jänner 1955 Fürs erste, dass ich nicht vergesse, ich soll Dich nochmals namens d. Ringes der nationalen Verbände dringend bitten, am Mittw., 26. d. M. um 18 h im Schwechater Hof I. Stock zu sein, da zu diesem Zeitpunkt eine wichtige Sitzung stattfindet. Fürs zweite hat eine Aussprache mit Chefredakteur Pollak wegen Führung des neu fusionierten Blattes „OÖN“ stattgefunden. Ich war nicht dabei. Soviel ich später hörte, hat dabei, wie zu erwarten war, nichts herausgeschaut. Wie wäre das auch möglich. Ein sogenannter völkischer Redakteur, der sich unter den Befehl Maletas stellt, hat seine Handlungsfreiheit eingebüßt, er müsste denn so raffiniert sein, seinen neuen Chef trotz allem hinter das Licht zu führen. Daraus ergibt sich unwiderruflich, dass wir für uns kein Organ mehr zur Verfügung haben. Es ist so, wie es das „Tagblatt“ schrieb, die „OÖN“ werden für die Herbstwahlen in OÖ das offizielle ÖVP-Blatt.164 Es wird viel von der 3. Kraft gesprochen. Siehe: „Tagblatt“ vom Samstag. Pittermann von der SPÖ u. Maleta im „Linzer Volksblatt“: Schaffe Dir diese Nummern an. In beiden Artikeln wird der VdU links liegengelassen.165 Bemerkens- und für Dich wissenswert war die letzte Sitzung d. nat. Ringes. Ich hatte mir schon vorgenommen, in dieser Sitzung entscheidend vorzubrechen u. die Luft zu klären. Das wurde mir erleichtert, da jedenfalls auch auf der VdU-Seite die Absicht bestand, gegen diesen Nat. Ring offensiv vorzugehen u. die Führung an sich zu reißen. Die Führer waren Mold und Leitl. Zuerst wurde von Peter als Vorsitzendem Dein Exposé-Entwurf vorgelesen, der mit viel Beifall aufgenommen wurde. Nachher hielt ich ein Referat, in dem ich den Stier bei den Hörnern packte u. den Herren auf den Kopf zusagte, dass sie nun noch einmal den Versuch machten, die nat. Opposition als Vorspann zu benützen. Das sei zu spät. Seit dem 17. Oktober ist die Kluft zu groß ge164 Die ›Oberösterreichischen Nachrichten‹ wurden ab 1. Jänner 1955 mit der erst vor Kurzem (1953) neu belebten nationalliberalen Traditionszeitung ›Linzer Tagespost‹ zusammengelegt. 165 Maletas Artikel »Die Zukunft der dritten Kraft« im ›Linzer Volksblatt‹ vom 15. 1. 1955 postulierte  : »Von einer politischen Kraft kann man nur sprechen, wenn sie aus sich selbst heraus wird.« Das hänge davon ab, ob sie wirkliche Führungspersönlichkeiten fände und programmatische Zielsetzungen, die als aktuell empfunden würden. Die ÖVP biete jedoch ihre Hand zur Zusammenarbeit mit einer Partei, die »nicht in alldeutschen Vergangenheiten erstarrt und die österreichischen Grenzen vernebelt«.

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worden. Nachdem man sich seitens des VdU entschlossen hat, den alten Weg auch für die Herbstwahlen weiterzugehen, so wissen wir, woran wir sind. Wir hätten es nicht so eilig wie sie. Wir gehen unseren Weg langsam u. konsequent u. werden nunmehr auch dem letzten Akt des Zusammenbruches zusehen. Darauf sprach v. ihnen der junge Leitl u. ließ die Katze aus dem Sack. Sie seien entschlossen, eine Reform des VdU in Angriff zu nehmen. Diese Reform müsse aber von der sozialen Seite her kommen. Die nationale Frage dürfe keinesfalls aufgeworfen werden. Das hätte keinen Anklang in den breiteren Massen. Der Zustrom nationaler Schichten könne nur schaden, nicht nützen. Damit war alles aufgebracht. Dr. Appel und Peter erwiderten sehr scharf. Es wurde auch die Apostrophierung Deiner Person in einer vorjährigen Sitzung wieder herangezogen […]. Schließlich wurde die Aggression gegen diese Herrn so entschieden, dass diese sich entschlossen, aufzustehen u. zu gehen. Ich glaube, wir haben sie damit endgültig aus unserem Kreise entfernt – u. die Luft ist insofern rein. Leitl wird der bevorstehenden Landesverbandssitzung als Obmannkandidat vorgeführt. Ob er aufkreuzen wird, weiß ich nicht. Dies in kurzem der derzeitige Stand, der von den „S.N.“ mit wenigen Worten, aber gut kommentiert wurde. Und nun der heutige Artikel i.d. „S.N.“ Er führt dorthin, wo wir den neuen polit. Zusammenschluß führen wollen. Die Auflösung der Aktion bringt das deutlich zum Ausdruck. Ziel dieser Aktion: alles sammelt sich außerhalb d. VdU u. vom VdU komme alles das, was sich dort nicht mehr wohlfühlt. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, 17. Jänner 1955 […] Einen ausführlichen Sitzungsverlauf brauche ich Ihnen sicherlich nicht zur Kenntnis bringen, da Sie Herr Professor Foppa wohl bereits aufgesucht hat. Zusammenfassend möchte ich darauf verweisen, daß in der letzten Sitzung wohl eine Absage an den VdU erfolgt ist. Zum Ausdruck wurde sie vornehmlich durch die Herren Foppa, Dr. Appel, Dr. Kier und mich gebracht. Dem ist aber unbedingt entgegenzuhalten, daß die Mehrzahl der anwesenden Herren der Meinung ist, es müssen in nächster Zeit konstruktive Aufbaupläne zum Ausdruck gebracht werden. Es gilt nun die Frage zu überlegen, wer die Initiative in die Hand nimmt. Ohne daß es ausgesprochen wurde, ist es doch der Wunsch von uns allen, Herr Minister, daß Sie sich dieser mühevollen Aufgabe unterziehen. Unsere Gefolgschaft – das darf ich sicherlich aussprechen – ist Ihnen sicher. Nur können wir nicht auf die Dauer dem VdU Absagen erteilen, wenn wir keine konkreten Pläne und Vorstellungen vor uns haben. Es muß darum unbedingt an die Formierung der dritten Kraft geschritten werden. Für mich heißt das die Gewinnung von Persönlichkeiten. Die Frage, wer ist zum persönlichen Einsatz gewillt, muß gestellt werden. Man kann sie aber nicht stellen, wenn Weg und Ziel unseres Wollens noch keine klare Präzisierung erfahren haben.

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[…] Weiterhin muß unsere Stellung zu den kommenden Landtagswahlen in Oberösterreich festgelegt werden. Zur Zeit sieht man verschiedentlich keine Möglichkeit, die neue Partei bis zu denselben auf die Beine zu stellen. Was ist nun zu tun? Ist der VdU in Form einer Empfehlung zu unterstützen? Andere propagieren die Theorie der weißen Stimmzettel. Wieder andere meinen, der VdU solle am Landesverbandstag die Entschließung fassen, er liquidiere seinen Laden im Augenblicke, da sich die neue Partei formiert. Geschieht das, so könnten die Vereine eine Empfehlung, den VdU zu wählen, irgendwie ins Auge fassen. […] Nun zu einem anderen Punkt. Wenn ich Grünbart zur Sache auf die Kappe steige, so meint er immer – „Reinthaller mag ja nicht mehr. Zum persönlichen Einsatz in Versammlungen usw. wird er sicher nimmer bereit sein“ usw. Um hier entspechend argumentieren zu können, müßte ich Ihre Stellungnahme kennen. Ich persönlich habe gar nichts gegen Grünbarts Lauterkeit einzuwenden, jedoch hat er kein Profil und keine Fähigkeit, eine Partei zu führen. Er hat auf dem Gebiete der Finanzierung, der Organisation und der Nackensteife dem Gegner gegenüber weitgehend versagt. Ein gutes Wort von Seite der ÖVP bringt seine Seele zum Schmelzen. Nicht zuletzt hat ihm Pollak von den „Nachrichten“ den Vorwurf gemacht, daß man über den VdU und Landesprobleme nichts bringen könne, weil Grünbart einfach keine Informationen gibt. So zum Beispiel hätten die „OÖN“ wiederholt um Hinweise wegen verschiedener Überprüfungen gebeten, da Grünbart Chef der Rechnungsprüfungsabteilung ist. Er hat jede Auskunft verweigert. Und als Chef dieses Ressorts hätte er manches in die Öffentlichkeit bringen und so unseren Interessen dienen können. Aber leider ist er zugeknöpft, denn er fürchtet, daß er die ÖVP vergrämt. So ein Mann, der obendrein kein Geld für seine Partei auf die Beine bringt, kann eben nicht Parteichef sein. Um ihn aber ordentlich an die Wand spielen zu können, bedarf man der Kenntnis Ihrer eigenen Stellungnahme […] Am Freitag, den 14. hat sich der Chefredakeur der „OÖN“ unserem Kreis gestellt. Dabei erfuhren wir, daß der Anteil Maletas gegenüber den bisherigen 40 % auf 26 % nach der Zusammenlegung gesunken ist. Pollak gab sogar die Zusicherung, daß vor den Landtagswahlen kein ÖVP-Werbeinserat mehr in den „OÖN“ erscheinen werde. Er machte den nationalen Kreisen (Vereinen) den Vorwurf, daß sie wenig „pressegewandt“ wären. Sie hätten bisher zu wenig Verbindung zur Redaktion gesucht und würden so zu wenig zu Worte gekommen sein. […] Die Pressemitteilung [über Reinthallers geplanten Auftritt am 26. Jänner] erwähne ich deswegen, weil sie beitragen kann, den VdU in rascher Form seinem Ende zuzuführen. Ich würde sie besonders dann vorschlagen, wenn der VdU-Landesverbandstag am 23. Jänner zu einer Spaltung führt. Ich erwarte sie, da Leitl aus Eferding von Kraus, Rabl, Reimann und Dr. Eder (Bezirksobmann von Wels) als Gegenkandidat für die Stelle des Landesobmannes propagiert wird. Zudem wird Grünbart sicher auch am 26. dieses Monats erscheinen. Ich glaube nicht, daß wir ihn ausschalten sollten. Ich bin gerne bereit, in der bisherigen Form seiner

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vergangenen Arbeit ein sachlich-kritisierendes Wort zu widmen und die Gründe aufzuzählen, warum wir den VdU als Basis der dritten Kraft ablehnen. Kommt es zur Spaltung und zur Wahl Leitls, was ich begrüßen würde, so ist Grünbart der Mann, der unserer Sammlung hold sein wird. Im gegenteiligen Fall ist mir auch nicht bange, jedoch könnte er im Falle seiner Absetzung als Landesobmann kraft seines Mandates doch noch manch nützliche Teilarbeit, die ihm termingebunden vorzuschreiben wäre, leisten. […] Eine Liste jener Kreise, die wir an der Strippe haben, liegt bei.166 Sie ist in verschiedenen Belangen unvollständig, vermag aber einen allgemeinen Eindruck zu verschaffen. […] Unbedingt läge mir auch daran, mit dem Generalobersten Rendulic in Verbindung zu kommen. Er hat als Militär einen gemäßigten Ruf und würde doch einen wesentlichen Kreis der ehemalien Frontsoldaten, vor allem aus ländlichen Bereichen, anzusprechen vermögen. […] Nun noch eine Überlegung. Tritt die neue Partei auch dann nicht zu den Landtagswahlen an, wenn der Landesverbandstag infolge einer etwaigen Spaltung dem praktischen Zusammenbruch gleichzusetzen wäre? Mir brennen diese Probleme unter den Nägeln, Herr Minister. Nicht nur mich, sondern auch die übigen Kameraden aus unserem Vereinsring drängt es nach Klarheit, damit mit der Arbeit begonnen werden kann. Unser Vereinsring kommt mir wie das Lager des Prinzen Eugen vor Belgrad vor. Unsicherheit, Bedrücktheit und Resignation herrschen nur deswegen vor der Schlacht, weil das Warten schon zu lange dauerte. Und als der Prinz den Angriffsbefehl gab, da kehrte wieder Zuversicht in die Herzen aller, weil die Klarheit hinsichtlich des Zeitpunktes des Handelns gegeben war. […] Zum Schlusse darf ich mir einen Hinweis über meine Person gestatten. Ich stehe im 34. Lebensjahr, war 1938 als Zögling des bischöflichen Lehrerseminars 17 Jahre alt. Nach der Matura Freiwilliger der Waffen-SS, abgerüstet als Obersturmführer. Aus Glasenbach 1947 im Juni entlassen. Partei gehörte ich bis heute keiner an. Wenn Sie, Herr Minister, eine schaffen und führen, so stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.167

166 Die Liste umfasste neben politischen Gruppierungen (FSÖ, Aktion) traditionelle Organisationen des dritten Lagers wie den Landeslehrerverein (wo Peter Schriftleiter war), die Reichsorga[nisation der Kaufleute] (Kammerrat Wögerer), Akademikerverband (Jelinek), Turnverein (Kerschner) und Penälerring (Koch), aber auch Freizeitvereine  : Alpenverein, Sängerbund Frohsinn, Schwimmklub, Linzer Skiklub, daneben den Wirtschaftsbund der Pensionisten und die Wohngenossenschaft Stadtrandansiedlung. In diesem Zusammenhang ist freilich auch zu bemerken, dass die Arbeitsgemeinschaft freiheitlicher Akademikerverbände in diesen Tagen ausdrücklich ihren Charakter als Standesvertretung ohne Parteibindung betonte (vgl. SN, 8. 3. 1955, S. 2). 167 Als Arbeitsstelle gab Peter die Sonderschule 5 in der Mädchenvolksschule Linz-Kleinmünchen, Zeppelinstraße, an. In einer späteren Notiz hieß es, Peter habe zwar nie dem VdU angehört, wohl aber kurzzeitig dem sozialistischen Lehrerverein.

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Anton Reinthaller an Max Stendebach, 17. Jänner 1955 Wie Ihnen bekannt ist, wurde ich von den in Schwarzach versammelten Landesobmännern nach dorthin gebeten, um mit diesen über die notwendigen Maßnahmen zur Erneuerung der dritten Kraft zu konferieren. Ich konnte mit Genugtuung feststellen, dass sich die Ansichten im grossen und ganzen decken. Deshalb habe ich mich dort bereit erklärt, mit einem zu wählenden Komitee des VdU die Verhandlungen aufzunehmen und, so Gott will, zu einem gedeihlichen Abschluss im Sinne eines wahrhaften Neubaus der politischen Heimstätte aller freiheitlich volkstreuen Kräfte zu bringen. Ich möchte Ihnen, sehr geehrter Herr Oberst, als Bundesobmann des VdU dies hiemit zur Kenntnis bringen. Felix Butschek an Anton Reinthaller, 20. Jänner 1955 Ich habe den Eindruck, Du baust auf die geistige Einstellung der „Ehemaligen“. Ich hoffe, ich täusche mich, denn sonst würdest Du auf einem sehr wenig tragfähigen Boden bauen. Die „Ehemaligen“ sind, soweit sie lebendig sind und nicht Revisionisten der verschiedensten Art sein können, vor der Frage des Weiterlebens gestanden und mußten sich entscheiden. Du kennst die Entscheidung. Ich habe Dir wiederholt gesagt, die Zugehörigkeit z.B. zum BSA ist mehr als nur Formsache. Warum? Weil sich dort etwas tut. Resolutionen des BSA werden greifbare Wirklichkeit. Resolutionen der Gruppe des Dr. Kraus erscheinen bestenfalls – nach Kampf um jedes „geharnischte Wort“ – in der Vereinszeitung. Willfried Gredler an Anton Reinthaller, 20. Jänner 1955 Sehr geehrter Herr Ingenieur! Ich möchte nochmals betonen, dass ich es sehr bedauert habe, infolge der Notwendigkeit, die Schlussrede in der Budgetdebatte zu halten, der Möglichkeit einer Aussprache mit Ihnen beraubt gewesen zu sein. Ich verspreche mir auch wenig davon, wenn ich mich dem gegenwärtigen allgemeinen Drängen zur Aussprache mit Ihnen anschliesse, da es mir nicht darum geht, Ihr Konzept durch meine Ansicht zu verwirren, sondern vor allem darum, dass irgendein Konzept aufbauender Natur verwirklicht wird, dem ich mich dann – ob es im Detail so oder so ist – anschliesse. Dr. Timmel, mit dem ich vorgestern in dem von Ihnen einberufenen Arbeitskreis zusammenkam, erwähnte dabei meine Aussprache-Runden. Diese fügen sich völlig in Ihr Konzept ein. Ich habe in diesen nur Personen versammelt, die am ehesten politisch über mich der neuen Dritten Kraft zuzuführen wären, sei es der Vizepräsident der Reichsorga, der Sprecher der Auslandsösterreicher, der Anwalt der Besatzungskosten-

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geschädigten, der Obmann des Turnerbundes und noch andere Einzelpersonen, die sich stark einem gemässigten Kurs verbunden fühlen. Es wurde dabei auch einem Auftrag Dr .Timmels gefolgt, Männer und Frauen, die zur aktiven Arbeit zur Verfügung stünden und nicht in den vorhandenen Verbänden verankert sind, anzusprechen. An der letzten Beratung nahmen bei 60 Eingeladenen fast 100 Personen teil, sodass ich die Aussprache-Runden neuerlich gespalten habe. Dr.Timmel wird in Kürze von mir eine Liste von etwa 20 recht verwendbaren und weiteren mindestens 20 weniger beachtlichen Mitarbeitern erhalten; bei der geringen Zahl politisch Einsatzfähiger wenigstens ein Anfang, zu dem noch der Stammkader der Wiener Aktion – so zusammengeschmolzen er inzwischen auch ist – kommen wird. Sie sehen daraus, sehr geehrter Herr Ingenieur, dass diese Aussprache-Runden einem gemeinsamen Ziel dienen und dem Arbeitskreis praktisch unterstellt sind. Lediglich eine Auffassungsverschiedenheit zwischen Ihrem und meinem Konzept darf ich Ihnen nicht verhehlen. Ich bin der Meinung, dass es zur Unterstützung Ihrer Person, aber auch aus gesamtpolitischen Gründen besser wäre, wenn nicht nur Sie allein, sondern ein um Sie gebildetes Komitee tätig werden würde. Wenn etwa Appel als ehemaliger Sozialist, ein prominenter (politisch noch nicht gefärbter) Wirtschaftler, ein ähnlicher Herr aus den Reihen der parteilosen Betriebsräte, allenfalls Breitner und Platzer, auch Dr. van Tongel etc. – nur um einige Namen zu nennen – mit Ihnen ein solches Komitee bilden würden, stelle ich mir ein bedeutend leichteres propagandistisches Wirken vor. Das würde durchaus nicht ausschliessen, dass die entscheidenden Fäden auch allein in Ihrer Hand liegen. Ich habe diese Meinung, die ich übrigens mit den Herren Wicha und Ursin teile und die auch in der uns wohlwollenden Wirtschaft vertreten wird, nicht nur Herrn Dr. Timmel, sondern einmal auch persönlich Ihnen unterbreiten wollen und hoffe, dass Sie diese meine Auffassung nicht verärgert. Antwortkonzept Reinthallers vom 24. Jänner 1955 Ihre aufklärenden Worte über Ihre Aussprache-Runden, die mit Bedenken registriert wurden, (Ihre eigene Partei bzw. Fraktionskollegen gehören dazu), finde ich sehr erfreulich u. bitte Sie, sich in Ihrem Streben, den Menschen einen Halt zu bieten, da alles davonzuschwimmen droht, nicht irre machen zu lassen. Ihre Darlegungen über die Notwendigkeit der Aufstellung eines Führungs-Komitees teile ich restlos u. da ich selbst Ballast darstelle, ist es mir wie Ihnen darum zu tun, Faktoren für Auftrieb zu erfassen. Ihre Auffassung steht daher nicht im Gegensatz zu meiner eigenen, wie Sie irrigerweise annehmen. Anton Reinthaller an Egon Denz, Mettmach, 22. Jänner 1955 Sie werden bereits von Gamper, dem ich geschrieben habe, über den neuesten Stand der Dinge informiert worden sein. Es verdichten sich die Nachrichten darüber, dass die

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VdU-Bundesleitung (Scheuch nehme ich aus, Stendebach ist Kaugummi in der Hand anderer) nichts anderes anstrebt, als den VdU, den sie mit der dritten Kraft als solcher identifiziert, wieder in Form zu bringen, u. zu Rosstäuschermethoden greift, um mich und andere als Paravent zu gewinnen oder zumindest zu benützen. Ich erinnere mich noch sehr genau eines Briefes an mich nach Schwarzach, in dem sie betonten, was an sich ziemlich gleichgültig ist, ob die neue 3te Kraft außer- oder innerhalb des VdU entsteht. In letzterem Fall hätten allerdings die gesamte Bundesleitung u. anschließend alle Landesleitungen zurückzutreten u. sich das Ganze vorübergehend dem Kommando eines od. mehrerer bewährter Reformer zu fügen. Von Rücktrittsabsichten merke ich nichts. Man scheint nach wie vor den Ernst der Lage nicht zu begreifen (siehe Salzburg). Zeillinger, so wird mir heute berichtet, habe bei einer Bezirkstagung erklärt, nicht nur er, sondern auch die Bundesleitung stehe auf dem Standpunkt, dass der VdU Ausgangspunkt jeder Erneuerung der dritten Kraft zu sein habe. Es besteht Grund anzunehmen, dass sich die Bundesleitung und Zeillinger das gemeinsame Konzept zurechtgelegt haben. Während Z. den unnachgiebigen VdU-Mann spielt, geht man seitens der Bundesleitung die konziliantere Tour, spricht von Erneuerung außerhalb aller Parteien u. Verbände, von Liquidierung des VdU für den Fall, dass die Erneuerung der dritten Kraft durch Zusammenschluß aller Splitter gelingt usw. Ich bin sehr misstrauisch geworden u. habe Grund hiezu. Eine Frage an Sie als alten Gefährten: Läßt sich Burghard Breitner für den Eintritt in eine Art Proponentenkomitee zur Erneuerung der dritten Kraft gewinnen? Strecken Sie bitte selbst oder durch Mittelsmänner die Fühler aus u. berichten Sie mir sobald als möglich. Warum ich den Eintritt BBs in ein solches erst zu gründendes Komitee (kann auch Gründungsausschuß heißen) wünsche, werde ich, falls Sie eine bejahende Antwort schicken, mündlich darlegen, da ich in diesem Falle SOFORT nach Innsbruck käme, um mit BB persönlich Fühlung zu nehmen.168 Erlassen Sie es mir, mich heute schon darüber des Näheren auszulassen. Konzept  : Antrag des Landes Oberösterreich an den Bundesverbandstag des VdU (Entwurf Dr. Appel)169 Der VdU ist 1949 angetreten, um dem Teil der Bevölkerung in Österreich ein von den anderen politischen Parteien unabhängiges politisches Mitspracherecht zu verschaf-

168 Denz antwortete am 25. Jänner, eine Zusage Breitners, der seinerzeit ja als unpolitischer Kandidat aufgetreten sei, wäre nicht zu erreichen. 169 Der Wiener Magistratsrat Dr. Karl Appel (1892–1967) war 1932/33 sozialdemokratischer NR-Abg. gewesen, wurde 1939 entlassen, nach 1945 seiner großdeutschen Ausrichtung halber nicht wieder eingestellt; vgl. seinen Brief an Reinthaller vom 10. Februar 1955.

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fen, der durch das Jahr 1945 und dessen Folgeerscheinungen von diesem Mitspracherecht ausgeschlossen war. Seit dieser Zeit wurde trotz der Linderung der Unrechtsgesetze eine Zusammenfassung dieser national-freiheitlichen Kräfte nicht erreicht. Dies zeigte sich in den auf die Bundespräsidentenwahl folgenden Wahlen in steigendem Maße, obwohl die politischen Verhältnisse in Österreich die Sammlung der in der deutschen und freiheitlichen Tradition unserer Republik verankerten Kräfte dringend erforderlich machen. Um vor den nächsten politischen Entscheidungen diese Kräftesammlung doch zu erreichen, ist der VdU als die derzeit größte Gruppe unter diesen Kräften verpflichtet, alle personellen and sachlichen Voraussetzungen für die erstrebte Einigung zu schaffen und dann entsprechende Verhandlungen durch den neugewählten Obmann führen zu lassen, der hiefür unbeschränkte Vollmacht erhält. Antrag der VdU-Landesverbände Kärnten, Tirol, Vorarlberg und Steiermark170 1. Der ausserordentliche Bundesverbandstag sieht davon ab, die erweiterte Bundesleitung zu wählen und begnügt sich damit, bis zur Abhaltung des ordentlichen Bundesverbandstages das Präsidium zu bestellen, welchem die Landesobmänner zur Seite gestellt werden. 2. Das Präsidium wird beauftragt, bis zu dem am 26. 5. 1955 stattfindenden ordentlichen Bundesverbandstag die Verhandlungen mit dem Kreis Ing. Reinthallers zu Ende zu führen und dem ordentlichen Bundesverbandstag die Abmachungen zur Beschlussfassung vorzulegen. 3. Für das Präsidium wird folgender Wahlvorschlag unterbreitet: Als Bundesobmann NR Dr. Robert Scheuch, als seine Stellvertreter NR Max Stendebach und NR Prof. Dr. Pfeifer. Notizen Reinthallers [Jänner 1955] AR. – Bd.Präs.Rolle wegen Alter und Zeitmangel. getr. Ekkehard 3–5 Möglichkeiten: 1) Bd.Vbd.tag setzt sich die Bd.führg mit Aufbügelung durch – Folge: Meuterei geht weiter. Zerfließen. Verlaufen. Dritte Kraft 0. Wiederzus[ammen]führen fraglich wegen geschwundenen Vertr[auens] 2) Man redet sich auseinander. 170 Der Kärntner Obmann Kaufmann regte am 1. Februar in einem Schreiben an Gamper an, sich vor dem BVT auch mit Oberösterreich und Salzburg zu verständigen, insbesondere weil inzwischen mehrere Resolutionen im Umlauf seien, die sich alle auf Reinthaller beriefen.

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Folge: 2 Teilung – Aufsplitterung – Neuformierg. mögl. 3 Entschließg. wird angenommen: Neue Pa[rtei] 4) ” ” ” : Generalvollmacht 5) Die Ld.er bleiben vom Vbd.tag weg. Anzustreben: 1 und 2 muß verhindert werden. Wenn die Bd.führg. u. mit ihr einige Ld.vertreter nicht zu überzeugen sind, dass mit einer Aufbügelung nichts mehr gerichtet werden kann – und sie sind auf gütlichem Wege NICHT zu überzeugen – dann Möglichkeiten: 1. Die Länder absentieren sich vom Bd.V[erbands]tag – Folge: Ratlosigkeit (Beschlussunfähigkeit) – Ultimatum a) Beschlußfassg. Neue Pa[rtei] oder b) Generalvollmacht 2. Man bevöllmächtigt Kaufmann oder Z. die Daumenschrauben anzusetzen, so dass noch VOR 5. II. Garantie für einen der obigen Beschlüsse Die Generalvollmacht? Neue Führung: Bd.O: A.R. – Stv. Stendebach Gen.Sekr. etc. Auftrag: ? 3te Kraft neu zu formieren u. Vollmachten hiezu Roland Timmel an Anton Reinthaller, 27. Jänner 1955 Soeben komme ich von einer Besprechung mit Scheuch, der mich hiezu eingeladen hatte. […] Stendebachs Resolution enthält gewisse Angleichungen an die von Dir gewünschten Änderungen. Ein Schuldbekenntnis des VdU soll die Resolution nicht enthalten, weil ein solches den Delegierten nicht zugemutet werden könne. Der Passus: der VdU sei Ausgangspunkt der dritten Kraft, würde in „Kernstück“ umgewandelt. Der Passus über Deine vermittelnde Tätigkeit in der Vergangenheit soll in der Resolution enthalten sein. Irgendwelche unabdingbaren Forderungen der Bundesleitung liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bereitschaft, sich in eine Neuformation einzugliedern, sei in der Resolution Stendebachs erklärt. Die Zeillinger’sche (Salzburger) Veröffentlichung wurde durch eine hiezu von Zeillinger selbst gegebene Erläuterung gegenstandslos. Zeillinger soll seine Veröffentlichung in der Formulierung selbst als „nicht glücklich“ bezeichnet haben. Er hätte wollen zum Ausdruck bringen, daß in erster Linie eine Reformierung innerhalb des VdU erwünscht sei; wenn dies aber nicht möglich wäre und es zur Neuformierung außerhalb des VdU käme, dann solle sich dieser nicht früher auflösen, bevor die Neuformierung nicht klare Umrisse zeige.

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Soweit Scheuch zu dem Dir bevorstehenden Brief Stendebachs. Ich sehe hierin im Grunde genommen ein Tauziehen um nicht wesentliche Differenzpunkte. Wesentlich scheint mir bei alledem, daß bis nun tatsächlich zwei Resolutionen (die Stendebachs und die der Landesverbände) im Umlauf sind, von denen gesagt wird, daß sie beide Deine Zustimmung besäßen. Die Auswirkung: weitgehende Unsicherheit in Bezug auf die weitere Entwicklung und das verständliche Verlangen, daß durch Deine Einwirkung noch vor dem Verbandstag die Landesverbände allenfalls zur Anerkennung einer einheitlichen Resolution bewogen werden. Hiezu sei bemerkt, daß Scheuch behauptete, Kaufmann anerkenne die Resolution Stendebachs, womit den revolutionären Landesverbänden bereits ein Eckzahn ausgebrochen wäre. Persönlich scheint mir viel interessanter als die Resolutions-Frage die Einstellung der Bundesleitung zu den eigentlichen Anträgen der Landesverbände. Hiezu gab es auf meine bestimmten Fragen recht unbestimmte Ant­worten Scheuchs. So z.B.: man könne den Delegierten schwer vorschreiben, wen sie zu ihrer Bundesleitung wählen wollen. Auf meinen Hinweis, daß mich persönlich (ich betonte ausdrücklich persönlich!) die Personen der Bundesleitung gar nicht so interessieren als wie die Personen, die zu den Verhandlungen mit Dir vom VdU nominiert werden sollen. Und auf meine Frage, wer diese sein sollen, antwortete Scheuch andeutungsweise, daß man sich denken könne, das Präsidium um eine Person zu erweitern und dieses zum Verhandlungskomittee zu machen. Das hieße auf deutsch: Stendebach, Scheuch, Kandutsch und Zeillinger, der nun plötzlich als sehr seriös und Reinthaller-freundlich bezeichnet wird, um ihn als Paralysierer Kandutschs hinstellen zu können. Ich äußerte größte Bedenken, Dir Kandutsch nach Deiner deutlichen Ablehnung aufoktroyieren zu wollen, und ich äußerte Bedenken gegen Zeillinger, weil er keineswegs mehr das Vertrauen seines Landes besitze. Auf den Hinweis Scheuchs, das Verhandlungskomitee müsse Personen beider Richtungen des VdU-Lagers enthalten, meinte ich, dass erwogen werden: Stendebach, Scheuch, Pfeifer und Zeillinger. Damit kann auch diesem Verlangen allenfalls entsprochen werden. Ich glaube, Du entnimmst aus allem, daß tatsächlich Dein Zusammentreffen mit den Landesverbänden vor dem Verbandstag nochmals erforderlich wäre zur Klärung: 1. der Resolution und 2. der Zusammensetzung des Verhandlungskomitees. Frage: Wann ist ein Treffen noch möglich? Technisch wäre es am einfachsten in Wien knapp vor dem Bundesverbandstag. Einzig dagegen: Können die Landesobmänner dann noch zu Entschlüssen kommen, ohne ihrer (Landesverbände) Lansdesleitungen Legalität besitzen? Zum Schluß noch persönlicher Eindruck von Scheuch: Er scheint sehr bemüht, die Interessen der Bundesleitung zu wahren und und auch in der Lage zu sein, Kaufmann zu einer positiven Einstellung zur Bundesleitung bewegen zu können. Anton Reinthaller an Max Stendebach, 27. Jänner 1955 Unsere Aussprache vom 17. Jänner in Linz liess eine Annäherung unserer Standpunkte in der Frage der Neubildung der „Dritten Kraft“ erkennen. Die Teilnehmer an dieser

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Besprechung stimmten überein, dass bei aller Anerkennung der Verdienste des VdU eine erfolgreiche „Dritte Kraft“ nur durch die Bildung einer neuen Organisation, in der alle Verbände und Gruppen unter Verzicht auf ihr Eigenleben aufgehen müssen, entstehen könne. Erklärungen führender Mitarbeiter des VdU auf dem Oberösterr. Landesverbandstag und die Entschliessung des Salzburger Landesvorstandes lassen erkennen, dass man innerhalb Ihres Verbandes andere Lösungen des Aufbaues der „Dritten Kraft“ anstrebt und in diesem Zusammenhang sich auch meines Namens bedienen will. Ihnen, Herr Oberst, ist meine Auffassung über die „Dritte Kraft“ genau bekannt. Es scheint mir aber geboten zu sein, sie nochmals festzuhalten und sie Ihnen und den Herren Landesobleuten Ihres Verbandes wie folgt zu umreissen: 1.) Eine einzelne politische Gruppe kann nicht den alleinigen Ausgangspunkt bezw. Kristallisationskern der „Dritten Kraft“ bilden. 2.) Nur die Gründung einer neuen politischen Gemeinschaft vermag den freiheitlichen Wählern Österreichs jene politische Vertretung zu sichern, auf die sie Anspruch haben. 3.) Die Entschliessungen bestehender politischer Verbände und Gruppen, auf ihr Eigenleben für den Fall des Zustandekommens einer neuen Organisation der „Dritten Kraft“ zu verzichten, bilden eine unabdingbare Voraussetzung für deren Zustandekommen und Erfolg. 4.) Unter Einhaltung dieser Voraussetzungen erklärte ich mich bereit, meine Person und das mir entgegengebrachte Vertrauen in den Dienst dieser Aufgabe zu stellen. An anderen Versuchen zur Bildung einer sogenannten „Dritten Kraft“ wie z.B. der Schaffung eines „Dachverbandes“ und ähnlicher Konstruktionen, welchen ich keinen Erfolg zubilligen kann, werde ich mich nicht beteiligen und auch meinen Namen nicht zur Verfügung stellen. Da bereits andere in Betracht kommende Gruppen ihren Entschluss bekundet haben, im Interesse des Zustandekommens einer neuen Organisation der „Dritten Kraft“ ihr Eigenleben aufzugeben und sich der Neubildung zur Verfügung zu stellen, darf die Öffentlichkeit erwarten, dass auch der VdU als grösster Verband dieser zeitgemässen Entwicklung folgen und seinen angemessenen Beitrag hierzu leisten wird. Max Stendebach an Anton Reinthaller, 28. Jänner 1955 Herr Dr. Scheuch hat mir bezw. dem Verbandspräsidium Ihre vier Fragen sowie den Entwurf einer neuen Resolution übermittelt. Ehe ich Ihnen die Stellungnahme des Präsidiums bekanntgebe, möchte ich Sie der guten Ordnung halber dahin aufklären, dass der Bundesobmann und seine Stellvertreter als Präsidium kein satzungsmässiges Verbandsorgan darstellen. Verbindliche Beschlüsse können nur von der BVL bezw. von der e[rweiterten] BVL gefasst werden. Die nachstehenden Erklärungen können infolgedessen von dem Obmann und seinen Stellvertretern nur als Person abgegeben wer-

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den. Nach Kenntnis der in der BVL herrschenden Anschauungen sind wir aber davon überzeugt, dass sich diese unserer Meinung anschliesst. Meine beiden Stellvertreter und ich werden sich jedenfalls auch auf dem Bundesverbandstag für die nachstehend angeführten Lösungen einsetzen. Das gleiche werden Zeillinger, den Dr. Scheuch zu der Besprechung zugezogen hatte, und Kindl, der zufällig anwesend war und auch zugezogen worden ist, tun. Nach einer eingehenden Aussprache sind wir völlig einhellig zu folgenden Lösungen gekommen: Antwort auf Ihre Frage 1: Die BVL hat auf Empfehlung des Präsidiums beschlossen, die Resolution, der Sie in Linz Ihre grundsätzliche Zustimmung gegeben haben, dem Bundesverbandstag zur Annahme zu empfehlen. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, sich für eine Verbreiterung der „dritten Kraft“ in jeder brauchbaren Form, u.U. also auch für den Zusammenschluss mit anderen Gruppen zu einer neuen Partei einzusetzen. Antwort auf Ihre Frage 2: Über unabdingbare Forderungen ist in der BVL als der für verbindliche Erklärungen allein zuständigen Instanz bisher nicht gesprochen worden, zumal solche in den bisherigen Besprechungen keiner Seite vorgebracht worden sind. Antwort auf Ihre Frage 3: Ihr Resolutionsentwurf stimmt ja weitgehend mit dem Ihnen in Linz vorgelegten und von Ihnen grundsätzlich akzeptierten überein. Die Ihnen vorgelegte Resolution zielt darauf ab, alle Wege, die zu einer Aktivierung einer „dritten Kraft“ auf breiterer Basis führen können, offenzuhalten und die Bereitwilligkeit des Bundesverbandstages zur Mitwirkung an jedem vernünftigen Lösungsversuch festzustellen. Wir halten das schon deshalb für notwendig, weil die Resolution möglichst einstimmig angenommen werden soll. Wir glauben deshalb bei unserer Resolution bleiben zu sollen, umso mehr als die Ihre einige Stellen enthält, die bestimmt abgelehnt werden und damit die gesamte Resolution gefährdet. So z.B. gleich der zweite Satz, in dem von der Schuldfrage gesprochen wird. Desgleichen wird zweifellos der Satz abgelehnt werden, in welchem der VdU lediglich als mitbestimmender Faktor bezeichnet, also mit irgendwelchen kleinen Gruppen gleichgestellt wird. Eine solche den tatsächlichen Verhältnissen widersprechende Charakterisierung des VdU würde im Bundesverbandstag bestimmt keine Mehrheit finden. Sie haben offenbar Anstoss daran genommen, dass der VdU in unserer Resolution als Ausgangspunkt für die Formierung der „dritten Kraft“ bezeichnet wird, weil man daraus vielleicht entnehmen könnte, dass die Zusammenschlussbestrebungen unbedingt nur vom VdU ausgehen sollen. Das ist natürlich, wie die Schlusssätze der Resolution zeigen, nicht beabsichtigt. Wir haben deshalb den Ausdruck „Ausgangspunkt“ in „Kernstück“ geändert. Der Formulierung im vorletzten Satz Ihres Entwurfes sind wir dadurch entgegengekommen, dass wir in unserem Entwurf den letzten Satz des vorletzten Absatzes durch

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den unterstrichenen Zwischensatz ergänzt haben: „Das gilt insbesondere hinsichtlich der Kreise, die Herr Minister a. D. Ing. Reinthaller, dessen politische Vergangenheit stets auf Überbrückung der Gegensätze abzielte, zu erfassen und zusammenzuführen bestrebt ist.“ Antwort auf Ihre Frage 4: Da der Landesobmann von Salzburg unserer Besprechung beigewohnt hat, kann Ihre Frage völlig eindeutig beantwortet werden. Die Zeitungsnachrichten waren teilweise irreführend. Der Sachverhalt ist folgender: Salzburg würde es am liebsten sehen, wenn die Verbreiterung aus dem VdU heraus erfolgen würde. Das ist ein Wunsch, den auch Sie zweifellos verstehen werden, wenn Sie Mitglied des VdU wären. Salzburg lehnt aber unbeschadet dieses Wunsches auch keinesfalls die in unserer Resolution erwähnte Lösung ab, wonach sich der VdU mit anderen Gruppen und Verbänden zu einer neuen Partei zusammenschliessen würde. Auf jeden Fall lehnt aber Salzburg eine Auflösung des Verbandes und eine Diskussion über die Auflösung ab, ehe nicht ein Neues, Grösseres sicher dasteht. Salzburg hat erklärt, im VdU den Ausgangspunkt für eine Erneuerung der „dritten Kraft“ zu sehen. Die Landesleitung hat damit aber nicht die Möglichkeit ausschliessen wollen, dass die Verbreiterung erfolgreich auch von aussen her betrieben werden könne, sie hat vielmehr damit nur zum Ausdruck bringen wollen, dass – wie es nun in unserer Resolution heisst – der VdU „bis zur Stunde die einzig reale Organisation ist, die als Kernstück für die Formierung der dritten Kraft in Frage kommt“. Der Richtigkeit dieser Feststellung eines einfachen Tatbestandes kann sich ja niemand verschliessen. Wir sind der Überzeugung, dass diese Einstellung der Landesleitung Salzburg, wie ich sie soeben wiedergegeben bezw. erläutert habe, nicht nur im Sinne unserer von Ihnen grundsätzlich gebilligten Resolution und unserer sonstigen Absprachen, sondern auch im Sinne der gesamten „dritten Kraft“ gelegen ist. An einer weiteren Schwächung oder gar an einer Auflösung des VdU, bevor ein Neues steht, kann niemand gelegen sein, dem es wirklich um eine starke „dritte Kraft“ zu tun ist. Je stärker der VdU erhalten und je mehr er wieder gekräftigt wird – das haben ja auch Sie stets betont –, umso mehr ist damit der gesamten „dritten Kraft“ gedient. Handschriftliche Notiz Reinthallers auf dem Brief  : Die Bereitschaft, die dritte Kraft zu erneuern, ist zu gering, – Zeile für Zeile ist die Sucht – den VdU, wie er ist, ohne Änderung – zu erhalten, wobei nur einige Paravents erforderlich wären. Anton Reinthaller an Roland Timmel, 2. Februar 1955 […] Die Bundesführung des VdU, ferngelenkt von Kraus, Reimann, ist innerlich entschlossen, das Spielchen von Aussee mit einigen Abänderungen noch einmal zu spie-

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len.171 Alle Verhandlungen mit uns zielen auf Abschirmung ab. Der prädestinierte Verhandlungsausschuß will keine Erneuerung, sondern Verbreiterung des VdU, d.h. eine vergrößerte Basis für sich und ein noch eben Retten der bestehenden Garnitur. Der Brief Stendebachs an mich ist ein Hohn auf meine Vorschläge.

b) Die Freiheitspartei und der Bruch mit dem VdU Am 5. Februar 1955 fand der Bundesverbandstag des VdU statt, der mit einem Eklat endete. Als die über Nacht vorbereitete Kompromißresolution von Bundesobmann Stendebach nur mit Abänderungen zur Abstimmung gebracht wurde, kam es zu einer Kampfabstimmung  : 82 Delegierte stimmten für den Antrag der Bundesleitung, 51 dagegen, 15 – insbesondere aus Salzburg – enthielten sich der Stimme. Das Gros der »Schwarzacher« (Steiermark, Kärnten, Tirol, Vorarlberg – ohne Zeillingers Salzburger) verließ unter dem Vorwand, sich erst mit ihren Landesverbänden beraten zu müssen, den Parteitag.172 Das Präsidium des VdU erhielt bei der Neuwahl nur mehr 58 Stimmen, das heißt  : eine Minderheit der ursprünglichen Teilnehmer. Die Bundesleitung suspendierte die Landesleitungen der vier Länder, die an dem Exodus teilgenommen hatten, und setzte dort kommissarische Verwalter ein. Stendebach versuchte im März mit Reinthaller und der von ihm angemeldeten Freiheitspartei zu einem direkten Übereinkommen zu gelangen. Erst als diese Versuche gescheitert waren, nahm die Bundesleitung im April die Suspendierung der vier Landesleitungen zurück und versuchte in den westlichen Ländern Terrain gutzumachen  : So vermochte Stendebach z.B. die Abspaltung des Vorarlberger Verbandes zu verhindern  ; in Tirol griff die VdU-Bundesleitung zur Strategie ihrer Gegner und grün171 In einem Brief an Plachutta heißt es dazu  : »Für den Bundesverbandstag in Aussee wurde ich achtundvierzig Stunden vor Beginn durch ein 3er-Komitee (Schmid, Ebenbichler, Zeillinger) angeheuert.« Reinthaller endete mit der Bemerkung, auch die ›Gemeinschaft Österreich‹ sei ihm gram, »weil ich es abgelehnt habe, gerade so wie dem VdU gegenüber mich Ihnen zu verschreiben«. Timmel hielt demgegenüber am 19. Februar fest, »daß Du mich mit der Geschäftsführung in Zusammenarbeit mit Gredler/ Ursin beauftragt« hast. Butschek hingegen empfahl am 23. Februar neuerdings van Tongel »trotz größter persönlicher Unterscheidung von Dir« und setzte hinzu  : »Deine Mitarbeiter müssen Deinen Akku aufladen – nicht aber von ihm gespeist werden.« Van Tongel beschwerte sich dann bereits am 2. März über Intrigen Timmels und hielt am 10. März fest, eine »Wiederbetrauung« Timmels mit der alleinigen Vertretung in Wien komme nicht in Frage  ; als Geschäftsführer in Wien setzte er Ursin ein, »einvernehmlich mit Gredler und Wicha«. Ursin legte den Vorsitz der FSÖ nieder (OÖN, 25. 3. 1955)  ; Gredler stand für die ›Aktion‹  ; GR Wicha war Ende 1954 aus dem VdU ausgeschlossen worden (Kothny-Berichte, 2. 12. 1954). Der ausgebootete Timmel beklagte sich am 25. März bei Reinthaller  : »Daß Du nicht erkennst, auf welchen Weg man Dich führen will  !« 172 Die ›SN‹ brachten am 7. Februar die genauen Zahlen  : Von 27 Mitgliedern der Bundesleitung hätten sich sieben, von 121 Delegierten 37 (= 31 %) dem Exodus angeschlossen.

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len.171 Alle Verhandlungen mit uns zielen auf Abschirmung ab. Der prädestinierte Verhandlungsausschuß will keine Erneuerung, sondern Verbreiterung des VdU, d.h. eine vergrößerte Basis für sich und ein noch eben Retten der bestehenden Garnitur. Der Brief Stendebachs an mich ist ein Hohn auf meine Vorschläge.

b) Die Freiheitspartei und der Bruch mit dem VdU Am 5. Februar 1955 fand der Bundesverbandstag des VdU statt, der mit einem Eklat endete. Als die über Nacht vorbereitete Kompromißresolution von Bundesobmann Stendebach nur mit Abänderungen zur Abstimmung gebracht wurde, kam es zu einer Kampfabstimmung  : 82 Delegierte stimmten für den Antrag der Bundesleitung, 51 dagegen, 15 – insbesondere aus Salzburg – enthielten sich der Stimme. Das Gros der »Schwarzacher« (Steiermark, Kärnten, Tirol, Vorarlberg – ohne Zeillingers Salzburger) verließ unter dem Vorwand, sich erst mit ihren Landesverbänden beraten zu müssen, den Parteitag.172 Das Präsidium des VdU erhielt bei der Neuwahl nur mehr 58 Stimmen, das heißt  : eine Minderheit der ursprünglichen Teilnehmer. Die Bundesleitung suspendierte die Landesleitungen der vier Länder, die an dem Exodus teilgenommen hatten, und setzte dort kommissarische Verwalter ein. Stendebach versuchte im März mit Reinthaller und der von ihm angemeldeten Freiheitspartei zu einem direkten Übereinkommen zu gelangen. Erst als diese Versuche gescheitert waren, nahm die Bundesleitung im April die Suspendierung der vier Landesleitungen zurück und versuchte in den westlichen Ländern Terrain gutzumachen  : So vermochte Stendebach z.B. die Abspaltung des Vorarlberger Verbandes zu verhindern  ; in Tirol griff die VdU-Bundesleitung zur Strategie ihrer Gegner und grün171 In einem Brief an Plachutta heißt es dazu  : »Für den Bundesverbandstag in Aussee wurde ich achtundvierzig Stunden vor Beginn durch ein 3er-Komitee (Schmid, Ebenbichler, Zeillinger) angeheuert.« Reinthaller endete mit der Bemerkung, auch die ›Gemeinschaft Österreich‹ sei ihm gram, »weil ich es abgelehnt habe, gerade so wie dem VdU gegenüber mich Ihnen zu verschreiben«. Timmel hielt demgegenüber am 19. Februar fest, »daß Du mich mit der Geschäftsführung in Zusammenarbeit mit Gredler/ Ursin beauftragt« hast. Butschek hingegen empfahl am 23. Februar neuerdings van Tongel »trotz größter persönlicher Unterscheidung von Dir« und setzte hinzu  : »Deine Mitarbeiter müssen Deinen Akku aufladen – nicht aber von ihm gespeist werden.« Van Tongel beschwerte sich dann bereits am 2. März über Intrigen Timmels und hielt am 10. März fest, eine »Wiederbetrauung« Timmels mit der alleinigen Vertretung in Wien komme nicht in Frage  ; als Geschäftsführer in Wien setzte er Ursin ein, »einvernehmlich mit Gredler und Wicha«. Ursin legte den Vorsitz der FSÖ nieder (OÖN, 25. 3. 1955)  ; Gredler stand für die ›Aktion‹  ; GR Wicha war Ende 1954 aus dem VdU ausgeschlossen worden (Kothny-Berichte, 2. 12. 1954). Der ausgebootete Timmel beklagte sich am 25. März bei Reinthaller  : »Daß Du nicht erkennst, auf welchen Weg man Dich führen will  !« 172 Die ›SN‹ brachten am 7. Februar die genauen Zahlen  : Von 27 Mitgliedern der Bundesleitung hätten sich sieben, von 121 Delegierten 37 (= 31 %) dem Exodus angeschlossen.

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dete selbst ein Komitee zur Sammlung der dritten Kraft  ; in der Steiermark erklärte Landesobmann Schweiger von sich aus den Austritt aus dem VdU und überließ damit der Bundesführung das Feld. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, 7. Februar 1955 Nachdem der VdU-Bundesverbandstag so ausgefallen ist, wie man es sich allgemein vorgestellt hat, werden wir Oberösterreicher immer mehr vor die endgültige Entscheidung gestellt. Es geht m.E. im Augenblick um die Frage, soll man den o.ö.VdU im Herbst zusammenbrechen lassen und den Neuaufbau der Partei auf die im Herbst 1956 zu erwartenden Nationalratswahlen ausrichten oder sollen wir doch alles daransetzen, um im Herbst in irgendeiner Form auf den Plan zu treten. Ich neige sehr zu der Ansicht, den VdU im Herbst zum Teufel gehen zu lassen, denke aber andererseits daran, daß dann das parteiungebundene Lager in den kommenden sechs Jahren im Lande nicht den bescheidensten Rückhalt hat. Im Lehrerstand handelt es sich allein um mehr als 1.000 Kollegen und deren Familien. Das Theater des Bundesverbandstages habe ich mir eben von Fastner berichten lassen. Grünbart ist krankheitshalber wieder einmal vorzeitig verschwunden und hat nicht das Wort ergriffen. Dr. Eder hatte die Freundlichkeit, uns als Natternbrut zu bezeichnen. Stendebach hat mit seinen 51 Stimmen eine sehr schwache Position erlangt. Leitl ist als dritter Obmannstellvertreter durchgefallen und darob sehr böse. Halten Sie es für zweckmäßig, wenn man den Freitag-Aufsatz Leitls in den „OÖN“ einer Erwiderung unterzieht? Es würde mich reizen, fingerspitzenlosen und traditionsverleugnenden Ignoranten und Kraus-Handlangern eins auf den Schädel zu schlagen. Sollte er übrigens noch einmal in unserem Kreis erscheinen, so sehe ich mich nicht in der Lage, ihm das Wort zu erteilen. Will der VdU von uns etwas, so kann er Grünbart, Fastner und Mayer Wilhelm nominieren. Mit den anderen Brüdern will ich nichts zu tun haben. Aus Wien habe ich Nachricht, daß wir Oberösterreicher, so wir an die Formierung einer neuen Kraft außerhalb der FSÖ glauben, die reinsten Phantasten seien. So meinte Herr Ursin. Nur gut, daß die OÖ-FSÖ-Leute einsichtvollere Menschen sind. Auf Grund der allgemeinen Lage wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Einladung zum Mittwochgespräch am 16. dieses Monats (um 18 Uhr wie üblich) annehmen könnten. Wir wollen Ihnen keine untragbare Belastung zumuten, jedoch bedarf die Jugend des Rates der voranschreitenden Generation. Zudem würde es beruhigend wirken, wenn Sie nach dem Pressegeheul in unserem Kreise in der gewohnten Ruhe und Sachlichkeit Möglichkeiten des Ausweges aufzeigen würden. Gerade nach dem Bundesverbandstag ist es notwendig, zu beweisen, daß wir mehr als ein Debattierklub (frei nach Leitl) sind. Appel hat schon an Mannlicher geschrieben. Es wird notwendig sein, die einzelnen Ausschüsse (die dann entsprechende Arbeitsgrundlagen erstellen) zu bilden. Mir liegt sehr viel daran, daß bei unserer nächsten Zusammenkunft ein Ein-

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druck entsteht, der für die weitere Arbeit Impulse schafft und neue Antriebssituationen setzt. Mich stören nur Leute wie Leitl, die keinerlei guten Willen in sich tragen und wirtschaftlich irgendwie an den Herrn Kraus gebunden sind. Mit solchen Elementen wollen wir uns – das ist meine Meinung – nicht mehr belasten. Ich erbitte auch einen Hinweis, ob ich mit L. im aufgeführten Sinn verfahren soll. Um der Sache willen bin ich auch bereit, L. einzuladen. Ich hoffe, daß Sie uns weiterhin gewogen bleiben und helfend zur Seite stehen. Anton Reinthaller an Friedrich Peter, Mettmach, 10. Februar 1955 […] Ob wir in den Herbstwahlen in Oberöst. so oder so, d.h. pos. oder negativ Stellung nehmen und damit Erfolg oder Misserfolg heraufbeschwören, hängt wohl noch von einigen Vorbedingungen ab, Fürs erste möchte ich festnageln, dass mit Grünbart, den ich einen lieben Freund nenne, polit. nichts anzufangen ist. Da ist der Leitl schon ein anderer Kerl. Er imponiert mir. Lesen Sie sich seinen Artikel in den „OÖN“ einmal unvoreingenommen studierend durch.173 Der Mann hat Format. Sein Fehler ist, dass er glaubt die Verwirklichung seiner Ideen im VdU zu erreichen. VdU, Kraus, Reimann etc. sind hausweit von seiner Ideologie entfernt. Ich stehe dieser näher. Meine Bewunderung auf Leitls Artikel könnte sich kritikmäßig daher nur auf dessen Annahme – im VdU sein Ziel zu erreichen – erstrecken. Inhaltlich hat er recht. Wir müssen zu ganz was Neuem kommen. Mit den alten Parteien u. mit den in der Vergangenheit befangenen ist wahrhaftig nichts mehr anzufangen. Leitls Fehler ist es zu glauben, dass solch ein Übergang ganz abrupt vollzogen werden könnte. Für diesen Übergang muß man mit alten Ressentiments rechnen. Das Zurechtbiegen alter Vorstellungen kann nur allmählich erfolgen, bestimmt nicht durch Suspendierungen u. Hinausschmiß. Sie werden mit mir übereinstimmen, wenn ich sage, dass die Persönlichkeit Leitls un-

173 Leitl hatte am 4. Februar 1955 einen Kommentar »Die neue Kraft« veröffentlicht, der gleich anfangs postulierte  : »Es geht nicht um eine Dritte Kraft, sondern um eine neue Kraft.« Der Artikel enthielt durchaus Formulierungen, die als Angriff auf Reinthaller verstanden werden konnten, z.B.  : »Von Personen, die in der Vergangenheit schon einmal Schiffbruch erlitten haben, werden die Wähler kaum erwarten, daß sie den Mittelpunkt der neuen Kraft bilden können.« Gerade die Kriegsgeneration, so meinte Leitl, wisse am wenigsten »mit den Begriffen der Vergangenheit anzufangen«. Reinthaller aus dem Herzen gesprochen waren vermutlich die Passagen  : »Die ganze Welt steht heute vor der Schicksalsfrage, entweder eine neue Gesellschaftsordnung schaffen zu müssen oder im Kollektivismus schlimmster Form unterzugehen. […] Der Kitt bei den bisherigen Versuchen, die europäischen Völker zu verbinden ist nichts als die Angst vor dem Osten. Gerade die Angst treibt die Menschen aber in die Vermassung.« Parteitaktisch sprach sich Leitl gegen das »Rezept« aus, »alle Gruppen und Grüppchen in einen Topf zu werfen«, denn  : »In die Randschichten der Großparteien einzudringen wird die Neue Kraft viel mehr stärken als die Fusion mit einem halben Dutzend Zwergverbänden und Debattierklubs.«

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gleich wertvoller ist als die von Grünbart. Von Butschek habe ich gehört, dass auch Dr. Eder in Ordnung ist. Also müsste man sich wohl bemühen, mit diesen Männern ins reine zu kommen, statt mit Grünbart zu verhandeln. Ich rate Ihnen daher, unter Mithilfe Tongels und Butscheks ein Treffen mit diesen beiden Männern in die Wege zu leiten. Ich erkläre mich bereit, daran teilzunehmen. In einem solchen geht es bestimmt nicht um grundsätzliche Dinge – darin glaube ich mich mit Leitl eins – sondern um die Frage: „Im oder außerhalb des VdU?“ – Ich selbst lehne den VdU genauso ab wie ÖVP und Sozi. – Kraus, Reimann, Stendebach – sind keine Aushängeschilder für eine WAHRHAFTIGE Erneuerung im Sinne Leitls. – Ich will gar nicht in Erscheinung treten, da ich selbst spüre, dass ich mit Hypotheken der Vergangenheit belastet bin. Aber ich bin gerne Geburtshelfer, um Euch Jungen in den Sattel zu helfen. Denn ohne Zureden an die traditionellen Nationalen geht’s nicht ab. Das muß auch Leitl begreifen lernen. Ihre Ausführungen wegen Ursin sind mir rätselhaft. Dies kann Ursin NIE bemerkt haben. Die Palavereien im Ring sind notwendig, aber nicht zu ernst zu nehmen. Behandeln Sie diesen Sektor nicht vom Standpunkt der Parteipolitik, sondern der allg. Aufklärung, wobei gelenkt werden kann. Leitls Gerede vom Debattierklub ist richtig, seine Bemerkung „Natternbrut“ ist dumm u. unüberlegt. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, 21. Februar 1955 Ich habe heute mit Dr. Franz Mayerhofer eine Unterredung gehabt, weil ich diesen Mann trotz seiner Vergangenheit maßgeblich heranziehen möchte. In meinen letzten Schreiben brachte ich zum Ausdruck, daß unter anderem die Bezirksgruppe Linz/Stadt rasch und schlagkräftig aufgebaut werden muß, damit für Rachbauer ein entsprechendes Gegengewicht geschaffen wird. Hiezu ist ein Mann notwendig, der neben verschiedenen Qualitäten auch eine entsprechende Erfahrung besitzt. Mayerhofer vermag die traditionellen Nationalen anzusprechen. Er besitzt die erforderlichen persönlichen Beziehungen zu den Linzer Kreisen, um hier erfolgreich vom Leder zu ziehen. Er teilte mir mit, daß er sich Ihnen bereits angetragen hat, Sie aber die Belastung seiner Vergangenheit zu bedenken gaben. Das ist sicher richtig, doch bin ich für meinen Teil nicht zu ängstlich. Gewisse Kreise schreien auch, wenn wir einen Blockleiter herausstellen. Und nicht zuletzt können wir nicht im überwiegenden Maße die Kreise der Aktion und FSÖ allein an die Brennpunkte stellen. Gerade als Bezirksobmann Linz/Stadt suche ich nach einem Mann, auf den wir uns auf Gedeih und Verderb verlassen können. Ich erbitte darum Ihre Entscheidung, ob ich auf M. zurückgreifen kann und ob Sie bereit sind, mit dem Chef der VÖESt, Dipl.-Ing. Hitzinger, ein notwendiges Absicherungsgespräch für den Genannten zu führen.

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Daß in personeller Hinsicht Not am Mann gegeben ist, wissen Sie besser als ich. Lieber belaste ich mich mit Mayerhofer als mit Leuten, denen ich kein uneingeschränktes Vertrauen entgegenbringen kann. Dieses Anliegen und alle anderen, die ich in meinem letzten Brief aufgeworfen habe, müssen in absehbarer Zeit einer Klärung zugeführt werden. Im Hinblick auf die Verantwortung, die ich Ihnen und der Sache gegenüber zu tragen habe, ersuche ich um Ihr Verständnis für die schwierige Lage in Oberösterreich. In Gesprächen mit Leuten aus Gewerbe, Handel und Industrie – ich betone das noch einmal – kommt immer wieder die Frage der Landtagswahlen auf das Tapet. Es würde den weiteren Aufbau der Partei wesentlich erschweren, müssten wir vor der Herbstsituation in Oberösterreich kapitulieren. Um aber überhaupt in wirksame Verhandlungen mit dem VdU wegen der erforderlichen Selbstauflösung zu kommen, müssen wir in absehbarer Zelt ein Organisationsgerüst auf die Beine bringen, welches einen wirksamen finanziellen Hintergrund besitzt. Ich werde meine ganze Kraft der Sache uneingeschränkt widmen, jedoch bedarf ich vorerst Ihrer Hilfe, damit ein Start ermöglicht wird, der für die Sache spricht. Abschließend verweise ich noch darauf, daß Männer wie Mayerhofer trotz Ihrer belastenden Vergangenheit immer noch besser sind als jene, die das große Wort führen und bei Stellung der Gretchenfrage tausend Wenn und Aber anführen, weil sie aus diesen und jenen Gründen nominell nicht aufscheinen können. Gustav Zeillinger an die Bundesgeschäftsführung des VdU, 26. Februar 1955 Das Land Salzburg teilt mit, dass es, wie der Landesobmann schon mündlich anlässlich eines Gespräches im Parlament mitteilte, sich mit der Aufforderung befasst hat, sogenannte Beobachter in die Arbeitskreise Reinthaller sowohl im Bund als auch im Lande zu entsenden. Es wurde einstimmig beschlossen, je 2 Beobachter in das Bundeskomitee und in das noch zu bildende Landeskomitee zu entsenden. In das Bundeskomitee wurden Landesrat Walter Leitner und Bezirksleiter Otto Karl, und in das Landeskomitee Landesvorstandsmitglied Georg Kettl und Landtagsabgeordneter Manfred Krüttner entsendet. Es war ausdrücklich festgelegt worden, dass der Landesobmann nicht in diese Komitees entsendet werde. Erstens, um die Entsendung des Vertreters nicht zu offiziell zu machen, und zweitens muss der Landesobmann dann, wenn er zu irgendwelchen Verhandlungen kommt, eindeutig den Standpunkt des VdU vertreten können. Als Bedingung wurde gestellt, dass diese Vertreter Salzburgs nur so lange in den Komitees bleiben, als kein anderer VdU-Vertreter sich in diesen Komitees befindet. Damit müssen z.B. in Salzburg die Herren Groll und Weilhartner, die sich selbst dem Komitee zur Verfügung gestellt hatten, wieder ausscheiden. Damit ist auch im wesentlichen der Entschluss Salzburgs begründet:

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Wir wollen vermeiden, dass diese Vorbereitungskomitees ohne jede Beteiligung des VdU arbeiten und ihre Informationen von Leuten beziehen, die meist Sonderinteressen verfolgen. Dies führte erfahrungsgemäss zu vielen Mißverständnissen. Durch die Ausbootung jener, die sich außerhalb der VdU-Gemeinschaft gestellt haben und die Entsendung ordentlicher und verlässlicher VdU-Vertreter ist die Gewähr gegeben, dass die Arbeitskreise über Salzburg nur wahrheitsgetreue Berichte bekommen und auch wir umgekehrt aus erster Quelle über die Vorgänge informiert werden. Wir glauben, dass dieser Entschluss in vollkommener Übereinstimmung mit der Meinung der Bundesleitung steht. Hanns Rader an Anton Reinthaller, Klagenfurt, 28. Februar 1955 Eingangs darf ich Sie namens der VdU-Landesleitung herzlichst grüßen und Ihnen darüber berichten, daß die Sammlung für die dritte Kraft im Bundesland Kärnten recht gute Fortschritte macht. Aus der VdU-Landesleitung wurde ein Verhandlungskomitee gewählt, dem nachstehend angeführte Herren angehören: Landesobmann Vizepräsident Kaufmann, Landesrat Rader, LAbg. Dr. Alberti und Gemeinderat Vallon. Dieses Komitee hat wöchentlich eine sogenannte Stabsbesprechung, bei der den einzelnen Herren die verschiedenen Arbeitsgebiete und Aufträge zugewiesen werden. Es ist uns vollkommen klar, daß wir in Kärnten eine Reihe wertvoller Persönlichkeiten für diese dritte Kraft bekommen werden, die Initiative aber muß immer wieder von uns ausgehen, denn der Motor, der durch die ersten Meldungen über diese Sammlung in Bewegung gesetzt wurde, darf nicht eher verstummen, bis wir uns alle in einer starken Gruppierung gefunden haben. […] Jörg Kandutsch an Gustav Zeillinger, 3. März 1955 (Vdu-Archiv Salzburg) Ich schreibe Ihnen völlig privat, und bitte daher, diesen Brief dementsprechend zu behandeln. Sie wissen, dass die ersten Verhandlungen mit R. angelaufen sind, zuerst in einer relativ günstigen, später wieder ungünstigeren Atmosphäre. Ich habe den Eindruck, dass sich die Lage wieder stark verhärtet hat. Die Aussprache über die grundsätzliche Zielsetzung ergab eine weitgehende Übereinstimmung der Meldungen. Von uns wurden folgende Bedingungen vorgebracht: 1. Die Übernahme der Parteiführung durch Ing. R. kommt wegen des sich daraus ergebenden Profils der neuen Partei mit all seinen politischen Auswirkungen vorerst nicht in Frage.174 R. liess Butschek ausweichend darauf antworten, erklärte mir aber in einem 174 In diesem Sinne erschien in den ›SN‹ am 5. März (S. 4) auch eine Notiz  : »… eine Partei, die ehemals füh-

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Gespräch unter vier Augen, dass er gar nicht daran denke, die Obmannschaft zu übernehmen. Er wolle dies allerdings jetzt noch nicht bekanntgeben, um nicht jene Kreise, die besonders auf ihn setzen, zu enttäuschen. 2. Wir verlangten die vorerst peinliche Scheidung zwischen VdU-Funktionären und Mitgliedern des R.-Komitees, so wie Sie es ja in Salzburg auch durchgesetzt haben, weil es die Verhandlungen unendlich erschweren müsste, wenn eine solche Doppelfunktion vorläge. Mein Hinweis, dass in Salzburg vom Proponentenkomitee „Dritte Kraft“ ein solcher Beschluss angeblich gefasst worden sei, wurde von R. dahin gehend berichtigt, dass gerade das Gegenteil geplant wäre. So haben wir etwa in der Steiermark den Umstand, dass Schweiger, Plachutta und drei Landtagsabgeordnete im Komitee „Dritte Kraft“ sitzen, was die Stephan-Gruppe des VdU veranlassen wird, nicht in Verhandlungen zu treten. 3. Wir haben den Plan entwickelt, dass unter der Voraussetzung des Gelingens der Verhandlungen die persönliche Zusammensetzung der Führung durch Urwahl von unten her geregelt werden solle. Dem wurde wohl grundsätzlich zugestimmt, doch scheint ein Plan zu bestehen, dass man diese Wahl einen bestimmten Personenkreis durchführen lässt, was natürlich keine Urwahl mehr wäre. Nur die Urwahl kann aber einen unfruchtbaren Streit vermeiden helfen, wer was werden darf bezw. wer in der neuen Gemeinschaft nicht mehr aufscheinen darf. 4. Wir haben keinen Zweifel darüber gelassen, dass die interne Bereinigung im VdU davon abhängt, dass Schweiger nicht mehr auf den Posten als Landesobmann zurückkehrt. In einer persönlichen Aussprache mit Schweiger habe ich ihm erklärt, dass er diese interne Bereinigung blockiere und die Bundesleitung in Kürze nicht mehr zögern werde, die Hilfe der Vereinsbehörde in Anspruch zu nehmen, um die Übergabe der Landesgeschäftsstelle usw. zu erzwingen. Schweiger sagte, er wolle einer vernünftigen Entwicklung kein Hindernis sein, würde jedoch erst zurücktreten, wenn er sieht, dass die Verhandlungen positiv verlaufen. Nach dem Gespräch mit R. konnte ich noch einmal einen Aufschub dieser in der Steiermark geplanten Massnahmen erwirken, bin aber überzeugt, dass dies der letzte Aufschub gewesen ist. R. sagte mir, dass er am kommenden Samstag eine Aussprache mit den vier Landesobmännern und anschliessend auch mit Ihnen haben werde und dass ich mich verwenden solle, bis dahin weitere verschärfende Massnahmen seitens der BVL zu unterlassen. Ich bin überzeugt, dass mit Ihnen schon vor der Sitzung Fühlung genommen wird und habe Ihnen die Information geschrieben, damit Sie die Lage, von hier aus gesehen, rende Nationalsozialisten an prominenter Stelle aufwies, könne wegen der zu erwartenden Schwierigkeiten in der russischen Besatzungszone zu einer ›rein westösterreichischen Angelegenheit‹ verkommen«. Der Durchbruch in den Staatsvertragsverhandlungen kurz darauf entzog diesem Argument die Grundlage.

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kennenlernen. Wenn nicht in Kürze ein Weg gefunden wird, der sich für eine interne Bereinigung im VdU eignet, ist der Bruch unvermeidlich. Robert Scheuch an Gustav Zeillinger, 13. März 1955 (Vdu-Archiv Salzburg) Gestern fand in Klagenfurt im Funkhausrestaurant eine sehr gut besuchte Versammlung statt, bei der Ing. Reinthaller sprach. Die Gründung einer dritten, gesamtösterr. Kraft wurde einhellig bejaht, die Gründung eines Komitees beschlossen und Bürgermeister Huber Sirnitz (Bez. Feldkirch) als Führungsproponent mit der Einreichung der Vereinssatzungen beauftragt. Der Landesverband Kärnten hat durch seinen Landesobmann die Erklärung abgegeben, dass er geschlossen sich hinter die Bestrebungen R. stellt. Der Eindruck, den R. auf die Anwesenden machte, soll ein ausgesprochen guter gewesen sein. Ich möchte Sie aber vertraulich unterrichten, dass ich mich in einer vor der Versammlung stattgefundenen erweiterten Sitzung der engeren Landesleitung, bei der auch die schon bekannten „Erweiterungskandidaten“ Dir. Natmessnig, Bürgermeister Huber und der frühere Bundesbahndirektor von Villach, Dr. Zechmann, teilgenommen haben, wieder klar ausgesprochen habe, dass das freiheitliche Stimmenkapital relativ nur ein kleines „Anwesen“ mit einer Ackernahrung ist und wenn sich zwei darin teilen, beide kümmern. Ich trat für vernünftige Verhandlungen bis zur letzten Chance ein. Zwei radikale Redner, die von einer Hochstimmung in Kärnten sprachen, die man nicht ungenutzt lassen dürfe, veranlassten mich zu einer nüchternen, aber unwidersprochen gebliebenen Reduzierung solcher Feststellungen. Ich hatte aus den Ausführungen der neuen Partner mit grosser Befriedigung sodann entnehmen können, dass diese sehr vernünftig und ruhig denken und sich der Notwendigkeit einer allumfassenden 3. Kraft auf einer gesamtösterr. Ebene voll bewusst sind. Mit R. habe ich ebenfalls sehr aufrichtig gesprochen. Die letzte Verhandlungsphase in OÖ, über die mich LO Grünbart unterrichtete, war taktisch zweifellos ein Fehler, wenn ich auch menschlich verstehen kann, dass einem bei den Reden eines Leitl und eines Mold der Hut hochgehen kann. Von Rabl ganz zu schweigen. Auch auf die psychologisch unvertretbare Tour, dass der VdU abgehaust hätte, wurde in der Voraussprache verwiesen und insb. von Huber unterstützt, der in der Versammlung sogar den Mandataren und Funktionären in den Gemeinden und Bezirken und im Lande Dank und Anerkennung aussprach. Das entspricht auch – glaube ich – der Gesamtauffassung, dass das Versagen, wenn man schon diesen Ausdruck überhaupt gebrauchen will, auf der Bundesebene gelegen war. Auch ich meldete mich in der Versammlung, um festzustellen, dass der VdU eine historische Aufgabe erfüllt hat und um unseren Mitarbeitern für ihre Arbeit und Einsatzbereitschaft zu danken. Ich sagte auch, dass für diese in der 3. Kraft keine Änderung,

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sondern nur eine Erweiterung des Aufgabengebietes und pol. Zieles eintritt. Selbstverständlich stellte auch ich mich hinter R. Nun zum eigentlichen Zweck meines Schreibens: Am 18. ds. wird R. in einer Delegiertenversammlung in Wien seine entscheidenden Beschlüsse fassen. Dies hat er gestern auf Grund einer Anfrage angekündigt. Ich halte eine Aussprache mit Ihnen vor diesem Termin für unbedingt erforderlich. Vielleicht ist jetzt die Zeit für Ihr Vermittlungskonzept reif. Eine solche Verhandlung wird aber zur Voraussetzung haben müssen, dass man die Ansichten der Vernünftigen und der Radikalen in der Bundesführung kennt. Deshalb meine Anregung, dass Sie sich in den nächsten Tagen darüber unterrichten und dass wir uns entweder am Mittwoch, den l6. ds. oder am Donnerstag den 17. ds. (Messewoche) in Wien treffen. Gustav Zeillinger an Robert Scheuch, 17. März 1955 (Vdu-Archiv Salzburg) […] Ich persönlich empfinde diese Werbung in unseren eigenen Partei- und Mandatarskreisen als äusserst unfair.175 Ich habe Minister Reinthaller erklärt, dass man den Salzburger VdU ganz oder gar nicht bekomme. Diese Werbung einzelner Leute wird nun als indirekte Antwort in meinem Parteikreis so ausgelegt, dass die „Freiheitspartei“ in Salzburg auf eine Gesamtüberführung des VdU verzichtet und sich darauf beschränke, die ihr genehmen Leute anzuschreiben. Und unter solchen Umständen sollen wir am Landesverbandstag eine Dreiviertelmehrheit für einen Auflösungsbeschluss bekommen! Mir wird verschiedentlich, auf Grund der Zeitungsmeldung und dieses Rundschreibens bereits vorgeworfen, ich hätte den VdU verraten und verkauft. Sie können sich vorstellen, dass ich so etwas nicht auf die Dauer unwidersprochen auf mir sitzen lassen kann. Andererseits sind wir Reinthaller sehr weit entgegengekommen. Obwohl er sich im ersten Gespräch bereit erklärt hatte, dass nur die beiden VdU-Vertreter im Gründungskomitee aufscheinen, erklärte er in der jetzigen Unterredung – scheinbar von Richter aufgestachelt –, dass eine solche Bedingung für Ihn untragbar wäre. Wir schlugen dann einen Kompromiss vor, den er auch akzeptierte. Wir machen bezüglich Weilhartner eine Ausnahme und sie müssen eben Groll ausbooten. Dieser Beschluss wurde nach langen Kämpfen mit der denkbar knappsten Mehrheit von nur einer Stimme in meinem Vorstand angenommen. Ich kämpfe also für Reinthaller im Vorstand, setzte mein Prestige aufs Spiel, und sein hiesiger Vertreter brüskiert mich und fällt mir dauernd in den Rücken. Ich sage Ihnen offen, verehrter Herr Doktor, wenn ich beabsichtige von 175 Zeillinger war auch verärgert, weil Reinthaller am Wochenende 5./6. März 1955 eine »Länderkonferenz« der im Entstehen begriffenen Freiheitspartei in Salzburg abgehalten hatte, ohne Zeillinger zu informieren oder zu kontaktieren.

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der Politik abzutreten, so mache ich dies aus freien und eigenen Stücken, aber ich lasse mich nicht durch so merkwürdige Methoden um mein Ansehen bringen. Während ich Sie bitte, den bisherigen Teil des Briefes als vertrauliche und private Information zu betrachten, so ersuche ich Sie geradezu, den folgenden Teil Ing. Reinthaller mitzuteilen: Ich stehe zur Person Ing. Reinthallers und seiner Idee, bin auch bereit, alle jene, die bereits zweifeln, wieder darauf auszurichten und den gesamten VdU bis zum letzten Mann einzubringen, wenn es zu einer mit unserer Ehre vereinbarenden Einigung kommt. Ich sehe aber unter diesen Umständen keine Möglichkeit, mit den derzeitigen Proponenten in Salzburg zusammenzuarbeiten. Entweder müssen hier die Leute gewechselt werden, oder es muss die in der Politik bewährte, vor allem anständige Methode angewendet werden. Schließlich, betrachten wir von unserer Seite die Herren der „FP“ als Freunde und Kameraden von morgen. Die Situation hier ist mehr als ernst: Ein ganzes Land, das bereit ist, mit heller Begeisterung eine Idee zu verfolgen, wird aufs Spiel gesetzt, nur weil der eine oder andere von einem unstillbaren Ehrgeiz besessen ist Ich hoffe aufrichtig, dass es Herrn Minister Reinthaller gelingt, hier endlich einmal energisch durchzugreifen und in seinen eigenen Reihen Ordnung zu schaffen. Ich würde es sehr begrüssen, wenn ich mich mit Herrn Ing. Reinthaller aussprechen könnte. Ich halte aber gar nichts davon, wenn immer wieder eine Aufsichtsperson dabei ist, die ängstlich darüber wacht, dass nichts geschieht, was ihrem persönlichen Vorteil abträglich ist. Ich habe Herrn Minister Reinthaller mehrmals um eine persönliche Aussprache gebeten. Es tut mir von Herzen leid, dass er sich bisher von seinem hiesigen Vertrauensmann nicht so weit freimachen konnte. Minister Reinthaller wird sich eben eines Tages entscheiden müssen, ob er die gesamte Organisation und Partei des Salzburger VdU oder einen kleinen Kreis von Leuten haben will. VdU-Bundesgeschäftsstelle (Neugebauer) an Gustav Zeillinger, 24. März 1955 Es fand am Donnerstag voriger Woche nochmals eine sehr lange Aussprache mit Ing. Reinthaller statt, zuerst unter vier Augen zwischen Stendebach und Reinthaller, bei der letzterer jedoch nicht viel zu sagen hatte und immer auf die Zuziehung der weiteren Gesprächspartner drängte. Es wurden dann Dr. Butschek, Dr. Strachwitz, Dr. Hueber (Aktion Graz) und LR Dr. Stephan zugezogen, wobei die Reinthaller-Gruppe immer wieder versuchte, den Oberst zu überzeugen, dass Reinthaller persönlich an die Spitze treten müsse. Der Herr Bundesobmann liess sich von seiner Meinung nicht abbringen und erklärte dezidiert, dass Ing. Reinthaller unmöglich an die Spitze gestellt werden könne und dass zweitens der VdU nicht in die „Freiheitspartei“ eintreten werde, es komme höchstens eine gemeinsame Neugründung dafür in Betracht. Nach etwa 5 bis 6 Stunden Dauer wurde die Besprechung abgebrochen. Reinthaller, der gesagt hatte, auch Stendebach könne nicht an die Spitze treten, erklärte, er hoffe bei der nächsten

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Besprechung, die für Montag, den 28. 3. 55 vorgesehen ist, in der Lage zu sein, eine Persönlichkeit für die Spitze vorschlagen zu können. Der Herr Bundesobmann erklärte ihm jedoch sogleich, dass etwa Mannlicher für diese Funktion nicht in Frage komme. […] Otto Gamper an Anton Reinthaller, 22. März 1955. Ich möchte Sie kurz über den Ablauf der Bezirkshauptversammlung Innsbruck Stadt und Land und des Bezirksverbandstages von Schwaz-Jenbach (für den Bezirk Schwaz) informieren. Bei der Bez.-Hauptversammlung in Innsbruck ging der von uns gemachte Wahlvorschlag mit GR Pichler als Obmann mit überwältigender Mehrheit durch. Wir haben mit Absicht NR Ebenbichler und LR Egger eingeladen und wurde von dieser Seite ein Gegenkandidat, GR Probst, der auch auf der Liste der Arbeitsgemeinschaft für die 3. Kraft aufgeschienen ist, als Bezirksobmann in Vorschlag gebracht, mit dem Ergebnis, dass auf den Genannten von 162 abgegebenen Stimmen nur 8 fielen (die Stimmen der Familien Ebenbichler, Egger und Probst). Nach dem ersten Abstimmungsergebnis verliessen NR Ebenbichler und LR Egger die Versammlung, sodass sie keine Gelegenheit mehr hatten, die Resolutionen, welche am Schluss der Tagung beschlossen wurden, sich anzuhören. Die erste Resolution beauftragt die Bezirksleitung und die Landesleitung, die bisherige politische Linie beizubehalten und die Bestrebungen Ihrer Person weiterhin zu fördern. Die zweite Resolution sprach NR Ebenbichler und LR Egger für ihr Verhalten die Mißbilligung aus. Die dritte Resolution sprach mir das Vertrauen aus und billigte alle bisher von mir unternommenen Schritte zur Bildung einer Dritten Kraft (Freiheitspartei). Das gleiche Ergebnis hatte der Bezirksverbandstag von Jenbach. Dadurch sind die 3 maßgebenden Bezirke von Tirol: Innsbruck Stadt und Land, Schwaz-Jenbach geschlossen. Am selben Tag fand noch eine Versammlung in Wörgl statt, auf welcher Dr. Denz sprach und von allen Ortsobmännern des Bezirkes Kufstein der Beschluss gefasst wurde, dass der Bezirksobmann Ing. Kulich sofort eine Bezirkshauptversammlung durchführe. Durch die Geschlossenheit der Ortsobmänner wird Ing. Kulich gezwungen sein, diesem Wunsche Rechnung zu tragen, sich entweder von den beiden (NR Ebenbichler, LR Egger) zu distanzieren oder er setzt sich der Gefahr aus, im Bezirk nicht wiedergewählt zu werden, da die Delegierten bereits geschlossen für unsere Richtung eingetreten sind. Die übrigen Bezirksgruppen von Tirol sind ohne Bedeutung, da sie fast keine Delegierten für den Landesverbandstag – mangels Mitgliederzahl – stellen können. Ich bin aber überzeugt, dass auch der Bezirk Lienz sich positiv aussprechen wird.

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Wir gehen absichtlich ganz statutenmäßig vor, da es unser Hauptbestreben ist, den Tiroler Landesverband geschlossen zu erhalten und ein Eingreifen der Bundesleitung, so wie es gegen meine Person geschehen ist, unmöglich zu machen. Zu Ihrer Information möchte ich Ihnen noch mitteilen, daß die Bundesleitung beim Bundesverbandsgericht die Anzeige gegen mich erweitert hat und mich in allen möglichen Punkten eines verbandsschädigenden Verhaltens beschuldigt. Die verfolgte Absicht ist klar. Man hofft mit Ausschaltung meiner Person doch noch den Landesverband Tirol in eine andere Richtung führen zu können; eine politische Kurzsichtigkeit, wenn man glaubt, durch meine Ausschaltung dem Landesverband noch eine andere Richtung geben zu können. Ich möchte bei dieser Gelegenheit sowohl im meinem Namen sowie im Namen von Dr. Denz Sie bitten, mit der Gegenseite keine Vereinbarung zu treffen, welche Zugeständnisse zur Einschaltung bestimmter Personen aus der gegenwärtigen Bundesleitung beabsichtigt, Personen, denen wir absolut nicht mehr das Vertrauen schenken können. Ich glaube, Ihnen keinen Namen nennen zu müssen. Ein solches Zugeständnis würde zum Beispiel den sofortigen Rücktritt des Dr. Denz zur Folge haben. Es herrscht diesbezüglich eine völlig geschlossene Auffassung im Tiroler Landesverband. Herr NR Ebenbichler hat bei der Rede, die er bei der Bezirkshauptversammlung gehalten hat, unter anderem darauf hingewiesen, dass die Absprache mit Ihnen ein für alle überraschendes Ergebnis zeitigen wird, was für ihn bestimmend sei, den anderen Weg zu gehen und nicht den unseren. Was an diesen Andeutungen Konkretes dahintersteht, kann ich mangels Informationen von Ihrer Seite nicht beurteilen. Ich entnehme nur aus Mitteilungen von Steiermark, dass Bestrebungen im Gange sind, die prominentesten Vorkämpfer für Ihre Partei zurückzustellen; taktisch vielleicht momentan richtig, auf die Dauer gesehen nach meiner Ansicht aber falsch. Ich wäre Ihnen sehr verbunden für eine noch so kurze Information. Fritz Kretz an Anton Reinthaller, 24. Februar 1955 Die Information über Stendebach gebe ich unter einem an Herrn v. Seutter-Lötzen weiter. Da ich in Linz nicht alles selbst machen konnte, übernahm Herr v. Wied das Gespräch mit Peter. Ich nehme an, daß Ihre Wünsche daher in jeder Hinsicht bereits erfüllt sind.176 Da ich jetzt für eine Woche in Tirol bin, gebe ich Ihre weiteren Wünsche wegen Zudrehens auch an Herrn v. Wied weiter. Ihr Wunsch liegt ganz auf der Linie unserer Beschlüsse. 176 Peter berichtete am 28. März  : »Bei v. Wied habe ich heute angerufen. Morgen wird mir die Summe ausgehändigt.« Die Satzungen der Freiheitspartei waren am 2. März eingereicht worden  ; am 19. März erfolgte der behördliche Nichtuntersagungsbescheid (Kothny-Berichte, 24. 3. 1955).

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Notiz Reinthallers  : Besprechung mit Stendebach am 31. März 1955 in Wien Anknüpfend an das Gespräch v. 16. III. in der Kanzlei Strachwitz177 Stb: „Sie haben Kandutsch gegenüber am Telephon bemerkt, dass Sie sich etwas zurecht gelegt haben.“ AR: „Ja! – Mister X178 – Wunschheim. Aber sehr fraglich.“ Stb: „Ist damit einverstanden u. meint, dass auch andere vorgeschlagen würden: BB179 u. DD[SG]-Direktor Bauer. Ersterer wäre Ia, der zweite zu wenig bekannt. Gegen[vorschlag] was mit Kopf?180 Wird von mir nicht abgelehnt. Es stehen also, da BB bestimmt nicht zu haben ist: Kopf u. Wunschheim zur Debatte. Stb: Einer von beiden „Primus inter pares“ mit Stb. u. A.R. A.R.: Kann akzeptiert werden. 2) Neue Partei fordert Stb., u. zwar analog FDP = „FDÖ“ oder „Sozialistische Demokraten Ös“ oder SDÖ. Wird von mir nur vermerkt. 3) Neue Satzungen mögen stark, soweit überhaupt möglich in Österreich, zentralistisch, insbes. was die Angestellten betrifft von der Zentrale aus zu bestellen und zu bezahlen. In Dingen, die das Ganze nicht gefährden, föderalistisch. A.R. einverstanden. 4) Den Vorstand stellt sich Stb nach Verzeichnung der notwendigen Referate folgend dar. AR Stb Gen.Sekr. ? ? Finanzen ? Kraus Organisation Ursin Kandutsch Presse u. Prop. Tongel Reimann Personales Butschek ? (mit Bu. einverstanden) Sozialpol. ? Soz.Vers. – Weinländer Arb. u. Gew. – Kindl Wirtschaftspol. ? Ind. u. Banken – Gredler Gewerbe – Ebenbichler Agrarpol. Scheuch Hartleb + Scheuch 177 Einem Brief Huebers vom 3. April 1955 zufolge hatten die Gespräche zwischen Stendebach und Reinthaller am 13. März in Graz einen »verheißungsvollen Anfang« genommen. 178 Gemeint war damit offensichtlich eine von beiden Seiten anerkannte Persönlichkeit, die als Galionsfigur dienen oder zusammen mit Stendebach und Reinthaller das Präsidium einer neuen Partei bilden könnte. Alfons v. Wunschheim war der Vertreter von Strachwitz’ »Aktion« in Oberösterreich, die dort aber kaum über Anhang verfügte. 179 BB = Burghard Breitner, der unabhängige Präsidentschaftskandidat des Jahres 1951. 180 Rudolf Kopf, VdU-Landesobmann von Vorarlberg 1949–54, galt in allen Krisen des VdU immer schon als ausgleichende Persönlichkeit.

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Kulturpol. Stuppack Kommunalpol. ? Frauen ? Jugend ? Parl. Ref. ? Verbände u. Vereine ? Rechtsabt. Lueber

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? ? Bandat, Willfort ? reifer Mann Kraus als Obm d Fraktion ? ?

5) Bundesleitung Präs. + Vorstand + Ländervertreter Stb L.O. + Nationalräte + Bd.Räte +Ld.Räte (ist bei anderen Parteien auch so) 6) Ld.führungen: Stb: OÖ so wie heute VdU Salzburg – ” – + ev. Richter Tirol Kulich dzt. Bez.O. Kufstein als L.O. + Ebenbichler + Canal + Denz Vorarlberg u. Kärnten Stb. ist sichtlich mit der htg. Führg. unzufrieden, ohne die Möglichkeit zu sehen sie zu änden. Er meint, die richtige wird sich von innen heraus entwickeln. Stmk: Stephan, Hueber, Benko, Kalb Meine Bemerkung in Stmk. sei doch alles in nie gesehener Einigkeit – Nebenbemerkung: „Nur ein Teil der Bezirke steht auf Seite der Exodisten“ NÖ: Kindl etc. (10.000 Zeitungen ???) Wien: Weinländer L.O. Bgld: wird nicht besprochen. Auf meine konkrete Frage, wer nach Meinung Stb. als Extremisten ausgeschlossen gehören mit Bezugnahme auf Reimanns Bemerkung am 16. III.: „alle Kärntner sind Extremisten“. Stb. „Das stimmt, alle K.er sind Extremisten, aber nicht alle Extremisten gehören ausgeschlossen. Auf alle Fälle aber die Steirer, gemeint sind Schweiger, Plachutta, u. einige B[ezirks]O[bmänn]er.“ 7) Nationalräte: Stb. ist verschnupft, dass er beim W[iener] Ld.Vbd.Tag befragt wurde, ob er Stb. auf Pfeifer als NR verzichtet hätte. „Indiskretion“ AR: Wenn 6 Leute, Diskretion schwer zu erwarten. Stb: Dr. Hue[ber] hat mir vorgeschlagen, ich soll 3 NR-Mandate anbieten Statt Stüber – Ursin, statt Herzele – Strachwitz, statt Pfeifer u. Zeillinger A.R. u. noch 1 Mann v. AR

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Stb. glaubt nicht an Einigkeit und Friede. Daher fordert er im Einvernehmen mit Dr. Hueber Diktatur der vorbestimmten Führung über die NR-Wahlen hinaus. Vorwahlen erst nach diesen, nicht früher. An den NR[ät]en außer den 3 genannten wird Stb. festhalten bzw. keine Verzichterklärung abgeben. Außerdem besteht er darauf, schon jetzt die Frage „Wer wird kandidieren?“ zu lösen, weil sonst in 1 Jahr Hader u. Streit neu auflebt. Schluß: AR bemerkt, daß er in den kommenden Wochen kaum oft zur Verfügung stehen kann. Als bevollmächtigten Partner wünscht Stb. Herrn Butschek. AR stellt Stellungnahme der FP in Aussicht. Stb. bittet Bescheid über die Entscheidung der FP in der Osterwoche, da er dann in St. Veit/Glan sein wird. Sukkus: Stb. ist innerlich überzeugt, bis zur Grenze seines Vermögens entgegenzukommen. Im Café Landtmann warteten Kandutsch, Kindl, Reimann u. aufgedonnerte Frauen auf die Entscheidung. Auf welche? Ich darf erinnern an die Besprechung v. 16. III. Stb. lehnt grosses (5- oder 7-gliedriges) Präsidium ab u. glaubt Hartleb als Mister X vorschlagen zu dürfen u. wenn nicht, so vielleicht Stephan oder Hueber. Stb. erklärt, dass alle NR Funktionäre der Pa[rtei] sein müssen Stb. erklärt, dass alle NR des WdU besser sind als die Abgeordneten der anderen Pa[rtei] en. Daher hätten sie wiederzukommen. Herbert Schweiger an Anton Reinthaller, 1. April 1955 In der Vorwoche hatten Dr. Marauschek und ich eine Unterredung mit Dr. Moser, dem Verbindungsmann zur Wirtschaftsgruppe. Bei dieser Unterredung wurde uns ein ausreichender Betrag in Aussicht gestellt, doch der Wunsch ausgesprochen, mit Dr. Stephan als Landesrat zu einer Einigung zu kommen. Dr. Marauschek und ich hatten auf Grund dieses Verlangens noch am gleichen Abend eine eingehende, in einer durchaus freundschaftlichen Atmosphäre sich abwickelnde Aussprache mit Dr. Stephan, die eine so weitgehende Annäherung der Standpunkte erbrachte, daß wir annahmen, daß eine Zusammenarbeit durchaus möglich erschien. Von unserer Seite wurde die Bereitschaft ausgesprochen, die Herren Dr. Stephan, Dr. Hueber und Dr. Benko sofort in das Proponentenkomitee aufzunehmen und diesen Herren, soweit es an uns liegt, auch jene Garantien in Bezug auf Ihre Mandate zu geben, auf die sie besonders Wert legen. Eine weitere Aussprache wurde in Aussicht gestellt, zumal Dr. Stephan sich noch mit den anderen Herren besprechen wollte. Dr. Moser wurde unsererseits gebeten, sich in diese

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Verhandlungen einzuschalten, damit auch die andere Gruppe über die Wünsche der Industrie informiert werde. Ich möchte noch hinzufügen, daß ich sowohl H. Dr. Moser wie auch Dr. Stephan meine Entschlossenheit bekanntgab, in das zweite Glied zu treten und die zukünftige Leitung der Freiheitspartei einem politisch nicht belasteten Herrn zu überlassen. Auf Grund der Mitteilung des Dr. Moser, daß heute, den 1. April eine Sitzung des Industriellenverbandes stattfindet und es wünschenswert wäre, wenn bereits ein Ergebnis der Verhandlungen vorläge, wurde im gegenseitigen Einvernehmen eine abschließende Absprache für den gestrigen Tag vereinbart. Als Verhandlungspartner wurden festgelegt: Dr. Ing. Gamillscheg, Dr. Marauschek und ich einerseits, Dr. Stephan, Dr. Hueber und Dr. Benko andererseits. Das Ergebnis dieser Aussprache war negativ, weil der Arbeitskreis der Freiheitspartei, der in einem anderen Lokal das Ergebnis der Verhandlungen abwartete, die Forderungen der drei Herren einstimmig ablehnte. Diese Forderungen lauteten: Der Arbeitskreis hat sich aufzulösen und in den neu zu bildenden Arbeitskreis sind unter Ausschaltung einer ganzen Reihe von Herren des derzeitigen Arbeitskreises Mitglieder des VdU, die von den Herren genannt werden, aufzunehmen. Sofortige Besetzung aller Führungspositionen auf der Landesleitungsebene und Garantie, daß diese Führungsgarnitur 2 Jahre im Amt bleibt. Besetzung des Landesobmannes durch Dr. Hueber. Selbstverständlich Garantie für die Mandate.181 Diese Forderung ging praktisch darauf hinaus, die gesamte führungsmäßige Konkursmasse des VdU in die Spitzenpositionen der Freiheits-Partei einzubauen. Herrn Dr. Gamillscheg beispielsweise mutete man zu, als dritter Landesobmannstellvertreter hinter Dr Stephan zu rangieren. […]182 Anton Reinthaller an Georg Grünbart, 7. April 1955 Von Heiß hörte ich heute, dass Dich mein Rundbrief – zu dessen Aussendung mich leider die unrichtige Berichterstattung der VdU-Funktionäre gezwungen hat – schwer getroffen hat. Ich will ruhig zugeben, dass meine Punktation für ein Zusammengehen bei den Ldtgswahlen, wenn auch sinngemäß unverändert, konzilianter hätte werden können. Um solche Fragen kann es m.E. heute nicht mehr gehen. Es geht darum – wollen wir im Landtag u. in der Ld.Regierung vertreten sein oder nicht? Ich glaube, wir

181 Hueber schilderte Reinthaller am 3. April das negative Ergebnis der Aussprache  : Laut Schweiger müsse alles organisch wachsen. Reinthaller antwortete am 14. April, er bedaure diese Entwicklung und habe Schweiger bei einem Treffen in Salzburg am 6. April »verpflichtet, der Rückkehr Ihres [= Huebers] Kreises die Wege zu ebnen« (erfolglos, wie sich herausstellte). 182 Hueber hatte schon am 1. März an Butschek (wie er Mitglied der ›Aktion‹) geschrieben, er wolle nicht ohne und gegen den VdU vorgehen.

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bejahen die Frage beide aus vollem Herzen. Wie machen wir’s also, dass unser gemeinsamer Wunsch sich erfüllt? – Die steirischen Wahlen dürften bewiesen haben, dass eine Kandidatur des VdU (WdU) zum Niedergang führt.183 Ich habe szt. erklärt, dass sich die FP aus diesen Wahlen184 heraushalten wird – wenn die WdU, ohne auf die Wünsche der Wähler Rücksicht zu nehmen, allein antritt. M.E. dürften bei diesem Wahlgg. für die WdU allein 3 Mandate herausschauen. Wie anders könnte es sein, wenn wir gemeinsam in die Arena treten. Überlege es Dir, lieber Freund, der Du mir nach wie vor bist, ob es sich lohnt, sich für eine Partei einzusetzen, die lfd. lt. Volksvotum Absage über Absage erfährt. Ich erachte Dich für einen Ld.Rat in OÖ wie geschaffen, konziliant u. arbeitsam. Ich werde niemals in Konkurrenz treten. Außerdem wissen wir uns gleicher Gesinnung. Aber ich lehne jene wie Rachbauer u. Rabl ab. Von Mold höre ich nur Gutes, also soll er direkt auf seinem Posten bleiben. Wir müssen den Mut haben, uns zusammenzufinden. Du, ich und die überwiegende Zahl der Bezirksobmänner, welche ihre Gemeinden hinter sich wissen, können die Sache schmeißen. Noch ist es Zeit. Es bedarf nur einer einzigen Aussprache, zu der ich Dich hiemit herzlich einlade. Willfried Gredler an Max Stendebach u. Anton Reinthaller, 7. April 1955 Sehr geehrter, lieber Herr Oberst, sehr geehrter, lieber Herr Ingenieur! Ich erlaube mir, zu den Ostergrüssen alle Gesetze der Diplomatie auf den Kopf zu stellen und Ihnen beiden einen gemeinsamen Brief zu schreiben. In früher Jugend schon kannte ich den Namen Reinthaller und war ein Anhänger dessen österreichischen und deutschen gemässigten, nationalen Konzeptes, das dann durch anderer Schuld Schiffbruch erlitt. In den letzten Jahren wieder sah ich in Ihnen, Herr Oberst, nicht nur einen politischen, sondern auch einen menschlichen Freund. Meine Frau steht mit tiefer Zuneigung und Sympathie Ihnen wie Ihrer Gattin gegenüber. Heute schon wird mein Name in Ihrer Wiener Umgebung, Herr Oberst, nur mit Ausdrücken schärfster Gehässigkeit genannt. Mein Abseitsstehen von der Freiheitspartei wird vielleicht dazu führen, dass auch in der Ihren, Herr Ingenieur, bald eine ähnliche Reaktion mir gegenüber – nämlich Spott, Hohn, Ablehnung und Missachtung – auftritt, wie ich sie mir in der Fraktion und im Wiener VdU oft genug in letzter Zeit anhören musste. Wenn ich vor diesen Osterferien mir erlaube, beiden Herren, auf die ein grosses Lager in Österreich mit Sympathie und vor allem mit viel Hoffnungen sieht, einen Brief mit herz183 Bei den Gemeinderatswahlen in der Steiermark – mit Ausnahme von Graz – am 3. April 1955 war der VdU allerdings schon kaum mehr angetreten. Er verlor von den 21 Bürgermeistern des Jahres 1949 alle bis auf zwei. 184 Die oberösterreichischen Landtagswahlen im Oktober.

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lichen Feiertagswünschen zu senden, dann nicht ohne meinem sogenannten „krankhaften Vermittlungstrieb“ Folge zu geben. Ich tue dies allerdings nicht durch Verfassung von Zeitungsartikeln, denn ich möchte beiden Seiten versichern, dass ich weder bei dem Artikel im „Bild-Telegraf“ gegen die Gemeinschaft Österreich, noch bei dem übrigens recht witzigen in der „Wochen-Presse“ Autorenstelle eingenommen habe. Meine positiven Vorschläge: 1.) Auch die letzte Besprechung nicht die letzte sein zu lassen. 2.) Sich wieder in grösserem Gremium mit einigen Neutralen zu treffen. 3.) Die Wahlergebnisse einerseits in Vorarlberg – geschlossen, gemässigt und reformwillig – und andererseits in der Steiermark – zerklüftet, teils radikal, teils antireformistisch – zu überlegen und die Schlüsse zu ziehen: Reform und gutes Konzept in einer Partei zu schaffen. 4.) Angesichts der meiner Ansicht nicht sehr glücklichen VdU-Vorschläge, in denen ich aber nicht, wie Ihre Umgebung, Herr Ingenieur, eine Provokation, sondern lediglich eine Verhandlungsgrundlage sehe, an deren Globalannahme wohl nicht gedacht wurde, komme ich zu folgenden Einzelvorschlägen. 5.) Kompromiss in der Frage des Namens; ich bin begreiflicherweise nicht der Auffassung der Autoren des Namens Freiheitspartei, dass für diesen Begriff auf die Barrikaden gestiegen werden muss. 6.) Kompromiss in der Frage der Führung – Reinthaller und Stendebach als Stellvertreter eines Art Präsidenten. Am besten dafür Breitner, den man bei einer vollen Einigung, wenn von höchster Ebene ersucht werden würde, vielleicht doch gewinnen kann. Kopf wird es nicht machen; ich habe ihn vor wenigen Tagen gesehen und glaube kaum, dass er geneigt sein wird, öfter nach Wien zu kommen. Bauer schien mir durchaus geeignet, ebenso natürlich Wunschheim, gegebenenfalls auch Polheim. 7.) Bei der Referatseinteilung können natürlich nicht nur die gegenwärtigen Nationalräte zum Zug kommen. Butschek und Ursin gehören unbedingt hinein. Eines dieser Referate könnte dadurch gewonnen werden, dass ich auf die Übernahme eines solchen verzichte. Da Dr. Timmel, der der stärkste Stein des Anstosses beim VdU war, nicht aufscheint, könnte auch die Gegenseite auf solche Exponenten verzichten bzw. etwas zurückrücken lassen. Die Frage der Klubleitung durch Kraus bliebe doch damit unberührt. 8.) Die Frage künftiger Mandatsverteilungen sollte man derzeit ausser Streit stellen. 9.) Die Frage der Führung der einzelnen Landesverbände lieber auf dem Kompromissweg klären. Der Vorschlag des VdU nimmt auf die Wünsche der Freiheitspartei zu wenig Rücksicht. Je mehr die Zeit fortschreitet, desto gehässiger wird die Stimmung in der immer mehr zusammenschmelzenden Anhängerschaft. Ich bitte also alles zu tun und zu erwägen, ob man nicht doch zusammenkommen kann. Ausserstande sehe ich mich allerdings, mich einem Streitteil anzuschliessen. In der Freiheitspartei vermisse ich beispielsweise

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angesichts der Optik der Steiermark das gemäßigte Element, obwohl ich einräume, dass dies nicht etwa Schuld der Führungsgruppe ist, sondern die zögernde Haltung ausgleichender Faktoren, sich herausstellen zu lassen. Beim VdU vermisse ich die Einsicht in die Realität. Ich weiss, dass ich stimmungsmässig zwischen beiden Stühlen sitze, wobei ich vor allem heute im Lager der Bundesleitung des VdU auf starke Ablehnung stosse, aber ich kann trotzdem keine andere Haltung einnehmen. Ich kann nicht, um mir ein Mandat zu sichern, gegen meine Überzeugung politisch wirken. Ich wünsche also nochmals beiden Herren alles Gute zum Osterfest und hoffe, dass der Geist der friedlichen Lämmer, der jetzt so zeitgemäss wäre, sich verbreitern möge und damit in den Tagen nach Ostern ein Kompromiss gefunden werden kann. Gredler-Notiz über Tirol/Vorarlberg, 12. April 1955 Über meine Besprechungen in Tirol und Vorarlberg (31. 3.–2. 4.) Ich hatte zuerst in Innsbruck eine Aussprache mit Dr. Dreiseitl, der die Meinung vertrat, Reinthallers Vorgehen wäre ein nutzloses Vorprellen und würde auch in seiner eigentlichen Heimat, dem Innviertel bzw. Oberösterreich überhaupt, noch auf Widerstände aus Reinthallers ureigensten Kreisen stossen. Es ist fraglich, ob man von einem Generalstab der Ehemaligen sprechen könne, aber wenn man so etwas annehme, so könne ein solcher Körper recht negativ wirken, wenn auch vielleicht die Wähler nicht positiv beeinflussen. EBENBICHLER gab er gar keine Chancen; GAMPER und DENZ hätten zwar die starke Mehrheit der Funktionäre des VdU hinter sich, aber das sei wenig genug. CANAL habe an Anhang verloren; die parteilosen Betriebsräte hätten sich von ihm distanziert. Dreiseitl war in seinen Äusserungen, wie nicht selten, etwas unklar und dunkel. GAMPER teilte mir in nachfolgender Besprechung mit, dass er das Heft in der Hand habe. Allerdings würde das Geld der Wirtschaft nicht er, sondern Landesrat EGGER – einer der wenigen Anhänger Ebenbichlers – bekommen. Es wäre gut, wenn ich gelegentlich mit Daniel Swarowsky und Kommerzialrat Alfred Swarowsky sprechen würde. Im April würde ein Landesverbandstag alles weitere beschliessen. Verschiedene private Bekannte in Innsbruck bestätigten im wesentlichen die Ansicht über die Stärkeverhältnisse Ebenbichler : Landesleitung, gaben aber auch einer Freiheitspartei nur geringe Wahlchancen. Eine Partei der Dritten Kraft würde derzeit in Tirol noch zwischen 10.000 bis 16.000 Stimmen nach Auffassung mehrerer Befragter erhalten. Ein Grundmandat sei selbst bei Zusammengehen beider Gruppen, das bereits ausgeschlossen erscheint, mehr als fraglich. Anschliessend unterbrach ich in Landeck und hatte eine Aussprache mit Canal (deren genauen Inhalt er später Ebenbichler – der darüber schwer verärgert ist – berichtete). Canal unterstrich, dass die Frage der Sammlung der Dritten Kraft nicht eine Angelegenheit der Person Reinthallers oder von dessen Umgebung allein sei. Am Samstag würde eine Bespre-

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chung stattfinden, zu der auch Stendebach käme. Er würde dort den Vorschlag machen, anstelle von Parteien lediglich eine Liste von Persönlichkeiten den Wählern vorzubringen. Ich bat Canal, sich zu versichern, dass mit seinem Namen nicht gespielt werde und dass er sich vergewissern solle, ob seine Vorschläge tatsächlich von denjenigen, die er zu unterstützen beabsichtigt, eingehalten werden würden. In Vorarlberg bezweckte ich mit meiner Anwesenheit, einerseits den Beschluss der Wirtschaft – der VdU-Landesleitung nichts für die Gemeinderatswahlen zu geben – rückgängig zu machen und andererseits in zwei Versammlungen zu sprechen.185 Die Versammlungen in Feldkirch und Bludenz wiesen einen Besuch von je rund 40 Personen auf, was in diesen Orten stärker ist als die Versammlungen der ÖVP; die SPÖ hatte keinerlei veranstaltet. In Bludenz sprachen 5 Gegenredner. Ich besuchte ferner eine Reihe von Funktionären, so Professor FRITZ, Schruns/Montafon, den Ortsvertrauensmann von Gargellen, diverse Funktionäre in den Städten, den Hohenemser Vertrauensmann HOLZHAMMER, Landesrat KOPF, Ldtg.Abg. GOHN, den Landesvorsitzenden SEEBACHER etc. Die Stimmung war eindeutig gegen die VdUBundesleitung und für die Neuformierung der Dritten Kraft. Ferner hatte ich eine Besprechung mit dem Sekretär der Industriellenvereinigung MANNER, dem Mitglied des Salzburger Komitees BÖHLER, dem Direktor der Vorarlberger Kraftwerke BERTHOLD, telefonisch mit Kommerzialrat RHOMBERG und schliess­lich in Bregenz mit dem Stellvertreter des abwesenden Min. a. D. Schmidt186, dem Spediteur WEISS. Das Ergebnis war, dass der Beschluss – dem VdU für die Gemeinderatswahlen nichts zu geben – rückgängig gemacht werden wird. Ich bat Herrn BÖHLER, einen Vorschuss bis zur Höhe von S 7.000,– einzuräumen und überbrachte selbst S 3.000,– dem Landesvorsitzenden SEEBACHER. Spediteur WEISS hatte bis zur Höhe von S 10.000,– zugesagt. Herbert Thausing an Reinthaller, 14. April 1955 Besten Dank für Ihr Schreiben vom 7. d. M. Es bedarf wohl keiner besonderen Betonung, dass ich Ihre Ansicht durchaus teile und den Einbau der gesamten bisherigen Führungsgarnitur des VdU in die Leitung der neuen Partei für unmöglich halte. Dr. HARMER hat – wie er mir sagt – die Absicht, Sie in nächster Zeit zu besuchen, um mit Ihnen zu besprechen, was weiter geschehen soll, denn es ist unserer Ansicht nach notwendig, dass endlich eine Entscheidung herbeigeführt wird.

185 Bei den Gemeinderatswahlen in Vorarlberg hatte der VdU seine sechs Bürgermeister behauptet  ; sein Stimmenanteil war nur relativ geringfügig von 19 auf 15 % zurückgegangen. 186 Guido Schmidt, Außenminister 1936–38, 1947 im Hochverratsprozess freigesprochen. 1956 Generaldirektor der Semperit-Werke, beteiligt am Ausbau der vorarlberger Seilbahnen.

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Anton Reinthaller an Fritz Ursin und Emil van Tongel, Mettmach, 17. April 1955 Ich bitte zu überlegen, ob nicht folgendes zu geschehen hätte: 1. „Neue Front“ auf der ganzen Linie abbestellen. 2. Die „Aktion“ für uns mobilisieren. Jetzt schon mit Vermittlg Gredlers Ablösebetrag vereinbaren. Baldmöglichst als „Name?“ Kampfblatt der FP – herausbringen und hiefür Werbeaktion starten. 3. Von Stüber bekam ich einen sehr netten Geburtstagsbrief. Er fragt diskret, ob ich dem Vorschlag der FSÖ, Herrn Peter187 in unseren Kreis einzubeziehen, nähertreten wolle. Ich habe Ursin gebeten, der Sache nachzugehen, habe aber bisher nichts gehört. Ich weiß nicht, wer Peter ist, ob er taugt – Leute sind uns ja vonnöten. Wenn er taugt, dann herein mit ihm, aber nicht als Vertreter der FSÖ, sondern als Mann. Wir können keine Sektoren [?] bilden. Stüber hab’ ich in diesem Sinn geantwortet. 4. Ich bitte mit Peter (OÖ) zu überlegen, ob nicht er in meiner Vertretung am 23. 4. nach Vorarlberg fahren soll. Ich selbst will aus mehrfachen Gründen nicht hin. A) Es ist eine VdU-Veranstaltung u. ich kann möglicherweise mit Kandutsch zusammenstoßen. B) den Vbd. im Namen der FP zu begrüßen – vorausgesetzt, dass alles klappt – ist ein Vertreter von mir berufener als ich. Wenn sich die Sache in OÖ anlässt, wäre mit dieser Nachricht den Vorarlbergern das Rückgrat zu stärken. 5. OÖ schon deshalb vorantreiben, zumindest zu einer definitiven Abmachung an der Spitze. 6. Plakate zum Freiheitstag zurückziehen. Wir machen uns angesichts der „Erfolge“ Raabs lächerlich. Mir wird allerdings schwer ums Herz, wenn ich an die Folgen dieser Erfolge denke. 7. Von Thau[sing] erhielt ich Brief dat. 14. 4. [siehe oben] Informationsblatt schnellstens herausbringen. Ohne Kanzlei u. Min[imum] an Personal geht’s nimmer weiter. Trachtet das Team auszubauen. Ernst Seebacher an Anton Reinthaller, 18. April 1955 Gestern befanden sich die Nationalräte Stendebach und Dr. Kraus in Vorarlberg und benützten diese Gelegenheit dazu, eine Aussprache mit einzelnen Mitgliedern der Landesleitung herbeizuführen. Zuerst fuhren sie mit Assmann bei den Landtagsabgeordneten Blum und Bösch vor und stellten dann telefonische Verbindung mit Dr. Kopf her, bei welchem sie rückfragten, ob sie gemeinsam bei ihm vorsprechen könnten. Dr. 187 Dabei handelt es sich um Karl. R. Peter, den Schriftleiter der ›Frein Stimmen‹, der Parteizeitung der FSO, nicht um Friedrich Peter.

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Kopf sagte dies zu, stellte jedoch die Bedingung, daß Assmann sein Haus nicht betreten dürfe.188 Die beiden Herren der Bundesleitung erklärten dann bei Dr. Kopf in Anwesenheit des L.Abg. Blum, daß die in Ihrem Schreiben vom 6. 4. d. J. an NR Stendebach enthaltenen Behauptungen zum Großteil auf Unwahrheiten beruhen, daß z.B. nie davon die Rede gewesen sei, daß 10 bisherigen Nationalräten Mandate garantiert werden müssen, daß die seitens Stendebach vorgeschlagene Zusammensetzung der neuen Führung mehrheitlich aus Ihnen nahestehenden Personen bestehe u.a. mehr. Sie wären auch dafür, daß die Angelegenheit hinsichtlich meiner Suspendierung aus der Welt geschafft würde, wenn dies ohne Prestigeverlust für die Bundesleitung geschehen könne. Sie machten in dieser Richtung den Vorschlag, man möchte auf mich in der Richtung einwirken, daß ich zurücktrete, worauf ich dann anläßlich des Bundesverbandstages neu gewählt werden könnte. Anschließend unterbreiteten die Herren die in Abschrift beiliegende Resolution, die gelegentlich des außerordentlichen Verbandstages zum Beschluß erhoben werden soll, wodurch nach ihrer Meinung die zwischen Bundesleitung und Vorarlberger Landesverband bestehenden Differenzen aus der Welt geschafft würden. Dr. Kopf und L.Abg. Blum erklärten, daß sie nicht bereit seien, gegen mich etwas zu unternehmen und Aussprachen oder Verhandlungen in meiner Abwesenheit zu führen, worauf die beiden Herren der Bundesleitung sich verabschiedeten. Abg. Bösch, der sich Assmann anschloß, um allenfalls herauszubringen, was für weitere Absichten mit dem Besuch aus Wien verbunden sind, konnte dann feststellen, daß in einem in der Nähe befindlichen Gasthaus 7 Mitglieder des Verbandes (zum Teil Mitglieder der Verbandsleitung) Assmann erwarteten. Zweck der folgenden Aussprache zwischen diesen war, die Bereitschaft dieser 7 Leute dazu zu gewinnen, den Landesverband durch sie neu ins Leben zu rufen, falls anläßlich des außerordentlichen Verbandstages die Auflösung beschlossen würde. Allerdings, einer davon, und zwar der wertvollste Mann, zeigte ihnen die kalte Schulter, so daß einschließlich Assmann 7 Mann verblieben, womit wohl auch das Reservoir, das für einen solchen Zweck zur Verfügung stehen dürfte, ausgeschöpft ist. Mit Ausnahme eines Mannes, um den es schade wäre, der aber selbst schon wiederholt in scharfem Gegensatz zu Assmann stand, handelt es sich ausschließlich um Leute, die innerhalb der Organisation nie in Erscheinung traten und auch zu keiner organisatorischen oder politischen Arbeit fähig sind. Auf jeden Fall ist es aber Assmann mit Unterstützung der Bundesleitung gelungen, einen Zwiespalt in den Verband zu bringen und mein Bestreben, die Einheit zu erhalten, zunichte zu machen. 188 Dieser Hinweis zur Korrektur meiner Annahme (in Höbelt, VdU 229), Kopf und Assmann hätten beide zu den VdU-Loyalisten gezählt, aber nichts zur Verschärfung der Situation unternommen.

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Ich wurde von Dr. Kopf telefonisch von den Vorgängen im Bregenz verständigt, fuhr sofort hinunter und wurde von Dr. Kopf und den Abg. Blum und Bösch über das Vorgefallene unterrichtet. Es ergibt sich nun die Frage, ob es nicht klug wäre, sich vorläufig damit zu begnügen, einen Beschluß in der Richtung herbeizuführen, die Satzungen so abzuändern, dass sich der Vorarlberger Verband von dem gesamten Verband unabhängig macht, um eine Zersplitterung innerhalb des Landes, die in der Öffentlichkeit doch unangenehm vermerkt würde, zu verhindern. Außerdem ist es notwendig die Widersprüche zwischen Ihrem Schreiben vom 6. d. M., sehr geehrter Herr Ingenieur, und dem Schreiben Stendebachs vom 9. d. M. aufzuklären, da es die Herren der Bundesleitung gut verstanden haben, die Leute durch die Behauptung, daß seitens der Bundesleitung solche Forderungen nie gestellt worden seien und daher auch sie keine Schuld am Abbruoh der Verhandlungen trage, kopfscheu zu machen.189 Ich bitte Sie daher, mir nochmals schriftlich den Vorgang bei den Verhandlungsn zu schildern und mir die Möglichkeit zu geben, dieses Schreiben an einzelne maßgebende Herren der Landesverbandsleitung weiterzugeben, auf deren Drängen hin ich den außerordentlichen Landesverbandstag um 14 Tage, das ist auf den 8. Mai 1955, verlegt habe. Beschluß der Landesleitung Oberösterreichs der Freiheitspartei, 20. April 1955 Die Landesleitung Oberösterreich der Freiheitspartei beschloss in ihrer Sitzung vom 20. April 1955 in Anwesenheit von Dipl.-Ing. Anton Reinthaller: In der gegenwärtigen Situation erscheint die Durchführung des organisatorischen Aufbaues der Freiheitspartei als vordringlichste Aufgabe für die nächste Zeit. Die Freiheitspartei als Sammlung der national-freiheitlichen Kräfte Österreichs bezweckt und erstrebt eine grundlegende Erneuerung des gesamten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens Österreichs. Zur Durchführung einer solchen umfassenden Reform ist die Erringung entscheidender politischer Positionen von ausschlaggebender Bedeutung. Durch die politische Entwicklung im Lager der sogenannten „Dritten Kraft“ besteht die grosse Gefahr einer völligen Ausschaltung der national-freiheitlichen Kräfte aus dem politischen Leben Österreichs. Eine solche Ausschaltung könnte dann erfolgen, wenn bei den nächsten Nationalratswahlen die Wahlwerber der „Dritten Kraft“ nicht das nötige Grundmandat erringen. Um daher überhaupt an der politischen Ent-

189 Dieser Briefwechsel war am 16. April in der ›Neuen Front‹ veröffentlicht worden. Van Tongel kommentierte am selben Tag  : »Die Bevölkerung hat den internen Zwist und Streit und vor allem die Veröffentlichungen darüber satt. Die Leute wollen nichts mehr davon hören, außerdem ist die Sachlage so kompliziert und verworren, daß kaum mehr die Akteure selbst folgen können, geschweige denn normale Zeitungsleser.«

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wicklung Österreichs ein Mitspracherecht zu erlangen, ist eine erfolgreiche Teilnahme an den nächsten Nationalratswahlen unerlässlich. Die ganze politische Arbeit der Freiheitspartei und der hinter ihr stehenden Kräfte und Gruppen muss daher ausschliesslich auf dieses Ziel ausgerichtet sein. Vorherige Teilentscheidungen, für welche keine genügende Vorbereitungszeit zur Verfügung steht, könnten unter Umständen das Bild der politischen Entwicklung verfälschen und bei ungünstigen Ergebnissen das Vertrauen breitester Kreise der Wählerschaft erschüttern. Die Landesleitung der Freiheitspartei hat daher beschlossen, den Ausbau ihrer Organisation so weit vorzutreiben, dass sie bei den nächsten Nationalaratswahlen als wahlwerbende Gruppe antreten kann. An vorherigen Wahlgängen wird die Freiheitspartei nicht teilnehmen.190 Graf Ernst Strachwitz an Anton Reinthaller, 29. April 1955 Die in diesen Tagen in Salzburg stattfindende Sitzung nehme ich zum Anlaß, um einige Fragen an Sie heranzutragen, welche dringendst einer Klärung bedürfen. Diese liegen teils auf dem politischen, teils auf dem organisatorischen und teils auf wirtschaftlichem Sektor. Die Auszeichnung Hartlebs mit dem höchsten österreichischen Nachkriegsorden und seine Annahme beweist die Absicht, sich dieser Personen weiter zu bedienen und entspricht auch der Haltung der Wirtschaft, welche sich nach Information Dr. Ursins negativ eingestellt haben soll. Es ist daher notwendig, sowohl den Koalitionsparteien, insbesondere aber der ÖVP und auch der Wirtschaft zu zeigen, daß die jetzige politische Gruppierung im Parlament a) keinesfalls mehr Aussicht auf Er­folg hat, weil b) sie nicht mehr geschlossen erscheint. Ich werde in dieser meiner Meinung bestärkt, da ich höre, daß auch der Präsident der Creditanstalt191 die Meinung geäußert hat, daß die 14 Abgeordneten derzeit eine Realität darstellen, während alles, was kommt, unsicher sei. Dazu sind meines Erachtens in erster Linie Handlungen von Ihrer Seite notwendig, welche den Beweis erbringen, daß 1.) der VdU keinen geschlossenen Rahmen mehr darstellt und 2.) die in Gründung befindliche Freiheitspartei effektiv den Willen in sich hat, die Sammlung dieser „Dritten Kraft“ energisch zu betreiben. Meines Erachtens ist dazu die Sprengung des organisatorischen Gefüges des VdU notwendig geworden, welche sich ja eigentlich auch zwangsläufig aus dem Verhalten der Schwarzacher Verbündeten ergeben müßte. […]

190 In einem Brief an van Tongel bekräftigte Reinthaller diese Absicht am 4. Mai noch einmal  : »Die Wahl im Oktober steht für den VdU unter einem schlechten Stern. Gott sei’s gedankt, daß wir uns nicht beteiligen müssen. Bachinger war bei mir in Mettmach, um mir zuzureden, doch noch mitzumachen. Ich lehnte höflich, aber entschieden ab. Bachinger will nicht kandidieren. Das wird eine fidele Sache.« 191 Vorstandsvorsitzender der CA war 1945–57 Josef Joham.

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Herbert Thausing an Anton Reinthaller, 4. Mai 1955 Wenn man Ihnen gesagt hat, Dr. HARMER und ich seien „ungehalten“ gewesen, so ist diese Formulierung etwas zu scharf. Wir haben lediglich bedauert, dass wir Sie in Linz nicht sprechen konnten.192 Wenn überhaupt von Unwillen die Rede sein konnte, dann müsste er sich wohl gegen jene richten, die Sie zur Abreise veranlassten. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, Wien, 7. Mai 1955 Hier erfahre ich an wichtigen Neuigkeiten folgende bemerkenswerte Nachricht, die ich Dir gleich durchgeben will: Generaldirektor Dr. Bauer, der u.a. vor allem von der ÖVP als Generalmanager der „Dritten Kraft“ vorgeschoben wird, beginnt sich immer mehr in Szene zu setzen. So hält er bereits mit allen möglichen Leuten Konferenzen ab und auch die Leute vom VdU wie der Oberst und Dr. Kraus sitzen andauernd mit ihm beisammen. Offenbar – so lautet meine Information – sind diese Leute bereit, mit Bauer gemeinsame Sache zu machen, vielleicht auch deshalb, weil die Quote des Oberst bereits im Mai gekürzt wurde und ihm eröffnet worden ist, dass in Hinkunft nichts mehr zu haben sei, wenn einmal in etwa sechs Wochen die jetzt auslaufenden Beträge erschöpft sind. Ich glaube, dass diese Entwicklung sehr sorgfältig beachtet werden muss. Herr Robert Harmer hat sich ungnädig über die Linzer Sache am 26. April geäussert, dass Du dort nicht warst und so weiter! Ich empfehle zur Vorbereitung Deiner kommenden Besprechungen ein Schreiben an diesen Herrn. Kretz habe doch nur für Oberösterreich zu reden, hiess es und so weiter. Du siehst, dass diese Herren pfleglich behandelt werden wollen und auch recht eitel sind; nun gut, diesen Gefallen muss man ihnen halt machen! Anton Reinthaller an Egon Denz, 7. Juni 1955 Tirol macht uns Sorgen. […] Tirol hat mich durch sein positives Votum in Schwarzach ausschlaggebend beeinflusst in meiner Entscheidung, noch einmal in die Politik einzusteigen. Nun macht es eine mir und vielen anderen unverständliche Verzögerungspolitik. Ich lege Dir einen Brief an Dr. Gamper bei mit der Bitte, ihn zu lesen und ihn 192 Am 23. April hatte Thausing noch an Reinthaller geschrieben  : »Es freut mich, daß Sie am 26. in Linz sind.« Er solle mit Kretz für den Abend des 26. einen Termin ausmachen  ; van Tongel schrieb tags darauf  : »Unterredung mit Robert, Dr. Thausing sowie Dir. Kretz, jedoch noch vor der für 16 h anberaumten Sitzung – gemeinsam mit Dr. Ursin und auf die Folgen hinweisen  !  ! Totsichere SPÖ-absolute Mehrheit bei Fortdauer des jetzigen Zustands. Unser Versuch und Konzept ist auch für die Wirtschaft die letzte Möglichkeit  ; wenn sie nicht will, dann muß sie es aber sofort sagen  !« Daraus lässt sich zumindest ein Missverständnis, was den Termin betrifft, ableiten.

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zu übergeben. Gampers abrupter Weggang von Klagenfurt,193 wo doch alles auf eine Deklaration Tirols wartete, machte mich unsicher. Gamper wird hart kritisiert. Es ist alles in starkem Fluss und drängt auf Entscheidung. Ob Tirol in der gegebenen Lage die Verantwortung für die Verzögerung der Sammlung des national-freiheitlichen Lagers übernehmen kann, ist eine Gewissensfrage. Ich gehe auf alle Fälle meinen Weg weiter und bin dessen sicher, dass er zum gesteckten Ziele führt.194 Egon Plachutta an Emil van Tongel, 10. Juni 1955 Die Aussprache mit Dr. Moser, geführt mit Dr. Gamillscheg und Schweiger, brachte einige neue Aspekte. Der von Dr. Moser stereotyp vorgetragenen Forderung nach Einigung mit dem VdU wurde bei dieser Besprechung einmal energisch und eindeutig entgegentreten und im derzeitigen Stadium der Entwicklung sinnlos und auch dem Anliegen der Industrie widersprechend bezeichnet. Die für diesen Standpunkt von Schweiger vorgebrachte Argumentation war so, daß sich auch Moser derselben nicht entziehen konnte und erklärte, daß dies eine für ihn völlig neue und interessante Entwicklung darstelle. Der Tenor dieser Aussprache war absolut auf Stärke und Überlegenheit der FP gegenüber dem VdU abgestimmt. Es wurde Dr. Moser klargemacht, daß ein mangelndes Verständnis der Geldgeber sich keinesfalls gegen die Männer richten wird, die bereit sind, den Leuten gegen Rot Rückendeckung zu verschaffen, sondern immer nur der Industrie selbst, zumal wir nichts zu verlieren hätten. Die Kompromißformel der Finanzierung beider Gruppen wurde von uns aus der Gesprächssituation heraus gemacht. Im übrigen bitte ich Sie, das Nähere aus dem Durchschlag des Schreibens an Moser als eine Art Gedächtnisprotokoll zu entnehmen. Ein positives Ergebnis, das nach Ansicht der Bundesleitung zu erwarten war, hat diese Aussprache nicht gebracht, und es muß sich erst erweisen, ob die Versicherungs Dr. Mosers, sich bei der am 21. ds. stattfindenden Sitzung der Geldgeber für die FP einzusetzen, mehr ist als eine konziliante Geste. Um unserem Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen, bittet Sie die Landesleitung, noch vor dem Sitzungstermin Dr. Moser persönlich anzuschreiben.195 193 In Klagenfurt war am 5. Juni der Kärntner VdU korporativ der Freiheitspartei beigetreten. Ein ähnlicher Beschluss seitens der anderen »Schwarzacher« Länder kam nicht zustande. Denz machte in einem Antwortschreiben vom 11. Juni »die leider unerfüllt gebliebene Hoffnung, dass Aussenstehende die Initiative ergreifen«, für das Ausbleiben einer vergleichbaren Tiroler Aktion verantwortlich. 194 Am 19. Juni erfolgte in Innsbruck die formelle Gründung eines Landesverbandes der Freiheitspartei unter dem pensionierten ÖBB-Generaldirektor HR Ing. Schöpfer. 195 Die Sache verlief dann so, dass Schweiger offenbar Moser ins Gesicht schleuderte, man laufe ihm nicht nach und würde sich unter diesen Umständen auch an einem roten Landeshauptmann nicht stören (Bericht Plachuttas, 6. 7. 1955). Reinthaller reagierte am 9. Juli  : »Was Herbert gemacht hat, war und ist saudumm.« Es sei an der Zeit, »allzu rustikale Formen abzulegen«  ; er hielt aber vorerst noch an

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[…]

c) Das Ringen um Oberösterreich Vereinbarung (Eferdinger Protokoll) Überzeugt von der Notwendigkeit einer Einigung und Sammlung der Staatsbürger, die eine Reform der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Österreich anstreben und das Zweiparteiensystem als Gefahr für unsere Demokratie ablehnen, haben sich die Unterzeichneten zusammengefunden. Mit Rücksicht auf die nunmehr nach dem Staatsvertrag erwachsenden Aufgaben ist mehr denn je positive Einflußnahme und echte demokratische Kontrolle notwendig. Voraussetzung hierfür ist die Erringung politischer Positionen in den Vertretungskörpern. Zur Durchführung der in Oktober 1955 stattfindenden Wahlen in Oberösterreich für Landtag und Gemeindevertretungen haben die Unterzeichneten daher folgende Vereinbarung getroffen: 1.) Der VdU-Landesverband Oberösterreich, die Freiheitspartei-Landesgruppe Ober­ österreich sowie eine Reihe parteiungebundener Einzelpersönlichkeiten bilden eine Wahlgemeinschaft. Die Wahlwerberlisten für die Landtags- und Gemeinderatswahlen führen folgende einheitliche Bezeichnung: „Freiheitliche Heimatliste – WdU“ 2.) Zur Durchführung aller damit zusammenhängenden Fragen und Aufgaben wird eine Leitung der „Freiheitlichen Heimatliste – WdU“ gebildet, die sich wie folgt zusammensetzt: Georg Grünbart, Dipl.-Ing. Karl Leitl, Dr. Walter Bauer, Karl Hüttner Dipl.-Ing. Anton Reinthaller, Friedrich Peter, Dr. Emil van Tongel Wilhelm Dunzendorfer, Fritz Feitzlmayr, Dr. Alfred Gasperschitz Otto Huschka, Walther Resinger. 3.) Der VdU-Landesverband Oberösterreich, die Freiheitspartei-Landesgruppe Oberösterreich und deren Landesleitungen bleiben unbeschadet dieser Vereinbarung in voller Funktion und unterstützen mit allen Kräften die Wahlarbeiten. Die im Punkt 2.) genannten Personen, soweit Mitglieder des VdU und der FP, sind von ihren Organisationen zur Durchführung dieser Vereinbarung ermächtigt. Die Funktion der Leitung der „Freiheitlichen Heimatliste – WdU“ endet nicht am Wahltag, sondern erstreckt sich auch auf die Aufgaben und Maßnahmen, die sich aus dieser Vereinbarung und dem Wahlergebnis ableiten. Schweiger fest. Van Tongel hingegen wetterte nach einem Abstecher in Graz über Schweigers »dummes Geschwätz, das auch Inhalt seiner Reden bei Sitzungen ist« bzw. darüber, »wenn jemand im allerschlechtesten NS-Stil so angibt« (Brief vom 19. 7. 1955).

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4.) Die Unterzeichneten verpflichten sich zur Durchführung folgender Zielsetzung: Der Zweck der Einigung ist mit der Durchführung der Wahlen in Oberösterreich nicht vollendet, sie muß daher in Hinkunft auch auf orgenisatorischem Gebiet angestrebt werden. Aufzeichnung Friedrich Peters Am 11./12. Juni besuchte Reinthaller mit Leitl den Großteil der Bezirksleiter südlich der Donau. Am späten Nachmittag des 11. Juni kamen sie in Anwesenheit von Peter und Pamer-Steininger zu Grünbart in Geinberg, der „im Beisein der genannten Herren der Bildung einer Wahlgemeinschaft im angezeigten Sinne“ zustimmte. Allerdings sei dazu die Zustimmung der erweiterten Landesleitung im Beisein Stendebachs am 18. Juni nötig. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, Linz, 15. Juni 1955 Wegen Leitner (Salzburg) haben wir bis zur Stunde noch keine Nachricht. Ich hoffe, sie bis zur Aufgabe dieses Briefes am späten Nachmittag noch nachtragen zu können. Herr Peter, mit dem wir eben beraten, hat gerade Ing. Fastner angerufen. Dieser erklärte uns zu unserem grossen Erstaunen, er werde an der Samstag-Sitzung der oö. Landesleitung des VdU nicht teilnehmen, da er das Vorgehen von Ing. Leitl moralisch nicht gutheissen könne. Versuche von Herrn Peter, den Ing. Fastner umzustimmen, schlugen fehl, worauf er diese Versuche über meine Veranlassung aufgab. Ich teile Dir dies nur mit und stelle zu Deiner Erwägung, ein Handschreiben an Ing. Ferd. Fastner, Linz, Lessinggasse 14/IV, zu richten, worin Du Dein Erstaunen über diese eigenartige Haltung zum Ausdruck bringst. Von Resinger erfuhr ich allerhand Einzelheiten aus den gestrigen Besprechungen in Wien: Darnach haben auch Dr. Kraus und Dr. Reimann entrüstet das Eferdinger Projekt verworfen und schärfstens abgelehnt, es käme nicht in Frage. Zur Sitzung erscheinen Stendebach, Kraus und Reimann. Die Bundesleitung des VdU hat für den Fall der Annahme des Eferdinger Protokolls den Rücktritt von Stendebach als Bundesobmann und den Gesamtrücktritt der Bundesleitung angedroht. Interessant ist, dass sich auch Wilhelm Mayr (Hörsching) als übler Feind des Projektes entpuppt hat, der in wüster Weise gegen den Plan Stellung genommen hat, den er von Feitzlmayr erfahren hatte. Feitzlmayr pflanzte den Mayr als seinen Hofnachbarn furchtbar mit dem Eferdinger Projekt, was Deinen „Freund“ Wilhelm Mayr veranlasste, in der gehässigsten Weise gegen den ganzen Plan in der Montagsitzung Stellung zu nehmen und überall dagegen zu agitieren. Bei dieser Lagebetrachtung stehen also die Chancen für den Ausgang der SamstagSitzung sehr schlecht, zumal auch Dr. Eder als Bezirksobmann in Wels demissioniert hat, da man mit einer solchen Bagage nicht zusammenarbeiten könnte, wie er sagte!

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Herr Peter lässt Dich bitten, unbedingt Braunau/Inn, Telefon 246 (Dr. Pamer-Steininger) anzurufen und ihn zu veranlassen, dass er auf jeden Fall bei der Samstag-Sitzung bei der Stange bleibt. Von Herrn Z. (Salzburg) ist hinsichtlich der für heute in Linz geplanten Zusammenkunft keine Nachricht eingegangen, sodass voraussichtlich die Besprechung heute nicht stattfindet; es entfällt daher auch mein morgiger Anruf in Mettmach. Nur für den Fall, dass Leitner morgen nach Mettmach kommen sollte und wir daher auch bei Dir erscheinen, würden wir noch telegraphieren. PS: Soeben Anruf aus Wien: Z. war gar nicht in Wien und weiß daher nichts von unserer Einladung nach Linz für heute abend. Geheim: Z. spielt schon wieder verkehrt und will sich für seine Gespräche mit Dir bei Bd.Ltg. absichern! Daher mein Rat: nur mit Leitner allein verhandeln und diesen zum VdU-Ld.Obmann machen, ansonsten mein Konzept vom 10. d. (Payerbach) unverändert abrollen lassen. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 16. Juni 1955 […] Es darf aber um keinen Preis bekannt werden, dass wir all diese Dinge wissen, weil sonst unsere Informationsquelle auffliegt und wir diese verlieren. Ich bitte Dich also dringendst, von dieser Kenntnis keinerlei Gebrauch zu machen, Niemandem und auch unseren Leuten gegenüber keinerlei Erwähnung darüber zu tun, natürlich auch Z. gegenüber nicht. Herr Z. versucht hier sein altes Doppelspiel und die übliche Absicherung nach allen Seiten. Ich glaube daher, dass man auf eine Besprechung mit ihm verzichten soll und auf die Linie Leitner umschalten soll. Landesrat Leitner ist verreist und kommt erst Freitag wieder nach Salzburg. Er konnte daher durch Peters Verbindungsmann bisher noch nicht von unserem Wunsch in Kenntnis gesetzt werden, daher entfiel auch die für heute geplante Zusammenkunft in Mettmach. Herr Leitner weiss also noch gar nichts von dem ihm bevorstehenden grossen Glück und man kann auch gar nicht abschätzen, wie er sich zu unserem Projekt stellt. Unter diesen Umständen ist die Besprechung morgen Freitag in Salzburg eigentlich recht unsicher und ich möchte daher nicht auf gut Glück spätabends nach Salzburg fahren, um dort nach 22 Uhr anzukommen und womöglich zu erfahren, dass überhaupt nichts los ist. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, 16. Juni 1955, 18 Uhr Herr von Wied wurde eben von Dr. Tongel und mir in die Lage eingewiesen. Er war außerordentlich beeindruckt von dem Stand der Dinge. Zudem war ihm an der Orientierung sehr gelegen, weil sich Schorsch – der heute in Wien die letzten Dienstanweisungen einholt – morgen bei ihm einfindet.

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Da kommenden Montag um 9 Uhr vormittag Wieds Berufsverband tagt, wurde ich für den gleichen Tag um 8 Uhr früh zur Berichterstattung über die Vorgänge in Tirol, Vorarlberg und Salzburg eingeladen. […] In der Montag-Generalversammlung, an welcher Kretz und Hornbostel teilnehmen, wird auch die Geldentscheidung fallen, wie uns Herr von Wied sagte, da mit Rücksicht auf die Ferienzeit die nächste Sitzung des Verbandes der wirtschaftlich Selbständigen erst im September stattfinden kann. Wir haben daher gleich mitgeteilt, daß Du der Präsident der Wahlgemeinschaft bist und auch die Finanzierung aussehließlich über Dich erfolgt. Von meinem Salzburger Gewährsmann habe ich heute die Mitteilung erhalten, daß er dem Mettmacher Gespräch deswegen ausgewichen ist, weil er vorher keine zustimmende Absprache mit Zeillinger tätigen konnte. Leitner steht auf dem Standpunkt, daß nur eine Lösungsform möglich sei, in deren Rahmen die Einheit des VdU-Landesverbandes erhalten bleibt. Ich bringe diesen Umstand zur Kenntnis, damit Leitner in gebührender Form niedergefahren werden kann, wenn es sich als notwendig erweisen sollte. Beschluß des VdU-Landesverbandes Oberösterreich vom 18. Juni 1955 Die Landesleitung steht mit dem Gesamtverband nach wie vor auf dem Standpunkt, daß gegen Schwarz und Rot möglichst alle freiheitlichen Kräfte in einer Partei zusammengefaßt werden. In Rücksicht auf die Bedeutung des oberösterreichischen Wahlkampfes ist die Landesleitung – ohne damit dem gesamtösterreichischen Zusammenschluß vorzugreifen – auch bereit, dem Abschluß einer Wahlgemeinschaft der dafür in Frage kommenden freiheitlichen Kräfte zuzustimmen und einen solchen nach Kräften zu fördern. Der Abschluß einer solchen Wahlgemeinschaft ist aber von der loyalen Haltung aller Partner anhängig. Diese loyale Haltung darf sich nicht auf Oberösterreich beschränken, sondern hat sich auf alle Bundesländer zu erstrecken. Für die FP ist diese Voraussetzung erst dann gegeben, wenn sie entsprechende Sicherheiten für ihre loyale Haltung im gesamten Bundesgebiet ergibt. Der Abschluß einer Wahlgemeinschaft mit den in Frage kommenden Gruppen und Persönlichkeiten wird in vollem Umfang begrüßt und das Landesverbandspräsidium gemeinsam mit zwei Beauftragten des Bundesobmannes zur Durchführung und zum Abschluß einer solchen Vereinbarung ermächtigt. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 22. Juni 1955 Bericht über Herrn v. Wied: Sehr freundlich, läßt Dich herzlich grüßen. Er wollte Dich im gleichen Sinne informieren, wie ich gestern Dir schon (via Hornbostel) berichtete. Er sagte mir alles und daß

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nunmehr die „finstere Zeit“ für die FP vorbei sei und die oberösterreichische Wirtschaft ihre Delegierten auf der heutigen Konferenz mit Robert Harmer in Wien angewiesen hat, im positiven Sinne für uns zu stimmen. So ist also alles in Ordnung. Wegen oö. Wahl waren die Herren geteilter Meinung: Einige vertraten strikt die Ansicht, DU müßtest unbedingt antreten. Vor allem die ÖVP-Nahestehenden waren dieser Meinung. v. Wied selbst war anderer Meinung, daß ein isoliertes Antreten der FP (womöglich noch gegen einen auch kandidierenden WdU) BEDAUERLICH SEI. Er denkt hier sehr klar u. richtig u. ist 100 %-ig [auf] unserer Linie (wobei ich Dich und mich meine, nicht aber Ursin!). Ich sprach mich ausgezeichnet mit ihm und Du bzw. die FP haben in ihm einen wahren Freund und Fürsprecher.196 Anton Reinthaller an Emil van Tongel, 23. Juni 1955 Lieber Emilio! Ich bin gestern mit sehr gemischten Gefühlen nach Hause gefahren. Es überwog die Depression. Wir kommen mit den bisherigen Methoden nicht weiter. Als „Bd. leitung“ kann man uns nicht ernst nehmen, da wir nicht „leiten“, sondern uns treiben lassen bzw. die vorhandene Energie fehlinvestieren u. nicht imstande sind, die so notwendigen zusätzlichen Kräfte anzuheuern. Es würde zu weit führen, wollte ich alle meine Bedenken aufzählen. Daher begnüge ich mich, die notwendigen Folgerungen zu registrieren, deren Verifizierung mir dringender, am dringendsten erscheint. 1. Zentrale Geschäftsführung mit Kanzlei – Wicha ist besser Kassier und Helfer – Ursin ist ungeeignet für einen Gen.Sekr., Resinger197 unmöglich – Überlege, ob nicht Dr. Mayerhofer hiefür eingespannt werden könnte. Ich glaube, er wäre zu gewinnen, hätte Tradition u. vor allem großen Anhang im Lager der Ehemaligen u. ist nicht dumm. 2. Werbung u. Presse, also Deine ureigene Domäne. Hauptschwerpunkt legen auf a) Gründung eines Wochenblattes, Deine vorgetragene Bilanz ermutigt mich zu sagen, dass die Übernahme der bisherigen „Aktion“ das weitaus Gescheiteste wäre. Der Einwand, dass die Vergangenheit des Blattes schaden könne, lässt mich kühl bis ans Herz hinan. Um dies fragt niemand, außer einigen Dutzend Berufsquerulanten. Strachwitz tut sich schwer u. wird es noch schwerer haben, wenn wir mit einem

196 Van Tongel wiederholte am 9. Juli, v. Wied »teilt unsere Ansicht über die Taktik in Oberösterreich, die von der des Gmundner Hobo. abweicht«. Als Fürsprecher bei der Industrie nannte er in diesem Zusammenhang auch v. Wunschheim und den Exil-Russen Iwan Yasikoff. 197 Bei Walter Resinger handelte es sich pikanterweise um den ehemaligen Landesparteisekretär der ÖVP, der mit seiner Partei gebrochen hatte und mit Leitl in Verbindung stand.

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neuen Organ kommen. Daher glaube ich daran, dass mit ihm zu sprechen ist. Es würde uns das Blatt jedenfalls nur einen Bruchteil der von Dir genannten Summe kosten; außerdem, wir hätten es auf der Stelle, wobei der dzt. Redakteur als Hilfsred. übernommen werden könnte. Die finanzielle Belastung fürchte ich nicht, sie ist zweifellos durch geschicktes Verhandeln, und das traue ich Dir zu (Ratenzahlung), zu mildern. b) Informationsblatt an die Funktionäre bis zum Ortsobmann ist längst fällig. c) Werbe-Planung. Rednerkataster I., II. Klasse. Im Land Salzburg z.B., wo durch die Timmel-Leute alles verkorkst wurde, muß nicht nur eine motorische Kraft in die Ld.Führung – sondern – durch einen Überraschungsüberfall von 10/15 Rednern in versch. Städten des Landes Herrn Z. sein Sicherheitsgefühl genommen werden. Das Ganze müsste diskretestens vorbereitet werden, wie ein Blitz aus heiterem Himmel einschlagen. Ich fresse einen Besen, wenn Salzburg durch einen derartigen Überfall nicht gewonnen wird u. Z. zu Kreuz kriecht. 3. Ursin ist zwar Org.leiter, aber ich merke von seiner Arbeit auf seinem Arb.gebiete so viel wie nichts. Ich habe ihn darauf verwiesen, daß es notwendig ist, erstmalig Meldungen über den Stand einzufordern u. die Werbeabteilung über etwa aus monatl. abzuverlangenden Meldungen unschwer zu ermittelnde Entwicklung anzuregen [?]. 4. Analyse der Länder: Vorarlberg wurde von uns Herrn Th. gegenüber optimistischer geschildert, als es tats. ist. Wir sind dort unten durch, wenn es nicht gelingt, raschestens die Organisation aufzustellen u. durch ein Wochenblatt werbend zu wirken. Tirol. Neben Schöpfer müssen Aktivisten treten. Dr. Beinstingl [?] u. Leitner scheinen auch die Richtigen zu sein. Mit Linal, Mahnert und Dreiseitl darf nicht gerechnet werden. Zauderer! – Bereite einen Brief an Denz vor, um ihn zu veranlassen, dieses Konzept sich zu eigen zu machen u. es durchzudrücken. Gamper ist dermalen ein Bremsklotz u. wir müssen ihn erst zur Besinnung kommen lassen. Salzburg. Siehe vorne. OÖ. Peter darauf verweisen, dass er nun endlich die Durchorganisierung des Landes in Angriff zu nehmen hat. Was bisher auf diesem Gebiete geschah, ist 0, Josef. Er soll sich von seinen Kaffeehausbrüdern trennen u. mit motorisierten Kameraden arbeiten. Bezirk um Bezirk bis der letzte Ortsvertr[auens]mann steht. Alles Pallavern mit VdUFunktionären ist Tinnef. Leitl u. Reimann Arm in Arm bei der Eferdinger Sonnwendfeier ist nach dem, was man uns andrehte, glatter Verrat. Ich will von Verhandlungen nichts mehr wissen. Eferding war mein letztes Entgegenkommen. Parole (für uns Mädchen): „Wir treten als FP nicht an, lassen den VdU allein u. geben durch unsere Vertr. männer die Parole aus: ‚Wahlenthaltung od. weiße Stimmzettel‘.“ – Die Wochenzeitung, hoffentlich bis dahin vorhanden, hat genug Möglichkeiten, das Interesse an der Ld.tagswahl zu erniedrigen.

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NÖ. Nominierung einer prov. Ld.ltg. – Einforderung des Verzeichnisses aller Bauernführer von Butschek u. der DAF-Leiter von Anderle. Anschreiben an diese durch Ld.ltg. Und wenn sich nur 10 % zur Mitarbeit bereit erklären, ist dies für den Anfang genug. Wien. Ich muß weinen! Mit Waldhäusls, Neuschls198 macht man nicht Politik. Dieser Club im Café Lerchenhof ist nichts wert. Trachtet einen dynamischen Arbeiter u. Beamten (Angestellten) zu gewinnen. Laßt die Kaffeehauspolitiker links liegen. Sie sind’s nicht wert, dass man für sie auch nur eine Stunde verscheißt. Diese Broesigke, Miltschinsky und wie sie alle heißen – lauter Dekompositionsmeier. Dr. Timmel muß durch Ehrenangelegenheit Ursin am Boden zerstört werden. Setz Dich dahinter. Ist wichtig!!! – Kerle wie der sind gefährlich u. müssen im höheren Interesse pol. tot gemacht werden. Burgenland: Vielleicht lässt sich doch ein Capo finden. Von den ehem. Bauernführern ist am Ende einer, der es wagt. Fragt Butschek. Steiermark. Ich freue mich über Herberts Aktivität u. bitte ihn trotz aller Bedenken nach Kräften zu unterstützen. Auf Grund der neuen Lage habe ich keine Bedenken, die erbetenen 3.000 S zu kreditieren. Ich ermächtige Dich, dies zu veranlassen, u. zwar umgehend. Die „Weststeirische Rundschau“ schreibt u.a,: „Die dritte Kraft nimmt Formen an, … Überaus reger Besuch der Versammlungen der FP etc.“ – Die Steirer arbeiten u. wir müssen sie unterstützen, wie wir nur können. Den Herbert werden wir schon auf Linie bringen. Da habe ich keine Bange. Unterstütze sie seitens der Werbe-Abt. nach Können! Die von Dir erbetenen Versammlungen hole im Herbst nach u. gib dies womöglich jetzt schon kund. Kärnten. In Ordnung bis auf den Umstand, dass sich die Bd.leitung nicht od. zuwenig bemerkbar macht u. daher dem Partikularismus Nahrung gibt. Das Kurzprogramm soll nun endlich endredigiert werden. Ich bitte um Aufnahme des Punktes über die pol. freien Räume (außerordentl. wichtig) – u. Vorlage des Ganzen an mich. Und damit bin ich am Ende. Lies meinen Brief nicht oberflächlich. Besprecht alles gemeinsam u. HANDELT! PS: Deinen Brief hab ich soeben erhalten. Verhandlungen in OÖ sind überflüssig geworden. Wir geben keine Erklärung ab, sondern schweigen u. lassen die WdU sich anrennen. […] Schluß mit den Verhandlungen! Auf zur Arbeit im Rahmen der FP!!!

198 Waldhäusl gehörte einer »Wahlgemeinschaft der Mitte« an, Neuschl der »Österreichischen Landsmannschaft« (Kothny-Berichte, 11. 8. 1955).

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Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 24. Juni 1955 Dein Telegramm am Mittwoch nachmittag nach L I N Z habe ich noch durchgegeben erhalten; ich habe es nicht ganz verstanden, denn die Presse-Aussendung, die wir gemeinsam am Dienstag spätabends in meiner Wiener Wohnung fabrizierten, wäre Ja ohnehin erst nach Rücksprache mit Dir von mir ausgegeben worden! Selbstverständlich tue ich doch in solch schwierigen Lagen nichts ohne Fühlungnahme mit DIR und auch der Text von Dienstag abends war ja nur eine Gemeinschaftsarbeit, da wir alle beisammen waren. Anbei ein Bericht von Dr. Richter/Salzburg, der sehr aufschlussreich ist und insbesondere wegen der „parteilosen“ Gemeinderäte, die sich sogar zur FP „bekennen“, auf die Salzburger Knaben richtige Rückschlüsse zulässt. Den Bericht bitte nach Kenntnis an mich zurück! Herr NR Z. hausiert hier in W i e n überall mit dem Konzept, das ihm Richter in unserem Auftrag vergangenen Samstag gab und glossiert es!! Den Burschen merken wir uns aber vor!!! Auch Leitner ist jetzt frech und soll nur in unsere Gasse kommen. Bitte schreibe an Ing. Gustav H a a g e n , Salzburg, Morzgerstrasse einen netten Brief, damit Deine Unterredung in der Freitag-Nacht in Salzburg mit ihm in eine aktive Mitarbeit mündet. Bitte Brief an Ing. C a n a l. Imst nicht vergessen. Unterredung mit Harmer soll heute nachmittags steigen, Bericht folgt sofort. Bitte um Deine nächstwöchigen Adressen. […] Die oö. Landesleitung hat unter dem Eindruck der Beschlüsse des VdU vom Samstag in Sachen Freiheitliche Heimatliste höchste Aktivität beschlossen und sofortige Inangriffnahme der organisatorischen Massnahmen. Erster Akt: eine Massenversammlung in L i n z am Mittwoch, den 13. Juli um 20 Uhr im Märzenkeller mit Dir und P e t e r als Rednern. Bitte um Vormerkung und Zusage. Plakate mit dem Text: FP – Wir treten an! Ich bin am Dienstag, den 28. Juni wieder in L i n z , beende aber meine glorreiche Tätigkeit dortselbst am 30. Juni abends. Wegen Büro kann ich erst entscheidende Schritte unternehmen, wenn ich die Finanzzusage selbst erhalten habe, was hoffentlich noch heute der Fall sein wird. In Wien wird über die Kandidatenliste des VdU für die nächste Nationalratswahl verhandelt. Laut Kraus auf der folgenden Grundlage : 1. Stelle : Dr. Herbert A. K r a u s 2. Stelle : wenn er sich brav verhält und mit uns bricht: Dr. Gredler 3. Stelle : fest und verbindlich zugesagt: Dr. S t ü b e r 4. Stelle : Univ.-Professor Dr. P f e i f e r Gredler berichtete mir schon zum dritten Mal über eine weitgehende Annäherung von Abg. Ebenbichler, der sich als von „einer Clique missbraucht“ bezeichnet, jetzt aber keinen Finger mehr für die Kraus-Leute rühren wolle.

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Gredler empfiehlt Schonung, zumal Ebenbichler alle möglichen Zusagen für Tirol an uns macht, und auch auf Canal zu unseren Gunsten Einfluß nehmen wolle. Ich berichte pflichtgemäss und unterdrücke meine Gefühle. Gredler lässt Dich ganz dringend bitten, hier Milde walten zu lassen, da höhere Interessen auf dem Spiele ständen und bittet Dich, an Denz eine [ein Wort unleserlich] zu geben, in den nächsten Tagen nichts gegen Ebenbichler zu unternehmen, da man von ihm jetzt alles haben könne. Entscheide, wie Du es für gut findest, ich rate da nicht, weil ich die Tiroler Dinge ja gar nicht kenne. Auf jeden Fall muss aber D e n z – ohne Nennung von Gredler – zur Weiterleitung an Hofrat Schöpfer über diese Entwicklung informiert werden Entwicklung im Klub: Hier bahnt sich laut Gredler das an, worauf wir schon so lange warten: Fünf Männer sind unter Umständen zum Handeln bereit und fünf braucht man ja wegen NR-Geschäftsordnung! Diese sind: Gredler, Herzele, Scheuch, Prof. Pfeifer und Ebenbichler.199 Herzele ist vollkommen verbittert und in seiner Wut absolut und zu allem bereit, hat auch bereits die Übernahme jeglicher Funktion in Kärnten in einem gegen uns gerichteten Gegenlandesverband-VdU a b g e l e h n t , so dass der VdU in Kärnten mit seinem Gegenverband völlig am Trockenen sitzt. Mit Ebenbichler verliert er auch Tirol gänzlich und aus diesem Grunde und wegen der Fünfmänner-Kombination im Klub plädiert Gredler für Milde und Gnade an dem sonst üblen Polizei-Ebenbichler.200 Eine schwere Lage, aber wir müssen im Kampf mit diesen Brüdern doch vielleicht auch die Mittel den Zweck heiligen lassen! Bitte um Deine Meinung und Entscheidung auch an mich. Leitl nahm an der gestrigen Bundesleitungs-Sitzung des VdU in W i e n teil; sie verlief nach seinem Bericht völlig n e g a t i v und ganz gegen uns, so dass er selbst die Eferdinger Sache als gescheitert und nicht mehr realisierbar bezeichnete, obwohl er Mittwoch abends in L i n z noch so optimistisch war. – Ich bekomme noch genauen Bericht und trage diesen nach. Dein Freund Wilhelm Mayr-Hörsching sagte über Dich in der Bundesleitungs-Sitzung des VdU vom 8. Juni, als Eferding geplatzt war, wörtlich: „Reinthaller hat in den letzten Wochen N a m e n und G e s i c h t verloren!“ Das ist in Eile der Stand der Dinge von heute früh morgens, ich warte weitere Berichte ab, und schliesse dann nachmittags den Brief ab. […] Soeben erhalte ich den Bundesleitungsbericht betr. OÖ:

199 Reinthaler schrieb in diesem Sinne am 28. Juni an Denz  : »Wir trachten aus vielerlei Gründen, einen eigenen Parlaments-Club aus dem VdU-Club unter Kraus herauszubrechen  ; dieser müßte aus fünf Gliedern bestehen, um überhaupt handlungsfähig zu sein.« Zu einer Mandatsgarantie für Ebenbichler fand sich Reinthaller allerdings nicht bereit. 200 Die Bemerkung bezieht sich vermutlich auf ein gegen Ebenbichler laufendes Auslieferungsverfahren  ; vgl. StPNR 3440 (14. 7. 1955).

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An P e t e r /Linz wird ein Bundesleitungsbrief geschrieben, dass Verhandlungen mit der FP wegen eines Wahlabkommens nur unter folgenden vier Bedingungen möglich seien : 1) Burgfrieden bzw. Stillhalteabkommen 2) Vereinbarung nur auf Bundesebene möglich 3) Doppelmitgliedschaft nicht zulässig 4) gegenseitiges Abwerben unzulässig 5) Kartei und Akten des bisherigen VdU-Landesverbands Kärnten müssen an die VdUBundesleitung übergeben werden. Rabl hat sich – laut Bericht – hierbei loyal gegenüber der FP verhalten, nicht aber Grünbart. Ing. L e i t l wird nun eine Presse-Erklärung ausgeben, die enthält: a) seinen Rücktritt als 2. Obmann in Oberösterreich b) seinen Rücktritt als Mitglied der VdU-Bundesleitung c) seinen Rücktritt als Vizebürgermeister v. Eferding. d) den Vorbehalt weiterer Schritte. den Punkt d) verlangte ich, da er nicht gleich seinen Austritt aus dem VdU erklären wollte. Ich kämpfte den ganzen Tag erbittert und verlangte Tauroggen; vielleicht ist es aber auch wirklich besser, wenn mehrere Leute zusammen eine Erklärung über ihren Austritt aus dem VdU gemeinsam öffentlich abgeben. Ich denke da unter anderem an folgende Herren: Ing. Leitl Obm.-Stellv. Hüttner Obm.-Stellv. Dr. Bauer Dr. Eder – Wels Dr. Pamer-Steininger der Bez.-Leiter von Kirchdorf M a y e r – Roitham Sen.-Präsid. Seifert die Leute vom Attersee die Leute vom Bezirk Gmunden, Ortsgruppen. Bitte sende sofort eine Liste an Peter, welche Leute Deiner Meinung nach diesbezüglich angegangen werden sollen! R e s i n g e r hat sich vorbildlich korrekt und loyal verhalten, und schon lange vor Leitl, der lange schwankte, erklärt, seinerseits trotz der Anstellungsverpflichtung gegenüber Leitl keinen Finger mehr für den VdU zu rühren. Austreten kann er ja nicht, weil er diesem Verein nicht angehört. Ich muss der Wahrheit die Ehre geben und diese einwandfreie Haltung Resingers festhalten!

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L e i t l will seine Erklärung in die Samstag-Zeitungen einrücken. Ich habe mich dafür verpflichtet, unsererseits über den Fall Leitl vorher nichts in die Zeitungen zu geben. Jetzt müssen wir aber für Dienstag oder Mittwoch (28. oder 29. VI.) eine Presse-Stellungnahme zu den oö. Wahlen abgeben. Ich glaube, dass zunächst der von uns Dienstag abends in meiner Wohnung verfasste Text nicht geeignet erscheint. Donnerstag abends fand in der Wohnung Kraus (I., Wallnerstrasse) die als zwanglos bezeichnete Veranstaltung statt, zu der Neuschl und Dr. Waldhäusl zu gehen sich nicht abhalten liessen. Rechtsanwalt Dr. Hummer, der auch eingeladen war, hat über unsere Intervention sofort abgesagt, ebenso Prof. Zippe, der ja Mitglied der Landesleitung Wien der FP ist. Um die Veranstaltung zu kontrollieren und insbesondere zu beobachten, was Neuschl und Dr. Waldhäusl tun, habe ich mit Gredler nach längerer Beratung vereinbart, dass Gredler, der bereits abgesagt hatte, doch hingeht! Ich beabsichtige, in die nächste Nummer der „Aktion“ eine Pressenotitz zu lancieren: „Dr. Stüber kehrt in den VdU zurück und erhält Mandatsgarantie nach Dr. Kraus an zweiter Stelle in Wien.“ Soeben kommt Dein Brief, unerfreulich in jeder Hinsicht: mit solchen Anordnungen kommen wir nicht weiter, es ist alles graue Theorie, denn von Attersee oder Mettmach kannst Du die Dinge in dieser Weise nicht fernlenken! Das muss ich in aller Offenheit und Freundschaft sagen!! Alle von Dir bisher genannten oder benannten „Mitarbeiter“ – auch das muss ich nüchtern feststellen – waren völlige Versager bzw. sie kamen nicht einmal dazu, als Versager erkannt zu werden, da sie auf die erste Bitte um Mitarbeit bereits ablehnten. Wie erst werden dann die Leute sein, die diese Helden uns in Form der von DIR anbefohlenen Listen nennen sollen. Mit solchem Zeitverlust mich abzugeben, habe ich keinerlei Lust, ist ausserdem nicht mein Ressort. Du hast bisher außer Butschek und Timmel auch keine brauchbaren Mitarbeiter beistellen können. Ohne Wicha, Ursin und mich hast DU überhaupt niemanden für die Bundesebene: alle drei mussten DIR aber erst gegen Deinen Widerstand gegen jeden der drei genannten mühevoll abgerungen werden, so ist doch real gesehen die Lage von uns!!!! Ich muss nach Deinem Brief, über den ich mich sehr geärgert habe, das in voller Klarheit und brutaler Offenheit, zu der ich mich Dir gegenüber verpflichtet fühle, aussprechen, selbst auf die Gefahr, dass du in alter Führer-Einstellung solche unangenehmen Wahrheiten krumm nimmst, aber ich möchte aus den Erfahrungen des Dritten Reiches für mich ableiten, dass ich meinem CHEF stets und auf die Gefahr, dort in Ungnade zu fallen, die Wahrheit sage, denn sonst geht es uns ebenso wie den Herren Reichsleitern und Gauleitern, die Ihrem Meister nur das sagten, was er hören wollte, und nicht die Tatsachen. DU musst mich daher schon so nehmen, wie ich bin. Auch kannst DU von mir nicht mehr verlangen als ich bisher schon tat. Es war mehr als ich meinem Beruf, meiner Frau und nicht zuletzt meiner Kassa – gar nicht zu reden

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von meiner Zeit und Nachtruhe – zugemutet habe. Wenn a n d e r e auch so viel tun werden, wird es mir eine aufrichtige Freude sein. Auch habe ich genügend neue Leute genannt und beigebracht, auch in Wien (Kheck, Zippe, Quinn), aber von diesen Dingen wird grosszügigst nicht geredet. Deine Adresse hast Du mir trotz Bitte nicht genannt, dieser Brief geht daher nach Attersee. Trotz unseres Beschlusses, S 5.000,– für die nächsten Monate für die Organisation in allen Ländern zu reservieren, hast Du auf ersten Anhieb allein den Steirern S 3.000,– zugesagt und uns anbefohlen, den Betrag zu kreditieren: Steiermark hat bisher allein als einziges Land mit solchen Summen einen Betrag in zwei Tranchen von zusammen S 5.000,– erhalten, also zusammen mit den heutigen 3.000,– insgesamt S 8.000,–, das Resultat steht in keinem Verhältnis mit den Ergebnissen in anderen Bundesländern, die keinen Groschen erhielten, d a s sollte man auch bei der Kritik berücksichtigen. Mit S 8.000,– hätte mancher andere mehr zuwege gebracht als Schweiger. Ob man die S 3.000,– auszahlen wird, wird der heutige Nachmittag bei Ha. ergeben. Ich erkläre aber heute schon, daß ich bei einer solchen Finanzwirtschaft keine Garantie für einen realen Erfolg sehe. Hier darf nicht mit Stimmungsmomenten und Gefühlen operiert werden. Unter diesen Umständen eine Zeitung „anzuordnen“ ist einfach, die Durchführung etwas schwerer. Viele liebe Grüße, meine Wut ist allerdings gross. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 25. Juni 1955 Bitte gebe an Peter eine Liste der VdU-Ortsgruppen, von denen Dir bekannt ist, dass sie abfallsbereit sind. Wer hat die Pressenotiz in die „SN“ vom 25. d. M. über die Kandidatur der FP in OÖ. gegeben?? Mir ist diese Verlautbarung ziemlich mysteriös; ich halte sie für voreilig. Abend bei Kraus am 23 d.M.: Anwesend ca. 25 Leute, hauptsächlich Bundesleitung VdU. – Von Freunden: Gredler, Dr. Waldhäusl, Neuschl, Präs. Dr. Mannlicher (!), Karl Peter (FSÖ), Pingitzer (Aktion?), Kreisleiter Reisinger (Landsmannschaft). Dann Dr. Canaval und Marcic („SN“), ferner Chefredakteur Gerd Bacher („Bildtelegraf“). Rausgekommen ist bei der Party in 3 Salons (goldener, grüner u. roter Salon) trotz 5-stündiger Dauer nichts, außer dem Beschluß auf Gründung eines „Freiheitlichen Klubs“ in Wien, nach dem Muster des ehem. Deutschen Klubs. Wir werden uns der Sache annehmen und verhindern, dass sie in fremde Hände gelangt! Besprechung bei Präs. Rob[ert] Ha[rmer] Dieser stark unter dem Eindruck der eben ausgebrochenen Krise in der Länderbank (Landertshammer).201 201 Robert Harmer war Aufsichtsratsvorsitzender (»Präsident«) der Länderbank, Franz Landertshammer

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Mir wurde der Beschluß neuerlich mitgeteilt: an Niemanden etwas, den uns leider schon Th. am Samstag, den 21. d. M. eröffnet hatte, doch soll es den Verbänden in den Ländern freigestellt werden, zu geben, was besonders für OÖ gelte!! Eine lange Debatte war über OÖ, nach dem VdU-Debakel im Oktober werde eine neue Lage sein! Dann könnte man uns … Meine Antworten bewegten sich im Rahmen meiner Ausführungen in Deiner Gegenwart bei Thau[sing] am 21. d. M. Nun muß m.E. sofort bei Hornbo[stel] (Gmunden) u. v.W[ied] (Linz) die sofortige Liquidierung der dortigen Zusagen erwirkt werden. Bei der G[emeinschaft] Ö[sterreich] muß wieder irgendein Stück gegen Dich inszeniert worden sein, ich erhielt nur Andeutungen. Nach seiner Genesung (nach der Operation) werde ich Dr. Kheck veranlassen, der Sache auf den Grund zu gehen. Bei dieser Finanzlage ist Zeitung natürlich ein Wunschtraum, ebenso Büro; S 3.000 für Steiermark müssen auch warten, bis Linzer Zusage realisiert ist, denn wenn wir als Führungsstab blank sind, dann ist alles pleite. M.E. ist eine Kandidatur in OÖ als „Freiheitliche Heimatliste“ ohne Mitwirkung und Übergang von etwa 2/3 der VdU-Organisation nicht möglich! Fritz Kretz an Anton Reinthaller, 25. Juni 1955 So sehr mich Ihre Mitteilungen über das anscheinende Zustandekommen einer Vereinbarung für Oberösterreich freuten, so sehr wurde ich enttäuscht, dass eigentlich sämtliche Funktionäre des oberösterreichischen VdU umgefallen sind. Ich habe darüber in unserem Kreis mehrfach Besprechungen geführt und bin außerordentlich interessiert zu hören, wie nun Ihre weiteren Pläne sind. Anton Reinthaller an Fritz Kretz, 28. Juni 1955 In OÖ ist alles im Fluß. Herbert Alois Kr. bedauert bereits das Vorgehen der Bdltg. d. VdU in OÖ, erklärt, dass Stendebach zu weit gegangen sei, und rät dem oö. VdU die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Mittlerweile bröckelt der Ld.Verband ab, was bei der Haltung der Führung seit Monaten vorauszusehen war. Heute noch kommen Leute zu mir u. es wird sich einiges klären. Ich werde Ihnen in einer Nachschrift zu diesem Brief darüber kurz berichten. Herr v. Wied ist über alle Vorgänge in den Ländern

Vorstandsvorsitzender (»Generaldirektor«). Landertshammer war schon Jahre zuvor aus der SPÖ ausgetreten (vgl. Alexander Vodopivec, Die Balkanisierung Österreichs, Wien 1966, S. 217 f.)  ; dazu kam jetzt ein Konflikt mit ÖVP-Finanzminister Kamitz über die Schaffung einer Ausgleichskasse der Banken und die Erhöhung des Diskontsatzes, die Landertshammer beide ablehnte. Die Bundesregierung beschloss deshalb am 21. Juni 1955 als Aufsichtsbehörde die Abberufung Landertshammers, der am 5. Juli zurücktrat (vgl. OÖN, 4. u. 6. 7. 1955).

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im Bild. Nach Kärnten nun auch Tirol gefallen, Steiermark im steten und teilweise stürmischen Vordringen (die Rest-VdU-Leute resignieren). Bis zu den Nationalratswahlen kriegen wir die Sache hin. Über die Mitteilung v. Wieds habe ich mich sehr gefreut u. hoffe, dass die Zusagen ehebaldigst liquidiert werden. Weniger erfreulich ist die Haltung am Stalinplatz.202 Schließlich habe ich meine Zusage gehalten, so gut dies möglich war. Der bisherige Erfolg ist ansehnlich und wird von Monat zu Monat größer. Mitten drin die Pipe abzudrehen, weil keine Verständigung mit Stendebach zustande kam, ist unverständlich. Ich bitte Sie, Herr Doktor, Ihren Einfluß geltend zu machen, um eine Änderung der Haltung zu erwirken. […] PS: Eine Reihe von Bezirken steht geschlossen hinter Leitl u. verlangen kategorisch die Einberufung der Ld.Leitung, welche unabhängig von Wien beschließen soll. Notiz Reinthallers  : Krammer203 bei mir in M[ettmach], 29. Juni 1955 Kra. wurde von Pittermann verstdgt, dass Kraus Stendebach ihn zu sprechen wünschen. Kra+Pi zu Kr-Stb. Anliegen Kraus-Stb: Kra. möge es übernehmen zu A. R. in die Höhle des Löwen zu gehen, um Wahlübereinkommen f. OÖ zu effektuieren. Dringende Forderg. von Kra. endlich Abschrift des 4-Pkte-Programms, welche noch vorhd sei, wogegen Original durch Neubauer nach Linz gebracht wurde. Überbringer Kra. Daß man doch etwas bieten müsse und er nicht mit leeren Händen zu A.R. kommen könne. A.R. Kandidat I. Im Inn- od. Traunviertel, Grünbart 2., wird ev. fallengelassen. A.R. wird Bd.rat [?] = Konzession. [ein Wort unleserlich] A.R. zu 4-Pkte.-Programm: Muß erst mit Bd.Vbd. sprechen. Aber schon heute erklären unannehmbar in 3 und 4. 1 und 2 zu korrigieren. 3 und 4 getrau ich mir den L.O[bmänn]ern der FP gar nicht vorzulegen. Kra. erklärt Kraus, Stb, daß wenn nicht bis Samstag Wahlübereinko[mmen]; SPÖ an VdU nicht mehr interessiert. Ev. Bauernliste (Feitzlmayer) – oder F.P. A.R.: Am liebsten Leitl mit ¾ zu FP. Ev. ¾ VdU mit FP Wahlübereinkommen, aber ohne Bd.ltg. VdU. 202 Stalinplatz = Schwarzenbergplatz, Sitz der Industriellenvereinigung. 203 Karl Krammer (1909–67), Bundesrat von 1947–58, NR 1958–62, war Landesparteisekretär der SPÖ/ OÖ. Bei den Gesprächsfetzen, wie sie die Niederschrift enthält, ist natürlich besondere quellenkritische Vorsicht geboten. Van Tongel nahm die tatsächliche oder vermeintliche Schützenhilfe der SPÖ für Kraus (die mit kolportierten Sympathien Krammers für Reinthaller im Widerspruch stand  !) jedenfalls für bare Münze. Er schrieb am 5. Juli an Reinthaller  : »Jetzt ist es klar, daß diese Brüder auf die rote Tour gegangen sind und dorthin umgeschwenkt haben.« Er wollte auch wissen  : »Raab schmiß Kraus und Stendebach vor einigen Tagen regelrecht hinaus, als sie bei ihm in Sachen NS intervenierten und Kraus Raab der Lüge zieh.« Immerhin verzeichnen die Tagebuchnotizen Schärfs (S. 155) kurz davor ein Mittagessen mit Pittermann, Helmer, Kraus und Steudebach.

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Kra. zu Leitl Eferding: wird diesen für dieses Konzept zu gewinnen trachten. – SPÖ für 3te Kraft interessiert – Volle Unterstützung SPÖ auch wenn wir von FP in Wahlkampf antreten. Im Inn- u Hausruckviertel bestimmt keine Schwierigkeiten [drei Worte unleserlich]. A.R.: „Was würden Sie tun, wenn Sie sich in meine Lage. Als FP allein antreten?“ Kra.: Entschieden ja!!! A.R.: Weiß, daß Schärf/Helmer Herrn Kraus Avancen gemacht haben. Scheinbar haben die Herren vor mir Spundus. Sagen Sie ihnen, sie brauchen keinen zu haben. Es gibt viele Punkte, in denen wir gemeinsam gehen. Schulfrage (konfess. Schule), Konkordat, – FP steht zwischen den Blöcken, ohne sich einem zu nähern. A.R. steht zu Zusagen fester als Kraus, – wenn man mich gegenüber SPÖ beschuldigt, mit Raab und Maleta in Vbdg. zu stehen, so Pittermann: „Und Sie nicht, Herr Kraus?“ – Für 100.000 S bin ich nicht käuflich. Kraus zu Kra. Nächste Nat.R.Wahl 18 Mandate. NS: Kra. bei Leitl erreichen, daß er mit 2/3 des VdU zur FP überwechselt. Dann Wahl und Sieg. Wenn nicht will, mit 2/3 VdU u. FP Wahlübereinkommen, aber ohne Wiener Einfluß. Bd.ltg. vollko[mmen] links liegenlassen. Kraus etc. auf verlorenem Posten. Kra. rekapituliert: An Kraus: Wegen Vorschlag 4 Pkte erst Bd.ltg. zu fragen; – An Leitl, Eferding. Eigenstdg. in OÖ machen. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 1. Juli 1955 Heute früh sandte ich Dir aus Linz noch einen kurzen handschriftlichen Brief mit der Ankündigung eines Besuches durch Peter und mich am Donnerstag, den 7. Juli, in Attersee. Vielleicht kannst Du es arrangieren, dass die Besprechung mit v.W[ied] und Kr[etz] sowie Ho[rn]bo[stel] an diesem Tage stattfindet, damit ich daran teilnehmen kann. Ich liess Dir heute für Agitationszwecke fünf Nummern der „Aktion“ zusenden. Leider hat Strachwitz aus meinen beiden Artikeln (Stü- und O.Ö.) einige Rosinen weggelassen. Hier in W i e n fand ich zwei Mitteilungen vor : Dr. von Freyborn (Salzburg) berichtet, dass Dr. Middelhauwe jetzt erst aus USA zurückgekehrt sei und zu einer Aussprache zur Verfügung stehe. Da S c h e u c h seit 6. 4. in dieser Sache keinen Ton von sich gab und auch nichts machen wird, bitte ich um Weisung, was ich antworten soll. Dann liegt ein Brief des Herrn Dr. von Moser-Moosbruch, Graz, dem Stellvertreter von Hornbo[stel] vor, der wörtlich schreibt : „Im Sinne unserer letzten Aussprache stehe ich mit den beiden steirischen Herren Dr. Hueber und Dr. Stephan bereits in Verbindung. Es würde mich interessieren, von Ihnen zu erfahren, wie nun im Rahmen der F r e i h e i t s p a r t e i die Frage „Schwei-

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ger“ geordnet wurde. Er hat mich vor einigen Tagen angerufen und mir mitgeteilt, dass er auf mich bzw. den Verband böse ist. Vielleicht ist das schon der Niederschlag einer Ihrerseits getroffenen Verfügung. Ich bitte jedenfalls um Ihre freundliche Rückäusserung und verbleibe mit den besten Empfehlungen und Grüssen Ihr sehr ergebener Dr. v. M.“ Zunächst ist dieses Schreiben ja die vollinhaltliche Bestätigung der Dir von P e t e r und mir am Dienstag, den 28. 6. in Mettmach überbrachten Mitteilungen über Schweigers diplomatisches Wirken gegenüber dem Verband der w.S. und Herrn Dr. von Moser, was sicherlich ein Meisterstück darstellt. Ich bitte Dich nun um Weisung, was und wie ich antworten soll. Wenn Du selbst schreiben willst, so bitte um den Durchschlag. Adresse: Dr. Paul Moser-Moosbruch, Graz, Burgring 16. Dieses ist vorläufig alles. Resinger war heute da und gestand alles über BR Krammer. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 1. Juli 1955 […] Deine Mitteilungen über die Indiskretion von BR Kra[mmer] haben mich bestürzt. – Ich lasse heute Leitl durch Walter Pollak in massivster Form an seine Verpflichtung „Tauroggen“ erinnern u. dessen Realisierung fordern! Anton Reinthaller an Emil van Tongel, 2. Juli 1955 Heute rief Kr[etz] Zipf an. Er holt mich Mittwoch, d. 6. 7. um ½ 3 Uhr in Attersee ab, wir fahren gemeinsam nach Gmunden zu Ho[rnbostel], wo v. W[ied] schon sein wird. Es wäre zweckmäßig, wenn Du um 15 Uhr in Gmunden wärest, „um mir mit den neuesten Nachrichten zu dienen“. […] Morgen kommt der Eferdinger zu mir nach M[ettmach]. Mein Sprechprogramm: 1. Das Ansehen des VdU ist für immer verloren 2. Mit unendl. Geduld geführte Verhdlgn scheiterten, weil die Mandatare aller Art (auch in den Ländern) nur die Verbreiterung ihrer pers. pol. Basis erblicken, nicht aber die von uns gewollte Einigg., Erneuerung u. Sammlung wollen. Daher Kraus’ Torpedierung des Eferdinger Abkommens. 3. Die erneuerte Pa[rtei] ist die FP 4. Alles wartet auf Tauroggen L[eitl]s. Die Bezirke X–Y neigen schon zu uns.204 204 Zweifellos konnte Reinthaller auf starke Sympathien in OÖ zählen, zu korporativen Übertritten geschlossener Bezirksorganisationen kam es jedoch nicht. Hoffnungen machte sich Peter (Brief vom 16. 7. 1955) insbesondere auf Braunau  : »Wir müssen Schorsch den eigenen Bezirk wegnehmen.« Der Braunauer Bezirksobmann Pamer-Steininger hatte schon »seit April meine Stelle zurückgelegt, wenn es zu

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5. Generalaufruf und Wahl X (Oktober). L. Ld.rat. Über Mitteilung Freyborn mündlich. Zu Steiermark: […] Stephan u. Hueber kommen als LO.Stv. nicht in Frage. Was ist mit Benko? Auf alle Fälle müssen wir vermeiden, Herbert auf die Palme zu treiben. Ich habe trotz allem die Hoffnung, dass er reif wird. An Moser bitte ich Mitteilung gelangen zu lassen, dass Du über meinen Wunsch nächtens aufkreuzen wirst, um Ordnung zu schaffen. Ich gebe Dir plein pouvoir, mit Herbert unter 4 Augen Fraktur zu sprechen u. ihm zu sagen, er möge undiplom. Aktionen unterlassen u. vorerst lernen. PS: 4. 7. L. war gestern bei mir. Steht fest zum Eferdinger Protokoll. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, 2. Juli 1955 Schon am Telephon berichtete ich Dir, daß ich heute eine Unterredung mit Resinger über Veranlassung desselben hatte. Der Verlauf des Gespräches zeigte, daß er lediglich meine Meinung zum augenblicklichen Stand der Dinge einholen wollte, nachdem er am Vormittag bei Dr. Tongel gewesen ist. Ich verhielt mich sehr zurückhaltend und habe ihn angehört. Zuerst teilte er mir mit, daß der Antwortbrief mit den uns schon bekannten fünf Punkten bisher bei der VdULandesleitung herumgelegen ist. Dr. Weiß wagte die Absendung nicht, um die Lage nicht zu verschärfen. Nun soll Kandutsch das Schreiben an sich genommen haben, um es zu übermitteln. Wenn es eintrifft, werde ich Dich von dem Inhalt desselben in Kenntnis setzen. Kommenden Donnerstag haben wir in Attersee ja Zeit, die Antwort zu besprechen. Noch glaube ich nicht, daß wir überhaupt in den Besitz des Schreibens kommen. Deinem heutigen Telephongespräch entnahm ich, daß die Beiseitelassung des Begriffes WdU sowie die Loslösung des gesamten Unternehmens von der VdU-Bundesleitung unbedingt von der anderen Seite respektiert werden müßte. Resinger fühlte sehr vorsichtig vor, ob ich auf der vorstehend aufgezeigten Linie liegen würde. Ich ging darauf nicht ein, sondern erklärte, daß er von Dr. Tongel eingehend mit unserer Auffassung vertraut gemacht wurde und ich diesen Ausführungen nichts hinzuzusetzen habe. Am Montag tagt der engere VdU-Landesvorstand. Nach Resinger soll der Rücktritt Leitls über einen Antrag Hüttners nicht zur Kenntnis genommen und die Fortführung der Verhandlungen mit der FP gefordert werden. Diese Dinge sind Dir ja schon be-

keiner Einigung kommt«. Er nahm an, dass sich eine von ihm für 24. Juli einberufene Versammlung für den Übertritt zur FP aussprechen werde, täuschte sich dabei jedoch (Briefe 22. u. 27. 7. 1955). Van Tongel wiederum nahm an, dass der Übertritt Hüttners den VdU im Traunkreis erledigen werde, da die Bezirke Steyr Stadt und Land komplett auf ihn eingestellt seien (Brief 16. 7. 1955). Nur von einzelnen Ortsgruppen lagen entsprechende Beschlüsse vor.

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kannt. Ich habe nun Bedenken insoferne zum Ausdruck gebracht, als die Wähler für dieses Hin und Her wenig Verständnis haben werden. Punkt fünf Uhr verabschiedete ich Resinger, da ich eine Lehrervereinssitzung hatte. Ich wollte mit diesem Kerl nicht uferlose Gespräche führen, zumal er lediglich mich aushorchen wollte. Dr. Linkesch, Mitglied unserer Landesleitung, teilte mir mit, daß Hüttner ihm mitteilte, die Briefe – in denen die Leute die Verwirklichung der Wahlgemeinschaft ohne Einfluß der Bundesleitung fordern würden – seien im Zunehmen begriffen. Auch wären weitere Austritte eingelaufen. Nur konnte nichts Genaueres in Erfahrung gebracht werden. Fastner soll sich wie ein Strudelteig winden und sich nicht gerade schön benehmen. Ich finde dafür nur die Erklärung, daß er mit einer Ernennung zum Bezirksschulinspektor rechnet und glaubt, Grünbart – der dies machen könnte – würde das durchziehen. Ich bin aber nicht der Meinung, daß Schorsch die ernste Absicht zur Verwirklichung der Sache hat. Denn seit zwei Jahren verspricht der Landeshauptmann die Ernennung eines freiheitlichen Lehrers zum Inspektor. Bis heute hat er sein Versprechen nicht eingelöst. Vor allem deswegen, weil Schorsch keine Durchschlagskraft besitzt. Fastner sieht den Stadtrat davonschwimmen. Das Unterrichten ist – trotz gegenteiliger Ansicht Dr. Tongels – beschwerlich, daher ist der Bezirksschulinspektor ein heißersehntes Ziel, das Fastner in der Form kaum erreichen wird. Das erscheint mir die einzige Erklärung dafür zu sein, daß Fastner immer wieder seine Stimme Beschlüssen gibt, die auf der Linie Grünbarts liegen. Ich ersuche darum um Prüfung der Frage, ob Du Fastner nicht eine Injektion in Form eines Briefes verabreichen könntest, zumal gerade er Dich seinerzeit nach Linz in den Grünen Salon gebeten hat und sich rühmt, der Anreger der Einigung gewesen zu sein. Es wäre gut, wenn Du ihm sagen würdest, daß er nun auch endlich etwas für die Einigung tun soll. Das Gerede, daß Feitzlmayer eine neue Bauernpartei, zweite Version sagt Bauernund Gewerbepartei, gründen will, dürfte Zangel als geistigen Urheber haben. Resinger sagte mir heute, daß ihm Zangel die Geschichte des Landbundes zum Studium übermittelt hat.205 Wenn Resinger sieht, daß es mit der Wahlgemeinschaft nichts wird, dann ist er wohl imstande, bei Zangel und seiner Landwirtepartei sein Glück zu versuchen. Dies auch deswegen, weil er weiß, daß er in unseren Kreisen nichts zu bestellen hat. Nicht zuletzt benutzt er das Bauernparteigespenst als Schreckmittel, um uns gefügiger zu machen. Dem Burschen ist ja kein Mittel zu blöd. – Leitl hat sich nicht anschauen lassen. Er schickt meiner Meinung nach bewußt Resinger auf Spähtrupp, um die Lage bei uns zu erkunden. Denn ein gutes Gefühl dürfte der Mann nicht haben. 205 Josef Zangel (1883–1967) war 1927–34 Reichsparteisekretär des Landbundes und enger Mitarbeiter von Vizekanzler Winkler gewesen  ; er soll in den Fünfzigerjahren noch als Leiter der landwirtschaftlichen Fachschule Otterbach im Innviertel tätig gewesen sein  ; vgl. Alexander Haas, Die vergessene Bauernpartei (Graz 2000) 385 f.

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Das Gerede, daß Schorsch von Kraus abgebucht wurde, dürfte vorwiegend dem Gehirn Resingers entsprungen sein. Es kann insoferne stimmen, als Resinger im Auftrage von Herbert Alois versuchen wird, eine Konstruktion zu schaffen, die dem Herrn Nationalrat in den Kram paßt. Dabei gelingt es ihm aber schlecht, uns dieses Rezept schmackhaft zu machen. Dr. Tongel hat diesen Strolch richtig erkannt. Seine Umgangsweise mit diesem Bruder ist die einzig richtige. Resinger wollte mir etwas Angst mit dem Hinweis einjagen, daß wir schuldtragend wären, wenn die Vereinbarung nicht zustande käme. Bei jedem von uns versucht er eben eine andere Tour. Er verändert seine Außenhaut und schillert in jener Farbe, die er im Anblick des jeweiligen Gesprächspartners für angebracht hält. Ehrlicher in seinem Wollen dürfte Hüttner sein, der heute Linkesch gebeten hat, seinen Einfluß in der FP aufzubieten, daß wir wenigstens gesprächsbereit blieben. Er will seinen Einfluß geltend machen, daß am Montag ein Beschluß erreicht wird, der Leitl wiederum als verhandlungsfähigen VdU-Partner herausputzen soll. Dieser Beschluß soll auch gegen Grünbart erreicht werden. Die Burschen können sich gerade immer zum Lavieren, nicht aber zum entschlossenen Handeln entschließen. Für Hüttner spricht, daß er gegen die Bundesleitung antreten will, damit die Wahlgemeinschaft gebildet werden kann. Gemeint ist hier die Zurückweisung der fünf Punkte durch den oö. VdU, die wir noch nicht in Händen haben. So war die Lage am Abend des 1. Juli. Was sich morgen wieder tut, wird sich ja zeigen. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, 2. Juli 1955 Dr. Linkesch hatte heute eine neuerliche Unterredung mit Hüttner, zu der ich folgendes zu berichten habe. Kraus war vergangenes Wochenende in Wels und hat anschließend seinen Wahlkreis aufgesucht, um bei Wirtschaftsleuten seine Kassa aufzufüllen. Er hatte nirgends Erfolg. Lediglich in einem Fall wurde ihm eröffnet, daß der Betreffende für das VdU-Jugendlager in Laussa verschiedene Rechnungen zu bezahlen bereit ist. Aber auch hier würde kein Bargeld in die Hände von Herbert Alois gegeben. Die Partei an sich habe überhaupt nichts zu erwarten. Am Montag tritt nun – wie schon bekannt – der engere Landesvorstand zusammen, dem zwei Anträge Hüttners vorgelegt werden: 1.) Der Rücktritt Leitls wird nicht zur Kenntnis genommen, damit dieser als Mitglied des Präsidiums bei weiteren Verhandlungen agieren kann. 2.) Sofortige Aufnahme der Einigungsverhandlungen mit der FP auf der Grundlage des Eferdinger Protokolles. Leitl eröffnete mir in einem Telephongespräch, daß Fastner für diese Sitzung seine Stimme übertragen bekommt. Ich möge Fastner zu einer Zustimmung zum obigen Antrag bewegen. Ich verwies Leitl an Dich. Er möge sich mit dieser Bitte an Dich wenden. Einmal kannst Du entscheiden, ob Du dem Ansuchen Rechnung trägst. Zudem kannst

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Du Fastner an die Erledigung der 7.000,– S erinnern. Der Bezirk Wels soll eine Resolution vorgelegt haben, welche die Einigung fordert. Rücktrittsdrohungen liegen für den Fall vor, daß es am Montag nicht zum Klappen kommt. Hüttner soll unbedingt für ein bundesleitungsfreies Vorgehen sein, so erklärte mir Linkesch heute wieder. Lediglich Resinger bemüht sich immer wieder, die beiden Bundesleitungsbeauftragten schmackhaft zu machen. Und das könnte man als Beweis dafür werten, daß der Knabe im Sinne von Kraus agiert.206 Zur vergangenen Sitzung, welche letzten Montag stattfand, wurde Kandutsch von Rachbauer telegraphisch herbeigerufen. Ich bin neugierig, wer kommenden Montag von Wien abgeordnet wird. Ich werde Fastner morgen daran erinnern, daß er in den letzten Wochen ein miserables Verhalten an den Tag gelegt hat. Es ist ganz gleich, wie die Lage ist; es muß ihm gesagt werden, daß man nicht nach zwei Seiten operieren kann. Karl Leitl an Anton Reinthaller 4. Juli 1955 Ihr Brief, für den ich bestens danke, hat mich nicht mehr rechtzeitig erreicht, aber es ist deshalb nichts danebengegangen, weil heute in Linz wiederum keine Entscheidung gefallen ist. Es nehmen jetzt an jeder Landesleitungsitzung Mitglieder der Bundesleitung teil und nach den Berichten habe ich den Eindruck, daß die Vertreter der Bundesleitung zunächst Zeit gewinnen wollen, da sie der Meinung sind, daß die Zeit für sie arbeitet. Ich sagte Ihnen aber schon, daß ich mich in den Streit auf Bundesebene nicht einzumischen gewillt bin, da nach meiner Meinung das Nahziel die Wahlen in Oberösterreich sind, die gewonnen werden müssen, wenn für irgendeine dritte Kraft in Österreich Chancen für die Zukunft gesichert werden sollen. Bei der heutigen Sitzung war ein wichtiges Hauptargument die Behauptung Grünbarts, daß Sie ihm erklärt hätten, die Zeitungsnachricht, daß die FP allein kandidiert, ist falsch, im Gegenteil, es komme eine selbständige Kandidatur bei einem Nichtzustandekommen einer Wahlgemeinschaft nicht in Betracht. Im Gegensatz dazu haben mir Herr Dr. Tongel und auch Herr Peter definitiv erklärt, daß die Freiheitspartei gewillt ist, auch allein anzutreten. Sie werden verstehen, daß mein Standpunkt ein sehr schwieriger ist, wenn sogar innerhalb der Herren der FP so geteilte Meinungen bestehen. Ich habe Ihnen schon erklärt, daß der VdU, wenn er allein antritt, auf jeden Fall einige Mandate hat, da das Grundmandat sicher ist (es könnten noch einmal die Hälfte der Stimmen des Jahres 1953 verlorengehen) und einige Restmandate dann gleichfalls gemacht werden. Ein Antreten der FP und des VdU würde sicher für beide Parteien mit null Mandaten ausgehen und das wäre daher auch der einzige Grund, daß die Wahl206 Van Tongel drückte es am 5. Juli noch schärfer aus  : »Resinger ist nur noch Agent der SPÖ und des Herbert Alois.«

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gemeinschaft, die im Zeichen der Einigung mindestens 6 Mandate bringen müßte, zustandekommt. Grünbart hat erklärt, daß er immer noch der vollen Überzeugung ist, daß Sie für die Zusage, das Bundesratsmandat zu erhalten, bereit sind, die Freiheitspartei und die Wähler zur Unterstützung der VdU-Liste aufzufordern. Er soll so getan haben, als ob diesbezüglich vertrauliche Absprachen zwischen Ihnen und ihm bestehen würden. Da ich von Ihnen das Gegenteil weiß, wäre es notwendig, daß Sie eine diesbezügliche eindeutige Erklärung abgeben genau so wie über die alleinige Kandidatur der FP, da sonst Grünbart immer wieder mit diesen Argumenten den Abschluß der Wahlgemeinschaft zu verzögern versucht. Zu einer Kampfabstimmung ist es daher nicht gekommen und auch Herr Hüttner hat keine Chance gesehen, den vorbereiteten Antrag bezüglich der geänderten Loyalitätserklärung mit Erfolg durchzubringen. Sie dürfen es einem VdU-Funktionär nicht vorhalten, daß er sich zu wenig für die Wahlgemeinschaft einsetzt, wenn ihm auf der anderen Seite vorgehalten wird, daß man den gleichen Effekt der Einigung auf eine viel billigere Art und Weise haben kann. Hier liegt es also an der Freiheitspartei, die notwendigen Schritte zu setzen. Im übrigen wird die Sache jetzt so verlaufen, daß Ihnen die fünf Punkte von Stendebach übermittelt werden und eine komplette Zusage oder Ablehnung verlangt wird. Die Bundesleitung hofft natürlich auf eine negative Antwort Ihrerseits, sodaß dann keine Wahlgemeinschaft zustande käme und die FP die Schuld hätte, weil sie nicht bereit wäre, einen Burgfrieden zu schließen. In der breiten Öffentlichkeit wäre dann zweifellos die Freiheitspartei ins Unrecht gesetzt. Ihre Antwort dürfte daher keinesfalls strikte ablehnend sein, sondern Sie müßten die grundsätzliche Bereitschaft zur Wahlgemeinschaft und auch die grundsätzliche Bereitschaft zur Loyalität erklären, aber die Punkte dieser Fassung ablehnen. Es gäbe dann zwei Möglichkeiten: Entweder Sie entschließen sich doch, daß Sie oder Beauftragte von Ihnen mit den zwei Vertretern der Bundesleitung (Kindl, Reimann) Verhandlungen führen und einen Tag dafür festsetzen oder Sie machen von sich aus einen Gegenvorschlag für fünf Punkte, in der Form, wie ich Sie Ihnen vorgeschlagen habe. Diese Bereitschaft zum Burgfrieden müßte dann möglichst öffentlich bekanntgegeben werden, zumindest aber der VdULandesleitung und den Mitgliedern der erweiterten Landesleitung mitgeteilt werden, damit dann klargestellt ist, wer die Wahlgemeinschaft wünscht und wer sie ablehnt. Ihre Abneigung, eine Verhandlung darüber zu führen oder durch zwei Beauftragte führen zu lassen, verstehe ich nicht ganz. Das anwesende VdU-Landespräsidium wird ja zweifellos einen vernünftigen Standpunkt einnehmen und überstürzte Forderungen der Bundesleitung zurückweisen. Bei einer solch isolierten Stellung wird es den beiden Vertretern der Bundesleitung nicht möglich sein, einen sturen Standpunkt einzunehmen. Andererseits wird bei der nachträglichen Bestätigung des Verhandlungsergebnisses durch die Bundesleitung kaum eine Desavouierung der Unterhändler möglich sein.

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Reimann hat jedenfalls, was mir viel wichtiger erscheint, in der Landesleitungsitzung erklärt, daß sich die Bundesleitung in die Einzelheiten der Bedingungen für die Wahlgemeinschaft in keiner Weise einmischt, wenn das Loyalitätsabkommen zustande kommt. Bei der eben geschilderten Situation ist es für Sie und die FP doch viel wichtiger, daß dieses Abkommen über die Wahlgemeinschaft Ihren Intentionen entspricht und ich wäre daher an Ihrer Stelle bei dem rein formellen Vorgehen zur Erreichung der gegenseitigen Loyalitätserklärung großzügig. Vergessen Sie bitte bei Ihrer Entscheidung nicht, daß für Prestigefragen oder ähnlichem von unseren Anhängern kein Verständnis aufgebracht wird. Ich möchte Ihnen zum Schluß noch einmal sagen, daß es für mich nicht in Frage kommt, meinen Rücktritt zurückzunehmen, wenn die Wahlgemeinschaft nicht Wirklichkeit wird. Grünbart schlägt ja jetzt auch die Verzögerungstaktik ein, weil er die Erregung in den Bezirken, die durch meinen Rücktritt ausgelöst wurde, abklingen lassen will, ebenso wenig aber wäre ich bereit, bei der gegebenen Situation mich ausschließlich für die Interessen der FP einzusetzen. Ich sage Ihnen noch einmal, daß die Entscheidung, ob Österreich ein Zwei- oder Dreiparteienstaat sein wird, nicht bei der nächsten Nationalratswahl, sondern bei der heurigen oberösterreichischen Wahl fällt. Der Erfolg wird sich nur einstellen, wenn die Wahlgemeinschaft und eine aufrichtige Zusammenarbeit zunächst auf Landesebene zustande kommt. Für dieses Ziel, das wirklich der Sache dient, bin ich nach wie vor bereit, mich voll und ganz einzusetzen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich von Ihren Entscheidungen kurz verständigen würden. Karl Leitl an Anton Reinthaller, 5. Juli 1955 In Ergänzung zu meinem Schreiben, das ich gestern diktiert habe und heute an Sie abging, muß ich Ihnen noch folgendes mitteilen: Wie mich soeben Ing. Rabl (der in der letzten Zeit besonders agil unsere Sache unterstützt) verständigte, fand Montag abends in Wels eine Bezirksleitungssitzung statt, bei der die Abwartetaktik bei der Bildung einer Wahlgemeinschaft mißbilligt wurde. Es wurde ein Antrag angenommen, der vorsieht, daß am kommenden Samstag wiederum eine erweiterte Landesleitungsitzung stattfindet (mit allen Bezirksobmännern). Bei dieser Landesleitungsitzung wird Dr. Eder für den Bezirk Wels den Antrag einbringen, den ich für die gestrige engere Landesleitungsitzung vorbereitet hatte und der das Ergebnis unseres Gesprächs am Sonntag beinhaltet. Eine Abschrift davon lege ich Ihnen auf alle Fälle bei. Allerdings hat der Bezirk Wels mit seinem Antrag die fünf Punkte nach meiner Formulierung eingereicht, die ich Herrn Dr. Eder zugestellt hatte, bevor ich Ihr gestriges Schreiben mit Ihren Abänderungswünschen erhielt. Ich habe aber die beiden Fassungen noch einmal verglichen und mußte feststellen, daß kein wesentlicher Unter-

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schied besteht. Ich halte es aber psychologisch für günstiger, wenn die Fassung der Punkte so ist, daß es sich dabei um eine aus VdU-Kreisen stammende Formulierung handelt (eben der Bezirk Wels), als wenn aus der Formulierung hervorginge, daß es sich um eine abgesprochene Sache mit der FP handelt. Wir kommen dann leichter in der erweiterten Landesleitung durch. Ich nehme als sicher an, daß dieser Antrag in der erweiterten Landesleitung mit Mehrheit angenommen wird. Wir könnten dann bereits in den ersten Tagen der nächsten Woche die Wahlgemeinschaft, über die wir uns im wesentlichen ja klar sind, zum Abschluß bringen. Der Bundesleitung wird nichts anderes übrig bleiben, ihren mir unverständlichen ablehnenden Standpunkt aufzugeben. Ich sehe in den heute geschilderten Vorgängen so ziemlich die letzte Möglichkeit, die Sache noch zu einem Erfolg zu bringen. Wenn Sie in der Zwischenzeit die Gelegenheit wahrnehmen würden und die Ihnen nahestehenden Mitglieder der VdU-Landesleitung (Fastner, Pamer-Steininger usw.) auffordern, verläßlich zu erscheinen und sich positiv einzusetzen, dann wäre dies besonders günstig. Friedrich Peter  : Gedächtnisprotokoll über die Ereignisse am 5. Juli 1955 Zu Mittag Anruf Dr. Weiß wegen einer Zusammenkunft, damit er mir die fünf Punkte der Bundesleitung überreichen kann. Ich verwies darauf, daß ich keine Zeit hätte und darum um postalische Überweisung bitte. Zudem wollte Weiß eine Unterredung zwischen Fastner, ihm und mir vereinbaren, damit man eine geeignete Verhandlungsgrundlage finden könne. Ich empfahl die Überreichung eines geeigneten Vorschlages durch Landesrat Grünbart, da es keinen Sinn habe, wenn sich Weiß und Fastner dazwischenschalten und Grünbart gegebenenfalls diesen Schritt nicht billigt. Fastner teilte weitere Einzelheiten der gestrigen Sitzung mit. So wurde Reimann einleitend beschimpft und heftig kritisiert, daß die Bundesleitung durch die Fünferpunktation in interne oberösterreichische VdU-Belange eingegriffen habe. Rachbauer fragte Reimann, ob die Bundesleitung verrückt sei, daß sie den Bundesrat Krammer veranlaßt habe, den Ingenieur Reinthaller aufzusuchen. Man sprach davon, daß Stendebach Vermittler gespielt haben soll. Vor der Abreise Stendebachs nach Schweden sei dieser im Gegensatz zu Kraus gestanden. Beide wären böse auseinandergegangen. Konkretes konnte ich hiezu nicht in Erfahrung bringen. Die Welser forderten für kommenden Samstag die Einberufung einer erweiterten Landesleitungssitzung, um dagegen zu protestieren, daß sich die Bundesleitung durch die fünf Punkte in Dinge eingemischt habe, die sie nichts angehen. Im übrigen haben die Welser eine Resolution verfaßt, welche sich für die Einigung auslegen lasse. Es soll aber wiederum eine echte VdU-Resolution im Schwammstil sein. Unter anderem wird die Forderung nach Zusammenarbeit in einer Wahlgemeinschaft zum Ausdruck gebracht, die Formulierung von einer beiderseitigen loyalen Haltung soll

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ebenfalls enthalten sein. Die Bildung des Ältestenrates (= Eigl und Konsorten) wurde ebenfalls bejaht. Fastner vermochte mir den genauen Wortlaut nicht zu vermitteln. Gestern auch eine Gemeinderatsfraktionssitzung des VdU in Linz. Wohl wurde Rachbauer heftig in die Zange genommen. Passiert ist aber nichts. Was soll auch im VdU schon passieren. Um 13 Uhr traf ich mit Mayr Roitham im „Bären“ zusammen. Wir saßen eine Weile, da kam der Schorsch herein, war bestürzt und verzog sich auf einen anderen Tisch. Mit fortschreitendem Gang der Dinge wiederholte sich dasselbe mit Herrn Hausmann. Mayr ging dann zu Grünbart und forderte ihn zu einer Unterredung auf. Zudem bat er mich, daß ich als Zeuge und stiller Teilhaber teilnehme. Ich bin dem nachgekommen, weil G. mich über Weiß sprechen wollte. Mayr wettete seinen Bauernhof und wollte sich als kostenloser Knecht verdingen, wenn der VdU bei den kommenden Landtagswahlen nicht mindestens 40.000 Stimmen verlieren würde. Er forderte die Selbstaufgabe des VdU und die Konstituierung der Sammelpartei (den Namen FP vermied er) innerhalb von Bezirkstagungen, die von allen daran Interessierten beschickt werden sollten. Er drückte sich manchmal etwas ungeschickt aus, das macht bei Grünbart nicht viel aus. Was aber wertvoller war ist, daß er Schorsch in meiner Gegenwart zur Sau machte. Dr. Tongel hätte in diesem Zusammenhang seine Freude erlebt. Dinge wie Charakter, Anständigkeit usw. fielen des öfteren. Ich habe da ganz gern zugehört. Der FP gab er bei doppeltem Antreten das Grundmandat im Hausruckviertel, wenn Reinthaller kandidieren würde. Aussichten für ein Grundmandat hätte die FP auch in Linz. Dem VdU erkannte er null Mandate zu. Er erklärte, daß er den Auftrag habe, mit seiner Ortsgruppe in die FP überzutreten, wenn Schorsch sein Konzept nicht verwirkliche. Er würde als Mitarbeiter der FP mindestens die gleiche Aktivität entwickeln, wie im Jahre 1949 beim VdU. Er sei auch bereit, in Geinberg innerhalb einer gemeinsamen Versammlung als Gegenredner Grünbarts aufzutretreten. Schorsch solle sich nicht einbilden, daß er überhaupt Aussicht habe, im Innviertel ein Mandat zu machen. Aus seiner kräftigen Wortführung hat er manchmal den Bogen überspannt, jedoch ist Schorsch hart im Nehmen. Ich habe lediglich dem Landesrat die Frage vorgelegt, ob er in der Lage ist, ein Wahlübereinkommen ohne die Bundesleitungsbeauftragten zu machen. Er verneinte und erklärte, daß die FP bis Donnerstag eine schriftliche Stellungnahme von ihm bekäme. Damit empfahlen wir uns. Ich hatte ja mit ihm nichts weiter zu reden. Um 18 Uhr Soll ich von Leitl erfahren, ob er zum Austritt bereit ist oder nicht. Resinger soll ihm – nach Zangl – hart zugesetzt haben, jedoch schwankt der Leitl wie ein Schilfrohr im Wind. Der hat scheinbar noch immer nicht begriffen, daß es ernst geworden ist.207 207 Am selben Tag schrieb Reinthaller noch einmal an Leitl  : »Ich beschwöre Sie, kommen Sie zu uns  !«, während van Tongel tobte  : »Oberösterreich ist durch Leitls Idiotie vollkommen verhaut und versaut.«

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Die ersten Plakate kleben bereits an den Globus-Wänden. Die Flugzettel werden in dieser Woche noch versendet. Mayr-Roitham erklärte, daß er mit einigen Bauern zu der Versammlung käme. Der Mythos Reinthaller tut in ländlichen Kreisen seine Wirkung. Dem VdU geht der A… auf Grundeis. Die Bundesleitung soll immer zahmer werden. Dem Vernehmen nach hat Reimann zugesichert, daß sich die Bundesleitungsbeauftragten – zu einem solchen Schritt wird es unsererseits ja nicht kommen – in den Ablauf der Dinge nicht einmengen würden. In Braunau habe ich mich für Sonntag zehn Uhr angesagt und Pamer-Steininger gebeten, die Leute zu verständigen. Fehler bitte ich zu entschuldigen. Ich muß die nächsten Arbeiten erledigen. Ohne Kanzlei und ohne Schreibkraft und ohne Telephon geht das auf die Dauer nicht. Friedrich Peter  : Zu den Vorgängen am 9. Juli 1955 1.) Landesleitungssitzung des VdU: Nach den Darlegungen, die ich mündlich über die Vorgänge erhalten habe, kam ein Beschluß zustande, der die Bildung einer Wahlgemeinschaft mit der Freiheitspartei verlangt. Verhandlungspartner von Seite des VdU sind folgende Personen: Grünbart, Hüttner, Bauer (Ersatzmitglied, da Bauer augenblicklich abwesend ist, Limberger von Vöcklabruck). Der VdU schickt also nur drei Herren ins Rennen, da über das Problem Leitl zur Tagesordnung übergegangen wurde. Keiner der Bezirksvertreter, auch nicht Wels, forderte die Rückberufung Leitls. Dieser saß zwei Stunden im Vorzimmer und harrte der Ereignisse, die ihn in seine Ämter zurückführen sollten. Sie traten aber nicht ein. Die Bundesleitung war durch die Herren Reimann und Neugebauer vertreten. Reimann hat die Erklärung abgegeben, daß sich die VdU-Bundesleitung in oberösterreichische Belange nicht einschalten werde. Damit der Schein gewahrt bleibt, möge man aber die zwei Beauftragten der Bundesleitung zur Paraphierung des Übereinkommens heranziehen. Diesem Wunsche soll auch im Rahmen des Beschlusses Ausdruck gegeben worden sein. Die Zusatzbezeichnung „WdU“ wurde in der Benennung des Namens der Wahlgemeinschaft gestrichen. Rabl schlug die Bezeichnung „Freiheitliche Einigung“ vor. Man soll daran aber nicht festhalten und könne im Laufe der Verhandlung zur Bezeichnung „Freiheitliche Heimatliste“ zurückkehren. Die Loyalitätserklärung für das gesamte Bundesgebiet soll beibehalten worden sein. Genaueres über die Formulierung vermochte mir mein Mittelsmann nicht zu sagen. Der Beschluß für die Einigung mit der Freiheitspartei und für die Bildung einer Wahlgemeinschaft wurde mit allen gegen eine Stimme abgegeben gefaßt. Die Gegenstimme

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hat Rachbauer abgegeben, der sich auf den Beschluß des VdU-Landesverbandstages vom Jänner 1955 berief, in dem zum Ausdruck kam, daß nur unter VdU (WdU) kandidiert wird. Die Landesgruppe Oberösterreich der Freiheitspartei hat bis zur Stunde noch keine Verständigung durch die VdU-Landesleitung über eventuelle Verhandlungen erhalten. Sollte an uns herangetreten werden, so würde ich Dienstag, den 12. Juli 1955 um 20 Uhr 30 als ersten Zusammenkunftstermin vorschlagen. Ich lasse mich nur auf eine mündliche Vereinbarung ein und gebe keine schriftliche Erklärung ab. Die erste Zusammenkunft soll von jeder Seite drei Vertreter umfassen. Ich gehe auf die beiden Beauftragten der Bundesleitung nicht ein, wenn sie von der Gegenseite nicht erwähnt werden. 2.) Ergänzung des Kreises der Parteilosen: Nach dem augenblicklichen Stand der Dinge umfaßt diese Gruppe die Herren Huschka und Feitzlmayr. Dunzendorfer hat Leitl schriftlich abgesagt. Resinger und Gasperschitz208 wurden von unserer Seite in einem Gespräch mit Leitl am 7. Juli 1955 auf Grund verschiedener Umstände zurückgewiesen. Ich schlage aber die Ergänzung der Gruppe der Parteilosen um einen Herrn vor, nämlich den ehemaligen Kreisleiter von Linz, Danzer. Am Montag führe ich mit diesem ein unverbindliches Gespräch. Er ist eine überaus lautere Persönlichkeit. Auch politische Gegner versagen ihm die Achtung nicht, da er bei der Kapitulation von Linz in jeder Weise ehrenhaft gehandelt hat. Sollte Danzer nicht zu gewinnen sein, könnte man sich entweder an Dr. Lenk oder an Dr. Welzl wenden. Alle drei Herren streben keine politische Funktion an, erfreuen sich aber der Wertschätzung weitester Bevölkerungskreise. Ich bitte diese Vorschläge einer entsprechenden Prüfung zu unterziehen. Gedächtnisprotokoll über die Einigungsverhandlung FP und VdU am Dienstag, den 12. Juli 1955 von 20 Uhr 30 bis 24 Uhr im Klubzimmer des Kaufmännischen Vereinshauses. Zusammensetzung: FP: Dr. van Tongel, Friedrich Peter, Dr. Hans Linkesch. VdU: Georg Grünbart, Stadtrat Hüttner, Rudolf Limberger. Einleitend wurden die Vertreter der FP um eine Stellung zu den übermittelten sechs Punkten des VdU ersucht. Peter verwies darauf, daß der Großteil des Beschlusses vom 9. Juli sich vorwiegend mit Angelegenheiten der Bundesleitung und gesamtösterreichischen Fragen beschäftige, welche im Zusammenhang mit einer oberösterreichischen Wahlgemeinschaft größtenteils gegenstandslos wären. Die Vertreter der Gegenseite konnten diesen Einwand nicht widerlegen. Nach einer 208 Landesrat und ÖAAB-Obmann Anton Gasperschitz war aus der ÖVP ausgetreten.

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kurzen Wechselrede wurden die sechs Punkte des VdU-Beschlusses vom 9.  Juli 1955 fallengelassen. Es verblieb lediglich vom Punkt 1.) folgende Formulierung: „Der VdU und die FP werde zur erfolgreichen Durchführung der oberösterreichischen Landtags- und Gemeinderatswahlen in Oberösterreich Burgfrieden halten.“ Punkt 2.), 3.), 4.) und 5.) wurden von Seite der FP als unbrauchbare Unterlagen für eine oberösterreichische Wahlgemeinschaft bezeichnet, da es nicht anginge, daß ein lokales Wahlübereinkommen von den Bundesobmännern beider Parteien zu unterschreiben wäre. Schließlich erhoben die Herren keinen Einwand mehr dagegen, daß die FP die Zuziehung von zwei Beauftragten der VdU-Bundesleitung ablehnte. Nunmehr wurde ein Verhandlungsausschuß festgelegt, in den jeder Landesverband der beiden Parteien drei Vertreter aus dem Bundesland entsenden kann. Die Personen können ausgewechselt werden, nur dürfen keine einigungsfeindlichen Personen in das Verhandlungsgremium entsandt werden Durch die FP wurde das Problem der parteilosen Einzelpersonen angeschnitten und darauf verwiesen, daß gerade dieser dritte Teil der Wahlgemeinschaft einen wesentlichen Teil zum Problem einer echten Verbreiterung darstellen würde. Die VdU-Seite lehnte vorerst nicht ab, ließ diesen Punkt jedoch offen. In der Frage der Namensbezeichnung konnte keine Einigung erzielt werden, da die VdU-Vertreter die „Freiheitliche Heimatliste“ durch die Formulierung „Freiheitliche Wahlgemeinschaft“ ersetzt wissen wollten. Die Zusatzsbezeichnung „WdU“ wurde nicht mehr erörtert. Nunmehr wurde wiederum auf das Problem der Parteilosen eingegangen und folgende Herren für diesen Kreis in Erwägung gezogen: Feitzlmayer, Huschka, Danzer, Dr. Welzl. Diese Herren wären bereit, die Wahlgemeinschaft persönlich zu unterstützen. Landesrat Grünbart möchte noch Dr. Eigl im Kreise der Parteilosen sehen, hat aber noch nicht mit diesem gesprochen, ob er zu einer Unterstützung bereit ist. Peter schlug die Aufnahme Leitls in den Kreis der Parteilosen vor. Vor allem Grünbart wehrte sich dagegen und führte VdU-interne Gründe ins Treffen. Es wurde Einvernehmen darüber hergestellt, daß über die Aufnahme Ing. Leitls als Parteiloser in einer anderen Sitzung weitergesprochen wird. Die Leitung der Wahlgemeinschaft soll sich nach VdU-Auffassung durch 4 VdU-Leute, 3 FP-Vertreter und höchstens 4 Parteilose zusammensetzten. Von Seite der FP wurde hier ein Verhältnis 3:3:5 oder 3:3:3 vorgeschlagen. Hierüber wurde ebenfalls noch kein Einvernehmen hergestellt. Die Aufgaben der Leitung der Wahlgemeinschaft wurden allgemein folgend umschrieben: Die WG. trifft sämtliche Vorbereitungen, welche für die Durchführung der Wahlen erforderlich sind. Die getroffenen Vereinbarungen sind für alle Vertragsteile verbindlich. Die Leitung der WG. entscheidet vor allem über die Zusammensetzung und Reihung der Kandidatenlisten im Landtag, in den Städten mit eigenem Statut einschließlich der

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Stadt Wels. Wenn in den Gemeinde- oder Bezirksinstitutionen keine Einigung über die Kandidatenreihung hergestellt werden kann, entscheidet die Leitung der WG. auch für diese Bereiche. In diesem Falle ist diesselbe von den Gemeinde- bzw. Bezirksorganisationen anzurufen. Die Wahlgemeinschaft bleibt auch nach den Wahlen das oberste Entscheidungsforum für die gewählten Mandatare. Über diese Punkte, die noch einer präzisen Formulierung in einer weiteren Sitzung bedürfen, wurde von beiden Seiten kein Einwand erhoben. Sie fanden die Zustimmung aller Anwesenden. Schließlich wurde noch einmal die einhellige Auffassung darüber zum Ausdruck gebracht, daß die parteilosen Einzelpersonen in der Leitung der WG. aufscheinen sollen. Über ihre Zahl und ihre Funktion waren sich die Vertreter des VdU nicht klar. Der VdU möchte diesen Personen nach Möglichkeit kein Stimmrecht einräumen, während die FP grundsätzlich dafür eintritt, daß diese Herren vollberechtigte Leitungsmitglieder sind. In der Kandidatenfrage für die Landtagswahlen wurde Einhelligkeit über die Spitzenkandidatur Hüttners im Traunviertel hergestellt. Die Spitzenkandidatur im Hausruckviertel, also dem sichersten Wahlkreis, wurde dem VdU angeboten. Dafür beanspruchte die FP dieselbe im Innviertel, wo die Verhältnisse weniger günstig gelagert sind. Es ist daran gedacht, daß die Person Ing. Reinthallers gerade dort den Erfolg herbeiführen wird. Der VdU möchte die Spitzenkandidatur für Grünbart haben. Somit wurde über das Innviertel keine Einigung erzielt. Die Forderung der FP, Peter in Linz an erster Stelle zu reihen, wurde vom VdU ohne Kommentar zur Kenntnis genommen und ist demnach noch offen. Für das Mühlviertel muß, da Herr Dunzendorfer sich aus familiären Gründen nicht zur Verfügung stellen kann, eine geeignete Persönlichkeit gefunden werden. Der Wahlkreis Hausruckviertel ist noch offen, der VdU möchte, daß Ing. Reinthaller dort antritt. Die FP konnte sich dieser Ansicht nicht anschließen. Im Gemeinderat Linz wurde von der FP Dr. Mold als Spitzenkandidat vorgeschlagen. Der VdU möchte diesen auf die Landesebene abschieben, damit die erste Stelle in Linz für Rachbauer erhalten bleibt. Die FP lehnte die Teilnahme Rachbauers als Kandidat innerhalb einer WG. in jeder Weise ab. Der VdU hat sich nicht weiter dazu geäußert. Während der VdU für namentliche Aufzählung von Personen auf der Reststimmenliste eintrat, setzte sich die FP für den Grundsatz des größten Reststimmensatzes ein. Jener Kandidat, der die meisten Reststimmen erringen konnte, soll einrücken. Grünbart sprach sich für namentliche Absicherung der jeweiligen Spitzenreiter auf der Reststimmenliste ein. Die FP lehnte es ab, die Spitzenkandidaten in solch einer Form abzusichern, da sie durch die Erstreihung die Möglichkeit besäßen, zu beweisen, daß sie arbeitsfähige Politiker sind. Auch diese Frage ist offen. Die nächste Sitzung findet Donnerstag, den 14. Juli um 9 Uhr 30 statt.

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Friedrich Peter  : Gedächtnisprotokoll über die Ereignisse vom 14. bis zum 16. Juli 1) Einigungsverhandlung am 14. Juli 1955 10 Uhr. Obwohl vereinbart war, daß mit nur je zwei Personen verhandelt wird, erschien der VdU mit drei Verhandlungspartnern. Im Gefolge des Landesrates Grünbart erschienen auch die Herren Reimann und Kindl. Die Vertreter der FP erhoben sich, dabei stellte Herr Reimarm fest, daß die FP die Verhandlungen abzubrechen gedenkt. Die Vertreter der FP erklärten, daß sie jederzeit willens seien, mit den Herren des ober­ österreichischen VdU über die Bildung einer Wahlgemeinschaft zu verhandeln. Sie lehnen es aber ab, dieses Übereinkommen an die Ereignisse in den übrigen Bundesländern zu binden bzw. dasselbe von der Unterschrift der beiden Bundesparteiobmänner abhängig zu machen. Dr. Reimann forderte die FP-Vertreter auf, den Verhandlungsraum zu verlassen, damit sich die Herren des VdU beraten könnten. Peter erwiderte, daß das Lokal von ihm bestellt wurde und er seinerseits die Herren Kindl und Reimann ersuche, sich mit den Herren des VdU in einem anderen Raum zu besprechen, was auch geschah. Nach etwa 20 Minuten erschienen die oberösterreichischen Vertreter des VdU ohne die beiden Nationalräte. Diese verblieben im Vorraum und nahmen an den weiteren Gesprächen nicht teil. Grünbart ersuchte die FP um Unterbreitung der Vorschläge für die Kandidaten im Landtag: Innviertel: Reinthaller, Grünbart, Pamer-Steininger. Hausruckviertel: Leitl, Groß, Bachinger Linz: Peter, Danzer, Specht Traunviertel: Hüttner, Feichtenschlager, Diesenreiter Mühlviertel: Fastner, da Dunzendorfer aus familiären Gründen abgesagt hat. Grünbart erklärte, daß er seinerseits keine Vorschläge unterbreiten könne, da die Kandidatenreihung erst von den Wahlkreiskommissionen des VdU beraten werden müsse. Darauf zogen die Vertreter der FP ihre Vorschläge wieder zurück. Im übrigen zog Grünbart alle Zusagen vom 12. Juli wieder zurück, da er erst das Placet der erweiterten VdU-Landesleitung einholen müsse. Er gab aber zu, daß er von sich aus einem Verhandlungsausschuss von je drei Vertretern der FP und des VdU zugestimmt habe und von einer Zuziehung von Budesleitungsbeauftragten des VdU keine Rede war, wie überhaupt von den sechs Punkten des VdU-Landesleitungsbeschlusses vom 9. Juli 1955 nur ein Satz des ersten Punktes die Zustimmung aller beteiligten Verhandlungspartner fand. Dies würde auch von den Herren Limberger und Hüttner bestätigt. Abschließend wurde vereinbart, daß die Gegenseite bis zum 20. Juli klären soll, ob sie entsprechend der Dienstag-Vereinbarungen verhandeln kann oder ob ihr durch den Beschluß vom 9. Juli die gebundene Marschroute weiterhin auferlegt ist. Herr Grünbart wird die Vertreter der FP darüber informieren, ob der VdU am 20. Juli 1955 an der geplanten Zusammenkunft teilnehmen kann oder nicht.

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2.) Der nunmehrige l. VdU-Landesobmannstellvertreter Hüttner, der die Funktion Leitls ausübt, hat Dr. Linkesch angerufen und mitgeteilt, daß er aus dem VdU ausgetreten sei. Eine Bestätigung dieser Meldung liegt noch nicht vor. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 14./15. Juli 1955 Über die Ereignisse des heutigen Vormittags in Linz und das plötzliche Auftauchen der Herren NRäte Kindl und Dr. Reimann bei der Fortsetzung der Gespräche mit Grünbart sowie über die Abfuhr, die wir diesen Herren bereitet haben, wird ja der Bericht von Peter bei Dir schon eingegangen sein. Es war jedenfalls sehr eindrucksvoll, wie wir mit diesen Helden Schlitten fuhren, wobei ich feststellen muss, dass sich Kindl eigentlich gut und korrekt benahm, was ich auch durch ein betont besseres Verhalten ihm gegenüber sofort quittierte, während sich der Schiggerl Reimann in jüdisch-präpotenter Weise aufführte und dementsprechend von uns zur Sau gemacht wurde. Es war ein voller Sieg und die Herren haben den denkbar besten Eindruck von der FP erhalten, das kannst Du glauben!! Die Verhandlungen werden – wenn es so weitergeht – sicher nicht zu einem Erfolg führen, das teile ich Dir nur zu Deiner Beruhigung mit,209 wir müssen aber jetzt gute Miene machen und diese unangenehme Prozedur über uns gehen lassen, mit Grünbart zu verhandeln, er weiss jetzt schon, dass es um seinen Kopf geht und wird sich entsprechend wehren! GREDLER erzählte mir heute, dass man im Klub gestern schon ganz konsterniert war über Grünbarts ersten Bericht über die Verhandlungen von Dienstag abend in Linz, besonders Kandutsch war blass vor Wut und Schreck über die unerhörten Forderungen der FP. Die Herren werden ja in Bälde noch blasser werden. Es sei unerhört, wenn die FP zwei Listenführer und überall sonst den Listenzweiten usw. fordere. GREDLER hatte eine Unterredung mit dem Herrn Rasinger aus Wiener Neustadt (Neffe von Dr. Stephan), den wir unbedingt haben wollen, weil er der beste Mann und Aktivist in Niederösterreich ist. Nun hat Rasinger die Bitte um eine Unterredung mit Dir geäussert, die er ihm sofort zugesagt hat, und Rasinger scheint guten Willens zu sein, mit uns zu gehen! Ich liess ihn sofort einladen, in Bälde gemeinsam mit mir zu Dir zu fahren! Wichtig: Ich liess mir die Sache mit dem „feierlichen Beitritt“ des Herrn Hainzl in Judenburg am 7. August durch den Kopf gehen. Diese Sache scheint mir im höchsten Masse bedenklich und geradezu gefährlich. Man kann doch diesem Schaumschläger nach allen seinen politischen Farbwechseln seit 1949 nicht in Form eines grossartigen Staats209 Van Tongel blieb dieser Linie auch in weiteren Schreiben treu  : »Ich lass’ alles ablehnen, denn jetzt müssen die Brüder im eigenen Saft schmoren« (16. Juli), »der VdU soll nur allein antreten, dann ist er endgültig fertig« (19. Juli).

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aktes eine feierliche Beitrittshuldigung bereiten. Herr Hainzl soll, wie jeder andere Sterbliche auch, eine Beitrittserklärung ausfüllen und uns beitreten, das genügt völlig! Hier wird doch wieder ein übles Ding gedreht oder zu drehen versucht. Ich bitte Dich dringend, Dich für solche Sachen nicht zu strapazieren und Deine kostbare Zeit für wichtigere und politisch markantere Termine zu sparen als für den Mandatshunger auf das obersteirische Mandat zu Ehren des Ligamannes Hainzl. Ich sprach in Ruhe mit Plachutta und er gab mir recht, dass hier nur eine neue steirische Komplikation zu allen schon bestehenden Kalamitäten im Anzug ist! Ich bitte Dich daher abzusagen und anzuordnen, dass Herr Hainzl seine Beitrittserklärung normal einsenden soll! Bitte der Landesgruppe Wien: Die bereits ursprünglich für 2. JUNI geplante GrossKundgebung der FP. – Wien im Messepalast Fassungsraum oa. 1.000 Personen soll am 29. September stattfinden! Redner: Du und Dr. Ursin, allenfalls noch Dr. Gredler! (vertraulich). Ich bitte um Deine Zusage! Fortsetzung, 15. JULI 1955 Die Auslieferung des Abg. Ebenbichler in der gestrigen NR Sitzung erfolgte wegen der §§ 8 und 129 Strafgesetz (Versuch der Unzucht wider die Natur), doch soll es sich um einen Racheakt handeln. Immerhin ist Ebenbichler jetzt für Tirol völlig lahmgelegt und unsere Helden könnten dort bei einiger Initiative eine totale Lösung nach dem Kärntner Vorbild mit Leichtigkeit erzielen. Bitte vielleicht an Dr. DENZ zu schreiben; Herrn GERMANI habe ich nicht erreicht, bitte schreibe an DENZ, er möge diesen doch anschreiben, dass er sich mit mir in Verbindung setzen möge wegen Dr. KNOLL Essen/ Ruhr. (Siehe letzter Denz-Brief an Dich.) Die Kundgebung am Mittwoch210 war in jeder Beziehung grossartig, da ich aber berufsmässig zu meckern habe, muss ich sagen, dass bei künftigen wichtigen Veranstaltungen dieser Art eine bessere Abstimmung der zu haltenden Reden erfolgen muss, da man genau festlegen muss, wer was sagt! Sonst war es bestens. Die Wirkung in Wien in allen Lagern gewaltig, wir sind durchgebrochen und man hat uns zur Kenntnis genommen. […] Montag soll – wie Yasikoff sagte – eine wichtige Sitzung stattfinden. Ich hielte es für sehr gut, wenn Du ein paar Zeilen des Berichts über die Mittwoch-Versammlung an Dr. Kretz schriebest und um Beschleunigung der Erledigung der noch immer offenen Frage [bittest].

210 Reinthaller hatte am 13. Juli vor ca. 500 Teilnehmern in Linz gesprochen und u.a. ausgeführt, es sei naiv zu glauben, der national-freiheitliche Bevölkerungsteil hätte nichts aus der Geschichte gelernt. Nur die Wahrheit über die Vergangenheit könne das Fundament für den Bau der Zukunft bilden. Nie mehr werde man bereit sein, einem Einzelnen die Ermächtigung zur Führung zu erteilen und damit einer Diktatur den Weg zu ebnen (vgl. OÖN, 15. 7. 1955, S. 2).

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Haas ist heute bei Julius Ra., ich berichte über das Ergebnis. […] Dr. von MOSER, Graz schreibt mir eben, dass er mich jederzeit in Graz erwarte. Ich habe mit den Steirern noch am Mittwoch eine völlige Übereinstimmung wegen dieser Sache erzielen können und fahre sofort nach GRAZ, wenn die OÖ-Verhandlungen dies zulassen. Dann aber möchte ich auf meine drei Wochen Kur, um so ab 20. August in jeder Weise wieder parat zu sein. Friedrich Peter  : Zu den Vorgängen während meiner Abwesenheit vom 17. bis 23. Juli 1955 1.) Verhandlungen mit dem VdU In Salzburg erhielt ich das Telegramm Grünbarts, daß die Sitzung am 20. Juli von den Herren des VdU nicht beschickt werden kann. Ich habe Montag, den 25. Juli, 20 Uhr, vorgeschlagen. Die Antwort des VdU-Landesverbandes Oberösterreich liegt in Abschrift bei. Ich bin der Meinung, daß die FP nicht in Anwesenheit der Vertreter der Bundesleitung des VdU verhandeln soll und werde mich mit Ing. Reinthaller und Dr. Tongel fernmündlich in dieser Angelegenheit in Verbindung setzen. Neben Ing. Rabl soll noch Wilhelm Mayr verhandeln. Der dritte oö. VdU-Vertreter ist mir augenblicklich noch nicht bekannt. 2.) Beitrittserklärungen Von der Ortsgruppe Attersee wurden sieben Stück übermittelt. Außerdem liefen in der letzten Woche noch zwei von Linz ein. Anfang nächster Woche wird nach Wien und Mettmach eingehend über die bisherige Mitgliederbewegung berichtet. 3.) Übernahme von VdU-Orststellen Huschka fuhr nach Goisern. Da bereits wieder die Grünbartianer und die Leute Rachbauers dort gewirkt haben, gab es Schwierigkeiten. Ich bin eben von Salzburg gekommen und konnte Huschka noch nicht erreichen, da er im Dienst ist. Über diesen Punkt wird noch eingehend berichtet. 4.) Die Argumentation des Landesrates Hausmann in zahlreichen VdU-Versammlungen des Bezirkes Gmunden geht dahin, daß er behauptet, es komme zu einer Wahlgemeinschaft unter Bezeichnung VdU(WdU) und Reinthaller würde als Spitzenkandidat auftreten. Hier wird nur mehr gelogen, um die Situation zu verwirren. Ich werde mich zu Beginn der kommenden Woche sofort mit Mayr/Roitham in Verbindung setzen, um die Übernahme von mehreren Ortsstellen des Bezirkes Gmunden zu vollziehen. Mayr will unsererseits nur die Bestätigung, daß die Hausmannschen Äußerungen Lügen sind, um dann den Schritt zu vollziehen. 5.) VdU-Bezirskleitung Braunau Vor zehn Tagen habe ich mich brieflich an Dr. Pamer-Steininger gewandt, damit dieses Problem geklärt wird. Auch Ing. Reinthaller hat brieflich den Übertritt verlangt. Bis zur

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Stunde ist in Linz keine Nachricht aus Braunau eingetroffen. Ich werde neuerlich an Pamer herantreten. 6.) Resinger Hat mich nach meiner Ankunft aus Salzburg angerufen und ist wiederum daran interessiert, daß die FP antritt. Er kurbelt schon wieder. Ich habe keine Stellungnahme abgegeben. Von ihm erfuhr ich auch, daß Leitl noch immer nicht reif ist zum Eintritt in die FP, Hüttner wäre geneigter, aber immer noch nicht eintrittsbereit. Letzterer ist mehr an der Gemeinschaft interessiert. Ich werde Hüttner am Montag aufsuchen, um selbst die Lage beurteilen zu können. 7.) VdU-Landesleitungssitzung am 20. Juli Reimanns Anregung, die von Rachbauer als Antrag eingebracht wurde (mit der FP nicht mehr zu verhandeln) wurde mit 14 : 13 Stimmen abgelehnt. Grünbart ist aus dem Verhandlungskomitee ausgeschieden (siehe Inhalt des VdU-Schreibens). Er läßt nun andere für sich kämpfen. Das entspricht ganz seiner Mentalität. 8.) Berichterstattung beim Chef Soll durch Dr. Tongel und Peter am Dienstag, den 26. Juli um etwa 10 Uhr erfolgen. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 22. Juli 1955 Aus Graz zurück erstatte ich wie folgt Bericht : Unterredung mit Dr. von Moser recht erfolgreich, ich glaube, für die Steiermark das Eis gebrochen zu haben, zumal ich sehr deutlich wurde. Hueber soll Obmannstellvertreter der FP werden, wegen Stephan gab ich die vereinbarte Erklärung ab. Nun soll also die FP unterstützt werden! (Mein Budgetvorschlag f. Steiermark S 12.000,– monatlich.) Dr. von Moser wird Dich im August einmal in Attersee besuchen bzw. durch Dr. Kretz abholen und zu einer Besprechung in Gmunden einladen. Da diese ohnehin fällig ist, habe ich seine Anregung begeistert begrüsst. Ich sprach auch mit Dr. Marauschek (Landesfinanzreferent), der einen sehr guten Eindruck machte und vernünftigen Argumenten zugänglich ist. Dr. Hueber ist reif und wird nunmehr von MOSER fertiggemacht. Wegen Herb. Schweiger wurden mir die üblichen Vorhaltungen gemacht, die schwer zu entkräften waren, da er tatsächlich sich überall wie der CHEF geriert (Verhandlungen mit Baron MayrMelnhof usw.). Ich sagte, wenn Dr. Hueber einen aktiven Obmannstellvertreter abgeben werde, würde sich das alles sofort ändern. Dr. Stephan ist aus Angst vor der Bundesleitung noch nicht absprungbereit und traut sich nicht einmal zu verhandeln. Wir hoffen aber, dass die Mandatszusagen ihn weich machen. Stein des Anstosses ist auch Plachutta, der recht ungeschickt ist und nach allen Seiten hin laviert und dabei nicht das nötige Format für solche Dinge hat. Er ist ein Schwätzer und Viel-Schreiber, bei dem man nie weiss, was Wahrheit und was eigene Kombination

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oder gar Dichtung in seinen Darstellungen ist, so hatte er mich f.d. Konferenz ganz falsch informiert, man kann sich auf ihn in keiner Weise verlassen; es wird also ein völliges Personal-Revirement in Steiermark notwendig sein, wenn wir aus der dortigen Kalamität mit Narren, Idealisten ohne Erfahrung und Disziplin, und andererseits üblen Mandatsakrobaten herauskommen wollen. Herr H a i n z l wird jedoch diesen Turm von Unmöglichkeiten noch um eine erhebliche Potenz erweitern. Ich behalte mir konkrete Aufträge an DICH noch vor. Nochmals bitte ich Dich, jetzt in Steiermark persönlich nicht einzugreifen, auch niemandem eine Zusage irgendwelcher Art zu machen; ich habe mir dort eine Vertrauensbasis geschaffen und bringe die Dinge bestimmt in ein gutes Geleise, wenn man mich dabei nicht stört. Oberösterreich : Peter kommt zufolge eines Todesfalles in seiner Familie erst heute Freitag abends nach LINZ zurück. Wie ich von G r e d l e r höre – Verantwortung f.d. Richtigkeit kann ich natürlich nicht übernehmen – hat sich R e i m a n n am Mittwoch bei der VdU-Landesleitungsitzung nicht ganz durchgesetzt, da gegen seinen Antrag mit 14 gegen 13 Stimmen beschlossen wurde, weiterhin mit der FP zu verhandeln. Er soll jetzt recht kleinlaut sein. Allerdings wurde BR. R a b l in das Verhandlungskomitee seitens des VdU entsendet. Ich freue mich sehr auf diesen Waffengang am Montag um 20 Uhr in LINZ. Gedächtnisprotokoll Über die Parteienverhandlung FP – VdU am Montag d. 25. Juli 1955 um 20 Uhr 15 Min. im Kaufm. Vereinshaus – Linz Teilnehmer VdU FP Bdsr. Rabl Lds.Obm Peter Ltg.Abg. Mayr Dr. v. Tongel Dr. Bauer Dr. Koch Nat.R. Reimann Wild Nat.R. Kindl Gschwandtner Vor Eröffnung der Sitzung wurde einvernehmlich (Peter – Rabl) festgelegt, dass die Nat.-Räte Reimann und Kindl vom VdU und von der Freiheitspartei Gschwandtner sich nicht an den Verhandlungen beteiligen. Bdr. Rabl eröffnet Sitzung und versucht Vorsitz an sich zu ziehen. – Peter und Dr. v. Tongel lehnen diesen Modus ab, da es sich um zwei vollkommen gleich starke und gleichberechtigte Partner handelt. Bdr. Rabl versucht daraufhin eine Tagesordnung, die die Herren des VdU vorbereitet hatten, anzuwenden. Sie lautete: 1. Besprechung über Landtagswahlen allein oder über Landtags- und Gemeinderatswahlen mit gleichzeitiger Festlegung jener Gemeinden OÖs, in welchen zu den Gemeinderatswahlen angetreten werden soll.

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2. Wahlzusammenarbeit zwischen VdU und FP a) Wahlzeugen b) Nominierung der Redner c) Wahlmitarbeiter in den 17 Bezirken 3. Wahlfinanzierung 4. Schaffung und Zusammensetzung des Landeswahlausschusses in 5 Wahlkreisen sowie dessen Arbeitsweise 5. Art der Aufstellung der Kandidaten in allen Wahlkreisen 6. Besetzung der Kandidaten in den Wahlkreisen und Gemeinden 7. Bezeichnung der Wahlgemeinschaft (Name) Dr. Tongel lehnt eine Verhandlung auf Grund dieser Tagesordnung ab – er schlägt vor, über die einzelnen Punkte ohne starre Reihenfolge wie bisher zu verhandeln. Bei Beginn der tatsächlichen Verhandlungen erklärt Bundesrat Rabl, dass alle bisher geführten Verhandlungen (insbesondere v. 12. u. 14. Juli 1955) als gegenstandslos zu betrachten sind und vollkommen neu, ohne Ressentiments an die Schaffung einer Wahlgemeinschaft herangetreten werden soll. Dr. Bauer erklärte, dass diese nun beginnenden Verhandlungen endgültig sind und das Ergebnis verpflichtend ist. Dr. Tongel und Peter bezweifeln dies aufgrund der bisherigen Erfahrungen. Ing. Rabl und Dr. Bauer versuchen nochmals die Verhandlungen an den Ablauf der von ihnen vorgeschlagenen Tagesordnung zu binden und den Punkt 1. (Bildung einer Wahlgemeinschaft zwischen VdU – FP und Parteilose für die Wahlen am 25. Okt. 1955 in OÖ) als einvermehmlich angenommen festzulegen. Hierauf neuerliche Debatte um den Vorsitz zwischen Bdtr. Rabl, Bauer, Dr. Tongel und Peter. – Nach Zustimmung der FP, den Punkt 1 als einvernehmlich angenommen zu erklären, wurde seitens Peter die Tagesordnung übergangen und die Vertreter des VdU gebeten, konkrete Vorschläge zu unterbreiten. – Nach Klärung worüber, wurde dies auf die zahlenmäßige Zusammensetzung des Wahlkomitees bezogen. Rabl nennt Stärkeverhältnis 4:3:4 nach Vorschlag Ing. Leitl, habe aber bereits von einem neuen Modus im Verhältnis 3:3:5 gehört, der vom VdU nicht angenommen werden kann. Begründung Ing. Rabl, dass die Mehrheit nicht dem Zufall überlassen werden kann. VdU verlangt 50 % aller Stellen, die Hälfte kann sich FP mit den parteilosen Persönlichkeiten teilen. Es entspinnt sich eine Debatte über Wert und Unwert der sogenannten Persönlichkeiten, wo Dr. Tongel folgende Namen nennt: Danzer/Huschka/Dunzendorfer/ Dr. Welzl – Ing. Leitl und Feitzlmayer. Es wird seitens der FP festgestellt, dass es ihr nicht so sehr um die Zahl, als vielmehr um Namen von Persönlichkeiten geht, die die Voraussetzung zu einer Wahlgemeinschaft wegen Verbreiterung der Basis sein sollen. – Wird zurückgestellt. Peter und Dr. Tongel bitten dringendst, in Hinkunft nicht mehr Namen, welche in den Verhandlunsgesprächen als Vorschläge gebracht werden, in der Öffentlichkeit als Forderung der FP schriftlich zu verbreiten.

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Rabl gibt die Erklärung ab, dass der VdU Vertreter wohl über Stellen, aber nicht über Namen Zusagen machen könne. Dr. Tongel nimmt diese Stellungnahme zur Kenntnis, ohne eigene Stellungnahme. Wird zurückgestellt. Ing. Rabl schlägt vor. über folgende Stellen sich zu einigen: Landtagswahlen Wahlkreis Innviertel 1-VdU 2-FP Hausruckv. 1-VdU 2-VdU 3-FP Traunviertel 1-FP 2-VdU Linz 1-VdU 2-FP Mühlviertel kein Vorschlag 1 Reststimmenmandat FP Vorschläge der FP Linz Peter (FP.) Innviertel Reinthaller Ing. ( „ ) Hausruckv. Leitl Ing. (parteilos) Traunviertel Hüttner ( ” ) Mühlviertel kein Vorschlag Dr. Tongel vertritt Stellung der FP zu Reststimmen und erläutert, dass keine eigene Reststimmenliste eingereicht werden soll, sondern nur der Anspruch angemeldet werden soll. Ing. Rabl lehnt dies ab. Reihung und Nominierung der Kandidaten sowie Reststimmenverfahren wird zurückgestellt. Peter stellt fest, dass Landesrat Grünbart bereits für den 20. Juli die Nennung der VdUKandidaten zugesichert hat. Ing. Rabl erklärt, dass Grünbart nicht das Recht hatte, eine solche Erklärung abzugeben. Beginnt die Debatte über die Landtags-Spitzenkandidaten Wahlkreis Innviertel und Linz sowie Gemeinderatsliste Linz. La. Mayr erklärt, Kandidatur Grünbart für VdU im Innviertel ist unerlässlich (Landesobmann). Dr. Tongel erklärt, Ing. Reinthaller habe in seinem Heimatkreis die besten Aussichten. Darauf erklärt La. Mayr, Reinthaller ist als Spitzenkandidat für den Wahlkreis Innviertel für den VdU nicht tragbar. Dr. Tongel bringt den Vorschlag der FP für den Wahlkreis Linz Peter. Neuer Mann, junger Mensch, Vertreter der Frontgeneration. Ing. Rabl erwidert, Peter sei in Linz unbekannt und verweist auf das Beispiel Dr. Sadleder bei der letzten Nationalratswahl. Keine Einigung. Wird zurückgestellt. Peter erklärt, dass bei der Besprechung am 12. Juli als Name der Wahlgemeinschaft „Freiheitliche-Heimatliste“ von Landesrat Grünbart akzeptiert wurde. Ing. Rabl erklärt, dass der Landesobmann nicht ermächtigt war, dieser Version zuzustimmen, da ein Landesverbandsbeschluss vorliegt, der „Freiheitliche Heimatliste-VdU“ vorsieht. Nat.-Rat Dr. Reimann schlägt vor „Wahlpartei der Unabhängigen“ mit dem Untertitel „Wahlgemeinschaft-VdU-FP-Parteilose“. Nach anschliessender Debatte dieser Vorschläge beantragt Dr. Tongel dies ebenfalls zurückzustellen.

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Peter stellt die Anfrage, wer als Landesrat in Aussicht genommen wird. La. Mayr und Ing. Rabl erklären, dies dem kommenden Landtagsklub der Wahlgemeinschaft vorzubehalten. Dr. Tongel erklärt, dass nach Nennung der Spitzenkandidaten durch den VdU darauf zurückgekommen werden soll. Die FP wird einen Vorschlag unterbreiten. Wird ebenfalls zurückgestellt. Dr. Reimann kommt auf den Burgfrieden im ganzen Bundesgebiet zu sprechen und schlägt vor, keine Angriffe der Spitzenkandidaten – keine Doppelmitgliedschaft – keine Presseerklärungen, die Zusammenarbeit stören u.s.f. Bauer und Nat.R. Kindl nehmen auch zu diesem Thema Stellung. Dr. Tongel wirft die Frage auf, wer soll angreifen und bringt Beispiel der Pressemeldung über Landesverbandssitzung des VdU. Nat.R. Kindl erklärt, dass es eine Vorgeschichte hatte und will sich darüber verlieren, wird aber von La. Mayr und Nat.-Rat Dr. Reimann unterbrochen und gebeten, dies zurückzustellen. Peter erklärt auf Landesebene ohne weiteres für einen Burgfrieden einzutreten, lehnt aber jede Verpflichtung diesbezüglich auf der Bundesebene ab. Es wurde vereinbart, beide Verhandlungspartner wenden sich an ihre Bundesobmänner, um auf Bundesebene durch diese eine Empfehlung an die nachgeordneten Organisationen zu erlassen. Dieser Weg wird von beiden Teilen als gangbar gehalten. Ing. Rabl nimmt zur Finanzierung des Wahlkampfes Stellung und nennt einen Betrag von S 400.000,– für 5 Wahlkreise. Es wurde von beiden Teilen ein Betrag von S 500.000,– als wünschenswert erachtet. Ing. Rabl erklärt, dass der VdU dazu 250.000,– beitragen wird, worauf Dr. Tongel erwidert, dass „die FP versuchen wird, errötend ihren Spuren zu folgen!“ (Allgemeine Heiterkeit!) Ing. Rabl erklärt, dass der VdU in 325 Gemeinden zur Wahl antreten wird (Gemeinderat). Er versprach seitens des VdU mit der Bereitstellung von 29–34 Rednern, einschliesslich Nationalräten und La. anderer Länder, die in 27 Grossversammlungen und 304 Ortsversammlungen sprechen werden. Er stellt die Frage, wieweit die FP diesen Aufwand noch ergänzen kann und wieviel Kandidaten sie zu den Gemeindewahlen stellen kann. Dr. Tongel erklärte, dazu noch nichts Verbindliches sagen zu können. Darauf kam das Gespräch auf den Spitzenkandidaten in der Gemeinde Linz. Dr. Tongel nannte den Namen Dr. Mold, welcher seine Position als Vizebürgermeister zufriedenstellend ausgefüllt habe. Ing. Rabl sowie alle anderen VdU-Vertreter erklärten auf die Spitzenkandidatur des Stadtrates Rachbauer nicht verzichten zu können, da diesem die Linzer Stadtorganisation als Voraussetzung für einen Wahlerfolg zur Verfügung stehe. Ausserdem sei ihm der VdU für seinen organisatorischen Einsatz in Linz verpflichtet. Dr. Tongel erklärte, Str. Rachbauer sei nicht tragbar, da er als stärkster Gegner einer Wahlgemeinschaft nicht in Frage komme. Die VdU-Vertreter liessen in der weiteren Auseinandersetzung durchblicken, dass sie,. um nicht an diesem Punkt zu scheitern, bereit wären, Rachbauer an einer 2. oder 3. Stelle zu konzedieren, worauf

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Gschwendtner erklärte, Genannter käme auf keiner Stelle in Frage. Es kam zu keiner Einigung und wurde auch dies zurückgestellt. Um den VdU-Vertretern zu ermöglichen, die offen gebliebenen Fragen mit ihrer Landesleitung und den Wahlmännern klären zu können, wurde beiderseits vereinbart, diese noch einmal klar festzulegen: 1. Name der Wahlgemeinschaft 2. Namentliche Nennung der VdU-Kandidaten 3. Klärung des Verhältnisses der sicher anzunehmenden Mandate. (6 : 2 oder 4 : 1) 4 Klärung über Reststimmen 5. Landesratsmandat (Namensnennung) 6. Listenführer für den Gemeinderat Linz ohne Berücksichtigung Rachbauers Bezüglich der nächsten Sitzung der beiden Verhandlungskomitees wurde vereinbart, dass Dr. Bauer einen geeigneten Termin Peter bekanntgeben wird und die gleiche personelle Zusammensetzung aufrecht erhalten wird. Die Sitzung wurde am 26. Juli um 0 Uhr l6 Min. geschlossen. Dieses Gedächtnisprotokoll wurde verfasst von Franz Wild und Carl Gschwendtner nach eigenen Aufzeichnungen und gegenseitiger Abstimmung. Gedächtnisprotokoll über die Parteienverhandlung FP – VdU am 29. Juli 1955 um 18 Uhr im Kaffee Ortner, Linz Teilnehmer: VdU FP Bdsrat. Ing. Rabl Landesob. Peter Ldt.A. Mayr Wild Dr. Bauer Gschwendtner Nat.-Rat Kandutsch Pospischill Im Einverständnis beider Teile nahm an der Sitzung Ing. Leitl als Parteiloser teil. Ing. Leitl begründete seine Anwesenheit und erläutert, dass diese zur allgemeinen Entspannung beitragen soll. Peter stellt an Ing. Rabl die Anfrage, ob die heutige Besprechung als offiziell anzusehen ist oder nur informativ wäre. Ing. Rabl bestätigt namens des VdU, dass es sich um eine offizielle Verhandlung handelt. Peter stellt weiters die Frage, wieso es zu der Radiodurchsage und Pressenotiz über die Verhandlung vom 25. Juli gekommen ist, obwohl sich beide Telie verpflichtet haben, keine wie immer geartete Verlautbarung herauszugeben. Dr. Bauer erklärt dies dahin gehend, dass ein APA-Vertreter bei Grünbart anfragte und auf Grund einer ganz kurzen unverbindlichen Bemerkung eine Pressenotiz formulierte.

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Ing. Rabl nahm zu einer Information aus Wels, die besagen sollte, dass die jetzt geführten Verhandlungen seitens des VdU nicht ernst genommen werden, Stellung und dementiert dies auf das energischste. Er wiederholte das Hauptziel der Wahlgemeinschaft, dass eine Mehrheit der ÖVP im Landtag verhindert werden müsse. – Ing. Rabl rekapitulierte nochmals, dass alle Besprechungen vor dem 25. Juli als gegenstandslos zu betrachten sind, dass die jetzigen Verhandlungen, falls sie zum Abschluss kommen, endgültig und verbindlich für beide Teile sind. Nat.R. Kandutsch erklärte, dass eine Vereinbarung auf oö. Landesebene wertlos sei, wenn es nicht auf Bundesebene zu einem Burgfrieden komme. Nat.-Rat Stendebach ist grundsätzlich zu einer Aussprache mit Ing. Reinthaller bereit, fährt aber am 15. Aug. nach Schweden (Wehrmacht-Informationsreise) und drängt auf nahen Termin. Peter wird Termin von Reinthaller vermitteln, erklärt aber neuerlich, dass er nur für OÖ eine Zusage geben kann. Nat.R. Kandutsch berichtet über die derzeitigen Verhandlungen in Wien zur Verbreiterung der Basis der „Dritten Kraft“. Grundsätzlich ist vorgesehen, nach den oö. Landtagswahlen eine neue Partei mit einem neutralen Namen zu schaffen. In Wien wurde darauf hingewiesen, dass, wenn es in OÖ zu keiner Einigung kommt, für eine „dritte Kraft“ keine ernsten Aussichten bestehen. Ing. Rabl führt zu den am 25. Juli zurückgestellten Punkten über und schlägt für die Leitung der Wahlgemeinschaft eine Verhältnis von 50 : 50 für VdU und FP vor. Parteilose ohne Stimmrecht. Peter besteht auf den am 25. ds. genannten Zahlen von 3:3:3 oder 2:2:2. Rabl schlägt vor 4:2:2, und zwar Ing. Rabl – Dr. Bauer – Mayr und Grünbart weiters Peter – Reinthaller und Ing. Leitl – Hüttner. Nachdem keine Einigung, weiterer Kompromissvorschlag: Ing. Rabl 4:3:2 (FP plus Dr. Tongel), wobei die Parteilosen je einer von beiden Parteien nominiert werden sollen. Peter erklärt, Vorschlag wird unverbindlich zur Kenntnis genommen. Ing. Rabl ergänzt, dass die Leitung der Wahlgemeinschaft für alle Wahlfragen ausser den finanziellen Entscheidungen verbindlich fasst. Zur Frage der Spitzenkandidaten für den Landtag erklärt sich FP zu einem Kompromiss bereit und schlägt vor: Innviertel: Grünbart Hausruckv.: Ing. Reinthaller Weitere Besetzungen bleiben offen. Ing. Leitl erklärt sich bereit, auf Kandidatur im Hausruckviertel zu verzichten und im Mühlviertel zu kandidieren. Bei den Spitzenkandidaten für den Linzer Gemeinderat kam es über die Person Rachbauer wieder zu keiner Einigung und wurde zurückgestellt. Dagegen wurde folgende Reihenfolge von beiden Parteien ohne Einspruch zur Kenntnis genommen: 1. VdU 2. Parteilos 3. FP 4. VdU

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5. FP Weitere Stellen blieben offen. Bezüglich des Namens der Wahlgemeinschaft vertraten die Herren des VdU wieder die Ansicht, dass die Bezeichnung WdU etc. unerlässlich sei, weil es unmöglich ist, in der kurzen Zeit bis zu der Wahl einen neuen Namen durchzubringen. Peter blieb bei der Festlegung „Freiheitliche Heimatliste“ ohne WdU. Nach längerer Debatte wurde eine Version „Freiheitliche Gemeinschaft – WdU“ als Kompromisslösung, ohne von beiden Seiten als verbindlich aufgefasst zu werden, angenommen. Die Herren des VdU verlangten in Kürze eine endgültige, abschliessende Sitzung und begründeten dies mit der immer knapper werdenden Zeit bis zu den Wahlen. Peter schlug 10. August vor, was bei den Herren des VdU auf heftigsten Widerstand stieß und der FP den Vorwurf der Verzögerung gemacht wurde. Peter erwiderte, dass die Verhandlungen bereits seit dem 8. März laufen und seitens des VdU bisher immer hinausgezögert wurden. Der FP heute den Vorwurf einer Verzögerung zu machen, sei absurd. Eine Sitzung vor dem 10. August sei unmöglich. Für die Sitzung am 10. August wurden folgende Punkte festgehalten, die dabei erledigt werden müssen: Landtagskandidaten in OÖ, einschließlich Gemeinderat Linz Burgfriedensschluss zwischen Ing. Reinthaller und Oberst Stendebach Zusammensetzung der Leitung der Wahlgemeinschaft Name der Wahlgemeinschaft Reststimmenliste VdU-Landesverband Oberösterreich an Landesgruppe der Freiheitspartei, zu Handen Friedrich Peter, 2. August 1955 Der engere Vorstand des Verbandes der Unabhängigen OÖ hat nach Kenntnisnahme der Verhandlungsergebnisse zwischen FP und VdU vom 25. und 29. 7. 1955 dem Standpunkt seiner Landesverbandsleitung entsprechend, seine Stellungnahme wie folgt präzisiert: 1.) Die Wahlgemeinschaft soll den Titel „Freiheitliche Gemeinschaft – WdU“ führen. 2.) Das Wahlkomitee setzt sich aus 4 Vertretern des VdU, 3 Vertretern der FP und 2 parteilosen Vertretern zusammen, wobei einer der letzteren vom VdU nominiert wird. 3.) Die Spitzenkandidatur in Linz für den Landtag fällt auf den VdU. 4.) Die Spitzenkandidatur in der Gemeinde Linz bestimmt ausschließlich der VdU und 5.) die Verfügung über das 1. Reststimmenmandat fällt dem VdU zu. Über alle weiteren Fragen ist im allgemeinen eine Übereinstimmung erzielt worden. Wir haben bisher ein so weitgehendes Entgegenkommen gezeigt, daß Sie sicherlich dafür Verständnis aufbringen werden, daß wir von obigem Standpunkt nicht weiter abgehen können. Ohne unsere künftige Zusammenarbeit einer Belastung aussetzen

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zu wollen, müssen wir allerdings bedauern, daß die bisherigen monatelangen Verhandlungen im wesentlichen nicht sachliche Fragen, sondern Ihre konkreten Mandatswünsche berührten. Wir glauben weiterhin an Ihre Einsicht appellieren zu müssen, daß Sie im Interesse der Wählerschaft des gesamten nationalen und freiheitlichen Lagers jene die Öffentlichkeit nur unangenehm berührende Frage der Mandatsverteilung [es fehlt ein Wort], [handschriftliche Anmerkung: Impertinenz!!! Größenwahn]

d) Die Einigung Kurzbrief Willfried Gredlers an Dr. van Tongel (der bereits ungeduldig urgierte, obwohl erst seit Montag hier) und Ing. Reinthaller. 1. Unterredung Mayer-Gunthof.211 Bat mich darum. Er würde im Herbst durch 2 Monate Lauda vertreten, der nach den USA fährt. Ließ sich durch mich Situation schildern. Reinthaller nach ihm sehr anständiger Mann, allerdings als ehemaliger Anschlussminister nicht herauszustellen. Van Tongel sehr gute Familie, würde er kennen. Grossdeutsche, die Nazi geworden, an sich keine Nazi. (Ich unterstütze diese Version heftig, MG. kannte interne Familienspannungen derer van Tongel nicht212 – es kam zu Tongel-Belobigungsorgien bei einem übrigens hervorragenden Essen, für welches ich auch zu solchem Tun mich bereit fand. Ausserdem wurde auch Pingitzer gefeiert.) MG sagte, er mache nichts ohne Kanzler, mit mir sei man in der Wirtschaft sehr zufrieden und ich hätte überall Zustimmung zu meinen Plänen. Er frug, ob Kraus wirklich so bestechlich sei. Bauer, den ich wie immer lancierte, habe keinen politischen „sex appeal“, sonst sei er sicher sehr verwendbar. MG bat mich, vor Entscheidungen mit ihm zu sprechen. OÖ-Wahl werde von ÖVP gewonnen, weitere Einzelheiten würde er den Leuten dort überlassen. Nächste Unterredung Septemberende. 2. Unterredung Kretz – Hornbostel.213 Gaben eingangs Schilderung OÖs. Starker Komplex gegen Leitl/Resinger (rate den-

211 Franz Josef Mayer-Gunthof, Industrieller (Vöslauer Kammgarnspinnerei), 1954–60 Vizepräsident der Industriellenvereinigung, 1955–73 Vizepräsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes. 212 Van Tongels Vater hatte den Sohn nach dessen Übertritt zur NSDAP während des Ständestaats selbst angezeigt  ; vgl. Piringer, Geschichte der Freiheitlichen, 27. 213 Am 2. August hatte Gredler berichtet, er habe für den 7. ein Treffen mit Hornbostel im Bahnhofsrestaurant Attnang-Puchheim vereinbart.

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zu wollen, müssen wir allerdings bedauern, daß die bisherigen monatelangen Verhandlungen im wesentlichen nicht sachliche Fragen, sondern Ihre konkreten Mandatswünsche berührten. Wir glauben weiterhin an Ihre Einsicht appellieren zu müssen, daß Sie im Interesse der Wählerschaft des gesamten nationalen und freiheitlichen Lagers jene die Öffentlichkeit nur unangenehm berührende Frage der Mandatsverteilung [es fehlt ein Wort], [handschriftliche Anmerkung: Impertinenz!!! Größenwahn]

d) Die Einigung Kurzbrief Willfried Gredlers an Dr. van Tongel (der bereits ungeduldig urgierte, obwohl erst seit Montag hier) und Ing. Reinthaller. 1. Unterredung Mayer-Gunthof.211 Bat mich darum. Er würde im Herbst durch 2 Monate Lauda vertreten, der nach den USA fährt. Ließ sich durch mich Situation schildern. Reinthaller nach ihm sehr anständiger Mann, allerdings als ehemaliger Anschlussminister nicht herauszustellen. Van Tongel sehr gute Familie, würde er kennen. Grossdeutsche, die Nazi geworden, an sich keine Nazi. (Ich unterstütze diese Version heftig, MG. kannte interne Familienspannungen derer van Tongel nicht212 – es kam zu Tongel-Belobigungsorgien bei einem übrigens hervorragenden Essen, für welches ich auch zu solchem Tun mich bereit fand. Ausserdem wurde auch Pingitzer gefeiert.) MG sagte, er mache nichts ohne Kanzler, mit mir sei man in der Wirtschaft sehr zufrieden und ich hätte überall Zustimmung zu meinen Plänen. Er frug, ob Kraus wirklich so bestechlich sei. Bauer, den ich wie immer lancierte, habe keinen politischen „sex appeal“, sonst sei er sicher sehr verwendbar. MG bat mich, vor Entscheidungen mit ihm zu sprechen. OÖ-Wahl werde von ÖVP gewonnen, weitere Einzelheiten würde er den Leuten dort überlassen. Nächste Unterredung Septemberende. 2. Unterredung Kretz – Hornbostel.213 Gaben eingangs Schilderung OÖs. Starker Komplex gegen Leitl/Resinger (rate den-

211 Franz Josef Mayer-Gunthof, Industrieller (Vöslauer Kammgarnspinnerei), 1954–60 Vizepräsident der Industriellenvereinigung, 1955–73 Vizepräsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes. 212 Van Tongels Vater hatte den Sohn nach dessen Übertritt zur NSDAP während des Ständestaats selbst angezeigt  ; vgl. Piringer, Geschichte der Freiheitlichen, 27. 213 Am 2. August hatte Gredler berichtet, er habe für den 7. ein Treffen mit Hornbostel im Bahnhofsrestaurant Attnang-Puchheim vereinbart.

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noch, diese nicht zu VdU zurückkehren zu lassen, sondern zu berücksichtigen). Reinthaller sei deprimiert, seine Versammlung in Linz sei kein Erfolg gewesen, auch von ihm werde sie nicht dafür gehalten. (Hier widersprach ich, gab Darstellung der Gesamtbundesverhältnisse.) Das Geld sei R. eingestellt worden, weil die oö. FP nach aussen getragen habe, sie erhalte Geld und Grünbart protestiert habe, dies sei keine Unterstützung der Sammlung, sondern Parteiergreifung. Beide unterstrichen, dass ausdrücklicher Beschluss vorliege, FP nicht zu unterstützen, VdU ebenfalls alles zu stoppen. Das Geld sei nur für Reinthaller persönlich gewesen; er habe es aber weitergegeben und dies sei bekanntgeworden. Reinth. sei der Anständigste im nationalen Lager, drum wollte man ihm persönlich helfen. (Ich hoffe, dass diese persönliche Unterstützung wieder fliessen wird, machte mich sehr stark dafür.) Man wünsche in OÖ die Wahlgemeinschaft, sonst erhalte keiner was.214 Man wolle wieder im September unter Einschluss Tongels, der gut liegt bei den Herren, verhandeln.215 Falls WG nicht zustande kommt, wollten beide Herren nichts geben. (Hier hoffe ich doch auf eine Änderung hingewirkt zu haben, mit der VDU-Fangstosstheorie Wieds, d.h. könnte man vielleicht auch bei einem Wahlkampf FP gegen VdU [etwas] bekommen, viel aber kaum.) Man wolle überhaupt die Sammlung. FP sei nur in Kärnten und Tirol beachtlich, in Steiermark ärgerlich und sonst sei VdU besser. Erstmals meinte Hornbostel, selbst eine Einigung im VdU sei besser als gar keine! Eine neue Tonart, der ich durch viele Argumente hoffe, den Hals gebrochen zu haben. Man wolle wissen, was es um das neugebildete Komitee auf sich hat. Ich berichtete davon. Kam dann wieder mit dem ‚Lobet den Bauer‘-Hymnus. Hornbostel für B., aber nicht an Spitze, dort solle ich hin, Kretz war mal Bauers Angestellter, sprach nicht dazu, war aber mit H. einverstanden. R. Anbot, als einer von vier Stellvertretern im Falle einer Einigung zu fungieren, wurde sehr gelobt. Wie immmer OÖ ausgehen möge, war man für einen massiven Versuch der Sammlung nach den OÖ-Wahlen und versprach sehr runde Summen dafür mir zu geben. Nur mir könne man es versprechen, weil ich allein entsprechend bei allen Länderdelegierten liegen würde. Emissär Bauers käme zu Hornb. nächste Woche, dem wolle er das auch sagen. (Hier stellte ich mein Gebauere als aussichtslos ein.) 214 Zu diesem Beschluss führt Viktor Reimann (Dritte Kraft, S. 270) aus  : »Die Industriellenvereinigung sperrte die Gelder an alle. Das wirkte Wunder.« 215 Van Tongel erwiderte diese Gefühle nach Bekanntgabe des Beschlusses keineswegs  : Er schrieb schon am 6. August, er sei bestürzt über die Mitteilungen wegen Kretz. »Hier wird man im Herbst eine Individualaktion bei den einzelnen nationalen Mitgliedern dieses famosen Verbandes der selbständig Wirtschaftstreibenden einleiten müssen, um sie aufzuklären, was ihre Leitung mit den von den Mitgliedern gespendeten Beiträgen treibt.« Am 13. August setzte er fort  : »Der Zipfinger [= Kretz] scheint nicht ganz aufrichtig zu sein. Wir sollen bei diesen Brüdern einmal Fraktur reden, die führen uns doch niederträchtigst an der Nase herum.«

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Ergebnis: Fürs erste ist höchstens eine Unterstützung Ing. R. persönlich wieder zu erhoffen. Falls OÖ getrennt marschiert, müsste ich für FP nochmals persönlich versuchen, vielleicht reisse ich was raus, aber nur streng geheim. Auf Bundesebene sind einige massgeblich, so Foradori, absolut Anti-FP. Eine Finanzierung der FP als solche halte ich für aussichtslos, auch für eine künftige Wahl. Man muss versuchen, das Sammlungskonzept zu nützen und entweder alle unter einen Hut (die lächerlichen Komplexe gegen die paar BL-Mitglieder der VdU-Leitung müssen eben zurückgestellt werden, das Ursin-Prinzip Kampf aller gegen alle ist nicht dotierbar!) oder aber Komitee plus FP unter öffentlicher Klarstellung der Schuldfrage bei starker Propagandawirkung. Mir selbst wurden abermals sehr seriöse Zusagen gemacht, die ich trotz Versuchs nicht auf andere Personen ableiten kann. Unter anderen Auszahlung der ganzen aufgestockten Summe, was seit Juli allerhand ergibt, aber nur für eine Sammlungsaktion. Ich kann nichts dafür, das dies immer so abläuft. Schliesslich mache ich mich langsam lächerlich, wenn ich sooft ich genannt werde, mit einer Lamentation meiner Unwichtigkeit anfange und R, To oder Bauer herausstreiche. Wichtig ist es, im Herbst mit mir abzustimmen, wie man das Konzept Tongel und meines vereint und welches die Wünsche und Auffassungen R.’s dann nach Stand der Dinge sein werden. Beiden Herren ergebenste Grüsse und Entschuldigung für die Form! Sondervermerk Ing. R. – Stendebach will nach Schwedenreise und Parlament, etwa 9. Sept. kommen, anders gehts nicht, auch bei mir wäre es dann wohl möglich. Bleibt nur unter uns dreien. Er schrieb heute sehr vernünftig und bereit. Anton Reinthaller an Emil van Tongel, 16. August 1955 Soeben kam Dein Brief v. 13. d. M. – dass Schorsch das Blödeste tat, was er tun konnte, steht fest, aber uns kann’s recht sein. Im übrigen erhebt sich das Volk gegen den raufenden u. sich gegenseitig mit Ohrfeigen bedrohenden Haufen der oö. VdU L.L., weil man den Abbruch der Verhandlungen als Wortbruch empfindet. Monatelang hat man die revoltierenden Funktionäre damit vertröstet, dass ohnehin die Wahlgemeinschaft kommt u. jetzt der Clou: Der dummdreisten Behauptung, wir hätten abgebrochen, hat man als Gegenbeweis die Abschrift unserer Vorschläge beigegeben – dankenswerterweise, so dass alles zu fragen beginnt. Wels war gut besucht. Heute Sitzung des Komitees der Wahlgemeinschaft u. Beschluss­ fassung, ob Großkundgebung oder nicht. Von dieser wird es abhängen, ob wir einsteigen. So wie die Dinge sich entwickeln, darf man hoffen. Ursin scheint von allen Göttern verlassen zu sein. Bd.Vorstandsitzung setze ich für Dienstag, den 23. 8. um 19 Uhr im Kfm. Vereinshaus

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Klubzimmer an. Es gibt eine Menge zu besprechen. Schüsse von den L.L.tgen werden en masse kommen u. mit Recht. Wir waren ja keine Bd.Leitung. Meine diesbeügl. Ausführungen vor Wochen hast Du mit der Bemerkung „graue Theorie“ abgetan. Von allen Ländern hagelt es Proteste, weil wir uns seit Monaten nicht bemerkbar machen. Daß die Länder unter diesen Umständen selbst handeln u. zu den aktuellen Problemen Stellg. beziehen ist nicht verwunderlich. Zeitungsmangel ist deprimierend. Aktion wird nun kaum mehr zu haben sein. Das haben wir versäumt. Moser hat sich nicht gerührt. Friedrich Middelhauve216 an Anton Reinthaller, Bad Reichenhall, 19. August 1955 Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen für unser gestriges Treffen zu danken. Ich habe mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen, und hoffe, dass wir uns im Herbst in Düsseldorf oder Köln wiedersehen werden. Mit herzlichen Wünschen für Ihre Arbeit und mit kameradschaftlichen Grüssen. Friedrich Peter an Emil van Tongel, 19. August 1955 Ich danke für Ihren Brief vom 18. d. M.; die letzten Tage waren so gerüttelt voll an Ereignissen und erfüllt von Verantwortung, daß ich einfach nicht zum Schreiben gekommen bin. In der Regel berichte ich ausführlich, dieses Mal sind Sie zu kurz gekommen. Nun zu den Problemen. Zu Einberufung der Welser Tagung wurde der Chef durch die ständigen Interventionen der VdU-Unterführer veranlaßt. Es war richtig, daß er diese Besprechung über die Bretter hat laufen lassen. Obendrein ist durch die Gründung eines Proponentenkomitees, dem die FP nur mit zwei Vertretern offiziell angehört, die Verantwortung von uns genommen worden. Die Wahlgemeinschaft „freiheitliche Heimatliste“ ist nach außen hin keine Sache der FP, sondern eine solche des gesamten national-freiheitlichen Lagers, wenn sie auch vollkommen von uns geführt wird. Die Welser Vorgänge sind dem VdU und vielleicht noch mehr den Geldleuten in die Glieder gefahren. Jeder von uns weiß, daß mit einer Doppelkandidatur kein leichtfertiges Spiel getrieben werden darf und daß die Person Reinthaller durch diese Vorgänge keinen Abbruch erleiden darf. Meiner Meinung nach wird man den Chef von den weiteren 216 Der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Friedrich Middelhauve (1896–1966), war 1954–56 stellvertretender Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Die Einladung zu einem Treffen war am 28. Juli über Freyborn erfolgt. Nach Nordrhein-Westfalen ergab sich um dieselbe Zeit auch eine zweite Verbindung  : Denz hatte Reinthaller am 4. Juli über ein Gespräch mit dem ›Spiegel‹-Journalisten Germani informiert, der berichtete, »dass auf deutscher Seite vor allem bei der Industrie starke Enttäuschung herrsche, weil nämlich in der Frage deutschen Eigentums man sich fälschlich auf die ÖVP verlassen habe«. Er empfahl, sich mit dem Essener Rechtsanwalt Dr. Knoll, Syndikus der Firma Krupp und Vertreter der Studiengesellschaft für private Auslandsinteressen, in Verbindung zu setzen, bei dem man eine »ziemliche Aufgeschlossenheit« festgestellt habe, »wenn eben eine klare Ausrichtung vorliege«.

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Vorgängen in Österreich vollkommen heraushalten müssen, ob die Entwicklung so oder so läuft. Jedenfalls besteht die WG. „Freiheitliche Heimatliste“. Der VdU wurde eingeladen, seine Vertreter in das Proponentenkomitee zu entsenden und sich an der Bildung der WG. zu beteiligen. Von einer proporzmäßigen Beschickung der Leitung der WG. kann heute nicht mehr die Rede sein, denn die Leute, die bereits im Proponentenkomitee sind, bleiben natürlich drinnen. Sie sind uns ergeben und wenn nun zwei oder drei VdU-Vertreter dazukommen, so schadet das nichts. Zudem hat Zangel einen Vermittlungsversuch gestartet, der dem VdU vollends den Schwarzen Peter in die Hand gibt und uns von jeder historischen Schuld befreit. Aus den beiliegenden Abschriften mögen Sie die Vorgänge erahnen, die nun abgelaufen sind und die in Kreisen unserer Wähler lediglich die Position der FP gestärkt haben. Mandatsmäßig wurde Grünbart als Spitzenreiter im Innviertel konzediert. Ob der Chef im Hausruckviertel kandidiert, ist fraglich. Ich wäre nach dem Stand der Dinge dafür, daß er dem Ganzen seinen Segen gibt und sich dann zurückzieht, um für die kommende Entwicklung auf Bundesebene frei zu sein. So ist Bachinger im Hausruck entweder Listenführer oder Listenzweiter. In Linz scheint man mich nun zu schlucken, Hüttner dürfte in Traunviertel verdaut werden. Als Listenzweiter in Linz wäre Wögerer vorgeschlagen. Die Frage Leitl ist offen, eventuell kandidiert er im Mühlviertel mit Restlistenabsicherung (2. Stelle). Unser Interesse an Leitl schwindet von Tag zu Tag. Mehr darüber mündlich. Im Gemeinderat Linz lautet der Vorschlag Mold, Huschka, Rachbauer, damit nicht die WG. an der Personenfrage scheitert.217 Die Wohlmeinung aller Kreise ist nun auf unserer Seite. Wenn sich der VdU, der das Scheitern der Verhandlung bereits veröffentlicht hat, zu diesen Vorschlägen ablehnend verhält, dann ist er vollends fertig. Im Grünen Salon haben die Berichte Zangels Wunder gewirkt. Falls es zur WG. kommt, so werden diese Leute die Entscheidungen gegen die VdUVertreter zu unseren Gunsten beeinflussen. In Wels war geplant, am 28. VIII. einen „national-freiheitlichen Landestag“ abzuhalten, der über das Antreten der FHL neben dem VdU entscheiden sollte. Diesen habe ich wegen des Rieder Volksfestes, das an diesem Tag beginnt, auf den 4. IX. verschoben, wenn er überhaupt durchgeführt wird. Jedoch war ich heute mit Jelinek, Welzl, Koch und Kerschner bei v.Wied. Der Unterredung wohnte Yasikoff bei. Jelinek, Koch und Welzl haben den Herren unverblümt die Meinung gesagt und mit den sachlichen Darlegungen, die für uns und gegen den VdU

217 Otto Huschka, Angestellter der Stickstoffwerke, war ehemaliger Unteroffizier des Bundesheeres (bis 1928), dann Linzer Schutzbundführer und enger Mitarbeiter Bernascheks gewesen. Er schloss sich im Exil der NSDAP an und war ab 1938 Leiter des Wohn- und Siedlungswesens. Der ehemalige Stadtrat Rachbauer legte nach der Wahl sein Mandat nieder und wurde bei seinem Ausscheiden von Bürgermeister Koref explizit gelobt (vgl. OÖN, 6. 10. 1955, S. 2 und 16. 11. 1955, S. 5).

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sprachen, sicherlich Eindruck gemacht. In der kommenden Woche wird die Wirtschaft zusammentreten, um zu entscheiden, ob die WG finanziert wird, wenn der VdU die letzten Angebote ablehnt und so die Einigung verhindert. Grünbart erklärt überall, ihm sei alles gleich, er will sich zurückziehen. Andererseits erklärte er Hieß, daß er bereits 140.000 Stimmzettel „WdU Georg Grünbart“ habe drucken lassen und Hieß möge hinter ihm kandidieren. Im Interesse von Hieß bitte ich aber um strenge vertrauliche Behandlung dieses Hinweises. Sie sehen also, daß von voreiligen und überstürmten Entscheidungen keine Rede sein kann, wenn auch der Akademikerverband bereits 5.000 Einladungen für Wels abgezogen hat. Die maßgeblichen Entscheidungen fallen neben der Länderkonferenz in der kommenden Woche. Sie werden unsererseits sicherlich von der Überlegung beeinflußt, daß im Interesse des Antretens auf der Bundesebene sich der Chef hier nicht weiter exponieren darf. Im übrigen werde ich seit einer Woche von Rabl um eine Unterredung gebeten. Ich habe heute H. v. W. auch darüber berichtet, daß ich morgen mit Dr. Jelinek dieser Einladung Folge leisten werde, um mir die Rabl’schen Vorschläge anzuhören. Allein gehe ich nicht hin, ich brauche dazu einen Zeugen. Für die Länderkonferenz wollen wir bedenken, daß durch eine plötzliche und überaus ernsthafte Erkrankung von Frau Reinthaller eine allzu große Belastung des Chefs vermieden werden muß. Es ist schon genug, daß sich die Ereignisse in der kommenden Woche überstürzen werden. Die Einladung für die Länderkonferenz traf heute von Dr. Ursin ein, ich habe sie bereits vor einer Woche ausgesandt. Doppelt genäht hält besser. In großen Zügen habe ich Sie nun in die Lage eingewiesen. Die Details dann mündlich. Landesleitungssitzung ist hier nicht am Dienstag, sondern am Donnerstag nach der Länderkonferenz. Die Stellungnahme Oberösterreichs zu den Wahlen am 23. X. 1955 könnte zum Beispiel augenblicklich noch nicht endgültig präzisiert werden, da verschiedene Entscheidungen noch ausständig sind. Eine Gegenkandidatur der FHL gegen den VdU halte ich für ungünstig, es sei denn, man brächte den Großteil des jetzigen VdU in den Schoß der WG.; daran aber zweifle ich. Am Dienstag aber mehr. Finanzierungsvorschlag [I] Finanzierungsvorschlag 1.) Landessekretariat: Miete für zweieinhalb Monate Telephon- und Telegrammgebühren detto Portogebühren für den gleichen Zeitraum 1. Landessekretär 4 Wahlkreissekretäre, Linz wird eingespart

S S S S S

3.000,– 6.000,– 6.000,– 6.000,– 16.000,–

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3 Hilfskräfte 2 Schreibmaschinen, Vervielfältigungsapparat etc. Bürobedarf, Reisekosten, Soziallasten usw. Beförderungsmittel für die Wahlkreissekretäre etc. Betriebskosten einschließlich Versicherung 2.) Etatvorschlag: Stimmzettel in vierfacher Ausfertigung der Gesamtwahlzahl, zweimalige Aussendung im Postwurf. 1 Doppelbogenplakat mit Affichierung 1 Wahlaufruf, Bogenplakat, 70 gr. Kulör, orange, l0.000 A Versammlungsankündigung als Standardplakat. 1 achtseitige Wahlbroschüre als Postwurf Flugzettel,Verschiedene Texte, Kulör 70 gr Briefumschläge für Postwurf mit Aufdruck. Wahlaufruf in DIN A4, 50.000 Auflage Postgebühren für Aussendungen ohne die beiden P.-Würfe Verteilerarbeiten für Flugzettel, Stimmzettel, Plakate Kinowerbung, Herstellung von 150 DIAS, Entwurf, Photogr. Kolorierung à 60,– S Einschaltgebühren, Ankündigungsabgaben, Versandspesen Dazu Sprechdias für die Bezirkshauptorte, Herstellung d. Tonträger 3000, zusätzl.Einschaltgebühren 3000 Anzeigenwerbung in unabhängigen Zeitungen. Werbeschallplatten für Wählerversammlungen mit Reden von Gredler, Reinthaller etc. für kleinere Gemeinden 5 Wahlgroßkundgebungen à 7.000,– S Informationsblatt (Wahlzeitung) nach Bedarf, sonst wochenweise, einschließlich Versand (5.000,– S) Rednereinsatz, Fahrtkosten, Versammlungsaufwand usw.…

S 12.000,– S 15.000,– S 35.000,– S 50.000,– S 20.000,– S 170.000,–

S S S S S S S S S S

120.000,– 60.000,– l0.000,– l0.000,– 60.000,– 20.000,– 15.000,– 20.000,– 30.000,– 20.000,–

S S

9.000,– 30.000,–

S S

6.000,– 50.000,–

S S

l0.000,– 35.000,–

S S

55.000,– 30.000,–

S 590.000,– Zusammenfassung: 1.) Landessekretariat S 170.000,– 2.) Etatvorschlag S 590.000,– S 760.000,–218 xxxxxxxxxxxxxx 218 In einem zweiten Entwurf wurden für einzelne Posten noch höhere Summen veranschlagt. Insgesamt erhöhte sich die Summe auf 184.000,– plus 675.000 S, insgesamt also S 859.000,–.

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Nachbemerkung Damit das Wort gewichtiger Redner auch in kleineren Gemeinden hörbar wird, kommt der Schallplatte besondere Bedeutung zu. Eine Seite kann zum Beispiel von Ing. Reinthaller, die andere von Dr. Gredler besprochen werden. Bei Langspielplatten kommt jeder Redner zehn Minuten zu Wort. Zum Vergleich eine Aufstellung: [monatliches] Budget „FPÖ“ vom Herbst 1955 Hauptgeschäftsführer 5.000,– Nebengeschäftsführer Neugebauer 3.000,– Verbindungsmann zu den unabh. Betriebsräten 5.000,– 2 Schreibkräfte 1.400,– 1.200,– Archiv 1.100,– Büromaterial 1.500,– Porto, Telefon 3.000,– Wochenkarte f. Mädels 340,– Soz.Lasten 3.500,– Buchhaltg., Kassa 2.000,– Miete, Licht u. Heizung 880,– Reinigung d. Büros 250,– 13tes Monatsgehalt, alle 4.000,– Aufwd.-Entsch. 2.000,– Reisekosten 4.000,– 9 Ld.Gesch.führer à 3000,– 27.000,– 13 Wahlkr.Sekretäre à 3000,– 39.000,– Ld. Wien, NÖ, Bgld. 6.000,– 10.000,– 6.000,– Propaganda mit Rücksicht auf kommende Wahl, Presse direkt, Informationsblatt 30.000,– __________________ 156.170,– x 14 = 2.200.000,– Wahlbudget 3.500.000,– Mitgliedsbeitrag 1/3 Bd. 15.000,–

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Vereinbarung Abgeschlossen zwischen dem VdU-Landesverband Oberösterreich sowie der Freiheitspartei, Landesgruppe Oberösterreich. 1. Für die oö. Landtags- u.Gemeinderatswahlen am 23. Okt.1955 wird zwischen den obenstehend angeführten Parteien eine Wahlgemeinschaft gebildet, welche die Bezeichung FREIHEITLICHE WAHLGEMEINSCHAFT219 VdU – FP – Parteilose führt und bis zur Bildung einer einheitlichen national-freiheitlichen Landespartei bestehen bleibt. 2. National-freiheitliche Gruppen sowie parteiungebundene Einzelpersönlichkeiten können sich jederzeit der Wahlgemeinschaft anschließen. 3. Die Leitung der Wahlgemeinschaft obliegt dem Präsidium. Demselben gehören die nachstehenden Herren an: Dr. Walter Bauer Georg Grünbart Franz Danzer Friedrich Peter Dipl.-Ing. Anton Reinthaller a) Das Präsidium wählt Obmann und Obmannstellvertreter und fällt alle Entscheidungen, die sich aus der Wahlvorbereitung und den Wahlerfordernissen ergeben, mit Mehrheitsbeschluß.220 b) Das Präsidium bestellt die Fachausschüsse, deren Zahl und Zusammensetzung sich aus den Erfordernissen ergibt. 4. Für den Fall, daß Meinungsverschidenheiten im Präsidium nicht durch Stimmenmehrheit entschieden werden können, ist die Entscheidung durch den Spruch eines unparteiischen Schiedsgerichtes herbeizuführen, dem folgende Herren angehören:221 Oskar Hinterleitner, Vorsitzender Dr. Alfred Jelinek Dr. Oskar Welzl

219 In früheren Entwürfen hatte es noch geheißen  : Wahlgemeinschaft »Dritte Kraft«. 220 Reinthaller hatte auf Peters Konzept am 30. August präzisiert  : »mit Mehrheitsbeschluß«. 221 Oskar Hinterleitner (1881–1978), Geschäftsführer der Firma Schadler (Tonöfenfabrik), war seit 1932 Kammerrat, 1939–44 Präsident der oö. Handelskammer und Abteilungsleiter der Landeshauptmannschaft gewesen  ; seit 1950 gehörte er dem Vorstand des oö. Landesverbandes der Industriellenvereinigung an. Alfred Jelinek war Präsident des Freiheitlichen Akademikerverbandes, Oskar Welzl Staatsanwalt a. D. (und informeller Rechtsberater Reinthallers).

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Alle an der Wahlgemeinschaft Beteiligten unterwerfen sich ohne Vorbehalt dem Spruch des Schiedsgerichtes. 5. Das Präsidium stellt zugleich den Finanzausschuß dar, der die Finanzierung der Wahl leitet. 6. Im besonderen obliegt dem Präsidium die Aufgabe, die von den Vereinbarungspartnern vorgeschlagene Aufstellung und Reihung berücksichtigend,222 die endgültige Listenaufstellung vorzunehmen. 7. Alle Funktionäre und Wahlwerber der Wahlgemeinschaft verpflichten sich, nur deren Zielen zu dienen und sich ab 23. Oktober 1955 um die Bildung einer einheitlichen national-freiheitlichen Landespartei, welche sich noch in diesem Jahr konstituiert,223 zu bemühen. 8. Die gesamte Wahlvorbereitung und Wahlwerbung erfolgt ausschließlich unter dem gemeinsamen Titel der Wahlgemeinschaft. Vor allem verpflichten sich die Versammlungsredner zur strikten Einhaltung dieses Punktes durch ihre Unterschrift. Die an der Wahlgemeinschaft beteiligten Parteien und Gruppen unterlassen es künftighin, öffentliche Versammlungen und Veranstaltungen unter ihrer Parteibezeichnung durchzuführen. 9. Die Partner stellen mit dem Tag des Vereinbarungsabschlusses alle ihre Einrichtungen der Wahlgemeinschaft zur Verfügung.224 10. Zustellungsbevollmächtigte Vertrauensmänner: Georg Grünbart, Linz, Landhaus, Klosterstraße 7, Friedrich Peter, Linz, Klammstraße 9/1. Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 30. August 1955 Sehr verehrter Chef, Gestern erhielt ich in Abschrift die auch Dir zugegangenen Punkte der Abmachung Peter – Dr.Weiss. Ich habe sofort telegraphisch die Forderung erhoben, dass eine Reihe von Formulierungen, die mir bedenklich erscheinen, geändert werden müssten. Ich erfuhr nun abends in einem Ferngespräch von Peter, dass die Unterzeichnung des Abkommens in dem mir zugegangenen Text, der von D i r gestern in Linz gebilligt worden sei, heute Dienstag nachmittags um 15 Uhr erfolgen solle.225 Peter

222 Hier hatte Reinthaller die Formulierung gestrichen  : »im Rahmen des Gesamtkonzepts aufeinander abzustimmen«, die eine vornehmlich vermittelnde Funktion des Präsidiums suggerierte. 223 Die Festlegung »noch in diesem Jahr« ging auf Reinthaller zurück. 224 Dieser Punkt war in Peters Konzept von Reinthaller hinzugefügt worden. 225 Piringer (Geschichte der Freiheitlichen, 32) datiert die Gründung der Wahlgemeinschaft auf den 2. September. An diesem Tag erschien in den ›OÖN‹ bereits die wenig enthusiastische Notiz  : »Die recht

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seinerseits hatte mich gestern mittags telegraphisch aufgefordert, heute Dienstag abends um 18 Uhr in Linz zu sein, also nach der Unterzeichnung! Ich habe ihm nun gestern abends am Telephon dringendst nahegelegt, erstens die Unterzeichnung zu verschieben und zuerst mit mir zu sprechen, da ich gegen eine ganze Reihe von Formulierungen schwerste Bedenken wegen Unklarheit und Auslegungsmöglichkeiten habe. Ich sehe schwarz, wenn wir in eine Wahlgemeinschaft eintreten und das diesbezügliche Abkommen von vorneherein ungünstig formuliert wurde. Warum eine solche Eile mit dem Abschluss, warum wurde – wenn man schon einen Juristen in der Leitung hat – dieser übergangen? Ich verstehe das Ganze nicht mehr, zumal ich sagen muss, dass der jetzige Text mit dem Präsidium keinesfalls dem einstimmigen Beschluss der Länderkonferenz über die Führung der ganzen Sache durch DICH und die FP entspricht! Hier werden wir in der Durchführung unsere blauen Wunder erleben. Ausserdem erfahre ich, dass für den Wahlkreis Hausruck vom VdU. gereiht wurde: 1) Ing. R a b l (VdU) 2) G r o s s (VdU) 3) Bachinger (VdU) Erstens ist doch Rabl für uns im Grundmandat-Wahlkreis untragbar und wo bleibt bei einer Fraktion, die wie folgt aussieht, die von uns verlangte und proklamierte sachliche und personelle Erneuerung : Grünbart (Innviertel) Rabl (Hausruck) Hausmann (Traunviertel) Peter (Linz), also bei vier Mandaten: 3 zu 1!!! Wo ist im Hausruck der Zweite für die FP oder die Parteilosen, wenn das überall so aussehen soll??? […] Emil van Tongel an Anton Reinthaller [Anfang September] Nach Wien zurückgekehrt möchte – oder besser gesagt – muss ich DIR gegenüber nochmals meine allerschwersten Bedenken angesichts der Entwicklung in Oberösterreich zum Ausdruck bringen: was ich da oben feststellen musste, war einfach v e r h e e r e n d ! Hier bahnt sich etwas an, was einfach eine Katastrophe darstellt. Es stellt sich heraus, dass hier mit einem Partner und noch darüber hinaus mit einem „VERMITTLER“ ein Pakt zustande kam, der bereits jetzt nicht eingehalten wird, sondern für die FP und die dabei beteiligten Personen den politischen Untergang bedeutet! Ich habe mir die Ungnade verschiedener Herrschaften zugezogen, weil diese wissen, dass man mit mir

dürftigen Auslassungen lassen darauf schließen, daß alle Beteiligten nach einem monatelangen Tauziehen nicht übermäßig zufrieden sind.«

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solche Scherze einfach nicht aufführen könnte. Das allein beweist schon die Richtigkeit dessen, was ich sage! Als ich nun auch noch erfuhr, dass Schorsch allein zeichnungsberechtigt ist und die Schecks von ihm allein gezeichnet werden – dazu noch Herr Steinegger als Buchhalter –‚ war aber der Bart völlig ab, wie man früher so schön zu sagen pflegte. Es gibt nur eines : Wenn mit a l l e n diesen Dingen nicht s o f o r t und endgültig Schluss gemacht wird und unsere personellen Wünsche nicht 100 %ig erfüllt werden, dann aber lieber sofort als eine Minute zu spät S c h l u s s machen und a u s s t e i g e n !!! Besser ein rasches Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende und eine lange dauernde Krise und Endkatastrophe! Du hast in allen auch wichtigen Dingen PETER allein alles überlassen und ihn wursten lassen, wie er wollte, die Folgen sind tödlich! Du musst doch in allen diesen entscheidenden DINGEN gefragt werden und nicht Dich übergehen lassen. Die Herrschaften wissen, dass sie offenbar mit PETER machen können, was sie wollen. Ich habe mir von HIESS sagen lassen, wie er den Fall der RABL-Rede vorgebracht hat, einfach unmöglich, saft- und farblos, ohne ein Wort der Kritik oder dgl. Ich kann mir das Ganze nicht erklären, wieso er einfach plötzlich jetzt so a l l e s m i t m a c h t ???? GREDLER war in Linz und ist entsetzt, wie sehr die FP und PETER überzogen und überspielt wie auch hineingelegt wurden! Das sind Gredlers Worte, nicht meine! Dieser kompromissbereite und unkämpferische Typ ist doch sicherlich ein unvoreingenommener und objektiver Beurteiler! Meines Erachtens ist neben Peters völligem Versagen vor allem auch die Art von Hinterleitners „Vermittlung“ die Hauptschuld! Ein Übel erkennen ist schon sehr viel für die Heilung oder Vorbeugung: wenn wir also wissen, wo die Fehlerquellen stecken, muss sofort gehandelt werden und dies muss jetzt sofort von Dir verlangt werden, jawohl ich sage absichtlich v e r l a n g t oder gar g e f o r d e r t werden! Und diese Forderung richte ich an Dich, bevor es zu spät ist. – Man hat leider in den letzten drei Wochen in keiner Weise auf meinen R a t oder meine W a r n u n g e n gehört und sich nur stärkstens bemüht, mich völlig auszuschalten!! Ich bin darüber gar nicht gekränkt. Im Gegenteil: man hat mich damit von jeder Verantwortung für diese Vorgänge entlastet!! Ich scheue niemals eine Verantwortung, aber in diesem Fall muss ich angesichts der Nichtbeachtung meiner Vorschläge, Ratschläge, meiner Warnungen und Hinweise ausdrücklich jegliche Verantwortung ablehnen! Denn leider habe ich das Gefühl, dass auch meine gestrigen Hinweise in L i n z nur widerwillig und eigentlich recht gekränkt und beleidigt als Meckereien eines Unzuständigen aufgefasst wurden. Wir haben geradezu eine Art Bonzenkult: wenn man Herrn PETER etwas sagt, ist er beleidigt! Dabei sind seine eigenen Linzer Mitarbeiter voll bangster Sorgen und entsetzt über die Entwicklung, nur reden sie nichts, weil sie diszipliniert sind und einfach arbeiten, was ihnen als einziger Ausweg erscheint.

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Es ist nun schon seit langem immer wieder meine Aufgabe, solche Kassandra-Rufe auszustossen, es ist aber besser, vielleicht zu pessimistisch zu sehen als überhaupt den Kopf in den Sand zu stecken und alles hinzunehmen. Dies heute zu sagen, habe ich als meine Pflicht der Freundschaft vor allem Dir gegenüber angesehen und bitte Dich, meinen Brief ausschliesslich in diesem Sinne verstehen zu wollen. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, X. September 1955 In der Obmannfrage bin ich heute bei v. Wied keinen Schritt dem Ziele näher gekommen. Man vertritt die Auffassung, daß der Einsatz Deiner Person nur auf der Bundesebene zu erfolgen hätte; also das übliche Lied. Lediglich Danzer kann aus beruflichen Gründen nicht eintreten. Somit ist die Frage nach dem fünften Präsidialmitglied offen. Man scheint hier an Welzl zu denken und dürfte auch erwägen, ihn zum Vorsitzenden zu machen. Ich glaube mich richtig ausgekannt zu haben. Somit ist der dritte Mann des Schiedsgerichtes wieder offen. In der Kandidatenfrage habe ich bei Wied den Fall Hüttner aufgerollt und mitgeteilt, daß wir gegebenenfalls das Schiedsgericht bemühen werden, wenn Schorsch nicht nachgeben sollte. Gestern kam ich mit dem VdU-Bundesgeschäftsführer Neugebauer ins Gespräch, der mir zu verstehen gab, daß der Oberst verständigungs- und gesprächsbereit wäre. Ein Telephonat mit dem Obristen von heute hat diese Annahme Neugebauers bestätigt. Stendebach hat einen dringenden Erholungsurlaub notwendig. Er ist zwei Wochen im Ausland und wird mir nach seiner Rückkehr über Neugebauer mitteilen lassen, wann das Gespräch zwischen Dir und ihm unter vier Augen stattfinden soll. Ich schlage als Besprechungsort Linz vor und werde für einen privaten Besprechungsraum Vorsorge treffen, wenn Du damit einverstanden sein solltest. Wir können hierüber ja am Freitag reden, ich erwarte Dich mit dem Rot-Weiß-Kurier um 16 Uhr 30 und setze für 17.00 die Sitzung an. Ich würde Dir empfehlen, die Stendebach-Sache nicht weiterzugeben, damit sie nicht publik wird. Die Annahme, daß der Oberst nicht mehr auf der Kraus-Linie liegt, wurde mir von Neugebauer unaufgefordert bestätigt. Anton Reinthaller an Friedrich Peter, Mettmach, 10. September 1955 Die Lage, wie ich sie in Linz angetroffen habe, übertraf meine Befürchtungen. Die Herren Grünbart u. Gen. sowie Hinterleitner scheinen die Vereinbarungen noch nicht gelesen, geschweige studiert zu haben. Vom tieferen Sinn desselben haben sie keine Spur mitbekommen. Ich bitte Dich, das bei der nächsten Zusammenkunft klar zum Ausdruck zu bringen und den Text der Vereinbarung mit Betonung vorzulesen u. im Sinne unserer Auffassung zu kommentieren. In meiner Vertretung bitte ich im Falle meiner

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Abwesenheit Herrn Wild mitzunehmen. Unser Ziel: Bundesunabhängige Landesorganisationen, die sich mögl. noch 1955 über die Lösung des zentralen Führungsproblems verständigen sollen. In OÖ muß der Schabernack mit VdU bzw. WdU ein Ende finden. Ich bitte Dich, hart zu werden. Es ist genug Entgegenkommen gezeigt worden. Wenn in einigen ländlichen Gemeinden des Bezirks Ried zu den Gemeindewahlen unter WdU angetreten wird, soll uns dies nicht genieren, obgleich man meinen sollte, dass das, was die Braunauer zusammenbringen, auch in Ried möglich ist. (Einschub: Außer man will den geschlossenen Frieden mutwillig sabotieren. Wenn in Mettmach z.B. ein fast ständig unter Alkohol stehender 00 so weit geht, dass er am Gemeindeamt erklärt, keine Liste einzureichen, weil die WG. abgeschlossen wurde, dann stellt das dem L.O. bzw. Org.O. das schlechteste Führungszeugnis aus. Nur mit Konzilianz geht’s aber nicht.) In der Kandidatenfrage gibt’s nun kein Nachgeben mehr. Wenn wir das Konzept „Cafè Schönbaga“ nicht durchbringen, gibt’s eine Pleite großen Ausmasses, die ich nicht mehr verantworten kann. Hinterleitner hat seine Pflicht getan, er soll abtreten. Bei der letzten Sitzung hat er sein Gesicht verloren u. wurde Partei durch sein Festhalten am Präsidium der „Parteilosen“ entgegen der beschlossenen Vereinbarung. Mein Vertrauen hat er nicht mehr. Danzer bitte ich eine Abschrift der Vereinbarung zu überreichen u. ihm unsere Kommentierung klarzumachen. Insbes. bitte ich, auf die Punkte 7 und 8 zu verweisen. Die Monetenanweisung allein durch Schorsch (ich höre, dass er allein zeichnet) ist unmöglich. Ich wünsche, dass Du u. Schorsch zu zweit zeichnet. Was mich betrifft, folgendes: Nicht weil mich der Ehrgeiz plagt, strebe ich den Ob­ m[ann] im Präsidium an, sondern weil die Herausstellung meinerseits eine Garantie für den größtmöglichen Wahlerfolg und für die Einhaltung der Vereinbarung ist. Die Spitzenkandidatur Grü[nbart]s in 4 Kreisen muß paralysiert werden. Sie bedeutet eine Belastung, was ihm nicht erkennbar zu sein scheint. Laßt mich in mögl. wenig Versammlungen als Redner einsetzen. Lieber fahre ich durch die Bezirke um die O[rts]gruppen auf Draht zu bringen. Allerdings müsste im Verein mit dem Bez[irks]O[bmänn]ern bzw. Vertr[auens]leuten ein Minutenprogramm ausgearbeitet werden. Zusammenziehen mehrerer O[rts]Gruppen an einer Stelle, damit möglichst alle ansehnlichen Gemeinden durchgeackert, d.h. auf strikte Einhaltung der Vereinbarung verpflichtet werden können. Die Vereinbarungen selbst sind nicht „vertraulich“ zu behandeln, ich weiß nicht, wer dies erfunden hat, sondern müssen laut u. deutlich hinausposaunt werden. Durch diese „Vertraulich“-Forderung ist es zu diesem blödsinnigen Artikel in den „Kärntner Nachrichten“ gekommen. Die Redner sind auf diese Vereinbarung zu verpflichten, da braucht’s sonst keines Reverses. Ich hoffe, wir verstehen uns. Leg jede Weichheit ab, sonst rangierst Du eines Tages auf verlorenem Posten.

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Teil III  : Der Fall des VdU 1955

Emil van Tongel an Anton Reinthaller, 11. Oktober 1955 In aller Eile ein Kurzbericht über gestern Montag. Es war schwer und hart: Der Oberst brachte Kandutsch mit, der blöd und stur war wie noch nie, offenbar wollte er sich vor seinem Herrn und Meister produzieren, da ihn der Oberst wegen seiner angeblich zu grossen Nachgiebigkeit in den Vorverhandlungen mit mir – vor allem in der Obmannfrage – getadelt hatte!! Es gab vor allem fast ununterbrochen Kraus-Debatten, denen zum Schluss eine StüberDebatte folgte. Vorschlag für Wien mit sofortigem Inkrafttreten ab 17. d. M. ein Arbeitsausschuss wie folgt: Obmann: Dr. Gredler Stellv.: Dr. Tongel Dr. Kraus Dr. Stüber, nur diese Lösung würde Frieden und Ruhe in Wien sichern und eine Arbeit ermöglichen! Bei diesem Vorschlag ging ich hoch – Du sicher auch! – und erklärte, man könne das ja probieren, aber ohne mich! Denn ich hätte nicht die Absicht, für obige drei Mandatsanwärter eine Staffage oder einen Paravent abzugeben; damit brach ich ab und ging ins KINO zur Gina Lollobrigida! Dem Oberst flüsterte ich beim Abgang zu, ich sei bereit, mit ihm a l l e i n – so wie in LINZ bzw. Wien am 8. d. M. vereinbart – weiterzuverhandeln, aber solche Kraus- und Stüber-Debatten jetzt schon und auch weiterhin machte ich nicht mehr mit! An Positivem haben wir erledigt: l) Einladungen in mündlicher Form für, Montag, 17. d. M. 2) Tagesordnung und Ablauf 3) Inhalt der Gespräche mit dem Präsidium des Odelga-Komitees. 4) Informierung der Herren Dr. Hueber, Graz und Dr. Strachwitz. 5) Extraausgabe der „Neuen Front“ für Linz, Wels, Steyr und als Postwurfsendung für den Hausruckwahlkreis wegen Grundmandat am 23. d. M. Die Extraausgabe soll noch am 19. d. M. (Mittwoch vor der Grosskundgebung in LINZ) dortselbst verteilt werden. 6) N a m e n s f r a g e: Oberst und Gredler nahmen gegen Unabhängige Freiheitspartei Stellung; darauf kehrte ich zu Freiheitliche Partei zurück! Schliesslich einigte man sich – unter Vorbehalt DEINER Zustimmung – auf den Vorschlag für Montag: Freiheitliche Volkspartei. – Trotz vielstündiger Dauer der Beratungen kam nicht mehr heraus, da ich sehr scharf gegen das klub- und fraktionsmässige Verhalten und sture Auftreten der Herren, das ganz im Gegensatz zu den Vorverhandlungen und zu Linz und Wien am 7/8. Oktober stand. Ich war den Herren sehr unangenehm, was sie sehr nervös machte. Aber wenn man nicht von allem Anfang gegen die Methode, in den Ausführungsbesprechungen alles von den Zusagen in der Hauptsache wieder zu durchlöchern und mehr herauszu-

Die Einigung

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schlagen als vereinbart ist, auftritt, ist man verloren. Ich gebe von dem LINZER Standpunkt jetzt nicht einen i-Punkt mehr nach oder mache weitere Zugeständnisse. Ich habe schon erklärt, wenn die Herren es am Thema Kraus scheitern lassen wollen, kann uns das nur recht sein, man wird eben dann der Öffentlichkeit die Ursache KRAUS bekanntmachen und dann sollen sie sich ihre Mandate selber holen. Friedrich Peter an Anton Reinthaller und Emil van Tongel, 8. November 1955 Berichte Über die Sitzung zur Gründung einer vorläufigen Landesleitung der FPÖ in Salzburg am 7. XI. 55 um 19 Uhr 45 im Sternbräu. Im nachfolgenden gebe ich einen Kurzbericht über die gestrige Sitzung wie folgt: Von Seiten VdU: von Seiten FP u.Unabhängige NR Zeilinger LR Leitner GR Gurschner LA Krüttner Hr. Kneissl (Arbeiter) Hr. Karl (Pongau) Hr. Diess (Lds. Sekr.)

Dr. Richter GR v. Ingram GR Dr. Bernhold LA Aichinger Hr. Fally Hr. Wiedenig Dr. Franz Hueber

Bei den Herren des VdU handelte es sich um die 7 Herren des Präsidiums des Salzburger VdU. Zweck der Besprechung sollte sein eine provis. Landesleitung der FPÖ zu erstellen, welche unverzüglich die Arbeit zum Aufbau der neuen Partei übernimmt. Seitens der Herren des VdU wurde vorgeschlagen, eine Landesleitung von 20–25 Herren zu konstituieren, worin eine Reihe Namen aufscheinen sollen, die für die Wähler neu sind und die Basisverbreiterung ersichtlich machen sollen. Seitens des VdU soll die neue Landesleitung, welche laut Weisung aus Wien unter der Leitung von NR Zeillinger zu stehen hat, von den 7 Mann des VdU-Präsidiums beschickt werden, die den Kern der neuen Partei bilden. Kameradschaftl. Zusammenarbeit wurde zugesichert und verlangt. Die Herren der FP schlugen vor: a. ein dreigliedriges Präsidium mit möglichst einer neutralen Persönlichkeit an der Spitze und eine Landesleitung von insges. 9 Personen einschl. des 3er-Präsidiums. Weiterhin wurde betont, dass für die breite Oeffentlichkeit von vorneherein ersichtlich sein muss, dass es sich um etwas Neues handelt, d.h., dass zu sehr belastete Personen von beiden Seiten nicht nominiert werden sollen. LR Leitner wandte ein, man müsse Disziplin von Anfang an wahren und sich den Anordnungen aus Wien fügen, wonach für den Vorsitz nur Zeillinger in Frage käme und jede Gruppe benennen könne, wen sie für gut erachte und dies müsse für die andere tragbar sein. Zeillinger sprach sich gegen ein 3er-Präs. aus, da dies nach seiner Meinung eine Dikta-

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Teil III  : Der Fall des VdU 1955

tur darstelle. Hinsichtl. der vorl. Ldsltg. einigte man sich sodann auf insges. 9 Personen, die diese bilden sollen. Hierfür wurden sodann benannt: Zeillinger, Leitner, Gurschner, Krüttner, Dr. Richter, Fally, v. Ingram, Wiedenig. Friedrich Peter an Anton Reinthaller, 18. November 1955 Ich übermittle Dir das Schreiben, welches ich an alle Mitglieder der Freiheitspartei übersendet habe, zur gefälligen Kenntnisnahme. Die Erfolgsaussichten für den Landesrat sind über Nacht von einem auf drei Prozent gestiegen. Die dümmsten Bauern haben eben doch die größten Kartoffeln. Eben verhandelt Hi. mit dem Landeshauptmann, die Roten sollen nichts mehr einzuwenden haben. Nur in der ÖVP steht die Sache 50 zu 50. Die Agrarier und der AAB scheinen nicht zustimmen zu wollen. In diesem Kreis hat der Schorsch vermutlich wenig Freunde. Morgen muß die Sache ja zu Ende sein. Wegen des Autos würde ich es begrüßen, wenn er den Sessel noch einmal bekäme. Wir werden ja sehen, ob ihm der Schimmel geschenkt wird. Hinsichtlich der Geldfrage ist noch immer keine Entscheidung getroffen worden. Zuerst redete man immer von der Einigung, jetzt haben wir uns geeinigt und besitzen wieder einen Dreck. Dr. Kafka sagte gestern: Bei den Gesprächen mit der Industrie steigt in mir immer das Verlangen hoch, Kommunist zu werden. Irgendwo hat er damit recht. Bevor diese Brüder nicht einige Jahre unter der marxistischen Fuchtel stehen, werden sie nicht gescheiter. Die Delogierung aus den Kanzleiräumen konnten wir bis zum 31. Jänner 1956 hinausschieben. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen wir Ersatzräume finden, ohne Geld natürlich. Wir haben nicht einmal Briefmarken, um die Einladungen für den Landestag zu versenden. Gestern habe ich Albin Lackner ein Bittschreiben übermittelt, daß er uns Kanzleimaterial spendet. Nur so kommen wir schrittweise weiter. Hoffen wir, daß die Sache doch einmal anders wird. Trotzdem lassen wir uns die Angelegenheit nicht verdrießen. Anton Reinthaller an Theodor Hornbostel, Mettmach, 20. November 1955 Soeben erhalte ich aus Wien eine Nachricht, derzufolge der in unserer gemeinsamen Sitzung angekündigte Beschluß ihres Kreises gefallen sei. Herr Th. erklärte angeblich, dass 30! bewilligt worden seien. Ich weigere mich, das zu glauben, deshalb richte ich an Sie die Bitte, mir möglichst bald hierher eine Mitteilung zukommen zu lassen, ob und was für ein Beschluß vorliegt. Welche Folgen es hätte, wenn die Nachricht, die mich erreichte, auf Wahrheit beruht, ist nicht abzusehen. Nicht nur dass mir und mehreren meiner Freunde, welche im Vertrauen auf die immer wieder geäußerten Zusagen eine befriedigende Lösung des Problems im Falle der Einigung prophezeiten, der Verbleib in der Führung in Frage ge-

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stellt würde, könnten wir uns schwer einer Entwicklung entgegenstemmen, die Ihnen u. uns gleich unwillkommen ist. Ich habe in Wien mehreren Herren Ihres Kreises gegenüber mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass man ein großes Stück Verantwortung für die kommende Entwicklung trägt. Sollte man das nicht ernst genug genommen haben, bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Kollege, Ihren ganzen Einfluß zur Geltung zu bringen, um der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen. Friedrich Peter an Emil van Tongel, 21. November 1955 Vom Präsidium und von der Landtagskanzlei wurde die Konstituierung unseres Klubs unter der Bezeichnung FPÖ zustimmend zur Kenntnis genommen. Es ging ohne Schwierigkeiten. Schorsch ist gestern um 14 Uhr endgültig am Njet des Herrn Plasser226 gescheitert. Als heute die neuen Regierungsmitglieder angelobt wurden, verlor sein Gesicht jede Farbe. Trotz aller Bemühungen konnten wir erst eine Stunde vor der konstituierenden Sitzung erfahren, daß Grundsatzerklärungen abgegeben werden. Wir haben unsere so formuliert, daß die Mehrheitsparteien zu Zwischenrufen angeregt wurden. Unserer Bereitschaft zur sachlichen Mitarbeit gaben wir Ausdruck. Diese sei aber erst dann möglich, wenn die Geschäftsordnung geändert wird. Weiterhin wäre den 60.000 freiheitlichen Wählern das Mitspracherecht in der Landesregierung durch Erweiterung der Regierungssitze einzuräumen usw. – In den Ausschüssen sind wir nun überall vertreten. Hödlmoser – der Erste Präsident – fuhr in der Tagungsordnung fort, ohne die Wortmeldung des neugewählten Landeshauptmannes zu berücksichtigen, was ihm ein unfreundliches Grunzen desselben eintrug. Dann betrat der schöne Heinrich das Podium und hielt eine weniger schöne Rede. Am gemeinsamen Mittagessen nahmen wir nicht teil. Unseren Einzug am Beginn der Sitzung nahmen wir erst vor, als die Abgeordneten der Mehrheitsparteien bereits ihre Plätze eingenommen hatten. Es war kein schöner Tag. Der Anfang ist gemacht und beim Budget soll spürbar werden, daß wir nicht gewillt sind, im Kielwasser zu folgen. Trotz aller Spannungen zwischen Schwarz und Rot, die in den letzten Tagen in jeder Weise spürbar waren, hat die Koalitionstradition wieder gesiegt. Wied und Hinterleitner mußten selbst eingestehen, daß unser Reg.-Sessel nur zu dem Zweck ins Spiel gebracht wurde, um dem Heinrich die Möglichkeit zu geben, die Einigung auf unserem Rücken zu vollziehen. Was geschehen ist in diesem Zusammenhang, ist gut. Denn auch diese Herren und Schorsch selbst gestanden heute zu, daß wir lediglich als Spielball benützt wurden. Der Weg zum Ziel kann nur in einer härteren Gangart erreicht werden. 226 Franz Plasser (1893–1970), 1949–67 Landesrat (SPÖ). Wieso die Erweiterung der Landesregierung – durch Nichteinrechnung des Landeshauptmannes in die Zahl der Regierungsmitglieder – gerade an ihm scheiterte, ließ sich nicht eruieren.

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Teil III  : Der Fall des VdU 1955

Reinhold Huber an Anton Reinthaller, 24. November 1955 Anlässlich unserer heutigen Landessitzung wurde mir ein Vorfall mitgeteilt, der mir zu schwersten Besorgnissen Anlass gibt. Unser Verantwortlicher für die Finanzen teilt dem Sinne nach folgendes mit: Der Industriellenverband (bzw. die Finanzgruppe) hatte in Wien eine Aussprache, an der von Seiten der FPÖ Du sowie NR Stendebach und NR Dr. Gredler teilnahmen. Hiebei soll NR Stendebach folgende Erklärung dem Sinne nach abgegeben haben: „Nach einer zukünftigen Wahlentscheidung wird eine erfolgreiche Tätigkeit der FPÖ wohl nur im Rahmen einer Regierungskoalition mit der SPÖ möglich sein.“ Ich verbürge mich nicht für den genauen Wortlaut, jedoch wurde dem Sinne nach diese Version uns mitgeteilt. Ich stelle dazu folgendes fest: 1.) Würde diese Erklärung diametral entgegengesetzt unserer Meinung sein, da sowohl von Dir als auch von mir im Lande Kärnten des öfteren der Grundsatz vertreten wurde, dass es weder eine Koalition mit der ÖVP, genau so wenig aber auch mit der SPÖ geben kann. 2.) Halte ich diese Erklärung gerade in diesem Kreise für eine grenzenlose Dummheit. Du weisst, dass ich in dieser Beziehung immer für eine klare Linie bin, und ich wäre Dir daher sehr verbunden, wenn Du mir kurz mitteilen möchtest, wie der Sachverhalt in Wirklichkeit ist. Ich kann Dir nur abschliessend noch mitteilen, dass wir in Kärnten auf Grund dieser Erklärung jedenfalls bei diesen Kreisen schon sehr reserviert aufgenommen wurden und dies für unsere finanzielle Entwicklung sehr behindernd wirkt. Theodor Hornbostel an Anton Reinthaller, 22. November 1955 Ihr wertes Schreiben vom 20. d. M. ist mir heute zugegangen. Die Nachricht, die Ihnen aus Wien zugekommen ist, dürfte nach den mir bisher vorliegenden Informationen – ich kehrte erst gestern nach 10-tägiger Abwesenheit in Innsbruck hierher zurück – stimmen. Die Entscheidung ist in meiner Abwesenheit gefallen, da ich – wie gesagt – unaufschiebbar verreisen musste. Sie kann selbstverständlich nur die „Bundes“-Ebene betreffen. Auf „Länder“-Ebene habe ich allen Grund zur Annahme, dass sich an den Absichten der einzelnen Landesverbände nichts geändert hat. Aus Steiermark u. OÖ erhielt ich zufällig eine Bestätigung des Gesagten. Ich muss annehmen, dass auch Kärnten und Vorarlberg die bisherige Linie einhalten werden. Hierüber wird sich demnächst eine Sitzung der Delegierten der Landesverbände unterhalten. Ich verhehle Ihnen nicht, dass ich die Wiener Entscheidung persönlich nicht billigen kann. Eine Erklärung glaube ich in der Stimmung angehäuften Misstrauens suchen zu sollen, deren Zeuge Sie und Ihre Freunde sowie ich unlängst in der Aussprache bei Dr. Harmer waren und die offenbar von der Kärntner Strasse geteilt wird.

Die Einigung

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Ich habe – ohne eine absolute Gewähr dafür zu übernehmen – den Eindruck, dass daher das letzte Wort noch nicht gesprochen worden ist. Meinerseits werde ich versuchen, in den allernächsten Tagen in Wien den Gründen der Entscheidung auf den Grund zu gehen und, wo möglich, die Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ich bin mir dessen bewusst, dass dies nicht leicht sein wird. Sie werden mir gewiss zugeben, dass solche Äusserungen, wie die des Herrn Obersten, von denen unlängst bei Dr. H. die Rede war, aber auch so unglückliche praktische Ergebnisse wie z.B. in meiner kleinen Stadt (wo die gemeinsamen Gegner dank unserer Spaltung zur stärksten Gruppe geworden sind, so dass der Laden überhaupt nicht mehr manövrierbar werden dürfte227) an der oberwähnten misstrauischen Stimmung einen guten Teil an Schuld tragen. Dagegen will ich nun meine Bemühungen bei den ausschlaggebenden Stellen richten. Wenn Sie und Ihre Freunde mich darin durch parallele Bemühungen unterstützen würden, wäre, glaube ich, der Sache sehr gedient. Ich frage mich u.a. auch, ob es nicht für Sie annehmbar wäre, länderweise mit den jeweiligen „Kärntnerstrasslern“ Vereinbarungen über die zu bearbeitenden Gebiete und Orte zu treffen, mit dem Zweck der Vorbeugung des Gegenseitig-Wegschnappens. Ich könnte mir solche Agreements recht gut vorstellen und hielte sie für zweckmässig, überdies würden sie das mehrerwähnte Misstrauen abbauen helfen. Darüber aber ein andermal ausführlicher. Abschliessend möchte ich Sie bitten, das Ergebnis meiner erneuten Bemühungen abzuwarten, bevor Sie und Ihre Freunde endgültige Entscheidungen – wie Sie sie in Ihrem Brief andeuten – fällen. Zudem würde ich – wenn ich mir ein ganz offenes Wort erlauben darf – dringend davon abraten, das in Ihrem Schreiben enthaltene, vieleicht richtige Argument („wir könnten uns schwer einer Entwicklung entgegenstemmen, die Ihnen und uns gleich unwillkommen ist“) meinen Freunden gegenüber zu verwenden, da es den negativen Eindruck, den die Äusserung des Herrn Obersten erweckt hat, nur verstärken könnte. Ich werde Ihnen gerne, sobald meine Demarchen in Wien irgendein Ergebnis gezeitigt haben, neuerdings berichten.228

227 Die Schwierigkeiten, die Hornbostel voraussah, stellten sich prompt ein, waren aber kaum dem ›dritten Lager‹ anzulasten  : Zwar hatte die SPÖ in Gmunden mit 14 Mandaten (vorher 11) die ÖVP (12, vorher 13) überholt. Die Freiheitliche Wahlgemeinschaft (FWG) kam auf 9 (VdU  : 11) Mandate, die KPÖ auf eines. Am 5. Dezember zog der »Schwanenwirt« Nöstlinger namens der FWG seine Kandidatur zurück  ; der ÖVP-Kandidat Ing. Klimesch wurde mit 21 gegen 14 Stimmen zum Bürgermeister gewählt. Allerdings verhinderte die SPÖ durch ihren Auszug aus dem Gemeinderat die Konstituierung des Gemeindevorstands. Bezirkshauptmann Praxmarer verfügte daraufhin die Einsetzung eines Regierungskommissärs (vgl. OÖN, 6. 12. 1955, S. 5). 228 Hornbostel meldete am 10. Dezember  : »Leider ist es mir trotz einwöchigen Aufenthalts in Wien nicht gelungen, den Bundeskanzler – wie ich beabsichtigt hatte – unter vier Augen zu einer Aussprache über unser Thema zu stellen. Die ›Konjunktur‹ ist freilich infolge all der Vorgänge und Streiks, Lohngeschichten und Anleihen eine denkbar ungünstige. Ich gebe aber meinen Vorsatz natürlich nicht auf. Es

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Teil III  : Der Fall des VdU 1955

Erklärung Das Präsidium der FPÖ hat in seiner Sitzung vom 30. November 1955 einstimmig beschlossen, dass die FPÖ im Einklang mit der Programmatik der Partei auf der Grundlage einer freien Marktwirtschaft und des Privateigentums stehend, niemals eine Regierungspolitik unterstützen wird, welche gegen diese Grundsätze verstößt und dem Kollektivismus breiteren Raum verschafft. Die FPÖ wird insbesondere alle Bestrebungen auf das Schärfste bekämpfen, welche weitere Sozialisierungsmaßnahmen oder Verstaatlichungen darstellen oder bezwecken, auch wenn solche Pläne von der gegenwärtigen Regierungskoalition ausgehen. Anton Reinthaller an Theodor Hornbostel, 6. Dezember 1955 Ich danke Ihnen bestens für Ihre Zeilen v. 28. 11. samt Zeitungsausschnitt. So ist das nun: die ÖVP hat ihr Kreuz mit Altenburger u. ihrem linken Flügel u. bei den anderen Parteien ist dies nicht anders. Man darf rednerische Entgleisungen von Flügelmännern nicht zu tragisch nehmen. Dazu kommt, dass man Kandutsch im Grundsätzlichen nicht unrecht geben kann.229 Sein Angriff aber ging in die falsche Richtung. Nicht Kamitz und sein Kurs, dessen prinzipielle Richtigkeit von uns nicht verkannt wird, sind schuld an der Entwicklung, sondern die SPÖ, welche mit ihren Maßnahmen dem Finanzminister allerorten den Weg verlegt, ohne vom Koalitionspartner energisch genug gerügt zu werden. Es muß festgestellt werden, dass ein wesentlicher Teil des Kamitz-Planes, die Hebung des Einkommens der arbeitenden Bevölkerung durch Preissenkungen aller Art, nicht nur unerfüllt blieb, sondern, ausgelöst von den unter der Führung der SPÖ stehenden Betrieben, einschließlich Gemeinde Wien, vorgenommenen Preis- und Tariferhöhungen sich schon ins Gegenteil verkehrt und weiterhin zu verkehren droht.230 Den Kamitz-Kurs-feindlichen Maßnahmen der SPÖ konnte gar nicht scharf genug, u. zwar von allem Anfang an entgegengetreten werden. Stattdem wich man um des Koalitionsfriedens willen dem Kampfe aus, befreite die SPÖ-Führung von einer fürchterlichen Verlegenheit u. glaubte mit dieser Haltung den Partner zu einer künftigen Loyalität zu verpflichten. Eine solche zu erwarten war angesichts der „Altenburgers“ in der SPÖ, welche die Führung zum scharfen Kurs zwangen, irreal und dies umso ist der einzige Weg, auf dem ich eine Abänderung der von den Wiener Wirtschaftsherren getroffenen Entscheidung erhoffen kann.« 229 Kandutsch hatte auf dem »freiheitlichen Landestag« in Linz am 27. November das Hauptreferat gehalten und dabei ausgeführt, Kamitz’ ausgeglichener Haushalt sei »unter Außerachtlassung der berechtigten Wünsche des kleinen Mannes erfolgt«, über Tarif- und Preiserhöhungen (vgl. OÖN, 28. 11. 1955, S. 2). 230 Großes politisches Aufsehen – das bis hin zu Neuwahldrohungen reichte – hatte in diesem Zusammenhang die Erhöhung der Wiener Straßenbahntarife von S 1,30 auf S 1,90 erregt. Auch von einer Retourkutsche der Landwirtschaft in Form von Milchpreiserhöhungen war die Rede (vgl. OÖN, 3. 9. 1955).

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mehr, als die Massen beim ständigen Hinweis unserer Politiker auf die Prosperität der Wirtschaft wie nie dagewesene Hochkunjunktur Glauben schenken und ihren Teil an den angeblichen Übergewinnen fordern. Herr Minister Kamitz hat, das darf ich auf Grund meiner Kenntnis der Gesinnung meiner Freunde behaupten, mit unserer tatkräftigen Unterstützung zu rechnen, wenn er sich für die notwendig gewordene Angleichung der Einkommen der arbeitenden Bevölkerung an die Preise durch eine allgemeine Preissenkungsaktion, vor allem auf den Gebieten, in denen die Bd.Regierung allein entscheidungsberechtigt ist (Grundstoffindustrie u. Tarife), starkmacht. Das Präsidium der FPÖ hat am 30. XI. einstimmig einen Beschluß gefasst, dessen Inhalt ich Ihnen, sehr geehrter Herr Hornbostel, nicht vorenthalten möchte. Er lautet sinngemäß: die FPÖ tritt im Einklang mit der Programmatik der Partei grundsätzlich für eine freie soziale Marktwirtschaft und für die Erhaltung eines der Gemeinschaft verpflichteten Privateigentums ein. Sie wird niemals eine Politik unterstützen, welche gegen diese Grundsätze verstößt u. dem Kollektiv breiteren Raum verschafft. Die FPÖ wird insbesondere alle Bestrebungen auf das schärfste bekämpfen, welche weitere Sozialisierungsmaßnahmen oder Verstaatlichungen bezwecken. Das bisherige Verhalten des Klubs der freiheitlichen Abgeordneten im Nationalrat seit 1949 war stets von der gleichen programmatischen Linie ausgegangen u. hat niemals dagegen verstossen. Das Programm der FPÖ bestimmt die Unabhängigkeit der Partei von beiden Großparteien. Es war notwendig, so ausführlich zu werden, um die Grundhaltung der FPÖ eindeutig aufzuzeigen.

Anhang  : Verbandstage und Wahlergebnisse Die Bundesverbandsleitung (= erweiterter Vorstand) setzte sich aus dem Präsidium (= der Obmann und seine Stellvertreter), den neun Lan­desobmännern, den Leitern der vier sogenannten »Hauptreferate« (Sozial-, Agrar-, Wirtschaft und Frauen) und einer wechselnden Anzahl (10–15) vom Verbandstag »zugewählter« Mitglieder zusammen. Die Hauptreferate waren fast durchgehend von Hartleb (Agrar), Ebenbichler (Wirtschaft), Bandat (Frauen) und Neuwirth bzw. Kandutsch (Sozial) besetzt. Die Landesobmänner wurden von den Landesverbandstagen gewählt  : Burgenland  : Görcz Niederösterreich  : Gasselich, ab Februar 1953 Kindl Wien  : Miltschinsky, ab Februar 1952 Stüber, ab November 1953 Milt­schinsky bzw. Dörler Oberösterreich  : Barnert, ab November 1952 Grünbart Steiermark  : Elsnitz, ab April 1952 interimistisch Hartleb, ab Juni 1952 Mayrhofer, ab Mai 1953 Schweiger Kärnten  : Scheuch, ab Juli 1952 Scrinzi, ab Mai 1953 Kaufmann Salzburg  : Zeillinger Tirol  : Linser, ab April 1951 Zwerger, ab Mai 1953 Gamper Vorarlberg  : Kopf, ab Dezember 1954 Seebacher Auf den Bundesverbandstagen wurden gewählt  : • Wels, 1. Oktober 1950  : Präsidium  : Kraus  ; Stv.  : Scheuch, Hartleb, Gollob, Neuwirth Leitung (12)  : Richter (W), Schuster (W), Wicha (W), Raser (NÖ), Decker (OÖ), Mayr (OÖ), Roschall (OÖ), Clar (St), Kandutsch (St), Gruber (K), Reimann (S), Ranzi (T) • Salzburg, 1./2. Dezember 1951  : Präsidium  : Kraus  ; Stv.  : Kandutsch, Miltschinsky, Stendebach, Bandat Leitung (15)  : Kaupe (W), Schuster (W), Wicha (W), Heidl (OÖ), Mayr (OÖ), Rabl (OÖ), Roschall (OÖ), Clar (St), Lauritsch (St), Mayer (St), Gruber (K), Kaufmann (K), Neuwirth (S), Reimann (S), Assmann (V)

337

Anhang  : Verbandstage und Wahlergebnisse

• Graz, 26. Oktober 1952  : Präsidium  : Stendebach  ; Stv.  : Kraus, Stüber, Kandutsch Leitung (10)  : Ursin (W), Mayr (OÖ), Quinn (OÖ), Roschall (OÖ), Hartleb (St), Lauritsch (St), Näher (St), Scheuch (K), Reimann (S), Weilhartner (S) • Wien, 16./17. Mai 1953  : Präsidium  : Stendebach  ; Stv.  : Kraus, Stüber, Kandutsch Leitung (10)  : Pfeifer (W), Schuster (W), Leitl (OÖ), Pupini (OÖ), Roschall (OÖ), Lauritsch (St), Stephan (St), Scheuch (K), Rei­mann (S), Rotter (S) • Bad Aussee, 16. Mai 1954  : Präsidium  : Stendebach  ; Stv.  : Scheuch, Kandutsch Leitung (14)  : Pfeifer (W), Schuster (W), Leitl (OÖ), Pupini (OÖ), Roschall (OÖ), Clar (St), Hartleb (St), Plachutta (St), Stephan (St), Tauber (St), Holzer (K), Räder (K), Groll (S), Reimann (S)

Verhältnisr   Wähler – Mitglieder 1949

Verhältnisr   Wähler – Mitglieder 1959

5

5

8

1  :88

1  :16

6

26

14

38

1  :58

1  :27

Wien

79

1.351

15

125

1.404

22

9

63

12

83

1  :59

1  :69

Oberösterr.

125

5.013

35

75

4.327

27

20

46

48

58

1  :25

1  :12

Steiermark

95

3.546

26

90

3.441

25

21

48

46

47

1  :27

1  :10

Kärnten

51

2.688

17

42

3.028

17

47

40

58

37

1  :19

1  :6

Salzburg

32

892

8

35

1.158

10

11

28

22

30

1  :36

1  :14

Tirol

39

777

8

32

1.000

8

4

15

14

20

1  :51

1  :14

Vorarlberg

22

215

4

20

700

5

5

12

8

15

1  :104

1  :19

489

15.237

122

473

15.328

125

125

284

227

336

1  :32

1  :14

Gesamt

Delegierte FPÖ 1959

2

9

Wählerstimmen (in Tsd.)

2

200

Delegierte FPÖ 1956

70

48

Delegierte „gemischter Schlüssel«

6

7

1953 Mitglieder

2

682

Wählerstimmen (in Tsd.)

73

39

Delegierte „gemischter Schlüssel«

6

Niederösterr.

1949/50 Mitglieder

Burgenland

Wähler­stimmen (in Tsd.)

  Wähler­stimmen (in Tsd.)

Mitgliederzahlen und Delegiertenschlüssel

338

Anhang  : Verbandstage und Wahlergebnisse

Wahlerfolge in % der abgegebenen gültigen Stimmen WdU 1949

BB 1951

WdU (VdU-Aktion) 1953

FPÖ 1956

FPÖ 1959

Burgenland

3,88

5,05

3,68

2,97

5,02

Niederösterreich

4,31

5,59

5,27

2,95

4,32

Wien

6,82

10,77

10,59

5,61

7,44

Oberösterreich

20,84

19,26

12,16

7,14

8,73

Steiermark

14,53

21,32

13,57

6,91

6,82

Kärnten

20,59

24,18

16,61

15,13

13,52

Salzburg

18,55

36,09

18,96

14,43

15,21

Tirol

17,38

24,60

13,13

6,03

7,86

Vorarlberg

21,88

25,18

18,78

10,28

12,11

»Ostzone« (inkl. Mühlviertel)

5,84

8,45

7,79

4,23

5,86

»Westl. Zonen« (ohne Wien)

18,63

23,68

14,69

9,04

9,67

Österreich

11,67

15,41

10,95

6,52

7,70

Literaturverzeichnis Thomas Albrich, Die Linken für die Rechten  : Labour Party, SPÖ und die »Vierte« Partei 1948/49. In  : Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte 19 (1990) 383–410. Peter Autengruber, Kleinparteien in Österreich 1945 bis 1966 (Innsbruck 1997). Oskar Dohle/Peter Eigelsberger, Camp Marcus W. Orr. Glasenbach als Internierungslager nach 1945 (Salzburg 2009). Heinrich Dopsch/Robert Hoffmann, Geschichte der Stadt Salzburg (Salzburg 1996). Alfred Elste/Dirk Hänisch, Kärnten von der Ersten zur Zweiten Republik. Kontinuität oder Wandel  ? (Klagenfurt 1998). Gertrude Enderle-Burcel (Hg.), Adolf Schärf. Tagebuchnotizen des Jahres 1955 (Innsbruck 2008). Andreas Fraydenegg-Monzello, Die vielen Fronten der Ernst Graf Strachwitz. Eine politische Biografie (Graz 2013). Lothar Höbelt, Von der vierten Partei zur dritten Kraft. Die Geschichte des VdU (Graz 1999). –, Die Parteien des nationalen Lagers in der Ersten Republik. In  : Carinthia I 179 (1989) 359–384. –, Festschrift zum 75. Geburtstag von Dr. Otto Scrinzi (Wien 1993). –, »Daß der nationale Gedanke eine Ausweitung auf das Europäische erfahren hat«. Die europäische Integration in den 50er und 60er Jahren aus der Sicht von WdU/VdU und FPÖ. In  : Micha­el Gehler und Rolf Steininger (Hg.), Österreich und die europäische Integration 1945–1993 (Innsbruck 1993) 346–364. –, (Hg.), Burghard Breitner. Im Gedenken an einen großen Österreicher (Wien 1994). Hans-Adolf Jacobsen, Hans Steinacher. Bundesleiter des VDA 1933–1937. Erinne­rungen und Dokumente (Boppard 1970). Josef Klaus, Macht und Ohnmacht in Österreich. Konfrontationen und Versuche (Wien 1971). Hans Köppl, Karl Leitl (1924–1982), Pionier partnerschaftlicher Zusammenarbeit. In  : Oberösterreicher. Lebensbilder zur Geschichte Oberösterreichs 3 (Linz 1984) 243–248. Herbert Kraus, »Untragbare Objektivität«. Politische Erinnerungen 1917 bis 1987 (Wien 1988). Robert Kriechbaumer (Hg.), Salzburg 1945–1955. Zerstörung und Wiederaufbau (Salzburg 1995). Franz Langoth, Kampf um Österreich. Erinnerungen eines Politikers (Wels 1951). Knut Lehmann-Horn, Die Kärntner FPÖ 1955–1983. Vom Verband der Unabhängigen (VdU) bis zum Aufstieg von Jörg Haider zum Landesparteiobmann (Klagenfurt 1992). Alfred Maleta, Bewältigte Vergangenheit. Österreich 1932–1945 (Graz 1981). Edith Marko-Stöckl, Die Formierung des steirischen Parteiensystems 1945–1953. Die Konkurrenz um die »Ehemaligen«. In  : Siegfried Beer (Hg.), Die »britische« Steiermark 1945– 1955 (Graz 1995) 57–80. Erich Marx, Die Anfänge des »Verbandes der Unabhängigen« in Salzburg. In  : Salz­burg und das Werden der Zweiten Republik (= Salzburg-Diskussionen 7, Salz­burg 1985).

340

Literaturverzeichnis

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Register Notabene: Die Hauptprotagonisten Herbert Alois Kraus, Karl Hartleb, Gustav Zeillinger und Anton Reinthaller wurden nicht aufgenommen, ebensowenig wie Personen, die nur in Anwesenheitslisten der Protokolle in Teil I aufscheinen, sich an den Debatten aber nicht beteiligten. A Alberti, Graf Albrecht 253 Altenburger, Erwin 334 Anderle, Gustav 280 Angerer, Emmerich 145–147, 151–153 Appel, Karl 236, 240 f., 249 Assmann, Alwin (VdU-NR 1954–56) 268 f. B Bacher, Gerd 183, 285 Bachinger, Lois (VdU-OÖ-Obmannstv. 1949–51) 318, 324 Bäck, Alfred 166, 173 f., 182 f., 198 f. Band 215 Bandat, Josefine 92, 94, 117, 120, 127, 144, 281 Barnert, Emil (VdU-Obmann OÖ 1950–52) 45, 49, 97, 101 f., 108–111, 114 Bauer, Josef 260, 265, 272, 314 ff. Bauer, Walter (VdU-Obmannstv. OÖ 1955/56) 274, 283, 298, 308, 310 ff., 322 Benko, Hans (VdU-Stadtrat Graz 1949–58) 123, 261 ff., 290 Bernhold, Fritz 163 Binder 178 f., 181 f. Bitschnau, Wolfram v. 8, 19, 31, 34, 36, 38, 40 f., 44–46, 49, 54–56 Blaas, Hans 46 Blum, Elwin 268 ff. Böck-Greisau, Josef v. (gf. Generalsekretär Industriellenvereinigung 1946–52, Handelsminister 1952/53) 9, 204 Böhm, Anton 39 Bosch 268 ff. Boyer, Arthur 166, 177, 179

Breitinger, Johann 49 Breitner, Burghard 37, 91, 240 f., 260, 265 Broesigke, Tassilo v. 280 Buchberger, Adalbert (VdU-NR Stmk. 1949–53) 98, 100, 108, 114 Buchinger, Franz (VdU-Sozialsprecher Salzburg) 81, 127 Burger, Norbert 220 Burgstaller, Hans (Tirol) 45 f., 49, 51 Burgstaller, Heinrich (Kärnten) 51, 56, 113, 145, 148, 150, 153 Butschek, Fritz 97, 108, 125, 160, 187, 204, 208, 234 f., 251, 253, 257, 260, 262, 265, 280, 284 C Canal, Ludwig (Obmann des »Bundes der Universalisten«) 46, 119, 260, 266, 281 f. Canaval, Gustav 19, 34, 69, 107, 234, 285 Clar, Heimo (Grazer VdU-Stadtrat 1950–58) 109, 11, 114, 123 Czerwenka (oö. Industriellenfamilie) 104 D Danzer, Franz 299 f., 302, 308, 322, 326 f. Darre, Richard W. 155 Daxer 78–80 Denz, Egon 184, 225, 229, 240, 258–260, 266, 272, 282, 304, 317 Diabel, Anton 45, 47 Dimmer, Heinrich 70–73 Dobretsberger, Josef 13 Dörler, Josef (VdU-Obmann Wien 1955/56) 119 f., 127 Donnenberg, Hans 163, 167, 171, 177 ff., 183

342

Register

Donovan, William (US-Oberst, Direktor des Office of Strategic Studies) 44 Dreiseitl, Carl (Aktion Tirol) 119, 266, 279 Dunzendorfer, Wilhelm 274, 299, 301, 308 Dworak, Franz 138 f. E Ebenbichler, Gerhard (VdU-Wirtschaftssprecher und Obmann Tirol 1949/50) 45, 49, 51, 82, 86, 92, 94, 113, 117, 127 f., 130, 135 f., 139, 229, 258–60, 266, 281 f., 304 Ebner, Hans 22, 145, Eder, Alois (VdU-Sekretär OÖ.) 68 Eder, Gerhard (VdU-Obmann Wels) 118, 237, 247, 249, 251, 275, 283, 295 Egger, Hermann (VdU-LR Tirol) 258, 265 Eichinger 118 Eigl, Adolf (Chef oö. Landesregierung Mai – August 1945) 300 F Fastner, Ferdinand (VdU-Stadtrat Linz 1949–55) 234, 249, 275, 291–293, 296, 302 Feinig, Michael 152 Fellinger, Hans 173 Feitzlmayr, Fritz 160, 274, f., 287, 291, 299 f. Ferlitsch, Hans 22 Figl, Leopold 105, 132, 209 Foppa, Hermann (Obmann Großdeutsche Volkspartei 1931–34) 217, 236 Foradori, Ezio 203, 316 Frauscher, 67, 69 f., 72 Freyborn, Johann 27, 41 f., 44, 47 ff., 51, 54, 56, 78 ff., 112, 117, 165, 212 ff., 217, 219 ff., 288, 308, 317 G Gamillschegg 263, 273 Gamper, Hans 184 Gamper, Otto (VdU-Obmann Tirol 1953–55/56) 184, 228, 242, 258, 266, 272 Gasperschitz, Alfred 274, 299, Gasselich, Anton (Landbund LT NÖ 1920–27, VdU-Obmann NÖ 1950–53) 51, 82, 84, 87 f., 95, 9, 109, 111, 114, 116 f., 176 Gerö, Josef (Justizminister 1945–49, 1952–55) 122 Glantschnig, Anton 146

Glaser, Karl 164–170, 178 f., 182, 191 f., 195 Gleissner, Heinrich 14, 37, 131, 208 f., 211, 226 f., 330 Gmelin, Siegfried 177 Görcz, Adalbert (VdU-Obmann Burgenland, wechselte 1956 zur ÖVP) 84, 117 Gohm, Josef 267 Gollob, Gordon (VdU-Generalsekretär 1949/50) 8, 37 f., 59, 62, 71 f., 74–77, 79, 85 f. Gorbach, Alfons 46, 53, 131 Grassmugg, Johann 96, 124, 126 Gratzenberger, Karl 203, 215, 220 Gredler, Willfried (Aktion NR 1953–56, FPÖ-NR u. Klubobm. 1956–63) 15, 37, 94, 98, 106 ff., 119 f., 140, 239, 248, 260, 264, 281 f., 285, 303, 306, 320 f., 325, 328, 332 Greil, Lothar 67 f., 76 Greiter, Franz 136 f., 184 Griesmayr, Gottfried 233 Groll, Florian (VdU-LR Salzburg 1949–54) 78, 80, 82, 87, 165, 252, 256 Gruber, Alois (VdU-NR Kärnten 1949–53) 73, 92, 116, 118, 120, 143, 150, 152 Gruber, Hermann (Obmann ÖVP-Kärnten) 31, 144, 152, 154 Grünbart, Georg (VdU-LR OÖ 1949–56, Obmann OÖ. 1952–56) 206, 211, 237 f., 249, 255, 263, 276, 279, 291–299, 301 f., 305 f., 309, 311–316, 319, 322–327, 330 f. Gschnitzer, Franz 15, 46, 129, 135, 141 Gschwandtner, Carl 118 f., 307, 311 Gurschner, Christian 163 Gussenbauer, Heinrich 119 H Haas, Wilhelm 211, 305 Habicht, Theo 202 Habsburg, Otto v. 29, 33, 40, 107, 114, 211 Haider, Jörg 7 Haidner, Ferdinand (VdU-Obmann NÖ 1949/50) 7, 75 Hantsch, Bruno 48 Harmer, Otto 211 Harmer, Robert 203, 208–211, 267, 272, 278, 285 Hartmann, Eduard 135, 138 f. Hasenauer, Bartholomäus (ÖVP-Landeshauptmannstv. Salzburg 1949–63) 193

Register Hausmann, Roland (VdU-LR OÖ 1950–56) 68, 297, 305, 324 Hainzl, Sepp (Landbundfunktionär, dann Heimatblock-NR 1930–34, Landesbauernführer Stmk. 1938–45) 210, 307 Heger, Josef (VdU-Obmann Wien 1949) 57 Heinrich, Walter 19 Helmer, Oskar 7, 88, 90, 176, 182, 188, 287 Henderson, Lord William (Unterstaatssekretär im Foreign Office 1948–51) 139 Herzele, Max (Aktion-NR Kärnten) 37, 120, 261, 282 Hillegeist, Friedrich 59 Hinterleitner, Oskar 322, 326 f. Hirnschall, Erwin 53 Hitzinger, Walter (Generaldirektor VÖESt 1952– 61) 251 Hornbostel, Theodor v. 94, 203, 209, 211, 277, 286, 288 f., 314 f., 335–340 Huber, Reinhold (Landesbauernführer 1938–45, FPÖ-Obmann Kärnten 1956–65) 255, 332 Hueber, Franz (Heimwehr-Justizminister 1930, Schwager Görings) 215 f. Hueber, Friedrich 257, 260–262, 289 f., 306, 328 Huemer (Kreisbauernführer) 160 Huemer, Oskar (VdU-NR 1949/50, Gründer Nationalrepublikaner) 44 f., 49, 65, 69, 126 Hüttner, Karl (VdU-Obmann Steyr) 274, 283, 290–294, 298 f., 301 ff., 306, 312, 318, 326 Hummer, Arnulf 15, 284 Huschka, Otto 274, 299 f., 305, 308, 318 I Ingram, Hermann v. 163 J Jelinek, Alfred 318 f., 322 Joham, Josef 131, 271 Joklik, Otto (Landesgeschäftsführer VdU OÖ. 1949/50) 68, 72 K Kafka (Finanzreferent VdU-OÖ) 330 Kalb, Alois (stv. VdU-Obmann Stmk. 1952–55) 118, 260 Kamitz, Reinhard 9, 37, 286, 334 f. Kandutsch, Jörg (stv. VdU-Obmann 1951–56) 69,

343

73, 75–78, 87–90, 95, 98–101, 108–112, 115–120, 122, 124, 127 f., 142, 204, 206, 213, 225, 229 f., 303, 311 f., 328, 334 Karisch, Alois (ÖVP-LR Kärnten) 31 Karl, Otto 252 Karoly, Josef 43 f., 49 Kaufmann, Wilhelm (VdU-Obmann Kärnten 1953– 56) 45, 49, 145–148, 151 ff., 242, 253 Kernmayr, Erich 83 Kettl, Georg 252 Kheck 285 f. Kindl, Wilhelm (VdU-Obmann NÖ 1953–56) 127, 131, 246, 260, 262, 294, 302 f., 307, 310 Klaus, Josef 131, 165, 178, 185–194, 197 Klautzer, Franz (VdU-NR Stmk. 1949–53, Eigentümer »Alpenruf«) 45, 47, 50, 62, 86 f., 109 f., 123 f. Klemenz, Karl (VdU-BR Stmk. 1949–53) 83, 89, 92, 130 f. Knapitsch, Franz v. 13 Körner, Theodor 133, 211 Kopf, Rudolf (VdU-Obmann Vorarlberg 1949–54) 44, 49, 59, 62, 83, 85, 87 ff., 99, 106, 115, 119, 260, 267–270 Kosteltschnig (?) (VdU-Finanzier OÖ 1949) 40, 42 ff., 49 Kostroun, Ludwig 139 Kottulinsky, Graf Kunata 106, 120 Krainer, Josef 14 Krammer, Karl 287 ff. Kraus, Günther 26 Kretz, Fritz 203, 209, 211, 259, 272, 277, 286, 288, 304, 314 f. Krüttner, Manfred (Landesgeschäftsführer VdUSalzburg) 80 f., 165, 195, 252 Kulich (VdU-Obmann Kufstein) 258, 260 Kumpfmüller 193 ff. L Landertshammer, Franz 285 f. Langoth, Franz (Obmann Großdeutsche Volkspartei OÖ 1920–34, Bürgermeister Linz 1944/45) 33, 98, 105, 207 Lauda, Hans 314 Lauritsch, Josef 110, 113, 123 f. Ledochowska, Gräfin Thea 65 Leisz, Peter 96 Leitgeb, Mathias 144–148, 153

344

Register

Leitl, Karl (stv. VdU-Obmann OÖ. 1955) 126, 206, 225, 235–238, 249 f., 255, 274 f., 279, 282, 287, 289–298, 300, 306, 308, 312, 314, 318 Leitner, Walter (VdU-, dann FPÖ-LR Salzburg 1954–78) 119, 191, 193, 252, 275 f., 281, 329 Lerchbaumer, Ambros 143, 151 Limberger, Rudolf 299 Linkesch, Hans 291 f., 300, 303 Linser, Max 85–88 Loebell 16, 19 Lovrek, August v. 33 Lugger, Alois 137 M Machold, Reinhold 14 Mahnert Klaus 232, 279 Maier(-Roitham), Karl (Sohn des Landbund-Obmanns OÖ 1922–27 Franz Maier) 118, 154, 160, 283, 297 f., 305 Mayer, Ferry (VdU-Landesjugendreferent Stmk.) 90 Mayer, Fritz (VdU-LTAbg. Stmk., Sekretär des Zentralausschuß für Sozialpolitik) 68, 78, 90, 92, 98, 102, 108, 110, 113 f. Mayr, Wilhelm (VdU-LT-Abg. OÖ. 1954/55) 118, 120, 249, 275, 282, 305, 309, 311 f. Maleta, Alfred 16, 135–139, 235, 237 Mannlicher, Egbert 211, 215 f., 249, 258, 285 Marauschek, Karl-Heinz 262 f. Marcic, Rene 285 Mayer-Gunthof, Franz Josef v. 314 Mayerhofer, Franz 251 f. Mayerhofer (Maierhofer), Valentin 24, 28, 152 ff. Mayrhofer, Ernst (VdU-Obmann Stmk. 1952/53) 110, 115, 123 Meinhold, Arthur 17 Menzel, Hans 163 Middelhauve, Friedrich 288, 316 Miltschinsky, Viktor (VdU-Obmann Wien 1950–52, 1953/54) 79, 82, 84, 88, 91, 96, 102, 104, 107, 109 f., 113, 280, 288 Mold, Alfred (VdU-Vizebgm. Linz 1949–55) 235, 255, 264, 301, 310, 318 Moser v. Moosbrugg, Paul 203, 262 f., 273, 288 f., 305 f. Mozina, Karl 161

N Näher, Karl (stv. VdU-Obmann Stmk. 1951–53) 120, 123 f., 126 Natmeßnig, Meinrad 255 Neugebauer (Bundesgeschäftsführer VdU 1954/55) 298, 326 Neumann, Gustav Adolf (VdU-Obmann OÖ. 1949/50) 7, 45, 49, 52 f., 67 f., 82 f., 91 Neumayr, Anton 162 Neuwirth, Thomas (Generalseketär u. Sozialsprecher des VdU 1950, brach 1952 mit Kraus) 43 f., 59, 69, 71–75, 78, 84, 88 f., 92–98, 103, 105, 108–111, 114 O Oberleitner, Wolfgang 15 Odelga 210 Ogris, Hanzi 154 P Pacher, Stanislaus 162, 166 f., 174 f. Pamer-Steininger (VdU-Obmann Braunau) 275 f., 283, 289, 296, 298, 302, 305 Paschinger, Matthäus 44 f., 49 Pesendorfer, Franz 34, 43, 51, 54–56, 76 Peter, Friedrich 7, 204 f., 234–239, 249 ff., 259, 268, 274 ff., 279, 283, 285, 288, 290, 296 f., 301–313, 322–326, 331 Peter, Karl (»Ergokrat«) 126 Peter, Karl R. (FSÖ) 268, 285 Petritsch, Ernst 61 Peyerl, Franz (SPÖ-Landeshauptmannstv. Salzburg 1949–61) 175, 184 f., 187–189, 195 ff. Pfeifer, Helfried (VdU-, dann FPÖ-NR 1949–59) 61 f., 112, 117, 119, 122 f., 130, 135 f., 141, 242, 244, 261 Pflügl, Egon v. (»Komitee der nationalen Einigung«) 216, 219 Pichler, Anton 258 Pingitzer, Georg 106, 285, 314 Pirker, Konstantin 145, 147 Pittermann, Bruno 103, 112, 235, 287 f. Plachutta, Egon (Landesgeschäftsführer VdUStmk.) 205, 228 f., 248, 254, 273, 306 Plasser, Franz 331 Platzer, Wilfried 240 Polcar, Fritz 140 f.

Register Polland, Hans 92 Ponholzer, Otto (VdU-Vizebgm. Salzburg 1953–56) 164, 168, 174 f., 183, 188 Porenta, Anton 165, 167–169, 177 Prechtl, Josef 167, 169, 179 f., 183 Prinke, Franz 132, 135, 138 f. Prinzhorn, Harald 66, 106 Preußler, Robert 174, 182 Probst, Fritz 258 Proksch, Alfred (NS-Landesleiter Österreich 1931– 33) 210, 215 Proksch, Rudolf 119 f., 187 Q Quinn (VdU-Organisationsleiter OÖ 1950–52) 124, 285 R Raab, Julius 9 f., 37, 112, 129 f., 132, 137, 203, 213, 226 f., 233, 268, 287 f., 305, 333 Rabl, Max (VdU-BR OÖ 1949–55) 68, 109, 237, 255, 264, 295, 298, 305, 307–311, 319, 324 Rachbauer, Alois (VdU-Obmann Linz) 225, 264, 299, 301, 306, 310, 318 Rader, Hanns (VdU-, dann FPÖ LR Kärnten 1953–65) 147, 253 Rainer(-Mente), Hans 145 ff., 151 Raser, Josef (Landbund-NR 1930–34, stv. VdUObmann NÖ, 1954 ausgetreten) 120 Rasinger (Wr. Neustadt) 303 Rehrl, Franz 168, 186, 188 Reimann, Viktor (VdU-NR 1949–56) 43–45, 49, 52, 61, 63 f., 66, 69, 89, 95, 100, 107, 302 f., 306 f., 309 f. Reininghaus (Grazer Industriellenfamilie) 104 Reinthaler (GR Salzburg) 179 f., 181 f. Resinger, Walther 274 f., 278, 283, 289–297, 306, 314 Revertera, Graf Peter 203, 207, 209, 211–214, 222, 225 Reut-Nicolussi, Eduard 91 Rhomberg (Industriellenfamilie) 267 Richter (Wien) 85, 87, 107 Richter, Kurt (Salzburg) 163, 220, 281 Richter-Brohm, Heinrich (Generaldirektor VÖESt 1947–50) 112 Rinner, Felix 215 Rohan, Prinz Karl Anton 212, 215, 217

345

Rohr, Hans 65 Rohracher, Andreas (Erzbischof v. Salzburg 1943– 69) 32, 56 Roschall, Fritz 94, 98, 100, 102, 109, 114 Ruhdorfer 198 S Sadleder, Walter 119, 309 Schachermayr, Stefan 203, 211, 233 Schärf, Adolf 10, 105, 176, 287 f. Schennet 52, 127 Scheuch, Robert (VdU-Obmannstv. 1950/51, 1954/55, VdU-Obmann Kärnten 1949–51) 24 f., 28, 31, 39, 41, 45, 47, 49, 61, 63, 71, 87, 105, 117 f., 120, 124, 135, 138, 143 f., 161, 223, 240, 242–247, 255 f., 260, 282, 288 Schimanek, Wilhelm 15, 45, 51 Schmidl, Fritz 104 f., 108, 111, 117 f. Schmidt, Guido 203, 267 Schönbauer, Ernst (Landbund-NR 1919–30) 14, 19, 25–27, 45, 47, 49, 214 Schöpfer, Anton 282 Schwaiger (Schweiger), Herbert (VdU-Obmann Stmk. 1953–56) 38, 45, 49, 64, 78, 87–89, 100, 116, 126, 205, 228 f., 249, 254, 262, 273 f., 280, 285, 289 f., 306, 324 Schumy, Vinzenz 22 Schuschnigg, Kurt v. 13 Schuster, Julius 68 Schuster, Franz (Wien) 73, 85, 87 Schwarzenberg, Fürst Karl 9 Scrinzi, Otto (VdU-Obmann Kärnten 1952/53) 87, 89, 113, 117, 120, 122 Sedlmair, Hans 19 Seebacher, Ernst (VdU-Obmann Vorarlberg 1954–56) 287 f. Seipel, Ignaz 8, 215 Seutter-Loetzen, Erich 138, 203, 259 Seyfert (Seifert), Rudolf v. 210, 283 Sima, Hans 145, 150 Slavik, Adolf (»Nationale Liga«) 216 Spann, Othmar 19 Srbik, Heinrich v. 19 Steinacher, Hans 14, 21, 23, 25, 27, 30, 39, 45, 47, 142 Steiner, Josef 150, 154 Steinwender, Hans 28, 145

346

Register

Stendebach, Max (VdU-Obmann 1952–56) 8, 99, 102 f., 109, 114–127, 130, 143 f., 148, 170, 209, 213, 217 f., 224–230, 242–245, 251, 257, 259, 264, 268, 270, 272, 287, 294, 312 f., 316, 326, 328, 332 Stepan, Karl Maria 203, 209 Stephan, Anton (WdU/FPÖ-LR Stmk. 1953–57) 123, 254, 257, 260–263, 289 f., 303, 306 Stillfried, Baron Alfons 16, 19, 34 Stocker, Leopold 14 Strachwitz, Graf Ernst (ÖVP-NR 1949–51, Gründer »Aktion« 1951) 38, 49, 94, 106 f., 219, 257, 261, 271, 289, 328 Striessnig, Karl 146, 152 f. Strohmayer, Viktor 118, 123 Stüber, Fritz (VdU-Obmannstv. 1952/53, Gründer der FSÖ 1953) 37, 100, 109–116, 122–127, 140, 202, 213, 217, 219, 261, 268, 281, 284, 328 Sumper, Michael 27 f. Supersberg, Anton 143 ff. Swarowsky, Alfred 266 Swarowsky, Daniel 266 T Thausing, Herbert 267 f., 272, 286, 330 Thoma, Franz 226 Timmel, Rainer 203 f., 218, 220, 239, 243, 248, 265, 279, 281, 284 Tončić-Sorinj, Lujo v. 16, 29 Tongel, Emil van 7, 203–205, 227, 235, 248, 260, 268, 270–277, 285, 287 f., 290–293, 297, 299, 303, 306–310, 314, 316, 323, 328, 331 Treffer, Günther 106 Tschadek, Otto 105, 112 U Ursin, Fritz (FSÖ-Obmann 1953, ausgetreten 1955) 95 f., 99, 101 f., 107, 109–111, 115, 122, 126, 218, 240, 248, 251, 260 f., 265, 268, 271, 278 f., 284, 289, 304, 316, 319 V Vallon. Alfons 253 Vavrick 166, 176 Veiter, Theodor 19 W Wachernig, Hermann 145

Waldbrunner, Karl 106 Waldhäusl 41, 280, 284 f. Wagner, Hans 119 Walkensteiner (Druckerei St. Veit) 148 Wascher, Erwin (VdU-LR OÖ 1949/50) 61, 64, 68, 109 Wedenig, Ferdinand 145, 151 Weilhartner, Sepp 78–81, 96, 113, 120, 165–173, 175, 178, 181, 215 f., 252, 256 Weinberger, Lois 140 f. Weinländer, Georg 260 Weinmayer, Leopold (Landesparteisekretär ÖVP NÖ 1947–66) 132 Weiß, Emmerich (Landesgeschäftsführer VdU-OÖ) 296, 323 Weiss (Vorarlberg) 267 Weißkind, Josef (SPÖ-LR Salzburg 1949–69) 184 f., 195 Weißmann, Walter 26 Welzl, Oskar 299 f., 308, 318, 322, 326 Wicha, Karl 57, 85, 87, 89, 98, 105, 110, 112, 240, 248, 278, 284 Widmayer, Heinrich 133 Wied, Fritz v. 203, 259, 276, 278, 286–289, 315, 318 f., 326 Wild, Franz 311 Winckler, Karl v. 19, 21, 29, 38, 43 f., 46, 49, 52 f. Windischbauer, H. 184 f., 195 Withalm, Hermann 140 Wölfler, Alois 166, 177–182 Wolfmeyer 49 Wunschheim, Alfons v. 107, 260, 265 Y Yasikoff, Iwan 278, 304, 318 Z Zangel, Josef (Generalsekretär Landbund 1931–34) 161, 291, 297, 318 Zauner 160 Zechmann, Heinrich 255 Zimburg, Heinrich v. 199–201 Zink 140 f. Zippe, Anton 284 f. Zwerger, Othmar (VdU-Obmann Tirol 1951–53) 109

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BD. 32 | RICHARD VOITHOFER

ISBN 978-3-205-78470-8

POLITISCHE ELITEN IN SALZBURG EIN BIOGRAFISCHES HANDBUCH

BD. 38 | ERNST BEZEMEK,

1918 BIS ZUR GEGENWART

MICHAEL DIPPELREITER

2007. XXIV, 374 S. 24 S/W-ABB. GB.

POLITISCHE ELITEN IN

ISBN 978-3-205-77680-2

NIEDERÖSTERREICH EIN BIOGRAPHISCHES HANDBUCH

BD. 33 | ROBERT KRIECHBAUMER

1921 BIS ZUR GEGENWART

ZEITENWENDE

2011. 393 S. 14 S/W-ABB. GB. MIT SU

DIE SPÖ-FPÖ-KOALITION 1983–1987 IN

ISBN 978-3-205-78586-6

DER HISTORISCHEN ANALYSE, AUS DER SICHT DER POLITISCHEN AKTEURE UND

BD. 39 | HUBERT STOCK

IN KARIKATUREN VON IRONIMUS

„… NACH VORSCHLÄGEN DER VATER-

2008. 626 S. 16 KARIKATUREN GB.

LÄNDISCHEN FRONT“

ISBN 978-3-205-77770-0

DIE UMSETZUNG DES CHRISTLICHEN STÄNDESTAATES AUF LANDESEBENE,

BD. 35 | FRANZ SCHAUSBERGER (HG.)

AM BEISPIEL SALZBURG

GESCHICHTE UND IDENTITÄT

2010. 185 S. 40 S/W-ABB., ZAHLR. GRA-

FESTSCHRIFT FÜR ROBERT KRIECH-

FIKEN. UND TAB. BR. | ISBN 978-3-205-

BAUMER ZUM 60. GEBURTSTAG

78587-3

2008. 504 S. GB. MIT SU

SQ472

ISBN 978-3-205-78187-5

SCHRIFTENREIHE DES FORSCHUNGSINSTITUTES FÜR POLITISCH-HISTORISCHE STUDIEN DER DR.-WILFRIED -HASLAUER-BIBLIOTHEK BD. 40 | RICHARD VOITHOFER

BD. 46 | ROBERT KRIECHBAUMER

„… DEM KAISER TREUE UND

ZWISCHEN ÖSTERREICH UND

GEHORSAM …“

GROSSDEUTSCHLAND

EIN BIOGRAFISCHES HANDBUCH DER

EINE POLITISCHE GESCHICHTE DER

POLITISCHEN ELITEN IN SALZBURG

SALZBURGER FESTSPIELE 1933–1944

1861 BIS 1918

2013. 445 S. 70 S/W-ABB. UND 8 TAB. GB.

2011. 195 S. 10 S/W-ABB. BR.

MIT SU | ISBN 978-3-205-78941-3

ISBN 978-3-205-78637-5 BD. 47 | ROBERT KRIECHBAUMER BD. 41 | HERBERT DACHS, CHRISTIAN

„... STÄNDIGER VERDRUSS UND VIELE

DIRNINGER, ROLAND FLOIMAIR (HG.)

VERLETZUNGEN.“

ÜBERGÄNGE UND VERÄNDERUNGEN

DIE REGIERUNG KLIMA/SCHÜSSEL

SALZBURG VOM ENDE DER 1980ER

UND DIE BILDUNG DER ÖVP-FPÖ-REGIE-

JAHRE BIS INS NEUE JAHRTAUSEND

RUNG. ÖSTERREICH 1997–2000

2013. 893 S. 38 S/W-ABB. UND GRAFIKEN.

2014. 432 S. 54 TAB. GB. MIT SU

GB. MIT SU | ISBN 978-3-205-78721-1

ISBN 978-3-205-79570-4

BD. 42 | ROBERT KRIECHBAUMER,

BD. 48 | OSKAR DOHLE,

PETER BUSSJÄGER (HG.)

THOMAS MITTERECKER (HG.)

DAS FEBRUARPATENT 1861

SALZBURG IM ERSTEN WELTKRIEG

ZUR GESCHICHTE UND ZUKUNFT DER

FERNAB DER FRONT – DENNOCH IM

ÖSTERREICHISCHEN LANDTAGE

KRIEG

2011. 238 S. 7 S/W-ABB. GB. MIT SU

2014. 492 S. 154 S/W- UND FARB. ABB.

ISBN 978-3-205-78714-3

GB. | ISBN 978-3-205-79578-0

BD. 43 | ROBERT KRIECHBAUMER ,

BD. 49 | ANDREA BRAIT,

FRANZ SCHAUSBERGER (HG.)

MICHAEL GEHLER (HG.)

DIE UMSTRITTENE WENDE

GRENZÖFFNUNG 1989

ÖSTERREICH 2000–2006

INNEN- UND AUSSENPERSPEKTIVEN

2013. 848 S. ZAHLR. FARB. UND S/W-ABB.,

UND DIE FOLGEN FÜR ÖSTERREICH

TAB. UND GRAFIKEN. GB. MIT SU

2014. 544 S. 6 S/W-ABB., ZAHLR. TAB.,

ISBN 978-3-205-78745-7

GRAFIKEN. UND EINER CD. GB. MIT SU | ISBN 978-3-205-79496-7

BD. 45 | ROBERT KRIECHBAUMER UMSTRITTEN UND PRÄGEND KULTUR- UND WISSENSCHAFTSBAUTEN IN DER STADT SALZBURG 1986–2011 2012. 268 S. 64 FARB. ABB. GB.

SQ472

ISBN 978-3-205-78860-7