Arbeitsbuch Mikroökonomische Theorie: Aufgaben und Lösungen 9783486848908, 9783486588385

Dieses Arbeitsbuch richtet sich an Studierende wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge. Aufgaben und Lösu

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Arbeitsbuch Mikroökonomische Theorie: Aufgaben und Lösungen
 9783486848908, 9783486588385

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150 Jahre Wissen für die Zukunft Oldenbourg Verlag

Arbeitsbuch Mikroökori om i sch e Theorie Aufgaben und Lösungen

von

Professor Dr. Winfried Reiß Universität Paderborn

Oldenbourg Verlag München

Bibliografïsche Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© 2008 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, [email protected] Herstellung: Anna Grosser Coverentwurf: Kochan & Partner, München Cover-Illustration: Hyde & Hyde, München Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: Grafik + Druck, München Bindung: Thomas Buchbinderei GmbH, Augsburg ISBN 978-3-486-58838-5

Inhaltsverzeichnis 0

Einleitung

1

1

Die 1.1 1.2 1.3

2

Produktion mit Faktoren 2.1 Aufgaben zur Lektüre von Malthus 2.2 Aufgaben zur Lektüre von Ricardo 2.3 Aufgaben zur Lektüre von Thünen 2.4 Aufgaben zur Theorie 2.5 Zusätzliche Aufgaben

17 17 22 33 43 51

3

Krise, Ausbeutung, Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels 3.1 Aufgaben zur Lektüre von Marx und Engels 3.2 Aufgaben zur Lektüre von Marx 3.3 Aufgaben zur Theorie 3.4 Weitere Aufgaben zur Theorie

59 59 63 68 79

4

Die 4.1 4.2 4.3

5

Nutzentheorie 5.1 Aufgaben 5.2 Aufgaben 5.3 Aufgaben

6

Nachfragegesetze 6.1 Aufgaben zum ideengeschichtlichen Hintergrund 6.2 Aufgaben zur Lektüre 6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz 6.4 Aufgaben zur Theorie

143 143 145 150 182

7

Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen 7.1 Aufgaben zur Lektüre von Schumpeter 7.2 Aufgaben zur Lektüre von Coase

193 193 197

unsichtbare Hand, Teil 1: Adam Smith Aufgaben zur Lektüre Aufgaben zur „unsichtbaren Hand" Aufgaben zur Theorie

Marginalistische Revolution Aufgaben zur Lektüre Aufgaben zur marginalistischen Theorie Aufgaben zur Theorie und Präferenzen zur Lektüre zur Nutzentheorie zur Theorie

3 3 9 14

83 83 93 101 109 109 117 136

vi

Inhaltsverzeichnis 7.3 7.4 7.5 7.6

8

Die unsichtbare Hand, Teil 2: Der Markt

8.1 8.2 8.3 8.4 9

Aufgaben zur Lektüre von Alchian und Allen Übergreifende Fragen Aufgaben zur „sichtbaren Hand" Aufgaben zur Theorie

Aufgaben Aufgaben Aufgaben Aufgaben

zum wirtschafts- und geistesgeschichtlichen Hintergrund zur Lektüre zum Markt zur Theorie

Die sichtbare Hand, Teil 2: Der Staat

9.1 9.2 9.3 9.4

Aufgaben Aufgaben Aufgaben Aufgaben

zum wirtschafts- und geistesgeschichtlichen Hintergrund zur Lektüre zum Staat zur Theorie externer Effekte

10 Spieltheorie

10.1 10.2 10.3 10.4

Aufgaben zur Lektüre Aufgaben zur Spieltheorie Aufgaben zur Theorie Zusätzliche Aufgaben

11 Ressourcenknappheit und intertemporale Theorie

198 201 204 225 233

. . . 233 233 239 258 273

. . . 273 275 283 292 297

297 299 316 330 333

11.1 Aufgaben zur Ressourcenknappheit und intertemporalen Theorie . . . . 333 11.2 Aufgaben zur Lektüre 341 11.3 Zusätzliche Aufgaben 347 Literaturverzeichnis

353

0

Einleitung

Dieses Arbeitsbuch richtet sich an Studierende wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge. Dabei basiert der Inhalt dieser Ausarbeitung auf den Aufgaben des Buchs: Winfried Reiß Mikroökonomische Theorie Historisch fundierte Einführung 6. Auflage, Oldenbourg Verlag, 2007 Die Ausarbeitung ist dabei aber als eigenständiges Werk aufgebaut, indem die zu behandelnden Aufgaben zu den Lösungen präsentiert und die dazu gehörenden Abbildungen dargestellt werden. Wenn nötig werden kurze Ausschnitte des zugrunde liegenden Buches zur Motivation von Aufgaben geliefert, so dass Verweise sich auf das nötigste beschränken. Besonders hilfreich sollte dieses Arbeitsbuch für all diejenigen sein, die sich eine historisch fundierte Wirtschaftswissenschaft selbst erarbeiten wollen und dabei sowohl Anregungen zur Diskussion (dogmen-)historischer Fragestellungen wie auch Anleitungen zur Lösung formaler Optimierungsaufgaben benötigen. Gleichzeitig sollten Studierende auch bei der Vorbereitung von Klausuren und Prüfungen von diesem Buch profitieren können. Viele der in den letzten Jahren von mir in verschiedenen Prüfungen gestellten Aufgaben sind leicht angepasst in diesen Text eingeflossen. Ich danke darum allen Teilnehmern der Veranstaltungen für ihre aktive oder passive Mitwirkung an dieser Erarbeitung. Besonders deutlich fällt dieser Dank natürlich an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, die mir bei der Erarbeitung, der Formulierung, der Kontrolle und der Korrektur sehr geholfen haben, insbesondere Gudrun Eberlein, Sabina El-Haoum, Michael Klaren, Oliver Kretschmer, Helge Krusche, Ralf Menkhoff, Michael Paul und Monika Zoelde. Dabei haben sie wesentliche Ideen für den Inhalt und hilfreiche Vorschläge für die Formulierungen geliefert. Sie haben die Ausarbeitung sorgfältig überprüft und unzählige Korrekturen durchgeführt. Für die verbleibenden Fehler bin ich jedoch allein verantwortlich. Da solche verbleibenden Fehler leider nicht auszuschließen sind, wird auf eine gegebenenfalls zu erstellende Liste der Errata auf der Internetseite unter der Adresse http: / / mikrooekonomie.org

2

0

Einleitung

hingewiesen. Hier finden Sie auch viele farbige Darstellungen der im Übungsbuch aus drucktechnischen Gründen in Graustufen realisierten Grafiken. Unter der Internetadresse http://www.oviss.org/ findet man das von mir entwickelte Lernsystem OViSS, das ,Offene Virtuelle Lernsystem', das insbesondere zur MikroÖkonomie interaktive Komponenten wie Simulationen, Anpassungsprozesse, parametrisch variierbare Abbildungen und Multiple-ChoiceFragen liefert.

1 Die unsichtbare Hand, Teil 1: A d a m Smith 1.1 Aufgaben zur Lektüre [Smith 1923a] in [Reiß 2007, S. 19-33] Aufgabe 1.1 Die folgenden Hinweise sollten Sie beim Durcharbeiten jedes chen Textes beachten!

wirtschaftswissenschaftli-

a. Lesen Sie den Text gründlich durch! b. Schlagen Sie Unbekanntes nach! c. Bereiten Sie den Text für sich selbst auf, indem Sie: i) Wichtiges anstreichen, ii) zu jedem Abschnitt den Inhalt als Randnotiz notieren, iii) unter dem Stichwort z. B. Arbeitsteilung' auf einer Karteikarte eine kurze Zusammenfassung machen. d. Stellen Sie sich selbst folgende Fragen: i) Was wollte der Autor erklären? ii) Was habe ich Wesentliches gelernt? iii) Was fehlt (mir) in der Darstellung, was bleibt (mir) unklar? iv) Sind die Schlüsse des Autors zwingend? v) Was will der Autor besonders hervorheben? Welche Probleme, welche möglichen Einwände übergeht der Autor oder spielt ihre Bedeutung herunter? e. Überlegen Sie: Wo steht der Autor i) ii) iii) iv)

in der Zeitgeschichte? in der Ideengeschichte? im wissenschaftlichen Spektrum? im politischen Spektrum?

Zur Bearbeitung des Aufgabenteils e. sollten Sie jeweils vom gelesenen Text ausgehen, sich auf Ihre bisherigen Kenntnisse besinnen und eventuell weitere Informationen zu Autor und Text zusammentragen. In der vorliegenden Ausarbeitung finden Sie in der

4

1 Die unsichtbare Hand, Teil 1: Adam

Smith

Regel zusätzliche Informationen. Die Informationen zu Adam Smith sind in /Reiß 2007, Abschnitt 1.1.2] zusammengestellt. • Lösung 1.1

Diese Aufgabe ist eine Aufforderung zum aktiven Mitarbeiten des Lesers. Allgemeinverbindliche ,Lösungshinweise' können dafür nicht gegeben werden. Aufgabe 1.2

a. Geben Sie eigene Beispiele für arbeitsteilige b. Versuchen Sie Beispiele für Produktion

Produktion.

ohne jede Arbeitsteilung

zu

fínden.



Lösung 1.2

a. Da praktisch jede Produktion auf Hilfsmittel und Vorprodukte zurückgreift, die der Produzent nicht selbst hergestellt hat, ist jede uns bekannte Produktion arbeitsteilig. • In einer Autofabrik z. B. produzieren einige Arbeiter Motoren, andere Fahrgestelle, und sie greifen dabei auf Vorprodukte aus anderen Abteilungen und/oder Lieferanten (Pleuelstangen, Achsen usw.) zurück. • Auch ein alleinarbeitender Handwerker arbeitet arbeitsteilig, da er z. B. auf Kämme, Scheren, Chemikalien usw. zurückgreift. b. Beispiele für nicht-arbeitsteilige Produktion existieren eigentlich nur in unserer Vorstellung von ,primitiven Jäger Völkern'. Aufgabe 1.3

Nennen Sie die drei von Smith genannten Gründe, denen man die „große Vermehrung in der Quantität des Erarbeiteten ... infolge der Arbeitsteilung ... verdankt." ]Smith 1923b, S. 10] • Lösung 1.3

„Erstens: Die gesteigerte Geschicklichkeit des Arbeitens ... Zweitens: Der Vorteil, welcher durch Ersparnis der im Ubergange von einer zur anderen Arbeit gewöhnlich verlorenen Zeit gewonnen wird ... Drittens: Jedermann muß erkennen, wie sehr die Arbeit durch Anwendung geeigneter Maschinen erleichtert und abgekürzt wird." [Smith 1923b, S. 10 f.] Aufgabe 1.4

Wie begründet Smith die Erßndung der Maschinen zur damaligen Zeit? Lösung 1.4

Adam Smith führt zwei Gründe an:



1.1 Aufgaben zur Lektüre

5

a. Erfindungen und Entwicklungen, die von den in der arbeitsteiligen Produktion Beschäftigten ,nebenher' gemacht werden: „Gar viele Maschinen, die in denjenigen Gewerben gebraucht werden, in welchen die Arbeit am meisten geteilt ist, waren ursprünglich Erfindungen gemeiner Arbeitsleute, die, da sie bei irgendeiner sehr einfachen Operation beschäftigt waren, natürlich ihre Gedanken darauf richteten, leichtere und bequemere Herstellungsarten herauszufinden." [Smith 1923b, S. 12 f.] b. Planmäßige Erfindungen und Entwicklungen, die von Spezialisten und Theoretikern gemacht werden: „Viele Verbesserungen wurden durch die Erfindsamkeit der Maschinenbauer gemacht, als das Bauen der Maschinen ein eigenes Gewerbe wurde; andere kamen durch diejenigen zustande, welche wir Philosophen oder Theoretiker nennen, und deren Aufgabe es ist, nicht etwas zu machen, sondern alles zu beobachten: sie sind deswegen oft imstande, die Kräfte der entferntesten und unähnlichsten Dinge miteinander zu kombinieren." [Smith 1923b, S. 13] Aufgabe 1.5

Untersuchen Sie die von Smith berichtete Anekdote über den Knaben, der eine Ventilsteuerung für Dampfmaschinen erfindet. a. Wem nutzt nach Adam Smith diese Erfindung? b. Wie könnte diese Geschichte in realistischer Weise so weitererzählt werden, dass dem Knaben die Erfindung schadet? c. Welche Schritte könnte der Knabe heute unternehmen, um von seiner Erfindung zu profitieren? • Lösung 1.5

a. Bei Adam Smith nützt die Erfindung dem Knaben, denn sie lässt ihm die Freiheit, „sich mit seinem Spielgenossen zu belustigen." [Smith 1923b, S. 13] b. Eine realitätsnahe Weitererzählung würde berichten, dass der Betreiber der Maschine die Ventilsteuerung ohne Weiterbeschäftigung des Knaben nutzen wird. Der Knabe würde arbeitslos und müsste sich nach einer anderen Beschäftigung umsehen. c. Der Knabe müsste versuchen, sich seine Erfindung patentieren zu lassen, (vgl. [Reiß 2007, Kapitel 9]) Aufgabe 1.6

„Er versorgt sie reichlich mit dem, was sie brauchen, und sie helfen ihm ebenso vollkommen mit dem aus, was er bedarf, und es verbreitet sich allgemeiner Wohlstand über die verschiedenen Stände der Gesellschaft." [Smith 1923b, S. 14]

6

1 Die unsichtbare Hand, Teil 1: Adam

Smith

a. Was versteht Smith unter Wohlstand? Wie könnte man versuchen den zu messen?

Wohlstand

b. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, dass es zu dem von Smith geschilderten Tausch kommt? c. Ist Uberschussproduktion

eine notwendige Bedingung für Tausch?



Lösung 1.6

a. „Diese große, durch die Arbeitsteilung herbeigeführte Vervielfältigung der Produkte in allen verschiedenen Künsten bewirkt ... jene allgemeine Wohlhabenheit, die sich bis zu den untersten Klassen des Volkes erstreckt." [Smith 1923b, S. 14] Unter Wohlhabenheit bzw. Wohlstand versteht A. Smith also die Menge der produzierten Güter oder Waren in der Gesellschaft. Da man nicht Äpfel und Birnen addieren kann, müsste man einen Bewertungsmaßstab für verschiedene Güterarten finden. Eine mögliche Bewertungsgröße könnte der Preis sein, durch Aufsummieren würde man zum Sozialprodukt kommen. b. Zum Tausch müssen sich zwei Tauschpartner A und B finden, die sich auf eine Tauschrate einigen können: A ist bereit, m Einheiten von Gut X abzugeben, wenn er dafür n Einheiten vom Gut Y erhält. Umgekehrt muss B bereit sein, n Einheiten von Gut Y gegen m Einheiten Gut X abzugeben, (vgl. aber Aufgabe 1.8 a.) c. Uberschussproduktion ist keine notwendige Bedingung für Tausch. Ein Produzent, der z. B. gerade genug Getreide produziert, um zu überleben, kann durchaus bereit sein, einen Teil davon gegen Kartoffeln zu tauschen, um eine angenehmere und ausgeglichenere Ernährung zu erhalten. Aufgabe 1.7

a. Warum ist für die Arbeitsteilung Zivilisationsstufe notwendig?

ein Markt von gewisser Größe und eine gewisse

b. Warum entwickelten sich nach Adam Smith die großen Handelszentren Meeren und Flüssen und nicht im Innern des Landes?

zuerst an

c. Auf welche Infrastrukturen" würde Smith in diesem Kapitel wohl eingehen, wenn er sein Buch heute schriebe? • Lösung 1.7

a. Es ist ein Markt einer gewissen Größe erforderlich, damit die in spezialisierter Tätigkeit produzierten größeren Mengen abgesetzt werden können. b. Wasserfracht - bis zur Zeit von Adam Smith fast die einzige Möglichkeit, größere Frachten über größere Entfernungen kostengünstig zu transportieren - ermöglichten die Erschließung eines größeren Marktes.

1.1 Aufgaben zur Lektüre

7

c. Auf Eisenbahnen, Autostraßen, Luftverkehrslinien; auf Post, Telefon, Datenfernübertragung, Internet, Intranets etc. Aufgabe 1.8

a. Beschreiben Sie, wie und warum sich mit der Arbeitsteilung musste.

Geld entwickeln

b. Inwieweit belegt Smith seine Theorie über die Entstehung des Geldes? c. Könnten Sie sich eine andere Entstehung vorstellen?



Lösung 1.8

a. Mit der Entwicklung der Arbeitsteilung und des Tausches entsteht das Problem, dass sich jeweils zwei Tauschpartner finden, so dass sich die Tauschwünsche in Art und Größe entsprechen. Möchte ein Individuum ein Gut durch Tausch erwerben, wird das von ihm dafür anbietbare Gut vom Tauschpartner aber nicht akzeptiert, so kommt kein Tausch zustande. „Um dem Übelstand einer solchen Lage zu vermeiden, wird jeder kluge Mensch ... bemüht gewesen sein, sich so einzurichten, daß er außer dem besonderen Produkte seines eigenen Gewerbes jederzeit noch irgendeine Menge von einer oder der anderen Ware in Bereitschaft halte, von der er voraussetzen konnte, daß sie wahrscheinlich wenig Menschen beim Tausche gegen das Erzeugnis ihres Gewerbes zurückweisen würden." [Smith 1923b, S. 29] b. A. Smith belegt seine These durch historische Beispiele. Diese Beispiele belegen aber mehr den Gebrauch von Waren als Tauschmittel als die Entstehung von Tauschmitteln. c. Es gibt Überlegungen, dass Geld nicht entstanden ist, um als Tauschmittel zu dienen, sondern das Geld ursprünglich aus sakralen Gegenständen entstanden ist und dieses erst später als Tauschmittel eingesetzt wurde, (vgl. z.B. [Höltz 1984]) Aufgabe 1.9

Wo im Text spricht Adam Smith von der ,unsichtbaren Hand' ? Was meint er damit?D Lösung 1.9

Der Ausdruck „unsichtbare Hand" taucht in [Smith 1923c, S. 235] auf. Mit der „unsichtbaren Hand" charakterisiert man ein System, in dem es keinen zentralen Koordinationsmechanismus gibt. Das von Adam Smith propagierte System basiert auf der Überlegung, dass freiwilliger Tausch zur Befriedigung persönlicher Interessen zu einer Selbstorganisation des ökonomischen Systems führt. Freiwilliger Tausch bedeutet, dass ein Tauschpartner bereit ist, eine gewisse Menge von einem Gut abzugeben und dafür eine bestimmte Menge von einem anderen Gut zu bekommen. Diese Tauschrate nennt man einen relativen Preis. Adam Smith' Behauptung lautet verkürzt also:

8

1 Die unsichtbare Hand, Teil 1: Adam Smith

Ein System von Preisen steuert eine (Markt-)Wirtschaft wie eine unsichtbare Hand. Aufgabe 1.10

Erläutern Sie die drei Pflichten, die der Herrscher nach Adam Smith zu erfüllen hat. • Lösung 1.10

Adam Smith führt aus: 1. „Die erste Pflicht des Herrschers, die Gesellschaft gegen die Gewalt und die Angriffe anderer unabhängiger Gesellschaften zu schützen, ..." [Smith 1923a, S. 1]. Adam Smith weist dem Staat damit die Aufgabe zu, für die äußere Sicherheit zu sorgen. 2. „Die zweite Pflicht des Herrschers, die Pflicht, jedes Glied der Gesellschaft so viel als möglich gegen die Ungerechtigkeit und Unterdrückung durch jedes andere seiner Glieder zu schützen, oder die Pflicht, eine gute Rechtspflege aufrecht zu erhalten ... ." [Smith 1923a, S. 25] Damit soll der Staat ein Justizwesen aufbauen und für Rechtssicherheit und innere Sicherheit sorgen. 3. „Die dritte und letzte Pflicht des Herrschers oder Staates ist die, solche Anstalten zu treffen und solche Werke herzustellen und zu unterhalten, die, wenn sie auch für eine große Gesellschaft höchst vorteilhaft sind, doch niemals einen solchen Profit abwerfen, daß sie einem einzelnen oder einer kleinen Anzahl von Personen die Kosten ersetzen, und deren Einrichtung und Unterhaltung daher von keinem einzelnen und keiner kleinen Anzahl von Personen erwartet werden darf." [Smith 1923a, S. 43] Der Staat ist aufgefordert, Güter und Dienstleistungen bereitzustellen, die allen nützen, sich aber insgesamt nicht rechnen. Man könnte Adam Smith hier sehr weit auslegen, und in seine Ausführungen die Forderung nach der Bereitstellung von öffentlichen, nicht-marktfähigen Gütern hineinlesen (Beispiel Straßenbeleuchtung). (vgl. [Reiß 2007, Kapitel 9.4]) Aufgabe 1.11

Welche Nachteile der Arbeitsteilung sieht Adam Smith ? Welche Möglichkeit gibt es für die Regierung, „dagegen Vorsorge zu treffen"? [Smith 1923a, S. 124] • Lösung 1.11

„Je weiter die Teilung der Arbeit fortschreitet, um so mehr kommt es dahin, daß die Beschäftigung des größten Teiles derer, die von ihrer Arbeit leben, d.h. der großen Masse des Volkes, auf einige wenige sehr einfache Verrichtungen, oft nur auf eine oder zwei, beschränkt wird. Nun wird aber der Verstand der meisten Menschen notwendigerweise durch ihre gewöhnlichen Beschäftigungen gestaltet. Ein Mensch, der sein

1.2 Aufgaben zur „unsichtbaren Hand"

9

ganzes Leben damit hinbringt, ein Paar einfache Operationen zu vollziehen, deren Erfolg vielleicht immer derselbe oder wenigstens fast derselbe ist, hat keine Gelegenheit, seinen Verstand zu üben oder seine Erfindungskraft anzustrengen, um Hilfsmittel gegen Schwierigkeiten aufzusuchen, die ihm niemals begegnen. Er verliert also natürlich die Fähigkeit zu solchen Übungen und wird am Ende so unwissend und dumm, als es nur immer ein menschliches Wesen werden kann. Die Verknöcherung seines Geistes macht ihn nicht nur unfähig, an einer vernünftigen Unterhaltung teilzunehmen oder sie auch nur zu genießen, sondern sie läßt es auch in ihm zu keinem freien, edlen oder zarten Gefühle mehr kommen und erlaubt ihm selbst nicht, die alltäglichen Pflichten des Privatlebens richtig zu beurteilen." [Smith 1923a, S. 123] Vorsorge der Regierung könnte in Bildung und all den Maßnahmen bestehen, gegen „die Verknöcherung des Geistes" vorzugehen. Aufgabe 1.12

„... mit der Teilung der Arbeit [ist} die Möglichkeit, ja die Wirklichkeit gegeben, daß die geistige und materielle Tätigkeit - daß der Genuß und die Arbeit, Produktion und Konsumtion, verschiedenen Individuen zufallen..." [Marx u. Engels 1973a, S. 32]. Erläutern Sie diese Auffassung von Marx und Engels! • Lösung 1.12

Adam Smith weist ausdrücklich auf die positiven Aspekte der Arbeitsteilung hin. Er sieht dabei durchaus die Verteilungsproblematik, sein eigentliches Thema, seine Botschaft aber ist die mit der Arbeitsteilung einhergehende Wohlfahrtssteigerung: „Arbeitsteilung . . . bewirkt in einer gut regierten Gesellschaft jene allgemeine Wohlhabenheit, die sich bis zu den untersten Klassen des Volkes erstreckt... und es verbreitet sich allgemeiner Wohlstand über die verschiedenen Stände der Gesellschaft." ([Smith 1923b, S. 14], Hervorhebung nicht im Original.) Demgegenüber machen Marx und Engels darauf aufmerksam, dass es mit der Arbeitsteilung zu (relativen) Verlierern und (relativen) Gewinnern kommen kann: Es gibt Individuen, die die geistigen Tätigkeiten (befriedigender, sauberer, mit höherem Status bewertet) übernehmen, und andere, denen die materiellen Tätigkeiten zufallen (mühsam, dreckig, schlechter Status). Bestimmte Schichten arbeiten, damit andere konsumieren können. Nach Marx entsteht die Ausbeutung dadurch, dass Arbeitsteilung eine Steigerung der Produktion über das Subsistenzniveau hinaus ermöglicht, (vgl. [Reiß 2007, Kapitel 3[)

1.2 Aufgaben zur „unsichtbaren Hand" Aufgabe 1.13

Stellen Sie sich vor, Sie sollten für die Bundesrepublik eine Wirtschaft mit zentraler Planung einführen, wie sie gerade skizziert wurde, in der es also bspw. kein Geld gibt und in der kein Handel stattfindet.

10

1 Die unsichtbare Hand, Teil 1: Adam Smith a. Gehen Sie die einzelnen Funktionen durch, die die zentrale Planung übernehmen muss und überlegen Sie, wie diese erfüllt werden könnten. b. Welche Probleme könnten bei den einzelnen Funktionen auftauchen?



Lösung 1.13

Es können hier nicht die einzelnen Punktionen durchgegangen werden. Es sollte bei dieser Aufgabe deutlich werden, dass eine zentrale Planung hohe Anforderungen an die Informationsbeschaffung und Verarbeitung der „sichtbaren Hand" stellt, und dass diese Aufgaben allenfalls durch eine effiziente, gut informierte Planungsbehörde durchgeführt werden können. Die Planungsbehörde muss bis in die Einzelheiten über die Wirtschaft informiert sein und auch im Einzelnen in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen können. Probleme tauchen natürlich bei allen Punktionen auf. Ein grundsätzliches Problem ist jedoch in der Bestimmung der gesellschaftlichen Zielfunktion zu sehen. Dieses Problem sollte mit Hilfe der nächsten Aufgabe diskutiert werden. Aufgabe 1.14

Aus den verschiedensten Gründen gibt es für Teilbereiche in vielen Wirtschaftssystemen eine zentrale Planung . Wir betrachten hier ein wichtiges Beispiel in einer extremen Situation: Die Versorgung mit Lebensmitteln, die nicht in ausreichender Menge vorhanden sind (so z.B. im Kriegsfall). a. Nach welchen Kriterien sollte die Zuteilung erfolgen? Denken Sie an bestimmte Bevölkerungsgruppen: i) die in der Produktion Beschäftigten, ii) die für die Produktion mindestens kurzfristig unwichtigen Bevölkerungsgruppen (Kinder, Kranke, Alte), iii) die Soldaten, iv) die Kriegsgefangenen, v) die in der zentralen Planung Beschäftigten (also z. B. den Regierungschef, den Planungsminister und seinen Mitarbeiterstab). b. Welche Interessengegensätze ergeben sich bei den in a. untersuchten Prinzipien in der Bevölkerung? Wie können diese Interessen artikuliert werden? Wie erfährt die Planungsbehörde davon, und wie wird sie davon beeinßusst? c. Untersuchen Sie, wie sich in konkreten Wirtschaftssystemen mit starken zentralen Planungsbereichen (also z. B. in der absoluten Monarchie) die Versorgung der Planungsbehörde verglichen mit der übrigen Bevölkerung gestaltete. Gelten diese Beobachtungen auch für andere Systeme mit zentraler Planung? • Lösung 1.14

a. Die Frage soll zu den Problemen hinführen, die bei einer zentralen Planung bei der Definition, Formulierung und Durchsetzung eines Verteilungsziels entstehen.

1.2 Aufgaben zur „unsichtbaren Hand"

11

Bei der Präge ist nach der Ansicht des einzelnen Lesers gefragt, allgemeinverbindliche Antworten können nicht gegeben werden. Bei der Beantwortung sollte aber an das Motivationsproblem und an das Gerechtigkeitsproblem (vgl. [Reiß 2007, Abschnitt 1.4.1 (3.)]) gedacht werden: Inwieweit müssen die Arbeiter und die Soldaten versorgt werden, dass sie ihre Aufgaben willig erfüllen und erfüllen können, inwieweit muss aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten für andere Gruppen gesorgt werden? b. Es ergeben sich Interessensgegensätze zwischen den einzelnen Gruppen, da jede Gruppe an einer möglichst guten bzw. ausreichenden Versorgung interessiert ist. In einem hierarchisch strukturierten funktionierenden zentralen System ist durch die Hierarchie ein Informationssystem von unten nach oben gegeben, durch den die zentrale Instanz die relevanten Informationen erhält. Funktionieren die Kanäle nicht oder reagiert die zentrale Instanz nicht (bzw. kann sie in einer Notsituation nicht reagieren) so werden die Interessensgegensätze auch mit anderen nicht vorgesehenen Methoden artikuliert (Streiks, Soldatenmeutereien, Gefangenenaufstände, passiver Widerstand). Man vergleiche dazu z.B. die Situation in Deutschland am Ende des Ersten Weltkrieges oder die Lage in Polen in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. c. Es kann generell beobachtet werden, dass die Angehörigen der PlanungsBehörden relativ gut versorgt werden. Das Entstehen von Schlössern und Regierungspalästen ist ein besonders auffälliger Hinweis darauf. Diese Erscheinung ist auch in zentralgeleiteten Systemen zu beobachten, die sich als vordringliche Aufgabe die soziale Gerechtigkeit gestellt haben. Hinweis: An dieser Stelle kann weder eine vorläufige noch gar eine abschließende Beurteilung der zentralen Planung erfolgen. Im Abschnitt 1.4.3 in [Reiß 2007] wird auch auf Probleme der „unsichtbaren Hand" hingewiesen. Aufgabe 1.15

Erläutern Sie die Preisfunktionen am Beispiel des Mietpreises. Versuchen Sie mit Hilfe der Preisfunktionen zu erklären, warum bestimmte Gruppen bzw. ihre Repräsentanten Interesse daran haben könnten, in das Preisgefüge administrativ einzugreifen. • Lösung 1.15

1. Distributionsfunktion Der Preis bewertet die Ressourcen der Individuen. Damit ist das Einkommen der Haushalte bestimmt. Dieses Einkommen führt über mit Preisen bewertete Konsumgüter zu Nutzengewinn der Haushalte. Ein hoher Preis der Ressource Arbeit führt dazu, dass Arbeiter ein hohes Einkommen haben. Bei einem niedrigen Mietpreis können sie sich eine große Wohnfläche leisten. 2. Motivationsfunktion Ein hoher Preis motiviert, besonders viel von einem Gut bereitzustellen, ein niedriger Preis motiviert, viel nachzufragen. Ist der Mietpreis hoch, wird ein Produ-

12

1 Die unsichtbare

Hand, Teil 1: Adam

Smith

zent viel Mietfläche abzusetzen versuchen (bspw. indem er Kellerräume sowie den Dachboden als Wohnfläche vermietet). Der Produzent muss nicht durch Appelle dazu aufgefordert werden. 3. Sanktionsfunktion Ein hoher Mietpreis bestraft den, der übermäßig Mietfläche beansprucht. Das Wirtschaftssubjekt (Konsument bzw. Produzent) muss nicht zum Sparen aufgefordert werden. 4. Allokationsfunktion Der Preis allokiert die Ressourcen dort, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Nur diejenigen erhalten eine Wohnung, die bereit und in er Lage sind, den entsprechenden Preis zu zahlen. Hier ist es eventuell notwendig, dass ein sozialer Wohnungsmarkt von staatlicher Seite zur Verfügung gestellt wird. 5. Koordinationsfunktion Der Preis koordiniert die Pläne der Individuen, ohne dass eine steuernde Instanz existiert. Der Preis der Miete teilt den Produzenten mit, welche Menge sie produzieren bzw. bereitstellen sollen und den Verbrauchern, welche Menge sie bei ihrem Einkommen konsumieren können. 6. Informationsfunktion Der Preis informiert Marktteilnehmer über Produktions- und Konsummöglichkeiten. Als Grundlage dieser Preise können individuelle Pläne erstellt werden. Kennt der Einzelne den Mietpreis, so kann er diesen bei der Planung für Neubauten bzw. Instandhaltungsmaßnahmen zugrunde legen. 7. Markträumungsfunktion Der Preis spielt sich so ein, dass Angebot und Nachfrage sich angleichen, die Anbieter ihre ihnen zur Verfügung stehende Wohnfläche absetzen können, die Nachfrager ihre geplanten Mengen an Wohnfläche erwerben können. 8. Optimalitätsfunktion Der Preis führt zu einem Optimum. Dabei ist unter Optimum ein Zustand zu verstehen, bei dem sich ein Individuum nur auf Kosten eines anderen verbessern kann.

1.2 Aufgaben zur „unsichtbaren Hand" Auszug aus [Reiß 2007, S. 47f., Abschnitt

13

1.4.3.4]

Geldeigenschaften 1. Haltbarkeit. Die Ware darf im Laufe der Zeit nicht oder kaum an Wert verlieren. Tomaten beispielsweise sind nicht als Tauschmittel geeignet. 2. Seltenheit. Eine Ware, die selten ist und nicht in fast beliebiger Menge produziert werden kann, hat je Gewichtseinheit einen hohen Wert und ist leicht zu transportieren. Sand beispielsweise eignet sich nicht als Tauschmittel. 3. Teilbarkeit. Das Tauschmittel sollte möglichst teilbar sein, um bestimmte Geschäfte tätigen zu können. Ein Pferd ist kaum als Tauschmittel zu verwenden, wenn man auf einem Markt mehrere kleine Tauschoperationen vornehmen will. 4. Homogenität. Verschiedene Teile der Waren sollten sich gegenseitig vertreten können und miteinander vergleichbar sein. Kleidungsstücke z. B. sind nicht recht verwendbar, es sei denn, sie unterscheiden sich kaum in Größe, Form und Gestaltung (man denke an den Gebrauch von ,Nylon-Strümpfen' als Währungsersatz vor der Währungsreform nach dem zweiten Weltkrieg). Aufgabe 1.16 Ein Staat möge vor der Entscheidung stehen, (Waren-) Geld entweder auf der Basis von Gold oder auf der Basis von Kupfer einzuführen. Was spricht für Gold, was spricht für Kupfer? Gehen Sie dabei von den Eigenschaften 2 und 3 aus. • Lösung 1.16 Gegen Kupfer spricht, dass Kupfer je Gewichtseinheit einen geringen Wert hat. Das Bezahlen einer großen Schuld mit Hilfe von Kupfermünzen kann zu einem Problem werden. Als Schweden im 18. Jahrhundert eine reine Kupferwährung hatte, mussten zum Bezahlen, z. B. eines Hauses, Wagenladungen von Kupfermünzen geliefert werden. Dagegen ist Kupfer geeignet, wenn es um den Kleinhandel geht. Gold ist sicherlich besser geeignet, wenn es um die Begleichung großer Schulden geht. Bei alltäglichen Geschäften bekommt man allerdings Probleme. In ökonomischer Hinsicht ist Gold nämlich nicht beliebig teilbar: Zur Begleichung von Kleinst- Schulden im täglichen Verkehr müsste man nämlich „Münzen" aus Blattgold herstellen, diese würden aber zu schnell verschleißen und sind somit ungeeignet. Aus diesem Grund existierten in einem Währungssystem fast immer nebeneinander Münzen aus zwei verschiedenen Metallen: In der Regel Gold- und Silbermünzen, vielfach noch um Kupfermünzen ergänzt. Änderungen des Wert Verhältnisses dieser Metalle zueinander führten dann zu nicht unbeträchtlichen Problemen. Sinkt z. B. der Wert des Silbers relativ zum Wert des Goldes (durch Entdeckung neuer Silberlagerstätten), so wird jeder versuchen, mit Silbermünzen zu zahlen und das wertvoller gewordene Gold horten.

14

1 Die unsichtbare Hand, Teil 1: Adam

Smith

Aufgabe 1.17

Das Geld, das wir täglich benutzen, hat keinen oder nur sehr geringen Warenwert. werden bei unserem Geld die Eigenschaften 1 bis 4 sichergestellt?

Wie •

Lösung 1.17

1. Haltbarkeit Papiergeld ist nur bedingt haltbar. Durch laufende Uberprüfung und Ersetzung sorgt der Staat bzw. die Zentralbank zusammen mit den Geschäftsbanken, dass das umlaufende Geld gewisse Mindestanforderungen bezüglich des Erhaltungszustandes erfüllt. 2. Seltenheit Papiergeld ist aus einem Material hergestellt, das in fast beliebiger Menge zu geringen Kosten hergestellt werden kann. Bei Edelmetallgeld ist es im Prinzip unwichtig, wer das Recht hat, das Geld zu produzieren, sofern die Münzen mit richtigem Gewicht und richtigem Metallgehalt geprägt werden.(Diese Kontrolle führte dann doch dazu, dass die Münzen in aller Regel durch den Staat oder unter Kontrolle des Staates geprägt wurden; trotzdem kam es sehr häufig zu Münz Verfälschungen. Diese Münzverfälschungen wurden meist sogar durch die Staatsführung veranlasst.)Bei Geld ohne Stoffwert, wie z.B. Papiergeld, muss der Staat für die Seltenheit sorgen, indem er die nichtautorisierte „Produktion" von Geld als Geldfälschung verbietet und sich selbst bzw. der Notenbank strenge Beschränkungen bei der Produktion von Geld auferlegt. 3. Teilbarkeit Die Teilbarkeit wird durch Stückelung erreicht. Durch Kombination von verschiedenen Stücken kann praktisch jeder Betrag gebildet werden. 4. Homogenität Es ist gesetzlich festgelegt, dass die verschiedenen Münzen und Scheine sich gegenseitig vertreten können (bei Münzen gibt es bestimmte, hier unwichtige Ausnahmen) .

1.3 Aufgaben zur Theorie Aufgabe 1.18

Welche fünf Aufgaben Wirtschaft erfüllen?

muss ein Organisationsmechanismus

Lösung 1.18

1. Er kennt die Produktionsbedingungen.

in einer

arbeitsteiligen •

1.3 Aufgaben zur Theorie

15

2. Er bestimmt das Ziel und den Zweck der Produktion (gesellschaftliche Zielfunktion). 3. Er organisiert die Produktion und motiviert die Produzierenden. 4. Er löst das Informations-, Anpassungs- und Überwachungsproblem. 5. Er löst das Verteilungsproblem. Die fünf Aufgaben sind in [Reiß 2007, Abschnitt 1.4.2.1] detailliert aufgeführt. Aufgabe 1.19

a. Erläutern Sie (evtl. auf Karteikarten) stichwortartig die Begriffe: i) Adam Smith, ii) Arbeitsteilung, iii) Sichtbare und Unsichtbare Hand, iv) Geldeigenschaften, v) Preisfunktionen. b. Überprüfen Sie anhand der Lernziele Ihren Lernerfolg!



Lösung 1.19

Die ersten drei Karteikarten sind auch in [Reiß 2007, Abschnitt 1.6] angegeben. i) Adam Smith 1723-1790: Begründer der klassischen Nationalökonomie Wichtige Werke: The Theory of Moral Sentiments, 1759 Inquiry Into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1776 Adam Smith untersucht, was den Reichtum oder die Wohlfahrt eines Landes ausmacht. Reichtum eines Landes besteht für ihn nicht in Geld, sondern in den produzierten Gütern. Durch Arbeitsteilung kann die Produktion gesteigert werden. Arbeitsteilung bedingt Tausch und dieser Tausch wird durch den Preismechanismus, die unsichtbare Hand, koordiniert. ii) Arbeitsteilung Aufteilung eines Produktionsprozesses in eine Reihe von Einzelprozessen, die in der Regel von verschiedenen Produzierenden in verschiedenen Produktionsstätten durchgeführt werden. Nach Adam Smith führt die Arbeitsteilung zur Vervollkommnung der Produktivkräfte und „bewirkt in einer wohlregierten Gesellschaft jene allgemeine Wohlhabenheit, die sich bis in die untersten Klassen des Volkes erstreckt". Smith führt drei Gründe für die Steigerung der Produktion durch Arbeitsteilung an: 1. Größere Geschicklichkeit;

16

1 Die unsichtbare Hand, Teil 1: Adam Smith 2. Weniger Umrüstzeiten; 3. Neue Erfindungen. Arbeitsteilung benötigt einen Koordinationsmechanismus und je nach Koordinationsmechanismus bestimmte Institutionen und Infrastrukturen.

iii) Sichtbare und unsichtbare Hand Ein System von Austauschraten - also relativen Preisen - zusammen mit dem Hang zu tauschen, koordiniert ein Wirtschaftssystem so, dass die Handlungen der Individuen wie von einer unsichtbaren Hand gelenkt ineinandergreifen und zusammenpassen. Obwohl die einzelnen Individuen nur ihre eigennützigen Ziele verfolgen - individuell rational handeln - , bewirkt die unsichtbare Hand ein kollektiv rationales Ergebnis. Durch Beispiele kann man jedoch zeigen, dass der Preismechanismus - die unsichtbare Hand - für bestimmte Güter bzw. in bestimmten Situationen nicht greift oder sogar versagt. Da man mit der „unsichtbaren Hand" ein System charakterisiert, in dem es keinen zentralen Koordinationsmechanismus gibt, wird man immer dann von der sichtbaren Hand sprechen, wenn eine zentrale Instanz zur Steuerung der Wirtschaft (bzw. von Teilen der Wirtschaft) vorhanden ist. In einem solchen System wird freiwilliger Tausch zu vereinbarten Tauschraten keine (bzw. keine akzeptierte oder nennenswerte) Rolle spielen. Vielmehr wird die zentrale Instanz durch Befehle, Verordnungen und Direktiven festlegen, was produziert wird, wie es produziert wird, von wem es produziert wird und für wen es produziert wird. Beispiele für die sichtbare Hand: • Der absolute Fürst mit seinem Kabinett. • Ein zentralistischer Staat mit seiner Planungsbehörde. • Ein Unternehmer mit seinem Stab. iv) Geldeigenschaften 1. 2. 3. 4.

Haltbarkeit Seltenheit Teilbarkeit Homogenität

v) Preisfunktionen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Distributionsfunktion Motivationsfunktion Sanktionsfunktion Allokationsfunktion Koordinationsfunktion Informationsfunktion Markträumungsfunktion Optimalitätsfunktion

2 Produktion mit Faktoren 2 . 1 Aufgaben zur Lektüre von Malthus [Malthus 1977] in (Reiß 2007, S. 60-63] Aufgabe 2.1 „... all dies hat zusammengewirkt, um viele urteilsfähige Köpfe zu der Ansicht kommen zu lassen, daß wir am Beginn eines Zeitalters stehen, das Veränderungen von weitreichender Bedeutung mit sich bringen wird - Veränderungen, die für das zukünftige Schicksal der Menschheit bis zu einem gewissen Grad entscheidend sein werden." [Malthus 1977, S. 13] a. Was bewirkte nach Malthus diese ,Ansicht

urteilsfähiger

Köpfe' ?

b. Versuchen Sie, den ersten hier wiedergegebenen Abschnitt von Malthus mit wenigen Worten so umzuformen, dass er auf die heutige Zeit passt. c. Erläutern Sie die Ansichten der ,Verfechter der gegenwärtigen ,Verfechter der Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen'. d. Wie stellt sich Malthus zu den in Teil c. angesprochenen

Ordnung'

Gruppen?

und der



Lösung 2.1 a. „Die großen unvorhergesehenen Entdeckungen ..., die zunehmende Verbreitung des allgemeinen Wissens ... die glühende und doch stetige Wißbegier ... und insbesondere jene überwältigende Erscheinung am politischen Horizont, die Französische Revolution, ... ." Das bewirkt nach [Malthus 1977, S. 13] die ,Ansicht urteilsfähiger Köpfe'. b. Man muss eigentlich nur die Worte „Französische Revolution" durch „Umwälzungen in den sozialistischen Ländern" ersetzen und hat eine Aussage, wie sie auch heute, abgesehen vom Stil, von einem Fortschrittsoptimisten stammen könnten. c. Vgl. [Malthus 1977, S. 14], Beide Gruppen beschimpfen sich gegenseitig. Jede Gruppe wirft den anderen vor, eigennützig zu handeln. Man handele nicht zum Wohle der Gesellschaft, sondern nur, um seine eigenen Ambitionen und Ziele zu verwirklichen. [Malthus 1977, S. 14]. „Die Verfechter der gegenwärtigen Ordnung neigen dazu, die Sekte der spekulativen Philosophen als einen Haufen raffinierter, schönfärberischer Schurken zu behandeln, die feurigen Idealismus vortäuschen und fazinierende Bilder eines

18

2 Produktion

mit

Faktoren

glücklicheren Zustands der Gesellschaft ausmalen, einzig und allein, um die gegenwärtigen Ordnungsmächte leichter [zu] zerstören . . . " „Der Verfechter der Vervollkommungsfähigkeit der Manschen und der Gesellschaß vergilt das . . . mit einer mindestens ebenso deutlichen Verachtung, er beschimpft den Verfechter der gegenwärtigen Ordnung als einen Sklaven der erbärmlichsten und engstirnigsten Vorurteile oder unterstellt ihm, die Mißbräuche der bürgerlichen Gesellschaft allein deswegen zu befürworten, weil er daraus Nutzen ziehe." [Malthus 1977, S.14 f.] d. Er sieht „große und - nach meiner Ansicht - unüberwindliche Hindernisse, die den Weg zur Verwirklichung [eines dermaßen beglückenden Fortschritts] versperren." [Malthus 1977, S. 15] Aufgabe 2.2

a. Was versteht man unter einer geometrischen schen Reihe?

Reihe, was unter einer

b. Wo im Text formuliert Malthus das (dort nicht sogenannte) Wie begründet er es?

arithmeti-

Bevölkerungsgesetz? •

Lösung 2.2

a. Im Text von Malthus wird jeweils von arithmetischer und geometrischer ,Reihe' gesprochen - gemeint ist jedoch jedes Mal ,Folge'. Arithmetische Folge:

a, a + d, a + 2d, a + 3d,...,

also z. B. mit a = 5 und d = 3:

5,8,11,14,17,...

oder mit dem Beispiel von Malthus a = 1, d = 1: Geometrische Folge:

a,a • q,a • q2,a • q3,...

also z. B. mit a = 2, q = 3:

a+n •d

1,2,3,4,5,... ,a • qn

2,6,18, 5 4 , . . .

oder mit dem Beispiel von Malthus a = 1, q = 2:

1, 2 , 4 , 8 , . . .

b. „Die Bevölkerung wächst, wenn keine Hemmnisse auftreten, in geometrischer Reihe an (Die Unterhaltsmittel nehmen nur in arithmetischer Reihe zu.)." [Malthus 1977, S. 18] Aufgabe 2.3

In der ersten Auflage des Buches „Das Bevölkerungsgesetz" schreibt Malthus: Rehmen wir für die Bevölkerung der Welt eine bestimmte Zahl an, ..., so würde die Vermehrung der Menschheit [in jeweils 25 Jahren] in der Reihe 1, 2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, 256, 512 etc. vor sich gehen, die der Unterhaltsmittel in der Reihe 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 etc." [Malthus 1977, S. 22 f.]

2.1 Aufgaben zur Lektüre von Malthus a. Tragen Sie - soweit möglich - die angegebenen Werte in die oberen onssysteme in Abbildung 2.1 ein.

19

Koordinati-

b. Konstruieren Sie aus den in Teilaufgabe a. entstandenen Kurvenverläufen einen Zusammenhang zwischen Bevölkerungsgröße und Ertrag der landwirtschaftlichen Produktion und tragen Sie diesen in das dafür vorgesehene Koordinatensystem in Abbildung 2.1 ein. c. Versuchen Sie, den in Teilaufgabe b. hergeleiteten Funktionsverlauf begründen. 70

Bevölkerung

plausibel zu •

Ertrag

60 50 40 30 20 10 0

J_ 25

0

50

Zeit; _L _L 75 100 125 150 1 75

Zeit, 75 100 125 150 1 75 _L

0

25

50

Ertrag 6

-

5 4 3 2 1 0

JJ

L

_L

12 4

8

A b b . 2.1: Bevölkerung

Bevölkerun,

J_ 16 und

32

i§ 64

Ertrag

Lösung 2.3 a. Siehe die beigefügte Abbildung 2.2. b. Siehe die beigefügte Abbildung 2.2. c. Das Ertragsgesetz beschreibt einen produktionstheoretischen Zusammenhang bei partieller Faktorvariation. Es wird also nur ein Inputfaktor verändert und die Auswirkung auf den Output betrachtet.

20

2 Produktion mit Faktoren Der Ertragszuwachs einer zusätzlichen Einheit irgendeines Produktionsfaktors steigt (ceteris paribus) zunächst an, wenn mehr Einheiten des Produktionsfaktors beschäftigt werden, bleibt anschließend konstant und sinkt dann (er kann sogar negativ werden). Vgl. die Ausführungen in [Reiß 2007, Abschnitt 2.4.3] zum Ertragsgesetz.

A b b . 2.2: Bevölkerung und Ertrag

Aufgabe 2.4 ,Jm Oktober 1838 ... las ich zum Vergnügen die Ausführungen von Malthus zum Bevölkerungsgesetz und da ich durch lang andauernde Beobachtungen des Verhaltens von Pßanzen und Tieren gut darauf vorbereitet war, den überall stattßndenden Existenzkampf zu begreifen, erkannte ich sofort, da& unter solchen Umständen gut geeignete Arten tendenziell erhalten und ungeeignete Arten zerstört werden. Als Ergebnis daraus würden sich neue Arten entwickeln" (vgl. [Darwin u. Huxley 1974, S. 71], eigene Übersetzung). Mit diesen Worten führt Darwin seine Theorie von der Entstehung der Arten auf die Theorie von Malthus zurück.

2.1 Aufgaben zur Lektüre von Malthus a. Vergegenwärtigen Sie Ihre Kenntnisse

der Darwinschen

21

Theorie.

b. Vergleichen Sie die Theorie von Malthus mit der von Darwin.



Lösung 2.4

a. Zur Vergegenwärtigung kann folgendes Zitat aus [Knodel u. Bayerhuber 1983, S. 404f] dienen. „Zur Begründung dieser Theorie ging er von folgenden Erscheinungen aus: i) Die Lebewesen erzeugen viel mehr Nachkommen, als zur Erhaltung der Art notwendig wären. Für die Erhaltung der Art würden zwei zur Fortpflanzung gelangende Nachkommen eines Elternpaares genügen. In Wirklichkeit werden oft Tausende, ja Millionen von Nachkommen erzeugt. Trotzdem bleibt bei gleichbleibender Umwelt die Individuenzahl einer Art über längere Zeit hinweg konstant. ii) Die Nachkommen eines Elternpaares sind nicht alle untereinander gleich, sie variieren in ihren Erbmerkmalen. iii) Die Lebewesen stehen untereinander in ständigem Wettbewerb um günstige Lebensbedingungen, um Nahrung, Lebensraum und Geschlechtspartner. In diesem Kampf ums Dasein (struggle for life) überleben die am besten an die Umwelt angepaßten Individuen (survival of t h e fittest) und pflanzen sich fort. Dies sind die Gewandtesten oder die Best geschützten oder die Unempfindlichsten (z. B. gegen Kälte oder Trockenheit) oder solche, die leichter einen Geschlechtspartner finden (geschlechtliche Zuchtwahl nach DARWIN). Die weniger Tauglichen pflanzen sich entweder gar nicht fort oder haben weniger Nachkommen." b. Wie Malthus geht Darwin davon aus, dass die Lebewesen viel mehr Nachkommen erzeugen, als zur Erhaltung der Art notwendig wären und dass es dadurch zu einer Konkurrenz um knappe Nahrung etc. kommt. Darwin führt diese Überlegungen weiter und entwickelt eine Theorie der „Entwicklung der Arten".

22

2 Produktion mit Faktoren

2.2

A u f g a b e n zur Lektüre von Ricardo

[Ricardo 1921] in [Reiß 2007, S. 68-73] Aufgabe 2.5

Nennen Sie die von Ricardo geannten drei Klassen, unter denen der Ertrag der Erde verteilt wird! Wie heißen die Anteile, die den Klassen zufallen? • Lösung 2.5

Klassen Rentiers (Eigentümer des Bodens) Kapitalisten (Eigentümer des Kapitals) Arbeiter (Eigentümer ihrer Arbeitskraft)

——> — ——>

Anteile Rente Profit Lohn

Aufgabe 2.6

Welches ist nach Ricardo das Hauptproblem der Volkswirtschaftslehre?



Lösung 2.6

„... jeder dieser Klassen [fallen] aus dem Gesamtertrage der Erde als Rente, Profit [verschiedene] Anteile zu. ... Die Gesetze aufzufinden, welche diese Verteilung bestimmen, ist das Hauptproblem der Volkswirtschaftslehre." [Ricardo 1921, S. 6] Aufgabe 2.7

„Dinge, die den größten Gebrauchswert haben, haben häufig wenig oder keinen Tauschwert, und umgekehrt ..." [Smith 1923b, S. 35]. a. Suchen Sie Beispiele für dieses sogenannte

Wertparadox.

b. Erläutern Sie die Begriffe Tauschwert und Gebrauchswert. c. Welches sind nach Ricardo die beiden Quellen des Tauschwerts? d. Wie begründet Ricardo das Wertparadox?



Lösung 2.7

a. Beispiele für Dinge mit größtem Tauschwert und geringem Gebrauchswert: Diamanten, Gold etc. Beispiele für Dinge mit größtem Gebrauchswert und geringem Tauschwert: Wasser, Luft etc. (Man verdeutliche sich, dass diese Aussage sehr stark von der Situation abhängt und konstruiere eine Situation, in der Wasser einen hohen Tauschwert und Diamanten einen niedrigen Tauschwert haben.) b. Der Tauschwert eines Gutes wird bestimmt durch die Macht andere Waren erstehen zu können. Der Gebrauchswert wird durch die Nützlichkeit des Gutes bestimmt.

2.2 Aufgaben

zur Lektüre

von

23

Ricardo

c. „Sind Güter nützlich, so leiten sie ihren Tauschwert von zwei Quellen her: von ihrer Seltenheit und von der Arbeitsmenge, welche man zu ihrer Erlangung benötigt." [Ricardo 1921, S. 10] d. Ricardo folgert, dass Nützlichkeit zwar notwendige Voraussetzung für Tauschwert, aber offensichtlich kein Maß für den Tauschwert ist. Er erklärt aber dieses „Wertparadox" letztlich nicht. Wir werden später sehen, wie die Marginalisten aus der Nützlichkeit ein Maß für den Tauschwert ableiten. Aufgabe 2.8 Warum beschränkt sich Ricardo auf Güter, deren Menge durch menschliche Arbeitsleistung beliebig vermehrt werden kann? Nennen Sie Güter, deren Menge durch Arbeit und nur durch Arbeit beliebig vermehrt werden kann. • Lösung 2.8 Für diese Beschränkung existieren zwei Gründe: 1. Erklärungsziel Ricardo möchte den Wert der Güter aus der zur Produktion aufgewendeten Arbeit erklären. Das ist dann - und wie wir sehen werden auch nur dann - möglich, wenn Arbeit letztlich der einzige knappe ,Produktionsfaktor' ist. 2. Beobachtung der Realität Ricardo schließt aus der Beobachtung der Realität, dass nur in Ausnahmefällen der Wert der Güter „ausschließlich durch ihre Seltenheit bestimmt wird". Hinweis: Man sollte sich klarmachen, dass diese Vorgehensweise etwas vorschnell ist: Aus der Tatsache, dass nur wenige Güter ihren Wert ausschließlich aus ihrer Seltenheit ableiten, kann nicht geschlossen werden, dass der größte Teil der Waren allein durch menschliche Arbeitsleistung beliebig vermehrt werden kann. Aufgabe 2.9 „Auf dieselbe Weise gebraucht der Brauer, Brenner oder Färber unausgesetzt Luft und Wasser für die Erzeugung seiner Güter. Da aber der Vorrat davon unbegrenzt ist, haben sie keinen Preis." [Ricardo 1921, S. 55] a. Stimmen

Sie Ricardo darin zu, dass der Vorrat von Wasser unbegrenzt

b. Kann es für Wasser einen Knappheitspreis

geben?

ist? •

Lösung 2.9 a. Ricardo geht hier offensichtlich von den Verhältnissen in England zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus. Wasser gab es fast unbegrenzt, allenfalls die Reinigung und der Transport konnten Kosten verursachen.

24

2 Produktion mit Faktoren In vielen Ländern ist Wasser aber extrem knapp, und es muss mit hohem Aufwand gespeichert, entsalzen und herbeitransportiert werden.

b. Einen Knappheitspreis für Wasser gibt es, wenn Wasser für verschiedene Alternativen genutzt werden kann. Beispiele: Mallorca, Israel und fast ganz Afrika. Aufgabe 2.10

Welches ist nach Adam Smith der wirkliche Preis eines jeden Dinges? Erläutern Sie das Beispiel vom Biber und Hirsch gemäß der Darstellung von Adam Smith. • Lösung 2.10

,Arbeit war der erste Preis - das ursprüngliche Kaufgeld, welches für alle Dinge bezahlt wurde." [Smith 1923b, Kapitel 5] zitiert in [Ricardo 1921, S. 11] Da Arbeit das ursprüngliche Kaufgeld ist, wird der Wert der erlegten Tiere auf die zur Erlegung investierte Arbeit zurückgeführt. „Wenn in einem Jägervolke z. B. die Erlegung eines Bibers gewöhnlich doppelt soviel Arbeit kostete als die Erlegung eines Hirsches, so mußte natürlich ein Biber für zwei Hirsche ausgetauscht werden, oder soviel wert sein." [Smith 1923b, Kapitel 5] zitiert in [Ricardo 1921, S. 11] Aufgabe 2.11

„Selbst in jenem frühen Zustand ... würde für den Jäger etwas Kapital... sein, damit er sein Wild erlegen kann." [Ricardo 1921, S. 22]

erforderlich

Was versteht Ricardo hier unter Kapital? Welche Probleme ergeben sich aus der Existenz von Kapital für die Bestimmung des Preises eines Gutes? Erläutern Sie in diesem Zusammenhang das Beispiel von Hirsch und Biber nach Ricardo. • Lösung 2.11

Ricardo schreibt in dem Zusammenhang von der „Beschaffung des Kapitals des Jägers . . . , d.h. der Waffen, mit deren Hilfe ihre Erlegung ausgeführt wurde." [Ricardo 1921, S. 22] Unter Kapital(gütern) versteht man produzierte Güter, die zur Produktion anderer Güter eingesetzt werden. Ist aber zur Produktion eines Gutes neben der Arbeit auch noch Kapital erforderlich, so muss dieses eingesetzte Kapital auch bei der Bestimmung des Wertes berücksichtigt werden. Eine genaue Erläuterung folgt in [Reiß 2007, Abschnitt 2.3.3]. Aufgabe 2.12

Wie definiert Ricardo ,Rente'? Wie wird die Höhe der Rente bestimmt? Lösung 2.12



„Die Rente ist der Teil vom Ertrage der Erde, welcher dem Grundbesitzer für die

2.2 Aufgaben zur Lektüre von Ricardo

25

Benutzung der ursprüngliche und unzerstörbaren Kräfte des Bodens bezahlt wird." [Ricardo 1921, S. 52] Zur Erläuterung siehe [Ricardo 1921, S. 55] und [Reiß 2007, Abschnitt 2.3.6.2]. Ricardo geht von folgenden Definitionen aus: Argument 1: Jeder Pächter wird versuchen, das Stück Land zu pachten, das ihm unter Berücksichtigung der Rente den höchsten Ertrag bringt. Argument 2: Land steht in verschiedenen Qualitätsstufen zur Verfügung. Die besten Qualitäten werden zuerst bebaut, danach das Land der nächsten Qualität und so weiter. Argument 3: Das Land ist (mit z. B. 15 Millionen Einwohnern) gerade so stark bevölkert, dass eine bestimmte Qualitätsstufe gerade noch bebaut wird (z.B. Nr. 3), aber nicht mehr das Land mit noch geringerer Qualität (also Nr. 4) (vgl. hierzu Abbildung 2.14). Der gerade noch bebaute Boden wird häufig „Grenzboden" genannt. Argument 4: Der Grenzboden erhält keine Rente, andernfalls wäre es günstiger, brachliegenden Boden der nächsten Qualitätsstufe zu bebauen. (Dabei wird davon ausgegangen, dass die Qualitätsstufen sehr klein sind.) Argument 5: Auf den besseren Böden wird mehr produziert als auf dem Grenzboden. Jeder Pächter möchte daher Boden pachten, der besser ist als der Grenzboden. Dafür ist er bereit, dem Besitzer etwas von dem Mehrertrag abzugeben. Gibt es genügend viele Pächter, so werden sie solange um die besseren Böden konkurrieren, bis die Pacht, also die Rente, für diese Böden gerade gleich dem Mehrertrag ist. Damit ist die Rente bestimmt.

26

2 Produktion

mit Faktoren

Auszug aus [Reiß 2007, S. 81 ff., Abschnitt 2.3.4] Theorie der komparativen Vorteile Die Klassiker wenden sich entschieden gegen die Handelspolitik der Merkantilisten, in der Rohstoffe importiert, im Land veredelt und als Fertigprodukte exportiert werden sollten (vgl. Abschnitt 1.1.1.3). Ricardo schreibt: „Es ist für das Wohl der Menschheit ebenso wichtig, daß unsere Genüsse durch bessere Arbeitsverteilung erhöht werden sollten, d.h. dadurch, daß ein jedes Land solche Güter erzeugt, für welche es sich infolge seiner Lage, seines Klimas und seiner anderen natürlichen oder künstlichen Vorteile eignet, und daß man sie für die Güter anderer Länder austauscht, als daß sie durch ein Steigen der Profitrate vermehrt werden sollten. (...) Unter einem System von vollständig freiem Handel widmet natürlicherweise jedes Land sein Kapital und seine Arbeit solchen Verwendungen, die jedem am segensreichsten sind. Dieses Verfolgen des individuellen N u t z e n s ist wunderbar mit der allgemeinen Wohlfahrt der Gesamtheit verbunden. Indem es den Fleiß anregt, wenn man die Erfindungsgabe belohnt, und wenn man am erfolgreichsten die besonderen Kräfte, die von der Natur verliehen sind, ausnutzt, verteilt es die Arbeit am wirksamsten und wirtschaftlichsten; während es durch die Vermehrung der allgemeinen Masse der Produktionen allgemeinen Segen verbreitet und die Universalgesellschaft der Nationen der zivilisierten Welt durch ein gemeinsames Band des Interesses und Verkehrs miteinander verbindet. Dieser Grundsatz ist es, welcher bestimmt, daß Wein in Frankreich und Portugal bereitet, Getreide in Amerika und Polen gebaut, und Kurzund andere Waren in England verfertigt werden sollen." ([Ricardo 1921, S. 125 f.], Hervorhebung nicht im Original.) Ricardo legt hiermit die Grundlagen der Freihandelslehre: Produziert jedes Land das, was es am besten kann und tauscht es dann gegen Güter, die andere besser herstellen können, so fördert das Streben nach eigenem Vorteil das „universelle Wohlbefinden aller". Dabei könnte allerdings ein Problem auftauchen: Was sollen die Länder produzieren, die bei allen Gütern die schlechteren Produktionsbedingungen besitzen? Hier zeigt Ricardo, dass auch dann internationaler Handel möglich ist, wenn sich jedes Land auf die Güter spezialisiert, bei denen es die geringeren Alternativkosten hat. Ricardo entwickelt damit die Theorie der komparativen Kosten, die bis heute eine der Grundlagen der Außenhandelstheorie ist. Ricardo greift auf die Länder Portugal und England zurück und führt aus: „England kann vielleicht so gestellt sein, daß man zur Tuchfabrikation der Arbeit von 100 Mann auf ein Jahr bedarf; und wenn es versuchte, den Wein zu erzeugen, möchte die Arbeit von 120 Mann für dieselbe Zeit nötig sein. Infolgedessen läge es in Englands eigenem Interesse, Wein zu importieren und durch die Ausfuhr von Tuch zu erstehen. Um den Wein in Portugal zu produzieren, könnte vielleicht die Arbeit von nur 80 Mann im Jahre erforderlich sein, und um das Tuch daselbst zu fabrizieren, die von 90 Mann in derselben Zeit. Daher würde es für Portugal vorteilhaft sein, Wein zu

27

2.2 Aufgaben zur Lektüre von Ricardo

exportieren im Tausch gegen Tuch. Dieser Tausch könnte sogar stattfinden, trotzdem das von Portugal eingeführte Gut dort mit weniger Arbeit als in England produziert werden könnte. Obwohl es das Tuch mit der Arbeit von 90 Mann herstellen könnte, würde es dieses doch aus einem Lande importieren, wo man zu seiner Fabrikation die Arbeit von 100 Mann benötigte, weil es für Portugal vorteilhafter sein würde, sein Kapital zur Produktion von Wein zu verwenden, für welchen es von England mehr Tuch erhalten würde, als es durch Ablenkung eines Teiles seines Kapitals vom Weinbau zur Tuchmanufaktur produzieren könnte" [Ricardo 1921, S. 126 f.]. Im Folgenden werden wir das Konzept der Transformationskurven und der Alternativkosten nutzen, um die Theorie der komparativen Vorteile zu erläutern. Dabei greifen wir auf das Beispiel von Ricardo zurück, werden allerdings seine Zahlen etwas ändern, um die graphische Darstellung deutlicher zu machen. Außerdem werden Annahmen bezüglich der zur Verfügung stehenden Arbeit gemacht (vgl. dazu aber die Aufgabe 2.13).

100 Arbeiter produzieren 1 Ballen Tuch

England

Portugal 90 Arbeiter produzieren 1 Ballen Tuch

150 Arbeiter produzieren 1 Fass Wein

60 Arbeiter produzieren 1 Fass Wein

12 000 Arbeiter stehen zur Verfügung

9 000 Arbeiter stehen zur Verfügung

Es ergibt sich dann, dass England bei beiden Gütern die schlechteren Produktionsmöglichkeiten hat, da für die Produktion eines Ballen Tuch 100 Arbeiter, in Portugal aber nur 90 Arbeiter erforderlich sind. Außerdem sind für Wein in England 150 Arbeiter, in Portugal aber nur 60 Arbeiter erforderlich. Als Transformationskurve erhält man jeweils: für England: xT Tuch IOOxt + 150xw = 12000 England: Transformationsrate x t = —1,5 xw + 120 120 _ 80

für Portugal:

3 2

90x T + öOzw = 9000 x t = - - i i v + 100 O

Diese Transformationskurven sind in Abb. 2.3 wiedergegeben. Aus der Abbildung ergibt sich unmittelbar als Alternativkosten für Tuch:

Portugal: Transf.-rate 100 _ 150

:

T—|—i—|—i—|—i—)—i—|—i—|—i—r 20 40 60 80 100 120 140

XW

A b b . 2.3: Transformationskurven England, Portugal

In England kosten 3 Ballen Tuch 2 Einheiten Wein bzw. 1 Ballen Tuch 2/3 Fass Wein.

28

2 Produktion mit Faktoren • In Portugal kosten 2 Ballen Tuch 3 Einheiten Wein bzw. 1 Ballen Tuch 3/2 Fass Wein.

Von den Alternativkosten her ist Tuch in Portugal teurer als in England. Ebenso ergibt sich als Alternativkosten für Wein: • In England kosten 3 Ballen Tuch 2 Einheiten Wein bzw. 1 Fass Wein 3/2 Ballen Stoff. • In Portugal kosten 2 Ballen Tuch 3 Einheiten Wein bzw. 1 Fass Wein 2/3 Ballen Stoff. Von den Alternativkosten her ist Wein in Portugal billiger als in England.

A b b . 2.4: Gemeinsame Transformationskurve England und Portugal

Als nächstes gehen wir davon aus, dass England und Portugal Güter austauschen und konstruieren darum eine gemeinsame Transformationskurve. Diese Transformationskurve ergibt sich folgendermaßen: • Produzieren Portugal und England nur Wein, so produzieren sie zusammen 150 + 80 = 230 Fass Wein. • Produzieren sie andererseits beide nur Tuch, so ergibt das 100 + 120 = 220 Ballen Tuch. • Bei der nächsten Überlegung müssen wir ökonomisch argumentieren. Stellen Sie sich vor, es würde von beiden Ländern nur Tuch (also 220 Ballen) produziert und

2.2 Aufgaben zur Lektüre von Ricardo

29

wegen des Bedarfs an Tuch solle die Produktion teilweise von Weinproduktion auf Tuchproduktion umgestellt werden. Sie als Regierungsberater sollen entscheiden, ob in England oder in Portugal (oder in beiden) diese Umstellung erfolgen soll. Dazu betrachten Sie natürlich die jeweiligen Auswirkungen: Wird in England ein (zusätzliches) Fass Wein produziert, so muss auf 3/2 Ballen Tuch verzichtet werden. In Portugal hingegen muss dafür nur auf 2/3 Ballen Tuch verzichtet werden. Damit ist es sinnvoll, dass Portugal seine Produktion umstellt. Damit ergibt sich die Gerade von (1) nach (2). Im Punkt (2) produziert Portugal nur Wein und England nur Tuch. Jedes Volk hat sich dort auf die Produktion spezialisiert, bei der es die geringeren Alternativkosten besitzt. Will man dann noch mehr Wein, so kann das nur realisiert werden, wenn auch England anfangt, seine Produktion von Tuch auf Wein umzustellen. Das geht allerdings nur mit den hohen Kosten von 3/2 Ballen Tuch. Damit ergibt sich die Gerade von (2) nach (3). Bei spezialisierter Produktion können 120 Ballen Tuch und 150 Fass Wein hergestellt werden. Die gemeinsame Produktion könnte man so aufteilen, dass jedes Volk 60 Ballen Tuch und 75 Fass Wein erhält. Dieser Punkt liegt sowohl oberhalb der Transformationskurve von Portugal wie auch von England. Keines der Völker hätte diese Mengen für sich allein produzieren können. Fassen wir zusammen: Vergleicht man die Völker miteinander, so kann Portugal kostengünstiger Wein produzieren, wenn man mit Alternativkosten und nicht mit absoluten, in Arbeitern definierten Kosten argumentiert. Die Produktion eines zusätzlichen Fasses Wein kostet weniger als ein Ballen Tuch (genau 2/3 Ballen Tuch). Demgegenüber muss England auf mehr als einen Ballen Tuch (genau 3/2) verzichten, um ein Fass Wein zu produzieren. Im Punkt (2) haben sich beide Völker vollständig auf die Produktion spezialisiert, die kostengünstig ist. Spezialisierung lohnt sich also auch dann, wenn ein Volk bei beiden Gütern die schlechteren Produktionsmöglichkeiten hat. Das ist die Grundidee der Theorie der komparativen Vorteile. Aufgabe 2.13

Untersuchen Sie die von uns gemachten Annahmen zum Beispiel Ricardos. Zur Erläuterung siehe [Ricardo 1921, S. 125 ff.]. a. Zeigen Sie, dass die von uns gemachte Annahme über die Anzahl zur Verfügung stehender Arbeiter nicht wesentlich für die Existenz komparativer Vorteile ist. b. Zeigen Sie, dass die Werte von Ricardo in gleicher Weise benutzt werden könnten. Welcher Nachteil (in der Darstellung) würde sich ergeben? c. Zeigen Sie, dass Ricardo in den wiedergegebenen Zitaten mit Alternativkosten argumentiert (ohne diesen Ausdruck zu benutzen bzw. zu kennen). •

30

2 Produktion

mit

Faktoren

Lösung 2.13 a. Gehen wir davon aus, dass die Anzahl der Arbeiter in Portugal Ap und die Anzahl der Arbeiter in England AE ist. Dann gilt für England: IOOzt + 150 xw = AE

XT = -l,5xw

+

AB

Und für Portugal: 90x T + 60 xw = AP XT =

2 ~ r

w

+

AP w

Man bekommt in gleicher Weise auch für nicht konkret bestimmte Mengen an Arbeit zwei Transformationskurven (Geraden) mit unterschiedlicher Steigung, also unterschiedlicher Transformationsrate und damit komparative Vorteile. Um die Transformationskurve aber zeichnen zu können, müssen konkrete Werte für Ap und AE angenommen werden. b. Mit den Werten von Ricardo ergibt sich für England: IOOzt + 120xw = AE XT = -Li,2xow

+

A e



Und für Portugal: 90Z t + 8 0 2 ^ = AP 8

AP

Die Transformationsraten sind unterschiedlich, es ergeben sich komparative Vorteile. Als Nachteil in einer graphischen Darstellung ergibt sich, dass die Steigungswerte nah beieinander liegen und damit die beiden Geraden sich in ihrer Steigung wenig unterscheiden. c. Ricardo schreibt, dass es „für Portugal vorteilhafter sein würde, sein Kapital zur Produktion von Wein zu verwenden, für welches es von England mehr Tuch erhalten würde, als es durch Ablenkung eines Teiles seines Kapitals vom Weinbau zur Tuchmanufaktur produzieren könnte"[Ricardo 1921, S. 126 f.]. Wie man sieht, vergleicht Ricardo Vorteile im internationalen Handel mit Alternativkosten.

2.2 Aufgaben zur Lektüre von Ricardo

31

Aufgabe 2.14 Theorie der komparativen Vorteile

Gehen Sie vom Hirsch-Biber-Speer-Wurfholz-Beispiel aus und bezeichnen Sie das betrachtete Jägervolk als Volk Nr. 1. Nehmen Sie an, es existiere in der Nähe ein weiteres Volk Nr. 2, das vorläußg keinen Kontakt zu Volk 1 habe. Wegen der etwas anderen Umgebung gelten für die Hirsch-Biber-Produktion von Volk 2 andere Werte: 6 h Arbeit und 1 Speer würden für die Erlegung eines Hirsches und 3 h Arbeit und 1 Wurfholz für die eines Bibers benötigt. Die Produktion von Kapital unterscheidet sich nicht zwischen Volk 1 und Volk 2. Volk 2 habe insgesamt 189 h Arbeitszeit für die Jagd zur Verfügung. a. Vergleichen Sie: Welches Volk hat bei welchen Gütern die günstigeren onsmöglichkeiten ?

Produkti-

b. Bestimmen Sie für Volk 2 die Transformationskurve, die Transformationsrate und die Alternativkosten. (Vernachlässigen Sie hier und im Folgenden Ganzzahligkeitsbedingungen.) c. Gehen Sie nun davon aus, dass die beiden Völker Kontakt aufnehmen und Güter, aber keine Arbeitskräfte austauschen können. Bestimmen Sie die gemeinsame Transformationskurve für Volk 1 und Volk 2. d. ,Beide Völker können gewinnen, wenn sie sich jeweils auf die Produktion spezialisieren, bei der sie Kostenvorteile haben.' Begründen Sie diesen Satz z.B. mit einem Beispiel. Wie verträgt sich die Aussage mit der Antwort aus Aufgabenteil a.? • Lösung 2.14

a. Volk 2 hat bei beiden Gütern die schlechteren Produktionsmöglichkeiten, da für die Produktion eines Hirsches insgesamt 9h und für die Produktion eines Bibers 7h erforderlich sind. In Arbeitsmengen gerechnet, „kostet" die Produktion sowohl des Hirsches wie des Bibers mehr als beim Volk 1. b. Siehe Abbildung 2.5. Volk 2: 1 Hirsch kostet | Biber, 1 Biber kostet | Hirsche Volk 1: kostet | Biber, 1 Biber kostet | Hirsche 1 Hirsch • Produziert Volk 1 nur Biber und auch Volk 2 nur Biber, so produzieren sie zusammen 20 + 27 = 47 Biber. • Produzieren sie andererseits beide nur Hirsche, so ergibt das 30 + 21 = 51 Hirsche. • Produziert Volk 1 nur Hirsche und Volk 2 nur Biber, so werden 30 Hirsche und 27 Biber produziert.

32

2 Produktion mit Faktoren

Vergleicht man die Völker miteinander, so kann Volk 1 kostengünstiger Hirsche produzieren, 25 wenn man mit Alternativkosten und nicht mit absoluten,' in Ar- 20 beitswerten definierten Kosten argumentiert: Die Produktion eines zusätzlichen Hirsches kostet weniger als ein Biber (genau § Biber). Demgegenüber muss Volk 2 auf mehr als einen Biber (genau verzichten, um einen Hirsch zu produzieren. Im Punkte (3) haben sich beide Völker vollständig auf die Produktion spezialisiert, die kostengünstig ist. Spezialisierung lohnt sich also auch dann, wenn ein Volk bei beiden Gütern die schlechteren Produktionsmöglichkeiten hat (Theorie der komparativen Vorteile). c. Jeder Punkt auf der Geraden (1) (3) kann erreicht werden, indem 50 Volk 2 konstant 27 Biber produziert und Volk 1 auf seiner Trans- 40 formationskurve gemäß der Transformationsrate 2/3 seine Produkti- 30 on umstrukturiert. Ebenso ergibt sich jeder Punkt auf der Geraden (3) (2) dadurch, dass Volk 1 3q Hirsche produziert und Volk 2 seine Produktion gemäß seiner Transformationskurve anpasst.

/olk 2: T r a n s f o r m a t i e m s r a t e

Transformationarate

A b b . 2.6: Gemeinsame Transformationskurve

d. vgl. Antwort zu (b.)

2.3 Aufgaben zur Lektüre von Thünen

33

2.3 Aufgaben zur Lektüre von Thünen [Thünen 1966] in [Reiß 2007, S. 94-98] —I 100

Aufgabe 2.15

Kartoffeln (Scheffel]

a. Tragen Sie in den oberen Teil der Abb. 2.7 jeweils die Menge an Kartoffeln ein, _ welche nach den von Thünen tabellarisch angegebenen Werten von 4, 5, ..., 12 Arbeitern auf einem Ackerstück aufgelesen wird. Verbinden Sie jeweils die Punkte. ~

80

60

b. Ergänzen Sie die Tabelle von Thünen und Ihre Abbildung mit den Werten für 1,2, 3 _ Arbeiter. Welche Verläufe sind plausibel? Denken Sie z. B. an das Stecknadelbeispiel von A. Smith. -

20

c. Tragen Sie entsprechend in den unteren Teil der Abb. 2.7 die Mengen ein, die von der zuletzt angestellten Person aufgelesen werden. Verbinden Sie jeweils die Punkte. < )

i

i

i

i

2

4

6

8

Personen

i

i

10

12

12

d. Interpretieren Sie die in Abb. 2.7 dargestellten Kurven. Was könnte man unter dem , Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs' verstehen?

Aufgabe 2.16

K a r t o f f e l n j e zus.

10

8

6

a. Vergleichen Sie die wiedergegebenen Auffassungen von Malthus und von Thünen. ~ Gehen Sie dabei auch auf die in Aufgabe 2.3 b., c. und Aufgabe 2.15 b., c. gewon- ~ nenen Erkenntnisse ein.

4

2

b. Was will von Thünen an Hand der irischen ' Hungersnot

Person

[Scheffel]

demonstrieren?

I

I

I

I

2

4

6

8

Personen

I

I

10

12

Abb. 2.7: Aufnehmen der Kartoffeln

c. Welche Voraussetzungen liegen Thünens Betrachtungen zugrunde? Wie können diese Voraussetzungen so abgeändert werden, dass i) Thünens Aussagen weiterhin zutreffen, ii) Thünens Aussagen nicht mehr gültig sind. d. Übertragen Sie Ihre Überlegungen zu dieser Aufgabe auf die Gegenwart. Berücksichtigen Sie dabei auch die Ergebnisse aus Aufgabenteil c. •

34

2 Produktion mit Faktoren

Lösung 2.15 a. Siehe die rot eingezeichneten Punkte in Abbildung 2.8 mit der ebenfalls rot zeichneten Kurve. (Hinweis: Drucktechnisch bedingt gilt hier und im folgenden rot = grau) b. Plausibel könnte sein: i) Eine Extrapolation der Werte, die sowohl die Richtung wie auch die Krümmung der sich aus den Werten von Thünen ergebenden Kurve weiterführt. Diese Werte sind beispielhaft in der nebenstehenden Abbildung (oberer Teil) mit x markiert und durch eine punktierte Kurve verbunden. Man beachte, dass bei diesen Werten jeder zusätzliche Arbeiter vom zweiten beginnend, ein geringeres zusätzliches Produkt herstellt. ii) Geht man vom Stecknadelbeispiel aus, bei dem zwei Arbeiter wegen der Arbeitsteilung mehr als das Doppelte eines Arbeiter, drei deutlich mehr als das Dreifache herstellen, so ist auch ein Verlauf plausibel, der anfänglich immer stärker steigt. Es könnte sich der nebenstehend gestrichelt gezeichnete Verlauf mit den + gekennzeichneten Punkten ergeben. Die Vorteile der ,Teamproduktion' können also dazu führen, dass jeder zusätzliche Arbeiter zu einer immer größeren Steigerung des Ertrages führt. Diese Effizienzsteigerung durch Teamproduktion ist jedoch begrenzt. Von einem bestimmten Punkt an bringt jede zusätzliche Arbeitskraft allenfalls die gleiche Ertragssteigerung wie die vorher dazugekommenen. Von einem bestimmten Bereich an können zusätzliche Arbeitskräfte den Produktionsablauf stören.

Kartoffeln [Scheffel]

A b b . 2.8: A u f n e h m e n der Kartoffeln

c. Siehe die entsprechenden Verläufe im unteren Teil der Abbildung 2.8. Dabei entsprechen die Kurven und Punkte bezüglich Farbe, Kurvenart und Punktkennzeichnung den zugehörigen Kurven der oberen Abbildung 2.8.

2.3 Aufgaben zur Lektüre von Thünen d.

35

• Unter dem ,Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs' versteht man, dass zusätzlich eingesetzte Faktoreinheiten (Arbeit) einen immer geringeren zusätzlichen Ertrag liefern. Das entspricht dem rot eingezeichneten Verlauf, zusammen mit der punktierten Ergänzung. Der Ertragszuwachs einer zusätzlich eingesetzten Einheit Arbeit (bzw. irgendeines Produktionsfaktors) ist umso geringer, je mehr Einheiten (bzw. des Produktionsfaktors) schon eingesetzt werden. Dieses Gesetz wird in der oberen Abbildung 2.8 durch den immer flacher verlaufenden Kurvenzug und in der unteren Abbildung 2.8 durch die negative Steigung der Kurve dargestellt. • Unterstellt man, dass anfänglich (z. B. durch Teambildung) zusätzliche Faktoreinheiten einen jeweils höheren Produktionszuwachs liefern und erst danach der Produktionszuwachs je Faktoreinheit abnimmt, so spricht man vom ,Ertragsgesetz'. Das entspricht dem rot eingezeichneten Verlauf zusammen mit der gestrichelten Ergänzung.

Lösung 2.16 a. Sowohl Malthus wie von Thünen gehen bei ihren Überlegungen vom „Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs" aus. Ertragsgesetz:,,... daß das Mehrerzeugnis (Nahrung) nicht in geradem Verhältnis mit der Zahl der Mehr angestellten Arbeiter (Bevölkerung) steigt, sondern jeder später angestellte Arbeiter leifert ein geringes Erzeugnis als der vorhergehende . . . " b. Besonders deutlich zeigen sich die Malthus'schen Gedanken in von Thünens Erörterungen zur irischen Hungersnot: Rücksichtslose Volksvermehrung muss zwangsläufig früher oder später zur Überbevölkerung und Hungersnot führen. c.

i) „Diesen Betrachtungen liegt die Voraussetzung zugrunde, daß, während die Volksmenge steigt, Kapital und kultivierte Bodenfläche dieselbe Größe behalten." [Thünen 1966, S. 581] ii) „Es läßt sich aber leicht nachweisen, daß wenn auch letztere wachsen, aber in einem geringeren Maße als die Volksmenge, dennoch dieselben Resultate, nur später zum Vorschein kommen müssen." [Thünen 1966, S. 582] iii) Wächst Kapital, Bodenfläche und eventuell die Produktionstechnologie (gemessen am produzierbaren Output) schneller als die Bevölkerung, so stimmen die Überlegungen von Thünen (und von Malthus) nicht mehr.

d. Die Gegenwart steht vor gleichen Problemen in Afrika, in Asien und in LateinAmerika wie sie im 19. Jahrhundert in vielen Ländern Europas, z. B. in Irland, zu beobachten waren. Dabei werden ganz entsprechende Überlegungen angestellt: Muss z. B. die Bevölkerungsexplosion gestoppt werden, oder gibt es eine Wissensexplosion, die die Bevölkerungsexplosion kompensiert? Wie hängen Bevölkerungsentwicklung und Wissensentwicklung zusammen etc.?

36

2 Produktion

mit

Faktoren Output

Aufgabe 2.17 Gehen Sie von der folgenden Ertragsfunktion aus: y = —x3 + 10x2 (y Output, x Input [Arbeit]). Der Lohnsatz sei w = 12. a. Skizzieren Sie diese Funktion. Sie dazu das nebenstehende tensystem. b. Erfüllt diese Funktion das Begründen Sie kurz!

Benutzen Koordina-

Ertragsgesetz?

c. Bestimmen Sie graphisch den gewinnmaximierenden Arbeitseinsatz! Benutzen Sie dazu die Methode von von Thünen! d. Bestimmen Sie rechnerisch den maximierenden Arbeitseinsatz!

gewinn•

Input

i

6

(Arbeit]

i

7

1

8

A b b . 2 . 9 : Ertragsgesetz

Lösung 2.17 a. Siehe Abbildung 2.11. b. Die Punktion erfüllt das Ertragsgesetz, da am Anfang ein Bereich zunehmender Ertragszuwächse und danach ein Bereich abnehmender Ertragszuwächse existiert. c. Man muss den Punkt suchen, an dem die Steigung der Ertragsfunktion gleich der Steigung der Lohngerade, also dem Lohnsatz, ist. Das ist bei x = 6 der Fall (Abb. 2.11). d. Es gilt Tabelle 2.10: /(*) df(x) X f(x) X 0 0 0 1 9 9 17 32 2 16 28 63 21 33 3 24 32 4 96 5 125 25 25 12 6 144 24 -7 7 147 21 -32 8 128 16 A b b . 2 . 1 0 : Arbeit und E r t r a g

w

12 12 12 12 12 12 12 12 12

wx 0 12 24 36 48 60 72 84 96

150 — Output

P 0 -3 8 27 48 65 72 63 32 A b b . 2 . 1 1 : Ertragsgesetz

2.3 Aufgaben zur Lektüre von Thünen

Aufgabe 2.18

a. Bestimmen Sie zur Abb. 2.12 den Verlauf des Outputs je zusätzlichem Arbeiter. b. Zeigen Sie, dass der Rententheorie von Ricardo das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs zugrunde liegt. • A b b . 2 . 1 2 : A b n e h m e n d e r Ertragszuwachs

Lösung 2.18

a. Siehe Abbildung 2.13.

Output

b. Gehen wir z. B. realistischerweise davon aus, dass es sehr viele verschiedene Bodenqualitäten gibt, die sich jeweils nur gering unterscheiden, so ergibt sich statt Abbildung 2.14 die Abbildung 2.15 und damit im Prinzip der in Aufgabenteil a. bestimmte Verlauf. je zusätzlichem Arbeiter

A b b . 2 . 1 3 : O u t p u t je zusätzlichem Arbeiter

Getreide [Quarter]

Ertrag des Grenzbodens

Ertrag des Grenzbodens

Ertrag! verlauf

einkommen

Nr. 1

Nr. 2

Nr. 3

Bodenqualität B e v ö l . [Mill.]

0

5

10

A b b . 2 . 1 4 : Bodenrenten

15

¡jff 0

Boden5

10

qualität) 15 20

A b b . 2.15: R e n t e (kontinuierlich)

37

38

2 Produktion

mit

Faktoren

Aufgabe 2.19 „Es gibt einen abnehmenden Ertragszuwachs beim Gebrauch des Pßuges, bis der Traktor erfunden wird. Es gibt einen abnehmenden Ertragszuwachs beim Boden, bis Phosphat und Pottasche verwendet werden." [Weise 1979, S. 170] a. Erklären

Sie die

Aussage.

b. Stellen Sie in einem Diagramm Arbeitssatz dar i) vor der Einführung ii) mit Kunstdünger iii) mit Kunstdünger

von

den Verlauf der Produktion

vom

Kunstdünger,

aber ohne und

in Abhängigkeit

Traktor,

Traktor.

c. ,Das Ertragsgesetz erklärt die geringe Höhe des Lebensstandards in dichtbevölkerten Ländern wie Indien oder China.1 Untersuchen Sie diese Behauptung. •

Lösung 2.19 Output

a. Mit der Aussage soll darauf hingewiesen werden, dass das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs nur bei gegebener Technologie gültig ist.

mit T r a k t o r und

Dünger

mit T r a k t o r oder

Dünger

ohne T r a k t o r und

Dünger

b. Siehe Abbildung 2.16.

A b b . 2 . 1 6 : Abnehmender Ertragszuwachs

c. „Die Bevölkerungsdichte der Niederlande z. B . ist 4 mal größer als in China und mehr als doppelt so groß wie in Indien. Es besteht daher keine Korrelation zwischen Bevölkerungsdichte und 'Lebensstandard'. Die ironische Bemerkung 'Es gibt einen abnehmenden Ertragszuwachs beim Gebrauch des Pfluges, bis der Traktor erfunden wird. Es gibt einen abnehmenden Ertragszuwachs beim Boden, bis Phosphat und Pottasche verwendet werden' macht deutlich, daß das 'Bodenertragsgesetz' auf gegebener (stagnierender) Technologie beruht und damit gerade bei Vergleichen zwischen unterschiedlich entwickelten ökonomischen Regionen keinen Erklärungswert hat." [Weise 1979, S. 170]

2.3 Aufgaben zur Lektüre von Thünen

39

Aufgabe 2.20 Zeigen Sie: Besitzt die Funktion }{x) zunehmende Skalenerträge, so gilt für A < l.Ay > / ( A x ! , Az 2 ,...)

(2.1)

Hinweis: Gehen Sie von Abb. 2.17aus, nehmen Sie aber an, der Input x liege bei x=4, betrachten Sie X = | und zeigen Sie die Gültigkeit der Beziehung (2.1). Verallgemeinern Sie dann Ihre Überlegungen. • A b b . 2.17: Zunehmende

Skalenerträge

Lösung 2.20 Nach der Abb. 2.18 führt die Verdoppelung der Inputs von 2 auf 4 Bündeln zu mehr als der Verdoppelung des Outputs von y = 1 auf y = 2,5. Dann muss natürlich die Halbierung der Inputs von 4 auf 2 zu weniger als der Halbierung des Outputs, nämlich von 2,5 auf weniger als 1,25, im konkreten Fall auf 1 führen. Die Aufgabe besteht darin, diese Überlegung zu verallgemeinern und eine Beziehung mit einem A > 1 in eine mit einem A < 1 ,umzudrehen'. Ein leichtes formales Problem besteht noch darin, dass wir nicht gleichzeitig mit einem A > 1 und einem A < 1 formal argumentieren können. Darum werden wir die Variablen aus der Definition zunehmender Skalenerträge folgendermaßen umbenennen. Eine Funktion besitzt zunehmende Skalenerträge, wenn für a > 1 und beliebige x gilt: f(ax)

> af(x)

(*)

Wir setzen A d= — < 1 a def

-

x = ax 1 X =

—X OL

Dann ergibt sich aus ( f(x) > a f ( - x ) OL -f(x) >f(-x) a a Xf{x) > /(Xx)

A b b . 2 . 1 8 : Zunehmende Skalenerträge

40

2 Produktion mit Faktoren

Aufgabe 2.21 a. Schreiben Sie das Biber-Hirsch-Beispiel aus Aufgabe 2.14 mit Hilfe von Produktionsfunktionen und zeigen Sie, dass die Formel für die Transformationskurve im Fall von konstanten Skalenerträgen mit der in Abbildung 2.19 dargestellten Gerade übereinstimmt. b. Zeigen Sie, dass die Transformationskurve bei zunehmenden Skalenerträgen einen konvexen Verlauf besitzt, indem Sie i) die Funktion für bestimmte Parameter z.B. = 1, 02 = 1 zeichnen. ii) die zweite Ableitung ^ bestimmen und entsprechend untersuchen. c. Gehen Sie von einer Gesellschaft aus, in der für zwei Güter die beiden Produktionsfunktionen yi = x\ und y2 = x\ existieren. Die Preise der beiden Güter seien p 1 = 1 und 'p2 = 1,1. Welche Mengen werden von den beiden Gütern produziert, wenn die Gesellschaft den Ertrag maximieren will? d. Begründen Sie: Bei zunehmenden Konzentration. x

2 Biber

Abb.

2.19:

Transformationskurve

Skalenerträgen gibt es eine Tendenz

zur

2.3 Aufgaben

zur Lektüre

von Thünen

41

Lösung 2.21 a. Wir gehen von [Reiß 2007, Abschnitt 2.4.6.4] aus und wählen ri = 1 und r2 = 1 also 2/i = a i x i

2/2 = a 2%2

Dabei ist yi der Output von Gut i der mit Hilfe einer linearen Produktionsfunktion mit Hilfe eines Faktors (z. B. Arbeit) produziert wird. a; gibt an, wie viel Output yi mit einer Einheit Input Xi produziert werden kann. Dann ergibt sich bei gegebener Menge X des Faktors als Transformationskurve in impliziter Form: yi Ol

+

yi = ü2

x

Löst man nach yi auf, so erhält man die Transformationskurve in expliziter Form 2/2 =

\X-

— )a2

= a2X - — 2/1

In [Reiß 2007, Abbildung 2.3.3] wurde folgende Produktionsstruktur für Hirsche unterstellt 1 Hirsch —^

> - 1 - Steigung Gerade L

A b b . 2 . 2 3 : Transformationskurve bei drei begrenzenden Faktoren

2.5 Zusätzliche Aufgaben

53

Aufgabe 2.26 Ein Land produziere die beiden Güter Weizen und Fisch unter Einsatz von Arbeit und Land (für Weizen) sowie Arbeit und Fischteichen (für Fisch), wobei beide Produktionen konstante Skalenerträge besitzen. Für je eine Einheit Weizen sind 3 Einheiten Arbeit und 1 Einheit Land erforderlich. Für je eine Einheit Fisch sind 4 Einheiten Arbeit und 0,1 Einheit Fischteich erforderlich. Insgesamt stehen 120 Einheiten Arbeit, 30 Einheiten Land und 2 Einheiten Fischteich zur Verfügung. a. Bestimmen Sie die

Transformationskurve.

b. Bestimmen Sie die Transformationsrate. (Hinweis: Ihre Abbildung muss drei Geradenstücke

A b b . 2.24:

Transformationskurven

für Weizen

und Fisch

enthalten.)

54

2 Produktion

mit

Faktoren

Lösung 2.26 a. Es ergeben sich folgende Beschränkungsgleichungen Für Arbeit

3 xw XP

Für Land Für Fischteiche

xw 0,1 XF XF

+

< < < < 20

4 xF - f xw 30 2

< +

120 30

Damit ergeben sich die in der Abbildung eingezeichneten Beschränkungsgeraden. Man beachte, dass die Punkte auf der senkrechten und auf der waagerechten Gerade nicht effizient sind und damit nicht zur Transformationskurve gehören. b. Die Transformationsrate lautet:

3 ~4

A b b . 2 . 2 5 : Transformationskurven für Weizen und Fisch

2.5 Zusätzliche Aufgaben

55

Aufgabe 2.27 Der Durchschnittsertrag einer Produktion habe den (in der unteren Abbildung) dargestellten Verlauf. a. Zeichnen Sie dazu in der oberen Abbildung 2.26 den Ertragsverlauf Sie dazu die markierten Punkte.

Benutzen

b. Zeichnen Sie in der unteren Abbildung 2.26 den Verlauf des Grenzertrages. Dabei ist die Genauigkeit der Werte von untergeordneter Bedeutung. c. Bestimmen Sie in der unteren Abbildung 2.26 den maximalen Reinertrag für einen Lohnsatz von 10.

X 1

2 3 4 5 6 7 8

Abb.

2.26:

Durchschnittsertrag

E/x

E

E'

56

2 Produktion

Lösung 2.27

mit

Faktoren

2.5 Zusätzliche

Aufgaben

57

Aufgabe 2.28 ,firhält nun aber der Arbeiter in seinem Lohn den daß die gedrückte Lage der Arbeiter nicht aus der und Fabrikherrn hervorgeht, ... daß also die Quelle anderswo und tiefer liegend gesucht werden muß."

Wert seiner Arbeit, so ergibt sich, Hab- und Gewinnsucht der Grunddes Elends der arbeitenden Klasse [Thünen 1966, S. 578]

Gehen Sie von diesem Zitat von Thünens aus und erläutern Sie anhand genden Teilfragen die „Quelle des Elends" nach von Thünen. a. Unterstellte

der

nachfol-

Ausgangssituation:

Sämtliche Produktionsprozesse in der Volkswirtschaft weisen einen abnehmenden Ertragszuwachs auf. Eine kleine arbeitende Klasse lebt - bei vergleichsweise hohen Löhnen - ohne Elend. (a.l) (a.2)

Warum

können

beitern

keine geringeren

Warum

die Unternehmen

(Annahme?)

Löhne kommt

in dieser

Beschäftigungssituation

den

Ar-

zahlen? es auf längere

Sicht

zu einem

Bevölkerungs-

wachstum? b. Die Bevölkerung

wächst: (b.l)

Vervollständigen Sie die Abbildung 2.28, indem Sie in geeigneter Weise zu den Situationen A° (Ausgangssituation) und A1 (nach Bevölkerungswachstum) die Lohngeraden einzeichnen. Hinweis: Denken Sie daran, dass im Optimum der Lohnsatz dem Grenzertrag der Arbeit entspricht.

(b.2J

Erklären Sie anhand der Abbildung, warum ein Bevölkerungswachstum bei dieser Betrachtung tendenziell zu einer Verelendung der arbeitenden Klasse führt.

Ertrag Lohn

Arbeit

A1

A° Abb.

c.

2.28:

Ertragsfunktion

Endzustand: (c.l)

Welche ,^ohnsituation" langfristig?

(c.2)

Warum

wächst

(Fachbegriff?)

die Bevölkerung

ergibt

bei dieser

sich für die arbeitende

Betrachtung

nicht endlos

Klasse weiter?

58

2 Produktion mit Faktoren

Lösung 2.28 (a.l) Da die Unternehmer untereinander um die verfügbaren Arbeitskräfte konkurrieren. Würde ein Unternehmer versuchen einen geringeren Lohn als den derzeitigen Marktlohn zu zahlen, könnten die Arbeitnehmer - zum Marktlohn - für einen anderen Arbeitgeber arbeiten. Sie wären nicht bereit, zu einem geringeren Lohn als dem Marktlohn zu arbeiten. Arbeit ist ein knapper Faktor! (a.2) Es wird davon ausgegangen, dass die Geburtenrate mit dem relativen Wohlstand steigt (positive Korrelation). (b.l) Siehe Abbildung 2.29. (b.2) Bei einer steigenden Zahl von Arbeitern muss der Lohnsatz sinken, da die Arbeiter unter diesen Umständen bereit sind, Arbeit anzunehmen, die eine geringeren Grenzertrag liefert. Man erkennt dies in der Abbildung 2.29 an der flacher verlaufenden Lohngerade Li. Da der Grenzertrag des zuletzt beschäftigten Arbeitnehmers den Lohnsatz bestimmt, Arbeit muss - bei abnehmenden Ertragszuwächsen - der Lohnsatz sinken, wenn mehr Arbeiter beschäftigt A b b . 2.29: Ertragsfunktion werden sollen! Die tendenzielle Verelendung der arbeitenden Klasse spiegelt sich auch in der Entwicklung des Durchschnittsertrages wider: In der Situation A° ist der Durchschnittsertrag - der Ertrag pro Arbeitnehmer - offensichtlich deutlich höher als in Situation A1. Graphisch erkennt man dies, indem man für beide Situationen eine Ursprungsgerade in die Zeichnung einfügt, deren Steigung dem Durchschnittsertrag entspricht. Dies macht die Abbildung 2.29 deutlich. Ertrag

(c.l) Subsistenzlohn (c.2) Wenn der Lohnsatz unter das Subsistenzniveau sinkt, sterben Arbeitnehmer. Des Weiteren sinkt aufgrund der Verelendung der Bevölkerung die Geburtenrate. Dadurch schrumpft die Bevölkerung. Zitat von Johann Heinrich von Thünen: „Friede erzeugt Wohlstand, Wohlstand Übervölkerung, Übervölkerung Elend." [Thünen 1966, S. 581]

3 Krise, Ausbeutung, Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels 3 . 1 Aufgaben zur Lektüre von Marx und Engels [Diehl u. Mombert 1920, S. 89 ff.] in [Reiß 2007, S. 120-129] Aufgabe 3.1 ,JDie Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte (Marx u. Engels zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 90]) a. Nennen Sie die im Manifest genannten

Beispiele für diese

b. Nennen Sie jeweils die oberste und unterste i) im alten ii) im

von

Klassenkämpfen."

Behauptung.

Klasse

Rom

Mittelalter

iii) in der Epoche der

Bourgeoisie.

c. Inwieweit wird die Behauptung von der „Geschichte Marx und Engels für die bisherige und die zukünftige d. Versuchen Sie die in b. und c. untersuchten

von Klassenkämpfen" von Geschichte eingeschränkt?

Epochen zu benennen.



Lösung 3.1 a. (vgl. Kommunistisches Manifest zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 90 f.]) • Kampf der Patrizier, Ritter, Plebejer und Sklaven im alten Rom • Kampf der Feudalherren, Vasallen, Zunftbrüder, Gesellen, Leibeigenen im Mittelalter • Kampf der Bourgeois gegen die Proletarier b. Klassen • Patrizier - Sklaven • Feudalherren - Leibeigene • Bourgeois - Proletarier c. Für die „bisherige" Geschichte wird die Behauptung durch die Fußnote im Kommunistisches Manifest (zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 90 f.]) eingeschränkt, in der von einer „urwüchsigen kommunistischen Gesellschaft" gesprochen wird. „Mit der Auflösung dieses ursprünglichen Gemeinwesens beginnt die

60

3 Krise, Ausbeutung, Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels Spaltung der Gesellschaft in besondere und schließlich einander entgegengesetzte Klassen." In der Zukunft werden die Klassengegensätze aufgehoben durch den Untergang der Bourgeoisie und dem Sieg des Proletariats (vgl. Kommunistisches Manifest, Marx u. Engels zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 103]). d. Folgende Benennungen sind die in der marxistischen Literatur üblichen: • • • •

Sklavenhaltergesellschaft Feudalismus Kapitalismus Kommunismus

Aufgabe 3.2

Charakterisieren Sie die Bourgeoisie im Sinne des Manifestes. a. Was ist sie und wie ist sie entstanden? b. Ist sie rückständig oder gar reaktionär? c. Gehört der Bourgeoisie als revolutionärer Klasse die Zukunft? d. Wie wird die Zukunft der Bourgeoisie aussehen?



Lösung 3.2

a. „Unter Bourgeoisie wird die Klasse der modernen Kapitalisten verstanden, die Besitzer der gesellschaftlichen Produktionsmittel sind und Lohnarbeit ausnutzen." (Manifest der Kommunistischen Partei zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 90, Fußnote]) b. Die Bourgeoisie repräsentierte den politischen Fortschritt und hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle gespielt. c. Obwohl revolutionäre Klasse, gehört der Bourgeoisie nicht die Zukunft, da sie unfähig ist, der von ihr unterdrückten Klasse ,ihrem Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner Sklaverei zu sichern". [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 37] d. Die Bourgeoisie „produziert vor allem ihren eignen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich". [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 37] Aufgabe 3.3

a. Deßnieren und erklären Sie die Begriffe Proletarier und Proletariat. b. Welches sind die Entwicklungsstufen

des Proletariats?

c. Warum bildet sich das Proletariat aus allen Klassen der Bevölkerung? d. Zeigen Sie die Entwicklung des Proletariats bis zu einer Klasse auf.

3.1 Aufgaben

zur Lektüre

von Marx und Engels

61

e. Erklären Sie einen der Hauptpunkte der marxistischen Ideologie: Warum ist der Untergang der Bourgeoisie und damit der Sieg des Proletariats eine logische Schlussfolgerung in der Theorie und eine unvermeidliche geschichtliche Entwicklung? • Lösung 3.3 a. Das Proletariat ist „die Klassen der modernen Lohnarbeiter, die, da sie keine eigenen Produktionsmittel besitzen, darauf angewiesen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um leben zu können". (Manifest der Kommunistischen Partei zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 90, Fußnote]) b. c. d. „Die bisherigen kleinen Mittelstände, die kleinen Industriellen, Kaufleute und Rentiers, die Handwerker und Bauern, alle diese Klassen fallen ins Proletariat hinab, theils dadurch, daß ihr kleines Kapital für den Betrieb der großen Industrie nicht ausreicht und der Konkurrenz mit den größeren Kapitalisten erliegt, theils dadurch, daß ihre Geschicklichkeit von neuen Produktionsweisen entwerthet wird. So rekrutiert sich das Proletariat aus allen Klassen der Bevölkerung." [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 33] „Das Proletariat macht verschiedene Entwicklungsstufen durch." [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 33]. Sein Kampf gegen die Bourgeoisie beginnt mit seiner Existenz. „Im Anfang kämpfen einzelne Arbeiter . . . gegen den einzelnen Bourgeois" [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 33]; später: „Die Arbeiter beginnen damit Koalition gegen die Bourgeois zu bilden; sie treten zusammen zur Behauptung ihres Arbeitslohns." [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 34] „ . . . durch den Fortschritt der Industrie (werden) ganze Bestandteile der herrschenden Klasse in's Proletariat hinabgeworfen " [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 35] Schließlich kommt es „zu dem Punkt, wo . . . eine offene Revolution ausbricht, und durch den gewaltsamen Sturz der Bourgeoisie das Proletariat seine Herrschaft begründet." [Marx u. Engels 1984, Manifest der Kommunistischen Partei, S. 36] e. Die bourgeoise Gesellschaftsordnung und mit ihr das kapitalistische Wirtschaftssystem steckt nach Marx voller innerer Widersprüche. Das ist am deutlichsten in den Krisen zu erkennen, wo der Handel vernichtet scheint, weil es zuviel Handel gibt, wo es an Lebensmitteln mangelt, weil es zuviel Lebensmittel gibt, wo eine Krise beseitigt wird, indem eine gewaltige Krise vorbereitet wird. Mit diesen Krisen und durch diese Krisen verschärft sich der fundamentale Gegensatz zwischen der Klasse der Bourgeoisie und der Klasse der Proletarier. Ist es schließlich der Bourgeoisie nicht mehr möglich, ihrem Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner Sklaverei zu sichern, so muss das System zusammenbrechen.

62

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf

- Karl Marx und Friedrich

Engels

Aufgabe 3.4 a. Vergleichen Sie das Manifest mit den Kapiteln von Smith. In welchen Ansichten stimmen die Autoren überein, wo unterscheiden sie sich? Untersuchen Sie dabei, ob und wie folgende Punkte behandelt werden: i) Arbeitsteilung,

Produktivkräfte

ii) Eigenliebe, egoistische iii) Markt, Ausdehnung

des

iv) Wohlstand, allgemeine Uberproduktion, Krise, v) Harmonie,

der Arbeit

Berechnung Marktes Wohlhabenheit, Revolution

Uberschuss,

Stocken

des

Tausches,

Konflikt

b. Wie belegen Smith und Marx/Engels leitungen oder durch geschichtliche

ihre Ausführungen? Betrachtungen?

Durch theoretische

c. Stellen Sie die 'Botschaft' des Wealth of Nations und des Kommunistischen nifestes mit wenigen Sätzen dar.

AbMa•

Lösung 3.4 a. Wie Adam Smith geht auch das Manifest auf die Begriffe „Theilung der Arbeit" (Marx u. Engels zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 91]), auf „Produktivkräfte" (Marx u. Engels zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 96]) und auf Eigenliebe oder vielmehr „egoistische Berechnung" (Marx u. Engels zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 92]) ein. Auch die Ausdehnung des Marktes wird in bewundernden Worten beschrieben. Schon dadurch aber, dass statt Eigenliebe hier der stärker negativ besetzte Begriff egoistische Berechnung' gebraucht wird, zeigt sich, dass die Botschaft eine andere ist. Bei Smith führt die Arbeitsteilung zur Steigerung der Produktivkräfte und damit zum Wohlstand. Unterschiede in der Verteilung werden zwar gesehen aber nicht stark hervorgehoben, denn Arbeitsteilung bewirkt „jene allgemeine Wohlhabenheit, die sich bis zu den untersten Klassen des Volkes erstreckt" [Smith 1923b, S. 14]. Im Gegensatz dazu stellt das „Kommunistischen Manifest" auf Überproduktion, Stocken des Tausches, Krise und Revolution ab. b. Ausführungen werden durch geschichtliche Betrachtungen belegt. Dabei ist zu beachten, dass sowohl Smith wie auch Marx/Engels geschichtliche Vorgänge so auswählen bzw. so strukturieren, dass die geschilderten Abläufe ihre Ausführungen besonders untermauern. c. Adam Smith stellt mehr auf natürliche sich selbst ergebende Harmonie ab, das Manifest zeichnet ein Konflikt nach und prognostiziert die Revolution. Vom „Wealth of Nations" ist uns jetzt nur ein winziger Teil, vom „Kommunistischen Manifest" nur ein Abschnitt bekannt. Davon ausgehend könnte man folgende Botschaft herauslesen:

3.2 Aufgaben zur Lektüre von Marx

63

Wealth of Nations Arbeitsteilung führt zu ungeheurer Steigerung der Produktivkräfte. Der Hang zu Tauschen führt - durch die Eigenliebe gesteuert - dazu, dass die Mitglieder der Gesellschaft sich gegenseitig fördern und somit insgesamt ein für alle höchst erwünschter Zustand erreicht wird. Unterschiede unter den Klassen treten dabei zurück. Der Fürst bzw. der Staat hat das allgemeine Wohl zu fördern, er ist dabei aber auf wenige Pflichten beschränkt (Verteidigung, Erziehung, öffentliche Güter). Kommunistisches Manifest In den Händen der Bourgeoisie hat die Teilung der Arbeit und die damit verbundene ungeheure Steigerung der Produktivkraft eine bisher in der Weltgeschichte nicht gesehene Bewegung freigesetzt. Dadurch wurden alte Fesseln gesprengt und zivilisatorische und wirtschaftliche Wunderwerke vollbracht. Die Dynamik dieser Umwälzungen, ohne die die Bourgeoisie nicht sein kann, kann aber letztlich von der Bourgeoisie nicht beherrscht werden. Klassengegensätze, die schon immer bestanden haben und alle Gesellschaften geprägt haben, verschärfen sich im Umwälzungsprozess. Die Bourgeoisie kann der immer größer und stärker werdenden Klasse der modernen Sklaven - der Proletarier - nicht mehr die Existenz sichern. Der Untergang der Bourgeoisie und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.

3.2 A u f g a b e n zur Lektüre von M a r x [Diehl u. Mombert 1923, S. 105 ff.] in [Reiß 2007, S. 144-159] Aufgabe 3.5

,JSin Mann, der einen Artikel für seinen eigenen unmittelbaren Gebrauch herstellt ..., schafft ein Produkt, aber nicht eine Ware" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 94}). Was versteht Marx in diesem Zusammenhang unter Ware und was unter Produkt bzw. Gut? • Lösung 3.5

Entscheidend ist die Intention des Produzierenden: Wird für den Eigenbedarf produziert, steht also der Gebrauchswert im Vordergrund, so handelt es sich nicht um eine Ware, sondern um ein Produkt oder Gut. Die Ware ist ein Arbeitsprodukt, welches nicht für den Eigenbedarf bestimmt ist, sondern für den Austausch, bei dem also der Tauschwert im Vordergrund steht. Aufgabe 3.6

a. „Welches ist die gemeinsame gesellschaftliche Substanz aller Waren?" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 94])

64

3 Krise, Ausbeutung, Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels b. Was versteht Marx unter „gesellschaftlicher Arbeit" (vgl. Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 95])? •

Lösung 3.6

a. „Die Ware hat einen Wert, weil sie eine Kristallisation gesellschaftlicher Arbeit ist" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 95]); „... wir sagen, daß der Wert einer Ware von der in ihr verarbeiteten oder kristallisierten Menge von (gesellschaftlicher) Arbeit bestimmt wird". (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 94]) b. Gesellschaftliche Arbeit ist ein „Teil und ein Stück der von der Gesellschaft ausgegebenen Gesamtsumme von Arbeit". (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 94]). Marx versteht darunter, die zu der Herstellung einer Ware „in einem gegebenen Gesellschaftszustand, unter bestimmten gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen der Produktion, einer gesellschaftlichen Durchschnittsdichtigkeit und Durchschnittsgeschicklichkeit der angewandten Arbeit erforderte Arbeitsmenge". (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 97]) Aufgabe 3.7

,JJie ... Frage, die wir zu stellen haben, ist die: Was ist der Wert einer Ware? Wie wird er bestimmt?" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 93]) • Lösung 3.7

„Die Ware hat einen Wert, weil sie eine Kristallisation gesellschaftlicher Arbeit ist." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 95]); „... wir sagen, daß der Wert einer Ware von der in ihr verarbeiteten oder kristallisierten Menge von [gesellschaftlicher] Arbeit bestimmt wird " (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 97]) Aufgabe 3.8

Betrachten Sie Abbildung 3.1. Woraus bestimmt sich nach Marx der Wert der Schafschere? Welche Angaben würden benötigt, um den Wert der Schere berechnen zu können? • Lösung 3.8

Der Wert der Schafschere bestimmt sich aus den Mengen an Arbeit, die direkt und indirekt eingehen, also aus der Arbeit des Schmiedes, des Köhlers, des Holzfällers, des Hüttenarbeiters, des Minenarbeiters, des Ofensetzers, des Mühlenbauers, des Ziegelstreichers etc. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass diese Arbeiten mit durchschnittlicher Fertigkeit und Fleiß durchgeführt werden. Es fehlt in der Aufzählung die Arbeit, die im Werkzeug des Holzfällers, des Minenarbeiters, des Ofenbauers und des Ziegelsteinsetzers vorhanden ist und eventuell die bei der Erschließung des Waldes, der Erzlagerstätten, der Tonlager, benötigte Arbeitszeit.

3.2 Aufgaben zur Lektüre von Marx

65

Es werden Angaben benötigt, welche Mengen an Arbeit ein Schmied, ein Köhler etc. von durchschnittlicher Fertigkeit und durchschnittlichem Fleiß zur Erstellung der jeweiligen Produkte benötigt.

Schafschere und anderes Werkzeug A b b . 3 . 1 : Arbeitsteilige Produktion

A u f g a b e 3.9

Welcher Zusammenhang besteht zwischen notwendigen Arbeitsmengen, re und den Produktivkräften?

Wert einer Wa•

Lösung 3.9

„Je größer die Produktionskraft der Arbeit, um so weniger Arbeit wird auf eine bestimmte Menge von Produkten verwandt. Deshalb auch um so kleiner der Wert des

66

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf

- Karl Marx und Friedrich Engels

Produkts. Je geringer die Produktionskraft der Arbeit, desto mehr Arbeit wird auf die gleiche Produktenmenge verwendet. Um so größer dann ihr Wert. Wir dürfen demgemäß als allgemeines Gesetz feststellen, daß: Die Werte der Waren sich direkt wie die Mengen von Arbeitszeit verhalten, die zu ihrer Herstellung angewandt werden und umgekehrt wie die Produktivkräfte der verwandten Arbeit." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 99]) Aufgabe 3.10

Welches ist nach Marx „das Verhältnis zwischen Wert und Marktpreis oder zwischen natürlichen Preisen und Marktpreisen?" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. n 1001) Lösung 3.10

„Der Marktpreis drückt nur den Durchschnittsbetrag der gesellschaftlichen Arbeit aus, die unter den Durchschnittsbedingungen der Produktion erforderlich ist, um den Markt mit einer bestimmten Masse von bestimmten Artikeln zu versorgen." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 100]) Aufgabe 3.11

„Was der Arbeiter verkauft, ist nicht direkt seine Arbeit, sondern seine Arbeitskraft" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 103]). Wie unterscheidet Marx Arbeit und die Ware Arbeitskraft? Was würde sich ergeben, wenn der Arbeiter seine Arbeit verkaufen könnte? • Lösung 3.11

Arbeit ist an den Menschen gebunden. Arbeit kann somit nur verkauft werden, wenn der Arbeiter sich und seinen Körper verkaufen könnte, also Sklaverei wiederhergestellt wäre. Der Arbeiter verkauft jedoch dem Kapitalisten das Recht, über seine Arbeitskraft während der Arbeitszeit zu verfügen. Aufgabe 3.12

„Was also ist der Wert der Arbeitskraft?" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 104]). Gehen Sie dabei auf das von Marx konstatierte Paradox vom 'besonderen Wert der Arbeit' ein. • Lösung 3.12

„Nach dem Angeführten wird der Wert der Arbeitskraft bestimmt durch den Wert der notwendigen Lebensmittel, die gebraucht werden, um die Arbeitskraft zu produzieren, zu entwickeln, zu unterhalten und zu verewigen." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 105]) Die „irrationale und scheinbar unmögliche Anwendung des Wertes" besteht darin, dass der Wert eines zehnstündigen Arbeitstages nicht in 10 Stunden besteht.

3.2 Aufgaben zur Lektüre von Marx

67

Aufgabe 3.13

Was versteht Marx unter Mehrwert und unter Rate des Mehrwerts?



Lösung 3.13

„Der Kapitalist nun, der den Tages- oder Wochenwert der Arbeitskraft . . . bezahlt hat, hat damit das Recht erworben, diese Arbeitskraft während des ganzen Tages oder der ganzen Woche zu gebrauchen. Ueber die sechs Stunden hinaus, die notwendig sind, um seinen Lohn oder den Wert seiner Arbeitskraft einzubringen, wird der [Arbeiter] also sechs weitere Stunden zu arbeiten haben, die ich Stunden der Mehrarbeit nennen will und diese Mehrarbeit wird sich in einem Mehrwert und einem Mehrprodukt vergegenständlichen." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 107]) Unter Mehrwert versteht Marx also „jenen Teil des Gesamtwerts der Ware, in dem die Mehrarbeit oder die unbezahlte Arbeit des Arbeiters sich vergegenständlicht." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 111]) Der Begriff „Rate des Mehrwerts" wird in Lohn, Preis und Profit nicht ganz sauber eingeführt (vgl. (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 108]) und die Anmerkung des Übersetzers (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 114])). In [Marx u. Engels 1969, Das Kapital, Band I, S.246], definiert Marx die Rate des Mehrwerts als die folgende Proportion: Mehrarbeitszeit Notwendige Arbeitszeit

Aufgabe 3.14

„Diese Art des Austausches zwischen Kapital und Arbeit ist es, ... die den Arbeiter als Arbeiter und den Kapitalisten als Kapitalisten beständig hervorbringen muß." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 108 f.]). Erläutern Sie die Auffassung von Marx! • Lösung 3.14

Der Kapitalist zahlt dem Arbeiter nur den Lohn, den er zu seinem Lebensunterhalt benötigt. Somit kann er kein Kapital bilden und Kapitalist werden. Kapitalist bleiben kann nur, wer sich einen Teil des vom Arbeiter geschaffenen Produkts aneignet. Aufgabe 3.15

Worin unterscheidet sich nach Marx Lohnarbeit von der Arbeit eines Sklaven oder eines hörigen Bauern im Osten Europas? •

68

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels

Lösung 3.15

Nach Marx gleichen sich diese historischen Arbeitsformen darin, dass jeweils ein Teil der Arbeit unbezahlt bleibt und ein anderer Teil bezahlt wird. Das ist am deutlichsten beim hörigen Bauern zu beobachten, da die bezahlten und unbezahlten Arbeitsmengen räumlich und zeitlich getrennt sind. Aber auch der Sklave bekommt Bezahlung in Form von Lebensunterhaltung, da aber „kein Kauf und Verkauf stattfindet, hat es den Anschein, als ob seine Arbeit für nichts hergegeben wird." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 109 f.]) Im Kapitalismus sind „die bezahlten und unbezahlten Teile der Arbeit untrennbar vermischt . . . und die Natur der ganzen Abmachungen durch das Dazwischentreten eines Kontrakts und den am Ende der Woche erhaltenen Lohn völlig maskiert Die unbezahlte Arbeit erscheint in dem einen Fall als freiwillig gegeben und in dem anderen als erzwungen. Das ist der ganze Unterschied." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, Lohn, Preis und Profit, S. 109 f.]) Aufgabe 3.16

Erklären Sie: „Wie Proßt gemacht wird, wenn Waren zu ihrem Wert verkauft werden." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 110]) • Lösung 3.16

„Ein Teil der in der Ware enthaltenen Arbeit ist bezahlte, ein anderer unbezahlte Arbeit" (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 110]). Der Kapitalist „verkauft nicht nur etwas, wofür er ein Äquivalent bezahlt, sondern er verkauft auch etwas, was ihn selbst nichts gekostet hat, obwohl es die Arbeit eines Arbeiters gekostet hat. Was die Ware den Kapitalisten kostet und ihre wirkliche Kostenmenge sind zwei verschiedene Dinge. Ich wiederhole deshalb, daß normale und durchschnittliche Profite dadurch gemacht werden, daß man die Waren nicht über, sondern zu ihrem wirklichen Wert verkauft." (Marx zitiert nach [Diehl u. Mombert 1923, S. 110 f.]

3.3 A u f g a b e n zur Theorie Aufgabe 3.17

a. Bestimmen Sie die Menge an Arbeit ¿k, die nötig ist, um 1 t Korn zu produzieren. b. Nehmen Sie an, die Produktionsbedingungen durch

10 t Eisen Bestimmen

5 t Eisen 10 d Arbeit

Sie ohne große Rechnung die

und

von Eisen und Korn seien gegeben

20 t Korn

Arbeitsmengen.

5 t Eisen 50 d Arbeit



3.3 Aufgaben zur Theorie

69

Lösung 3.17

a. Wir gehen von der Produktion 1 t Korn

1/4 t Eisen 10/4 d Arbeit

des Korns aus und bestimmen die Mengen an direkter und indirekter Arbeit, die zur Produktion von 1 t Korn erforderlich sind. Die direkte Arbeit ist unmittelbar mit 10/4 d Arbeit je Tonne angegeben. Die indirekte Arbeit ist die Arbeit, die zur Produktion von 1/4 t Eisen benötigt wird. Unmittelbar vor der Aufgabe im Text (vgl. [Reiß 2007, S. 164, Abschnitt 3.3.3.]) wurde IE = 2 bestimmt, d. h., je Tonne Eisen sind 2 d Arbeit und somit für 1/4 t Eisen 2 • \ d Arbeit benötigt. Somit ergibt sich: , » + 2 - 1 - 3 4 4 b. Die Produktionsbedingungen sind die gleichen, die auf [Reiß 2007, S. 163 f.] unterstellt wurden; es wurden lediglich bei der Produktion des Eisens alle Inputs und der Output verzehnfacht und bei der Produktion des Korns alle Inputs und der Output um den Faktor zwanzig vergrößert. Wegen der Linearität der Produktion folgt unmittelbar: eB = 2

t

K

= 3

Auszug aus /Reiß 2007, S. 165, Abschnitt 3.3.3.4] Ein Input-Output-Modell Eine Technologie sei durch folgendes Tableau beschrieben: Inputs Eisen Arbeiter (t) (d) 5 10 5 50 10 60

Outputs Eisen Korn (t) (t) 10 20 10 20

Eisenindustrie Landwirtschaft Gesamtwirtschaft

Aufgabe 3.18

Gehen Sie von der Technologie in obigem Tableau aus. Stellen Sie sich vor, dass nach irgendeiner politischen Maßnahme die Klasse der Kapitalisten den Arbeitern keinen Mehrwert abpressen kann. a. Wie müsste die Produktion strukturiert werden, so dass genau das Subsistenzniveau der Proletarier in Höhe von 10 t Korn produziert wird? Berücksichtigen Sie dabei, dass bei der Produktion von Korn Eisen verbraucht wurde.

70

3 Krise, Ausbeutung, Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels b. Untersuchen Sie anhand der gefundenen Struktur, ob der Wert der Ware Arbeitskraft auch die Vorprodukte berücksichtigt, die zur Produktion des Subsistenzniveaus erforderlich sind. •

Lösung 3.18 a. Zur Produktion von 10 t Korn werden 25 d Arbeit und 2,5 t Eisen gebraucht. Zur Produktion von netto 2,5 t Eisen werden 1,25 t Eisen und 2,5 d Arbeit benötigt. Eisen (t) 2,5 2,5 5

Arbeit (d) 5 25 30

Eisen 5 5

Korn 10 10

b. Insgesamt werden also 30 d Arbeit benötigt, um 10 t Korn zu produzieren, davon sind 25 d direkte und 5 d indirekte Arbeit. Je Tonne Korn werden 0,5 d indirekte Arbeit und 2,5 d direkte Arbeit gebraucht. Der Wert des Korns in Arbeitseinheiten berücksichtigt also auch Vorprodukte.

3.3 Aufgaben zur Theorie Auszug aus [Reiß 2007, S. 167f., Abschnitt

71

3.3.3.5]

D a s Reproduktionsschema von Marx Wir ersetzen im Tableau die Spalte Inputs-Arbeiter durch zwei Spalten, wobei die erste die notwendige Arbeit und die zweite die Mehrarbeit darstellt. Da jeweils die Gesamtarbeitszeit zur Hälfte aus notwendiger Arbeit und zur anderen Hälfte aus Mehrarbeit besteht, erhalten wir

Eisen (t) 5 5 10

notwendige Arbeit (d) 5 25 30

Mehrarbeit (d) 5 25 30

Outputs Eisen Korn (t) (t) 10 20 20 10

Eisenindustrie Landwirtschaft Gesamtwirtschaft

Die physikalischen Quantitäten dieses Tableaus rechnen wir in Werte um, indem wir die Mengen an Eisen und Korn mit den entsprechenden Arbeitswerten £E, ¿K multiplizieren; die in notwendige Arbeit und Mehrarbeit aufgespaltenen Arbeitsmengen werden nicht geändert. c -1- v + m = w 10 + 5 + 5 = 20 10 + 25 + 25 = 60 20 + 30 + 30 = 80

m V

o= £ *

V

p = -xr

c_|_v

Eisenindustrie Landwirtschaft Gesamtwirtschaft

Die erste Spalte entsteht also, indem die Eiseninputs (erste Spalte des vorhergehenden Tableaus) mit 2 multipliziert werden. Spalte zwei und drei werden unmittelbar übernommen. Die vierte Spalte fasst die Outputs zusammen, also Eisenoutput von 10 multipliziert mit ¿E = 2 und Kornoutput von 20 multipliziert mit £K = 3. Alle Einträge im linken Teil des Tableaus sind Wertgrößen, also einheitengleich; somit kann man addieren und gleichsetzen. Wir haben mit dem letzten Tableau im Prinzip eines der bekannten und für die Marxsche Analyse wichtigen Reproduktionsschemata erhalten (siehe z. B. [Marx u. Engels 1973b, S. 396 ff.]). Marx beginnt seine Analyse jedoch direkt mit solchen Schemata, die Input-Output-Analyse war noch nicht entwickelt. Bei seinen Überlegungen geht Marx davon aus, dass die Untersuchung der Werte wesentlich für das Aufdecken der Bewegungsgesetze der kapitalistischen Gesellschaft ist. Dabei sind die Größen c, v, m von grundlegender Bedeutung, mit ihrer Hilfe definiert Marx die drei wichtigen Konzepte Mehrwertrate, organische Zusammensetzung des Kapitals und Profitrate. Die Größe c stellt den Wert der benutzten Materialien dar. „ D e r Teil des Kapitals . . . , der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher . . . konstantes Kapital.

72

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels

Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Uberschuß darüber, Mehrwert . . . Ich nenne ihn daher . . . variables Kapital." [Marx u. Engels 1969, S. 223 f.]. Wir haben also c = konstantes Kapital

v = variables Kapital

m = Mehrwert.

Aufgabe 3.19 a. Bestimmen Sie im vorhergehenden Tableau die Mehrwertrate, die Profitrate und die organische Zusammensetzung des Kapitals für die Eisenindustrie, die Landwirtschaft und die Gesamtwirtschaft. b. Welch ein Zusammenhang besteht anscheinend nach der Tabelle zwischen organischer Zusammensetzung des Kapitals und der Profitrate? c. Zeigen Sie, dass zwischen Mehrwertrate s , Profitrate p und organischer Zusammensetzung des Kapitals q folgender Zusammenhang besteht: p{q + 1) = s Zeigen Sie, dass diese Beziehung die Beobachtung von Aufgabenteil b. bestätigt.



Lösung 3.19 a. Tableau c 10 + 10 + 20 +

v 5 25 30

+ + +

m 5 25 30

= = =

w 20 60 80

m V 100% 100% 100%

c v 200% 40% 66,6%

m c+v 33,3% 71,7% 60%

Eisenindustrie Landwirtschaft Gesamt

b. Je höher die organische Zusammensetzung des Kapitals, desto niedriger ist die Profitrate. c. Es gilt: p=

p(q + 1) =

m c+v

c und q = — v

m rc m - +1 = c + vlv J c+

c+v V

V

m = — =s V

Bei konstantem ^ zeigt diese Beziehung, dass die Profitrate p umso kleiner ist, je größer die organische Zusammensetzung q ist.

3.3 Aufgaben zur Theorie Auszug aus [Reiß 2007, S. 173, Abschnitt

73

3.3.3.9]

D i e B e s t i m m u n g von Produktionspreisen Als nächstes untersuchen wir an unserem einfachen Beispiel die „Art von Preistheorie, . . . die in dieser Sphäre nützlicher ist als irgend etwas, das bei Marx und seinen Nachfolgern gefunden werden kann" [Sweezy 1972, S. 156]. Diese Preistheorie unterstellt: 1. Jede Ware, auch die Arbeit, hat einen Preis. 2. Der Einsatz von Kapital im Produktionsprozess erbringt einen Profit. 3. Der Preis jeder Ware ist in allen Verwendungen gleich. Die Profitrate ist (im Unterschied zu Marx) in jeder Produktion gleich. Die Preise für Eisen und Korn seien pB und px- Die Lohnrate bezeichnen wir mit w und die Profitrate mit 7r. Diese Größen gilt es jetzt unter den gemachten Annahmen zu bestimmen. Wir betrachten zuerst die Eisenindustrie. Der Erlös R (revenue) wird bestimmt durch den Ausstoß von 10 t Eisen, multipliziert mit dem Preis des Eisens: RE

= 10P E

Die Kosten der Eisenproduktion ergeben sich aus dem Einsatz von 5 t Eisen und der Arbeit von 10 Tagen. Die Kosten C sind also CB = 5pE + I0w Für den Kapitalisten ergibt sich die Profitrate TTE aus dem Überschuss von Erlös und Kosten bezogen auf die Kosten RE — CB Ve =

—CT~

Daraus ergibt sich (1 + TTE) •CE

=

RE

oder ausgeschrieben (1 +

TTB){5PE

+

lOto) = 10P E

In gleicher Weise erhält man für die Landwirtschaft ( l + 7 r c ) ( 5 p £ + 50w) = 20p K Da in allen Produktionen die Profite gleich sind, muss gelten = 7TK

74

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels

Die Lohnsumme der Arbeiter ist gegeben durch die Arbeitszeit von 60 d, multipliziert mit dem Lohn w. Für diese Lohnsumme erwerben die Arbeiter Konsumgüter, in diesem einfachen Beispiel also 10 Tonnen Korn. Damit erhalten wir folgende Beziehungen: (1 + 7r)(5pE + 10 w) = 10p B

(3.1)

(1 + 7t)(5pe + 50w) = 20p K

(3.2)

60w = 10pK

(3.3)

Als erstes bemerken wir, dass vier Unbekannte, aber nur drei Gleichungen vorhanden sind und aus den gemachten Annahmen auch keine weitere Gleichung gewonnen werden kann. Die vier Unbekannten können somit nicht eindeutig bestimmt werden. Das ist kein Fehler in unserem Beispiel, sondern zeichnet alle vergleichbaren Ansätze aus: Preise beschreiben den Austausch von Gütern, damit können nur Preisrelationen bestimmt werden. Man kann diese Schwierigkeit durch zwei sehr ähnliche Methoden angehen, nämlich durch Einführung einer als Geld dienenden Ware, oder durch Bestimmung von relativen Preisen. a) Einführung einer als Geld dienenden Ware Marx schreibt: „Für den Maßstab der Preise muß ein bestimmtes Goldgewicht als Maßeinheit fixiert werden" [Marx u. Engels 1969, S. 113]. So werden wir auch vorgehen. Da in unserem einfachen Beispiel Gold als Ware nicht auftaucht, werden wir eine Eisen-Währung einführen 1 t Eisen = 1 GE Damit ist PE definitionsgemäß gleich 1. Unser Gleichungssystem sieht dann folgendermaßen aus ( 1 + 7r)(5 +lOw) = 10

(3.4)

( l + 7 r ) ( 5 + 50w) = 20pK

(3.5)

60w = 10p K

(3.6)

Bevor wir dieses Gleichungssystem lösen, betrachten wir die andere Möglichkeit. b) Rückführung auf Preisverhältnisse Wir dividieren die drei Gleichungen (3.1), (3.2) und (3.3) durch pg. Dann erhalten wir w ( l + 7 r ) ( 5 + 1 0 — ) = 10 (3.7) PE

(1 + 7T)(5 4- 5 0 — ) = 2 0 — PE

PE

(3.8)

3.3 Aufgaben zur Theorie

W

T>K

PE

PE

60— = 10—

75

(3.9)

In diesem System gibt es zwei unbekannte Preisverhältnisse ^ , ^ und die unbekannte Profitrate 7r. Diese drei Unbekannten können mit Hilfe der drei Gleichungen bestimmt werden. Die beiden Gleichungssysteme sind äquivalent; ersetzen wir die Größen W/PE und PK/PE in (3.7) (3.8) (3.9) durch w und PX, so erhalten wir das System (3.4) (3.5) (3.6). Wir müssen also nur eines der Systeme lösen und wählen das System (3.4) (3.5) (3.6). Die von uns gemachten Annahmen werden in dieser Art grundsätzlich auch von Marx für die kapitalistische Wirtschaft gemacht. Gehen wir also von diesen Annahmen aus (und vernachlässigen wir die extrem vereinfachte Struktur und Technologie der Wirtschaft), so bekommen wir die in der kapitalistischen Wirtschaft geltenden Preise und Profite px = 1 , w = 1/6 und 7r = 50%. Die Preise und der Profit entsprechen aber nicht den von Marx aus den Werten bestimmten Preisen. Aufgabe 3.20

a. Zeigen Sie, dass das Gleichungssystem (3.4) (3.5) (3.6) und das (3.7) (3.8) (3.9) im Prinzip gleich sind.

Gleichungssystem

b. Nehmen Sie an, als Geldeinheit würde nicht die Beziehung 1 t Eisen = 1 GE, sondern die ,handlichere' Gelddeßnition 1 kg Eisen = 1 GE gelten. Wie ändern sich hierdurch die Preise und die Profitrate im Gleichungssystem (3.4) (3.5) (3.6)? c. In Frankreich wurde am 1.1.1960 die Währung gemäß folgender Beziehung gestellt 100 alte Francs = 1 neuer Franc

um-

Wie änderten sich wohl durch diese Maßnahme zahlenmäßig die Preise, die Löhne und die Proßte? Überlegen Sie, welche Annahmen Sie bei Ihrer Antwort machen. • Lösung 3.20

a. Ersetzen wir die Größen w/ps und Pk/PE in (3.7) (3.8) (3.9) durch w und pk, so erhalten wir das System (3.4) (3.5) und (3.6). Die Gleichungssysteme sind also äquivalent. b. Wir setzen: 1 t Eisen = 1 alte GE

76

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels 1 kg Eisen = 1 neue GE

Dann gilt: 1 alte GE = 1 t Eisen = 1000 kg Eisen = 1000 neue GE. Damit folgt, wenn Preise und Löhne in neuen Geldeinheiten ausgedrückt werden: w = 166,66

Pk = 1000 Die Profitrate ändert sich natürlich nicht. c. Alle Löhne und Preise sind gleich den alten Löhnen und Preisen dividiert durch Hundert. Vorausgesetzt werden muss dabei, dass jedes Wirtschaftssubjekt die Maßnahme registriert und auch in seinen Entscheidungen bewusst und unbewusst berücksichtigt, also z. B. nicht bestimmte Sachen vermehrt kauft, weil sie scheinbar so billig geworden sind (Freiheit von Geldillusion). Aufgabe 3.21

Bestimmen Sie Profitrate, Lohn und Preis des Korns durch Lösen des Gleichungssystems (3.4) (3.5) (3.6). Gehen Sie dabei am besten folgendermaßen vor: a. Benutzen Sie (3.6), um aus (3.5) die Unbekannte px zu eliminieren. b. Bestimmen Sie dann aus (3.4) und (3.5) den Wert von w. Wählen Sie dabei aus den beiden möglichen Lösungen den sinnvollen Wert aus. c. Bestimmen

Sie px und ir .



Lösung 3.21

Lohn: Wegen (3.6) gilt 20PK = 120w. Somit können wir die rechte Seite von (3.5) durch 120 w ersetzen und erhalten: (1 + 7T)(5 + lOw) = 10 (1 + tt)(5 + 50U;) = 120w Daraus ergibt sich durch Division: (1 + tt)(5 + 10W) _ 10 (l + 7r)(5 + 50w) ~ 12Öw Kürzen des Faktors (1+ TV ) und „Über-Kreuz'-Multiplizieren führt zu: (5 + 10w)120w = (5 + 50w)10

3.3 Aufgaben zur Theorie

77

Also: 120w2 + 600w - 500u; - 50 = 0 2

w

1



w

1

±



V 24

24 ' ~ 24

Die positive Lösung ist:



1 ^=6

+

24

V 242

Setzen wir diese Lösung in (3.6) ein, so erhalten wir unmittelbar: PK = 1

Einsetzen von w = g in (3.4) ergibt: (l

+ 7 r)(5

+ ^ ) = 10 40

( 1 + * ) ( - ) = 10 1 +7T = 10 Wir bekommen also eine Profitrate von 50 %. Aufgabe 3.22

Gehen Sie von der in 3.3.3.4 unterstellten Technologie aus, machen Sie jedoch die Annahme, dass die Arbeiter das ganze Korn (also 20 Tonnen) als Bezahlung erhalten. a. Bestimmen Sie die Profitrate, die Preise der Waren und den Lohn. b. Vergleichen Sie die in a. bestimmten Preise mit den Arbeitswerten. (Achten Sie dabei nicht so sehr auf die absolute Höhe der Preise, sondern auf die Preisverhältnisse.) c. Welchen Zusammenhang zwischen Proßtrate, Preisen und Arbeitswerten das Ergebnis b. nahezulegen?

scheint •

Lösung 3.22

Siehe Auszug aus [Reiß 2007] „3.3.3.4 Ein Input-Output-Modell" sowie „3.3.3.9 Die Bestimmung von Produktionspreisen".

78

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf

- Karl Marx und Friedrich Engels

a. Wir erhalten folgendes Gleichungssystem: (1 + tt)(5 + 10W) = 10 ( l + 7 r ) ( 5 + 50w) = 20pfc 60w = 20pk

(+) (++) (+ + + )

( + + + ) in ( + + ) eingesetzt und dann ( + + ) und (+) in Relation gesetzt, ergibt: 5 + lOw 5 + 50tu

10 60 w

Kürzen und „Über-Kreuz"-Multiplizieren ergibt: 6w2 + 12w = 1 + IOiü w2

1w 3

1 12

Die positive Lösung lautet:

" = 2 Eingesetzt in (+) folgt: (l + O = i TT = 0 = 0% Aus ( + + + ) folgt unmittelbar: 3 Pk

=2

Außerdem ist Eisen Geldeinheit also: Pb = 1 b. Es gilt: ¿E = 2

4 = 3

1 Einheit Eisen hat einen Wert von 2 Stunden Arbeit. 1 Einheit Korn hat einen Wert von 3 Stunden Arbeit. Es gilt: pE = 1

Pk = |

w = \

1 Einheit Eisen kostet so viel wie 2 Stunden Arbeit. 1 Einheit Korn kostet so viel wie 3 Stunden Arbeit. c. Wenn die Profitrate Null ist, so verhalten sich die Preise wie die Arbeitswerte.

79

3.4 Weitere Aufgaben zur Theorie

3.4 Weitere Aufgaben zur Theorie Aufgabe 3.23 (Die vollautomatisierte

Gesellschaft)

Wir betrachten eine Gesellschaft, in der alle Waren allein durch Roboter ohne irgendwelche menschliche Arbeit produziert werden. Ein solches Modell wurde schon 1898 von Dmitriev zur Analyse der Arbeitswerttheorie benutzt. Die Technologie sei durch folgendes Input-Output-Modell gegeben: Inputs Roboter 40 12 8 60 a. Bestimmen

Roboter 60

Outputs Gold

Korn(t)

72 60

72

24 24

Roboterbau Bergbau Landwirtschaft Gesam twirtschaft

Sie den Wert von Robotern, Gold und Korn im Sinne von Marx.

b. Konstruieren Sie ein Marxsches Reproduktionsschema (einschließlich der Angaben von Mehrwertrate, Profitrate und organischer Zusammensetzung des Kapitals). c. Wählen Sie Gold als Geldeinheit und bestimmen Sie Produktionspreise fitrate.

und Pro-

d. Vergleichen Sie die berechnete Profitrate mit der Profitrate p des Marxschen Reproduktionsschemas. e. Analysieren Sie die folgenden Meinungsäußerungen schaft:

zur vollautomatischen

Gesell-

i) ,JDiese Behauptung ist dumm, wird man sagen. Und das ist wirklich wahr. Aber ihre Dummheit hängt einzig und allein von dem vollständig irrealen Charakter der Hypothese ab, die wir wohl oder übel unterstellen mußten, um unserem Autor zu folgen. Kann man sich Produktion ohne menschliche Arbeit vorstellen? Nein, Produktion bedingt nämlich bewußte und intelligente Organisation der Mittel in Verfolgung bestimmter Ziele. Die Hypothese von Dmitriev ist also von der Art, wie 'wenn Hühner Zähne hätten'" (vgl. Henri Denis im Nachwort zu Dmitriev 1968, zitiert nach [Pack 1985, S. 49], eigene Ubersetzung). ii) „Hier sind wir bei der absoluten inneren Grenze der kapitalistischen Produktionsweise angelangt. Diese absolute Grenze liegt weder - wie Rosa Luxemburg meinte - in der kapitalistischen Durchdringung der Welt ... noch ... in der tendenziellen Unmöglichkeit, auch bei steigender Mehrwertmasse das gesamte akkumulierte Kapital zu verwerten. Sie liegt da, wo die Mehrwertmasse selbst zwangsläufig zurückgeht - wegen der in der letzten Phase der Mechanisierung - der Automation - stattfindenden Ausschaltung der

80

3 Krise, Ausbeutung,

Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels

lebendigen Arbeitskraft aus dem Produktionsprozeß. Kapitalismus ist unvereinbar mit vollautomatisierter Produktion in der gesamten Industrie und Landwirtschaft, weil dann keine Mehrwertschöpfung (und keine Kapitalverwertung) mehr vor sich geht. Es ist deshalb unmöglich, daß sich die Automation im Zeitalter des Spätkapitalismus auf den gesamten Produktionsbereich ausdehnt ..." [Mandel 1973, S. 191]. iii) „.. im Gegensatz zu dem, was man nach der Arbeitswerttheorie erwarten würde, können also tatsächlich in einer vollautomatischen Gesellschaft eine positive Profitrate und relative Preise gelten. Sobald man sich von den Vorstellungen befreit, dass nur produktive gesellschaftliche Arbeit die Masse des Mehrwerts produziert und dass die Masse des (Marxschen) Mehrwerts die Masse des monetären Profits bestimmt, ist dieses Ergebnis nicht wirklich überraschend." (vgl. [Pack 1985, S. 46]), eigene Übersetzung). • Lösung 3.23 a. Es wird produziert, ohne dass menschliche Arbeit direkt oder indirekt benutzt wird. Damit ist: ¿R=iG=iK=0 Dieses Ergebnis ergibt sich natürlich auch formal. Wegen der Produktionsbedingung für Roboter muss nämlich gelten: m

R

=

20£R

m

R

= o

*R = o

Dieses Ergebnis ergibt zusammen mit den Produktionsbedingungen für Gold und Korn £ g = 0 und i K = 0. b. Sämtliche Einträge der Tabelle für c,v,m,w sind Null. Mehrwertrate, Profitrate und organische Zusammensetzung des Kapitals sind unbestimmte Größen. c. Da Gold Geldeinheit ist, gilt po = 1. (1 + 7r)40pfl = 60p fi (1 + tt)12Pr

= 72 • 1

(1 + tt)8Pr

= 24p K

Aus der ersten Beziehung folgt:

TT = o, 5 = 50%

3.4 Weitere Aufgaben zur Theorie

81

Damit ergibt sich aus der zweiten Beziehung: 1,5-12p R = 72 PR = 4 Somit folgt aus der letzten Gleichung: 1 , 5 - 8 - 4 = 24 - P K PK = 2 d. Die Profitrate nach dem Marxschen Reproduktionschema ist nicht bestimmbar, das Verfahren versagt also in der unterstellten „vollautomatisierten Gesellschaft". Die Profitrate kann jedoch durch Benutzung von Preisen bestimmt werden. e. Vergleich der Aussagen i) Denis hat insofern Recht, da Marx beabsichtigte, konkret existierende Gesellschaftsformen zu analysieren und die geschichtlichen Entwicklungstendenzen aufzuzeigen. Marxisten können so gesehen also die Analyse von Dmitriev als rein formalistisch und ahistorisch zurückweisen. ii) Offensichtlich gehen aber selbst so bekannte Marxisten wie Ernest Mandel von der Möglichkeit aus, dass Produktion ohne menschliche Arbeit mindestens als Grenzfall möglich ist. (An anderer Stelle benutzt Mandel eine solche Gesellschaft sogar als „Beweis für die Richtigkeit der Arbeitswerttheorie", vgl. [Mandel 1970, S. 23]). Weiter schreibt Mandel : „Es gibt keine Grenze für die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals. Im Grenzfall kann v, das variable Kapital, die menschliche Arbeit also, bis auf null fallen, dann nämlich, wenn man bei einer totalen Automation angelangt ist." [Mandel 1970, S. 46]. iii) Benutzen Marxisten aber den Gedanken der vollautomatischen Gesellschaft, um ihre Überlegungen zu untermauern, dann muss es zulässig sein, den Gedanken zu Ende zu denken und festzustellen, dass auch in einer solchen Gesellschaft Waren knapp sind, somit positive Preise und eine positive Profitrate bestimmt werden können. Aufgabe 3.24 a. Erläutern Sie (evtl. auf Karteikarten) stichwortartig die Begriffe: i) Karl Marx; ii) Ausbeutung; iii) Krise; iv) Klassen. b. Uberprüfen Sie anhand der Lernziele Ihren Lernerfolg!



82

3 Krise, Ausbeutung, Klassenkampf - Karl Marx und Friedrich Engels

Lösung 3.24 i) Karl Marx 1818-1883: Begründer des „wissenschaftlichen Sozialismus" Wichtige Werke: Manifest der Kommunistischen Partei, 1848 Lohnarbeit und Kapital, 1849 Zur Kritik der politischen Ökonomie, 1859 Das Kapital, Band 1, 1867 Das Kapital, Band 2 und 3 herausgegeben von Engels, 1885/1894 Karl Marx studierte Rechtswissenschaften und Philosophie und war nach seiner Promotion als Redakteur verschiedener Zeitungen tätig. Während seiner Zeit in Paris begann er die Politische Ökonomie, die Geschichte Frankreichs sowie die Lehren der französischen Sozialisten zu studieren. Im Jahre 1864 wurde die ,Internationale Arbeiter Assoziation' gegründet, deren Statuten Karl Marx entworfen hat. Im Mittelpunkt seiner Arbeit war stets die Kritik der Politik Preußens sowie die wissenschaftliche Analyse des Kapitalismus. ii) Ausbeutung Bestimmte Schichten arbeiten, damit andere konsumieren können. Nach Karl Marx entsteht Ausbeutung dadurch, dass Arbeitsteilung eine Steigerung der Produktion über das Subsistenzniveau hinaus ermöglicht. iii) Krise Die bourgeoise Gesellschaftsordnung und mit ihr das kapitalistische Wirtschaftssystem steckt nach Marx voller innerer Widersprüche. Das ist am deutlichsten in den Krisen zu erkennen, wo der Handel vernichtet scheint, weil es zuviel Handel gibt, wo es an Lebensmitteln mangelt, weil es zuviel Lebensmittel gibt, wo eine Krise beseitigt wird, indem eine gewaltige Krise vorbereitet wird. Mit diesen Krisen und durch diese Krisen verschärft sich der fundamentale Gegensatz zwischen der Klasse der Bourgeoisie und der Klasse der Proletarier. Ist es schließlich der Bourgeoisie nicht mehr möglich, ihrem Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner Sklaverei zu sichern, so muss das System zusammenbrechen. iv) Klassen „Unter Bourgeoisie wird die Klasse der modernen Kapitalisten verstanden, die Besitzer der gesellschaftlichen Produktionsmittel sind und Lohnarbeit ausnutzen. Unter Proletariat [wird] die Klasse der modernen Lohnarbeiter [verstanden], die, da sie keine eigenen Produktionsmittel besitzen, darauf angewiesen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um leben zu können." (Marx u. Engels zitiert nach [Diehl u. Mombert 1920, S. 90])

4 Die Marginalistische Revolution 4.1 Aufgaben zur Lektüre [Gossen 1967] in [Reiß 2007, S. 186-191] Aufgabe 4.1 Gossen beginnt seine Vorrede damit, dass er eine Analogie zwischen seiner Vorgehensweise in einem Gebiet der Sozialwissenschaften (nach heutiger Terminologie) und einer erfolgreichen Vorgehensweise der Naturwissenschaften herstellt. a. Erläutern Sie Gossens

Vorgehensweise.

b. Welche Vorteile sehen Sie in solchen parallelen

Vorgehensweisen?

c. Welche Probleme und Gefahren könnten sich daraus ergeben?



Lösung 4.1 a. Gossen verweist auf die Erfolge der Physiker wie Kopernikus, Kepler und Newton, die die Grundlagen der modernen Physik gelegt haben und weist dabei insbesondere auf die Himmelsmechanik hin. Er setzt sich als Ziel, entsprechende Ergebnisse für die Bewegung der Menschen abzuleiten. Zur Erreichung dieses Ziels will er ähnlich argumentieren (Bewegungen auf die zugrunde liegenden Kräfte zurückführen) und ähnliche Methoden einsetzen (insbesondere die Mathematik). Gossen will also eine Wirtschaftsmechanik analog zur Himmelsmechanik der Physiker entwickeln. b. Vorteile solcher Analogieschlüsse liegen auf der Hand: Schwierige Gedankengänge müssen nicht zweimal unabhängig entwickelt werden. Die Bereiche der Mathematik wie z. B. die Differential- und Integralrechnung und die Methoden der Optimierung, die von Mathematikern und Physikern bei der Entwicklung und Analyse der Mechanik entwickelt wurden, können übernommen werden. c. Auch die Nachteile sind nicht zu übersehen: Es ist möglich Analogien zu sehen, wo keine vorhanden sind. Es liegt nahe, die Ähnlichkeit der Strukturen überzubetonen und dabei die fundamentalen Unterschiede bewusst oder unbewusst herunterzuspielen. Diese Problematik kann man sehr deutlich an den Ausführungen Gossens erkennen: Die Gleichsetzung von Himmelskörpern und die Prognostizierbarkeit ihrer Bahnen mit den Menschen und ihren Lebensläufen führt in die Irre. Die gesellschaftliche Struktur ist wesentlich komplexer als die vergleichsweise einfache Struktur eines Planetensystems.

84

4 Die Marginalistische

Revolution

Aus heutiger Sicht würde man eher eine Analogie zwischen der Meteorologie innerhalb der Physik (Interaktion vieler Teilchen mit nur beschränkter Prognostizierbarkeit) und den Sozialwissenschaften (Interaktion vieler Individuen mit nur beschränkter Prognostizierbarkeit) herstellen; dabei bliebe die Lernfähigkeit von Individuen bei dieser Analogie noch unberücksichtigt. Aufgabe 4.2 JJarum ist es ... unmöglich, die wahre Nationalökonomie vorzutragen" [Gossen 1967, S. VI], a. Wie begründet Gossen diese

ohne Hülfe der

Mathematik

Auffassung?

b. Auf welche anderen Wissenschaftszweige

verweist Gossen?



Lösung 4.2 a. Gossen will „die Kraft, und in groben Umrissen das Gesetz ihrer Wirksamkeit . . . entdecken, welche das Zusammensein der Menschen möglich macht, und die Fortbildung des Menschengeschlechts unaufhaltsam bewirkt" [Gossen 1967, S. V]. Er geht also davon aus, „daß es sich in der Nationalökonomie um das Zusammenwirken verschiedener Kräfte handelt, daß es aber unmöglich ist, das Resultat der Wirksamkeit von Kräften zu bestimmen, ohne zu rechnen." [Gossen 1967, S. VI] b. „Darum ist es denn eben so unmöglich, die wahre Nationalökonomie ohne Hülfe der Mathematik vorzutragen, wie dieses bei der wahren Astronomie, der wahren Physik, Mechanik u.s.w. längst anerkannte Thatsachen sind" [Gossen 1967, S. VI]. Gossen verweist also insbesondere auf die Mechanik und die Himmelsmechanik (Astronomie). Aufgabe 4.3 a. Welches ist der Grundsatz, nach dem „von der Wiege bis zum Grabe alle Menschen ohne Ausnahme handeln" [Gossen 1967, S. 1]? b. Versuchen Sie Ausnahmen zu ßnden! Wie würde Gossen bei solchen argumentieren ?

Ausnahmen

c. Ist es nach der Argumentationsweise von Gossen überhaupt möglich, den Grundsatz aus Aufgabenteil a. empirisch zu überprüfen? • Lösung 4.3 a. „Es muß das Genießen so eingerichtet werden, daß die Summe des Genusses des ganzen Lebens ein größtes werde." [Gossen 1967, S. 1] b. Als Ausnahmen können all die Fälle genannt werden, bei denen das Individuum nicht seinem Genuss nachgeht sondern seine Pflichten erfüllt oder sich für andere aufopfert. Eine Maxime wie ,Alles zur höheren Ehre Gottes' steht also ganz offensichtlich im Gegensatz zum Grundsatz von Gossen.

4.1 Aufgaben zur Lektüre

85

Gossen wird bei diesen Ausnahmen natürlich ganz ähnlich argumentieren, wie bei dem von ihm genannten Beispiel des „Asceten" und die Begründung für die Pflichterfüllung, das aufopfernde Leben und das gottgefällige Verhalten suchen und ausführen, i) „daß es selbst bis zu einem gewissen Punkte von ihm als Genuß empfunden wird, eine solche Lebensweise zu befolgen" [Gossen 1967, S. 2], ii) daß viele Entbehrungen deswegen übernommen werden, um später eventuell im Jenseits - einen um so größeren Genuss erwarten können „was die Erde bietet, genügt ihm nicht als Summe des Genusses, er will mehr haben, und glaubt, dieses durch sein Verfahren sich verdienen zu können." [Gossen 1967, S. 2] c. Der Grundsatz ist kaum noch empirisch überprüfbar, da man bei jeder Abweichung argumentieren kann, dass eine bewusste Abweichung von diesem Grundsatz nur dadurch erklärt werden kann, dass das Individuum ,davon etwas hat', d.h. seine Pflichterfüllung genießt oder für seine Pflichterfüllung später Kompensation erwartet. Aufgabe 4.4

Die „Kraft zu genießen ... ist daher die Kraft, welche die menschliche Gesellschaft zusammenhält; sie ist das Band, welches alle Menschen umschlingt, und sie zwingt, im gegenseitigen Austausch mit dem eigenen Wohl zugleich das Wohl des Nebenmenschen zu fördern." [Gossen 1967, S. 4]. Erläutern Sie diese Ausführungen und vergleichen Sie diese mit den Ausführungen von Adam Smith! • Lösung 4.4

Ganz offensichtlich entspricht der Satzteil ,4m gegenseitigen Austausch mit dem eigenen Wohl zugleich das Wohl des Nebenmenschen zu fördern" [Gossen 1967, S. 4] der Anschauung von Adam Smith, und es kann behauptet werden, dass Gossen hier direkt oder indirekt auf die Ausführungen von Adam Smith zurückgegriffen hat. Da Gossen aber in seinem ganzen Werk kein einziges wörtliches Zitat bringt bzw. als solches kennzeichnet und auch keine einzige Literaturstelle nennt, ist ein direkter Beleg nicht möglich. Auch der erste Teil des Satzes entspricht zumindest in der Sichtweise Gossens den Anschauungen von Adam Smith. Adam Smith spricht von der Verfolgung des Eigennutzes. Wie wir in der Aufgabe 4.3 gesehen haben, besteht für Gossen Verfolgung des Eigennutzes in Maximierung des Genießens. Gossen übernimmt also Gedanken von Adam Smith, dabei wird aus der „Verfolgung des Eigennutzes" die Maximierung des „Genießens" bei Gossen bzw. die Nutzenmaximierung bei den (noch zu behandelnden) Marginalisten wie Jevons. Aufgabe 4.5

,JDie Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit der Bereitung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt." ([Gossen

86

4 Die Marginalistische

Revolution

1967, S. 4 f.], ohne Hervorhebungen des Originals). Erläutern Sie dieses so genannte erste Gossensche Gesetz durch eigene Beispiele. Gibt es Gegenbeispiele? (Notieren Sie evtl. das erste Gossensche Gesetz und Ihre Erläuterungen auf einer Karteikarte.) • Lösung 4.5

1. Gossensches Gesetz „Die Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit der Bereitung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt." [Gossen 1967, S. 4 f.] „Wer mit einer einzigen Speise seinen Hunger stillt, dem wird der erste Bissen am Besten schmecken; schon weniger gut der zweite, noch weniger der dritte, und so weiter, bis es ihm bei fast eingetretener Sättigung auch fast gleichgültig geworden sein wird, ob er diesen letzten Bissen noch zu sich nimmt oder nicht." [Gossen 1967, S. 6] Ein anderes Beispiel kann z. B. mit Wasser gebildet werden: Der erste Becher ist lebensnotwendig, ein Verdurstender würde sein Vermögen dafür geben, weitere Mengen würden immer weniger Wert für das Individuum besitzen und irgendwann würde Wasser zur Last werden. Gegenbeispiele liefern schon Sprichworte wie: ,Der Appetit kommt beim Essen' oder ,Man kommt auf den Geschmack'. Es gibt also Genüsse, die zumindest in einem gewissen Bereich stärker werden. Auch alle Genüsse, die süchtig machen und dabei immer stärkere Dosen benötigen, könnten als Gegenbeispiele für das erste Gossensche Gesetz gelten. Aufgabe 4.6

„Der Arme, der nur an Festtagen einen Braten zu verzehren hat, hat von der Sättigung durch Braten unstreitig mehr Genuß, als derjenige, der sich täglich diesen Genuß bis zur Sättigung verschafft." [Gossen 1967, S. 6]. Gehen Sie von dieser Aussage Gossens aus und betrachten Sie ein Volk, das entsprechend aus Armen und Reichen besteht. a. Welche Auswirkung auf die Größe des Genusses der Armen und der Reichen eine Umverteilung von Braten von den Reichen auf die Armen?

hätte

b. Andern Sie den Gossenschen Grundsatz folgendermaßen: Es muss das Genießen so eingerichtet werden, dass die Summe des Genießens des ganzen Volkes ein Größtes werde. Welche Umverteilung ist durchzuführen, wenn dieser Grundsatz befolgt wird? c. ,ßie Uebung des Gesichts, des Gehörs, des Geschmacks, des Geistes steigert den Genuß an den diesen Sinnen dienenden Gegenständen ..." [Gossen 1967, S. 7}. In welcher Weise könnte ein Reicher sich auf diesen Satz von Gossen berufen, um gegen eine Umverteilung argumentieren zu können? •

4.1 Aufgaben

zur Lektüre

87

Lösung 4.6 a. Wir unterstellen, dass Reiche wie Arme sich prinzipiell in ihrem Genussempfinden nicht unterscheiden (vgl. aber Aufgabenteil c.), dass sie also die gleichen Bilder des Genusses (vgl. [Reiß 2007, S. 190, Fig. 1]) besitzen. Dieser Verlauf ist für Reich und Arm in der Abbildung skizziert. Unterstellen wir weiterhin, die Reichen hätten an jedem Tag einen Braten zur Verfügung (7 je Woche), die Armen nur einen einzigen: 14-

14

12

12

10 8•

10

8• 6

6

-

4 -

4

20 0

2

0 A b b . 4 . 1 : N u t z e n von Reich u n d A r m

Würden wir jetzt dem Reichen einen Braten nehmen, so würde sein Genuss um zwei Einheiten sinken, da er auf den siebten Braten verzichten müsste und dieser nach Zeichnung einen Genuss von 2 Einheiten verursacht. Würden wir diesen Braten dem Armen geben, so würde bei ihm ein Genuss von 12 Einheiten erzeugt. Einem Verlust von 2 Genusseinheiten auf der einen Seite steht der Gewinn von 12 Genusseinheiten auf der anderen Seite gegenüber. Dieser „Netto- GenussGewinn" von 10 Einheiten entsteht bei jeder Umverteilung von einem Reichen (mit einem täglichen Braten) zu einem Armen (mit einem Braten je Woche). 14

14

12

12

io H

10

8 (, 4 -

6 -

42

2

0

0 0

1

2

3

4

5

6

7

0

1

A b b . 4 . 2 : Nutzen von Reich und A r m nach Umverteilung

In Aufgabenteil a. wurde gezeigt, dass bei der Umverteilung von Reich zu Arm ein ,Netto-Genuss-Gewinn' entsteht, wenn beide Personen zusammen betrachtet werden. Betrachten wir ein ganzes Volk von Armen und Reichen die alle die gleichen Genussvorstellungen haben, so ist dann ,die Summe des Genießens des ganzen Volkes ein Größtes', wenn die Braten gleichmäßig verteilt sind. W i r sehen, dass der modifizierte Gossensche Grundsatz ,die Summe des Genießens des ganzen Volkes werde ein Größtes' zusammen mit

88

4 Die Marginalistische

Revolution

dem ersten Gossenschen Gesetz und mit dem Prinzip der Gleichheit der Menschen (bezüglich der Genussempfindung) zu einer egalitären Verteilung führt. c. In Aufgabenteil a. und b. wurde jeweils unterstellt, dass Arm und Reich die gleichen Genussvorstellungen besitzen und eine solche Annahme ist auch für die Ableitung der Ergebnisse erforderlich. Da aber unterschiedliche Individuen unterschiedliche Genussvorstellungen haben, könnte sich der Reiche darauf berufen und mit Gossen argumentieren: „Die Uebung des Gesichts, des Geschmacks, des Geistes steigert den Genuß an den diesen Sinnen steigernden Gegenständen . . . " [Gossen 1967, S. 7]. Das Bild des Genusses der Reichen, so die Fortführung der Argumentation, ist nicht wie in Abbildung 4.1 skizziert, sondern vielmehr, durch sorgfältige Übung herausgebildet, wie in Abbildung 4.3 während die Armen ohne Übung des Geschmacks einen Verlauf wie in Abbildung 4.1 besitzen. 30 28 26 24 22 4 : :

20 18 16 14

14

12

12

10

10 - |

8 6

6

4

4 4

2

2

0 0

1

2

3

4

5

6

7

8

-

0 0

Abb. 4 . 3 : Nutzen von Reich (sensibilisiert) und Arm

Bei den unterstellten Verläufen erzeugt der siebte Braten für den Reichen einen geringeren Genuss als der erste, dieser Genuss ist aber immer noch höher als der Genuss, den ein erster Braten bei den Armen erzeugen könnte. Bei den unterstellten Verläufen erzeugt der achte Braten beim Reichen einen höheren Genuss als der erste beim Armen. Es müsste also eine Umverteilung von Arm zu Reich erfolgen.

4.1 Aufgaben

zur Lektüre

89

30 28 -

26 24 22 •

2018 -

¡6 14 -

14 •

12 -

12

10

10

86 -I 4

2 i)

0

1 2

3

4

5

6

7

8

0

1

2

3

A b b . 4 . 4 : Nutzen von Reich (sensibilisiert) und Arm nach Umverteilung

Man erkennt also: Um den modifizierten Grundsatz von Gossen ,Die Summe des Genießens des ganzen Volkes werde ein größtes' als Handlungsanweisung für z.B. die Regierung anwenden zu können, muss berücksichtigt werden: a. Es „wäre nun offenbar ein Messen der Größe des Genusses in jedem Zeitmomente erforderlich, eine Aufgabe deren Lösung bis jetzt noch nicht gelungen, j a mit klar bewußtem Zweck vielleicht kaum einmal versucht worden ist" [Gossen 1967, S. 8], (vgl. auch Aufgabe 4.8) b. Es tauchen Probleme ethischer Natur auf: Sind die Menschen gleich? Gibt es Gründe, bestimmte Leute zu bevorzugen? Müssen entstandene Genussvorstellungen als solche akzeptiert werden oder müssen irgendeinem vorgelagerten Prinzip folgend (welchem?!) z. B. die Armen gefördert werden, damit auch sie sich in der Übung des Gesichts, des Gehörs, des Geschmacks und des Geistes ausbilden können?

90

4 Die Marginalistische

Revolution

Aufgabe 4.7

„Der Mensch, dem die Wahl zwischen mehren Genüssen frei steht, dessen Zeit aber nicht ausreicht, alle vollaus sich zu bereiten, muß, wie verschieden auch die absolute Größe der einzelnen Genüsse sein mag, um die Summe seines Genusses zum Größten zu bringen, bevor er auch nur den größten sich vollaus bereitet, sie alle theilweise bereiten, und zwar in einem solchen Verhältniß, daß die Größe eines jeden Genusses in dem Augenblick, in welchem seine Bereitung abgebrochen wird, bei allen noch die gleiche bleibt." ([Gossen 1967, S. 12], ohne Vorhebungen des Originals). Erläutern Sie (evtl. auf einer Karteikarte) dieses zweite Gossensche Gesetz und versuchen Sie es zu begründen.

Lösung 4.7

2. Gossensches Gesetz Das zweite Gossensche Gesetz ist Handlungsmaxime, die aus dem Gossenschen Grundsatz der Nutzenmaximierung ,dass die Summe des Genießens des ganzen Lebens ein größtes werde' folgt. Steht dem Individuum nur eine beschränkte Menge von Mitteln (Zeit, Geld etc.) zur Verfügung, so muss es diese Mittel dort einsetzen, wo der Genuss am größten ist. Gilt jedoch gleichzeitig das erste Gossensche Gesetz, so erzeugen zusätzliche Mittel einen immer geringeren zusätzlichen Genuss. Sinkt der Genuss bei einer Mittelverwendung unter dem Genuss bei einer anderen Mittelverwendung, so müssen die weiteren Mittel in die zweite Verwendungsart umgeleitet werden. Daraus folgt, dass die beschränkten Mittel so auf alternative Verwendungen aufgeteilt werden, dass bei jeder Verwendung die Größe des Genusses der letzten aufgebrachten Mittel-Einheit gleich ist. Formal: dU dxi dU dx2

_ pi ~ T2

Wir können die Gossenschen Ausführungen in folgende Komponenten zerlegen: 1. Voraussetzungen: Gültigkeit des ersten Gossenschen Gesetz(nicht im Satz selbst, aber unmittelbar davon gesprochen Existenz mehrerer Alternativen ( „Wahl zwischen mehreren Genüssen " ) Beschränkte Menge an Mitteln(Geld,Zeit)

4.1 Aufgaben zur Lektüre

91

2. Zielsetzung: Nutzenmaximierung ( „die Summe des Genießens des ganzen Lebens [werde] ein größtes " ) 3. Aussage: Die beschränkten Mittel müssen so auf alternative Verwendungen aufgeteilt werden,dass bei jeder Verwendung die Größe des Genusses der letzten aufgebrachten Einheit gleich ist. Aufgabe 4.8

„Zur wirklichen Darstellung ... wäre nun offenbar ein Messen der Größe des Genusses in jedem Zeitmomente erforderlich, eine Aufgabe, deren Lösung bis jetzt noch nicht gelungen, ja mit klar bewußtem Zweck vielleicht kaum einmal versucht worden ist." [Gossen 1967, S. 8J a. Überlegen Sie sich Methoden, den Genuss bei einer Handlung oder den Nutzen eines Gegenstandes zu messen. b. Was könnte es für die Theorie von Gossen bedeuten, wenn eine direkte oder vielleicht sogar indirekte Methode des Messens nicht gefunden werden kann? • Lösung 4.8

a. Mit dieser Aufgabe sollen sich die Leser die Schwierigkeiten der Nutzenmessung bewusst machen. Beispiele für Methoden der direkten und indirekten Nutzenbestimmung werden in [Reiß 2007, Abschnitt 4.3.4] angesprochen (z.B. Fühlbarkeitsschwellen, von Neumann-Morgenstern-Nutzen). b. Wie das Zitat am Beginn der Aufgabenstellung aufzeigt, ist sich Gossen bewusst, dass „nun offenbar ein Messen des Genusses" [Gossen 1967, S. 8] als Basis seiner Theorie erforderlich ist. Kann von der Existenz einer solchen Messungsmethode nicht ausgegangen werden, so verliert die Theorie ihre Basis und muss ersetzt oder mindestens modifiziert werden. Aufgabe 4.9

,Jch beschränke mich daher hier, nur darauf aufmerksam zu machen, daß nach meiner Anschauungsweise der Außenwelt Nichts existirt, dem ein sogenannter absoluter Werth zukäme" ([Gossen 1967, S. 46], ohne Hervorhebungen des Originals). a. Wie begründet Gossen seine Meinung? b. Was folgt nach Gossen aus der ,fiction eines absoluten Werths" [Gossen 1967, S. 46]? • Lösung 4.9

a. Gossen geht bei seiner Argumentation von dem Begriff Wert aus, dem „einer Sache solche physische Eigenschaften ankleben, die sie befähigen, unmittelbar oder mittelbar in höherm Grade zur Genußbereitung dienen zu können" [Gossen 1967, S.

92

4 Die Marginalistische

Revolution

47]. Für Gossen entsteht Wert also aus Nutzen bzw. Genuss und davon ausgehend betrachtet er Beispiele, dass gleiche Güter unter unterschiedlichen Umständen in sehr unterschiedlicher Weise zum Entstehen von Genuss beitragen können. Seine Beispiele sind „Fleisch in den Pampas von Buenos Ayres", Holz in Nordamerika und Gold bei Robinson Crusoe. Verglichen mit den Zuständen im Europa von Gossen stifteten diese Güter einen vergleichsweise geringen oder sogar keinen Genuss und besaßen also nur geringen oder keinen Wert, da Wert „vom Grade zur Genußbereitung" ausgehend definiert wurde. b. Gossen sagt: „Nichts hat wohl zu unseligeren Maßregeln Veranlassung gegeben, als diese Fiction eines absoluten Werths" [Gossen 1967, S. 46]. Konkrete Beispiele für die unseligen Maßregeln gibt Gossen jedoch nicht. Um konkrete Beispiele geben zu können, hätte Gossen auf konkrete Definitionsversuche für absoluten Wert eingehen müssen und dann aufzeigen müssen, dass daraus unselige Maßregeln abgeleitet werden (also z.B. auf die Arbeitswerttheorie). Gossen ist sich aber der Problematik bewusst, denn er schreibt: „Wollte ich es daher versuchen, das Unterscheidende dieser Begriffsbestimmungen . . . näher anzudeuten; so würde ich mich . . . in eine unerschöpfliche Weitläufigkeit verwickelt sehen." [Gossen 1967, S. 46]

4.2 Aufgaben zur marginalistischen Theorie

93

4.2 Aufgaben zur marginalistischen Theorie Aufgabe 4.10 Gehen Sie von der Funktion U(x) = log(:r) mit x > 0 aus. a. Steilen Sie die Funktion graphisch dar. b. Ist die Funktion als Nutzenfunktion geeignet? Begründen Sie Ihre Antwort. c. Bestimmen Sie die Funktion des Grenznutzens und stellen Sie diese graphisch dar. • Lösung 4.10 a., c. Es gilt für eine beliebige Basis B: U(x) = U'{x)

=

logB(x) 1 x\n(B)

Wir wählen zur graphischen Veranschaulichung die Basis B=10 und beachten bei der Aufstellung der Wertetabelle, dass gilt 10°'5 = VTÖ « 3,16. Wir erhalten damit folgende Tabelle: X

0,01 0,03 0,10 0,32 1,00 3,16 10,00

U(x) -2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0

U'(x) 43,429 13,734 4,343 1,373 0,434 0,137 0,043

-1 -

- 2

J

0

1

2

3

4

5

6

A b b . 4 . 5 : Logarithmische Nutzenfunktion

b. Diese Funktion erfüllt das erste Gossensche Gesetz und ist somit als Nutzenfunktion geeignet. Diese auf Bernoulli zurückgehende Nutzenfunktion hat eine zuerst irritierende Besonderheit: Der Nutzen kann negativ werden. Dies ist für die marginalistische Theorie kaum problematisch:

94

4 Die Marginalistische

Revolution

i. Geht man von einem Existenzminimum aus und definiert die Menge, die diesem Existenzminimum entspricht als eine Gütereinheit, so leidet man, wenn man weniger als diese Menge hat. Das könnte man als negativen Nutzen bezeichnen. So könnte man sich negativen Gesamtnutzen plausibel machen. ii. Die für marginalistische Überlegungen wichtigere, ja eigentlich entscheidende Erläuterung ist folgende: Es kommt gar nicht auf die absolute Nutzenhöhe an. Einzig wichtig ist der Nutzenzuwachs, also der Grenznutzen. Dieser ist für geringere Versorgung extrem hoch und wird bei großer Versorgung sehr klein.

4.2 Aufgaben Auszug aus (Reiß 2007, S. 200ff., Abschnitt

zur marginalistischen

Theorie

95

4.3.2.lj

Das Wertparadox

Nutzenlheiten

,,Nichts ist brauchbarer als Wasser, aber man kann kaum etwas dafür erhalten; man kann fast nichts dafür eintauschen. Dagegen hat ein Diamant kaum einen Gebrauchswert, und doch ist oft eine Menge anderer Güter dafür im Tausch zu haben." [Smith 1923b, S. 35] Dieses so genannte Wertparadox war für die klassischen Ökonomen nicht aufzulösen. Wie kann das Problem nun mit dem Grenznutzenkonzept angegangen werden? Wir gehen davon aus, dass für ein bestimmtes Individuum die ersten Wassereinheiten einen extrem hohen Nutzen haben; ein Verdurstender würde sein Vermögen für ein Glas Wasser geben. Auch die nächsten Einheiten haben noch einen hohen Nutzen, dieser fällt jedoch stark ab (vgl. Abb. 4.6). Bei Diamanten bringen schon die ersten Exemplare mit 15, 10 und 8 Einheiten wesentlich weniger Nutzen, als die ersten Einheiten Wasser. Weitere Einheiten haben einen noch geringeren Nutzen, jedoch ist die Abnahme nicht so stark wie bei Wasser. Dabei ist in der Abbildung die Mengenachse mit Absicht ,falsch herum' gezeichnet. Dieser kleine graphische Trick ermöglicht es uns im Folgenden vergleichsweise einfach Mengenbeschränkungen zu berücksichtigen.

60 •

Durch Verbinden der oberen rechten (bzw. linken) Ecken der Nutzensäulen ist ein durchgängiger Nutzenkurvenverlauf eingezeichnet, der den Nutzenverläufen sehr kleiner Einheiten entspricht. Betrachten wir nun ein Land, irgendwo zwischen dem wasserreichen Schottland ohne Diamantenvorkommen und dem diamantenreichen aber trockenen Südafrika gelegen. Man kann sich unter Zeiteinsatz Wasser beschaffen als auch Diamanten schürfen. Es sollen in 1 h (Stunde) eine Einheit (1 hl) Wasser oder 1 Einheit (1/10 Karat) Diamant beschafft werden können.

40 •

30 •

Nutzeneinheiten Nutzen von Diamanten

0

5

10

15

A b b . 4 . 6 : Wertparadox - Nutzen von Wasser und Diamanten

20

96

4 Die Marginalistische

Nutzenjjj^heiten

1 90

80

70

Revolution

Welche Mengen wird man sich gcnussmaximierend beschaffen, wenn insgesamt 16 h Zeit je Tag zur Verfügung stehen? Wir schieben jetzt, wie in Abb. 4.7 dargestellt, den Nutzenverlauf der Diamanten so über den Nutzen des Wassers, dass der Nullpunkt bezüglich der Diamanten auf den Wert 16 - der zur Verfügung stehenden Zeit - auf der Mengenachse des Wasserdiagramms zu liegen kommt. In der entstandenen Graphik können wir jetzt jeweils gleichzeitig ablesen, welche Mengen an Zeit zur Beschaffung von Wasser und welche Zeit zum Schürfen von Diamanten aufgewendet werden. So kann man ablesen, dass bei einem Zeiteinsatz von 11 h zur Wasserbeschaffung 5 h zum Diamantenschürfen bleiben, und dass diese elfte Zeiteinheit der Wasserbeschaffung nur einen Genuss von zwei Einheiten liefert. Würde diese Zeiteinheit aber statt zur Wasserbereitung für das Diamantenschürfen eingesetzt, so würde das dem Individuum für diese - bezüglich Diamantenschürfen - sechste Zeiteinheit einen Genuss bei den Diamanten von vier bringen. Das Umschichten von Zeit in Diamantenschürfen verbessert also den Gesamtnutzen des Individuums. Das Nutzenmaximum ist dort gegeben, wo die Nutzensäulen bei beiden Verwendungsarten gleich hoch sind, die geglätteten Nutzenverläufe sich also schneiden. Das ist hier bei 9 h für Wasserbeschaffung und 7 h für Diamantenschürfen der Fall. In diesem Punkt gilt, dass der Nutzen (Gebrauchswert) AUw der letzten bereiteten Wassereinheit genauso hoch wie der Nutzen (Gebrauchswert) AUo der letzten bereiteten Diamanteneinheit ist. Außerdem ist der Tauschwert beider Einheiten gleich, wenn wir davon ausgehen, dass der Zeiteinsatz (jeweils lh) dem Tauschwert entspricht. Tauschwert und Gebrauchswert unterscheiden sich nicht. D a s Wertparadox existiert nicht. Der Fehler der Klassiker lag also darin begründet, dass sie nicht den marginalen Nutzen, also den der letzten Einheit, sondern den der Gesamtmenge betrachteten. Wenn sie mit der Lebensnotwendigkeit von Wasser argumentierten, betrachteten sie sogar die ersten bereiteten Einheiten. Diese Einheiten werden aber nicht getauscht. Getauscht werden die letzten Einheiten, die mit dem niedrigen Nutzen.

15

10

0

A b b . 4.7: N u t z e n m a x i m u m bei Wasser und D i a m a n t e n

4.2 Aufgaben zur marginalistischen Theorie

97

Das Wertparadox löst sich damit auf: Der Wert eines Gutes (Wasser, Diamant etc.) hängt für ein Individuum von der Ausstattung des Individuums ab. Wertbestimmend ist nicht die Menge insgesamt, sondern der Nutzen der letzten Einheit. Gleichzeitig haben wir graphisch die Aussage von Gossen bestätigt, dass „um die Summe [des] Genusses zum Größten zu bringen, . . . die Größe eines jeden Genusses in dem Augenblick, in welchem seine Bereitung abgebrochen wird, bei allen noch die gleiche bleibt." [Gossen 1967, S. 12] Bezeichnen wir mit AUW den Nutzen der letzten zubereiteten Einheit Wasser und mit AUD den Nutzen der letzten zubereiteten Einheit Diamanten so gilt AUW

=

AUD-

Dieses so genannte zweite Gossensche Gesetz wird von Gossen bezüglich der zur Bereitung benötigten und der insgesamt zur Verfügung stehenden Zeit aufgestellt. Die moderne Theorie bezieht dieses Gesetz auf Preise und Einkommen. Der entsprechenden Herleitung werden wir uns jetzt zuwenden.

Aufgabe 4.11 Gehen Sie davon aus, dass das Individuum insgesamt a. 8 h, b. 4 h zur Verfügung hat. Bestimmen Sie graphisch, welche Zeit jeweils für die Zubereitung der beiden Genüsse eingesetzt wird. Erklären Sie das Ergebnis von Teil b. •

98

4 Die Marginalistische

Revolution

Lösung 4.11

Beide Teilaufgaben lösen wir, indem der Nutzenverlauf der Diamanten, aus der Abbildung 4.8 in [Reiß 2007, S. 201], so nach links verschoben wird, dass der rechte Rand bei der zur Verfügung stehenden Zeit von 8 h bzw. 4 h liegt. a. Wie sich dann aus Abb. 4.8 ergibt, werden bei insgesamt 8 h Arbeitszeit 5 h zur Beschaffung von Wasser und 3 h zur Beschaffung von Diamanten, eingesetzt. Bei dieser Aufteilung ist der Grenznutzen der letzten beschafften Einheit Wasser mit 8 genauso groß wie der der Diamanten. Dort schneiden sich die Kurven des Nutzens je bereiteter Einheit.

1(

A b b . 4.8: N u t z e n m a x i m u m bei insgesamt 8 h

b. Etwas merkwürdig ist jedoch das Ergebnis bei 4 h verfügbarer Zeit. Wie Abb. 4.9 zeigt, gibt es dann keine Zeitaufteilung, bei der der Nutzen einer beschafften Einheit Diamant gleich der einer Einheit Wasser ist. Der Nutzen der Wassereinheiten ist stets höher als der der Diamanteneinheiten, somit wird die ganze zur Verfügung stehende Zeit für Wasser aufgewendet. Der Nutzen AUw der letzten bereiteten Wassereinheit (also der vierten) ist höher als der Nutzen der letzten bereiteten Diamanteneinheit (der Nullten). Abb.

Diamanten

N u t z e n von Wasser

4.9: N u t z e n m a x i m u m bei insgesamt 4 h

Das zweite Gossensche Gesetz gilt in Randlösungen nicht. Siehe dazu auch die Abschnitte 2.4.5 und 4.3.2.3 in [Reiß 2007, S. 103 - 107, 204], Aufgabe 4.12

Gehen Sie von der Funktion U(x 1,^2) = y/xi • xi aus. a. Zeichnen Sie den Verlauf der Funktion bei fest vorgegebenem X2 = 1.

4.2 Aufgaben zur marginalistischen b. Bestimmen Sie den Grenznutzen in a. skizzierten Verlauf. c. Zeichnen Sie den Grenznutzen

Theorie

99

und vergleichen Sie das Ergebnis mit dem

J^- in Abhängigkeit

d. Ist bei der vorgegebenen Nutzenfunktion

von x\ auf.

das erste Gossensche Gesetz erfüllt?



Lösung 4.12

Abb. 4 . 1 0 : Cobb-Douglas-Nutzenfunktion

a. Siehe den oberen Teil der Abbildung. b. U(xi, x2) = \/xix2

=

x\t2xy2

dU _ \ [ x j dx\

2\

xi

Der Grenznutzen ergibt sich für fest vorgegebenes x 2 als die Steigung der Nutzenfunktion. Diese ist nach Definition gleich der Steigung der Tangenten. c. Siehe den unteren Teil der Abbildung. d. Wegen des fallenden Verlaufs der Grenznutzenfunktion ist das erste Gossensche Gesetz erfüllt.

100

4 Die Marginalistische

Revolution

Aufgabe 4.13 Ein nutzenmaximierendes Individuum habe die in Aufgabe 4.12 angegebene Nutzenfunktion und ein Einkommen von E = 100. a. Bestimmen Sie, welche Menge von Gut 1 und Gut 2 das Individuum haben will, wenn die Preise der Güter gegeben sind durch p\ = 10, P2 = 5. (Hinweis: Benutzen Sie Beziehungen 4.2 und 4.6 aus Abschnitt 4.3.3.2). b. Bestimmen Sie für beliebige, aber fest vorgegebene pi,p2,E gewünschten Mengen x\ und X2-

die vom Individuum

c. Zeichnen Sie den in Teil b. bestimmten Zusammenhang zwischen gewünschter Menge x\ und dem Preis p\. Auf diese ,Nachfragefunktion' werden wir später noch eingehen. •

Lösung 4.13 Wir behandeln erst Teil b., da a. ein Spezialfall von b. ist au dx\ ~dü~ ÖX2

l . Tx1 / 2

2

2

2

X2 x-i

X 1/2

PI P2

2

(4.1)

p2x2 = PlXi Außerdem gilt: P\X\ +P2X2 = E

Daraus folgt mit (4.1):

XI

c. Mit E = 2 ergibt sich:

P1X1 +P1X1 = E Xl

E 2p[

4 -

Ebenso gilt: X2 =

2p2

Wir kommen jetzt zum Aufgabenteil Xi

E_ _ 100 = 5, 2pi _ 2 • 10

X2 =

E 2p2

100 2-5

10.

1. Pl

0• 0

1

2

3

4

A b b . 4.11: Nachfragefunktion Xi(pi)

4.3 Aufgaben zur Theorie

101

4.3 Aufgaben zur Theorie Aufgabe 4.14 Einem Konsumenten möge die Wahl zwischen zwei Gütern a und b freistehen. Sein Genuss bezüglich der Güter a und b werde durch die Nutzenfunktionen beschrieben:

Ua(ta) = -tl + ma 10

und Ub(tb) = 101n(i6 + 1) UL 10 Dabei sei ta (bzw. tb) die Zeit, die zur Bereitung des Genusses a (bzw. b) eingesetzt wird. Insgesamt mögen 8 h zur Verfügung stehen.

m

a. Bestimmen Sie rechnerisch die Grenznutzenfunktionen für Genuss a und Genuss b und stellen Sie diese graphisch dar.

4-\ 2 -

b. Welche dieser Nutzenfunktionen erfüllt das erste Gossensche Gesetz? Begründen Sie!

i Abb.

0 4.12:

2Grenznutzenfunktionen 4

6

c. Bestimmen Sie graphisch die Mengen an Zeit, die für Genuss a und Genuss b eingesetzt werden, um die Summe des Genusses zum Größten zu bringen (Tipp: Benutzen Sie das nebenstehende Koordinatensystem). d. Bestimmen Sie das gleiche rechnerisch (Tipp: Führen Sie ta auf tb zurück, indem Sie die insgesamt zur Verfügung stehende Zeit berücksichtigen). •

Lösung 4.14 Vorbemerkung: Bevor die eigentliche Lösung erarbeitet werden soll, sollte man sich die Ableitung der logarithmischen Funktion vergegenwärtigen: Es gilt für den natürlichen Logarithmus dln(x) _ 1 dx x Es gilt für den Logarithmus zu einer beliebigen Basis B. d\ogB(x) dx

=

1 a:ln(ß)

4 Die Marginalistische Revolution

102

(Diese Beziehung wird in der folgenden Bearbeitung jedoch nicht benötigt.) Für die Ableitung der Funktion In(2: + 1) ist die sogenannte Kettenregel (innere Ableitung mal äußere Ableitung) anzuwenden. Es ergibt sich:

oün(:r + l ) dx

2-Ü äußere Abi. innere Abi.

Jetzt kann die Lösung erarbeitet werden: a. Siehe Abbildung 4.13.

10 4

uUh) - 1 0 - ,

0 Abb. 4.13:

2

4

1

6

Grenznutzenfunktionen

b. Beide Funktionen erfüllen das erste Gossensche Gesetz, da - wie aus den Funktionen und den Graphiken ersichtlich - die Ableitungen negative Steigung haben (Sättigung tritt bei Ub allerdings bei 00 auf).

c. Das Optimum ist da, wo der Grenznutzen (der Genuss) des einen Gutes gleich dem Grenznutzen des anderen Gutes ist, also wo die Grenznutzenfunktionen sich schneiden. Nach Zeichnung ist das bei ta = 4 und tb = 4.

4.3 Aufgaben 10

10

zur Theorie

103

U'h

6 -

2tb 0

4—i—i2

4

8*0

6

A b b . 4 . 1 4 : Grenznutzenfunktionen

d. Gleichsetzen der Grenznutzenfunktionen: 10

= -2

«6 + 1

ta + 1 0

Es gilt: ta + h ta

h

Einsetzen:

t r h 10 0 0 tb

=

= = = =

~6+2tb (—6 + 2tb)(tb + 1) 2 1 \ - 4tb - 16 t2b-2tb~. 1 ± v/lTi

Die zulässige Lösung liegt bei ¿6 = 4 also ta = 8 - tb = 4

Aufgabe 4.15 In Abschnitt 4.3.4.2 wurde eine Reihe von Annahmen dafür genannt, dass ein Individuum seinen Grenznutzen am Markt offenbart. Nennen Sie bei jeder Annahme Beispiele aus der Realität, bei denen die Annahme nicht oder nur abgeschwächt gültig ist. •

104

4 Die Marginalistische

Revolution

Lösung 4.15

1. Es gibt keinen Markt für frische Luft. 2. Es gibt Käufe, die man schon in dem Augenblick bereut, in dem man sie tätigt. (Ökonomen haben allerdings Schwierigkeiten, rational überhaupt zu definieren und damit natürlich auch Schwierigkeiten, bestimmte Handlungen als irrational einzuordnen.) 3. Die „Gelben Seiten" des Telefonbuchs bekommen ihren Wert dadurch, dass sie Informationen über unbekannte Kauf- und Verkaufsmöglichkeiten, also Märkte liefern. Das ,Herumtelefonieren' vor größeren Anschaffungen ,wo ist was am billigsten' zeigt, dass Tauschraten nicht allgemein bekannt sind. 4. Nicht jeder kann Apotheker werden oder eine Bank aufmachen. 5. Waren müssen zu den Märkten bewegt werden, feilgeboten und geprüft werden. 6. Es gibt Güter, die einem Freude machen oder Nutzen stiften, ohne dass man sie erwirbt oder ihren Unterhalt bezahlt. Der Garten des Nachbarn, Wälder und Felder der Umgebung, etc. Aufgabe 4.16

a. Erläutern Sie (evtl. auf Karteikarten) stichwortartig die Begriffe: i) ii) iii) iv) v) vi) vii)

Hermann Heinrich Gossen; Wertparadox und Knappheit; 1. Gossensches Gesetz; 2. Gossensches Gesetz; Problem der Nutzenmessung; Nutzen und Grenznutzen; Beispiele von Nutzenfunktionen.

b. Überprüfen Sie anhand der Lernziele Ihren Lernerfolg!



Lösung 4.16

i) Hermann Heinrich Gossen 1810 - 1858: Begründer der marginalistischen Theorie Wichtigstes Werk: Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs, 1854 Hermann Heinrich Gossen der sich durch sein Interesse an und Talent für Mathematik auszeichnete, fand nach einigen beruflichen Umwegen zur Arbeit an seinen ökonomischen Ideen. Gossen möchte auf dem Gebiet der Volkswirtschaftslehre das leisten, was Kopernikus für die Physik tat. Bei seinen Erklärungen über

4.3 Aufgaben zur Theorie

105

die Grundlagen und Gesetze des menschlichen Zusammenseins benutzte er als Erster mathematische Formeln und Kurven um ökonomische Probleme zu veranschaulichen, weiterhin entwickelte Gossen die Grenznutzentheorie und stellt sie graphisch dar. ii) Wertparadox und Knappheit „Nichts ist brauchbarer als Wasser, aber man kann kaum etwas dafür erhalten; man kann fast nichts dafür eintauschen. Dagegen hat ein Diamant kaum einen Gebrauchswert, und doch ist oft eine Menge anderer Güter dafür im Tausch zu haben." [Smith 1923a, S.35]. Dieses sogenannte Wertparadox war für die klassischen Ökonomen nicht aufzulösen. Subjektiver Wertbegriff - der Gebrauchswert leitet sich aus der Nützlichkeit der Güter ab. Objektiver Wertbegriff - der Tauschwert ist bedingt durch die Seltenheit und der enthaltenen Arbeitsmenge. Tauschwert und Gebrauchswert unterscheiden sich nicht. Das Wert paradox existiert nicht. Der Fehler der Klassiker lag darin begründet, dass sie nicht den marginalen Nutzen, also den der letzten Einheit, sondern den der Gesamtmenge betrachteten. Wenn sie mit der Lebensnotwendigkeit von Wasser argumentierten, betrachteten sie sogar die ersten bereiteten Einheiten. Diese Einheiten werden aber nicht getauscht. Getauscht werden die letzten Einheiten, die mit dem niedrigen Nutzen. Das Wertparadox löst sich somit auf: Der Wert eines Gutes (Wasser, Diamant etc.) hängt für ein Individuum von der Ausstattung des Individuums ab. Wertbestimmend ist nicht die Menge insgesamt, sondern der Nutzen der letzten Einheit. iii) 1. Gossenschen Gesetz „Die Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit der Bereitstellung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt. (...) Wer mit einer einzigen Speise seinen Hunger stillt, dem wird der erste Bissen am Besten schmecken; schon weniger gut der zweite, noch weniger der dritte, und so weiter, bis es ihm bei fast eingetretener Sättigung auch fast gleichgültig geworden sein wird, ob er diesen letzten Bissen noch zu sich nimmt oder nicht." [Hermann Heinrich Gossen 1967, S. 5, 6] Ein anderes Beispiel kann z. B. mit Wasser gebildet werden: Der erste Becher ist lebensnotwendig, ein Verdurstender würde sein Vermögen dafür geben, weitere Mengen würden immer weniger Wert für das Individuum besitzen und irgendwann würde Wasser zur Last werden.

106

4 Die Marginalistische

Revolution

Gegenbeispiele des 1. Gossenschen Gesetzes liefern bspw. Redewendungen wie: „Der Appetit kommt beim Essen", „Man kommt auf den Geschmack". Denn es gibt Genüsse, die - zumindest in einem gewissen Bereich - stärker werden. Auch alle Genüsse, die süchtig machen und dabei immer stärkere Dosen benötigen, könnten als Gegenbeispiel für das 1. Gossensche Gesetz gelten. iv) 2. Gossenschen Gesetz „Der Mensch, dem die Wahl zwischen mehreren Genüssen frei steht, dessen Zeit aber nicht ausreicht, alle vollaus sich zu bereiten, muß, wie verschieden auch die absolute Größe der einzelnen Genüsse sein mag, um die Summe seines Genusses zum Größten zu bringen, bevor er auch nur den größten sich vollaus bereitet, sie alle theilweise bereiten, und zwar in einem solchen Verhältnis, daß die Größe eines jeden Genusses in dem Augenblick, in welchem seine Bereitung abgebrochen wird, bei allen noch die gleiche bleibt. Es folgt dieses aus dem Gesetz der Abnahme der Genüsse; (...)" [Hermann Heinrich Gossen 1967, S. 12] Wir interpretieren die Gossenschen Ausführungen: 1. Voraussetzungen: Gültigkeit des ersten Gossenschen Gesetzes (nicht im Satz selbst, aber unmittelbar davor angesprochen) Existenz mehrerer Alternativen („Wahl zwischen Genüssen") Beschränkte Menge an Mitteln (Geld, Zeit) 2. Zielsetzung: Nutzenmaximierung („...die Summe des Genießens des ganzen Lebens [werde] ein größtes...") 3. Aussage: Die beschränkten Mittel müssen so auf alternative Verwendung aufgeteilt werden, dass bei jeder Verwendung die Größe des Genusses der letzten aufgebrachten Einheit gleich ist. Für je zwei Güter ist das Grenznutzenverhältnis gleich dem Preisverhältnis! v) Problem der Nutzenmessung Sofern Nutzen nicht interpersonell objektiv gemessen werden kann, kann die Theorie von Gossen und den Marginalisten nicht als Umverteilungsargument genutzt werden. Beispiele für Methoden der direkten und indirekten Nutzenbestimmung sind z. B. die Fühlbarkeitsschwellen und der Neumann-MorgensternNutzen.

4.3 Aufgaben zur Theorie

107

vi) N u t z e n und G r e n z n u t z e n ,„ Unter Nutzen versteht man die Eigenschaft irgendeines Gegenstandes, durch welche Wohltat, Vorteil, Freude, Gutes oder Glück (all dieses bedeutet im gegenwärtigen Falle dasselbe) hervorzubringen strebt oder (was wieder auf dasselbe hinausläuft) den Eintritt eine Übels, Leides, Bösen oder Unglücks von der Person, um deren Interesse es geht, abzuwenden strebt.'"[Jevons zitiert Bentham (Introduction to the Principles of Morals and Legislation, p. 3) 1923, S. 37]. Mit den Worten von Bentham beschreibt Jevons genau das, was Gossen unter dem Begriff des Genusses behandelt. Unter Grenznutzen des Gutes i versteht man den Nutzenzuwachs durch eine zusätzliche infinitesimale Einheit, wenn die Menge aller anderen Güter konstant gehalten wird. Der Grenznutzen in einem Punkt entspricht somit dem Wert der Ableitung der Nutzenfunktion in diesem Punkt - „Steigung der Tangente". vii) Beispiele von N u t z e n f u n k t i o n e n Eine Nutzenfunktion ordnet einer Gütermenge (oder einem Bündel von Gütermengen) eine Zahl zu, die dem Nutzen dieser gesamten Gütermenge entspricht. Quadratische Nutzenfunktion: U(x) = — ^Ax2

+ Bx

Die Grenznutzenkurve der quadratischen Nutzenfunktion: dU — = —Ax + B dx Logarithmische Nutzenfunktion U(x)=logB(x)

x >0

U\x)

=

—i— x In (B)

dabei ist B eine beliebige Basis. Jede Funktion, deren 2. Ableitung negativ ist und damit das 1. Gossensche Gesetz erfüllt, ist als Nutzenfunktion geeignet. In aller Regel wird eine nicht-negative 1. Ableitung unterstellt, (vgl. [Reiß 2007, Abschnitt 5.4.3.1], NichtSättigung)

5

Nutzentheorie und Präferenzen

5.1 Aufgaben zur Lektüre [Pareto 1971] in [Reiß 2007, S. 222-224] Aufgabe 5.1 Stellen Sie die von Pareto beispielhaft gegebene Indifferenzreihe von Brot und Wein als Indifferenzkurve graphisch dar. Inwieweit unterscheidet sie sich von den Indifferenzkurven, die Pareto in seiner Abbildung gezeichnet hat? • Lösung 5.1

Die von Pareto gezeichneten Indifferenzkurven sind gekrümmt und glatt, die sich aus den Indifferenzreihen ergebende Kurve besteht aus Geradenstücken und hat somit Ecken. In der Art, wie die Geradenstücke zusammengefasst sind, ergibt sich eine Krümmung, die der Zeichnung von Pareto entspricht. A b b . 5 . 1 : Indifferenzreihe

Aufgabe 5.2 Pareto lässt die Indifferenzkurven von links oben nach rechts unten - also mit negativer Steigung - verlaufen. Wo nennt Pareto (etwas versteckt) die zugrunde liegende ökonomische Annahme? Diskutieren Sie diese Annahme! • Lösung 5.2 Pareto schreibt im Paragraph 52 „Seinen Wünschen entsprechend ist er bereit, ein bißchen weniger Brot und ein bißchen mehr Wein zu haben oder umgekehrt". Pareto nimmt also an, dass Individuen bereit sind, etwas aufzugeben, um etwas anderes zu bekommen. Daraus ergibt sich ein fallender Verlauf der Indifferenzkurve (vgl. [Reiß 2007, S. 234, Abschnitt 5.4.3.2]).

110

5 Nutzentheorie

und

Präferenzen

Aufgabe 5.3 Interpretieren Sie die Steigung ökonomisch. Was bedeutet es, wenn die Indifferenzkurve sehr Hach bzw. sehr steil verläuft? Was würde eine positive Steigung besagen? • Lösung 5.3 Wie in der letzten Aufgabe schon gesehen, bedeutet eine negative Steigung, dass man bereit ist, etwas von einem Gut abzugeben, um mehr vom anderen zu bekommen. • Eine flacher Verlauf besagt, dass man bereit ist, viel von Gut 1 (abgetragen auf der Abszisse) abzugeben, um wenig von Gut 2 zu bekommen. • Eine steiler Verlauf besagt, dass man bereit ist, viel von Gut 2 (abgetragen auf der Ordinate) abzugeben, um wenig von Gut 1 zu bekommen. Eine positive Steigung würde besagen, dass es einem Individuum nichts ausmachen würde, wenn es von beiden Gütern abgeben würde, (vgl. [Reiß 2007, S. 234, Abschnitt 5.4.3.2]) Aufgabe 5.4

Wein

Verlängern Sie die von Pareto eingezeichneten Indifferenzkurven auf eine Weise, die Ihnen plausibel erscheint.

\n

\ n' \m' m

a. Kann es dabei passieren, dass die Indifferenzkurven die Achsen schneiden? ökonomisch

Was würde bedeuten?

das

b. Kann es sein, dass sich zwei Indifferenzkurven schneiden? •

0

a

Brot A

A b b . 5 . 2 : Indifferenzkurven von P a r e t o

Lösung 5.4 a. Es kann durchaus sein, dass die Indifferenzkurven die Achsen schneiden (,wobei der Bereich unterhalb der Abszisse bzw. links von der Ordinate - also der negative Bereich - natürlich unzulässig ist). Der Punkt, den die Indifferenzkurve mit z. B. der Abszisse gemeinsam hat, ist ein Punkt, in dem nichts von Gut 2 vorhanden ist. Handelt es sich bei den Gütern beispielsweise um Kartoffeln und Reis (nahe bzw. vollständige Substitute), so sind Kombinationen, bei denen eine Komponente Null ist, durchaus sinnvoll. b. Unter recht allgemeinen Bedingungen können sich individuelle Indifferenzkurven allerdings nicht schneiden, (vgl. [Reiß 2007, S. 234, Abschnitt 5.4.3.2 und besonders 5.4.3.3])

5.1 Aufgaben zur Lektüre

111

Aufgabe 5.5 Pareto schreibt: „... er weiß nicht, welches er wählen soll, er ist indifferent, die eine oder die andere dieser Kombinationen zu wählen." (vgl. [Pareto 1971, S. 118], eigene Ubersetzung). Zeigen Sie, welche Bedeutung ,nicht wissen' hier hat. Stellen Sie sich dazu eine Situation vor, in der ein Individuum nicht weiß, welches von zwei angebotenen Getränken genießbar und welches giftig ist. Sind solche Situationen vorgesehen? Welche Annahme bezüglich des Wissens über die Güter macht Pareto implizit? • Lösung 5.5 Pareto macht implizit die Annahme, dass das Individuum über die Güter ihre Qualitäten und seine eigenen Wünsche sowie Bedürfnisse vollständig informiert ist. „Nicht wissen" bedeutet also in diesem Zusammenhang,glicht entscheiden können", „indifferent sein". Aufgabe 5.6 Pareto zeichnet die Indifferenzkurven in bestimmter Weise gekrümmt. Begründet er diese Krümmung? Versuchen Sie eine ökonomische Begründung zu geben! Hinweis: Wählen Sie auf den von Pareto gezeichneten Kurven jeweils einen Punkt links oben und rechts unten, und bestimmen Sie dazu die Güterausstattung. Denken Sie auch an die in den letzten Aufgaben gefundenen Begründungen für die Steigung. • Lösung 5.6 Pareto unterstellt (ohne Begründung) Kurven, die von unten konvex sind. Damit ergibt sich, dass • bei einer geringen Ausstattung von Gut 1 und einer hohen Ausstattung von Gut 2 der Verlauf sehr steil (fallend) und • bei einer hohen Ausstattung von Gut 1 und einer geringen Ausstattung von Gut 2 der Verlauf sehr flach (fallend) ist. Man beachte Aufgabe 5.3 und bedenke, dass damit das Gut, von dem relativ wenig vorhanden ist, im Vergleich zu dem, von dem viel vorhanden ist, hoch eingeschätzt wird. (vgl. [Reiß 2007, S. 239, Abschnitt 5.4.3.4]) Aufgabe 5.7 Erläutern Sie, wie den Indifferenzkurven Indizes zugewiesen werden. Geben Sie für das Kurvensystem von Pareto ein anderes Indexsystem, das die beiden Bedingungen von Pareto erfüllt. •

112

5 Nutzentheorie und Präferenzen

Lösung 5.7

Pareto schreibt in § 56: „Die Kurve nms der Abbildung [mit der Kombination 1 kg Brot, 1kg Wein] möge den Index 1 haben; m' (also z. B. 1,1 kg Brot und 1,1 kg Wein) . . . geben wir den Index 1,1." ([Pareto 1971] in [Reiß 2007, S. 223]) Pareto weist offensichtlich jeder Indifferenzkurve insgesamt den x-Wert (bzw. den y-Wert) zu, den die Indifferenzkurve auf der 45-Grad-Linie hat (schwarze Werte in nebenstehender Abbildung). Pareto hätte allerdings auch ohne Verletzung seiner Bedingungen z.B. das Quadrat der entsprechenden Werte (rote Zahlen in der Abbildung oberhalb der 45°-Linie) oder auch ihre Logarithmen (rote Einträge unterhalb der 45°-Linie) zuweisen können (vgl. [Reiß 2007, S. 245, Abschnitt 5.4.4.3]).

Gut 2

log(lf)

A b b . 5 . 3 : Nutzenindizes

Aufgabe 5.8

In der Fußnote zu § 54 grenzt Pareto seine Vorgehensweise gegen die von Edgeworth ab. Versuchen Sie darzulegen, auf welchen wesentlichen Unterschied hingewiesen wird. Denken Sie an das Problem der Nutzenmessung! Lösung 5.8

Vergleichen Sie hierzu [Reiß 2007, S.389-399] Setzt man, wie Edgeworth, Nutzen voraus, um Indifferenzkurven als Kurven gleichen Nutzens zu definieren, so muss Nutzen quantifiziert werden, das Problem der Nutzenmessung also gelöst werden. Pareto hingegen gewinnt die Indifferenzkurven direkt aus dem Vergleich von Güterbündeln, Nutzen muss nicht gemessen werden. Nach der Vorgehensweise von Pareto können Indifferenzkurven durch eine Serie von ja-nein-Fragen gewonnen werden: Finden Sie Güterbündel x besser, gleich gut oder schlechter als Güterbündel y? Diese Frage, so nimmt Pareto implizit an (vgl. Aufgabe 5.5), kann vom Individuum grundsätzlich beantwortet werden. Das Problem der Nutzenmessung ist umgangen. Aufgabe 5.9

Pareto erklärt Bruchteile von im Prinzip nicht teilbaren Gütern durch Durchschnittsbildung. Was bedeutet dann eine Aussage wie die Folgende: Für jeden betroffenen Patienten stehen 0,9 Herzschrittmacher zur Verfügung? •

5.1 Aufgaben zur Lektüre

113

Lösung 5.9

Bei dieser Aufgabe soll erkannt werden, dass Durchschnittsbildungen zu Problemen führen können. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn eine Analyse, wie die von Pareto, auf individuelles Verhalten abstellt. Für das Beispiel gilt, dass bei 100 Patienten 10 Patienten keinen Herzschrittmacher bekommen. Ein anderes Beispiel: Ein Einkommensmillionär und ein Bettler sind im Durchschnitt beide wohlhabend. Aufgabe 5.10

An welchen Stellen benutzt Pareto Vergleiche aus Naturwissenschaft und Technik? Was erklärt er mit diesen Beispielen ? • Lösung 5.10

Pareto spricht von: • Höhenlinien, • von Hebel und Waage, • von Photographie. Mit der Photographie der Wünsche will Pareto verdeutlichen, dass er durch das Indifferenzkurvensystem den Menschen als Konsumenten erfasst hat. Mit Hebel und Waage stellt Pareto - wie viele Ökonomen der Zeit (von Adam Smith bis Gossen) Bezüge zwischen der Mechanik und der ökonomischen Theorie her. Ahnlich wie die objektiven Gesetze der Mechanik bedingt durch Messfehler, Messungenauigkeiten oder Reibung manchmal scheinbar nicht gültig sind, so sind auch die objektiven Gesetze der Ökonomie häufig oberflächlich nicht gültig. Die Höhenlinien benutzt Pareto zur Darstellung seiner Indifferenzkurven. Anders als Höhenlinien, deren Abstand von der Grundfläche objektiv quantifizierbar ist, sind Indifferenzkurven lediglich indizierbar. Aufgabe 5.11

Untersuchen Sie, welche Vorteile es hat, Methoden anderer Wissenschaftsgebiete in den Sozialwissenschaften zu verwenden. Welche Probleme könnte eine solche Vorgehensweise mit sich bringen? • Lösung 5.11

• Vorteile: Bestimmte Probleme, die in verschiedenen Bereichen der Wissenschaften auftauchen, müssen nicht mehrmals behandelt werden. Bestimmte Vorgehens weisen, die

114

5 Nutzentheorie

und

Präferenzen

ihre Vorteile in bestimmten Bereichen bewiesen haben, können vielleicht auch in anderen Bereichen erfolgreich angewandt werden. Beispielsweise können Optimierungsmethoden, die ursprünglich hauptsächlich in der Physik entwickelt wurden, auch in Optimierungsproblemen der ökonomischen Theorie angewandt werden. • Probleme: Es besteht die Gefahr, dass wesentliche Unterschiede zwischen einzelnen Gebieten übersehen oder bewusst bzw. unbewusst heruntergespielt werden. Aufgabe 5.12 Zeichnen Sie Ihr persönliches Indifferenzkurvensystem Schwierigkeiten haben Sie? Führen diese Schwierigkeiten

von Brot und Wein. Welche die Methode ad absurdum?D

Lösung 5.12 Die Tatsache, dass ein persönliches Nutzendiagramm nur schwer zu zeichnen ist, bedeutet nicht unbedingt, dass die Methode falsch ist. Um ein weiteres Bild aus der Physik zu gebrauchen: Elektronen ,kennen' nicht die Feldlinien in einem elektrischen Feld und bewegen sich doch auf ihnen. Es gibt Beispiele aus der Biologie, wo bestimmte Funktionen optimiert werden, ohne dass man davon ausgehen kann, dass die Handelnden die Funktionen kennen. Dazu vergleiche man auch folgende Ausführungen von Pareto: „For example, it is known that the cells in a honey-comb of bees terminate in a pyramid, and that with the minimum of surface, that is to say, with the least use of wax, they have maximum volume, in other words they can hold the largest quantity of honey. No one imagines, however, that this is the case because bees have solved a maximization problem by use of syllogisms and mathematics." [Pareto 1971, S. 30] Aufgabe 5.13 „Wir schreiben, um die Relationen zwischen den Phänomenen in objektiver Form zu eruieren ..." (vgl. [Pareto 1971, S. 124], eigene Übersetzung). Erläutern Sie, welche Ansprüche Pareto an seine Theorie stellt! Denken Sie dabei auch an das Bild von der Photographie der Wünsche"! • Lösung 5.13 Pareto hat offensichtlich den Anspruch, Gesetze zu entwickeln, die denen der klassischen Mechanik in der Physik entsprechen (man vgl. dazu auch das Zitat in Aufgabe 5.14). Wenn er von einem Individuum die Präferenzenphotographien besitzt, kann er anhand dieser Photos das Verhalten erklären und beschreiben.

5.1 Aufgaben zur Lektüre

115

Aufgabe 5.14 „Ein wissenschaftlicher Satz ist wahr oder falsch, er kann darüber hinaus keine andere Bedingung erfüllen, wie die, liberal oder sozialistisch zu sein. Die Gleichungen der Bewegung der Himmelskörper durch die Einführung einer katholischen oder atheistischen Kondition integrieren zu wollen, wäre reine Torheit." [Pareto 1975, S. 109]. Diskutieren Sie diese Auffassung Paretos. Gehen Sie dabei auf Begriffe wie ,christliche Ethik', sozialistisches Menschenbild', ,liberale Weltanschauung' ein. Inwieweit können Normensysteme mit wissenschaftlichen Methoden untersucht werden? • Lösung 5.14 Paretos Absicht ist es, ökonomische Gesetze aufzufinden, die den Gesetzen der Mechanik gleichen. Diese Gesetze können nur richtig oder falsch sein. Sehr wenig geht Pareto in diesem Zusammenhang auf die soziale Bedingtheit der Präferenzen ein, er untersucht nicht, inwieweit ideologische Standtpunkte, soziales Herkommen, weltanschauliche Grundüberzeugungen das Handeln der Menschen bestimmen. Solche Grundeinstellungen sind bei Pareto offensichtlich schon im Präferenzsystem inkorporiert und liegen somit für ihn außerhalb seiner Untersuchung. Dieser Wunsch, ökonomische Gesetze analog zu Gesetzen der Physik und insbesondere der Mechanik zu gewinnen, durchzieht das „Manual" wie ein roter Faden und ist an vielen Stellen wesentlich deutlicher auszumachen, als in den im Buch vorgestellten Passagen. „Strange disputes about predestination, about the efficacy of grace, etc., and in our day incoherent ramblings on solidarity show that men have not freed themselves from these daydreams which people have gotten rid of only in the physical sciences, but which still burden the social sciences." [Pareto 1971, S. 36] „We must begin eliminating everything which is not essential and consider the problem reduced to its principal and essential elements. Hence we distinguish pure economics from applied economics. The first is represented by a figure which contains only the principal lines; by adding details the second is obtained. These two parts of economics are analogous to the two parts of mechanics: rational mechanics and applied mechanics." [Pareto 1971, S. 104] Dabei ist auch die ganze Wortwahl von der Mechanik geprägt. „The study of pure economics is composed of three parts: a static part, a dynamic part which studies successive equilibria, and a dynamic part which studies the movement of an economic phenomenon." [Pareto 1971, S. 104] „The theory of economic science thus acquires the rigor of rational mechanics; it deduces its results from experience, without bringing in any metaphysical entity." [Pareto 1971, S. 113]

116

5 Nutzentheorie und Präferenzen

Dabei wird auch deutlich, dass die Analogien von Politischer Ökonomie und Physik nicht so simpel und undifferenziert wie z.B. bei Gossen gesehen werden. Zu den Analogien zwischen den mechanischen Theorien der Physik und den Theorien der Marginalisten allgemein beachte man auch [Mirowski 1984, S. 363-365]. Mirowski führt z. B. bezüglich Jevons, Walras, Edgeworth und Pareto folgendes aus: „He [Jevons] then proceeds to compare the equality of the rations of marginal utility of two goods and their inverted trading ration to the law of the lever, where in equilibrium the point masses at each end are inversely proportional to the ration of their respective distances from the fulcrum." „In this article he [Walras] develops the two favourtie metaphors of the early neoclassical economists, the rational mechanics of the equilibrium of the lever and the mathematical relations between celestial bodies." Mirowski zitiert Edgeworths Ausführung: „,Mecanique Sociale' may one day take her place along with ,Mecanique Celste', throned each upon the double-sided height of one maximum principle, the supreme pinnacle of moral as of physical science." Danach schreibt Mirowski: „In some ways, Pareto was the most ruthless proponent of the physical metaphor, and because of this, found himself the first of the neoclassical to have to defend himself from attacks by mathematicians and physicists (Vito Volterra in [Hurwicz u. a. 1971, S. 365-396])."

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie Aufgabe 5.15

a. Wie viele Einheiten von Gut 1 und Gut 2 enthält das Bündel y in Abb. 5.4? b. Tragen Sie das Güterbündel in die Graphik ein.

z = (2; 3)

c. Schreiben Sie die Indifferenzreihe Paretos als eine Reihe von Güterbündeln. d. Müssen die Güterbündel notwendiger- 3 _ weise nur positive Komponenten enthalten? Wann könnten negative Komponenten ökonomisch sinnvoll sein? e. Stellen Sie Güterbündel mit drei Gütern graphisch dar. Welche Probleme ergeben sich? Kann man Güterbündel mit mehr als drei Gütern graphisch darstellen ? Warum wird in einführenden Darstellungen der Wirtschaftswissenschaft meist mit zwei, allenfalls drei Gütern argumentiert? •

A b b . 5 . 4 : Darstellung von Güterbündeln

117

118

5 Nutzentheorie und Präferenzen

Lösung 5.15

a. Das Bündel y enthält vier Einheiten von Gut 1 und drei Einheiten von Gut 2. b. Siehe nebenstehende Abbildung. c. (1,6; 0,7), (1,4; 0,8), (1,2; 0,9), (1,0; 1,0), (0,8; 1,4), (0,6; 1,8) [Reiß 2007, S. 222] d. Man kann nur das nutzen, was man tatsächlich hat. Somit können die Güterbündel in der hier vorgeführten Analyse nur nicht-negative Komponenten haben. In vielen Bereichen der ökonomischen Theorie werden jedoch auch Güterbündel mit negativen Komponenten betrachtet. Negative Komponenten können dann z. B. als Schulden bzw. zu liefernde oder einzusetzende Mengen aufgefasst werden. e. In nebenstehender Abbildung ist das dreidimensionale Güterbündel x = (3 ; 4 ; 5) eingetragen. In einem zusammenhängenden Koordinationssystem ist eine Darstellung von Güterbündel mit mehr als drei Gütern nicht möglich. f. In einführenden Darstellungen benutzt man gern graphische Darstellungen. Das ist jedoch allenfalls bei drei Gütern möglich. Die meisten Ergebnisse, die man in diesen Darstellungen herleitet, können durch analytische Methoden erweitert werden.

0

1

2

3

4

5

A b b . 5.5: Darstellung von G ü t e r b ü n d e l n Gut 3 Fleisch'

5H 4 3H

0

Gut 2 Wein

1

2

A b b . 5.6: Dreidimensionale Darstellung

Aufgabe 5.16

Gehen Sie von Abb. 5.4 mit den Güterbündeln x, y und dem von Ihnen eingetragenen Bündel z = (2,3) aus. a. Wie ist die Güterversorgung beim Bündel z verglichen mit x und von z verglichen mit y ? Wie ist die Güterversorgung bei x verglichen mit y? b. Können Sie Aussagen darüber machen, wie ein Individuum Bündel x im Vergleich zu z einschätzt? Wie wird der Vergleich zwischen x und y ausfallen? Begründen Sie Ihre Antwort! •

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie

119

Lösung 5.16

a. z enthält von beiden Gütern weniger als x. z enthält von Gut 1 weniger als y und von Gut 2 genauso viel wie y. x enthält von Gut 2 mehr und von Gut 1 weniger als y. b. Zwischen den Bündeln x und y ist ohne Kenntnis der Präferenzen des Individuums keine Aussage möglich. Es kann Individuen geben, die x vorziehen und es kann Individuen geben, die y vorziehen. Im Prinzip muss man auch beim Vergleich von x und z das Individuum kennen- allerdings nimmt man in der Regel an, dass alle Individuen bei Gütern mehr von beidem (in diesem Fall also Güterbündel x) vorziehen. Vgl. [Reiß 2007, S. 229, Kapitel 5.4.2] Aufgabe 5.17

a. Was verstehen Sie unter dem ökonomischen

Begriff,Gut'?

b. Geben Sie Beispiele für Güter so an, dass z von einem Individuum höher geschätzt wird als x. Kann man den Begriff ,Gut' derart deßnieren, dass so etwas nicht auftreten kann? • Lösung 5.17

a., b. Es gibt Güter, die von einer bestimmten Menge an zur Last werden, so dass man froh ist, sie los zu werden. Güterbündel z wird dann von einem Individuum höher eingeschätzt als x, wenn das Individuum in x von beiden Gütern zu viel besitzt. Ökonomen gehen in der Regel jedoch davon aus, dass ein ,Gut' etwas ist, von dem das Individuum mehr haben möchte. Entsprechend spricht man manchmal von einem ,Un-Gut' oder auch von einem ,Schlecht', wenn das Individuum weniger davon haben möchte. Ausgehend von der modernen Sichtweise, dass sich die Ökonomie mit knappen Gütern beschäftigt, und das Stadium des Überflusses nicht erreicht ist bzw. nicht erreicht werden kann, beschränkt sich die ökonomische Theorie meistens auf Güter von denen das Individuum mehr haben möchte. Auszug aus [Reiß 2007, S. 229f., Abschnitt 5-4-2.2] Freie K o n s u m w a h l Je nachdem, welche Bedürfnisse befriedigt werden sollen, können Güter in folgender Weise klassifiziert werden: (1) lebensnotwendige Güter, (2) wünschenswerte Güter, (3) Luxusgüter. Aufgabe 5.18

a. Ordnen Sie die folgenden Güter der obige Klassifikation ct. Bücher,

zu.

120

5 Nutzentheorie ß.

Schreibmaterial,

7.

Pelzmäntel.

und Präferenzen

b. Nennen Sie unterschiedliche Situationen, in denen jedes der in a. genannten lebensnotwendig, wünschenswert bzw. Luxusgut ist.

Güter •

Lösung 5.18

a. Eine Einordnung ist problematisch. Jedes der Güter kann je nach Situation Luxus, wünschenswert oder lebensnotwendig sein.(vgl. [Engel 1895] in [Reiß 2007, S. 261 ff.]; Aufgabenteil b). b. Als Beispiel nehmen wir den „typischen Fall" eines Luxusgutes, den Pelzmantel. Ein Pelmantel kann für einen Eskimo lebensnotwendig, für andere Klimata und Zivilisationsstufen wünschenswert und für mitteleuropäische Frauen evtl. ein reines Luxusgut sein. Eine ökonomische Einordnung muss bei der Güterklassifikation die näheren Umstände und dabei die Präferenzen und das Einkommen des betrachteten Individuums berücksichtigen. Aufgabe 5.19

a. Untersuchen Sie, inwieweit in den folgenden Beispielen freie Konsumwahl gegeben bzw. nicht gegebenen ist (die Beispiele werden innerhalb der Klammern bezüglich der Situation bzw. bezüglich der betrachteten Individuen näher spezifiziert). i) Einkauf in einem Geschäft (Supermarkt, Spirituosenhandlung, Videoverleih, Apotheke, Waffenladen) durch ein Individuum (Jugendlicher, Erwachsener, praktizierender Arzt, Jäger) ii) Abschluss einer Versicherung (Haftpflicht, Krankenversicherung, Diebstahlversicherung, Altersversorgung) durch einen Versicherungsnehmer (Lehrer, praktizierender Arzt, Autobesitzer, Hausbesitzer) iii) Teilnehmer (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) an einer Ausbildung (allgemeinbildende Schule, Berufsschule, Musikschule, Sporttraining, ComputerKurs) b. Versuchen Sie zu begründen, warum in Teil a. in bestimmten sumwahl gegeben und in anderen Fällen nicht gegeben ist.

Fällen freie Kon-

c. Untersuchen Sie einige Fälle, in denen freie Konsumwahl nicht gegeben ist. Welche Personen, Instanzen bzw. Organisationen bestimmen in diesen Fällen über die Bedürfnisse der Individuen? Woher haben sie die Legitimation? • Lösung 5.19

a. Es sollte erkannt werden, dass durch staatliche Vorschriften Konsumenten von bestimmten Geschäftstransaktionen ausgeschlossen werden (z. B. Jugendliche in der Spirituosenhandlung, im Video-Verleih) oder zu bestimmten Abschlüssen gezwungen werden (Haftpflichtversicherung des Autobesitzers etc.).

5.2 Aufgaben

zur Nutzentheorie

121

b. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bestimmte Individuen ihre wahren Präferenzen bzw. ihre wahren Bedürfnisse nicht kennen (Jugendliche, Süchtige) oder aber Präferenzen haben, die für die Gesellschaft schädlich sind oder von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden (Pornographie etc.). c. Solche Instanzen bzw. Organisationen können Gerichte, Gesetzgeber, Kirchenorgane etc. sein. Das Problem der Legitimation ist hier sehr schwierig zu beantworten. Die einzelnen Instanzen berufen sich z.B. auf alles Mögliche zwischen ethischen Normensystemen, Vernunft und gesundem Volksempfinden. Aufgabe 5.20 a. Untersuchen Sie, welche Bedürfnisse Sie haben, die Ihre Vorfahren vor 200 Jahren nicht hatten und welche Bedürfnisse damals Ihre Vorfahren hatten, die Sie heute nicht haben. b. Auf welche Weise sind die Bedürfnisse Ihre Vorfahren nicht hatten?

entstanden,

die Sie heute haben, die aber

c. Inwieweit sind die Bedürfnisse nach einem Auto, nach einer Waschmaschine, einem Fernsehempfänger tatsächlich neu entstandene, neu geschaffene Bedürfnisse? Wie kann man zeigen, dass auch die Menschen vor 500 Jahren ähnliche Bedürfnisse hatten, die sich aber anders ausdrückten? • Lösung 5.20 a. Es könnte wie folgt lauten: i. Vor zweihundert Jahren hatten die Individuen kein Bedürfnis nach Benzin, Glühbirnen, CDs, DVDs, Fernsehempfängern, Autos, Computern etc. ii. Heute haben wir normalerweise kein Bedürfnis für z. B. Postkutschen, Postkutschenfahrten etc. Es fällt auf, dass man leicht Beispiele für Fall i. aber nur schwer Beispiele für ii. finden kann. Offensichtlich haben wir mehr Bedürfnisse, bzw. sind mehr von diesen geschaffen oder geweckt worden. b. Dadurch, dass a . neue Techniken entwickelt wurden und ß. wir wirtschaftlich in die Lage versetzt wurden, Grundbedürfnisse zu stillen und dadurch neue Bedürfnisse entdeckten. c. Fasst man Bedürfnisse in mehr prinzipieller Weise, so hat der Konsument i. A. das Bedürfnis nach Unterhaltung (z. B. durch Fernsehen). Dieses Bedürfnis nach Unterhaltung gab es auch vor der Erfindung und der Implementierung des Fernsehens. So gesehen sind auch die Bedürfnisse nach Autos, CDs, Glühbirnen, Computern etc. keine neuen Bedürfnisse, da auch schon früher der Wunsch nach einem Fortbewegungsmittel, nach Musik, nach Beleuchtung und Schreib /Archivierungsmaterial bestand.

122

5 Nutzentheorie

und Präferenzen

Auszug aus [Reiß 2007, S. 232, Abschnitt

5-4.2.5]

Kritik Knappheit und die Grenzenlosigkeit menschlicher Bedürfnisse bilden einen Grundstein der bürgerlichen Ökonomie. Dieser Ausgangspunkt ist in den letzten Jahren vor allem von sozialistisch orientierten Ökonomen stark angegriffen worden: „Die menschliche Natur produziert nicht zwangsläufig den konsumhungrigen, maximierenden Roboter, der für das profitable Funktionieren unseres ökonomischen Systems so erforderlich ist. Die kapitalistische Menschheit und die meisten ihrer Wünsche werden durch ein ausgefeiltes System sozialer Kontrolle, Manipulation, Irreführung und allgemeiner sprachlicher Verschmutzung geschaffen. In diesem ökonomischen und politischen System - aufgebaut auf Korruption und Täuschung - wird jedes einsame isolierte Individuum in gnadenlosem Wettbewerb gegen alle andern Individuen ausgespielt. Kann es da erstaunen, dass das Ergebnis fast vollständige Orientierungslosigkeit, Apathie und Hoffnungslosigkeit ist? Ein überall vorhandener Zustand von Leere und Sinnlosigkeit des Lebens bildet die Grundlage, auf der Werbeagenturen die Wünsche des Menschen im Kapitalismus aufbauen. Solch ein Mensch sieht in der Werbung, wie fröhliche, glückliche und lebhafte Leute sich neue Autos, Häuser und Stereoanlagen kaufen. Also bemüht er sich, seine eigene Unzufriedenheit und seine Ängste durch Kaufen zu überwinden. Kaufen, Kaufen und nochmals Kaufen wird seine Richtschnur und der Gewinn der Kapitalisten. Aber er bekommt dadurch keine Befriedigung und darum strebt er nach einem größeren Wagen, einem teureren Haus usw. und befindet sich mitten in einer Tretmühle des Konsums für eine Alice-im-Wunderland-Welt." (vgl. [Hunt 2002, S. 396], eigene Übersetzung) Aufgabe 5.21

Worauf ist nach Hunt die NichtSättigung

der Wünsche

Diskutieren Sie seine Aussagen.

zurückzuführen? •

Lösung 5.21

In der Diskussion sollte angesprochen werden, dass a. Hunt natürlich recht hat, wenn er auf die Beeinflussbarkeit der Menschen durch Werbung, Erziehung, Propaganda abhebt, b. die Menschen auch außerhalb des Kapitalismus Bedürfnisse und zwar wahrscheinlich prinzipiell unersättliche Bedürfnisse haben. Werbung kann sicher Bedürfnisse wecken und verstärken, ob aber die ,kapitalistische Menschheit und die meisten ihrer Wünsche . . . durch ein ausgefeiltes System sozialer Kontrolle, Manipulation, Irreführung" (vgl. [Hunt 2002, S. 396], eigene Übersetzung) geschaffen wird, ist zu bezweifeln.

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie

123

Aufgabe 5.22 In Tabelle 5.1 ist der Medaillenspiegel der Olympischen Sommerspiele 2000 vom 26.9.2000 dargestellt. a. Erläutern Sie diese Tabelle und die Land Gold Silber Bronze Erstellung der Rangordnung. Erklären USA 15 25 23 Sie dabei insbesondere, 22 14 14 China 14 Russland 17 20 i) warum stehen die USA an der Australien 12 20 12 Spitze der Tabelle? Frankreich 12 13 7 ii) warum steht Frankreich hinter Italien 11 11 6 Australien? Rumänien 10 4 4 Niederlande 8 5 3 iii) warum steht Japan hinter SüdGroßbritan. 6 8 5 korea? Deutschi. 5 11 16 b. Nehmen Sie an, es würden die StaSüdkorea 5 6 8 tuten so geändert, dass gemischtJapan 4 5 6 nationale Mannschaften (z. B. im TenPolen 4 4 1 nis, im Fußball) gebildet werden könnten (und dass ein Team jeweils eine Medaille für einen Platz erhalten würTabelle 5.1: Medaillenspiegel de). Dann wären im Medaillenspiegel gebrochene Zahlen möglich. Würden Einträge mit gebrochenen Zahlen das Ordnungsprinzip ändern? c. Das Ordnungsprinzip, das dem Medaillenspiegel zugrunde liegt, heißt lexikographische Ordnung. Erläutern Sie diesen Namen, indem Sie an die Ordnung der Einträge in einem Lexikon denken. d. Definieren Sie formal die lexikographische Präferenzordnung zwei Komponenten (bzw. für Wörter mit zwei Buchstaben).

für Vektoren

mit

e. Gehen Sie zur Vereinfachung davon aus, dass es nur Gold- und Silbermedaillen gibt. Stellen Sie in einem Gold-Silber-Diagramm die Bessermenge und die Schlechtermenge für Südkorea (5 Gold und 6 Silber) dar und tragen Sie darin die Position Polens, Japans und der Niederlande ein. f. Untersuchen Sie, ob die Bessermenge und die Schlechtermenge von z. B. Südkorea abgeschlossen sind. g. Wo auf der Verbindungsgerade zwischen Polen und den Niederlanden liegt der Punkt, der genauso gut im Medaillenspiegel ist wie Japan? h. Man sagt, dass im Medaillenspiegel Goldmedaillen unendlich wertvoller sind als Silbermedaillen und diese wiederum unendlich wertvoller sind als bronzene Medaillen. Erläutern Sie! i. Suchen Sie ökonomisch relevante Beispiele für lexikographische Präferenzordnungen. Denken Sie daran, dass Sie Ordnungen suchen müssen, in denen es Ausschlusskriterien (K.O.-Kriterien) gibt. •

124

5 Nutzentheorie

und Präferenzen

Lösung 5.22 a. Die USA stehen an erster Stelle, da sie die meisten Goldmedaillen errungen hat; die Anzahl der errungenen Silber- und Bronzemedaillen ist demgegenüber nebensächlich. Australien steht vor Frankreich, da beide die gleiche Anzahl von Goldmedaillen, Australien aber mehr Silbermedaillen hat. Die Anzahl der Bronzemedaillen ist demgegenüber nebensächlich. Südkorea steht vor Japan. Beide haben sowohl die gleiche Anzahl von Gold- wie von Silbermedaillen. Südkorea hat aber mehr Bronzemedaillen. Man sieht, dass normalerweise allein die Anzahl der Goldmedaillen die Rangfolge bestimmt. Nur wenn die Anzahl der Goldmedaillen gleich ist, werden die Silbermedaillen als alleiniges weiteres Kriterium herangezogen und nur wenn Gold- und Silbermedaillen übereinstimmen spielen Bronzemedaillen eine Rolle. b. Das Prinzip bleibt das Gleiche. Hätte z. B. USA 25,75 Goldmedaillen, China nur 25,333 Goldmedaillen, so würden die USA vor China rangieren. c. Das Ordnungsprinzip im Lexikon entspricht dem Ordnungsprinzip im Medaillenspiegel. Ausschlaggebendes Kriterium ist im Wesentlichen der erste Buchstabe der Wörter. Nur wenn zwei Wörter den gleichen Anfangsbuchstaben haben, wird der zweite Buchstabe berücksichtigt, nur wenn die ersten beiden Buchstaben gleich sind, wird der dritte Buchstabe beachtet etc.

d. x = (x1,x2)

x > y

X\

y = (2/1,2/2)

10 H 9 8 7

Silber

Südkorea

6-

Xi > 2/1 2/1 und x2 > 2/2

e. Siehe Abbildung 5.7

54 3 2

1H 0 0

Polen

Schlechtermenge zu Südkorea

1

2

3

4

5

6

7

Gold

A b b . 5.7: Lexikographische Präferenzen

Weder die Bessermenge noch die Schlechtermenge sind abgeschlossen, da z. B. ein Punkt, der genau senkrecht unterhalb von Südkorea liegt, zwar Randpunkt der Bessermenge von Südkorea ist, aber nicht zur Bessermenge gehört. Entsprechend sind Punkte genau oberhalb von Südkorea Randpunkte der Schlechtermenge, gehören aber nicht zur Schlechtermenge.

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie

125

g. Wie in Abbildung 5.7 zu sehen ist, liegen Japan und Südkorea auf dem selben Punkt im Gold-Silber-Diagramm, da sie die gleiche Anzahl an Gold- und Silbermedaillien haben. Es existiert kein Punkt auf der Verbindungsgeraden zwischen Polen und den Niederlanden der genauso gut für die beiden Länder ist, da der Punkt, der genau unterhalb von Südkorea bzw. Japan liegt, schlechter als Südkorea(Japan) ist, und jeder rechts davon besser als Südkorea (Japan) ist. h. Ein Land, das einen möglichst hohen Rang im Medaillenspiegel anstrebt, wird Goldmedaillen grundsätzlich nicht gegen Silbermedaillen tauschen, unabhängig davon, wie hoch das Tauschverhältnis ist. Gold im Medaillenspiegel ist unendlich viel wertvoller, da es - wie im letzten Abschnitt gesehen - kein Tauschverhältnis zwischen Goldmedaillen und Silbermedaillen geben würde (selbst wenn ein solcher Tausch zulässig wäre). Man beachte, dass z. B. in der Tennis-Weltrangliste eine solche Tauschbereitschaft bestehen würde. Ein Tennisspieler, der nur die Liste im Kopf hat, wäre bereit, einen ersten Platz im Turnier gegen eine entsprechende Anzahl zweiter Plätze zu tauschen. Ähnliches gilt z. B. für die Formel-Eins-Weltmeisterschaft. i. Es gibt eine Reihe von Beispielen: i) Vergabe von Baugrundstücken an kinderreiche, bedürftige Familien Eine Kommune vergibt Baugrundstücke nach zwei Kriterien: i. Je mehr Kinder, umso höher die Einordnung. ii. Bei gleicher Kinderzahl ist die Einordnung umso höher, je niedriger das Familieneinkommen ist. ii) Vergabe von Krediten nach dem ,Windhundprinzip'. iii) Kriterium ,Sicherheit' und ,Energieeffizienz' bei der Stiftung Warentest. iv) Kriterium ,Ökologie statt Ökonomie'. Aufgabe 5.23

Gut 2

a. Vergleichen Sie in Abb. 5.8 die Punkte x und u und bestimmen Sie die Vorzeichen Wein von Aij — u\ — xi, — U2 — X2 und6 - [ k g ] von Aa^/Aii. Interpretieren Sie die Vor- 5 zeichen ökonomisch. 4b. Interpretieren Sie die Substitutionsrate 3ökonomisch und geometrisch. 2

c. Was würde es ökonomisch bedeuten, wenn die Substitutionsrate positiv wäre? l H Zeichnen Sie eine entsprechende Graphik. Können Sie sich eine solche Situation vor- 0 0 stellen? Gegen welche schon eingeführte Annahme würde eine positive Substituti- Abb. onsrate verstoßen? •

Gut 1 1

i 1

1

i 2

1

i 3

1

i 4

1

5.8: S u b s t i t u t i o n s r a t e

i 1 i B'r— ~T 5 6 o t [kg]

126

5 Nutzentheorie

und

Präferenzen

Lösung 5.23

a. Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Punkt x = (3,2). Damit wird der Punkt u =(4,1) verglichen, u besitzt von Gut 1 mehr und von Gut 2 weniger. Folgerichtig ist die Änderung von x zu u in der ersten Komponente Azi — u i — xi = 1 positiv - man bekommt vom ersten Gut etwas - und in der zweiten Komponente negativ AX2 = U2—X2 = —\ da man etwas vom zweiten Gut abgeben muss. Zusammengefasst folgt: Aa^/Axi = - 1 Das Negativ-Zeichen ergibt sich, da ein Weggeben (Minus-Vorzeichen) in Beziehung gesetzt wird zu einem Bekommen (Plus-Vorzeichen). b. Je nachdem, ob ich von Gut 1 mehr oder weniger bekomme, gibt die Substitutionsrate an, i. wie viel mehr ich von Gut 2 erhalten muss, um bei der Abgabe von einer Einheit von Gut 1 auf dem gleichen Nutzenniveau zu bleiben, ii. wie viel weniger ich von Gut 2 erhalten muss, um beim Erhalt von einer Einheit von Gut 1 auf dem gleichen Nutzenniveau zu bleiben. Die Substitutionsrate ist grundsätzlich negativ, da man das „Mehr" an einem Gut kompensiert durch das „Weniger" am anderen Gut, unabhängig davon, welches Gut weggegeben und welches erhalten wird. Gut 2

c. In der nebenstehenden Abbildung ist die Substitutionsrate zwischen v und w positiv. Im Zustand w ist das Individuum bereit, von beiden Gütern bei gleichbleibendem Nutzenniveau abzugeben. Offensichtlich besitzt das Individuum so viel Brot, dass es bereit ist, etwas von dem knappen Wein abzugeben, sofern es auch von dem Überfluss an Brot befreit wird. Brot ist ein „Ungut" geworden. Man sieht aber sofort, dass eine positive Substitutionsrate gegen die Annahme der NichtSättigung verstößt.

6 5 4 -| 3 2 -

1 0

Gut 1

0

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

1

2

3

4

A b b . 5 . 9 : Tauschbereitschaft

5

n r 6 Brot[kg]

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie

127

Aufgabe 5.24

a. Zeigen Sie, dass eine Tauschbereitschaft zwischen verschiedenen Gütern nicht generell vorausgesetzt werden kann. Gehen Sie dabei von der Redensart ,Lieber arm und gesund als reich und krank' aus. b. Zeigen Sie, dass (im Gegensatz zur Redensart aus dem vorstehenden Aufgabenteil) viele Menschen auch zwischen Gesundheit und materieller Versorgung Tauschbereitschaft zeigen (, denken Sie z. B. an gesundheitsschädigende Arbeitsplätze). c. Versuchen Sie weitere Güter oder Werte zu finden, die ein Individuum im Vergleich zu materiellen Gütern so hoch bewertet, dass es zu einem Tausch nicht bereit ist. Sollte sich die ökonomische Theorie mit derartigen Gütern befassen? Können solche Güter mit Preisen bewertet werden? • Lösung 5.24

a. Aus der Redensart ergibt sich, dass es Güter oder Zustände gibt, die man unvergleichlich viel höher einschätzt (bzw. einschätzen sollte) als bestimmte materielle Güter. Solche Güter sind z. B. Gesundheit, Leben, Ehre, Moral, „Wohl" der Kinder etc. Auch dann, wenn wir diese Güter quantifizieren können (eine Möglichkeit bei Gesundheit wäre z. B. die durchschnittliche Lebenserwartung, bei Leben könnte man evtl. durch die Eintrittswahrscheinlichkeit des Todes eine Skalierung versuchen), so besteht nach der Redensart keine Tauschbereitschaft der Art: „Tausche 1 Jahr gesundes Leben gegen x Einheiten eines bestimmten Konsumguts". b. Im Gegensatz zu der Redensart nehmen viele Menschen Gesundheitsrisiken bewusst für einen hohen Lohn in Kauf, es besteht also Tauschbereitschaft. Probleme bei dieser Aussage: 1. Es wird hier ein Gut heute (Konsumgut) mit einem zukünftigen Gut (Gesundheit) verglichen. 2. Es wird ein sicheres Gut heute mit einem unsicheren Gut in Zukunft verglichen. Solche Zeit- und Unsicherheitsaspekte werden in unserer Analyse überhaupt nicht berücksichtigt. c. Für weitere Güter und Werte siehe Teil a. Die ökonomische Theorie kommt nicht umhin, sich auch mit solchen Gütern zu beschäftigen. Die Gesundheitsökonomie ist z. B. ein wichtiger Teil der modernen Ökonomie. Es ist sicherlich höchst problematisch, für Gesundheit einen Preis festzulegen, obwohl das im Prinzip z. B. bei der Festlegung von Grenzwerten für gesundheitsgefährdende Stoffe gemacht wird. Außerdem führt die Weigerung, bei bestimmten Gütern nicht in Preiskategorien zu denken, häufig zu absurden Ergebnissen: Ein Gut ohne Preis wird als ein Gut mit dem Preis Null angesehen. Da z. B. die Gesundheit der Bürger in einem Industriegebiet keinen Preis hat, muss man in Kostenüberlegungen die Gesundheit nicht berücksichtigen und kann (in der Kalkulation einer Firma) Schäden der Gesundheit vernachlässigen.

128

5 Nutzentheorie

und

Präferenzen

Aufgabe 5.25 7

Gehen Sie von Punkt x der Abbildung 5.10 aus. Nehmen Sie an, dass als Einheit von Brot und Wein nicht Kilogramm, sondern Pfund [— \ KilogrammI gewählt wird. Bestimmen Sie die Substitutionsrate zwischen Brot und Wein. Vergleichen Sie die Substitutionsrate mit der, die beim zu Grunde legen des Kilogramms als Einheit gilt. •

6 5 4 3 2H 1 Gut 1

0 0

Brot[kg]

A b b . 5 . 1 0 : Abnehmende Substitutionsrate

Lösung 5.25 Zur Bestimmung der Substitutionsrate ermitteln wir, von x = (2 Pfund; 12 Pfund) ausgehend, wie viel Pfund von Gut 2 das Individuum für ein zusätzliches Pfund von Gut 1 aufgibt. Aus der Abbildung ergibt sich, dass der Punkt (3 Pfund, 8 Pfund) auch auf der Indifferenzkurve liegt. Daraus ergibt sich folgende Substitutionsrate: 12-8 = -4 2-3 Wir sehen, dass bei gekrümmten Indifferenzkurven die Substitutionsrate vom gewählten Abstand der Vergleichspunkte abhängt.

76 -

4321 -

Für das ursprüngliche Beispiel gilt: - 3 = - 3 1-2

6

Gut 1

0

B r o t [kg]

A b b . 5 . 1 1 : Grenzrate der Substitution

Formal haben wir damit jeweils die Steigung der Sekanten ermittelt. Aufgabe 5.26 a. Suchen Sie weitere Beispiele für Komplemente und vollständige Substitute. Denken Sie z. B. an Butter und Margarine, Stereo-Verstärker und Boxen, Tee und

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie

129

Kaffee, Zigaretten und Streichhölzer, Reis und Kartoffeln etc. (Sie sollten dabei erkennen, dass es viele Beispiele gibt, die vollständigen Substituten und vollständigen Komplementen nahekommen, aber kaum ,saubere' Beispiele). b. Gehen Sie davon aus, dass alles, was aus Leinen gemacht werden kann, auch aus Baumwollstoff gemacht werden kann, dass aber Leinen in der Regel länger hält. Außerdem gibt es bestimmte Anwendungen, für die Leinen geeigneter ist (z. B. Servietten) und andere Anwendungen, für die man lieber Baumwolle (z. B. Halstücher) nimmt. Skizzieren Sie ein Indifferenzkurvendiagramm für Leinen und Baumwollstoff. c. Bestimmen Sie mit Hilfe der Abbildungen 5.12 und 5.13 die Grenzraten der Substitution bei vollständigen Substituten und bei Komplementen. •

Gut 2 rechte Schuhe

Gut 2 Flüssigkeit [cm 3 ]

5 4M ^Paare

3

^Paare

2 -

1 -

Gut 1 linke Schuhe

4

0 Abb.

5.12: Vollständige Komplemente

0 Abb.

100 200 300 400 500

5.13: Vollständige S u b s t i t u t e

Lösung 5.26

a. Butter und Margarine, Tee und Kaffee, Reis und Kartoffeln sind für viele Menschen nahe Substitute. Wie nah sie einem vollständigen Substitut kommen, hängt davon ab, wie weit das entsprechende Individuum Wert auf Geschmacksunterschiede, medizinische Erkenntnisse und Prestige-Gesichtspunkte legt. Stereo-Verstärker und Boxen-Paare, Streichhölzer und Zigaretten sind Güter, die Komplementen nahekommen. Da komplementäre Güter meistens zusammen verkauft werden, ist man sich häufig nicht bewusst, einen Satz von Gütern gekauft zu haben, so z. B. bei der (Bier-) Flasche und dem (Flaschen-) Bier. Beides sind eigenständige Güter, die eventuell auch einzeln sinnvoll sind, normalerweise aber als komplementäre Güter zusammengehören.

130

5 Nutzentheorie und Präferenzen

b. Gehen wir davon aus, dass Leinen etwa doppelt so lange hält wie Baumwolle. Dann sind zwei Kleidungsstücke aus Baumwolle nach den Nutzenvorstellungen des Individuums etwa so viel wert wie ein Kleidungsstück aus Leinen.Es handelt sich also weitgehend um Substitute, bei denen zwei Einheiten Baumwolle gegen eine Einheit Leinen ausgetauchst werden; wird Leinen auf der Ordinate abgetragen, so haben Indifferenzkurven etwa die Steigung Da man aber nicht ganz auf Baumwolle und nicht ganz auf Leinen verzichten will, ergeben sich etwa die skizzierten Indifferenzkurven.

Baumwolle

Leinen

A b b . 5 . 1 4 : fast nahe Substitute

c. Vollständige Substitute Sind ai Mengeneinheiten von Gut 1 (also 100 g Pulver im obigen Beispiel) in der Einschätzung genauso nützlich wie 0,2 Mengeneinheiten von Gut 2 (also 200 cm 3 Flüssigkeit), so erhalten wir als Indifferenzkurve eine Gerade mit der Steigung ai '

Es gilt somit: dx 2 _ dxi

0,2 di

Im Beispiel ist: dx2 _ _200 _ _ 2 dx1 ~ 100 ~

Komplemente Die gewünschte Kombination der komplementären Güter sei ai Einheiten von Gut 1 und 0*2 Einheiten von Gut 2 (ein linker und ein rechter Schuh oder auch ein Stereo-Verstärker und zwei Lautsprecher). Die Indifferenzkurve, die durch den Punkt (01,02) geht, besteht aus einer Senkrechten oberhalb des Punktes (01,02) und einer Waagerechten rechts von diesem Punkt. Es ist also dx 2 — = -00 dx 1 auf dem senkrechten Stück und dX2=Q dx 1 auf dem waagerechten Stück.

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie

131

Aufgabe 5.27

Gehen Sie von den beiden Gütern Fleisch und Kartoffeln aus und skizzieren Sie ein plausibles In differenzkurven diagramm. Berücksichtigen Sie dabei, dass unter bzw. beim Subsistenzniveau Nahrungsmittel im Wesentlichen nach dem Kaloriengehalt beurteilt werden, während bei besserer Ausstattung eine ausgewogene Mischung der Nahrungsmittel angestrebt wird. • Gut 2

Lösung 5.27

Die Einheiten von Kartoffeln und Fleisch seien so gewählt, dass eine Einheit Kartoffeln genauso viel Kalorien enthält wie eine Einheit Fleisch.

0

l

A b b . 5.15: (vollständige) S u b s t i t u t e und Komplemente

Aufgabe 5.28

a. Stellen die Dienstränge beim Militär eine nominale, eine ordinale oder eine kardinale Skalierung dar? b. Da die Besoldungsordnung der deutschen Beamten (von AI bis A16) die einzelnen Stufen mit Zahlen benennt, ist sie kardinal. Ist diese Aussage richtig? c. Wie könnte eine kardinale Besoldungsordnung aussehen?



Lösung 5.28

a. Die Dienstränge beim Militär stellen eine ordinale Skalierung dar. Man kann immer entscheiden, ob ein Rang höher als ein anderer ist oder ob zwei Ränge gleich sind. So gilt z. B. Gefreiter -< Hauptmann -< General oder Feldwebel ~ Bootsmann Es handelt sich aber nicht um eine kardinale Skalierung. Selbst eine Nummerierung würde keine kardinale Skalierung ergeben (vgl. dazu Teil b).

5 Nutzentheorie

132

und

Präferenzen

b. Sie ist nicht kardinal, da die Zahlen nur die Rangordnung widerspiegeln und keinerlei Aussagen über die Abstände der Stufen enthalten. c. Eine mögliche kardinale Skalierung besteht z. B. in der Höhe des Grundgehalts. In einer solchen Skalierung sind die Abstände zwischen einzelnen Gehaltsstufen sinnvoll vergleichbar. Aufgabe 5.29

a. Wäre eine der beiden Forderungen von Pareto verletzt, wenn durchgängig in der Zeichnung allen Güterbündeln (w; w) auf der Winkelhalbierenden der Wert i)

U(w;w)=w2,

ii)

U(w;w) = y/w,

iii)

U(w;w) = 21og10(to).

gegeben und die übrige Vorgehensweise aber beibehalten b. Zeichnen Sie in ein Güterdiagramm i)

X1X2 = 100

Ü)

y/XiX2 = 10

iii)

worden wäre?

die Punkte (a^; X2) mit

log 10 Xi + log10 x2 = 2

c. Gehen Sie von U(w;w) = logio(w) aus und bestimmen Sie i/(10; 10), U(1; 1) und U(0,1; 0,1). Was fällt auf? Widerspricht das Ergebnis den Forderungen Paretos? d. Suchen Sie selbständig weitere mögliche Nutzenindexsysteme. verschiedenen Systeme zusammen?

Wie hängen

diese •

Lösung 5.29

a. Die Forderungen von Pareto sind für alle drei Nutzenfunktionen erfüllt, da zum einen allen Punkten auf einer Indifferenzkurve der gleiche Wert zugeordnet ist und damit Forderung 1 erfüllt ist und zum anderen ein Punkt rechts oberhalb einen höheren Wert hat und damit die zweite Forderung erfüllt ist.

5.2 Aufgaben zur Nutzentheorie b. i)

100

X2

VX2

133

Xi 10 =

Quadrieren ergibt: x2

y/xi 100

ii

iii) logjo X2 = 2 - log10 Xi Antilogarithmieren ergibt: X2 =

^ 10

Es ergibt sich also jedes Mal die gleiche Kurve.

Abb

-

5 1 6 :

15

20

25

indifferenzkurve und iii)

30

für i),

35

ü)

c. Ist U(w;w) gegeben durch U(w;w) = log(w), so ist 1/(10; 10) = 2

U(l; 1) = 0

1/(0,1; 0,1) = - 2

Es fällt auf, dass Bündel mit positiven Gütermengen ein Nutzenindex von Null oder sogar einen negativen Nutzenindex erhalten. Die Forderungen von Pareto sind aber erfüllt. d. Jede Funktion, die aus einer anderen zulässigen Nutzenindexfunktionen durch monoton zunehmende Transformation hervorgeht, ist wieder eine mögliche. Also z.B. U(x) = x'[ + x2 mit beliebigem a > 0 oder auch U{w\w) = log ß (w) mit beliebiger Basis B. In den Aufgabenteilen a und b war zu sehen, dass zu einem Präferenzsystem viele Nutzenfunktionen bestehen. Jede ist gleich gut geeignet, um als Indexsystem die Ordnung der Präferenzen widerzuspiegeln. Definieren wir nämlich entsprechend Aufgabenteil b UI{xi,x2) = xi • x2 Un(xi,x2) ni

U (x

= y/xi • X2

!,x 2 ) = log10 x\ + l o g 1 0 x 2

so werden von jeder dieser Funktionen die gleichen Güterbündel als zu einer Indifferenzkurve gehörend gekennzeichnet, wobei jede der Funktionen die Indifferenzkurven mit einem anderen Index versieht. Dies soll nun hier für eine spezielle Indifferenzkurve gezeigt werden. Dem Güterbündel (10; 10) und der ganzen dadurch verlaufenden Indifferenzkurve wird von der Nutzenfunktion U1 ein Nutzenindex von 100, von U ein Nutzenindex von 10 und von U111 ein Nutzenindex von 2 gegeben. Eine Nutzenfunktion gibt also nur eine ordinale Skalierung wieder. Weiteres Beispiel für ein Nutzenindexsystem: UI(xi,x2)

= x\!2 • x\'2

134

5 Nutzentheorie und Präferenzen UH(x i,x 2 ) = UIII(x1,x2)

x\-x\

= x41-xi

Aufgabe 5.30

a. Bestimmen Sie für jede der drei gerade eingeführten Nutzenfunktionen U111 i) jeweils den Grenznutzen

U!, U11,

und

ii) jeweils das Grenznutzenverhältnis

g^/g^ •

b. Was fällt Ihnen beim Vergleich von i) und ii) auf? c. Skizzieren Sie für X2 = 1 jeweils den Verlauf der Grenznutzenfunktion d. Genügen die in c. skizzierten Verläufe dem ersten Gossenschen Gesetz?

~. •

Lösung 5.30

a. dU1 a— ÖX\

du11 _ dxi

dU1 = "ä— OX2

= x2

du11

1 2 ^/xi

8x2

dU111 _ 1 dx\ x\ In 10

dUin dx2

Xl

_ 1 y/xj 2 ^/x^

_

1 x2 In 10

b. dU1 /dx\ _ X2 dU1 /dx 2 x\ dU11 /dxi _ sjxij^Jx1 dUII/dx2 y/x{/y/x2 dUIII/dx1 dU'»/dx2

=

-

X1

in 10

_ x2 X\ X2 - «1

=

Die Grenznutzenverhältnisse sind gleich, obwohl die Grenznutzen unterschiedlich sind. c. Siehe Abbildung 5.17 d. Der Grenznutzen von U1 genügt nicht dem ersten Gossenschen Gesetz.

5.2 Aufgaben

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

zur Nutzentheorie

3.0

135

3.5

A b b . 5 . 1 7 : Grenznutzenverläufe verschiedener Nutzenfunktionen

Aufgabe 5.31

Uberprüfen Sie an den in Aufgabe 5.29 b skizzierten Indifferenzkurven, dass das in Aufgabe 5.30 b bestimmte Grenznutzenverhältnis tatsächlich die Steigung der IndifFerenzkurve beschreibt. • Lösung 5.31

Es gilt für Ui, UII und Um gleichermaßen ¿o -i

Gut2

dU/dxj ~dU/dx2

x\ = 10 x2 = 10 =>

xx = 5 x2 = 20

xi =

20

x2 = 5

dx 2 dx\

=

- 1

dxo ~ = -4 dx i dx 2 dx i

Gut 1

0

5

10

15

20

A b b . 5 . 1 8 : Steigung der Indifferenzkurve

Formal haben wir damit jeweils die Steigung der Tangenten ermittelt.

r1

25

136

5 Nutzentheorie und Präferenzen

5.3 Aufgaben zur Theorie Aufgabe 5.32

Betrachten Sie das Spiel,Papier-Schere-Stein', bei dem zwei Kinder durch gleichzeitiges Zeigen eines Handzeichens eine der Alternativen ,Papier' (flache Hand), ,Schere' (gespreizte Daumen und Zeigefinger) und ,Stein' (geballte Faust) wählen. Die Alternativenwahl führt zu folgenden Ergebnissen: • Gleiche Handzeichen:

,unentschieden'

• Papier gegen Schere: Die Schere schneidet das Papier, ,Schere' gewinnt. • Schere gegen Stein: Der Stein zerstört die Schere, ,Stein' gewinnt. • Stein gegen Papier: Das Papier wickelt den Stein ein, ,Papier' gewinnt. Wir definieren folgende Präferenzrelation: Eine Alternative ist besser als eine andere, wenn die Alternative im direkten Bereich gewinnt. Zeigen Sie, dass diese Präferenzrelation nicht transitiv ist.



Lösung 5.32

Es gilt: Papier -< Schere und Schere -< Stein. Wäre die Relation transitiv, so müsste folgen: Papier -< Stein. Es gilt aber: Stein -< Papier Aufgabe 5.33 Abstimmungsparadox

An die Hochschule in Aburg soll ein neuer Hochschullehrer berufen werden. Zur Auswahl stehen drei Kandidaten. Jeder ist qualifiziert, einer (I) besonders in der Forschung, der Zweite (II) in der Wissenschaftsorganisation und der Dritte (III) in der Lehre. Das Berufungsverfahren ist - so nehmen wir an - in den frühen siebziger Jahren geregelt worden und somit ist die Berufungskommission drittelparitätisch durch einen Professor, einen Assistenten und einen Studenten besetzt. Der Professor ist besonders daran interessiert, dass sein zukünftiger Kollege gut in der Wissenschaft ist (das hebt das Ansehen der Hochschule), danach rangiert Organisationstalent (Organisationstalent löst bestimmte Probleme des Lehrstuhls) und erst dann pädagogische Fähigkeiten. Der Assistent möchte einen guten Organisator (unter Lehrstuhlproblemen hat er besonders zu leiden), das Lehrgeschick stuft er geringer ein (gegebenenfalls erklärt er den Stoff noch einmal in der Übung) und noch geringer die wissenschaftliche Qualifikation (seiner

5.3 Aufgaben zur Theorie

137

Überzeugung nach haben Hochschullehrer die wissenschaftliche Phase sowieso hinter sich). Der Student möchte gute Lehre, danach einen bekannten Wissenschaftler (er verspricht sich einiges von ,name-dropping' bei Bewerbungen); Organisationsgeschick ßndet er nicht so wichtig. Über die Berufungsliste wird durch Abstimmung entschieden. Zuerst stimmt die Kommission über die Rangfolge von I und II ab. Jedes Kommissionsmitglied gibt dem Bewerber die Stimme, den es von beiden vorzieht; die Stimmenanzahl entscheidet über die Rangfolge. Danach wird in gleicher Art über den Gewinner der ersten Wahl und dem Kandidaten III entschieden. Damit ist die Reihenfolge festgelegt. a. Welche Reihenfolge

ergibt sich?

b. Welche Reihenfolge

ergibt sich, wenn im ersten Wahlgang über

i) II und III bzw. ii) I und III und im zweiten Wahlgang über den Gewinner und den verbleibenden entschieden wird?

Kandidaten

c. Belegen Sie: Das Ergebnis von Wahlen kann von recht zufälligen Umständen (im obigen Beispiel also eventuell vom Posteingang oder von der alphabetischen Reihenfolge der Namen etc.) abhängen. d. Zeigen Sie, dass es zu inkonsistenten (d.h. intransitiven) Präferenzen kommen kann, wenn die Präferenzen innerhalb einer Gesellschaft durch Abstimmung festgelegt werden. Gehen Sie dafür vom obigen Beispiel aus und nehmen Sie an, dass die Abstimmung über die Berufungsliste aus Verfahrensgründen mehrmals wiederholt werden muss. e. Nehmen Sie an, der Hochschullehrer kenne die Präferenzen der Kommissionsmitglieder und das Abstimmungsparadox. Wie wird er als Kommissionsvorsitzender abstimmen lassen? Was wird eventuell der Assistent dagegen unternehmen? Wird der Student damit einverstanden sein? Welche Probleme ergeben sich bei einer eventuell einsetzenden Geschäftsordnungsdiskussion über die Reihenfolge der Abstimmung? Hinweis: Das in d. festgestellte Ergebnis ist in der Literatur als Abstimmungsparadox bzw. als Condorcet-Paradox (manchmal auch als Arrow-Paradox) bekannt. Ausgehend von diesem Paradox hat Kenneth J. Arrow 1952 gezeigt, dass es zu logischen Problemen kommen kann, wenn man aus Präferenzordnungen der Individuen Präferenzordnungen der Gesellschaft z. B. durch Abstimmungen oder auch durch irgendwelche andere Mechanismen konstruieren will. Diese Aussage ist als Arrow-Unmöglichkeitstheorem bekannt. •

138

5 Nutzentheorie und Präferenzen

Lösung 5.33 Wir notieren die Präferenzen der Individuen in Spalte (A) der folgenden Tabelle: (A)

Prof. Ass. Stud.

Präferenz I >- II >— III II >- III >- I III >- I >- II

(B) Abstimmung I gegen II I II I I gewinnt

(C) Abstimmung I gegen III I III III III gewinnt

(D) Abstimmung II gegen III II II III II gewinnt

a. Aus den Präferenzen ergibt sich, dass z.B. der Professor Kandidat I gegenüber II vorzieht und somit in der Abstimmung zwischen I und II für I stimmt. Ebenso ergibt sich, dass in einer solchen Abstimmung der Assistent für II und der Student für I stimmt (Spalte B der Tabelle). Insgesamt geht also Bewerber I mit zwei zu einer Stimme als Sieger hervor und muss im nächsten Wahlgang gegen III antreten. Spalte C gibt das Abstimmungsverhalten der einzelnen Kommissionsmitglieder in diesem Wahlgang wieder: III gewinnt mit zwei zu einer Stimme gegen I. Der zweite Wahlgang hat also ergeben, dass III gegenüber I vorgezogen wird. I wird gemäß des ersten Wahlganges II vorgezogen. Insgesamt ergibt sich also: III vor I vor II b. Aus der Tabelle ergibt sich: 1. Wahlgang II gegen III: II vor III 2. Wahlgang II gegen I : I vor II Zusammenfassung beider Wahlgänge I vor II vor III Aus der Tabelle ergibt sich 1. Wahlgang I gegen III: III vor I 2. Wahlgang III gegen II: II vor III Zusammenfassung beider Wahlgänge II vor III vor I c. Wäre in einer Wahlordnung eine bestimmte Abstimmungsreihenfolge vorgeschrieben, also z. B. die in Aufgabenteil a. beschriebene, so würde die Nummerierung der Kandidaten entscheiden. Nummerierung nach Posteingang würde bewirken, dass die am spätesten eingegangene Bewerbung zum Zuge kommt, die eigentlichen Auswahlkriterien würden keine Rolle spielen. d. Wie in Aufgabenteil a. gezeigt wurde, hängt das Ergebnis der Wahl von der Anordnung der Wahlgänge ab. Wird am Anfang der Kommissionsarbeit nach Posteingang, später nach Alphabet und noch später nach Reihenfolge der Probevorträge abgestimmt, so kann sich evtl. jedes Mal eine andere Liste ergeben, und zwar auch dann, wenn sich die Präferenzen der Kommissionsmitglieder nicht geändert haben. e. Er wird zuerst zwischen II und III abstimmen lassen, weil dann insgesamt der von ihm präferierte Kandidat I gewinnt. Der Assistent wird einen Geschäftsordnungsantrag stellen, die Abstimmung in Reihenfolge der Nummerierung durchführen zu

5.3 Aufgaben zur Theorie

139

lassen. Der Student wird mit keiner der beiden Vorgehensweisen einverstanden sein. Bei einer sich eventuell ergebenden Geschäftsordnungsdebatte ergibt sich wieder das Problem des Abstimmungsparadoxons auf einer Meta-Ebene. Aufgabe 5.34

a. Erläutern Sie (evtl. auf Karteikarten)

stichwortartig

die Begriffe:

i) Vilfredo Pareto; ii) Annahmen

der

iii) Präferenzen und iv) Interpersoneller

Haushaltstheorie; Indifferenzkurven; Nutzenvergleich;

v) Ordinale und kardinale vi)

Skalierung;

Abstimmungsparadox.

b. Überprüfen Sie anhand der Lernziele Ihren Lernerfolg!



Lösung 5.34

i) Vilfredo P a r e t o 1848-1923: Begründer der Präferenztheorie und Ökonometrie W i c h t i g e Werke: Cours d'économie politique, 1896/1897; Les syst'emes socialistes, 1902/1903; Manuale di economia politica, 1906; Trattato di Sociologia generale, 1916/1923 Vilfredo Pareto war als ausgebildeter Ingenieur zunächst in der Schwerindustrie tätig. Politisch gehörte er zu den Liberalen. Das bedeutete für ihn, dass nur der Freihandel in einem Land Frieden und Wohlstand schaffen und erhalten kann. Sein Interesse für die mathematisch orientierte Wirtschaftswissenschaft wurde durch Werke von Maffeo Pantaleoni und Walras geweckt. Das Hauptziel seiner wissenschaftlichen Bemühungen war immer die Anwendung der experimentellen Methoden auf die Sozialwissenschaften - von den die Wirtschaftswissenschaften nur ein Teil sind. Paretos vielseitiges Lebenswerk reicht von der Gleichgewichtstheorie und der Ökonometrie bis zur Soziologie. ii) A n n a h m e n der Haushaltstheorie • Prinzip der Wahlakte (Vergleichbarkeit) Das Individuum wählt zwischen Güterbündeln. Es kann sich entscheiden, ob es ein Bündel dem anderen vorzieht, oder ob es beide gleich schätzt. Graphisch: Gleich geschätzte Güterbündel liegen auf einer Indifferenzkurve.

140

5 Nutzentheorie und Präferenzen • Transitivität (Konsistenz) Bei der paarweisen Wahl von Güterbündeln muss auf die Transitivität geachtet werden. Graphisch: Die Indifferenzkurven dürfen sich nicht schneiden. • Nichtsättigung (Knappheit) Das Individuum ist nie vollständig zufrieden, es kann sich grundsätzlich eine Verbesserung durch ein anderes Güterbündel vorstellen. Graphisch: Es existieren Güterbündel auf einer höheren Indifferenzkurve rechts oberhalb eines gegebenen Güterbündels. • Tauschbereitschaft Das Individuum ist bereit etwas von einem Gut aufzugeben, wenn es mehr von einem anderen Gut bekommt. Graphisch: Vergleich der Zusammensetzung zweier Güterbündel auf einer Indifferenzkurve - negative Grenzrate der Substitution. • Abnehmende Grenzrate der Substitution Je mehr ein Individuum von einem Gut besitzt, umso weniger schätzt es dieses Gut, gemessen in anderen Gütern. Die Indifferenzkurven sind von unten konvex. Die Indifferenzkurve wird bei steigendem Abszissenwert immer flacher, d. h. der Absolutbetrag der Grenzrate der Substitution wird immer kleiner. • (Mannigfaltigkeit) Diese Annahme bezieht sich nicht direkt auf die Haushaltstheorie, sondern auf die Präferenztheorie. Das Individuum wünscht sich nicht nur ein Gut, sondern eine Mannigfaltigkeit an Gütern. Also von jedem Gut etwas. Graphisch: Indifferenzkurven schneiden die Achsen nicht.

iii) Präferenzen und IndifFerenzkurven Individuen lassen sich bei wirtschaftlichen Entscheidungen von ihren Präferenzen leiten. Diese Präferenzen seien durch ein Indifferenzkurvensystem abgebildet. Eine Indifferenzkurve ist der geometrische Ort aller Kombinationen zweier Güter, die ein Individuum (Haushalt) gleich schätzt (graphische Darstellung einer Indifferenzreihe). Formal kann eine Indifferenzkurve als Höhenlinie eines Nutzengebirges einer ordinalen Nutzenfunktion aufgefasst werden. Das Indifferenzkurvensystem stellt die „Photographie der Wünsche" dar. iv) Interpersoneller Nutzenvergleich Zur Wohlfahrtsmessung werden die Nutzen der Individuen summiert. Voraussetzungen: Jedes Individuum besitzt eine Nutzenfunktion Ui(x)

in Abhängigkeit von

5.3 Aufgaben zur Theorie

141

den Zuständen der Gesellschaft. Die individuellen Nutzenfunktionen sind den Entscheidungsträgern bekannt. Alle Individuen werden gleich berücksichtigt, gemäß ihrer Nutzenfunktion. Die Nutzeneinheiten der Individuen sind vergleichbar. ,Utilitaristische Entscheidungsregel' Zustand Y ist besser als der Zustand X, wenn gilt: n

$ > i ( y ) - Ui(x)} > o ¿=i Eigenschaften / Probleme dieser Regel: • Nutzen muss gemessen werden können. • Nutzen muss interpersonell vergleichbar sein. • Ist die Summenbildung sinnvoll als Nutzenaggregat? Für die Wohlfahrtstheorie wurde bis heute keine befriedigende Lösung gefunden. Kenneth J. Arrow hat mit seinem Unmöglichkeitstheorem gezeigt, dass eine „befriedigende" Lösung gar nicht gefunden werden kann. v) Ordinale und kardinale Skalierung Bei ordinalskalierten Merkmalen lassen sich die Merkmalsausprägungen in natürlicher Weise ordnen (z.B. Zensuren), (vgl. [Kraft u. Landes 1996]) Bei kardinalskalierten Merkmalen lassen sich auch die Abstände zwischen Merkmalsausprägungen bestimmen (z. B. Einkommen gemessen in €). (vgl. [Kraft u. Landes 1996]) vi) Abstimmungsparadox Es kann zu inkonsistenten (d. h. intransitiven) Präferenzen kommen, wenn die Präferenzen innerhalb einer Gesellschaft durch Abstimmung festgelegt werden. Diesen Zusammenhang bezeichnet man als Abstimmungsparadox bzw. als Condorcet-Paradox (manchmal auch als Arrow-Paradox). Ausgehend von diesem Paradox hat Kenneth J. Arrow 1952 gezeigt, dass es zu logischen Problemen kommen kann, wenn man aus Präferenzordnungen der Individuen Präferenzordnungen der Gesellschaft z.B. durch Abstimmung oder irgendwelche andere Mechanismen konstruieren will. Diese Aussage ist als Arrow-Unmöglichkeitstheorem bekannt, (vgl. [Lenk u. Teichmann 1999, S. 866-870])

6

Nachfragegesetze

6.1 Aufgaben zum ideengeschichtlichen Hintergrund Aufgabe 6.1

a. Welche Vorwürfe macht Schmoller der liberalen und der sozialistischen b. Welche Wege zur Erkenntnis von Zusammenhängen

Theorie?

sieht Schmoller?

c. Zählen Sie positive Anstöße der Historischen Schule auf. d. Geben Sie die zentralen wieder.

Gesichtspunkte

von Mengers Kritik

an

Schmoller •

Lösung 6.1

a. Folgende Vorwürfe macht Schmoller u.a.: i. Unterstellung einer „abstrakten Menschennatur" [Schmoller 1985, S. 385] ii. Überschätzung der gegenwärtigen Erkenntnismöglichkeit iii. fehlende Detailforschung, fehlende psychologische Grundlage, fehlende umfassende rechts- und wirtschaftsgeschichtliche Vorstudien. Die Hauptschwäche ist, „daß sie eine vom Staat und Recht losgelöste abstrakte Wirtschaftsgesellschaft fingieren und mit ihr rechnen." [Schmoller 1985, S. 386] b. Die intensive Erarbeitung der Wirtschaftsgeschichte, die penible Sammlung von Material, die Erkundigung bis ins Detail. c. Wichtige Anstöße gaben i. die Forderung nach intensiver wirtschaftshistorischer und statistischempirischer Forschung, ii. das Engagement für die Verbesserung der Lage der unteren Bevölkerungsschichten. d. Zentrale Gesichtspunkte Mengers Kritik an Schmoller sind: i. Die ungeheure Zeit, die Schmollers Forschungen in Anspruch nehmen. ii. Schmoller kommt es laut Menger nicht darauf an, die Ergebnisse der Hilfswissenschaft Wirtschaftsgeschichte für die politische Ökonomie nutzbar zumachen, sondern er wolle ausschließlich Herrschaft der Wirtschaftsgeschichte auf dem Gebiet der politischen Ökonomie.

144

6

Nachfragegesetze

Aufgabe 6.2

a. Womit erklärt Marshall sein Interesse an der

Nationalökonomie?

b. Versuchen Sie, den von Marshall angesprochenen Kunstgriff „andere Dinge konstant" (vgl. [Marshall 1997, S. XIV], eigene Ubersetzung) zu erläutern. c. Was versteht Marshall unter einem „Gesetz in den Sozialwissenschaften" [Marshall 1997, S. 33], eigene Ubersetzung)?

(vgl.

d. Erläutern Sie das allgemeine Nachfragegesetz (vgl. [Marshall 1997, S. 132]). Wie könnte man dieses Gesetz belegen bzw. widerlegen? e. Vergleichen Sie Marshall und Schmoller im Hinblick auf die Möglichkeit, mische Gesetze zu erkennen.

ökono•

Lösung 6.2

a. Marshall erklärt sein Interesse an der Nationalökonomie mit der Untersuchung der Armut, den Gründen für die soziale Deklassierung eines großen Teiles der Menschheit und mit den Möglichkeiten der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Die Motivation unterscheidet sich also kaum von der Motivation von Ricardo, Thünen, Marx, Ernst Engel, Gustav von Schmoller und vielen anderen. b. Marshall wendet die Partialanalyse an. Er geht also von der „Ceteris-paribusAnnahme" aus, d. h. alles, was nicht zum betrachteten, untersuchten Ausschnitt gehört, wird ausgeblendet (konstant gehalten). Untersucht wird also nur, wie sich eine Variable (z.b Nachfrage) verändert, wenn eine einzige andere Variable (z.B Einkommen) verändert wird. (Dann werden oft die Preise als Konstante betrachtet, d. h. man geht davon aus, dass diese sich nicht verändern!) Vgl. [Reiß 2007, S. 271, Abschnitt 6.4.2.1] c. „ . . . ein Gesetz in den Sozialwissenschaften . . . ist eine Aussage über gesellschaftliche Tendenzen, d. h. eine Aussage, dass unter bestimmten Bedingungen ein bestimmter Handlungsgang von den Mitgliedern einer gesellschaftlichen Gruppe erwartet werden kann." (vgl. [Marshall 1997, S. 33], eigene Übersetzung) d. Das allgemeine Nachfragegesetz besagt, dass „Je größer die verkaufte Menge, um so kleiner muß der Preis sein ... o.m.a.W die nachgefragte Menge nimmt bei Preissenkung ab zu und einem Steigen des Preises ab." Vgl. [Reiß 2007, S. 276, Abschnitt 6.4.2.3.1] Übersicht v o n Ursachen und Folgen für Preisänderungen: Preis steigt - Nachfrage sinkt Preis sinkt - Nachfrage steigt Angebot steigt - Preis sinkt Angebot sinkt - Preis steigt Nachfrage steigt - Preis steigt Nachfrage sinkt - Preis sinkt

6.2 Aufgaben zur Lektüre

145

Widerlegbarkeit bzw. Belegbarkeit: Schon Marshall hat auf die Existenz von Ausnahmen hingewiesen. Auch hat er betont, dass es keinen gleichmäßigen Zusammenhang gibt. Es muss also untersucht werden, ob: 1. Empirische Beobachtungen das Gesetz bestätigen oder nicht, 2. Bestimmte Annahmen zur Bestätigung erfüllt sein müssen, 3. Unter welchen Bedingungen das Gesetz ungültig ist. e. Marshall (wie auch Ernst Engel) geht davon aus, dass es schon jetzt (bzw. schon zu ihrer Zeit) möglich ist, aus den beobachteten Tatsachen gesetzmäßige Beziehungen herzuleiten. Gustav von Schmoller hingegen geht davon aus, dass an das Auffinden von Gesetzen erst gedacht werden könne, wenn die historischstatistische Grundlage wesentlich besser gelegt sei.

6.2 Aufgaben zur Lektüre [Engel 1895] in [Reiß 2007, S. 261-266] Aufgabe 6.3

a. Wodurch wurden die Untersuchungen von F. M. Eden, die preußische Untersuchung von 1848/49 und die im Königreich Sachsen nach 1848 veranlasst? Welche Ereignisse gingen voraus? b. Nennen Sie die Gründe, die dazu führten, dass die nach 1848 in Sachsen begonnene Untersuchung nicht weitergeführt wurde. c. Wieso kommt es bei solchen Untersuchungen leicht zu Interessenkonßikten? Gehen Sie bei Ihrer Antwort auch auf die von Engel geschilderte Kontroverse zwischen M. H. Say und Visscher ein. • Lösung 6.3

a. Die Veranlassung war in allen drei Fällen „die Noth der Zeit" [Engel 1895, S. 17]. „Die Jahre 1794 und 1795 waren, infolge von Missernten, Zeiten bitteren Elends" [Engel 1895, S. 17]; „die grauenvolle Missernte von 1846 ...gaben Anstoss zu Untersuchungen." [Engel 1895, S. 18] b. Drei Gründe werden von Engel genannt: i. Die Fragen waren nicht präzise und objektiv gefasst, in den Antworten wurden mehr Wünsche als Tatsachen berichtet und waren häufig nicht glaubwürdig (vgl. [Engel 1895, S. 20]). ii. Von der, nach dem Ende der Deutschen Revolution 1848/49, im Jahre 1849 eingetretenen Reaktion wurde die Untersuchung „ihres halb revolutionären Ursprungs wegen" [Engel 1895, S. 20] beiseite geschoben.

146

6

Nachfragegesetze

iii. da "schon im Jahre 1849 die Arbeiternoth gewichen war und wirtschaftlich günstigen Aussichten, in Sachsen wenigstens, die humanistischen Beschränkungen vergessen liessen " c. Diese Untersuchungen, die aus der Not breiter Schichten motiviert sind, führen schnell zum Problem der gerechten Verteilung und damit auch sofort zur Überlegung, von wem und in welcher Weise - wenn überhaupt - regelnd in die Verteilung eingegriffen werden soll. Dieser jahrhundertealte Konflikt zwischen den Anhängern der unsichtbaren Hand und der sichtbaren Hand kommt in dem Rededuell von Say und Visschers gut zum Ausdruck. Der Slogan ,laisser faire, laisser passer' (vgl. [Engel 1895, S. 23]) also ,machen lassen, geschehen lassen' ist das Motto derer, die das Wirtschaftssystem möglichst weitgehend unbeeinflusst von staatlichen Eingriffen sehen wollten; ,laisser-faire-Politik' ist bis heute ein Schlagwort geblieben. Die Gegenposition ist, dass die Gesellschaft mindestens die Pflicht hat, in Notfällen einzugreifen und gegen ,laisser souffrir, laisser mourir' (vgl. [Engel 1895, S. 23]), also gegen ,leiden lassen, sterben lassen' einzuschreiten. Auf dem Kongress wird (wie in den gelesenen Schriften von Marx) auf die drohende Gefahr einer Revolution hingewiesen: „Jam proximus ardet Ucalegon", „schon brennt's bei dem Nachbarn Ucalegon" zitiert Visschers die Aeneis (II,v.311) von Vergil (vgl. [Engel 1895, S. 23]). Die politischen Ereignisse des Jahres 1848 lagen erst 5 Jahre zurück. Aufgabe 6.4

Engel berichtet über die preußische Untersuchung von 1848/49. a. Können Sie den Unterschied in den Lebenskosten im Regierungsbezirk und im Regierungsbezirk Koblenz plausibel erklären?

Minden

b. Warum haben die reinen MK-Beträge der Studie für uns heute eine geringe Aussagekraft? Welche zusätzlichen Angaben würde man noch benötigen, um die Lage der Arbeiterfamilien einschätzen zu können? c. Wieso kann Engel davon ausgehen, dass seine Leser (immerhin 45 Jahre nach der Untersuchung) die MK-Beträge ohne zusätzliche Angaben in ihrer Größenordnung als unglaublich niedrig einschätzen können? • Lösung 6.4

a. Folgende Gründe für die Armut des Bezirks Minden können genannt werden: 1. ungünstige Verkehrslage (keine benachbarten größeren Städte, Eisenbahn existiert noch nicht) 2. meist wenig fruchtbare Böden (Paderborner Hochfläche, Kreis Höxter) 3. abgesehen vom Raum Bielefeld keine Industrie 4. sehr ungleich verteilter Besitz an Grund und Boden (viel Großgrundbesitz, etwa mit „Ost-Elbien" vergleichbar)

6.2 Aufgaben zur Lektüre

147

Folgende Gründe können für den relativen Wohlstand des Bezirks Koblenz genannt werden: 1. verkehrsgünstig gelegen (Schifffahrtsstraße Rhein und Mosel, Köln und Düsseldorf sind benachbart). Meyer's Konversationslexikon schreibt 1871: „In früheren Jahren besaß Koblenz einen bedeutenden Speditionshandel für die aus Frankreich moselabwärts kommenden Waaren, besonders Weine, ... ." 2. sehr fruchtbare Gegend, spezialisierte Landwirtschaft (Wein, Obstbau) 3. recht viel Kleinindustrie (nach Meyer Metallwaaren, Holzwaaren, Papier, Möbel, Tabake, Maschinen, chemische Erzeugnisse) b. Mark-Beträge, wie wir sie bis zur Euroeinführung kannten, und Mark-Beträge im 19. Jahrhundert sind nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar, da 1. seit der Zeit von Engel zweimal eine vollständige Geldentwertung und Währungsreform stattgefunden haben, 2. die Preisstruktur sich grundlegend geändert hat. Um die Mark-Beträge einschätzen zu können, müsste man die Preise berücksichtigen. c. Wert und Preisrelationen änderten sich im 19. Jahrhundert nicht so abrupt wie im 20. Jahrhundert. Das lag zum einen an der relativ langsamen Wirtschaftsentwicklung, zum anderen aber auch an der Fundierung der Währung durch Edelmetalldeckung (Engel hat wohl auch die erfassten Ausgaben in Mark umgerechnet, in Preußen war 1848 der Thaler Währungseinheit). Aufgabe 6.5

a. „... je ärmer eine Familie ist, einen desto grösseren Antheil von den Gesamtausgaben muss sie zur Beschaffung der Nahrung aufwenden ..." ¡Engel 1895, S. 26]. Erläutern Sie dieses ,Engeische Gesetz' anhand der Tabelle 7 von Engel. b. Zeigen Sie, „dass unter gleichen Umständen das Mass der Ausgaben für die Ernährung ein untrügliches Mass des materiellen Befindens einer Bevölkerung überhaupt ist." [Engel 1895, S. 26] c. Ist die Forderung „unter gleichen Umständen" beim Vergleich zweier Bevölkerungen zu verwirklichen? Gehen Sie bei Ihrer Überlegung z.B. von folgender Bemerkung aus:,¿Einzelne geringfügige Änderungen werden blos dadurch nöthig, dass in Sachsen die Ausgaben für Kleidung und Wohnung wegen des rauheren Klimas noch etwas grösser sind, wogegen die in Belgien für Feuerung, wegen des allgemeinen Gebrauchs der pyrotechnisch unvortheilhaften Kaminfeuer, sich um eine Kleinigkeit höher belaufen werden. " [Engel 1895, S. 29 in der Anlage] • Lösung 6.5

a. Siehe [Engel 1895] in [Reiß 2007, S.264, Tabelle 7], Tabelle und „Engelsches Gesetz" sprechen für sich selbst. Insbesondere betrachte man in der Tabelle die Angaben für die Arbeiterfamilie, die Familie des Mittelstands und des Wohlstands in den Zeilen 1,6 und 9.

148

6 Nachfragegesetze 1. Nahrung Arbeiterfamilie in Belgien 61% Arbeiterfamilie in Sachsen 62% Familie des Mittelstandes 55% Familie des Wohlstands 50% 6. Erziehung, Unterricht etc. Arbeiterfamilie in Belgien 2% Arbeiterfamilie in Sachsen 2% Familie des Mittelstandes 3,5% Familie des Wohlstands 5,5% 9. Persönliche Dienstleistung Arbeiterfamilie in Belgien 1% Arbeiterfamilie in Sachsen 1% Familie des Mittelstandes 2,5 % Familie des Wohlstands 3,5%

b. Je größer der Anteil für Nahrungsmittel an den Ausgaben ist, umso schlechter geht es der Bevölkerung. Bei großer Not muss praktisch alles für Nahrung ausgegeben werden. Steigt das Einkommen, so können immer größere Teile auch für andere Güter und Dienstleistungen ausgegeben werden. c. Genau genommen ist die Forderung gar nicht erfüllbar, da zwei Bevölkerungen (und auch irgendwelche anderen Untersuchungsbereiche) sich immer in einer Reihe von Kriterien unterscheiden. Es ist dabei schwierig zu entscheiden, ob solche Differenzen geringfügig sind oder etwa in fundamentaler Weise den Untersuchungsgegenstand beeinflussen. Aufgabe 6.6 Die 8. Tabelle von Engel zeigt den von ihm beobachteten Zusammenhang Einkommen und Konsum.

zwischen

a. Stellen Sie graphisch die folgenden Zusammenhänge dar: i) Den Zusammenhang zwischen Einkommen und prozentualen Ausgaben für Nahrung, ii) Den Zusammenhang zwischen Einkommen und absoluten Ausgaben für Nahrung (diese Darstellung heißt in der Mikrotheorie ,Engel-Kurve'). b. Welche Eigenschaft der in i) bzw. ii) dargestellten Kurve repräsentiert das ,Engelsche Gesetz' ? •

6.2 Aufgaben zur Lektüre

149

L ö s u n g 6.6

Ausgaben %

Prozentuale Ausgaben für Nahrung in Relation zum Einkommen

1

1

r500

-1 1 1 1 r 1000

1 1 1 r 1500

2000

1

Einkommen I 2500

—r

1

1 T" 3000

A b b . 6.1: Prozentuale Ausgaben für Nahrung

A b b . 6.2: Absolute Ausgaben für Nahrung

a. Für i) siehe die Abb. 6.1 und für ii) die Abb. 6.2. b. Das Engeische Gesetz wird bei der Abbildung 6.1 durch den fallenden Verlauf der Kurve und in Abbildung 6.2 durch den immer flacher werdenden Verlauf der Kurve repräsentiert. Das ist jedoch kaum wahrnehmbar. Zur Verdeutlichung ist daher eine gestrichelte Gerade durch den ersten und letzten Punkt der Kurve gezeichnet.

150

6 Nachfragegesetze

Aufgabe 6.7

„So haben also vorstehende Zahlen auch einen hohen Werth für das praktische Leben. Nicht minder sind sie für die Wissenschaft von Belang ..." [Engel 1895, S. 32]. Welche Beispiele dafür gibt Engel? Erläutern Sie diese. • Lösung 6.7

Engel nennt im Wesentlichen zwei Beispiele: 1. Das Problem der Besteuerung (vgl. [Engel 1895, S. 31]). Wenn für bestimmte Güter wie Nahrungsmittel Verbrauchsteuern gezahlt werden müssen, für andere Güter bzw. Dienstleistungen wie Erziehung, Unterricht, Gesundheitspflege aber nicht, so muss bei Gültigkeit des Engeischen Gesetzes die untere Bevölkerungsgruppe einen vergleichsweise hohen Steueranteil tragen. Solche Beobachtungen waren am Ende des 19. Jahrhunderts immer wieder Motivation, die Steuergesetzgebung z. B. durch Einführung einer progressiven Einkommensteuer zu reformieren; reichseinheitlich durchgeführt wurde dies aber erst mit der Erzbergerschen Steuerreform im Jahre 1923. 2. Die Wissenschaft kann das Nachfrageverhalten der Individuen für eine Güterklassifizierung benutzen (vgl. [Engel 1895, S. 32]). In dieser Weise unterscheidet die Mikrotheorie zwischen Luxusgütern und lebensnotwendigen Gütern.

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz Aufgabe 6.8

Nennen Sie Beispiele für gesellschaftliche Beschränkungen bei der Nachfrage nach Gütern. Denken Sie an Drogenhandel, Prostitution, Sklavenhandel etc. • Lösung 6.8

Bestimmte Güter dürfen aus moralischen oder sittlichen Gründen nicht gehandelt werden. Welche Güter dazu gehören variiert stark nach Kulturkreis und Zeitalter. Sklavenhandel war von der Antike bis zum 19. Jahrhundert in den meisten Ländern der Welt normal, ist jedoch heute (zumindest offiziell) überall verboten. Diskussionen über erlaubte und unerlaubte Geschäfte wurden in Deutschland in letzter Zeit besonders über Leihmütter, Vermittlung von Kindern zur Adoption und privater Vermittlung von menschlichen Organen geführt. Aufgabe 6.9

Was verstehen Sie unter dem Einkommen eines Individuums? Spielen beim Einkommen nur Geldzahlungen eine Rolle? Denken Sie dabei an Werkswohnungen, Dienstwagen, Einkaufsmöglichkeiten, Dienstreisen, Verpflegung am Arbeitsplatz, Arbeitsplatzausstattung etc. •

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

151

Lösung 6.9

Nichtmonetäre Einkommensteile spielen bei vielen Beschäftigungen eine wesentliche Rolle, z.B.: a. Jahreswagen bei Daimler-Benz, b. Werkswohnungen bei Bergwerksgesellschaften, c. Dienstwagen, luxuriöse Arbeitsumgebung, repräsentative Dienstvilla bei leitenden Angestellten und vieles mehr. Auch die Gründe dafür, solche Einkommensteile zu wählen, sind mannigfaltig, z. B.: a. Steuerprogression Das zu versteuernde Einkommen soll niedrig gehalten werden. b. Kontrolle des Arbeitgebers über den Konsum der Beschäftigten aus Wohlfahrtsgesichtspunkten (Werkswohnungen) oder aus Gewinnmotiven. Aufgabe 6.10

Formulieren Sie die Budgetbedingung für mehr als zwei Güter.



Lösung 6.10

Wird vom Gut i zum Preis pi die Menge xr erworben, so muss dafür piXi ausgegeben werden. Bei n Gütern ergibt sich also: PlXi + P2X2 + ... + pnxn = E oder mit dem Summenzeichen

n

p^

-

E

-

¿=1 Aufgabe 6.11

a. Zeichnen Sie für E = 100 und p\ = 10, P2 = 20 die Budgetgerade. b. Untersuchen Sie in der Zeichnung, ob folgende Güterbündel oberhalb, auf oder unterhalb der in a. bestimmten Budgetgeraden liegen: x = (4;3)

y = (5; 5)

z = (5; 2,5)

« = (3; 2)

c. Bestimmen Sie, welche Ausgaben Sie für die Bündel aus Teil b. tätigen müssen und untersuchen Sie, ob diese mit dem Einkommen finanzierbar sind. Vergleichen Sie die Ergebnisse mit den Ergebnissen aus Aufgabenteil b. d. Interpretieren ökonomisch.

Sie die Schnittpunkte

der Budgetgeraden

mit

den

Achsen •

152

6

Nachfragegesetze

Lösung 6.11 a. Durch das Nullsetzen von xi und xo erhält man dann die Achsenabschnitte P— 2 1

Z

bzw. pi —. Herleitung der Budgetgeraden: Allgemein: E=p1x1

+p2x2

E — pixi

+ P2X2

E - pix\ E

Pl

P2

P2

E = PiXi

E

p2

Pl

P1

100 - 10xi = 20x 2 ^ 5-

X j = X2

= x2

Umstellen nach X\: +P2X2

E -P2X2

100 = 10xi + 20x 2

— P2X2

Umstellen nach Xi:

O-

100 = IOX1 + 20x 2 Umstellen nach X2'.

Umstellen nach x2-

A m Beispiel:

=

P1X1

X2 =

Xi

100 = 10xi + 20x 2 100 - 20X2 =

10x!

1 0 - 2 X 2 = x\

B — ~ Die Achsenabschnitte der Budgetgeraden bestimmen sich aus —

100 20

für die

Ordinate und aus — pi = ^10 für die Abszisse, b. x und z liegen auf, y liegt oberhalb und u unterhalb der Budgetgeraden. c. Die Bündel x und z, die Ausgaben von 100 erfordern, liegen auf der Budgetgeraden; das Bündel u, das weniger Ausgaben als 100 erfordert, liegt unterhalb und entsprechend y, mit Ausgaben von mehr als 100, oberhalb der Budgetgeraden. 10 • 4 + 20 • 3 = 100 = Ausgaben für x 10 • 5 + 20 • 5 = 150 = Ausgaben für y 10 • 5 + 20 • 2,5 = 100 = Ausgaben für z

1—1—r

0 2 4 Abb. 6.3: Budgetgerade

10 • 3 + 20 • 2 = 70 = Ausgaben für u d. Der Schnittpunkt z. B. mit der xi-Achse besagt, dass von Gut 2 nichts gekauft wird, somit kann das ganze Einkommen für Gut 1 ausgegeben werden. Kauft man für E Güter zum Preise von pi, so kann man insgesamt E/pi Güter kaufen. Entsprechende Überlegungen lassen sich für die X2-Achse anstellen.

153

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz Aufgabe 6.12

Wie sieht geometrisch die ,Budgetgerade' bei drei Gütern aus? Kann man sich bei mehr als drei Gütern noch ein geometrisches Bild machen? • Lösung 6.12

Bei drei Gütern besteht die „Budgetgerade" aus einem Ebenenstück, das im Koordinatensystem zwiPS schen den drei Punkten E/p\, Ejpi und E/p$ aufgespannt ist. Alle Punkte links unterhalb dieser Ebene erfordern weniger, alle Punkte rechts oberhalb mehr Ausgaben als E. Die Punkte auf der Ebene erfordern genau Ausgaben in Höhe von E. Entsprechend kann man sich für mehr als drei Güter die „Budgetgerade" PiXi

+ P2X2 + ... + pnxn

=

X3

\

E

E

als lineares Gebilde im n-dimensionalen Raum vorstellen. Ein geometrisches Bild kann man sich aber nicht mehr machen. Abb.

6 . 4 : B u d g e t g e r a d e bei 3 G ü t e r n

Aufgabe 6.13

a. Begründen Sie, warum x* auf der Budgetgeraden folgt dies? b. Zeigen Sie, dass im Haushaltsoptimum gleiche Steigung haben.

liegt. Aus welchen

Indifferenzkurve

Annahmen

und Budgetgerade

die •

Lösung 6.13

Zu einem beliebigen Punkt wie S, der unterhalb der Budgetgeraden liegt, gibt es immer noch Punkte, wie z. B. T, die von allen Gütern mehr enthalten und unterhalb oder auf der Budgetgeraden liegen. Naph der Annahme der NichtSättigung kann somit der Punkt S nicht optimal sein. Wir betrachten einen Punkt wie P, bei dem sich Budgetgerade und Indifferenzkurve schneiden. Dann liegt zwangsläufig ein Teil der Budgetgeraden rechts oberhalb der Indifferenzkurve, d. h. auf der Budgetgeraden gibt es bessere Punkte als P; P ist somit kein Haushaltsoptimum. Das entsprechende gilt für den Schnittpunkt Q. Dieser indirekte Beweis zeigt, dass nur im Tangentialpunkt der Budgetgeraden und der Indif„ ;. rerenzkurve ein Optimum vorliegen kann.

iGut 2

JL A b b . 6.5: Budgetgerade mum

und

Pi

Haushaltsopti-

154

6

Nachfragegesetze

Aufgabe 6.14 Der in Abb. 6.6 benutzte Preis für Gut 1 sei pi = 5. Bestimmen Sie p2 und E1, En, E111. • Lösung 6.14 Aus der Zeichnung ergibt sich E1 /pi = 8, also E1 = 8pi. Mit p1 = 5 folgt E1 = 40. Ebenso ergibt sich Eu = 80 und EUI = 120. Aus der Steigung der Budgetgeraden (oder den Ordinatenabschnitten) ergibt sich = 4.

A b b . 6 . 6 : Budgetgerade änderung

und

Einkommens-

Auszug aus [Reiß 2007, S. 273, Abschnitt 6.4.2.2.2] Normale Güter, inferiore Güter und Die Parallelverschiebung der Budgetgeraden kann bei verschiedenen Indifferenzkurvensystemen zu sehr unterschiedlichen Nachfrageentwicklungen führen. Beispiel 1 Wird das Einkommen verdoppelt, verdreifacht bzw. vervierfacht, so verdoppelt, verdreifacht bzw. vervierfacht sich die Nachfrage nach beiden Gütern. Die Verbindung der Haushaltsoptima, die so genannte Einkommenskonsumkurve, ist in diesem Fall eine Gerade. Obwohl ein solcher Zusammenhang in der Theorie wiederholt unterstellt wird, ist diese Beziehung zwischen A b b . 6 . 7 : Einkommenskonsumkurve Einkommen und Güternachfrage doch bei vielen Gütern sehr unwahrscheinlich. Die Einkommenskonsumkurve ist die M e n g e aller Haushaltsoptima zu unterschiedlichen Einkommen. Bemerkung: Gelegentlich wird diese Kurve auch „Engel-Kurve" genannt. Dieser Ausdruck soll hier aber für den Zusammenhang zwischen Einkommen und Güternachfrage verwendet werden (vgl. Aufg. 6.16).

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

155

Aufgabe 6.15

a. Begründen Sie, warum ein solcher Zusammenhang eher unwahrscheinlich ist. Stellen Sie sich dazu z. B. vor, Gut 1 wären Kartoffeln. Denken Sie auch an das Engeische Gesetz! b. Nehmen Sie an, Gut 1 sei Nahrung, Gut 2 Kleidung. Versuchen Sie Indifferenzkurven so zu konstruieren, dass das Engeische Gesetz gilt. • Lösung 6.15

a. Es ist eher unwahrscheinlich, dass bei Verdoppelung, Verdreifachung, Vervierfachung des Einkommens sich die Nachfrage nach allen Gütern verdoppelt, verdreifacht, vervierfacht. Hat ein Konsument bei einem Einkommen von E genügend Kartoffeln zum Leben, so wird er bei einem Einkommen von 4 E nicht viermal so viele Kartoffeln nachfragen. b. Vergleichen Sie hierfür die Abbildung 6.8 sowie [Reiß 2007, S. 274, Abschnitt 6.4.2.2.2], In der Abbildung ist die Einkommenskonsumkurve mit einem von unten konvexen Verlauf eingezeichnet. Erklärung: Bei steigendem Einkommen steigt die Nachfrage nach beiden Gütern, aber nicht im gleichen Verhältnis. Die Einkommenskonsumkurve hat eine positive Steigung, ist aber keine Gerade. Die Nachfrage nach Nahrung steigt um weniger als das Doppelte, während sich die Nachfrage nach Kleidung mehr als verdoppelt.

156

6 Nachfragegesetze

A b b . 6.8: Budgetgerade und Einkommensänderung

Aufgabe 6.16

E/pi

E/p2

E

Xi

x2

PlXi

P2X2

ZfMOO

2^-100

I II III IV V Nehmen Sie an, der Preis von Gut 1 sei a. Den Preis P2, b. Für die Situationen I, II, III, IV und V jeweils das Einkommen E, die nachgefragten Mengen x\ und x^ sowie die absoluten und die prozentualen Ausgaben für Gut 1 und Gut 2. Die nachgefragten Mengen sind dabei aus der Abbildung abzulesen. c. Tragen Sie in Abb. 6.9(a) die Nachfrage nach Gut 1 und außerdem die Nachfrage nach Gut 2 in Abhängigkeit vom Einkommen ein. d. Tragen Sie in Abb. 6.9(b) die Ausgaben für Gut 1 und die Ausgaben für Gut 2 in Abhängigkeit vom Einkommen ein. Diese Kurve heißt in der Literatur Engel-Kurve.

4. Bestimmen Sie aus Abb. 6.8:

%

Gut 2 Gut 1

2.5 20-

15 10

:

Einkommen

0

1

0 Abb.

1

20 6.9:

1 1 1

1

1 1 1

40

(a) Nachfrage

1

1 1

60

80

und

Einkommen

"100

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

157

e. Tragen Sie in Abb. 6.9(c) die prozentualen Ausgaben für Gut 1 (und damit gleichzeitig für Gut 2) in Abhängigkeit vom Einkommen ein. Vergleichen Sie die Ab• bildungen 6.9(b) und 6.9(c). 100% • Ausgaben für 602 2 Gut 2 X\ Gut 1 x

50-

80

20

60

40

40-

60

20

80

40 30-

2010 Einkommen

0

1—— i— i— i— i— i— i [—— i— i— i ]—' i i i ' 0

Abb.

20 6.9: (b)

40

60

80

r

1 1

a

100

M 20

Engel-Kurve

Abb.

1 1 1

u 40

6.9: (c) Einkommen ben

i

Einkommen

11 1

60

m M r 80

a

und prozentuale

Lösung 6.16

I II III IV V

E/p i 5 10 15 20 25

E 20 40 60 80 100

E/P2 10 20 30 40 50

xx 4 7 9 10 10.5

X2 2 6 12 20 29

Aus der Steigung der Budgetgeraden ergibt sich: Pi

=

=

P2 5

10

5

JQPi

=

1

Daraus ergibt sich mit p\ = 4, dass gilt: p2=

2

Die Werte für x\ und x? können aus der Abbildung entnommen werden, in dem jeweils für die Situationen I, II, III, IV das Haushaltsoptimum aufgesucht wird. Der x\- und der X2-Wert des Haushaltsoptimums sind die gesuchten Werte.

PlXi 16 28 36 40 42

P2X2 4 12 24 40 58

2fil00 80% 70% 60% 50% 42%

2fnoo 20% 30% 40% 50% 58%

100 Ausga-

158

6

Nachfragegesetze

Ausgaben für Gut 1 Gut 2

Gut 1 Gut 2 Einkommen

A b b . 6 . 1 0 : (b)Engel-Kurve

A b b

-

Aufgabe 6.17 Führen Sie die Aufgabe durch.

6.16 für Abb. 6.11 •

( c ) Einkommen und prozentuale Ausgaben

6 1 0 :

¡Gut 2 ^Fleisch] 30

i i i i I i i i i t i i M ] i i i*i 0

E/Pi 10 15 20 25 30

10

15

20

25

A b b . 6 . 1 1 : Inferiores Gut

Lösung 6.17

I II III IV V

5

Gut 1 i i i i> i i i i i

i i i

E/P2 10 15 20 25 30

E 40 60 80 100 120

Xi 10 8 6 4 2

22 0 7 14 21 28

PlXi 40 32 24 16 8

P2X2 0 28 56 84 112

£^100 100,0 % 53,3 % 30,0 % 16,0 % 6,7%

2f^l00 0,0 % 46,7 % 70,0 % 84,0 % 93,3 %

[Kartoffeln]

1

6.3 Aufgaben Äüs der Steigung der Büdgetgerädeii ergibt sich: pi = 10 P2

P2 10 10 1 ;P i = tPI 10'* 1

30

-

25

159

2

Gut

xx-

zum Nachfragegesetz

Gut 1

-

Daraus ergibt sich mit p\ = 4, dass gilt: 15 h P2 = 4 Die Werte für x\ und X2 können aus der Abbildung entnommen werden, in dem jeweils für die Situationen I, II, III, IV das Haushaltsoptimum aufgesucht wird. Der x\- und der £2-Wert des Haushaltsoptimums sind die gesuchten Werte.

Einkommen

A b b . 6 . 1 2 : Nachfrage und Einkommen

A u s g a b e n für Gut 2

100% • Gut 1

Gut 2

1

X

Einkommen

I I I | I I I

r-r-

11

20

1 1

11 1 u 1

40

60

I

80

Einkommen

1 1 1

I

1 1

100

^ I'

120

A b b . 6 . 1 4 : Einkommen und prozentuale Ausgaben

A b b . 6 . 1 3 : Engel-Kurve

Aufgabe 6.18 Formulieren Sie das Güterklassißkationen.

Engeische

Gesetz

mit

Hilfe

der

gerade

eingeführten



Lösung 6.18 Der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel, verglichen mit den Gesamtausgaben, nimmt mit steigendem Einkommen ab. Nahrungsmittel sind also nach der Klassifikation „lebensnotwendige Güter".

160

6 Nachfragegesetze

A b b . 6 . 1 5 : Nachfrage bei variablem p2

161

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

Aufgabe 6.19 Das Einkommen

des Individuums

a. Konstruieren gefunktionen

sei E = 6 und der Preis von Gut 2 p2 = 1.

Sie in der Graphik 6.16 für unterschiedliche Preise p\ die Nachfrax1(p1) und X2 (pi)• (Beschriften Sie die Achsen!)

b. Vergleichen Sie die Verläufe der Nachfragefunktionen tern Sie!

mit denen aus 6.15. Erläu•

i

~>—r

1

2

3

4

A b b . 6.16: Nachfrage bei variablem pi

3

4

1 5

r-

162

6 Nachfragegesetze

A b b . 6.17: Nachfrage bei variablem p\

b. Die direkten Nachfragefunktionen haben in beiden Abbildungen jeweils negative Steigungen. Das entspricht dem Nachfragegesetz. Die Kreuznachfragefunktion in Abb. 6.15 hat eine positive Steigung. Je höher der Preis p2, umso höher die Nachfrage nach X\. Das entspricht den Eigenschaften substitutiver Güter. Steigt der Preis von z. B. Butter, so geht die Nachfrage nach Butter zurück, und die Nachfrage nach dem Substitut, also Margarine, steigt. Das in Abb. 6.15 „nahe Substitute" vorliegen, ist auch an der vergleichsweise geringen Krümmung der Indifferenzkurven zu erkennen.

6.3 Aufgaben

zum

Nachfragegesetz

163

Aufgabe 6.20 a. Betrachten Sie unterschiedliche Güter (z. B. Butter und Margarine oder Zigaretten und Streichhölzer), und überlegen Sie, welchen Verlauf die Nachfragefunktion (steigend oder fallend) bei Komplementen bzw. bei Substituten hat.

b. Vergleichen Sie die Abb. 6.15 und die von Ihnen vervollständigte Abb. 6.16. Untersuchen Sie sowohl an den Indifferenzkurven als auch an den Kreuznachfragefunktionen, in welcher Abbildung Substitute bzw. Komplemente dargestellt werden. •

Lösung 6.20 Die Lösung der Aufgabe soll in umgekehrter Reihenfolge erfolgen. Wir beginnen also mit dem Aufgabenteil b., um die Lösung für den Aufgabenteil a. zu übernehmen. b. In der unteren Abbildung sind die Indifferenzkurven von vollständigen Substituten und vollständigen Komplementen dargestellt. Die Abbildungen ähneln den in Abbildungen 6.15 bzw. 6.17 erstellten Zeichnungen. Dies liegt daran, dass es sich in Abbildung 6.15 um „nahe Substitute" handelt. Dementsprechend handelt es sich in Abbildung 6.17 um „nahe Komplemente". Die weitere Beweisführung kann somit an den erstellten Abbildungen weitergeführt werden.

Gut 2 Margarine

Gut 2 Streichhölzer

Gut 1 Zigaretten A b b . 6 . 1 8 : Vollständige Substitute und Komplemente

164

6 Nachfragegesetze

Abb. 6 . 1 9 : Nachfrage in Abhängigkeit von p2

Wie zu sehen ist, ist bei den „nahen Substituten" die Steigung der direkten Nachfrage negativ. Das bedeutet, dass bei einem hohen Preis, hier p? wenig von Gut 2 abgesetzt werden kann. Würde der Preis jedoch fallen, würde die Nachfrage nach Gut 2 steigen. Diesem gegenüber steht die Kreuznachfrage nach Gut 1. Bei einem hohen Preis für Gut 2, würde die Nachfrage nach Gut 1 hoch sein, d. h. die Individuen würden bei nahen Substituten das im Vergleich günstigere Gut wählen. Sinkt der Preis für Gut 2, so würde auch die Nachfrage nach Gut 1 sinken. Es lässt sich also insgesamt für nahe Substitute feststellen:

Bei nahen Substituten wird die direkte Nachfrage nach einem Gut mit steigendem Preis fallen. Die direkte Nachfrage hat daher einen negativen Verlauf. Demgegenüber wird die Kreuznachfrage für das Substitut einen positiven Verlauf haben. Mit steigendem Preis für das eine Gut, wird die Nachfrage nach dem Substitut ebenfalls steigen.

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

165

A b b . 6 . 2 0 : Nachfrage in Abhängigkeit von pi

Bei den nahen Komplementen sind die Verhältnismäßigkeiten andersherum. So hat der Preis eines Gutes einen negativen Einfluss auf die Nachfrage des Komplementärs. Ist der Preis eines Gutes, hier Gut 1, relativ hoch, so wird nicht nur die Nachfrage für Gut 1, sondern auch die Nachfrage für Gut 2 gering sein. Senkt man den Preis für Gut 1, so steigt nicht nur die Nachfrage nach Gut 1, sondern auch die Nachfrage nach Gut 2. Es lässt sich also festhalten: Bei nahen Komplementen hat der Preis des einen Gutes auch einen Einfluss auf die Nachfrage des Komplementärgutes. Ist der Preis für ein Gut hoch, so wird das Gut geringfügig nachgefragt. Die Nachfrage nach dem Komplementärgut wird allerdings auch gering sein. Fällt der Preis für ein Gut, so wird nicht nur die Nachfrage nach dem Gut, sondern auch die Nachfrage nach dem Komplementärgut steigen. a. In Aufgabe a. war nun gefragt, wie die Nachfragen für Güter wie Butter und Margarine bzw. Zigaretten und Streichhölzer aussehen würden. Beginnen wir mit den Nachfragen für Butter und Margarine. Hierbei handelt es sich um Substitute, d. h. die Güter sind 1:1 austauschbar. Wür-

166

6

Nachfragegesetze

de nun der Preis für Butter in Relation zur Margarine hoch sein, so würden die Individuen die günstigere Margarine vorziehen. Andersherum wäre die Butter in Relation zur Margarine billiger, würden sie die Butter vorziehen. Die Nachfrage nach Butter bzw. Margarine verhalten sich also gemäß der in b. gemachten Annahmen für Substitute. Bei Komplementären wie Zigaretten und Streichhölzer verhält sich dies nun anders. Wäre der Preis für Zigaretten relativ hoch, dann würde man nicht nur an den Zigaretten sparen, also nur gering nachfragen, sondern auch nur gering Streichhölzer nachfragen. Wäre der Preis der Zigaretten allerdings relativ gering, so würden es eine große Nachfrage nach Zigaretten geben. Wenn dann viele Zigaretten nachgefragt würden, würden auch viele Streichhölzer benötigt, um die Zigaretten anzuzünden. Somit erfüllen Zigaretten und Streichhölzer die in b. gemachten Annahmen für Komplementärgüter. Auszug aus [Reiß 2007, S. 281 f., Abschnitt 6-4.3.2] Motivation: Die Grünen und der Benzinpreis Die Überlegungen der folgenden Abschnitte sind vergleichsweise abstrakt. Darum sollen Sie kurz motiviert werden. Wir betrachten dazu eine Auseinandersetzung, die im Bundestagswahlkampf von 1998 eine wichtige Rolle gespielt hat, verkürzen aber die Diskussionsstränge auf das für uns Wesentliche (für eine ausführliche Darstellung siehe [Arzheimer u. Klein 1999]). Auf ihrem Parteitag in Magdeburg beschlossen die Grünen bei einer Regierungsbeteiligung für die Erhöhung des Benzinpreises auf 5 DM zu sorgen. Auch wenn diese Erhöhung für einen Zeitraum von 10 Jahren geplant war, entstand in der Öffentlichkeit der Eindruck, die Preise sollten unmittelbar etwa verdreifacht werden. Die dadurch erzielten Steuermittel sollten allerdings nicht dem Staatsbudget zugute kommen, sondern an die Bürger (durch Senkung der Sozialversicherungsbeiträge) zurückgegeben werden. Der CDU-Generalsekretär Peter Hinze ließ sich daraufhin an der Tankstelle fotografieren und erklärte dabei, wenn die Grünen an die Regierung kämen, würde einmal Tanken 250 DM kosten. Das würde kaum eine Familie sich leisten können. Er startete eine Kampagne mit dem Titel: „Laß Dich nicht anzapfen". M U l g a U C

Überlegen Sie: a. Welche Motivation führte zu dem Beschluss der Grünen? Was sollte mit dem Beschluss bewirkt werden? b. Auf welche Auswirkungen

wollte die CDU insbesondere

hinweisen?

c. Gibt es Substitute für Benzin bzw. privaten Kfz-Verkehr? Für welche Bevölkerungskreise sind solche Substitute besonders leicht bzw. schwer zugänglich? Welche Rolle könnten diese Überlegungen in der politischen Auseinandersetzung spielen? •

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

167

Lösung 6.21

a. Die Motivation der Grünen diesen Beschluss zu fassen, lag in dem ökologischen Ziel der Reduzierung des Verbrauchs von Benzin und somit dem Ausstoß von weniger CO2. Die Erhöhung des Benzinpreises hätte bewirkt, dass die Nachfrage nach Benzin sinkt und durch ein anderes Gut substituiert wird. Der Substitutionseffekt ist aber abhängig von der Substitutionselastizität (Vgl. [Reiß 2007, Abschnitt 6.4.4.4, S.201ff.] b. Die CDU weist auf den zweiten Effekt - den Einkommenseffekt - hin, den eine solche Preiserhöhung mit sich bringt. Durch das teurer gewordene Gut muss der Nachfrager mehr von seinem Einkommen dafür aufwenden und dieses Geld fehlt an anderer Stelle. c. Substitute des privaten Kfz-Verkehrs sind die öffentlichen Verkehrsmittel (Bus, Bahn). Die Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel ist im städtischen Bereich besser ausgebaut und somit für Bürger einer Stadt und ihrer Umgebung leicht zugänglich. Auf dem Land dagegen sind die öffentlichen Verkehrsmittel für viele Menschen nur schwer oder teilweise sogar gar nicht zugänglich. Die politische Perspektive einer solchen Auseinandersetzung zeigt sich dahingehend das die Wähler der Grünen zumeist aus der Stadt kommen und die Wähler der CDU zu einem Großteil Landbevölkerung sind. Aufgabe 6.22

Skizzieren Sie jeweils ein Indifferenzkurvensystem a. nahe

Substitute;

b. nahe

Komplemente.

für

Untersuchen Sie in beiden Fällen die Größe des a.

Substitutionseffekts;

b.

Einkommenseffekts.

Erläutern Sie das Ergebnis durch ökonomische

Überlegungen.



168

6

Nachfragegesetze

Lösung 6.22 a. Die Abbildung 6.21 und 6.22 stellen Indifferenzkurvensysteme für nahe Substitute und nahe Komplemente dar.

A b b . 6 . 2 1 : Nahe Substitute

A b b . 6 . 2 2 : Nahe Komplemente

b. Nach der graphischen Darstellung des Substitutions- und des Einkommenseffekts für Substitute und Komplemente sollte folgendes festgestellt worden sein: 1. Bei (sehr) nahen Substituten ist der Substitutionseffekt (sehr) groß und der Einkommenseffekt (sehr) klein. Sind z. B. Kartoffeln und Reis für einen Haushalt nahe Substitute und werden Kartoffeln sehr viel teurer, so weicht der Haushalt auf Reis aus und erleidet so gut wie keinen Kaufkraft Verlust. 2. Bei (sehr) nahen Komplementen ist der Substitutionseffekt (sehr) klein und der Einkommenseffekt sehr groß. Sind z.B. Brot und Wasser - als einzige Grundnahrungsmittel für einen Haushalt (annahmegemäß) - nahe Komplemente und wird Wasser wegen einer Dürre sehr viel teurer, so kann der Haushalt nicht ausweichen. Er substituiert so gut wie gar nicht, sondern erleidet einen hohen Kaufkraftverlust: Bei unvermindertem nominellen Einkommen kann er sich von beiden Gütern nur sehr viel weniger leisten.

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

Aufgabe 6.23

Gehen Sie vom oberen Teil der Abb. 6.23 aus und nehmen Sie an, dass der Preis des Gutes 2 von ursprünglich p[ auf p[n geändert wird. a. Bestimmen Sie in der Zeichnung den Substitutionseffekt, den Einkommenseffekt und den Gesamteffekt. b. Zeigen Sie, dass auch bei den in Abb. 6.23 unterstellten Indifferenzkurven gilt: Wird ein Gut teurer, so fragt der Konsument weniger von diesem Gut nach und substituiert durch verstärkte Nachfrage nach den relativ billigeren Gütern sofern Einkommensänderungen kompensiert werden. c. Handelt es sich bei Gut 1 um ein superiores oder um ein inferiores Gut? d. Vergleichen Sie im untersuchten Beispiel bezüglich Gut 1 den Substitutionseffekt und den Einkommenseffekt. Wie muss allgemein die Größe des Substitutionseffektes sein - verglichen mit der Größe des Einkommenseffektes -, damit ein Gut Giffen-Gut ist? e. Begründen Sie: Das Nachfragegesetz gilt, wenn der Einkommenseffekt vernachlässigbar ist. •

A b b . 6 . 2 3 : Giffen-Gut

169

170

6

Nachfragegesetze

Lösung 6.23

A b b . 6 . 2 4 : Giffen-Gut

a. In der Abbildung 6.24 ist der Substitutionseffekt durch den Übergang vom Punkt Q zu S, der Einkommenseffekt durch den Ubergang von S zu G und der Gesamteffekt durch Übergang von Q zu G gegeben. b. Der Vergleich der Punkte Q und S zeigt, dass die Nachfrage nach Gut 1 um etwa 2,5 Einheiten zurückgeht, wenn der Preis von p[ auf p[" erhöht wird und Einkommensänderungen kompensiert werden. Der Substitutionseffekt ist bei Giffen-Gütern - wie bei allen anderen Gütern - stets der auslösenden Preisänderung entgegengerichtet. c. Die Punkte S und G sind Haushaltsoptima bezüglich der gleichen Preisstruktur, wobei das Einkommen bei G geringer ist als bei S. Da die Nachfrage nach Gut 1 beim niedrigeren Einkommen in G höher ist als in S, handelt es sich um ein inferiores Gut. d. Bezüglich Gut 1 besteht der Substitutionseffekt aus einer Nachfrageänderung von —2,5 Einheiten, der Einkommenseffekt aus einer Nachfrageänderung von + 6 , 5 Einheiten. Das ergibt einen Gesamteffekt von —2,5 + 6,5 = + 4 Einheiten. Aus diesen beispielhaften Überlegungen ergibt sich: Ein Gut kann nur Giffen-Gut sein, wenn • es inferior ist, also eine (z. B. durch Preiserhöhung induzierte) Einkommensverminderung zu einer Nachfrageerhöhung führt, • diese Nachfrageerhöhung größer ist als die durch Substitution bewirkte Nachfrageverminderung. e. Folgt aus Aufgabenteil d.

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

171

Aufgabe 6.24 a. Bestimmen Sie Nu tzenfunktion:

die

Hickssche

Nachfragefunktion U =

Xi



[Hinweis: Gehen Sie von der Nutzenfunktion Gossensche Gesetz.] b. Die Indifferenzkurve

zur

Cobb-Douglas-

X2

aus und benutzen

in Abb. 6.25 gehört zur Nutzenfunktion

Sie das zweite

U = x\-

i) Bestimmen Sie das Nutzenniveau dieser Indifferenzkurve. ii) Überprüfen Sie, ob die graphisch bestimmte Hickssche Nachfragefunktion der in a. bestimmten Formel genügt. c. Zeigen Sie: Die direkte Hickssche Nachfragefunktion hat stets einen fallenden Verlauf, die Hickssche Kreuznachfragefunktion hat im Zwei-Güter-Fall stets einen steigenden Verlauf. d. (Für formal Interessierte mit entsprechenden Vorkenntnissen) Deßnitheit der Matrix der partiellen Ableitungen:

Bestimmen

Sie die



172

6

Nachfragegesetze

A b b . 6 . 2 5 : Hickssche Nachfragefunktion

Lösung 6.24

a. Man geht vom zweiten Gossenschen Gesetz aus: dU/dxi

_ x2

dU/dx2

| p\

x\ ~~ P2

Daraus ergibt sich als Expansionspfad: Pi X2 = —Xi P2 U

=

X\ • X2

Der Schnittpunkt von Expansionspfad und Indifferenzkurve liefert die Hickssche Nachfragefunktion, also setzen wir den Expansionspfad in die Nutzenfunktion ein. So ergibt sich: rr U = xi • Pi —x\ = Pi — • x21 P2 PI

6.3

Aufgaben

zum

Nachfragegesetz

173

H

Ebenso:

b.

i) Da der Punkt x\ = 2, x-i = 2 auf der Indifferenzkurve liegt, muss gelten: U = i i • 12 = 2 • 2 = 4. Die beiden anderen Punkte bestätigen diesen Wert (und bestätigen damit auch, dass die unterstellte Nutzenfunktion korrekt ist). ii) Für P2 = 1 und U = 4 gilt als direkte Nachfrage

und als indirekte Nachfrage

Überprüfung der jeweils drei auf der Indifferenzkurve eingezeichneten Punkte zeigt, dass diese Gleichungen den Graphiken entsprechen. c. Gegeben ist die Cobb-Douglas-Funktion U = Xi • X2

mit der Nebenbedingung E = pi • xi + p2 • x2

Ausgehend vom 2. Gossenschen Gesetz erhielt man den Expansionspfad X2 =

Pi

— X i

P2

Durch Einsetzen des Expansionspfades in die Nutzenfunktion erhält man:

Ebenso:

174

6

Nachfragegesetze

Somit sind die Hicksschen Nachfragen für x\ und X2 bestimmt. Um darstellen zu können, ob die direkten Hicksschen Nachfragen bzw. die Hicksschen Kreuznachfragen eine positive oder negative Steigung haben, müssen wir x\ und £'2 jeweils SxH

nach pi bzw. P2 ableiten. Mit -g^- wird die Steigung der direkten Hickschen Nachfrage nach x\ angezeigt! dxl

_ 1 . ~V2 2 \px)

=

dpi

. jjl/2 . P2 pj

Wir nehmen an, dass es sich um normale Güter handelt, d. h. dass die Preise und der Nutzen immer größer 0 sind. Alle Variablen der Gleichung sind also positiv, lediglich das Minus am Anfang macht den Term negativ! Die Ableitung von x\ nach p\ ist also negativ. dx11 Mit -g^- wird die Steigung der Hicksschen Kreuznachfrage nach x\ angezeigt!

2

dp2

\Pi/

Pi

Alle Variabein im Term sind wiederum positiv und das Vorzeichen des Term ist auch positiv. Somit ist die Ableitung von X\ nach p2 positiv. dxH Mit -g^- wird die Steigung der Hicksschen Kreuznachfrage nach X2 angezeigt!

2

dpi

\p2)

P2

Es gilt dasselbe wie für die Hicksche Kreuznachfrage nach x\. Die Steigung der dxH Hicksschen Kreuznachfrage nach X2 ist somit positiv! Die Ableitung -g-^- beschreibt die Steigung der direkte Hicksschen Nachfrage nach x2 und sient wie folgt aus: daff = _ I . ^ E l ^ 1 / 2 . u 1 / 2 • — dp2 2 \p2j pl Es ist zu sehen, dass die Ableitung der Ableitung von x i nach p\ ähnelt. Auch hier sind alle Variablen positiv, lediglich das Minus macht den gesamten Term negativ; somit ist die Steigung auch negativ! d. In c. wurde bereits bewiesen, dass die partiellen Ableitungen der direkten Hicksschen Nachfragen im Zwei-Güter-Fall negativ sind. Die Steigung der Nachfragen ist damit ebenfalls negativ. Ebenso wurde in c. bewiesen, dass die Hicksschen Kreuznachfragen eine positive Steigung haben! Für die Matrix der partiellen Ableitungen gilt dann: /dsf fttf \

(V tdpi

)=

dp2 /

Berechung der Determinanten: det\Mi\ =

dx[H dpi

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz , .,, . dx? det\M2\ = — dpi

dxff + op2

dx? dp2

dx% — opi

175

+

Wir erhalten alternierende Vorzeichen für die Unterdeterminanten, beginnend mit einem negativen Vorzeichen, sprich die erste Unterdeterminante ist negativ, während die zweite Unterdeterminante positiv ist. => Die Matrix ist also negativ semi-definit! Aufgabe 6.25

U = x"1 • x22:

Bestimmen Sie zur Cobb-Douglas-Nutzenfunktion a. die Marshallsche

Nachfragefunktion,

b. die Hickssche Nachfragefunktion.



Lösung 6.25

Bemerkung: Da ordinale Nutzenfunktionen nur bis auf eine monotone Transformation bestimmt sind, können wir davon ausgehen, dass ai + a2 = 1 gilt. Der Expansionspfad ergibt sich für gegebene Preise p\, Gesetz: dx 2 dU/dx i a\x2 dx i dU/dx 2 a2x\ Daraus ergibt sich als Expansionspfad: a2pi x2 = Xi aip 2

aus dem zweiten Gossenschen pi p2

a. Der Schnittpunkt von Expansionspfad und Budgetgerade liefert die Marshallsche Nachfragefunktion. Also setzen wir den Expansionspfad in die Budgetgerade ein. Es ergibt sich: a2

, 2 Ejt = pix i +p

Pi xi lP2

a

E= (1 + — ai ^=—(01+ ai

a2) P1X1

a iE Pi(a>i + a2)

„M Ebenso: „M Xn 2

)-plXl

a2E —

P2(ai+a2) Aufgrund der obenerwähnten Bemerkung lassen sich die Terme vereinfachen zu:

176

6

Nachfragegesetze

und xif —

a2E P2

b. Der Schnittpunkt von Expansionspfad und Indifferenzkurve liefert die Hickssche Nachfragefunktion. Also setzen wir den Expansionspfad in die Nutzenfunktion ein. Es ergibt sich: I( 0.2P1 ( ^ z/ i

U = x?-

c 01P2/ Da cl\ + CL2 = 1 gelten soll, kann Term kann vereinfacht werden zu: U =

X 1

/ avPiY2 . ( ™ V \a1P2J

Umstellen nach x±: x

H

=

(^Pl)a I2P1 )

2

.u

Ebenso: \a1p2j

Auszug aus [Reiß 2007, S. 289, Abschnitt dU/dxj dU/dxj

6.4.4.1] _ p^ pj

Für je zwei Güter ist das Grenznutzenverhältnis gleich dem Preisverhältnis. Aufgabe 6.26

Zeigen Sie, dass mit Hilfe der Lagrange-Methode n Güter (n > 4) abgeleitet werden kann.

die Optimalbedingung

(6.1) auch für •

Lösung 6.26

Die Vorgehensweise unterscheidet sich im Prinzip nicht von der des Abschnitts 6.4.4.1 in [Reiß 2007, S. 287 ff]. Da wir jetzt aber n Güter haben, können wir nicht für jedes Gut einzeln die Rechenschritte durchführen, sondern müssen zwei beliebige Güter auswählen. Diese Güter seien mit dem Index i und dem Index j gekennzeichnet. Bei n Gütern bekommt man folgende Lagrangefunktion: L{Xl,...,Xn,\)

= U(xi,...,xn)

+\(E-p1Xi

- . . . -PnXn)

(6.2)

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

177

Wir betrachten - wie ausgeführt - ein Gut mit dem Index i und ein Gut mit dem Index j. Dann folgt aus (6.2) für Guti: Gutj:

^

= =

=0

§-/Pl = X\ §-/Pi = X}

dU/dxj Pi

dU/dxj Pj

also:

dxj dU dxj

_ p^ ~ Pj

Für je zwei Güter ist das Grenznutzenverhältnis gleich dem Preisverhältnis.

Aufgabe 6.27 a. Skizzieren Sie die i) xx=E-

Nachfragefunktionen

2pi

ü)' x,1 = p i ^ b. Bestimmen Sie für die Nachfragefunktionen aus Teil a. jeweils die Preiselastizität, die Kreuzpreiselastizität und die Einkommenselastizität der Nachfrage. c. Zeigen Sie: Für Gifferi-Güter ist die direkte Preiselastizität positiv. Für andere Güter ist die direkte Preiselastizität immer negativ. (Hinweis: Da man normalerweise von der Gültigkeit des Nachfragegesetzes ausgeht, man aber ungern mit negativen Werten argumentiert - Größenvergleiche führen dann nämlich schnell zu Missverständnissen - wird in einigen Darstellungen als Nachfrageelastizität der absolute Betrag des von uns benutzten Wertes genommen. Darauf muss man achten, wenn man Missverständnisse vermeiden will.) d. Definieren Sie selbständig den Begriff „isoelastische Nachfragefunktion". e. Machen Sie sich plausibel: i) Eine lineare Nachfragefunktion ist nicht isoelastisch. ii)/ Xi = 1

E

^

pi

ist isoelastisch.



178

6

Nachfragegesetze

Lösung 6.27

Abb. 6.26: X1 = E- 2 Pl

e^H PI a. Die zu skizzierenden Funktionen hängen von zwei bzw. drei Variablen ab. Sinnvolle Skizzen sind somit nur möglich, wenn partialanalytisch die Funktion in Abhängigkeit einer Variablen bei Konstanz der anderen gezeichnet wird. (Die in den Abbildungen angegebenen Elastizitäten ergeben sich aus den Rechnungen des Teils b.)

b.

„„

Abb

=

i. xi=E-

2p1

Direkte Preiselastizität: _ dxilh V x u P l

PI =2

E

~

2

-f 'fei .PI = E=2$

=

d

P l

X!

E ~ ° =

_ _9Pi ~

_

-2pi x1~E-2p1

6.3 Aufgaben _ E

Pl — 4

Pl=0

_

g/2

E-E/2

'ixi.pi —

zum Nachfragegesetz

179

_ _1

~~

VxuPi = o

Kreuzpreiselastizität: P2 n P2 n VxuP2 = ~ = 0 = 0 Öp2 Xi Xi Die Elastizität ist konstant Null. Einkommenselastizität: dxi E E VxuE = -^F— = 1dE x i E - 2pi E = oo: £ = 6pi: E = Api E — 2pi

rixi,E = 1 VxuE — | = 2 »7T!, E = OO

n. Xi =

—^— Pl

Direkte Preiselastizität:

VxuPl

dxiPi dpiX!

Eyjpi Pl2

Pl pi

Die Nachfragefunktion hat überall die gleiche Elastizität von -1. Kreuzpreiselastizität :

dxi p2 dp dpi2 Xi xi 1 Ep2~1/2 2 pi

P2 = 1 EP21/2 ~ 2 PI

Die Nachfragefunktion hat überall die Kreuzpreiselastizität von Einkommenselastizität: VxuE

_ dx^E_ _ VP2 E ~ dE Xl ~ Pl EVE pi

_ ~

Eine Gerade durch den Nullpunkt hat überall eine Elastizität von 1, unabhängig davon, welche Steigung die Gerade besitzt.

180

6 Nachfragegesetze

c. Für Nicht-Giffen-Güter gilt; f ^ < 0 (vgl. Abbildung 6.23) Da x und p und damit auch Da für Giffen-Güter ^ £ > 0 gelten.

21 xi

21 positiv sind, muss ic*p -i

< 0 sein.

^X

> 0 (vgl. Abbildung 6.23) gilt, muss entsprechend

d. Die Vorsilbe „Iso" bedeutet „gleich". Mit isoelastischen Funktionen sind somit die Funktionen bezeichnet, die überall die gleiche Elastizität besitzen. Die Nachfragefunktion x= ~ ~ ist isoelastisch sowohl als Funktion von E als auch von p2 und von p\ . Eine Gerade ist nicht isoelastisch, es sei denn, sie geht durch den Nullpunkt oder sie hat die Steigung Null.

A b b . 6.28: Nachfragefunktionen

e., i. Auf einer Geraden bleibt das Verhältnis von Mengenänderung zu Preisänderung zwar konstant, je nach betrachtetem Punkt bezieht sich aber die Mengenänderung auf unterschiedliche Mengen und die Preisänderung auf unterschiedliche Preise. So ist beim Übergang von A nach B und beim Übergang von C nach D beides Mal Ax = 1 und A p = 1. Bei A bedeutet diese Mengenänderung von 1 auf 2 aber eine Steigerung um 100 %, wo hingegen die gleiche Mengenänderung bei C von 9 auf 10 nur eine Steigerung von etwa 10 % ausmacht. Diese Änderung in den Prozentzahlen bei den Mengen wird noch verstärkt durch Änderungen der Prozentzahlen bei den Preisen. Bei A bedeutet die Preisänderung um 1 von 10 auf 9 eine Reduzierung um 10 %, bei C bedeutet die gleiche Preisänderung um 1 von 2 auf 1 eine Reduzierung um 50 %.

ii. Im Folgenden nehmen wir für die Nachfragefunktion x\ = zur Vereinfachung an, dass E^/pi gleich Eins ist. Wir erhalten also x\ =

6.3 Aufgaben zum Nachfragegesetz

181

Der Übergang von A nach B beinhaltet mit Ap = 1 eine größere absolute Preisänderung als der Ubergang von C nach D mit absolut 1/10 - 1/9; prozentual sind die Änderungen mit jeweils 10 % gleich groß; es ist nämlich zwischen A und B:

Und zwischen C und D: j io

l 9 _ l ~~

9

1 10

-10%

Entsprechend verhält es sich mit den Mengenänderungen. Aufgabe 6.28

Zeigen Sie, dass für Funktionen mit steigendem Verlauf folgende Beziehung für die Elastizität Tj im Punkte C gilt:

T) =

df(x) dx

x f(x)

CA CB

B O



D

A b b . 6 . 2 9 : Bestimmung

Lösung 6.28

7]

=

df(x) x dx f(x)

CD OD BD CD

Wegen des Strahlensatzes gilt: OD

CA

Also : -

CB

OD BD

der

Elastizität

182

6

Nachfragegesetze

6.4 Aufgaben zur Theorie Aufgabe 6.29 Greifen Sie auf die in Aufgabe 6.27 a. skizzierten Nachfragefunktionen überprüfen Sie graphisch die dort berechneten Elastizitäten.

zurück und •

Lösung 6.29 i.,ii Im Folgenden werden wir die Nachfragefunktion X\ = E — 2pi und xi(E) = E ^ jeweils in Abhängigkeit von E, p\ und p-i skizzieren und darauf die graphische Methoden zur Bestimmung der Elastizität (vgl. [Reiß 2007, S. 291 ff., Abschnitt 6.4.4.4]) und Aufgabe 6.28) anwenden. Dazu wählen wir einen Punkt C auf der Kurve, zeichnen in diesem Punkt gegebenenfalls eine Tangente mit den Schnittpunkten A und B auf den Achsen und bestimmen die Elastizität durch die Streckenverhältnisse. PI x\{pi) = E — 2pi mit fest vorgegebenen E hat den nebenstehend skizzierten Verlauf. Damit entspricht der Verlauf genau der Abbildung 6.17 in [Reiß 2007, S. 293] und den dort bestimmten Bereichen der Elastizität. x1(p2) = E - 2pi mit fest vorgegebenen Pi, E ist nicht von p2 abhängig und hat den nebenstehend skizzierten Verlauf. Für einen beliebigen Punkt C auf der Kurve liegt der Schnittpunkt A (im Grenzübergang) bei oo und es ergibt sich für beliebige betrachtete Punkte C durch Grenzübergang der Wert r] X u E = % = = 0. x\ (E) = E - 2pi mit fest vorgegebenen pi ist eine Gerade mit Steigung 1, die bei 2pi die E-Achse (Punkt A) und bei — 2pi die X)-Achse (Punkt B) schneidet. Bei dem in der Graphik gewählten Punkt C ergibt sich dann sofort der Wert r j X u E = SÄ = | . Für andere Punkte C läuft die Bestimmung entsprechend.

Ixi iPl = —00 PI = - 1 Vxi.pi — 0 x "E ' P2 Ii!,P2 = 0 c, 'P 2

= 0

Vx = 0 R l'P2

B

/ / Vx1,E

C/ _ '»1 .-E 2 y^i.ß = 2 nxl,E = °°

6P1 4p 1

Xi

T1

/

6.30: xi = E - 2p i

XI

(

183

6.4 Aufgaben zur Theorie

xi(Pi) = mit fest vorgegebenen P2, E hat den nebenstehend skizzierten Verlauf. Für einen beliebigen Punkt C auf der Kurve (also nicht nur für den eingezeichneten!) ist die Strecke CA genauso lang wie die Strecke C B und es ergibt sich für beliebige betrachtete Punkte C der Wert rj X l i E = § § = - 1 -

x i{P2)

m it fest vorgegebenen = Px, E hat den nebenstehend skizzierten Verlauf. Für einen beliebigen Punkt C auf der Kurve ist die Strecke CB doppelt so lang wie die Strecke BA und es ergibt sich für beliebige betrachtete Punkte C der Wert V x u E = ^ =

x\{E) = mit fest vorgegebenen P2,P\ ist eine Gerade durch den Nullpunkt. Somit fallen die Punkte A und B zusammen und es ergibt sich für beliebige betrachtete Punkte C der Wert VxuE

6_

CA _ 1 CB Abb. 6 . 3 1 : n

=

PI

Die graphisch bestimmten Werte bestätigen die Berechnung der Aufgabe 6.27. Aufgabe 6.30 Nehmen Sie zur Vereinfachung an, in der Mensa einer Universität werde nur ein Gericht (Stammessen) verkauft. a. Skizzieren Sie in plausibler sen, wenn die Mensa

Weise die direkte Nachfragefunktion

nach

Stammes-

i) zu einer Campus-Universität gehört, die mitten im Walde liegt ii) oder die Mensa zwischen einem Fast-Food-Restaurant und einem zentrum liegt.

Einkaufs-

b. Der Leiter der Mensa möchte zur Umsatzsteigerung den Mensapreis ändern. Wie muss er vorgehen? •

184

6

Nachfragegesetze

Lösung 6.30

a. Direkte Nachfragefunktion nach Stammessen i) Campus-Universität mitten im Walde: Die Nachfrage x ist unelastisch: Jeder ist auf die Mensa angewiesen, es sei denn, er bringt sich das Essen mit oder er verzichtet ganz auf das Mittagessen. Substitute zur Mensa gibt es somit nicht. Eine Erhöhung des Mensapreises wird darum kaum zu einem Rückgang der Nachfrage führen. Eine Erhöhung des Preises um 1 % wird also wahrscheinlich zu einer Nachfragereduzierung von deutlich weniger als 1 % führen.

X = x(p)

A b b . 6.32: Direkt Nachfragefunktion

ii) Mensa zwischen einem Fast-Food-Restaurant und einem Einkaufszentrum: p

Die Nachfrage x ist elastisch: Relativ starke Reaktion der Nachfrager auf (kleine) relative Preisänderungen. Für die Mensa existieren Substitute, nämlich das FastFood-Restaurant und alle Restaurants und Imbisse im Einkaufszentrum. Dabei kommt es natürlich auf den Geschmack der Studierenden an, inwieweit diese Angebote als Substitute angenommen werden. A b b . 6.33: Direkt Nachfragefunktion

b. Der Leiter der Mensa möchte zur Umsatzsteigerung den Mensapreis ändern. Wie muss er vorgehen? Das kommt auf die Nachfrageelastizität an. i) Ist z.B. die Elastizität r¡XiP < 1, so führt eine Preiserhöhung um 1 % zu einer Nachfragereduzierung von weniger als 1 %. Damit steigt mit einer Preiserhöhung der Umsatz. ii) Ist die Elastizität TJXIP > 1, SO führt eine Preiserhöhung um 1 % zu einer Nachfragereduzierung von mehr als 1 %. Damit sinkt mit einer Preiserhöhung der Umsatz. Der Preis müsste reduziert werden. Man beachte, dass hier nur der Umsatz, aber nicht der Gewinn betrachtet wird. Aufgabe 6.31

1. In Abb. 6.34 werden Indifferenzkurven Niveau an Gut 1 zu einem Ungut wird.

skizziert, bei denen von einem

bestimmten

6.4 Aufgaben zur Theorie

185

a. Zeigen Sie, i) dass die Annahme der NichtSättigung nicht erfüllt ist, ii) dass das Beispiel relativ wirklichkeitsnah ist, iii) dass es zu jedem Zustand einen Zustand gibt, den das Individuum vorzieht. b. Konstruieren

Sie

7 H 5 4-\ 3 2 -

i) die Einkommenskonsumkurve für vor1 gegebene Preise pi = 1 und p2 = 1, Wasser 0 1 i 1 i 1 i im T T ii) und die Preiskonsumkurve für vorge0 1 2 3 4 5 6 7 gebenen Preis pi = 1 und vorgegebeAbb. 6.34: Ungut nes Einkommen E = 8. c. Begründen Sie: Die ökonomische Analyse durch z. B. die Nachfragefunktion setzt nicht unbedingt die Annahme der Nichtsättigung (,mehr ist besser') voraus. Diese Annahme kann vielmehr deutlich abgeschwächt werden. 2. In Abb. 6.35 ist ein weiteres Indifferenzkurvensystem abgebildet. ojx 2 a. Zeigen Sie, Felle i) dass es nicht zu jedem Zustand einen 7Zustand gibt, den das Individuum vor- 6 zieht. 5 ii) dass es auch hier Situationen der Reali- 4 tät gibt, die diesem Indifferenzkurven- 3system nahe kommen. 2 b. Konstruieren Sie, wenn möglich,

1 1

1

i iu ' i) die Einkommenskonsumkurve für die @ 0 l 2 3 vorgegebenen Preise pi = 1 und P2 = 1, A b b . 6.35:

ii) und die Preiskonsumkurve kommen E = 8.

=1 wilder Honig i 1 i 1 i 1 i 1 i ¿1 * 5 6 7 8 9 10

1

Segnungspunkt

für den vorgegebenen Preis pi = 1 und das Ein-

c. Begründen Sie: Die ökonomische Analyse durch z. B. Preise und Nach frage funktion benötigt unbedingt eine verallgemeinerte Annahme der Nichtsättigung z. B. in der Form ,Zu jedem Zustand gibt es einen Zustand, den das Individuum vorzieht'. • Lösung 6.31 1. In Abb. 6.36 werden Indifferenzkurven skizziert, bei denen von einen bestimmten Niveau an Gut 1 (Wasser) zu einem Ungut wird.

186 a)

6

Nachfragegesetze

i) Die Annahme der Nichtsättigung ist nicht erfüllt. In Abb. 6.36 gilt x < y , obwohl in Punkt x von beiden Gütern mehr vorhanden ist als in y. Man beachte, dass das Beispiel relativ wirklichkeitsnah ist: Bei vielen Gütern wie z.B. Wasser gibt es ein Sättigungsniveau, bei noch größerer Ausstattung werden sie zu ,Ungütern', derer man sich gern entledigen möchte; bei anderen Gütern aber wie z. B. Diamanten ist ein Sättigungsniveau nicht (oder erst sehr spät) gegeben. iii) Bei diesem Verlauf der Indifferenzkurven zieht das Individuum einen höher gelegenen Punkt vor, bei dem ceteris paribus der Bestand an Diamanten höher ist als der im Ausgangspunkt. (Vgl. Abbildung 6.37)

b) i) Siehe Abbildung 6.37 •XI

A b b . 6 . 3 7 : Ungut mit Einkommenskonsumkurve

A b b . 6 . 3 6 : Ungut

ii) Siehe Abbildung 6.38 "X2

A b b . 6 . 3 8 : Ungut mit Preiskonsumkurve

2. In Abb. 6.39 ist ein Indifferenzkurvensystem abgebildet, das wir einem frühchristlichen Asketen in der Wüste unterstellen wollen, der sich von wildem Honig ernährt und sich in Fellen kleidet. Mit 4 Fellen und 4 Einheiten Honig sei sein Bedarf von beiden Gütern vollständig gedeckt, mehr wird ihm zur hinderlichen Last. Der Punkt (4,4) ist dann sein sogenannter Segnungspunkt (,bliss-point l ). Ein Individuum, das diese Präferenzen besitzt, und das sehr gut ausgestattet ist, also z. B. der Budgetbedingung

6.4 Aufgaben zur Theorie

p i i i +P2X2 < 11

187

mit pi = l , p 2 = 1

gegenübersteht, wird nicht den Tangentialpunkt B wählen, da im Segnungspunkt S der (ordinale) Nutzen höher ist als in B. Somit wird das Individuum jenseits des Segnungspunktes überhaupt keine Neigung haben, ein knappes Gut gegen ein anderes knappes Gut zu tauschen. Diese Tauschrelation bestimmen aber Preisverhältnisse. Preise und ein preisgestütztes Wirtschaftssystem setzen somit Knappheiten voraus.

0

1 2 3 4 5

A b b . 6.39: Segnungspunkt

Man kann auch anders formulieren: Asketen in der Wüste oder auch Bewohner eines Schlaraffenlandes werden keine Tauschmärkte organisieren, auf denen sie ein knappes Gut gegen ein anderes tauschen, da sie alles genügend oder sogar im Uberfluss haben. Damit ist die Preistheorie für diese Situationen vollständig überflüssig. Normalerweise unterstellen wir aber, dass wir nicht so genügsam wie die Asketen und auch nicht so im Uberfluss leben wie im Schlaraffenland. Damit unterstellen wir aber automatisch eine Nichtsättigungsannahme in der einen oder anderen Form. Damit wird zu den grundlegenden Annahmen stets auch eine ,Nichtsättigungsannahme' gehören. c) Das ergibt sich unmittelbar aus den bisherigen Ausführungen: Auch bei einer deutlichen Abschwächung der Nichtsättigungsannahme existieren Einkommenskonsumkurven und Preiskonsumkurven (und damit Nachfragefunktionen). Aufgabe 6.32

. 77 = — 00 v o l l k o m m e n e l a s t i s c h

Erfassen Sie die in Abb. 6.40 angegebenen Ausprägungen der Elastizität (unelastisch, ... etc.) in einer Tabelle, charakterisieren Sie diese und geben Sie Beispiele für Funktionen, die jeweils diese Ausprägung besitzen. •

A b b . 6 . 4 0 : Bereiche der Elastizität

188

6

Nachfragegesetze

Lösung 6.32 0) N SJ

3 jL

'¿2

m ö •o-lH

X

a a. 'S .3 äo ® 2 £" tö •6 0) « CO -o 3 »4 TC 0) •o 3 0> bO C 03 t-w 0) 7 3 ä « •= •a 3 •i« —II, i 03 n h

43 i 3 £ .3 g o > 3 S3 S P 2 ^ ö '5b '3 J3 3 :c3S + 3 w co 43=£ -Ö s 3 es -2 3 -s iH 3 M c -d :033 c

n 0)

3 a3 -a ü Sh

-3 53 O X! Ö CO 3 43 3 43 ® ^ • J O ,3 0) b O P 03 a> > 43 bO ft 0) o 3

3 3 -3

3 43 bO 3 3

V

A

Hi » a N sr Cr X

«Ss ^N

6.4 Aufgaben zur Theorie

189

Aufgabe 6.33

a. Erläutern Sie (evtl. auf Karteikarten)

stichwortartig

die Begriffe:

i) Engelsches Gesetz; ii) Budgetgerade; iii) Ceteris-paribus-Annahme; iv) Totalanalyse, Partialanalyse; v) Haushaltsoptimum; vi) Marshallsche Nachfragefunktion, vii) Nachfragegesetz; viii) Substitutions-, ix) Giffen-Gut;

Einkommens-

und

Hickssche

Nachfragefunktion;

Gesamteffekt;

x) Elastizität. b. Überprüfen Sie anhand der Lernziele Ihren Lernerfolg!



Lösung 6.33

i) Engelsches Gesetz Je ärmer eine Familie ist, einen desto größeren Anteil von den Gesamtausgaben muss sie zur Beschaffung der Nahrung aufwenden. ii) Budgetgerade Der geometrische Ort aller Kombinationen zweier Güter, die mit einem gegebenen Einkommen E bei den Güterpreisen p gerade noch gekauft werden können, die das Budget also vollkommen ausschöpfen. Es gilt also für die Budgetgerade: Pixi +P2X2 - E Die Budgetgerade hat die Steigung 21 Und schneidet die Abszisse bei ~ und die Ordinate bei p—. 2 iii) Ceteris-paribus-Annahme Ceteris-paribus-Annahme bedeutet, dass alles, was nicht zum betrachteten, untersuchten Ausschnitt gehört, ausgeblendet (konstant gehalten) wird. iv) Totalanalyse, Partialanalyse Ein Totalmodell berücksichtigt die Interdependenzen aller ökonomischen Variablen, also den Zusammenhang aller Preise, aller Einkommen, aller Angebote und aller Nachfragen. Ein solches Modell erfasst in aller Regel aber nur strukturelle Beziehungen und kann darum auch nur strukturelle Aussagen machen. Eine Partialanalyse untersucht die Abhängigkeit einer (oder einiger weniger) Variablen in Abhängigkeit einer Ursache (oder einiger weniger Ursachen). Man unterstellt, dass alle nicht betrachteten Veränderlichen während der Untersuchung konstant bleiben (Ceteris-paribus-Bedingung).

190

6 Nachfragegesetze

v) Haushaltsoptimum Im Haushaltsoptimum ist die Steigung der Budgetgerade gleich der Steigung der Indifferenzkurve und somit folgt das zweite Gossensche Gesetz: Pi _ dU/dxx p2 dU/dx 2 vi) Marshallsche Nachfragefunktion, Hickssche Nachfragefunktion Die Marshallsche Nachfragefunktion bestimmt zu gegebenen Preisen und gegebenem Einkommen die Nachfrage eines Individuums. Unterstellt man bei einer empirischen Untersuchung, dass sich das Einkommen nicht (oder nur unbedeutend), der Preis des Benzins aber deutlich ändert, so kann man die Nachfragefunktion in Abhängigkeit des Preises schätzen. Die Marshallsche Nachfragefunktion ist am Markt beobachtbar. Sie oder wesentliche Parameter dieser Funktion (die sogenannten Elastizitäten) können z. B. im Marketing zur Untersuchung des Käuferverhaltens benutzt werden. Die Hickssche Nachfragefunktion bestimmt zu gegebenen Preisen und gegebenen Nutzen die Nachfrage eines Individuums. Um die Hickssche Nachfragefunktion direkt empirisch zu ermitteln, müsste man somit zu gegebenem Nutzenniveau jeweils den Zusammenhang zwischen Preis- und Nachfrageänderungen schätzen. Da die Nutzenniveaus aber nur dem Individuum selbst bekannt sind, ist eine solche Schätzung für den Empiriker nicht möglich. Mit Hilfe der Slutzky-Gleichung lässt sich von der Marshallschen Nachfragefunktion auf die Hickssche Nachfragefunktion schließen. Die Hickssche Nachfragefunktion ist am Markt nicht beobachtbar. Sie dient häufig dazu, Wohlfahrtseffekte von Steueränderungen zu analysieren. vii) Nachfragegesetz Das allgemeine Nachfragegesetz besagt: „Je größer die verkaufte Menge, um so kleiner muss der Preis sein ... o. m. a. W. die nachgefragte Menge nimmt bei Preissenkung zu und einem Steigen des Preises ab." Übersicht von Ursachen und Folgen für Preisänderungen: Preis steigt - Nachfrage sinkt Preis sinkt - Nachfrage steigt Angebot steigt - Preis sinkt Angebot sinkt - Preis steigt Nachfrage steigt - Preis steigt Nachfrage sinkt - Preis sinkt Wider legbar keit bzw. Belegbar keit: Schon Alfred Marshall hat auf die Existenz von Ausnahmen hingewiesen. Auch hat er betont, dass es keinen gleichmäßigen Zusammenhang gibt. Es muss also untersucht werden, ob empirische Beobachtungen das Gesetz bestätigen oder

6.4

Aufgaben

zur

Theorie

1 9 1

nicht, bestimmte Annahmen zur Bestätigung erfüllt sein müssen und unter welchen Bedingungen das Gesetz ungültig ist. viii) Substitutions-, Einkommens- und Gesamteffekt Bei beiden Effekten geht es darum, wie sich die Nachfrage nach zwei Gütern verändert, wenn der Preis für eines dieser beiden Güter erhöht wird. Beim Substitutionseffekt wird untersucht, inwieweit sich die Nachfrage verändert, wenn sich nur das Preisverhältnis ändert, wenn also eines der beiden Güter teurer wird. Wird ein Gut teurer, so fragt der Konsument weniger von diesem Gut nach und substituiert durch verstärkte Nachfrage nach den relativ billigeren Gütern. Der Substitutionseffekt ist also immer „negativ". Beim Einkommenseffekt wird untersucht, wie die von einer Preisänderung verursachte Einkommensänderung (realer Einkommensverlust, da weniger Güter gekauft werden können). Das Nutzenniveau sinkt also beim Einkommenseffekt. Bei inferioren Gütern wirkt dieser Effekt dem Substitutionseffekt entgegen. Man beachte beim Einkommenseffekt, dass eine Preiserhöhung zu einer Einkommensreduzierung führt und dass daher die Effekte dann entgegengesetzt zu den bei Einkommenserhöhung definierten sind. Substitutionseffekt

Einkommenseffekt

Gesamteffekt

< o

< 0 .superiore (normale) Güter'

< 0

< o

= 0 , e i n k o m m e n s u n a b h ä n g i g e Güter'

< o

< 0 ,mit S E größer als EE'

> 0 , inferiore Güter'

< o

< 0 ,mit S E kleiner als EE'

> 0 .inferiore Güter'

> 0 ,Giffen-Gut'

ix) Giffen-Gut Güter, deren Nachfrage in einem gewissen Bereich bei steigendem Preis steigt, heißen Giffen-Güter. x) Elastizität Ein Quotient aus relativen Veränderungen. Grundsätzlich lassen sich aus jeder funktionalen Beziehung zwischen einer abhängigen und einer oder mehreren unabhängigen Variablen die zugehörigen Elastizitäten bilden, (vgl. [Woll 2000, S. 162, 172 ff.]) Direkte Preiselastizität: ^ r 1 • 100 . 100

proz. Mengenänderung proz. Preisänderung

Vi

Kreuzpreiselastizität: _ Einkommenselastizität: 1xi,E

=

dxj

pj

Vftj

J^i

dxi

E

oE

FT — Xi

A.x, pt

7 D i e s i c h t b a r e H a n d , T e i l 1: D a s Unternehmen 7.1 Aufgaben zur Lektüre von Schumpeter [Schumpeter 1997, S. 207 ff.] in [Reiß 2007, S. 312-315] Aufgabe 7.1

a. Charakterisieren Sie die erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeit peters.

im Sinne Schum-

b. Welche Voraussetzungen müssen für den Erfolg des Unternehmers gegeben sein i) bezüglich der Person des

Unternehmers?

ii) bezüglich des technischen und organisatorischen

Fortschritts?

iii) bezüglich des Angebots und der Kosten auf den Märkten?



Lösung 7.1

a. Bei Schumpeter ist der Unternehmer eine dynamische und innovative Persönlichkeit, die • Gewinnmöglichkeiten erkennt und in einer sich ändernden Umgebung kalkulieren kann, • kraftvoll alle Hindernisse überwindet, • das spezielle Talent besitzt, gegen Widerstände sozialer und politischer Natur neue Organisationsformen durchzusetzen. b.

i. Siehe a. ii. Es müssen, z.B. durch Erfindungen technischer und/oder organisatorischer Art, Möglichkeiten für den dynamischen Unternehmer gegeben sein. iii.

1. Die Kosten des neuen Verfahrens dürfen nicht höher sein als die des alten. 2. Das neue Angebot darf den Produktpreis nicht „zu stark" nach unten drücken. 3. Die neue Faktornachfrage darf die Faktorpreise nicht zu stark nach oben treiben.

194

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen

Aufgabe 7.2

a. Wie entsteht nach Schumpeter Unternehmer gewinn? b. Wie und warum verschwindet Unternehmergewinn nach einer gewissen Zeit wieder? c. Uberlegen Sie selbst: Wie kann ein Unternehmer über längere Zeit seinen Gewinn sichern ? • Lösung 7.2

a. Gewinn ist nach Schumpeter die Differenz zwischen Erlös und Kosten. Setzt der Unternehmer Methoden durch, die die Kosten senken (z. B. neue Produktionstechniken) oder den Gewinn erhöhen (z. B. Steigerung der Nachfrage durch Erschließen von Märkten), so entsteht Gewinn.... „das Wesen des Unternehmergewinns . . . [ist] das Resultat der Durchsetzung neuer Kombinationen." [Schumpeter 1997, S. 216] b. Gewinn verschwindet, da durch den Eintritt von Konkurrenten die Kosten steigen und/oder der Gewinn sinkt. c. Uber längere Zeit kann der Unternehmer seinen Gewinn nur sichern, indem er neue Konkurrenten vom Markt fernhält; andernfalls verschwindet sein Gewinn aus der Durchsetzung einer neuen Methode zwangsläufig. Aufgabe 7.3

a. Welche Aussage macht das Kostengesetz über den Produktpreis im Gleichgewicht? b. Taucht bei dem nach dem Kostengesetz bestimmten Produktpreis auch der Grenznutzen als Bestimmungsgrund auf? Versuchen Sie eine Antwort. • Lösung 7.3

a. Das Kostengesetz besagt, dass der Preis eines Produktes gleich den Kosten ist, die für die Produktion erforderlich sind. Damit ist der Preis des Produkts aus den Kosten der Produktion erklärt: Preis einer Einheit = Kosten einer Einheit b. Das Kostengesetz steht offensichtlich im Widerspruch zur Preiserklärung der Marginalisten, nach der die Preise mit Hilfe des Grenznutzens (bzw. Grenznutzenverhältnis) erklärt wird. Der Begriff des Nutzens, Grenznutzens oder irgendwelchen Konzepten aus der Präferenztheorie tauchen bei der Darstellung des Kostengesetzes gar nicht auf. Ökonomen fanden es schon früh beunruhigend, zwei anscheinend inkompatible Preiserklärungen zu besitzen. Marshall wies in einer Besprechung von Jevons wohl

7.1 Aufgaben zur Lektüre von

Schumpeter

195

als erster daraufhin. (Alfred Marshall: „Mr. Jevons Theory of Political Economy" in [Marshall u.a. 1925]) Wie wir später sehen werden, hängen Produktionskosten und Grenznutzen doch zusammen. Aufgabe 7.4

„Das Aufsuchen neuer Absatzorte ... war ... früher eine sehr dauerbare Quelle von Unternehmergewinn. ... als Beispiel kann der Verkauf von Glasperlen an einen Negerstamm gelten" fSchumpeter 1997, S. 215], Erklären Sie „das Prinzip des Vorgangs". • Lösung 7.4

Gewinn entsteht dadurch, dass die Erlöse über den Kosten liegen. Für einen hohen Gewinn ist es also erforderlich, dass der Erlös deutlich über den Kosten liegt. So etwas ist jedoch besonders dann zu verwirklichen, wenn die Abnehmer die Produktionsmethoden und ihre (geringen) Kosten nicht kennen. Aufgabe 7.5

Versuchen Sie eine moralische Bewertung des Unternehmergewinns. sowohl auf positive wie negative Aspekte ein.

Gehen Sie dabei •

Lösung 7.5

Man sollte bedenken, dass eine solche moralische Bewertung bestimmte moralische Grundsätze bezüglich ,gut' und ,schlecht' voraussetzt. Eine Bewertung nach wissenschaftlichen Prinzipien ist somit nicht möglich. Bei dem Versuch einer Wertung sollten folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: i. Unternehmergewinn motiviert die Unternehmer, neue Methoden durchzusetzen, so dass entweder die Kosten sinken oder der Erlös steigt. Bei einer solchen Umstrukturierung gibt es Gewinner (der dynamische Unternehmer, die Besitzer der benötigten Faktoren, die Abnehmer der produzierten Güter) und Verlierer (die verdrängten Produzenten und die Besitzer der obsolet gewordenen Faktoren). Langfristig werden bei Konkurrenz entweder sehr viele oder alle an der Kostensenkung und Erlössteigerung teilnehmen. ii. Dynamische Unternehmer können ihre Vorteile an Durchsetzungskraft und Dynamik und den damit verbundenen Vorsprung an Wissen und Macht ausnutzen, um sich eine besondere Position in der Gesellschaft zu sichern. Es kommt somit leicht zu extremer Ungleichheit in der Gesellschaft. Durch den Vorsprung, z.B. an Wissen, kann es zu freiwilligen Abschlüssen kommen, die bei einem breiteren Wissensstand als ungerecht empfunden werden (vgl. das Perlen-Beispiel). Man beachte in diesem Zusammenhang, dass diese beiden immer wieder beobachteten Phänomene bei der Wirtschaftsreform-Diskussion im sozialistischen Lager für z. B. Ungarn und Polen eine wichtige Rolle spielten und bis heute in Russland (bzw. der früheren Sowjetunion) und in China von Bedeutung sind.

196

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das

Unternehmen

Aufgabe 7.6

„... wenn ein Wirtschaftssubjekt, das bisher seinen Betrieb in jährlich gleichem Kreislauf erledigte, zum Unternehmer wird ..." [Schumpeter 1997, S. 216] a. Warum ist jemand, der „seinen Betrieb erledigt", nach Schumpeter nehmer? b. Unterscheiden Sie in Zusammenhang gende Funktionen: • • • •

kein Unter-

mit der Führung einer Unternehmung

fol-

Unternehmer Kapitalgeber Grundstücksbesitzer Firmenleiter

c. Wie sollte man die Entlohnungen

für die in b. ausgeführten Funktionen

nennen?

d. Niemals ist der Unternehmer Risikoträger" [Schumpeter 1997, S. 217], Erläutern Sie die Auffassung von Schumpeter. • Lösung 7.6

a. Unternehmer im Sinne Schumpeters sind nicht die Verwalter von Unternehmen, sondern eine dynamische Persönlichkeit, die „die Kraft in sich fühlt, alle die zahllosen Hindernisse zu überwinden und den entscheidenden Entschluß gefaßt hat" [Schumpeter 1997, S. 209], neue Kombinationen durchzusetzen. b., c.

• Unternehmer, Vgl. Aufgabenteil a.; ihre Entlohnung ist der Gewinn • Kapitalgeber, derjenige, der dem Unternehmer die nötige Kaufkraft leiht; die Entlohnung ist die Kapitalrendite • Grundstücksbesitzer, derjenige, der das nötige Land für den Unternehmer bereitstellt; die Entlohnung ist Rente • Firmenleiter, derjenige, der die Leitung des „Betriebs in jährlich gleichem Kreislauf erledigt . . . " [Schumpeter 1997, S. 216]. Entlohnung ist der Managerlohn oder auch Unternehmerlohn (die letzte Bezeichnung ist die eigentlich übliche, führt aber in Zusammenhang mit der Schumpeterschen Unternehmerkonzeption leicht zu Missverständnissen).

d. Diese Aussage folgt aus der Funktionenaufteilung, die Schumpeter macht. Unternehmer ist der, der neue Ideen durchsetzt. Das dazu benötigte Kapital stellt der Kreditgeber zur Verfügung. Dieser trägt damit auch das Risiko, da er im Konkursfall sein Kapital verlieren würde. Aufgabe 7.7

a. Nennen Sie Beispiele aus Vergangenheit und Gegenwart für die Existenz dynamischen Unternehmers im Sinne Schumpeters.

des

7.2 Aufgaben zur Lektüre von Coase

197

b. Überlegen Sie, ob sowohl die Entstehung wie die Existenz großer deutscher Unternehmen generell durch die von Schumpeter vorgestellten Überlegungen erklärt werden kann. • Lösung 7.7

a. Siemens, Krupp, Grundig, Nixdorf etc. b. Sehr viele große deutsche Unternehmen sind in ihrem Beginn durch dynamische Unternehmerpersönlichkeiten im Sinne Schumpeters geprägt. Dabei steht im Vordergrund nicht eine neue Erfindung (invention), sondern die Durchsetzung einer neuen Erfindung (innovation). Typisch in der Nachkriegsgeschichte ist z. B., dass nicht Konrad Zuse, sondern Heinz Nixdorf das führende deutsche Computerunternehmen aufgebaut hat. Steht am Anfang einer Unternehmung fast immer eine dynamische Persönlichkeit, so können Unternehmen später längere Zeit durch ihre Größe bestehen, ohne groß innovativ tätig zu sein. Man betrachte z. B. Siemens. Vor Beginn des Jahrhunderts mitbestimmend bei der Entwicklung der Elektrotechnik ist es inzwischen auf Lizenzen aus Japan angewiesen, wenn bestimmte Techniken eingeführt werden sollen.

7.2 Aufgaben zur Lektüre von Coase [Coase 1937] in [Reiß 2007, S. 318-323] Aufgabe 7.8

„Der Hauptgrund, warum es proßtabel ist, eine Unternehmung einzurichten, die Kosten zu sein." (vgl. [Coase 1937, S. 21], eigene Übersetzung)

scheinen

a. Nennen und erläutern Sie die „offensichtlichsten Kosten, um die Produktion durch den Marktmechanismus zu ,organisieren'" (vgl. [Coase 1937, S. 21], eigene Übersetzung). b. Nennen und erläutern Sie „auch andere Nachteile - oder Kosten - ,den Preismechanismus zu benutzen" (vgl. [Coase 1937, S. 21], eigene Übersetzung). • Lösung 7.8

a. „Die offensichtlichsten Kosten . . . sind die, zu erkennen, welches die relevanten Marktpreise sind " (vgl. [Coase 1937, S. 21], eigene Übersetzung) - > vgl. Spezialisten, Makler etc., Kontraktkosten, Marktkosten. b. „Es könnte wünschenswert sein, einen längerfristigen Kontrakt über die Lieferung eines Artikels oder einer Dienstleistung zu machen. Dies könnte daran liegen, dass mit einem Kontrakt, abgeschlossen über eine längere Periode anstatt mehrerer

198

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen Verträge über kürzere Perioden, gewisse Abschlusskosten der einzelnen Verträge vermieden werden könnten. . . . Je länger die Kontraktperiode für den Erwerb eines Gutes oder eines Dienstes ist, um so schwieriger, ja um so weniger wünschenswert ist es für den Erwerber, die Tätigkeit zu spezifizieren, die von der anderen kontrahierenden Partei erwartet wird." (vgl. [Coase 1937, S. 21], eigene Ubersetzung)

Aufgabe 7.9

Skizzieren Sie, wie Knight die Entstehung von Unternehmen begründet.



Lösung 7.9

Nach Knight ist Ungewissheit der wichtigste Grund für das Entstehen von Unternehmen, das tatsächliche Ausführen der Aktivitäten wird zweitrangig, wesentlich ist, was zu tun ist und wie es zu tun ist. Aufgabe 7.10

Vergleichen Sie die Ausführungen von Coase, Knight und Schumpeter. Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Suchen Sie •

Lösung 7.10

Vgl. Tabelle 7.1 im Lösungshinweis zu Aufgabe 7.15.

7.3 A u f g a b e n zur Lektüre von Alchian und Allen [Alchian u. Allen 1974, S. 282 f.] in [Reiß 2007, S. 325 f.] Aufgabe 7.11

„Das Unternehmen ist ein Mittel zur Organisation und zur Beaufsichtigung von Teamproduktion" (Alchian und Allen zitiert nach [Weise 1979, S. 174 f.]). Wo wird im abgedruckten Text von Alchian/Allen die Organisation und wo die Überwachung behandelt? Welche der beiden Funktionen steht eindeutig im Vordergrund? • Lösung 7.11

Organisation im Betrieb ist nach Alchian/Allen hierarchische Organisation. Somit steht ,Überwachung' eindeutig im Vordergrund. Aufgabe 7.12

Phänomene des Bummelns in einem Team kann man tatsächlich immer wieder in der Realität beobachten, auch in Gruppen, deren Ziel die Überwindung ,mieser kapitalistischer Methoden der Nutzen- und Gewinnmaximierung ist'.

7.3 Aufgaben zur Lektüre von Alchian und Allen

199

a. Kennen Sie, oder können Sie sich vorstellen, wie ein solcher von Alchian und Allen beschriebener Prozess in einer studentischen Wohngemeinschaft abläuft, in der die Hausarbeit durch Zusammenarbeit aller erledigt werden soll? b. Welche Maßnahmen kann, wird oder sollte eine solche Wohngemeinschaft ergreifen, um gegen allgemeines ,sich drücken' ankämpfen zu können? Denken Sie an i) Motivation und ii) gegenseitiges

Überzeugungsarbeit;

Uberwachen;

iii) Uberwachen durch abgegrenzte Tätigkeitsbereiche; iv) Überwachung durch einen ausdrücklich bestellten oder allgemein ten Gruppensprecher; v) Missbilligung durch andere

akzeptier-

Gruppenmitglieder;

vi) Ausschluss (Kündigung) einzelner

Mitglieder.

c. Untersuchen Sie Vor- und Nachteile der in b. diskutierten Gruppe insgesamt und für einzelne Gruppenmitglieder.

Maßnahmen für die

d. Untersuchen Sie, welche der in b. angesprochenen Methoden auch von Unternehmungen angewandt werden. • Lösung 7.12 a. Das Wohnen in einer Wohngemeinschaft hat wirtschaftliche und soziale Vorteile, da bestimmte Güter gemeinsam genutzt werden können, bestimmte Arbeiten einmal für alle erledigt werden können usw. Häufig ist es aber schwierig, genau zu registrieren, wer was wann getan oder nicht getan hat. Bei bestimmten unangenehmen Arbeiten versuchen sich Einzelne zu drücken. Das veranlasst andere Gruppenmitglieder, auch ihre Arbeit einzustellen. b. All die hier aufgeführten Maßnahmen wurden bzw. werden in Wohngemeinschaften ergriffen. Allerdings sind einige Maßnahmen mit hohen Kosten (Zeit) verbunden, so dass eine erfolgreiche Umsetzung schwierig erscheint. c.

i) Überzeugen und Motivieren hat innerhalb einer Wohngemeinschaft meistens allenfalls einen kurzfristig erfolgreichen Effekt. ii) Das gegenseitige Uberwachen ist sehr kostenintensiv, da mindestens eine Person Zeit dafür opfern muss, um eine andere Person zu überwachen. iii) Das Uberwachen durch abgegrenzte Tätigkeitsbereiche ist recht effizient, allerdings gibt es Probleme bei der Zuweisung der Tätigkeitsbereiche, da es auch hier angenehme und weniger angenehme Tätigkeiten gibt. iv) Das Uberwachen durch einen Einzelnen ist recht effizient, dies führt jedoch dann leicht zu unerwünschten autoritären Strukturen. v) Missbilligung durch andere Mitbewohner ist meist nur wirksam, wenn sie mit Sanktionen verbunden ist, solche Sanktionen jedoch setzen eine Struktur bzw. Instanzen (Gruppensprecher, Mitgliederversammlung etc.) voraus.

200

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das

Unternehmen

vi) Der Ausschluss Einzelner ist zwar eine sehr wirksame und extreme Maßnahme, sollte und wird aber nur in den extremsten Fällen angewendet, wenn z. B. ein ruhiges WG-Leben durch das ständige Fehlverhalten eines Einzelnen nicht mehr gewährleistet ist. d. Alle unter b. genannten Maßnahmen werden auch im Unternehmen angewandt. Dabei kommt es auch zu den in c. genannten Problemen. Aufgabe 7.13

Eine implizite Annahme von Alchian und Allen ist, dass Arbeit Leid und Mühe ist und dass darum das Vermeiden von Arbeit ein Gewinn für das Individuum ist. a. Diskutieren Sie, inwieweit diese Annahme realistisch ist und inwieweit es Situationen gibt, in denen man nicht von dieser Hypothese ausgehen kann. b. Wie ändert sich die Situation, wenn Arbeit Freude oder Erfüllung ist?



Lösung 7.13

a. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass die meisten Tätigkeiten in üblichen Bereichen Mühe machen und dass man sich dieser Mühe gern entledigt. Die Annahme ist also realistisch. b. Es gibt aber auch Tätigkeiten, die Spaß machen bzw. in denen Individuen über längere Zeit trotz Mühe ihre Erfüllung finden. Dazu können z. B. (Berufs-) Sport, wissenschaftliche Tätigkeit etc. gehören. In einer solchen Situation kann ein Team eventuell ohne Überwachung auskommen. Beobachtungen der Realität zeigen aber, dass auch bei solchen motivierten Teams Phasen auftreten, in welchen Teammitglieder der Versuchung des ,Bummelns' erliegen.

7.4 Übergreifende Fragen

201

7.4 Übergreifende Fragen Aufgabe 7.14

Vergleichen Sie die Auffassung Marglins mit den Auffassungen von Schumpeter, Coase, Knight und Alchian/Allen. Geben Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede an. • Lösung 7.14

Vgl. Tabelle 7.1 im Lösungshinweis zu Aufgabe 7.15. Aufgabe 7.15

a. Vergleichen Sie die Texte. Untersuchen Sie dabei insbesondere i) das jeweils unterstellte Unternehmerbild, ii) die vom Autor herausgestellten Merkmale der Unternehmung, iii) die vom Autor gesehenen Existenzgründe für Unternehmen. b. Welcher Autor hat recht? Argumentieren Sie sorgfältig und untersuchen Sie, inwieweit sich grundlegende Definitionen, Annahmen aber auch politische Standpunkte unterscheiden. •

202

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das

Unternehmen

Lösung 7.15 Tabelle 7 . 1 : Vergleich vorgestellter Unternehmenstheorien AUTOR

Schumpeter

Coase

U N T E R N E H M E R - BILD

dynamische Persönlichkeit, die Gewinnchancen aus technischen oder organisatorischen Fortschritten erkennt und durchsetzt Kalkulator von Organisationskosten, der Preismechanismus und Hierarchie unter Kostensenkungsgesichtspunkten wählt und einsetzt

Knight

gekennzeichnet durch Risikofreude und Wagemut; er trägt Unternehmerrisiko und verlangt dafür Weisungsbefugnis

Alchian und Allen

Kontrolleur von Teamproduktion ,im Auftrag' der Arbeiter

MERKMALE

DER

E X I S T E N Z G R Ü N D E F Ü R DIE

UNTERNEHMUNG

UNTERNEHMUNG

Bündel von technischen und organisatorischen Produktionsmöglichkeiten

Mittel der dynamischen Unternehmerpersönlichkeit zu Erzielung von Profiten; soziale Funktion: wirtschaftlichen und sozialen Wandel ermöglichen und voranzutreiben Kostenvorteile des Hierarchiemechanismus im Vergleich zum Preismechanismus oder: Kostenvorteile des Befehlsmechanismus im Vergleich zu sonst anfallenden Kontrakt- und allgemein Transaktionskosten

hierarchische Organisation; juristisch: Direktionsrecht und Weisungsunterworfenheit; im Gegensatz zum nichthierarchischen Markt-PreisMechanismus hierarchische Organisation; Risikoträger ist zugleich zentralisierter Entscheidungsträger, der Weisungsmacht über den Produktionsprozess ausübt

Mittel zur Einkommenserzielung von „Risikoträgern"; Mittel, nichtversicherbare risikobehaftete Tätigkeiten dennoch durchzuführen; „Unsicherheit" als Voraussetzung von „Spekulationsaktivitäten", die die Form befehlsgesteuerter Produktion annehmen Mittel zur Erreichung der Produktionsvorteile der Teamproduktion, soweit Inputkontrolle billig und effizient möglich

Mittel zur Organisation von Teamproduktion; gekennzeichnet durch Vertragsnetz auf freiwilliger Basis (Hierarchie existiert, Autorität existiert nicht) Fortsetzung auf nächster Seite...

7.4 Übergreifende Fragen AUTOR

U N T E R N E H M E R - BILD

Marglin

Herrscher und Ausbeuter der Arbeiter, der sämtliche Aspekte des Produktionsprozesses unter seine Kontrolle gebracht hat

traditionelle Theorie

Gewinnmaximierungscomputer, dessen Software unterschiedliche Spezifikationen von Produktionsfunktionen, Faktor- und Güterpreisen und ihrer Nachfrage- und Angebotselastizitäten enthält, aber auf Wahrnehmung sozialer Beziehungen nicht programmiert ist

MERKMALE

DER

203

E X I S T E N Z G R Ü N D E FÜR DIE

UNTERNEHMUNG

UNTERNEHMUNG

hierarchische Organisation in Analogie zur Militärorganisation; Ausbeutungsverhältnis zwischen Unternehmer und Arbeitern; Unternehmung ist ein Mittel zur Profiterzielung durch Ausbeutung der Arbeiter Produktionsfunktion: sichert (in der Regel) technische Effizienz; Kostenfunktion: sichert (in der Regel) ökonomische Effizienz

Vorsprünge in der Vermögens(=Kapital-) Ausstattung erlauben, den Absatz- und Beschaffungsmarkt samt seiner Kommunikationskanäle und den gesamten Produktionsprozess (Arbeitszeit, Arbeitsmittel, Arbeitsbedingungen etc.) unter die Kontrolle von Kapitalisten zu bringen, um daraus Profit zu ziehen Diese Bedingungen werden nicht explizit thematisiert und untersucht, sondern durch die Konzepte der Produktionsfunktion und der Kostenfunktion bereits vorausgesetzt. Dies entspricht der „black box"Methodologie der traditionellen Theorie

204

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen

7.5 Aufgaben zur „sichtbaren Hand" Aufgabe 7.16

Deßniert man Unternehmen als ,Inseln bewußter Macht', so können die folgenden Gebilde im weitesten Sinn als Unternehmen gedeutet werden. Was produzieren sie, haben sie ein einheitliches Unternehmensziel, welches sind die Unternehmensziele, wer deßniert die Ziele und wie werden diese kontrolliert? a. Daimler Chrysler AG, b. Lufthansa AG, c. Deutsche Shell AG, d. eine Universität, e. Bundesagentur für Arbeit. • Lösung 7.16

Alle angesprochenen Unternehmen haben kein einheitliches Ziel, da in jedem Unternehmen partikuläre Interessen formuliert und durchgesetzt werden können. (Siehe auch die Lösungshinweise zu Aufgabe 7.34). Folgende Tabelle gibt einen groben Uberblick über die Tätigkeiten und die erklärten Unternehmensziele. Tabelle 7.2:

Unternehmen

UNTER-

GEGENSTAND

NEHMEN

UNTERNEHMENS

Daimler AG Lufthansa AG Deutsche Shell AG Universität

Pkw und Nutzfahrzeuge Lufttransporte, IT, Finanzen petro-chemische Produkte Ausbildung und Forschung Vermittlung von Stellen; Beratung und Förderung

Bundesagentur für Arbeit

DES

UNTERNEHMENSZIEL

UNTERNEHMENSZIELSETZER

Gewinnmaximierung

Aktionäre

Gewinnmaximierung, Infrastruktur Gewinnmaximierung

private und öffentliche Aktionäre Muttergesellschaft, Aktionäre Wissenschaftsministerium Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit, Ministerium für Arbeit

öffentliche Wohlfahrt öffentliche Wohlfahrt

7.5 Aufgaben zur „sichtbaren Hand"

Auszug aus [Reiß 2007, S. 333f. , Abschnitt

205

7.34]

Produktionsfunktion und Isoquanten 1. Annahme: Die Inputs x-L und der Output y sind beliebig teilbar. 2. Annahme: Bei gleichbleibendem Output kann auf bestimmte Mengen eines Faktors verzichtet werden, wenn die Einsatzmenge mindestens eines Faktors erhöht wird. Die Faktorbündel, die den gleichen Output liefern, nennen wir eine Isoquante. j Den Verlauf dieser Isoquanten wollen wir jetzt skizzieren. Dazu machen wir noch \ zwei Annahmen. ! 3. Annahme: j Wird der Einsatz eines Faktors bei Konstanz der anderen Faktoren erhöht, so j erhöht sich die produzierte Menge (oder bleibt mindestens gleich). Formal: j 0} IT axi

n

! !

Der Ausdruck J ^ heißt Grenzproduktivität des Faktors i. Er gibt an, um wie j viel sich der Output erhöht, wenn der Input von Faktor i um eine (marginale) Einheit erhöht wird und alle anderen Faktoren konstant gehalten werden. 4. Annahme: Je weniger ich von einem Inputfaktor habe, umso schwieriger wird es, bei gleichbleibendem Output auf weitere Mengen dieses Faktors zu verzichten, d. h. umso mehr von anderen Faktoren muss ich für eine Einheit dieses Faktors substituieren.

206

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen

Aufgabe 7.17 Vergegenwärtigen Sie sich die Begriffe abnehmende, konstante, zunehmende Skalenerträge. b. Wir nehmen an, dass mit dem Faktorbündel x eine Ein- 30 - Faktor 2 heit Output produziert werden kann. Aus den Annahmen folgt, dass mit dem Faktorbündel x' mehr produziert werden kann 20 als mit Faktorbündel x. Welche Aussagen können Sie darüber hinaus über die Produktion bei x^ machen, wenn Sie ^ i) konstante Skalenerträge, ii) zunehmende Skalenerträ0 ge, 0 iii) abnehmende SkalenerträAbb. 7.1: ge unterstellen?

Faktor 1 ~T

~T

10

20

w

Skalenerträge

c. Zeichnen Sie durch x eine Isoquante, so dass sie den obigen Annahmen 1-4 genügt. Wie muss dann die Isoquante mit einem Output von zwei Einheiten bei i) konstanten, ii) abnehmenden, iii) zunehmenden Skalenerträgen? verlaufen ?



7.5 Aufgaben zur sichtbaren Hand" Lösung 7.17 a. Das Faktorbündel a/ enthält genau die doppelten Mengen an Faktoren wie das Bündel x. Mit a/ kann man also bei konstanten Skalenerträgen genau 2 Outputeinheiten, bei abnehmenden Skalenerträgen weniger als 2 und bei zunehmenden Skalenerträgen mehr als 2 Outputeinheiten produzieren. b., c. In der nebenstehenden Abbildung 7.2 ist jeweils durch x eine Isoquante gezeichnet, die den Annahmen genügt. ba. Bei konstanten Skalenerträgen ergibt sich die Isoquante mit dem Output 2 dadurch, dass die Strecke vom Ursprung zu irgendeinem beliebigen Punkt der Isoquante mit Output 1 nach rechts oben noch einmal abträgt. bb. Bei abnehmenden Skalenerträgen ist, wie in Aufgabenteil a. gesehen wurde, mit dem Bündel a/ weniger als ein Output von 2 zu produzieren. Die Isoquante mit Output 2 muss also rechts oberhalb von a/ verlaufen. Insgesamt muss also diese Isoquante rechts oberhalb von der Kurve verlaufen, die in Aufgabenteil ba. als Isoquante bei konstanten Skalenerträgen konstruiert wurde. bc. Die Argumentation verläuft entsprechend zu Aufgabenteil bb. Die Isoquante muss bei zunehmenden Skalenerträgen links unterhalb von der in ba. konstruierten Kurve verlaufen, da bei x s c h o n mehr als 2 Einheiten produziert werden.

A b b . 7.2: Skalenerträge

207

208

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen

Aufgabe 7.18 Gehen Sie von a = \ und ß — b aus. a. Bestimmen Sie für die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion die Isoquanten mit dem Output f(xi,x2) = 1, indem Sie die Beziehung für die Isoquante mit dem Output 1, also -

1 = X nach X2

.

'Faktor 2

1/2

außösen. 3-

f{x1,x2)

Xi

= l

X2

f(x 1,X2) = 2 X\

X2

f(x l , x 2 ) = i

Xi

X2

Faktor 1.

1 Abb.

7.3:

Cobb-Douglas-Prod.-funktion

Bestimmen Sie dann aus der ermittelten Beziehung die Wertetabelle und übertragen Sie die Werte in das Diagramm 7.6. b. Bestimmen Sie die Isoquanten mit dem Output 2 und dem Output c. Bestimmen Sie die Grenzproduktivitäten

J^ der beiden Faktoren.

d. Bestimmen Sie die technische Substitutionsrate. anhand der in a. und b. bestimmten Isoquanten.

Überprüfen Sie das Ergebnis

e. Verdeutlichen Sie sich folgende Eigenschaften der Isoquanten dieser Produktionsfunktion und interpretieren Sie die Eigenschaften ökonomisch. i) Die Isoquanten schneiden die Achsen nicht. ii) Jede Isoquante kommt den Achsen aber beliebig nahe (ohne sie ganz zu berühren). f. Bestimmen Sie graphisch die Art der Skalenerträge der folgenden Funktion: _ 1/2 f(x 1,212) =

1/2



7.5 Aufgaben zur sichtbaren Hand"

209

Lösung 7.18 a., b. Für einen fest vorgegebenen Output y ergibt sich die Isoquante wie folgt: 1/2 1/2

y = x-, z2 f(x 1 , X 2 ) = 1

f(x 1 , X 2 ) = 2

1 X2 = — X\

4 z2 = — X\

Xi

X2 i

2

1 2

4

Xi 4

X2 1

2

2

1 l

4 e O 16

! 4

/(xi,x2) = 5

£2 =

1 4x i

xi

£2

y2

x2 = — Xi ¿Faktor 2

c. Grenzproduktivitäten 1

Jtf

1 -i A

a/

1 i 2S

dx i

g Faktor

A b b . 7.4: Cobb-Douglas-Produktionsfunktion

d. df/dx! df/dx2

2

i

2

I2 t 21

.1 „ 2 Xo

T2

2

X2 Xi

Ist z.B. Xi = X2, so ist die technische Substitutionsrate = -1. Das entspricht der Steigung der Isoquanten in obiger Abbildung an den entsprechenden Punkten. e.

i. Man kann auf keinen Faktor vollständig verzichten, wenn man etwas produzieren will. ii. Man kann mit extrem geringer Menge des einen Faktors jede Menge an Output produzieren, wenn man nur entsprechend viel vom anderen Faktor einsetzt.

f. Aus der Abbildung 7.4 ergibt sich, dass eine Verdoppelung beider Inputs jeweils zu einer Verdoppelung des Outputs führt. Somit besitzt die untersuchte Produktionsfunktion konstante Skalenerträge.

210

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen

Aufgabe 7.19

Bestimmen Sie für die

Cobb-Douglas-Produktionsfunktion f{x1,x2)=x^-xß2

a. die

a > 0,ß > 0

Grenzproduktivitäten,

b. die technische Substitutionsrate.



Lösung 7.19

a. Grenzproduktivitäten f

—— = ax?~ 1 Xo dx i

Grenzproduktivität Faktor 1

—— = ßx^xn ^ 1 ox2

Grenzproduktivität Faktor 2

b. Technische Substitutionsrate dx 2

d f / Ö Xi

OtXi~XX

dxi ~

ö//öa;2

/tofxf-1_

g

OLX2

Aufgabe 7.20

Wir gehen wieder von der

Cobb-Douglas-Produktionsfunktion

f(xi, X2) = x" • X2 mit A=1 aus. Wegen dieser Wahl von A wird mit dem Faktorbündel xi = 1,X2 = 1 genau eine Einheit Output produziert. a. Welche Menge Output wird produziert, wenn beide Inputs verdoppelt werden? b. Wie hängt der Output Sie z. B. die Werte a = 4l ß = 0 1 a = ß= ii) 2 iii) OL = 1 ß=

des verdoppelten Inputs vom Wert a + ß ab? Untersuchen 41 1 2 1

c. Benutzen Sie die Ergebnisse aus b. und untersuchen Sie, bei welchen Werten von a und ß die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion abnehmende, konstante bzw. zunehmende Skalenerträge besitzt. •

7.5 Aufgaben zur sichtbaren

Hand"

211

Lösung 7.20

= 2a2ß = 2a+ß

/(2,2) b.

i) a=\

ß=\

4

/(2,2) = 2 1 / 2 = 1.414..

4

ü) =>• /(2,2) = 2 1 = 2

a = l iii) Q

= 1

/(2,2) = 22 = 4

/3 = 1

Ist a + ß = 1 so wird der Output verdoppelt. Ist a + ß < 1 so wird der Output weniger als verdoppelt. Ist a + ß > 1 so wird der Output mehr als verdoppelt, c. Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion hat für q + ß < 1 abnehmende Skalenerträge a + ß = 1 konstante Skalenerträge a + ß > 1 zunehmende Skalenerträge Das kann auch allgemein gezeigt werden. Für A > 1 gilt:

{

> Xx"xß - \f{xi,x2) = Axfxf = A/(® l t ® 2 ) < Axfx% = Xf(xi,x2)

für a + ß > 1 für a-\- ß = \ für a + /? < 1

Aufgabe 7.21

Die Produktionsfunktion f(xi,x2) Q2 = 4,5 seien gegeben.

= x1^2 • x^J2 und die Faktorpreise q\ = 2 und

a. Bestimmen Sie, von der Optimalitätsbedingung und stellen Sie diesen graphisch dar.

ausgehend, den

Expansionspfad

b. Bestimmen Sie den rechnerisch maximalen Output, der mit 18 Geldeinheiten produziert werden kann und überprüfen Sie das Ergebnis graphisch. c. Bestimmen Sie die Kosten, die mindestens tereinheiten erforderlich sind.

bei der Produktion

von 6 Gü-

d. Bestimmen Sie in gleicher Weise wie in Aufgabenteil c. allgemein die Kosten, die mindestens bei der Produktion von y Gütereinheiten bei den Faktorpreisen erforderlich sind. •

212

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das

Unternehmen

Lösung 7.21 a. Zur Bestimmung des Expansions- 14 _ pfads gehen wir von der Optimalitätsbedingung der Unternehmen aus: df/dx1 d f / dx2

=

qi 92

Daraus ergibt sich für die unterstellte Produktionsfunktion: £2 Xi

SL 92 Q1

X2 = — X i Q2 Oder mit den unterstellten Werten: Z2 = — £ 1 4,5 Damit haben wir den Expansionspfad bestimmt.

2

4

6

A b b . 7 . 5 : Expansionspfad

b. Aus dem Expansionspfad und der Isokostengeraden 2xi + 4, bx2 = 18 ergibt sich 2xi +4,5——xi 4,5

18

Axi = 18 x\ = 4,5 £2 = 2 Aus dieser Minimalkostenkombination ergibt sich der maximale Output: f(x1,x2)

= 4,51/2 • 21/2 =

= 79 = 3

c. Aus dem Expansionspfad und der Isoquanten mit dem Output 6, also ß

ergibt sich

_

-1/2

1/2

7.5 Aufgaben

zur sichtbaren

Hand"

213

X!=9

2 x2 = — 9 = 4 4,5 Dies ist die Faktorkombination mit minimalen Kosten zur Produktion von 6 Gütereinheiten. Die Kosten ergeben sich aus der Kostengleichung zu: C(6) = gi • 9 + g2 • 4 = 2 • 9 + 4,5. • 4 = 36 d. Führen wir die Rechnung aus Teil c. statt für 6 für ein allgemeines y durch, so erhalten wir

C{y) = qixi +

q2x2

C{y) = qi\ — - y + q2\ — y V 91 V 92 C{y) = Das ist die gesuchte Kostenfunktion.

2^/q^-y

214

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das

Unternehmen

70 -, Kosten

Aufgabe 7.22 Im oberen Diagramm der Abb. 7.6 ist eine Kostenfunktion dargestellt. a. Tragen Sie im oberen Diagramm zusätzlich die Kurve der variablen Kosten Cy ein.

60

-

Kosteilfunktion 50 40 30

Im Text wurden die Durchschnitts- und 20 ~ Grenzkosten für y=20 schon bestimmt 10 und im unteren Diagramm von Abb. 7.6 eingezeichnet. Bestimmen Sie entspre- o / I ! I I I I I 10 20 30 40 chend die Werte dC/dy und C/y für y = 0, 10, 30, 40, 50, 60 und verbinden 3.0 C'.Ciy: (•,:/•, • • • Sie diese zu den Kurven der Grenz- und Durchschnittskosten. 2.5 c. Bestimmen Sie entsprechend die Kurve der variablen Durchschnittskosten.

I

Output I I I I I 50 60 70

2.0 •

Wann sind die Grenzkosten höher und 1.5 wann niedriger als die Durchschnittskosten? Interpretieren Sie ökonomisch. • 1 . 0

-

0.5 -

0.0

1 0

A b b . 7.6: Kosten- und Grenzkosten

Lösung 7.22

a., b., c. Siehe die nebenstehende Abbildung 7.7.

y 0 10 20 30 40 50 60

C 10 23 30 34 38 45 58

Output 1 I I I I I I I I I I I I 10 20 30 40 50 60 70

C(y)/y oo 2,3 1,5 -1,1 -1 0,9 ~1

c(y) 1,7 16 0,5 0,35 0,5 0,9 1,7

C-Cf 0 13 20 24 28 35 48

Cv/y 0 1,3 1 0,8 0,7 0,7 0,8

7.5 Aufgaben zur „sichtbaren Hand"

215

d. Grenzkosten sind gleich Durchschnittskosten bei der Ausbringungsmenge, bei der die Durchschnittskosten ihr Minimum haben. Links von diesem Punkt sind die Durchschnittskosten höher als die Grenzkosten, rechts davon sind die Grenzkosten höher als die Durchschnittskosten.

Ökonomische Interpretation: A. Bei zunehmenden Skalenerträgen haben die ersten Einheiten die höchsten Kosten, wegen der Skalenerträge werden die Kosten weiterer produzierter Einheiten immer geringer. B. Entsprechend liegen die Grenzkosten bei abnehmenden Skalenerträgen oberhalb der Durchschnittskosten: Es wird immer teuerer noch eine zusätzliche Einheit zu produzieren; in den Durchschnittskosten jedoch sind noch die billigen ersten Einheiten berücksichtigt. 0

10

20

30

40

50

60

70

A b b . 7.7: Kosten- und Grenzkosten

In den Durchschnittskosten jedoch werden auch die teuren ersten Stückzahlen mit berücksichtigt. Darum liegen die Durchschnittskosten über den Grenzkosten. Diese Zusammenhänge kann man sich für die beiden Arten der Skalenerträge verdeutlichen, wenn man in den Abbildung 7.9 und 7.11 in [Reiß 2007, S. 340] die Grenzkosten und die Durchschnittskosten bestimmt. In Abb. 7.11 in [Reiß 2007, S. 340] sind die Auswirkungen der Skalenerträge auf die Kostenfunktionen zusammengefasst, die gerade beschriebenen Zusammenhänge greifen ineinander: Im Bereich I gilt die oben unter A. gegebene Erklärung. Im Bereich III gilt die oben unter B. gegebene Erklärung. Im Bereich II (gekennzeichnet durch den Beginn abnehmender Skalenerträge (Woran sieht man das? (Begründen Sie!)) liegen die Grenzkosten unterhalb der Durchschnittskosten, zusätzlich produzierte Einheiten erniedrigen also die Kosten im Durchschnitt, somit sinkt die Durchschnittskostenkurve weiter hin und zwar solange, bis die Grenzkosten gleich den Durchschnittskosten sind.

216

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen

Aufgabe 7.23

Wie ändert sich die Lage der Kostenfunktion, alle Faktoren teurer werden?

wenn alle Faktoren billiger bzw. wenn •

Lösung 7.23

Werden alle Faktoren teurer, so ve gert sich die Kostenfunktion ceteris ribus nach oben.

Aufgabe 7.24

Bestimmen Sie in der Graphik 7.9 oberer Teil bzw. 7.9 unterer Teil den Output y* mit maximalem Gewinn.

b. Wie verlaufen Kostenfunktion y*?

und Erlösfunktion beim gewinnmaximalen

c. Wie verhalten sich Grenzkostenfunktion maximalen Output?

und Grenzerlösfunktion

Output

beim gewinn•

7.5 Aufgaben

A b b . 7.9: S-förmige Kostenfunktion

zur sichtbaren

Hand"

217

218

7 Die sichtbare Hand, Teil 1: Das Unternehmen

Lösung 7.24

a. Die Ausbringungsmenge y* mit maximalem Gewinn liegt bei y = 66,67. Bei y* ist der Abstand von Erlös- und Kostenfunktion am größten. b. Der Punkt zeichnet sich dadurch aus, dass Kostenfunktion und Erlösfunktion die gleiche Steigung haben (siehe Abbildung 7.9 bei Punkt B). c. Die Grenzerlösfunktion schneidet die Grenzkostenfunktion (siehe Abbildung 7.9 im Punkt b). Auszug aus [Reiß 2007, S. 346, Abschnitt 7.3.8] _ dC P

dy Für das Gewinnmaximum einer Unternehmung unter vollständiger Konkurrenz gilt, dass die Grenzkosten gleich dem Güterpreis sind. Aufgabe 7.25

a. Untersuchen Sie die folgende Aussage auf Gültigkeit: ,Jst der Güterpreis p gleich den Grenzkosten C'(y), so ist y der gewinnmaximierende Output". b. Korrigieren Sie eventuell die obige Aussage, indem Sie i) die Art der Skalenerträge, ii) die zweite Ableitung der Kostenfunktion berücksichtigen.



Lösung 7.25

a. Die in Aufgabenteil a. gemachte Aussage ist eine Umkehrung der oberhalb der Aufgabe gemachten Aussage und gilt in dieser Allgemeinheit nicht. Dies erkennt man unmittelbar aus Abb. 7.9. Im Punkt A der Abbildung 7.9 ist die Steigung der Kostenfunktion gleich der Steigung der Erlösfunktion, die Kostenfunktion liegt aber oberhalb der Erlösfunktion, die Gewinnfunktion hat zwar einen Extremwert aber dieser Wert ist ein Minimum. b. Ist der Güterpreis gleich den Grenzkosten C'(y) und ist die zweite Ableitung der Kostenfunktion positiv bzw. befindet man sich im Bereich abnehmender Skalenerträge, so ist y gewinnmaximaler Output. Auszug aus [Reiß 2007, S. 346, Abschnitt 7.3.8] Fehlende Zutrittsbeschränkungen: Im Zustand vollständiger Konkurrenz gibt es für die Unternehmungen keinerlei Zutrittsbeschränkungen zu einem Markt. Keine Unternehmung kann aus rechtlichen, ökonomischen oder anderen Gründen gehindert werden, die Produktion aufzunehmen oder den Output zu senken oder zu erhöhen und auf dem Markt anzubieten.

219

7.5 Aufgaben zur sichtbaren Hand"

Aufgabe 7.26

a. Untersuchen Sie, inwieweit diese Annahme in der Realität gültig ist. Denken Sie z.B. an Nahrungsmittel, Autos, elektronische Geräte. b. Wie verträgt sich die gemachte Annahme mit dem Patentsystem und dem Copyright-Schutz? Denken Sie dabei aber auch an die Laufzeit von Patenten und Copyrights. • Lösung 7.26

a. In der Realität gibt es vielerlei Arten von Zutrittsbeschränkungen, z. B. Reglementierung vom Staat oder von Standesorganisationen, Beschränkung durch fehlende Anfangsausstattung an Kapital, Geheimhaltung von Produktionsmethoden. b. Patente und Copyrights bilden eine weitere Form von Zugangsbeschränkungen. Diese existieren jedoch grundsätzlich nur für eine gewisse Zeit, sind also eher kurzfristiger Natur. Aufgabe 7.27

a. Bestimmen Sie mit der Lagrangemethode jeweils die Extremwerte zu den Zielfunktionen: (i)

g{x\,x2) = 2x\ -I- 2x2 —» hin-

unter der Nebenbedingung

(ii)

5(^1,£2,£3)

unter der Nebenbedingung

f(x 1, £2) = £1 • £2 = 100

= 4:ri + 4x2 + 4x3 —* min

f(x 1, X2, X3) = x\ • X2 • £3 = 1000

b. Geben Sie jeweils eine ökonomische Interpretation rungsproblems.

des vorstehenden

Optimie-

c. Geben Sie zusätzlich jeweils eine geometrische Interpretation (Hinweis: Interpretieren Sie in a. Xi und £2 als Seitenlängen eines Rechtecks). d. Bestimmen Sie das Minimum in a. (i) für Xi-X2 = 101 bzw. in a.(ii) für X\-X2-x^ = 1001 , berechnen Sie dazu jeweils den Wert der Zielfunktion und vergleichen Sie den Zuwachs mit dem in a. jeweils berechneten Wert von A. •

220

7 Die sichtbare

Hand, Teil 1: Das

Unternehmen

Lösung 7.27 (i)

a. ZF

2ari + 2a; 2 ->nim

NB

x ! - x 2 = 100

Die dazugehörige Lagrangefunktion lautet: L(xi,X2, dL — = ox 1 9L — = OX

A) = 2x\ + 2x2 + A(100 - X1X2)

„ , 1 2 2 - Xx2= 0 =>• t" = x2 A • „ , 2 2 - Axi = 0 =>• - r = X i A

2

!

1 n n

—— = 100 - x\x2= 0 0\ Es ergibt sich xx = 10

(nach Gleichung (7.1))

==>

x2 = 10

Xi = x 2

(7.1)

2

Xi = 10 => x\ = 10

A = 0,2

also ein stationärer Punkt der Lagrangefunktion bei X{ = 10, x2 = 10. b. Die Nebenbedingung kann z. B. als Cobb-Douglas-Produktionsfunktion mit dem Output 100 interpretiert werden; die Zielfunktion als Kostengleichung bei den Faktorpreisen (qi = 2 , q2 —2). Als Lösung ergibt sich, dass bei gleichen Preisen (q\ = 92) und symmetrischer Produktionsfunktion die gleichen Faktormengen von beiden Gütern zur Erreichung eines Kostenminimums nachgefragt werden. c. Graphisch kann das Optimierungsproblem folgendermaßen interpretiert werden: Finde das Rechteck mit vorgegebenem Fläche von 100, dessen Umfang minimal ist. Ergebnis: x\ = 10, X2 = 10, also ein Quadrat mit Kantenlängen 10 und dem Umfang 40. d. Wird die Nebenbedingung von 100 auf 101, also um eine kleine (aber nichtmarginale!) Einheit erhöht, so ergeben sich aus dem Minimierungsproblem Werte von Xi = 10,04987 « 10.05. Der Umfang steigt dadurch von 40 auf « 40.2. Das entspricht dem Wert von A. (ii)

a. ZF NB

4zi + 4x2 + 4x 3 —>min xi • x2 • x2 = 1000

Die dazugehörige Lagrangefunktion lautet: L(XI,X2,

X3,

A) = 4z 1 + 4z 2 + 4^3 + A(1000 -

XIX2X3)

7.5 Aufgaben zur sichtbaren

ox i

221

=

4 - Xx2x3= 0 => x2x3 = | A

=

4 - Axia;2= 0 =>• x i ^ = ^ A

(7-3)

=

4 - Axia; 2 = 0 => 2:1X2 = ^ A

(7.4)

OT2 00:3

Hand"

X2X3 — X1X3 =>• 12 =

(7.3) (7.4)

a:ia;3 = zi^

(7.5), (7.6)

=>•

(7.2)

(7-5)

=> x3 = x2

(7.6)

xi = x2 = x3

Aus der Nebenbedingung ergibt sich somit X\X2X3 = 1000 und damit 10 = Xi = X2 = x3. Mit z.B. (7.2) ergibt sich A = b. Ökonomisch kann diese Aufgabe als Minimierung der Produktionskosten einer Cobb-Douglas Produktionsfunktion zu gegebenen Faktorpreisen q\ =

x2 = l^Xi 25

16 25

q\ q2

Expansionspfad

x2 Xi

16 25

7.6 Aufgaben zur Theorie

227

(2) Bestimmung der Minimalkostenkombination Ansatz: Expansionspfad in die Produktionsfunktion einsetzen (oder mit der Isoquante gleichsetzen) Berechnung:

y = f(x1,x2(x

1 fi 700 = 5x\/2{—x1)1/2 25

i))

=>

x2 = ^

o

• 175

700 = 4xi

=>

x\

x*2 = 112

(3) Errechnung der minimalen Produktionskosten Ansatz: Minimalkostenkombination in die Kostenfunktion einsetzen Berechnung:

C(y) = q1x1+q2x2

b.

=>

C(700) = 16-175+25-112

=>

C*(700) = 5600

(1) Ermittlung der Isoquante Ansatz: Produktionsfunktion für y = 700 nach x2 auflösen Berechnung: V = f(xi,x2)



= 700

&

x2=

/(x, y)

xL^ = \ m - x - L , z

^

=>

=

Xi

(2) Bestimmung der Isokostengerade Ansatz: Kostenfunktion für Kostensumme KS = 5600 nach x2 auflösen Berechnung:

X2 =

16 -25Xl

+

5600 ^5~

°

16 *> = " 2 5 * i + 2 2 4

228

7 Die sichtbare

Hand, Teil 1: Das

(3) Berechnung der Werte für die Wertetabelle

Unternehmen

(4) Zeichnung der Isoquante und Isokostengerade unter Angabe der Minimalkostenkombination X2

Xi

X2

50

392

100

196

200

98

300

65,333

400

49

400 Isoquante

300-

200 -

100-

0

100

200

300

400

A b b . 7 . 1 1 : Minimalkostenkombination

Aufgabe 7.37 Gegeben sei die

Kostenfunktion

C(y) = 3qiq2V2 mit q\ — \ und q2 — \ a. Zeichnen Sie ein (oberes) Diagramm mit y=0 bis y=10 auf der Abszisse und C~0 bis C=65 auf der Ordinaten und zeichnen Sie in dieses Diagramm die Kostenfunktion ein. b. Bestimmen

Sie rechnerisch

die Grenz- und die

Durchschnittskostenfunktion.

c. Zeichnen Sie genau unter das Diagramm mit der Kostenfunktion ein Diagramm mit y=0 bis y=10 auf der Abszisse und C'=0 bis C'=10 auf der Ordinaten und zeichnen Sie in dieses Diagramm die Grenzkostenfunktion und die Durchschnittskostenfunktion ein. d. Bestimmen Sie graphisch - sowohl im oberen wie im unteren Diagramm - das gewinnmaximierende Angebot des Unternehmers bei einem Güterpreis von p=5. •

7.6 Aufgaben

zur Theorie

C(y)

Lösung 7.37

60 E(y)

a. Siehe den oberen Teil der Abbildung 7.12. b. Die Grenzkosten ergeben sich aus der 1. Ableitung der Kostenfunktion: C'(y) = 2 • 3(71(722/ Die Durchschnittskosten berechnen sich durch C(y). y C{y) y

=

229

3qiq2y2 v

40

20

0 n" c L -J

0

= 3