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German Pages 480 [484] Year 2002
Thomas Apolte und Uwe Vollmer (Hg.)
Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck: Fehlentwicklungen und Lösungsansätze aus institutionenökonomischer Sicht
Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft
Herausgegeben von Prof. Dr. Gernot Gutmann, Köln Dr. Hannelore Hamel, Marburg Prof. Dr. Helmut Leipold, Marburg Prof. Dr. Alfred Schüller, Marburg Prof. Dr. H. Jörg Thieme, Düsseldorf
Unter Mitwirkung von Prof. Prof. Prof. Prof.
Dr. Dr. Dr. Dr.
Dieter Cassel, Duisburg Karl-Hans Hartwig, Münster Hans-Günter Krüsselberg, Marburg Ulrich Wagner, Pforzheim
Redaktion: Dr. Hannelore Hamel Band Nr. 68: Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme: unter Reformdruck: Fehlentwicklungen und Lösungsansätze aus institutionenökonomischer Sicht
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Lucius & Lucius · Stuttgart · 2002
Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck Fehlentwicklungen und Lösungsansätze aus institutionenökonomischer Sicht
Herausgegeben von
Thomas Apolte und Uwe Vollmer
Mit Beiträgen von Thomas Apolte, Ansgar Belke, Rainer Fehn, Lars P. Feld Egon Görgens, Heinz Grossekettler, Peter Hertner, Jürgen Jerger, Martin Kröger, Martin Leschke, Albrecht Michler, Notburga Ott, Spiridon Paraskewopoulos, Thomas Pfahler, Ingo Pies, Heinz-Dieter Smeets, H.Jörg Thieme, Uwe Vollmer, Paul J.J. Weifens, Ralf Wiegert, Thomas Wilke
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Lucius & Lucius · Stuttgart · 2002
Anschriften der Herausgeber: Prof. Dr. Thomas Apolte Universität Münster Institut für Ökonomische Bildung Scharnhorststraße 100 48151 Münster Prof. Dr. Uwe Vollmer Universität Leipzig Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Marschnerstraße 31 04109 Leipzig
Diese Publikation wurde gefördert durch die Stiftung IMPULS - Stiftung für den Maschinenbau, den Anlagenbau und die Informationstechnik
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufhahme Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck: Fehlentwicklungen und Lösungsansätze aus institutionenökonomischer Sicht/ hrsg. von Thomas Apolte und Uwe Vollmer. Mit Beitr. von Thomas Apolte... - Stuttgart : Lucius und Lucius, 2002 (Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft; Bd. 68) ISBN 3-8282-0204-7 0292 deutsche Bibliothek
© Lucius & Lucius Verlags-GmbH · Stuttgart · 2002 Gerokstraße 51 · D-70184 Stuttgart Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Einband: ROSCH-BUCH Druckerei GmbH, 96110 Scheßlitz Printed in Germany
ISBN 3-8282-0204-7 ISSN 1432-9220
Vorwort Seit Mitte der 70er Jahre sind die Arbeitsmärkte in der Bundesrepublik Deutschland kaum noch in der Lage, einen hohen Beschäftigtenstand herbeizuführen. Damit steht Deutschland unter den Industrieländern freilich nicht allein da. Doch während sich anderswo die Absorptionsfähigkeit der Arbeitsmärkte erkennbar verbessert hat, steigt in Deutschland die Sockelarbeitslosigkeit mit jedem konjunkturellen Abschwung weiter an. Gleichzeitig türmen sich in den sozialen Sicherungssystemen beträchtliche Finanzierungsprobleme auf; für die kommenden Jahrzehnte bergen der medizintechnische Fortschritt und die demografische Entwicklung weitere finanzielle Risiken in sich, denen nur mit Hilfe durchgreifender und rechtzeitiger Reformen vor allem der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherungen wirksam begegnet werden kann. Beide Probleme hängen zusammen und haben möglicherweise gemeinsame Ursachen. Durch die in Deutschland traditionelle Anknüpfung der sozialen Sicherung an berufliche Beschäftigungsverhältnisse greifen die Finanzierungsprobleme sozialer Sicherungssysteme empfindlich in die Funktionsmechanismen der Arbeitsmärkte ein. Hinzu kommt, dass die sozialen Sicherungssysteme Anreizwirkungen entfalten, welche Angebots- und Nachfrageentscheidungen auf Arbeitsmärkten verzerren. Schließlich gibt es in Deutschland kaum einen Markt, der in ein derart dichtes Regulierungsnetz eingeflochten ist, wie der Arbeitsmarkt. Je größer das Potenzial an wirtschaftlichem Strukturwandel im Zuge des technologischen Fortschritts und der Globalisierung ausfällt, desto ausgeprägter ist auch der Bedarf an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit speziell der Arbeitsmärkte. Dies alles war Grund genug, die Themen soziale Sicherung und Arbeitsmärkte gemeinsam zu betrachten und in guter ordnungstheoretischer Tradition nach Erklärungen und Lösungen dieser Probleme zu suchen; vor allem, soweit sie in falsch konzipierten und deshalb reformbedürftigen Regulierungssystemen liegen. Das Forschungsseminar Radein e. V. hatte es sich deshalb in seinem 34. Seminar zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe der Neuen Institutionenökonomik die Probleme der Arbeitsmärkte und der sozialen Sicherungssysteme in nationaler und internationaler Perspektive zu beleuchten. Das Seminar fand vom 18. bis zum 24. Februar 2001 wie in jedem Jahr in dem kleinen Bergdorf Radein bei Bozen in Südtirol statt. Jeder Vortrag wurde durch ein Korreferat kommentiert und anschließend ausführlich diskutiert. Die Ergebnisse dieses Prozesses haben wir in diesem Sammelband in der Hoffnung zusammengefasst, damit einen Beitrag zum Verständnis und vielleicht auch ein wenig zur Lösung von zwei drängenden wirtschaftspolitischen Problemen zu leisten. An dieser Stelle sei allen gedankt, die zum Gelingen des 34. Radeiner Forschungsseminars und zur Entstehung dieses Sammelbandes beigetragen haben. Dieser Dank gilt zunächst der Fritz Thyssen Stiftung und der Vereinigung von Förderern und Freunden der Universität Leipzig e. V. für die finanzielle Unterstützung bei
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der Durchführung des Seminars sowie der Stiftung IMPULS - Stiftung für den Maschinenbau, den Anlagenbau und die Informationstechnik fiir die finanzielle Hilfe bei der Drucklegung dieses Bandes. Für Hilfe bei der Vorbereitung und Durchführung des Seminars sei unseren Mitarbeitern, Dipl. Volksw. Diemo Dietrich (Leipzig) und Dipl. Ök. Claudius Kobel (Münster), herzlich gedankt. Die umfangreichste Arbeit ergab sich schließlich im Zuge der redaktionellen Bearbeitung der Beiträge sowie des Manuskripts bis hin zur Druckreife. Die redaktionelle Bearbeitung erfolgte durch Dr. Hannelore Hamel (Marburg) und die Erstellung des Manuskripts durch Ulrike Michalski (Duisburg). Ihnen beiden sei ganz besonders gedankt, und zwar nicht allein für ihre engagierte und sorgfältige Arbeit, sondern auch für ihre große Geduld, die sie uns beiden, gelegentlich aber auch dem einen oder anderen Autor entgegen gebracht haben.
Münster / Leipzig, im November 2001
Thomas Apolte und Uwe Vollmer
Inhalt I.
Analysekonzepte und historische Hintergründe Thomas Apolte und Uwe Vollmer Institutionenökonomik von Arbeitsmärkten und sozialen Sicherungssystemen: Fragestellungen, Methoden und Forschungsaufgaben
II.
1
Peter Hertner Entstehung und Wandel von Arbeitsmarktinstitutionen in Deutschland von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Weltwirtschaftskrise 1929/33
27
Heinz Grossekettler Ursprünge und Entwicklungslinien sozialer Sicherungssysteme in Deutschland
47
Fehlentwicklungen und Reformpotenziale Egon Görgens und Thomas Pfahler Adverse Selektion, moralisches Risiko und Tarifvertragsrecht: Beeinflusst das Vertragsrecht die Ausgestaltung anreizkompatibler Verträge?
85
Martin Kröger und Martin Leschke Pekuniäre Arbeitsanreize für Empfänger von staatlichen Lohnersatzleistungen in Deutschland: Status quo und Alternativen
113
Jürgen Jerger Arbeitsmarktregulierung und Beschäftigung: Zu den Effekten staatlich zugeteilter Verfugungsrechte an Arbeitsplätzen
141
Ingo Pies Wie (dys-)funktional sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände? Zur ordnungspolitischen Analyse des Korporatismus organisierter Interessengruppen in der Demokratie
173
Notburga Ott Institutionelle Determinanten des Erwerbsverhaltens von Frauen
199
Vili
III.
IV.
Thomas Wilke Öffentliche Bereitstellung von Investitionen in Humanvermögen: Zur Effizienz der Schulbildung und ihren Einflussfaktoren
225
Ansgar Belke Demographische Entwicklung und soziale Sicherungssysteme: Zur langfristigen Entwicklung am deutschen Arbeitsmarkt
251
Reformdruck durch institutionellen Wettbewerb? Lars P. Feld Institutioneller Wettbewerb und Arbeitsmarktinstitutionen in Europa
289
Spiridon Paraskewopoulos Umverteilung und Beschäftigung im internationalen Wettbewerb
319
Rainer Fehn Institutioneller Wettbewerb und soziale Sicherungssysteme in Europa
351
Heinz-Dieter Smeets und H. Jörg Thieme Währungsunion und institutioneller Anpassungsdruck auf europäischen Arbeitsmärkten
377
Internationale Reformerfahrungen Albrecht F. Michler Reform der Alterssicherung in Schwellenländern: Erfahrungen mit dem Übergang vom Umlage- zum Kapitalstockverfahren
403
Paul J.J. Weif ens und Ralf Wiegert Einkommensverteilung, Wachstum und Sozialversicherungsreform in ausgewählten Transformationsländern
437
Autoren und Seminarteilnehmer
472
I. Analysekonzepte und historische Hintergründe
Thomas Apolle und Uwe Vollmer (Hg.) Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft · Band 68 · Stuttgart · 2002
Institutionenökonomik von Arbeitsmärkten und sozialen Sicherungssystemen: Fragestellungen, Methoden und Forschungsaufgaben
Thomas Apolte und Uwe Vollmer
Inhalt 1. Einleitung
2
2. Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck
3
2.1. Soziale Sicherungssysteme
3
2.2. Arbeitsmärkte
10
2.3. Arbeitsmärkte und soziale Sicherung
13
3. Institutionenökonomische Ansätze im Überblick
14
4. Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme aus institutionenökonomischer Perspektive
16
5. Fragestellungen und Forschungsaufgaben
19
Literatur
21
Tabellenanhang
24
2
Thomas Apolte und Uwe Vollmer „Institutional features are too important to leave to the footnotes".
Atkinson (1999, S. 108)
1. Einleitung Die Reform der Arbeitsmärkte und der sozialen Sicherungssysteme dürfte neben dem Schutz der Umwelt die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte darstellen. Seit nunmehr über 25 Jahren sind die Arbeitsmärkte in der Bundesrepublik nicht mehr in der Lage, Angebot und Nachfrage in zufrieden stellendem Maße zum Ausgleich zu bringen. Im Gegenteil: In mehreren Schüben ist die Sockelarbeitslosigkeit auf ein immer höheres Niveau gestiegen. Daran ändert auch die Tatsache noch nichts Grundlegendes, dass der wirtschaftliche Aufschwung zur Jahrtausendwende nach langer Zeit erstmals wieder einen spürbaren Anstieg der Beschäftigung und einen Rückgang der Arbeitslosenquote in Gang setzte. Auch tröstet es nur wenig, wenn die übrigen europäischen Industrieländer größtenteils ähnliche Entwicklungen durchmachen und ähnlichen Problemen gegenüberstehen. Denn die Reformbedürftigkeit der Arbeitsmärkte in Deutschland und in vielen weiteren Ländern bleibt bestehen. Ähnlich sieht es bei den sozialen Sicherungssystemen aus, deren Reformbedürftigkeit sich in erster Linie daraus ergibt, dass die Sozialabgabenquoten mehr oder weniger kontinuierlich auf ein Maß angestiegen sind, welches erstens an Akzeptanzgrenzen stößt und welches zum Zweiten Rückwirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Beschäftigungssituation hat. Aus dem letztgenannten Grund und weil Beschäftigung und soziale Sicherung gleichermaßen zentrale Bestimmungsfaktoren fur die wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung sind, hängen die Themenbereiche Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme eng miteinander zusammen. Entsprechend sind auch Reformbestrebungen im einen Bereich immer im Zusammenhang mit dem jeweils anderen Bereich zu beurteilen und zu konzipieren. Die Neue Institutionenökonomik scheint sich auf Grund ihres methodologischen Ansatzes in besonderer Weise für die Analyse von Arbeitsmärkten und sozialen Sicherungssystemen zu eignen. Aus diesem Grunde werden diese beiden Problembereiche im Folgenden auch aus einer institutionenökonomischen Perspektive heraus betrachtet. Im zweiten Abschnitt wird zunächst ein knapper Problemaufriss zur Lage und zum Reformbedarf im Bereich der sozialen Sicherungssysteme und der Arbeitsmärkte geliefert. Im dritten Abschnitt wird ein kurzer Überblick über institutionenökonomische Ansätze gegeben, um im vierten Abschnitt dann einige Indizien dafür zu liefern, warum es sich lohnt, Arbeitsmärkte (und soziale Sicherungssysteme) aus institutionenökonomischer Perspektive zu betrachten. Im fünften und letzten Abschnitt schließlich sollen die wichtigsten Fragestellungen und Forschungsaufgaben herausgestellt werden, die sich aus institutionenökonomischer Sicht im Zusammenhang mit diesen beiden Problembereichen ergeben.
Institutionenökonomik
von Arbeitsmärkten
und sozialen
Sicherungssystemen
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2. Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck 2.1. Soziale Sicherungssysteme Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Beitragssätze zu den gesetzlichen Sozialversicherungen in den letzten 30 Jahren. Danach ist der durchschnittliche Beitragssatz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 8,2 % im Jahre 1970 auf 13,5 % im Jahre 1999 angestiegen, die Beitragssätze zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und zur Arbeitslosenversicherung (ALV) sind von 1970 bis 1999 von 17 % auf 19,5 % bzw. von 1,3 % auf 6,5 % angewachsen. Insgesamt ist damit die Abgabenbelastung allein aus diesen drei sozialen Sicherungssystemen von 26,5 % auf 39,5 % angestiegen. Darin sind die steuerfinanzierten Sozialleistungen des Staates noch gar nicht berücksichtigt. Aber auch innerhalb der beitragsfinanzierten sozialen Sicherungssysteme unterzeichnen diese Zahlen die tatsächliche Entwicklung noch erheblich. Denn wenn man sich einmal die Entwicklung der Beitragsbemessungsgrenzen ansieht, so erkennt man, dass diese in allen drei Fällen weit stärker gestiegen sind als die zu Grunde liegenden Einkommen. So sind im alten Bundesgebiet die monatlichen durchschnittlichen Bruttolöhne von 1970 bis 1990 nominal um 318 % gewachsen. Im gleichen Zeitraum sind die Beitragsbemessungsgrenzen zur GRV und zur Arbeitslosenversicherung allerdings um jeweils 372 % gestiegen und jene zur GKV sogar um 431 %. Solch ein überproportionaler Anstieg der Beitragsbemessungsgrenzen hat zur Folge, dass die effektive Beitragsbelastung auch bei konstanten Beitragssätzen ansteigt. Schließlich sind die Bundeszuschüsse zur Ren-
Tabelle 1: Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen in den Sozialversicherungen 1 '
Jahr
1970 1980 1990 1995 1996 1997 1998 1999
Gesetzliche Krankenversicherung BeitragsBeitragssatz bemessungs(im Durchgrenze 2 ' schnitt aller in DM Kassen) in % 1200 8,2 11,4 3150 4725 12,5 5850 13,5 6000 13,5 6150 13,5 6300 13,5 13,5 6375
Gesetzliche Rentenversicherung BeitragsBeitragssatz bemessungsin % grenze in DM 1800 17,0 4200 18,0 6300 18,7 7800 18,6 8000 19,2 8200 20,3 8400 20,3 8500 19,5
'' Früheres Bundesgebiet. Vor 1989: Versicherungspflichtgrenze.
2)
Quelle: SVR (2000); Lampert und Altmann (2001, S. 236).
Arbeitslosenversicherung BeitragsBeitragsbemessungssatz grenze in % in DM 1800 1,3 4200 3,0 6300 4,3 7800 6,5 8000 6,5 8200 6,5 8400 6,5 8500 6,5
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Thomas Apolte und Uwe
Vollmer
tenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung seit 1970 mehrfach angehoben worden, was entweder über Steuern oder über Staatsverschuldung finanziert werden muss. Dies läuft in beiden Fällen auf eine verdeckte Beitragserhöhung hinaus, wenngleich im Falle der Staatsverschuldung nicht eindeutig klar ist, welche Generation diese versteckte Beitragslast ökonomisch tragen muss. Nun ist diese Entwicklung in der Bundesrepublik bekanntlich kein Einzelfall. Praktisch alle OECD-Länder haben seit Anfang der 60er Jahre ihre Sozialsysteme mehr oder weniger großzügig ausgebaut. Dies geschah allerdings mit unterschiedlicher Intensität, und manche Staaten befinden sich bereits seit längerer Zeit auf dem Rückzug. An welcher Stelle Deutschland mit Blick auf die Belastung mit Sozialabgaben im internationalen Vergleich steht, lässt sich allerdings nicht ohne weiteres bestimmen. Einerseits liegen die Sozialbeiträge in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) mit 20,1 % (1997) im Spitzenbereich und übertreffen damit selbst die Beiträge von Ländern wie Schweden und Dänemark. Andererseits aber werden gerade in den skandinavischen Ländern viele Sozialausgaben steuerfinanziert. Entsprechend liegt Deutschland bei der Gesamtbelastung mit Steuern und Sozialbeiträgen mit knapp 43 % des BIP eher im Mittelfeld und wird von manchen Ländern mit Werten von bis zu 54,7 % zum Teil deutlich übertroffen {Meinhardt 1999). Doch sagt die Gesamtbelastung mit Steuern und Sozialbeiträgen nicht mehr viel über die Belastung mit Sozialabgaben aus, solange über die Verwendung des Steueraufkommens nichts Genaueres ausgesagt ist. Bei einer Betrachtung der Ausgaben der sozialen Sicherungssysteme liegt Deutschland mit knapp 30 % des BIP denn auch wieder im oberen Spektrum. Allerdings kann auch der Vergleich der Ausgabenseite der sozialen Sicherungssysteme zu Fehlschlüssen fuhren, weil soziale Leistungen in unterschiedlichem Maße steuerpflichtig sind und von daher auch in unterschiedlichem Maße in Form von Steuerzahlungen an den Staat zurückfließen. Daher gibt es verschiedene Versuche, soziale Abgaben um die Steuerkomponente zu bereinigen, um so zu einer Nettobetrachtung der Abgabenbelastung zu gelangen (.Adema 1999, 2001). Dabei ergibt sich, dass der Unterschied in der Sozialabgabenbelastung zwischen typischen ,Sozialstaatsländem', wie Dänemark oder die Niederlande, den Vereinigten Staaten oder Großbritannien deutlich kleiner ausfällt (Tabelle 2). Noch enger zusammen rücken die Länder, wenn man privatwirtschaftlich organisierte, aber staatlich verpflichtende Versicherungsleistungen berücksichtigt; schließlich werden die Unterschiede zwischen den Ländern fast marginal, wenn man freiwillige und privatwirtschaftlich organisierte Vorsorgeleistungen mit in Betracht zieht. Die Sinnhaftigkeit dieser letzteren Beobachtung mag man allerdings zu Recht bezweifeln. Denn im Zusammenhang mit der Problematik sozialer Sicherungssysteme geht es weniger um die Frage, ob bestimmte Sicherungsleistungen wie Kranken- oder Rentenversicherungen grundsätzlich nachgefragt und angeboten werden. Vielmehr geht es darum, wie und durch welche Institutionen solche Leistungen bereitgestellt werden; zudem verlieren freiwillig geleistete Beiträge - insbesondere an konkurrierende Anbieter - endgültig ihren Steuercharakter und damit die wesentli-
Institutionenökonomik
von Arbeitsmärkten
und sozialen
Sicherungssystemen
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che effizienzmindernde Nebenwirkung, die von staatlichen sozialen Sicherungssystemen ausgeht. 1 Tabelle 2: Indikatoren der Sozialausgaben im Jahr 1995 für ausgewählte OECDStaaten in % des Bruttoinlandsprodukts zu Faktorkosten Land Öffentliche Bruttosozialausgaben Öffentliche Nettosozialausgaben Verpflichtende private Nettosozialausgaben Verpflichtende öffentliche Nettosozialausgaben Freiwillige private Nettosozialausgaben Private Nettosozialausgaben Gesamtnettosozialausgaben
AUS 20,3 18,7
DK 37,6 23,6
GER 30,4 25,9
NL 30,1 21,1
UK 25,9 22,3
USA 17,1 17,5
1,0
0,3
1,0
0,5
0,3
0,5
19,0
23,9
26,9
21,6
22,6
18,0
2,7
0,5
0,8
3,4
3,6
7,8
3,7 21,6
0,8 24,4
1,8 27,7
3,8 25,0
3,9 26,0
8,3 24,5
Quelle: Adema (2001, S. 103, Tabelle 2).
Unabhängig von der Frage, wie man die jeweiligen Indikatoren abgrenzt, liegt Deutschland allerdings praktisch immer im oberen Bereich des Spektrums. Durch die Nettobetrachtung rückt Deutschland unter den hier betrachteten Ländern sogar an die Spitze auf. Das gleiche gilt, wenn private Leistungen mit berücksichtigt werden. Generell darf die Bedeutung der genauen Position eines Landes im internationalen Vergleich aber schon deshalb nicht überschätzt werden, weil praktisch alle Länder bezüglich ihrer sozialen Sicherungssysteme mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben wie die Bundesrepublik Deutschland. Dies gilt zumindest, wenn man Nordamerika und Großbritannien mit ihren deutlich vom kontinentaleuropäischen Sozialstaatsmodell unterschiedlichen Systemen einmal außen vor lässt. Die expansive Entwicklung der Sozialhaushalte ist zum Teil Ausdruck bewusster politischer Entscheidungen, zum Teil aber auch Resultat der hohen Arbeitslosigkeit, wobei die hohe Abgabenbelastung allerdings selbst wiederum mit ursächlich sein kann für die Arbeitslosigkeit. Neben einer Reihe von gemeinsamen Ursachen und Problemen weist jeder einzelne Bereich der sozialen Sicherungssysteme allerdings seine spezifische Problematik auf.
Die nur noch geringen und sich im Übrigen in ihrer Reihenfolge teilweise sogar umkehrenden Quoten der Gesamtnettosozialausgaben lassen sich allerdings als Indikator dafür interpretieren, dass die Bevölkerung sehr unterschiedlicher Länder doch in ähnlichem Maße ein Bedürfnis nach der Absicherung bestimmter Lebensrisiken hat.
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Thomas Apolte und Uwe Vollmer
Alterssicherung Entgegen gelegentlich zu hörenden Auffassungen spielt zur heutigen Zeit die demographische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch keine Rolle für die gegenwärtigen Probleme der Rentenversicherung. Im Gegenteil: Durch die geburtenstarken Jahrgänge bis 1970 weist die Bevölkerung eine derzeit noch ausgesprochen günstige Struktur auf, so dass das Verhältnis von Beitragszahlern zu Leistungsempfängern im Augenblick sogar ungewöhnlich günstig ist. Doch trotz dieser günstigen Entwicklung sind bereits jetzt erhebliche Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung zu beklagen. So startete die GRV nach der Einfuhrung der dynamischen Rente im Jahre 1957 mit einem Beitragssatz von 14 %, der dann nach und nach bis zum Jahre 1998 auf 20,3 % angestiegen war. Die Tatsache, dass er seither nicht noch weiter stieg, ist allein darauf zurückzufuhren, dass der damalige Sozialminister Norbert Blüm im Jahre 1998 eine mehrwertsteuerfinanzierte Erhöhung des Bundeszuschusses zur GRV durchsetzte. Schließlich ist die Tatsache, dass der Beitrag nach 1998 wieder leicht zurückgeführt wurde, ebenfalls nicht auf Ausgabensenkungen, sondern allein auf die Einführung der Ökosteuer mit einer abermaligen Erhöhung des Bundeszuschusses zurückzuführen. Würde man diese verdeckten Beiträge zur GRV wieder in offene Beiträge umwandeln, so stiege bereits der heutige Beitragssatz (2001) auf etwa 28 % an (Börsch-Supan 2001, S. 207 f.). Auf dieser Basis würde der Beitragssatz sich dann weiter nach oben entwickeln, wenn es ab etwa 2015 zu der absehbaren drastischen Verschlechterung der Bevölkerungsstruktur kommen wird. Dass es trotz der augenblicklich noch recht günstigen Bevölkerungsstruktur bereits zu erheblichen Finanzierungsproblemen der GRV gekommen ist, hat verschiedene Gründe. Die wichtigsten unter diesen Gründen dürften sein: -
ein zunehmend großzügigerer Leistungsumfang der GRV im Zeitablauf;
-
ein Rückgang des durchschnittlichen Verrentungsalters von 65 vor 1973 auf unter 60;
-
damit verbunden der Einsatz der Frühverrentung und des Vorruhestands zum Zwecke der Entlastung des Arbeitsmarktes; und nicht zuletzt
-
eine ausgesprochen großzügige Übertragung des Systems der GRV auf die neuen Bundesländer.
Zum Teil wurde in den letzten Jahren bereits daran gearbeitet, diese Ursachen wieder zurückzudrängen. Vor allem aber versucht die Politik derzeit, die in 15 bis 20 Jahren akut werdenden demographischen Probleme zu lösen (Wissenschaftlicher Beirat 1998). Bisher sieht es allerdings nicht so aus, als wäre die Tragweite dieser Problematik wirklich erkannt. Dazu muss aber angemerkt werden, dass auch von Seiten der Wissenschaft noch keineswegs Klarheit und Einvernehmlichkeit darüber besteht, wie verschiedene Rentenversicherungssysteme zu beurteilen sind und welche Reformoptionen daraus folgen. Dies betrifft bereits sehr grundsätzliche Einschätzungen zu den Effizienz- und Anreizwirkungen kapitalgedeckter bzw. umlage-
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von Arbeitsmärkten
und sozialen
Sicherungssystemen
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finanzierter Systeme, die gerade in der Wissenschaft seit einigen Jahren wieder intensiver diskutiert werden. 2 Jedenfalls wird der gegenwärtige Stand der Rentenreformbemühungen diesen Problemen keineswegs schon gerecht. Gesundheitssystem Die GKV in der Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich dadurch aus, dass sie ähnlich wie die GRV nach dem Umlagesystem finanziert wird und dass die Versicherungsbeiträge nicht risikoäquivalent kalkuliert werden, sondern innerhalb jeder Krankenkasse nach dem Einkommen gestaffelt sind. Weiterhin besteht für die Kassen ein grundsätzlicher Kontrahierungszwang, und schließlich werden die ärztlichen Leistungen nicht individuell zwischen Ärzten und Kassen vereinbart, sondern im Rahmen eines Kollektivvertragssystems zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen. Bereits diese Besonderheiten verhindern in weiten Teilen eine marktwirtschaftliche Ressourcenallokation im Gesundheitswesen. Darüber hinaus aber induzieren sie weiteren Interventionsbedarf von Seiten der Politik und - damit verbunden - einen eigentlich permanenten Reformdruck. Die Kosten des Gesundheitssystems haben sich in den letzten Jahrzehnten ähnlich dynamisch entwickelt wie die Kosten der Alterssicherung. Betrug der Beitragssatz zu Beginn der 60er Jahre noch etwas über 9 %, so liegt er inzwischen bei knapp 14 %. Eine Reihe von Reformen in den Jahren 1988, 1992, 1996 und 1997 konnte diese Entwicklung nicht grundlegend beeinflussen. Allerdings liegen der Kostenexpansion im Gesundheitswesen nicht nur - und möglicherweise nicht einmal vorwiegend - spezifisch bundesdeutsche Ursachen zu Grunde. Vielmehr wirkt eine Reihe von grundlegenden Faktoren auf die Ausgabendynamik ein: -
Die zunehmende Lebenserwartung geht mit einer größeren medizinischen Betreuungsintensität einher.
-
Der medizinisch-technologische Fortschritt vergrößert einerseits die Möglichkeiten der modernen Medizin gegenüber früheren Zeiten; diese an sich begrüßenswerte Erscheinung schlägt sich allerdings auch in Kostenentwicklungen nieder, die die solidarischen Systeme der Krankenversicherung künftig nicht nur in Deutschland vor nachhaltige Probleme stellen werden (Krämer 1996).
-
Nach Einschätzung der Gesundheitsökonomen dürfte es sich im Falle der Gesundheitsleistungen um superiore Güter handeln, so dass ein Teil der Beitragsdynamik auf eine entsprechend hohe Einkommenselastizität der Gesundheitsleistungen zurückzuführen wäre.
-
Große Bereiche des Gesundheitswesens sind ausgesprochen dienstleistungsintensiv, so dass allgemeine Produktivitätssteigerungen sich hier nicht entsprechend niederschlagen können; sollen die Bediensteten des Gesundheitswesens von der allgemeinen Einkommensentwicklung indes nicht abgekoppelt werden, so führt
2
S i e h e hierzu etwa Althammer
( 2 0 0 0 ) ; Hauser
( 2 0 0 0 ) ; Schmäh!
(200\ ); Werding
(1998).
8
Thomas Apolte und Uwe Vollmer dies zu der auch aus anderen dienstleistungsintensiven Branchen bekannten ,Baumolschen Kostenkrankheit'.
Berücksichtigt man diese Faktoren, so sollte deutlich werden, dass Reformen nicht in erster Linie an der Kostenexpansion an sich ansetzen müssten. Denn die hinter dieser Expansion stehenden Kostentreiber sind auch international zu beobachten und spiegeln entweder Präferenzverschiebungen der Konsumenten von Gesundheitsleistungen wider, oder sie beruhen auf grundsätzlichen Mechanismen, deren Wirkung auch eine rein marktwirtschaftliche Organisation nicht ausschalten könnte. Daher kann es bei der Reform des Gesundheitswesens nicht zentral darum gehen, die Kosten zu reduzieren. Vielmehr muss es um die Frage gehen, inwiefern das System der GKV in der Lage ist, Präferenzen und Zahlungsbereitschaften der Versicherten transparent zu machen. Eine Kostenexpansion wäre für sich genommen daher nicht problematischer als etwa die in den letzten Jahrzehnten ebenfalls zu beobachtende Expansion der Ausgaben privater Haushalte im Bereich der Touristik, sofern die GKV in zufrieden stellendem Maße die Präferenzen der Versicherten widerspiegeln würde. Leider muss genau diese Fähigkeit der GKV aber bezweifelt werden; und ein Gesundheitssystem wäre hierzu wohl auch nur dann in der Lage, wenn die Allokation zumindest überwiegend auf marktwirtschaftlichen Strukturen beruhen würde. Dies scheitert aber an einer Reihe von sozialpolitischen Axiomen', mit deren Konsequenzen nicht nur das deutsche Gesundheitssystem, sondern die Systeme der meisten anderen Industrieländer in ganz ähnlicher Weise zu kämpfen haben: -
Auch wenn einzelne Menschen nicht versichert sind, darf sie ein Arzt im Falle einer Behandlungsbedürftigkeit letztlich nicht zurückweisen. Aus diesem Grund gibt es fast überall - zumindest in gewissem Umfang - einen Versicherungszwang auf Seiten der potenziellen Patienten und einen Kontrahierungszwang auf Seiten der Versicherer.
-
Hiermit eng verbunden ist das Problem, dass die medizinische Betreuung heute derart kostenintensiv geworden ist, dass eine rein risikoäquivalente Kalkulation zu Beitragssätzen fuhren würde, die für viele nicht mehr bezahlbar wären. Grundsätzlich folgt daraus zwar noch nicht die Notwendigkeit einkommensabhängiger Beitragssätze, weil das Problem ohnehin besser durch direkte Einkommenstransfers lösbar wäre. In der politischen Praxis aber sind einkommensabhängige Beitragssätze häufig kaum vermeidbar.
-
Qualitativen Unterschieden in der medizinischen Betreuung nach Zahlungsbereitschaft sind relativ enge Grenzen gesetzt, und zwar insbesondere dort, wo es um lebenserhaltende medizinische Leistungen geht.
-
Schließlich nehmen die Gesundheitskosten mit zunehmendem Alter deutlich zu. Dies müsste entweder zu recht drastisch steigenden Beitragssätzen im Alter führen oder bei konstanten Beitragssätzen dazu, dass Versicherungsanbieter versuchen werden, Verträge mit älteren Personen aufzukündigen. Ein wettbewerbliches Angebot von Krankenversicherungsleistungen ist bei konstanten Beitragssätzen nur durch entsprechende Kontrahierungszwänge, verbunden mit transfe-
Institutionenökonomik
von Arbeitsmärkten
und sozialen
Sicherungssystemen
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rierbaren Alterungsrückstellungen möglich. Dieses Problem ist nicht einmal in der Privaten Krankenversicherung gelöst, geschweige denn in der GKV. Das damit verbundene demographische Problem wird in Deutschland im Rahmen der GKV ähnlich wie schon in der GRV über das Umlagesystem ,gelöst', was ein beträchtliches Potenzial an zusätzlichen Beitragssteigerungen fur die Zeit nach 2015 beinhaltet. Die Aufgabe der Gesundheitspolitik ist es nun, im Wesentlichen im Rahmen dieser Axiome institutionelle Arrangements zu entwickeln und zu erproben, innerhalb derer die Präferenzen der Bürger fur Gesundheitsleistungen sowie ihre Zahlungsbereitschaft hierzu möglichst genau widergespiegelt werden (van der Beek und Cassel 1997; Cassel 2000). Soziale Grundsicherung Die soziale Grundsicherung setzt dort ein, wo alle beitragsfinanzierten Sicherungssysteme nicht mehr greifen. Dies ist in Deutschland in der Regel dann der Fall, wenn zuvor keine versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse bestanden haben. Aus diesem Grunde ist die soziale Grundsicherung in der Form der Sozialhilfe auch steuerfinanziert. Das neben der Finanzierung zentrale Problem der sozialen Grundsicherung ist ihr negativer Anreizeffekt auf das Arbeitsangebot. Denn die Sozialhilfe konkurriert' mit dem potenziellen Arbeitslohn der betroffenen Personen, weil diese Personen in der Regel nur im Niedriglohnbereich Beschäftigung finden könnten. Zentrales Maß für die negativen Anreizwirkungen der Sozialhilfe ist die Transferentzugsrate. Diese gibt an, um wie viel Prozent des Arbeitseinkommens einer potenziellen Beschäftigung die Sozialhilfe gekürzt würde, wenn sich die betroffene Person auf ein Beschäftigungsverhältnis einließe. Damit ist die Transferentzugsrate nichts anderes als ein impliziter marginaler Lohnsteuersatz. Im System der deutschen Sozialhilfe beträgt die Transferentzugsrate im Prinzip 100 Prozent, weil jedes eigene Einkommen in vollem Umfang sozialhilfemindernd wirkt. Die Diskussion um die Sozialhilfe konzentriert sich entsprechend darauf, die negativen Anreizwirkungen entweder über eine Senkung der Transferentzugsrate - etwa im Rahmen einer negativen Einkommensteuer - zu lindern, oder darauf, die administrativen Kontrollsysteme zu verbessern. Die erste Option ist nicht nur intellektuell reizvoller, sie wird wegen ihrer Kompatibilität zur Marktwirtschaft zumeist auch von liberal ausgerichteten Ökonomen und Politikern bevorzugt (Jerger und Spermann 1996). Sie hat aber durchaus ihre Probleme. Diese Probleme laufen im Großen und Ganzen darauf hinaus, dass entweder noch bis in mittlere Einkommen hinein Transferleistungen gezahlt werden müssen oder die Transfers bei jenen sehr niedrig ausfallen, die keine nennenswerten eigenen Einkommen erzielen (Becker 1995). Entsprechend konzentriert man sich in der praktischen Politik bisher auf kommunaler Ebene auf eine Verbesserung der administrativen Kontrollsysteme. Von wirklich zufrieden stellenden Lösungen des Problems kann aber nach wie vor nicht gesprochen werden. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, weil mit dieser Problematik ein erheblicher Teil der bundesdeutschen Arbeitslosigkeit zusam-
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Thomas Apolte und Uwe Vollmer
menhängt. Denn wegen der in Deutschland vergleichsweise hohen Langzeitarbeitslosigkeit leben viele Arbeitslose entweder von der Sozialhilfe oder doch von der Arbeitslosenhilfe, die aber ebenfalls eine hundertprozentige Transferentzugsrate aufweist. Insofern besteht in diesem Bereich nicht nur nach wie vor Reformbedarf, sondern ebenso noch umfangreicher Forschungsbedarf.
2.2. Arbeitsmärkte Arbeitslosigkeit ist inzwischen in praktisch allen OECD-Ländern zu einem wirtschaftspolitischen Problem geworden. Selbst Länder wie die Schweiz, Österreich und Japan, die lange Zeit wie Inseln der Glückseligkeit von nennenswerter Arbeitslosigkeit verschont blieben, wurden in den 90er Jahren endgültig damit konfrontiert. Andererseits bricht inzwischen eine Reihe von Ländern aus dem Trend zu immer höheren Arbeitslosenquoten aus. Dies sind neben den USA und dem Vereinigten Königreich (UK) vor allem Irland, Dänemark und die Niederlande. Andere Länder wie Frankreich, Italien, Spanien und eben auch die Bundesrepublik Deutschland konnten bisher noch keine Trendwende erreichen, wenngleich der Aufschwung in Europa zu Beginn des Jahrtausends eine gewisse konjunkturelle Entlastung gebracht hat (Abbildung 1). Abbildung 1: Arbeitslosenquoten 1 ' in ausgewählten 0 £ Ό ) - L ä n d e r n
'' Anteil der registrierten Arbeitslosen an der zivilen Erwerbsbevölkerung. Bis 1991: Berechnung nach internationaler Schätzmethode; ab 1992 Berechnungsmethode von Eurostat nach ILO-Richtlinie. Quelle: Bundesministerium
für Arbeit (2001, Tabelle 9.14).
Nun sagen die Arbeitslosenquoten allein noch wenig über die Anpassungsflexibilität und Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes in einem Land aus, denn sie
Institutionenökonomik
von Arbeitsmärkten
und sozialen
Sicherungssystemen
11
berücksichtigen die Entwicklung des Arbeitsangebotes nicht. Abbildung 2 zeigt daher über einen langen Zeitraum die Entwicklung der Beschäftigung in ausgewählten 0£C£)-Ländern auf. Hieraus ergeben sich recht deutliche Unterschiede. So wurde das Beschäftigungsvolumen am US-amerikanischen und am japanischen Arbeitsmarkt jeweils weit mehr als verdoppelt, und zwar genau um 137 % in den USA und um 125 % in Japan. In Irland verdoppelte sich mit 96 % die Beschäftigung im selben Zeitraum knapp. Ebenfalls recht dynamisch entwickelten sich auch die Niederlande und Spanien mit 177% (Niederlande) bzw. 180% (Spanien) des Niveaus von 1960. Um 42 % stieg die Beschäftigung in Frankreich und um 36 % in Italien. Schließlich stieg auch in Deutschland die Beschäftigung um immerhin 32 %, wobei der einmalige Bevölkerungszuwachs im Zuge der Wiedervereinigung herausgerechnet wurde. Lediglich das Vereinigte Königreich verblieb in seinem Beschäftigungsvolumen etwa auf dem Niveau von 1960. Einige Länder haben sich gerade in den 90er Jahren besonders dynamisch entwickelt, insbesondere Irland, Spanien, die Niederlande und - wie schon zuvor - die Vereinigten Staaten. Japan hingegen konnte seine bis Anfang der 90er Jahre sehr dynamische Entwicklung nicht halten, so dass dort auch erstmals die Arbeitslosenquoten auf ein bis dahin unbekanntes Niveau angestiegen sind. Abbildung 2: Abhängig Beschäftigte in ausgewählten OECD-Ländern,
1960=100
Die deutschen Werte wurden für die Jahre 1995 und 1999 um die einmalige Vergrößerung der Bevölkerung im Zuge der Wiedervereinigung bereinigt. Quelle: 57? V (2000).
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Thomas Apolte und Uwe Vollmer
Auch in Deutschland ist die Zahl der Beschäftigten in den 90er Jahren zeitweilig zurückgegangen. Insgesamt konnte der Zuwachs des Arbeitsangebotes in Deutschland vom Arbeitsmarkt nicht zufrieden stellend absorbiert werden. Dabei ist vor allem die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland beunruhigend, die in den letzten Jahren rasant von 25 % im Jahre 1992 auf fast 34 % im Jahre 1999 angestiegen ist (Tabelle 3). Den Zahlen nach erscheint diese Entwicklung in den alten Bundesländern sogar noch wesentlich ausgeprägter als in den neuen Bundesländern. So lag der Anteil der Langzeitarbeitslosen im Jahre 1999 in den alten Bundesländern mit knapp 35 % um immerhin 4 Prozentpunkte über dem Anteil in den neuen Bundesländern. Die in den alten Bundesländern ungünstiger erscheinende Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit erklärt sich aber leicht, wenn man die in den neuen Bundesländern sehr viel intensivere aktive Arbeitsmarktpolitik berücksichtigt. In Ostdeutschland wurde im Jahre 2000 rein rechnerisch für knapp jeden fünften Arbeitslosen eine ABM-Stelle eingerichtet, während in Westdeutschland nur auf jeden 32. Arbeitslosen eine ABM-Stelle fiel (Frühjahrsgutachten 2001, S. 63). Daher dürfte das tatsächliche Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern deutlich unterschätzt werden, wenn man den Blick allein auf die ausgewiesenen Langzeitarbeitslosen richtet. Tabelle 3: Anteil der Langzeitarbeitslosen an den gesamten Arbeitslosen Jahr
Deutschland
Alte Bundesländer
Neue Bundesländer und Berlin-Ost
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999
25,0 27,8 31,3 31,1 30,2 33,5 34,0 33,6
26,2 26,2 31,2 32,2 32,1 35,0 35,5 34,9
23,2 21,0 31,6 28,4 25,3 30,3 30,8 30,9
Quelle: SVR (2000).
Der hohe Anteil von Langzeitarbeitslosen in Deutschland weist bereits auf erhebliche strukturelle Probleme und auf eine mangelnde Absorptionsfähigkeit des Arbeitsmarktes hin. Deshalb erklärt sich die heute im Vergleich zum Beginn der 70er Jahre sehr viel höhere Arbeitslosenquote im Wesentlichen durch den inzwischen mehr als viermal längeren durchschnittlichen Verbleib in der Arbeitslosigkeit (Jerger und Landmann 2000, S. 38 f.). Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden, heute kaum höher als Anfang der 70er Jahre. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeit, von der Arbeitslosigkeit wieder in ein Beschäftigungsverhältnis zurück zu gelangen, dramatisch gesunken, so dass Arbeitslosigkeit in Deutschland im Wesentlichen ein Problem derjenigen ist, die erstmalig oder wieder ein Beschäftigungsverhältnis eingehen wollen.
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2.3. Arbeitsmärkte und soziale Sicherung Arbeitsmärkte und soziale Sicherung sind in vielfacher Hinsicht miteinander verknüpft. In der Regel werden diejenigen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, in verschiedener Form auf die sozialen Sicherungssysteme zurückgreifen. Diese sind dann nicht nur das Arbeitslosengeld, die Arbeitslosenhilfe oder die Sozialhilfe. Vielmehr werden aus den sozialen Sicherungssystemen heraus weitere Sicherungsleistungen wie die Rentenversicherung und die Krankenversicherung bereitgestellt. Umgekehrt wirken die sozialen Sicherungssysteme in mindestens zweifacher Hinsicht auf den Arbeitsmarkt zurück. Einerseits erhöhen sie im Falle einer Beitragsfinanzierung direkt die Kosten des Faktors Arbeit, oder sie verzerren im Falle einer Steuerfinanzierung die Allokation und wirken so indirekt auf Arbeitsangebot und -nachfrage (Galler 1996; Steiner 1996). Andererseits beeinflussen vor allem Lohnersatzleistungen im Falle der Arbeitslosigkeit die individuelle Arbeitsangebotsentscheidung. Dabei gibt es kaum eindeutige Aussagen darüber, welche Art der Finanzierung und Gewährung sozialer Leistungen die geringsten unerwünschten Lenkungswirkungen zeitigt (Steiner und Zimmermann 1996). Patentrezepte sind daher grundsätzlich nicht zu haben, und wenn eine Gesellschaft sich auf ein gewisses Maß an sozialer Sicherung verständigt hat, dann wird man mit der einen oder anderen Nebenwirkung sicherlich leben müssen. Welches Maß an sozialer Sicherung allerdings wünschenswert ist und ob und wie man diesbezügliche Präferenzen der Bevölkerung in auch nur halbwegs zufrieden stellendem Maße bündeln und an politische Entscheidungsträger weiterleiten kann, bleibt damit freilich offen. So wird denn nicht zuletzt wegen der heute doch sehr hohen Abgabenlast die Rückführung staatlicher sozialer Sicherung und die Rückbesinnung auf private Eigenverantwortung mit zu diskutieren sein, wenn es um die Reform der sozialen Sicherungssysteme und des Arbeitsmarktes geht. Andererseits darf dies sicher nicht als Verzicht auf strukturelle Reformen mit dem Ziel verstanden werden, die bestehenden Strukturen der sozialen Sicherungssysteme und des Arbeitsmarktes in Deutschland so zu verändern, dass Überschussbelastungen und eine mangelnde Anpassungsflexibilität vermieden werden. 3 Gerade hierzu bietet sich im Zusammenhang mit Arbeitsmärkten und sozialen Sicherungssystemen die Neue Institutionenökonomik als methodische Grundlage in besonderer Weise an. Der Grund ist ein zweifacher: Erstens zeichnen sich diese beiden Wirtschaftsbereiche durch eine Fülle nicht-marktlicher Verhaltensbeschränkungen aus, die in vielfältiger Weise verhaltenssteuernd wirken; und zweitens basieren modernere normative Legitimationsansätze für staatliche soziale Sicherungssysteme und für spezifische Arbeitsmarktregulierungen größtenteils auf Theorien, die der Neuen Institutionenökonomik zuzuordnen sind. Letzteres ist freilich nicht weiter verwunderlich. Im Rahmen traditionell neoklassischer Ansätze ohne die explizite
Siehe Soltwedel
( 1 9 9 7 ) . Zu einem allgemeinen konzeptionellen Rahmen siehe auch
mann und Jorgensen
(2000).
Holz-
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Thomas Apolte und Uwe
Vollmer
Berücksichtigung von Transaktionskosten, Kosten der Informationsbeschaffiing und asymmetrischen Informationen gelangt man immer wieder zu effizienten Märkten, in denen kein Spielraum für staatliche Sicherungssysteme und Regulierungen verbleibt. In diesem Sinne wird im Folgenden ein knapper Überblick über verschiedene Ansätze der Neuen Institutionenökonomik geliefert, aus dem im Anschluss einige geeignete Ansätze für die Analyse des Zusammenspiels von sozialen Sicherungssystemen und Arbeitsmärkten herausgefiltert werden.
3. Institutionenökonomische Ansätze im Überblick Ausgangspunkt der Neuen Institutionenökonomik ist die in der Ökonomik verbreitete Annahme, dass das Verhalten eines einzelnen Entscheidungsträgers neben seinen Präferenzen vor allem von den Restriktionen abhängt, denen er bei seinen Entscheidungen unterliegt. 4 Das Spezifische an der Neuen Institutionenökonomik ist, dass sie in den Institutionen einen zentralen Teil dieser verhaltenssteuernden Restriktionen in Form von Spielregeln sieht, weil durch diese Spielregeln die Zahl der möglichen Handlungsoptionen eines Menschen eingeschränkt wird. Das erkenntnisleitende Interesse der Neuen Institutionenökonomik besteht deshalb darin, menschliches Verhalten als individuelle Nutzenmaximierung innerhalb solcher Spielregeln anzusehen und ökonomische Prozesse als Ergebnis spontan entstandener oder bewusst gesetzter Spielregeln menschlicher Interaktion zu erklären. Ziel ist es dabei, die Existenz und den Wandel von Institutionen zu begründen und die Wirkungen von Institutionen auf individuelles Verhalten und auf die daraus resultierenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Prozesse zu erklären. Zwei Hauptstränge charakterisieren das Arbeitsgebiet der Neuen Institutionenökonomik. 5 Der erste Strang beschäftigt sich mit den Institutionen im Markt und fragt nach Ursache und Wirkungen von zwischen den Akteuren auf Märkten freiwillig getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Dies ist Gegenstand der ökonomischen Vertragstheorie mit ihren beiden zentralen Bereichen, der Prinzipal-Agenten-Theorie und der Theorie unvollständiger Verträge. 6 Dabei geht die Prinzipal-AgentenTheorie von der Annahme aus, dass die Wirtschaftssubjekte vollständige, durch Außenstehende überprüfbare Vereinbarungen abschließen, die alle entscheidungsrelevanten Kontingenzen durch entsprechende Vertragsbestimmungen erfassen. Allerdings besteht eine Informationsasymmetrie über das Verhalten oder die Charakteristika der Vertragsparteien, wobei im Regelfall unterstellt ist, dass ein Spieler
4
Der Begriff ,Neue Institutionenökonomik' geht nach Coase (1998, S. 72) auf Williamson zurück, der sich dadurch vom älteren amerikanischen Institutionalismus Vehlens oder Commons abgrenzen wollte; siehe auch Williamson (2000, S. 595).
5
Die nachfolgende Systematik folgt vor allem der Darstellung bei Erlei, Leschke Sauerland ( 1999).
6
Überblicke bei Richter und Furubotn (1996, S. 137 ff.); Macho-Stadler und PérezCastrillo (1997); Erlei, Leschke und Sauerland (1999, S. 69 ff.); Schweizer (1999); Salanié (1999); Vollmer und Dietrich (2000); Richter (2000).
und
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(Agent) vollständig informiert ist, während der andere Spieler (Prinzipal) keine Informationen hat. Bestehen die Informationsasymmetrien vor Vertragsabschluss, weiß der Prinzipal nicht, mit was für einem Vertragspartner er es zu tun hat, und es besteht die Gefahr der adversen Selektion; liegen die Informationsasymmetrien nach Vertragsabschluss vor, kann der Prinzipal die Aktionen des Agenten nicht kontrollieren, und es besteht die Gefahr adverser Anreize. Konsequenz solcher Informationsasymmetrien sind spezifische Vertragsausgestaltungen, bei denen der Agent beispielsweise stärker als bei Informationssymmetrie am Projektrisiko beteiligt wird und damit einer Anreizwirkung ausgesetzt wird, die wiederum eine optimale Risikoteilung zwischen den Vertragsparteien verhindert. Im Gegensatz hierzu nimmt die Theorie unvollständiger Verträge an, dass es den Vertragspartnern unmöglich sei, vollständige und durch Außenstehende überprüfbare Verträge abzuschließen, die alle Eventualitäten durch entsprechende Vertragsklauseln erfassen. Vielmehr sind private Verträge als unvollständig unterstellt, weil die Anbahnung, der Abschluss und die Überwachung oder Durchsetzung von Vertragsklauseln mit Transaktionskosten verbunden sind. Bedingt durch die Vertragsunvollständigkeit entsteht zwischen den Vertragsparteien ein Nachverhandlungsbedarf, falls ein im Vertrag nicht vorgesehener Umweltzustand auftritt oder ein Vertragspartner sich anders als vertraglich vereinbart verhält. Sofern beziehungsspezifische Investitionen vorliegen, erlauben diese Nachverhandlungen eine Neuaufteilung des Transaktionsergebnisses, die von der vertraglich vereinbarten abweicht und von der relativen Verhandlungsposition beider Vertragsparteien abhängt. Um sich vor solch einer Neuaufteilung zu schützen, legen rationale Vertragspartner bei Vertragsabschluss fest, wer bei Eintritt vertraglich nicht geregelter oder durch Außenstehende nicht überprüfbarer Ereignisse die Entscheidungsgewalt hat. Konsequenz unvollständiger Verträge ist die Zuordnung von Eigentumsrechten zwischen den Vertragsparteien. Der neben der Vertragstheorie zweite Strang der Neuen Institutionenökonomik befasst sich mit der Existenz und Wirkung staatlich gesetzter Regeln, wobei diese Neue Institutionenökonomik des politischen Sektors fünf wesentliche Bestandteile aufweist. 7 Erster wichtiger Bestandteil ist die ökonomische Theorie der Eigentumsrechte (Property rights-Theorie), die sich mit den Auswirkungen unzureichend abgegrenzter Verfiigungsrechte beschäftigt. Dabei grenzen Verfügungsrechte in einer Gesellschaft zulässige von unzulässigen Handlungen ab, wobei der Staat als Überwachungs- und Sanktionsinstanz fungiert. Sind diese Verfiigungsrechte ungenau abgegrenzt, kommt es zu einer kollektiven Selbstschädigung der Individuen, weil erwünschte Handlungen einzelwirtschaftlich unrentabel werden und deshalb unterbleiben. Um solche Externalitäten zu verhindern, bedarf es einer Rechtsordnung, die Verfiigungsrechte Individuen zuordnet, und einer staatlichen Überwachungs- und Sanktionsinstanz, die Rechtsverstöße bestraft. 7
Überblicke bei Richter und Furubotn Sauerland {1999, S. 267 ff.).
(1996, S. 82 ff., S. 454 ff.); Erlei, Leschke
und
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Thomas Apolte und Uwe Vollmer
Dieser Produktivität des Staates als Produzent des gesellschaftlichen Gutes ,Recht' entgegen steht j e d o c h die Gefahr, dass politische Entscheidungsträger die ihnen übertragenen Hoheitsbefugnisse zum Verfolgen eigener Zielsetzung missbrauchen. Dieses Verhalten ist Gegenstand der N e u e n Politischen Ökonomik, die das ökonomische Instrumentarium zur Analyse des Verhaltens politischer Entscheidungsträger anwendet und Interdependenzen im politischen Prozess als PrinzipalAgenten-Beziehungen interpretiert. Ein besonderes Augenmerk legt die N e u e Politische Ö k o n o m i k auf das Verhalten politischer Interessenverbände, wobei umstritten ist, inwieweit die Rent seeking-Aktivitäten von solchen Interessenverbänden mit gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtskosten einhergehen oder ob diese durch die disziplinierende W i r k u n g des Wettbewerbsprozesses auch auf der Ebene der Interessenverbände vermieden werden. Die disziplinierende Wirkung einer Wettbewerbsordnung ist auch Gegenstand des dritten Bereichs der N e u e n Institutionenökonomik im politischen Sektor, der sich mit der Wirkungsweise eines institutionellen Wettbewerbs zwischen Jurisdiktionen und politischen Systemen beschäftigt. In diesen Modellen konkurrieren politische Jurisdiktionen als Anbieter von Regelsystemen und öffentlichen Gütern um nutzenmaximierende Bürger als Nachfrager nach Rechtssystemen und öffentlichen Gütern. Dabei werden Bedingungen herausgearbeitet, unter denen der institutionelle W e t t b e w e r b zu einer effizienten Faktorallokation und Bereitstellung öffentlicher Güter fuhrt, wobei die N a c h f r a g e r mit A b w a n d e r u n g in andere Jurisdiktionen ( , e x i t l ) oder politischem Druck ( , v o i c e ' ) über Instrumente verfugen, mit denen sie Einfluss auf die Jurisdiktionen nehmen. Vierter Bereich der N e u e n Institutionenökonomik im politischen Sektor ist die ökonomische Theorie der Verfassung (,Konstitutionenökonomik'), die sich mit der effizienten Ausgestaltung von Verfassungsregeln befasst, durch die es den Individuen ermöglicht wird, ihre persönlichen Ziele zu verwirklichen. Ausgangspunkt ist dabei die Feststellung, dass im Konsens getroffene Entscheidungen undurchführbar sind wegen der damit verbundenen hohen Entscheidungsfindungskosten und deshalb durch Mehrheitsentscheidungen ersetzt werden müssen, durch die allerdings einzelne Entscheidungsträger diskriminiert werden. Damit entsteht eine Dilemmasituation, und es ist die A u f g a b e von Verfassungsregeln, diese zu durchbrechen, indem Grundrechte definiert, politische Handlungen am Gemeinwohl orientiert und Prinzipien der Gewaltentrennung durchgesetzt werden. Letzter Bereich der Neuen Institutionenökonomik ist die Theorie des institutionellen Wandels, die die ökonomische Entwicklung einzelner Regionen durch ihre institutionelle Entwicklung zu erklären versucht.
4. Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme aus institutionenökonomischer Perspektive Die im zweiten Abschnitt zwischen wichtigen OECD-Mitgliedsländern festgestellten Divergenzen sowohl in der Ausgabenentwicklung für soziale Sicherungssysteme als auch in der Beschäftigungs- und Arbeitslosenentwicklung lassen vermuten,
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Sicherungssystemen
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dass makroökonomische Störungen, wie die Ölpreisschocks der frühen und späten 70er Jahre oder Technologieschocks der 80er Jahre, allein nicht für den Anstieg der Arbeitslosigkeit und die Zunahme der Abgabenlast in Europa verantwortlich sein können: Obwohl die beiden Ölpreiserhöhungen sowohl in Europa als auch in den USA die Arbeitslosenquote verdoppelt haben, ist die Arbeitslosigkeit in Europa auf dem erhöhten Niveau verblieben, während sie in den USA wieder auf ihr Ausgangsniveau abgesunken ist. Ähnliches gilt auch für die Auswirkungen von Terms of trade-Schocks oder von Technologieschocks, von denen die USA genauso stark wie die europäischen Volkswirtschaften betroffen waren, ohne dass sie die amerikanische Arbeitslosigkeit nachhaltig beeinflussten (Blanchard und Katz 1997, S. 66; Siebert 1997, S. 38 f.). Deshalb drängt sich die Frage auf, inwieweit die zwischen Volkswirtschaften beobachtbaren Unterschiede in der Arbeitsmarkt- und Sozialausgabenentwicklung durch institutionelle Divergenzen begründet sind. Diese Frage war, zumindest was Arbeitslosen- und Beschäftigungsentwicklung betrifft, Gegenstand einiger jüngerer empirischer Untersuchungen. Sie berücksichtigen explizit, dass einzelwirtschaftliche Entscheidungen über Bereitstellung und Annahme einer Beschäftigungsmöglichkeit innerhalb eines Regelgeflechts getroffen werden, von dem positive wie negative Anreizwirkungen auf die Entscheidungsträger ausgehen. Am Arbeitsmarkt lassen sich diese Regeln in drei Gruppen unterteilen und danach unterscheiden, ob sie die Arbeitsnachfrage eines Unternehmens, das Arbeitsangebot eines Haushalts oder den Lohnbildungsprozess beeinflussen (Siebert 1997, S. 39): Die Arbeitsnachfrage eines Unternehmens hängt neben Nominallohnsatz, Güterpreisen und Arbeitsproduktivität ab von gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen, Arbeitszeit- und Mitbestimmungsregeln oder den durch soziale Sicherungssysteme verursachten Lohnnebenkosten. Das Arbeitsangebot eines Haushalts wird bestimmt durch seinen Anspruchslohn, auf den gesetzliche Mindestlohnvorschriften, Höhe und Bezugsdauer von Arbeitslosen- und Sozialhilfeleistungen oder vom Arbeitnehmer zu tragende Lohnnebenkosten Einfluss nehmen. Die Lohnfindung am Arbeitsmarkt hängt ab vom Tarifvertragsrecht, dem Organisationsgrad von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden und anderen institutionellen Einflussgrößen. Obwohl sie teilweise schwer zu quantifizieren sind, war der Einfluss solcher Arbeitsmarktinstitutionen auf Arbeitslosigkeit und Arbeitsangebot Gegenstand verschiedener empirischer Länderquerschnittsanalysen, die einen signifikanten Zusammenhang zwischen Institutionen und Marktverhalten zeigen. 8 Die dabei zugrunde gelegten institutionellen Merkmale sind für 15 europäische und 5 außereuropäische Länder und den Zeitraum von 1989 bis 1994 in Anhangtabelle 1 zusammengestellt. Sie enthält die durchschnittliche Arbeitslosenquote (insgesamt und als Quote der Langzeitarbeitslosen), Angaben zur Lohnersatzquote (Anteil der Arbeitslosenunterstützung am Arbeitseinkommen) und zur Unterstützungsdauer, einen Index über die 8
Siehe Layard, Nickeil und Jackman (1999).
(1994, S. 73 ff.); OECD (1994); Nickeil und
Layard
18
Thomas Apolle
und Uwe
Vollmer
im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik geleisteten Ausgaben, eine Rangziffer über die Strenge von Kündigungsschutzregeln und eine Indexziffer über die Bedeutung verschiedener Arbeitsschutzregeln. Ferner sind Angaben zum Anteil der Personalzusatzkosten am gesamten Gehalt, zur Steuerlastquote und zum gewerkschaftlichen Organisationsgrad enthalten. Spalte (11) enthält eine Indexzahl zum Einfluss der Gewerkschaften auf die Lohnbildung (die zwischen 1 und 3 variiert, wobei 3 fur einen hohen Einfluss steht), während die beiden letzten Spalten über das Ausmaß der Koordination zwischen Einzelgewerkschaften und zwischen Arbeitgeberverbänden bei Lohnverhandlungen informieren. Tabelle 4:
Regressionsergebnisse 1983-19881* Arbeitslosenquote (%)
1983-1988 und 1989-19942» Arbeitslosenquote (log)
Langzeitarbeitslose (log)
Lohnersatzquote (%)
+0,17(7,1)
+0,011 (0,0050)
+0,11 (0,0080)
Unterstützungsdauer (Jahre)
+0,92 (2,9)
+0,088 (0,055)
+0,25 (0,089)
Aktive Arbeitsmarktpolitik (%)
-0,13 (2,3)
-0,024 (0,0087)
-0,039(0,013)
-0,0032 (0,00)
0,051 (0,034)
Kündigungsschutzregeln (1-20)
—
Arbeitnehmerschutzregeln (1-10)
—
—
—
Personalzusatzkosten (%)
—
—
—
Steuerlastquote (%)
—
+0,026 (0,0087)
+0,023 (0,013)
Gewerkschaftlicher Organisationsgrad (%)
-
+0,012(0,0063)
+0,010(0,0096)
Gewerkschaftlicher Einschaltungsgrad (1-3)
+2,45 (2,4)
+0,45 (0,22)
+0,83 (0,35)
-0,46 (0,087)
-0,54(0,15)
Koordination (2-6)
—
zw. Gewerkschaften
-1,42 (2,0)
—
—
zw. Arbeitgebern
-4,28 (2,9)
—
—
-0,35 (2,8)
—
—
Veränderung der Inflationsrate ( % p . a.) Dummy für 1989-94 R
—
2
(R2)
0,91
s.e.
1,41
Ν (Länder, Perioden)
20
'' t-Werte in Klammern;
2)
0,20 (0,095)
0,30(0,16)
0,76
0,84
—
40 (20,2)
Standardfehler in Klammern.
Quellen: Layard, Nickeil und Jackman (1994, S. 82); Nickell (1997, S. 64).
—
38 (19,2)
Institutionenökonomik
von Arbeitsmärkten
und sozialen
Sicherungssystemen
19
Die Untersuchungen überprüfen im Rahmen eines Phillipskurven-Ansatzes den Zusammenhang zwischen den eben genannten Arbeitsmarktinstitutionen einerseits und der Arbeitslosenquote sowie dem Arbeitsangebot andererseits. 9 Ihre Ergebnisse sind in Tabelle 4 wiedergegeben, die zeigt, dass die institutionellen Merkmale einen hohen Erklärungswert für die Arbeitslosenquote und das Arbeitsangebot haben. Dabei ist der Einfluss der Unterstützungsdauer besonders groß; die bei der Lohnfindung herrschenden institutionellen Merkmale (gewerkschaftlicher Einschaltungsgrad, Koordination zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften) sind ebenfalls bedeutsam, heben sich aber teilweise in ihrer Wirkung auf die abhängigen Variablen auf. 10 Insgesamt zeigt sich fur den Arbeitsmarkt die Gültigkeit der These „institutions do matter", und es bleibt nun zu klären, warum das so ist.1 '
5. Fragestellungen und Forschungsaufgaben Diese Frage zu beantworten, ist Anliegen des vorliegenden Bandes, der sich zur Aufgabe gestellt hat, das Geschehen auf Arbeitsmärkten und die Funktionsprobleme sozialer Sicherungssysteme mit Hilfe des institutionenökonomischen Instrumentariums zu analysieren. Zu diesem Zweck ist das Buch in vier Teile gegliedert, wobei der erste Teil, im Anschluss an diesen Einfuhrungsartikel, zwei wirtschaftshistorische Überblicke von Peter Hertner und von Heinz Grossekettler enthält, die Ursprünge und Wandel der Institutionen des Arbeitsmarktes und der sozialen Sicherung in Deutschland nachzeichnen. Damit wird eine Basis geschaffen, von der aus die heute bestehenden Institutionen fundierter beurteilt werden können. Der zweite Teil des Bandes dient der Diagnose und versucht in sieben Beiträgen, Fehlentwicklungen und Reformpotenziale aufzudecken. Egon Görgens und Thomas Pfahler wenden die ökonomischen Vertragstheorien auf die Arbeitsverträge an und untersuchen, inwieweit das in Deutschland bestehende Tarifvertragsrecht dem Abschluss anreizkompatibler Arbeitsverträge entgegensteht. Martin Kröger und Martin Leschke betrachten den Zusammenhang zwischen staatlichen Lohnersatzleistungen und individueller Arbeitsangebotsentscheidung und fragen, inwieweit die Beschäftigungsaufnahme durch Anreizunverträglichkeiten innerhalb staatlicher Sicherungssysteme gehemmt wird. Soziale Sicherung bedeutet aber nicht nur eine Einkommenssicherung bei Verlust des Arbeitsplatzes u. ä., sondern umfasst auch andere Regulierungen zum Schutze des Arbeitnehmers, durch die der Gesetzgeber in die Dispositionsfreiheit der Unternehmen eingreift. Solche Regulierungen sind auch
9
10
Layard, Nickell und Jackman ( 1 9 9 4 ) analysieren die Periode 1983 bis 1988 und verwenden nur die in Spalten (3) bis (5) und ( 1 1 ) bis ( 1 3 ) von Anhangtabelle 1 aufgeführten institutionellen Merkmale. Einen ebenfalls signifikanten Einfluss institutioneller Merkmale am Arbeitsmarkt auf die
Lohnstruktur erhalten DiNardo, Fortin und Lemieux ( 1996); Fortin und Lemieux ( 1997). "
N a c h Matthews
( 1 9 8 6 , S. 903), hat die N e u e Institutionenökonomik zwei Kernaussagen.
Erstens: „institutions do matter" und zweitens: „the determinants o f institutions are susceptible to analysis by the tools o f e c o n o m i c theory".
20
Thomas Apolle und Uwe Vollmer
Gegenstand des Beitrags von Jürgen Jerger, der deren Konsequenzen für die Arbeitsnachfrageentscheidung von Unternehmen untersucht. Ingo Pies beschäftigt sich mit dem Verhalten von Interessenverbänden am Arbeitsmarkt und fragt, welche Effekte von dreiseitigen Verhandlungen zwischen Regierung, Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehen, wie sie in ,sozialen Pakten' oder ,Bündnissen für Arbeit' praktiziert werden. Notburga Ott fragt nach institutionellen Determinanten der Erwerbstätigkeit von Frauen und untersucht, inwieweit Regeln zum Schutz weiblicher Arbeitskräfte deren Erwerbsverhalten beeinflussen. Thomas Wilke behandelt die Frage, ob und inwieweit die öffentliche Bereitstellung von (Schul-)Bildung deren Qualität beeinträchtigt. Im letzten Beitrag des zweiten Teils fragt Ansgar Belke schließlich in einer langfristigen Perspektive, welche Konsequenzen die demographische Entwicklung für das Fortbestehen der sozialen Sicherungssysteme hat und welche Auswirkungen umgekehrt von den sozialen Sicherungssysteme auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt ausgehen. Der dritte Teil des Buches erweitert die Analyse um die europäische Dimension und fragt, inwieweit der institutionelle Wettbewerb einen Reformdruck auf Arbeitsmarktinstitutionen und soziale Sicherungssysteme in Deutschland ausübt. Lars P. Feld untersucht, über welche Kanäle der institutionelle Wettbewerb auf die Arbeitsmarktinstitutionen wirkt und wie sich diese verändern werden. Spiridon Paraskewopoulos behandelt die Frage, ob sich eine an Umverteilungs- und Beschäftigungszielen orientierte Wirtschaftspolitik unter den veränderten Bedingungen heute überhaupt noch rechtfertigen und durchhalten lässt. Als Pendant zum Thema von Lars P. Feld fragt Rainer Fehn nach den Konsequenzen des institutionellen Wettbewerbs in Europa für die sozialen Sicherungssysteme. Heinz-Dieter Smeets und H. Jörg Thieme behandeln einen Spezialaspekt der Europäischen Integration, nämlich die Einfuhrung des Euro zum 01.01.1999; sie arbeiten mögliche Zusammenhänge zwischen der Währungsunion, der Finanzmarktintegration und dem institutionellen Anpassungsdruck auf den europäischen Arbeitsmärkten heraus und behandeln die Frage, ob die Währungsunion zu einer größeren Flexibilisierung der europäischen Arbeitsmärkte führt. Der vierte Teil des Bandes beschäftigt sich mit ausgewählten Reformerfahrungen. Dabei hat Albrecht F. Michler die in einigen südamerikanischen Schwellenländern, insbesondere Chile, gemachten Erfahrungen mit einer Reform der Alterssicherung zum Gegenstand, wo die Rentenversicherung privatisiert und auf das Kapitaldeckungsverfahren umgestellt wurde. Im letzten Thema beschäftigen sich Paul J.J. Weifens und Ralf Wiegert mit der Reform der Sozialversicherungssysteme in Mittelund Osteuropa und fragen, welche Konflikte dort zwischen Umverteilungs- und Wachstumszielen entstanden sind.
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von Arbeitsmärkten
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