Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht 9783504386924


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German Pages 1500 [1639] Year 2021

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Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht
 9783504386924

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Bauer · Lingemann · Diller · Haußmann

Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht

AnwaltsFormularbuch Arbeitsrecht von

Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer Rechtsanwalt, Stuttgart Honorarprofessor, Universität Tübingen

Dr. Stefan Lingemann

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Notar, Berlin

Prof. Dr. Martin Diller

Fachanwalt für Arbeitsrecht, Stuttgart Honorarprofessor, Universität Würzburg

Dr. Katrin Haußmann

Fachanwältin für Arbeitsrecht, Stuttgart

7. neu bearbeitete und erweiterte Auflage

2021

Zitierempfehlung: Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann, Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2021, Kap. … Rz. … bzw. M … Fn. …

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-9 43 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-42697-2 © 2021 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: Schäper, Bonn Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort „Der Umgang mit Formularen erleichtert die Arbeit, ist aber nicht ungefährlich“. Diese Aussage der Vorauflagen gilt unverändert. Zahlreiche Änderungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung haben diese Neuauflage erforderlich gemacht. Das Entgelttransparenzgesetz, die Einführung der Brückenteilzeit, das Geschäftsgeheimnisgesetz und die Umsetzung der Entsenderichtlinie sind neu erläutert und in Mustern erfasst. Die stark gewandelte Rechtsprechung zum Urlaubsrecht führte zu erheblichen Anpassungen der Urlaubsklauseln nebst einem Formulierungsvorschlag für die Aufforderung zur Urlaubnahme. Im Zeichen von New Work haben wir neue Muster eingefügt, u.a. zu Mobile Office, Crowdworking, Business on Demand und last, but not least, zum Dienstfahrrad. Das Buch wurde zudem erweitert um gesonderte Kapitel und Muster zur Arbeitszeit und zur Eigenkündigung. Für viele Fragen bietet dieses Formularbuch Lösungen an unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs – Stand Juli 2020 (bei coronabedingten Sonderregelungen auch bis September 2020). Soweit keine „gesicherte“ höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, haben wir uns bemüht, Risiken aufzuzeigen. Aber Vorsicht: Die Verwendung vorgeschlagener Formulierungen unterliegt der Eigenverantwortung der Arbeitsvertragsparteien und ihrer Berater und bedarf immer auch der sachkundigen Anpassung an den Einzelfall. Das Konzept der Vorauflagen wurde beibehalten. Behandelt werden die für Praktiker wichtigen Fragen, nicht Vertiefungen rein akademischer Natur. Den Mustern gehen jeweils detaillierte Einführungen mit zahlreichen Hinweisen voraus. Die Formulierungen der Muster selbst werden zusätzlich unmittelbar in Fußnoten erläutert. Randziffern zum Text und Fettdruck der wesentlichen Begriffe in den Fußnoten zu den Mustern sowie ein wesentlich überarbeitetes Register und eine Übersicht zur AGB-Kontrolle von A–Z sichern einen schnellen Zugriff. Die Nutzung komfortabler macht der in der 7. Auflage erstmals enthaltene mobile Zugriff auf das gesamte Werk und alle Muster bei Otto Schmidt online – LAWLIFT-Dokumentenautomation für ausgewählte Muster inklusive. Die Zugangsdaten befinden sich vorne im Buch. Für viele Anregungen und Hinweise danken wir unseren Arbeitsrechtspartnern Prof. Dr. Gerhard Röder, Prof. Dr. Ulrich Baeck, Dr. Doris-Maria Schuster, Dr. Steffen Krieger, Dr. Thomas Winzer, Dr. Christian Arnold, Dr. Jens Günther und Dr. Rut Steinhauser, sowie für die Überarbeitung der Regelungen zum individuellen Datenschutz Dr. Christian Hamann, zum Schutz geistigen Eigentums Dr. Alexander Molle und zur Geheimhaltung Dr. Björn Kalbfus, alle aus unserer Kanzlei Gleiss Lutz. Unser Dank gilt vor allem aber auch Frau Jenny Lu und Frau Heike Warmuth, die neben der Referatsarbeit unermüdlich die Manuskripte betreut haben. Für Anregungen, Hinweise und konstruktive Kritik sind wir stets dankbar. Diese können dem Verlag gern unter [email protected] übermittelt werden. Berlin/Hamburg/Stuttgart, Oktober 2020 Jobst-Hubertus Bauer Stefan Lingemann Martin Diller Katrin Haußmann

V

Kapitelübersicht Mit dem Code vorne im Werk das komplette Werk und alle Muster für die Online-Nutzung freischalten Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalts- und Musterübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V XI XLI XLV

Erster Teil Individualarbeitsrecht Kap. 1 Kap. 2 Kap. 3 Kap. 4 Kap. 5 Kap. 6

Anbahnung des Arbeitsverhältnisses (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) (Lingemann) . . . . . . . . . . . Verträge mit Angestellten (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstvertrag des Geschäftsführers (Lingemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds (Lingemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 7 Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 8 Ausbildungs- und Fortbildungsverträge (Lingemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 9 Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . Kap. 10 Arbeitnehmerüberlassung (Lingemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 11 Auslandseinsatz (Lingemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 12 Vergütung (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 13 AGG, EntgTranspG (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 14 Urlaub (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 15 Krankheit (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 16 Schwerbehinderte Menschen (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 17 Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 18 Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 19 Versetzung (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 20 Änderungskündigung (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 21 Eigenkündigung des Arbeitnehmers (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 22 Beendigungskündigung (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 23 Einvernehmliche Beendigung (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 24 Zeugnis (Lingemann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 25 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 26 Betriebliche Altersversorgung (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 27–29 frei.

1 44 152 189 223 249 301 369 407 466 512 551 642 663 681 696 717 758 788 801 817 823 944 1000 1019 1040

VII

Kapitelübersicht Seite

Zweiter Teil Betriebsverfassung/Personalvertretung Kap. 30 Kap. 31 Kap. 32 Kap. 33 Kap. 34 Kap. 35

Errichtung des Betriebsrats (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interne Organisation des Betriebsrats (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Betriebsratsarbeit (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflösung des Betriebsrats/Ausschluss von Mitgliedern (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsversammlung (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Arbeitszeit (Bauer/Haußmann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 36 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Lohngestaltung (Bauer/Haußmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 37 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Technische Einrichtungen (Bauer/Haußmann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 38 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Sozialeinrichtungen (Bauer/Haußmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 39 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Betriebsordnung/Verhaltensrichtlinien (Bauer/Haußmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 40 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Betriebliches Vorschlagswesen (Bauer/Haußmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 41 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Urlaub (Bauer/Haußmann) . . . . . Kap. 42 Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten (Bauer/Haußmann/Diller) . . . . . Kap. 43 Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten (Bauer/Haußmann/Diller) . Kap. 44 Einigungsstelle (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 45 Euro-Betriebsrat (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 46 Personalvertretungsrecht (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 47–49 frei.

1073 1084 1088 1109 1113 1118 1136 1144 1165 1169 1182 1186 1188 1210 1237 1249 1259

Dritter Teil Tarifrecht/Arbeitskampfrecht Kap. 50 Tarifverträge (Haußmann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 51 Arbeitskampf (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 52–59 frei.

1263 1282

Vierter Teil Betriebsübergang Kap. 60 Betriebsübergang (Lingemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 61–69 frei.

VIII

1299

Kapitelübersicht Seite

Fünfter Teil Datenschutz/Compliance Kap. 70 Compliance und Datenschutz (Haußmann/Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 71–79 frei.

1357

Sechster Teil Insolvenzarbeitsrecht Kap. 80 Arbeitnehmeransprüche im Insolvenzverfahren (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 81 Betriebsänderungen im Insolvenzverfahren (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 82–89 frei.

1377 1380

Siebter Teil Unternehmensmitbestimmung Kap. 90 Unternehmensmitbestimmung (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kap. 91–99 frei.

1387

Achter Teil Arbeitsgerichtsverfahren Kap. 100 Kap. 101 Kap. 102 Kap. 103 Kap. 104 Kap. 105 Kap. 106 Kap. 107 Kap. 108 Kap. 109

Das arbeitsrechtliche Mandat (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urteilsverfahren erster Instanz (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urteilsverfahren zweiter Instanz (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urteilsverfahren dritter Instanz (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussverfahren erster Instanz (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussverfahren zweiter Instanz (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussverfahren dritter Instanz (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweiliger Rechtsschutz (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren vor dem EuGH nach Art. 267 AEUV (Diller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1407 1410 1437 1447 1464 1470 1474 1477 1490 1507

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1513

IX

Inhalts- und Musterübersicht Mit dem Code vorne im Werk das komplette Werk und alle Muster für die Online-Nutzung freischalten Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitelübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V VII XLI XLV

Erster Teil Individualarbeitsrecht Kap. 1 Anbahnung des Arbeitsverhältnisses I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorstellungsgespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschreibung/Einstellungs- und Personalfragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässige Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beteiligung des Betriebsrats und Haftungsprivilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beteiligung des Betriebsrats bei der Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Aufklärungspflichten des Arbeitgebers bei ungesicherter Beschäftigung des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Anfechtung des Arbeitsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anfechtungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Arglistige Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkung des Anfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen der Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anfechtungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Einfühlungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 1.1.1 M 1.1.2 M 1.2.1 M 1.2.2 M 1.3.1 M 1.3.2 M 1.4

................................................................... Interne Stellenausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Externe Stellenausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorstellungseinladung mit Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorstellungseinladung ohne Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstellungsfragebogen im Bewerbungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personalfragebogen nach erfolgter Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einwilligung in ärztliche Untersuchung/psychologische und graphologische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 1.5 Antrag an den Betriebsrat auf Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung eines Bewerbers nach § 99 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 1.6 Klage auf Erstattung von Vorstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 1.7 Klage nach mündlicher Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 1.8 Klage auf Wiedereinstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 1.9 Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung bei der Einstellung . . . . . . . . M 1.10 Klage des Arbeitgebers auf Schadensersatz und Vertragsstrafe wegen Nichtantritts der Arbeitsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6 6 6 6 12 12 14 15 15 16 16 17 19 19 19 20 20 20 21 21 22 22 28 32 33 33 34 35 37 39 XI

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 1.11 Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung . . . . . . . . . . . . . . M 1.12 Klage des Arbeitnehmers gegen die Anfechtung des Arbeitsvertrages . . . . . . . .

41 42

Kap. 2 Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Besonderheiten aufgrund der Verbraucherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abgrenzung zur Individualvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Keine Klauselkontrolle zugunsten des Verwenders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Beteiligung des Betriebsrats bei Formularverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einbeziehung in den Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorrang der Individualabrede/Schriftformklausel – § 305b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Überraschende Klauseln – § 305c Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unklarheitenregel – § 305c Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit – § 306 BGB . . . . . . . . . . . . aa) Zivilrechtliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) BAG vor Einführung der AGB-Kontrolle/Geltung bei Individualverträgen . . . . . cc) BAG nach Einführung der AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Blue-pencil-test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Unangemessene Benachteiligung – § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kontrollsperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Transparenzgebot – § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Inhaltskontrolle – Materiell unangemessene Benachteiligung – § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vermutungstatbestände des § 307 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit – § 308 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit – § 309 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. AGB-Klauselkontrolle von A–Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Form des Arbeitsvertrages, Nachweisgesetz, Arbeitsbedingungenrichtlinie . . . . . . . . . . . 4. Arbeiter/Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einbeziehung des Tarifvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 2.1a Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer ohne Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 2.1b Employment agreement with a (blue collar) employee without reference to a collective bargaining agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 2.2 Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer (Arbeiter) mit Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 2.3 Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer (Arbeiter) mit teilweiser Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 50 51 51 52 53 53 53 54 54 55 56 57 57 58 59 59 60 60 62 64 64 65 65 66 117 119 120 121 122 122 138 143 151

Kap. 3 Verträge mit Angestellten I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angestellte und leitende Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leitende Angestellte nach § 14 Abs. 2 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Syndikusrechtsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII

153 153 153 153 155 155

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II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 3.1 Ausführlicher Anstellungsvertrag mit einem Angestellten ohne Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 3.2 Anstellungsvertrag mit einem Angestellten mit Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . M 3.3 Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 3.4 Anstellungsvertrag mit einem Syndikusrechtsanwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

156 156 176 179 185

Kap. 4 Dienstvertrag des Geschäftsführers I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Person des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organstellung und Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuständigkeit für Abschluss und Änderung des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . bb) Form des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflichten und Verantwortlichkeiten des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Stellung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . a) Arbeitsrechtliche Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sozialversicherungsrechtliche Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. AGB-Kontrolle des Geschäftsführervertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Anwendung des VorstAG auf die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 191 191 191 192 193 193 194 195 195 197 197 198

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 4.1a Dienstvertrag des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 4.1b Service Agreement of the Managing Director . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

198 198 214

Kap. 5 Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Person des Vorstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organstellung und Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuständigkeit für Abschluss und Änderung des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . bb) Form des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Dauer des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflichten und Verantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorstandsvergütung – ARUG II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sozialversicherungsrechtliche Stellung des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. AGB-Kontrolle des Vorstandsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225 225 225 225 226 226 227 227 227 228 229 231 231

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 5.1 Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 5.2 Schreiben zur Herabsetzung der Bezüge und Versorgung des Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 5.3 Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Herabsetzung der Bezüge und Versorgung des Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . .

232 232 247 248

Kap. 6 Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Befristung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

251 251 XIII

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a) Befristung aufgrund eines sachlichen Grundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2 TzBfG im Einzelnen . . . . bb) Kalendermäßige Befristung, § 3 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 1 TzBfG (M 6.1.1) . . . . . . cc) Zweckbefristung, § 3 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG (M 6.1.2; M 6.1.5) . . . . . . . dd) Auflösende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Befristung einzelner Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) § 1 ÄArbVtrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Befristung aufgrund gesetzlicher Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 14 Abs. 2, 2a, 3 TzBfG – Sachgrundlose Befristung (M 6.1.6; M 6.1.9) . . . . . . . bb) § 21 BEEG, § 6 PflegeZG und § 9 FPfZG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Befristungen im Hochschulbereich nach WissZeitVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Telearbeit/Homeoffice (M 6.2.1/M 6.2.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mobile Office (M 6.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255 258 265 265 265 266 267 267 267 270 270 272 275

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.1 Kalendarisch befristeter Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen . . . . . . . . . . . M 6.1.2 Zweckbefristeter Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.3.1 Mitteilung der Zweckerreichung nach § 15 Abs. 2 TzBfG . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.3.2 Mitteilung des Ablaufs des vereinbarten Befristungszeitraums (vgl. § 15 Abs. 1 TzBfG) mit hilfsweiser Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.4 Traineevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.5 Doppelt befristeter Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.6 Sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 2 TzBfG . . . . . . . . . . . M 6.1.7 Probearbeitsverhältnis mit Befristung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.8 Verlängerung des Probearbeitsverhältnisses mittels Aufhebungsvertrag . . . . . M 6.1.9 Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 2 TzBfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.10 Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes über die Regelaltersgrenze hinaus, § 41 Satz 3 SGB VI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.11 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Befristung und Weiterbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.2.1 Arbeitsvertrag über alternierende Telearbeit/Homeoffice ohne vom Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsplatz im Privatbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.2.2 Arbeitsvertrag über alternierende Telearbeit/Homeoffice mit vom Arbeitgeber eingerichtetem Arbeitsplatz im Privatbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.3 Homeoffice-Klausel für Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.4 Mobile Office-Vereinbarung/Vertrag über mobiles Arbeiten . . . . . . . . . . . . . .

277 277 278 279 280 280 281 282 283 283 284 285 285 287 293 296 297

Kap. 7 Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines Arbeitszeitrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässige Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstöße gegen das ArbZG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bereitschaftsdienst, Umkleidezeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Überstunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Flexible Arbeitszeitmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Arbeitszeitkonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abrufarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Saisonarbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Teilzeitarbeit (M 7.2.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsanspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit nach § 8 TzBfG . . . . . . . . . b) Geltendmachung des Teilzeitanspruchs (M 7.2.2; M 7.2.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV

303 303 303 304 304 305 305 305 305 306 306 307 307

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c) Ablehnung des Teilzeitantrags (M 7.2.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Klage auf Teilzeitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Klageart bei Ablehnung des Arbeitgebers (M 7.2.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entgegenstehende betriebliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Betriebliche Gründe gegen die gewünschte Verringerung . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Betriebliche Gründe gegen die gewünschte Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Klageart bei Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und/oder 3 (M 7.2.6) . . . . . . . . . . . . . dd) Einstweilige Verfügung (M 7.2.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Teilzeitanspruch nach § 9a TzBfG (Brückenteilzeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Teilzeitanspruch nach § 15 Abs. 5–7 BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Teilzeitanspruch nach § 164 Abs. 5 Satz 3 SGB IX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Teilzeitanspruch nach § 3 PflegeZG (M 17.13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Teilzeitanspruch nach § 2 FPfZG (M 17.14 f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Durchführung der Teilzeitarbeit (M 7.2.8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Rückkehr zur Vollzeitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geringfügige Beschäftigung/Minijobs (M 7.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Job-Sharing (M 7.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabbatical (M 7.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Altersteilzeit (M 7.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Finanzielle Leistungen des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kontinuitäts- und Blockmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Störfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Insolvenzsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

308 309 309 309 310 312 312 312 313 313 314 315 315 316 316 318 319 322 322 324 324 325 326 327 328 329 329 330

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.1 Klausel zur regelmäßigen Arbeitszeit und Befugnis zur Anordnung von Kurzarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.2 Klausel zur Anordnung von Überstunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.3 Klage auf Überstundenvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.4 Vertrauensarbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.5 Gleitzeitvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.6 Jahresarbeitszeitvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.7 Abrufarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.8 Bandbreitenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.9 Klage des Arbeitnehmers auf Anerkennung/Vergütung der Umkleidezeit als Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.1 Teilzeitarbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.2 Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.3 Schreiben bei verspätetem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . M 7.2.4 Ablehnung des Antrags auf Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.5 Antrag auf Brückenteilzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.6 Schreiben bei verspätetem Antrag auf Brückenteilzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.7 Ablehnung des Antrags auf Brückenteilzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.8 Klage auf Zustimmung zur dauerhaften Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . M 7.2.9 Klage auf Zustimmung zur vorübergehenden Reduzierung der Arbeitszeit (Brückenteilzeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.10 Klage auf Feststellung der reduzierten Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

332

3. 4. 5. 6.

332 333 335 335 335 336 337 338 338 339 341 342 342 343 344 344 345 347 348 XV

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 7.2.11 M 7.2.12 M 7.3.1 M 7.3.2 M 7.4.1 M 7.4.2 M 7.5 M 7.6.1 M 7.6.2

Einstweilige Verfügung auf Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderungsvertrag zur Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilzeitvertrag mit geringfügiger Beschäftigung (Minijob) . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nach § 6 Abs. 1b SGB VI . . . . . . . . . . . . . . . . . Job-Sharing-Arbeitsvertrag mit einem Job-Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Job-Sharing-Arbeitsvertrag mit allen Job-Partnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabbatical-Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Altersteilzeit-Vertrag – Blockmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

349 351 352 354 354 356 358 362 368

Kap. 8 Ausbildungs- und Fortbildungsverträge I. 1. 2. 3. 4.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auszubildende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktikanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fortbildungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) AGB-Kontrolle von Rückzahlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kollektivvertragliche Rückzahlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 8.1.1 M 8.1.2 M 8.2 M 8.3 M 8.4 M 8.5 M 8.6

................................................................... Berufsausbildungsvertrag (ausführliche Form) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufsausbildungsvertrag (kurze Form) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeiner Praktikantenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktikantenvertrag für Schüler und Studenten (Pflichtpraktikum) . . . . . . . . . . Werkstudentenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Traineevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

371 371 376 378 379 379 384 384 384 391 395 398 401 404 404

Kap. 9 Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung freier Mitarbeiter/Arbeitnehmer (M 9.1.1–9.1.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gründungszuschuss, § 93 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Arbeitnehmerähnliche Selbständige, § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anfrageverfahren, § 7a SGB IV (Statusfeststellungsverfahren) . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgen eines fälschlich als freie Mitarbeit eingeordneten Anstellungsverhältnisses . . . 2. Beratervertrag (M 9.2)/Interimsmanagement (M 9.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. On Demand Economy (M 9.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Crowdworking (M 9.5.1, M 9.5.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. In Heimarbeit Beschäftigte (M 9.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 9.1.1 M 9.1.2 M 9.1.3 M 9.1.4 M 9.2 M 9.3 M 9.4 XVI

................................................................... Freier Mitarbeiter-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freier Mitarbeiter-Vertrag (Rahmenvertrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkvertrag mit einem Subunternehmer – Softwareentwicklung . . . . . . . . . . . . Vereinbarung über die Miete von Betriebsmitteln – hier: Nutzung von PC . . . . Beratervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertrag mit einem Interimsmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . On Demand Economy – Rahmenvertrag für Kurierfahrer mit Auftragserteilung über APP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

410 410 410 416 416 417 417 417 419 420 421 422 424 424 432 435 445 447 450 455

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M 9.5.1 Crowdworking – Rahmenvertrag mit Auftragserteilung über APP . . . . . . . . . . . M 9.5.2 Allgemeine Geschäfts- und Nutzungsbedingungen zum Crowdworking – Rahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 9.6 Statusklage wegen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses (Scheinselbständigkeit) M 9.7 Heimarbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

458 460 463 464

Kap. 10 Arbeitnehmerüberlassung I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung zu Dienst- und Werkverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mindestarbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Höchstüberlassungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen von der Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fingiertes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befristete Arbeitsverträge mit Leiharbeitnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleichstellungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Offenlegung und Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freie Arbeitsplätze beim Entleiher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Einstellungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatz bei Arbeitskampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

470 470 471 472 472 474 475 475 476 477 480 480 481 483 483 484 484 484 485 485

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 10.1.1 Anstellungsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher ohne Bezugnahme auf einen Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 10.1.2 Anstellungsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher mit Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 10.2 Arbeitnehmerüberlassungsvertrag – Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 10.3 Rahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher und Entleiher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

486 486 494 498 509

Kap. 11 Auslandseinsatz I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweispflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbares Individualarbeitsrecht und Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliche Altersversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tarifverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialversicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsvorschriften der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) (Bilaterale) Sozialversicherungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausstrahlung gem. § 4 SGB IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Versorgungslücke im Krankenversicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Freiwillige Versicherung/Versicherung auf Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

514 514 514 515 520 521 522 522 523 526 526 527 528 XVII

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8. Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einkommensteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abführung von Lohnsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Betriebsausgabenabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

528 528 531 532 532

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 11.1 Entsendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 11.2.1 Versetzung Auslandsvertrag – Anstellungsvertrag mit dem ausländischen Tochterunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 11.2.2 Versetzung – Stammhausbindungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

532 532 539 543

Kap. 12 Vergütung I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freiwilligkeit, Widerruflichkeit und Anrechenbarkeit der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . Zulagen/Zuschläge (M 12.7 und M 12.8.1/M 12.8.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tantiemen (M 12.10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Provisionsvereinbarung für einen angestellten Handelsvertreter (M 12.11) . . . . . . . . . . . Akkordvergütung (M 12.13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prämien (M 12.14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gratifikationen (M 12.15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögenswirksame Leistungen (M 12.20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufwendungsersatz und Auslagen (M 12.21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstwagen (M 12.22.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstfahrrad (M 12.22.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstwohnung (M 12.23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitgeberdarlehen (M 12.24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfändung/Abtretung (M 12.25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss der Aufrechnung/Zurückbehaltung (M 12.26) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zielvereinbarungen (M 12.27) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktienoptionspläne (M 12.28) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

554 554 558 561 562 563 564 565 566 568 569 570 572 574 574 575 576 577 581

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.1.1 Gewerbliche Arbeitnehmer ohne Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.1.2 Gewerbliche Arbeitnehmer mit Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.1.3 Angestellte ohne Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.1.4 Angestellte mit Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.1.5 Organmitglieder oder leitende Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.2 Einstweilige Verfügung auf Gehaltszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.3 Gehaltsklage bei zu niedriger Eingruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.4 Zahlungsklage bei zweistufiger Ausschlussfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.5 Gehaltsklage wegen Ungleichbehandlung/Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . M 12.6 Klage im Urkundenprozess auf Geschäftsführervergütung nach fristloser Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.7.1 Übertarifliche Zulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.7.2 Widerrufs- und Anrechnungsvorbehalt für die übertarifliche Zulage . . . . . . . M 12.7.3 Erschwerniszulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.7.4 Wechselschichtzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.7.5 Auslandszulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.7.6 Leistungszulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.7.7 Sozialzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

583 583 583 583 583 583 583 585 586 588

XVIII

589 592 592 593 593 594 594 594

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 12.8.1 M 12.8.2 M 12.9 M 12.10.1 M 12.10.2 M 12.10.3 M 12.10.4 M 12.11 M 12.12 M 12.13.1 M 12.13.2 M 12.14.1 M 12.14.2 M 12.14.3 M 12.14.4 M 12.15.1 M 12.15.2 M 12.16 M 12.17 M 12.18 M 12.19 M 12.20 M 12.21 M 12.22.1 M 12.22.2 M 12.23 M 12.24 M 12.25 M 12.26.1 M 12.26.2 M 12.27 M 12.28 M 12.29 M 12.30 M 12.31

Überstundenzuschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Überstundenvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tantieme/Bonus für leitenden Angestellten oder Geschäftsführer einer GmbH Ermessenstantieme für einen leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Ermessenstantieme/Ermessensbonus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tantieme/Bonus für Vorstand einer Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Provisionsvereinbarung für einen angestellten Handelsvertreter . . . . . . . . . . . Stufenklage wegen Abrechnung und Zahlung von Provision . . . . . . . . . . . . . Zeitakkord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geldakkord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwesenheitsprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Treueprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halteprämie/Retention Bonus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderzuwendung mit Freiwilligkeitsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderzuwendung und Bindungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderzuwendung nach Ermessen (Ermessensgratifikation) . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Sondervergütung wegen Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten Klage auf Ausgabe von Belegschaftsaktien wegen betrieblicher Übung . . . . . Klage wegen Widerrufs/Teilkündigung von Sonderleistungen . . . . . . . . . . . . Vermögenswirksame Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstwagenüberlassungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstfahrradüberlassungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstwohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitgeberdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfändung/Abtretung von Entgeltansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss der Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rahmenvereinbarung für eine Zielvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktienoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf künftige Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitnehmers auf Gehaltserhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Vergütung . . . . . . . . . .

594 595 595 597 598 599 600 601 605 607 607 608 609 610 610 611 612 614 615 616 617 618 618 621 625 629 629 631 631 631 632 633 638 639 641

Kap. 13 AGG, EntgTranspG I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Struktur und Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Benachteiligungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Organisationspflichten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Folgen für die betriebliche Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Folgen für die Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Missbräuchliche Klagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. EntgTranspG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verpflichtung zur Erstellung eines Entgelttransparenzberichts, § 21 EntgTranspG . .

642 642 642 644 645 647 648 649 650 650 654 654 654 655 XIX

Inhalts- und Musterübersicht Seite

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 13.1.1 Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung bei der Einstellung . . . . . . . M 13.1.2 Gehaltsklage wegen Ungleichbehandlung/Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . M 13.1.3 Klage wegen berechtigter Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers . . . . . . . M 13.2.1 Auskunftsverlangen nach EntgTranspG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 13.2.2 Auskunft nach EntgTranspG des tarifgebundenen/tarifanwendenden Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 13.2.3 Auskunft nach EntgTranspG des tariffreien Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . M 13.2.4 Auskunftsverweigerung des Arbeitgebers nach EntgTranspG . . . . . . . . . . . . . . M 13.2.5 Entgelttransparenzbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

655 655 655 655 657 658 659 660 661

Kap. 14 Urlaub I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 14.1 M 14.2 M 14.3 M 14.4 M 14.5 M 14.6 M 14.7 M 14.8

................................................................... Urlaubsantrag und -bewilligung (Formular) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführliche Bewilligung von bezahltem und unbezahltem Urlaub (Brief) . . . . Urlaubsbescheinigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Übertragung des Teilurlaubs vor Erfüllung der Wartezeit in das Folgejahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärung über die Kürzung des Urlaubsanspruches während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweis- und Aufforderungsschreiben zum Verfall von Urlaubstagen bei Nichtinanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Urlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Urlaubsabgeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

664 674 674 674 675 675 676 676 678 680

Kap. 15 Krankheit I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 15.1 M 15.2 M 15.3

................................................................... Anzeige der Arbeitsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weisung zum Nachweis einer ärztlichen Bescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergänzung zum Arbeitsvertrag zur Kürzung von Sonderleistungen im Krankheitsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 15.4 Klage auf Entgeltfortzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 15.5 Einladung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 167 Abs. 2 SGB IX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 15.6 Formlose Antwort des Arbeitnehmers auf die Einladung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 167 Abs. 2 SGB IX . . .

682 689 689 690 690 690 692 695

Kap. 16 Schwerbehinderte Menschen I. 1. 2. 3. 4.

XX

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwerbehinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderkündigungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren bei Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen eines fehlenden Antrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antragsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entscheidungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

697 697 697 703 705 705 705 705 705

Inhalts- und Musterübersicht Seite

e) Prüfung des Integrationsamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Anhörung des Betriebsrates und Beteiligung des Integrationsamtes (M 16.2, M 16.3) g) Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung (M 16.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Einvernehmliche Beendigung vor dem Integrationsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Kündigungserklärungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anfechtung des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

706 706 706 706 707 707 707

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 16.1 Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Verdachtskündigung gem. § 178 Abs. 2 SGB IX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 16.2 Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Verdachtskündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 16.3 Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen/gleichgestellten behinderten Menschen . . . . . . . . . . . . . M 16.4 Widerspruch gegen die Zustimmung des Integrationsamtes . . . . . . . . . . . . . . . . M 16.5 Klage des Arbeitgebers gegen die Versagung der Zustimmung des Integrationsamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 16.6 Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen Täuschung über Schwerbehinderteneigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 16.7 Klage des Arbeitnehmers auf Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes

708 708 709 710 712 713 714 715

Kap. 17 Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit I. 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mutterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elterngeld und Elterngeld Plus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflegezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Familienpflegezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

718 718 723 729 732 738

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.1 Mitteilung der Schwangerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 MuSchG . . . . . . . . . . . M 17.2 Informationsschreiben des Arbeitgebers an die schwangere Mitarbeiterin . . . . M 17.3 Antrag auf Ausnahmebewilligung vom Nachtarbeitsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.4 Antrag auf Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.5 Antwortschreiben des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.6 Antrag auf Zustimmung zur Kündigung in der Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.7 Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.8 Ablehnung des Antrags auf Teilzeit während Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.9 Einstweilige Verfügung auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit . . . . M 17.10 Antrag auf Pflegezeit/Pflegeteilzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.11 Ablehnung des Antrags auf Pflegeteilzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.12 Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Pflegezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.13 Vereinbarung über eine Teilzeittätigkeit während der Pflegezeit . . . . . . . . . . . . M 17.14 Antrag auf Familienpflegezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.15 Vereinbarung zur Familienpflegezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.16 Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Familienpflegezeit . . . . . . . . . . . . M 17.17 Antrag auf Zustimmung zur Kündigung in der Familienpflegezeit . . . . . . . . . .

741 741 742 742 743 744 745 745 746 747 748 749 750 752 753 753 755 757

XXI

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Kap. 18 Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlverhalten des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ermahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Funktionen der Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirksamkeitsvoraussetzungen der Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlverhalten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ersatzanspruch des Arbeitnehmers nach § 628 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 18.1 M 18.2 M 18.3 M 18.4 M 18.5 M 18.6 M 18.7 M 18.8 M 18.9

................................................................... Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorweggenommene Abmahnung als Erklärung an den Arbeitnehmer . . . . . . . Vorweggenommene Abmahnung als Aushang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage gegen eine Abmahnung und auf Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitgebers auf Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf Mankohaftung . . . . . . . . Arrest und Arrestpfändung wegen Unterschlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitnehmers wegen Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitgebers wegen Vertragsbruchs auf Schadensersatz und Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 18.10 Einstweilige Verfügung auf Unterlassung von Wettbewerbshandlungen . . . . . M 18.11 Klage des Arbeitnehmers auf Freistellung von Ansprüchen Dritter . . . . . . . . . . M 18.12 Deklaratorisches Schuldanerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 18.13 Klage auf Rückzahlung von Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 18.14 Widerklage des Arbeitgebers wegen Geheimnisverrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

759 759 760 760 760 761 763 766 768 769 770 770 771 772 773 775 777 778 781 783 783 784 785 786 786

Kap. 19 Versetzung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Individualarbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Betriebsverfassungsrechtlicher Versetzungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zustimmungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgen der fehlenden Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zustimmungsersetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vorläufige personelle Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

789 789 792 792 794 795 796 797

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 19.1 Ausübung des Direktionsrechts und vorsorgliche Änderungskündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 19.2 Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG wegen beabsichtigter Versetzung und Umgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 19.3 Klage gegen Versetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 19.4 Klage auf Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . .

797 797 798 799 801

Kap. 20 Änderungskündigung I. 1. 2. 3. XXII

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form der Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arten der Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

802 802 803 803

Inhalts- und Musterübersicht Seite

4. Kündigungsgründe und soziale Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Personenbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhaltensbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Betriebsbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Außerordentliche Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Überflüssige Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Annahme unter Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorbehaltlose Annahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Beteiligung des Betriebsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

804 804 804 805 809 810 810 810 811 812 813

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 20.1 Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 20.2 Annahme/Annahme unter Vorbehalt/Ablehnung der Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 20.3 Anhörung des Betriebsrates zur ordentlichen Änderungskündigung gemäß § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 20.4 Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 20.5 Klage gegen Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

813 813 814 815 815 816

Kap. 21 Eigenkündigung des Arbeitnehmers I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 21.1 M 21.2 M 21.3 M 21.4 M 21.5

................................................................... Ordentliche Eigenkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Außerordentliche Eigenkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung einer Eigenkündigung wegen Drohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitnehmers wegen unwirksamer Eigenkündigung . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitnehmers wegen Anfechtung einer Eigenkündigung . . . . . . . . .

817 819 819 819 820 820 822

Kap. 22 Beendigungskündigung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Arten der Kündigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Form der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zugang der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kündigungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit des KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhaltensbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kündigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Leistungsbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Personenbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Häufige Kurzerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigung wegen lang anhaltender Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigung wegen krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . d) Kündigung wegen dauernder Leistungsminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kündigung wegen Suchterkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

828 828 828 830 830 832 833 835 837 841 845 845 848 850 851 854 856 856 857 858 XXIII

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f) Betriebsratsanhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verdachtskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sozialauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Soziale Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen fehlerhafter Sozialauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Herausnahme aus der Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . d) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Interessenausgleich mit Namensliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Betriebsratsanhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Abfindungsangebot nach § 1a KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderkündigungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annahmeverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Massenentlassungsanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interessenausgleich und Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wiedereinstellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweis nach § 2, § 38 Abs. 1 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungsschutzklage (M 22.16 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflösungsantrag (M 22.20 und M 22.21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

858 858 861 861 864 867 867 869 872 872 873 874 875 876 877 883 885 887 891 892 893 893 895

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.1 Ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.2 Ordentliche betriebsbedingte Kündigung nach § 1a KSchG durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.3 Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.4 Außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.5 Außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.6 Außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.7 Aufforderung zur Mitteilung außerordentlicher Kündigungsgründe . . . . . . . . M 22.8 Kündigungszurückweisung wegen fehlender Vollmachtsvorlage . . . . . . . . . . . . M 22.9 Unternehmerentscheidung zur betriebsbedingten Kündigung . . . . . . . . . . . . . . M 22.10 Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG . M 22.11 Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen Verdachtskündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . M 22.12 Anhörung des Betriebsrats zur ordentlich fristgemäßen personenbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.13 Anhörung des Betriebsrats zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.14 Anhörung des Betriebsrates zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Änderungskündigung sowie alternativ zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Beendigungskündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.15 Stellungnahme des Betriebsrats zu einem Anhörungsschreiben . . . . . . . . . . . . . M 22.16 Kündigungsschutzklage mit Weiterbeschäftigungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.17 Klage gegen Kündigung bei Unanwendbarkeit des KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.18 Kündigungsschutzklage bei betriebsbedingter Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . .

900 900

5.

6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

XXIV

903 904 904 905 907 909 909 910 910 911 913 915 916 917 918 921 922

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M 22.19 M 22.20 M 22.21 M 22.22 M 22.23 M 22.24 M 22.25 M 22.26 M 22.27 M 22.28 M 22.29 M 22.30 M 22.31

Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage . . . . . . . . . . . Auflösungsantrag des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflösungsantrag des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung bei offensichtlich unwirksamer Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Beschäftigung während der Kündigungsfrist . . . . . Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG . . Einstweilige Verfügung des Arbeitgebers auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage gegen fristlose Kündigung und auf Gehaltszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage wegen falscher Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschafterbeschluss zur Abberufung und Kündigung eines GmbHGeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Herausgabe von Arbeitspapieren . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Wiedereinstellung nach Wegfall des Kündigungsgrundes . . . . . . . . . Widerklage des Arbeitgebers auf Herausgabe des Dienstwagens und Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

923 925 926 927 930 931 933 936 938 939 941 942 943

Kap. 23 Einvernehmliche Beendigung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zustandekommen des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unwirksamkeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Drohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Arglistige Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Anfechtung durch den Arbeitgeber (M 23.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verstoß gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) §§ 24, 34 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zusammenballung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Fünftelungsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anrufungsauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Sozialversicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Beitragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anspruchsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ruhen des Arbeitslosengeldes nach § 158 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entschädigungen iSv. § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Maßgebliche Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Berechnung des Ruhenszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Folgen des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Ruhen wegen anderweitiger Sozialleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

946 946 946 947 949 949 952 953 953 953 955 956 957 957 961 961 961 962 963 964 964 965 965 965 965 965 966 966 966 967 967 967 XXV

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ee) Sperrzeiten nach § 159 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Echter Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Anrechnung von Abfindungen auf Arbeitslosengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Kürzung bei nicht rechtzeitiger Meldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Erstattung von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose nach § 147a SGB III aF . . ii) Vorzeitige Altersrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . jj) Ende des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses durch einvernehmliche unwiderrufliche Freistellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abwicklungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sperrzeiten nach § 159 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.1a Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.1b Termination Agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.2 Abwicklungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.3 Anfechtung einer Eigenkündigung oder eines Aufhebungsvertrages durch den Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.4 Anfechtung eines Aufhebungsvertrages durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . M 23.5 Bestätigung eines anfechtbaren Aufhebungsvertrages durch den Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.6 Klage wegen Unwirksamkeit (Anfechtung) eines Aufhebungsvertrages . . . . . . M 23.7 Klage gegen einen Sperrzeitbescheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.8 Verzicht auf § 17 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

967 967 968 970 970 970 970 970 971 971 972 972 972 986 994 995 996 997 997 999 1000

Kap. 24 Zeugnis I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeugnisanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeugnisarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzicht, Verwirkung, Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfaches Zeugnis (§ 109 Abs. 1 Satz 2 GewO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualifiziertes Zeugnis (§ 109 Abs. 1 Satz 3 GewO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung, Widerruf und Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 24.1 M 24.2 M 24.3 M 24.4 M 24.5 M 24.6 M 24.7

................................................................... Einfaches Zeugnis – kurze Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfaches Zeugnis – ausführliche Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenzeugnis für Buchhalter-In mit guter Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualifiziertes Zeugnis mit guter Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualifiziertes Zeugnis für Buchhalter-In mit guter Bewertung . . . . . . . . . . . . . . Qualifiziertes Zeugnis für Leiter-In Controlling mit sehr guter Bewertung . . . . Qualifiziertes Zeugnis für eine Assistentin mit unterdurchschnittlicher Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 24.8 Klage auf Erteilung eines Zeugnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 24.9 Klage auf Berichtigung eines Zeugnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXVI

1001 1001 1002 1003 1003 1004 1005 1006 1009 1010 1011 1012 1013 1014 1014 1014 1014 1015 1015 1016 1016 1017 1017

Inhalts- und Musterübersicht Seite

Kap. 25 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karenzentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedingte Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers/unbillige Erschwerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anrechnung anderweitigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösung vom Verbot bei Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzicht des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1020 1020 1021 1021 1022 1022 1023 1023 1023 1024

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.1.1 Wettbewerbsverbot mit einem Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.1.2 Vorvertrag auf Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots . . . . . M 25.2 Wettbewerbsverbot mit einem Organmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.3 Verzicht des Arbeitgebers gemäß § 75a HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.4 Lösungserklärung des Arbeitnehmers gemäß § 75 Abs. 1 oder 2 HGB . . . . . . . M 25.5 Angebot einer erhöhten Karenzentschädigung nach § 75 Abs. 2 HGB . . . . . . . M 25.6 Lösungserklärung des Arbeitgebers bei fristloser Kündigung nach § 75 Abs. 1, 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.7 Aufforderung zur Mitteilung anderweitigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.8 Erfüllungsablehnung des Arbeitgebers nach Verstößen des Arbeitnehmers . . M 25.9 Fristsetzung/Ablehnungsandrohung des Arbeitnehmers bei Nichtzahlung der Karenzentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.10 Klage auf Zahlung von Karenzentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.11 Einstweilige Verfügung auf Unterlassung von nachvertraglichem Wettbewerb M 25.12 Schutzschrift gegen eine mögliche Unterlassungsverfügung wegen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 25.13 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes . . . . . .

1024 1024 1026 1027 1028 1029 1031 1031 1032 1033 1034 1035 1036 1038 1039

Kap. 26 Betriebliche Altersversorgung I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unverfallbarkeit/ratierliche Kürzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abfindung von Anwartschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragung der Versorgungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insolvenzsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teuerungsanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 26.1 M 26.2 M 26.3 M 26.4 M 26.5 M 26.6

................................................................... Einzelzusage auf betriebliche Altersversorgung für einen Geschäftsführer . . . . Verpfändung einer Rückdeckungsversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliche Versorgungsordnung (Gesamtzusage) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Satzung einer Unterstützungskasse in der Rechtsform eines e.V. . . . . . . . . . . . Gehaltsumwandlungs-Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unverfallbarkeitsbescheinigung nach § 4a BetrAVG für unmittelbare Versorgungszusage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 26.7 Abfindungserklärung des Arbeitgebers nach § 3 Abs. 2 BetrAVG . . . . . . . . . . . M 26.8 Verlangen auf Übertragung von Versorgungsansprüchen des ausgeschiedenen Arbeitnehmers nach § 4 Abs. 3 BetrAVG auf den neuen Arbeitgeber . . . . . . . .

1041 1041 1042 1042 1042 1043 1043 1043 1043 1043 1048 1049 1052 1058 1059 1060 1061 XXVII

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 26.9 M 26.10 M 26.11 M 26.12 M 26.13 M 26.14 M 26.15

Dreiseitige Vereinbarung zur Übertragung des Anwartschaftsbarwerts auf den neuen Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dreiseitige Vereinbarung zur Übernahme der Versorgungszusage durch den neuen Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärung des Arbeitgebers zur Anpassung einer aufrechterhaltenen Anwartschaft (§ 2a Abs. 2 BetrAVG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Rentenzahlung gegen Unterstützungskasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Feststellung einer Rentenanwartschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schreiben an den Arbeitnehmer wegen unterbliebener Anpassung nach § 16 BetrAVG mit Belehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage nach § 16 BetrAVG auf Anpassung der Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1062 1063 1063 1064 1067 1068 1070

Kap. 27–29 frei.

Zweiter Teil Betriebsverfassung/Personalvertretung Kap. 30 Errichtung des Betriebsrats I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 30.1 M 30.2 M 30.3

................................................................... Einladung zur Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands . . . . . . . . . Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Durchführung einer Betriebsratswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 30.4 Antrag auf Klärung des Betriebsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 30.5 Anfechtung der Betriebsratswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 30.6 Strafanzeige wegen Wahlbehinderung nach § 119 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1073 1073 1074 1074 1074 1076 1077 1079 1081 1083

Kap. 31 Interne Organisation des Betriebsrats I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1084

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 31.1 Anfechtung der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 31.2 Anfechtung der Wahl eines freigestellten Betriebsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . .

1085 1085 1086

Kap. 32 Allgemeine Betriebsratsarbeit I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1088

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 32.1 Einstweilige Verfügung wegen Zugangs eines Betriebsratsmitglieds zum Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 32.2 Antrag auf Feststellung des Status eines leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . M 32.3 Antrag auf Duldung des Zugangs von Gewerkschaftsbeauftragten zum Betrieb M 32.4 Antrag des Betriebsrats auf Freistellung/Übernahme von Sachmittelkosten . . . M 32.5 Antrag des Betriebsrats auf Erstattung von Schulungskosten . . . . . . . . . . . . . . . M 32.6 Antrag des Betriebsrats auf Gestattung der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1089

XXVIII

1089 1091 1092 1093 1095 1097

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 32.7 M 32.8 M 32.9 M 32.10 M 32.11 M 32.12 M 32.13 M 32.14 M 32.15

Antrag eines Rechtsanwalts auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar wegen Prozessvertretung des Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Rechtsanwalts gegen den Betriebsrat auf Beratungshonorar bei eigenmächtiger Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Unterlassung und Ordnungsgeld gegen den Arbeitgeber wegen grober Pflichtverletzung nach § 23 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag der Gewerkschaft auf Nicht-Durchführung einer tarifwidrigen Betriebsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag des Betriebsrats auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung . . . . . . Antrag des Betriebsrats auf Feststellung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Feststellung eines Tendenzbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer mitbestimmungspflichtigen Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1099 1100 1102 1104 1106 1107 1108 1109 1109

Kap. 33 Auflösung des Betriebsrats/Ausschluss von Mitgliedern I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1109

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 33.1 Antrag auf Auflösung des Betriebsrats wegen grober Pflichtverletzung . . . . . . . M 33.2 Antrag auf Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds wegen Vorteilsannahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1110 1110 1112

Kap. 34 Betriebsversammlung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1114

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 34.1 Einstweilige Verfügung gegen geplante Betriebsversammlung . . . . . . . . . . . . . . . M 34.2 Einstweilige Verfügung wegen Teilnahme eines Gewerkschaftsbeauftragten an Betriebsversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1115 1115 1117

Kap. 35 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Arbeitszeit I. 1. 2. 3. 4.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorrang von Gesetz und Tarifvertrag (§ 87 Abs. 1 BetrVG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Initiativrecht des Betriebsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarungen zur Dauer der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Flexibilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Überstunden und Kurzarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Reisezeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Umkleide- und Wegezeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zeiterfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 35.1 M 35.2 M 35.3 M 35.4 M 35.5 M 35.6

................................................................... Betriebsvereinbarung zur Lage der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung zu flexibler Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung zu Gleitzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung zu Überstunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung zu Kurzarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliche Arbeitszeitvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1119 1119 1119 1120 1120 1120 1121 1121 1122 1122 1122 1123 1123 1124 1126 1129 1131 1132 XXIX

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 35.7 Einstweilige Verfügung wegen Unterlassung von Überstunden ohne Zustimmung des Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1134

Kap. 36 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Lohngestaltung I. 1. 2. 3. 4.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang der Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kollektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AT-Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freiwillige Zulagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 36.1 M 36.2 M 36.3 M 36.4 M 36.5 M 36.6

................................................................... Betriebsvereinbarung Vergütung von AT-Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung Übertarifliche Zulagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung Provisionen im Verkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung Erschwerniszulage im Vier-Schicht-Betrieb . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung über zielvereinbarungsgestützte variable Vergütung . . . . Betriebsvereinbarung Gehaltsbandbreiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1137 1137 1138 1138 1138 1139 1139 1140 1141 1141 1142 1143

Kap. 37 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Technische Einrichtungen I. 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang der Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EDV-Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Telefondatenerfassung und Internet-/E-Mail-Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Whistleblowing-Hotlines“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit des Gesamt- oder Konzernbetriebsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1145 1145 1145 1146 1146 1146

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 37.1 Regelungsabrede/Betriebsvereinbarung Einführung eines IT-Systems . . . . . . . M 37.2 Gesamtbetriebsvereinbarung EDV-Systeme und Schutz personenbezogener Daten (Rahmenregelung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 37.3 Betriebsvereinbarung Customer-Relation-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 37.4 Betriebsvereinbarung zur Nutzung der Telefonanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 37.5 Betriebsvereinbarung zur Telefondatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 37.6 Betriebsvereinbarung zur elektronischen Zeiterfassung und Zeitwirtschaft . . . M 37.7 Betriebsvereinbarung zur Nutzung von Internet und E-Mail . . . . . . . . . . . . . . . M 37.8 Betriebsvereinbarung alternierende Telearbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 37.9 Betriebsvereinbarung „Bring your own device“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 37.10 Einstweilige Verfügung wegen Unterlassung der Inbetriebnahme eines IT-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1147 1147 1149 1152 1153 1155 1156 1159 1160 1162 1163

Kap. 38 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Sozialeinrichtungen I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1165

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 38.1 Betriebsvereinbarung zur Einrichtung eines Sozialfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 38.2 Betriebsvereinbarung zu Konzern-Mitarbeiterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1166 1166 1168

Kap. 39 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Betriebsordnung/ Verhaltensrichtlinien I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umfang der Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXX

1170 1170 1170

Inhalts- und Musterübersicht Seite

II. Muster M 39.1 M 39.2 M 39.3 M 39.4 M 39.5

................................................................... Arbeitsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung zu Alkoholproblemen am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsvereinbarung zur Einführung einer einheitlichen Arbeitskleidung . . . . Betriebsvereinbarung über Arztbesuche während der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . Verhaltensrichtlinie zum Umgang mit Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1171 1171 1178 1180 1181 1182

Kap. 40 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Betriebliches Vorschlagswesen I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff des betrieblichen Vorschlagswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1182 1182 1183

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 40.1 Betriebsvereinbarung zu Verbesserungsvorschlägen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1183 1183

Kap. 41 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten – Urlaub I. 1. 2. 3.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang des Mitbestimmungsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Urlaubsgrundsätze und Urlaubsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lage des Urlaubs einzelner Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1187 1187 1187 1188

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 41.1 Betriebsvereinbarung Brückentage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 41.2 Betriebsvereinbarung Betriebsferien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1188 1188 1188

Kap. 42 Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten I. 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstellung und Eingruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versetzung und Umgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl-Richtlinien nach § 95 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1189 1189 1190 1191 1191 1192

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.1 Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG zur ordentlichen betriebsbedingten Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.2 Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG zu betriebsbedingten Kündigungen wegen Betriebsstilllegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.3 Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG zur ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.4 Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes gemäß § 103 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.5 Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds gemäß § 103 BetrVG . . . . . . . . . M 42.6 Antrag auf Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung eines Bewerbers nach § 99 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.7 Antrag auf Zustimmung zur Versetzung nach §§ 99, 100 BetrVG . . . . . . . . . . . M 42.8 Ablehnende Antwort des Betriebsrats auf einen Antrag nach §§ 99, 100 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.9 Antrag des Arbeitgebers an das Arbeitsgericht nach §§ 99, 100 BetrVG . . . . . . M 42.10 Antrag des Betriebsrats auf Aufhebung einer personellen Maßnahme nach § 101 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1192 1192 1192 1193 1193 1195 1196 1197 1198 1200 1202 XXXI

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 42.11 Einstweilige Verfügung wegen mitbestimmungswidriger Personalmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.12 Antrag des Arbeitgebers auf Entbindung von der Übernahmeverpflichtung für Jugendvertreter nach § 78a BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.13 Betriebliche Regelung Stellenausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 42.14 Auswahl-Richtlinie für Versetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kap. 43 Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interessenausgleich und Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirtschaftsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster M 43.1 M 43.2 M 43.3 M 43.4 M 43.5 M 43.6 M 43.7 M 43.8 M 43.9

................................................................... Interessenausgleich Betriebsverlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialplan Betriebsverlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interessenausgleich Betriebseinschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialplan Betriebseinschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Negativer Interessenausgleich Werkschließung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Positiver Interessenausgleich Betriebsstilllegung (kurz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Positiver Interessenausgleich Betriebsstilllegung (ausführlich) . . . . . . . . . . . . . Sozialplan Betriebsstilllegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertrag über die Einrichtung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 43.10 Einstweilige Verfügung gegen Kündigungen und weitere Maßnahmen vor Abschluss des Interessenausgleichs-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 43.11 Ordnungswidrigkeiten-Anzeige des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber wegen mangelhafter Unterrichtung nach § 111 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 43.12 Angaben der Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen im Rahmen eines Verschmelzungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1211 1211 1211 1212 1213 1214 1214 1214 1216 1217 1219 1222 1223 1223 1225 1227 1232 1234 1236

Kap. 44 Einigungsstelle I. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besetzung der Einigungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einberufung der Einigungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren der Einigungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1237 1237 1238 1239 1240 1240 1240

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 44.1 Antrag auf Errichtung der Einigungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 44.2 Antrag an das Arbeitsgericht auf Errichtung der Einigungsstelle nach § 100 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 44.3 Einigungsstellenspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 44.4 Einstweilige Verfügung auf Untersagung der Durchführung eines Einigungsstellenspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 44.5 Anfechtung des Einigungsstellenspruchs nach § 76 Abs. 5 BetrVG . . . . . . . . . . .

1241 1241

XXXII

1242 1244 1245 1247

Inhalts- und Musterübersicht Seite

Kap. 45 Euro-Betriebsrat I. 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Errichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europäischer Betriebsrat kraft Vereinbarung (M 45.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutz der EBR-Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1250 1250 1251 1251 1252 1253

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 45.1 Vereinbarung über die Errichtung eines Europäischen Betriebsrats . . . . . . . . . . M 45.2 Klage des Betriebsrats auf Auskunftserteilung zwecks Errichtung eines Europäischen Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1253 1253 1257

Kap. 46 Personalvertretungsrecht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1259 1259 1260

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 46.1 Antrag an das Verwaltungsgericht zur Einleitung eines Beschlussverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1260 1260

Kap. 47–49 frei.

Dritter Teil Tarifrecht/Arbeitskampfrecht Kap. 50 Tarifverträge I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Firmentarifverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entgelttarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manteltarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tarifverträge über die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entgeltumwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschäftigungssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tariflicher Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 50.1 M 50.2 M 50.3 M 50.4 M 50.5 M 50.6 M 50.7 M 50.8 M 50.9

................................................................... Entgelttarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Firmentarifvertrag in Form eines Anerkennungstarifvertrages . . . . . . . . . . . . . . Firmentarifvertrag nach Betriebsübergang/Gesellschafterwechsel . . . . . . . . . . . . Tarifvertrag zur Bildung von Regionalbetriebsräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haustarifvertrag über einen gemeinsamen Gesamtbetriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbandstarifvertrag zur Beschäftigungssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialplantarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Feststellung der Anwendbarkeit/Wirksamkeit eines Tarifvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1264 1264 1265 1265 1266 1266 1266 1267 1267 1268 1268 1269 1271 1272 1274 1275 1278 1279 1280

XXXIII

Inhalts- und Musterübersicht Seite

Kap. 51 Arbeitskampf I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedenspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streikbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilder Streik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ultima-Ratio-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgestaltung von Streiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streikfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streikprämien/Maßregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 51.1 M 51.2 M 51.3 M 51.4

................................................................... Einstweilige Verfügung gegen rechtswidrigen Streik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung gegen rechtswidrige Streikmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung wegen Einrichtung eines Notdienstes . . . . . . . . . . . . . . . Schlichtungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1283 1283 1284 1284 1284 1285 1285 1285 1286 1286 1286 1287 1287 1291 1293 1295

Kap. 52–59 frei.

Vierter Teil Betriebsübergang Kap. 60 Betriebsübergang I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übergang der Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftliche Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übergang und Zuordnung der Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unterrichtung der Arbeitnehmer (M 60.1 und M 60.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anfechtung des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anfechtungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anfechtungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Rechtsfolgen der Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Übergang der Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kündigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirksamkeit einer Kündigung bei Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigungsschutzklage gegen Kündigung wegen Betriebsübergangs (M 60.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Betriebsratsamt und Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Übergang des gesamten Betriebes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übergang eines Betriebsteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenschluss mehrerer Betriebe oder Betriebsteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Restmandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIV

1302 1302 1302 1306 1308 1308 1319 1319 1322 1323 1323 1323 1324 1326 1327 1327 1328 1329 1329 1329 1330 1330 1331 1331

Inhalts- und Musterübersicht Seite

4. Auswirkungen auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tarifverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Betriebsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonderregelungen im Umwandlungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1331 1331 1334 1335

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 60.1 Unterrichtungsschreiben nach § 613a Abs. 5 BGB – Übergang eines Betriebsteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 60.2 Unterrichtungsschreiben nach § 613a Abs. 5 BGB – Übergang eines Betriebes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 60.3 Widerspruch nach § 613a BGB – Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 60.4 Anfechtung des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses . . M 60.5 Kündigungsschutzklage gegen Kündigung wegen Betriebsübergangs . . . . . . . . .

1336 1336 1345 1352 1353 1354

Kap. 61–69 frei.

Fünfter Teil Datenschutz/Compliance Kap. 70 Compliance und Datenschutz I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Datenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1358 1358 1359

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 70.1 Betriebsvereinbarung zur Whistleblowing-Hotline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 70.2 Betriebsvereinbarung Ethikrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 70.3 Belehrung zur Befragung durch den Arbeitgeber oder seine Anwälte . . . . . . . . M 70.4 Amnestieregelung für Mitwirkung bei Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 70.5 Amnestieregelung für freiwillige Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 70.6 Einwilligung des Bewerbers in die Verarbeitung personenbezogener Daten . . M 70.7 Einwilligungserklärung des Mitarbeiters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 70.8 Anschreiben zur Datenschutzorganisation im (Konzern-)Betriebsrat . . . . . . . . M 70.9 Mitarbeiterinformation zur Verarbeitung der Beschäftigtendaten . . . . . . . . . . . M 70.10 Bestellung des Datenschutzbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 70.11 Klage auf Auskunft über gespeicherte Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1363 1363 1365 1366 1367 1368 1369 1370 1371 1372 1374 1375

Kap. 71–79 frei.

Sechster Teil Insolvenzarbeitsrecht Kap. 80 Arbeitnehmeransprüche im Insolvenzverfahren I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1377

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 80.1 Klage auf Feststellung einer Insolvenzforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 80.2 Wiederaufnahme eines wegen Insolvenzeröffnung unterbrochenen Rechtsstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1378 1378 1379 XXXV

Inhalts- und Musterübersicht Seite

Kap. 81 Betriebsänderungen im Insolvenzverfahren I. 1. 2. 3.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussverfahren nach § 122 InsO wegen Betriebsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussverfahren wegen Kündigungsschutz nach §§ 125, 126 InsO . . . . . . . . . . . . . . . .

1381 1381 1381 1382

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 81.1 Antrag des Insolvenzverwalters wegen Durchführung einer Betriebsänderung nach § 122 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 81.2 Antrag des Insolvenzverwalters wegen Zustimmung zu Kündigungen nach § 126 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1382 1382 1384

Kap. 82–89 frei.

Siebter Teil Unternehmensmitbestimmung Kap. 90 Unternehmensmitbestimmung I. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DrittelbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitbestimmungsgesetz 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Montan-Mitbestimmungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SE-Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statusverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Muster M 90.1 M 90.2 M 90.3

................................................................... Bekanntmachung des Vorstands nach § 97 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statusklage nach § 98 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer SE . . . . . . . . . . . .

1388 1388 1390 1391 1391 1392 1394 1396 1396 1397 1399

Kapitel 91–99 frei.

Achter Teil Arbeitsgerichtsverfahren Kap. 100 Das arbeitsrechtliche Mandat I. 1. 2. 3.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenrechtliche Besonderheiten/Streitwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1407 1407 1407 1408

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 100.1 Vergütungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 100.2 Belehrung nach § 12a Abs. 1 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 100.3 Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Anwalts

1408 1408 1409 1409

XXXVI

Inhalts- und Musterübersicht Seite

Kap. 101 Urteilsverfahren erster Instanz I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1410

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.1 Rubrum auf Klägerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.2 Rubrum auf Beklagtenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.3 Allgemeines Muster für Klagen/Zahlungsklagen vor dem Arbeitsgericht . . . . M 101.4 Rüge der örtlichen Unzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.5 Rüge der Unzulässigkeit des Rechtsweges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.6 Klageerwiderung vor der Güteverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.7 Prozessaufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.8 Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.9 Sofortige Beschwerde gegen die Aussetzung der Kündigungsschutzklage eines schwerbehinderten Menschen nach § 148 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.10 Sofortige Beschwerde gegen die Aussetzung eines Kündigungsschutzverfahrens wegen vorgreiflichen Strafverfahrens nach § 149 ZPO . . . . . . . . . . M 101.11 Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.12 Einspruch gegen Versäumnisurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.13 Anhörungsrüge nach § 78a ArbGG gegen nicht berufungsfähiges Urteil des Arbeitsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.14 Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.15 Verzögerungsrüge nach § 198 GVG, § 9 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 101.16 Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer . . . . . . . . . . . . .

1411 1411 1412 1415 1418 1419 1420 1421 1422 1424 1426 1427 1430 1431 1432 1433 1435

Kap. 102 Urteilsverfahren zweiter Instanz I. 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeit der Berufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerde/sofortige Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1437 1437 1437 1438 1438 1439

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 102.1 Berufung mit Berufungsbegründung und Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 102.2 Berufungseinlegung ohne Begründung und mit Fristverlängerungsantrag . . . . M 102.3 Berufungserwiderung mit Anschlussberufung und Widerklage . . . . . . . . . . . . . M 102.4 Sofortige Beschwerde gegen Rechtswegentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1439 1439 1442 1444 1445

Kap. 103 Urteilsverfahren dritter Instanz I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeit der Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fristen, Formvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichtzulassungsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BAG als Beschwerdegericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhörungsrüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1447 1447 1448 1448 1448 1449 1449 1449

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 103.1 Einlegung der Revision mit Anträgen und Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 103.2 Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1450 1450 1454 XXXVII

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 103.3 Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . M 103.4 Nichtzulassungsbeschwerde wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrunds sowie Verletzung rechtlichen Gehörs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 103.5 Revisionsbegründung nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde . . . . . . . M 103.6 Sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils nach § 72b ArbGG (Kassationsbeschwerde) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 103.7 Rechtsbeschwerde gegen Rechtswegentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 103.8 Revisionsbeschwerde gegen Verwerfung der Berufung als unzulässig . . . . . . . .

1456 1458 1460 1460 1461 1463

Kap. 104 Beschlussverfahren erster Instanz I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amtsermittlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhörung und Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1464 1464 1464 1465 1466 1466 1467 1467 1468

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 104.1 Rubrum eines Beschlussverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 104.2 Antrag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft (Beschlussverfahren) . . . . .

1468 1468 1469

Kap. 105 Beschlussverfahren zweiter Instanz I. 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines/Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufschiebende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerdebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form/Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1471 1471 1471 1471 1472 1472

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 105.1 Beschwerde an das Landesarbeitsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 105.2 Beschwerde gegen Zwischenentscheidung des Arbeitsgerichts . . . . . . . . . . . . . .

1473 1473 1473

Kap. 106 Beschlussverfahren dritter Instanz I. 1. 2. 3.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1474 1474 1475 1475

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 106.1 Rechtsbeschwerde zum BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 106.2 Nichtzulassungsbeschwerde zum BAG (Beschlussverfahren) . . . . . . . . . . . . . . .

1476 1476 1476

Kap. 107 Einstweiliger Rechtsschutz I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1478

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 107.1 Antrag auf einstweilige Verfügung im Urteilsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 107.2 Schutzschrift im Urteilsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1479 1479 1482

XXXVIII

Inhalts- und Musterübersicht Seite

M 107.3 M 107.4 M 107.5 M 107.6 M 107.7

Widerspruch gegen erlassene einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arrestantrag nebst Arrestpfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf einstweilige Verfügung im Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufung gegen Abweisung eines Verfügungsantrags im Urteilsverfahren . . . . Beschwerde gegen Abweisung eines Verfügungsantrags im Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1483 1485 1485 1487 1489

Kap. 108 Zwangsvollstreckung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteilsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vollstreckungsschutzantrag nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollstreckungsschutzantrag nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vollstreckungsgegenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vollstreckungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entschädigungsantrag nach § 61 Abs. 2 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vollstreckung im Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1490 1490 1491 1491 1491 1491 1492 1492 1493 1494

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 108.1 Antrag auf Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 108.2 Entschädigungsantrag nach § 61 Abs. 2 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 108.3 Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG wegen nicht zu ersetzenden Nachteils . . . . . . . . . . . M 108.4 Berufung mit Antrag auf nachträglichen Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 108.5 Antrag auf Gerichtsvollzieherpfändung wegen Geldforderungen . . . . . . . . . . M 108.6 Antrag auf Zwangsvollstreckung wegen vertretbarer Handlung . . . . . . . . . . . M 108.7 Antrag auf Zwangsvollstreckung wegen unvertretbarer Handlung (Weiterbeschäftigung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 108.8 Antrag auf Zurückweisung eines Zwangsvollstreckungsantrags nach § 888 ZPO (Weiterbeschäftigung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 108.9 Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO bezüglich Unterlassungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 108.10 Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln wegen Zuwiderhandlungen gegen eine Unterlassungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1495 1495 1496 1497 1498 1500 1501 1502 1503 1505 1506

Kap. 109 Verfahren vor dem EuGH nach Art. 267 AEUV I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion des Vorabentscheidungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reichweite der EuGH-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorlagebeschluss des nationalen Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftliches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1508 1508 1508 1508 1509 1509 1509 1509

II. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 109.1 Schriftsatz an den EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1510 1510

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1513 XXXIX

Allgemeines Literaturverzeichnis Weitere Literatur ist in den ausführlichen Literaturübersichten am Anfang der einzelnen Kapitel nachgewiesen.

Ascheid/Preis/Schmidt

Kündigungsrecht Großkommentar, 5. Aufl. 2017 (zitiert: APS/Bearbeiter)

Bartenbach/Volz Bauer/Diller Bauer/Krieger/Arnold Bauer/Krieger/Günther

Arbeitnehmererfindungsgesetz, 7. Aufl. 2020 Wettbewerbsverbote, 8. Aufl. 2019 Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 9. Aufl. 2014 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und Entgelttransparenzgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2018 (zitiert: BKG) Taschenbuch zur Kündigung, 2. Aufl. 2000 Krankheit im Arbeitsverhältnis, 3. Aufl. 2006 Handelsgesetzbuch, 39. Aufl. 2020 Zivilprozessordnung, 78. Aufl. 2020

Bauer/Röder Bauer/Röder/Lingemann Baumbach/Hopt Baumbach/Lauterbach/Hartmann/ Anders/Gehle Beck’sches Personalhandbuch Däubler/Klebe/Wedde Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier

Band I: Arbeitsrechtslexikon, Band II: Lohnsteuer und Sozialversicherung, Loseblatt BetrVG – Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung und EBR-Gesetz, 17. Aufl. 2020 Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2019 Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, 3. Aufl. 1999 (zitiert: Bearbeiter in Dunkl/Moeller)

Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht

hrsg. von Müller-Glöge/Preis/Schmidt, 20. Aufl. 2020 (zitiert: ErfK/Bearbeiter)

Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/ Linsenmaier

Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Handkommentar, 30. Aufl. 2020 (zitiert: Fitting)

Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften (KR) Germelmann/Matthes/Prütting Gift/Baur

11. Aufl. 2018 (zitiert: GK-BetrVG/Bearbeiter)

Grigoleit Grobys/Panzer-Heemeier Habersack/Henssler Henssler/Willemsen/Kalb Herbst/Bertelsmann/Reiter Hess/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose/ Huke

12. Aufl. 2019 (zitiert: KR/Bearbeiter)

Arbeitsgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2017 Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, 1993 Aktiengesetz, 2. Aufl. 2020 StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2017 Mitbestimmungsrecht (MitbestR), 4. Aufl. 2018 Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl. 2020 (zitiert: HWK/ Bearbeiter) Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren, 2. Aufl. 1998 Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 10. Aufl. 2018 (zitiert: HWGNRH/Bearbeiter) XLI

Allgemeines Literaturverzeichnis

Höfer/de Groot/Küpper/Reich (Band I) bzw. Höfer/Veit/Verhuven (Band II) Hölters Hopt von Hoyningen-Huene/Linck Hüffer/Koch Hümmerich/Lücke/Mauer Kasseler Kommentar Kölner Kommentar zum Aktiengesetz KR Küttner

Betriebsrentenrecht (BetrAVG), Loseblatt Aktiengesetz: AktG, 3. Aufl. 2017 Handelsvertreterrecht, 6. Aufl. 2019 (zitiert: Hopt, HVR) siehe Linck/Krause/Bayreuther Aktiengesetz, 14. Aufl. 2020 Arbeitsrecht, 9. Aufl. 2018 Sozialversicherungsrecht, Loseblatt (zitiert: Kasseler Kommentar/Bearbeiter) hrsg. von Zöllner/Noack, 3. Aufl. 1986 ff. (zitiert: KölnerKommAktG/Bearbeiter) siehe Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz Personalbuch 2020, 27. Aufl. 2020 (zitiert: Küttner/ Bearbeiter)

Linck/Krause/Bayreuther Lingemann Löwisch/Kaiser Löwisch/Schlünder/Spinner/ Wertheimer Lutter/Hommelhoff

Kündigungsschutzgesetz, Kommentar, 16. Aufl. 2019 Kündigungsschutz, 2011 Betriebsverfassungsgesetz, 7. Aufl. 2017 Kündigungsschutzgesetz, 11. Aufl. 2018

Meinel/Heyn/Herms Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung Münchener Vertragshandbuch

Teilzeit- und Befristungsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2015 Band 4: Aktiengesellschaft, 5. Aufl. 2020 (zitiert: Münchener Handbuch AG/Bearbeiter) hrsg. von Kiel/Lunk/Oetker, 4. Aufl. 2018 (zitiert: MünchArbR/Bearbeiter) hrsg. von Rixecker/Säcker/Oetker/Limperg, 8. Aufl. 2018 ff. (zitiert: MünchKommBGB/Bearbeiter) hrsg. von Krüger/Rauscher, 6. Aufl. 2020 ff. (zitiert: MünchKommZPO/Bearbeiter) Band 1: Gesellschaftsrecht, hrsg. von Böhm/Burmeister, 8. Aufl. 2018 Zivilprozessordnung: ZPO, 17. Aufl. 2020

Musielak/Voit Palandt Preis Prütting/Wegen/Weinreich

GmbH-Gesetz, Kommentar, 20. Aufl. 2020

Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl. 2020 (zitiert: Palandt/ Bearbeiter) Der Arbeitsvertrag, 6. Aufl. 2020 (zitiert: Preis/Bearbeiter) BGB, Kommentar, 15. Aufl. 2020 (zitiert: PWW/ Bearbeiter)

Richardi

Betriebsverfassungsgesetz, 16. Aufl. 2018

Schaub

Arbeitsrechts-Handbuch, 18. Aufl. 2019 (zitiert: Schaub, ArbR-Hdb.) Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, 13. Aufl. 2019 (zitiert: Schaub, Formularsammlung) Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 11. Aufl. 2015 Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2016 (zitiert: Staudinger/Bearbeiter)

Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang Stahlhacke/Preis/Vossen Staudinger XLII

Allgemeines Literaturverzeichnis

Stein/Jonas

Zivilprozessordnung, 23. Aufl. 2014 ff. (zitiert: Stein/Jonas/ Bearbeiter)

Thomas/Putzo Tschöpe

Zivilprozessordnung, 41. Aufl. 2020 Arbeitsrecht Handbuch, 11. Aufl. 2019 (zitiert: Tschöpe/ Bearbeiter)

Ulmer/Brandner/Hensen

AGB-Recht, Kommentar, 12. Aufl. 2016

Wissmann/Kleinsorge/Schubert Wolf/Lindacher/Pfeiffer Wurm/Wagner/Zartmann

Mitbestimmungsrecht, 5. Aufl. 2017 AGB-Recht, Kommentar, 7. Aufl. 2020 Das Rechtsformularbuch, 17. Aufl. 2015

Zöller

Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020 (zitiert: Zöller/ Bearbeiter)

XLIII

Abkürzungsverzeichnis AA aA aaO ÄArbVtrG ABl. abl. Abs. AcP AE aE AEntG AEUV aF AG AGB AGBG AGG AGg. AiB AktG Alt. AltTZG aM AN Anh. Anm. AnwBl AO AP ArbG ArbGG AR-Blattei ArbNErfG ArbPlSchG ArbRAktuell ArbRB ArbR-Hdb. ArbStättV ArbuR ArbZG ArEV ARGE ArGV ArNEG ARST Art. ASt. AuA AuB Aufl.

Arbeitsrecht aktiv (Zeitschrift) anderer Ansicht am angegebenen Ort Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung Amtsblatt ablehnend Absatz Archiv für die civilistische Praxis Arbeitsrechtliche Entscheidungen (Zeitschrift) am Ende Arbeitnehmer-Entsendegesetz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft (auch Zeitschrift); Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Antragsgegner(in) Arbeitsrecht im Betrieb (Zeitschrift) Aktiengesetz Alternative Altersteilzeitgesetz anderer Meinung Arbeitnehmer Anhang Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung; Anordnung Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitsgericht; Arbeitgeber Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsrechtsblattei Gesetz über Arbeitnehmererfindungen Arbeitsplatzschutzgesetz Arbeitsrecht Aktuell (Zeitschrift) Arbeitsrechts-Berater (Zeitschrift) Arbeitsrechts-Handbuch Arbeitsstättenverordnung Arbeit und Recht (Zeitschrift) Arbeitszeitgesetz Arbeitsentgeltverordnung Arbeitsgemeinschaft Arbeitsgenehmigungsverordnung Gesetz über Arbeitnehmererfindungen Arbeitsrecht in Stichworten Artikel Antragsteller Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) Arbeit und Beruf (Zeitschrift) Auflage XLV

Abkürzungsverzeichnis

AÜG AVmG Az. AZO

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Altersvermögensgesetz Aktenzeichen Arbeitszeitordnung

BA BAG BAGE BAnz. BAP BArbBl. BAT BayObLG BB BBiG BBK BC BDSG BEEG Beil. Bekl. bEM BErzGG BeschFG BeSchuG Bet. betr. BetrAV BetrAVG BetrR BetrVG BfA BFH BFH/NV

Bundesagentur für Arbeit Bundesarbeitsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesanzeiger Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister Bundesarbeitsblatt Bundesangestelltentarifvertrag Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Berufsbildungsgesetz Buchführung – Bilanz – Kostenrechnung (Zeitschrift) Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling Bundesdatenschutzgesetz Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz Beilage Beklagte(r) betriebliches Eingliederungsmanagement Bundeserziehungsgeldgesetz Gesetz zur Förderung der Beschäftigung Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz Beteiligte(r) betreffend Betriebliche Altersversorgung (Zeitschrift) Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Der Betriebsrat (Zeitschrift) Betriebsverfassungsgesetz Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bundesfinanzhof Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeskindergeldgesetz Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesministerium der Finanzen BRAK-Mitteilungen Bundesrats-Drucksache Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe Bundessozialgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundessteuerblatt Bundestag

BFHE BFzA BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BKGG BlStSozArbR BMA(S) BMF BRAK-Mitt. BR-Drucks. BRTV BSG BSGE BStBl. BT XLVI

Abkürzungsverzeichnis

BT-Drucks. BUKG BUrlG BuW BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVV BW BYOD CCZ CGZP

Bundestags-Drucksache Bundesumzugskostengesetz Bundesurlaubsgesetz Betrieb und Wirtschaft (Zeitschrift) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverfassungsgerichtsgesetz Bundesverwaltungsgericht Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags Baden-Württemberg Bring Your Own Device

c.i.c. CTA

Corporate Compliance Zeitschrift Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen culpa in contrahendo Contractual Trust Arrangements

DA DB DCGK DEÜV DEVO dh. Diss. DrittelbG DSB DSGVO DStR DStRE DStZ DuD DVKA

Durchführungsanordnung Der Betrieb (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung Datenerfassungsverordnung das heißt Dissertation Drittelbeteiligungsgesetz Datenschutz-Berater (Zeitschrift) EU-Datenschutzgrundverordnung Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) DStR-Entscheidungsdienst Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) Datenschutz und Datensicherung (Zeitschrift) Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland

EBRG Ed. EFG EFZG EG EG EGBGB EGMR ELStAM EMRK EStG EU EuGH EU-GRCh EuGRZ EuGVVO

Europäisches Betriebsräte-Gesetz Edition Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Entgeltfortzahlungsgesetz Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Erwägungsgrund Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale Europäische Menschenrechtskonvention Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Grundrechte-Charta der Europäischen Union Europäische Grundrechte-Zeitschrift Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Einigungsvertrag

EV

XLVII

Abkürzungsverzeichnis

EWiR EWS EzA

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht

f., ff. FA FamFG FD-ArbR FG FLF Fn. FPersG FPfZG FS FW

folgende(r) Fachanwalt Arbeitsrecht (Zeitschrift) Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fachdienst Arbeitsrecht Finanzgericht Finanzierung, Leasing, Factoring (Zeitschrift) Fußnote Fahrpersonalgesetz Familienpflegezeitgesetz Festschrift Fachliche Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

GdB gem. GenDG GewArch. GewO GG ggf. GK GKG GmbH GmbHG GmbHR GRUR GS GVBl. GVG GWR

Grad der Behinderung gemäß Gendiagnostikgesetz Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Gemeinschaftskommentar Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Großer Senat Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

HAG Halbs. HGB hM HRG

Heimarbeitsgesetz Halbsatz Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Hochschulrahmengesetz

idR idS iHv. Info also insb. InsO IStR iSv. iVm.

in der Regel in diesem Sinne in Höhe von Informationen zum Arbeitslosenrecht und Sozialhilferecht (Zeitschrift) insbesondere Insolvenzordnung Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) im Sinne von in Verbindung mit

JA JArbSchG

Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Jugendarbeitsschutzgesetz

XLVIII

Abkürzungsverzeichnis

jM JurBüro JuS JZ

juris – Die Monatszeitschrift Das juristische Büro (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung

Kapovaz KG KJ KKZ Kl. KonTraG krit. KrV KSchG KSZW KTS

Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit Kammergericht; Kommanditgesellschaft Kritische Justiz (Zeitschrift) Kommunal-Kassen-Zeitschrift Kläger Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich kritisch Kranken- und Pflegeversicherung (Zeitschrift) Kündigungsschutzgesetz Kölner Zeitschrift zum Wirtschaftsrecht Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (Zeitschrift)

LAG LAGE Lit. LMK LPartG LS LStR LuftBO

Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Literatur Lindenmaier-Möhring, Kommentierte BGH-Rechtsprechung Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft Leitsatz Lohnsteuerrichtlinien Betriebsordnung für Luftfahrtgerät

MDR MiLoG MitbestErgG MitbestG MontanMitbestG MünchArbR MüKo MünchKomm MuSchG mwN

Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Mindestlohngesetz Mitbestimmungsergänzungsgesetz Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Münchener Kommentar Münchener Kommentar Mutterschutzgesetz mit weiteren Nachweisen

n. rkr. NachwG nF NJ NJOZ NJW NJW-RR Nr. nv. NWB NZA NZA-RR NZG NZS

nicht rechtskräftig Nachweisgesetz neue Fassung Neue Justiz (Zeitschrift) Neue juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechungsreport Nummer nicht veröffentlicht Neue Wirtschafts-Briefe Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht/Rechtsprechungsreport (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht XLIX

Abkürzungsverzeichnis

öAT OHG OLG OWiG

Zeitschrift für das öffentliche Arbeits- und Tarifrecht Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

PartGmbH PersF PersR PflegeZG PISTB PM PrKG PStV PSVaG

Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung Personalführung (Zeitschrift) Der Personalrat (Zeitschrift) Pflegezeitgesetz Praxis internationale Steuerberatung (Zeitschrift) Pressemitteilung Preisklauselgesetz Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit

RdA RdJB RDV RefE Rh.-Pf. RiA RIW RL Rpfleger RPflG RVG Rz. RzK

Recht der Arbeit (Zeitschrift) Recht der Jugend und des Bildungswesens (Zeitschrift) Recht der Datenverarbeitung (Zeitschrift) Referentenentwurf Rheinland-Pfalz Recht im Amt (Zeitschrift) Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie Der deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rechtspflegergesetz Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Randzahl Rechtsprechung zum Kündigungsrecht

S. sa. Sa.-Anh. SAE Schl.-Holst. SchwbG SGB sj SozR SPA SprAuG st. Rspr. Stbg StGB StPO str. StuB

Seite/siehe siehe auch Sachsen-Anhalt Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen (Zeitschrift) Schleswig-Holstein Schwerbehindertengesetz Sozialgesetzbuch steuer-journal Sozialrecht Rechtsprechung und Schrifttum Schnellbrief für Personalmanagement und Arbeitsrecht (Zeitschrift) Sprecherausschussgesetz ständige Rechtsprechung Die Steuerberatung (Zeitschrift) Strafgesetzbuch Strafprozessordnung streitig Steuern und Bilanzen (Zeitschrift)

Thür. TransPuG TVG TVöD TzBfG

Thüringen Transparenz- und Publizitätsgesetz Tarifvertragsgesetz Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Teilzeit- und Befristungsgesetz

L

Abkürzungsverzeichnis

uE UKlaG UmwG UrhG UStG UWG

unseres Erachtens Unterlassungsklagengesetz Umwandlungsgesetz Urheberrechtsgesetz Umsatzsteuergesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

Var. VermBG VersR vgl. VorstAG VorstKoG VVaG VVG

Variante Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer Versicherungsrecht (Zeitschrift) vergleiche Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Gesetz über den Versicherungsvertrag

WiB WiJ WissZeitVG WO WPg WzS

Wirtschaftsberatung (Zeitschrift) Journal der Wirtschaftsrechtlichen Vereinigung Wissenschaftszeitvertragsgesetz Wahlordnung Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wege zur Sozialversicherung (Zeitschrift)

ZAS ZAT zB ZBVR ZD ZESAR ZfA ZfV ZGR ZHR ZIAS Ziff. ZIP ZKF ZPO ZSteu ZT ZTR

Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht und Tarifpolitik in Kirche und Caritas zum Beispiel Zeitschrift für Betriebsverfassungsrecht Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für ausländisches und internationales Arbeits- und Sozialrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Kommunalfinanzen Zivilprozessordnung Zeitschrift für Steuern und Recht zum Teil Zeitschrift für Tarifrecht

LI

Erster Teil Individualarbeitsrecht Kapitel 1 Anbahnung des Arbeitsverhältnisses I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorstellungsgespräch . . . . . . . . . . 2. Ausschreibung/Einstellungs- und Personalfragebogen . . . . . . . . . . . a) Zulässige Fragen . . . . . . . . . . . . . b) Beteiligung des Betriebsrats und Haftungsprivilegierung . . . . . . . . . 3. Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beteiligung des Betriebsrats bei der Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Aufklärungspflichten des Arbeitgebers bei ungesicherter Beschäftigung des Arbeitnehmers . . . . . . . . 6. Anfechtung des Arbeitsvertrages . . a) Anfechtungsgründe . . . . . . . . . . . aa) Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Arglistige Täuschung . . . . . . . b) Beschränkung des Anfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen der Anfechtung . . . . . d) Anfechtungserklärung . . . . . . . . . . 7. Einfühlungsverhältnis . . . . . . . . .

__ __ __ _ __ __ _ __ __ 1 1 3 3

15 20 22 25 26 27 28 36

__ _

42 43 45 48

II. Muster Interne Stellenausschreibung . . . . . . . . M 1.1.1 Externe Stellenausschreibung . . . . . . . M 1.1.2 Vorstellungseinladung mit Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 1.2.1

Vorstellungseinladung ohne Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstellungsfragebogen im Bewerbungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personalfragebogen nach erfolgter Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einwilligung in ärztliche Untersuchung/ psychologische und graphologische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag an den Betriebsrat auf Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung eines Bewerbers nach § 99 BetrVG Klage auf Erstattung von Vorstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage nach mündlicher Einstellung . . . Klage auf Wiedereinstellung . . . . . . . . Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung bei der Einstellung . . . . . . . Klage des Arbeitgebers auf Schadensersatz und Vertragsstrafe wegen Nichtantritts der Arbeitsstelle . . . . . . . . . . . Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitnehmers gegen die Anfechtung des Arbeitsvertrages . . . . .

_ _ _ _ _ __ _ _ _ _ _

M 1.2.2 M 1.3.1 M 1.3.2 M 1.4 M 1.5 M 1.6 M 1.7 M 1.8 M 1.9

M 1.10 M 1.11 M 1.12

Literatur: Zur Anbahnung des Arbeitsverhältnisses allgemein: Abele, Zum Auskunftsanspruch eines abgelehnten Stellenbewerbers, FA 2010, 330; Aligbe, Die Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers bei Einstellungs- und Eignungsuntersuchungen, ArbRAktuell 2015, 115; Aligbe, Die Einstellungsuntersuchung als auflösende Bedingung im Arbeitsvertrag, ArbR Aktuell 2015, 542; Asgari, Offenbarungspflicht/Fragerecht, Mitarbeiter-Screening und Datenschutzgrundverordnung, DB 2017, 1325; Bauer/Baeck/Merten, Scientology – Fragerecht des Arbeitgebers und Kündigungsmöglichkeiten, DB 1997, 2534; Beckschulze, Die arbeitsmedizinische Untersuchung – Vorsorge oder Eignung? – Teil 1, BB 2014, 1013; Beckschulze, Die arbeitsmedizinische Untersuchung – Vorsorge oder Eignung? – Teil 2, BB 2014, 1077; Behrens, Rechtsgrundlagen für routinemäßige Eignungsuntersuchungen, SPA 2014, 157; Breitfeld/Strauß, Stolperfallen für Arbeitgeber bei der Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit schwerbehinderten Arbeitnehmern, BB 2012, 2817; Fuhlrott/Hoppe, Einstellungsuntersuchungen und Gentests von Bewerbern, ArbRAktuell 2010, 183; Goepfert/Burkhard, Prophylaktische medizinische Untersuchungen im laufenden Arbeitsverhältnis – Praxishinweise, BB 2015, 1912; Hergenröder, Fragerecht des Arbeitgebers und Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers, AR-Blattei SD 715; Lützeler/Kopp, HR mit System: Bewerbermanagement-Tools, ArbRAktuell 2015, 491; Kleinebrink, Bedeutung von Gesundheitsuntersuchungen für Arbeitgeber nach neuem Recht, DB 2014, 776; Köhler, Keine Mitbestimmung bei der Durchführung von Assessmentcentern, GWR 2013, 132; Krimphove/Lüke, Rechtsfragen der Rekrutierung ausländischen Personals, BB 2014, 2106; Künzl, Das Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung, ArbRAktuell 2012, 235; Lelley, Fragen darf man immer – aber nicht jeder darf fragen, FA 2010, 300; Lingemann/Gottschalk, Vertragsstrafengestaltung im Arbeitsrecht – ein kurzer Leitfaden, DStR 2011, 774; Meyer, Fragerecht nach der Gewerkschaftsmitgliedschaft

Lingemann/Diller | 1

Kap. 1 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses bei Arbeitsbeginn?, BB 2011, 2362; Richter, Die korrekte Berücksichtigung der Bewerbung behinderter Menschen, ArbRAktuell 2020, 129; Roepert, Erstattung von Kosten im Rahmen von Vorstellungsgesprächen, NJW 2017, 2076; Roesner, Rechtssicherer Umgang mit Stellenausschreibung und Bewerbung, BC 2012, 214; Salomon-Hengst, Fallstricke bei der Stellenbesetzung, öAT 2015, 184 (Teil 1) und öAT 2015, 205 (Teil 2); Söhl, Anfechtung und Abänderung von Arbeitsverträgen, ArbRAktuell 2014, 166; Stück, Personalauswahl und -beurteilungsverfahren: Aktuelle arbeits- und datenschutzrechtliche Aspekte, ArbRAktuell 2020, 153; Weinbrenner, Ausschreibung und interne Bewerbungen, öAT 2019, 172. Zum AGG: Adomeit/Mohr, Benachteiligung von Bewerbern (Beschäftigten) nach dem AGG als Anspruchsgrundlage für Entschädigung und Schadensersatz, NZA 2007, 179; Adomeit/Mohr, Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, 2. Aufl. 2011; Baeck/Winzer/Hies, EuGH vom 28.7.2016 (C-423/15) – Das Ende des AGG-Hopping?, NZG 2016, 1218; Bauer, Diskriminierungsschutz bei Scheinbewerbung?, ArbRAktuell 2015, 303; Bauer/Evers, Schadensersatz und Entschädigung bei Diskriminierung – Ein Fass ohne Boden?, NZA 2006, 893; Bauer/Krieger, Das neue Antidiskriminierungsgesetz – Rechtliche und taktische Konsequenzen im arbeitsrechtlichen Mandat, AnwBl 2006, 800; Bauer/Krieger, 10 Jahre AGG – Tops und Flops, NZA 2016, 1041; Bauer/Krieger/Günther, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und Entgelttransparenzgesetz – Kommentar, 5. Aufl. 2018; Bauer/Thüsing/Schunder, Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – Alter Wein in neuen Schläuchen?, NZA 2006, 774; Bayreuther, Diskriminierung und sachwidrige Ungleichbehandlung: nicht nur eine Frage des Anstandes, NZA Beilage 2011, 27; Becker/Wagner, Das dritte Geschlecht im Arbeitsrecht, PersF 2019, 72; Benecke, Die neue Rechtsprechung des BAG zu „Scheinbewerbern“ und die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, EuZA 2018, 403; Beseler/Albers, Wie kann der Arbeitgeber-Vertreter „AGG-Hopper“ erkennen und behandeln?, AA 2009, 42; Bettinghausen, Die geschlechtsneutrale Stellenausschreibung unter Berücksichtigung des dritten Geschlechts, BB 2018, 372; Boemke, Die Zulässigkeit der Frage nach Grundwehrdienst und Zivildienst, RdA 2008, 129; Brand/Rahimi-Azar, „AGG-Hopping“ – eine Einnahmequelle mit strafrechtlichen Risiken, NJW 2015, 2993; Czerny, 12 Jahre AGG – Die wichtigsten Entscheidungen im Arbeitsrecht, NZA-RR 2018, 393; Däubler/Bertzbach, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Handkommentar, 4. Aufl. 2018; Deinert, Anwendungsprobleme der arbeitsrechtlichen Schadensersatzvorschriften im neuen AGG, DB 2007, 398; Diller, „AGG-Hopping“ – Und was man dagegen tun kann!, BB 2006, 1968; Diller, Antidiskriminierung von Kollegen für Kollegen?, FA 2006, 301; Diller, Einstellungsdiskriminierung durch Dritte, NZA 2007, 649; Diller/Kern, Befristung und Schwangerschaft, FA 2007, 103; Diller/Krieger/Arnold, Kündigungsschutzgesetz plus Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, NZA 2006, 887; Düwell, Die Neuregelung des Verbots der Benachteiligung wegen Behinderung im AGG, BB 2006, 1741; Dzida/Groh, Diskriminierung nach dem AGG beim Einsatz von Algorithmen im Bewerbungsverfahren, NJW 2018, 1917; Franke/ Merx, Positive Maßnahmen – Handlungsmöglichkeiten nach § 5 AGG, ArbuR 2007, 235; Franke/Schlenzka, Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft und rassistische Diskriminierung im Spiegel von Daten und Rechtsprechung, ZAR 2019, 179; Fuhlrott/Wesemann, Abwehrmöglichkeiten bei der Inanspruchnahme durch AGG-Diskriminierungskläger, GWR 2014, 298 Gaul/Naumann, Praxisrelevante Fragen im Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, ArbRB 2007, 47; Göbel-Zimmermann/ Marquardt, Diskriminierung aus Gründen der „Rasse“ und wegen der ethnischen Herkunft im Spiegel der Rechtsprechung zum AGG, ZAR 2012, 369; Gola, Informationsrecht abgelehnter Bewerber, NZA 2013, 360; Grobys, Die Beweislast im Anti-Diskriminierungsprozess, NZA 2006, 898; Gruber, Zwei problematische Punkte des AGG: Die Anforderung eines Passfotos und die Suche nach dem „muttersprachlichen Mitarbeiter (m/w)“, NZA 2009, 1247; Hamann, Bewerberauswahl und Arbeitgeberkündigung im Lichte des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, Jura 2007, 641; Hinrichs/Stütze, Die Sprache im Arbeitsverhältnis nach fünf Jahren AGG: Eine Bestandsaufnahme, NZA-RR 2011, 113; Hohenstatt/Naber, Diskriminierungsschutz für Organmitglieder – Konsequenzen für die Vertragsgestaltung, ZIP 2012, 1989; Hoppe/ Fuhlrott, Update Antidiskriminierungsrecht – Vorsicht im Stellenbesetzungsverfahren!, ArbRAktuell 2013, 91; Hoppe/Fuhlrott, Update Antidiskriminierungsrecht – Rechtsprechungs-Report 2015, ArbRAktuell 2016, 4; Horcher, Scheinbewerbungen auf dem unionsrechtlichen Prüfstand, NZA 2015, 1047; Husemann, Die Information über die Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis, RdA 2014, 16; Joussen, Schwerbehinderung, Fragerecht und positive Diskriminierung nach dem AGG, NZA 2007, 174; Kalmbach, Speicherung von Bewerberdaten zum Schutz vor AGG-Hoppern, DSB 2007, 26; Kleinebrink, Inhaltliche Gestaltung von Personalfragebögen in Zeiten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) – eine Risikoabwägung, ArbRB 2006, 374; Kocher, Zehn Jahre AGG – brachliegende Potenziale, ZRP 2017, 112; Koop, Auskunftsansprüche während des Einstellungsverfahrens, öAT 2012, 199; Körlings, Das dritte Geschlecht und die diskriminierungsfreie Einstellung, NZA 2018, 282; Kort, Sind GmbH-Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder diskriminierungsschutzrechtlich Arbeitnehmer?, NZG 2013, 601; Krieger/Günther, Vorsicht Falle!

2 | Lingemann/Diller

Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Kap. 1 – Diskriminierungsnachweis durch Testing-Verfahren, NZA 2015, 262; Krieger/Rudnik, Vorsicht Falle! – Typische Fehler im Bewerbungsverfahren, ArbRAktuell 2017, 427 (Teil 1) und ArbRAktuell 2017, 451 (Teil 2); Köhlert, Die neue Rechtsprechung des BAG zur Anforderung „sehr guter“ Deutschkenntnisse in Stellenanzeigen. Ein Einfallstor für die Benachteiligung von Immigrierten auf dem Arbeitsmarkt?, NZA 2018, 1172; Laws, Die AGG-konforme Gestaltung von Stellenanzeigen, MDR 2013, 625; Leisten, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – Handlungshilfe für Betriebsräte, 2007; Lingemann, AGG, in Prütting/ Wegen/Weinreich, BGB, 15. Aufl. 2020; Lingemann/Gotham, AGG – Benachteiligungen wegen des Alters in kollektivrechtlichen Regelungen, NZA 2007, 663; Lingemann/Müller, Die Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf die Arbeitsvertragsgestaltung, BB 2007, 2006; Lingemann, Diskriminierung in Entgeltsystemen – Ende der Anpassung nach oben?, NZA 2014, 827; Lingemann, Kein Diskriminierungsschutz bei Scheinbewerbungen, ArbRAktuell 2016, 374; Lingscheid, Starkes Übergewicht (Adipositas) als Behinderung und Diskriminierungsschutz, NZA 2015, 147; Lützeler/Wasser, Die besonderen Pflichten des Arbeitgebers bei der Einstellung von schwerbehinderten Arbeitnehmern, öAT 2017, 158; Meinel/Heyn/Herms, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Kommentar, 5. Aufl. 2015; Metz, Neues zur Strafbarkeit des AGG-Hoppings, NZA 2019, 876; Mohr, Altersdiskriminierung durch Stellenausschreibung für „Young Professionals“?, NZA 2014, 459; Dickerhof-Borello/Nollert-Borasio/Wenckebach, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Basiskommentar zu den arbeitsrechtlichen Regelungen, 5. Aufl. 2019; Oberrath, Hinreichende Deutschkenntnisse des Arbeitnehmers im Spiegel der Rechtsprechung, NJ 2011, 8; Pieper, Altersdiskriminierung in Stellenausschreibungen, RdA 2018, 337; Richardi, Neues und Altes – Ein Ariadnefaden durch das Labyrinth des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, NZA 2006, 881; Rolfs, AGG-Hopping, NZA 2016, 586; Schleusener/Suckow/Plum, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Taschenkommentar, 5. Aufl. 2019; Schleusener, Diskriminierungsfreie Einstellung zwischen AGG und Frauenförderungsgesetz, NZA-Beil. 2016, 50; Schlewing, Die aktuelle Rechtsprechung des Achten Senats des BAG zum Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch des erfolglosen Bewerbers nach § 15 Abs. 2 und Abs. 1 AGG, RdA 2019, 257; Schmidl, Dokumentationsdaten nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), DuD 2007, 11; Schmitz-Scholemann/Brune, Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – Eine Zwischenbilanz, RdA 2011, 129; Schrader/Klagges, Arbeitsrecht und schwerbehinderte Menschen, NZA-RR 2009, 169; Schroeder/Diller, Antidiskriminierung bei der Aufnahme als Gesellschafter?, NZG 2006, 728; Schulte, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Bewerbungsverfahren diskriminierungsfrei gestalten, AuA 2006, 724; Spielberger/Eber, Das dritte Geschlecht im Arbeitsrecht, AuA 2019, 404; Stümper, Aktuelle Rechtsfragen zur Diskriminierung wegen einer (Schwer)Behinderung, öAT 2017, 114; Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz – Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und andere arbeitsrechtliche Benachteiligungsverbote, 2. Aufl. 2013; Walk/Shipton, Zu den Beteiligungsrechten des Betriebsrats im Rahmen des AGG, BB 2010, 1917; Windel, Aktuelle Beweisfragen im Antidiskriminierungsprozess, RdA 2011, 193 Zimmerling/Zimmerling, Die Entschädigung gem. § 15 II AGG, öAT 2016, 175. Zur Anfechtung des Arbeitsverhältnisses: Eckert, Keine Anfechtung des Arbeitsvertrages durch Arbeitgeber bei offensichtlicher Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, DStR 2001, 269; Kaehler, Das Arbeitgeberfragerecht im Anbahnungsverhältnis: Kritische Analyse und dogmatische Grundlegung, ZfA 2006, 519; Klette, Anfechtung wegen Falschbeantwortung der Frage nach Schwerbehinderung nur bei Irrtum, DStR 2001, 1902; Künzl, Das Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung, AbrR Aktuell 2012, 235; Lansnicker, Prozesse in Arbeitssachen, 3. Aufl. 2013; Meyer, Fragerecht nach der Gewerkschaftsmitgliedschaft bei Arbeitsbeginn?, BB 2011, 2362; Ohlendorf/Schreier, AGG-konformes Einstellungsverfahren – Handlungsanleitung und Praxistipps, BB 2008, 2458; Pallasch, Diskriminierungsverbot wegen Schwangerschaft bei der Einstellung, NZA 2007, 306; Strick, Die Anfechtung von Arbeitsverträgen durch den Arbeitgeber, NZA 2000, 695; Wisskirchen/Bissels, Das Fragerecht des Arbeitgebers bei Einstellung unter Berücksichtigung des AGG, NZA 2007, 169. Zum Datenschutz: Abel, Diskriminierung nach dem AGG beim Einsatz von Algorithmen im Bewerbungsverfahren, ZD 2018, 304; Albrecht, Das neue EU-Datenschutzrecht – von der Richtlinie zur Verordnung, CM 2016, 88; Althoff, Die Rolle des Betriebsrats im Zusammenhang mit der EU-Datenschutzgrundverordnung, ArbRAktuell 2018, 414; Ambrock, Nach Safe Harbor: Schiffbruch des transatlantischen Datenverkehrs?, NZA 2015, 1493; Aszmons/Raben/Reimers, Karrierenetzwerke im Kontext des Arbeitsverhältnisses – Praxisleitfaden für den Arbeitgeber. Bewerberauswahl, Pre-Employment Screenings, Verhalten in Karrierenetzwerken und Kontaktnutzung, DB 2018, 1593; Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019; Beckschulze/Natzel, Das neue Beschäftigtendatenschutzgesetz, BB 2010, 2368; Behrens, Eignungsuntersuchungen und Datenschutz, NZA 2014, 401; Benecke/Groß, Das Recht am eigenen

Lingemann/Diller | 3

Kap. 1 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Bild im Arbeitsverhältnis, NZA 2015, 833; Benkert, Beschäftigtendatenschutz in der DS-GVO-Welt, NJWSpezial 2018, 562; Bettinghausen/Wiemers, Bewerberdatenschutz nach neuem Datenschutzrecht. Einwilligung, Grundsätze für die Verarbeitung, Informationspflichten und Rechte des Bewerbers, DB 2018, 1277; Bissels/Lützeler/Wisskirchen, Facebook, Twitter & Co.: Das Web 2.0 als arbeitsrechtliches Problem, BB 2010, 2433; Bommer, Chancen im Arbeitnehmerdatenschutz erkennen und nutzen, ZD 2015, 123; Börding, Ein neues Datenschutzschild für Europa, CR 2016, 431; v. Brühl/Sepperer, E-Mail-Überwachung am Arbeitsplatz, ZD 2015, 415; Carpenter, Assessment Center generell unbedenklich?, NZA 2015, 466; ChandnaHoppe, Beweisverwertung bei digitaler Überwachung am Arbeitsplatz unter Geltung des BDSG 2018 und der DS-GVO – Der gläserne Arbeitnehmer?, NZA 2018, 614; Conze, Der neu geregelte Beschäftigtendatenschutz – am Beispiel des Fragerechts des öffentlichen Arbeitgebers gegenüber Bewerbern bei der Vertragsanbahnung, öAT 2018, 89; Däubler, Gläserne Belegschaften – Das Handbuch zum Beschäftigtendatenschutz, 8. Aufl. 2019; Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, EU-Datenschutz-Grundverordnung – Neues Bundesdatenschutzgesetz – Weitere datenschutzrechtliche Vorschriften, 2. Aufl. 2020; Determann/Weigl, EUUS-Datenschutzschild und Alternativen für internationale Datentransfers, EuZW 2016, 811; Düwell/Brink, Beschäftigtendatenschutz nach der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung: Viele Änderungen und wenig Neues, NZA 2017, 1081; Düwell/Brink, Die EU-Datenschutz-Grundverordnung und der Beschäftigtendatenschutz, NZA 2016, 665; Dzida, Beschäftigtendatenschutz: Nicht auf die lange Bank schieben, BB 2011, 1; Dzida/Klopp, Zugriff des Arbeitgebers auf E-Mails ausgeschiedener Mitarbeiter, ArbRB 2015, 83; Erfurth, Die Betriebsvereinbarung im Arbeitnehmerdatenschutz, DB 2011, 1275; Erfurth, Der „neue“ Arbeitnehmerdatenschutz im BDSG, NJW 2009, 2723; Ernst, Die Einwilligung nach der Datenschutzgrundverordnung. Anmerkungen zur Definition nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO, ZD 2017, 110; Ernst, Social Networks und Arbeitnehmer-Datenschutz, NJOZ 2011, 953; Faust/Spittka/Wybitul, Milliardenbußgelder nach der DS-GVO?, ZD 2016, 120; Forst, Bewerberauswahl über soziale Netzwerke im Internet?, NZA 2010, 427; Franzen, Rechtliche Rahmenbedingungen psychologischer Eignungstests, NZA 2013, 1; Fuchs, J., Personenbezogene Daten zwischen der EU und den USA, BB 2015, 3074; Gola, Das Internet als Quelle von Bewerberdaten. Vorgaben von DSGVO, BDSG und UWG, NZA 2019, 654; Gola, Beschäftigtendatenschutz und EU-Datenschutz-Grundverordnung, EuZW 2012, 332; Gola/Heckmann, Bundesdatenschutzgesetz, 13. Aufl. 2019; Gola, Handbuch Beschäftigtendatenschutz. aktuelle Rechtsfragen und Umsetzungshilfen, 8. Aufl. 2019; Howald, Datenerhebung im Internet bei Einstellungsverfahren, öAT 2013, 133; Grau/Granetzny, EUUS-Privacy Shield – Wie sieht die Zukunft des transatlantischen Datenverkehrs aus?, NZA 2016, 405; Grau/ Schaut, Neue Spielregeln für die Verwendung von Bilddateien von Arbeitnehmern, NZA 2015, 981; Greßlin, Umgang mit Bewerberdaten – was geht und was geht nicht?, BB 2015, 117; Grimm/Kühne, Datenschutz und Datenschutzerklärung für Bewerber. Alle Anforderungen im Überblick – Mit Muster, ArbRB 2018, 245; Grimm/Kühne, Löschkonzept nach der DSGVO. Alle Aufbewahrungspflichten und -rechte sowie Löschfristen bei Beschäftigtendaten im Überblick, ArbRB 2018, 144; Grimm/Kühne, Erfüllung der Informations- und Unterrichtungspflichten gegenüber Beschäftigten nach der DSGVO – wie geht das? Ein arbeitsvertraglicher Muster-Beipackzettel, ArbRB 2018, 185; Grimm/Kühne, Die vorsorgliche Global-Einwilligung des Arbeitnehmers in die Datenverarbeitung. Zweck, Anforderungen und Muster, ArbRB 2018, 218; Grimm/SchmidtLauber, Das EU-US-Privacy-Shield, ArbRB 2016, 243; Haußmann/Karwatzki/Ernst, Datenschutzrechtliche Löschfristen in der Personalverwaltung. Von der Bewerbung über die Personalentwicklung bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses – und danach?, DB 2018, 2697; Imping, Neue Zeitrechnung im (Beschäftigten-)Datenschutz. Die Herausforderungen des neuen Datenschutzrechts an die betriebliche Praxis, CR 2017, 378; Jordan/Bissels/Löw, Ist der Betriebsrat zur Speicherung von Arbeitnehmerdaten berechtigt?, BB 2010, 2889; Kainer/Weber, Datenschutzrechtliche Aspekte des „Talentmanagements“, BB 2017, 2740; Kania/ Sansone, Möglichkeiten und Grenzen des Pre-Employment-Screenings, NZA 2012, 360; Kleinebrink, Einwilligung in die Erhebung von Beschäftigtendaten und Datenschutz, ArbRB 2012, 61; Klösel/Mahnhold, Die Zukunft der datenschutzrechtlichen Betriebsvereinbarung. Mindestanforderungen und betriebliche Ermessensspielräume nach DS-GVO und BDSG nF, NZA 2017, 1428; Kopp/Sokoll, Wearables am Arbeitsplatz – Einfallstore für Alltagsüberwachung?, NZA 2015, 1352; Körner, Beschäftigtendatenschutz in Betriebsvereinbarungen unter der Geltung der DS-GVO, NZA 2019, 1389; Kort, Die Bedeutung der neueren arbeitsrechtlichen Rechtsprechung für das Verständnis des neuen Beschäftigtendatenschutzes, NZA 2018, 1097; Kort, Arbeitnehmerdatenschutz gemäß der EU-Datenschutz-Grundverordnung, DB 2016, 711; Kort, Die Zukunft des deutschen Beschäftigtendatenschutzes. Erfüllung der Vorgaben der DS-GVO, ZD 2016, 555; Kort, Eignungsdiagnose von Bewerbern unter der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), NZA-Beil. 2016, 62; Kort, Das Dreiecksverhältnis von Betriebsrat, betrieblichem Datenschutzbeauftragten und Aufsichtsbehörde beim Arbeitnehmer-Datenschutz, NZA 2015, 1345; Kraska, Auswirkungen der EU-Datenschutzgrundverordnung, ZD-Aktuell 2016, 04173; Lauber-Rönsberg, Das Recht am eigenen Bild in sozialen Netzwerken,

4 | Lingemann/Diller

Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Kap. 1 NJW 2016, 744; Lelley/Winckler, Eine Betriebsvereinbarung zum Whistleblower-Schutz, ArbRB 2014, 237; Lepperhoff, Pre-Employment Screening im Lichte der DS-GVO, ZD-Aktuell 2017, 05748; v. Lewinski, Privacy Shield – Notdeich nach dem Pearl Harbor für die transatlantischen Datentransfers, EuR 2016, 405; Lücke, Die Betriebsverfassung in Zeiten der DSGVO. „Bermuda-Dreieck“ zwischen Arbeitgeber, Betriebsräten und Datenschutzbeauftragten, NZA 2019, 658; Maschmann, Datenschutzgrundverordnung: Quo vadis Beschäftigtendatenschutz, DB 2016, 2480; Niklas/Faas, Arbeitnehmerdatenschutz: EU-US Privacy Shield – Ende der Rechtsunsicherheit bei Datentransfers in die USA?, ArbRAktuell 2016, 473; Oberwetter, Soziale Netzwerke im Fadenkreuz des Arbeitsrechts, NJW 2011, 417; Otto/Lampe, Terrorabwehr im Spannungsfeld von Mitbestimmung und Datenschutz, NZA 2011, 1134; Pollert, Arbeitnehmer-Smartphones als Betriebsmittel – ein kostensparendes Modell?, NZA-Beil. 2014, 152; Pötters, Beschäftigtendaten in der Cloud, NZA 2013, 1055; Raif, „Fragen Sie nach, oder besser nicht?“. Datenschutzrechtliche Änderungen im Einstellungsverfahren, ArbRAktuell 2010, 617; Reiserer/Christ/Heinz, Beschäftigtendatenschutz und EU-DatenschutzGrundverordnung. Der Countdown ist abgelaufen – Anpassungsbedarf umgesetzt?, DStR 2018, 1501; Riesenhuber, Die Einwilligung des Arbeitnehmers im Datenschutzrecht, RdA 2011, 257; Roeder/Buhr, Die unterschätzte Pflicht zum Terroristenscreening von Mitarbeitern, BB 2011, 1333; Schantz, Die DatenschutzGrundverordnung – Beginn einer neuen Zeitrechnung im Datenschutzrecht, NJW 2016, 1841; Scheben/ Klos, Analyse von Chatprotokollen und E-Mails – Was ist erlaubt? Was ist verwertbar?, CCZ 2013, 88; Schrader/Mahler, Interne Ermittlungen des Arbeitgebers und Auskunftsgrenzen des Arbeitnehmers, NZARR 2016, 57; Schreiber/Kohm, Rechtssicherer Datentransfer unter dem EU-US-Privacy-Shield? Der transatlantische Datentransfer in der Unternehmenspraxis, ZD 2016, 255; Schriever, Neue Löschungsfristen für Bewerberdaten, BB 2011, 2680; Schwartmann, Datentransfer in die Vereinigten Staaten ohne Rechtsgrundlage – Konsequenzen der Safe-Harbor-Entscheidung des EuGH, EuZW 2015, 864; Schwarz, Datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Pre-Employment-Screening. Rechtliche Grundlagen und Einschränkungen der Bewerberüberprüfung durch Arbeitgeber, ZD 2018, 353; Sörup/Marquardt, Auswirkungen der EU-Datenschutzgrundverordnung auf die Datenverarbeitung im Beschäftigtenkontext, ArbRAktuell 2016, 103; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019; Straube/Klagges, Beschäftigtendatenschutzgesetz: Wiedervorlage in vier Jahren?, ArbRAktuell 2012, 81; Taeger/Rose, BB 2016, 819; Thüsing, Verbesserungsbedarf beim Beschäftigtendatenschutz, NZA 2011, 16; Thüsing, Beschäftigtendatenschutz und Compliance, 3. Aufl. 2020; Tiedemann, Auswirkungen von Art. 88 DSGVO auf den Beschäftigtendatenschutz: Gestaltungsspielräume für Gesetzgeber und Betriebsparteien, ArbRB 2016, 334; Weichert, EU-US-PrivacyShield – Ist der transatlantische Datentransfer nun grundrechtskonform? Eine erste Bestandsaufnahme, ZD 2016, 209; Wentzel, Assessment Center, schnellbrief 2017, 129; Weth/Herberger/Wächter/Sorge, Daten- und Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis, 2. Aufl. 2019; Wiese, Genetische Untersuchungen und Analysen zum Arbeitsschutz und Rechtsfolgen bei deren Verweigerung oder Durchführung, BB 2011, 313; Vogt, Datenübertragung innerhalb und außerhalb des Konzerns, BB 2014, 245; Wisskirchen/Schiller, Aktuelle Problemstellungen im Zusammenhang mit „Bring Your Own Device“, DB 2015, 1163; de Wolf, Kollidierende Pflichten: zwischen Schutz von E-Mails und „Compliance“ im Unternehmen, NZA 2010, 1206; Wytibul, Der neue Beschäftigtendatenschutz nach § 26 BDSG und Art. 88 DSGVO, NZA 2017, 413; Wybitul, Was ändert sich mit dem neuen EU-Datenschutzrecht für Arbeitgeber und Betriebsräte?, ZD 2016, 203; Wybitul, EU-Datenschutz-Grundverordnung in der Praxis – Was ändert sich durch das neue Datenschutzrecht, BB 2016, 1077; Wybitul, E-Mail-Auswertung in der betrieblichen Praxis, NJW 2014, 3605; Wybitul, Neue Spielregeln bei Betriebsvereinbarungen und Datenschutz, NZA 2014, 225; Wybitul/Pötters, BAG definiert Beschäftigtendatenschutz neu, BB 2014, 437; Wybitul/Schultze-Melling, Datenschutz im Unternehmen, 2. Aufl. 2016; Wybitul/Sörup/Pötters, Betriebsvereinbarungen und § 32 BDSG: Wie geht es nach der DS-GVO weiter?, ZD 2015, 559; Wybitul/Böhm, Freier Wille auch im Arbeitsverhältnis? Einwilligungen als Mittel zum Umgang mit Beschäftigtendaten, BB 2015, 2101. Zur Beteiligung des Betriebsrats: Aligbe, Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung bei Einstellungsund Eignungsuntersuchungen, ArbRAktuell 2015, 272; Ottmann, Beteiligung des Betriebsrates im Einstellungsprozess, ArbR Aktuell 2018, 493 (Teil 1) und 2018, 521 (Teil 2); Weber/Wocken, Mitbestimmung bei Einstellungsuntersuchungen im öffentlichen Dienst, NZA 2012, 191. Zum Einfühlungsverhältnis: Aligbe, Die Beurteilung des „Probearbeitstages“ (Einfühlungsverhältnis) im Arbeitsschutzrecht, ArbRAktuell 2019, 605; Barth, Arbeitsrechtliche Einfühlungsverhältnisse rechtssicher gestalten, BB 2009, 2646; Gaul, Arbeitnehmer erproben, beurteilen und entwickeln, NZA-Beil. 2016, 56; Preis/Kliemt/Ulrich, Das Probearbeitsverhältnis, AR-Blattei SD 1270; Sartorius, Arbeitsrechtliche Einfühlungsverhältnisse. Abgrenzungen zu ähnlichen Gestaltungen sowie Bedeutung im Arbeits- und Sozialrecht, ZAP Fach 17, 1050.

Lingemann/Diller | 5

Kap. 1 Rz. 1 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses

I. Einführung 1. Vorstellungsgespräch 1

Veranlasst der Arbeitgeber ein Vorstellungsgespräch, trifft ihn grds. gem. §§ 670, 662 BGB die Kostentragungspflicht, ohne dass es einer besonderen Vereinbarung bedarf. Es reicht dazu bereits aus, dass der Bewerber sich mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers vorstellt (M 1.2.1).1 Zu erstatten sind die erforderlichen Auslagen, also typischerweise Fahrt (auch Taxi, Parkgebühren)-, ggf. Übernachtungs- und Verpflegungskosten,2 nicht aber Verdienstausfall des Bewerbers, da der Arbeitnehmer wegen des Entgeltfortzahlungsanspruchs des Bewerbers gegen seinen bisherigen Arbeitgeber, § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB, nicht mit einer Entgelteinbuße rechnen muss.3 Dasselbe gilt für einen etwaigen Urlaubsausgleich.4

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Der Anspruch kann durch ausdrückliche und unzweideutige Erklärung ausgeschlossen oder beschränkt werden (M 1.2.2).5 Die Kontaktaufnahme begründet ein vorvertragliches Schuldverhältnis gem. § 311 Abs. 2 BGB, welches für beide Seiten Rechte und Pflichten begründet. Sie können von Frage- und Informationsrechten Gebrauch machen.6 Der Arbeitgeber darf sich im Vorstellungsgespräch nicht nur hinsichtlich der konkreten Eignung des Bewerbers für die ausgeschriebene Stelle vergewissern, sondern sich auch über seine allgemeine Persönlichkeit ein Bild machen.7

2. Ausschreibung/Einstellungs- und Personalfragebogen a) Zulässige Fragen

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Die Verwendung von Einstellungsfragebögen (M 1.3.1) ist grds. zulässig, da sie dem legitimen Interesse des Arbeitgebers an umfassender Information über den Bewerber entspricht. Aufgrund seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes muss der Bewerber nur auf solche Fragen antworten, die in Zusammenhang mit der Arbeitsstelle stehen und an deren Beantwortung der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hat.8 Andere Fragen sind unzulässig.

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Praxistipp: Unzulässige Fragen darf der Bewerber bzw. Arbeitnehmer wahrheitswidrig beantworten. Ihm steht ein „Recht zur Lüge“ zu.9 Der Arbeitgeber kann einen daraufhin geschlossenen Arbeitsvertrag nicht wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB anfechten, da es an der Rechtswidrigkeit der Täuschung fehlt.10 Auch eine Kündigung des Arbeitsvertrages aufgrund der wahrheitswidrigen Angabe scheidet aus. 1 LAG Nürnberg v. 25.7.1995 – 2 Sa 73/94, LAGE § 670 BGB Nr. 12; ErfK/Müller-Glöge, § 629 BGB Rz. 13 ff. 2 Dazu insgesamt Roepert, NJW 2017, 2076 mwN; vgl. insb. zur Höhe der Fahrtkosten MünchKommBGB/ Henssler, § 629 Rz. 31 f.; Roesner, BC 2012, 214, 217. Übernachtungskosten sind nur erstattungsfähig, sofern eine An- und Abreise am selben Tag nicht zumutbar ist, ErfK/Müller-Glöge, § 629 BGB Rz. 14. 3 Str., MünchKommBGB/Henssler, § 629 Rz. 35; Staudinger/Preis, § 629 BGB Rz. 27; Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 25 Rz. 17; aA. ArbG Berlin v. 25.6.1975 – Ca 681/74, DB 1975, 1205; ErfK/Müller-Glöge, § 629 BGB Rz. 15. 4 Roepert, NJW 2017, 2076 mwN. 5 MünchKommBGB/Henssler, § 629 Rz. 27; ArbG Kempten v. 12.4.1994 – 4 Ca 0720/94, BB 1994, 1504. 6 Gola, NZA 2019, 654, 654 f.; zur Zulässigkeit einzelner Fragestellungen Asgari, DB 2017, 1325, 1325 f. 7 Gola, NZA 2019, 654, 654 f. 8 BAG v. 28.5.1998 – 2 AZR 549/97, NZA 1998, 1052; v. 11.11.1993 – 2 AZR 467/93, NZA 1994, 407; v. 7.6.1984 – 2 AZR 270/83, NZA 1985, 57; Riesenhuber, NZA 2012, 771. Zum Fragerecht allgemein Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 26 Rz. 21 ff.; bei Einstellungsgesprächen im Ausland Krimphove/Lüke, BB 2014, 2110 f. 9 Das gilt auch nach Inkrafttreten des AGG (Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 26 Rz. 20; Künzl, ArbRAktuell 2012, 235, 238; Koop, öAT 2012, 199). 10 Vgl. BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, NZA 2012, 34; zur Anfechtung s. im Einzelnen Kap. 21.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Rz. 7 Kap. 1

Bei der Verwendung von Fragebögen ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beachten.11 Viele Rechtsfragen sind noch nicht höchstrichterlich geklärt.12 Das AGG verbietet Diskriminierungen aus Gründen

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– der Rasse, – der ethnischen Herkunft, – des Geschlechts, – der Religion oder Weltanschauung, – einer Behinderung, – des Alters oder – der sexuellen Identität.13 Neben der unmittelbaren (§ 3 Abs. 1 AGG) ist auch die mittelbare (§ 3 Abs. 2 AGG) Benachteiligung untersagt. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn Vorschriften, Kriterien oder Verfahren dem Anschein nach zwar neutral sind, aber tatsächlich Personen in besonderer Weise benachteiligen können, die durch die anerkannten Diskriminierungsmerkmale geschützt sind.

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Das ist schon bei der Stellenausschreibung zu beachten.14 Auf keines der in § 1 AGG genannten Merkmale darf abgestellt werden, sofern nicht ausnahmsweise ein Rechtfertigungsgrund nach §§ 8– 10 AGG greift. Verstöße beauftragter Dritter gegen die Diskriminierungsverbote des AGG im Rahmen der Stellenausschreibung werden dem Arbeitgeber zugerechnet.15 Verstößt ein Arbeitgeber durch die Nichteinstellung eines Bewerbers aus diskriminierenden Motiven gem. § 7 Abs. 1 AGG gegen das Benachteiligungsverbot, kann dem Bewerber gem. § 15 Abs. 1 AGG ein Schadensersatzanspruch sowie gemäß § 15 Abs. 2 AGG ein Entschädigungsanspruch zustehen (der Bewerber gilt als Beschäftigter, § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG).16 Der Arbeitnehmer muss ihn in11 Vgl. PWW/Lingemann, AGG, 15. Aufl. 2020; BKG, AGG, 5. Aufl. 2018; ferner die Literaturübersicht „zum AGG“. 12 Zur Bilanz nach 10 Jahren AGG Bauer/Krieger, NZA 2016, 1041; Kocher, ZRP 2017, 112; zur Rechtsprechung in 12 Jahren AGG Czerny, NZA-RR 2018, 393. 13 Vgl. § 1 AGG. 14 Zur AGG-konformen Ausgestaltung von Stellenausschreibungen vgl. Hoppe/Fuhlrott, ArbRAktuell 2013, 91; Laws, MDR 2013, 625. Zu den Anforderungen an eine Stellenausschreibung im Ausland Krimphove/Lüke, BB 2014, 2108. 15 BVerfG v. 21.9.2006 – 1 BvR 308/03, NZA 2007, 195; BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540; auch ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG richtet sich gegen den potentiellen Arbeitgeber und nicht gegen einen vom Arbeitgeber eingeschalteten Personalvermittler, selbst wenn dieser die endgültige Personalauswahl in alleiniger Verantwortung durchführt (vgl. BAG v. 23.1.2014 – 8 AZR 118/13, BB 2014, 1534 Rz. 26; Diller, NZA 2007, 649, 650 ff.). Der Personalberater kann sich gegenüber seinem Auftraggeber schadensersatzpflichtig machen, wenn er seine Verschwiegenheitspflicht dadurch verletzt, dass er die gegen das AGG verstoßenden Ablehnungsgründe an eine Bewerberin weitergibt und diese in der Folge Entschädigungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht (OLG Frankfurt v. 8.5.2014 – 16 U 175/13, NJW 2014, 3376 Rz. 27 ff.). 16 Dieses Haftungsrisiko besteht nicht nur bei der Ablehnung ernsthafter Bewerber, sondern auch bei der Ablehnung von Bewerbern, die diskriminiert und abgelehnt werden wollen. Bei diesen Fällen des „AGG-Hoppings“ geht es dem Bewerber unter missbräuchlicher Anwendung des AGG lediglich darum, eine Geldentschädigung zu erhalten (dazu Diller, BB 2006, 1968; Rolfs, NZA 2016, 586; zu den strafrechtlichen Risiken Metz, NZA 2019, 876; vgl. Brand/Rahimi-Azar, NJW 2015, 2993). Während das BAG den Entschädigungsanspruch bisher von einer objektiven Eignung des Bewerbers für die Position sowie einer subjektiven Ernsthaftigkeit der Bewerbung abhängig machte, stellt es nunmehr allein auf die Einreichung der Bewerbung ab („formaler Bewerberbegriff“ des § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG; BAG v. 11.8.2016 – 8 AZR 4/15, NZA 2017, 310 Rz. 38 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2017, 70; v. 19.5.2016

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Kap. 1 Rz. 7 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses nerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen.17 Die Ansprüche bestehen jedoch nicht, wenn eine unterschiedliche Behandlung gem. §§ 8–10 AGG oder aufgrund einer positiven Maßnahme gemäß § 5 AGG gerechtfertigt ist. Eine mittelbare Benachteiligung scheidet bereits auf der Tatbestandsebene aus, sofern die unterschiedliche Behandlung sachlich gerechtfertigt und angemessen und erforderlich ist (§ 3 Abs. 2 letzter Halbs. AGG).18 Nicht jede Frage nach einem Merkmal des § 1 AGG muss deshalb zwingend eine verbotene Benachteiligung gem. § 7 Abs. 1 AGG darstellen.19

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Der verschuldensabhängige20 Schadensersatzanspruch gem. § 15 Abs. 1 AGG ist auf das positive Interesse, typischerweise den Verdienstausfall, gerichtet. Der verschuldensunabhängige21 Entschädigungsanspruch gem. § 15 Abs. 2 AGG22 umfasst den Ersatz immaterieller Schäden. Eine Obergrenze (drei Monatsgehälter) greift nur23 für den Fall, dass der benachteiligte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG.

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Eine unzulässige Frage selbst ist zwar benachteiligungsneutral, durch sie allein erfolgt noch keine Ablehnung und damit noch keine Benachteiligung des Bewerbers, zumal ihm bei unzulässigen Fragen das „Recht zur Lüge“ zusteht (s. Rz. 4).

10 Trotzdem ist hinsichtlich der in Einstellungsfragebögen enthaltenen Fragen äußerste Zurückhaltung

geboten. Kann nämlich der Bewerber hinreichende Indizien beweisen,24 so bewirkt die Beweis-

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– 8 AZR 470/14, NZA 2016, 1394 Rz. 62 ff. m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2016, 554; Schlewing, RdA 2019, 257). Bei sog. „Scheinbewerbern“ kann der Anspruch aber wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen sein (BAG v. 19.5.2016 – 8 AZR 470/14, NZA 2016, 1394 Rz. 32 ff.; s. auch EuGH v. 28.7. 2016 – C-423/15, NZA 2016, 1014 – Kratzer m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 374; dazu Baeck/ Winzer/Hies; NZG 2016, 1218; Bauer, ArbRAktuell 2015, 303; Horcher, NZA 2015, 1047; Rolfs, NZA 2016, 586). Insgesamt zur BAG-Rspr. zum Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch des erfolglosen Bewerbers nach § 15 Abs. 1, 2 AGG Schlewing, RdA 2019, 257. Zur Europarechtskonformität des § 15 Abs. 4 AGG s. EuGH v. 8.7.2010 – C-246/09, NZA 2010, 869 – Bulicke; BAG v. 18.5.2017 – 8 AZR 74/16, NZA 2017, 1530 Rz. 38 ff. m. Anm. Krieger ArbRAktuell 2017, 576; v. 21.6.2012 – 8 AZR 188/11, NZA 2012, 1211 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2012, 560; Schlewing, RdA 2019, 257, 258; Fischinger, NZA 2010, 1048. Bei Ablehnung einer Bewerbung (auch konkludent, BAG v. 15.3.2012 – 8 AZR 160/11, AP AGG § 15 Nr. 10, m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 167) beginnt die Frist in dem Moment zu laufen, in dem der Bewerber von der Benachteiligung Kenntnis erlangt (BAG v. 29.6.2017 – 8 AZR 402/15, NZA 2018, 33 Rz. 26 f. m. Anm. Krieger, FD-ArbR 2017, 399906). BKG, § 3 AGG Rz. 31; PWW/Lingemann, § 3 AGG Rz. 11. Eine Benachteiligung ist aber nicht bereits deswegen ausgeschlossen, weil die Stelle nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens nicht mit einem anderen Bewerber besetzt wird. Die Benachteiligung liegt bereits in der Versagung einer Chance, sich in einem Vorstellungsgespräch zu beweisen (Krieger/Rudnik, ArbRAktuell 2017, 427). Ansonsten hätte es der Arbeitgeber in der Hand, einen Entschädigungsanspruch durch Nicht-Besetzung der Stelle zu verhindern (so BAG v. 23.8.2012 – 8 AZR 285/11, NZA 2013, 37 Rz. 23 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 425). Teilweise wird unter Verweis auf EuGH v. 8.11.1990 – C-177/88, NZA 1991, 171 – Dekker; v. 22.4.1997 – C-180/95, NZA 1997, 645 – Draempaehl, geltend gemacht, das Verschuldenserfordernis in § 15 Abs. 1 AGG sei gemeinschaftsrechtswidrig und müsse insofern europarechtskonform ausgelegt werden (Deinert, DB 2007, 398, 399). Jedoch begründet bereits Abs. 2 einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch (BT-Drucks. 16/1780, S. 38; BAG v. 11.8.2016 – 8 AZR 375/15, NJW 2017, 1563 Rz. 17 sowie 8 AZR 406/148, BB 2017, 506 Rz. 99; PWW/Lingemann, § 15 AGG Rz. 4). Erforderlich ist allein ein dem Arbeitgeber zurechenbarer Verstoß (BAG v. 18.3.2010 – 8 AZR 1044/08, NZA 2010, 2970, 2973; v. 22.1.2009 – 8 AZR 906/07, NZA 2009, 945, 951). Vgl. dazu die Zusammenfassungen bei Zimmerling/Zimmerling, öAT 2016, 175; Walker, NZA 2009, 5; s. zur BAG-Rspr. zu § 15 Abs. 2 AGG Schlewing, RdA 2019, 257. BAG v. 19.8.2010 – 8 AZR 530/09, NZA 2010, 1412 Rz. 78. Der Beschäftigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt und im Bestreitensfalle beweist, die seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf

8 | Lingemann

Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Rz. 10 Kap. 1

erleichterung des § 22 AGG, dass dem Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast obliegt, er also das Nichtvorliegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot, fehlende Kausalität25 und/oder eine Rechtfertigung zu beweisen hat.26 Solche Indizien27 können bereits Stellengesuche nach einem „jungen Mitarbeiter“28, Mitarbeiter für ein „junges Team“29 oder „Berufsanfänger“30 bzw. „Young Professionals“31, sowie entsprechende Fragen im Bewerbungsgespräch32 oder Fragen im Einstellungsfragebogen33 nach dem Vorliegen eines der Merkmale des § 1 AGG sein. Mittelbar diskriminierend und somit unzulässig kann die Bezeichnung „Junior-…“ in Bezug auf die gesuchte Position sein.34 Auch eine Stellenausschreibung, in der eine Tätigkeit in einem Umfeld „mit einem jungen dynamischen Team“ angeboten wird, bewirkt aufgrund der Anknüpfung an das Lebensalter durch den Begriff „jung“ und der Verstärkung durch den Begriff „dynamisch“ eine unmittelbare Altersdiskriminierung.35 Dagegen ist die Ausschreibung einer Stelle, um „Teil eines jungen und hochmotivierten Teams“ zu werden, möglicherweise zulässig36, da sich die Bezeichnung „jung“ auch auf

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schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Aus den Indizien muss lediglich der Schluss gezogen werden können, dass ein Benachteiligungsgrund für eine Benachteiligung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kausal geworden ist (vgl. BAG v. 23.11.2017 – 8 AZR 372/16, NZA-RR 2018, 287 Rz. 22; v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, NZA 2015, 1380 Rz. 25; v. 26.6.2014 – 8 AZR 547/13, NJOZ 2015, 1065 Rz. 39 mwN.; BKG, § 22 AGG Rz. 4). Zu möglichen Argumenten zur Widerlegung der Kausalitätsvermutung BAG v. 19.5.2016 – 8 AZR 470/ 14, NZA 2016, 1394; Schlewing, RdA 2019, 257, 262 ff. BAG v. 23.11.2017 – 8 AZR 372/16, NZA-RR 2018, 287 Rz. 21; v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, NZA 2015, 1380 Rz. 25; v. 26.6.2014 – 8 AZR 547/13, NJOZ 2015, 1065 Rz. 39 mwN. Zum sog. Testing-Verfahren, bei dem der Bewerber zugleich die Bewerbung eines fiktiven Bewerbers einreicht, um einen Diskriminierungsnachweis zu führen, s. Franke/Schlenzka, ZAR 2019, 179, 180 f.; Krieger/Günther, NZA 2015, 262. Danach hängt der Indizwert von Testing-Verfahren davon ab, ob zwei völlig identische Bewerbungen eingereicht wurden, die sich lediglich im Hinblick auf das geltend gemachte Diskriminierungsmerkmal unterscheiden. Speziell in Bezug auf das Diskriminierungsmerkmal „Alter“ vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 9.4.2014 – 3 Sa 401/13, BeckRS 2014, 69694. BAG v. 19.8.2010 – 8 AZR 530/09, NZA 2010, 1412: Hier wurde im Stellengesuch nach einem „jungen“ Mitarbeiter gesucht. Die Stellenanzeige sei – so das BAG – nicht altersneutral verfasst und verstoße damit gegen die Verpflichtung aus § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz unter Verletzung des § 7 AGG nicht ausgeschrieben werden darf, soweit kein Rechtfertigungsgrund gem. § 10 AGG vorliege. Demgegenüber ist bei einem jüngeren Mitbewerber, der zwar über keine einschlägige Berufsausbildung, aber über einschlägige Berufserfahrung verfügt, eine Diskriminierung wegen des Alters nicht indiziert (BAG v. 15.12.2016 – 8 AZR 418/15, BeckRS 2016, 119064 m. Anm. Fleddermann, ArbRAktuell 2017, 246). Auch besteht kein Erfahrungssatz dahingehend, dass die Frage nach dem Alter automatisch mit dem Wunsch nach der Beschäftigung eines jüngeren Arbeitnehmers korreliert. Entscheidend sind hier aber die Umstände des Einzelfalles (LAG Kiel v. 29.10.2013 – 1 Sa 142/13, BeckRS 2013, 75062; eine Diskriminierung hingegen aufgrund der Gesamtumstände verneinend LAG Nürnberg v. 16.5.2012 – 2 Sa 574/11, BeckRS 2012, 71383; LAG München v. 13.11.2012 – 7 Sa 105/12, BeckRS 2013, 66910). BAG v. 24.1.2013 – 8 AZR 429/11, NZA 2013, 498. BAG v. 24.1.2013 – 8 AZR 429/11, NZA 2013, 498; vgl. zu diesem Fall auch Mohr, NZA 2014, 459. Nach BAG v. 17.12.2009 – 8 AZR 670/08, NZA 2010, 383 kann die Frage, ob der Bewerber an „Morbus Bechterew“ leide, ein Indiz für eine Diskriminierung wegen einer Behinderung gemäß § 22 AGG sein. BAG v. 17.12.2009 – 8 AZR 670/08, NZA 2010, 383; PWW/Lingemann, § 22 AGG Rz. 5; Kania/Merten, ZIP 2007, 8, 13; Kleinebrink, ArbRB 2006, 374, 375. BAG v. 11.8.2016 – 8 AZR 406/14, BB 2017, 506 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2017, 96; aA. FN/ @/ART=/=NRFN/@/ID=/=BFA6.01.1.F0035FNNR==35LAG Düsseldorf v. 9.6.2015 – 16 Sa 1279/14, NZA-RR 2015, 572. Ausführlich zu der rechtlichen Behandlung der „Junior“-Bezeichnung Pieper, RdA 2018, 337, 349 f. mwN; Laws, MDR 2013, 628 ff. BAG v. 11.8.2016 – 8 AZR 406/14, BB 2017, 506 Rz. 32 ff. m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2017, 96. LAG Baden-Württemberg v. 15.1.2016 – 19 Sa 27/15, BeckRS 2016, 67158. Die dagegen eingelegte Revision wies das BAG als unbegründet zurück, da das LAG die Berufung als unzulässig hätte verwerfen müssen (BAG v. 23.11.2017 – 8 AZR 458/16, NZA 2018, 541).

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Kap. 1 Rz. 10 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt der Zusammensetzung des Teams beziehen kann37. In jedem Fall bedarf es der Würdigung einzelner „Reizworte“ im Gesamtzusammenhang der Stellenanzeige.38 Der Bewerber hat keinen Auskunftsanspruch gegen den potentiellen Arbeitgeber dazu, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde und nach welchen Kriterien diese Einstellung erfolgt ist.39 Besondere Risiken bergen die Verfahrensvorschriften zum Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer und Bewerber.40 Unterlässt der Arbeitgeber die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung entgegen § 164 Abs. 1 SGB IX41 oder die Meldung der zu besetzenden Stelle an die Bundesagentur für Arbeit entgegen § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX42 oder die unverzügliche Unterrichtung des abgelehnten schwerbehinderten Bewerbers entgegen § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX,43 oder verletzt ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die Pflicht, den schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen,44 so begründet schon dies die Vermutung für eine Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter wegen ihrer Behinderung gem. §§ 1, 7, 22 AGG. Die Widerlegung der Vermutung darf zudem nicht auf die mangelnde fachliche Eignung des Bewerbers gestützt werden.45 Ein Fragerecht zur Schwerbehinderteneigenschaft steht dem Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren nicht,46 wohl aber in einem bereits sechs Monate laufenden Arbeitsverhältnis zu.47

11 Zur Risikominimierung kann es insofern ratsam sein, zu den einzelnen Punkten im Fragebogen

den Grund für das Interesse des Unternehmens an den Daten anzugeben. Auf diese Weise kann zum Zwecke der Rechtfertigung einer möglichen unterschiedlichen Behandlung dokumentiert werden, dass die Fragen nicht aus diskriminierenden Motiven gestellt werden.48

12 Wir halten es für sinnvoll, zwei getrennte Fragebögen zu verwenden: Der erste Fragebogen ist be-

reits im Bewerbungsverfahren auszufüllen (Einstellungsfragebogen, M 1.3.1),49 der zweite erst nach der Einstellung (Personalfragebogen, M 1.3.2).50 Während der erste Fragebogen nach Möglichkeit nur Fragen enthalten sollte, die das AGG nicht berühren, können im zweiten auch Fragen gestellt werden, bei denen es zu Berührungen mit dem AGG kommt, wenn diese für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses zwingend erforderlich sind. Denn ist der Bewerber erst eingestellt, können die Fragen im Fragebogen kein Indiz für eine Benachteiligungen des Bewerbers bei der Einstellung mehr darstellen.51 Weiterhin sind jedoch Benachteiligungen – zB. bei Beförderungen oder bei Probe37 Krieger/Rudnik, ArbRAktuell 2017, 427, 428. Dazu vertiefend Pieper, RdA 2018, 337, 349. Ablehnend dahingehend, dass nur der „Istzustand“ des Teams beschrieben werden soll, allerdings für die Arbeit in einem „jungen dynamischen Team“, BAG v. 11.8.2016 – 8 AZR 406/14, BB 2017, 506 Rz. 36. 38 BAG v. 26.1.2017 – 8 AZR 73/16, NZA-RR 2017, 342 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2017, 276. 39 EuGH v. 19.4.2012 – C-415/10, NZA 2012, 493 – Meister. Die unterbliebene Auskunft durch den Arbeitgeber kann allenfalls ein Indiz für eine Ungleichbehandlung darstellen. Entscheidend sind aber weiterhin alle Umstände des Einzelfalls. Dazu auch Koop, öAT 2012, 199, 201 f. 40 Eingehend Schlewing, RdA 2019, 257, 263 ff.; Richter, ArbRAktuell 2020, 129. 41 BAG v. 20.1.2016 – 8 AZR 194/14, NZA 2016, 681. 42 Schlewing, RdA 2019, 257, 263. 43 BAG v. 28.9.2017 – 8 AZR 492/16, NZA 2018, 519. 44 BAG v. 25.6.2020 – 8 AZR 75/19, juris, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2020, 349; v. 23.1.2020 – 8 AZR 484/ 18, NZA 2020, 851, Anm. Krieger, FD-ArbR 2020, 430408; v. 16.5.2019 – 8 AZR 315/08, NZA 2019, 3801; v. 11.8.2016 – 8 AZR 375/15, NZA 2017, 43; Einzelheiten bei Kap. 16 Rz. 5a. 45 BAG v. 11.8.2016 – 8 AZR 375/15, NZA 2017, 43; v. 20.1.2016 – 8 AZR 194/14, NZA 2016, 681. 46 BAG v. 18.9.2014 – 8 AZR 759/13, BeckRS 2014, 73585 Rz. 40 (kein „grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers“); Stümper, öAT 2017, 114, vgl. auch Pauken, ArbRAktuell 2016, 129, 131 und M 1.3.1 Ziff. II m. Anm. 47 BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555, 559 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2012, 116. 48 Schrader, DB 2006, 2571, 2572. 49 Vgl. M 1.3.1. 50 Vgl. M 1.3.2. 51 Kleinebrink, ArbRB 2006, 374, 377; Grobys, NJW-Spezial, Heft 2, 2007, 81, 82; Kania/Merten, ZIP 2007, 8, 13; Roesner, BC 2012, 214, 217.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Rz. 14a Kap. 1

zeitkündigungen – denkbar. Deshalb gilt für beide Fragebögen, dass besonders risikobehaftete Fragen nur mit äußerster Zurückhaltung und nach eingehender Prüfung, ob eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt wäre, gestellt werden sollten. Maßgeblich für die Rechtfertigung sind idR die strengen Anforderungen des § 8 Abs. 1 AGG; danach ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingung ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen sind. Für die Benachteiligungsmerkmale „Religion“ und „Weltanschauung“ sowie wegen des Alters ist die Rechtfertigung gem. § 9 bzw. § 10 AGG unter leichteren Voraussetzungen möglich. Hinsichtlich beider Fragebögen ist wegen des Haftungsprivilegs, § 15 Abs. 3 AGG, die Verwendung aufgrund kollektivrechtlicher Vereinbarungen ratsam (dazu Rz. 17 ff.).

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Stellt der Arbeitgeber unzulässige Fragen, können Ansprüche nach § 15 AGG entstehen.52 Beantwortet der Arbeitnehmer allerdings eine zulässige Frage bewusst falsch oder unvollständig, so kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anfechten (dazu näher Kap. 21) oder außerordentlich gemäß § 626 BGB kündigen, wenn die wahrheitswidrige Antwort für die Einstellung kausal war und der Bewerber dies wusste oder erkennen musste.53

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Eine Neuerung stellt die im Zuge der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 201754 ergangene Änderung des Personenstandsgesetzes dar, das nunmehr die Eintragung eines „diversen“, also neutralen Geschlechts in das Geburtenregister ermöglicht, § 22 Abs. 3 PStG.55 Mit Blick auf §§ 7, 8 Abs. 1, § 11 AGG dürften in Stellenausschreibungen und Fragebögen die bestehenden Klammerzusätze zu erweitern sein, zB. auf „(männlich/weiblich/divers)“, „(m/w/d)“, oder „(m/w/i/t)“56 (i = intersexuell, t = transsexuell) oder durch Verwendung geschlechtsneutraler Oberbegriffe.57

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Vergleichbare Fragen stellen sich bei Bezeichnungen im Vertrag und der Anrede in Schreiben. Hier bietet sich die geschlechtsneutrale Anrede „Guten Tag … [Vorname, Nachname]“ oder „Hallo … [Vorname, Nachname]“ an. Vorgeschlagen58 wird auch die Anrede mit Gender Star: „Sehr geehrte*r … [Vorname, Nachname]“ oder mit Gender Gap: „Sehr geehrte_r … [Vorname, Nachname]“. In den in diesem Buch vorgeschlagenen Mustern wurde – mit Ausnahme von Ausschreibung und Bewerbung – zur besseren Lesbarkeit in der Regel auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/ Frau als Alternative verzichtet, da dem Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein wird. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren.

52 BAG v. 21.6.2012, NZA 2012, 1211 – danach ist § 15 Abs. 1 AGG lex specialis gegenüber § 280 BGB, weitergehend BKG, § 15 AGG Rz. 65 ff. 53 BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, NZA 2012, 34; v. 6.2.2003 – 2 AZR 621/01, NZA 2003, 848; v. 11.11. 1993 – 2 AZR 467/93, NZA 1994, 407. Eine Anfechtung kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer eine besondere Vertrauensstellung einnehmen soll (Söhl, ArbRAktuell 2014, 166). 54 BVerfG v. 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, NJW 2017, 3643. Ausführlich und krit. zur Entscheidung Mörker, NZFam 2018, 1. 55 Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben v. 18.12.2018, BGBl. I, S. 2635. Ausführlich zur Einführung des „dritten Geschlechts“ Berndt-Benecke, NVwZ 2019, 286; Gössl/ Dannecker/Schulz, NZFam 2020, 145; Körlings, NZA 2018, 282. 56 Körlings, NZA 2018, 282. 57 Gössl/Dannecker/Schulz, NZFam 2020, 145, 148 nennen als weitere, bisher in der Praxis allerdings nicht verwendete Option den leeren Geschlechtereintrag. Ausführlich zu Einstellungsfragen im Zusammenhang mit dem dritten Geschlecht Körlings, NZA 2018, 282, ferner Becker/Wagner, Personalführung 2019, 72; Hillermann/Düerkop, DVP 2019, 325; Spielberger/Eber, AuA 2019, 404; zur Umsetzung s. M 1.1.1. 58 Vgl. die Empfehlungen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes unter https://www.antidiskriminie rungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Geschlecht/Dritte_Option/Dritte_Option_node.html.

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Kap. 1 Rz. 15 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses b) Beteiligung des Betriebsrats und Haftungsprivilegierung

15 Der Fragebogen bedarf der Zustimmung des Betriebsrats nach § 94 Abs. 1 BetrVG.59 Das gilt auch

für Änderungen an bereits bestehenden Fragebögen. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, kann sie durch die Einigungsstelle ersetzt werden, § 76 Abs. 5 BetrVG. Der Betriebsrat hat insoweit auch über die Einhaltung des AGG zu wachen, vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wobei die Grenzen dieser Überwachungspflicht streitig sind.60

16 Praxistipp: Fragen, die in einem ohne Zustimmung des Betriebsrats verwendeten Fragebogen gestellt werden und folglich betriebsverfassungsrechtlich unzulässig sind, muss der Bewerber gleichwohl wahrheitsgemäß beantworten, wenn sie individualrechtlich zulässig sind.61

17 Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats gem. § 94 Abs. 1 BetrVG birgt für den Arbeitgeber auch einen

Vorteil. Denn § 15 Abs. 3 AGG sieht eine Haftungsprivilegierung für den Fall vor, dass der Arbeitgeber eine kollektivrechtliche Vereinbarung (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Dienstvereinbarung) anwendet; er haftet dann nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.62

18 Gem. dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 AGG gilt die Haftungsprivilegierung nur für Entschädigungen, also Ansprüche gem. § 15 Abs. 2 AGG. Unseres Erachtens handelt sich dabei jedoch um ein Redaktionsversehen, da die „höhere Richtigkeitsgewähr“63 kollektivrechtlicher Vereinbarungen gegenüber Schadensersatzansprüchen gem. § 15 Abs. 1 AGG ebenfalls besteht.64

19 Praxistipp: Wegen der Privilegierungswirkung des § 15 Abs. 3 AGG ist eine „Absicherung“ des Einstel-

lungsfragebogens mit Hilfe kollektivrechtlicher Vereinbarungen ratsam. Dadurch vermindert sich das Haftungsrisiko bei Fragen, deren Zulässigkeit nach Inkrafttreten des AGG zweifelhaft geworden ist.65

3. Datenschutz 20 Eine eingehende Darstellung zum Datenschutz findet sich in Kap. 70 Rz. 4 ff.; darauf wird verweisen.

Die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Beschäftigungsverhältnis und für dessen Anbahnung richtet sich nach der am 25.5.2018 eingeführten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), sowie dem am selben Tag in Kraft getretenen neuen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).66

59 Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich nur auf die Erhebung der persönlichen Daten der Bewerber, nicht hingegen auf die Entscheidung über die Einführung von Personalfragebögen als solchen (LAG Nürnberg v. 21.12.2010 – 6 TaBVGa 12/10, NZA-RR 2011, 130; Richardi, § 94 BetrVG Rz. 32 f.; aA. Ottmann, ArbRAktuell 2018, 493, 495). 60 Vgl. Besgen, BB 2007, 213, 216; Däubler, AiB 2006, 614, 617. Der Betriebsrat erhält durch § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kein zusätzliches Mitbestimmungsrecht; durch § 17 AGG hat sich das nicht geändert (Fitting, § 80 BetrVG Rz. 14). Allgemein zu den Beteiligungsrechten bei der Einstellung Ottmann, ArbRAktuell 2018, 493 und 521; Walk/Shipton, BB 2010, 1917. 61 BAG v. 2.12.1999 – 2 AZR 724/98, NZA 2001, 107 zum Personalvertretungsrecht; GK-BetrVG/Kraft, § 94 Rz. 24; aA. Fitting, § 94 BetrVG Rz. 35. 62 BT-Drucks. 16/1780, S. 38; s. auch Bauer/Evers, NZA 2006, 893, 897; ErfK/Schlachter, § 15 AGG Rz. 14. 63 BT-Drucks. 16/1780, S. 38. 64 Bauer/Thüsing/Schunder, NZA 2005, 32, 35; vgl. HK-ArbR/Berg, § 15 AGG Rz. 11. 65 BKG, § 15 AGG Rz. 43. 66 Zusätzlich sind die Landesdatenschutzgesetze zu beachten (vgl. zum DSG NRW aF. BAG v. 15.11.2012 – 6 AZR 339/11, DB 2013, 584). S. für eine Übersicht der neuen Landesdatenschutzgesetze Gola/Klug, NJW 2018, 2608.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Rz. 21 Kap. 1

Das neue Datenschutzrecht schreibt zwar im Kern die bisherigen datenschutzrechtlichen Grundprinzipien fort,67 sieht jedoch an einigen Stellen Abweichungen vor.68 Eine Datenverarbeitung kann nur dann rechtmäßig erfolgen, wenn die Vorgaben des Art. 5 DSGVO69 eingehalten werden und die Datenverarbeitung auf eine der Ermächtigungsgrundlagen des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 DSGVO70 gestützt werden kann (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Art. 24 Abs. 1 DSGVO begründet eine weitreichende Beweislastumkehr zu Lasten der datenverarbeitenden Stelle.71 Die Transparenzpflichten und die Rechte der von der Datenverarbeitung Betroffenen wurden erheblich ausgeweitet72: Art. 88 DSGVO enthält eine Öffnungsklausel im Bereich des Beschäftigungsdatenschutzes.73 Die Grundsätze des § 32 BDSG aF. gelten gem. § 26 BDSG (nF.) im Wesentlichen weiterhin. Eine Datenerhebung im Beschäftigtenverhältnis ist auch unter dem Regime der DSGVO gem. § 26 BDSG insb. dann zulässig, wenn berechtigte Belange des Arbeitgebers sie rechtfertigen. Bei Verstößen gegen die Vorgaben der DSGVO drohen den Unternehmen erhebliche Sanktionen.74 Stark umstritten ist die Zulässigkeit von Pre-Employment Screenings. Darunter versteht man die Überprüfung eines Bewerbers, vor allem durch Internet-Recherche, die sich insb. auf die Ermittlung der Identität, des Lebenslaufs und des Umfelds fokussiert.75 Die Zulässigkeit solcher „BackgroundChecks“ wird durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers und durch datenschutzrechtliche Vorschriften begrenzt, da Bewerber als Beschäftigte iSd. BDSG gelten, § 26 Abs. 8 Satz 2 BDSG. Die Recherche nach Daten, die über Suchmaschinen wie Google und Yahoo allgemein zugänglich sind, ist zulässig, soweit sie nicht dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung entstammen.76 Eine Nutzung sozialer Netzwerke zum Zwecke des Screenings ist wohl unzulässig, soweit es sich um freizeitorientierte Netzwerke handelt, wie zB. Facebook, weil das Persönlichkeitsinteresse des Bewerbers hier überwiegt;77 die Daten in solchen Netzwerken sind auch nicht „offensichtlich öffentlich gemacht“ iSv. Art. 9 Abs. 2 lit. e DSGVO. Bei berufsorientierten (Karriere-)Netzwerken wie Xing oder LinkedIn überwiegt hingegen das Interesse des potentiellen Arbeitgebers, soweit die Daten un-

67 Die Datenverarbeitung ist auch weiterhin als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet. Eine Datenverarbeitung ist daher nur dann möglich, wenn ein Erlaubnistatbestand iSv. Art. 6 DSGVO bzw. ein diesen konkretisierenden Tatbestand im BDSG vorliegt. 68 Zu den Änderungen im Einzelnen Sörup/Marquardt, ArbRAktuell 2016, 103, 105; Wybitul/Sörup/Pötters, ZD 2015, 559. 69 Zu den in Art. 5 DSGVO aufgeführten Prinzipien zählen die Grundsätze der Rechtmäßigkeit, der Verarbeitung nach Treu und Glauben, der Zweckbindung, der Datensparsamkeit, der Richtigkeit und der Begrenzung der Speicherdauer (Schantz, NJW 2016, 1841, 1843 f.). 70 Für die Unternehmen von besonderer Bedeutung werden hierbei die Tatbestände der Einwilligung (lit. a), der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung (lit. c, d) und des berechtigten Interesses (lit. f) sein. Zu den „berechtigten Interessen“ kann auch die Datenübermittlung innerhalb einer Unternehmensgruppe zählen, Erwägungsgrund (EG) 48; dazu zählt auch die Datenübertragung im Beschäftigungskontext (Kort, DB 2016, 711, 715). 71 Danach hat der Verantwortliche sicherzustellen, dass die personenbezogenen Daten nach den Vorgaben der Verordnung verarbeitet werden, dazu Wybitul, BB 2016, 1077, 1078. Diese Rechtspflicht kann insbesondere bei späteren Rechtsstreitigkeiten mit Betroffenen relevant werden. Die Unternehmen sehen sich daher zukünftig erhöhten prozess- und haftungsrechtlichen Risiken ausgesetzt. 72 Dazu auch Sörup/Marquardt, ArbRAktuell 2016, 103, 105; Wybitul, BB 2016, 1077, 1079. 73 Vgl. dazu vertiefend Düwell/Brink, NZA 2016, 665 ff.; Kort, DB 2016, 711 ff.; Maschmann, DB 2016, 2480 ff.; Sörup/Marquardt, ArbRAktuell, 2016, 103 ff.; Taeger/Rose, BB 2016, 819, 830 f.; Tiedemann, ArbRB 2016, 334 ff. 74 Die maximale Geldbuße beträgt – je nach dem höheren Wert – bis zu 20 Mio. Euro oder 4 % des gesamten weltweiten Konzernumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr. Zudem können die Betroffenen Schadenersatz für materielle oder immaterielle Einbußen verlangen (Art. 82 Abs. 1 DSGVO). 75 Schwarz, ZD 2018, 353, s. dort ausführlich zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit; s. auch Gola, NZA 2019, 654 und Lepperhoff, ZD-Aktuell 2017, 05748. 76 Kainer/Weber, BB 2017, 2740, 2743 f.; vgl. auch LG Köln v. 30.1.2008 – 28 0 319/07, juris. 77 Kainer/Weber, BB 2017, 2740, 2743 f.; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 69.

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Kap. 1 Rz. 21 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses mittelbar beim Profil des Bewerbers erhoben werden.78 Bei einer Erhebung auf dem Profil Dritter hingegen dürfte wiederum das Bewerberinteresse überwiegen, da diese Daten nicht zur Nutzung durch weitere Nutzer zur Verfügung gestellt wurden.79 Nach überwiegender Auffassung soll auch eine Einwilligung den zulässigen Rahmen für Pre-Employment Screening nicht erweitern können.80 Regelmäßig zulässig dürfte die Datenerhebung bei früheren Arbeitgebern sein, um die beruflichen Angaben des Bewerbers zu verifizieren;81 das soll jedenfalls dann gelten, wenn Anlass zu Zweifeln an den Angaben des Bewerbers besteht.82 Bei der Verwendung von Algorithmen sind gem. Art. 22 DSGVO vollständig automatisierte Bewerbungsverfahren unzulässig. Arbeitgeber müssen sicherzustellen, dass die endgültige Entscheidung über die Einbeziehung von Bewerbern in das Verfahren einer natürlichen Person vorbehalten bleibt.83 Bei der Durchführung von Assessment Centern84 ist die Erhebung von personenbezogenen Daten der Bewerber nur zulässig, wenn der Arbeitgeber die Daten benötigt, um den bestgeeigneten Kandidaten auszuwählen, und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt bleibt. Die Beeinträchtigung des Bewerbers ist deshalb besonders weitgehend, weil teilweise seine persönlichen Daten auch anderen Teilnehmern des Assessment-Centers bekannt werden.85 Die Verhältnismäßigkeit ist für jede Einzelübung innerhalb des Assessment Centers gesondert zu betrachten.86 Die Einwilligung der Teilnehmer stellt auch hier wahrscheinlich keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Nutzung der Daten dar.87 Gegenüber den Bewerbern bestehen seit der Datenschutzreform gem. Art. 13, 14 DSGVO zudem umfangreiche Informations- und Rechenschaftsverpflichtungen des Arbeitgebers.88

4. Beteiligung des Betriebsrats bei der Einstellung 22 Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als

zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Einstellung89 rechtzeitig zu un78 Aszmons/Raben/Reimers, DB 2018, 1593, 1594, Kainer/Weber, BB 2017, 2740, 2743 f.; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 69. 79 Vgl. zum Ganzen Howald, öAT 2013, 133; Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 363. 80 Gola, RDV 2011, 109, 114; Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 363; Riesenhuber, RdA 2011, 257, 261; s. Schwarz, ZD 2018, 353, 355 f.; vgl. Lepperhoff, ZD-Aktuell 2017, 05748. 81 Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 363. 82 Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 69. 83 Abel, ZD 2018, 304, 307. 84 Dazu Weth/Herberger/Wächter/Sorge/Weth, Datenschutz, Teil B/II, Rn. 133; Wentzel, sb 2017, 129; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 71. 85 Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 71. 86 Überblick bei Carpenter, NZA 2015, 466, 467. Danach bergen Gruppendiskussionen höhere Risiken für eine unzulässige Diskriminierung nach dem AGG als Einzelübungen. 87 Weth/Herberger/Wächter/Sorge/Weth, Datenschutz, Teil B/II, Rn. 134; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 71. 88 Dazu im Einzelnen Bettinghausen/Wiemers, DB 2018, 1277, 1280 ff.; s. auch Gola, NZA 2019, 654, 657. 89 Einstellung ist die rein tatsächliche Eingliederung in den Betrieb, ohne dass es auf das Rechtsverhältnis zum Arbeitgeber ankommt. Daher ist auch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern von dem Begriff umfasst, (ua. BAG v. 15.10.2013 – 1 ABR 25/12, NZA 2014, 214 Rz. 21), was nunmehr durch § 14 Abs. 3 AÜG klargestellt wird. Dasselbe gilt für die Umwandlung von befristeten in unbefristete Arbeitsverhältnisse (BAG v. 27.10.2010 – 7 ABR 86/09, NZA 2011, 418 Rz. 22; v. 23.6.2009 – 1 ABR 30/08, NZA 2009, 1162) und die Auf- bzw. Übernahme von Auszubildenden (BAG v. 30.9.2008, NJOZ 2009, 288 Rz. 21; v. 20.4.1993 – 1 ABR 59/92, NZA 1993, 1096; v. 3.10.1989 – 1 ABR 68/88, NZA 1990, 366). Keine Einstellung ist zwar idR die Beschäftigung freier Mitarbeiter und Handelsvertreter (BAG v. 30.8.1994 – 1 ABR 3/94, NZA 1995, 649). Etwas Anderes soll jedoch gelten, wenn der Betriebsinhaber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals trifft (BAG v. 13.5. 2014 – 1 ABR 50/12, NZA 2014, 1149 Rz. 18). Zudem hat der Betriebsrat über § 80 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf Mitteilung des Aufgabengebietes, des Ortes der Tätigkeit, der Zeiten der Tätigkeit und der Art der Entlohnung der freien Mitarbeiter, um prüfen zu können, ob es sich nicht doch um Arbeitneh-

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Rz. 26 Kap. 1

terrichten und dessen Zustimmung einzuholen (M 1.5). Er muss dazu die Personalien aller Bewerber mitteilen.90 Der Betriebsrat kann die Zustimmung nur in den in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Fällen verweigern; insb. kann er gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG seine Zustimmung zur Einstellung wohl auch verweigern, wenn diese gegen das AGG verstößt.91 Macht der Betriebsrat von diesem Recht Gebrauch, kann der Arbeitgeber die Zustimmung durch das Arbeitsgericht gem. § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzen lassen. In dringenden Fällen kann er nach § 100 BetrVG vorgehen. Die Einstellung leitender Angestellter ist dem Betriebsrat gemäß § 105 BetrVG lediglich mitzuteilen; zu Einzelheiten und Formulierungsvorschlägen s. M 42.6–M 42.11. Wichtig: Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats ein, so ist der Vertrag individualrechtlich dennoch wirksam. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer jedoch nicht beschäftigen,92 bleibt aber zur Zahlung der Vergütung verpflichtet.

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Der Arbeitgeber setzt sich zudem der Sanktion des § 101 BetrVG aus (Zwangsgeld).

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5. Aufklärungspflichten des Arbeitgebers bei ungesicherter Beschäftigung des Arbeitnehmers Die Frage, ob und wann den Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis anwirbt, eine Aufklärungspflicht trifft, wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses unsicher ist, ist nicht abschließend geklärt. Aus § 242 BGB ergibt sich eine derartige Aufklärungspflicht über einen geplanten Stellenabbau jedenfalls dann, wenn die diesbezüglichen Planungen eine hinreichende Reife und Konkretheit aufweisen und der Stellenabbau hinreichend bestimmt und in Einzelheiten bereits absehbar ist.93 Ein Schadensersatzanspruch dürfte zudem bestehen, wenn der Arbeitgeber unwahre Tatsachenangaben macht, aufgrund derer sich der Bewerber zum Abschluss des Arbeitsvertrages entschließt;94 die unterlassene Aufklärung über eine bloß unsichere Auftragslage begründet aber noch keine Aufklärungs- und damit auch keine Schadensersatzpflicht.95

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6. Anfechtung des Arbeitsvertrages Neben der Kündigung richtet sich die Anfechtung auf eine einseitige Beendigung/Beseitigung des Arbeitsverhältnisses.96 Sie steht selbständig neben der Kündigung und unterscheidet sich von dieser in

90

91 92 93 94 95 96

mer handelt (BAG v. 15.12.1998 – 1 ABR 9/98, NZA 1999, 722, 726). Mit dem AÜG-Reformgesetz wurden die Informationspflichten auf den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben der freien Mitarbeiter erstreckt, § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Zudem sind dem Betriebsrat die Verträge vorzulegen, die dem Fremdpersonaleinsatz zugrunde liegen, § 80 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Der Begriff „Bewerber“ iSd. § 99 BetrVG bezeichnet jede Person, die ihr Interesse an einem konkreten zur Besetzung ausgeschriebenen Arbeitsplatz bekundet. Dazu zählen auch von vornherein aussichtslose Stellenbewerber (BAG v. 1.6.2011 – 7 ABR 117/09, NZA 2011, 1435; v. 28.6.2005 – 1 ABR 26/04, NZA 2006, 111; v. 19.5.1981 – 1 ABR 109/78, DB 1981, 2384). Zum „formalen Bewerberbegriff“ des AGG s. BAG v. 23.1.2020 – 8 AZR 484/18, NZA 2020, 851, Anm. Krieger, FD-ArbR 2020, 430408 sowie Einf. Rz. 7. Das Informationsrecht des Betriebsrats erstreckt sich dabei auch auf solche Bewerbungen, die von einem unternehmensinternen Recruitment-Center vorab aussortiert und nicht an die Stelle weitergeleitet werden, die die Auswahlentscheidung trifft (BAG v. 21.10.2014 – 1 ABR 10/13, NZA 2015, 311). MünchKommBGB/Thüsing, § 17 AGG Rz. 23. Weitergehend zu den Auswirkungen des AGG auf das BetrVG Besgen, BB 2007, 213 ff. BAG v. 5.4.2001 – 2 AZR 580/99, NZA 2001, 893, 897; v. 26.1.1988 – 1 AZR 531/86, NZA 1988, 476; v. 2.7.1980 – 5 AZR 1241/79, DB 1981, 272. BAG v. 14.7.2005 – 8 AZR 300/04, NZA 2005, 1298. LAG Hessen v. 27.3.2003 – 9 SA 1211/01, BeckRS 2003, 17021 Rz. 70. LAG Köln v. 9.9.1998 – 8 Sa 532/98, BeckRS 1998, 30776076; dazu krit. Hümmerich, NZA 2002, 1305. Die Anfechtung eines Teils des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber ihn bei Vertragsschluss darauf hinweist, dass er das Vertragsangebot nur „insgesamt“ annehmen könne, BAG v. 14.6.2005 – 3 AZR 185/04, DB 2006, 959.

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Kap. 1 Rz. 26 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Voraussetzungen und Wirkungen. Der Anfechtende will sich von den Folgen einer Willenserklärung befreien, die auf einem Willensmangel beruht. Das Rechtsverhältnis ist in diesem Fall von Anfang an fehlerhaft. Bei der Kündigung hingegen wird ein Rechtsverhältnis, das zunächst fehlerfrei zustande gekommen ist, aus einem nachträglich eintretenden Grund beendet. Aufgrund der Selbständigkeit beider Rechtsinstitute wird das Anfechtungsrecht nicht durch das Recht zur Kündigung verdrängt;97 eine tatsächlich erklärte vorangegangene Kündigung schließt eine spätere Anfechtung nicht aus.98 a) Anfechtungsgründe

27 Der Arbeitsvertrag kann wegen Irrtums (§ 119 BGB), wegen Drohung oder wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) angefochten werden. aa) Irrtum

28 Zur Anfechtung wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtums ist berechtigt, wer sich bei Abgabe der Willenserklärung über deren Inhalt geirrt hat oder eine Erklärung dieses Inhalts gar nicht abgeben wollte, § 119 Abs. 1 BGB.

29 Von praktischer Bedeutung ist der Irrtum des Arbeitgebers über verkehrswesentliche Eigenschaften

des Arbeitnehmers, § 119 Abs. 2 BGB. Anfechtungsgrund ist hier die Unkenntnis von Eigenschaften, die für die Beurteilung der Eignung des Arbeitnehmers für die vorgesehene Arbeitsleistung von Bedeutung sind. Die Eigenschaften, die Gegenstand des Irrtums sind, können physikalischer Natur sein, aber auch aus rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen von gewisser Dauer bestehen.

30 Das AGG ist auch im Rahmen des Anfechtungsrechts zu berücksichtigen. So kann gewöhnlich ein

Irrtum des Arbeitgebers über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Arbeitnehmers, welche im Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Merkmal steht, kein Anfechtungsrecht des Arbeitgebers nach § 119 Abs. 2 BGB mehr begründen, es sei denn, dass die §§ 8–10 AGG die Berücksichtigung erlauben.99

31 Nach früherer Rechtsprechung des BAG war eine Anfechtung wegen Schwangerschaft möglich, wenn die Schwangere bei einer auf kurze Zeit befristeten Beschäftigung – etwa einer Schwangerschafts- oder Urlaubsvertretung – aufgrund der Beschränkungen durch das MuSchG für eine im Verhältnis zur vereinbarten Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses erhebliche Zeit ausfiel.100 Ein diesbezüglicher Irrtum wurde vom EuGH bereits vor Geltung des AGG als unbeachtlich angesehen.101 Dies sollte auch gelten bei der Aufnahme einer befristeten Tätigkeit, wenn die Schwangerschaft der Vertragsdurchführung für einen verhältnismäßig erheblichen Zeitraum entgegensteht.102 Das gilt mit Inkrafttreten des AGG erst recht.103

32 Die Krankheit104 eines Arbeitnehmers stellt gewöhnlich dann eine verkehrswesentliche Eigenschaft

dar, wenn dem Arbeitnehmer bei Vertragsschluss nicht nur vorübergehend die notwendige Fähigkeit fehlt oder erheblich beeinträchtigt ist, die vertraglich übernommenen Arbeiten auszuführen.105 Hieran hat sich durch das Inkrafttreten des AGG grundsätzlich nichts geändert.106 Der EuGH hat 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106

BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12, NZA 2014, 1131; v. 16.12.2004, AP Nr. 64 zu § 123 BGB. BAG v. 12.5.2011, NZA-RR 2012, 43. Schleusener/Suckow/Voigt, § 7 AGG Rz. 31; Däubler/Bertzbach, § 7 AGG Rz. 275 ff. Vgl. auch Rz. 12. BAG v. 15.10.1992 – 2 AZR 227/92, DB 1993, 435. EuGH v. 27.2.2003 – C-320/01, NZA 2003, 373. EuGH v. 4.10.2001 – C-109/00, NZA 2001, 1241. Hierzu Erläuterungen zu M 1.3.1, Ziff. II; ausf. Pallasch, NZA 2007, 306. Vgl. dazu Erläuterungen zu M 1.3.1, Ziff. II.1. BAG v. 28.3.1974, DB 1974, 1581. Vgl. auch Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Rz. 36 Kap. 1

eine grundsätzliche Gleichsetzung von Krankheit und Behinderung zwar abgelehnt,107 in der Entscheidung vom 11.4.2013 jedoch ausgeführt, dass eine Einschränkungen mit sich bringende Krankheit einer Behinderung gleichzustellen sein kann.108 Auch ist nicht auszuschließen, dass besonders schwerwiegende Krankheiten oder Krankheiten von sehr langer Dauer als Behinderung iSd. § 1 AGG anzusehen sind.109 Ein diesbezüglicher Irrtum würde dann wohl – vorbehaltlich §§ 8–10 AGG – nicht zur Anfechtung berechtigen. Ein Irrtum über eine etwaige Schwerbehinderteneigenschaft begründet entgegen der früheren Rechtsprechung des BAG110 seit Inkrafttreten des AGG – abgesehen von Ausnahmen nach §§ 8–10 AGG111 – kein Anfechtungsrecht des Arbeitgebers nach § 119 Abs. 2 BGB mehr.112

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Das Bestehen von Vorstrafen113 an sich ist keine verkehrswesentliche Eigenschaft, lässt aber uU. Rückschlüsse auf charakterliche Eigenschaften zu, deren Unkenntnis zur Anfechtung berechtigt. Die Vorstrafe muss jedoch einen Bezug zu der vorgesehenen Tätigkeit haben.114 Davon ist bei einer Tätigkeit im Polizeidienst regelmäßig auszugehen.115 Die Gewerkschaftszugehörigkeit ist keine verkehrswesentliche Eigenschaft.116

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Unterschreibt der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag in einer Sprache, der er nicht kundig ist, so kann er seine Willenserklärung allenfalls anfechten, soweit er sich von dem Inhalt des Vertrages, den er ungelesen unterschrieben hat, eine bestimmte unrichtige Vorstellung gemacht hat117 oder wenn er durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung zur Annahme des Vertrages bestimmt worden ist, nicht aber, wenn er den Vertrag in dem Bewusstsein unterzeichnet hat, seinen Inhalt nicht zu kennen.118

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bb) Arglistige Täuschung Zur Anfechtung einer Willenserklärung berechtigt ist auch, wer zu ihrer Abgabe durch eine arglistige, dh. vorsätzliche Täuschung bestimmt wurde (§ 123 Abs. 1 BGB). Täuschung ist jedes Verhalten, durch das eine unrichtige Vorstellung über Tatsachen erregt, bestärkt oder aufrechterhalten wird. Auf die Verkehrswesentlichkeit der Tatsache kommt es nicht an. Maßgeblich ist, dass die Täuschung letztendlich für den Abschluss des Arbeitsvertrages ursächlich war.119 Reicht der Arbeitnehmer daher aufforderungsgemäß erst nach Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages Einstellungsunterlagen ein, so scheidet eine Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen hierin enthaltener unrichtiger Angaben mangels Kausalität aus.120 107 EuGH v. 11.7.2006 – C-13/05, NZA 2006, 839; BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08, DB 2010, 507 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2010, 143. 108 EuGH v. 11.4.2013, NZA 2013, 553. 109 Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169, 172; Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 26 Rz. 23. Vgl. auch M 1.3.1, Ziff. II.1 mit Anm. 110 Vgl. BAG v. 18.10.2000 – 2 AZR 380/99, NZA 2001, 315. 111 Beispiel in M 16.6. 112 Einzelheiten bei Kap. 1, M 1.3.2, Ziff. II 1 mit Erläuterungen sowie M 1.3.1 Ziff. II.1 mit Anm. 113 Die Frage nach Ermittlungsverfahren ist nur zulässig, wenn bereits ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen kann (BAG v. 27.7.2005, NZA 2005, 1244). Nach eingestellten Ermittlungsverfahren darf aufgrund der Wertentscheidung des § 53 BZRG nicht gefragt werden (BAG v. 15.11.2012 – 6 AZR 339/11, DB 2013, 584). 114 BAG v. 5.12.1957, DB 1958, 277. Vgl. auch M 1.3.1 Ziff. 5, Punkt 4 mit Anm. 115 BAG v. 20.5.1999, NZA 1999, 975 f. 116 Vgl. M 1.3.1 Ziff. V 9 mit Erläuterungen. 117 BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B), NZA 2014, 1076. 118 BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B), NZA 2014, 1076. 119 BAG v. 18.12.2000 – 2 AZR 380/99, NZA 2001, 315. 120 LAG Hamm v. 12.2.2009 – 8 Sa 1386/08.

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Kap. 1 Rz. 37 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses

37 Ein Anfechtungsrecht besteht auch dann nicht, wenn es schon an einem täuschungsbedingten Irr-

tum fehlt. Ein solcher Irrtum fehlt, wenn derjenige, der getäuscht werden soll, die Wahrheit kennt. Die Behauptung eines Auszubildenden, er werde während der gesamten Dauer des Ausbildungsverhältnisses von drei Jahren Leistungen nach dem SGB II beziehen, begründet daher in aller Regel keinen Irrtum. Denn es ist allgemein bekannt, dass Leistungen nach dem SGB II von den persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Berechtigten bzw. der Bedarfsgemeinschaft, der er angehört, abhängen, die sich ständig ändern können.121

38 Eine arbeitgeberseitige Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist aber etwa dann erfolgreich,

wenn sich der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag dazu verpflichtet hat, Nacht- und Wechselschicht zu leisten, obwohl er bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages bereits wusste, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in Nachtarbeit eingesetzt werden kann.122

39 Eine Anfechtung kommt typischerweise in Betracht, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Ein-

stellung eine zulässige Frage bewusst wahrheitswidrig beantwortet. Voraussetzung ist allerdings, dass die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrages ursächlich war. Daran fehlt es, wenn der Arbeitgeber erklärt, er hätte den Arbeitnehmer auch dann eingestellt, wenn dieser die Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte.123 Die falsche Beantwortung unzulässiger Fragen ist demgegenüber nicht widerrechtlich. Dem Arbeitnehmer steht in diesem Fall ein „Recht zur Lüge“ zu.124 Darin liegt auch keine arglistige Täuschung iSd. § 123 BGB. Zulässig sind nur solche Fragen, an deren Beantwortung der Arbeitgeber – auch und gerade unter Berücksichtigung des AGG125 – ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hat.

40 Umgekehrt liegt eine Täuschung auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben

verpflichtet ist, eine Tatsache auch ungefragt zu offenbaren, er diese aber bewusst verschweigt.126 Eine solche Offenbarungspflicht trifft den Arbeitnehmer jedoch nur ausnahmsweise. Im Regelfall ist es Sache des Arbeitgebers, die für den Vertragsschluss aus seiner Sicht ausschlaggebenden Umstände zu klären. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die verschwiegenen Umstände den Arbeitnehmer daran hindern, die vertragliche Leistungspflicht überhaupt zu erfüllen.127

41 Die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage nach der Verfassungstreue (Eig-

nungskriterium iSv. Art. 33 Abs. 2 GG) kann die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung begründen. Ein Arbeitnehmer, der sich für eine zwar objektiv verfassungsfeindliche, aber nicht verbotene Partei oder Organisation engagiert und aktiv für deren Ziele eintritt, kann jedoch subjektiv der Auffassung sein, er bewege sich (noch) auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes, so dass es dann an der erforderlichen Arglist fehlt.128 121 122 123 124 125

BAG v. 23.8.2011 – 3 AZR 575/09, NZA 2012, 211. LAG Hessen v. 21.9.2011 – 8 Sa 109/11. BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, NZA 2012, 34. Einzelheiten in Rz. 3 ff. Dazu, welche Fragen seit Inkrafttreten des AGG noch zulässig sind, ausführlich Rz. 5 ff. sowie Erläuterungen zu M 1.3.1 und M 1.3.2. 126 Vgl. zur Verpflichtung des Arbeitnehmers, auch Ermittlungsverfahren mitzuteilen, BAG v. 20.5.1999, NZA 1999, 975. Allerdings gilt diese Verpflichtung nicht für bereits eingestellte Ermittlungsverfahren sowie für getilgte oder tilgungsreife Vorstrafen, §§ 51–53 BZRG, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um eine Stelle im Justizvollzugsdienst handelt und der Arbeitgeber nur pauschal nach dem Vorliegen von Vorstrafen fragt (BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12, NZA 2014, 1131). Der Arbeitnehmer ist auch verpflichtet, eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse oder das aktive Unterstützen eines Wettbewerbers des Arbeitgebers mitzuteilen, vgl. hierzu LAG Rh.-Pf. v. 23.1.2008 – 8 Sa 592/07. 127 Eine Offenbarungspflicht, dass der Arbeitnehmer sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet und dieses bis zum Beginn der neuen Tätigkeit unter Beachtung der geltenden Kündigungsfristen nicht mehr beenden kann, besteht grundsätzlich nicht (LAG München v. 3.2.2005, LAGE § 123 BGB 2002 Nr. 1). 128 BAG v. 12.5.2011, NZA-RR 2012, 43.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | Rz. 47 Kap. 1

b) Beschränkung des Anfechtungsrechts Das Anfechtungsrecht im Arbeitsverhältnis ist nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB beschränkt, wenn der Anfechtungsgrund seine Bedeutung für die weitere Durchführung des Arbeitsverhältnisses verloren hat.129 Der Arbeitsvertrag kann auch nur angefochten werden, wenn der Anfechtungsgrund zum Zeitpunkt der Anfechtungserklärung noch besteht.

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c) Rechtsfolgen der Anfechtung Zu unterscheiden ist zwischen Arbeitsverhältnissen vor und nach dem Beginn der Tätigkeit.

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Vor Beschäftigungsbeginn gelten die allgemeinen Vorschriften des BGB, dh. das Arbeitsverhältnis wird gemäß § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend beseitigt. Hat der Arbeitnehmer hingegen die Tätigkeit schon aufgenommen, entsteht ein faktisches Arbeitsverhältnis, das nicht rückgängig gemacht werden kann. Der Arbeitnehmer behält für die Vergangenheit alle Ansprüche, die ihm auch aus einem fehlerfreien Arbeitsvertrag zugestanden hätten, das Arbeitsverhältnis wird nur mit Wirkung für die Zukunft beseitigt.130 Allerdings scheidet ein faktisches Arbeitsverhältnis aus, wenn das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich außer Funktion gesetzt wurde; das ist zB bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers der Fall. Dann wirkt die Anfechtung auf den Zeitpunkt zurück, zu dem das Arbeitsverhältnis außer Funktion gesetzt wurde.131

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d) Anfechtungserklärung Das Anfechtungsrecht verjährt nicht; die Anfechtung hat jedoch innerhalb bestimmter Fristen zu erfolgen. Die Anfechtung wegen Irrtums ist gemäß § 121 Abs. 1 BGB unverzüglich zu erklären. Entgegen früherer Rechtsprechung132 gilt insoweit nicht mehr ein (fester) Zeitraum von zwei Wochen, sondern eine den Umständen des Einzelfalls angepasste Prüfungs- und Überlegungsfrist.133 Zu empfehlen ist, die Erklärung innerhalb maximal einer Woche vorzunehmen. Für die Anfechtung wegen einer arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung gilt die in § 124 Abs. 1 BGB bestimmte Jahresfrist ab Kenntnis.134 Der Arbeitgeber kann anfechten, ohne den Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG anzuhören.135 Die Anfechtungserklärung ist auch an keine Form gebunden.

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Praxistipp: Zum Teil wird verlangt, dass der Anfechtungsgrund in der Erklärung angegeben wird. Das sollte daher vorsorglich geschehen. Zu beachten ist ferner, dass ein Nachschieben von Anfechtungsgründen zu einer bereits aus anderen Gründen erklärten Anfechtung unzulässig ist, weil dies den berechtigten Belangen des Anfechtungsgegners widerspräche.136

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Da es sich bei der Anfechtung um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, gilt bei Abgabe der Erklärung durch einen Vertreter ebenso wie bei der Kündigungserklärung § 174 BGB.137 Etwas anderes gilt dann, wenn sich aus der Stellung des Vertreters im Betrieb ergibt, dass er üblicherweise eine entsprechende Vollmacht besitzt, so zB bei dem Leiter der Personalabteilung (vgl. im Einzelnen Kap. 22 Rz. 19).

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129 BAG v. 20.5.1999, NZA 1999, 975; v. 18.9.1987, DB 1988, 815; v. 28.3.1974, DB 1974, 1531. 130 BAG v. 16.9.1982 – 2 AZR 228/80, NJW 1984, 446; PWW/Ahrens, § 119 BGB Rz. 8. 131 BAG v. 3.12.1998 – 2 AZR 754/97, NZA 1999, 584; LAG Berlin-Brandenburg v. 18.6.2015, LAGE § 4 KSchG Nr. 59: Danach wirkt die Anfechtung auf den Zeitpunkt der faktischen „Außerfunktionssetzung“ zurück, selbst wenn diese ihrerseits auf einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung beruhen sollte, vgl. auch BAG v. 12.5.2011, EZA § 123 BGB 2002 Nr. 10, Rz. 19. 132 BAG v. 21.2.1991 – 2 AZR 449/90, NZA 1991, 719; v. 14.12.1979 – 7 AZR 38/78, DB 1980, 739. 133 BAG v. 3.7.2014 – 6 AZR 753/12, BAGE 148, 323 = NJOZ 2015, 70, Rz. 22. 134 BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348, 352; v. 20.5.1999, NZA 1999, 975; v. 19.5.1983 – 2 AZR 171/81, DB 1984, 298. 135 BAG v. 11.11.1993, BAGE 75, 77, 86. 136 BAG v. 7.11.2007 – 5 AZR 1007/06, NZA 2008, 530. 137 BAG v. 15.12.2011 – 8 AZR 220/11, NZA 2012, 1101.

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Kap. 1 Rz. 48 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses

7. Einfühlungsverhältnis 48 Zur Anbahnung des Arbeitsverhältnisses zählt auch das Einfühlungsverhältnis.138 Dabei handelt es

sich nicht um ein (Probe-)Arbeitsverhältnis, sondern um eine unbezahlte Kennenlernphase von maximal einer Woche. Der Aspirant untersteht in diesem Fall lediglich dem Hausrecht des Arbeitgebers, nicht aber seinem Direktionsrecht und ist zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet, der eventuell spätere Arbeitgeber im Gegenzug nicht zur Zahlung von Vergütung.139 Auch sonstige Ansprüche des potentiellen Arbeitnehmers, zB. auf Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung, bestehen nicht.140 Allerdings besteht ggf. ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (sog. „Wie-Beschäftigter“).141

Das Einfühlungsverhältnis birgt erhebliche Risiken für den Arbeitgeber, zB. im Hinblick auf das absolute Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Daher wird hier davon abgeraten. 138 Es handelt sich um ein „loses Rechtsverhältnis eigener Art“ (LAG Köln v. 13.10.2017 – 4 Sa 930/16, BeckRS 2017, 140507; LAG NRW v. 28.9.2017 – L 9 AL 164/15, BeckRS 2017, 130499 RZ. 34; LAG München v. 9.5.2016 – 10 Sa 690/15, juris, Rz. 38); s. auch Aligbe, ArbRAktuell 2019, 605, 605 f.; Gaul, NZA-Beil. 2016, 56, 57; Barth, BB 2009, 2646. 139 LAG München v. 9.5.2016 – 10 Sa 690/15, juris, Rz. 38; s. auch Gaul, NZA-Beilage 2016, 56, 57; Maties, RdA 2007, 135, 142; Schaub/Koch, ArbR-Hdb. § 41 Rz. 2; aA. ArbG Weiden/Oberpfalz v. 7.5. 2008 – 1 Ca 64/08 C, BeckRS 2008, 57570. 140 Gaul, NZA-Beilage 2016, 56, 57. 141 Vgl. BSG v. 20.8.2019 – B 2 U 1/18 R, NZA-RR 2020, 162 Rz. 16 ff. für den „Probetag“ in einem Entsorgungsunternehmen mit der Begründung, dass eine Tätigkeit von „wirtschaftlichem Wert“ erbracht wurde; s. auch Aligbe, ArbRAktuell 2019, 605, 607; Gaul, NZA-Beilage 2016, 56, 57. Ausführlich zu Wie-Beschäftigten Spellbrink/Bieresborn, NJW 2019, 3745.

II. Muster M 1.1.1

Interne Stellenausschreibung

Betr.: Stelle als […] / […] sucht […] (m/w/d)1 In unserem […] in […] haben wir im/in […]2 eine Stelle als […] zu besetzen. Der Aufgabenbereich umfasst […]. Voraussetzungen für die zu besetzende Position sind: – […] [Kenntnisse/fachliche und persönliche Voraussetzungen, evtl.: Eingruppierung bzw. Gehalt], – […], – […]. Voraussichtlicher Tätigkeitsbeginn ist der […]. Als vertragliche Arbeitszeit sind […]/Woche vorgesehen. Sofern Sie Interesse an dieser Position haben, richten Sie Ihre Bewerbung bitte [bis zum […]] an […]. Der Bewerbung fügen Sie bitte folgende Unterlagen bei: […].3 Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung. 1 Die Stellenausschreibung muss alle Geschlechter ansprechen, Einzelheiten Einf. Rz. 14a. Statt der bisher üblichen Formulierung (zB. „BewerberIn“, „PersonalerIn“) ist eine direkte („Sie sollten …“) bzw. eine unternehmensbezogene („Wir erwarten…“) zu empfehlen (vgl. Bettinghausen, BB 2018, 372, 375), so etwa bei der Bezeichnung der vakanten Stelle sowie des Anforderungsprofils. 2 Name des Ressorts, der Abteilung etc. 3 Ein Foto kann nicht verlangt werden (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 67). Das Verlangen wäre auch unklug, es könnte leicht ein Indiz nach § 22 AGG für eine Benachteiligung darstellen.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.2.1 Kap. 1

M 1.1.2

Externe Stellenausschreibung

Zur Verstärkung unseres Teams in […] suchen wir ab sofort […] (m/w/d)1 in Vollzeit/Teilzeit. Uns zeichnet […] aus. Ihr Arbeitsgebiet umfasst: – […], – […], – […]. Wir bieten – […], – […], – […]. Sie haben – […], – […], – […]. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann bewerben Sie sich jetzt bei uns. Nähere Informationen erhalten Sie unter […]. Bitte fügen Sie Ihrer Bewerbung folgende Unterlagen/Nachweise bei: – […], – […], – […]. Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung! 1 Die Stellenausschreibung muss alle Geschlechter ansprechen, Einzelheiten Rz. 14a. Statt der bisher üblichen Formulierung (zB. „BewerberIn“, „PersonalerIn“) ist eine direkte („Sie sollten…“) bzw. eine unternehmensbezogene („Wir erwarten…“) zu empfehlen (vgl. Bettinghausen, BB 2018, 372, 375), so etwa bei der Bezeichnung der vakanten Stelle sowie des Anforderungsprofils.

M 1.2.1

Vorstellungseinladung mit Kostenübernahme

Betr.: Ihre Bewerbung vom […]/Einladung zum Vorstellungsgespräch Guten Tag1 […], wir danken Ihnen für Ihre Bewerbung vom […]. Wir möchten Sie gerne kennen lernen.2 Für ein Vorstellungsgespräch schlagen wir folgenden Termin vor: […]. Sollte Ihnen dieser Termin nicht zusagen, bitten wir, mit uns einen anderen Termin zu vereinbaren. Das Gespräch werden Sie mit […] führen. 1 Da dem Arbeitgeber das Geschlecht der bewerbenden Person häufiger nicht bekannt ist, wird anstelle von „Sehr geehrte(r) Herr/Frau“ die für alle Geschlechter neutrale Formulierung gewählt, zu Einzelheiten und Alternativen s. Einf. Rz. 14a. 2 Sofern die Kostenübernahme nicht ausgeschlossen wird – dazu M 1.2.2 – sind die Kosten nach allgemeinen Grundsätzen vom Arbeitgeber zu übernehmen, Einzelheiten s. Einf. Rz. 1 f.

Lingemann | 21

Kap. 1 M 1.2.1 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichem Gruß […] (Unterschrift)

M 1.2.2

Vorstellungseinladung ohne Kostenübernahme

Betr.: Ihre Bewerbung vom […] Guten Tag1 […], aufgrund Ihrer Bewerbungsunterlagen vom […] können wir nicht ausschließen, dass Sie zu dem aussichtsreichen Bewerberkreis gehören/ sind wir an Ihrer Bewerbung interessiert. Wir stellen Ihnen daher anheim, sich bei uns vorzustellen. In diesem Fall bitten wir Sie, mit dem Unterzeichner telefonisch einen Termin zu vereinbaren. Die Ihnen entstehenden Kosten können wir allerdings nicht übernehmen.2 Mit freundlichem Gruß […] (Unterschrift) 1 Da dem Arbeitgeber das Geschlecht der bewerbenden Person häufiger nicht bekannt ist, wird anstelle von „Sehr geehrte(r) Herr/Frau“ die für alle Geschlechter neutrale Formulierung gewählt, zu Einzelheiten und Alternativen s. Einf. Rz. 14a. 2 Die Kostenübernahme muss eindeutig ausgeschlossen werden, ansonsten besteht der Anspruch des Bewerbers aus §§ 670, 662 BGB, vgl. Einf. Rz. 1 ff.

M 1.3.1

Einstellungsfragebogen im Bewerbungsverfahren

Ich bewerbe mich um die Einstellung als […]1

I. Angaben zur Person 1. Die Angabe Ihrer persönlichen Daten ist zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nötig.2 Ihre Kontaktdaten benötigen wir, um Sie erreichen zu können und um uns bei Bedarf mit Ihnen abstimmen zu können.3 1 Wir halten es für ratsam, die zu stellenden Fragen auf zwei Fragebögen aufzuteilen. Der erste Teil, der dem Bewerber im Bewerbungsverfahren vorgelegt wird, sollte nach Möglichkeit keine Fragen enthalten, deren Zulässigkeit aufgrund des AGG zweifelhaft ist, da das AGG gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG gerade für die Bedingungen, die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen sowie für den Zugang zu einer bestimmten Erwerbstätigkeit Anwendung findet. Solche Fragen sollten – wenn überhaupt – erst nach erfolgter Einstellung gestellt werden (s. Einf. Rz. 3 ff.; vgl. zum Fragebogen nach erfolgter Einstellung M 1.3.2). In diesem Fragebogen sind grds. nur die Fragen aufgelistet, die seit Inkrafttreten des AGG im Einstellungsfragebogen noch in Betracht kommen können. Hinsichtlich der Fragen ist jedoch zu beachten, dass die jeweilige Frage nicht für jedes sich anbahnende Arbeitsverhältnis zulässig ist (vgl. näher bei den Fn. zu den einzelnen Fragen). Die Fragen müssen also entsprechend angepasst oder gestrichen werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Frage zulässig ist, nicht vorliegen. Grds. können Fragen, die im Fragebogen vor Einstellung gestellt werden dürfen, erst recht auch im Personalbogen nach bereits erfolgter Einstellung gestellt werden. 2 Zur Löschfrist für Bewerberdaten s. Haußmann/Karwatzki/Ernst, DB 2018, 2697, 2698 f.; Grimm/Kühne, ArbRB 2018, 245, 246 f. 3 Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden Erwägungen erfolgt, vgl. Einf. Rz. 11.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.3.1 Kap. 1 Name: […] Vorname: […] Wohnort: […] Straße: […] Nr.: […] Ruf: […] E-Mail: […] Sofern Sie minderjährig sind: Name und Anschrift des gesetzlichen Vertreters: […] 2. Staatsangehörigkeit:4 Besitzen Sie eine der folgenden Staatsangehörigkeiten: EU-28-Staaten (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, [England]5, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Zypern); EWR-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen); Schweiz?

□ ja □ nein

3. Sind Sie heimatloser Ausländer?6

□ ja □ nein

4. Bei Beantwortung der Fragen 2. und 3. mit „nein“: Besitzen Sie eine EU-Arbeitsgenehmigung oder einen Aufenthaltstitel, der Ihnen die Aufnahme der Tätigkeit erlaubt?7

□ ja □ nein

5. Bei Beantwortung der Frage 4. mit „ja“: Ist die Arbeitsgenehmigung bzw. ist der Aufenthaltstitel befristet?

□ ja □ nein

6. Bei Beantwortung der Frage 5. mit „ja“: Bis wann gilt die Arbeitsgenehmigung bzw. der Aufenthaltstitel? […] 4 Die Frage nach der Staatsangehörigkeit kann – gemeinsam mit anderen Merkmalen wie Religion oder Sprache – gem. § 22 AGG ein Indiz für eine Diskriminierung im Hinblick auf das Merkmal „ethnische Herkunft“ und/oder „Rasse“ gem. § 1 AGG begründen (BAG v. 23.11.2017 – 8 AZR 372/16, NZA-RR 2018, 287 Rz. 37; Schlewing, RdA 2019, 257). Die Frage nach der Staatsangehörigkeit allein reicht hingegen wohl noch nicht aus (s. auch BGH v. 25.4.2019 – I ZR 272/15, NZA-RR 2018, 122; ErfK/Schlachter, § 1 AGG Rz. 4a). Zudem hat der Arbeitgeber uE. ein gewichtiges Interesse an der Beantwortung dieser Frage, weil die Regelungen des Aufenthaltsrechtes, das Europäische Unionsrecht, zwischenstaatliche Vereinbarungen und §§ 284 ff. SGB III zu beachten sind. Statt nach der genauen Staatsangehörigkeit zu fragen, sollte jedoch wie hier vorsorglich mit Hilfe einer Kategorisierung hinsichtlich der unterschiedlichen Freizügigkeit von Ausländern vorgegangen werden (Schiefer/Ettwig/Krych, Rz. 98; Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169, 171). Nach Möglichkeit sollte diese Frage zudem über eine kollektivrechtliche Vereinbarung bzw. über eine vertragliche Bezugnahme einer solchen Vereinbarung abgesichert werden, um in den Genuss der Haftungsprivilegierung des § 15 Abs. 3 AGG zu kommen (vgl. Einf. Rz. 17 ff.). 5 Hier bleiben die Ergebnisse der bei Drucklegung dieses Buches noch andauernden Brexit-Verhandlungen abzuwarten. 6 § 12 HeimatlAuslG. 7 Die Frage nach einer Arbeitserlaubnis stellt keine unzulässige mittelbare Benachteiligung ausländischer Arbeitnehmer wegen Rasse oder ethnischer Herkunft dar (Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 26 Rz. 25).

Lingemann | 23

Kap. 1 M 1.3.1 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses II. Persönliche Verhältnisse des Bewerbers8 Die Fragen 1. und 2. dienen lediglich dem Ziel sicherzustellen, ob Sie gesundheitlich in der Lage sind, als […] tätig zu werden. Keine der folgenden Fragen ist an sich ein Kriterium, eine Einstellung nicht vorzunehmen.9 1. Leiden Sie an Erkrankungen, durch die die Tauglichkeit für die vorgesehene Tätigkeit eingeschränkt ist? Oder waren Sie in den letzten beiden Jahren wegen einer solchen Erkrankung arbeitsunfähig krank?10 2. Untersuchung11 8 Fragen nach einer Schwerbehinderung oder Behinderung sollten – wenn überhaupt – nur mehr als sechs Monate nach erfolgter Einstellung gestellt werden (BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555). Das AGG differenziert nicht zwischen Behinderung und Schwerbehinderung, es schützt vielmehr jede Behinderung iSd. § 1 AGG (vgl. zum Begriff der Behinderung auch Kap. 16 Rz. 1). (1) Im Bewerbungsverfahren ist dem Arbeitgeber die Frage nach einer (Schwer-)Behinderung nach aktueller Rspr. wohl grds. verwehrt (BAG v. 18.9.2014 – 8 AZR 759/13, BeckRS 2014, 73585 Rz. 40 „kein grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers“; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 68; Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 587 ff.). Die Frage ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Behinderung die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit einschränkt oder ausschließt und deshalb ihr Fehlen eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung gem. § 8 Abs. 1 AGG darstellt (Pauken, ArbRAktuell 2016, 129, 131; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 69). Die Frage nach der Schwerbehinderung ist auch dann ausnahmsweise zulässig, wenn sie allein dem Ziel dient, eine „positive Maßnahme“ iSd. § 5 AGG umzusetzen (Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 590; Joussen, NZA 2007, 174, 177 f.; aA. Künzl, ArbR 2012, 235). Möchte der Arbeitgeber zB. die Quote des § 54 SGB IX erfüllen oder ist in einer Inklusionsvereinbarung nach § 166 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX eine Regelung zur angemessenen Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier, freiwerdender oder neuer Stellen getroffen worden, muss es ihm möglich sein, gerade mit diesem Ziel einstellen zu können (Ohlendorf/Schreier, BB 2008, 2458, 2461; Koop, öAT 2012, 199, 200). Die Beweislast dafür, dass dies das einzige Motiv für die Frage ist, liegt allerdings beim Arbeitgeber. (2) Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist jedenfalls nach sechs Monaten, also nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen, die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung zulässig (BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555, 559 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2012, 116). Einzelheiten s. M 1.3.2, Ziff. II 1. m. Anm. 9 Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Erwägungen erfolgt (vgl. Einf. Rz. 11, 20 ff.). 10 Die Frage nach Erkrankungen kann uU als Frage nach einer Behinderung angesehen werden und eine Ungleichbehandlung indizieren (BAG v. 17.12.2009 – 8 AZR 670/08, NZA 2010, 383; ErfK/Preis, § 611a BGB Rz. 274b; zur Abgrenzung zwischen Behinderung und Krankheit ausführlich Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 574). Eine Einschränkungen mit sich bringende Krankheit kann einer Behinderung gleichzustellen sein (EuGH v. 11.4.2013 – C-335/11 ua, NZA 2013, 553 – HK Danmark). Davon ausgehend kann auch die Frage nach einer AIDS-Erkrankung oder nach einer HIV-Infektion als Frage nach einer Behinderung iSd. § 1 AGG anzusehen sein (BAG v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372; Künzl, ArbRAktuell 2012, 235); sie wäre nur zulässig, wenn aufgrund der Tätigkeit ein erhöhtes Ansteckungsrisiko Dritter besteht (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 68). Auch eine Benachteiligung wegen starken Übergewichts kann eine Diskriminierung darstellen, selbst wenn keine Behinderung im engeren Sinne vorliegt (EuGH v. 18.12.2014 – C-354/13, NZA 2015, 33 – Fag og Arbejde m. krit. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 45). Daher sollten darauf gerichtete Fragen nur dann gestellt werden, wenn ihr Nichtvorliegen gem. § 8 AGG wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung ist. Bei Infektionsgefahr Dritter oder zu erwartenden Schäden an Rechtsgütern des Arbeitgebers oder Dritter dürfte das der Fall sein. 11 Ärztliche Einstellungsuntersuchungen sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Zunächst ist die Erforschung des Erkrankungszustands schon wegen der unklaren Abgrenzung zwischen einer Erkrankung und dem Benachteiligungsmerkmal „Behinderung“ risikoreich (s. bereits M 1.3.1 Fn. 10]). Infolgedessen sollte die Zustimmung zu einer ärztlichen Untersuchung nur dann eingeholt werden, wenn die Untersuchung zwingende Voraussetzung für die Einstellung ist (dazu ausführlich Behrens, NZA 2014, 403 f.; zur Einwilligungserklärung M 1.4). Das dürfte etwa bei Busfahrern oder Piloten in Betracht kommen. Der Arzt darf keine Befunde mitteilen, sondern nur, ob der Bewerber für die angestrebte Tätigkeit geeignet ist oder nicht (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 70). Angesichts des hohen Risikos für den Arbeitgeber sollten entsprechende kollektivrechtliche Vereinbarungen geschlossen werden (vgl. § 15 Abs. 3 AGG; Einf. Rz. 17 ff.; eine Muster-Betriebsvereinbarung findet sich bei Beckschulze, BB 2014, 1082). Zur (Un-)Zulässigkeit genetischer Untersuchungen nach dem GenDG s. M 1.4 m. Anm.; Wiese, BB 2011, 313.

24 | Lingemann

Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.3.1 Kap. 1 a) Sind Sie bereit, sich auf Kosten der Firma ärztlich untersuchen zu lassen?12 b) Sind Sie bereit, auf Kosten der Firma ein Drogenscreening durchführen zu lassen?13 c) Entbinden Sie den Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht?14 3. Sind Sie bereit, an einem psychologischen Eignungstest teilzunehmen?15 4 Sind Sie bereit, an einem Assessment Center teilzunehmen?16 5. Bekleiden Sie ein Ehrenamt?

III. Ausbildung Die Informationen zu Ihrer Ausbildung benötigen wir, um sicherzustellen, dass Sie die für die Tätigkeit als […] erforderliche Qualifikation aufweisen. Die Fragen zu Kenntnissen und Fähigkeiten stellen wir, um zu ermitteln, in welchen Bereichen wir Sie einsetzen können.17 Schulbildung: […] Abschluss: […] Hochschulstudium: […] Berufsausbildung als: […] Bei welcher Firma: […] Welche Abschlussprüfungen haben Sie abgelegt? […] Haben Sie Fortbildungsveranstaltungen besucht? […] Falls ja, welche? […] Haben Sie Kenntnisse in Fremdsprachen?18 […] 12 Auch die Frage nach der Durchführung eines Gesundheitstests könnte ein Indiz für eine Benachteiligung sein, wenn der Gesundheitstest geeignet ist, Vorerkrankungen des Bewerbers, die gleichzeitig eine Behinderung iSd. § 1 AGG darstellen, zu ermitteln (Beckschulze, BB 2014, 1013, 1016; vgl. zum Begriff „Behinderung“ iSd. § 1 AGG Kap. 16 Rz. 5). 13 Eine Drogen- und/oder Alkoholsucht könnte gleichzeitig eine Behinderung iSd. § 1 AGG sein (schon vor Geltung des AGG hat das BAG eine Drogensucht als Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX eingeordnet, BAG v. 14.1.2004 – 10 AZR 188/03, NZA 2005, 839). Die Frage danach und erst recht ein Drogenscreening ist daher gem. § 8 Abs. 1 AGG nur zulässig, wenn das Fehlen der Abhängigkeit gem. § 8 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt (vgl. auch Beckschulze, BB 2014, 1013, 1016; Fuhlrott/Hoppe, ArbRAktuell 2010, 183; Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169, 171; für weitergehende Zulässigkeit Künzl, ArbR 2012, 235, der Suchterkrankungen generell für so gravierend hält, dass sie der uneingeschränkten Einsetzbarkeit des Bewerbers entgegenstehen, ähnlich Sasse, NZA-RR 2019, 513). 14 Die Frage nach der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht könnte Indiz für eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG wegen einer Behinderung, des Alters und des Geschlechts (Schwangerschaft) sein. Infolgedessen sollte sie – wenn überhaupt – nach Möglichkeit nicht im Bewerbungsverfahren gestellt werden. Etwas Anderes gilt, wenn ein bestimmter Gesundheitszustand Voraussetzung für die Ausübung der konkreten Tätigkeit ist (zB. Pilot). 15 Die Zulässigkeit von psychologischen Eignungstests ist nicht geklärt, sie dürften nach § 26 BDSG zulässig sein, wenn die zu testenden Eigenschaften für die vorgesehene Tätigkeit erforderlich sind, der Test für die Entscheidung über die Begründung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist und das Testverfahren die zu testenden Eigenschaften objektiv, valide und zuverlässig messen kann (vgl. Franzen, NZA 2013, 1, 3; ähnlich Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 70). 16 Auch die Teilnahme an einem Assessment Center setzt die Zustimmung des Bewerbers voraus. Zur datenschutzrechtlichen Problematik vgl. Einf. Rz. 21. Zur Beteiligung des Betriebsrates bei Assessment Centern Köhler, GWR 2013, 132. 17 Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Erwägungen erfolgt, vgl. Einf. Rz. 11, 20 ff. 18 Die Frage nach Fremdsprachenkenntnissen dürfte auch AGG-rechtlich zulässig sein. Auch die Anforderung „sehr guter Deutschkenntnisse“ stellt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung dar (BAG v. 23.11.2017 – 8 AZR 372/16, NZA-RR 2018, 287 Rz. 39 ff. m. Anm. von Medem, ArbRAktuell

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Kap. 1 M 1.3.1 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Falls ja, welche? […] Sind Sie im Besitz einer Fahrerlaubnis?19 […] Falls ja, welche? […] Welche besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten haben Sie? […]

IV. Nachweis der beruflichen Beschäftigung20 Die Angaben zu Ihrem beruflichen Werdegang (Ziffer 1.) erfragen wir ebenfalls, um Ihre Qualifikation für die Tätigkeit als […] abschätzen zu können.21 1. Beschäftigungsnachweis seit der Ausbildung/der letzten […] Jahre 2. Waren Sie schon einmal in unserem Unternehmen beschäftigt; ggf. von wann bis wann und in welcher Funktion?22

V. Sonstiges Die folgenden Fragen sollen das Bild, welches wir uns von Ihnen machen, abrunden. Insbesondere dienen sie folgenden Zwecken: [Evtl.:] Ihre Antwort zu eventuellen Vorstrafen und/oder laufenden Ermittlungsverfahren ist für uns von Interesse, da es sich bei der zu besetzenden Position als […] um eine besondere Vertrauensstellung handelt. [Evtl.:] Die Angaben zu Ihren Vermögensverhältnissen sind wichtig, da die zu besetzende Position als […] eine besondere Zuverlässigkeit beim Umgang mit Geld erfordert. [Evtl.:] Die Frage nach einem eventuellen Wettbewerbsverbot und Ihrer möglichen Arbeitsaufnahme dient unserer Planungssicherheit. [Evtl.:] Die Frage zu einer möglichen Gewerkschaftszugehörigkeit stellen wir, da wir ein sog. Tendenzbetrieb sind und die zu besetzende Position als […] (Tendenzträger) ein besonderes darauf gerichtetes Vertrauen voraussetzt.23

19

20 21 22

23

2018, 229; krit. und ausführlich zur bisherigen Rspr. Köhlert, NZA 2018, 1172). Die Voraussetzung „Deutsch als Muttersprache“ hingegen ist zwar typischerweise mit dem Merkmal „ethnische Herkunft“ verknüpft und kann mittelbar diskriminierend sein (BAG v. 23.11.2017 – 8 AZR 372/16, NZA-RR 2018, 287 Rz. 344; v. 29.6.2017 – 8 AZR 402/15, NZA 2018, 33 Rz. 52 f. m. Anm. Krieger, FD-ArbR 2017, 399906), sofern keine andere Beherrschungsstufe zur Auswahl angeboten wird (BAG v. 15.12.2016 – 8 AZR 418/15, juris). Die Abfrage in einem Pflichtfeld im Online-Bewerbungsformular mit den Varianten „Deutsch Muttersprache“, „Deutsch verhandlungssicher“, „Deutsch fortgeschritten“ und „Deutsch Grundkenntnisse“ begründet daher für sich alleine kein Indiz für eine Benachteiligung (BAG v. 15.12.2016 – 8 AZR 418/15, juris; Schlewing, RdA 2019, 257, 261). Die Frage nach einer Fahrerlaubnis könnte ein Indiz für eine mittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung gemäß § 3 Abs. 2 AGG sein. Da aber eine mittelbare Benachteiligung nicht vorliegt, wenn die Ungleichbehandlung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind, dürfte die Frage jedenfalls dann zulässig sein, wenn die Fahrerlaubnis zur Ausübung der konkreten Tätigkeit erforderlich ist (zB. Kraftfahrer, evtl. auch Außendienstmitarbeiter). Die Frage nach einem Nachweis des beruflichen Werdegangs ist – auch seit Inkrafttreten des AGG – zulässig (Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 568). Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Erwägungen erfolgt (vgl. Einf. Rz. 11 sowie Schrader, DB 2006, 2571, 2572 f.). Die Frage ist ratsam, wenn eine sachgrundlose Befristung angestrebt wird, welche bei einer Vorbeschäftigung – sofern diese nicht sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer war – unwirksam wäre, § 14 Abs. 2 TzBfG (BVerfG v. 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, NZA 2018, 774 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 334 sowie Bayreuther, NZA 2019, 905; BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 477/17, AP TzBfG § 14 Nr. 170 mwN). Zu Einzelheiten s. Kap. 6 Rz. 33 ff. Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Erwägungen erfolgt (vgl. Einf. Rz. 11 sowie Schrader, DB 2006, 2571, 2572 f.).

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.3.1 Kap. 1 1. Welches Gehalt wünschen Sie? 2. Wie hoch war ihr letzter Monatsverdienst?24 3. Sind Sie Langzeitarbeitsloser i.S.d. § 18 Abs. 1 SGB III?25 4. Sind Sie vorbestraft wegen eines der folgenden Delikte […]?26 Schwebt gegen Sie ein Ermittlungsverfahren wegen eines der folgenden Delikte […]?27 5. a) Liegen Pfändungen vor?28 Falls ja, durch wen und in welcher Höhe? b) Haben Sie Ihre Bezüge verpfändet oder im Voraus abgetreten? 6. Haben Sie für das laufende Kalenderjahr bereits bei einem früheren Arbeitgeber Urlaub gehabt? 7. Wann können Sie die Arbeit aufnehmen? 8. Unterliegen Sie Wettbewerbsbeschränkungen? Ggf.: Was ist Inhalt der Wettbewerbsbeschränkungen?29

24 Die Frage nach dem Verdienst ist nur zulässig, soweit der bisherigen Vergütung eine Aussagekraft für die neue Stelle zukommt (BAG v. 19.5.1983 – 2 AZR 171/81, DB 1984, 298). Gibt der Bewerber absichtlich ein höheres Gehalt an, um den Arbeitgeber zur Vereinbarung eines höheren Gehalts zu bewegen, berechtigt dies den Arbeitgeber zwar nicht speziell zur Anfechtung der Gehaltsabrede, wohl aber zur Anfechtung des gesamten Vertrages nach den allgemeinen Grundsätzen (LAG Düsseldorf v. 29.4.1966 – 4 Sa 8/66, DB 1966, 1137). Einzelheiten zur Anfechtung s. Einf. Rz. 26 ff. Jedenfalls aus personalpolitischen Gründen ist von dieser Frage jedoch in der Regel abzuraten. 25 Die Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns, § 1 Abs. 1 MiLoG, gilt nach § 22 Abs. 4 MiLoG – in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung – nicht für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos iSd. § 18 Abs. 1 SGB III, dh. für mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung waren. Um feststellen zu können, ob ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht, ist der Arbeitgeber berechtigt, den Bewerber nach Zugehörigkeit zu diesem Personenkreis zu fragen (Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 26 Rz. 35). 26 Nach Vorstrafen darf nur gefragt werden, soweit sie im Zusammenhang mit der Arbeitsstelle stehen, zB bei einem Kassierer nach Vermögensdelikten (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 69). Dabei muss konkret nach den Delikten gefragt werden, die für die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes bei objektiver Betrachtung relevant sind (BAG v. 6.9.2012 – 2 AZR 270/11, NJW 2013, 1115 Rz. 28). Der Bewerber ist berechtigt, die Frage zu verneinen, sobald die Straftat nicht mehr im Zentralregister geführt wird (BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12, NZA 2014, 1131 Rz. 49; v. 21.2.1991 – 2 AZR 449/90, DB 1991, 1934) oder wenn die Verurteilung nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen oder zu tilgen ist (§§ 51, 53 BZRG; BAG v. 6.9.2012 – 2 AZR 270/11, NJW 2013, 1115 Rz. 24). Ein darüber hinausgehendes Fragerecht besteht nur bei besonderen Vertrauensstellungen wie etwa Führungskräften (Künzl, ArbRAktuell 2012, 235, 238). Bei der Frage nach Vorstrafen ist ein Benachteiligungsmerkmal des AGG uE nicht einschlägig, so dass sich an der Rechtslage auch mit Inkrafttreten des AGG nichts geändert hat (vgl. auch Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 600). 27 An der Zulässigkeit der Frage nach Ermittlungsverfahren bestehen wegen der grds. Unschuldsvermutung zu Gunsten des Bewerbers (Art. 6 Abs. 2 EMRK) Zweifel. Sie ist nur zulässig, wenn bereits ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen kann (BAG v. 6.9. 2012 – 2 AZR 270/11, NJW 2013, 1115 Rz. 28; v. 27.7.2005 – 7 AZR 508/04, NZA 2005, 1244). Wie bei Vorstrafen ist auch hier nur konkret nach Delikten zu fragen, die für die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes bei objektiver Betrachtung relevant sind (vgl. BAG v. 6.9.2012 – 2 AZR 270/11, NJW 2013, 1115 Rz. 28). Nach eingestellten Ermittlungsverfahren darf aufgrund der Wertentscheidung des § 53 BZRG nicht gefragt werden (BAG v. 15.11.2012 – 6 AZR 339/11, DB 2013, 584 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2013, 198). Diese Grundsätze gelten auch für öffentliche Arbeitgeber (BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12, NZA 2014, 1131 Rz. 49). 28 Die Frage nach dem Vorliegen von Pfändungen ist nur zulässig, wenn die zu besetzende Stelle eine besondere Zuverlässigkeit im Umgang mit Geld erfordert (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 68; Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169, 174 mwN.; aA. Roesner, BC 2012, 214, wonach die Frage nach Lohnpfändungen wegen des damit verbundenen Kostenaufwands stets zulässig sei). 29 Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, welches der Tätigkeitsaufnahme entgegensteht, muss der Bewerber von sich aus offenlegen. Erst recht ist daher die Frage danach zulässig (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 70 f. mwN.). Muster für eine Anfechtung aus diesem Grunde in M 1.11.

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Kap. 1 M 1.3.1 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses 9. Haben Sie gegen Ihren früheren Arbeitgeber einen Anspruch auf Betriebsrente oder eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft? 10. Sind Sie Mitglied einer Gewerkschaft?30 Dieser Einstellungsfragebogen31 ist Bestandteil des Arbeitsvertrages, unvollständige und unrichtige Angaben zu zulässigen Fragen können den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrages oder zur – gegebenenfalls auch fristlosen – Entlassung berechtigen und den Arbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichten. 30 Die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit ist nur ausnahmsweise zulässig, sofern sich der Arbeitnehmer in einem entsprechenden Tendenzbetrieb (zB. Arbeitgeberverband) um eine leitende Position bewirbt, die das besondere persönliche Vertrauen des Arbeitgebers voraussetzt, sog. Tendenzträger (Koop, öAT 2012, 199, 200; vgl. ErfK/Preis, § 611a BGB Rz. 278). In allen anderen Fällen wird die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit jedenfalls erst nach erfolgter Einstellung für zulässig gehalten (vgl. näher dazu sowie zum möglichen Schutz gewerkschaftlicher Betätigung durch das AGG M 1.3.2 Ziff. IV.2 m. Anm. 31 Zur Aufbewahrung des Personalfragebogens: Wird der Bewerber eingestellt, besteht ein Aufbewahrungsrecht nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG. Im Übrigen sind die verarbeiteten Daten nach Erfüllung des Zwecks – also grds. nach Ende des Bewerbungsverfahrens – zu löschen (Haußmann/Karwatzki/Ernst, DB 2018, 2697, 2689). Allerdings können auch Daten abgelehnter Bewerber gespeichert werden, wenn und solange noch mit Rechtsstreitigkeiten, insb. mit Entschädigungsklagen nach dem AGG, zu rechnen ist (Haußmann/Karwatzki/Ernst, DB 2018, 2697, 2699; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 71). Welche Aufbewahrungsdauer noch zulässig ist, ist umstritten. Es werden Fristen von zwei Monaten bis zu drei Jahren vertreten (Greßlin, BB 2015, 118 mwN; Haußmann/Karwatzki/Ernst, DB 2018, 2697, 2699). Sofern es im Anschluss an das Bewerbungsverfahren tatsächlich zu einem Rechtsstreit mit dem abgelehnten Bewerber kommt, müssen die Daten bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens aufbewahrt werden. Neben den persönlichen Daten sollte der Arbeitgeber auch das Anforderungsprofil und die Kriterien der Einstellungsentscheidung dokumentieren, um im Streitfall eine diskriminierungsfreie Einstellungsentscheidung nachweisen zu können.

M 1.3.2

Personalfragebogen nach erfolgter Einstellung

I. Angaben des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zur Person1 Die Angabe Ihrer persönlichen Daten ist zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erforderlich.2 1 Fragen, die das AGG berühren, für die Einstellung irrelevant sind, für die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses aber erforderlich, können nach der Einstellung jedenfalls nicht mehr als Indiz gem. § 22 AGG für eine Benachteiligung des Bewerbers wegen Nichteinstellung angeführt werden (s. Einf. Rz. 5 ff.; vgl. auch M 1.3.1.) Das gilt insb. nach Ablauf der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses und damit dem Beginn des Kündigungsschutzes gem. § 1 Abs. 1 KSchG; für die Frage nach einer Schwerbehinderung hat das BAG dies ausdrücklich für die Zeit ab Beginn des Sonderkündigungsschutzes für schwerbehinderte Menschen anerkannt (vgl. BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555, Einzelheiten s. M 1.3.1 Ziff. II m. Anm. Fragen nach einem Merkmal gem. § 1 AGG können jedoch auch ein Indiz für eine Benachteiligung im laufenden Arbeitsverhältnis begründen. Deshalb ist auch hier bei jeder Frage genauestens zu prüfen, ob sie eine AGG-Benachteiligung bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses indizieren kann und ggfs, ob das Vorliegen oder Fehlen der erfragten Tatsache wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung im Rahmen eines rechtmäßigen Zwecks ist, die auch angemessen ist (§ 8 Abs. 1 AGG; vgl. dazu Einf. Rz. 12 ff.). Hinsichtlich der einzelnen Fragen im Muster ist daher zu beachten, dass die jeweilige Frage nicht für jedes Arbeitsverhältnis zulässig ist (vgl. näher bei den Fußnoten zu den einzelnen Fragen), die Fragen in der Umsetzung also entsprechend angepasst oder gestrichen werden müssen. Fragen, die bereits im Einstellungsfragebogen im Bewerbungsverfahren gestellt wurden (M 1.3.1), werden in diesem Fragebogen – bis auf wenige Ausnahmen, bei denen im Einzelfall entschieden werden sollte, ob sie vor oder nach Einstellung gestellt werden – nicht mehr aufgeführt. Solche Fragen sind jedoch im Personalfragebogen nach erfolgter Einstellung im Grundsatz eher noch als vor der Einstellung zulässig. Sollte also im Bewerbungsverfahren noch kein Fragebogen verwendet worden sein, sondern soll dem neuen

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.3.2 Kap. 1 Name: […] Vorname: […] Geburtstag:3 […] Geburtsort:4 […] Familienstand: led./verh./eingetr. Lebenspartnerschaft/gesch./verw. (ggf. seit wann):5 […] Kinder: […]

II. Persönliche Verhältnisse des Bewerbers Die Fragen nach Ihren persönlichen Verhältnissen dienen dem Ziel, sicherzustellen, dass Sie gesundheitlich in der Lage sind, als […] tätig zu werden. Es geht lediglich darum, das Vorliegen der nötigen gesundheitlichen Voraussetzungen zu ermitteln. Unsere Kenntnis über eine möglicherweise bei Ihnen vorliegende Schwerbehinderung, Gleichstellung oder sonstige Behinderung ist darüber hinaus auch notwendig, da sich daran während des Arbeitsverhältnisses gesetzliche Pflichten knüpfen können.6 1. Sind Sie als schwerbehinderter Mensch anerkannt oder als Gleichgestellter, oder haben Sie einen Gleichstellungsantrag gestellt? Ggf. Grad der Behinderung?7

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Mitarbeiter nur ein Fragebogen nach erfolgter Einstellung vorgelegt werden, so können diese Fragen – soweit vor der Einstellung zulässig – noch gestellt werden. Insb. gilt auch hier, dass kollektivrechtliche Vereinbarungen geschlossen werden sollten, um die Haftungsprivilegierung des § 15 Abs. 3 AGG zu bewirken (vgl. § 15 Abs. 3 AGG; Einf. Rz. 17 ff.). Eingehend zu Löschfristen auch für Bewerberdaten Haußmann/Karwatzki/Ernst, DB 2018, 2697, 2698 f.; Grimm/Kühne, ArbRB 2018, 245, 246 f. Die Frage nach dem Geburtsdatum ist seit Inkrafttreten des AGG problematisch (Benachteiligung wegen des Alters, §§ 7, 10 AGG). Sie indiziert jedoch nicht, dass der Arbeitgeber ein Interesse nur an der Einstellung jüngerer Arbeitnehmer hat, wenn sie in einem Online-Formular in einem nicht obligatorisch auszufüllenden Feld gestellt wird (BAG v. 15.12.2016 – 8 AZR 418/15, juris). Vorsorglich sollte sie nicht im Bewerbungsverfahren gestellt werden. Nach erfolgter Einstellung dürfte die Frage aber zulässig sein, schon um den Beginn des Rentenalters feststellen zu können. Da die Frage nach dem Geburtsort bei Nichteinstellung als Indiz für eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft gewertet werden könnte (vgl. MünchKommBGB/Thüsing, § 11 AGG Rz. 20), sollte sie – wenn überhaupt – erst nach erfolgter Einstellung und Ablauf der Wartezeit von sechs Monaten gestellt werden. Sofern nicht ausnahmsweise die Kenntnis des Geburtsortes für die vorgesehene Tätigkeit von entscheidender Bedeutung iSv. § 8 Abs. 1 AGG ist, sollte die Frage nicht gestellt werden. Die Frage nach dem Familienstand könnte ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der sexuellen Identität sein; jedoch dürfte allein diese Frage nicht ausreichen, um eine Benachteiligung zu indizieren, vielmehr müssen weitere Indizien hinzutreten (BKG, § 2 AGG Rz. 23). Im Bereich der Bundesverwaltung und der Gerichte des Bundes gilt § 7 Abs. 2 BGleiG, wonach die Frage nach dem Familienstand im Bewerbungsverfahren stets unzulässig ist. Sicherer ist es in jedem Fall, diese Frage – wenn überhaupt – erst nach erfolgter Einstellung zu stellen. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hat der Arbeitgeber nämlich ein gewichtiges Interesse an dieser Information, die er zur Entgeltabrechnung benötigt und die im Falle einer Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen erforderlich sein kann (Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 26 Rz. 29). Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Erwägungen erfolgt, vgl. Einf. Rz. 11. Spätestens seit Inkrafttreten des AGG darf die Frage nach dem Vorliegen einer (Schwer-)Behinderung im Bewerbungsverfahren grds. nicht mehr gestellt werden, dazu bereits ausführlich M 1.3.1 Ziff. II m. Anm. Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist jedoch nach sechs Monaten, also nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für schwerbehinderte Menschen, die Frage zulässig. Hat der Arbeitnehmer sie wahrheitswidrig verneint, kann er sich im Kündigungsschutzprozess nicht auf seine Schwerbehinderteneigenschaft berufen (BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555). Die Frage ist jedenfalls im Vorfeld einer (betriebsbedingten) Kündigung zulässig, denn der Arbeitgeber muss nach § 1 Abs. 3 KSchG die Schwerbehinderung bei der Sozialauswahl berücksichtigen und nach § 168 SGB IX eine vorherige Zustimmung des Integrationsamtes einholen (BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555). Grund für die Zulässigkeit der Frage nach Einstellung kann uE auch sein, dass der Arbeitgeber wissen muss, ob er eine ausreichende Anzahl

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Kap. 1 M 1.3.2 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses 2. Leiden Sie an chronischen Erkrankungen, durch die die Tauglichkeit für die vorgesehene Tätigkeit eingeschränkt ist? Oder waren Sie in den letzten beiden Jahren wegen einer solchen Erkrankung arbeitsunfähig krank?8 3. Untersuchung9 a) Sind Sie bereit, sich auf Kosten der Firma untersuchen zu lassen? b) Sind Sie bereit, auf Kosten der Firma ein Drogenscreening durchführen zu lassen?10 c) Entbinden Sie den Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht?11

III. Sozialversicherung Diese Angaben benötigen wir zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses.12 1. In welcher Krankenkasse sind Sie versichert? 2. Wollen Sie Mitglied in der Betriebskrankenkasse werden?

IV. Sonstiges Die folgenden Fragen sollen das Bild, welches wir uns von Ihnen machen, abrunden. Insbesondere dienen sie folgenden Zwecken: [Evtl.:] Die Frage zu einer möglichen Gewerkschaftszugehörigkeit stellen wir, da wir ein sog. Tendenzbetrieb sind und die zu besetzende Position als […] (Tendenzträger) ein besonderes darauf gerichtetes Vertrauen voraussetzt. [Evtl.:] Die Information über eine eventuelle Mitgliedschaft in einer Scientology-Organisation benötigen wir, um sicherzustellen, dass Sie die beruflichen Anforderungen13 unserer Religionsgemeinschaft/Vereinigung im Hinblick auf unser Selbstbestimmungsrecht oder die Art der Tätigkeit erfüllen.14

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schwerbehinderter Menschen gem. § 154 SGB IX beschäftigt oder eine Ausgleichsabgabe gem. § 160 SGB IX zahlen muss (Thüsing, Diskriminierungsschutz, Rz. 676; Brecht-Heitzmann, ZTR 2006, 639, 642). Zur Zulässigkeit dieser Frage bei der Umsetzung einer „positiven Maßnahme“ iSd. § 5 AGG M 1.3.1 Ziff. II m. Anm. Dazu bereits M 1.3.1 Ziff. II 1 m. Anm.; weniger riskant ist es, die Frage nach chronischen Erkrankungen – wenn überhaupt – erst an dieser Stelle mehr als sechs Monate nach erfolgter Einstellung zu stellen. Vgl. dazu bereits M 1.3.1 Ziff. II 2a m. Anm.; weniger riskant ist es, Untersuchungen – wenn überhaupt – erst an dieser Stelle mehr als sechs Monate nach erfolgter Einstellung anzusprechen. Vgl. zur Einwilligungserklärung des Arbeitnehmers M 1.4. Die Untersuchungen müssen aber stets geeignet, erforderlich und angemessen sein. Anlasslose Untersuchungen werden daher auch im bestehenden Arbeitsverhältnis im Regelfall nicht zulässig sein. Etwas anderes dürfte für Tätigkeiten gelten, bei deren Ausführung hohe Risiken für andere Beschäftigte oder Dritte bestehen bzw. bedeutende Sachgüter gefährdet werden können (ausführlich Behrens, SPA 2014, 157: vgl. auch Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 70.). Vgl. dazu bereits M 1.3.1 Ziff. II 2b m. Anm.; weniger riskant ist es, ein Drogenscreening – wenn überhaupt – erst an dieser Stelle mehr als sechs Monate nach erfolgter Einstellung anzusprechen. Vgl. zur Einwilligungserklärung des Arbeitnehmers M 1.4. Vgl. dazu bereits M 1.3.1 Ziff. II. 2c m. Anm.; weniger riskant ist es, eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht – wenn überhaupt – erst an dieser Stelle mehr als sechs Monate nach erfolgter Einstellung anzusprechen. Die Frage nach der Schwangerschaft dürfte insgesamt unzulässig sein (LAG Köln v. 11.10.2010 – 6 Sa 641/12, NZA-RR 2013, 232; differenzierend Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 586 auch mwN. zur hM.). Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Erwägungen erfolgt (vgl. Einf. Rz. 11 sowie Schrader, DB 2006, 2571, 2572 f.). Vgl. § 9 AGG (sog. „Kirchenklausel“). Durch diesen Einschub soll dokumentiert werden, dass die Datenerhebung nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Erwägungen erfolgt (vgl. Einf. Rz. 11 sowie Schrader, DB 2006, 2571, 2572 f.). Hinsichtlich einzelner Punkte, wie zB. der Mitgliedschaft bei Scientology, ist zu beachten, dass eine solche Frage wohl nur in Ausnahmefällen zulässig ist (vgl. dazu näher M 1.3.1 Ziff. IV 3. m. Anm.), der Einschub also entsprechend angepasst werden muss.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.3.2 Kap. 1 1. Haben Sie den Wehr- oder Zivildienst abgeleistet?15 2. Sind Sie Mitglied einer Gewerkschaft?16 3. Wenden Sie Technologien von L. Ron Hubbard an, oder sind Sie Mitglied einer Scientology-Organisation?17 Dieser Personalfragebogen ist Bestandteil des Arbeitsvertrages, unvollständige oder unrichtige Angaben zu zulässigen Fragen können den Arbeitgeber zur – gegebenenfalls auch fristlosen – Entlassung berechtigen und den Arbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichten. 15 Gem. § 1 Abs. 1 ArbPlSchG ruht das Arbeitsverhältnis während des freiwilligen Wehrdienstes. Eine mögliche Diskriminierung wegen des Geschlechts ist zwar nicht anzunehmen, da inzwischen nicht nur Männer freiwilligen Wehrdienst ableisten können, jedoch kommt eine Diskriminierung wegen der Weltanschauung in Betracht. Daher sollte die Frage – wenn überhaupt – nicht im Bewerbungsverfahren, sondern erst mehr als sechs Monate nach erfolgter Einstellung im Personalfragebogen aufgeführt werden. Nach den gleichen Grundsätzen dürfte sich die Frage nach einer Tätigkeit nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach einem freiwilligen Sozialen/Ökologischen Jahr richten (Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 595). 16 Nach erfolgter Einstellung kann die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit wohl auch Nicht-Tendenzträgern in Nicht-Tendenzunternehmen gestellt werden, um sicherzustellen, dass der für das Arbeitsverhältnis geltende Tarifvertrag zur Anwendung kommt, es sei denn, dass der mit einer Gewerkschaft abgeschlossene Tarifvertrag ohnehin den Arbeitsbedingungen zugrunde gelegt wird (offengelassen von BAG v. 18.11.2014 – 1 AZR 257/13, NJW 2015, 1548; Sprenger, NZA 2015, 721; MünchArbR/Benecke, § 33 Rz. 13; Thüsing, Diskriminierungsschutz, Rz. 680; Meyer, BB 2011, 2362; aA. Künzl, ArbRAktuell 2012, 235 ff.; Michel/Möller/Peter, ArbuR 2008, 36; zur Rechtslage im Bewerbungsverfahren BAG v. 28.3.2000 – 1 ABR 16/99, NZA 2000, 1294, s. dazu M 1.3.1 Ziff. V 10 m. Anm.). Dies dürfte uE auch nach Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes gelten, damit der Arbeitgeber feststellen kann, welche Gewerkschaft die Mehrheit der Arbeitnehmer vertritt (Scholz/Lingemann/Ruttloff, NZA-Beilage 2015, 3, 30 f.). Das Interesse des Arbeitnehmers, seine Gewerkschaftszugehörigkeit nicht zu offenbaren, ist seit Inkrafttreten des AGG uE auch nicht durch das Merkmal „Weltanschauung“ iSd. § 1 AGG geschützt (LG München v. 30.1.2013 – 31 S 24792/12, BeckRS 2014, 1736; aA. Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169, 172). Der Begriff Weltanschauung ist eng auszulegen, politische Überzeugungen, Ansichten oder Meinungen sind mangels umfassenden Bezugs zum menschlichen Sein davon nicht erfasst (BKG, § 1 AGG Rz. 30; PWW/Lingemann, § 1 AGG Rz. 6). Die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit während laufender Tarifvertragsverhandlungen verstößt allerdings gegen die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG v. 18.11.2014 – 1 AZR 257/13, NJW 2015, 1548 Rz. 31). 17 Die Frage nach Scientology wurde früher, anders als die Frage nach der Religionszugehörigkeit, bei der Besetzung von Vertrauensstellungen als zulässig angesehen (BAG v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, NZA 1995, 823; Bauer/Baeck/Merten, DB 1997, 2534). Unklar ist aber mittlerweile, ob Scientology doch als Religionsgemeinschaft (so möglicherweise BVerwG v. 15.12.2005 – 7 C 20/04, NJW 2006, 1303; EGMR v. 5.4.2008 – 18147/02 – Scientology Kirche Moskau/Russland, NJW 2008, 495; OVG Berlin-Brandenburg v. 9.7.2009 – OVG 5 S 5.09, BeckRS 2009, 35850; aA. BAG v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, NZA 1995, 823; BKG, § 9 AGG Rz. 9; Künzl, ArbRAktuell 2012, 235, 237) oder Weltanschauungsgemeinschaft (BVerwG v. 15.12.2005 – 7 C 20/ 04, NJW, 2006, 1303; ErfK/Schlachter, § 1 AGG Rz. 8; aA. Künzl, ArbRAktuell 2012, 235, 237) anzusehen ist. Dann wäre die Frage nach einer Scientology-Mitgliedschaft auch vor dem Hintergrund des AGG unzulässig (vgl. auch Röder/Krieger, FA 2006, 199, 200). Infolgedessen sollte die Frage nach einer Scientology-Mitgliedschaft – wenn überhaupt – erst mehr als sechs Monate nach erfolgter Einstellung gestellt werden, um nicht als Indiz für eine Benachteiligung wegen der Religion/Weltanschauung durch die Nichteinstellung gewertet zu werden; zusätzlich ist wegen der Haftungsprivilegierung die Anwendung aufgrund kollektivrechtlicher Vereinbarungen zu empfehlen (vgl. § 15 Abs. 3 AGG; Einf. Rz. 17 ff.). Gestellt werden darf die Frage von Kirchen und sonstigen weltanschaulichen Vereinigungen, da eine solche unterschiedliche Behandlung über die „Kirchenklausel“ gem. § 9 AGG gerechtfertigt ist; dies gilt jedoch nur für Tätigkeiten im verkündungsnahen Bereich (BKG, § 9 AGG Rz. 14).

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Kap. 1 M 1.4 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses M 1.4 Einwilligung in ärztliche Untersuchung/psychologische und graphologische

Untersuchung

Ich erkläre hiermit mein Einverständnis1 mit einer werks- oder vertrauensärztlichen Untersuchung2/einer genetischen Untersuchung3/ einem graphologischen Gutachten4/einer psychologischen Eignungsuntersuchung5/einem Drogenscreening6. Die Untersuchung wird nur insoweit vorgenommen, als dies zur Feststellung erforderlich ist, ob ich aufgrund meines Gesundheitszustandes zum Zeitpunkt der Einstellung und in absehbarer Zeit nach diesem Zeitpunkt geeignet7 und in der Lage bin, die körperlichen/besonderen psychischen Anforderungen an den Arbeitsplatz zu erfüllen. Den untersuchenden Arzt entbinde ich in dem Umfang von seiner Schweigepflicht, in dem sein Befund zur Beurteilung meiner Eignung für die vorgesehene Tätigkeit erforderlich ist. Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der Arzt das Untersuchungsergebnis – geeignet/nicht geeignet – an meinen Arbeitgeber weiterleitet.8 Ich kann die Einwilligung jederzeit Wirkung für die Zukunft widerrufen.9 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift der arbeitnehmenden Person)

1 Die Einwilligungserklärung sollte nach Möglichkeit nicht im Bewerbungsverfahren vorgelegt werden, da sie nach Inkrafttreten des AGG ein Indiz für eine Benachteiligung wegen einer Behinderung bei Nichteinstellung darstellen kann (vgl. dazu bereits Einf. Rz. 5 ff.). Eine Vorlage nach erfolgter Einstellung dürfte aber zulässig sein (vgl. dazu auch Einf. Rz. 12), jedenfalls dann, wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Untersuchung vorliegt (Behrens, SPA 2014, 158.). Die Einwilligung kann jederzeit vom Arbeitnehmer mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, Art. 7 Abs. 3 DSGVO. 2 Zur Zulässigkeit von ärztlichen Untersuchungen s. M 1.3.1 Ziff. II 2a m. Anm. 3 Die Zulässigkeit genetischer Untersuchungen ist speziell im GenDG geregelt. Sie sind in der Regel unzulässig, daran würde auch eine Einwilligung nichts ändern (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 70). Denn nach § 19 GenDG ist es dem Arbeitgeber untersagt, die Vornahme genetischer Untersuchungen und Analysen vor und nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses zu verlangen. Zudem ist es unzulässig, die Mitteilung von Ergebnissen bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen oder Analysen zu verlangen, solche Ergebnisse entgegenzunehmen oder zu verwenden, § 19 Satz 2 GenDG. § 20 Abs. 1 GenDG untersagt ferner die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analysen bzw. das Herausverlangen, die Entgegennahme oder Verwendung der Ergebnisse bereits vorgenommener Untersuchungen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen. Ausnahmen kommen unter den engen Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 GenDG in Betracht. 4 Graphologische Gutachten werden kaum mehr eingesetzt, zur Zulässigkeit BAG v. 16.9.1982 – 2 AZR 228/ 80, DB 1983, 2780; ErfK/Preis, § 611 BGB, Rn. 304; Hohenstatt/Stamer, NZA 2006, 1065; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 70. 5 Psychologische Gutachten sind in der Regel unzulässig, da sie oft eine unzulässige Erstellung von Persönlichkeitsprofilen enthalten (Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 69; vgl. auch Behrens, NZA 2014, 401; Goepfert/Rottmeier, BB 2015, 1912). Sie sind daher auch mit Einwilligung des Bewerbers nur zulässig, wenn sie sich auf für die konkrete Tätigkeit erforderliche besondere psychische Fähigkeiten, zB hohe Stressresistenz, beschränken. 6 Zur Zulässigkeit s. M 1.3.1 Ziff. II 2b m. Anm. 7 Es geht um die Frage der gegenwärtigen Eignung, die sich auf den Zeitpunkt der Einstellung oder die absehbare Zeit danach bezieht (ErfK/Preis, § 611a BGB Rz. 293). 8 Zu beachten ist, dass es der ausschließlichen Beurteilung des Arztes unterliegt, ob der gesundheitliche Zustand des Bewerbers den Anforderungen des Arbeitsplatzes genügt. Daher darf der Arzt nur Auskunft über die allgemeine Eignung geben und nicht über die einzelnen Untersuchungsergebnisse. Nur dieses allgemeine Ergebnis – geeignet/nicht geeignet – darf dann an den Arbeitgeber weitergeleitet werden (Kort, NZA-Beil. 2016, 62, 71; Kleinebrink, DB 2014, 779; ErfK/Preis, § 611a BGB Rz. 296.). Zur Tauglichkeitsmitteilung auch ausführlich Beckschulze, BB 2014, 1017 f. 9 Die Einwilligung kann jederzeit vom Arbeitnehmer mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, Art. 7 Abs. 3 DSGVO.

32 | Lingemann

Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.6 Kap. 1

M 1.5 Antrag an den Betriebsrat auf Zustimmung zur Einstellung und

Eingruppierung eines Bewerbers nach § 99 BetrVG

S. M 42.6.

M 1.6 Klage auf Erstattung von Vorstellungskosten An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem […] an den Kläger zu zahlen.2

Begründung: Die Bekl. hat am […] in der […] Zeitung die Stelle eines […] ausgeschrieben. Der Kl. hat daraufhin der Bekl. seine Bewerbungsunterlagen geschickt. Mit Schreiben vom […] hat die Bekl. dem Kl. mitgeteilt, seine Bewerbung interessiere sie sehr, und er möge am […] zu einem Vorstellungsgespräch in den Betrieb nach Neustadt kommen. Beweis: Schreiben vom […], Anlage K 1 Der Kl. nahm dieses Vorstellungsgespräch am […] wahr, erhielt aber am […] eine schriftliche Absage. Beweis: Schreiben vom […], Anlage K 2 Mit Schreiben vom […] forderte der Kl. die Bekl. auf, ihm die Kosten für die Fahrt zum Vorstellungsgespräch nach Neustadt und zurück mit dem eigenen Pkw in Höhe von Euro […] (x km × Euro 0,30) zu erstatten. Mit Schreiben vom […] lehnte die Bekl. die Erstattung der Kosten ab und meinte, der Kl. habe sich „auf eigenes Risiko vorgestellt“, deshalb scheide eine Erstattung aus.3 Beweis: Schreiben vom […], Anlage K 3 […] (Unterschrift)4 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 3 Zur Rechtslage s. Einf. Rz. 1. 4 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

Lingemann und Diller | 33

Kap. 1 M 1.7 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses M 1.7 Klage nach mündlicher Einstellung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem […] ein Arbeitsverhältnis des Inhalts besteht, dass der Kläger im Betrieb in […] als […] in Vollzeit2 zu einem Brutto-Monatsgehalt von Euro […] beschäftigt wird. 2. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz3 seit dem […]4 an den Kläger zu zahlen.5

Begründung: Am […] schrieb die Bekl. in der […] Zeitung die Stelle eines […] aus. Beweis: Stellenanzeige vom […], Anlage K 1 Der Kl. bewarb sich mit Schreiben vom […] auf diese Stelle und erschien auf Wunsch der Bekl. am […] zu einem Vorstellungstermin. Nach einem etwa halbstündigen Gespräch mit dem Personalleiter […] der Bekl. erklärte dieser, es sei „alles klar“. Der Kl. könne am […] anfangen, das Gehalt betrage Euro […] pro Monat. Auf ausdrückliche Frage des Kl. meinte Herr […] weiter, diese mündliche Zusage genüge, schriftliche Arbeitsverträge seien bei der Bekl. nicht üblich.6 Beweis: Zeugnis des Herrn […], zu laden über die Bekl. Am […] erschien der Kl. wie vereinbart morgens um 8.00 Uhr zur Arbeit. Zu seinem Erstaunen erklärte ihm jedoch Herr […], es handele sich um einen Irrtum. Die Bekl. habe sich für einen anderen Bewerber entschieden. Eine Einstellung des Kl. sei nur unverbindlich „angedacht“ worden, er habe aber keine verbindliche Zusage erhalten. Beweis: wie vor Mit Einschreiben vom […] protestierte der Kl. schriftlich bei der Bekl. und verlangte seine sofortige Beschäftigung. Zugleich bot er ausdrücklich seine Arbeitskraft an. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 2 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 S. M 1.8 Fn. 4. 3 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 4 Neben der Klage auf die Rückstände käme auch eine Klage auf künftige Leistung (s. M 12.29) in Betracht. 5 Die Klage könnte kombiniert werden mit einem Antrag auf Verpflichtung des Arbeitgebers zur tatsächlichen Beschäftigung, wenn dem Arbeitnehmer daran gelegen ist; Voraussetzung für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen ist ein solcher Klagantrag nicht. In der Praxis werden Anträge auf tatsächliche Beschäftigung vor allem gestellt, um Druck auf den Arbeitgeber auszuüben (vgl. auch M 22.17 und die dortigen Erläuterungen). 6 Schriftform ist für den Abschluss von Arbeitsverträgen nicht erforderlich. Selbst eine tarifvertragliche Schriftformregelung (vgl. § 2 Abs. 3 TVöD) hat im Zweifel nur Dokumentationsfunktion, ist also nicht konstitutive Wirksamkeitsvoraussetzung des Arbeitsvertrages (BAG v. 6.9.1972 – 4 AZR 422/71, AP BAT § 4 Nr. 2). Auch das Nachweisgesetz (NachwG) verlangt keine Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung des Arbeitsvertrages.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.8 Kap. 1 Eine Reaktion der Bekl. erfolgte nicht. Deshalb ist Klage geboten. Herr […] ist im Handelsregister als alleinvertretungsberechtigter Prokurist der Bekl. eingetragen. Beweis: Handelsregisterauszug der Bekl., Anlage K 3 Mit dem Klageantrag Ziff. 2 wird das vereinbarte Gehalt für den Monat […] geltend gemacht. Die Bekl. befindet sich in Annahmeverzug, § 615 BGB.7 […] (Unterschrift)8 7 Zur Herbeiführung des Annahmeverzuges ist nach ständiger Rspr. des BAG kein (tatsächliches oder wörtliches) Arbeitsangebot des Arbeitnehmers erforderlich (BAG v. 9.8.1984 – 2 AZR 374/83, NZA 1985, 119). Es reicht aus, dass der Arbeitgeber erklärt, er werde die Arbeitsleistung nicht annehmen. 8 Der Streitwert des Antrags Ziff. 2 entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag. Der Antrag Ziff. 1 ist entsprechend § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG mit einem Vierteljahresbezug anzusetzen (LAG Berlin-Brandenburg v. 12.7. 2007 – 17 Ta (Kost) 26186/07, nv.).

M 1.8 Klage auf Wiedereinstellung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger ab dem […]2 als Produktionsarbeiter3 in Vollzeit4 im Betrieb in […] zu betriebsüblichen Bedingungen und mit einem Brutto-Monatsgehalt von Euro5 […] einzustellen.6 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Nach BAG v. 13.6.2012 – 7 AZR 169/11, NZA-RR 2013, 616 muss der Arbeitnehmer das Datum des Vertragsbeginns im Klagantrag angeben. Natürlich kann auch auf Einstellung „ab sofort“ geklagt werden. Nach Auffassung des BAG kann seit der Schuldrechtsreform 2002 auch auf rückwirkende Wiedereinstellung geklagt werden (BAG v. 9.11.2006 – 2 AZR 509/05, AP BGB § 311a Nr. 1; v. 15.9.2009 – 9 AZR 608/08, NZA 2010, 32). Unter dem Strich bringt die Klage auf rückwirkende Wiedereinstellung allerdings keine Vorteile, denn ob sich der Vergütungsanspruch für die Vergangenheit aus Annahmeverzug (bei rückwirkender Wiedereinstellung) oder aus Schadensersatz (bei Wiedereinstellung ex nunc) ergibt, ist gleich. Ganz im Gegenteil kann eine Schadenersatzzahlung unter Umständen steuer- und sozialversicherungsfrei sein. 3 Die Art der geschuldeten Tätigkeit muss hinreichend bestimmt im Klagantrag formuliert sein, sonst ist die Klage unzulässig. Nach BAG v. 13.6.2012 – 7 AZR 169/11, NZA-RR 2013, 616 reicht es, wenn Beschäftigung in einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe begehrt wird, weil dann anhand der Tätigkeitsbeispiele und der Leistungsbeschreibungen die geschuldeten Dienste hinreichend feststellbar sind. Es ist weder erforderlich noch zulässig, die Art der geschuldeten Tätigkeit in der Klage so eng zu beschreiben, dass der Arbeitgeber in seinem Direktionsrecht beschränkt wird. 4 Nach der Entscheidung des BAG v. 13.6.2012 – 7 AZR 169/11, NZA-RR 2013, 616 ist es nicht zwingend erforderlich, in der Klage den Umfang der Arbeitsleistung anzugeben, da sich dies ggf. aus den betriebsüblichen Umständen entnehmen lasse. Eine Präzisierung ist aber in jedem Fall sinnvoll und bei nicht-tarifgebundenen Arbeitgebern zur Streitvermeidung dringend anzuraten. 5 Sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung überhaupt vergütet werden soll, ist die Angabe der Vergütung zwar sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich. Denn beim Arbeitsvertrag gehört die Regelung der Vergütung nicht zu den „essentialia negotii“, sondern der Vergütungsanspruch ist notfalls aus § 612 BGB abzuleiten (BAG v. 13.6.2012 – 7 AZR 169/11, NZA-RR 2013, 616). 6 Die Klage „auf Einstellung …“ ist ein zulässiger Leistungsantrag (BAG v. 6.8.1997 – 7 AZR 557/96, NZA 1998, 254). Er ist auf die Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers gerichtet. Mit Rechtskraft des

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Kap. 1 M 1.8 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Begründung: Der Kl. war bis zum […] bei der Bekl. als Produktionsarbeiter beschäftigt. Zum […] schied er im Zuge einer umfangreichen Personalreduzierung auf der Grundlage des Interessenausgleichs/Sozialplans vom […] aus. Beweis: Kündigungsschreiben vom […], Anlage K 1 Ziff. […] des Sozialplans vom […] lautete wörtlich wie folgt: „Mitarbeiter, die aufgrund der im Interessenausgleich vom […] genannten Maßnahmen entlassen werden, haben in der Zeit bis zum […] bei gleicher Eignung Anspruch auf vorrangige Einstellung gegenüber externen Bewerbern“.7 Beweis: Sozialplan vom […], Anlage K 2 Am […] schrieb die Bekl. in der […] Zeitung die Stelle eines Produktionsarbeiters aus. Beweis: Stellenanzeige vom […], Anlage K 3 Der Kl. bewarb sich mit Schreiben vom […] auf diese Stelle, wobei er ausdrücklich auf die Wiedereinstellungszusage des Sozialplans hinwies. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 4 Dennoch sagte die Bekl. dem Kl. mit Schreiben vom […] ab. Beweis: Schreiben der Bekl. vom […], Anlage K 5 Eine Mahnung des Kl. vom […] blieb erfolglos. Deshalb ist Klage geboten. Der Kl. ist für die Stelle genauso geeignet wie jeder andere Bewerber, er war schließlich bei der Bekl. schon einmal Produktionsarbeiter. Ein Gehalt von Euro […] entspricht der tariflichen Vergütung für ungelernte Produktionsarbeiter, diese Vergütung wird von der Bekl. auch üblicherweise im Betrieb gezahlt. […] (Unterschrift)8 stattgebenden Urteils gilt die Willenserklärung des Arbeitgebers gemäß § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als abgegeben. Natürlich kann der Arbeitnehmer seine Klage auch ausdrücklich darauf richten, dass ihm der Arbeitgeber „ein Vertragsangebot als … unterbreitet“ (BAG v. 13.6.2012 – 7 AZR 169/11, NZA-RR 2013, 616), auch hier erfolgt die Vollstreckung nach § 894 ZPO. In beiden Fällen muss der Arbeitnehmer dann allerdings das nach § 894 ZPO als abgegeben geltende Vertragsangebot noch annehmen. Diesen Schritt spart sich der Arbeitnehmer, wenn er, was ebenfalls zulässig ist (BAG aaO), den Arbeitgeber auf Annahme eines bestimmten Vertragsangebots verklagt, weil dann mit Rechtskraft des Urteils zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen und der Vertrag unmittelbar zustande gekommen ist. Ob statt der Klage auf Einstellung die Klage sogleich auf die Rechtsfolgen des begehrten Arbeitsverhältnisses, nämlich (weitere) Beschäftigung und/oder Gehaltszahlung, gerichtet werden kann, ist umstritten (bejahend BAG v. 27.2. 1997 – 2 AZR 160/96, NZA 1997, 757; offengelassen von BAG v. 6.8.1997 – 7 AZR 557/96, NZA 1998, 254). Zu den zeitlichen Grenzen des Wiedereinstellungsanspruchs vgl. Oberhofer, RdA 2006, 96 f. 7 Wichtig: Im Falle einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung besteht auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Wiedereinstellungszusage ein Wiedereinstellungsanspruch, wenn sich die für die Wirksamkeit der Kündigung maßgebenden Umstände noch während des Laufs der Kündigungsfrist verändern. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Kündigung noch keine Dispositionen getroffen hat, die die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers verhindern würden (BAG v. 27.2. 1997 – 2 AZR 160/96, NZA 1997, 757). Ergibt sich dagegen erst nach Ablauf der Kündigungsfrist eine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, hat der Arbeitnehmer keinen Wiedereinstellungsanspruch. Das gilt selbst dann, wenn zu diesem Zeitpunkt noch ein Kündigungsschutzverfahren schwebt (BAG v. 6.8. 1997 – 7 AZR 557/96, NZA 1998, 254), s. M 22.30. 8 Der Streitwert ist entsprechend § 42 Abs. 2 GKG mit einem Vierteljahresbezug anzusetzen.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.9 Kap. 1

M 1.9 Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung bei der Einstellung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir die Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage2 und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, Euro3 […] brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.4

Begründung: Die Bekl. hat am […] in der […] Zeitung die Stelle eines Vorstandsassistenten ausgeschrieben. Beweis: Stellenanzeige vom […], Anlage K 1 Die Kl. hat daraufhin der Bekl. ihre Bewerbungsunterlagen geschickt. Mit Schreiben vom […] erhielt die Kl. eine schriftliche Absage. Gründe für die Absage wurden nicht genannt. Beweis: Schreiben der Beklagten vom […], Anlage K 2 Es ist gemäß § 22 AGG zu vermuten, dass die Absage allein auf dem Geschlecht der Kl. beruhte.5 Denn die Bekl. hat entgegen § 11 AGG die Stelle ausschließlich für männliche Bewerber ausgeschrieben, wie die Verwendung der männlichen Bezeichnung „Vorstandsassistent“ in der als Anlage K 1 vorgelegten Anzeige beweist. Mit der Klage macht die Kl. eine Entschädigung6 von fünf Monatsgehältern à Euro […] geltend.7 Ein Monatsgehalt von Euro […] liegt an der unteren Grenze für vergleichbare Positionen. Eine Entschädigung von 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Ausführlich zum AGG Einf. Kap. 13. 3 Statt eines bezifferten Klagantrags kann auch auf eine „ins Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung“ geklagt werden. Wie bei Schmerzensgeldanträgen ist es dann allerdings ein Kunstfehler, wenn nicht ein Mindestbetrag angegeben wird, da sonst bei einer niedrigen Festsetzung die Beschwer für eine Berufung fehlt. 4 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insbesondere zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. Ein Anspruch auf Einstellung besteht bei Geschlechtsdiskriminierung gemäß § 15 Abs. 6 AGG grundsätzlich nicht, der Bewerber kann nur gemäß § 15 Abs. 2 AGG Entschädigung in Geld verlangen. 5 Das Hauptproblem bei der Geltendmachung einer Diskriminierung ist die Beweislast. Zwar trägt die Beweislast grundsätzlich der klagende Arbeitnehmer. Macht dieser allerdings Tatsachen glaubhaft, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe zu der Entscheidung geführt haben, § 22 AGG. Indizien für eine geschlechtsbedingte Diskriminierung sind neben geschlechtsdiskriminierenden Äußerungen im Betrieb vor allem eine gegen § 11 AGG verstoßende geschlechtsspezifische Ausschreibung. 6 Wichtig: Mit Entschädigungsklagen wegen angeblicher Einstellungsdiskriminierung wird viel Missbrauch betrieben. Manche Kläger bewerben sich serienmäßig gezielt auf Stellenanzeigen mit diskriminierungsrelevantem Inhalt oder nutzen Fehler im Umgang mit ihrer Schwerbehinderteneigenschaft aus. Ihr Ziel ist nicht die Stelle, sondern die Absage nebst Entschädigungsanspruch. Die Verteidigung gegen solche „AGG-Hopper“ (dazu Diller, BB 2006, 1968 sowie NZA 2007, 1321 und NZA 2009, 1386) ist schwierig. Immerhin hat das BAG entschieden, dass derjenige keinen Entschädigungsanspruch hat, der die Stelle nicht ernsthaft wollte, sondern von vornherein auf Entschädigung aus war (EuGH v. 28.7.2016 – C-423/15, NJW 2016, 2796 „Kratzer“ und nachfolgend BAG v. 11.8.2016, NZA 2017, 310). Allerdings scheidet nach neuerer Rechtsprechung (BAG v. 11.8.2016, NZA 2017, 310) eine Benachteiligung nicht schon deshalb aus, weil der Bewerber für die Stelle objektiv nicht qualifiziert war (anders noch BAG v. 19.8.2010, NZA 2011, 203; BAG v. 18.3.2010, NZA 2010, 1129; BAG v. 14.11.2013, NJW 2014, 1130). Aus europarechtlichen Gründen muss der Arbeitgeber den Beweis der mangelnden Ernsthaftigkeit führen. Typische Indizien für missbräuchliches

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Kap. 1 M 1.9 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses fünf Monatsgehältern ist angemessen8, da die Bekl. grob und nachhaltig gegen § 11 AGG verstößt.9 Wie weitere Stellenanzeigen der Bekl. vom […] zeigen, schreibt die Bekl. Stellen für Führungskräfte grundsätzlich nur für männliche Bewerber aus. Beweis: Stellenanzeigen vom […], Anlagen K 3 und 4 Die Kl. hat ihre Ansprüche mit Einschreiben vom […] geltend gemacht, mithin innerhalb der Zwei-MonatsFrist des § 15 Abs. 4 AGG.10 Beweis: Schreiben der Kl. vom […], Anlage K 5 Da die Bekl. auf das Schreiben nicht reagiert hat, ist Klage geboten, die Klage wahrt die Frist des § 61b ArbGG.11 […] (Unterschrift)12

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„AGG-Hopping“ ist die Bewerbung aus ungekündigter Position auf eine geringer dotierte Stelle, Überbzw. Unterqualifikation, unvollständige oder unordentliche Bewerbung (BAG v. 25.10.2018, NZA 2019, 527) oder nur Kurzbewerbung, ungefragtes Offenbaren diskriminierungsrelevanter Eigenschaften (insb. Schwerbehinderung) (dazu Diller, NZA 2007, 1321; deutlich restriktiver allerdings BAG v. 11.8.2016, NZA 2017, 310). Hingegen soll die gezielte serienmäßige Bewerbung auf Stellenanzeigen mit entgegen § 11 AGG diskriminierenden Einstellungsbedingungen kein ausreichendes Indiz für Missbrauch sein, es könne nur auf die konkrete einzelne Bewerbung ankommen (BAG v. 19.5.2016, DB 2016, 2970; LAG Hessen v. 18.6.2018, NZA-RR 2018, 584 „Kratzer ./. R+V“). Wird neben der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auch Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG eingeklagt, ist es nicht zwingend, aber sinnvoll, zwei getrennte Klaganträge zu stellen, weil hinsichtlich des Schadensersatzes die Anrechnung anderweitigen Verdienstes oder von Arbeitslosengeld in Betracht kommt; außerdem dient das Auseinanderziehen der Anträge der Übersichtlichkeit. Bei der Bestimmung der „angemessenen Entschädigung“ in § 15 Abs. 2 AGG haben die Gerichte erhebliches Ermessen, eine Vielzahl von Gesichtspunkten sind zu berücksichtigen (ausführlich dazu BKG, § 15 AGG Rz. 34 ff.). Wichtig: Macht der diskriminierte Arbeitnehmer eine Entschädigung von mehr als drei Monatsgehältern geltend, muss er nicht vortragen, dass er bei diskriminierungsfreier Bewerberauswahl die Stelle erhalten hätte. Denn nach richtiger Auffassung ist die Dreimonatshöchstgrenze (§ 15 Abs. 2 Satz 2 AGG) eine Einwendung des Arbeitgebers, deren Voraussetzungen dieser darzulegen und ggf. zu beweisen hat (statt aller Treber, NZA 1998, 857; BKG, § 15 AGG Rz. 36). Unsinnig sind die in der Praxis verbreiteten Auskunftsklagen, mit denen der Arbeitgeber zunächst auf Mitteilung verklagt wird, wie hoch das (fiktive) Einstiegsgehalt gewesen wäre. Zum einen ist schon nicht recht ersichtlich, woher der Auskunftsanspruch materiell-rechtlich kommen sollte. Vor allem aber ist er überflüssig, da wie dargelegt die Dreimonatshöchstgrenze eine Einwendung des Arbeitgebers ist. Überdies beträgt der Entschädigungsanspruch ja nicht genau drei Monatsgehälter, sondern dies ist eine Höchstgrenze. Richtigerweise sollte der Arbeitnehmer daher den ihm angemessen erscheinenden Entschädigungsbetrag einklagen. Legt der Arbeitgeber dann dar und beweist ggf., dass der Arbeitnehmer auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre und die Dreimonatshöchstgrenze unter dem einklagten Betrag liegt, kann der Arbeitnehmer gefahrlos (und ohne Kostenfolge) die Klagesumme entsprechend reduzieren. Die kurzen Geltendmachungsfristen für Ansprüche nach dem AGG sind mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar (EuGH v. 8.7.2010 – C-246/09, NZA 2010, 869 – Bulicke; BAG v. 18.5.2017 – 8 AZR 74/16, NZA 2017, 1530 Rz. 38 ff.). Einzelheiten s. Einf. Rz. 7 ff. S. M 1.9 Fn. 10. Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.10 Kap. 1

M 1.10 Klage des Arbeitgebers auf Schadensersatz und Vertragsstrafe wegen

Nichtantritts der Arbeitsstelle

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir die Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage und beantragen2: 1. Der Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.3 2. Der Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen. 3. Der Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.4 4. Hilfsweise: Der Beklagte wird verurteilt, als Vertragsstrafe Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Begründung: Die Kl. ist ein IT-Systemhaus. Im Januar […] arbeitete die Kl. intensiv an der Fertigstellung eines großen ITProgramms für die Kundin X. Als Abnahmetermin war der 1.3. […] vereinbart. Bei Überschreitung des Abnahmetermins war die Kl. gemäß dem Vertrag vom […] zur Zahlung einer Konventionalstrafe von Euro […] pro Tag verpflichtet. Beweis: Liefervertrag zwischen der Kl. und der Firma X vom […], Anlage K 1 Anfang Januar […] fiel einer der wichtigsten Systemprogrammierer der Kl. aufgrund eines Autounfalls längerfristig aus. Die Kl. suchte daraufhin fieberhaft nach einem Ersatz. Der Kontakt mit dem Bekl. wurde über die Agentur für Arbeit vermittelt. Die Kl. wurde mit dem Bekl. schnell über die Konditionen des Anstellungsverhältnisses einig. Die Parteien schlossen am 15.1. […] einen „Anstellungsvertrag“, nach dem der Bekl. am 1.2. […] bei der Kl. als Systemprogrammierer mit einem Gehalt von Euro […] pro Monat beginnen sollte. Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 2 Bei dem Vorstellungsgespräch am […] wies die Kl. den Bekl. ausdrücklich darauf hin, dass seine pünktliche Dienstaufnahme am 1.2. […] (vorher konnte der Bekl. aus persönlichen Gründen nicht anfangen) ganz wesentlich für die Einhaltung der Lieferverpflichtung gegenüber der Firma X sei. Beweis: Zeugnis des Personalleiters A, zu laden über die Kl. 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 3 Natürlich wäre es möglich, alle drei Schadenspositionen in einer Summe zusammenzufassen. Die Aufspaltung in drei verschiedene Klaganträge dient jedoch der Übersichtlichkeit. 4 Tritt der Arbeitnehmer schuldhaft die Arbeit nicht an, macht nur eine Klage auf Schadensersatz Sinn. Zwar könnte man den Arbeitnehmer gerichtlich dazu verurteilen lassen, zum Dienst zu erscheinen. Gem. § 888 Abs. 2 ZPO wäre dieses Urteil aber nicht vollstreckbar, außerdem käme es regelmäßig zu spät. Auch die Festsetzung einer Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG (s. M 108.2) führt nicht weiter. Denn eine Entschädigung darf nur festgesetzt werden, wenn der Arbeitgeber darlegt, dass ihm überhaupt ein Schaden entstanden ist. Dann kann aber auch gleich unmittelbar auf Schadensersatz in bezifferter Höhe geklagt werden. Der Schadensersatzanspruch ist nicht davon abhängig, dass zugleich die Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers anerkannt werden. Die Gehaltsansprüche sind – unabhängig von möglichen Schadensersatzansprüchen – bereits nach §§ 320 ff. BGB entfallen.

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Kap. 1 M 1.10 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Der Bekl. hat jedoch seine Arbeit nicht wie vertraglich vereinbart am 1.2. […] aufgenommen. Auf telefonische Nachfrage erklärte er vielmehr, er habe „sich für einen anderen Arbeitgeber entschieden“. In der Folgezeit versuchte die Kl., den Ausfall des Bekl. durch Mehrarbeit anderer Systemprogrammierer auszugleichen. In der Zeit vom 1.2. […] bis zum 28.2. […] leisteten andere Systemprogrammierer der Kl., die alle ausschließlich an dem Auftrag für Firma X arbeiteten, insgesamt […] Überstunden. Die Überstunden sind in der Anlage K 3 einzeln nach Mitarbeitern, Tag und Uhrzeit aufgeschlüsselt. In den Verträgen aller Systemprogrammierer ist vorgesehen, dass für Überstunden ein Überstundenzuschlag von 50 % zu zahlen ist. Beweis: Anstellungsvertrag des Mitarbeiters B als Beispiel, Anlage K 4 Die für die gemäß Anlage K 3 geleisteten Überstunden von der Kl. gezahlten Überstundenzuschläge betrugen insgesamt Euro […] (Klageantrag Ziff. 1). In Anlage K 5 sind die einzelnen Zuschläge für jede einzelne geleistete Überstunde einzeln aufgeschlüsselt.5 Trotz der Überstunden der anderen Systemprogrammierer gelang es nicht mehr, das Programm für die Firma X termingerecht bis zum 1.3. […] fertig zu stellen. Vielmehr erfolgte die Fertigstellung erst am […] Daraufhin forderte die Firma X vertragsgemäß eine Konventionalstrafe von […] × Euro […] = Euro […] (Klageantrag Ziff. 2), die mittlerweile gezahlt wurde.6 Beweis: Schreiben der Firma X-GmbH an die Kl. vom […], Anlage K 6 In ihrer Not versuchte die Kl. Ende Januar/Anfang Februar im Übrigen, so rasch wie möglich einen Ersatz für den Bekl. zu finden. Bislang hatte die Kl. ihr Personal immer entweder über die Agentur für Arbeit oder über Stelleninserate in Zeitungen angeworben. Ein sofortiger Anruf bei der Agentur für Arbeit am […] ergab, dass der Agentur für Arbeit keine stellensuchenden Systemprogrammierer bekannt waren. Dies änderte sich auch in den darauf folgenden Tagen nicht. Da eine Stellensuche per Zeitungsinserat viel zu lange gedauert hätte, wandte sich die Kl. am […] an einen ihr bekannten „Headhunter“, die Personalberatung Y und Partner. Der Kl. war bekannt, dass diese Personalberatung über eine ausgezeichnete Datenbank mit IT-Spezialisten verfügte und in der Lage sein könnte, binnen weniger Tage eine Ersatzkraft zu vermitteln. Mit der Personalberatung Y und Partner vereinbarte die Kl. ein nicht-erfolgsabhängiges Pauschalhonorar für die Suche nach einem neuen Systemprogrammierer in Höhe von Euro […] (Klageantrag Ziff. 3). Die sofort eingeleitete Suche der Personalberatung blieb jedoch erfolglos. Erst zum […] (mithin für die Abwicklung des Auftrags der X-GmbH zu spät) konnte eine Ersatzkraft eingestellt werden. Das vereinbarte Pauschalhonorar von Euro […] zahlte die Kl. am […], diese Schadensposition wird mit dem Klageantrag Ziff. 3 geltend gemacht.7 Beweis: Zeugnis des Geschäftsführers der Personalberatung Y und Partner 5 Praxistipp: Zahlungen an Aushilfskräfte sind normalerweise ebenso wenig schadensersatzfähig wie erhöhte Lohnkosten wegen überobligationsmäßiger Mehrarbeit anderer Mitarbeiter. Denn der Arbeitnehmer kann regelmäßig einwenden, die gleichen Kosten wären auch entstanden, wenn er den Dienst angetreten hätte, denn dann hätte er natürlich Gehaltsansprüche gehabt. Geltend machen kann der Arbeitgeber also nur Überstundenzuschläge, die bei Vertragserfüllung durch den Arbeitnehmer nicht angefallen wären. In der Praxis scheitern viele Klagen daran, dass eine entsprechende Substantiierung des Arbeitgebers fehlt. 6 Klassischer Fall eines einklagbaren Schadensersatzanspruchs bei Vertragsbruch ist eine aufgrund des Fehlens des Arbeitnehmers verwirkte Konventionalstrafe. Allerdings wird der Arbeitnehmer regelmäßig einwenden, auch bei rechtzeitigem Dienstantritt wäre die Konventionalstrafe unvermeidbar gewesen. Dann trifft den Arbeitgeber die Beweislast. 7 Inserats- und Headhunter-Kosten sind nach der Rechtsprechung regelmäßig nicht erstattungsfähig. Denn erstattungsfähig ist nur der so genannte Verfrühungsschaden (BAG v. 23.4.1984 – 7 AZR 37/81, v. 26.3. 1981 – 3 AZR 485/78 und v. 22.5.1980 – 3 AZR 1103/77, AP BGB § 276 Vertragsbruch Nr. 6–8). Es kommt also darauf an, dass der Schaden nicht auch dann eingetreten wäre, wenn der Arbeitnehmer, statt den Vertrag zu brechen, ordentlich zum nächstmöglichen Termin gekündigt hätte. Das ist jedoch bei Headhunter-Inseratskosten regelmäßig der Fall. Erstattungsfähig sind diese Kosten also nur dann, wenn der Arbeitgeber darlegt, dass er durch den Vertragsbruch in eine derartige Zwangslage geraten ist, dass er diese Kosten ausnahmsweise aufwenden musste, und dass bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist ein billigerer Weg für die Suche eines Nachfolgers gewählt worden wäre. Streitig ist, wer die Beweislast dafür trägt, dass die gleichen Kosten auch bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist angefallen wären.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.11 Kap. 1 Der Bekl. hat schuldhaft ohne jeglichen Grund seine Arbeit am […] nicht wie vertraglich vorgesehen aufgenommen.8 Kausal aufgrund der Nichtaufnahme der Arbeit sind der Kl. die mit den Klaganträgen Ziff. 1 bis 3 geltend gemachten Schadensbeträge entstanden. Der Bekl. ist für alle entstandenen Schäden ersatzpflichtig. Auf § 287 ZPO wird vorsorglich hingewiesen.9 Mit dem Klageantrag Ziff. 4 wird die in § 10 des Anstellungsvertrages vereinbarte Vertragsstrafe geltend gemacht. In § 10 hieß es wörtlich: „Bei Vertragsbruch des Mitarbeiters, insbesondere bei Nichtantritt der Arbeitsstelle ohne wichtigen Grund, ist der Mitarbeiter zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe des letzten Bruttomonatsgehalts verpflichtet.“ Diese Vertragsstrafe war entgegen der außergerichtlich geäußerten Rechtsauffassung des Bekl. auch wirksam vereinbart (wird ausgeführt).10 Da der Bekl., wie oben ausgeführt, die Arbeit ohne wichtigen Grund nicht angetreten hat, ist die Vertragsstrafe in Höhe von Euro […] verwirkt. Allerdings ist gemäß § 340 Abs. 2 BGB der tatsächliche Schaden auf die Vertragsstrafe anzurechnen. Da im vorliegenden Fall die Schadenspositionen der Klageanträge Ziff. 1 bis 3 die Höhe der Vertragsstrafe übersteigen, wird der Klagantrag Ziff. 4 nur hilfsweise und insoweit gestellt, als die aus den Klaganträgen Ziff. 1 bis 3 zugesprochenen Beträge hinter dem Betrag des Klagantrags Ziff. 4 zurückbleiben.11 […] (Unterschrift)12 8 Gemäß § 280 Abs. 1 BGB wird im Rahmen eines Schuldverhältnisses vermutet, dass eine Leistungsstörung auf Verschulden des anderen Vertragsteils beruht. Der Arbeitgeber muss deshalb kein Verschulden des Arbeitnehmers am Vertragsbruch darlegen. Vielmehr ist es Sache des Arbeitnehmers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ihn an der Nichtaufnahme des Dienstes kein Verschulden trifft. Daran ändert auch § 619a BGB nichts. Die dort geregelte Beweislastumkehr gilt nur für Schadensfälle in der betrieblichen Sphäre (Oetker, BB 2002, 43). 9 Praxistipp: Das Hauptproblem bei Schadensersatzklagen wegen Nichtaufnahme der Arbeit ist die schlüssige Darlegung eines Schadens. Arbeitsgerichte sind aus unverständlichen Gründen bei der Anwendung von § 287 ZPO (Schadensschätzung, wenn keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Schadensberechnung vorliegen) außerordentlich zurückhaltend. Es kann nur dringend empfohlen werden, in der Klage das Gericht eindringlich auf die Anwendbarkeit der Vorschrift hinzuweisen (das Gericht hat insoweit kein Ermessen!). Die Schätzung eines Schadens darf nur dann unterbleiben, wenn sie mangels konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Eine völlig abstrakte Berechnung eines Schadens ist daher nicht möglich (ausf. BAG v. 26.9.2012 – 10 AZR 370/10, NZA 2013, 152). 10 S. die Erläuterungen bei M 3.1 § 15. 11 Der Kl. hat die Wahl, ob er die Vertragsstrafe hilfsweise zum tatsächlichen Schaden oder umgekehrt geltend macht. Mit dem Hauptantrag wird zweckmäßigerweise diejenige Forderung geltend gemacht, die „sicherer“ erscheint. 12 Der Streitwert entspricht den eingeklagten Bruttobeträgen.

M 1.11 Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung Herr/Frau […] (Ort, Datum) […] Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], hiermit fechten wir nach § 123 BGB unsere Willenserklärungen an, die auf den Abschluss des Arbeitsvertrages mit Ihnen vom […] gerichtet waren.1

1 Wird „der Arbeitsvertrag“ angefochten, ist das zwar rechtlich nicht ganz korrekt, aber wirksam, weil die Gegenseite ohne weiteres erkennen kann, was gewollt ist.

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Kap. 1 M 1.11 | Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Begründung2: Im Vorstellungsgespräch vom […] haben wir Sie gefragt, ob dem Beginn Ihrer Beschäftigung am […] irgendwelche tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Das haben Sie verneint. Vor drei Tagen erreichte uns jedoch das Schreiben unseres Konkurrenzunternehmens Y GmbH, bei dem Sie bislang beschäftigt waren. Wir wurden darauf hingewiesen, dass Sie mit der Y GmbH ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von zwei Jahren vereinbart hätten, sodass Sie die Stelle bei uns nicht antreten könnten. Dem Schreiben war eine Kopie des mit Ihnen vereinbarten Wettbewerbsverbots beigefügt. Eine erste rechtliche Prüfung hat ergeben, dass dieses Wettbewerbsverbot wohl wirksam ist. Die Y GmbH hat uns rechtliche Schritte angedroht, falls wir Sie trotz des Wettbewerbsverbots beschäftigen, auch werde man in diesem Fall im Wege der einstweiligen Verfügung gegen Sie persönlich vorgehen. Wir haben Sie mit Schreiben vom […] zur Stellungnahme dazu aufgefordert, eine Reaktion darauf ist jedoch nicht erfolgt.3 Wir gehen deshalb davon aus, dass die Informationen der Y GmbH zutreffen und Sie uns im Vorstellungsgespräch arglistig getäuscht haben. Geschäftsgrundlage des Arbeitsvertragsangebots, welches wir Ihnen unterbreitet haben, war Ihre Zusage, dass Sie pünktlich zum […] bei uns anfangen können. Ein Eintritt zu einem späteren Termin nach Ablauf des Wettbewerbsverbots ist für uns uninteressant, da wir Sie insbesondere für das zeitkritische Projekt […] einsetzen wollen, das haben wir Ihnen auch im Vorstellungsgespräch erläutert. Aufgrund der arglistigen Täuschung fechten wir nicht nur den Abschluss des Arbeitsvertrages an, sondern kündigen hiermit vorsorglich4 das Arbeitsverhältnis auch außerordentlich aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Termin. Auf Ihre Pflichten zur Arbeitssuche nach § 38 Abs. 1 SGB III weisen wir hiermit hin. Hochachtungsvoll […] (Unterschrift) 2 Die Anfechtungserklärung ist auch ohne Mitteilung der Anfechtungsgründe wirksam. Die Mitteilung der Gründe ist aber dringend zu empfehlen, um Streitigkeiten vorzubeugen. 3 Die Anhörung des Betriebsrats in entsprechender Anwendung von § 102 BetrVG ist für die Anfechtung nicht erforderlich (BAG v. 11.11.1993, AP § 123 BGB Nr. 38). Wird jedoch wie hier vorsorglich eine Kündigung erklärt, ist dafür die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG erforderlich, auch wenn der Arbeitnehmer noch keinen einzigen Tag gearbeitet hat (LAG Hessen v. 31.5.1985, DB 1985, 2689). 4 Da die Anforderungen an eine Arglistanfechtung höher sind als an den wichtigen Grund nach § 626 BGB, sollte immer eine fristlose Kündigung vorsorglich miterklärt werden. Und wenn auch nur leiseste Zweifel bestehen, sollte das Ganze dann auch höchst hilfsweise mit einer ordentlichen Kündigung verbunden werden, die ja in der Wartezeit nach § 1 KSchG stets unproblematisch ist.

M 1.12 Klage des Arbeitnehmers gegen die Anfechtung des Arbeitsvertrages An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen:2 1. Es wird festgestellt, dass der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien durch die Anfechtung der Beklagten vom […] nicht aufgelöst wird.3 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Zu den Anträgen Ziff. 2–5 s. ausf. M 22.18 mit Erläuterungen. 3 Häufig wird bei solchen Anträgen eine Formulierung in Anlehnung an § 4 KSchG gewählt, d.h. die Feststellungsklage wird auf die Feststellung gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Anfechtungserklärung aufgelöst ist. Das ist fehlerhaft, jedoch unschädlich weil auslegungsfähig.

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Anbahnung des Arbeitsverhältnisses | M 1.12 Kap. 1 2. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungen vom […] nicht zu diesem Tag oder zu einem späteren Zeitpunkt endet bzw. geendet hat. 3. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. 4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als […] weiter zu beschäftigen. 5. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem […] an den Kläger zu zahlen.

Begründung: Der Kl. wurde mit Arbeitsvertrag vom […] für die Zeit ab […] als Projektingenieur mit einem Gehalt von Euro 5.000,– pro Monat bei der Beklagten angestellt. Beweis: Arbeitsvertrag vom […], Anlage K 1 Drei Tage vor Arbeitsaufnahme erhielt der Kl. ein Schreiben der Bekl., in dem sämtliche Willenserklärungen der Bekl. zum Abschluss des Arbeitsvertrages angefochten wurden. Zugleich wurde eine außerordentliche und hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Beweis: Schreiben der Bekl. vom […], Anlage K 24 Als Begründung war in dem Schreiben angegeben, der Kl. habe die Bekl. im Vorstellungsgespräch arglistig getäuscht. Er habe seinen Eintritt zum […] zugesagt, tatsächlich sei er aber durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit seinem früheren Arbeitgeber an der Aufnahme der Tätigkeit gehindert. Zugleich wurde das Arbeitsverhältnis vorsorglich fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin gekündigt. Beweis: wie vor Die Anfechtung ist ebenso unbegründet und unwirksam wie die hilfsweise ausgesprochenen Kündigungen. Der Kl. hat nicht arglistig getäuscht. Zwar trifft es zu, dass er mit seinem früheren Arbeitgeber ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart hatte. Das Verbot ist jedoch gem. § 74 HGB unwirksam, da dem Kl. bei Unterzeichnung des Wettbewerbsverbots keine original vom damaligen Arbeitgeber unterzeichnete Abschrift ausgehändigt wurde. Über diesen Umstand hat der Kl. die Bekl. auch mit Schreiben vom […] informiert und seine Arbeitskraft angeboten. Beweis: Schreiben des Kl. an die Bekl. vom […], Anlage K 3 Die Bekl. hat dem Kl. jedoch telefonisch mitgeteilt, seine Stellungnahme ändere an der Entscheidung des Unternehmens nichts, dass man ihm nicht mehr vertraue und ihn nicht einstellen werde. Deshalb ist die vorliegende Klage geboten. Dass die Anfechtung unwirksam ist, weil keine arglistige Täuschung vorlag und dass die außerordentliche Kündigung keinen Bestand haben kann, weil keine wichtigen Gründe iSd. § 626 BGB vorliegen, liegt angesichts des Sachverhalts auf der Hand. Unwirksam ist aber auch die ordentliche Kündigung. Denn gem. § […] des Arbeitsvertrages war der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung vor Beginn der Arbeitsaufnahme ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Umdeutung der Kündigung in eine solche zu einem späteren Termin kommt nicht in Betracht.5 […] (Unterschrift) 4 S. M 1.11. 5 Die Rechtslage zu dieser Frage ist streitig. Häufig scheitert die ordentliche Kündigung in solchen Konstellationen auch an der fehlenden Betriebsratsanhörung (s. LAG Hessen v. 31.5.1985, DB 1985, 2689), das wird aber zweckmäßigerweise erst nach Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist des § 1 KSchG gerügt, damit der Arbeitgeber nicht mehr nachbessern kann.

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Kap. 2 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

Kapitel 2 Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Geschäftsbedingungen . . aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Besonderheiten aufgrund der Verbraucherstellung . . . . . . . . cc) Abgrenzung zur Individualvereinbarung . . . . . . . . . . . . dd) Keine Klauselkontrolle zugunsten des Verwenders . . . . . . . . ee) Beteiligung des Betriebsrats bei Formularverträgen . . . . . . . . . b) Einbeziehung in den Vertrag . . . . . c) Vorrang der Individualabrede/ Schriftformklausel – § 305b BGB . . . d) Überraschende Klauseln – § 305c Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unklarheitenregel – § 305c Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit – § 306 BGB . . aa) Zivilrechtliche Grundsätze . . . . bb) BAG vor Einführung der AGBKontrolle/Geltung bei Individualverträgen . . . . . . . . . . . . cc) BAG nach Einführung der AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . dd) Blue-pencil-test . . . . . . . . . . . g) Unangemessene Benachteiligung – § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kontrollsperre . . . . . . . . . . . . bb) Transparenzgebot – § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB . . . . . . . . . cc) Inhaltskontrolle – Materiell unangemessene Benachteiligung – § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB . . . . . dd) Vermutungstatbestände des § 307 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . h) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit – § 308 BGB . . . . . . . . i) Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit – § 309 BGB . . . . . . . . 2. AGB-Klauselkontrolle von A–Z . . . • Abgeltungsklausel . . . . . . . . . . . . • Änderungsklausel . . . . . . . . . . . . . • Änderungsvorbehalt . . . . . . . . . . . • Aktienoptionsplan . . . . . . . . . . . . • Altersabstandsklausel . . . . . . . . . . • Altersgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . • Anrechnungsvorbehalt . . . . . . . . . • Arbeit auf Abruf . . . . . . . . . . . . . • Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . .

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_ __ _ _ _ _ __ _ _ _ __ _ __ __ _ _ _ _ __ ___ ___ __ _ 1 2 8 9

11 13 14 15 16 17 21 25 30 31 35 38 40 41 42 49 55 57 64

70 82 82 82a 85 85a 85b 86 87 89 90

• Auflösende Bedingung . . . . . . . . . • Ausgleichsquittung . . . . . . . . . . . . • Ausschlussfrist/Ausschlussklausel . . . • Befristung des Vertrags . . . . . . . . . • Befristung einzelner Arbeitsbedin-

gungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

• Betriebliche Übung . . . . . . . . . . . . • Betriebsvereinbarungen . . . . . . . . . • Betriebsvereinbarungsvorbehalt/

Betriebsvereinbarungsoffenheit . . . .

• Beweislastmodifikation . . . . . . . . . • Bezugnahmeklauseln . . . . . . . . . . . • Bindungsklauseln . . . . . . . . . . . . . • Dienstwagenrückforderung . . . . . . • Ermessensvergütung/Ermessens• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

gratifikation . . . . . . . . . . . . . . . . Familienmitglieder als Arbeitnehmer Freistellungsklausel . . . . . . . . . . . . Freiwilligkeitsvorbehalt . . . . . . . . . Geheimhaltungsklauseln . . . . . . . . Haftung des Arbeitnehmers . . . . . . Haftungsverschärfung . . . . . . . . . . Jahreswagen-Regelung . . . . . . . . . . Jeweiligkeitsklausel . . . . . . . . . . . . Klageverzicht . . . . . . . . . . . . . . . Konzernversetzungsklausel . . . . . . . Kündigungsausschluss . . . . . . . . . . Kündigungsfristverlängerung . . . . . Kurzarbeitsklausel . . . . . . . . . . . . Matrixklausel . . . . . . . . . . . . . . . Mehrarbeitsklausel/Überstundenpauschale . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Nebentätigkeitsverbot . . . . . . . . . . Pauschalabgeltung . . . . . . . . . . . . Probezeitvereinbarung . . . . . . . . . . Rücktrittsvorbehalt . . . . . . . . . . . . Rückzahlung von Fortbildungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückzahlung von Sonderzahlungen . Schriftformklausel . . . . . . . . . . . . Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Späteheklausel . . . . . . . . . . . . . . . Stichtagsklausel . . . . . . . . . . . . . . Überstundenklausel . . . . . . . . . . . Überprüfungsvorbehalt . . . . . . . . . Urlaubsklausel . . . . . . . . . . . . . . . Verfallklausel . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . .

__ __ ___ __ _ _ _ __ __ __ __ ___ ___ _ __ __ __ __ _ ___ ___ __ 90a 91 92 95a

96 96a 96b

96c 97 98 100 100k

101 102 103 104 106b 107 108 109 110 110a 110b 111 111a 111b 111c 112 113 115 118 119a 120 121 123 124

126 126a 126b 127 127a 127b 128 128a

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Kap. 2

• Versetzungsklausel . . . . . . . . . . . . • Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . • Widerrufsvorbehalt . . . . . . . . . . . • Zielvereinbarung . . . . . . . . . . . . . • Zillmerung . . . . . . . . . . . . . . . . . • Zugangsfiktion . . . . . . . . . . . . . . • Zurückbehaltungsrecht/Ausschluss 3. 4. 5. 6.

von Zurückbehaltungsrechten . . . . Form des Arbeitsvertrages, Nachweisgesetz, Arbeitsbedingungenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeiter/Angestellte . . . . . . . . . Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . Einbeziehung des Tarifvertrages .

.

. . . .

__ ___ _ _ __ __

129 130 138 142b 142c 143 143a 144 149 152 154

II. Muster Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer ohne Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . Employment agreement with a (blue collar) employee without reference to a collective bargaining agreement . . . . . Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer (Arbeiter) mit Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer (Arbeiter) mit teilweiser Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

_ _ _ _

. M 2.1a . M 2.1b .

.

M 2.2

M 2.3

Literatur: AGB und Arbeitsvertrag allgemein: Bauer, Arbeitsrechtliche Baustellen des Gesetzgebers – insbesondere im Befristungsrecht, NZA 2014, 889; Bauer/Arnold, Altersdiskriminierung von Organmitgliedern, ZIP 2012, 597; Bauer/Heimann, Flexibel, motivierend und „all-inclusive“ – Rechtssichere Vergütung von Führungskräften, NZA Beilage 2014, 114; Bauer/Kock, Arbeitsrechtliche Auswirkungen des neuen Verbraucherschutzrechts, DB 2002, 42; Bauerdick/Hettche, Aktuelle Rechtsprechung zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Arbeitsrecht, NZA-RR 2018, 337; Bayreuther, Möglichkeiten und Grenzen der Änderung von Arbeitsbedingungen, NZA 2019, 735; Bayreuther, Der gesetzliche Mindestlohn, NZA 2014, 865; Benedict, Der Maßstab der AGB-Kontrolle – oder die Suche nach dem „indispositiven Leitbild“ im Arbeitsvertragsrecht, JZ 2012, 172; Bergwitz, Zurückbehaltung von Geschäftsunterlagen – Wahrnehmung berechtigter Interessen oder Kündigungsgrund?, NZA 2018, 333; Bettinghausen, Die Vereinbarung längerer Kündigungsfristen im vorformulierten Arbeitsvertrag, BB 2018, 1844; Böhm, Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen dauerhafter voller Erwerbsminderung – Ein Plädoyer für eine vorausschauende Vertragsgestaltung, ArbRB 2018, 253; Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2019; Crisolli/Zaumseil, BB-Rechtsprechungsreport zum arbeitsrechtlichen AGB-Recht, BB 2012, 1281; Däubler/ Bonin/Deinert, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2014; Fuhlrott, Probezeitverlängerung bei NichtBewährung von Mitarbeitern, NZA 2017, 1433; Foerster, Steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertagsund Nachtarbeit – Voraussetzungen an die Steuerfreiheit, StuB 2010, 814; Klein/Weidl, Aktuelle Rechtsprechung zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Arbeitsrecht, NZA-RR 2019, 569; Krieger, Anm. zu BAG: Rückforderung eines Provisionsvorschusses nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ArbRAktuell 2015, 278; Laber/Santon, Individual- und tarifvertragliche Möglichkeiten zur Abweichung vom gesetzlichen Fristenregime, ArbRB 2018, 57; Linck, Rechtsfolgen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträgen, FS Bauer, 2010, S. 645; Lingemann/Müller, Die Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auf die Arbeitsvertragsgestaltung, BB 2007, 2006; Lingemann/Weingarth, Zur Anwendung des AGG auf Organmitglieder, DB 2012, 2325; Lunk/Leder, Der Arbeitsvertrag – Allgemeine Grundlagen, NJW 2016, 1292; Lunk/Leder, Der Arbeitsvertrag – einzelne Vertragsklauseln, NJW 2016, 1577, 2472, 3766; Meier, Der Arbeitsvertrag des Compliance-Beauftragten – Rechtliche Notwendigkeiten und Möglichkeiten, NZA 2011, 779; Miethaner, AGB oder Individualvereinbarung – die gesetzliche Schlüsselstelle „im Einzelnen ausgehandelt“, NJW 2010, 3121; Münzel, Chefarztverträge und AGB-Recht, NZA 2011, 886; Olbertz, Rechtssichere Vereinbarungen von Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag, NWB 2019, 1693; Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 6. Aufl. 2020; Preis/Lukes, Mindestlohngesetz und Vertragsgestaltung, ArbRB 2015, 153; Reinhard, Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Implementierung von Unternehmens-, insbesondere Verhaltensrichtlinien, NZA 2016, 1233; Spiegelberger/ Schilling, Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns, NJW 2014, 2897; Tiedemann/Triebel, Warum dürfen sich Arbeitgeber nicht auf die Unwirksamkeit ihrer AGB-Vertragsklauseln berufen?, BB 2011, 1723; Tödtmann/Kaluza, Anforderungen an allgemeine Geschäftsbedingungen in arbeitsrechtlichen Verträgen, DB 2011, 114; Zaumseil, Arbeitsvertraglicher Ausschluss des Annahmeverzugs, ArbRB 2011, 222; Zimmermann, Rechtsfolgen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträgen, ArbRAktuell 2012, 105. Altersgrenze: Bauer, Anm. zu BAG: Tarifliche Altersgrenze 65, FD-ArbR 2008, 262318; Bader, Arbeitsrechtliche Altersgrenzen weiter flexibilisiert, NZA 2014, 749; Bauer, Anm. zu BAG: Auslegung einer Betriebsvereinbarung zur Altersgrenze, ArbRAktuell 2016, 36; Bauer, Anm. zu BAG: Altersgrenzen in Betriebsver-

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Kap. 2 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) einbarungen, ArbRAktuell 2013, 155; Bauer, Anm. zu BAG: Befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Renteneintrittsalters, ArbRAktuell 2015, 354; Bauer/Diller, EuGH – Rosenbladt – rosiges oder dorniges Blatt für Altersgrenzen?, DB 2010, 2727; Bauer/von Medem, Altersgrenzen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen – Was geht, was geht nicht?, NZA 2012, 945; Bayreuther, Altersgrenzen, Kündigungsschutz nach Erreichen der Altersgrenze und die Befristung von „Altersrentnern“, NJW 2012, 2758; Berg/Natzel, Die Last des Alters aus arbeitsrechtlicher Sicht, BB 2010, 2885; Fischer, Der RosenbladtDrehtür-Effekt, FA 2011, 103; Heinz, „65 Jahre + X“ und arbeitswillig – Rechtliche Möglichkeiten der befristeten (Weiter-)Beschäftigung von Rentnern, BB 2016, 2037; Jesgarzewski, „Wirksamkeit von Altersgrenzenregelungen – Auswirkungen der Rechtsprechung des BAG auf die arbeitsvertragliche Praxis“, NWB 2016, 1593; Kösel/Reitz, „Flexi-Rente“ und Europarecht – Zur befristungs- und kündigungsrechtlichen Behandlung von Rentnerarbeitsverhältnissen, NZA 2014, 1366; Kramer, Gestaltung des Hinausschiebens einer vereinbarten Altersgrenze, ArbRAktuell 2015, 144; Olbertz/Groth, Änderungen durch das Flexirentengesetz – Neue Anreize zur Beschäftigung von Rentnern, NWB 2017, 738; Poguntke, Neue Gestaltungsmöglichkeiten bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer, NZA 2014, 1373; Rolfs, Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, NZA Beilage 2010, 139; Tempelmann/Stenslik, Altersgrenzenregelungen im Arbeitsrecht, DStR 2011, 577. Anrechnungsvorbehalt: Feddersen, Die Anrechnung übertariflicher Leistungen bei Tariflohnerhöhungen, NWB 2010, 2546. Arbeit auf Abruf – Arbeitszeit: Bissels/Domke/Wisskirchen, Blackberry & Co.: Was ist heute Arbeitszeit?, DB 2010, 2052; Natzel, Bereitschaftsdienste – nicht nur eine Frage der Arbeitszeit, BB 2015, 2938; Preis/ Ulber, Direktionsrecht und Sonntagsarbeit, NZA 2010, 729; Thüsing/Hütter, Was ist Arbeit? – Oder: Warum Bereitschaftsdienst keine Arbeitszeit im Sinne des MiLoG ist, NZA 2015, 970; Thüsing/Pötters, Flexibilisierung der Arbeitszeit durch Zeitkonten im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung, BB 2012, 317. Arbeiter und Angestellte: Diller, Anm. zu BAG: Zulässige Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten bei der betrieblichen Altersversorgung, ArbRAktuell 2015, 580; Kortstock, Die Begriffe des Arbeiters und Angestellten – lebende Fossilien des Arbeitsrechts: Unterschiedliche Regelungen im Bereich des öffentlichen Dienstes und der Mandatsträger sowie im staatlich übernommenen Tarifrecht und deren Berechtigung, NZA 2017, 357. Ausgleichsquittung: Arnold, Anm. zu BAG: Die Unterzeichnung einer vorformulierten Ausgleichsquittung stellt allenfalls ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis dar, ArbRAktuell 2014, 131. Ausschlussfrist/Ausschlussklausel: Brecht-Heitzmann, Verfassungsrechtliche Neubewertung zweistufiger Ausschlussfristen, DB 2011, 1523; Brors, Equal Pay Anspruch und Ausschlussfristen, NZA 2010, 1385; Ennemann, Das Ende der zweistufigen Ausschlussfrist, FA 2011, 133; Husemann, Ausschlussfristen im Arbeitsrecht, NZA-RR 2011, 337; Lakies, AGB-Kontrolle von Ausschlussfristen, ArbRAktuell 2013, 318; Lakies, Praktische Anwendungsprobleme bei Ausschlussfristen, ArbRAktuell 2013, 379; Lingemann/Otte, Der neue § 309 Nr. 13 BGB – Das Ende des schriftlichen Geltendmachens arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen, NZA 2016, 519; Lunk/Seidler, Neue Formvorschriften für Anzeigen und Erklärungen – (ungewollte?) Auswirkungen im Arbeitsrecht, NJW 2016, 2153; Nägele/Gertler, Tarifliche Ausschlussfristen auf dem Prüfstand des Verfassungsrechts, NZA 2011, 442; Preis/Ulber, Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz, 2014; Roloff, Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen und unabdingbare Ansprüche, FS Willemsen, 2018, S. 407; Springer/von Kummer, Arbeitsverträge auf dem Prüfstand: Wichtige Änderungen für arbeitsvertragliche Ausschlussfristen, DB 2016, 1940; Ulber, Ausschlussfristen und zwingendes Gesetzesrecht, DB 2011, 1808. Befristung einzelner Arbeitsbedingungen: Biedermann, Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, NZA-RR 2019, 345; Dzida, Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, ArbRB 2012, 286; Fleddermann, Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, ArbAktuell 2015, 367 und 392; Fuhlrott, Anforderungen an die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, NZA 2016, 1000; Willemsen/Jansen, Die Befristung von Entgeltbestandteilen als Alternative zum Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalt, RdA 2010, 1. Betriebliche Übung: Hampe/Endriß, Spielregeln der betrieblichen Übung, DB 2016, 1635; Hromadka, Die betriebliche Übung: Vertrauensschutz im Gewande eines Vertrags, NZA 2011, 65; Nebeling/Lankes, Zur Beseitigung betrieblicher Übung – Die Flucht der Arbeitgeber aus einem Teufelskreis?, NZA 2018, 1602; Schneider, Betriebliche Übung und konkludente Vertragsanpassung, NZA 2016, 590. Betriebsvereinbarungsoffenheit von Arbeitsverträgen: Hoffmann/Köllmann, Die „betriebsvereinbarungsoffene“ Vertragsgestaltung, NJW 2019, 3545; Hoffmann/Köllmann, Die „betriebsvereinbarungsoffene“ Ver-

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Kap. 2 tragsgestaltung im Spannungsverhältnis zwischen Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung, NZA 2020, 914; Krieger/Arnold/Zeh, Betriebsvereinbarungsoffene Arbeitsverträge – Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen in der Praxis, NZA 2020, 81. Bezugnahmeklausel: Bauer/Günther, Bezugnahmeklauseln bei Verbandswechsel und Betriebsübergang – Ein Irrgarten?, NZA 2008, 6; Betz, Die Inbezugnahme tarifvertraglicher Regelungen im Wege der betrieblichen Übung, BB 2010, 2045; Däubler, Die gemeinsame Initiative von DGB und BDA zur Schaffung einer neuen Form von „Tarifeinheit“, 2010; Di Fabio, Gesetzlich auferlegte Tarifeinheit als Verfassungsproblem, 2014; Diller, Anm. zu BAG: Grenzen der Änderung von Versorgungszusagen mit Jeweiligkeitsklausel bei der betrieblichen Altersversorgung, ArbRAktuell 2015, 476; Diller/Beck, Neues von der ablösenden Betriebsvereinbarung: Abschied vom Großen Senat, BetrAV 2014, 345; Forst, Betriebsübergang: Ende der Dynamik einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag?, DB 2013, 1847; Gaul/Ludwig, Neues zu arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln, ArbRB 2012, 283; Greiner/Vitt, Die Auslegung kleiner dynamischer Bezugnahmeklauseln zwischen Regelungstransparenz und kollektivarbeitsrechtlicher Systembildung, BB 2020, 821; Haußmann, Anm. zu BAG: Kleine dynamische Bezugnahme auf Tarifverträge nach einem Teilbetriebsübergang bleibt maßgeblich, auch wenn beim Erwerber allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten, FD-ArbR 2007, 240797; Haußmann, Bezugnahme auf Tarifvertrag und Branchenwechsel – Betriebsübergang: Tarifwechsel nur bei kongruenter Tarifgebundenheit, DB 2001, 1839; Haußmann, Tarifwechselklauseln in Arbeitsverträgen seit der Schuldrechtsreform („Neuverträgen“), DB 2013, 1359; Haußmann, Bleibt der Erwerber eines Betriebsteils nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB aufgrund dynamischer Bezugnahmeklausel dauerhaft an Tarifverträge gebunden?, DB 2015, 1605; Haußmann, Anm. zu BAG: Hat der Erwerber eines Betriebs nicht die Möglichkeit, an Verhandlungen über Kollektivverträge teilzunehmen, dürfen dynamische Verweisungsklauseln ihn an diese nicht binden, ArbRAktuell 2013, 469; Hexel, Vorsicht bei Vertragsänderungen – Anmerkung zum Urteil des BAG vom 13.5.2015, DB 2016, 417; Hohenstatt/Schuster, Auswirkungen des Tarifeinheitsgesetzes auf Umstrukturierungen, ZIP 2016, 5; Holthausen, Hinweise zur Gestaltung arbeitsvertraglicher Bezugnahmen, ArbRAktuell 2011, 29; Jacobs, Bezugnahmeklauseln als Stolpersteine beim Betriebsübergang, BB 2011, 2037; Jacobs/Frieling, Keine dynamische Weitergeltung von kleinen dynamischen Bezugnahmeklauseln nach Betriebsübergängen, EuZW 2013, 737; Jordan/Bissels, Gilt „der jeweils anwendbare Tarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung“ noch?, NZA 2010, 71; Kempter, Verweisungsklauseln – alles neu nach Alemo-Herron?, BB 2014, 1785; Lakies, Die einzelvertraglich vereinbarte Anwendung von Tarifverträgen durch Bezugnahmeklauseln, ArbRAktuell 2014, 8; Lakies, Die Anwendung von Tarifverträgen nach einem Betriebsübergang, ArbR 2013, 564; Latzel, Unternehmerische Freiheit als Grenze des Arbeitnehmerschutzes – vom Ende dynamischer Bezugnahmen nach Betriebsübergang, RdA 2014, 110; Lingemann, Anm. zu BAG: „Andere Abmachung“ im Sinne von § 4 V TVG geht auch in AGB dem nachwirkenden Tarifvertrag vor, FD-ArbR 2007, 240798; Lingemann, Kleine dynamische Bezugnahmeklausel bei Änderung der Tarifbindung, FS ARGE Arbeitsrecht im DAV, 2006, S. 71; Lingemann, Anm. zu BAG: Dynamische Bezugnahmeklausel nach Betriebsübergang, ArbRAktuell 2015, 304; Lobinger, EuGH zur dynamischen Bezugnahme von Tarifverträgen beim Betriebsübergang, NZA 2013, 945; Riemer, Auslegung und Wirksamkeit dynamischer Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen, NWB 2012, 828; Scholz/Lingemann/Ruttloff, Tarifeinheit und Verfassung, NZA Beilage 1/2015; Schwarz/Ziegler, Kleine dynamische Bezugnahmeklauseln – Abschied vom Tarifwechsel, BB 2010, 1021; Straube/Klagges, „In der jeweils geltenden Fassung“-Regelungen sind unwirksam!, ArbRAktuell, 2011, 421; Waas, Der Regelungsentwurf von DGB und BDA zur Tarifeinheit, 2010; Willemsen/Grau, Zurück in die Zukunft – Das europäische Aus für dynamische Bezugnahmen nach Betriebsübergang?, NJW 2014, 12; Willemsen/Mehrens, Das Ende der Tarifeinheit – Folgen und Lösungsansätze, NZA 2010, 1313. Bindungsklausel/Stichtagsklausel: Baeck/Winzer, Neuere Entwicklungen im Arbeitsrecht – Stichtagsklauseln – was geht noch?, NZG 2012, 657; Dzida/Klopp, BAG verschärft Anforderungen an Stichtagsklauseln für Sonderzahlungen, ArbRB 2014, 149; Freckmann/Grillo, Das Ende der Stichtagsklauseln bei leistungsbezogenen Sonderzahlungen – was nun?, BB 2014, 1914; Groeger, Arbeitsvertragliche Vereinbarungen über Sondervergütungen, ArbRB 2010, 156; Heins/Leder, Stichtagsklauseln und Bonuszusagen – unvereinbar?, NZA 2014, 520; Krieger, Anm. zu BAG: Zulässigkeit einer Stichtagsklausel für Sonderzahlungen ohne Entgeltcharakter, ArbRAktuell 2014, 513; Lakies, AGB-Kontrolle von Sonderzahlungen, ArbRAktuell 2012, 306; Lakies, Begrenzte Vertragsfreiheit bei der Gewährung von Sonderzahlungen, DB 2014, 659; Lingemann, Anm. zu BAG: Stichtagsregelung für Jahressonderzahlung mit Mischcharakter ist unwirksam, ArbRAktuell 2013, 597; Lingemann/Gotham, Freiwilligkeits-, Stichtags- und Rückzahlungsregelungen bei Bonusvereinbarungen – was geht noch?, NZA 2008, 509; Salamon, Das Ende von Sonderzahlungen mit Mischcharakter?, NZA 2011, 1328.

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Kap. 2 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Dienstwagenrückforderung: Fröhlich, Herausgabe des Dienstwagens bei Kündigung und Freistellung, ArbRB 2011, 253; Günther/Günther, Widerrufsvorbehalt bei privater Dienstwagennutzung, ArbRAktuell 2011, 107; Hunold, AGB-Kontrolle: Widerruf der Gestellung eines Dienstwagens, NZA 2010, 1276. Ermessensvergütung/Ermessensgratifikationen: Arnold, Anm. zu BAG: Festsetzung des Bonus-Budgets durch den Arbeitgeber, ArbRAktuell 2014, 286; Lingemann/Pfister/Otte, Ermessen bei Gratifikationen und Vergütung als Alternative zum Freiwilligkeitsvorbehalt, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, Bonuszahlung und Freiwilligkeitsvorbehalt – Die Gewichte verschieben sich, NJW 2014, 2400; Pfrogner, Flexibilität und Risikominimierung durch Ermessensbonus, BB 2018, 757; Salamon, Variable Vergütung aufgrund einseitiger Leistungsbestimmung in der Praxis, BB 2017, 885; Salamon, Einseitige Leistungsbestimmungsrechte bei variablen Entgelten, NZA 2014, 465. Freistellungsklausel: Bauer/Günther, Die Freistellung von der Arbeitspflicht – Grundlagen und aktuelle Entwicklungen, DStR 2008, 2422; Bonanni/Ludwig, Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen, ArbRB 2011, 379; Lingemann/Steinhauser, Der Kündigungsschutzprozess in der Praxis – Beschäftigungsanspruch, NJW 2014, 1428; Richter/Lange, Kontrolle von Freistellungs- und Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen mit Fußballbundesliga-Trainern, NZA-RR 2012, 57. Freiwilligkeitsvorbehalt: Bauer, Anm. zu BAG: Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen, FD-ArbR 2008, 264804; Domke/Nikolaus, Bonusregelung und Freiwilligkeitsvorbehalt – wie passt das zusammen?, DB 2015, 1352; Fischer, Der langsame Tod des Freiwilligkeitsvorbehalts, FA 2011, 42; Grimm/Freh, Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte, ArbRB 2011, 285; Jensen, Arbeitsvertragsklauseln gegen betriebliche Übungen – was geht noch?, NZA-RR 2011, 225; Krause, Freiwilligkeitsvorbehalte im Lichte von allgemeiner Rechtsgeschäftslehre und AGB-Kontrolle, FS Bauer, 2010, S. 577; Lingemann/Gotham, Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers – gibt es sie noch?, DB 2007, 1754; Lingemann/Gotham, Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers – es gibt sie noch!, DB 2008, 2307; Lingemann/Gotham, Freiwilligkeits-, Stichtags- und Rückzahlungsregelungen bei Bonusvereinbarungen – was geht noch?, NZA 2008, 509; Maaß, Widerrufsund Freiwilligkeitsvorbehalt – Welche Formulierung genügt dem Transparenzgebot?, ArbRAktuell 2011, 59; Preis/Sagan, Der Freiwilligkeitsvorbehalt im Fadenkreuz der Rechtsgeschäftslehre – Chronik eines angekündigten Todes, NZA 2012, 697; Schneider, Betriebliche Übung: Vertragstheorie oder Fiktion von Willenserklärungen?, DB 2011, 2718. Geheimhaltungsklausel: Bissels/Schroeders/Ziegelmayer, Arbeitsrechtliche Auswirkungen der Geheimnisschutzrichtlinie, DB 2016, 2295; Fuhlrott/Hiéramente, Arbeitsrechtlicher Handlungsbedarf durch das Geschäftsgeheimnisgesetz – Überblick zu den Eckpunkten des Gesetzes und mögliche arbeitsrechtliche Implikationen, DB 2019, 967; Holthausen, Die arbeitsvertragliche Verschwiegenheit – Vertragsgestaltung nach Inkrafttreten des GeschGehG, NZA 2019, 1377; Reinhardt-Kasperek, Neuerungen beim Whistleblowing – Cui bono?, SPA 2018, 157; Reufels/Roth, Der Schutz betrieblicher E-Mails im Arbeitsverhältnis – Vorbeugung und Sanktion nach aktuellem Recht sowie nach der neuen Geschäftsgeheimnisrichtlinie, ArbRB 2016, 341. Gewerbeordnung: Bauer, Arbeitsrechtliche Änderungen in der Gewerbeordnung, BB 2002, 1590; Hunold, Das Direktionsrecht des Arbeitgebers, AR-Blattei ST 600. Klageverzicht: Bauer, Anm. zu BAG: Wirksamkeit einer Klageverzichtsklausel in Aufhebungsvertrag, ArbRAktuell 2015, 150; Bauer/Günther, Neue Spielregeln für Klageverzichtsvereinbarungen, NJW 2008, 1617; Lingemann, Anm. zu BAG: Formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne Kompensation verstößt gegen § 307 I BGB, ArbRAktuell 2015, 155. Kurzarbeitsklausel: Bauer/Günther, Ungelöste Probleme bei Einführung von Kurzarbeit, BB 2009, 662; Gebel, Kurzarbeit bei Personalabbau, BB 2015, 2485; Kleinebrink, Arbeitsrechtliche Grundlagen für die Einführung von Kurzarbeit, ArbRB 2020, 221; Müller/Deeg, Kurzarbeitsklauseln in Arbeitsverträgen, ArbRAktuell 2010, 209; Röder/Nemetz, Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld, DB 2019, 2633. Mehrarbeitsklausel/Überstundenpauschale: Bauer/Arnold/Willemsen, Überstunden und ihre Tücken, DB 2012, 1986; Bissels/Haag, Rückzahlung von Fortbildungskosten und pauschale Abgeltung von Überstunden – Aktuelle Rechtsprechung, ArbRAktuell 2011, 83; Hunold, Überstunden – Überblick und aktuelle Fragen, DB 2014, 361; Kock, Pauschalabgeltung von Überstunden, DB 2012, 1328; Konrinth, Überstunden ohne Ende – die Fortentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Überstundenvergütung, ArbRB 2017, 254; Rosenau, Die Anordnung von Überstunden, NJW-Spezial 2010, 754; Salamon/Hoppe/ Rogge, Überstunden im Fokus der jüngeren Rechtsprechung, BB 2013, 1720; Schramm/Kuhnke, Neue Grundsätze des BAG zur Überstundenvergütung, NZA 2012, 127; Schuster, Anm. zu BAG: Tarifliche Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeittätigkeit, ArbRAktuell 2019, 12.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Kap. 2 Nachweisgesetz und Arbeitsbedingungenrichtlinie: Maul-Sartori, Die neue Arbeitsbedingungenrichtlinie – EU-Arbeitsrecht weiter auf dem Vormarsch, NZA 2019, 1161. Nebentätigkeitsverbot: Fuhlrott/Fabritius, Die Begrenzung von Nebentätigkeiten durch Wettbewerbsverbote, FA 2010, 194; Woerz/Klinkhammer, Arbeitsrechtliche Regelungen zur Beschränkung von Nebentätigkeiten, ArbRAktuell 2012, 183. Pauschalabgeltung: Bissels/Haag, Rückzahlung von Fortbildungskosten und pauschale Abgeltung von Überstunden – Aktuelle Rechtsprechung, ArbRAktuell 2011, 83; Diller, Anm. zu BAG: Fahrt von Zuhause zum Kunden als (vergütungspflichtige?) Arbeitszeit, ArbRAktuell 2018, 448; Hunold, Überstunden – Überblick und aktuelle Fragen, DB 2016, 361; Kock, Pauschalabgeltung von Überstunden, DB 2012, 1328; Reinhard-Kasperek/Denninger, Kein Lohn für geleistete Überstunden? – Ein ausgewählter Rechtsprechungsüberblick mit Hinweisen für Praxis, BB 2019, 116; Salamon/Hoppe/Rogge, Überstunden im Fokus der jüngeren Rechtsprechung, BB 2013, 1720; Schramm/Kuhnke, Neue Grundsätze des BAG zur Überstundenvergütung, NZA 2012, 127. Rückzahlung von Fortbildungskosten: Arnold, Anm. zu BAG: Keine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung von Fortbildungskosten bei unwirksamer Erstattungsklausel, ArbRAktuell 2013, 442; Bauer, Anm. zu BAG: Rückforderung von Ausbildungskosten, ArbRAktuell 2019, 280; Bissels/Haag, Rückzahlung von Fortbildungskosten und pauschale Abgeltung von Überstunden – Aktuelle Rechtsprechung, ArbRAktuell 2011, 83; Elking, Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungskosten – die aktuellen Anforderungen der Rechtsprechung, BB 2014, 885; Jesgarzewski, Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten, BB 2011, 1594; Lingemann/Kiecza, Rückzahlungsvereinbarungen bei Fortbildungskosten, ArbRAktuell 2009, 156. Schriftformklausel: Bauer, Doppelt hält nicht besser, BB 2009, 1588; Lingemann, Betriebliche Übung und Schriftformklausel, Anm. zu BAG v. 24.6.2003, SAE 2005, 40; Lingemann/Gotham, Doppelte Schriftformklausel – gar nicht einfach!, NJW 2009, 268; Lingemann, Anm. zu BAG: AGB-Kontrolle einer doppelten Schriftformklausel, FD-ArbR 2008, 260623. Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis: Richter, Verzicht im Arbeitsrecht, ArbRAktuell 2015, 291. Software: Faas, WhatsApp & Outlook auf dem beruflichen Smartphone: Haftungsrisiken und Auswege, ArbRAktuell 2018, 594; Niklas/Peter, WhatsApp & Co. – Die Messenger-Nutzung auf Diensthandys, Rechtliche Grundlagen, Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten, ArbRB 2019, 50; Schrey/Kielkowski/Gola, Chatten für den Arbeitgeber – Herausforderungen bei der betrieblichen Nutzung von Messenger-Diensten aus unternehmerischer Sicht, MMR 2017, 656. Spätehenklausel: Bauer, Anm. zu BAG: Wirksamkeit einer Spätehenklausel im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, ArbRAktuell 2013, 545; Bauer, Anm. zu BAG: Altersdiskriminierung durch eine Spätehenklausel, ArbRAktuell 2015, 398; Bauer/Krieger, BAG kippt Spätehenklausel – (Wie) lassen sich finanzielle Risiken für die Hinterbliebenenversorgung noch wirksam beschränken?, NZA 2016, 22. Urlaubsklausel: Bauer/von Medem, Von Schultz-Hoff zu Schulte – der EuGH erweist sich als lernfähig, NZA 2012, 113; Bayreuther, Urlaubsrecht – finalisert, NZA 2019, 945; Bayreuther, Übertragung von Urlaub bei längerer Arbeitsunfähigkeit nach dem KHS-Urteil des EuGH, DB 2011, 2848; Brugger, Urlaubsrecht: Unentwegt unstet, NJW-Spezial 2012, 114; Düwell, Abgeltung des Urlaubsanspruchs als Surrogat? – Ein Luxemburger Missverständnis!, DB 2011, 2492; Falder, Arbeitszeit- und Urlaubsrecht in Zeiten des technologischen Wandels, NZA 2010, 1150; Franzen, Zeitliche Begrenzung der Urlaubsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer, NZA 2011, 1403; Gehlhaar, Das BAG, der EuGH und der Urlaub, NJW 2012, 271; Kleinebrink, Strategien bei fehlendem Verfall von Urlaubsansprüchen, DB 2011, 2843; Moderegger, Urlaub ohne Grenzen?, ArbRB 2010, 276; Moderegger, Rolle rückwärts im Urlaubsrecht?, ArbRB 2012, 54; Oertel/Chmel, Verfällt der Urlaub bei Krankheit nun doch?, DB 2012, 460; Polzer/Kafka, Verfallbare und unverfallbare Urlaubsansprüche, NJW 2015, 2289; Powietzka/Fallenstein, Urlaubsklauseln in Arbeitsverträgen – Regelungsbedarf und Gestaltungsmöglichkeiten nach der „Schultz-Hoff“-Entscheidung, NZA 2010, 673; Rudkowski, Die Umrechnung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit und ihre Vereinbarkeit mit der Arbeitszeitrichtlinie, NZA 2012, 74; Schiefer/Brasse, Verfallbarkeit wegen Krankheit nicht genommenen Urlaubs – Richtungswechsel?, DB 2011, 1976, Schubert, Der Urlaubsabgeltungsanspruch nach dem Abschied von der Surrogationsthese, RdA 2014, 9. Versetzungsklausel: Gehlhaar, Sozialauswahl: Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern bei unwirksamer Versetzungsklausel?, NJW 2010, 2550; Hromadka, Grenzen des Weisungsrechts, NZA 2012, 233; Hunold, Die Rechtsprechung des BAG zur AGB-Kontrolle arbeitsvertraglicher Versetzungsklauseln, BB 2011, 693;

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Kap. 2 Rz. 1 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Lakies, Das Weisungsrecht des Arbeitgebers und Vertragsgestaltungsoptionen (Versetzungsklauseln), ArbRAktuell 2013, 3; Lingemann/Siemer, Grenzen des arbeitsrechtlichen Direktionsrechts bei Änderung von Inhalt und Ort der Tätigkeit (Teil 1), ArbRAktuell 2015, 494; Lingemann/Siemer, Grenzen des arbeitsrechtlichen Direktionsrechts bei Änderung von Inhalt und Ort der Tätigkeit (Teil 2), ArbRAktuell 2015, 518; Reinecke, Weisungsrecht, Arbeitsvertrag und Arbeitsvertragskontrolle – Rechtsprechung des BAG nach der Schuldrechtsreform, NZA-RR 2013, 393; Rid, Das Arbeitsverhältnis im Konzern und seine Auswirkungen auf den Kündigungsschutz, NZA 2011, 1121; Salamon/Fuhlrott, Die Festlegung des Arbeitsplatzes als Vorfrage der AGB-Kontrolle, NZA 2011, 839. Vertragsstrafe: Günther/Nolde, Vertragsstrafenklauseln bei Vertragsbruch – Angemessene und abschreckende Strafhöhe, NZA 2012, 62; Lingemann, Anm. zu BAG: Wird eine Vertragsstrafe für die „Beendigung des Vertrags ohne Einhaltung der Kündigungsfrist“ vereinbart, erfasst dies nur die rechtliche Beendigung, ArbRAktuell 2014, 326; Lingemann/Gottschalk, Vertragsstrafengestaltung im Arbeitsrecht – ein kurzer Leitfaden, DStR 2011, 774; Winter, Wirksamkeits- und Angemessenheitskontrolle bei Vertragsstrafen im Formulararbeitsvertrag, BB 2010, 2757. Wettbewerbsverbot: Diller, „Cooling-off“-Klauseln als nachvertragliches Wettbewerbsverbot, NZA 2018, 692; Diller, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot: Entschädigungsanspruch ohne Entschädigungszusage?, NZA 2014, 1184; Lembke, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot von Organmitgliedern auf dem Prüfstand, NZA-RR 2019, 65. Widerrufsvorbehalt: Feddersen, Möglichkeiten zur Entgeltflexibilisierung, NWB 2010, 1348; Freckmann/ Müller, Verschärfte Anforderungen an vertragliche Widerrufsvorbehalte – BAG, Urteil vom 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, NWB 2011, 2552; Gaul/Kaul, Verschärfung der Rechtsprechung zum Widerrufsvorbehalt, BB 2011, 181; Grimm/Freh, Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte, ArbRB 2011, 285; Lakies, Neue Rechtsprechung zu Flexibilisierungsvarianten bei Sonderzuwendungen, ArbRAktuell 2013, 251; Lingemann, Widerruf übertariflicher Leistungen – AGB-Kontrolle, Anm. zu BAG v. 11.10.2006, NJW 2007, 539; Lingemann/Rolf, AGB-Kontrolle von Widerrufsklauseln, LAGReport 2004, 321; Maaß, Widerrufsund Freiwilligkeitsvorbehalt – Welche Formulierung genügt dem Transparenzgebot?, ArbRAktuell 2011, 59; Pfrogner, Formale Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt: Wirtschaftliche Gründe weiterhin ausreichend!, BB 2019, 2228; Simon/Hidalgo/Koschker, Flexibilisierung von Bonusregelungen – eine unlösbare Aufgabe?, NZA 2012, 1071.

I. Einführung 1

Gem. § 105 GewO können Arbeitgeber und Arbeitnehmer Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen.

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Arbeitsvertrag 2

Praxistipp: Im Folgenden werden zunächst die Grundlagen und die Prüfungsfolge der AGB-Kontrolle dargestellt.1 Zum leichteren Auffinden werden verschiedene Klauseltypen im Anschluss unter 2. „Klauselkontrolle von A–Z“ (Rz. 82 ff.) alphabetisch jeweils mit den wichtigsten Hinweisen behandelt. Dort wird jeweils auf Beispielformulierungen in den Mustern verwiesen.

3

Die für die arbeitsrechtliche Vertragsgestaltung wichtigste Einschränkung ist die Anwendung der AGB-Kontrolle auch auf Arbeitsverträge gem. § 310 Abs. 4 BGB aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts.2 1 Näher dazu auch Benedict, JZ 2012, 172; Brachmann/Diepold, AuA 2009, 504; Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281; Däubler/Bonin/Deinert, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2014; Hunold, BB 2011, 693; Junker, BB 2007, 1274; Lingemann, NZA 2002, 181 ff.; Lunk/Leder, NJW 2016, 1292 f.; MünchKommBGB/Basedow, §§ 305–306a, § 310; MünchKommBGB/Wurmnest, §§ 307–309; Preis, Der Arbeitsvertrag, 6. Aufl. 2020; PWW/Berger, §§ 305–310 BGB; Reinecke, NZA-RR 2013, 393; Zimmermann, ArbRAktuell 2012, 105. 2 V. 26.11.2001, BGBl. I 2001, 3138 ff.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 10 Kap. 2

Die Anwendbarkeit der AGB-Kontrolle auf Arbeitsverträge ergibt sich daraus, dass Arbeitsverträge – anders als Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen – in der Ausnahmeregelung des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB entgegen der Vorregelung nicht mehr genannt sind.3

4

Die AGB-Kontrolle gilt für Verträge, die seit dem 1.1.2002 geschlossen worden sind. Für (Alt)Verträge, die vorher geschlossen wurden, gilt sie seit dem 1.1.2003, Art. 229 § 5 EGBGB. Für solche Verträge gilt jedoch möglicherweise ein großzügigerer Maßstab: Um eine verfassungswidrige echte Rückwirkung zu vermeiden, legt das BAG Altverträge ggf. ergänzend danach aus, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die neue Rechtslage bekannt gewesen wäre.4

5

Seit Inkrafttreten des AGBG am 1.4.1977 regelte § 23 AGBG die Bereichsausnahme, nach der das AGBG keine Anwendung findet (ua.) bei Verträgen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. An die Stelle dieser Bereichsausnahme ist seit dem 1.1.2002 die Bereichseinschränkung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB getreten. Danach sind bei der Anwendung auf Arbeitsverträge „… die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen“.

6

Damit sollen nicht nur rechtlich besonders ausgestaltete Arbeitsverhältnisse erfasst werden; vielmehr schreibt § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB bei der Klauselkontrolle in jedem Arbeitsverhältnis die Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten vor.5 Im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten sind beispielsweise der Charakter der Arbeitsleistung als absolute Fixschuld, die fehlende Vollstreckbarkeit der Arbeitspflicht,6 kurze Ausschlussfristen, Anrechnungsvorbehalte,7 Besonderheiten der betrieblichen Altersversorgung,8 Besonderheiten der Arbeitsverträge mit Tendenzunternehmen und kirchlichen Einrichtungen sowie die Herausnahme sowie die Teilnichtigkeit einer Verfallklausel, wenn Ansprüche nach § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG und § 4 Abs. 4 TVG nicht ausgenommen sind.9 Allein die jahrelange Verwendung einer Klausel reicht demgegenüber nicht aus.

7

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen

8

Die Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB gilt nur für Allgemeine Geschäftsbedingungen. aa) Begriff Das sind gem. § 305 Abs. 1 BGB „alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt“.

9

Davon werden typischerweise erfasst Formulararbeitsverträge und Formularaufhebungsverträge, die für eine mehrfache Verwendung vorgesehen sind, soweit sie vom Arbeitgeber gestellt werden. Mehrfach ist eine dreifache Verwendung, wobei die AGB-Kontrolle schon im ersten Verwen-

10

3 Auch kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien unterliegen grds. einer Überprüfung nach §§ 305 ff. BGB, BAG v. 24.5.2019 – 6 AZR 308/17, NZA 2019, 166; v. 22.3.2018 – 6 AZR 835/16, NZA 2018, 1350; v. 19.11.2009 – 6 AZR 561/08, NZA 2010, 583. 4 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NJW 2011, 2153; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; einschränkend noch BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428. 5 BAG v. 29.9.2010 – 3 AZR 557/08, NZA 2011, 206; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727. 6 BAG v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777 Rz. 21; v. 29.9.2010 – 3 AZR 557/08, NZA 2011, 206; v. 28.5.2009, AP BGB § 306 Nr. 6; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727. 7 BAG v. 29.9.2010 – 3 AZR 557/08, NZA 2011, 206; v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746. 8 BAG v. 29.9.2010 – 3 AZR 557/08, NZA 2011, 206, 209. 9 BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768 Rz. 31 ff.

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Kap. 2 Rz. 10 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) dungsfall einsetzt.10 Gestellt sind AGB, wenn der Verwender ihre Einbeziehung in den Vertrag verlangt.11

10a Allgemeine Geschäftsbedingungen sind keine Rechtsnormen im formellen Sinne, werden revisions-

rechtlich aber unter Zugrundelegung eines materiellen Begriffs der Rechtsnorm als solche behandelt. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt daher der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung.12 bb) Besonderheiten aufgrund der Verbraucherstellung

11 Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträgen) ist

der Anwendungsbereich gem. § 310 Abs. 3 BGB indes noch weiter: Da Arbeitnehmer und Fremdgeschäftsführer Verbraucher iSd. § 13 BGB sind und ihr Vertrag damit ein Verbrauchervertrag iSd. § 310 Abs. 3 BGB ist, finden diese Regeln auch für den Arbeitsvertrag und den Anstellungsvertrag des Fremdgeschäftsführers Anwendung:13 – Damit gelten AGB als vom Arbeitgeber gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden, § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB. – Auch nur zur einmaligen Verwendung bestimmte Klauseln unterliegen, soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte, einer Inhaltskontrolle, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB.14 – Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB. Dazu gehören bei richtlinienkonformer Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung des 16. Erwägungsgrundes zur Richtlinie 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen insb. – persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation, wie zB. Überrumpelung einerseits oder Belehrung andererseits sowie untypische Sonderinteressen des Vertragspartners.15 – Diese können auch zugunsten des Verwenders berücksichtigt werden.16 10 BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 15; v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89; v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746; dabei kann sich schon aus dem Inhalt und der äußeren Gestaltung der in einem Vertrag verwendeten Bedingungen ein vom Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben, dass die Bedingungen zur Mehrfachverwendung formuliert worden sind. 11 BGH v. 24.5.1995, BGHZ 130, 57 ff.; Palandt/Grüneberg, § 305 BGB Rz. 10 mwN. 12 St. Rspr., vgl. BAG v. 17.4.2019 – 5 AZR 331/18, NJW 2019, 2340 Rz. 12; v. 19.12.2018 – 10 AZR 233/ 18, NJW 2019, 2114 Rz. 35 mwN; aA wohl aber der 3. Senat des BAG: v. 24.7.2019 – 3 AZN 627/19, NZA 2019, 1240 Rz. 5 m. Anm. Romero, ArbRAktuell 2019, 448; v. 11.4.2019 – 3 AZN 720/18, juris Rz. 6; v. 24.1.2017 – 3 AZN 822/16, juris Rz. 13. 13 BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 233/18, NZA 2019, 571 Rz. 29 mwN (Arbeitsvertrag); v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939, 940 (Geschäftsführervertrag); v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111. 14 BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 233/18, NZA 2019, 571 Rz. 28; v. 11.12.2013 – 10 AZR 286/13, NZA 2014, 433; v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 15; v. 23.8.2012 – 8 AZR 804/11, NZA 2013, 268; v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, NZA 2008, 229; dazu Lunk/Leder, NJW 2016, 1579; BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324, 328. 15 BAG v. 23.8.2012 – 8 AZR 804/11, BAGE 143, 62 = NZA 2013, 268 Rz. 30; v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/ 10, BAGE 143, 30 = NZA 2012, 1428 Rz. 27; v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 Rz. 28; v. 31.8. 2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324, 328. 16 BAG v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, BAGE 143, 30 = NZA 2012, 1428 Rz. 27; v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/ 04, NZA 2006, 324, 328.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 15 Kap. 2

Trotz Verbraucherstellung steht dem Arbeitnehmer allerdings kein Widerrufsrecht nach § 312 BGB zu, wenn er durch mündliche Verhandlungen am Arbeitsplatz zum Abschluss eines Änderungs- oder Aufhebungsvertrages bestimmt worden ist. Das BAG hat ein Recht zum Widerruf eines im Personalbüro geschlossenen Aufhebungsvertrags nach Sinn und Zweck des § 312 BGB verneint, da er nicht in einer atypischen Umgebung abgeschlossen wurde. Schon unabhängig von der Verbraucherstellung des Arbeitnehmers kommt auch der erhöhte Zinssatz gem. § 288 Abs. 2 BGB17 oder ein Anspruch auf Verzugskostenpauschale gem. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB18 nicht in Betracht.

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cc) Abgrenzung zur Individualvereinbarung Die AGB-Kontrolle gilt nicht, soweit die Bedingungen des Vertrages „zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind“, § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB.19 Ausgehandelt iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ist die Vertragsbedingung nicht schon dann, wenn sie lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Vertragspartners entspricht, sondern nur, wenn der Verwender den gesetzesfremden Kern inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingung zu beeinflussen.20 Der Verwender muss sich also deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklären. Auch ändert ein Aushandeln nur einzelner Vertragsbedingungen nichts daran, dass die übrigen Vertragsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen bleiben, wie sich schon aus der Gesetzesformulierung „soweit“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ergibt.21 Die Darlegungslast für das „Aushandeln“ trägt der Arbeitgeber als Verwender.22 Auch Klauseln in arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, die auf kollektivrechtlich ausgehandelte Vertragsbedingungen Bezug nehmen oder inhaltlich mit ihnen übereinstimmen, sind nach denselben Maßstäben auszulegen wie einseitig vom Arbeitgeber vorformulierte Klauseln.23

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dd) Keine Klauselkontrolle zugunsten des Verwenders

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Eine AGB-Kontrolle findet nicht zugunsten des Klauselverwenders statt.24 ee) Beteiligung des Betriebsrats bei Formularverträgen Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat das Recht, die in Formulararbeitsverträgen enthaltenen Bestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Nachweisgesetzes sowie den §§ 305 ff. BGB zu überwachen.25 Allerdings umfasst das Überwachungsrecht keine Zweckmäßigkeitskontrolle, sondern nur eine Rechtskontrolle der in den Formulararbeitsverträgen enthaltenen 17 18 19 20

21 22 23 24 25

BAG v. 23.2.2005 – 10 AZR 602/03, NZA 2005, 694; v. 24.8.2006, AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 54. BAG v. 25.9.2018 – 8 AZR 26/18, NZA 2019, 121 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2018, 525. Eingehend dazu Miethaner, NJW 2010, 3121. BGH v. 19.3.2019 – XI ZR 9/18, NJW 2019, 2080 Rz. 14; BAG v. 11.12.2013 – 10 AZR 286/13, NZA 2014, 433; v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342; v. 18.12.2008, NZA-RR 2009, 519, 521; v. 1.3. 2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746; v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40, 44; vgl. auch BGH v. 15.12.1976, NJW 1977, 624, 625. Vgl. BGH v. 19.3.2019 – XI ZR 9/18, NJW 2019, 2080 Rz. 15; v. 5.3.2013 – VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 Rz. 7 ff. Vgl. BGH v. 19.3.2019 – XI ZR 9/18, NJW 2019, 2080 Rz. 14; v. 20.1.2016 – VIII ZR 26/15, NJW 2016, 1239; zum Arbeitsvertrag BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, NJW 2014, 2138; v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939. BAG v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, NZA 2011, 634 f.; v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896. BAG v. 7.6.2018 – 8 AZR 96/17, NZA 2019, 44 Rz. 20; v. 18.12.2008 – 8 AZR 105/08, NZA-RR 2009, 314 Rz. 42; v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 Rz. 16; BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, BGHZ 126, 326, 332; krit. Tiedemann/Triebel, BB 2011, 1723. Vgl. BAG v. 16.8.2011 – 1 ABR 22/10, NZA 2012, 342 Rz. 34.

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15

Kap. 2 Rz. 15 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Vertragsklauseln. Will der Betriebsrat dazu einen Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG hinzuziehen, so muss er zuvor alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nutzen, um sich das notwendige Wissen anzueignen. Hat der Betriebsrat sich nicht zuvor bei dem Arbeitgeber um die Klärung der offenen Fragen bemüht, so ist die Beauftragung eines Sachverständigen nicht erforderlich.26 b) Einbeziehung in den Vertrag

16 Die Bestimmungen in § 305 Abs. 2 und 3 BGB für die Einbeziehung in den Vertrag gelten nicht für

Arbeitsverträge.27 An ihre Stelle treten die Sonderregelungen in § 2 NachwG (s. Rz. 144 ff.) und die allgemeinen Grundsätze der Rechtsgeschäftslehre.28 Ohne die Aufnahme in die dortige Niederschrift entstehen Beweisnachteile für den Arbeitgeber, wenn er die Geltung seiner üblicherweise verwendeten Bedingungen für den konkreten Arbeitsvertrag nachweisen will.29 Dementsprechend führt der bloße Aushang gem. § 305 Abs. 2 BGB auch nicht schon zur Einbeziehung in den Vertrag. Auch den in § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB aufgenommenen besonderen Anforderungen für die Kenntnisnahme durch eine Vertragspartei mit erkennbarer körperlicher Behinderung ist durch das Erfordernis der Aushändigung in § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG wohl Rechnung getragen. Die in § 305 Abs. 3 BGB vorgesehene Rahmenvereinbarung wird im Arbeitsverhältnis im Zweifel nicht praktisch werden. Auch eine konkludente Einbeziehung von Arbeitsvertragsbedingungen, die insb. bei der Bezugnahme auf Tarifverträge und andere allgemeine Regelwerke in Betracht kommt, soll zulässig sein. Die dynamische Bezugnahme auf ein einseitiges Regelungswerk des Arbeitgebers ist allerdings nicht dynamisch, wenn keinerlei Gründe für eine etwaige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen genannt oder erkennbar sind.30 c) Vorrang der Individualabrede/Schriftformklausel – § 305b BGB

17 Der Vorrang der Individualabrede gem. § 305b BGB war als allgemeiner Rechtsgedanke auch schon vor Inkrafttreten des AGBG allgemein anerkannt.31 Dementsprechend hat eine nachgewiesene spätere mündliche Individualabrede oder ein Bestätigungsschreiben in Änderung des ursprünglichen Vertrages Vorrang vor dessen AGB.32 Der Vorrang gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen.33

18 Auch eine Schriftformklausel in AGB34 setzt mündliche und wohl auch konkludente abweichende

Vereinbarungen nicht außer Kraft. Denn soweit für Nebenabreden und Vertragsänderungen in AGB konstitutiv die Schriftform vereinbart würde, verstieße dies wiederum gegen den Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB.35 Vollständigkeitsklauseln („Nebenabreden bestehen nicht“) werden indes

26 BAG v. 16.11.2005 – 7 ABR 12/05, NZA 2006, 553. 27 BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B), NZA 2014, 1076 Rz. 56; aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts von § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB kommt auch keine analoge Anwendung in Betracht. 28 BT-Drucks. 14/6857, S. 54; zum Nachweisgesetz im Einzelnen Rz. 144 ff. 29 Vgl. Rz. 148; LAG Köln v. 9.1.1998, LAGE § 2 NachwG Nr. 4. 30 BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Rz. 99d. 31 BAG v. 24.8.2016 – 5 AZR 129/16, NZA 2017, 58 Rz. 35; BGH v. 13.1.1982 – IVa ZR 162/80, WM 1982, 447, 450; v. 25.6.1975 – VIII ZR 244/73, NJW 1975, 1693; v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84, 86 f. 32 Zum Zivilrecht BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179; v. 9.4.1987 – III ZR 84/86, NJW 1987, 2011. 33 BAG v. 24.8.2016 – 5 AZR 129/16, NZA 2017, 58 Rz. 35. 34 Zu Einzelheiten BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233; AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“ Rz. 124 f. 35 Vgl. auch BAG v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, SAE 2005, 37 m. Anm. Lingemann.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 23 Kap. 2

überwiegend als zulässig angesehen, da sie nur anderweitige Vereinbarungen für die Zeit bis zum Vertragsschluss ausschließen.36 Unklar ist allerdings, ob die Individualabrede im Arbeitsrecht nur Vorrang hat, wenn die Parteien ausdrücklich die Schriftformklausel außer Kraft setzen wollten,37 oder ob es ausreicht, dass sie das mündlich Vereinbarte als maßgeblich gewollt haben, auch ohne an die Schriftform zu denken.38

19

Für die doppelte Schriftformklausel gilt der Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB, gleichfalls. Die Klausel ist daher zu weit gefasst, wenn der Vorrang darin nicht zum Ausdruck kommt.39 Auch eine geltungserhaltende Reduktion scheidet aus, § 306 Abs. 2 BGB.40 Die Grundsätze gelten auch für einen Freiwilligkeitsvorbehalt.41 Eine insoweit zu weit gefasste Schriftformklausel schützt daher auch nicht gegen eine betriebliche Übung.42 Einer ergänzenden Vertragsauslegung steht eine wirksame doppelte Schriftformklausel indes nicht entgegen, da der Vertrag damit nur ausgelegt und nicht geändert wird.43

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d) Überraschende Klauseln – § 305c Abs. 1 BGB Gem. § 305c BGB werden „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insb. nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, … nicht Vertragsbestandteil“.

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Überraschend ist eine Klausel, der ein „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“ innewohnt. Daher wurde eine vertragliche Ausschlussfrist schon nach alter Rechtslage nicht Vertragsinhalt, wenn sie der Verwender ohne besonderen Hinweis und ohne drucktechnische Hervorhebung unter falscher oder missverständlicher Überschrift einordnete.44

22

Eine Klausel ist überraschend, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners des Verwenders deutlich abweicht und er mit ihr den Umständen nach insb. aufgrund der Gestaltung des Vertrags und dessen äußerem Erscheinungsbild nicht zu rechnen braucht.45 Daher sind insb. versteckt an-

23

36 BGH v. 14.10.1999 – III ZR 203/98, ZIP 1999, 1887; v. 19.6.1985 – VIII ZR 238/84, NJW 1985, 2329; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer, § 305b BGB Rz. 30, 39. 37 BAG v. 4.6.1963 – 5 AZR 16/63, AP BGB § 127 Nr. 1. 38 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82; v. 10.1.1989 – 3 AZR 460/87, AP HGB § 74 Nr. 57; vgl. Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 32 Rz. 56 mwN.; zu betrieblicher Übung und Schriftformklauseln vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“ Rz. 124 f. 39 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233, dazu Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268; anders noch BAG v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, NZA 2003, 1145 = SAE 2005, 37 m. Anm. Lingemann; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“ Rz. 124 f. 40 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233, dazu Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268. 41 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81. 42 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233, dazu Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268. 43 BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423. 44 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 (zur Altersgrenze) m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; BAG v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/94, NZA 1996, 702; im konkreten Fall handelte es sich um eine Vier-Wochen-Verfallfrist, die dadurch in den Arbeitsvertrag einbezogen werden sollte, dass im sechsten Absatz des § 9 des Arbeitsvertrages unter der Überschrift „Verschiedenes“ ein Verweis auf die Betriebsordnung enthalten war, welche ihrerseits wiederum unter der Überschrift „Lohnberechnung und Zahlung“ die Ausschlussklausel enthielt. Als überraschende Klausel wurde diese nicht Vertragsbestandteil; vgl. schon früher BAG v. 21.12.1970 – 3 AZR 510/69, AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 1. 45 BAG v. 20.3.2019 – 7 AZR 98/17, AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom Rz. 26; v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695; v. 29.9.2014 – 2 AZR 788/13, NZA 2015, 350 Rz. 15 ff.; v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B), NZA 2014, 1076 Rz. 59; v. 29.8.2012 – 10 AZR 385/11, NZA 2013, 148; v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/ 07, NZA 2008, 876.

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Kap. 2 Rz. 23 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) gebrachte Regelungen überraschend und damit unwirksam,46 zB., wenn die Befristung im Arbeitsvertrag drucktechnisch hervorgehoben wird, die kürzere Probezeitbefristung jedoch nicht. (Zumindest) letztere ist dann unwirksam.47 Das Gleiche gilt für in Schlussbestimmungen versteckte Verfallklauseln48 oder einen Klageverzicht am Ende einer Empfangsquittung für Arbeitspapiere.49 Sind allerdings innerhalb einer im Arbeitsvertrag enthaltenen Vereinbarung unter der Überschrift „Wettbewerbsverbot“ alle das Wettbewerbsverbot konstituierenden und ausgestaltenden Einzelelemente geregelt und sind keine Regelungen enthalten, die damit in keinem Zusammenhang stehen, so ist eine innerhalb dieser Vereinbarung vorgesehene aufschiebende Bedingung für das Inkrafttreten des Wettbewerbsverbots nicht „überraschend“ iSv. § 305c Abs. 1 BGB.50 Auch dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge in Formularverträgen sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht überraschend ist.51 Ebensowenig ist die Altersbefristung auf die gesetzliche Regelaltersgrenze in einem Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit überraschend.52

24 Maßgeblich für die Beurteilung ist nicht das Verständnis des konkreten Arbeitnehmers, sondern das

Verständnis des durchschnittlichen, nicht rechtskundigen Vertragspartners des Verwenders.53 Der Überrumpelungseffekt tritt auch dann nicht ein, wenn ein sprachunkundiger Arbeitnehmer mit einer in deutscher Sprache verfassten Klausel konfrontiert wird, sofern kein inhaltlicher Widerspruch zwischen den Erwartungen des Vertragspartners und dem Inhalt der Klausel besteht.54 e) Unklarheitenregel – § 305c Abs. 2 BGB

25 Gem. § 305c BGB gehen „Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen … zu Lasten des Verwenders“.

26 Es ist Sache des Verwenders, sich klar und unmissverständlich auszudrücken.55 Eine unklare oder mehrdeutige Regelung ging auch vor Einführung der AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge „zu Lasten des Arbeitgebers (…), der bei der Formulierung dieser Vereinbarung für die nötige Klarheit hätte sorgen müssen“.56 Eine Vertragsstrafe für den Fall des „Vertragsbruchs des Mitarbeiters“ umfasste daher schon vor Inkrafttreten der AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge zwar den Fall der rechtswidrigen Eigenkündigung, nicht aber den Fall der vom Arbeitnehmer schuldhaft veranlassten vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung des Arbeitgebers. Auch die unklare Regelung

46 BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 443/04, NZA 2006, 37, 38 f. (Altersgrenze); v. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04, NZA 2005, 1193, 1198 f. (unwirksame Ausgleichsklausel); v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324, 326 (unwirksame Verfallklausel); LAG Düsseldorf v. 13.4.2005, DB 2005, 1463 (unwirksame Ausgleichsquittung). 47 BAG v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, NZA 2008, 876. 48 BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324. 49 BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NZA 2015, 350 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 155. 50 BAG v. 13.7.2005 – 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78; vgl. auch Junker, BB 2007, 1274, 1280; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 122 f. 51 BAG v. 20.3.2019 – 7 AZR 98/17, AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom Rz. 28; v. 20.6.2018 – 7 AZR 689/16, NZA 2019, 331 Rz. 30; v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15, BAGE 157, 141 = NZA 2017, 463 Rz. 39; v. 23.7.2014 – 7 AZR 771/12, NZA 2014, 1341 Rz. 24; v. 28.6.2012 – 6 AZR 217/11, NZA 2012, 1440 Rz. 40. 52 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889. 53 Vgl. BAG v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589 Rz. 58; v. 21.4.2016 – 8 AZR 753/14, NZA 2016, 1271 Rz. 30; v. 4.8.2015 – 3 AZR 137/13, BAGE 152, 164 = NZA 2015, 1447 Rz. 31. 54 BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B), NZA 2014, 1076 Rz. 62; zur Intransparenz solcher Klauseln s. Rz. 52. 55 Palandt/Grüneberg, § 305c BGB Rz. 15. 56 Vgl. zu einer unklar formulierten Ausgleichsquittung schon BAG v. 3.5.1979 – 2 AZR 679/77, DB 1979, 1465 = EzA KSchG § 4 Nr. 15 m. Anm. Heckelmann.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 31 Kap. 2

des Anspruchs auf Karenzentschädigung in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Wettbewerbsverbot führte unabhängig von der AGB-Kontrolle zu dessen Unwirksamkeit.57 Seit Einführung der AGB-Kontrolle kommt der Unklarheitenregel insb.58 bei arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge erhebliche Bedeutung zu.59 So hat das BAG in Anwendung der Unklarheitenregel die Auslegung von nach dem 1.1.2002 vereinbarten kleinen dynamischen Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede aufgegeben60 (dazu im Einzelnen Rz. 99 sowie M 2.2 Ziff. 5 m. Anm.).

27

Im Zweifel gilt die arbeitnehmerfreundlichste Auslegung,61 sofern sich die Klausel nicht bei arbeitnehmerfeindlichster Auslegung bereits als inhaltlich unwirksam erweist.62

28

Auf die Unklarheitenregel darf allerdings nur zurückgegriffen werden, wenn trotz Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare erhebliche Zweifel verbleiben.63 Führt also die Auslegung bereits zu einem eindeutigen Ergebnis, ist für die Unklarheitenregel kein Raum. Sie bedeutet daher nicht, dass eine auslegungsfähige Regelung zu Lasten des Verwenders auszulegen ist.

29

f) Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit – § 306 BGB § 306 BGB enthält spezielle Rechtsfolgen für den Fall der nicht wirksamen Einbeziehung oder der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel.64

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aa) Zivilrechtliche Grundsätze Im Zivilrecht gilt für die AGB-Kontrolle: Entgegen § 139 BGB führt die Unwirksamkeit oder Nichteinbeziehung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages insgesamt. Vielmehr bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, § 306 Abs. 1 BGB.65 57 BAG v. 5.9.1995 – 9 AZR 718/93, NZA 1996, 700, 701: „Die Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss so eindeutig formuliert sein, dass aus Sicht des Arbeitnehmers kein vernünftiger Zweifel über den Anspruch auf Karenzentschädigung bestehen kann.“ 58 Zu anderen Anwendungsbereichen s. BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 281/12, NZA 2013, 787 m. Anm. Fuhlrott, ArbRAktuell 2013, 327 (Freiwilligkeitsvorbehalt bzgl. 13. Monatsgehalt); v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40 mit Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 245079 (Freiwilligkeitsvorbehalt bei Bonuszahlung); v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324 (in einer Ausschlussklausel muss zur Vermeidung von Intransparenz die Rechtsfolge mitgeteilt werden); Einzelheiten AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Rz. 92. 59 Vgl. BAG v. 24.8.2011 – 4 AZR 683/09, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 94; v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965; v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607; v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202. 60 BAG v. 20.10.2008 – 4 AZR 793/07, NZA 2009, 323; v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965; v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607. 61 Palandt/Grüneberg, § 305c BGB Rz. 18; PWW/Berger, § 305c BGB Rz. 17 mwN. 62 Vgl. BGH v. 23.3.2006 – III ZR 102/05, NZA 2006, 551 sowie AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Familienmitglieder als Arbeitnehmer“ Rz. 102; BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1357; v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202, 203; LAG Düsseldorf v. 10.9.2014 – 12 Sa 505/14, LAGE § 307 BGB 2002 Nr 44 Rz. 89. 63 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 428/17, BB 2019, 2361 Rz. 17; v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 Rz. 22; v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695 Rz. 13; v. 23.2.2011 – 10 AZR 101/10, NZA-RR 2012, 122, 125; v. 9.2.2011 – 7 AZR 91/10, AP BGB § 307 Nr. 52; v. 17.1.2006 – 9 AZR 41/05, BB 2006, 2532. 64 Zu Einzelheiten Haas/Fabritius, FA 2009, 130; Zimmermann, ArbRAktuell 2012, 105. 65 BAG v. 19.2.2019 – 3 AZR 150/18, NZA 2019, 918 Rz. 37 m. Anm. Diller ArbRAktuell 2019, 279; v. 21.6.2011 – 9 AZR 238/10, BAG AP BGB § 307 Nr. 54 Rz. 30; BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, BB 1996, 1524, 1525; PWW/Berger, § 306 BGB Rz. 1.

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Kap. 2 Rz. 32 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

32 Die Bestimmung selbst allerdings, die nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam ist, kann nicht auf ein zulässiges Maß zurückgeführt werden. Eine geltungserhaltende Reduktion ist unzulässig.66 Gem. § 306 Abs. 2 BGB richtet sich der Inhalt des Vertrages insoweit vielmehr nach den gesetzlichen Vorschriften, wozu auch die von Rechtsprechung und Literatur herausgebildeten ungeschriebenen Rechtsgrundsätze zählen.67

33 Dies gilt allerdings nicht ohne Einschränkungen. Fehlen beispielsweise für eine Vertragsergänzung

geeignete Vorschriften oder Rechtsgrundsätze und ist die ersatzlose Streichung der Klausel keine interessengerechte Lösung, so schließt die Rechtsprechung die durch die Unwirksamkeit entstehende Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung gem. §§ 157, 242, 315 BGB.68 Die ergänzende Vertragsauslegung setzt allerdings voraus, dass ohne eine Ergänzung des Vertrages keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung zu erzielen ist. Der Wegfall der Klausel muss demnach den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt dessen Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist.69 Eine ergänzende Vertragsauslegung soll jedoch scheitern, wenn verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der Lücke in Betracht kommen und kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit getroffen hätten.70

34 Nur wenn ein Festhalten an dem Vertrag unter Berücksichtigung dieser Grundsätze eine unzumut-

bare Härte für eine Vertragspartei – idR. den Verwender – darstellen würde, erfasst die Unwirksamkeit der einzelnen AGB-Klausel den Vertrag insgesamt, § 306 Abs. 3 BGB. Diese Regelung ist jedoch eng auszulegen und auf den Fall beschränkt, dass der Wegfall der AGB das Vertragsgleichgewicht grundlegend stört.71 bb) BAG vor Einführung der AGB-Kontrolle/Geltung bei Individualverträgen

35 Das Bundesarbeitsgericht nahm vor Einführung der AGB-Kontrolle einzelfallbezogen zum Teil eine geltungserhaltende Reduktion vor, zum Teil leitete es aus der Unbilligkeit einer Klausel aber auch die vollständige Unwirksamkeit der jeweiligen Regelung her.72

36 Umgekehrt hat das BAG vor allem bei Verstößen gegen die Unklarheitenregel zu Lasten des Arbeitgebers Unwirksamkeit angenommen.73

37 Einstweilen frei.

66 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2018, 498 und 2019, 13; BGH v. 22.9.2015 – II ZR 340/14, ZIP 2015, 2414 Rz. 20; PWW/Berger, § 306 BGB Rz. 4 ff. 67 BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092, 2093; v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2788 (Vorlagebeschluss an den Großen Senat); Palandt/Grüneberg, § 306 BGB Rz. 12; PWW/Berger, § 306 BGB Rz. 13. 68 Vgl. BGH v. 11.10.2011 – VI ZR 46/10, NJW 2012, 222, 224, st. Rspr.; Linck, FS Bauer, 2010, S. 645, 655 ff. 69 BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946. 70 BGH v. 10.2.2009 – VI ZR 28/08, NJW 2009, 1482, 1484 mwN.; für eine weiter gehende Lückenfüllung auch bei mehreren denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, § 306 BGB Rz. 38. 71 BAG v. 21.12.2017 – 6 AZR 803/16, ZTR 2018, 205 Rz. 39; BGH v. 12.10.2011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217 Rz. 51; PWW/Berger, § 306 BGB Rz. 17 mwN. 72 BAG v. 30.9.1998 – 5 AZR 690/97, NZA 1999, 265, v. 11.4.1984 – 5 AZR 430/82, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 8. 73 BAG v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/94, NZA 1996, 702; v. 5.9.1995 – 9 AZR 718/93, NZA 1996, 700, 701; v. 14.6.1995 – 10 AZR 25/94, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 176.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 40 Kap. 2

cc) BAG nach Einführung der AGB-Kontrolle Auch nach Einführung der AGB-Kontrolle entscheidet das BAG eher einzelfallorientiert. Eine überhöhte Vertragsstrafe im Formularvertrag ist unwirksam und nicht auf ein angemessenes Maß herabzusetzen.74 Unwirksam ist auch eine Rückzahlungsklausel, die einen Mitarbeiter zur Rückzahlung von Ausbildungskosten verpflichtet, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet wird, ohne danach zu unterscheiden, wessen Sphäre der Grund für die Beendigung zuzuordnen ist.75 Bei einer zu langen Bindungsdauer für die Rückzahlung von Ausbildungskosten differenziert das BAG: Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es für den Arbeitgeber objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen.76 Auch eine zu kurze und deshalb unwirksame Ausschlussklausel kann nicht auf die zulässige Dauer ausgedehnt77 und eine zu lange Bindungsklausel nicht auf die zulässige Dauer eingeschränkt werden.78 Dagegen kann eine zu weit gefasst Verfallklausel aus der Zeit vor Geltung der AGB-Kontrolle ggf. ergänzend ausgelegt werden.79

38

Hingegen kann der Einwendungsausschluss in einem Schuldanerkenntnis nach §§ 780, 781 BGB für sich alleine unwirksam sein, ohne dass das Schuldanerkenntnis insgesamt deswegen unwirksam wird.80 Auch kann eine unwirksame Vereinbarung über Arbeit auf Abruf mangels entsprechender gesetzlicher Regelung nicht gem. § 306 Abs. 2 BGB ersetzt werden, so dass die entsprechende Lücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist.81 Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet auch nicht schon deswegen aus, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht innerhalb der Übergangsfrist bis zum 1.1.2003 (s. Rz. 5) eine Anpassung der Klausel angeboten hat.82

39

dd) Blue-pencil-test Die Unwirksamkeit einer Teilregelung erfasst allerdings nicht automatisch die anderen Regelungen der Klausel. Kann die unwirksame Regelung herausgestrichen werden und bleibt die restliche Regelung verständlich („blue-pencil-test“), so bleibt die restliche Regelung wirksam.83 Das BAG hat den blue-pencil-test insb. angewendet bei einer zu kurzen Frist auf der zweiten Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist,84 nicht allerdings bei einer zu kurzen Frist auf der ersten Stufe,85 bei zu engen Voraussetzungen für ein vertragliches Rückkehrrecht,86 bei einer Vertragsstrafe aufgrund zT. konkreter und zT. – und daher zu streichender – unkonkreter Voraussetzungen87 und bei teilweise intrans74 BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89. 75 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 24 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 280; v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957, Rz. 17. 76 BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666; v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342, 345 f.; im Einzelnen Lingemann/Kiecza, ArbRAktuell 2009, 156. 77 BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149, 150. 78 Vgl. BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 Rz. 15; v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 Rz. 21. 79 BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 273/18, NZA 2020, 310. 80 BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03, NZA 2005, 682. 81 BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423, 428. 82 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796; aA BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; vgl. auch Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281, 1287 f. 83 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2018, 498 und 2019, 13; v. 26.1.2017 – 6 AZR 671/15, NZA-RR 2017, 325 Rz. 33; v. 27.1.2016 – 5 AZR 277/14, NZA 2016, 679; v. 30.9.2014 – 3 AZR 930/12, NZA 2015, 231; v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368; v. 16.5.2012 – 5 AZR 251/11, NZA 2012, 971 Rz. 37; v. 21.6.2011 – 9 AZR 236/10, NZA 2011, 1274, 1277; vgl. auch Rz. 132 sowie Thüsing, BB 2006, 661. 84 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 251/11, NZA 2012, 971 Rz. 37. 85 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 251/11, NZA 2012, 971. 86 BAG v. 13.6.2012 – 7 AZR 519/10, BeckRS 2012, 75181. 87 BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, NZA 2005, 1053.

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Kap. 2 Rz. 40 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) parenten Merkmalen zur Eingruppierung des Arbeitnehmers88. Eine inhaltliche und sprachliche Trennbarkeit hat das BAG hingegen verneint bei einer Verfallklausel, die nicht zwischen dem Mindestlohnanspruch und sonstigen Ansprüchen differenziert.89 g) Unangemessene Benachteiligung – § 307 BGB

41 Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam,

wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (materiell unangemessene Benachteiligung, Rz. 55 f. sowie 57 ff.). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (formell unangemessene Benachteiligung, Transparenzgebot, Rz. 50 ff.). aa) Kontrollsperre

42 Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen je-

doch nur dann der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2, § 308 und § 309 BGB, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden („Kontrollsperre“). In jedem Falle aber gilt das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

43 (1) Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen

selbst, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten.90 Das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung führt zB. nicht dazu, dass die formularmäßig vereinbarte Befristung einzelner Arbeitsbedingungen wegen § 307 Abs. 3 BGB nicht nach §§ 307 ff. BGB zu kontrollieren wäre. Auch gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen können am Maßstab der §§ 307 ff. BGB gemessen werden.91

44 (2) Allerdings unterliegen gem. § 307 Abs. 3 BGB rein deklaratorische Vertragsklauseln, die in je-

der Hinsicht mit einer bestehenden gesetzlichen Regelung übereinstimmen, nicht der Inhaltskontrolle. Denn bei Unwirksamkeit solcher Klauseln würde ohnehin gem. § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung gelten.92

45 Auch Abreden, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften

unterliegen, sondern von den Vertragsparteien festgelegt werden müssen, sind der Inhaltskontrolle nicht unterworfen. Dies betrifft Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (Leistungsbeschreibung) und das dafür zu zahlende Entgelt sowie Klauseln, die das Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung festlegen, wenn hierfür keine Regelungen bestehen. Das gilt also insb. für Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen.93 88 BAG v. 26.1.2017 – 6 AZR 671/15, NZA-RR 2017, 325. 89 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 Rz. 33 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2018, 498 und 2019, 13; v. 24.8.2016 – 5 AZR 703/15, NZA 2016, 1539 Rz. 24. 90 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NZA 2013, 1013 Rz. 27; v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 Rz. 20 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249; v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455, 2458; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87; v. 7.12.2005, AP TzBfG § 12 Nr. 4; v. 31.8.2005, AP ArbZG § 6 Nr. 8. 91 BAG v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07, NZA-RR 2010, 7, 11 f.; v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40, 44 mwN. 92 BAG v. 9.2.2011, AP BGB § 307 Nr. 52; v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07, NZA-RR 2010, 7, 11; v. 27.7. 2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40, 44 mwN. 93 BAG v. 26.1.2017 – 6 AZR 671/15, NZA-RR 2017, 325 Rz. 21; v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908 Rz. 24 ff.; v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07, NZA-RR 2010, 7, 11; v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40, 44 mwN.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 48 Kap. 2

Ebenso sind Verweisungen auf die für die Berechnung des Ruhegehalts jeweils geltenden Vorschriften des Beamtenversorgungsrechts kontrollfrei, da sie die Hauptleistung, nämlich die Versorgung, festlegen. Solche Klauseln können nicht in einen den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung regelnden Teil und einen Teil, der die Hauptleistungspflicht modifiziert, aufgespalten werden.94 Kontrollfrei ist auch die Festlegung von Ort und Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers95 sowie die Herabsetzung der vergütungspflichtigen Arbeitszeit.96 Keine Abweichung von Rechtsvorschriften gem. § 307 Abs. 3 BGB enthält auch die Beendigungsvereinbarung im Aufhebungsvertrag, so dass auch sie nicht der Inhaltskontrolle unterliegt.97 Sie kann aber überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB sein.98 (3) Klauseln hingegen, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, weichen im Allgemeinen von Vorschriften des dispositiven Gesetzesrechts ab. Sie sind daher Gegenstand der Inhaltskontrolle.99 Im Falle der Unwirksamkeit derartiger Klauseln kann an ihre Stelle die gesetzliche Regelung treten.

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Bei den Leistungsbeschreibungen gilt die Inhaltskontrolle daher nur für solche Leistungsbezeichnungen nicht, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag schon nicht angenommen werden kann.100

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(4) Auch die Inhaltskontrolle der folgenden Regelungen (nach Kernbegriff alphabetisch) scheitert daher nicht an der Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB:

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– In einer zu weit gehenden Regelung zur Arbeit auf Abruf sah das BAG eine gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB verstoßende Verlagerung des den Arbeitgeber nach § 615 BGB treffenden Wirtschaftsrisikos und damit eine gem. § 307 Abs. 3 BGB kontrollfähige Regelung.101 – Die befristete Erhöhung102 oder Verringerung103 der regelmäßigen Arbeitszeit stellt als befristete Änderung der synallagmatischen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eine Änderung des Hauptleistungsversprechens dar, die nach § 307 Abs. 3 BGB kontrollfähig ist. Auch die befristete Aufstockung eines Stundendeputats für Lehrkräfte kann daher eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung sein.104 – Auch eine Ausgleichsklausel unterfällt der Inhaltskontrolle, da ein einseitiger Rechtsverzicht vom ungeschriebenen Grundsatz des Äquivalenzprinzips abweicht. Erfolgt keine angemessene Gegenleistung, ist die entsprechende Klausel auch unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.105 94 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908 Rz. 24 ff.; v. 30.11.2010 – 3 AZR 798/08, NZA-RR 2011, 255; v. 4.12.2010 – 3 AZR 898/08, NZA 2011, 576, 579. 95 BAG v. 19.1.2011 – 10 AZR 738/09, NZA 2011, 631. 96 BAG v. 17.10.2012 – 5 AZR 792/11, NZA 2013, 266. 97 BAG v. 8.5.2008 – 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148; v. 3.6.2004 – 2 AZR 427/03; v. 22.4.2004, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 27; v. 27.11.2003, NZA 2004, 597. 98 BAG v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, NZA 2007, 614. 99 BAG v. 24.1.2017 – 1 AZR 772/14, NZA 2017, 931 Rz. 12; v. 7.10.2015 – 7 AZR 945/13, NZA 2016, 441 Rz. 37 f.; v. 10.12.2014, NZA 2015, 811 Rz. 34 ff.; v. 9.2.2011, AP BGB § 307 Nr. 52. 100 BAG v. 23.3.2011, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07, NZA-RR 2010, 7, 11; v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40, 44 mwN. 101 BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Arbeit auf Abruf“, Rz. 89. 102 BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Befristung einzelner Arbeitsbedingungen“, Rz. 96. 103 BAG v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 34 ff. 104 BAG v. 18.1.2006, NZA 2007, 351. 105 BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Befristung einzelner Arbeitsbedingungen“, Rz. 96.

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Kap. 2 Rz. 48 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) – In einer zu kurzen einzelvertraglichen Ausschlussfrist sah das BAG nicht nur einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern auch eine Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts entgegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und eine Einschränkung wesentlicher Rechte, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben derart, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, entgegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.106 – Ebenso weicht ein Einwendungsausschluss in einem Schuldanerkenntnis von § 812 Abs. 2, § 821 BGB ab und ist daher gem. § 307 Abs. 3 BGB kontrollfähig.107 – Einseitige Leistungsbestimmungsrechte, die dem Verwender das Recht einräumen, die Hauptleistungspflichten einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen einer Inhaltskontrolle, denn sie weichen von dem allgemeinen Grundsatz pacta sunt servanda ab.108 – Berühmt sich der Arbeitgeber im Vorfeld einer Vertragsänderung einer Rechtsposition, unterliegt die Vertragsänderung der Inhaltskontrolle, soweit von dem Grundsatz gegenseitigen Nachgebens aus § 779 BGB abgewichen wird.109 – Gleiches gilt für eine Rückzahlungsklausel von Fortbildungskosten, die den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und seine Berufsfreiheit unzulässig beeinträchtigt, wenn die Rückzahlungsverpflichtung allein an eine Kündigung des Mitarbeiters anknüpft, ohne nach Kündigungsgrund bzw. -verantwortlichkeiten zu differenzieren.110 – Die Pauschalierung von Überstunden soll der Inhaltskontrolle unterliegen, wenn der Vertrag gleichzeitig eine Anordnungsbefugnis regelt.111 – Auch ein Widerrufsvorbehalt des Arbeitgebers unterliegt der AGB-Kontrolle, allerdings nach § 308 Nr. 4 BGB als der gegenüber § 307 BGB spezielleren Norm.112 bb) Transparenzgebot – § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB

49 § 307 BGB enthält das Verbot, „den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von

Treu und Glauben unangemessen zu benachteiligen“. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hält ferner ausdrücklich fest, dass sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben (kann), „dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist“.

50 Dieses „Transparenzgebot“ verpflichtet den Verwender, seine AGB so zu gestalten, dass der rechts-

unkundige Durchschnittsbürger in der Lage ist, die ihn benachteiligende Wirkung einer Klausel ohne Einholung von Rechtsrat zu erkennen.113

51 Sinn des Transparenzgebotes ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der

Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer we-

106 BAG v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 34 ff.; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklauseln“, Rz. 92. 107 BAG v. 18.1.2006, NZA 2007, 351. 108 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87. 109 BAG v. 15.11.2016 – 3 AZR 582/15, NZA 2017, 1058 Rz. 66 f. m. Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2017, 201. 110 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 24 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 280; v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957; v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Rückzahlung von Fortbildungskosten“, Rz. 121. 111 BAG v. 17.10.2012 – 5 AZR 792/11, NZA 2013, 266; v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908 Rz. 26. AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Rz. 118. 112 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Rz. 138. 113 BGH v. 6.12.2018 – IX ZR 143/17, NJW 2019, 1446 Rz. 35; v. 22.3.2018 – IX ZR 99/17, ZIP 2018, 882, NJW 2018, 2193 Rz. 34; v. 15.4.2010 – Xa ZR 89/09, NJW 2010, 2942, 2944; Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rz. 21.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 52 Kap. 2

gen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.114 Dagegen begründet die Verwendung englischer Begriffe („denglisch“) nicht zwangsläufig die Intransparenz der Klausel.115 Ist der Vertrag nicht in der Muttersprache des Arbeitnehmers verfasst, führt dies ebenfalls nicht zur Intransparenz, wenn er aus Sicht der Vertragssprache klar und verständlich ist.116 Die Intransparenz kann sich auch aus einer Gesamtschau der Regelungen ergeben: zusammengehörende Regelungen müssen grundsätzlich im Zusammenhang aufgeführt werden oder der Bezug in anderer Weise, etwa durch Bezugnahme auf andere Klauseln, deutlich gemacht werden.117 Das Transparenzgebot schließt insb. das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.118 Eine Klausel muss also im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben.119 Gleichwohl darf das Transparenzgebot den Verwender auch nicht überfordern. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht daher nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren.120 Die Auslegungsmöglichkeit einer AGB begründet daher auch nicht gleichsam automatisch deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Bestimmung unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten.121 Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen erfordert das Transparenzgebot beispielsweise regelmäßig einen Hinweis auf die Rechtsfolge des Verfalls der Ansprüche bei nicht fristgerechter Geltendmachung. Der Hinweis muss ferner darstellen, was der Arbeitnehmer zu tun hat, um den Verfall zu verhindern.122 Bei Bezugnahmeklauseln, 114 BAG v. 21.6.2018 – 6 AZR 38/17, NZA 2018, 1413 Rz. 34; v. 20.6.2017 – 3 AZR 540/16, BeckRS 2017, 118081 Rz. 58; v. 21.1.2015 – 10 AZR 84/14, NZA 2015, 871 Rz. 33; v. 21.6.2011 – 9 AZR 236/10, NZA 2011, 1274, 1277; dazu Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754; BAG v. 14.3.2007, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 45. 115 Das gilt zumindest für ein international tätiges Unternehmen, BAG v. 20.8.2014 – 10 AZR 453/13, NZA 2014, 1333 Rz. 30. 116 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 (zur Altersgrenze) m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B), NZA 2014, 1076 Rz. 67. Zwar handelt es sich bei der Sprachunkundigkeit des Arbeitnehmers grundsätzlich um einen nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB zu berücksichtigenden Begleitumstand; dieser allein führt aber nicht zur Unwirksamkeit eines ansonsten der Inhaltskontrolle standhaltenden Vertragswerks, da dies dem abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab des § 307 Abs. 1 BGB widersprechen und zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen würde. 117 BAG v. 21.6.2018 – 6 AZR 38/17, NZA 2018, 1413 Rz. 34; v. 24.8.2017 – 8 AZR 378/16, NZA 2018, 100 Rz. 19, m. Anm. Lingemann, ArbR 2018, 75. 118 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 428/17, BB 2019, 2361 Rz. 26; v. 26.9.2018 – 7 AZR 797/16, AP Nr. 150 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag, Rz. 32 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2019, 126. 119 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 (zur Altersgrenze) m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; v. 30.9.2014 – 3 AZR 930/12, NZA 2015, 231 Rz. 20; v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777 Rz. 23; v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335 f. 120 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2018, 498 und 2019, 13; v. 26.1.2017 – 6 AZR 671/15, NZA-RR 2017, 325 Rz. 23; v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335 f.; v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324; BGH v. 6.10.2004 – VIII ZR 215/03, WuM 2004, 663; vgl. auch BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688. 121 BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946. 122 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2018, 498 und 2019, 13. Eine Widerrufsklausel muss so gefasst sein, dass der Arbeitnehmer weiß, in welchen Fällen er mit der Ausübung des Widerrufs rechnen muss, BAG v. 19.12.2006 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; vgl. auch BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796. Eine Vertragsstrafe muss die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass der Arbeitnehmer sich darauf einstellen kann, BAG v. 23.1. 2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777 Rz. 25 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 326; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“ bzw. „Vertragsstrafe“, Rz. 138 f. bzw. Rz. 130 f.

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Kap. 2 Rz. 52 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) die die Gleichstellung von tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern bezwecken, muss der Gleichstellungszweck hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen.123

53–54 Einstweilen frei. cc) Inhaltskontrolle – Materiell unangemessene Benachteiligung – § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB

55 Zur Feststellung, ob die Klausel inhaltlich den Vertragspartner des Verwenders unangemessen be-

nachteiligt, ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind bei der gebotenen generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt;124 die Klausel ist insb. dann unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.125

56 Ein Großteil der Entscheidungen zur AGB-Kontrolle entfällt auf diese Inhaltskontrolle, insb. auch die in Rz. 48 aufgeführten Fälle. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu den einzelnen Klauseln unter „AGB-Klauselkontrolle von A–Z“, Rz. 82 ff., verwiesen.

dd) Vermutungstatbestände des § 307 Abs. 2 BGB

57 Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung „mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“; nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB greift die Vermutung auch, wenn „die Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.“

58 Allerdings gilt, wie oben (Rz. 42 ff.) dargestellt, § 307 Abs. 2 BGB nur, soweit von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, § 307 Abs. 3 BGB („Kontrollsperre“).126

59 (1) Die Abweichung von gesetzlichen Vorschriften, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, ist etwa bei Freistel-

lungsklauseln von Bedeutung, denn bei diesen muss insb. der allgemeine Beschäftigungsanspruch als Leitbild iSd. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB berücksichtigt werden.127 Die Entscheidungen zur Befristung 123 BAG v. 5.7.2017 – 4 AZR 867/16, NZA 2018, 47; v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07, NZA 2009, 151 mwN, s. Rz. 99 ff. 124 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 428/17, BB 2019, 2361 Rz. 34; v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061 Rz. 33; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 84; v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423, 426; v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324, 326; vgl. BGH v. 11.9.2018 – XI ZR 380/16, NJW 2018, 3637 zu den Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit einer Arbeitnehmerbürgschaft. 125 BAG v. 21.1.2015 – 10 AZR 84/14, NZA 2015, 871 Rz. 59 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2015, 278; v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NZA 2015, 350 Rz. 23 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 155; v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 49 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 286; BGH v. 18.4.2019 – III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072 Rz. 19 mwN; im Einzelnen Lingemann/Kiecza, ArbRAktuell 2009, 156; Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rz. 12. 126 S. dazu AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Rz. 98 f. 127 LAG München v. 7.5.2003, LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 2; vgl. auch AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freistellungsklausel“, Rz. 103; zur Vergütung während der Freistellung vgl. BAG v. 23.1.2008 – 5 AZR 393/07, NZA 2008, 595; zum Vorliegen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses trotz unwiderruflicher Freistellung BSG v. 30.8.2018 – B 11 AL 15/17 R, NZA-RR 2019, 217 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 503.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 70 Kap. 2

von Arbeitszeiterhöhungen, zu Abrufarbeit, Ausschlussfrist oder Einwendungsausschluss in einem Schuldanerkenntnis stützte das BAG neben § 307 Abs. 1 BGB auch jeweils auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. auch Rz. 48 sowie unter Rz. 96, 89, 92 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Befristung einzelner Vertragsteile“, „Arbeit auf Abruf“ sowie „Ausschlussfrist“). (2) Maßstab für die Angemessenheitsregelung sind nicht Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen. § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB beschränkt sich darauf, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sowie umfassende Verweisungen auf diese in Arbeitsverträgen von der AGB-Kontrolle auszunehmen.128 Eine weitergehende Orientierung von arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten an Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen begründet sie nicht. Tarifverträge können allerdings bei der Beurteilung von Lohnwucher eine Rolle spielen. So liegt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung iSv. § 138 Abs. 2 BGB vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht.129

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(3) Fälle der Vertragszweckgefährdung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind selten. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB begrenzt zB Ausschlussklauseln (Verfallklauseln), da sie den sich aus der Natur des Arbeitsvertrags (§ 611 Abs. 1 BGB) ergebenden Vergütungsanspruch einschränken.130 Denn zu kurz bemessene Ausschlussklauseln für den Vergütungsanspruch bergen die Gefahr, dass der für das Arbeitsverhältnis wesentliche Leistungsaustausch verfehlt wird. Der Vertragszweck ist gefährdet, wenn die Leistung des Arbeitnehmers ohne Gegenleistung bleibt.131

61

Einstweilen frei.

62–63

h) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit – § 308 BGB Die spezifischen Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeiten – § 309 BGB – sollen nach der Gesetzesbegründung im Arbeitsrecht nur eingeschränkt gelten. Hier soll der Hauptanwendungsbereich für die „Besonderheiten des Arbeitsrechts“ gem. der Bereichseinschränkung, § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, liegen. Eine ausdrückliche Aussage zu den Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit – § 308 BGB – findet sich in der Gesetzesbegründung nicht. Jedoch werden hier die Besonderheiten des Arbeitsrechts, die nach dem Wortlaut des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB insgesamt bei der AGB-Kontrolle zu berücksichtigen sind, schon über die in § 308 BGB selbst vorgesehene Wertungsmöglichkeit einfließen.

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Bei den Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit sind § 308 Nr. 3 BGB (Rücktrittsvorbehalt, Rz. 120), und § 308 Nr. 4 BGB (eingeschränkte Wirksamkeit einseitiger Änderungsvorbehalte, insb. Widerrufsvorbehalte, Rz. 138 ff.) von Bedeutung.

65

Einstweilen frei

66–69

i) Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit – § 309 BGB Auch die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit erfordern im Arbeitsrecht eine Wertung, denn sie sind ausweislich der Gesetzesbegründung132 in besonderer Weise an den Besonderheiten des Arbeitsrechts gem. der Bereichseinschränkung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu messen. 128 Vgl. zu kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen BAG v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, NZA 2011, 634 m. Anm. Thüsing, BB 2011, 190. 129 BAG v. 18.4.2012, NZA 2012, 978 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2012, 378; v. 22.4.2009 – 5 AZR 436/ 08, NZA 2009, 837. 130 BAG v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149, 152. 131 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 251/11, NZA 2012, 971; v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149, 152. 132 BT-Drucks. 14/6857, S. 53/54 zu Nr. 5.

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Kap. 2 Rz. 71 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

71 Praxisrelevant bei den Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit sind vor allem die Regelungen

zum Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten, § 309 Nr. 2b BGB (Rz. 143a), zur Vertragsstrafe, § 309 Nr. 6 BGB (Rz. 130 ff.) und zur Beweislastmodifikation, § 309 Nr. 12 BGB (Rz. 97).

72 Festzuhalten bleibt, dass eine Reihe von Fragen immer noch ungeklärt ist, weil höchstrichterliche

Rechtsprechung dazu noch nicht oder nicht abschließend vorliegt. Im Bereich der AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen besteht daher nach wie vor eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Die Formulierungsvorschläge in diesem Buch geben die von uns erwartete Entwicklung wieder, können aber nicht unkritisch übernommen werden, sondern müssen für die praktische Anwendung jeweils dem dann aktuellen Stand der Rechtsprechung angepasst werden.

73–81 Einstweilen frei.

2. AGB-Klauselkontrolle von A–Z

• Abgeltungsklausel133 (s. auch „Ausgleichsquittung“, Rz. 90a und „Klageverzicht“, Rz. 110a) 82 Abgeltungsklauseln in Abwicklungs- oder Aufhebungsverträgen sind grundsätzlich weit auszulegen und idR auch keine überraschenden oder ungewöhnlichen Klauseln iSd. § 305c BGB.134 Zu Einzelheiten verweisen wir auf Kap. 23 Rz. 36 ff. sowie die Anm. zu M 23.1a § 26.

• Änderungsklausel (s. auch „Versetzungsklausel“, Rz. 129)135 82a Soll mit Hilfe einer Änderungsklausel, also einer Klausel, die eine Änderung über § 106 Satz 1

GewO hinaus regelt („echte Direktionsrechtserweiterung“),136 die vertragliche Tätigkeit als solche geändert werden, so muss gewährleistet sein, dass die Zuweisung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand hat.137 Andernfalls stellt sie eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, da sie mit wesentlichen Grundgedanken des arbeitsrechtlichen Inhaltsschutzes gem. § 2 KSchG nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).138 Dasselbe dürfte für eine Klausel gelten, die es dem Arbeitgeber erlaubt, dem Arbeitnehmer auf Dauer eine höherwertige Tätigkeit zuzuweisen, ohne die Vergütung sprechend anzupassen.139

82b

Das BAG geht bei der Auslegung einer Versetzungsklausel nach folgenden Grundsätzen vor:140 Durch Auslegung der vertraglichen Regelungen ist zunächst zu ermitteln, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und -ort vertraglich festgelegt wurde.141 Enthält der Vertrag hierüber eine nähere Festlegung, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, da es sich um eine inhaltliche Bestimmung der Hauptpflicht handelt. Vorzunehmen ist nur eine Transparenz133 Einzelheiten und Formulierungsvorschlag s. Kap. 23 Rz. 36 ff. und M 23.1a, § 26. 134 BAG v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2012, 325; v. 25.8. 2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355; v. 19.11.2008 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318. 135 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 1 (2); zur Systematik Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 494, 518. 136 BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355; Preis/Genenger, NZA 2008, 969, 974 f.; krit. Hromadka, NZA 2012, 233, 236. 137 Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 518, 519. 138 BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1358; Preis/Genenger, NZA 2008, 969, 974 f.; aA. Hromadka, NZA 2012, 233, 236 f. 139 Stoffels in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, Anhang zu § 310 (Arbeitsrecht) Rz. 138 mwN. 140 Vgl. BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355; sowie BAG Jahresbericht 2010, S. 21; s. dazu ausführlich Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 494, 518. 141 BAG v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2012, 325; v. 25.8. 2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1357.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 84 Kap. 2

kontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ist der Inhalt der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag nicht festgelegt, ergibt sich der Umfang des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht mehr an.142 Enthält der Vertrag neben einer Festlegung von Art oder Ort der Tätigkeit einen Versetzungsvorbehalt, unterliegt dieser nicht der gesetzlichen Angemessenheitskontrolle, wenn er inhaltlich der Regelung des § 106 Satz 1 GewO entspricht oder zugunsten des Arbeitnehmers davon abweicht. Auch dann gilt nur eine Transparenzkontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei muss die vertragliche Regelung die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Insb. muss sich aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung deutlich ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten – ggf. noch unter Verringerung der Vergütung – vorbehält. Nicht zulässig wäre daher grundsätzlich eine Klausel, die nicht gewährleistet, dass die Zuweisung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand hat.143 Ob im Einzelfall eine geringerwertige Tätigkeit, ggf. sogar mit einer geringeren Vergütung, einseitig zugewiesen werden kann144, wenn gleichzeitig die Voraussetzungen einer Änderungskündigung erfüllt sind oder unter den Beschränkungen, die das BAG für Widerrufsvorbehalte aufgestellt hat,145 ist nicht geklärt. Im letzteren Fall müsste dies zusammen mit Widerrufsgründen in der Klausel auch ausdrücklich geregelt werden.146 Ob damit die Klausel dann angemessen ist, ist gleichwohl offen.

82c

Dagegen erfordert auch die Verpflichtung zur transparenten Vertragsgestaltung gem. § 307 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht, dass die Klausel Hinweise auf den Anlass der Ausübung des Weisungsrechts enthält.147 Geht der Vorbehalt über § 106 GewO hinaus, findet eine uneingeschränkte Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB statt.148

82d

Eine Versetzung nach § 106 GewO ist zudem nicht möglich, wenn die Auslegung des Arbeitsvertrags die Festlegung auf einen bestimmten Arbeitsort oder eine bestimmte Tätigkeit ergibt und die Versetzungsklausel unwirksam ist.149 Ist der Arbeitsort oder die Tätigkeit im Arbeitsvertrag hingegen nicht festgelegt, gelten bei unwirksamen Versetzungsvorbehalt wegen § 306 Abs. 2 BGB wieder die gesetzlichen Bestimmungen, hier § 106 Satz 1 GewO.150 Das kommt insb. in Betracht, wenn mit dem Tätigkeitsort im Vertrag nur der Ort des Tätigkeitsbeginns angegeben und gerade nicht ein dauerhafter Dienstsitz festgelegt wird.151 Auch die befristete Änderung einzelner Vertragsbedingungen unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB (im Einzelnen Rz. 96).152

83

Zu Einzelheiten s. auch unter „Versetzungsklausel“, Rz. 129.

84

142 143 144 145 146 147 148 149

BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1357 f. BAG v. 9.5.2006 – 9 AZR 424/05, NZA 2007, 145. Dagegen Preis/Genenger, NZA 2008, 969, 974 f.; dafür Hromadka, NZA 2012, 233, 236 f. S. unter Widerrufsvorbehalt, Rz. 138, also namentlich eine Reduzierung um nicht mehr als 20 %. Preis/Genenger, NZA 2008, 969, 974 f. BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1358 mwN. BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1358. BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1358; Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 518, 519. 150 Vgl. BAG v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 Rz. 22. 151 BAG v. 28.8.2013 – 10 AZR 569/12, DB 2014, 123; vgl. auch BAG v. 30.11.2016 – 10 AZR 11/16 Rz. 22; v. 13.11.2013, 10 AZR 1082/12 Rz. 31. 152 BAG v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 29; v. 2.9.2009 – 7 AZR 233/08, NZA 2009, 1253, 1254; v. 18.1.2006, DB 2006, 1379.

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Kap. 2 Rz. 85 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) (s. auch „Änderungsklausel“, Rz. 82a, und „Versetzungsklausel“, • Änderungsvorbehalt 153 Rz. 129)

85 Klauseln, durch die sich der Verwender das Recht vorbehält, die versprochene Leistung zu ändern,

sind an § 308 Nr. 4 BGB zu messen. Insb. fallen darunter Änderungsvorbehalte, die bei unveränderter Arbeitspflicht des Arbeitnehmers die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers ändern. Dagegen unterfällt ein Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers nicht § 308 Nr. 4 BGB, sondern nur § 307 BGB, da es nicht die Leistungspflicht des Arbeitgebers, sondern den Umfang der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers betrifft.154

• Aktienoptionsplan155 85a Die Grundsätze der AGB-Kontrolle zu Sonderzahlungen, Bindungsfristen und Verfallklauseln gelten

für Aktienoptionspläne wegen des spekulativen Charakters dieser Pläne nur eingeschränkt. Auch können Aktienoptionsrechte grundsätzlich an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gebunden werden.156 Soweit sie vom Arbeitgeber zugesagt wurden, unterfallen sie auch grundsätzlich einer vertraglichen Ausgleichsklausel.157 Auch für die Gewährung von Aktienoptionen gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz.158

• Altersabstandsklauseln (s. auch Späteheklauseln) 85b

Altersabstandsklauseln begrenzen ebenso wie Späteheklauseln (Rz. 126a) das Risiko des Arbeitgebers auf Zahlung von Versorgungsleistungen, wenn der hinterbliebene Ehegatte deutlich jünger ist als der Arbeitnehmer. Zwar führt die Altersabstandsregelung zu einer unmittelbaren Benachteiligung des Arbeitnehmers wegen des Alters im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG. Diese ist aber nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt. Mit der Kürzungsregelung werden legitime Ziele verfolgt. Sie begrenzt die mit der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen finanziellen Risiken und dient damit dem Interesse des Arbeitgebers an einer überschaubaren und kalkulierbaren Versorgungslast. Sie dient damit einer weiten Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung. Wirksam ist daher eine Regelung in einer Versorgungszusage, wonach sich die Witwenrente, wenn die Ehefrau mehr als zehn Jahre jünger ist als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer, um 5 % für jedes weitere volle Jahr Altersunterschied verringert.159 Ehegatten, die mehr als 15 Jahre jünger sind als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer, können sogar vollständig von der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen werden.160

• Altersgrenze161 86 Eine Altersgrenze im Formulararbeitsvertrag stellt für sich alleine keine überraschende Klausel gem. § 305c Abs. 1 BGB dar, da ihr kein „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“ innewohnt. Sie

153 154 155 156 157 158 159 160 161

Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 1 (2). BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423, 427. Formulierungsvorschlag s. M 12.28. BAG v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066. BAG v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066 = AP BGB § 305 Nr. 12 m. Anm. Lingemann/Gotham. BAG v. 21.10.2009 – 10 AZR 664/08, DB 2010, 115; vgl. auch BAG v. 5.8.2009 – 10 AZR 666/08, NZA 2009, 1135 m. Anm. Spielberger/Burkhardt, BB 2010, 3096. BAG v. 11.12.2018 – 3 AZR 400/17, NZA 2019, 537 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2019, 95; ebenso für jedes Jahr, welches einen Altersabstand zum Ehemann von 15 Jahren übersteigt BAG v. 16.10.2018 – 3 AZR 520/17, NZA 2019, 176 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2019, 68. BAG v. 20.2.2018 – 3 AZR 43/17, NZA 2018, 712. Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 2 (2); vgl. auch Tempelmann/Stenslik, DStR 2011, 577.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 86 Kap. 2

ist nicht so ungewöhnlich, dass ein Arbeitnehmer nicht mit ihr zu rechnen braucht. Insb. ist sie nicht überraschend, solange sie nicht an versteckter Stelle, sondern zB unter der Überschrift „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ zu finden oder sonst deutlich sichtbar ist. Die Altersgrenze lediglich in den Schlussbestimmungen aufzuführen reicht hingegen nicht.162 Jedenfalls eine Altersgrenze, nach der das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters endet, ist wirksam, wenn der Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt und der Vertragsdauer eine gesetzliche Altersrente163 oder die Regelaltersrente aus einem Versorgungswerk164 erwerben kann oder bereits erworben hat, oder die Auszahlung aus einer befreienden Lebensversicherung erhält.165 Der EuGH hat zudem mehrfach166 entschieden, dass die mit einer solchen Altersgrenze verbundene Ungleichbehandlung wegen des Alters objektiv und angemessen gerechtfertigt wird durch ein aus dem allgemeinen Kontext einer nationalen Regelung abgeleitetes Ziel, über eine bessere Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen den Beschäftigungszugang zu fördern. Dabei betont der EuGH den weiten Spielraum der Mitgliedstaaten167 bzw. der Sozialpartner168 und hält es für die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Altersgrenze für ausreichend, wenn nachgewiesen ist, dass diese zur Erreichung des verfolgten Ziels nicht unvernünftig ist.169 Auch nach der Rechtsprechung des BAG verstößt die Vereinbarung einer Altersgrenze (damals: „65“) nicht gegen das EUDiskriminierungsrecht, jedenfalls wenn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine Rente wegen Alters iSd. § 35 SGB VI170 oder aus einem Versorgungswerk171 hat. Die Wirksamkeit der Befristung ist dabei nicht von der konkreten wirtschaftlichen Absicherung des Arbeitnehmers bei Erreichen der Regelaltersgrenze abhängig, da es für die Wirksamkeit der Befristung nur darauf ankommt, ob bei Vertragsschluss ein entsprechender Befristungsgrund vorlag.172 162 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 443/04, NZA 2006, 37, 38 f. 163 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695 (Arbeitsvertrag); v. 4.11.2015 – 7 Sa 770/12, NZA 2016, 634 (Betriebsvereinbarung); v. 13.10.2015 – 1 AZR 853/13 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 36 (Betriebsvereinbarung); v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916 Rz. 18 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 155 (Betriebsvereinbarung), v. 12.6.2013 – 7 AZR 917/11, NZA 2013, 1428 (Arbeitsvertragsrichtlinie/ BAT); v. 8.12.2010 – 7 AZR 438/09, NZA 2011, 586 (Tarifvertrag); zum Ganzen: Jesgarzewski, NWB 2016, 1593 ff. 164 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889. 165 BAG v. 16.11.2005 – 7 AZR 86/05, NZA 2006, 535; der Anspruch aus einer betrieblichen Altersversorgung soll dem nach Auffassung des BAG (v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, NZA 2017, 849 Rz. 37) nicht gleichstehen. Diese Auffassung ist jedenfalls für den Fall abzulehnen, dass der Arbeitnehmer ab dem Ausscheidenszeitpunkt durch betriebliche Altersversorgung ebenso oder noch weitergehend abgesichert ist als durch die gesetzliche Altersrente (ähnlich Walker, NZA 2017, 1417). 166 Vgl. EuGH v. 5.7.2012 – C-141/11, NZA 2012, 785 – Hörnfeldt; v. 12.10.2010 – C-45/09, NZA 2010, 1167 – Rosenbladt; v. 5.3.2009 – C-388/07, NZA 2009, 305 – Age Concern; v. 16.10.2007 – C-411/05, NZA 2007, 1219 – Palacios. 167 EuGH v. 21.7.2011, NVwZ 2011, 1249 – Fuchs. 168 EuGH v. 12.10.2010 – C-45/09, NZA 2010, 1167 – Rosenbladt. 169 Ebenso EuGH v. 5.7.2012 – C-141/11, NZA 2012, 785 – Hörnfeldt; vgl. auch allgemein Bauer/von Medem, NZA 2012, 945, die von einem „rein abstrakten Prüfungsmaßstab“ sprechen. 170 Zu Arbeitsverträgen BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695; zu Tarifverträgen BAG v. 12.6. 2013, 7 AZR 917/11 NZA 2013, 1428; zu Betriebsvereinbarungen BAG v. 4.11.2015 – 7 Sa 770/12, NZA 2016, 634; v. 9.9.2015 – 7 ABR 47/13, juris; v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916 Rz. 18 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 155; v. 21.9.2011 – 7 AZR 134/10, NZA 2012, 271; v. 16.10.2008, DB 2009, 850; v. 18.6.2008 – 7 AZR 116/07, NZA 2008, 1302 sowie v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 155 zu einem Tarifvertrag, der auf das Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung abstellt. 171 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, Anm. Lingemann, NZA 2018, 889. 172 Vgl. vorstehende Fn., ferner BAG v. 8.12.2010 – 7 AZR 438/09, NZA 2011, 586; Bauer/von Medem, NZA 2012, 945; Bayreuther, NJW 2012, 2758.

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Kap. 2 Rz. 86 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Stellt die Regelung nicht auf das Erreichen der Altersgrenze, sondern auf einen bestimmten Rentenbezug ab, so handelt es sich um eine auflösende Bedingung.173 Das Arbeitsverhältnis endet daher gem. §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Nach dem am 1.7.2014 eingeführten § 41 Satz 3 SGB VI können die Arbeitsvertragsparteien den Beendigungszeitpunkt ggf. aber auch mehrfach durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses hinausschieben.174 Eine so gestaltete Befristung bedarf dann – anders als eine Befristung nach Ende des Arbeitsverhältnisses175 – keines sachlichen Grundes.176 Die Vereinbarung muss allerdings im laufenden Arbeitsverhältnis getroffen werden und zu einem nahtlosen Übergang führen.177 Die Regelung ist europarechtskonform.178 Offen ist allerdings, ob die Vertragsbedingungen im Übrigen unverändert bleiben müssen.179 Zulässig dürfte erst recht die Vereinbarung einer Altersgrenze auf einen Zeitpunkt sein, der später liegt als die gesetzliche Regelaltersgrenze.180 Offen ist, ob der Arbeitgeber, wenn er eine (Wieder-)Einstellung des wegen Altersgrenze ausgeschiedenen Arbeitnehmers ablehnt, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach §§ 1, 7 AGG verstößt.181 Auch für Organmitglieder ist die Befristung auf die Regelaltersgrenze zulässig,182 die Vereinbarung niedrigerer Altersgrenzen ist u.E. zulässig, aber nicht geklärt.183

86a Befristungen zum 60. Lebensjahr können bei Chefärzten aus Haftungsgründen oder bei Piloten aus

Gründen der Flugsicherheit zulässig sein,184 sie verstoßen nicht gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG.185 Sie stellen jedoch bei Piloten einen Verstoß gegen die RL 2000/78/EG dar, wenn nationale und internationale Regelungen eine höhere Altersgrenze für die Berufsausübung festsetzen, denn dann ist die Beschränkung unverhältnismäßig.186 Zulässig ist aber eine Altersgrenze von 65 Jahren für Verkehrspiloten.187 Nicht zulässig ist auch die zT. tarifvertraglich geregelte Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal im Flugverkehr.188 Unwirksam ist ferner eine Regelung, mit der der 173 BAG v. 4.11.2015 – 7 AZR 851/13, NZA 2016, 634 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 189; die Regelung in einer Gesamtbetriebsvereinbarung lautete: „Das Arbeitsverhältnis endet spätestens … mit Ablauf des Monats, in dem eine Rente wegen Alters in voller Höhe gewährt wird“; für den Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente Böhm, ArbRB 2018, 253. 174 Zu den sozial- und arbeitsrechtlichen Folgen Waltermann, NJW 2018, 193; zur vertraglichen Gestaltung Olbertz/Groth, NWB 2017, 738, 740 ff. 175 Vgl. BAG v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NZA 2015, 1066 Rz. 21 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 354. 176 Heinz, BB 2016, 2037, 2039; Kramer, ArbRAktuell 2015, 144; zuvor bedurfte es für die Befristung eines sachlichen Grundes nach § 14 TzBfG, vgl. BAG v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NZA 2015, 1066 Rz. 21 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 354. 177 Heinz, BB 2016, 2037, 2039. 178 EuGH v. 28.2.2018 – C-46/17 – John, NZA 2018, 355; BAG v. 19.12.2018 – 7 AZR 70/17 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 11; Bader, NJW 2019, 1322. 179 Ausdrücklich offengelassen in BAG v. 19.12.2018 – 7 AZR 70/17 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 11. 180 Bauer/von Medem, NZA 2012, 945. 181 So Fischer, FA 2011, 103; dagegen Bauer/Diller, DB 2010, 2727; Bauer/von Medem, NZA 2012, 945; Bayreuther, NJW 2012, 2758. 182 Vgl. BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, NZA 2012, 797 m. Anm. Lingemann/Weingarth, DB 2012, 2325 und Bauer/Arnold, ZIP 2012, 597. 183 Vom BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, NZA 2012, 797 ausdrücklich offengelassen; Lingemann/Weingarth, DB 2012, 2325; vgl. auch Bauer/von Medem, NZA 2012, 945. 184 BAG v. 20.2.2002 – 7 AZR 748/00, NZA 2002, 789; v. 12.2.1992 – 7 AZR 100/91, NZA 1993, 998. 185 BVerfG v. 25.11.2005 – 1 BvR 2459/04, BB 2005, 1231; anders aber bei Höchsteintrittsalter, BAG v. 8.12.2010 – 7 ABR 98/09, NZA 2011, 751. 186 EuGH v. 13.9.2011 – C-447/09 – Prigge ua., NZA 2011, 1039 m. Anm. Krieger, NJW 2011, 3214; BAG v. 18.1.2012 – 7 AZR 112/08, NZA 2012, 575 und v. 18.1.2012 – 7 AZR 211/09, NZA 2012, 691. 187 EuGH v. 5.7.2017 – C-190/16 – Fries, NZA 2017, 897. 188 BAG v. 15.2.2012 – 7 AZR 756/09, AP TzBfG § 14 Nr. 90; v. 23.6.2010 – 7 AZR 1021/08, NZA 2010, 1248; v. 16.10.2008 – 7 AZR 253/07 (A), DB 2009, 850 m. gleichzeitiger Vorlagefrage zur Vereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG in der bis zum 30.4.2007 geltenden Fassung mit dem Gemeinschaftsrecht.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 89 Kap. 2

Arbeitgeber sich in Anlehnung an das Beamtenrecht die einseitige Versetzung des Arbeitnehmers in den einstweiligen Ruhestand vorbehält, ohne dafür eine Kündigung erklären zu müssen.189 Insgesamt sind Altersgrenzen ohne Bezug zu einer Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nur unter engen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Rechtsgüter wie Gesundheit und Leben zulässig.190

• Anrechnungsvorbehalt191 Üblicherweise dient eine Anrechnungsklausel dazu, Tariferhöhungen auf außertarifliche Zulagen anzurechnen. Auch wenn in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Zulage nur schlicht unter dem Vorbehalt der Anrechnung gewährt wird, ohne dass die Anrechnungsgründe näher bestimmt sind, führt das nicht zur Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 4 BGB. Eine solche Klausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.192 Ohne Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann auch vereinbart werden, dass eine tarifliche Einmalzahlung auf übertariflich gezahlten Stundenlohn angerechnet wird.193 Typischerweise handelt es sich bei einer solchen Anrechnungsklausel um eine Bruttolohnabrede. Wegen der Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB (Rz. 42 ff.) ist diese nur am Maßstab des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu überprüfen.194 Anrechnungsvorbehalte sind zudem in arbeitsvertraglichen Vergütungsabreden seit Jahrzehnten gang und gäbe. Sie stellen daher eine Besonderheit des Arbeitsrechts gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB dar.195

87

Die vollständige und gleichmäßige Anrechnung bei allen Arbeitnehmern ist mitbestimmungsfrei.196

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• Arbeit auf Abruf197 Zur Vermeidung einer unangemessenen Verlagerung des Wirtschaftsrisikos entgegen § 615 BGB auf den Arbeitnehmer, darf gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 TzBfG der Arbeitgeber nur 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen, wenn gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eine Mindestarbeitszeit vereinbart ist. Ist eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nur bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.198 Die Überschreitung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit, auch über einen längeren Zeitraum, führt keine einvernehmliche Änderung des Vertrags herbei.199 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198

199

BAG v. 5.2.2009 – 6 AZR 151/08, DB 2009, 1710. Bauer/von Medem, NZA 2012, 945. Formulierungsvorschlag s. M 2.2 Ziff. 4 (3); M 12.7.2. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, DB 2006, 1377. BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 540/05, DB 2006, 1276; vgl. auch BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49. Zur Anrechnung übertariflicher Leistungen im Allgemeinen vgl. Feddersen, NWB 2010, 2546. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52; v. 1.3.2006 – 5 AZR 540/05, DB 2006, 1276; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, DB 2006, 1377, 1378; die Klausel lautete „freiwillige, jederzeit widerrufliche, anrechenbare betriebliche Ausgleichszulage …“. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, DB 2006, 1377, 1378. BAG v. 10.3.2009 – 1 AZR 55/08, NZA 2009, 684, 685; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, DB 2006, 1377, 1379. Formulierungsvorschlag und Einzelheiten s. M 7.1.7 m. Anm. Die gleichlautende Rechtsprechung des BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423, 428 wurde ins TzBfG übernommen. Zulässig bleiben wohl Rahmenvereinbarungen, die selbst keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung begründen, sondern insoweit auf den Abschluss einzelner (befristeter) Arbeitsverträge abzielen. Dem Arbeitnehmer bleibt hier die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Befristung im Einzelfall gerichtlich überprüfen zu lassen, vgl. BAG v. 15.2.2012 – 10 AZR 111/11, NZA 2012, 733, 736; v. 16.5.2012 – 5 AZR 268/11, NZA 2012, 974 m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2012, 401. BAG v. 21.6.2011 – 9 AZR 238/10, AP BGB § 307 Nr. 54.

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Kap. 2 Rz. 90 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

• Aufhebungsvertrag200 90 Die Hauptleistungspflichten eines Aufhebungsvertrages (Beendigung und Abfindung) unterliegen wegen der Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (Rz. 42) nicht der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.201 Zu Einzelheiten der AGB-Kontrolle von Aufhebungsverträgen s. Kap. 23 Rz. 25 ff.

• Auflösende Bedingung 90a Eine auflösende Bedingung vor Ablauf einer Befristung ist im Vertragstext deutlich hervorzuheben.202 Enthält der Tarifvertrag, den der Arbeitsvertrag in Bezug nimmt, eine auflösende Bedingung, muss der Arbeitsvertrag einen gesonderten Hinweis auf den Beendigungstatbestand jedenfalls dann nicht enthalten, wenn der Tarifvertrag insgesamt in Bezug genommen wird.203

• Ausgleichsquittung (s. auch „Abgeltungsklausel“, Rz. 82 und „Klageverzicht“, Rz. 110a; Einzelheiten bei Kap. 23 Rz. 32 ff. m. Anm.)

91 Die Rechtsprechung des BAG204 spricht recht deutlich dafür, dass Erledigungsklauseln auch ohne de-

taillierte Aufzählung möglicher Ansprüche AGB-konform sind.205 Der rechtsgeschäftliche Erklärungswert einer Ausgleichsquittung außerhalb eines Vergleichs, Aufhebungsvertrags oder einer Abwicklungsvereinbarung ist nach allgemeinen Grundsätzen durch Auslegung zu ermitteln. In Betracht kommen (1) ein Erlassvertrag, (2) ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB), wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüche zum Erlöschen zu bringen, oder (3) ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen.206 Eine bloße Ausgleichsquittung ohne kompensatorische Gegenleistung außerhalb eines Aufhebungsvertrags, nach der sich „beide Parteien darüber einig (sind), dass sämtliche gegenseitigen Ansprüche, insb. Lohn- und Gehaltsansprüche – ob bekannt oder unbekannt – aus dem Arbeitsverhältnis und anlässlich seiner Beendigung, aus welchem Rechtsgrund auch immer, erledigt sind“, soll danach lediglich ein deklaratorisches, negatives Schuldanerkenntnis sein.207

Auch ist eine Ausgleichsquittung überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB, wenn sie anlässlich der Übergabe der Arbeitspapiere gleichzeitig mit der Bestätigung des Empfangs von Arbeitspapieren, der Herausgabe von Firmeneigentum sowie weiterer Abwicklungsformalitäten auch einen Globalverzicht auf Rechte und Ansprüche enthält.208 Auch eine Ausgleichsquittung ohne drucktechnische Hervorhebungen ist überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB.209 Ob bei Ausgleichsquittungen etwaige Mindestlohnansprüche ausgenommen werden müssen, ist nicht geklärt.210 200 Formulierungsvorschlag s. M 23.1a. 201 BAG v. 8.5.2008 – 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148 zur Vereinbarung über die Beendigung; v. 22.4. 2004, NZA 2004, 1295; v. 27.11.2003, NZA 2004, 597, 603. 202 BAG v. 8.8.2007, NZA 2008, 1208 zu einem Altersteilzeitvertrag. 203 BAG v. 20.3.2019 – 7 AZR 98/17, AP Nr 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom Rz. 30. 204 Vgl. BAG v. 8.3.2006, DB 2006, 1443; v. 19.3.2009, NZA 2009, 897; v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066, 1073. 205 So auch BAG v. 23.10.2013 – 5 AZR 135/12, NZA 2014, 200 Rz 13 ff.; LAG Rheinland-Pfalz v. 14.9. 2012 – 9 Sa 254/12, nv. 206 BAG v. 23.10.2013 – 5 AZR 135/12, NZA 2014, 200 Rz 14 ff.; v. 7.11.2007, BAGE 124, 249 Rz. 15. 207 BAG v. 23.10.2013 – 5 AZR 135/12, NZA 2014, 200 Rz. 18 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 131; eine solche Ausgleichsquittung führt daher nicht zum Erlöschen sämtlicher wechselseitiger Ansprüche. 208 BAG v. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04, NZA 2005, 1193. 209 BAG v. 21.6.2011 – 9 AZR 203/10, NZA 2011, 1338, 1340; v. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04, NZA 2005, 1193. 210 Zu Einzelheiten s. Kap. 23 Rz. 36 ff. sowie M 23.1a § 26 mwN.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 92 Kap. 2

• Ausschlussfrist/Ausschlussklausel211 Eine formularvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche212 Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie ist aufgrund der unangemessen kurzen Frist insgesamt unwirksam, eine geltungserhaltende Reduktion scheidet aus (§ 306 Abs. 1, 2 BGB).213 In ab dem 1.10.2016 abgeschlossenen Verträgen ist gem. § 309 Nr. 13b BGB zudem eine Klausel unwirksam, die für Anzeigen oder Erklärungen, die gegenüber dem Arbeitgeber abzugeben sind, eine strengere Form als die Textform vorsieht. Auch wenn die gesetzliche Schriftform nach § 126 BGB ohnehin für die Geltendmachung eines Anspruchs nicht erforderlich ist,214 dürfte eine Klausel, welche die „schriftliche“ Geltendmachung verlangt, intransparent sein. Anstelle der Schriftform sollte daher für die Geltendmachung nunmehr die Textform (§ 126b BGB, dh. eine E-Mail o.Ä.) aufgenommen werden.215 Zudem muss in der Ausschlussklausel selbst zur Vermeidung von Intransparenz, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, die Rechtsfolge, also der Verfall der Ansprüche, mitgeteilt werden.216 § 309 Nr. 7 BGB steht der Zulässigkeit umfassender Ausschlussfristen wohl nicht entgegen.217 Befindet sich die Ausschlussklausel an unerwarteter Stelle, wird sie nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.218 Eine tarifliche Ausschlussfrist kann auch durch Bezugnahme Gegenstand des Arbeitsverhältnisses werden.219 Soweit gesetzliche Regelungen jedoch längere Ausschlussfristen vorschreiben220 oder keine Ausschlussfristen zulassen,221 haben sie natürlich Vorrang. Zum Umfang der Ausschlussfrist können die Parteien eines Arbeitsvertrages weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern (§ 202 Abs. 1 BGB) noch dem Schuldner die Haftung wegen Vorsatzes im Voraus erlassen (§ 276 Abs. 3 BGB). Zudem haftet der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich bei Vorsatz, § 104 Abs. 1 SGB VII. Gleichwohl mussten diese Tatbestände bisher von der Ausschlussfrist nicht ausgenommen werden.222 Auch tarifliche Ansprüche und Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen müssen trotz Unverzichtbarkeit gem. § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG und § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG nicht ausgenommen werden, sofern die Ausschlussklausel „unabdingbare Ansprüche“ ausnimmt.223 211 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 10. 212 Schriftform des § 126 BGB nicht erforderlich, Geltendmachung eines Anspruchs ist kein Rechtsgeschäft, sondern eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf die § 126 BGB auch nicht analog anwendbar ist (BAG v. 7.7.2010 – 4 AZR 549/08, NZA 2010, 1068 f.). 213 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 251/11, NZA 2012, 971; v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149. 214 BAG v. 7.7.2010 – 4 AZR 549/08, NZA 2010, 1068, 1079 Rz. 92 ff. zur Schriftform gem. § 70 BAT. 215 Einzelheiten bei Lingemann/Otte, NZA 2016, 519; Lunk/Seidler, NJW 2016, 2153, Springer/von Kummer, DB 2016, 1940. 216 BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324. 217 Vgl. BAG v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149, 152; v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111, 1113; aA BGH v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674, 675; Matthiesen, NZA 2007, 361; Ulber, DB 2011, 1808. 218 So LAG Köln v. 22.6.2012 – 10 Sa 88/12, für eine Ausschlussklausel, die sich unter der Überschrift „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ befand. 219 BAG v. 6.5.2009, EzA BGB 2002 § 310 Nr. 8; v. 30.10.2008, DB 2009, 1241. 220 So die Mindestfrist von sechs Monaten nach dem AEntG, dazu Kortstock, NZA 2010, 311. 221 § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG, dazu Kortstock, NZA 2010, 311, § 3 MiLOG, dazu unten. 222 Vgl. die Ausschlussfrist in BAG v. 27.1.2016 – 5 AZR 277/14, NZA 2016, 679, die diese Ausschlüsse nicht enthielt und trotzdem vom BAG als wirksam angesehen wurde; ferner BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265. 223 BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768 zu einer vor dem 1.1.2015 vereinbarten Ausschlussklausel.

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Kap. 2 Rz. 92 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Mindestentgeltansprüche müssen von der Ausschlussklausel jedoch ausdrücklich ausgenommen werden, anderenfalls ist die Klausel intransparent und damit insgesamt nichtig, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.224 Das gilt hinsichtlich des Mindestlohns nach dem MiLoG nur für Klauseln, die ab Inkrafttreten des MiLoG am 1.1.2015 vereinbart wurden.225 Nur hinsichtlich des Mindestlohns teilnichtig sind hingegen Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die vor dem 1.1.2015 vereinbart wurden,226 und Ausschlussfristen in Tarifverträgen.227 Damit stellt sich die Folgefrage, ob dann nicht auch insgesamt Ansprüche, für die die Verfallfrist nicht gilt, ausgenommen werden müssen; denn anderenfalls könnte der Arbeitnehmer annehmen, nur Ansprüche auf Mindestvergütung seien von der Verfallfrist ausgenommen, nicht aber diese sonstigen Ansprüche. Allerdings denken die Parteien bei Abfassung der Klausel in erster Linie an laufende Vergütung, wie das BAG in der Entscheidung vom 20.6.2013228 ausgeführt hat, auch die Entscheidung vom 24.8.2016229 betraf den Anspruch auf laufende Mindestvergütung. Die weitergehenden Ansprüche sind hingegen typischerweise keine laufende Vergütung. Das spricht dafür, dass es zulässig ist, nur den Anspruch auf Mindestvergütung auszunehmen. Dafür spricht auch die Rechtsprechung des BAG, nach der die Herausnahme des Vorsatzes aus der Ausschlussklausel nicht dazu führt, dass auch alle anderen Tatbestände des § 309 Nr. 7 BGB ausgenommen werden müssen230 und auch die fehlende Herausnahme von Ansprüchen nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG und § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG unschädlich ist.231 Da die Rechtslage aber ungeklärt ist, ist es ratsam, möglichst alle Ansprüche ausdrücklich auszunehmen, für die eine Verfallklausel nicht gilt.232 Insoweit hat der 9. Senat des BAG auf eine Klausel von Roloff233 hingewiesen, die offenbar gebilligt wird.234

92a Sofern eine Ausschlussklausel für bestimmte Ansprüche eine zu kurze, für andere aber eine ausreichend lange Frist regelt, kann letztere mittels blue-pencil-test wirksam sein.235

Ausschlussfristen erfassen trotz § 13 Abs. 1 BUrlG auch den Urlaubsabgeltungsanspruch, da dieser ein reiner Geldanspruch ist, der sich nicht mehr von anderen Entgeltansprüchen unterscheidet.236 Gleiches gilt für Ansprüche auf Urlaubsgeld,237 nicht aber den Anspruch auf Korrektur des Arbeitszeitkontos238 und den als Schadensersatz an die Stelle des erloschenen Urlaubsanspruchs tretenden Ersatzurlaub239. Einmal in einer schriftlichen Lohnabrechnung ausgewiesene Arbeitszeiten bzw. 224 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 490 und 2019, 13; Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978; BAG v. 24.8.2016 – 5 AZR 703/15, NZA 2016, 1539. 225 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 m. Anm. Lingemann ArbRAktuell 2018, 490 und 2019, 13; Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978; aA. – Unwirksamkeit auch vor dem 1.1.2015 – Seiwerth, NZA 2019, 17. 226 BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768. 227 BAG v. 20.6.2018 – 5 AZR 377/17, NZA 2018, 1494. 228 BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265. 229 BAG v. 24.8.2016 – 5 AZR 703/15, PM 44/16, NZA 2016, 1539. 230 BAG v. 22.10.2019 – 9 AZR 532/18, NZA 2020, 513, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 203. 231 BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/8, NZA 2019, 768. 232 Formulierungsvorschlag dazu in M 2.1a Ziff. 10. 233 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 Rz. 51, Hinweis auf Roloff, FS Willemsen 2018, S. 407, 416, zum Wortlaut s. M 2.1a Ziff. 10 und Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978. 234 Wiedergegeben in M 2.1a Ziff. 10; vgl. auch Fuhlrott, ArbRAktuell 2018, 269 mit ähnlichem Vorschlag; Naber/Schulte, BB 2019, 501. 235 BAG v. 27.1.2016 – 5 AZR 277/14, NJW 2016, 1979. 236 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2018, 498 und 2019, 13; v. 9.8.2011 – 9 AZR 365/10, NZA 2011, 1421. 237 BAG v. 19.6.2012 – 9 AZR 652/10, NZA 2012, 1087; v. 20.4.2012 – 9 AZR 504/10, NZA 2012, 982 m. Anm. Göpfert, ArbRAktuell 2012, 403. 238 BAG v. 26.1.2011 – 5 AZR 819/09, NZA 2011, 640, 642. 239 BAG v. 19.6.2018 – 9 AZR 615/17, NZA 2018, 1480 Rz. 48.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 93 Kap. 2

Lohnansprüche unterfallen ebenfalls keinen Ausschlussfristen, da sie durch die Ausweisung streitlos gestellt sind.240 Ausschlussfristen, die im Entleiherbetrieb gelten, muss der Leiharbeitnehmer bei der Geltendmachung seines equal-pay-Anspruches nicht einhalten.241 Eine für „tarifliche Ansprüche“ geltende Ausschlussfrist erfasst regelmäßig auch gesetzliche und vertragliche Ansprüche, deren Bestand von einem tariflich ausgestalteten Anspruch abhängig ist.242 Zumindest eine tarifliche Ausschlussfrist kann ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden. Das kommt in Betracht, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist.243 Bei zweistufigen Ausschlussfristen darf die Frist auf jeder Stufe nicht weniger als drei Monate betragen.244 Bei einer zu kurzen Frist auf der zweiten Stufe bleibt aufgrund des „blue-pencil-tests“ (Rz. 40) die Ausschlussfrist für die erste Stufe wirksam245, bei einer zu kurzen Frist auf der ersten Stufe gilt das jedoch nicht.246 Allerdings kann durch (Teil-)Verweisung auf einen Tarifvertrag für den Arbeitnehmer auch eine kürzere Ausschlussfrist als für den Arbeitgeber vereinbart werden.247 Aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz folgt, wie das BVerfG entschieden hat, dass einem Arbeitnehmer die Erhebung einer Leistungsklage zur Wahrung der Ausschlussfrist aus Kostengründen nicht zumutbar ist, solange das Verfahren über den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.248 Verlangt die Klausel auf der zweiten Stufe die Einklagung der abgelehnten Ansprüche, genügt daher die Erhebung einer Bestandsschutzklage, um das Erlöschen der vom Ausgang des Bestandsschutzrechtsstreits abhängigen249 Annahmeverzugsansprüche des Arbeitnehmers zu verhindern.250 Nach der Rechtsprechung des BAG251 ergibt sich das durch Auslegung des Begriffes „geltend machen“ in der einzelvertraglichen Regelung. Das spricht dafür, dass eine weitere Einschränkung in der Klausel selbst, die diese Auslegung noch einmal ausdrücklich wiedergibt, nicht erforderlich ist.252 Die bloße Klageeinreichung bei Gericht wahrt eine tarifliche Ausschlussfrist zur schriftlichen Geltendmachung allerdings nicht253, sondern erst der Zugang beim Anspruchsgegner. § 167 ZPO ist auf tarifliche Ausschlussfristen, die durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden können, nicht anwendbar. Die Geltendmachung nur in der Klageschrift führt daher leicht zu einem anwaltlichen Haftungsfall. 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250

251 252 253

BAG v. 28.7.2010 – 5 AZR 521/09, NZA 2010, 1241. BAG v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, NZA 2011, 850; vgl. Brors, BZA 2010, 1385. BAG v. 8.9.2010 – 7 AZR 513/09, NZA 2011, 159. BAG v. 16.1.2013, ArbuR 2013, 228. BAG v. 27.1.2016 – 5 AZR 277/14, NJW 2016, 1979; v. 16.5.2012 – 5 AZR 251/11, NZA 2012, 971; v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701; v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111. BAG v. 25.9.2013 – 5 AZR 778/12, NZA 2014, 94; v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699. BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 251/11, NZA 2012, 971. BAG v. 6.5.2009, NZA-RR 2009, 593. BVerfG v. 1.12.2010 – 1 BvR 1682/07, NZA 2011, 354, 355 f. = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196 m. Anm. Husemann; Brecht-Heitzmann, DB 2011, 1523; Ennemann, FA 2011, 133; Nägele/Gertler, NZA 2011, 442. Für Ansprüche, die nicht vom Bestand abhängen, gilt das nicht, BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/8, NZA 2019, 768. Zum Tarifvertrag BAG v. 18.9.2019 – 5 AZR 240/18, NZA 2020, 174; v. 19.9.2012 – 5 AZR 627/11, NZA 2013, 101; zum Einzelvertrag BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/8, NZA 2019, 768; v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 m. Anm. Ley, BB 2010, 2439; v. 19.3.2008 – 5 AZR 429/07, NZA 2008, 757 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2008, 262310; Matthiessen, NZA 2008, 1165; von Medem, NZA 2013, 345. BAG v. 18.9.2019 – 5 AZR 240/18, NZA 2020, 174; v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939; v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701. Vorsorglicher Formulierungsvorschlag in Anm. zu M 2.1a Ziff. 10. BAG v. 16.3.2016 – 4 AZR 421/15, NZA 2016, 1154.

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Kap. 2 Rz. 93 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Inhaltlich muss zumindest zur Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist nicht nur Höhe und Zeitraum, für den der Anspruch begehrt wird, deutlich gemacht werden, sondern auch der Grund.254 Eine exakte Bezifferung ist nicht zwingend erforderlich, soweit möglich aber ratsam.255

94 Die – gegenüber den gesetzlichen Verjährungsfristen immer noch deutlich kürzeren – Ausschluss-

fristen stellen eine arbeitsrechtliche Besonderheit iSd. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB dar.256 Sie werden durch schwebende Vergleichsverhandlungen gehemmt, allerdings findet § 203 Satz 2 BGB keine entsprechende Anwendung.257

95 Für den Fristbeginn darf nicht mehr auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgestellt werden;

vielmehr ist jeweils die Fälligkeit des Anspruchs maßgebend.258 Nach aA soll aufgrund des Rechtsgedankens in § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB nicht auf die Fälligkeit, sondern auf die subjektive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers abzustellen sein.259 Das BAG legt Fälligkeit jedoch dahin aus, dass ein Anspruch erst fällig im Sinne der Ausschlussfrist ist, wenn der Gläubiger „ihn annähernd beziffern kann“260, so dass nach hier vertretener Ansicht ein Abstellen auf Fälligkeit weiterhin wirksam ist.261 Stellt die Klausel demgegenüber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab, benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam262. Seht eine Verfallklausel im Vertrag im Kontext mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, kann sie einschränkend dahin zu verstehen sein, dass auch nur Ansprüche erfasst werden, die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang stehen.263

Die Berufung auf eine Ausschlussfrist kann rechtsmissbräuchlich sein, zB wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Informationen vorenthalten hat, die diesem die Einhaltung der Ausschlussfrist ermöglicht hätten264 oder er durch Vertuschung seiner Verfehlungen eine zeitnahe Aufdeckung einzelner Vertragsverstöße verhindert hat.265

• Befristung des Vertrages266 95a Die Befristung des Vertrages unterliegt wegen der Kontrollsperre (Rz. 42, 45) als Abrede über den

unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (Leistungsbeschreibung) nicht der Inhaltskontrolle. Überraschend und damit nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam ist aber eine Probezeitbefristung, wenn sie im Vertrag nicht drucktechnisch hervorgehoben wird, die längere probezeitunabhängige 254 BAG v. 18.2.2016 – 6 AZR 628/14 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2016, 240; BAG v. 3.7.2013 – 4 AZR 476/12, FD-ArbR 2014, 355601; v. 19.8.2015 – 5 AZR 1000/13, FD-ArbR 2015, 374519 m. Anm. Günther, NZA 2006, 64. 255 Merten, FD-ArbR 2016, 378181. 256 BAG v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111. 257 BAG v. 17.4.2019 – 5 AZR 331/18, NZA 2019, 1050; v. 20.6.2018 – 5 AZR 262/17, NZA 2018, 1402 Rz. 30. 258 BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149; vgl. auch BAG v. 19.2.2014 – 5 AZR 700/12, NZA 2014, 1097 Rz. 22. 259 Lakies, ArbRAktuell 2013, 318, 320; Mengel in Hümmerich/Reufels, § 1 Rz. 1142; Reiserer/Heinz in Liebers, B. Rz. 52. 260 BAG v. 7.6.2018 – 8 AZR 96/17, NZA 2019, 44 Rz. 22; v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149; v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111. 261 So auch Fuhlrott, ArbR Aktuell 2018, 269; Roloff in FS Willemsen, 2018, S. 407, 416. 262 BAG v. 28.8.2019 – 5 AZR 425/18, EzA-SD 2019, Nr. 24, 13 Rz. 41. 263 BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 233/18, NZA 2019, 571 Rz. 41 ff. 264 BAG v. 13.10.2010 – 5 AZR 648/09, NZA 2011, 219. 265 BAG v. 28.6.2018 – 8 AZR 141/16, NZA 2019, 34 Rz. 36 ff. 266 Formulierungsvorschlag s. M 6.1.1 ff.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 96 Kap. 2

Befristung des Vertrages hingegen wohl.267 Die Vereinbarung eines Arbeitsvertrages auf unbestimmte Zeit steht einer Altersbefristung jedoch nicht entgegen, auch wenn letztere nicht hervorgehoben wird.268

• Befristung einzelner Arbeitsbedingungen269 Befristete Arbeitsbedingungen unterliegen im Grundsatz zwar nicht dem TzBfG, sondern der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB,270 allerdings kann bei erheblichem Umfang einer Erhöhung der Arbeitszeit doch eine Prüfung nach TzBfG erforderlich sein271 (dazu näher im übernächsten Absatz). Die Angabe des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag ist nicht erforderlich.272 Es findet eine „doppelte Billigkeitsprüfung“ statt: In einem ersten Schritt muss es billigem Ermessen entsprechen, dem Arbeitnehmer die geänderte (zB höher bewertete) Tätigkeit überhaupt zu übertragen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen.273 Entspricht die vorübergehende Übertragung nicht billigem Ermessen, erklärt das Gericht sie gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zur – von Anfang an oder ab einem bestimmten Zeitpunkt – Tätigkeit auf Dauer.274 Die „Entfristung“ kann nur mit einer Leistungsklage auf Abgabe eines Angebotes auf Abschluss eine unbefristeten Vertrages geltend gemacht werden.275 Bei der Abwägung ist im Rahmen befristeter Arbeitszeitregelungen das rechtlich anerkennenswerte Interesse des Arbeitnehmers an einer unbefristeten Vereinbarung des Umfangs seiner Arbeitszeit zu berücksichtigen.276 Allein die Ungewissheit über den künftigen Arbeitskräftebedarf genügt daher nicht, um ein rechtlich anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers zu begründen, die regelmäßige Arbeitszeit eines bei ihm unbefristet beschäftigten Arbeitnehmers befristet zu erhöhen. Dieses unternehmerische Risiko darf nicht auf den Arbeitnehmer verlagert werden.277 Auch darf eine zur Erprobung befristete Übertragung nicht über die für die Erprobung erforderlich Dauer hinausgehen.278 Hält die Befristung allerdings einer Prüfung nach dem TzBfG stand, so spricht dies gegen eine unangemessene Benachteiligung.279 Eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang – zB für drei Monate um 50 % oder bei einem Aufstockungsvolumen von mindestens 25 % eines entsprechenden Vollzeitarbeitsverhältnisses280 – bedarf eines sachlichen Grundes, der auch die Befristung eines gesondert im Umfang der Arbeitszeiterhöhung geschlossenen zusätzlichen Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 TzBfG recht267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279

280

BAG v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, NZA 2008, 876. BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889. Formulierungsvorschlag s. M 11.1; Einzelheiten s. auch Kap. 7 Rz. 71. BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061; v. 7.10.2015 – 7 AZR 945/13 NZA 2016, 441; v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 29. v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061; BAG v. 23.3.2016 – 7 AZR 828/13, DB 2016, 1881. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 945/13, NZA 2016, 441; v. 2.9.2009, DB 2009, 2439; Dzida, ArbRB 2012, 286. BAG v. 27.1.2016 – 4 AZR 468/14, NZA 2016, 903. BAG v. 27.1.2016 – 4 AZR 468/14, NZA 2016, 903. BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061; v. 27.1.2016 – 4 AZR 468/14, NZA 2016, 903. Zur befristeten Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit s. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 945/13, NZA 2016, 441. BAG v. 27.1.2016 – 4 AZR 468/14, NZA 2016, 903; v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40. BAG v. 24.2.2016 – 7 AZR 253/14, NZA 2016, 814. BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2018, 447; v. 7.10.2015 – 7 AZR 945/13, NZA 2016, 441; v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674; v. 2.9.2009, DB 2009, 2439; v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, NZA 2008, 229. Gleiches gilt für die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung bestimmter Vertragsbestandteile nach BAG v. 18.5.2011 – 10 AZR 206/10, NZA 2011, 1289. BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061 (dort betrug die befristete Erhöhung nur 24,67 %, da es aber um die Besetzung einer 3/4 Stelle ging, hat das BAG dies 25 % gleichgesetzt) m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2018, 447; v. 23.3.2016 – 7 AZR 828/13, DB 2016, 1881.

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Kap. 2 Rz. 96 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) fertigen würde.281 Eine befristete Verringerung der Arbeitszeit kann auch ohne Sachgrund wirksam sein, da sich nach Ablauf der Befristung des Arbeitsvolumen automatisch wieder erhöht.282 Sie kann aber eine unangemessene Benachteiligung sein, wenn dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf eine unbefristete Verringerung nach § 8 TzBfG zusteht.283

• Betriebliche Übung284 96a Zur Vermeidung einer betrieblichen Übung durch doppelte Schriftformklausel oder Regelung in Be-

triebsvereinbarungen oder Tarifverträgen s. Rz. 124, 125 sowie zu Freiwilligkeitsvorbehalten Rz. 104 ff. Eine betriebliche Übung kann nicht mehr durch eine gegenläufige betriebliche Übung aufgehoben werden285.

• Betriebsvereinbarungen 96b

Betriebsvereinbarungen unterliegen nicht der AGB-Kontrolle, wohl aber der Inhaltskontrolle nach § 75 BetrVG.286

• Betriebsvereinbarungsvorbehalt/Betriebsvereinbarungsoffenheit 96c

Nach der Rechtsprechung des ersten Senates des BAG287 und im Ergebnis auch des 5.288 und 3.289 Senates – krit. demgegenüber der 4. Senat290 – sind AGB in Arbeitsverträgen – jedoch nicht in kirchlichen Arbeitsverträgen291 – grundsätzlich betriebsvereinbarungsoffen. Die Arbeitsvertragsparteien können vertragliche Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Das kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist nicht nur bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich, sondern auch bei einzelvertraglichen Abreden. Eine solche konkludente Vereinbarung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in AGB enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Mit der Verwendung von AGB macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb normativen Regelung Anwendung finden sollen. Diese Rechtsprechung wird zT. stark kritisiert292, dürfte aber als gefestigt gelten.293 281 BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2018, 447; v. 23.3. 2016 – 7 AZR 828/13, DB 2016, 1881; v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674; krit. Biedermann, NZA-RR 2019, 345. 282 Stoffels in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, Anhang zu § 310 (Arbeitsrecht) Rz. 166. 283 BAG v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 48; Für die Befristung der Arbeitszeitverringerung bedarf es dann auch keines Sachgrundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG, BAG aaO Rz. 50. 284 Dazu Hampe/Endriß, DB 2016, 1635, 1637; Schneider, NZA 2016, 590. Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 13. 285 BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, NZA 2009, 601; dazu Bieder, DB 2009, 1929; Leder, BB 2009, 1367; Roeder, NZA 2009, 883; Schmitt-Rolfes, AuA 2009, 84; anders noch BAG v. 26.3.1997 – 10 AZR 612/96, NZA 1997, 1007; zu Fällen aus der Zeit vor der Schuldrechtsreform Bloching/Ortlof, NZA 2010, 1335. 286 BAG v. 21.2.2017 – 1 AZR 292/15, NZA 2017, 738; v. 12.4.2011 – 1 AZR 412/09, NZA 2011, 989 Rz. 20; v. 1.2.2006 – 5 AZR 187/05, NZA 2006, 563. 287 BAG v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916, 921. 288 BAG v. 25.5.2016 – 5 AZR 135/16, NZA 2016, 1327 Rz. 52. 289 BAG v. 11.12.2018 – 34 AZR 380/17, NZA 2019, 1082. 290 BAG v. 11.4.2018 – 4 AZR 119/17, NZA 2018, 1273. 291 BAG v. 11.7.2019 – 6 AZR 40/17, NZA-RR 2019, 590. 292 Preis/Ulber, RdA 2013, 211, 224; Creutzfeld, NZA 2018, 1111; Waltermann, RdA 2016, 296. 293 Vgl. BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 450/17, NZA 2019, 1065, zustimmend auch Ubber/Massig, BB 2017, 2230; Linsenmaier, RdA 2014, 336; iE. ebenso Hoffmann/Köllmann, NJW 2019, 3545; NZA 2020, 914.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 98 Kap. 2

Konsequenterweise bedarf es dann im Arbeitsvertrag einer Öffnungsklausel bzw. eines Vorbehaltes für Betriebsvereinbarungen nicht. Sollte es gleichwohl – für den Fall einer Rechtsprechungsänderung – eines solchen Vorbehaltes bedürfen, so ist nicht geklärt, ob dieser jeweils bei der Leistung gesondert aufgenommen werden muss, die diesem Vorbehalt unterstellt werden soll, oder ob er für den gesamten Vertrag aufgenommen werden kann. Letzteres ist die übliche und unseres Erachtens auch ausreichende und transparente Gestaltung.294 Anderenfalls wäre auch die Einführung zusätzlicher Regelungen durch Betriebsvereinbarung – wie vom BAG zB für eine Altersbefristung auf die gesetzliche Regelaltersgrenze ausdrücklich gebilligt295 – nicht einmal mehr über einen solchen Betriebsvereinbarungsvorbehalt möglich.

• Beweislastmodifikationen Nach § 309 Nr. 12 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insb. indem er a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder b) ihn bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Letzteres gilt jedoch nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind.

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Gem. § 309 Nr. 12b BGB sind Empfangsbekenntnisse nur wirksam, wenn sie gesondert unterschrieben sind.296 Vollständigkeitsklauseln sind hingegen nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich zulässig.297

97a

Praxistipp: Wichtig ist, dass Empfangsbekenntnisse vom übrigen Vertragstext deutlich abgesetzt298 und vom Empfänger gesondert unterschrieben werden und nicht im Allgemeinen Vertragswerk „untergehen“.

• Bezugnahmeklauseln299 Bezugnahmeklauseln können auf einen oder mehrere Tarifverträge300 verweisen und ihnen so schuldrechtliche Geltung zwischen den Arbeitsvertragsparteien verleihen.301 Dadurch werden auch Arbeitnehmer an den Tarifvertrag gebunden, für die er mangels Mitgliedschaft in der vertragsschließenden Gewerkschaft nicht kollektivrechtlich gilt.302 294 Vgl. auch Krieger/Arnold/Zeh, NZA 2020, 81, 82. 295 BAG v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916, 921. 296 OLG Schl.-Holst.v. 5.11.2013 – 5 U 86/13, juris Rz. 24. Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageverzichts BAG v. 20.6.1985 – 2 AZR 427/84, NZA 1986, 258: Die Erklärung „Ich erhebe gegen die Kündigung keine Einwendungen und werde meine Rechte, das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen, nicht wahrnehmen oder eine mit diesem Ziel erhobene Klage nicht durchführen“, reicht aus, nicht aber „Ich erkläre hiermit, dass mir aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Ansprüche mehr zustehen“, BAG v. 3.5.1979 – 2 AZR 679/77, DB 1979, 1465 = EzA KSchG § 4 Nr. 15 m. Anm. Heckelmann. 297 BGH v. 19.6.1985 – VIII ZR 238/84, NJW 1985, 2329, 2331; aA. Stoffels in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, Anhang zu § 310 (Arbeitsrecht) Rz. 123, 210 mwN. 298 LG Hamburg v. 26.3.2013 – 312 O 170/12, juris Rz. 69; OLG Hamburg v. 5.9.1986, ZIP 1986, 1260; vgl. zu überraschenden Klauseln bereits Rz. 21 f. 299 Einzelheiten und Formulierungsvorschläge zu Bezugnahmeklauseln bei M 2.2 Ziff. 5 m. Anm. 300 Auch unwirksame Tarifverträge können in Bezug genommen werden, BAG v. 30.8.2017 – 4 AZR 443/ 15, NZA 2018, 363 m. Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2018, 157. 301 Zur konstitutiven Wirkung der Bezugnahme auf einen Tarifvertrag bei tarifgebundenen Arbeitnehmern BAG v. 19.3.2003 – 4 AZR 331/02, NZA 2003, 1207; v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364 m. Anm. Haußmann, FD-ArbR 2007, 240797. Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen können hingegen nur kraft Bezugnahme Anwendung finden, BAG v. 24.5.2019 – 6 AZR 308/17, NZA 2019, 166; v. 24.2.2011 – 6 AZR 719/09, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 59. 302 Umgekehrt kann die Anwendbarkeit des Tarifvertrages nicht davon abhängig gemacht werden, dass Arbeitnehmer diesen einzelvertraglich nachvollziehen, BAG v. 13.5.2020 – 4 AZR 489/19, juris, Anm. Haußmann, FD-ArbR 2020, 429537.

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Kap. 2 Rz. 98 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Tarifverträge unterliegen selbst nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB.303 Nimmt der Formularvertrag daher in vollem Umfang auf einen sachlich und räumlich einschlägigen Tarifvertrag Bezug, ist der Tarifvertrag insoweit ebenfalls der Inhaltskontrolle entzogen.304 Umstritten ist dies jedoch bei Verweisungen auf branchenfremde Tarifverträge oder lediglich auf Teile von Tarifverträgen. Nach wohl herrschender Meinung sind die §§ 305 ff. BGB in diesen Fällen anwendbar, es sei denn, es wird auf ein in sich geschlossenes Regelungssystem des einschlägigen Tarifvertrages verwiesen.305 Auch bei vollständiger Inbezugnahme des einschlägigen Tarifwerkes wird die Bezugnahmeklausel vom BAG vorwiegend306 an der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB gemessen. Zweifel gehen dabei zu Lasten des Arbeitgebers als Verwender.307 In der Regel sind Bezugnahmeklauseln nicht überraschend gem. § 305 c Abs. 1 BGB.308 Enthält der Arbeitsvertrag, der pauschal auf einen Tarifvertrag Bezug nimmt, eine ausdrückliche Regelung, die von der pauschal in Bezug genommenen tariflichen Bestimmung abweicht, ist die arbeitsvertragliche Regelung jedenfalls bei nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern grundsätzlich vorrangig.309 Ist der Tarifvertrag jedoch kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbar, gilt nach dem Günstigkeitsprinzip die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung, § 4 Abs. 3 TVG.310 Die Günstigkeit ist anhand eines Sachgruppenvergleiches objektiv bezogen auf die abstrakte Regelung zu beurteilen. Die Arbeitszeit und das hierfür zu zahlende Arbeitsentgelt stellen dabei aufgrund des engen inneren sachlichen Zusammenhangs eine Sachgruppe dar.311

99 Nach ihrer Wirkungsweise ist zu unterscheiden zwischen statischen, kleinen dynamischen und großen dynamischen bzw. Tarifwechselklauseln.

Statische Bezugnahmeklauseln verweisen auf einen bestimmten Tarifvertrag in einer bestimmten Fassung. Aufgrund der Unklarheitenregel wurde die Formulierung „Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung“ mit Bezeichnung einer Tarifgruppe eines Gehaltstarifvertrages und Nennung des konkreten Gehaltsbetrags hinsichtlich ihrer Dynamik als unklar und damit zu Lasten des Arbeitgebers als dynamische Verweisung angesehen.312 Dynamische Bezugnahmeklauseln verweisen auf einen bestimmten Tarifvertrag oder ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung („kleine dynamische Klausel“)313 oder auf den jeweils für 303 BAG v. 3.7.2019 – 10 AZR 300/18, NZA 2019, 1440. 304 BAG v. 3.7.2019 – 10 AZR 300/18, NZA 2019, 1440; v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875; v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, NJW-Spezial 2007, 483; vgl. auch Reinecke, BB 2005, 378; einschränkend für Tarifverträge, die nach der Wiedereinführung der Tarifeinheit durch § 4a TVG auf den Mehrheitstarifvertrag verweisen Greiner, NZA 2015, 769, 777. 305 BAG v. 6.5.2009, NZA-RR 2009, 593. 306 So der 4. und 5. Senat (BAG v. 14.11.2012 – 5 AZR 107/11; v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965); anders wohl der 6. Senat, der die Unklarheitenregel nicht anwendet, weil sich die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht eindeutig beantworten ließe (BAG v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/ 07, NZA 2009, 154). 307 BAG v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202; ebenso BAG v. 13.5.2015 – 4 AZR 244/14, NZARR 2016, 6 Rz. 26. 308 BAG v. 26.9.2018 – 7 AZR 797/16, AP Nr. 150 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2019, 126. 309 BAG v. 20.1.2015, NZA-RR 2015, 399 Rz. 17; v. 13.3.2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, 680 Rz. 40. 310 Vgl. nur BAG v. 20.10.2015 – 9 AZR 655/14, juris Rz. 20; v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13, NZA 2015, 1274 Rz. 28.; wohl auch v. 23.3.2017 – 6 AZR 705/15, NZA 2017, 773 Rz. 16, siehe dort aber den pauschal formulierten zweiten Orientierungssatz. 311 BAG v. 22.8.2018 – 5 AZR 551/17, NZA 2019, 51 Rz. 14 f.; v. 15.4.2015 – 4 AZR 587/13, NZA 2015, 1274 Rz. 28 ff. 312 BAG v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202. 313 Vgl. M 2.2 Ziff. 5 Var. 2. Nicht erforderlich ist die sog. „Jeweiligkeitsklausel“, solange sich aus anderen Umständen ergibt, dass eine dynamische Verweisung gewollt ist (BAG v. 20.4.2012 – 9 AZR 504/10,

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 99a Kap. 2

den Arbeitgeber geltenden Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung („große dynamische“ bzw. nach der neueren Terminologie des BAG „Tarifwechselklausel“).314 Ist der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses eines formularmäßigen Arbeitsvertrages tarifgebunden,315 legt das BAG solche Klauseln in vor dem 1.1.2002 geschlossenen Verträgen (Altverträgen) in ständiger Rechtsprechung als Gleichstellungsabrede aus.316 Das gilt für Verträge, die zwar vor diesem Datum geschlossen, aber danach geändert wurden, nur, wenn die Bezugnahmeklausel bei der Änderung nicht zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht wurde.317 Lautet die Klausel daher „Alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag vom … bleiben unberührt“318, oder „Die Parteien sind sich einig, dass der … Arbeitsvertrag … wie folgt geändert wird. Dabei nicht genannte Regelungen gelten weiter“319 oder – als Folge einer Änderungskündigung mit Neueinstufung – „alle übrigen Vertragsbedingungen bleiben unverändert“320, so handelt es sich nach der Rechtsprechung des BAG um einen Neuvertrag, bei der Klausel „Des Weiteren bleibt es bei den bisherigen Arbeitsbedingungen“ hingegen um einen Altvertrag. Unterzeichnet der Arbeitgeber ein Schreiben mit Informationen zur Anwendung von Tarifverträgen und bittet um Gegenzeichnung, so soll das wiederum auf einen Neuvertrag hindeuten.321 Wegen dieses Risikos empfiehlt es sich, derartige Klauseln zur Fortgeltung aller übrigen Regelungen des Arbeitsvertrages nicht mehr aufzunehmen.322 Die Gleichstellungsabrede bewirkt, dass nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer gleich behandelt werden wie organisierte Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung

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317 318 319 320 321 322

NZA 2012, 982 m. Anm. Göpfert, ArbRAktuell 2012, 403). Die Bezugnahme auf den BAT ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung als Bezugnahme auf den TVöD bzw. TV-L anzusehen (BAG v. 24.8. 2011 – 4 AZR 683/09, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 94; v. 18.5.2011 – 5 AZR 213/09, NJOZ 2011, 1587; v. 25.8.2010 – 4 AZR 14/09, NZA-RR 2011, 248; v. 19.5.2010 – 4 AZR 796/08, NZA 2010, 1183). Zur Auslegung einer dynamischen Bezugnahmeklausel bei Nichtfortschreibung des in Bezug genommenen Regelwerkes BAG v. 16.6.2010 – 4 AZR 944/08, NJOZ 2011, 63. Dynamische Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen kirchlicher Arbeitnehmer sind regelmäßig dahin auszulegen, dass das gesamte kirchenrechtliche System der Arbeitsrechtsetzung erfasst werden soll. Zu ihm gehören auch alle Verfahrensordnungen und die daraus hervorgegangenen Beschlüsse arbeitsrechtlicher Kommissionen, Unter- oder Regionalkommissionen, die auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommen sind, BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 217/11, NZA 2012, 1440. Die Verweisung umfasst zudem regelmäßig die Vereinbarung der Geltung des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts und der auf dessen Grundlage abgeschlossenen Dienstvereinbarungen, wenn das in Bezug genommene Regelwerk von der Anwendbarkeit des kollektiven kirchlichen Arbeitsrechts ausgeht, BAG v. 22.3.2018 – 6 AZR 835/ 16, NZA 2018, 1350. Vgl. M 2.2 Ziff. 5 Var. 3 und 4. BAG v. 22.10.2008 – 4 AZR 793/07, NZA 2009, 323; v. 21.10.2009 – 4 AZR 396/08, NZA-RR 2010, 361; zusätzliche Allgemeinverbindlicherklärung des TV ist unbeachtlich, vgl. BAG v. 27.1.2010 – 4 AZR 570/08, NJOZ 2010, 1948. BAG v. 23.2.2011 – 4 AZR 536/09, NZA-RR 2011, 510 m. Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2011, 277; v. 10.12.2008 – 4 AZR 881/07, NZA-RR 2009, 537; v. 23.1.2008 – 4 AZR 602/06, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63; v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607. Es gibt keine zeitliche Begrenzung dieses Vertrauensschutzes, BAG v. 14.12.2011 – 4 AZR 79/10, DB 2012, 1211. Das gilt auch, wenn die Bezugnahme nur Teile eines Tarifvertrages erfasst BAG v. 11.12.2013 – 4 AZR 473/12, NZA 2014, 900. BAG v. 8.7.2015 – 4 AZR 51/14, NZA 2015, 1462; v. 24.2.2010 – 4 AZR 691/08, NZA-RR 2010, 530 m. Anm. Lipinski/Hund, BB 2011, 511 und Haußmann, ArbRAktuell 2010, 373; v. 18.11.2009 – 4 AZR 514/08, NZA 2010, 170, 172. BAG v. 13.5.2015 – 4 AZR 244/14, NZA-RR 2016, 6 Rz. 26; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173. BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 151/15, NZA 2018, 1204. BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 208/17, NZA 2018, 1264 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2018, 479. BAG v. 3.7.2019 – 4 AZR 312/18, NZA 2019, 1592; Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2019, 559; Wypych, DB 2020, 456. Hexel, DB 2016, 417; Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978, 980.

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Kap. 2 Rz. 99a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) gilt.323 Das bedeutet für die kleine dynamische Klausel, soweit sie bis zum 31.12.2001 vereinbart wurde: Endet die Tarifbindung des Arbeitgebers zB durch Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber oder durch Verbandsaustritt, so gilt der Tarifvertrag gem. dem Modell von § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. § 4 Abs. 5 TVG nach diesem Ereignis auch für nicht organisierte Arbeitnehmer nur noch statisch fort.324 Soweit Tariferhöhungen325 oder ein Lebensaltersstufenaufstieg326 allerdings bereits vor dem Wegfall der Tarifbindung im Tarifvertrag vereinbart waren, gelten sie weiter. Der Gleichstellungszweck geht aber nicht so weit, dass bei einem Tarifwechsel des Arbeitgebers automatisch der neue Tarifvertrag in Bezug genommen wird; dazu bedarf es vielmehr besonderer Anhaltspunkte.327 Fehlen sie, so beschränkt sich die Gleichstellungsabrede auf das in Bezug genommene Tarifwerk.328 Für nach dem 31.12.2001 vereinbarte kleine dynamische Klauseln gilt diese Auslegung als Gleichstellungsabrede nicht mehr, wenn sich weder im Vertragswortlaut noch in den Begleitumständen des Vertragsschlusses ein Anhaltspunkt für den Gleichstellungszweck der Klausel findet.329 Der 4. Senat330 begründet dies mit der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB), dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 BGB).331 Sofern ein etwaiger Gleichstellungszweck in der Klausel nicht ausdrücklich geregelt ist, bleibt der in Bezug genommene Tarifvertrag auch nach Beendigung der Tarifbindung des Arbeitgebers dynamisch anwendbar, und zwar für organisierte wie für nicht organisierte Arbeitnehmer (sog. „unbedingte zeitdynamische Verweisung“332). 323 Einschränkend BAG v. 16.7.2011 – 4 AZR 706/09, NZA 2012, 100, 105 f. 324 BAG v. 24.2.2016 – 4 AZR 990/13, NZA 2016, 557; v. 13.5.2015 – 4 AZR 244/14, NZA-RR 2016, 6; v. 19.10.2011 – 4 AZR 811/09, DB 2011, 2783; v. 23.2.2011 – 4 AZR 536/09, NZA-RR 2011, 510 m. Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2011, 277. Einzelheiten bei Lingemann, FS ARGE Arbeitsrecht im DAV, 2006, S. 71 ff.; Jacobs, BB 2011, 2037. 325 BAG v. 19.9.2007 – 4 AZR 711/06, NZA 2008, 241. 326 BAG v. 14.11.2007 – 4 AZR 828/06, NZA 2008, 420. 327 BAG v. 12.12.2018 – 4 AZR 123/18, NZA 2019, 543; v. 16.5.2012 – 4 AZR 290/10, ZTR 2012, 707; v. 22.2.2012 – 4 AZR 579/10, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 110 m. Anm. Salamon, ArbR 2012, 435; v. 16.7.2011 – 4 AZR 706/09, NZA 2012, 100; v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07, NZA 2009, 151; v. 15.4.2008 – 9 AZR 159/07, NZA-RR 2008, 586; v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364 m. Anm. Haußmann, FD-ArbR 2007, 240797. 328 BAG v. 16.7.2011 – 4 AZR 706/09, NZA 2012, 100; v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07, NZA 2009, 151; v. 15.4.2008 – 9 AZR 159/07, NZA-RR 2008, 586; v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364 m. Anm. Haußmann, FD-ArbR 2007, 240797. 329 BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 151/15, NZA 2018, 1204; v. 27.3.2018 – 4 AZR 208/17, NZA 2018, 1264; v. 14.12.2011 – 4 AZR 179/10, juris Rz. 21, st. Rspr.; v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607 (Ankündigung der Rechtsprechungsänderung). 330 BAG v. 9.5.2007 – 4 AZR 319/06, DB 2008, 874. 331 Überraschend sind nach Auffassung des 6. Senats dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge nicht, wenn sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweisen und diese vollständig in Bezug nehmen oder übernommen werden, BAG v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154. Der Senat sieht dynamische Verweisungen auf das jeweils gültige Tarifrecht auch nicht als unklar an, weil die im Zeitpunkt der jeweiligen Tarifbindung geltenden in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind; ein Verstoß gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheidet daher gleichfalls aus, BAG v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154. Bei Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag kann jedoch Intransparenz vorliegen, ArbG Lübeck v. 15.3.2011 – 3 Ca 3147/10; aA Gaul/ Koehler, ArbRB 2011, 309. 332 BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 151/15, NZA 2018, 1204; v. 27.3.2018 – 4 AZR 208/17, NZA 2018, 1264; v. 30.8.2017 – 4 AZR 95/14, NZA 2018, 255 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 459; v. 22.4.2009 – 4 ABR 14/08, BB 2010, 963; Einzelheiten und Formulierungsvorschläge in M 2.2 bei Ziff. 5. Dies gilt auch im Falle eines Betriebsübergangs (vgl. BAG v. 17.11.2010 – 4 AZR 403/09, juris; v. 24.2.2010 – 4 AZR 691/08, NZA-RR 2010, 530 m. Anm. Lipinski/Hund, BB 2011, 511 und Haußmann, ArbRAktuell 2010, 373; v. 21.10.2009 – 4 AZR 396/08, BB 2010, 2245 m. Anm. Heuchemer/Kloft); die dyna-

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Die Bezugnahmeklausel erfasst dann allerdings nach bisheriger Rechtsprechung auch für den Arbeitnehmer ungünstige Sanierungstarifverträge.333 Das soll allerdings nicht mehr für Haustarifverträge gelten, wenn die Klausel nur auf konkret bezeichnete Flächentarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung verweist,334 möglicherweise aber wohl für flächenbezogene Verbandstarifverträge.335 Soll nach einem Verbandswechsel oder Betriebsübergang der dann normativ anwendbare Tarifvertrag auch kraft Bezugnahme für das Arbeitsverhältnis gelten, muss dies in der Bezugnahmeklausel klar zum Ausdruck kommen, sie muss für diesen Fall als Tarifwechselklausel (Rz. 99b) ausgestaltet sein.336 Die Kontroverse nach der „Alemo-Herron“-Entscheidung des EuGH337 ist dahin entschieden, dass diese Rechtsprechung mit Europarecht vereinbar ist.338 Auch Tarifwechselklauseln aus der Zeit ab dem 1.1.2002 werden eng nach ihrem Wortlaut ausgelegt. Dabei ergeben sich die Rechtsfolgen eines Tarifwechsels, nämlich die Geltung der dann normativ anwendbaren Tarifverträge, aus der Regelung, dass die für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.339 Soll bei Beendigung der Tarifbindung die Dynamik der Tarifverträge insgesamt nach dem Modell von § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. § 4 Abs. 5 TVG beendet werden, sollte das zusätzlich festgehalten werden.340

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Gegenstand der Bezugnahme kann auch ein Haustarifvertrag sein. Wird mit dem Haustarifvertrag dynamisch lediglich die Geltung des Verbandstarifvertrages anerkannt (Anerkennungstarifvertrag), so endet die dynamische Anwendbarkeit des Verbandstarifvertrages in dem Zeitpunkt, ab dem der Anerkennungstarifvertrag – zB wegen Kündigung des Anerkennungstarifvertrages und Ablauf der Kündigungsfrist – nur noch nachwirkt.341

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Gegenstand der Bezugnahme sind häufig auch allgemeine Regelungswerke des Arbeitgebers, namentlich Arbeitsordnungen. In einer dynamischen Bezugnahmeklausel auf ein solches Werk in seiner jeweiligen Fassung sieht das BAG ein einseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers, welches den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 308 Nr. 4 BGB benachteiligt, wenn es Verschlechterungen ermöglichen soll, für die in der Klausel oder der darin in Bezug genommenen Regelung aber keiner-

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333 334 335 336 337 338 339 340 341

mische Weitergeltung des Tarifvertrages verletzt die negative Koalitionsfreiheit des Betriebserwerbers nicht (BAG v. 21.10.2009 – 4 AZR 396/08, NZA-RR 2010, 361). Zur Betriebsvereinbarungsoffenheit (vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Rz. 96c, „Betriebsvereinbarungsvorbehalt/Betriebsvereinbarungsoffenheit“) als möglichen Ausweg aus dieser Ewigkeitsbindung Ubber/Massig, BB 2017, 2230. In diese Richtung BAG v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154; vgl. auch v. 23.2.2011 – 4 AZR 439/09, AP BGB § 133 Nr. 60. BAG v. 12.12.2018 – 4 AZR 123/18, NZA 2019, 543; v. 16.5.2018 – 4 AZR 209/15, NZA 2018, 1489; v. 11.7.2018 – 4 AZR 533/17, NZA 2018, 1486; sehr kritisch zu dieser „Sanierungsmisere“ zu Recht Greiner/Vitt, BB 2020, 821. BAG v. 11.7.2018 – 4 AZR 370/17, NZA 2018, 1626; dazu Greiner/Vitt, BB 2020, 821. Vgl. BAG v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07, NZA 2009, 151; v. 15.4.2008 – 9 AZR 159/07, NZA-RR 2008, 586; v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364 m. Anm. Haußmann, FD-ArbR 2007, 240797; Schwarz/Ziegler, BB 2010, 1021; Einzelheiten und Formulierungsvorschläge in M 2.2 bei Ziff. 5. EuGH v. 18.7.2013 – C-426/11, NZA 2013, 835 – Alemo-Herron m. Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2013, 469. EuGH v. 24.7.2017 – C-680/15, BB 2017, 1150; BAG v. 30.8.2017 – 4 AZR 95/14, NZA 2018, 255 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 459; Busch/Gerlach, BB 2017, 2356. So die Formulierung in BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2013, 267; Haußmann, DB 2013, 1359. Einzelheiten insb. bei M 2.2 Ziff. 5 Var. 4 unter 2 b). BAG v. 22.3.2017 – 4 AZR 462/16, NZA 2017, 587.

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Kap. 2 Rz. 99d | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) lei Gründe genannt oder erkennbar sind.342 Denn ähnlich wie beim Widerrufsvorbehalt muss der Arbeitnehmer erkennen können, was auf ihn zukommt.343 Anders ist dies allerdings bei dynamischer Bezugnahme auf Versorgungsrichtlinien einer Unterstützungskasse. Hier müssen die Arbeitnehmer schon aufgrund des Ausschlusses eines Rechtsanspruchs stets mit einer Änderung auch zu ihren Lasten rechnen; der Ausschluss des Rechtsanspruchs begründet ein Widerrufsrecht, das jedoch an sachliche Gründe gebunden ist.344 Dynamische Verweisungen auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen begründen kein einseitiges Änderungsrecht des Arbeitgebers – die Dynamik hängt vielmehr von einer Änderung der in Bezug genommenen Vereinbarungen ab, solche Verweisungen sind daher nicht nach den vorstehenden Grundsätzen AGB-widrig.345

• Bindungsklauseln 100 Unter Bindungsklauseln versteht man Stichtags- und Rückzahlungsklauseln. Stichtagsklauseln sind

Regelungen, nach denen die Leistung einer Sonderzahlung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag) noch im Arbeitsverhältnis steht.346 Rückzahlungsklauseln hingegen verpflichten den Arbeitnehmer, erhaltene Sonderzahlungen zurückzuzahlen, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt ausscheidet.347 Bindungsklauseln dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen, insb. ihn nicht in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG behindern; sie unterliegen insoweit – anders als Bindungsklauseln in Tarifverträgen348 oder Betriebsvereinbarungen349 – einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB.350 (1) Stichtagsklauseln

100a Bei der Zulässigkeit von Stichtagsklauseln ist zu unterscheiden zwischen solchen, die eine Leistung

betreffen, die keinerlei Entgeltcharakter hat, sondern ausschließlich vergangene oder künftige Betriebstreue honoriert einerseits, und solchen, die Entgeltcharakter haben andererseits, weil sie ausschließlich oder zumindest auch (Leistungen mit Mischcharakter) die Vergütung von Leistungen betreffen.351 Bei Leistungen ohne jeden Entgeltcharakter (Gratifikationen) gilt Folgendes: Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit, sondern anderen Zwecken, und knüpft sie nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, kann ihre Zahlung von der Erbringung einer angemessenen Betriebstreue abhängig gemacht werden. Weihnachtsgratifikationen, Urlaubsgelder,352 Abschluss342 BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; so auch BAG v. 24.2.2011 – 6 AZR 719/09, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 59, wobei die Unwirksamkeit der Jeweiligkeitsklausel nicht insgesamt die Unwirksamkeit der Bezugnahme begründen soll, da die Verweisungsklausel teilbar sei; vgl. hierzu auch Straube/Klagges, ArbRAktuell 2011, 421. 343 BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428. Anders bei kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind, BAG v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, NZA 2011, 634; v. 18.11.2009 – 4 AZR 493/08, NZA 2010, 599. 344 BAG v. 16.2.2010 – 3 AZR 181/08, NZA 2011, 42. 345 Vgl. BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 37. 346 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221. 347 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221. 348 BAG v. 3.7.2019 – 10 AZR 300/18, NZA 2019, 1440. 349 LAG Berlin-Brandenburg v. 29.1.2020 – 4 Sa 1456/19, ArbRAktuell 2020, 13020. 350 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221. 351 Vgl. zum Ganzen Baeck/Winzer, NZG 2012, 657 ff. 352 BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 513; v. 3.10. 1963, DB 1963, 1683.

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und Treueprämien353 oder Jubiläumszuwendungen354 können daher von Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln erfasst werden.355 Eine Weihnachtsgratifikation, die an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft und nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient, kann folglich vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden, ohne dass danach differenziert werden muss, wer die Kündigung ausgesprochen hat und ob sie auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen.356 Bei solchen Gratifikationen sind Stichtage wohl auch außerhalb des Bezugszeitraums zulässig.357 Dafür spricht insb. die Entscheidung des BAG v. 16.1.2013.358 Dort war Stichtag für eine Ermessensgratifikation (dazu im Einzelnen Rz. 101) der 31.3. des Folgejahres (zum Wortlaut M 12.15.2). Das BAG hat in der Begründung (Rz. 14) ausdrücklich diesen Stichtag herangezogen, ohne ihn zu monieren. Allerdings dürfen die zulässigen Bindungsfristen (dazu im Einzelnen Rz. 100h) nicht überschritten werden. Bei der Abgrenzung, welche Leistungen zumindest auch Entgeltcharakter haben, versteht der 10. Senat des BAG den Begriff des Entgelts weit: Knüpft die Sonderzuwendung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele an, so handelt es sich um Entgelt. Schädlich soll sogar schon die Formulierung sein: „Als Dank für bisherigen persönlichen Einsatz und zugleich als ein Stück Motivation … zahlen wir eine Weihnachtsgratifikation“, weil mit dem Bestandteil „Dank für den persönlichen Einsatz“ auch ein Vergütungselement genannt sei, so dass es sich um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter handele.359 Vorsicht ist also selbst bei bisher üblichen Nettigkeiten in Form von Dankesformeln geboten. Ein Vergütungselement soll auch bereits vorliegen, wenn die Ziele nicht an die persönliche Leistung des Arbeitnehmers, sondern an das Betriebsergebnis anknüpfen.360 Auch eine Regelung zur pro rata Zahlung bei unterjährigen Eintritt oder Ausscheiden belegt Vergütungscharakter.361 Gratifikationscharakter können zudem nur solche Sonderzuwendungen haben, die keinen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung ausmachen, sich also im üblichen Rahmen reiner Treue- und Weihnachtsgratifikationen bewegen.362 Wo die Grenze zu ziehen ist, hat das BAG nicht eindeutig entschieden. In einer früheren Entscheidung ist das BAG bei Prüfung der Wirksamkeit einer Stichtagsklausel für einen Retentionbonus auf die Höhe der Bonuszahlung, die im konkreten Fall etwa 60 % der Gesamtjahresvergütung ausmachte, nicht eingegangen.363 In einer neueren Entscheidung wertete das BAG hingegen eine Sondervergütung, die rund 15 % der Jahresgesamtvergütung ausmachte und zusätzlich zum Weihnachtsgeld gezahlt wurde, als einen „nicht unwesentlichen Teil“ der Gesamtvergütung, der nicht Gegenstand einer Stichtagsklausel sein könne.364 Demnach liegt die Grenze nunmehr bei oder sogar unter 15 % der Gesamtvergütung.365 Aufgrund der unklaren Rechtslage ist es ratsam, die Rückzahlungspflicht bzw. die Bindungswirkung auf weniger als 15 % der Gesamtjahresvergütung zu begrenzen oder zur weiteren Verminderung des Risikos auf eine Mo353 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221. 354 LAG Köln v. 14.5.1993, LAGE § 611 BGB Gratifikation Nr. 19. 355 Einzelheiten s. Rz. 40; zur – hiervon klar zu unterscheidenden – Rückzahlung von Fortbildungskosten s. Kap. 8 Rz. 12 ff. 356 BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 513; v. 18.1. 2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 62 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221. 357 Dafür auch Baeck/Winzer, NZG 2012, 657, 658. 358 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. 359 BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368. 360 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249. 361 BAG v. 27.6.2018 – 10 AZR 290/17, NZA 2018, 1344. 362 Einzelheiten zu diesen Voraussetzungen bei Einf. Rz. 100b; BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249; v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221; Baeck/Winzer, NZG 2012, 657, 658. 363 BAG v. 6.5.2009 – 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783. 364 BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 Rz. 25. 365 BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 Rz. 25; in Richtung 25 % noch BAG v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40; gegen eine Beschränkung auch Lingemann/Gotham, NZA 2008, 509; Leder, RdA 2010, 93, 98 f. sowie Salamon, NZA 2011, 1328.

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Kap. 2 Rz. 100b | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) natsvergütung, um sich im „üblichen Rahmen reiner Treue- und Weihnachtsgratifikationen“ zu bewegen.366 Diese Rechtsprechung ist abzulehnen. Gerade eine hohe Leistung des Arbeitgebers rechtfertigt auch eine lange Bindungsdauer. Dieses Prinzip liegt zutreffend auch der bisherigen Staffelung zulässiger Bindungen bei Rückzahlungsklauseln je nach Höhe der Gratifikation zugrunde (dazu Rz. 100h). Es ist ein Wertungswiderspruch, wenn eine hohe Leistung geschuldet ist – weil als Vergütung anzusehen – obwohl der Arbeitnehmer vor dem Stichtag ausscheidet, eine niedrige Leistung hingegen – weil als Gratifikation anzusehen – nicht. Die richtige Wertung wäre genau umgekehrt: je höher die Leistung, desto länger die dafür zumutbare Bindung. Schließlich muss sich der Gratifikationscharakter nach der Rechtsprechung des BAG auch noch deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben.367

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Für Leistungen mit Mischcharakter oder reinem Vergütungscharakter – das BAG behandelt beide nunmehr gleich368 – gilt Folgendes: Sie dürfen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb369 oder innerhalb370 des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden. In der Entscheidung vom 13.11.2013 erklärte der 10. Senat des BAG eine Stichtagsklausel, die den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum 31.12. voraussetzte, für unwirksam, da das Arbeitsverhältnis damit zwangsläufig außerhalb des Bezugszeitraums fortbesteht.371 Auch eine Klausel, die allein den (ggf. gekündigten) Bestand voraussetzt, sei unwirksam.372 Denn sobald die Sonderzahlung zumindest auch Gegenleistung einer Arbeitsleistung sei, habe der Bestand des Arbeitsverhältnisses auf den Wert der Leistung keinen Einfluss.373 Ob auch solche Sonderzahlungen an Stichtage gebunden werden können, die allein vom Unternehmenserfolg zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängen, bleibt offen.374 Möglicherweise ist das zulässig und die Sonderzahlung wäre anteilig um 1/12 zu kürzen für jeden Monat, in dem das Arbeitsverhältnis noch nicht bestand oder nicht mehr besteht.375 (2) Halteprämien

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Besonderheiten gelten für Halteprämien („Retention Boni“). Mit ihnen möchte der Arbeitgeber zukünftige Betriebstreue honorieren und dem Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz für den Verbleib 366 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620; Baeck/Winzer, NZG 2012, 657, 658. 367 BAG v. 27.6.2018 – 10 AZR 290/17, NZA 2018, 1344; v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249. 368 BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2013, 597; v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249. 369 BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334 Rz. 22 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 404; v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 Rz. 15; v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249. Tarifvertraglich hingegen darf auch bei Vergütungsbestandteilen eine Rückzahlungsverpflichtung bei Ausscheiden bis zum 31. März des Folgejahres vereinbart werden, BAG v. 27.6.2018 – 10 AZR 290/17, NZA 2018, 1344; Einzelheiten zur abweichenden Rechtslage bei Tarifverträgen bei Sura, DB 2019, 847. 370 BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992, Rz. 15; v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2013, 597. 371 BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 Rz. 21. 372 BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 Rz. 28. 373 BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 Rz. 15. 374 BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 Rz. 32; für einen solchen Gestaltungsspielraum Dzida/Klopp, ArbRB 2014, 149, 151; Freckmann/Grillo, BB 2014, 1914, 1916; Heins/Leder, NZA 2014, 520, 521 ff. 375 Lakies, DB 2014, 659, 661.

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im Arbeitsverhältnis setzen. Häufig werden Halteprämien in der Krise oder im Vorfeld einer Unternehmenstransaktion oder Betriebsänderung ausgelobt, um begehrte Fachkräfte an Bord zu halten. Auch hier ist eine Stichtagsregelung nur wirksam, wenn die Halteprämie allein für den Verbleib des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis gezahlt wird.376 Die Halteprämie darf also kein (verkapptes) Arbeitsentgelt darstellen und daher nicht zusätzlich an das Erreichen bestimmter qualitativer oder quantitativer Ziele anknüpfen.377 Folgende Klausel hat der 6. Senat im Jahr 2013 als wirksam angesehen: (Zusage im Jahr 2008:) „Sehr geehrte Frau …, wir freuen uns, dass wir Ihnen zum 30.9.2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von […] EUR brutto zusagen können. Die Auszahlung des Betrages setzt voraus, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit der Q. AG nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt mit der nächsten Gehaltsabrechnung.“378 Gerade Halteprämien werden allerdings oft an Führungskräfte in einer Höhe gezahlt, die deutlich mehr als nur einen unwesentlichen Teil der Vergütung ausmacht. Dass auch hier bestimmte Obergrenzen gelten, hat die Rechtsprechung noch nicht entschieden.379 Bisher hat der 6. Senat des BAG den Treuezweck einer Halteprämie auch bei hohen Summen nicht in Zweifel gezogen: Dies gilt zB für drei Halteprämien, die jeweils etwa einem Drittel des Jahresfixgehalts entsprachen, die für einen Verbleib im Arbeitsverhältnis mit dem insolvenzgefährdeten Arbeitgeber für jeweils zusätzliche vier Monate gezahlt wurden.380 Zu Recht, denn die besondere Betriebstreue erfordert auch eine besondere Belohnung. Auch hier wird im Übrigen deutlich, dass es nicht sachgerecht ist, den Vergütungszweck daran festzumachen, ob die Sonderzahlung einen wesentlichen oder unwesentlichen Teil der Vergütung ausmacht. Je höher der Retention Bonus ist, desto höher muss auch die zulässige Bindungsdauer sein. (3) Differenzierung nach Beendigungsgründen Jedenfalls soweit eine Sonderzahlung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient, muss eine Stichtagsregelung innerhalb des Bezugszeitraumes nicht mehr nach Beendigungsgründen differenzieren (Rz. 100a).381 Ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Stichtagen außerhalb des Bezugszeitraums eine Rolle spielt, ist hingegen offen. Zu Ausbildungskosten hatte das BAG bereits entschieden, dass Rückzahlungsklauseln den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungsund Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind.382 Danach wäre eine Rückzahlungsklausel und eine Stichtagsklausel bei reinen Gratifikationen außerhalb des Bezugszeitraumes ohne Differenzierung nach dem Grund des Ausscheidens möglicherweise unwirksam, bei einer entsprechenden Differenzierung dürfte sie jedoch wirksam sein.383 Daher sollte bei diesen Gestaltungen im Formu376 BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 980/11, AP InsO § 133 Nr. 1 Rz. 27; v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 Rz. 28 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249; v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 Rz. 14. 377 BAG v. 14.11.2012 – 10 AZR 3/12, NZA 2013, 327 Rz. 20; v. 12.9.2013 – 6 AZR 980/11, AP InsO § 133 Nr. 1 Rz. 27. 378 Vgl. BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 913/11, AP InsO § 134 Nr. 1 Rz. 6. 379 Dies mag daran liegen, dass der überwiegende Teil der Entscheidungen zu Halteprämien aus insolvenzrechtlichem Kontext stammt und vom 6. Senat des BAG entschieden wurde, während in sonstigen Fällen der 10. Senat über Fragen der Stichtagsklauseln entscheidet. 380 BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 980/11, AP InsO § 133 Nr. 1 Rz. 27. 381 BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136; v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221. 382 BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738; vgl. auch Lingemann/Kiecza, ArbRAktuell 2009, 156; Jesgarzewski, BB 2011, 1594 sowie Kap. 8 Rz. 20. 383 In der Entscheidung v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180 hat das BAG jedenfalls eine Bindung zum 31.3. des Folgejahres bei einer Ermessengratifikation akzeptiert, sofern als Grund für die Beendigung eine Kündigung des Arbeitnehmers, ein Aufhebungs-

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Kap. 2 Rz. 100e | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) larvertrag vorsorglich eine Ausnahme für den Fall vorgesehen werden, dass die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht dem Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen ist. (4) Rückzahlungsklauseln

100f Für Rückzahlungsklauseln hat das BAG hat offengelassen, ob gem. der früheren Rechtsprechung384

strengere Voraussetzungen gelten als für Stichtagsklauseln, oder ob beide gleich zu behandeln sind.385 Jedenfalls aber werden die Anforderungen an Rückzahlungsklauseln nicht hinter denen an Stichtagsklauseln zurückbleiben, so dass letztere als Mindestanforderungen bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen sind.

100g Daher sind bei Sonderzahlungen, die zumindest auch der Vergütung geleisteter Arbeit dienen, Rück-

zahlungsklauseln unzulässig, weil dem Arbeitnehmer eine bereits verdiente Vergütung nicht rückwirkend entzogen werden kann.386 Nach der Rechtsprechung zu Stichtagsklauseln (Rz. 100c) dürfte das gleichermaßen für Rückzahlungsklauseln außerhalb und innerhalb des Bezugszeitraums gelten.

Rückzahlungsklauseln können damit letztlich nur noch bei solchen Sonderzahlungen vorgesehen werden, die kein Vergütungselement enthalten, also ausschließlich der Honorierung geleisteter bzw. dem Ansporn zukünftiger Betriebstreue dienen.387 Dabei steht bei Rückzahlungsklauseln der Ansporn für künftige Betriebstreue im Mittelpunkt, da sie in der Regel auf Stichtage nach dem Bezugszeitraum abstellen.388

100h Auch wenn die Sonderzahlung keinerlei Vergütungscharakter hat, müssen Bindungsdauer und

Höhe der Zahlung nach bisheriger Rechtsprechung bei Rückzahlungsklauseln in einem angemessenen Verhältnis stehen, um den Arbeitnehmer nicht entgegen Art. 12 GG in seiner Berufsausübung in unzulässiger Weise zu behindern.389 Danach galt für Rückzahlungsklauseln folgende Staffelung: Erhält ein Arbeitnehmer zum Jahresende eine Sonderzahlung von Euro 100,– oder weniger, so kann keine Rückzahlungsverpflichtung vereinbart werden.390 Bei einer Sonderzahlung zum Jahresende von mehr als Euro 100,– und weniger als einer Monatsvergütung kommt eine Bindung bis zum 31.3. des Folgejahres in Betracht,391 bei einem Monatsgehalt ist eine Bindung über diesen Zeitpunkt hinaus bis zu dem darauf folgenden erstmöglichen Kündigungstermin zulässig.392 Bei einer Sonderzahlung von mehr als einem bis zu zwei Monatsgehältern kommt uU. auch eine Bindung bis zum 30.6.,393 bei darüber hinaus gehenden Sonderzahlungen ggf. sogar bis zum 30.9. des Folgejahres394 in Betracht. Zahlt der Arbeitgeber in mehreren Einzelbeträgen aus, so werden diese zur Ermittlung der zulässigen Bindungsfrist nur zusammengerechnet, wenn sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusam-

384 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394

vertrag oder ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses geregelt war. Die Gratifikation befand sich allerdings unter der Überschrift „Vergütung“, was nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des 10. Senates steht, wonach Stichtage außerhalb des Bezugszeitraums für Sonderzahlungen mit Vergütungscharakter nicht vereinbart werden dürfen (dazu Rz. 100a). BAG v. 30.11.1989 – 6 AZR 21/88, BeckRS 2008, 50724; v. 19.9.1984 – 5 AZR 366/84, nv.; Einzelheiten bei Kap. 12 Rz. 31 aE sowie M 12.15.2. BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 Rz. 21 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, DB 2008, 126; Lingemann/Gotham, NZA 2008, 513. Vgl. BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249. Vgl. auch Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281, 1286 f. Vgl. BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 Rz. 13. BAG v. 6.5.2009 – 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783, 784. BAG v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875; v. 21.5.2003 – 10 AZR 390/02, NZA 2003, 1032, 1033. BAG v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875. BAG v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875; v. 28.4.2004 – 10 AZR 356/03, NZA 2004, 924. Vgl. LAG Köln v. 14.5.1993 – 14 Sa 119/93, LAGE § 611 BGB Gratifikation Nr. 19. BAG v. 13.11.1969 – 5 AZR 232/69, DB 1970, 352.

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menhang stehen; daran fehlt es im Verhältnis von Urlaubsgeld Mitte des Jahres und Weihnachtsgeld Ende des Jahres.395 Die Bindungsfrist beginnt zwar grundsätzlich mit dem Auszahlungszeitpunkt; bei der Weihnachtsgratifikation soll es jedoch auf das Ende des Kalenderjahres als Bezugszeitraum ankommen,396 bei Urlaubsgratifikationen auf den 1.7. eines Kalenderjahres.397 Das greift jedenfalls dann, wenn der Auszahlungszeitpunkt nicht mehr als zwei Monate zurückliegt. Liegt der Auszahlungstermin allerdings lange nach dem Ende des Bezugszeitraumes, so entscheidet Letzterer.398 Steht die Höhe der Sonderzahlung nicht fest, muss der Vertrag selbst eine Staffelung zur Abhängigkeit der Bindungsdauer von der Höhe enthalten.399 Ob diese Staffel noch gilt, ist offen. Insb. ist fraglich, ob die Rückzahlung von mehr als einem Monatsgehalt noch verlangt werden kann, denn für Leistungen mit Entgeltcharakter ist ja, wie ausgeführt (Rz. 100c), ein Stichtag innerhalb wie außerhalb des Bezugszeitraumes nicht mehr zulässig.

100i

Für Bindungs- und Verfallklauseln bei Aktienoptionen gelten die vom BAG für Sonderzahlungen entwickelten strengen Grundsätze nicht uneingeschränkt.400 Zu Einzelheiten der Rückzahlungsklausel bei Sonderzahlungen siehe auch M 12.15.2 mit Anm.

100j

• Dienstwagenrückforderung401 Heranzuziehen sind die Grundsätze über den Widerrufsvorbehalt, so dass insb. die sachlichen Gründe in der Klausel genannt werden müssen, die zu einem Widerruf berechtigen; zudem muss der geldwerte Vorteil des Dienstwagens unter 25 % des Gesamtverdienstes liegen.402 Sofern der Wert der Nutzung des Dienstwagens im Verhältnis zum Gesamtverdienst nur unbedeutend ist, kann eine Rückforderungsklausel möglicherweise auch ohne Angabe sachlicher Gründe wirksam sein.403 Im Falle der Erkrankung des Arbeitnehmers endet das Recht zur Privatnutzung des Dienstwagens – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung – allerdings mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums; der Vereinbarung eines entsprechenden Widerrufsvorbehaltes bedarf es für diesen Fall nicht.404 Auch bei einer wirksamen Dienstwagenwiderrufsklausel muss die Ausübung aber natürlich billigem Ermessen entsprechen (Ausübungskontrolle), so dass ggf. eine Ankündigungsfrist einzuhalten ist.405 395 BAG v. 15.3.1973 – 5 AZR 525/72, DB 1973, 973. 396 BAG v. 21.5.2003 – 10 AZR 390/02, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 250; v. 27.10.1978 – 5 AZR 754/ 77, DB 1979, 898; v. 12.10.1972 – 5 AZR 227/72, DB 1973, 285. 397 BAG v. 15.3.1973 – 5 AZR 525/72, DB 1973, 973. 398 BAG v. 12.10.1972 – 5 AZR 227/72, DB 1973, 285. 399 BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40; dazu Lingemann/Gotham, NZA 2008, 509 mit Formulierungsvorschlag; LAG München v. 24.1.2008 – 4 Sa 781/07. 400 Vgl. Rz. 85a; BAG v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066 = AP BGB § 305 Nr. 12 m. Anm. Lingemann/Gotham. 401 Einzelheiten zur Vertragsgestaltung s. Kap. 12 Rz. 42 ff.; Formulierungsvorschlag s. M 12.22.1, § 7 m. Anm. 402 BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NJW 2012, 1756 mit der wirksamen Klausel: „wenn und solange der PKW für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird“; v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457, 459; v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; LAG Niedersachsen v. 17.1.2006 – 13 Sa 1176/05, NZA-RR 2006, 289; Gaul/Kaul, BB 2011, 181; Günther/Günther, ArbRAktuell 2011, 107; Fröhlich, ArbRB 2011, 253; s. auch Kap. 12 Rz. 43; allgemein zum Widerrufsvorbehalt BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465; s. näher unter Rz. 138 ff., „Widerrufsvorbehalt“. 403 So offenbar LAG Hessen v. 20.7.2004 – 13 Sa 1992/03, MDR 2005, 459. Der Wert der Nutzung des Pkw lag im Verhältnis zur restlichen Vergütung allerdings auch nur bei 2,62 %; vgl. auch Kap. 12 Rz. 43. 404 BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NJW 2011, 1469; LAG BW v. 27.7.2009 – 15 Sa 25/09, DB 2009, 2050. 405 BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616.

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Kap. 2 Rz. 101 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

• Ermessensvergütung/Ermessensgratifikation406 101 Ermessensvorbehalte sieht das BAG bei Leistungen des Arbeitgebers deutlich weniger kritisch als Freiwilligkeitsvorbehalte. Das gilt sowohl für Ermessengratifikationen407 als auch für Ermessentantiemen, sofern die Beurteilungsgrundsätze hinreichend transparent sind.408

Behält sich der Arbeitgeber daher im Formulararbeitsvertrag ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Hinblick auf die Höhe einer jährlichen Zuwendung vor, so ist das nicht AGB-widrig.409 Die Höhe der Sonderzahlung kann auch abhängig gemacht werden von der jährlichen Entscheidung über einen Bonustopf.410 Die Regelung, wonach der Arbeitnehmer je nach Betriebszugehörigkeit einen bestimmten Prozentsatz „von der vom Arbeitgeber jeweils pro Jahr festgelegten Höhe der Weihnachtsgratifikation“ erhält, welche mit dem Novembergehalt gezahlt wird und bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers bis zum 31.3. des Folgejahres zurückzuzahlen ist, stellt keinen Freiwilligkeitsvorbehalt dar, sondern gewährt einen Anspruch auf Zahlung der Gratifikation in der vom Arbeitgeber nach § 315 Abs. 1 BGB festzulegenden Höhe. Diese kann gem. § 315 Abs. 3 BGB vom Gericht auch überprüft und ggf. ersetzt werden.411 Es handelt sich auch nicht um einen Änderungsvorbehalt nach § 308 Nr. 4 BGB, weil hier jeweils nur die erstmalige Leistung festgelegt wird.412 Die Regelung ist auch nicht intransparent, auch wenn keine Maßstäbe für die Höhe vereinbart sind, denn der Arbeitgeber könnte die Leistung sogar unter einem bei der jeweiligen Zahlung zu erklärenden Freiwilligkeitsvorbehalt gewähren; weitergehend als bei einem solchen Freiwilligkeitsvorbehalt erhält der Arbeitnehmer bei der Ermessensregelung aber einen klagbaren Anspruch.413 Schließlich ist die Leistung auch nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB, denn § 315 BGB lässt ja gerade einseitige Leistungsbestimmungsrechte zu.414 Der 10. Senat des BAG sieht bei einer solchen Regelung auch nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die leistungssteuernde Wirkung eine Versprechens für die Zukunft in Anspruch nehme, andererseits aber die Entscheidung über die Gewährung der Leistung ausschließlich von seinem Willen abhängig mache, da die Regelung keine spezifischen Leistungsanreize setze und Anspruchsvoraussetzung lediglich der Bestand des Arbeitsverhältnisses zum 31.3. des Folgejahres sei.415 Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten, ob und ggf. in welchem Umfang ein Freiwilligkeitsvorbehalt im Vertrag überhaupt noch wirksam vereinbart werden kann, könnte eine solche Ermessensgratifikation eine sinnvolle Alternative sein.416 Soll der Freiwilligkeitsvorbehalt zB. nur dazu dienen, in Fällen schlechter Ertragslage an die unter Vorbehalt gestellten Leistungen nicht gebunden zu sein, könnte der Arbeitgeber die reduzierte Gewährung mittels der Ermessensgratifikation auch begründen.417 Auch schließt 406 S. Formulierungsvorschlag M 12.16; für weitere Gestaltungshinweise s. Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65, 66 ff. 407 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180 und M 12.16. 408 BAG v. 14.11.2012, NJW-Spezial 2013, 82 zu einer sehr aufwändigen Partnerregelung in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499 – dazu M 12.10.2. 409 BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 286; v. 16.1. 2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. 410 BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2016, 380604; v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595. 411 BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2016, 380604. 412 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180; Salamon, NZA 2014, 465, 466. 413 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. 414 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. 415 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. 416 Vgl. dazu ausführlich Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400; s. auch Bauer/Heimann, NZA Beil. 2014, 114, 117. 417 Vgl. auch Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. Gem. Urteil des BAG v. 20.3.2013 – 10 AZR 8/12, mit Anm. Schuster, ArbRAktuell 2013, 329, ist eine Reduzierung auf null nicht ausgeschlossen. Denn eine Rege-

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 101 Kap. 2

eine Ermessenregelung im Arbeitsvertrag eine betriebliche Übung aus, auch wenn die Ermessensgratifikation viele Jahre in immer gleicher Höhe gezahlt wurde.418 Allerdings begründet sie einen Anspruch, und der Arbeitgeber muss jeweils im Einzelnen darlegen, warum seine Entscheidung, sie in bestimmter Höhe oder auch nicht zu gewähren, billigem Ermessen nach § 315 Abs. 1 BGB entspricht. Auch wenn der Formularvertrag vorsieht, dass der Arbeitgeber über die Höhe eines variablen Vergütungsbestandteils abschließend nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) unter Beachtung bestimmter Faktoren zu entscheiden hat und sich die zugrunde zu legende individuelle Leistung des Arbeitnehmers nach dem Erreichen vereinbarter Ziele bestimmt, ist dies auch ohne Festlegung des Verhältnisses der verschiedenen Beurteilungsfaktoren zueinander nicht intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn die Festvergütung bestimmt und gesichert ist, ein Anspruch auf Festsetzung eines angemessenen Zieleinkommens besteht und die Festsetzung von Zieleinkommen und variabler Vergütung der gerichtlichen Kontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegt.419 Auf die Möglichkeit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle muss in der Klausel zwar nicht hingewiesen werden.420 Der Vorbehalt freien Ermessens ist allerdings unzulässig.421 Da es sich um die Vergütung erbrachter Leistungen handelt, darf – nach den neuen Grundsätzen des BAG zu Bindungsklauseln422 – eine solche Regelung auch nicht vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Bezugszeitraum hinaus abhängig gemacht werden.423 Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen bezichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.424 Entspricht die Leistungsbestimmung nicht der Billigkeit, ist die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht. Jede Partei ist im Sinne einer Obliegenheit gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, damit sie vom Gericht berücksichtigt werden können.425 Anders als beim Freiwilligkeitsvorbehalt ist bei der Einführung der Ermessensgratifikation der Betriebsrat gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beteiligen.426 Die konkrete Ausübung des Ermessens zur bei einer mitbestimmungsgemäß eingeführten Ermessensvergütung ist dagegen mitbestimmungsfrei.427

418 419 420 421 422 423 424 425 426 427

lung in einem Arbeitsvertrag, nach der ein Arbeitnehmer einen Leistungsbonus erhält, der sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg des Arbeitnehmers richtet und jährlich für das abgelaufene Jahr festgesetzt wird, enthält auch die Möglichkeit, nicht nur bei kumulativer Nichterreichung aller Ziele, sondern im Ausnahmefall auch bei Nichterreichung eines Teils der Ziele keinen Leistungsbonus zu zahlen. Der Vorbehalt des Arbeitgebers, den Leistungsbonus zu bestimmen, stellt keine unzulässige Benachteiligung dar, wenn die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen erfolgen muss (vgl. auch BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 40 ff., 53 ff. m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 286). BAG v. 23.8.2017 – 10 AZR 97/17, BeckRS 2017, 133351 m. Anm. Lingemann ArbRAktuell 2018, 15; v. 23.8.2017 – 10 AZR 376/16, NZA 2017, 1595 m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2018, 16. BAG v. 14.11.2012, NJW-Spezial 2013, 82. BGH v. 25.11.2015 – VIII ZR 360/14. BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334 Rz. 21. Dazu Rz. 100 „Bindungsklausel“. BAG v. 14.11.2012, NJW-Spezial 2013, 82. BAG v. 24.10.2018 – 10 AZR 285/16, NZA 2019, 387 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 96. BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2016, 380604. Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65, 69 f. BAG v. 23.8.2017 – 10 AZR 136/17, NZA 2018, 44 m. Anm. Mertens, ArbRAktuell 2018, 14.

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Kap. 2 Rz. 102 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

• Familienmitglieder als Arbeitnehmer 102 Die Verpflichtung eines Tankstellenpächters, bei Beendigung des Tankstellenvertrags die mit Familienmitgliedern eingegangenen Arbeitsverhältnisse „auf seine Kosten (zu) beenden“ und andernfalls den Verpächter oder den Nachfolgebetreiber „von allen daraus entstehenden Kosten freizuhalten bzw. entstandene Kosten (zu) erstatten“, ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Eine solche Regelung ist schon mit § 613a Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 4 Satz 1 BGB unvereinbar.428 Sie ist auch in der Höhe nicht begrenzt; nach (kundenfeindlichster429) Auslegung der Klausel (vgl. § 305 Abs. 2 BGB) ist daher nicht auszuschließen, dass der Tankstellenbetreiber die Verpflichtung nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten erfüllen könnte, auch deswegen ist die Vereinbarung unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).430

• Freistellungsklausel431 103 Zweifelhaft ist, ob eine generelle Freistellungsklausel ohne besondere Voraussetzungen einer Angemessenheitskontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhält.432 Dabei muss insb. der allgemeine Beschäftigungsanspruch als Leitbild im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB berücksichtigt werden.433 Zulässig dürfte eine Freistellungsklausel jedenfalls dann sein, wenn die sachlichen Gründe, nach denen eine Freistellung möglich sein soll, in der Klausel aufgeführt sind.434 Soll die Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen erfolgen, sollte dies in der Klausel deutlich zum Ausdruck kommen.435

• Freiwilligkeitsvorbehalt436 104 Ursprünglich waren auch nach Geltung der AGB-Kontrolle Freiwilligkeitsvorbehalte jahrelang

prinzipiell zulässig, jedenfalls, wenn sie sich auf Sonderzahlungen bezogen.437 Für die Wirksamkeit eines solchen Vorbehalts kam es nicht auf den mit der Zahlung verfolgten Zweck an. Bei einem klar und verständlich formulierten Vorbehalt fehlte es nämlich schon an einer versprochenen Leistung iSv. § 308 Nr. 4 BGB. Ein einmaliger klarer und eindeutiger Hinweis im Arbeitsvertrag reichte aus, der Freiwilligkeitsvorbehalt musste dann nicht vor jeder Sonderzahlung wiederholt werden.438 Das galt auch dann, wenn die Sonderzahlung ausschließlich im Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich vergütete.439 Auch bei beträchtlicher Höhe der Sonderzahlung (Euro 25.000,– bis 30.000,– bei ei428 429 430 431 432 433 434 435 436 437

438 439

BGH v. 23.3.2006 – III ZR 102/05, NZA 2006, 551. Vgl. Rz. 28; PWW/Berger, § 305c BGB Rz. 17 mwN. BAG v. 23.3.2006 – III ZR 102/05, NZA 2006, 551, 552. Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 3 (3). Bauer/Günther, DStR 2008, 2422; Mues, ArbRB 2009, 214; Ohlendorf/Salamon, NZA 2008, 856; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Richter/Lange, NZA-RR 2012, 57. LAG Hessen v. 14.3.2011, NZA-RR 2011, 419; LAG München v. 7.5.2003, LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 2; Lingemann/Steinhauser, NJW 2014, 1428; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Preis/Preis, II F 10 Rz. 1; Brachmann/Diepold, AuA 2009, 508. Vgl. auch M 3.1 § 16 Abs. 6 m. Anm.; ferner die Klausel bei Preis/Preis, II F 10 Rz. 36; Bauer/Günther, DStR 2008, 2422; Mues, ArbRB 2009, 214; Ohlendorf/Salamon, NZA 2008, 856; aA ArbG Frankfurt v. 19.11.2003, NZA-RR 2004, 409; wie hier ArbG Stralsund v. 11.8.2004 – 3 Ga 7/04, NZA-RR 2005, 23. Vgl. Bonanni/Ludwig, ArbRB 2011, 379. Formulierungsvorschlag s. M 12.15.1; s. auch Domke/Nikolaus, DB 2015, 1352, 1353. BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82 f.; v. 21.1.1009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173; v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, DB 2007, 1757; Feddersen, NWB 2010, 1348; Lingemann/Gotham, DB 2008, 2307; Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754; Reinecke, BB 2008, 554; Schramm, NZA 2007, 1325; für die Wirksamkeit LAG Hamm v. 9.6. 2005, NZA-RR 2005, 624; krit. zur Abgrenzung zwischen laufender Vergütung und Sonderzahlungen Bayreuther, BB 2009, 102. BAG v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, DB 2008, 2194. BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535; v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, DB 2008, 2194.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 104b Kap. 2

nem Jahresgehalt von Euro 55.000,–) war ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht ausgeschlossen.440 Demnach galt für Freiwilligkeitsvorbehalte die 25/30 %-Grenze, die das BAG für Widerrufsvorbehalte aufgestellt hat (Rz. 138 ff.), nicht.441 Ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz konnte der Arbeitgeber auch entscheiden, dass die Sonderleistung nur solchen Arbeitnehmern zukommen sollte, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs betriebsangehörig waren.442 Der 10. Senat des BAG lehnt aber seit dem Urteil vom 14.9.2011 in st. Rspr. Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsvertrag letztlich ab.443 In jedem Fall unangemessen benachteiligt wird der Arbeitnehmer durch Freiwilligkeitsvorbehalte, die alle zukünftigen Leistungen unabhängig von Art und Entstehungsgrund erfassen,444 so dass zB folgende Formulierung unwirksam ist: „Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“445 Diese Formulierung erfasst nämlich neben Sonderzahlungen auch laufende Leistungen, soweit diese nicht im ursprünglichen Vertrag enthalten sind, so dass neben betrieblichen Übungen auch Gesamtzusagen und ausdrückliche Einzelabreden ausgeschlossen werden.446

104a

Auch ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der so ausgelegt werden kann, dass er Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt, ist nach der Rechtsprechung des 10. Senats des BAG mit dem Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede, § 305b BGB, nicht vereinbar. Eine solche Regelung weiche zudem von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ ab, dieser gelte auch für nach Abschluss des Arbeitsvertrages im laufenden Arbeitsverhältnis eingegangene Verpflichtungen. Von diesen könne nicht unter Hinweis auf einen vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt wieder Abstand genommen werden. Auch arbeitsrechtliche Besonderheiten iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB würden eine abweichende Beurteilung nicht rechtfertigen.447 Insoweit übernimmt der 10. Senat des BAG die Rechtsprechung des 9. Senats zur doppelten Schriftformklausel448 auch für Freiwilligkeitsvorbehalte.449 Zum Teil wird die Entscheidung so verstanden, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt nur noch bei Sonderzahlungen wirksam vereinbart werden könne.450 Angesichts der vom 10. Senat gewählten sehr umfassenden Formulierungen ist das aber zweifelhaft. Daher sollte der Arbeitgeber bei jeder Sonderzahlung eindeutig erklären, dass die Leistung einmalig ist, freiwillig erfolgt und keinen Anspruch für die Zukunft begründet.451 Die Aufnahme eines generellen Freiwilligkeitsvorbehalts im Arbeitsvertrag ist wahrscheinlich nur noch ein Anzeichen für den objektiven Willen des Arbeitgebers, durch freiwillige Sonderzahlungen keine dauerhaften, zukünftigen Leistungen anzubieten. Er 440 BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535. 441 Vgl. Lingemann/Gotham, DB 2008, 2307, 2310; für die Einbeziehung von Leistungen, die unter Freiwilligkeitsvorbehalt stehen, in die 25(30) %-Regelung Bayreuther, BB 2009, 102, 104; LAG Düsseldorf, EzA-SD 2008, Nr. 14, 16. 442 BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535. 443 BAG 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 52; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; dazu Bauer/von Medem, NZA 2012, 894; Crisolli/ Zaumseil, BB 2012, 1281; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400. 444 Ebenso BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334; v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595. 445 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81. 446 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; krit. Bauer/Heimann, NZA-Beil. 2014, 114, 116 mwN. 447 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 85. 448 Vgl. Rz. 124 f. sowie Formulierungsvorschlag M 2.1a Ziff. 13. 449 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81. 450 Hunold, Schnellbrief Arbeitsrecht 5/2012, S. 2. 451 Vgl. BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535; die Klausel lautete: „Wir freuen uns, Ihnen für das Jahr 2001 eine Sonderzahlung in Höhe von Euro 25.000,– zukommen zu lassen. Die Auszahlung erfolgt mit dem Gehalt für April 2002. Diese Zahlung ist einmalig und schließt zukünftige Ansprüche aus. Wir danken Ihnen für Ihre bisherige Arbeit und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg in unserem Hause.“

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104b

Kap. 2 Rz. 104b | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) wird aber – wenn überhaupt – bestenfalls noch eine betriebliche Übung ausschließen können, solange diese nicht als vorrangige Individualvereinbarung angesehen wird. In jedem Fall sollte künftig bei der Formulierung eines Freiwilligkeitsvorbehaltes ausdrücklich auf den Vorrang der Individualabrede hingewiesen werden. Nachdem dieser Hinweis nun bei der doppelten Schriftformklausel und beim Freiwilligkeitsvorbehalt erforderlich ist und der Vorrang der Individualabrede den gesamten Inhalt des Formularvertrages umfasst, ist zu erwägen, ihn in einer gesonderten Regelung aufzunehmen und die Einzelregelungen damit nicht zu überfrachten. Eine solche Gestaltung ist bisher aber nicht üblich und schon gar nicht von der Rechtsprechung abgesichert.

105 Der Vorbehalt ist zudem auf Leistungen zu beschränken, die nicht laufende Entgelte sind. Denn lau-

fende Entgelte – zB Leistungszulagen – können auch schon nach der älteren Rechtsprechung nicht als freiwillige Leistung vereinbart werden.452

105a Ein unwirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt kann auch nicht in einen Widerrufsvorbehalt umgedeu-

tet werden, da in diesem die Voraussetzungen und der Umfang für einen Widerruf konkretisiert sein müssen.453 Da für Verträge, die bis zum 31.12.2001 geschlossen wurden, auch Widerrufsvorbehalte, die diesen strengen Anforderungen nicht genügen, aufgrund ergänzender Vertragsauslegung wirksam sein können, müsste auch für Freiwilligkeitsvorbehalte in solchen „Altverträgen“ jedoch eine Umdeutung möglich sein.454

105b

Der Vorbehalt muss – das galt auch schon vor der Entscheidung des BAG v. 14.9.2011 – nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB transparent formuliert sein. Der Ausschluss künftiger Leistungen muss daher im Wortlaut klar geregelt sein, indem insb. klargestellt wird, dass auch die mehrfache vorbehaltlose Gewährung keine Ansprüche begründet.455 Intransparent ist es, einerseits eine Sonderzahlung zuzusagen, andererseits aber zu bestimmen, dass der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch darauf hat. Dementsprechend muss die sprachliche Kombination von „Anspruch“ einerseits und „Freiwilligkeit“ andererseits vermieden werden. Anspruchsbegründend soll schon sein die Formulierung „Darüber hinaus erhalten Sie einen gewinn- und leistungsabhängigen Bonus“456 oder auch „Der Angestellte erhält Weihnachtsgratifikation“457 oder „Als freiwillige soziale Leistungen werden zurzeit … gewährt“,458 oder „Als Sonderleistung zahlt die Unternehmung (ab 1999) als Weihnachtsgeld …“459 oder „Sie nehmen an dem in unserem Haus üblichen Bonussystem teil“460 und sogar „Zur Zeit wer452 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82 f.; v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, DB 2007, 1757. 453 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796; v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, DB 2007, 1757; zum Widerrufsvorbehalt BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; vgl. auch unter Rz. 138 ff., „Widerrufsvorbehalt“. 454 Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754. 455 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 83; v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310 f.; die Formulierung unter der Überschrift „Vergütung und Urlaub“ mit dem Wortlaut: „Der Arbeitnehmer erhält ein monatliches Gehalt von DM 3250,– brutto. Die Vergütung wird dem Arbeitnehmer jeweils bis zum 5. des Folgemonats gezahlt. Die Gewährung sonstiger Leistungen (zB. Weihnachts- und Urlaubsgeld, 13. Gehalt, etc.) durch den Arbeitgeber erfolgt freiwillig und mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird.“ hat das BAG als ausreichenden Freiwilligkeitsvorbehalt hinsichtlich des Weihnachtsgeldes angesehen, der weder gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB noch gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße. Vgl. schon BAG v. 12.1.2000, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 223; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rz. 68. Möglicherweise hielt die Formulierung im Fall des BAG v. 21.1.2009 nur für das Weihnachtsgeld und somit nur mithilfe des „blue-pencil-test“ (Rz. 40); näher dazu Kap. 12 Rz. 5 ff. 456 Vgl. BAG v. 5.7.2011, AP BetrVG § 87 Lohngestaltung Nr. 139. 457 BAG v. 7.6.2011 – 1 AZR 807/09, NZA 2011, 1234, 1236; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40 m. Anm. Bauer, FD-ArbR 2008, 264804 „an der Grenze zur Wortklauberei“. 458 BAG v. 20.2.2013, BB 2013, 1203 zu einer sehr ähnlichen Formulierung. 459 BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 1/08, DB 2009, 684. 460 BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40; FD-ArbR 2008, 250044 m. Anm. Lingemann.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 106a Kap. 2

den gewährt:…“461 sowie natürlich auch für die Formulierung „Der Anspruch auf Zahlung eines Bonus entfällt, wenn …“462 Alle diese Formulierungen sind nach der Rechtsprechung des 10. Senates zusammen mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt widersprüchlich und intransparent, der entsprechende Freiwilligkeitsvorbehalt daher unwirksam.463 Auch die Regelung „Die Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung der Firma, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann“ ist nach Auffassung des 10. Senats intransparent, da daraus nicht klar hervorgeht, ob nur das „Ob“ und/oder auch das „Wie“ der Zahlung (als Weihnachts- oder Urlaubsgeld) im Belieben des Arbeitgebers stehe.464 Ein Anspruch wird auch dann begründet, wenn die Voraussetzungen für die Sonderzahlung präzise bestimmt sind, zB. „jeweils 50 % des vereinbarten Brutto-Monatsverdienstes“, oder bei einer Staffelung je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit.465 Auch die Kombination von Freiwilligkeitsvorbehalt und Leistungsbonus benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.466 Bei einer leistungs- oder erfolgsorientierten Sonderzahlung stellt der Bonus die Gegenleistung für das Erreichen vereinbarter Zielvorgaben dar.467 Ein Recht des Arbeitgebers, sich die Bonuszahlung trotz Erreichens der Vorgaben vorzubehalten, ist mit dem Gegenleistungscharakter unvereinbar. Dasselbe soll für Ermessensvergütungen nach § 315 BGB gelten.468 Wird im Arbeitsvertrag – ggf. durch eine dieser Formulierungen – ein Anspruch begründet, so ändert daran auch ein bei jeder Zahlung ausgesprochener Freiwilligkeitsvorbehalt nichts mehr, denn dieser würde nur eine betriebliche Übung verhindern, nicht aber einen im Arbeitsvertrag begründeten Anspruch beseitigen.469 Angesichts der Unsicherheit darüber, wie ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt ausgestaltet sein muss, kann es ratsam sein, im Vertrag die freiwillige Leistung und damit den Freiwilligkeitsvorbehalt gar nicht mehr zu regeln und stattdessen bei jeder Zahlung den Freiwilligkeitsvorbehalt ausdrücklich zu erklären.470 Bei der Kombination von Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalt in vorformulierten Arbeitsbedingungen sind wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB beide Vorbehalte unwirksam.471

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Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten wäre eine Ermessensgratifikation, die das BAG472 gebilligt hat, eine valide Alternative.473

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461 BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, NZA 2013, 1015 Rz. 17. Weniger kritisch sehen das offenbar Lunk/Leder, NJW 2016, 3767 und Hampe/Endriß, DB 2016, 1637, die im Klauselvorschlag „Gewährung“ und Freiwilligkeitsvorbehalt verbinden. 462 BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40; FD-ArbR 2008, 250044 m. Anm. Lingemann. 463 BAG v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40; eingehend dazu Lingemann/Gotham, NZA 2008, 509. 464 BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 281/12, NZA 2013, 787 m. Anm. Fuhlrott, ArbRAktuell 2013, 327. 465 BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, BB 2013, 1203. 466 BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 286; vgl. dazu Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400. 467 BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 52 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 286. 468 Vgl. BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334 Rz. 20. 469 BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, BB 2013, 1203. 470 Vgl. Bauer/Heimann, NZA Beil. 2014, 114, 115. 471 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173; einschränkend BAG v. 8.12.2010 – 10 AZR 671/09, NZA 2011, 628 m. Anm. Reinhard, NJW 2011, 2314. 472 Vgl. BAG v. 24.10.2018 – 10 AZR 285/16, NZA 2019, 387 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 96; v. 23.8.2017 – 10 AZR 97/17, BeckRS 2017, 133351 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 15; v. 23.8. 2017 – 10 AZR 376/16, NZA 2017, 1595 m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2018, 16; v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334; v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 – dazu Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400; Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, DB 2013, 819 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. 473 S. Rz. 101, ferner Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400; Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65.

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Kap. 2 Rz. 106b | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

• Geheimhaltungsklauseln474 106b

Am 26.4.2019 ist das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) in Kraft getreten, mit dem der Gesetzgeber die Richtlinie EU 2016/943 umgesetzt hat. Geschäftsgeheimnisse waren schon vor der Einführung des GeschGehG nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und der Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB geschützt. Das neue Gesetz konkretisiert diesen Schutz. In § 2 Nr. 1 GeschGehG werden Geschäftsgeheimnisse legaldefiniert. Darunter fallen auch die bisher so bezeichneten Betriebsgeheimnisse.475 Ein schutzwürdiges Geschäftsgeheimnis liegt vor, wenn die in § 2 Nr. 1 lit. a-c GeschGehG genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Insb. muss der Arbeitgeber gem. § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen treffen. In Betracht kommen je nach Art des Geschäftsgeheimnisses im Einzelfall und der konkreten Nutzung sowohl physische Zugangsbeschränkungen und andere Vorkehrungen als auch vertragliche Sicherungsmechanismen.476 Kriterien für die Angemessenheit der Schutzmaßnahmen sind nach der Gesetzesbegründung insb.: – der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, – die Natur der Informationen, – die Bedeutung für das Unternehmen, – die Größe des Unternehmens, – die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, – die Art der Kennzeichnung der Informationen und – vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern.477 Die Geheimhaltungsmaßnahmen müssen nicht notwendig einzelne Geschäftsgeheimnisse erfassen, sondern können sich auch umfassend auf bestimmte Kategorien von Informationen beziehen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass größere und mittlere Unternehmen bereits vor der Einführung des GeschGehG hinreichende Sicherungsmaßnahmen, etwa durch Zugangskontrollen und vertragliche Geheimhaltungsverpflichtungen, getroffen haben.478 Für die Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung gibt es noch keine klaren Vorgaben, keine Erfahrungswerte und auch keine höchstrichterliche Rechtsprechung.479 Bisher verwendete Klauseln können weiter verwendet werden, da auch bisher die Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Regelungen zur Geheimhaltung unabhängig davon zu beurteilen war, ob das Verhalten des Arbeitnehmer zugleich einen Verstoß gegen § 17 UWG darstellte.480 Auch regelt § 1 Abs. 3 Nr. 4 GeschGehG, dass Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis vom GeschGehG unberührt bleiben. Die Geschäftsgeheimnisse genießen dann aber auch nur diesen vertraglichen Schutz, nicht den besonderen Schutz des GeschGehG.481 Will man sich den besonderen Schutz des GeschGehG sichern, wird man die Klausel entsprechend ausbauen müssen.482 474 Wir danken insb. Rechtsanwalt Dr. Björn Kalbfus aus unserer Kanzlei Gleiss Lutz, spezialisiert auf gewerblichen Rechtsschutz, für die Bearbeitung der Geheimhaltungsklausel; Formulierungsvorschlag ausführlich s. M 3.1, § 5 sowie kürzer in M 2.1a Ziff. 8. 475 Fuhlrott, ArbRAktuell 2020, 79; Schulte, ArbRB 2019, 143, 144. 476 BT-Drucks. 19/4724, S. 24. Zu denkbaren Maßnahmen Reinhardt-Kasperek, SPA 2018, 157, 159. 477 BT-Drucks. 19/4724, S. 24 f. 478 BT-Drucks. 19/4724, S. 2, 21. 479 Instruktiv Holthausen, NZA 2019, 1377. 480 Fuhlrott, ArbRAktuell 2020, 79, 78; Fuhlrott/Hiéramente, DB 2019, 967, 970. 481 Naber/Peukert/Seeger, NZA 2019, 583, 585; Richter, ArbRAktuell 2019, 375, 376. Vgl. auch BTDrucks. 19/4724, S. 44: „Nur unter dieser Voraussetzung kann er den Schutz des neuen Gesetzes in Anspruch nehmen.“ 482 Einzelheiten in M 2.1a Ziff. 8.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 110 Kap. 2

Für die Wirksamkeitsprüfung von Klauseln, die Geheimnisse außerhalb des GeschGehG schützen, begründet das GeschGehG und die dadurch umgesetzte Richtlinie keine Besonderheiten.483

• Haftung des Arbeitnehmers Die Grundsätze der Haftungsbeschränkung bei der Arbeitnehmerhaftung484 haben grundsätzlich auch nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform weiter Bestand. Zu Abweichungen s. sogleich unter „Haftungsverschärfung“, Rz. 108.

107

• Haftungsverschärfung Das BAG versteht die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung als einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht, von dem nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann.485 Diese Auffassung wird seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in Zweifel gezogen.486 Haftungsverschärfungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers in vorformulierten Arbeitsbedingungen seien grundsätzlich zulässig, eine Kontrolle sei am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB durchzuführen.487 Dem ist zuzustimmen. Die Regeln zur Arbeitnehmerhaftung sind jedoch nur insoweit abdingbar, wie das vom BAG bestimmte Schutzniveau nicht unterschritten wird; die Vereinbarung einer Haftungsverschärfung ist daher nur zulässig, wenn sie durch Risikoprämien ausgeglichen wird.488

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• Jahreswagen-Regelung Um dem Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu genügen, muss eine Klausel, nach der ein Preisnachlass beim Kauf eines vom Arbeitgeber produzierten Kfz entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Ablauf einer bestimmten Frist endet, nicht nur die Voraussetzungen für den Wegfall klar und verständlich darstellen, sondern auch die Höhe der Forderung des Arbeitgebers so deutlich machen, dass nicht erst eine intensive Beschäftigung mit den Arbeitsbedingungen oder eine Nachfrage notwendig ist.489

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Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kann nur so lange „geheilt“ werden, wie der Arbeitnehmer noch über den Abschluss des Kaufvertrags für das Kfz entscheiden kann.490

109a

• Jeweiligkeitsklausel Mit einer sog. Jeweiligkeitsklausel kann arbeitsvertraglich auf das Versorgungswerk in seiner jeweiligen Fassung verwiesen werden. Solche Jeweiligkeitsklauseln sind idR dynamisch zu verstehen, dh. sie verweisen auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen.491 Die Auslegung als dynamische Verweisung geht weit. Sie soll selbst dann gelten, wenn die bei Vertragsschluss geltende Versorgungsregelung im Arbeitsvertrag konkret bezeichnet ist. Die Jeweiligkeitsklausel hält allerdings nur dann einer Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB stand, wenn die in Bezug genommenen Änderungen den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit – mithin dem vom 483 484 485 486 487 488 489 490 491

Preis/Seiwerth, RdA 2019, 351, 356 f. Vgl. etwa BAG GS v. 27.9.1994 – GS 1/89 (A), NZA 1994, 1083; Kap. 13 Rz. 18 ff. Vgl. etwa BAG v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97, NZA 1999, 141. ErfK/Preis, § 619a BGB Rz. 11 mwN. ErfK/Preis, § 619a BGB Rz. 11 mwN. MünchKommBGB/Henssler, § 619a BGB Rz. 13. LAG Düsseldorf v. 4.3.2005, ArbuR 2005, 341. LAG Düsseldorf v. 4.3.2005, ArbuR 2005, 341. BAG v. 14.7.2015, NZA-RR 2015, 595 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2015, 476.

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Kap. 2 Rz. 110 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) BAG entwickelten Dreistufenschema – entsprechen.492 Nur dann ist der mit der Jeweiligkeitsklausel verbundene Änderungsvorbehalt für den Arbeitnehmer zumutbar. Anderenfalls gilt die ursprüngliche Versorgungsordnung fort.

• Klageverzicht 110a Ein formularmäßiger Klageverzicht ohne Gegenleistung ist als unangemessene Benachteiligung,

§ 307 Abs. 1 BGB, unwirksam.493 Wird der Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag erklärt, der eine außerordentliche Kündigung vermeiden soll, benachteiligt der Verzicht den Arbeitnehmer zudem unangemessen, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nicht ernsthaft in Betracht ziehen durfte.494

• Konzernversetzungsklausel495 110b

Konzernversetzungsklauseln sollen einen Arbeitgeberwechsel ermöglichen. Besonderheiten des Arbeitsrechts und die Vorteile für den Arbeitnehmer im Hinblick auf seine kündigungsrechtliche Stellung lassen eine solche Klausel u.E. zu:496 Als Besonderheit des Arbeitsrechts wird das Arbeitsverhältnis mit einer weiten Versetzungsklausel sicherer, zum einen, weil sich der Kreis der Sozialauswahl erweitert, zum anderen, weil auch anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten ggf. in größerem Umfang zu prüfen sind497 Diese Besonderheit steht u.E. auch der Unwirksamkeit einer Konzernversetzungsklausel nach § 309 Nr. 10 BGB entgegen. Gerade ein solcher angemessener Ausgleich für eine möglicherweise belastende Regelung ist bei der Bewertung der Unangemessenheit einer Klausel auch nach allgemeinen AGB-rechtlichen Grundsätzen zu berücksichtigen.498 Das BAG hat die Frage bisher offengelassen.499

• Kündigungsausschluss500 111 Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung vor Dienstantritt ist zulässig,501 der Ausschluss der au-

ßerordentlichen Kündigung nicht.502 Mangels geltungserhaltender Reduktion (vgl. § 306 Abs. 1, 2 BGB) sollte der Kündigungsausschluss im Vertrag daher ausdrücklich auf die ordentliche Kündigung beschränkt werden. 492 BAG v. 14.7.2015, NZA-RR 2015, 595 Rz. 27 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2015, 476. Nach dem vom BAG entwickelten Dreistufenschema kann auf der ersten Stufe in bereits erdiente Anwartschaften nur aus zwingenden Gründen, auf der zweiten Stufe in die erdiente Anwartschaftsdynamik nur aus triftigen Gründen und auf der dritten Stufe in noch nicht erdiente, dienstzeitabhängige Zuwächse aufgrund sachlich-proportionaler Gründe eingriffen werden, st. Rspr., vgl. schon BAG 17.4.1985 – 3 AZR 72/83, NZA 1986, 57. 493 Vgl. BAG v. 24.9.2015 – 2 AZR 347/14, NJW 2016, 1195; v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NZA 2015, 350 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 155; BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 241903. 494 BAG v. 12.3.2015, NZA 2015, 676 Rz. 27 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 150; s. auch Kap. 23 Rz. 33. 495 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 1 (2) 3. Var. 496 So wohl auch Rid, NZA 2011, 1121; aA Tödtmann/Kaluza, DB 2011, 114, 116; Hromadka, NZA 2012, 233, 238, der zumindest ein Widerspruchsrecht analog § 613a Abs. 5 BGB für erforderlich hält. 497 BAG v. 19.12.2013, NZA-RR 2014, 185; v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160; Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 494, 496; Lunk/Leder, NJW 2015, 2474, 2476; vgl. zu den Auswirkungen der konzernweiten Versetzungsklausel insoweit BAG v. 24.5.2012 – 2 AZR 62/11, NZA 2013, 277 Rz. 37; v. 21.1.1999 – 2 AZR 648/97, DB 1999, 806; dazu Lingemann/von Steinau-Steinrück, DB 1999, 2161. 498 Vgl. BAG v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160; BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110. 499 BAG v. 13.4.2010, NJOZ 2010, 2625, 2626; v. 23.3.2006 – 2 AZR 162/05, NZA 2007, 30; v. 23.11.2004 – 2 AZR 24/04, NZA 2005, 929. 500 Formulierungsvorschlag s. M 3.1 § 16 (1) Satz 2. 501 Preis/Preis, II K 10 Rz. 37. 502 Preis/Preis, II K 10 Rz. 14.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 111b Kap. 2

• Kündigungsfristverlängerung Klauseln, die die gesetzlichen Kündigungsfristen aus § 622 Abs. 1–3 BGB bis zur Höchstgrenze von fünfeinhalb Jahren (§ 15 Abs. 4 TzBfG) verlängern sind grundsätzlich wirksam, § 622 Abs. 5 Satz 3 BGB. Die Verlängerung unterliegt als vertragliche Nebenabrede der AGB-Kontrolle. Aus § 622 Abs. 6 BGB ergibt sich, dass für die Kündigung des Arbeitnehmers keine längere Kündigungsfrist als für die Kündigung des Arbeitgebers gelten darf. Wirksam ist dagegen in der Regel eine Klausel, nach der die längere Kündigungsfrist für beide Parteien gleichermaßen gilt.503 Eine vorformulierte Kündigungsfrist, welche die vierwöchige Kündigungsfrist aus § 622 Abs. 1 BGB zulasten des Arbeitnehmers verlängert, kann eine unangemessene Benachteiligung darstellen, wenn der Arbeitnehmer keinen angemessenen Ausgleich durch Kompensationsleistungen erfährt.504

111a

• Kurzarbeitsklausel505 Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nicht einseitig mit Hilfe seines Direktionsrechtes einführen.506 Er benötigt hierfür vielmehr eine speziell darauf gerichtete Rechtsgrundlage. Diese kann kollektivrechtlich sein, namentlich in Form einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages.507 Eine Betriebsvereinbarung bewirkt unmittelbar und zwingend eine vorübergehende Herabsetzung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit mit der Folge der Vergütungsminderung, ohne dass es auf den Willen der betroffenen Arbeitnehmer ankommt.508 Bei betriebsratslosen Betrieben und gegenüber leitenden Angestellten kann Kurzarbeit demgegenüber nur individualrechtlich nach Maßgabe einer Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag509 oder durch nachträgliche Vereinbarung oder theoretisch auch durch Änderungskündigung510 eingeführt werden. Ungeklärt ist, ob Kurzarbeitsklauseln im Arbeitsvertrag uneingeschränkt zulässig sind, auf die Voraussetzungen der §§ 95 f. SGB III zu beschränken,511 und/oder mit einer Ankündigungsfrist zu versehen sind,512 oder ob sie die Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt513 erfüllen müssen.514 Auch in Betrieben mit Betriebsrat kommt die individualrechtliche Umsetzung in Betracht, insbesondere, wenn keine Betriebsvereinbarung, sondern nur eine Regelungsabrede mit dem Betriebsrat besteht.515 Die Anforderungen an die Einführung von Kurzarbeit haben sich auch im Rahmen der Coronakrise nicht verändert, lediglich die Voraussetzungen, Anspruchshöhe und Anspruchsdauer für den Bezug 503 BAG v. 29.8.2001 – 4 AZR 337/00, BB 2002, 623; zu restriktiv Bettinghausen, BB 2018, 1844. 504 BAG v. 26.10.2017 – 6 AZR 158/16, NZA 2018, 297 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 569: beiderseitige Kündigungsfrist von drei Jahren zum Monatsende unwirksam trotz Kompensation durch Entgelterhöhung und Arbeitsplatzerhalt, da gleichzeitig zum Nachteil des Arbeitnehmers u.a. eine weitere Entgelterhöhung für drei Jahre gesperrt und dem Arbeitgeber ein Recht auf Freistellung eingeräumt wurde. In Anlehnung an § 14 Abs. 2 TzBfG halten eine Kündigungsfrist von bis zu zwei Jahren für angemessen Laber/Santon, ArbRB 2018, 57, 59 f.; Olbertz, NWB 2019, 1693, 1696. 505 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 3 (2). 506 BAG v. 18.11.2015 – 5 AZR 491/14, MDR 2016, 1155. 507 Einzelheiten Bauer/Günther, BB 2009, 662. 508 BAG v. 10.10.2006 – 1 AZR 811/05, NZA 2007, 637, 639; v. 14.2.1991 – 2 AZR 415/90, BB 1991, 2017; Fitting, § 87 BetrVG Rz. 158; Kleinebrink, DB 2009, 342, 344. Einzelheiten zu den inhaltlichen Anforderungen an eine solche Betriebsvereinbarung Kleinebrink, ArbRB 2020, 221. 509 Bauer/Günther, BB 2009, 662, 663 ff. 510 Bauer/Günther, NZA 2020, 419, 421. 511 Gegen eine Angemessenheitskontrolle anhand der §§ 95 f. SGB III Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; dafür Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Becker, Arbeitsrecht Rz. 19. 512 Dafür LAG Brandenburg v. 19.1.2011 – 17 Sa 2153/10, ArbRB 2011, 169 (Grimm). 513 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Rz. 138 ff. 514 Dazu im Einzelnen auch M 2.1a Ziff. 3 (2) mwN. 515 Kleinebrink, ArbRB 2020, 221, 224.

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111b

Kap. 2 Rz. 111b | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) von Kurzarbeitergeld gegenüber der Bundesagentur für Arbeit wurden zugunsten der Antragsteller verändert.516

• Matrixklausel517 111c

In den stark zunehmenden Matrixstrukturen sind fachliches und disziplinarisches Weisungsrecht bezogen auf den jeweiligen Arbeitnehmer getrennt. Das disziplinarische Weisungsrecht liegt beim Vertragsarbeitgeber, das fachliche Weisungsrecht kann bei einer anderen fachlich zuständigen Stelle, häufig auch in einem anderen Unternehmen des Konzerns, liegen. Es ist ratsam, dies im Arbeitsvertrag entsprechend abzubilden. Eine Konzernversetzungsklausel reicht wahrscheinlich nicht aus, weil in der Matrix der Arbeitnehmer nicht in eine anderes Konzernunternehmen versetzt wird, sondern nur das fachliche Weisungsrecht dort besteht.518

• Mehrarbeitsklausel/Überstundenpauschale519 112 Die Zahl der pauschal abzugeltenden Überstunden ist – im Rahmen der gesetzlich zulässigen Überstunden – im Vertrag zu beschränken.520 Einzelheiten dazu unter „Pauschalabgeltung“, Rz. 118.

• Nachvertragliches Wettbewerbsverbot521 113 Eine Klausel, die auf die §§ 74 ff. HGB Bezug nimmt, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot

gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Angesichts der Regelungsdichte dieser Vorschriften reicht eine Bezugnahme aus, um alle wesentlichen Elemente eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots abzudecken.522

114 Die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ist nicht unüblich und stellt damit keine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB dar, wenn sich die Regelung unter der Überschrift „Wettbewerbsverbot“ befindet und unter dieser Überschrift keine Regelungen enthalten sind, die von anderen Regelungsmaterien handeln.523

114a Soweit ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot „im Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit“ vereinbart wird, ohne dass ein Verweis auf die §§ 74 ff. HGB enthalten ist, kann der Arbeitnehmer nach Auffassung des LAG Köln und des LAG Hamm aufgrund der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB auch ohne entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag eine Karenzentschädigung verlangen.524

Enthält das Wettbewerbsverbot entgegen § 110 GewO, § 74 Abs. 2 HGB jedoch keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung, ist die Klausel insgesamt nichtig und begründet we516 Insb. durch die Kurzarbeitergeldbezugsdauerverordnung (KugBev) v.16.4.2020, BGBl. I, S. 801. 517 Formulierungsvorschlag s. M 3.1 § 1 (3). Einzelheiten zur Matrixorganisation Lingemann/Chakrabarti in Arnold/Günther (Hrsg.), Arbeitsrecht 4.0, 2. Aufl. 2020, Kap. 2 E. 518 Kort, NZA 2013, 1318, 1320; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 55. 519 Formulierungsvorschlag s. M 3.1 § 3 (2). 520 BAG v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, BB 2006, 327 m. Anm. Lindemann, BB 2006, 826; Reinhard-Kasperek/Denninger, BB 2019, 116. 521 Formulierungsvorschlag s. M 25.1.1. 522 BAG v. 28.6.2006 – 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157, 1158 f.; vgl. auch Junker, BB 2007, 1274, 1280; ausführlich Gravenhorst, NJW 2006, 3609. 523 BAG v. 13.7.2005, AP HGB § 74 Nr. 78; vgl. auch Junker, BB 2007, 1274, 1280; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 122 f. 524 LAG Hamm v. 18.2.2014 – 14 Sa 806/13; LAG Köln v. 28.5.2010 – 10 Sa 162/10 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2011, 126, der schon die Interpretation als nachvertragliches Wettbewerbsverbot kritisiert, vor allem aber die Annahme eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots wegen Nichtbeachtung des Schriftformgebots als unwirksam ansieht. Vgl. dazu auch Diller, NZA 2014, 1184.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 118 Kap. 2

der Ansprüche des Arbeitgebers noch des Arbeitnehmers. Das gilt auch bei einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen salvatorischen Klausel.525 Verstößt ein Wettbewerbsverbot nicht gegen das Transparenzgebot und das Überraschungsverbot, stellt es aber eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, wird die Klausel abweichend vom AGB-rechtlichen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion auf den noch zulässigen Inhalt reduziert, § 74a Abs. 1 HGB.526 Zahlt der Arbeitgeber die vereinbarte Karenzentschädigung nicht, kann der Arbeitnehmer vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot mit Wirkung für die Zukunft nach Maßgabe der §§ 323 ff. BGB zurücktreten. § 314 BGB steht dem Rücktrittsrecht nicht entgegen.527 Auch sog. Cooling-off-Klauseln, die einen Wechsel zu einem Dienstleister, Berater, Zulieferer oder Abnehmer binnen einer bestimmten Periode untersagen, sind an § 110 GewO, §§ 74 ff. HGB zu messen, wenn sie den Arbeitnehmer spürbar in seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen.528 Liegt ein Bagatellfall vor, so greifen die §§ 74 ff. nicht, sie sind jedoch anhand von § 307 Abs. 1 BGB zu prüfen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt nicht vor, wenn die Cooling-off Klausel auf die Eigenkündigung des Arbeitnehmers beschränkt ist.529

114b

• Nebentätigkeitsverbot530 Ein absolutes Nebentätigkeitsverbot ist grundsätzlich wegen Art. 12 Abs. 1 GG unzulässig.531

115

Zulässig sind jedoch Nebentätigkeitsverbote mit Erlaubnisvorbehalt, nach denen der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Genehmigung hat, wenn eine Beeinträchtigung betrieblicher Interessen des Arbeitgebers nicht zu befürchten ist.532

116

Um dem Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu genügen, sollte in der Klausel zudem ausdrücklich erwähnt werden, dass der Arbeitnehmer diesen Anspruch hat.533

117

• Pauschalabgeltung534 Pauschale Überstundenabgeltungen sind grundsätzlich zulässig und nicht überraschend iSv. § 305c BGB.535 Soweit die Klausel ausschließlich die Vergütung der Überstunden, nicht aber auch die Anord525 BAG v. 22.3.2017 – 10 AZR 448/15, NZA 2017, 845. 526 Zum Verbot geltungserhaltender Reduktion im Einzelnen oben unter Rz. 32; BAG v. 21.4.2010 – 10 AZR 288/09, BAGE 134, 147 = NZA 2010, 1175 Rz. 22 m. Anm. Diller, ArbR 2010, 218. 527 BAG v. 31.1.2018 – 10 AZR 392/17, NZA 2018, 578 m. Anm. Diller, ArbR 2018, 122. 528 Diller, NZA 2018, 692, 694 ff. 529 Andernfalls bestehen keine Integritätszweifel und daher auch kein berechtigtes geschäftliches Interesse an einer Sperrzeit, Diller, NZA 2018, 692, 695. 530 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 9. 531 BAG v. 24.3.2010, DB 2010, 1240 zu mittelbarer Wettbewerbstätigkeit m. Anm. Fuhlrott/Fabritius, FA 2010, 194; v. 6.9.1990 – 2 AZR 165/90, NZA 1991, 221. 532 BAG v. 19.12.2019 – 6 AZR 23/19, juris, zu § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L; ferner BAG v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00, NZA 2002, 965; ausführlich Gaul/Khanian, MDR 2006, 68, 69; Woerz/Klinkhammer, ArbRAktuell 2012, 183. In Zukunft dürften sich die Anforderungen an ein Nebentätigkeitsverbot noch verschärfen: Die Arbeitsbedingungenrichtlinie sieht vor, dass Nebentätigkeiten dem Arbeitnehmer außerhalb seiner regulären Arbeitszeit grundsätzlich nicht untersagt werden dürfen und er wegen der Aufnahme einer Nebentätigkeit auch nicht benachteiligt werden darf. Die Mitgliedstaaten können von diesem Grundsatz jedoch Ausnahmen vorsehen, etwa zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer auch durch eine Begrenzung der Arbeitszeit, oder zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, der Integrität des öffentlichen Dienstes oder zur Vermeidung von Interessenkonflikten. 533 Gaul/Khanian, MDR 2006, 68, 69; Woerz/Klinkhammer, ArbRAktuell 2012, 183. 534 Formulierungsvorschlag s. M 3.1 § 3 (2). 535 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908.

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118

Kap. 2 Rz. 118 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) nungsbefugnis des Arbeitgebers zur Leistung von Überstunden regelt, ist sie von der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen, weil es sich um eine Hauptleistungsabrede handelt.536 Grenze ist damit die Sittenwidrigkeit, wobei der Umfang zulässiger Abgeltung ungeklärt ist. Das BAG hat die pauschale Abgeltung von 20 Stunden pro Monat akzeptiert537, das wären bei einer 40-StundenWoche somit 11,6 %. Die Literatur lehnt sich zT. an die Rechtsprechung zum Widerrufsvorbehalt an (bis zu 25 %),538 ist teilweise aber auch deutlich restriktiver (bis zu 10 %).539 ZT. wird auch differenziert mit bis zu 10 % der Vergütung bis zur Beitragsbemessungsgrenze und bis zu 25 % darüber.540 Wir halten die Begrenzung auf 25 % gem. der Rechtsprechung zur Abrufarbeit für angemessen.541 Die Vergütung für die Normalarbeitszeit wird nicht dadurch sittenwidrig, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer entgegen der Rechtslage die Vergütung von Mehrarbeit und Sonderformen der Arbeit vorenthält. Vielmehr besteht dann ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung für geleistete Mehr- und Sonderarbeit.542 Die Klausel muss transparent sein,543 die Zahl der pauschal abzugeltenden Überstunden ist daher im Vertrag zu beschränken.544 Aus dem Arbeitsvertrag muss sich ergeben, welche Arbeitsleistung in welchem zeitlichen Umfang von der Pauschalierung erfasst werden soll.545 Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.546 Eine Pauschalabgeltung kommt auch nur im Rahmen der gesetzlich zulässigen Überstunden in Betracht, so dass auch das in den Vertrag aufzunehmen ist.547 Soweit schon eine objektive Vergütungserwartung für die Vergütung von Überstunden fehlt (dazu im Einzelnen Rz. 127), kann die Abgeltung ausgeschlossen werden, eine unwirksame Pauschalabgeltungsklausel wäre dann unschädlich.548 Aufgrund des MiLoG muss jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet werden.549 Gem. § 3 Satz 2 MiLoG kann „die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer 536 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908, 910 m. Anm. Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986. 537 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908. 538 Bauer/Merten, RdA 2012, 178; Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238. 539 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rz. 92; LAG Hamm v. 22.5.2012, LAGE BGB § 611 Überarbeit Nr. 4. 540 Kock, DB 2012, 1328. 541 Ebenso Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986, 1989; Salamon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720; Spiegelberger/Schilling, NJW 2014, 2897. 542 BAG v. 18.11.2015 – 5 AZR 751/13, NZA 2016, 487 Rz. 15. 543 BAG v. 18.11.2015 – 5 AZR 751/13, NZA 2016, 487 Rz. 18, 22 ff. 544 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908, 909; v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335; v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324; LAG Düsseldorf v. 11.7.2008, FD-ArbR 2008, 270554; LAG Hamm v. 18.3.2009, EzA-SD 18/2009, 13; vgl. Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986; Bissels/ Haag, ArbRAktuell 2011, 83; Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281, 1283 f.; Hunold, DB 2016, 361; Kock, DB 2012, 1328; Schramm/Kuhnke, NZA 2012, 127; Hunold, DB 2014, 361, 363; ebenso für pauschale Abgeltung von Reisezeiten BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 200/10, NZA 2011, 917. 545 Die Regelung, wonach Arbeitnehmer, die „regelmäßig Mehrarbeit leisten, als Ausgleich neun freie Arbeitstage im Kalenderjahr erhalten“ ist unklar, da „regelmäßige Mehrarbeit“ als Entscheidungskriterium nicht geeignet ist (BAG v. 26.6.2019 – 5 AZR 452/18, juris, zur GBV ver.di, Anm. Bauer, FDARbR 2019, 418664). 546 BAG v. 18.11.2015 – 5 AZR 751/13, NZA 2016, 487. 547 BAG v. 22.2.2012 – 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861; v. 1.9.2010 – 5 AZR 517/09, NZA 2011, 575 f.; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, BB 2006, 327 m. Anm. Lindemann, BB 2006, 826; Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986, 1988; Kleinebrink, ArbRB 2006, 21, 23; vgl. M 3.1, § 3 (2), 3. Var. iVm. § 2 (2); ErfK/ Preis, §§ 305–310 BGB Rz. 92 hält sogar nur eine Abgeltung bei einer Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit um bis zu 10 % für zulässig. 548 So im Fall des BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908. 549 Preis/Lukes, ArbRB 2015, 153; Riechert/Nimmerjahn, 2015, § 1 MiLoG Rz. 30; § 3 MiLoG Rz. 8 f. Auch etwaige Zuschläge, auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch hat, sind grundsätzlich mindestlohnwirksam zu berücksichtigen, BAG v. 17.1.2018 – 5 AZR 69/17, NZA 2018, 781.

102 | Lingemann

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 119 Kap. 2

(…) auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Abs. 1 MiLoG nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen“. Daher wird zT mit Blick auf die Rechtslage bei Ausschlussklauseln vertreten, die Pauschalabgeltungsklausel müsse auch ausdrücklich regeln, dass der Mindestlohn unberührt bleibt.550 Insoweit ist die Konstellation bei einer pauschalen Überstundenabgeltungsklausel allerdings eine andere als bei einer Ausschlussklausel (vgl. dazu AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Rz. 92). Denn die Frage der Geltendmachung und damit der Ausschlussklausel regelt § 3 Satz 1 MiLoG und zielt, ebenso wie § 202 BGB, auf spezielle formelle Tatbestände der Geltendmachung.551 Demgegenüber geht es bei § 3 Satz 2 MiLoG um die materiell-rechtliche Frage der Verzichtbarkeit des Anspruches.552 Es war bisher aber auch nicht erforderlich, in Pauschalabgeltungsklauseln unverzichtbare Ansprüche ausdrücklich auszunehmen, so zB. Ansprüche auf Tariflohn bei Tarifbindung oder Ansprüche nach dem ArNEG.553 Das spricht dafür, dass auch ein entsprechender Vorbehalt zum Mindestlohn nicht erforderlich ist.554 Ohnehin ist die Pauschalabgeltung ja so zu berechnen, dass der Mindestlohn nicht unterschritten wird. Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte müssen entsprechend der Regelung bei Vollzeitbeschäftigten gezahlt werden, wenn die proportional verminderte Basisarbeitszeit geleistet wurde. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG vor.555 Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer eine Vergütung für Reisezeiten556 erwarten, wenn die Parteien nichts Gegenteiliges vereinbaren.557 Auch eine pauschale Vergütung von Reisezeiten558 kommt in Betracht. Die Regelung muss dem Arbeitnehmer allerdings verdeutlichen, „was auf ihn zukommt“. Daher muss angegeben werden, welche Reisetätigkeit mit der Vergütung abgegolten sein soll.559 Die bloße Regelung, dass Reisezeiten mit der Monatsvergütung abgegolten sind, reicht nicht aus.560 Auch für die Pauschalabgeltung von Reisezeiten ist zu beachten, dass der Mindestlohn für die Arbeitszeit insgesamt, zu der ggf. auch Reisezeiten zählen, nicht unterschritten wird.561

118a

Auch eine Pauschalierung von Nachtarbeitszuschlägen in AGB ist nicht ausgeschlossen.562 Natürlich darf auch sie nicht gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent oder entgegen § 305c Abs. 1 BGB überraschend sein.563 Sie wäre nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB unangemessen, wenn sie das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung maßgeblich stört. Dies ist bei einem Pauschalgehalt, das wesentlich über dem Gehalt eines nicht nachts arbeitenden Arbeitnehmers liegt, jedoch nicht der Fall.564

119

550 551 552 553 554 555 556 557 558 559 560 561 562 563 564

Reinhardt-Kasparek/Denninger, BB 2019, 116. Vgl. allgemein Hilgenstock in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, § 3 MiLoG Rz. 11. Vgl. Riechert/Nimmerjahn, 2015, § 3 MiLoG Rz. 43. Vgl. etwa Salamon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720. Ohne entsprechende Vorbehalte auch Preis/Preis, II M 20 Rz. 17 ff. BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 231/18, NZA 2019, 790 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2019, 12; v. 23.3. 2017 – 6 AZR 161/16, NZA-RR 2018, 45. Dazu Salamon/Groffy, NZA 2020, 159. BAG v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17, juris. Bei Umkleidezeiten jedenfalls durch tarifliche Regelung, BAG v. 25.4.2018 – 5 AZR 245/17, juris. Zur Vergütungspflicht von Umkleidezeiten BAG v. 6.9.2017 – 5 AZR 382/16, juris. In BAG v. 25.4.2018 – 5 AZR 424/17, NZA 2018, 1211 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2018, 448 hielt der 5. Senat eine Tarifregelung für wirksam, in der für die näher definierte „Nahmontage“ eine Vergütung für den Zeitaufwand der Hin- und Rückreise ausgeschlossen wurde. BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 200/10, NZA 2011, 917. BAG v. 25.4.2018 – 5 AZR 424/17, NZA 2018, 1211 Rz. 31 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2018, 448; v. 25.5.2016 – 5 AZR 135/16, BAGE 155, 202 Rz. 22 mwN. BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324. Zur Steuerfreiheit vgl. Foerster, StuB 2010, 814. BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324; vgl. für Abgeltung von Reisezeiten BAG v. 20.4. 2011 – 5 AZR 200/10, NZA 2011, 917. Reisezeit ist grundsätzlich vergütungspflichtig, eine abweichende Vereinbarung aber zulässig, vgl. BAG v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17, NZA 2019, 159. BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324.

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Kap. 2 Rz. 119a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

• Probezeitvereinbarung565 119a Eine Probezeitvereinbarung bis zu sechs Monaten ist wirksam, da sie nicht vom Gesetz abweicht,

§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB;566 sie ist aber intransparent und damit unwirksam, wenn nur eine längere Vertragsbefristung drucktechnisch hervorgehoben wird, § 305c Abs. 1 BGB.567 Allerdings sieht die bis zum 1.8.2022 umzusetzende Arbeitsbedingungsrichtlinie568 in Abweichung von der gegenwärtigen Rechtslage569 vor, dass die Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen im Verhältnis zur erwarteten Dauer des Vertrags und der Art der Tätigkeit stehen muss. Bei einer Beschäftigungsdauer von unter einem Jahr ist die Höchstdauer der Probezeit auf 25 % der erwarteten Vertragsdauer festzusetzen.570

• Rücktrittsvorbehalt 120 Ein Rücktrittsvorbehalt ist nach § 308 Nr. 3 BGB nur wirksam, wenn in der vertraglichen Vor-

behaltsregelung der Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angegeben ist und ein sachlich gerechtfertigter Grund für seine Aufnahme in die Vereinbarung besteht.571 Insb. kann die dem Arbeitgeber vorbehaltene einseitige Lösungsmöglichkeit von einem Vorvertrag einen Rücktrittsvorbehalt iSv. § 308 Nr. 3 BGB darstellen. Die Privilegierung des § 308 Nr. 3 BGB für Rücktrittsvorbehalte in Dauerschuldverhältnissen gilt für einen Vorvertrag zu einem Arbeitsvertrag nicht.572

• Rückzahlung von Fortbildungskosten573 121 Die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf einer

bestimmten Frist vom Arbeitgeber übernommene Aus- oder Fortbildungskosten zurückzahlen muss,574 ohne dass es auf den Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommt, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, denn sie würde die Rückzahlungsverpflichtung entgegen Treu und Glauben auch dann auslösen, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses allein in die Verantwortungs- oder Risikosphäre des Arbeitgebers fällt.575 Auch eine Klausel, die die Rückzahlung bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers unabhängig vom Grund der Eigenkündigung vorsieht, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, da sie den Fall einschließt, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ein (zB vertragswidriges) Verhalten des Arbeitgebers mitveranlasst wurde.576 Sieht der Arbeitsvertrag eine Suspendierung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten bei einem dauerhaften Wegfall der medizinischen Tauglichkeit des Arbeitnehmers vor, verstößt eine vertragliche Rückzahlungsklausel, die den Arbeitnehmer auch dann zur Erstattung der 565 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 2 (1). 566 BAG v. 24.1.2008 – 6 AZR 519/07, BAGE 125, 325 = NZA 2008, 521. Im Einzelfall kann auch eine längere Erprobungsdauer vereinbart werden, BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293. 567 BAG v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, BB 2008, 1736. 568 RL (EU) 2019/115, dazu näher unter Rz. 148a. 569 BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293; v. 24.1.2008 – 6 AZR 519/07, BAGE 125, 325 = NZA 2008, 521 Rz. 14 ff. 570 Maul-Sartori, NZA 2019, 1161, 1167. 571 BAG v. 27.7.2005, AP BGB § 308 Nr. 2. 572 BAG v. 27.7.2005, AP BGB § 308 Nr. 2. 573 Formulierungsvorschlag s. M 8.4, § 3. 574 Düwell/Ebeling, DB 2008, 406; Lingemann/Kiecza, ArbRAktuell 2009, 156; dazu allgemein Bissels/ Haag, ArbRAktuell 2011, 83; Maier/Mosik, NZA 2008, 1168. 575 BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957; v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, 89. 576 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 24 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 280; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 442; v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738.

104 | Lingemann

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 123 Kap. 2

Ausbildungskosten verpflichtet, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigt, weil er wegen dauerhaften Wegfalls seiner medizinischen Tauglichkeit nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.577 Insoweit ist fraglich, ob die Kündigung „auf eigenen Wunsch“ als Rückzahlungsvoraussetzung noch zulässig ist.578 Eine einschränkende Auslegung der Klausel dahingehend, dass sie nur gilt, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer selbst oder wegen eines von ihm zu vertretenden Grundes durch den Arbeitgeber beendet wird, scheidet wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion (vgl. § 306 Abs. 1, 2 BGB) aus.579 Eine Rückzahlungsklausel ist auch unwirksam, wenn die Höhe der Ausbildungskosten und die Bindungsdauer nicht in angemessenem Verhältnis stehen.580 Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt dann nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es für den Arbeitgeber objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen.581 Die Klausel hält der AGB-Kontrolle auch nicht stand, wenn Art und Vergütung der Anschlusstätigkeit im Bindungszeitraum nicht klar und verständlich geregelt sind, oder wenn gar keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur weiteren Beschäftigung nach Ende der Ausbildung vereinbart ist.582 Dasselbe gilt, wenn eine Rückzahlungsvereinbarung über Studiengebühren auch für den Fall vereinbart ist, dass der potentielle Arbeitgeber dem potentiellen Arbeitnehmer keinen ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz anbieten kann oder will.583

122

Eine Rückzahlungsverpflichtung kann auch für die Fälle vereinbart werden, in denen das Arbeitsverhältnis vor Abschluss der Aus- oder Weiterbildung aufgrund von Umständen endet, die im alleinigen Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers liegen. Ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil erhalten hätte und er nur die bis zum Ausscheiden tatsächlich angefallenen Kosten zurückzuzahlen hat.584

122a

Eine Rückzahlungsklausel muss die zurückzuzahlenden Kosten möglichst genau beziffern. Dafür ist die konkrete und abschließende Bezeichnung der einzelnen Posten einschließlich deren Berechnungsfaktoren erforderlich, damit die Zahlungsverpflichtung so weit als möglich aus den Angaben in der Klausel selbst errechnet werden und der Arbeitnehmer seine potentielle Rückzahlungsverpflichtung absehen kann; anderenfalls würden dem Klauselverwender vermeidbare Spielräume verbleiben.585 Zusätzlich muss sich aus der Klausel ergeben, ob sich die Rückzahlungsverpflichtung auf die Brutto- oder Nettosumme richtet sowie, ob auch Fahrt-, Unterbringungs-, Verpflegungs- oder Entgeltfortzahlungskosten zu erstatten sind und wie diese berechnet werden.586

• Rückzahlung von Sonderzahlungen587 123

→ S. dazu Bindungsklauseln, Rz. 100 ff.

577 578 579 580 581 582 583 584 585 586 587

BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 24 m. Anm. Bauer. Einzelheiten s. Anmerkungen zu M 8.4, § 3. BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 20, 31 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 280. BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957; v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342, 344 f.; v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666; dazu Lingemann/Kiecza, ArbRAktuell 2009, 156. BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666; dazu Lingemann/Kiecza, ArbRAktuell 2009, 156. BAG v. 18.3.2008, BB 2008, 721; LAG Köln v. 27.5.2010, NZA-RR 2011, 11. BAG v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004; v. 18.11.2003, NZA 2009, 853. BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, 90; vgl. auch Jesgarzewski, BB 2011, 1594. BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361; v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428. BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361; s. dazu auch Elking, BB 2014, 885, 889 f. S. M 12.15.2 m. Anm.

Lingemann | 105

Kap. 2 Rz. 124 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

• Schriftformklausel588 124 Individuelle Vertragsabreden haben gem. § 305b BGB Vorrang vor Allgemeinen Arbeitsbedingun-

gen. Eine im Formularvertrag vereinbarte Schriftformklausel ist daher gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie beim Arbeitnehmer den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen allgemeinen Grundsätzen unwirksam, und diesen damit von der Geltendmachung seiner Rechte abhält.589 Der Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB, muss daher in der Klausel ausdrücklich vorbehalten werden, anderenfalls ist sie zu weit gefasst, eine geltungserhaltende Reduktion scheidet aus, § 306 Abs. 2 BGB, und eine aufgrund dessen unwirksame Klausel schützt auch nicht (mehr) gegen eine betriebliche Übung.590 Zum Teil wird allerdings auch die Auffassung vertreten, dass eine doppelte Schriftformklausel ohnehin eine betriebliche Übung kaum verhindert591 oder nur dann, wenn sie ausschließlich auf die Vermeidung einer betrieblichen Übung gerichtet ist.592 Wir halten die doppelte Schriftformklausel demgegenüber unverändert für geeignet, die Entstehung einer betrieblichen Übung auszuschließen, da diese nicht als Individualvereinbarung gilt.593 Da es an Rechtsprechung fehlt, empfiehlt es sich jedoch, die doppelte Schriftformklausel auf die betriebliche Übung zu beschränken.

Die Neuregelung des § 309 Nr. 13b BGB zum 1.10.2016, wonach eine Klausel unwirksam ist, die Anzeigen oder Erklärungen, die gegenüber dem Arbeitgeber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Textform bindet, gilt nicht für die Schriftformklausel. Unter „Erklärungen“ und „Anzeigen“ iSd. § 309 Nr. 13 BGB sind nach ganz überwiegender Auffassung keine auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen zu verstehen.594 Vertragliche Abreden sind daher von § 309 Nr. 13 BGB nicht erfasst595 und dürfen daher weiterhin von der Schriftform abhängig gemacht werden.

125 Für einen über die betriebliche Übung hinausgehenden Schutz sollten Schriftformklauseln – soweit

nicht bereits geschehen – statt in Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen vereinbart werden.596 Regelt eine solche Tarifvorschrift allerdings nur, dass Nebenabreden der Schriftform bedürfen, so werden Vereinbarungen der Parteien über die beiderseitigen Hauptrechte und -pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nach § 611 BGB nicht erfasst. Trotz einer solchen Klausel kann daher aus betrieblicher Übung ein Anspruch auf Sondervergütungen entstehen, die der Arbeitgeber ohne schriftliche Zusage vorbehaltlos gewährt hat.597 588 Vgl. auch Rz. 19 f.; AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Rz. 98 ff. Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 14. 589 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2008, 260623; Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268; BGH v. 15.2.1995 – VIII ZR 93/94, BB 1995, 742; Hromadka, DB 2004, 1261, 1264 mwN; Ulrici, BB 2005, 1902, 1903. 590 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2008, 260623; Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268; Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 14. 591 Preis/Preis, II S 30 Rz. 16. 592 Preis/Genenger, Anm. BAG EzA BGB § 307 Nr. 38. Demnach wären auch Zusätze, nach denen die Schriftformklausel „insbesondere“ eine betriebliche Übung ausschließt, schon schädlich. Rechtsprechung dazu findet sich jedoch nicht. 593 Vgl. auch Rz. 96a und M 2.1a Ziff. 14 m. Anm. 594 Lingemann/Otte, NZA 2016, 516; PWW/Berger, § 309 BGB Rz. 100; MünchKomm/Wurmnest, § 309 BGB Nr. 13 Rz. 3. 595 Hintergrund dessen ist, dass es die im Regierungsentwurf des AGBG (BT-Drucks. 7/3919, S. 7) enthaltene Regelung § 9 Nr. 17, die ein Schriftformverbot für „vertragliche Abreden“ vorsah, nicht ins AGBG geschafft hatte (Vgl. Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 13 BGB Rz. 1). Daneben wird dies zum Teil auch mit dem Wortlaut begründet, wonach „Erklärungen, die (…) abzugeben sind“ zum Ausdruck bringt, dass das die Erklärung zur Rechtswahrnehmung oder Rechtswahrung erforderlich sein muss, woran es bei einer auf Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung fehlen würde (Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, § 309 BGB Nr. 13 Rz. 11). 596 Vgl. dazu Hromadka, DB 2004, 1261, 1266. 597 BAG v. 1.4.2009, EzA-SD 2009, Nr. 13, S. 7; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82.

106 | Lingemann

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 126a Kap. 2

• Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis Die Vereinbarung eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses weicht für sich genommen nicht von Rechtsvorschriften ab, da sie vom zugrunde liegenden Rechtsgeschäft und damit den Rechtsnormen, denen dieses unterliegt, unabhängig ist.598 Insoweit greift für das Schuldanerkenntnis selbst die Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (s. Rz. 42 ff.). Schließt ein Schuldanerkenntnis jedoch die Möglichkeit aus, geltend zu machen, dass der zugrunde liegende Anspruch nicht besteht, so weicht es insoweit von den § 812 Abs. 2, § 821 BGB ab und benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen, § 307 Abs. 1 BGB.599

126

Demgegenüber wird mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis eine bestehende Schuld lediglich bestätigt. Das führt zu einem weitgehenden Einwendungsausschluss des Schuldners. Wegen des vergleichsähnlichen Charakters muss es mit den wesentlichen Grundgedanken von § 779 BGB vereinbar sein.600

• Späteheklausel (s. auch Altersabstandsklausel) Nach der langjährigen Rechtsprechung des BAG waren Späteheklauseln ebenso wie Altersabstandsklauseln (s. Rz. 85b) zulässig.601 Eine Benachteiligung wegen Alters war aufgrund der mit der Klausel verfolgten rechtmäßigen Ziele – die Risiken der Hinterbliebenenversorgung zu begrenzen und die damit verbundenen Aufwendungen für den Arbeitgeber kalkulierbar zu halten – gerechtfertigt. Diese Rechtsprechung hat das BAG nun modifiziert.602 Späteheklauseln, die an die Vollendung des 60. Lebensjahres anknüpfen oder nur die „jetzige“ oder die im Vertrag namentlich genannte Ehefrau begünstigen, sind demnach eine unzulässige Benachteiligung wegen Alters nach § 7 AGG und damit unwirksam.603 Wirksam sind aber Regelungen, nach denen die Hinterbliebenenversorgung entfällt, wenn im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsberechtigten die Ehe nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat,604 oder die die Versorgung ausschließen, wenn die Ehe erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses605 oder erst nach Eintritt des Versorgungsfalls606 geschlossen wurde. Letzteres gilt auch dann, wenn die feste Versorgungsgrenze nach der Versorgungsordnung bereits bei Alter 62 liegt.607 Dagegen ist eine von betriebsrentenrechtlichen Strukturprinzipien losgelöste, an das Alter bei der Eheschließung anknüpfende Grenze in der Regel nicht angemessen.608 Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Altersgrenze die feste Altersgrenze der Versorgungsordnung darstellt.609

598 BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03, NZA 2005, 682, 684 f.; weitergehend Fornasier/Werner, RdA 2007, 235. 599 BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03, NZA 2005, 682, 685 f. 600 BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14, NZA 2016, 1409. 601 Vgl. nur BAG v. 26.8.1997 – 3 AZR 235/96, NZA 1998, 817; v. 15.10.2013 – 3 AZR 294/11, NZA 2014, 1203 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 545. 602 BAG v. 4.8.2015 – 3 AZR 137/13, NZA 2015, 1447 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 398. 603 Vgl. BAG v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15, NZA 2017, 723; v. 4.8.2015 – 3 AZR 137/13, NZA 2015, 1447 Rz. 70: Nach Auffassung des BAG stellt die Vollendung des 60. Lebensjahres – anders als das Ende des Arbeitsverhältnisses oder der Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer selbst – keine „Zäsur“ dar, die es ausnahmsweise hätte gestatten können, in den Bestimmungen über die Witwenversorgung daran anzuknüpfen. Vorschläge bei Bauer/Krieger, NZA 2016, 22. 604 BAG v. 19.2.2019 – 3 AZR 150/18, NZA 2019, 918 m. Anm. Diller ArbRAktuell 2019, 279; ebenso EuGH v. 19.12.2019 – C-460/18, juris, Anm. Ernst, ArbRAktuell 2020, 01017 zu einer Mindestehedauer von einem Jahr. 605 BAG v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15, NZA 2017, 723. 606 BAG v. 14.11.2017 – 3 AZR 781/16, NZA 2018, 453 m. Anm. Diller ArbRAktuell 2018, 154. 607 BAG v. 22.1.2019 – 3 AZR 560/17, NZA 2019, 991 m. Anm. Schuster FD-ArbR 2019, 418276. 608 BAG v. 19.2.2019 – 3 AZR 215/18, NZA 2019, 997 Anm. Diller, FD-ArbR 2019, 418941. 609 BAG v. 22.1.2019 – 3 AZR 560/17, NZA 2019, 991, Anm. Schuster, FD-ArbR 2019, 418276.

Lingemann | 107

126a

Kap. 2 Rz. 126b | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

• Stichtagsklausel610 126b

→ S. Bindungsklauseln, Rz. 100 ff.

• Überstundenklausel611 127 Der Arbeitgeber kann Überstunden anordnen, wenn dies im Vertrag vorgesehen ist. Ob die an-

zuordnenden Überstunden beschränkt oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen sind, ist nicht geklärt. Aus § 2 Abs. 2 Satz 3 MiLoG, wonach die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden monatlich jeweils 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen dürfen, wird zum Teil allgemein geschlossen, dass Überstunden bis zu dieser Höhe monatlich angeordnet werden dürfen, vorausgesetzt, die Bestimmungen des ArbZG werden eingehalten.612 Die Begrenzung der Überstundenanzahl ist jedenfalls ratsam.613 Sofern sie allerdings pauschal abgegolten werden sollen, ist die Zahl der pauschal abzugeltenden Überstunden zwingend im Rahmen der gesetzlich zulässigen Überstunden zu beschränken.614 Vgl. dazu unter „Pauschalabgeltung“, Rz. 118 f. Auch wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber längere Zeit unter Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, bedeutet das für sich genommen noch keine einvernehmliche Vertragsänderung hin zu einer höheren Arbeitszeit.615 Die Anordnungsbefugnis kann ausdrücklich geregelt werden, die Abgeltungsklausel ist dafür wohl keine ausreichende Rechtsgrundlage.616 Überstunden sind allerdings gem. § 612 Abs. 1 BGB nur dann zu vergüten, wenn auch eine objektive Vergütungserwartung besteht.617 Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es – gerade bei Diensten höherer Art – nicht.618 Diese Vergütungserwartung besteht im Zweifel, wenn es in der Branche Tarifverträge gibt, die für vergleichbare Arbeiten eine Überstundenvergütung vorsehen.619 Sie kann ferner grundsätzlich unterstellt werden bei Vollzeittätigkeit mit einer Vergütung unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze; bei einer höheren Vergütung muss der Arbeitnehmer die Erwartung substantiiert darlegen und beweisen.620 Dasselbe gilt bei einer hervorgehobenen Position zB nach § 18 Abs. 1 Nr. 12 ArbZG, so zB bei leitenden Angestellten621 und Chefärzten622.

• Überprüfungsvorbehalt 127a Verträge enthalten gelegentlich Überprüfungsvorbehalte, wonach die Höhe der Vergütung in be-

stimmten Zeitabständen überprüft wird. Ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, dass die Obergrenze für die Bemessung von Weihnachts- und Urlaubsgeld alle zwei Jahre überprüft wird,

610 Formulierungsvorschlag s. M 12.15.2. 611 Formulierungsvorschlag s. M 3.1 § 3 (2). 612 Spiegelberger/Schilling, NJW 2014, 2897, 2900; ders., NZA 2014, 414; aA. Riechert/Nimmerjahn, Mindestlohngesetz, 1. Aufl. 2015, § 2 MiLoG Rz. 46, wonach mindestlohnrechtlich nur relevant sei, dass die Arbeit tatsächlich angefallen ist, nicht, ob sie vertrags- oder arbeitsschutzrechtlich überhaupt angeordnet werden durfte. 613 Spiegelberger/Schilling, NJW 2014, 2897, 2900; Bauer/Arnold, DB 2012, 1986; Peterhänsel, Juris-PR 36/ 2012, Anm. 1; Spielberger, AuA 2012, 573, 575 noch mit einer empfohlenen Grenze von 25 %. 614 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 347/11, NZA 2012, 939; v. 22.2.2012 – 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861; v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, BB 2006, 327 m. Anm. Lindemann, BB 2006, 826; vgl. auch Rosenau, NJW-Spezial 2010, 754. 615 BAG v. 22.4.2009 – 5 AZR 133/08, DB 2009, 1652. 616 Vgl. BAG v. 16.5.2012, NZA 2012, 2683. 617 Hunold, DB 2014, 361, 363. 618 BAG v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335. 619 BAG v. 22.2.2012 – 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861. 620 BAG v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335. 621 LAG Hamm v. 6.1.2012 – 19 Sa 896/11. 622 BAG v. 17.3.1982, NJW 1982, 2139.

108 | Lingemann

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 127c Kap. 2

kann dies eine rechtliche Verpflichtung begründen, die Obergrenze regelmäßig zu überprüfen und das Ergebnis der Überprüfung mitzuteilen. Eine rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Anpassung der Bemessungsobergrenze ergibt sich daraus jedoch nicht, es sei denn dafür bestehen ergänzende Anhaltspunkte.623

• Urlaubsklausel624 Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die jährliche Gewährung von Urlaub. Der Arbeitgeber hat ihn zeitweilig von seinen vertraglichen Arbeitspflichten unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen. Maßgeblich ist das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage (§ 3 Abs. 1 BUrlG) bei sechs Werktagen/Woche, somit vier Wochen. Darüber hinaus wird meist zusätzlicher Urlaub (Mehrurlaub) gewährt. Der Urlaub des Teilzeitbeschäftigten verringert sich entsprechend.625

127b

Abweichende einzel- oder tarifvertragliche Regelungen sind für den gesetzlichen Mindesturlaub nur in den Grenzen des § 13 BUrlG möglich. Der Urlaubsanspruch ist grundsätzlich an das Kalenderjahr gebunden, § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG. Er erlischt daher mit dem Ende des Urlaubsjahres, sofern er nicht vom Arbeitnehmer so rechtzeitig geltend gemacht wird, dass er noch vorher vom Arbeitgeber erfüllt werden kann.626 Allerdings gilt dies nur, sofern der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten627 nachkommt, indem er dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnet, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen und ihn notfalls förmlich628 zur Inanspruchnahme des Urlaubs auffordert, mit dem Hinweis, dass nicht genommener Urlaub ansonsten verfällt. (Formulierungsvorschlag und Erläuterungen im Einzelnen s. M 14.8). Eine förmliche Aufforderung ist ratsam, denn der Arbeitgeber trägt die Beweislast sowohl für die Tatsache, dass er den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, den Urlaub in Anspruch zu nehmen, als auch für den Hinweis auf den Urlaubsverfall bei fehlender Inanspruchnahme.629 Für den übergesetzlichen Mehrurlaub kann diese Verpflichtung abbedungen werden.630 Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ist eine Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Dann wird der Urlaubsanspruch kraft Gesetzes, also ohne eine Erklärung der Beteiligten, auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen, § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.631 623 BAG v. 27.2.2019 – 10 AZR 341/18, NZA 2019, 914. 624 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 7 m. Anm. 625 BAG v. 5.9.2002 – 9 AZR 244/01, NZA 2003, 726; nicht aber der vor einem Wechsel von Vollzeit in Teilzeit erworbene Urlaubsanspruch, EuGH v. 13.6.2013 – C-415/12 – Brandes/Land Niedersachsen, NZA 2013, 775. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind gem. § 5 Abs. 2 BUrlG auf volle Urlaubstage aufzurunden. Bruchteile von weniger als einem halben Tag sind ungerundet zu berücksichtigen, BAG v. 23.1.2018 – 9 AZR 200/17, NZA 2018, 653 Rz. 31 f. 626 BAG v. 18.9.2001 – 9 AZR 570/00, NZA 2002, 895. 627 Einem Urlaubsverfall ohne Mitwirkung des Arbeitgebers wie ihn § 7 Abs. 1, 3 BurlG nach dem Wortlaut vorsieht, stehen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 EU-Grundrechtscharta entgegen (EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 61). 628 EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 45; BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 40; v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 42. 629 EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 45; v. 6.11.2018 – C-619/16 – Kreuziger, NZA 2018, 1612; BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 39 ff.; v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 41 ff.; der Arbeitgeber eröffnet dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit, den Urlaub in Anspruch zu nehmen, wenn er sich weigert, den Jahresurlaub zu vergüten (vgl. EuGH v. 29.11.2017 – C-214/16 – King, NZA 2017, 1591 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2017, 619). 630 BAG v. 25.6.2019 – 9 AZR 546/17, NZA 2019, 1577; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 586; Bayreuther, NZA 2019, 945, 948. 631 Die Arbeitsvertragsparteien können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer Urlaub ohne Rücksicht auf das Bestehen gesetzlicher oder tariflicher Übertragungsgründe auch während des gesamten Folgejahres beanspruchen kann. Eine derartige Übertragungsregelung kann auch Gegenstand einer betrieblichen Übung sein (BAG v. 21.6.2005, NZA 2006, 232).

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127c

Kap. 2 Rz. 127c | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Konnte der Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit den Urlaub bis zum 31.3. des Folgejahres nicht nehmen, widerspricht das Fristenregime des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG jedoch europarechtlichen Grundsätzen. Dann verfällt er erst 15 Monate nach dem Ende des Kalenderjahres.632 Sowohl der Urlaubsabgeltungsanspruch633 als auch der Urlaubsanspruch – in Form eines finanziellen Ausgleiches634 – sind vererblich. Die Vererblichkeit ebenso wie die Unabdingbarkeit und die strengen Regeln für den Verfall gelten allerdings nur für den gesetzlichen Mindesturlaub.635 Für übergesetzlichen Urlaub (Mehrurlaub) können die Parteien abweichende Regelungen vereinbaren636. Aus dem Vertrag muss dazu allerdings ein klarer Regelungswille der Parteien dahingehend erkennbar sein, zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen vertraglichen Ansprüchen unterscheiden zu wollen.637 Für den Arbeitgeber ist es daher ratsam, eine Unterscheidung von gesetzlichem Mindesturlaub und übergesetzlichem Urlaub vorzunehmen und eine entsprechende Verfallsregelung für übergesetzlichen Urlaub zu treffen (M 2.1a Ziff. 7 m. Anm.). In der Praxis kann sich die Frage stellen, ob vorrangig der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch oder der zusätzlich gewährte Urlaub abgegolten wird, wenn der Arbeitgeber insofern keine Tilgungsbestimmung getroffen hat. Von Bedeutung ist dies vor allem dann, wenn hinsichtlich des zusätzlich gewährten Urlaubs eine kürzere Verfallsfrist vereinbart wurde (s.o.). Nach der Rechtsprechung soll dann mangels Leistungsbestimmung des Arbeitgebers zunächst der gesetzliche Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers abgegolten sein.638 Denn § 366 Abs. 2 BGB enthalte einen allgemeinen Rechtsgedanken dahin, dass die Tilgungsreihenfolge nach einem vernünftigen Parteiwillen zu erfolgen habe. Aufgrund seiner Unabdingbarkeit sei der gesetzliche Mindesturlaub daher vorrangig abzugelten.639 Es empfiehlt sich, vorsorglich entweder schon arbeitsvertraglich oder bei Bewilligung des Urlaubs deutlich zu machen, auf welchen Teil des Urlaubsanspruchs geleistet werden soll (M 2.1a Ziff. 7 m. Anm.).

• Verfallklausel640 – s. auch „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Rz. 92 ff. 128 Eine Klausel, nach der Aktienoptionen unter bestimmten Umständen verfallen, unterliegt nicht den strengen Anforderungen wie Bindungs- und Verfallklauseln (Rz. 100), da Aktienoptionen per se ein spekulatives Element innewohnt. Daher ist auch die Verknüpfung des Bezugsrechtes nach Ablauf der Wartezeit mit dem ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses idR keine unangemessene Benachteiligung (s. Rz. 85a).641

632 BAG v. 22.9.2015 – 9 AZR 170/14, NZA 2016, 37; v. 12.11.2013, AP Nr. 100 zu § 7 BUrlG; v. 15.10. 2013, AP Nr. 102 zu § 7 BurlG Abgeltung Rz. 11; v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, NZA 2012, 1216. Dazu Thüsing/Pötters/Stiebert, RdA 2012, 281, 286; ErfK/Gallner, § 7 BUrlG Rz. 34. S. auch Lingemann/Sy, KrV 2012, 106, 108; Bauer/von Medem, NZA 2012, 113, 115. 633 BAG v. 22.9.2015 – 9 AZR 170/14, NZA 2016, 37. 634 EuGH v. 6.11.2018 – C-569/16, C-570/16 – Bauer und Broßonn, NZA 2018, 1467 Rz. 48 ff., 60 ff.; BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 45/16, NZA 2019, 829, Anm. Merten, FD-ArbR 2019, 418663. 635 Vgl. BAG v. 12.11.2013 – 9 AZR 551/12, NZA 2014, 383; v. 12.3.2013, ZTR 2013, 316; v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538; dazu Bauer/Arnold, NJW 2009, 631; Grobys, NJW 2009, 2177 mit Hinweis auf die sozialrechtlichen Folgen. 636 Zur Vererblichkeit ausdrücklich BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 45/16, NZA 2019, 829, Anm. Merten, FDArbR 2019, 418663. 637 BAG v. 23.3.2010 – 9 AZR 128/09, NZA 2010, 810; v. 12.4.2011 – 9 AZR 80/10, NZA 2011, 1050. 638 BAG v. 12.1.1989 – 8 AZR 404/87, NZA 1989, 758; v. 22.1.2002 – 9 AZR 601/00, NZA 2002, 1041; ArbG Berlin v. 22.4.2009, NZA-RR 2009, 441. 639 So auch Leinemann/Linck, § 7 BUrlG Rz. 15; HWK/Schinz, § 7 BUrlG Rz. 14; Krieger/Arnold, NZA 2009, 530, 533. 640 Formulierungsvorschlag s. M 12.28 § 7. 641 BAG v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066 = AP BGB § 305 Nr. 12 m. zust. Anm. Lingemann/Gotham.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 129 Kap. 2

• Vergütung642 Die Vereinbarung der Vergütungshöhe unterliegt wegen der Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (Rz. 42 ff.) nicht der Inhaltskontrolle.643 Demgegenüber sind Abreden zur Einschränkung, Veränderung, Ausgestaltung oder Modifizierung der Hauptleistungspflichten der Inhaltskontrolle unterworfen (vgl. Rz. 42 ff.).644 Zu Einzelheiten s. Kap. 12 – Vergütung.

128a

• Versetzungsklausel – s. auch „Änderungsklausel“, Rz. 82a f.645 § 308 Nr. 4 BGB gilt nicht für arbeitsvertragliche Versetzungsvorbehalte,646 da sie nicht die Leistung des Verwenders, sondern die dem Verwender geschuldete Gegenleistung betreffen.647 Eine § 106 Satz 1 GewO nachgebildete Versetzungsklausel stellt keine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar; sie muss daher auch nicht konkrete Versetzungsgründe benennen.648 Soweit die Klausel nicht über § 106 Satz 1 GewO hinausgeht, unterliegt sie auch nicht der Inhaltskontrolle;649 da sie nicht von Rechtsvorschriften abweicht, greift die Kontrollsperre (Rz. 42 ff.), es handelt sich um eine „unechte Direktionsrechtserweiterung“.650 Auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt idR nicht vor, da die Klausel erst später durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers konkretisiert werden kann.651 Der arbeitsvertragliche Vorbehalt, den Mitarbeiter entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen im Unternehmen des Arbeitgebers liegenden Tätigkeit zu betrauen,652 benachteiligt den Arbeitnehmer nicht iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.653 Sofern sich die Klausel im Rahmen des § 106 Satz 1 GewO hält, ist es bei räumlicher Versetzung auch nicht erforderlich, die Gründe für eine Änderung des Beschäftigungsortes in die Vertragsklausel aufzunehmen654, einen maximalen Entfernungsradius oder eine angemessene Ankündigungsfrist. Letztere sind vielmehr erst im Rah642 Einzelheiten in Kap. 12; Formulierungsvorschlag s. M 12.1.1 ff.; M 2.1a Ziff. 5; M 3.1 §§ 3, 4. 643 BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428. 644 BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908; v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40. 645 Formulierungsvorschlag s. M 2.1a Ziff. 1. 646 Gemeint sind damit Vorbehalte der Versetzung innerhalb der Reichweite von § 106 Satz 1 GewO, von Preis/Genenger, NZA 2008, 969 bezeichnet als „unechte Direktionsrechtserweiterung“; Einzelheiten bei Lakies, ArbRAktuell 2013, 3; s. dazu ausführlich Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 494; Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 518. 647 BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, BB 2006, 2195; vgl. auch Hunold, BB 2011, 693. 648 BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, BB 2006, 2195; v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160; s. dazu auch M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. 649 BAG v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 Rz. 21 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2012, 325; v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1356; Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 494; krit. hierzu Hromadka, NZA 2012, 233, 234 f. 650 Preis/Genenger, NZA 2008, 969; krit. hierzu Hromadka, NZA 2012, 233, 236. 651 BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, BB 2006, 2195. 652 Das (nicht erweiterte) Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO umfasst keine Abänderung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit, BAG v. 24.9.2015 – 2 AZR 3/14, NZA 2015, 1457 Rz. 15. 653 BAG v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160. 654 BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1358; v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160, 3165; Preis/Genenger, NZA 2008, 969, 973. Die Beschränkung auf § 106 GewO muss allerdings aus der Klausel heraus erkennbar sein, BAG v. 25.8.2010, NZA 2010, 1356; die durch den Versetzungsvorbehalt geregelte Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die Beschränkung auf den im Arbeitsvertrag genannten Ort der Arbeitsleistung, BAG v. 19.1.2011 – 10 AZR 738/ 09, NZA 2011, 631; vgl. hierzu Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281, 1285 f.; Hromadka, NZA 2012, 233, 238; Salamon/Fuhlrott, NZA 2011, 839.

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129

Kap. 2 Rz. 129 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) men der Ausübungskontrolle zu überprüfen.655 Dasselbe gilt auch bei einer bundesweiten Versetzungsklausel.656 Wir halten es jedoch für ratsam, in jedem Falle zumindest klarstellend zu regeln, dass nur eine gleichwertige Tätigkeit zugewiesen werden darf.657 Sofern die Versetzungsklausel selbst die in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränkt, ist das natürlich verbindlich.658 Die Versetzungsentscheidung selbst unterliegt zudem der Ausübungskontrolle, sie muss also billigem Ermessen entsprechen, § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB.659 Die Beweislast dafür, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 106 GewO für die Versetzung vorliegen und die Versetzung sich auch im Übrigen im Rahmen der gesetzlichen, arbeitsvertraglichen und gegebenenfalls kollektivrechtlichen Grenzen hält, trägt der Arbeitgeber.660 Zu Versetzungsklauseln, die die vertragliche Tätigkeit als solche ändern sollen, vgl. unter „Änderungsklausel“, Rz. 82a f. Sollte eine zu weite Versetzungsklausel unwirksam sein, so ist fraglich, wie sich diese Unwirksamkeit auf die Sozialauswahl auswirkt. Der Arbeitgeber wird idR im Kündigungsschutzprozess die Unwirksamkeit der Klausel einwenden. Damit würde er sich allerdings auf den eigenen Rechtsverstoß berufen, was im Grundsatz treuwidrig ist661 UE. ist dies im Rahmen der Sozialauswahl jedoch ausnahmsweise zulässig, da die Sozialauswahl nicht nur das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betrifft, sondern auch das Verhältnis zu Dritten, nämlich zu anderen vergleichbaren Arbeitnehmern. Sie können nicht mit Hilfe einer unwirksamen Versetzungsklausel in die Sozialauswahl einbezogen werden.662

• Vertragsstrafe663 130 (1) Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen sind trotz § 309 Nr. 6 BGB grund-

sätzlich zulässig. Dies folgt aus der Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB.664 Eine solche arbeitsrechtliche Besonderheit ist zB der Ausschluss der Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung nach § 888 Abs. 3 ZPO, der dem Arbeitgeber im Gegensatz zu anderen Gläubigern die Möglichkeit verwehrt, seinen Primäranspruch durchzusetzen.665

131 (2) Die Unwirksamkeit einer Vertragsstrafenabrede kann sich allerdings aus § 307 BGB ergeben.666

Dabei gilt ein strenger Maßstab.667 Eine vorformulierte Vertragsstrafenklausel in einem Arbeitsvertrag, die vorsieht, dass bei einer fristlosen Kündigung seitens des Arbeitgebers in Folge eines schuldhaften vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers der Arbeitnehmer eine Zahlung von einem Bruttomonatsgehalt an den Arbeitgeber zu leisten hat, benachteiligt den Arbeitnehmer un655 BAG v. 26.9.2012, AP Nr. 22 zu § 106 GewO; v. 13.4.2010 – 9 AZR 36/09, NZA 2011, 64. 656 Vgl. BAG v. 19.1.2011 – 10 AZR 738/09, NZA 2011, 631; v. 13.4.2010 – 9 AZR 36/09, NZA 2011, 64; Hromadka, NZA 2012, 233, 239. 657 Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 518, 519; ebenso Preis/Genenger, NZA 2008, 969, 975 ff.; einschränkend Hromadka, NZA 2012, 233, 236. 658 BAG v. 23.2.2010, AuR 2010, 180. 659 BAG v. 17.8.2011 – 10 AZR 202/10, NJW 2012, 331; v. 19.1.2011 – 10 AZR 738/09, NZA 2011, 631; v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160, 3166. 660 BAG v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160, 3171. 661 Vgl. Rz. 14 – keine Klauselkontrolle zugunsten des Verwenders, BAG v. 7.6.2018 – 8 AZR 96/17, NZA 2019, 44 Rz. 20; v. 18.12.2008 – 8 AZR 105/08, NZA-RR 2009, 314 Rz. 42; 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 Rz. 16. 662 So auch Gehlhaar, NJW 2010, 2550. 663 Formulierungsvorschlag s. M 3.1, § 15; Günther/Nolde, NZA 2012, 62; Lingemann/Gottschalk, DStR 2011, 774; Winter, BB 2010, 2757. 664 BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946; v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 f.; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727. 665 BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727, 731 f. 666 BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 f.; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727. 667 BAG v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 326.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 134 Kap. 2

angemessen und ist unwirksam, weil bereits die fristlose Kündigung das Fehlverhalten sanktioniert.668 Eine Klausel, die eine Vertragsstrafe für den Fall vorsieht, dass der Arbeitnehmer den Vertrag „ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beendet“, gilt nur für den Fall der rechtlichen Vertragsbeendigung, die aber weder bei Zugang der Kündigung noch bei der Einstellung der Arbeitsleistung eintritt.669 Die Formulierung „Einhaltung der Kündigungsfrist“ soll sich nur auf die vertragliche Kündigungsfrist beziehen, will man auch die gesetzliche – insb. des § 113 InsO einbeziehen – soll die Formulierung „Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist“ naheliegend sein.670 Auch globale Strafversprechen (zB. „schuldhaft vertragswidriges Verhalten“671) sind wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam. Ist eine entsprechend unwirksame Regelung Teil einer umfassenden Vertragsstrafenklausel, die ausdrücklich auch Vertragsstrafen wegen Nichtantritts des Arbeitsverhältnisses oder bei Lösung des Arbeitsverhältnisses wegen Vertragsbruchs vorsieht, so erfasst die Unwirksamkeit der Teilregelung nicht automatisch die anderen Regelungen der Klausel.672 Kann die unwirksame Regelung nämlich herausgestrichen werden und bleibt die restliche Regelung nach dem „Blue-pencil-Test“ (Rz. 40) verständlich, bleibt letztere wirksam.673 Der „gravierende Vertragsverstoß“ kann auch durch in Klammern genannte Beispielaufzählungen konkretisiert werden, so dass klargestellt ist, dass von den Vertragsparteien zB ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot als gravierender Vertragsverstoß angesehen wird.674

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Auch muss aus der Vertragsstrafenregelung zur Vermeidung von Intransparenz, § 307 Abs. 2 Satz 2 BGB, insb. beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot hervorgehen, wann ein einzelner Verstoß und wann ein Dauerverstoß vorliegt, und ob die Vertragsstrafe bei jeder Wettbewerbstätigkeit oder nur einmal pro Monat anfällt.675 Intransparent ist eine Vertragsstrafenregelung, bei der an einer Stelle für alle Fälle der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsentgelt vereinbart wird, an anderer Stelle aber für die Nichteinhaltung während der Probezeit eine geringere.676 (3) Eine zu hohe Vertragsstrafe in AGB kann wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht gem. § 343 BGB auf ein angemessenes Maß reduziert werden, sondern ist unwirksam.677

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Eine generelle Höchstgrenze für eine arbeitsvertraglich vereinbarte Vertragsstrafe gibt es nicht.678 In der Regel ist ein Monatsgehalt jedoch als Maßstab geeignet.679 Die Vertragsstrafe darf allerdings für den Fall des Nichtantritts oder vertragswidriger Lösung des Arbeitsverhältnisses nicht höher sein als das Arbeitsentgelt, welches der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Zeit bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses schulden würde.680 Bei verschieden langen Kündigungsfristen scheidet eine geltungserhaltende Reduktion auf Zeiträume, in denen längere Kündigungsfristen gelten, aus.681 Daher ist eine Vertragsstrafe iHv. drei Bruttomonatsverdiensten für den

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668 BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, BB 2005, 2822. 669 BAG v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777 Rz. 25 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 326. 670 So in einem obiter dictum BAG v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777 Rz. 27 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 326. S. auch M 3.1 § 15 m. Anm. 671 BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34; v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, NZA 2005, 1053. 672 BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 f.; v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, BB 2005, 2822. 673 BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, BB 2005, 2822, 2824 mwN. 674 BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, BB 2006, 720. 675 BAG v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, DB 2008, 66; Diller, NZA 2008, 574 m. Formulierungsvorschlag. 676 BAG v. 24.8.2017 – 8 AZR 378/16, NZA 2018, 100 m. Anm. Lingemann, ArbR 2018, 75. 677 BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727. 678 BAG v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08, DB 2009, 2269; v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, NZA 2009, 370. 679 So auch die Formulierung in BAG v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07, NZA 2009, 1337. 680 BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946; v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 f.; v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08, DB 2009, 2269; v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, NZA 2009, 370; wirksame Formulierung bei BAG v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07, NZA 2009, 1337. 681 BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946; v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89, 92.

Lingemann | 113

Kap. 2 Rz. 134 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Fall vertragswidriger Kündigung unangemessen, wenn der Vertrag zwar nur eine einmalige jährliche Kündigungsmöglichkeit zum 31.7., jedoch mit einer zweimonatigen Frist vorsieht, weil die kürzestmögliche Kündigungsfrist dann zwei und nicht drei Monate beträgt.682 Diese Obergrenze gilt nur dann nicht, wenn das Sanktionsinteresse des Arbeitgebers aufgrund besonderer Umstände den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der Arbeitsvergütung bis zur vertraglich zulässigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dokumentiert, typischerweise und generell übersteigt.683

135 Unangemessen ist auch eine Klausel, die für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverstoßes eine Ver-

tragsstrafe in Höhe des ein- bis dreifachen Monatsgehalts vorsieht, wobei die genaue Höhe vom Arbeitgeber nach der Schwere des Verstoßes festgelegt wird.684 Das gilt umso mehr, wenn die Vertragsstrafe in erster Linie der bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Arbeitgebers losgelöster Geldforderungen dient.685 Ferner kann nach Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg die Höhe der Vertragsstrafe nicht nach der „Bruttomonatsvergütung“ bemessen werden, wenn sich die Vergütung aus einem Festgehalt und einer variablen Umsatzbeteiligung zusammensetzt.686

136 Insgesamt wird man bei der Vertragsgestaltung darauf achten müssen, dass die Strafe in einem sachgerechten Verhältnis zur Bedeutung des Vertragsverstoßes für den Verwender steht.687

137 (4) Ist die Vertragsstrafenregelung im Text nicht hervorgehoben, enthält jedoch der gesamte Ver-

tragstext ein einheitliches Schriftbild und keinerlei Hervorhebungen oder Überschriften, und ist die Regelung auch nicht versteckt bei einer anderen Thematik eingeordnet, so ist die Vertragsstrafenregelung nach Auffassung des LAG Schl.-Holst. nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.688

• Widerrufsvorbehalt689 138 Ein Widerrufsvorbehalt ist nur wirksam, wenn er Widerrufsgründe und Umfang erkennen lässt, der

widerrufliche Anteil am Gesamtverdienst unter 25/30 % liegt und der Tariflohn nicht unterschritten wird.690 Auch der gesetzliche Mindestlohn darf dementsprechend durch den Widerrufsvorbehalt nicht unterschritten werden.691 Der widerrufliche Teil muss unter 25 % liegen, wenn er im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, ansonsten kann sich der widerrufliche Teil auf bis zu 30 % des Gesamtverdienstes erhöhen.692 Diese Untergrenzen müssen allerdings in der Klausel uE. nicht ausdrücklich geregelt werden. Der Mindestlohn und die weiteren Untergrenzen begründen nur eine Ausübungs-, nicht aber eine Wirksamkeitssperre.693

682 BAG v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, NZA 2009, 370. 683 BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946; v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89, 91; v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08, DB 2009, 2269; nach LAG Schl.-Holst. v. 28.2.2012, LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 29, kann bei besonderem Sanktionsinteresse auch eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern angemessen sein. 684 BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34, 37. 685 BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, BB 2006, 720. 686 LAG Berlin-Brandenburg v. 12.11.2009, GWR 2010, 255. 687 Vgl. LAG Düsseldorf v. 8.1.2003 – 12 Sa 1301/02, NZA 2003, 382; ferner BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/ 97, NJW 1998, 2600 unter II.3.b) der Urteilsgründe; OLG Düsseldorf v. 18.10.1991 – 16 U 173/90, DB 1992, 86. 688 LAG Schl.-Holst. v. 2.2.2005, BB 2005, 896. 689 Formulierungsvorschlag bei M 2.2 Ziff. 4 (2); zusammenfassende Darstellung mit Formulierungsvorschlag auch bei Stoffels, NZA 2017, 1217. 690 BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465. 691 Der Mindestlohn sollte daher ausdrücklich vom Widerrufsvorbehalt ausgenommen werden, s. unter „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Rz. 92. 692 BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann. 693 Stoffels, NZA 2017, 1217.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 142a Kap. 2

Die widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe eindeutig sein. Hinsichtlich der Widerrufsgründe ist zumindest die Richtung anzugeben, aus der der Widerruf möglich sein soll (wirtschaftliche Gründe, Gründe in der Leistung oder im Verhalten des Arbeitnehmers).694 So reicht die Klausel, die Überlassung des Dienstwagens könne „aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen werden“, nicht aus, weil sie einen Widerruf auch aus Marktaspekten oder verstärktem Gewinnstreben heraus ermöglichen würde.695 Die Angabe „wirtschaftliche Verluste“ hingegen reicht als Widerrufsgrund möglicherweise aus,696 jedenfalls aber ein Widerrufsvorbehalt für den „Fall der wirtschaftlichen Notlage“697. Ob auch eine „Umgestaltung des Entgeltsystems“ einen Widerrufsgrund darstellen kann, ist nicht geklärt.698 Der Grad der Störung (wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, nicht ausreichender Gewinn etc.) muss konkretisiert werden, wenn der Arbeitgeber darauf abstellen will.699 Es ist zwar nicht abschließend geklärt, ob bei der Auflistung der Gründe auch nur beispielhaften Aufzählungen, etwa eingeleitet durch „insbesondere“, zulässig sind. In der Entscheidung vom 21.3. 2012700 hat das BAG sie bei Widerruf einer Dienstwagenüberlassung jedoch gebilligt. Insoweit kann es ratsam sein, besonders wichtige Fälle beispielhaft aufzuzählen.

139

Der Arbeitgeber kann eine Gehaltserhöhung auch im vorformulierten Arbeitsvertrag gem. einer tariflichen Regelung zusagen unter dem Vorbehalt, dass die tariflichen Entgelterhöhungen keine „strukturelle Änderung“ des Tarifwerks darstellen. Eine solche Klausel verstößt weder gegen die Unklarheitenregel gem. § 305c Abs. 2 BGB noch gegen § 308 Nr. 4 BGB.701 § 308 Nr. 4 BGB erfasst nicht den Vorbehalt des Verwenders, die eigene Leistung zu erhöhen.702

140

Die Regelung eines Widerrufsvorbehalts in einer Betriebsvereinbarung unterliegt gem. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB, wohl aber nach § 75 BetrVG.703 Für die Umsetzung gilt gleichfalls die Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB.704

141

Zur Unwirksamkeit der Kombination von Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalt s. unter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ (Rz. 106).

142

Der Widerruf – nicht die Aufnahme des Widerrufsvorbehaltes705 – kann nach allgemeinen Grundsätzen der Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 10 BetrVG unterliegen, sofern es sich um einen kollektiven Tatbestand handelt.706

142a

694 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796; BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann. Großzügiger jedoch bei tariflichen Regelungen BAG v. 7.7.2011, ZTR 2011, 678. 695 BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457, 460; Freckmann/Müller, NWB 2011, 2552; Fröhlich, ArbRB 2011, 253; Gaul/Kaul, BB 2011, 181; Hunold, NZA 2010, 1276; krit. hierzu Crisolli/ Zaumseil, BB 2012, 1281, 1286. Wegen Vergleichs beim BAG nicht zur Entscheidung gekommen und vom LAG Niedersachsen v. 28.3.2018 – 13 Sa 304/17 für unwirksam gehalten wurde ein Widerrufsrecht „aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ dazu Pfrogner, BB 2019, 2228, die „wirtschaftliche Gründe“ für ausreichend hält. 696 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796 f. 697 BAG v. 24.1.2017 – 4 AZR 772/14, NZA 2017, 931; v. 24.1.2017 – 1 AZR 774/14, NZA 2017, 777. 698 Dafür Stoffels, NZA 2017, 1217, 1219 mwN. 699 BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann. 700 BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616. 701 BAG v. 9.11.2005 – 5 AZR 351/05, DB 2006, 1061. 702 BAG v. 9.11.2005 – 5 AZR 351/05, DB 2006, 1061. 703 BAG v. 1.2.2006 – 5 AZR 187/05, BB 2006, 1057. 704 BAG v. 1.2.2006 – 5 AZR 187/05, BB 2006, 1057. 705 Bayreuther, NZA 2019, 735. 706 BAG v. 24.1.2017 – 1 AZR 772/14, NZA 2017, 931; Einzelheiten bei Stoffels, NZA 2017, 1217, 1221; Bayreuther, NZA 2019, 735, 736.

Lingemann | 115

Kap. 2 Rz. 142a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Ein Teilkündigungsrecht bezogen auf einzelne Vertragsbedingungen kann ausnahmsweise zulässig sein, wenn es das ursprüngliche Äquivalenzgefüge nicht verändert.707

• Zielvereinbarung708 142b

Ist vereinbart, dass dem Arbeitnehmer ein Bonus zusteht, wenn er die von den Arbeitsvertragsparteien gemeinsam für eine Zielperiode festgelegten Ziele erreicht, unterliegt die von den Parteien getroffene Zielvereinbarung als Entgeltabrede grundsätzlich keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB.709 Sie muss aber dem Transparenzgebot genügen, dh. es muss erkennbar sein, welchen Anspruch der Arbeitnehmer bei Erreichung der Ziele hat.710

• Zillmerung 142c

Voll gezillmerte Versicherungsverträge verstoßen zwar nicht gegen das Wertgleichheitsgebot des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG, können jedoch eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 BGB darstellen. Die Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten auf fünf Jahre könnte demgegenüber angemessen sein. Eine zu weit gehende Zillmerung führt nicht zur Unwirksamkeit der Entgeltumwandlungsvereinbarung, sondern zu höherer betrieblicher Altersversorgung.711

• Zugangsfiktion 143 Gem. § 308 Nr. 6 BGB ist eine Klausel, die den Zugang wichtiger Erklärungen des Arbeitgebers (Mahnungen, Kündigungen etc.) fingiert, unwirksam.

• Zurückbehaltungsrecht/Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten 143a Gem. § 309 Nr. 2b BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die ein dem Vertragspartner des

Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird. Daraus wird zum Teil geschlossen, dass der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers, welches typischerweise vereinbart wird für Gegenstände, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Besitz überlassen hat (zB Pkw, Mobiltelefon, Laptop), ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam sei.712 Indes sind auch bei § 309 BGB die Besonderheiten des Arbeitsrechts gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu berücksichtigen. Solche Besonderheiten können jedenfalls bestehen, wenn der Arbeitgeber ein aus der spezifischen Struktur der Arbeitsbeziehung resultierendes berechtigtes Interesse am Ausschluss des Zurückbehaltungsrechtes hat, zB weil die weitere Besitzüberlassung eine Gefahr für Betriebsgeheimnisse darstellt,713 was typischerweise beim vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Notebook und Smartphone der Fall ist. Für Geschäftsunterlagen des Arbeitgebers im Original scheidet ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB regelmäßig aus. Nach den Grundsätzen zur Wahrnehmung berechtigter Interessen kann dem Arbeitnehmer aber im Einzelfall ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 242 BGB zustehen.714 Um etwaige Verstöße des Arbeitnehmers bei fehlendem Zurückbehaltungsrecht arbeitsrechtlich ahnden zu kön707 BAG v. 18.5.2017 – 2 AZR 721/16, NZA 2017, 1195: Kündigung einer Pauschalierungsabrede für Erschwerniszulagen bei beidseitig eingeräumten Kündigungsrecht ist wirksam. 708 Formulierungsvorschlag und Einzelheiten s. M 12.27. 709 BAG v. 12.12.2007 – 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409. 710 BAG v. 14.11.2012 – 10 AZR 783/11, NZA 2013, 1150 Rz. 30 ff.; v. 29.8.2012 – 10 AZR 385/11, NZA 2013, 148 Rz. 34 ff. 711 BAG v. 15.9.2009 – 5 AZR 517/09, DB 2010, 61; vgl. auch Reinhard/Luchtenberg, BB 2010, 1277; Falkner, BB 2011, 2488. 712 Schuster, AiB 2002, 274, 278. 713 So namentlich Annuß, BB 2002, 458, 463; krit. Hümmerich, NZA 2003, 753, 764. 714 Bergwitz, NZA 2018, 333, 335.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 148 Kap. 2

nen, empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag für bestimmte Fälle eine Erklärungspflicht über die vollständige Herausgabe von Geschäftsunterlagen vorzusehen (M 2.1a Ziff. 8 Abs. 4 m. Anm.).

3. Form des Arbeitsvertrages, Nachweisgesetz, Arbeitsbedingungenrichtlinie Grundsätzlich ist ein Arbeitsvertrag formfrei. Allerdings hat das BAG mit Entscheidung vom 25.10. 2017715 die Schriftform durch die Hintertür eingeführt,716 denn die Altersbefristung, welche sich in fast jedem Arbeitsvertrag befindet, bedarf für ihre Wirksamkeit der gesetzlichen Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG. Das gilt nur dann nicht, wenn kraft Bezugnahme oder normativ ein Tarifvertrag mit Altersbefristung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Die Entscheidung ist abzulehnen. Sie verkennt, dass – auch nach der Rechtsprechung des EuGH – das altersbefristete Arbeitsverhältnis das Normalarbeitsverhältnis ist717, während das Schriftformerfordernis gerade vor der atypischen Befristung auf einen Zeitpunkt vor Erreichen des Rentenalters warnen will.718

144

Gem. § 2 NachwG hat der Arbeitgeber jedoch spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen: – Name und Anschrift der Vertragsparteien, – Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, – bei befristeten Arbeitsverhältnissen: vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses, – Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann, – eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit, – Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgeltes und deren Fälligkeit, – vereinbarte Arbeitszeit, – Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs, – Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, – ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Das gilt in ähnlicher Weise gem. § 2 Abs. 1a NachwG auch bei der Einstellung eines Praktikanten. Gem. § 2 Abs. 3 NachwG können die Vorgaben zum Arbeitsentgelt, zur Arbeitszeit, zum Erholungsurlaub und zu den Kündigungsfristen auch durch eine Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen und ähnliche Regelungen, die für das Arbeitsverhältnis gelten, ersetzt werden.

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Besonderheiten gelten bei Auslandseinsatz. Dazu Kap. 11 Rz. 2.

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Das NachwG gilt für alle Arbeitsverhältnisse.

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Eine Verletzung der Nachweispflicht durch den Arbeitgeber berührt die Wirksamkeit des geschlossenen Arbeitsvertrages zwar nicht.719 Sie kann jedoch zu Beweiserleichterungen zugunsten des Ar-

148

715 716 717 718 719

BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889. Ablehnend Lingemann, NZA 2018, 889; Schröder, ArbRAktuell 2018, 91. EuGH v. 28.2.2018 – C-46/17, NZA 2018, 355 – John. Im Einzelnen Lingemann, NZA 2018, 889. LAG Berlin v. 6.12.2002 – 2 Sa 941/02.

Lingemann | 117

Kap. 2 Rz. 148 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) beitnehmers720 führen bis hin zur analogen Anwendung der Beweisvereitelung nach § 444 ZPO721 und zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers.722 Letztere hat das BAG bejaht, wenn eine tarifvertragliche Ausschlussklausel aufgrund Betriebsüblichkeit in dem Betrieb gilt, der Arbeitgeber jedoch entgegen der Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG diese Geltung des Tarifvertrags nicht in den Nachweis aufnimmt. Zwar gilt die Ausschlussklausel auch ohne diese Aufnahme; der Arbeitnehmer hat jedoch einen Schadensersatzanspruch dahin, so gestellt zu werden, als sei er rechtzeitig darauf hingewiesen worden.723 Der Arbeitnehmer muss aber die Kausalität zwischen unterbliebenem Nachweis und eingetretenem Schaden darlegen, dann greift die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens.724 Nimmt der Nachweis bereits auf einen bestimmten Tarifvertrag Bezug, bedarf es der gesonderten Erwähnung der darin geregelten Ausschlussfrist allerdings nicht mehr.725

148a Seit dem 31.7.2019 ist die Arbeitsbedingungenrichtlinie (RL EU 2019/1152) in Kraft. Die Umset-

zungsfrist läuft allerdings erst am 1.8.2022 ab. Zum Zeitpunkt der Drucklegung lag noch kein Umsetzungsgesetz vor. Die Mitgliedstaaten können den Anwendungsbereich der Richtlinie bei der Umsetzung auf Arbeitsverhältnisse beschränken, deren im Voraus festgelegte und tatsächlich geleistete Arbeitsstunden in einem Referenzzeitraum von vier aufeinanderfolgenden Wochen im Durchschnitt drei Stunden wöchentlich oder weniger beträgt. Die Richtlinie sieht eine Ergänzung der Nachweispflichten vor. Der Arbeitgeber soll über die bisherigen Regelungen hinaus den Arbeitnehmer schriftlich über Folgendes unterrichten:

– Regelung für Fahrten zwischen den Arbeitsorten, soweit kein fester oder vorherrschender Arbeitsort besteht – Anspruch auf Fortbildung unter Angabe der Anzahl der jährlichen Fortbildungstage und über die allgemeine Fortbildungsstrategie des Arbeitgebers – Frist für eine mögliche Kündigungsschutzklage726 – Ruhepausen, tägliche und wöchentliche Ruhezeiten und bezahlter Urlaub – Alle Bestandteile der getrennt angegebenen Vergütung, einschließlich Beiträge in Form von Geld- oder Sachleistungen, Zahlungen für Überstunden, Boni und anderer Ansprüche – Bei Fehlen eines Arbeitsplans (zB Arbeit auf Abruf): wie Arbeitszeiten festzulegen sind, einschließlich der Zeitfenster, in denen sie aufgefordert werden können zu arbeiten, und der Mindestankündigungsfrist vor Beginn eines Arbeitsauftrags – Identität der Sozialversicherungsträger bei fehlender Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers, gegebenenfalls Informationen zu Leistungen bei Krankheit, zu Leistungen bei Mutterschaft, Vaterschaft und Elternschaft, zu Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie zu Leistungen bei Alter, bei Invalidität, für Hinterbliebene, bei Arbeitslosigkeit, bei Vorruhestand und für Familien – grundlegende Informationen müssen dem Arbeitnehmer möglichst umgehend, spätestens innerhalb einer Kalenderwoche ab ihrem ersten Arbeitstag zugehen; iÜ. bleibt es bei der Monatsfrist 720 So zB die Auslegung einer Stundenlohnabrede als Nettolohnvereinbarung, LAG Köln v. 19.1.2010, AuA 2012, 370. 721 Vgl. Boudon, ArbRB 2006, 155 ff.; LAG Köln v. 9.1.1998, LAGE § 2 NachwG Nr. 4; Hohmeister, BB 1998, 587. 722 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 171/10, NZA 2011, 1173, 1175; v. 23.1.2002 – 4 AZR 56/01, NZA 2002, 800; ArbG Frankfurt/M. v. 25.8.1999 – 2 Ca 477/99, DB 1999, 2316. 723 BAG v. 23.1.2002 – 4 AZR 56/01, NZA 2002, 800. 724 Vgl. BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 171/10, NZA 2011, 1173, 1175. 725 LAG Nds. v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145; LAG Köln v. 6.12.2000, ZIP 2001, 336; LAG Bremen v. 9.11.2000, NZA-RR 2001, 98; LAG Hamm v. 10.9.1999 – 5 Sa 1868/98, MDR 2000, 463; aA LAG Schl.-Holst. v. 8.2.2000, NZA-RR 2000, 196; Koch, FS Schaub, 1998, S. 421, 438. 726 Zwar ist die Unterrichtungspflicht in Art. 4 Abs. 2 Arbeitsbedingungenrichtlinie nicht ausdrücklich normiert. In Erwägungsgrund 18 ist sie jedoch vorgesehen. Der Erwägungsgrund ist als zwingende Auslegungsregel zu lesen, vgl. Maul-Sartori, NZA 2019, 1161, 1165.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 150 Kap. 2

Sämtliche Informationen sollen nach der Richtlinie abweichend von § 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG auch auf elektronischem Wege übermittelt werden können. Der Verstoß gegen die Informationspflichten soll sanktioniert werden.

4. Arbeiter/Angestellte Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten hat aufgrund der Entscheidung des BVerfG v. 30.5.1990727 und der Angleichung der Kündigungsfristen in § 622 BGB durch das am 15.10.1993 in Kraft getretene Kündigungsfristengesetz zu einem erheblichen Teil ihre rechtliche Bedeutung verloren. Eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten in der betrieblichen Altersversorgung ist gleichheitswidrig und damit unzulässig, sofern nicht weitergehende Gründe als nur der bloße Statusunterschied die Ungleichbehandlung rechtfertigen.728 Eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten bei der Gewährung von Weihnachtsgeld ist nur bei Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes zulässig. Ein solcher Grund kann zwar das Bedürfnis des Arbeitgebers sein, Angestellte stärker an sich zu binden, das gilt jedoch nur, wenn diese stärkere Bindung der Angestellten einem objektiven wirklichen Bedürfnis entspricht, welches vom Arbeitgeber substantiiert darzulegen ist.729 Allerdings steht den Tarifvertragsparteien bei der Bemessung von Leistungen an Arbeitnehmergruppen wegen Art. 9 Abs. 3 GG eine Einschätzungsprärogative zu.730 Bei einigen Tarifverträgen spielt diese Unterscheidung noch eine Rolle.731 Folgende Kriterien sind für die Unterscheidung maßgeblich:

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Checkliste: Abgrenzung Arbeiter/Angestellte

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Arbeiter

□ überwiegend körperliche Tätigkeit □ überwiegend ausführende Tätigkeit in der Produktion/Technik □ Ferne zur Unternehmensleitung □ Produktionsbereich □ starke Umgebungseinflüsse Angestellte

□ überwiegend geistige, dh. kaufmännische oder büromäßige Tätigkeit □ in Produktion/Technik stärker leitende Tätigkeit □ Nähe zur Unternehmensleitung □ höhere Qualifikation □ geringere Umgebungseinflüsse 727 BVerfG v. 30.5.1990 – 1 BvL 2/83, 1 BvL 9/84, 1 BvL 10/84, 1 BvL 3/85, 1 BvL 11/89, 1 BvL 12/89, 1 BvL 13/89, 1 BvL 4/90, 1 BvR 764/86, NZA 1990, 721; so auch ausdrücklich BAG v. 10.12.2002 – 3 AZR 3/02, DB 2003, 2018 zur betrieblichen Altersversorgung, Vertrauensschutz des Arbeitgebers für eine Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten bestand danach nur bis zum 30.6.1993. 728 BAG v. 10.11.2015 – 3 AZR 575/14 m. Anm. Diller ArbRAktuell 2015, 580; v. 17.6.2014, NJOZ 2014, 1947; v. 16.2.2010 – 3 AZR 216/09, NZA 2010, 701; v. 23.4.2002, AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 54; v. 10.12.2003 – 3 AZR 3/02, DB 2003, 2018. 729 BAG v. 12.10.2005 – 10 AZR 640/04, DB 2006, 283. 730 BAG v. 16.8.2005 – 9 AZR 378/04, DB 2006, 790, 791; Einzelheiten zur Gleichbehandlung bei PWW/ Lingemann, § 611 BGB Rz. 49 ff. 731 ZB der BRTV, ERTV und BAT, vgl. BAG v. 25.8.2010, NJOZ 2011, 812, 814; v. 17.12.2009, NJOZ 2010, 1452; Kortstock, NZA 2017, 357, 358.

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Kap. 2 Rz. 151 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern)

151 Angestellte sind zB Kassierer in Selbstbedienungsläden, Krankenschwestern, Musiker, Telefonisten. Arbeiter sind zB. Boten, Kellner, Lageristen, Portiers.732

5. Tarifbindung 152 Erst wenn feststeht, ob und ggf. welcher Tarifvertrag anwendbar ist, kann auch der Arbeitsvertrag

sachgerecht gefasst werden. Bleibt der Arbeitsvertrag hinter den tariflich festgelegten Mindestnormen in einem anwendbaren Tarifvertrag zurück, so gelten die für den Arbeitnehmer günstigeren Tarifnormen (Günstigkeitsprinzip, § 4 Abs. 3 TVG).733 Anwendbar ist der Tarifvertrag, wenn er nach seinem – räumlichen, – betrieblich/fachlichen und – persönlichen Geltungsbereich für das Arbeitsverhältnis einschlägig ist und Tarifbindung besteht. Tarifbindung wiederum besteht, wenn – der Arbeitgeber Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes ist und der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft, § 3 Abs. 1 TVG (beiderseitige Verbandsmitgliedschaft)734, oder – der Arbeitgeber selbst einen Haus- oder Firmentarifvertrag geschlossen hat und der Arbeitnehmer Mitglied der vertragschließenden Gewerkschaft ist, § 3 Abs. 1 TVG, oder – der Bundesminister für Arbeit und Soziales oder nach § 5 Abs. 6 TVG die entsprechenden obersten Landesbehörden den Tarifvertrag gem. § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt haben. Dann gilt der Tarifvertrag auch für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber unmittelbar und zwingend. Die allgemeinverbindlichen Tarifverträge werden nach § 6 TVG bei den Tarifregistern beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales geführt.

153 Überschneiden sich die Geltungsbereiche mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb, sind nach § 4a

TVG („Tarifeinheitsgesetz“) nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat, § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG. Der verdrängte Tarifvertrag bleibt weiter wirksam, ist aber während der Dauer der Kollisionslage nicht anwendbar.735 Die Rechtsnormen des Tarifvertrag sind ausnahmsweise dann weiter anwendbar, wenn beim Zustandekommen des Mehrheitstarifvertrags die Interessen von Arbeitnehmergruppen, die von dem Minderheitstarifvertrag erfasst werden, nicht ernsthaft und wirksam berücksichtigt wurden, § 4a Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 TVG.736 Die Rechtsnormen des anwendbaren Tarifvertrages gelten nach § 4 Abs. 5 TVG auch nach seinem Ablauf noch so lange weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt worden sind. In diesem „Nachwirkungszeitraum“ ist der Tarifvertrag nicht mehr zwingend, dh. seine Bestimmungen dür732 LAG Saarland v. 27.1.1982, BB 1982, 1302, fragwürdig. 733 Vgl. BAG GS v. 7.11.1989 – GS 3/85, DB 1990, 1724. 734 Ausreichend ist auch ein Eintritt des Arbeitnehmers in die tarifschließende Gewerkschaft nach dem Verbandsaustritt des Arbeitgebers während dessen Nachbindung, BAG v. 6.7.2011 – 4 AZR 424/09, NZA 2012, 281. 735 ErfK/Franzen, § 4a TVG Rz. 17. 736 Der nachträglich hinzugefügte zweite Halbsatz ist wie die vorherige Fassung (dazu BVerfG v. 11.7. 2017 – u.a. 1 BvR 1571/15, NZA 2017, 915; Scholz/Lingemann/Ruttloff, Tarifeinheit und Verfassung, NZA-Beil. 1/2015 mwN; Waas, Der Regelungsentwurf von DGB und BDA zur Tarifeinheit, 2010; aA u.a. Däubler, Die gemeinsame Initiative von DGB und BDA zur Schaffung einer neuen Form von „Tarifeinheit“, 2010; Di Fabio, Gesetzlich auferlegte Tarifeinheit als Verfassungsproblem, 2014) verfassungsrechtlich umstritten (vgl. Giesen/Rixen, NZA 2019, 577).

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | Rz. 154 Kap. 2

fen auch von tarifgebundenen Parteien durch eine einzelvertragliche Abmachung unterschritten werden.737 Ein Tarifvertrag kann auch auf einen anderen Tarifvertrag verweisen, soweit dessen Geltungsbereich mit dem verweisenden Tarifvertrag in einem engen sachlichen Zusammenhang steht, was regelmäßig dann anzunehmen ist, wenn beide Tarifverträge von denselben Tarifvertragsparteien geschlossen worden sind.738 Der tarifvertraglich in Bezug genommene Tarifvertrag gilt nicht als solcher, sondern nur als Teil des verweisenden Tarifvertrags für die Arbeitsvertragsparteien. Jede Änderung des inkorporierten Tarifvertrages steht daher einer Änderung des verweisenden Tarifvertrages gleich, so dass die Nachbindung an den verweisenden Tarifvertrag in dem Moment durch die Nachwirkung ersetzt wird, in dem der inkorporierte Tarifvertrag geändert wird.739

6. Einbeziehung des Tarifvertrages Tarifverträge können auch durch Einzelarbeitsvertrag ganz oder teilweise einbezogen werden( vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 10 NachwG; Einzelheiten s. Rz. 98 ff. „Bezugnahmeklausel“). § 622 Abs. 4 BGB bestimmt dies beispielsweise ausdrücklich für die tariflichen Kündigungsfristen, § 4 Abs. 4 EFZG für die tariflichen Berechnungsvorschriften für die Krankenvergütung oder § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG für tarifliche Urlaubsregelungen. Die vertragliche Inbezugnahme muss allerdings bestimmt und eindeutig sein. Es muss klar ersichtlich sein, auf welchen Tarifvertrag und gegebenenfalls auf welche Bestimmungen im Einzelnen verwiesen werden soll.740 Daneben kann der Tarifvertrag in Bezug genommen werden durch – arbeitsvertragliche Einheitsregelung, – eindeutige Gesamtzusage, – Betriebsvereinbarung für die nicht organisierten Arbeitnehmer. Allerdings gilt dies nach § 77 Abs. 3 BetrVG nicht für Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt sind. Insoweit kann auch nicht auf Entgelttarifverträge verwiesen werden,741 es sei denn, der Tarifvertrag enthält eine Öffnungsklausel. Ist Gegenstand der Betriebsvereinbarung ein Tatbestand zwingender Mitbestimmung nach § 87 BetrVG (insb. Fragen der Lohngestaltung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG), so hindert nach hM. nur ein tatsächlich bestehender Tarifvertrag den Abschluss einer Betriebsvereinbarung;742 oder – betriebliche Übung.743 Die vertragliche Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen ist nicht an eine Form gebunden. Sie kann sich daher auch aus einer betrieblichen Übung oder konkludentem Verhalten der Arbeitsvertragsparteien ergeben. Sie ist in den Nachweis gem. NachwG aufzunehmen (vgl. Rz. 144 ff.). Die betriebliche Übung kann nur durch Vereinbarung oder Änderungskündigung beendet werden, eine Beendigung durch „negative betriebliche Übung“ gibt es nicht mehr.744 737 738 739 740 741 742 743

744

BAG v. 6.7.2011 – 4 AZR 424/09, NZA 2012, 281; v. 23.2.2005, NZA 2005, 1320. BAG v. 22.2.2012, ZTR 2012, 436. BAG v. 22.2.2012, ZTR 2012, 436. BAG v. 2.3.1988, DB 1988, 1322; v. 29.7.1986 – 3 AZR 71/85, NZA 1987, 668; LAG Düsseldorf v. 10.8. 2011 – 7 Sa 534/11; vgl. auch Jacobs, Tarifeinheit und Tarifkonkurrenz, 1999, S. 177 ff. Fitting, § 77 BetrVG Rz. 67. BAG v. 20.8.1991 – 1 ABR 85/90, DB 1992, 275; v. 24.2.1987 – 1 ABR 18/85, BB 1987, 1246. Vgl. BAG v. 23.1.2002 – 4 AZR 56/01, NZA 2002, 800; v. 19.1.1999, BB 1999, 1388 (LS); allerdings gelten bei Bezugnahme auf Tarifverträge im öffentlichen Dienst Besonderheiten: Im Geltungsbereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes kann eine bloße betriebliche Übung, die eine vertragliche Nebenpflicht betrifft, wegen des Schriftformgebots des § 2 Abs. 2 TVöD (früher § 4 BMT-G II bzw. § 4 II BAT) keinen Anspruch auf die üblich gewordene Leistung begründen, vgl. BAG v. 18.9.2002, NZA 2003, 337; vgl. auch Betz, BB 2010, 2045. BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, NZA 2009, 601; v. 25.11.2009, BB 2010, 308; vgl. zur betrieblichen Übung BAG v. 24.3.2010 – 10 AZR 43/09, NZA 2010, 759; Nebeling/Lankes, NZA 2018, 1602; Hromadka, NZA 2011, 65; Schneider, DB 2011, 2718; Salamon, NZA 2010, 1272.

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154

Kap. 2 Rz. 154 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Daneben kommt auch eine Ablösung durch Betriebsvereinbarung in Betracht.745 Die betriebliche Übung kann sich auch auf die dynamische Bestandswahrung des Entgeltniveaus des Tarifvertrags erstrecken, wenn eine übertarifliche Zulage gewährt wird und der Arbeitgeber seit jeher Tariflohnerhöhungen entsprechend auf das Gesamtgehalt weitergegeben hat.746

155 Der Grundsatz der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung führt nicht zur Tarifbindung nicht organi-

sierter Arbeitnehmer, da die Unterscheidung zwischen organisierten Arbeitnehmern und Außenseitern eine sachliche Differenzierung rechtfertigt. Zu Einzelheiten der Wirkung und Auslegung von Bezugnahmeklauseln vgl. Rz. 98 ff. sowie M 2.2 Ziff. 5 mit Anmerkungen. 745 Vgl. BAG v. 10.3.2015, NZA-RR 2015, 371; v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916; s. dazu auch Diller/Beck, BetrAV 2014, 345. 746 BAG v. 19.9.2018 – 5 AZR 439/17, NZA 2019, 106 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 4.

II. Muster M 2.1a Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer ohne Bezugnahme

auf Tarifvertrag

Zwischen der X-GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […]1 (im Folgenden: Arbeitnehmer) wird Folgendes vereinbart:

1. Art und Ort der Tätigkeit2,

3

(1) Der Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Arbeitsvertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird ab […] als […] in […] eingestellt. (2) Der Arbeitgeber behält sich4 unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers5 die Zuweisung eines anderen gleichwertigen Arbeitsgebietes vor.6 Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Arbeitsgebiete.

1 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NachwG. Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“ auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Arbeitnehmers aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Einfl. Kap. 1 Rz. 14a. 2 Mangels Bezugnahme auf einen Tarifvertrag müssen hier auch die Regelungen in den Vertrag aufgenommen werden, die sonst Gegenstand des Tarifvertrages sind. 3 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 4 und 5 NachwG. 4 Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 NachwG iVm. § 106 GewO. Über die Versetzungsklausel hinaus kann eine andere Tätigkeit nur im Wege der Änderungskündigung zugewiesen werden. Je weiter die Versetzungsklausel reicht, desto weiter ist auch der Kreis vergleichbarer Arbeitsplätze im Rahmen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG (vgl. BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 679 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 252; v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160; v. 15.8.2002 – 2 AZR 195/01, NZA 2003, 430; v. 29.3.1990 – 2 AZR 369/89, DB 1991, 173). Auch muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Rahmen der Versetzungsklausel gegebenenfalls versetzen, um einen leistungsgerechten Arbeitsplatz für einen leistungsgeminderten Arbeitnehmer

122 | Lingemann

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2 oder7 (2) Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen im Interesse des Arbeitgebers liegenden gleichwertigen Aufgabe betrauen, ihn an einem anderen Ort8 sowie vorübergehend auch bei einem anderen Konzernunternehmen einsetzen. oder9 (2) Der Arbeitgeber behält sich vor, den Arbeitnehmer entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen im Interesse des Arbeitgebers liegenden gleichwertigen Tätigkeit zu betrauen. Der Vorbehalt erstreckt sich auch auf eine Beschäftigung an einem anderen Ort oder bei einer Tochtergesellschaft des Arbeitgebers.10

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zu schaffen (BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, BB 1997, 894; krit. Lingemann, BB 1998, 1106). Zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Konzernversetzungsklauseln s. Rz. 110b. Zur Versetzungsklausel vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Versetzungsklausel“, Rz. 129; § 308 Nr. 4 BGB ist nicht auf Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen anzuwenden (BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, NZA 2006, 1149; v. 13.3.2007, NJOZ 2008, 3160), da diese Vorschrift nur ein einseitiges Bestimmungsrecht hinsichtlich der Leistung des Verwenders – also des Arbeitgebers – erfasst, nicht dagegen hinsichtlich der ihm geschuldeten Gegenleistung, der Arbeitsleistung. Ist die Versetzungsklausel § 106 Satz 1 GewO nachgebildet, stellt sie auch keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar (vgl. BAG v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 Rz. 21 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2012, 325; Lingemann/Siemer, ArbRAktuell 2015, 494). Auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt idR nicht vor; denn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kann die Klausel kaum konkretisiert werden, dies geschieht vielmehr erst durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Als Besonderheit des Arbeitsrechts gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB unterliegt die Zulässigkeit der Versetzung damit in erster Linie einer Ausübungskontrolle (BAG v. 28.8.2013, NZA-RR 2014, 181 Rz. 20; v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355, 1358 f.). Diese Klausel hat das BAG – ohne die Einschränkung auf ein „gleichwertiges“ Arbeitsgebiet – gebilligt (v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, BB 2006, 2195), da sie materiell § 106 Satz 1 GewO nachgebildet ist. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn auch eine Änderung der Art der Tätigkeit vorbehalten bleiben soll. Dann würde es sich um eine Änderungsklausel handeln, in die auch aufgenommen werden muss, dass nur gleichwertige Tätigkeiten zugewiesen werden können (BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355). Aufgrund dessen ist es ratsam, diese Einschränkung auch in reine Versetzungsklauseln aufzunehmen. Zu Einzelheiten s. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Versetzungsklausel“ und „Änderungsklausel“, Rz. 82a ff., Rz. 129 ff. Auch die nachfolgende Klausel hat das BAG (BAG v. 13.3.2007, AP BGB § 307 Nr. 26 Rz. 18) – auch hier ohne die Beschränkung auf eine gleichwertige Aufgabe – gebilligt. Sie umfasst auch eine Konzernversetzung, über die das BAG aber nicht entschieden hat, s. auch Anmerkungen zur weiteren Alternative, M 2.1a Fn. 10. Bei der Versetzung an einen anderen Ort über den Betrieb hinaus hat das BAG die Angabe der Gründe oder eines maximalen Entfernungsradius für wünschenswert, jedoch nicht für zwingend zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gehalten (so BAG v. 13.4.2010, NJOZ 2010, 2625; vgl. ferner BAG v. 26.9.2012, DB 2013, 350; v. 13.6.2012 – 10 AZR 296/11, NZA 2012, 1154; v. 19.1.2011 – 10 AZR 738/09, NZA 2011, 631). Die Klausel ist in BAG v. 13.3.2007, AP BGB § 307 Nr. 26, zwar nicht wörtlich, aber sinngemäß wiedergegeben (Rz. 17) und dürfte nach den Entscheidungsgründen wohl gleichfalls zulässig sein. Die dem Arbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit muss der bisherigen Tätigkeit mindestens gleichwertig sein, (Neufeld, AuA 2012, 219, 220). Damit ist auch eine Konzernversetzung geregelt, zur Zulässigkeit einer Konzernversetzungsklausel vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Konzernversetzungsklausel“, Rz. 110b. Im Fall des BAG vom 13.4.2010 – 9 AZR 36/09, NJOZ 2010, 2625, 2626 kam es nicht auf die Wirksamkeit der Konzernversetzung, sondern nur auf die räumliche Versetzung innerhalb des Betriebs oder Unternehmens an, insoweit war nach dem „blue-pencil-test“ (vgl. Rz. 40) die Wirksamkeit der Konzernversetzungsklausel nicht zwingend zu prüfen (ebenso BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 36/09, NJOZ 2010, 2625, 2626 s. auch LAG Hessen v. 24.6. 2014 – 8 Sa 1216/13, BeckRS 2015, 67867). Die Wirksamkeit der Konzernversetzung war auch für eine Regelung zum Arbeitsort nicht zu prüfen, die im Wesentlichen lautete: „1. Beginn und Inhalt des Arbeitsverhältnisses. (1) Der Arbeitnehmer wird ab 1.7.2000 als Manager für den Bereich TLS in der Niederlassung des Arbeitgebers in Bielefeld eingestellt.“ (BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 36/09, NJOZ 2010, 2625).

Lingemann | 123

Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) oder11 (2) Der Arbeitgeber behält sich vor, ohne dass es einer Kündigung bedarf, dem Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens eine andere, seiner Ausbildung und beruflichen Entwicklung oder vorherigen Tätigkeit entsprechende Tätigkeit zu übertragen, soweit dies mit einem Wohnungswechsel nicht verbunden ist. oder12 (2) Der Arbeitgeber behält sich das Recht vor, den Arbeitnehmer im Bedarfsfall auch an einem anderen Arbeitsort und/oder bei einer anderen Gesellschaft des Konzerns […] entsprechend seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten für gleichwertige Tätigkeiten einzusetzen. Hierbei werden seine persönlichen Belange angemessen berücksichtigt. oder13 (2) Das Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung richtet sich nach § 106 GewO.

2. Probezeit und Vertragsdauer (1) Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit.14 Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.15 Danach gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Gesetzliche Verlängerungen der Kündigungsfristen gelten für beide Seiten.16 [alternativ zu Satz 3 und 4] Danach kann das Arbeitsverhältnis beiderseits ordentlich unter Einhaltung der für den Arbeitgeber nach § 622 BGB gesetzlich geltenden Kündigungsfristen gekündigt werden.17 oder 11 Diese Klausel hat das BAG mit Urteil v. 3.12.2008, AP BGB § 307 Nr. 42, gebilligt, obwohl darin die Gleichwertigkeit der Verweisungstätigkeit nicht ausdrücklich genannt ist. 12 Diese Klausel hat das BAG im Urteil v. 13.4.2010, NJOZ 2010, 2625 hinsichtlich der Versetzung an einen anderen Arbeitsort gebilligt; zur Wirksamkeit der Konzernversetzung s. M 2.1a Fn. 9. 13 § 106 GewO gilt zwar auch, wenn er, anders als mit nachstehender Klausel, nicht ausdrücklich vereinbart ist. Das gilt aber nur, wenn die Position des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag nicht bindend festgelegt ist (BAG v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 Rz. 22 zum Arbeitsort). In diesem Fall würde § 106 GewO sogar gem. § 306 Abs. 2 BGB als Rückfallposition greifen, wenn die Versetzungsklausel unwirksam ist (BAG, aaO). Zur Vermeidung der auftretenden Auslegungsschwierigkeiten ist es aus Arbeitgebersicht ratsam, eine Versetzungsklausel, zumindest aber die Verweisung auf § 106 GewO aufzunehmen. 14 Wird keine Probezeit vereinbart, besteht trotzdem während der ersten sechs Monate kein Kündigungsschutz, § 1 Abs. 1 KSchG. Die Vereinbarung einer Probezeit dient daher nur dazu, für diese Zeit bis maximal sechs Monate die kürzere Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB anzuwenden anstelle der Mindestkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gem. § 622 Abs. 1 BGB. Soll die Kündigungsfrist nicht entsprechend verkürzt werden, so ist der Hinweis auf die Probezeit im Vertrag überflüssig. Umgekehrt kann die Sechs-Monats-Frist des § 1 Abs. 1 KSchG nicht vertraglich verlängert werden. Zulässig ist aber der Abschluss eines Aufhebungsvertrages über die Probezeit hinaus – im Fall des BAG vier Monate – mit Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung (M 6.1.8; BAG v. 7.3. 2002, DB 2002, 1997; Lembke, DB 2002, 2648). Zulässig ist nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg auch die Kündigung mit einer längeren Kündigungsfrist ohne verbindliche Wiedereinstellungszusage (LAG BW v. 6.5.2015 – 4 Sa 94/14, juris Rz. 20). Darin läge jedenfalls dann keine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes, wenn dem Arbeitnehmer mit der verlängerten Kündigungsfrist eine weitere Bewährungschance eingeräumt werden soll. Obwohl nach Obigem eine Wiedereinstellungszusage nicht verbindlich erteilt werden muss, sollte die Bewährungschance in dem Aufhebungsvertrag oder der Kündigung mit aufgenommen werden, vgl. Fuhlrott, NZA 2017, 1433, 1437. 15 Formulierungsvorschlag zum Kündigungsausschluss vor Dienstantritt s. M 3.1, § 16 (1) Satz 2 m. Anm.; im Einzelnen s. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kündigungsausschluss“, Rz. 111. 16 Diese Regelung dürfte auch AGB-rechtlich zulässig sein, ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rz. 40 mwN.; vgl. auch BAG v. 29.8.2001 – 4 AZR 337/00, NZA 2002, 1346. 17 Vgl. BAG v. 28.5.2009, NZA 2009, 1337; ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rz. 40.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2 (1) Es wird zunächst ein befristetes Probearbeitsverhältnis18 vereinbart19; dieses endet am […], ohne dass es einer Kündigung bedarf. Das Probearbeitsverhältnis kann beiderseits mit einer Frist von […] zum […] vorzeitig gekündigt werden. Der Arbeitgeber wird den Arbeitnehmer spätestens […] vor Ablauf darüber informieren, ob die Fortsetzung der Beschäftigung als (unbefristetes) Arbeitsverhältnis beabsichtigt ist. Wird die Beschäftigung als Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit20 fortgesetzt, so kann das Arbeitsverhältnis mit gesetzlicher Kündigungsfrist gekündigt werden.21 Gesetzliche Verlängerungen der Kündigungsfrist gelten für beide Seiten.22 (2) Das Arbeitsverhältnis endet spätestens, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die für ihn maßgebliche Regelaltersgrenze23 der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht (zur Zeit des Vertragsabschlusses das 67. Lebensjahr).24 oder (2) Ohne dass es einer Kündigung bedarf, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers oder spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das Regelaltersrentenalter erreicht.25 evtl: (3) Das Arbeitsverhältnis endet auch mit dem Ablauf des Monats, in welchem der Arbeitnehmer beginnt, eine volle Erwerbsminderungsrente zu beziehen, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt dieser auflösenden

18 S. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Probezeitvereinbarung“, Rz. 119a. Gem. § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG ist die Erprobung ein Sachgrund für eine Befristung; die Dauer wird sich jedoch an sechs Monaten orientieren müssen, sofern nicht Besonderheiten der Tätigkeit oder des Arbeitnehmers eine längere Erprobungszeit erfordern (vgl. BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293); Einzelheiten zur Erprobung als Befristungsgrund s. Kap. 6 Rz. 15 f. 19 Zur Wirksamkeit dieser Befristung muss natürlich die Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG beachtet werden. 20 Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit steht einer Altersbefristung auf die Regelaltersgrenze nicht entgegen, BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889. 21 Hier wird vorsorglich ein Kündigungsrecht geregelt. Auch ohne diese Vereinbarung besteht wohl kein Widerspruch zur Altersbefristung (BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; ebenso für ein Arbeitsverhältnis, das an einen Tarifvertrag gebunden ist, der eine auflösende Bedingung oder Befristung vorsieht, BAG v. 23.7.2014, NZA 2015, 1341). Wir halten es jedoch für ratsam, eine Kündigungsregelung aufzunehmen. Für den Arbeitgeber richtet sich die Kündigungsfrist gem. § 622 BGB nach der Beschäftigungsdauer. Entgegen § 622 Abs. 2 BGB müssen für die Berechnung der Beschäftigungsdauer auch solche Zeiten mitgerechnet werden, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen; § 622 Abs. 2 BGB bzw. darauf verweisende Tarifverträge sind unionsrechtswidrig (EuGH v. 19.1.2010 – C-555/07, NZA 2010, 85 – Kücükdeveci; BAG v. 29.9.2011 – 2 AZR 177/ 10, DB 2012, 807). 22 Ohne diese Regelung ist der Arbeitgeber an die sich verlängernden Kündigungsfristen gem. § 622 Abs. 2 BGB gebunden, der Arbeitnehmer kann hingegen mit der Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB kündigen. 23 Die Formulierung „Erreichen der Altersgrenze“ in einem Tarifvertrag hat das BAG wohlwollend als Erreichen der Regelaltersgrenze ausgelegt (BAG v. 19.6.2018 – 9 AZR 564/17, NZA 2019, 113). Davon ist jedoch abzuraten. 24 Regelungen, nach denen das Arbeitsverhältnis am Ende des Monats endet, in dem der Arbeitnehmer die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht, sind sowohl nach Art. 12 GG als auch nach § 14 Abs. 1 TzBfG wirksam und auch nicht AGB- oder AGG-widrig (BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889; v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695; v. 27.7.2005 – 7 AZR 443/04, NZA 2006, 37), vgl. im Einzelnen Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Altersgrenze“, Rz. 86. Zu Alternativen und Erweiterungen sowie der Vereinbarkeit einer solchen Klausel mit dem AGG vgl. ferner M 3.1 bei § 16 (3). 25 So die vom BAG gebilligte Formulierung in BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889. Sie betraf die Regelaltersgrenze in einem ärztlichen Versorgungswerk, die Ausführungen des BAG verdeutlichen aber, dass sie auch für die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Bestand hätte.

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Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Bedingung.26 Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Zustellung des Rentenbescheids, in dem der zuständige Sozialversicherungsträger die volle Erwerbsminderung feststellt, zu informieren. Wird dem Arbeitnehmer eine volle Erwerbsminderungsrente lediglich auf Zeit gewährt, ruht das Arbeitsverhältnis für den Bewilligungszeitraum dieser Rente, längstens jedoch bis zu einem Beendigungszeitpunkt nach Abs. 2.27

3. Arbeitszeit, Kurzarbeit, Freistellung (1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden.28 Ihre Lage richtet sich nach der betrieblichen Einteilung.29 26 Die verminderte Erwerbsfähigkeit allein stellt keinen hinreichenden Auflösungsgrund dar. Anzuknüpfen ist an den tatsächlichen Rentenbezug (BAG v. 15.2.2017 – 7 AZR 82/15, NZA-RR 2017, 398 Rz. 22). Die Zwei-Wochen-Frist ist zwingend nach §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG (vgl. BAG v. 20.3.2019 – 7 AZR 98/17, AP Nr 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom Rz. 18). Wurde dem Arbeitnehmer eine unbefristete Rente nur wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt, kann der Arbeitnehmer binnen zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses tritt bei teilweiser Erwerbsminderung und frist- und formgerecht beantragter Weiterbeschäftigung nur ein, wenn keine dem Arbeitgeber zumutbare Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem freien Arbeitsplatz zu beschäftigen, dessen Anforderungen dieser nach seinem verbliebenen Leistungsvermögen genügt (BAG v. 30.8.2017 – 7 AZR 204/16, BAGE 160, 150 = NZA 2018, 1197). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch bei einem titulierten Weiterbeschäftigungsanspruch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO fortbesteht (Lingemann/Otte, ArbRAktuell 2014, 404) und er daher dem Arbeitnehmer, wenn möglich, eine andere vertragsgerechte Tätigkeit zuweisen muss (BAG v. 21.3.2018 – 10 AZR 560/16, NZA 2018, 1071). 27 Eine auflösende Bedingung wegen einer Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung auf unbestimmte Dauer führt, wäre unwirksam (BAG v. 15.2.2017 – 7 AZR 82/15, NZA-RR 2017, 398 Rz. 22). 28 Die Dauer der Arbeitszeit ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 NachwG im Nachweis schriftlich niederzulegen. Sie unterliegt der Transparenzkontrolle; bei Fehlen einer Teilzeitvereinbarung wird im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet (BAG v. 21.6.2011 – 9 AZR 236/10, NZA 2011, 1274; krit. Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281, 1284 f.). Allein der faktische Einsatz als Vollzeitkraft bedeutet jedoch nicht die konkludente Vereinbarung einer Vollzeitbeschäftigung (BAG v. 24.6.2010, NJOZ 2011, 275). Die Arbeitszeit steht nicht zur freien Disposition des Arbeitgebers, insb. die Grenzen der Abrufarbeit nach § 12 TzBfG sind zu beachten (im Einzelnen Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Arbeit auf Abruf“, Rz. 89). Auch eine Klausel, die den Arbeitnehmer verpflichtet, „im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten“, ist intransparent und damit unwirksam, da sie nicht regelt, ob die durchschnittliche Arbeitszeit monatlich, jährlich oder sogar über die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses zu ermitteln ist (BAG v. 21.6.2011 – 9 AZR 236/10, NZA 2011, 1274). Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit allerdings nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart (BAG v. 15.5.2013 – 10 AZR 325/12, NZA-RR 2014, 519 = DB 2013, 2215), je nach Auslegung aber auch das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens (BAG v. 2.11.2016 – 10 AZR 419/15, NZA 2017, 187 Rz. 11). Wird die Zahl der Wochenstunden nicht angegeben, und ist die Beschäftigung in „Vollzeit“ vereinbart, darf der Arbeitnehmer die Klausel so verstehen, dass die regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche nicht übersteigt (BAG v. 25.3.2015 – 5 AZR 602/13, NZA 2015, 1002 Rz. 14). Die Vereinbarung einer „Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen“ hat das BAG allerdings als Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung ausgelegt (BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 1024/12, NZA 2014, 1328; krit. Preis, RdA 2015, 244). Zulässig ist auch die Vereinbarung der „Arbeitsleistung, die arbeitszeitrechtlich erlaubt ist“, die Lage der Arbeitszeit bestimmt auch in diesem weiten Rahmen bei fehlender Bestimmung im Arbeitsvertrag der Arbeitgeber kraft seines Weisungsrechtes (BAG v. 18.4.2012 – 5 AZR 195/11, NZA 2012, 796). Nach EuGH v. 14.5.2019 – C-55/18, NJW 2019, 1861 (CCOO) ist der deutsche Gesetzgeber gehalten die Arbeitgeber zu verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die vom Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Solange der Gesetzgeber die Richtlinie nicht umgesetzt hat, sind zumindest private Arbeitgeber nicht unmittelbar zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Einzelheiten zur Arbeitszeit Kap. 7. 29 Vgl. BAG v. 8.10.2008, AuA 2009, 304; eine genaue Regelung der Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag ist aus Arbeitgebersicht nicht sinnvoll. Die Festlegung der Lage der Arbeitszeit gehört zum Kernbereich des Direktionsrechtes des Arbeitgebers (BAG v. 18.4.2012 – 5 AZR 195/11, NZA 2012, 796, st. Rspr. vgl. BAG v. 17.7.2007 – 9 AZR 819/06, NZA 2008, 118), so dass eine vertragliche Regelung dieses beschränken

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2 oder (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche ausschließlich der Pausen. Die Lage der Arbeitszeit und der Pausen bestimmt der Arbeitgeber nach billigem Ermessen. oder (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden/Woche. Sie kann aus betrieblichen Gründen auf mehrere Wochen ungleichmäßig verteilt werden, jedoch nur so, dass in […] zusammenhängenden Wochen der Ausgleich erreicht wird.30 (2) Der Arbeitgeber ist berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen,31 wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der Arbeitsausfall der Arbeitsverwaltung angezeigt ist (§§ 95 ff. SGB III).32 Dabei ist eine Ankündigungsfrist von drei Wochen einzuhalten.33 Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die in Ziff. 5 geregelte Vergütung im Verhältnis der ausgefallenen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit. (3) Nach Ausspruch einer Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge und Anrechnung von Urlaub und Arbeitszeitguthaben von der Arbeitsleistung freizustellen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer den Vertrag in grober, das Vertrauen beeinträchtigender Weise verletzt (zB durch Konkurrenztätigkeit, Weitergabe von Interna) oder der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann (zB wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes).34 oder

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würde; allerdings ist § 87 Abs. 1 Nr. 1, 2 BetrVG zu beachten. Auch eine langjährig unveränderte Arbeitszeit führt nicht zu einer Konkretisierung und damit Beschränkung des Weisungsrechts für die Zukunft; auch die Übertragung von Mehrarbeit über mehrere Jahre begründet daher für sich alleine noch keine dauerhafte Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit (BAG v. 22.4.2009 – 5 AZR 133/08, DB 2009, 1652; v. 11.10.1995, DB 1996, 834). Unterlässt der Arbeitgeber allerdings eine Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage, kommt er ohne entsprechendes Angebot des Arbeitnehmers mit Ablauf eines jeden Arbeitstages in Annahmeverzug, soweit er die Sollarbeitszeit nicht ausschöpft (BAG v. 26.1.2011 – 5 AZR 819/09, NZA 2011, 640; zur Möglichkeit, den Annahmeverzug für diesen Fall vertraglich auszuschließen, vgl. Zaumseil, ArbRB 2011, 222; Richter/Lange, NZA-RR 2012, 57). Für Sonntagsarbeit empfiehlt sich eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag, die in Ziff. 4 enthalten ist. Beachte aber § 3 ArbZG. Der Arbeitgeber kann ohne entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag Kurzarbeit nur aufgrund einer kollektiven oder einzelvertraglichen Vereinbarung einführen; eine einseitige Einführung mit Hilfe seines Direktionsrechts ist nicht möglich, dann bedarf es zur Arbeitszeitverkürzung einer Änderungskündigung (BAG v. 14.2.1991, AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 4). Die Anforderungen an die Einführung von Kurzarbeit haben sich auch im Rahmen der Coronakrise nicht verändert, lediglich die Voraussetzungen, Anspruchshöhe und Anspruchsdauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld gegenüber der Bundesagentur für Arbeit wurden zugunsten der Antragsteller verändert. Im Einzelnen Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, Rz. 111b. Nach vordringender Auffassung muss der Arbeitnehmer gem. der Rechtsprechung zum Widerrufsvorbehalt (Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, „Widerrufsvorbehalt“, Rz. 111b, 138 f.) auch bei der Kurzarbeitsklausel „wissen, was auf ihn zukommt“. Daher sind hier die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit auf die Berechtigung zum Bezug von Kurzarbeitergeld beschränkt. Eine voraussetzungslose Kurzarbeitsklausel wird zT als unbillige Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 BGB angesehen (vgl. Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; Bonanni/Naumann, DStR 2009, 1374, 1375; Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 118). Wegen der rechtlichen Unsicherheiten bei der Wirksamkeit von Kurzarbeitsklauseln im Arbeitsvertrag ist es ratsam, Kurzarbeit im konkreten Fall jeweils auch individuell zu vereinbaren, soweit keine kollektivrechtliche Rechtsgrundlage besteht. Vgl. auch Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 118. Bei der Angemessenheitskontrolle einer Freistellungsklausel im Formularvertrag ist der allgemeine Beschäftigungsanspruch zu berücksichtigen; aus diesem Grund empfiehlt es sich, die sachlichen Gründe, die zu einer Freistellung berechtigen, in der Klausel aufzuführen (Brachmann/Diepold, AuA 2009, 508; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Preis/Preis, II F 10 Rz. 24, 30; s. unter Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freistellungsklausel“, Rz. 103). Zu einer Alternativformulierung mit weiteren Regelungen und Ergänzungen s. M 3.1 § 16 (6).

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Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) (3) Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge und Anrechnung von Urlaub und Arbeitszeitguthaben von der Arbeitsleistung freizustellen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist,35 die konkrete Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer den Vertrag in grober, das Vertrauen beeinträchtigender Weise verletzt (zB durch Konkurrenztätigkeit, Weitergabe von Interna) oder der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann (zB wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes).36

4. Mehrarbeit, Überstunden etc.37 (1) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet38, auf Anordnung des Arbeitgebers39 Mehrarbeits- und Überstunden bis zu […] Stunden/Monat40, höchstens jedoch in gesetzlich zulässigem Umfang, zu leisten. Darüber hinaus ist er verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Nacht-, Schicht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit41 sowie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in gesetzlich zulässigem Umfang zu leisten. Das gilt auch für Geschäftsreisen. evtl. Auch wenn der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers wiederholt Mehrarbeits- oder Überstunden leistet, bleibt die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit im Übrigen unverändert. Aus der wiederholten Anord35 Die Klausel geht weiter als die erste Alternative, weil auch die Kündigung selbst als Sachgrund ausreichen soll. Ob das tatsächlich ein tauglicher Sachgrund ist, ist nicht geklärt. 36 Bei der Angemessenheitskontrolle einer Freistellungsklausel im Formularvertrag ist der allgemeine Beschäftigungsanspruch zu berücksichtigen; aus diesem Grund empfiehlt es sich, die sachlichen Gründe, die zu einer Freistellung berechtigen, in der Klausel aufzuführen (Brachmann/Diepold, AuA 2009, 508; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Preis/Preis, II F 10 Rz. 25, 29a; s. unter Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freistellungsklausel“, Rz. 103). Zu einer Alternativformulierung mit weiteren Regelungen und Ergänzungen s. M 3.1 § 16 (6). 37 Vgl. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Überstunden“, Rz. 127 sowie eingehend Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986 ff.; Hunold, DB 2014, 361. Zur Beweislast BAG v. 21.12.2016 – 5 AZR 362/16, juris. 38 Die Regelung zur Pauschalabgeltung von Überstunden unterliegt als Hauptleistungsabrede nicht der Inhaltskontrolle. Ob sich das ändert, wenn der Vertrag auch eine Anordnungsbefugnis vorsieht, ist offen (dagegen Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986). Ohne Regelung einer Anordnungsbefugnis ist der Arbeitnehmer allerdings nicht zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Insoweit muss der Arbeitgeber abwägen, ob er das Risiko in Kauf nimmt, dass ein Arbeitnehmer keine Überstunden leistet, oder das Risiko, dass bei entsprechender Vereinbarung die Pauschalabrede der Inhaltskontrolle unterfällt. Vorliegend sind Anordnungsbefugnis und Vergütung/Abgeltung streng getrennt, möglicherweise scheidet dann eine Inhaltskontrolle der Vergütungsregelung aus (so Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986). 39 Vgl. EuGH v. 8.1.2001 – C-350/99, NZA 2001, 381 – Lange; ob und ggf. inwieweit die Gründe für die Anordnung von Überstunden angegeben werden müssen, ist umstritten, s. dazu Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Rz. 127, „Überstunden“. Soweit man auf dem Standpunkt steht, dass die Gründe angegeben werden müssen, findet sich eine ausführliche Klausel bei Salamon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720. UE bedarf es der Angabe von Gründen nicht. Bei Versetzungsklauseln verlangt das BAG wegen der erforderlichen Flexibilität und Nichtvorhersehbarkeit von Gründen für eine Versetzung keine Angabe von Gründen. Die gleichen Erwägungen gelten bei Überstunden umso mehr, denn sie decken regelmäßig einen aus verschiedensten Gründen häufig nicht planbaren Mehrbedarf an Arbeit ab. Auch die Klausel belegt letztlich, dass eine Aufzählung von Gründen keine zusätzliche Vorhersehbarkeit für den Arbeitnehmer bringt. 40 Eine Beschränkung der Überstundenanzahl ist ratsam. Maßgeblich für die Höhe ist, ob es sich um eine Arbeitsabruf-Klausel oder um eine Überstunden-Klausel handelt. Während erstere einen plan- und vorhersehbaren, jedoch unter Umständen schwankenden Personalbedarf decken soll, geht es bei letzterer um einen besonderen, unvorhergesehenen Umstand, der vorübergehend längere Arbeitszeit erfordert (BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 1024/12, NZA 2014, 1328 Rz. 20; v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423; Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238, 242). Bei einer Arbeitsabrufklausel gilt die Grenze von § 12 Abs. 2 TzBfG von 25 % bzw. 20 % (vgl. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Arbeit auf Abruf“, Rz. 89), bei einer Überstundenregelung wie hier in Ziff. 4 des Musters dürfte ua. wegen der vorübergehenden Natur der Mehrarbeit/Überstunden auch eine größere Ausdehnung zulässig sein. Zu den Anforderungen des ArbZG s. Kap. 7 zur Arbeitszeit. 41 Die Aufnahme auch dieser Arbeitszeiten ist ratsam (vgl. BAG v. 15.9.2009 – 9 AZR 757/08, NJW 2010, 394).

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2 nung von Mehrarbeits- und/oder Überstunden entsteht kein Anspruch auf deren künftige Anordnung oder entsprechende Vergütung.42 (Var. 1)43 (2) Mehrarbeits- und Überstunden werden durch Freizeitausgleich mit dem Faktor 1,25 abgegolten. (Var. 2) (2) Der Arbeitgeber zahlt für jede geleistete Mehrarbeits- oder Überstunde einen Zuschlag von 25 % zu dem Arbeitsentgelt nach Ziff. 5.44 Ziff. 5 Abs. 2 bleibt unberührt. (Var. 3) (2) Die ersten 2045 Über- und Mehrarbeitsstunden im Monat sind durch die Vergütung gemäß Ziff. 5 Abs. 1 abgegolten.46 Darüber hinausgehende Über- und Mehrarbeitsstunden werden durch Freizeitausgleich mit dem Faktor […] abgegolten.

5. Vergütung, sonstige Leistungen (1) Der Arbeitnehmer erhält folgende Grundvergütung und folgende Zuschläge:47 – Grundvergütung in Höhe von Euro […]/Monat – Zuschläge für 1. Nachtarbeit in Höhe von […] % pro Stunde, wobei Nachtarbeit die zwischen 23.00 und 6.00 Uhr geleistete Arbeit ist. 2. Wechselschicht in Höhe von Euro […] je Schicht. 3. Sonn- und Feiertagsarbeit in Höhe von […] % pro Stunde. 4. Arbeit an Samstagen in Höhe von […] % pro Stunde. (2) Treffen mehrere Zuschläge zusammen, wird nur der höchste Zuschlag gezahlt. (3) Grundvergütung und Zuschläge sind fällig jeweils zum 3. Arbeitstag des Folgemonats. (4) Im Falle des Verzuges sind Zinsen nicht aus dem Bruttoentgelt, sondern aus dem Nettoentgelt geschuldet.48 42 Die Klausel dient dazu, eine entsprechende betriebliche Übung oder Konkretisierung zu vermeiden; zurückhaltend zumindest gegenüber einer konkludenten Vertragsänderung bei Mehrleistung BAG v. 22.4. 2009 – 5 AZR 133/08, DB 2009, 1652; vgl. auch Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 120. 43 Im Vertrag für gewerbliche Arbeitnehmer ist eine Pauschalabgeltung für Überstunden eher ungewöhnlich. 44 Überstunden sind nicht zwingend gesondert zu vergüten (Rz. 127). Gerade bei Verschränkung von arbeitszeitbezogen und arbeitszeitunabhängig vergüteter Arbeitsleistung bedarf es einer ausdrücklichen Regelung (BAG v. 27.6.2012 – 5 AZR 530/11, NZA 2012, 1147; v. 21.9.2011 – 5 AZR 629/10, NZA 2012, 145). Im Übrigen kommt es auf die objektive Vergütungserwartung an (BAG v. 27.6.2012, NZA 2012, 1147 m. Anm. Bauer, FD-ArbR 2012, 338218; v. 22.2.2012 – 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861). 45 Die Anzahl der pauschal abzugeltenden Überstunden muss im Vertrag genannt werden (BAG v. 22.2.2012 – 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861 Rz. 16; v. 17.11.2010 – 7 AZR 443/09, DB 2011, 61). 46 Diese pauschale Abgeltung dürfte zulässig sein (BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908, 909; v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335). Nicht geklärt ist allerdings, ob eine weitere Einschränkung aufzunehmen ist, nach der durch die Pauschalabgeltung der Mindestlohn nicht unterschritten werden darf (vgl. Reinhard-Kasperek/Denninger, BB 2019, 116). UE bedarf es dieser Einschränkung nicht, denn der Arbeitgeber muss ohnehin die Pauschalierung so berechnen, dass dadurch der Mindestlohn nicht unterschritten wird. Denkbar wäre ansonsten eine Klausel „Die Abgeltung greift nicht, soweit dadurch der Anspruch auf gesetzliches Mindestentgelt unterschritten wird“. (Einzelheiten unter AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Rz. 118). 47 Zu Einzelheiten der Vergütung, insb. auch zu Ermessensvergütungen sowie Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalten vgl. Kap. 12 Rz. 5 ff. und auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ermessensvergütung/Ermessensgratifikationen“, Rz. 101, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Rz. 104 ff. und „Widerrufsvorbehalt“, Rz. 138 ff. 48 Gem. BAG v. 7.3.2001 – GS 1/00, NZA 2001, 1195 sind Verzugszinsen aus dem Bruttolohn geschuldet. Eine abweichende Vereinbarung hat das BAG allerdings nicht ausdrücklich ausgeschlossen; die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung ist daher offen.

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Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) (5) Ansprüche auf Arbeitsentgelt dürfen nicht abgetreten oder verpfändet werden.49 Bei Pfändungen von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt werden Euro 2,50 pro Pfändung, Euro 2,50 für jedes zusätzliche Schreiben sowie Euro 1,– je Überweisung vom Lohn einbehalten.50 Dies gilt nicht, soweit dadurch der unpfändbare Teil des Lohns geschmälert wird.51 Dem Arbeitnehmer bleibt der Nachweis, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale ist, vorbehalten.52

6. Arbeitsunfähigkeit, vorübergehende Verhinderung (1) Der Arbeitnehmer zeigt jede Arbeitsunfähigkeit oder sonstige vorübergehende Verhinderung53 und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich der Personalleitung an. evtl. Er weist die Arbeitsunfähigkeit binnen zwei Arbeitstagen54 durch ärztliches Attest55 nach. Dasselbe gilt bei Folgeerkrankungen.56

49 Die Abtretung von Forderungen kann nach § 399 BGB wirksam ausgeschlossen werden mit der Folge, dass sie auch gegenüber dem Abtretungsempfänger (absolut) unwirksam ist. Dann ist auch eine Verpfändung unwirksam (§ 1274 Abs. 2 BGB). Ein solcher Ausschluss findet sich häufig in Verträgen mit gewerblichen Arbeitnehmern, seltener in Verträgen mit Führungskräften. Zahlreiche Lohnpfändungen oder Abtretungen können eine Kündigung rechtfertigen, wenn sie einen derartigen Arbeitsaufwand des Arbeitgebers verursachen, dass sie bei objektiver Beurteilung wesentliche Störungen im Arbeitsablauf – etwa in der Lohnbuchhaltung oder Rechtsabteilung – oder in der betrieblichen Organisation zur Folge haben (BAG v. 4.11.1981 – 7 AZR 264/79, DB 1982, 498; LAG Hamm v. 21.9.1977, DB 1977, 2237). Zuvor muss der Arbeitnehmer jedoch abgemahnt worden sein (LAG Hamm v. 21.9.1977, DB 1977, 2237). Bei besonderer Vertrauensstellung (zB Kassierer, Buchhalter) kann auch schon bei geringeren Beeinträchtigungen eine Kündigung in Betracht kommen (LAG Hamm v. 21.9.1977, DB 1977, 2237; LAG Rh.-Pf. v. 18.12.1978, EzA KSchG § 1 verhaltensbedingte Kündigung Nr. 5). 50 Auch wenn die Abtretung und Verpfändung vertraglich ausgeschlossen ist, hindert dies Gläubiger nicht, im Wege der Lohnpfändung auf das Arbeitseinkommen zuzugreifen (teilweise unpfändbar sind allerdings Ansprüche auf Weihnachtsvergütungen, vgl. BAG v. 14.3.2012 – 10 AZR 778/10, NZA 2012, 1246). Daher empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, zumindest für diesen Fall eine Kostenregelung zu vereinbaren. Ohne ausdrückliche vertragliche Regelung besteht kein Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung der durch Gehaltspfändungen entstehenden Kosten (BAG v. 18.7.2006 – 1 AZR 578/05, DB 2007, 227), der Anspruch kann auch nicht durch freiwillige Betriebsvereinbarung begründet werden (BAG v. 18.7.2006, DB 2007, 227). Da der Arbeitsaufwand nicht von der gepfändeten Summe abhängt und gem. § 309 Nr. 5a BGB der pauschalierte Schadensersatz den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen darf, empfiehlt sich eher eine pauschalierte Anknüpfung an die tatsächlich entstehenden Kosten, wie im Muster vorgesehen. Vergleichbare Klauseln in den AGB-Banken hat der BGH wegen Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung für unwirksam erklärt (vgl. BGH v. 19.10.1999, NJW 2000, 651; v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, NJW 1999, 2276). Ob dies auch im Arbeitsrecht gilt, ist unklar (vgl. Hannewald, NZA 2001, 19 noch unter Berücksichtigung des § 23 AGBG aF). 51 Vgl. BAG v. 18.7.2006, BB 2007, 220. 52 Die Einschränkung ist wegen § 309 Nr. 5b BGB erforderlich. 53 So der Wortlaut von § 616 BGB. 54 Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG gilt eine Frist von drei Tagen. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ist der Arbeitgeber jedoch berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigungen früher zu verlangen. Der Arbeitgeber ist in der Entscheidung, wann er die Bescheinigung verlangt, frei (BAG v. 14.11.2012 – 5 AZR 886/ 11, NZA 2013, 322). 55 Der hohe Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann erschüttert werden, wenn ein objektiver Betrachter aufgrund bestimmter Muster von einem bloßen Vortäuschen eines Großteils der Erkrankungen ausgehen musste (kollektive „Go-sick-Aktionen“), Beckerle/Stolzenberg, NZA 2016, 1313, 1314 f. Die Teilnahme an einer Go-sick-Aktion kann den Arbeitgeber dazu berechtigen, außerordentliche Kündigungen auszusprechen. 56 Vgl. § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG; ob auch hier die Drei-Tages-Frist wie bei Erstbescheinigungen gilt, ist nicht sicher und sollte daher geregelt werden.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2 (2) Bei Arbeitsunfähigkeit richten sich die Ansprüche des Arbeitnehmers nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. (3) Ansprüche nach § 616 BGB bei vorübergehender Verhinderung sind ausgeschlossen [oder: sind auf folgende Fälle und Zeiträume beschränkt: […] für […] Tage]57.

7. Urlaub Der Arbeitnehmer erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von […] Arbeitstagen.58 oder59 (1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub gem. § 3 Abs. 1 BUrlG von vier Wochen/Jahr. (2) Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer zusätzlich einen Urlaubsanspruch von zwei weiteren Wochen/Jahr. Für diesen zusätzlichen Urlaub gilt abweichend von den rechtlichen Vorgaben für den gesetzlichen Mindesturlaub60 Folgendes: – der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub entsteht im Jahr des Beginns und des Endes des Arbeitsverhältnisses für jeden vollen Monat der Beschäftigung zu 1/12;61 57 Ansprüche nach § 616 BGB können vertraglich ausgeschlossen werden (vgl. BGH v. 30.11.1978 – III ZR 43/ 77, NJW 1979, 422), was bisher allerdings selten geschieht. Ob der Ausschluss auch in Formularverträgen zulässig ist, ist nicht geklärt (PWW/Lingemann, § 616 BGB Rz. 1). Bei der alternativen Formulierung könnte man den jeweiligen Verhinderungstatbestand (zB „Beerdigung in erster Linie verwandter Angehöriger für 3 Tage“ etc.) einfügen. 58 Der Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG beträgt 24 Werktage, wobei Werktage gem. § 3 Abs. 2 BUrlG alle Kalendertage außer Sonn- und Feiertagen sind, so dass auch arbeitsfreie Samstage auf den Urlaub nach Werktagen angerechnet werden. Wird der Urlaub – wie in der Praxis üblich und daher auch im Muster vorgesehen – nach Arbeitstagen festgelegt, so kommt es auf die konkreten Arbeitstage im Betrieb an, wobei der Urlaubsanspruch sich berechnet nach der Zahl der Urlaubswerktage geteilt durch 6, multipliziert mit der Zahl der Arbeitstage des Arbeitnehmers in einer Woche (BAG v. 27.1.1987 – 8 AZR 579/84, DB 1987, 340; v. 14.1.1992 – 9 AZR 148/91, DB 1992, 1889; v. 5.9.2002 – 9 AZR 244/01, NZA 2003, 726). Zur Berechnung bei Teilzeitarbeitnehmern vgl. BAG v. 5.9.2002, NZA 2003, 726; v. 14.2.1991 – 8 AZR 97/90, NZA 1991, 777. Zur Berechnung des Urlaubsentgelts vgl. EuGH v. 13.12.2018 – C-385/17, NZA 2019, 47 – Hein; v. 15.9.2011 – C-155/10, NZA 2011, 1167 – Williams. Der Urlaubsanspruch ist nicht abhängig von einer Mindestarbeitszeit, vgl. EuGH v. 24.1.2012 – C-282/10, NZA 2012, 139 – Dominguez. 59 Die nachfolgende Variante soll der EuGH-Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung (EuGH v. 20.1.2009 – C350/06, C-520/06, NZA 2009, 135 – Schultz-Hoff, und EuGH v. 22.11.2011 – C-214/10, BB 2012, 59 – KHS/ Schulte) Rechnung tragen (vgl. auch Bauer/von Medem, NZA 2012, 113; Polzer/Kafka, NJW 2015, 2289; Schubert, RdA 2014, 9). Als Folge dieser Entscheidungen erlischt der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Übertragungszeitraums entgegen § 7 Abs. 3 Satz 3 BurlG nicht am 31.3. des Folgejahres, wenn der Arbeitnehmer vollständig oder teilweise krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat. Er verfällt jedoch 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres, somit am 31.3. des übernächsten Jahres (EuGH v. 22.11.2011, BB 2012, 59 – KHS/ Schulte; BAG v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, NZA 2012, 1216 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 399). Diese Einschränkungen von § 7 Abs. 3 BurlG beziehen sich jedoch nur auf den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG, so dass für einen etwaigen Mehrurlaub ein Verfall auch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit vorgesehen werden kann (vgl. BAG v. 5.8.2014 – 9 AZR 77/13, NZA 2015, 625; v. 7.8.2012 – 9 AZR 760/10, NZA 2013, 104). Ferner hat das BAG seine bislang vertretene „Surrogatstheorie“ aufgegeben (BAG v. 19.6.2012 – 9 AZR 652/10, NZA 2012, 1087). Insb. § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG gilt daher nicht für den Abgeltungsanspruch als reinem Geldanspruch. Er unterliegt aber tariflichen Ausschlussfristen (BAG v. 9.8.2011 – 9 AZR 365/10, NZA 2011, 1421; vgl. auch Düwell, DB 2011, 2492). 60 Es ist eine personalpolitische Frage, ob und ggf. welche der nachstehenden Einschränkungen der Arbeitgeber in den Arbeitsvertrag aufnehmen will. 61 In Tarifverträgen kann abweichend von § 5 Abs. 1 BUrlG auch eine Zwölftelung des gesetzlichen Mindesturlaubs geregelt werden. Das BAG hielt eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag auch dann für wirksam, wenn die Klausel die Formulierung enthält „§ 5 BUrlG bleibt unberührt“, BAG v. 9.8.2016 – 9 AZR 51/ 16, NZA-RR 2016, 615. Die Regelung diene nur der Klarstellung, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht

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Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) – der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub verfällt nach Ablauf des Übertragungszeitraums gem. § 7 Abs. 3 BUrlG auch dann, wenn der Urlaub bis dahin wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht genommen werden kann;62 – der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub verfällt nach Ablauf des Übertragungszeitraums gem. § 7 Abs. 3 BUrlG unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer förmlich zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufgefordert hat mit dem Hinweis, dass nicht genommener Urlaub sonst verfällt;63 – der Anspruch auf den zusätzlichen Urlaub ist nicht vererblich64 und wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abgegolten;65 – soweit der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub nicht besteht oder verfällt, gilt das auch für daraus resultierende Urlaubsabgeltungsansprüche. (3) Mit der Erteilung von Urlaub wird bis zu dessen vollständiger Erfüllung zunächst der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch erfüllt.

8. Geheimhaltung66 (1) Der Arbeitnehmer wird sich vertrauliche Informationen einschließlich Geschäftsgeheimnissen67 des Arbeitgebers nicht aneignen außer zu vertraglichen Zwecken. Er wird sie ferner dritten Personen, einschließlich anderen Arbeitnehmern des Arbeitgebers, nicht ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers offenlegen und wird sie ausschließlich für Zwecke des Arbeitsverhältnisses nutzen. Ferner wird er Geheimhaltungsmaßnahmen entsprechend den Weisungen des Arbeitgebers ergreifen.68 (Pflichten nach diesem Abs. 1 insgesamt „Geheimhaltungspflicht“) (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Soweit der Arbeitnehmer durch die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beeinträchtigt wird, kann er vom Arbeitgeber die Befreiung von dieser Pflicht verlangen. (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen insbesondere: Geschäftsstrategien wirtschaftliche Planungen, Preiskalkulationen und -gestaltungen, Wettbewerbsmarktanalysen, Umsatz- und Absatzzahlen, Personaldaten, Personalrestrukturierungskonzepte, Produktspezifikationen, Erfindungen, technische Verfahren und Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind und einen wirtschaftlichen Wert für den Arbeitgeber darstellen, Kundendaten, Lieferantendaten, Passwörter, Zugangskennungen, […]

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unterschritten werden dürfe (s. hierzu im Einzelnen Kap. 14 Rz. 5). Über eine Bezugnahmeklausel können abweichende Bestimmungen in Tarifverträgen auch zwischen nicht tarifgebundenen Parteien Anwendung finden, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG. Vgl. auch Preis/Stoffels, Arbeitsvertrag, II U 20 Rz. 58. Für den übergesetzlichen Urlaub kann die Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers abbedungen werden (BAG v. 25.6.2019 – 9 AZR 546/17, NZA 2019, 1577; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 586; Bayreuther, NZA 2019, 945, 948). Der Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltungsanspruch ist vererblich; soweit diese den gesetzlichen Urlaubsanspruch übersteigt, kann die Vererblichkeit jedoch vertraglich ausgeschlossen werden (zur Urlaubsabgeltung BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 10/17, NZA 2019, 832, Anm. Winzer, FD-ARbR 2019, 418283; v. 22.9.2015 – 9 AZR 170/14, NZA 2016, 37; zum Urlaubsanspruch EuGH v. 6.11.2018 – C-569/16, C-570/16 – Bauer und Broßonn, NZA 2018, 1467 Rz. 48 ff., 60 ff.; BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 45/16, NZA 2019, 829, Anm. Merten, FD-ArbR 2019, 418663). Vgl. auch Preis/Stoffels, Arbeitsvertrag, II U 20 Rz. 64. Zu Geheimhaltungsklauseln nach Inkrafttreten des GeschGehG s.o. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Rz. 106b ff. sowie zu einer ausführlicheren Klausel, Einzelheiten und Alternativen M 3.1. § 5. Sollte der Arbeitnehmer mit wesentlichen vertraulichen Informationen zu tun haben, wäre eher die dortige Klausel zu verwenden. Wir danken insb. Rechtsanwalt Dr. Björn Kalbfus aus unserer Kanzlei Gleiss Lutz, spezialisiert auf gewerblichen Rechtsschutz, für die Bearbeitung der Geheimhaltungsklausel. Mit Inkrafttreten des GeschGehG am 26.4.2019 findet sich die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG. Damit wird klargestellt, dass insb. die Geheimhaltungsmaßnahmen nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG (die der Arbeitgeber festlegen muss), tatsächlich umgesetzt werden.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2 (4) Bei Zweifeln, ob es sich um eine vertrauliche Information handelt, wird der Arbeitnehmer unverzüglich eine Weisung des Arbeitgebers einholen. (5) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht in den in den Fällen des § 5 GeschGehG.

9. Nebentätigkeit69 (1) Die Aufnahme einer anderweitigen entgeltlichen Tätigkeit ist dem Arbeitnehmer nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers gestattet. Hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich die beabsichtigte Tätigkeit unter Angabe von Art, Ort und Dauer angezeigt, so hat der Arbeitgeber unverzüglich zuzustimmen.70 Der Arbeitgeber kann die Zustimmung verweigern, wenn die Nebentätigkeit die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt oder sonstige berechtigte betriebliche Interessen durch die Nebentätigkeit beeinträchtigt werden.71 Der Arbeitgeber kann seine Zustimmung auch befristet oder unter einem Widerrufsvorbehalt erteilen. Die Zustimmung bedarf der Schriftform. (2) Das Zustimmungserfordernis gemäß Abs. 1 besteht nicht für die Aufnahme ehrenamtlicher, karitativer, konfessioneller oder politischer Tätigkeiten, sofern sie die Tätigkeit nach Maßgabe dieses Vertrags nicht beeinträchtigen.

10. Ausschlussfristen72 (1) Alle73 beiderseitigen74 Ansprüche75 aus dem Arbeitsverhältnis verfallen,76 wenn sie nicht binnen drei Monaten77 nach Fälligkeit78 gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform79 geltend gemacht werden. 69 Vgl. BAG v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00, NZA 2002, 965; Gaul/Khanian, MDR 2006, 68, 69; Woerz/Klinkhammer, ArbRAktuell 2012, 183; allerdings sind Neben- und auch Wettbewerbstätigkeiten, bei denen es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenten führen, von einem Nebentätigkeits- und Wettbewerbsverbot nicht erfasst (BAG v. 24.3.2010 – 10 AZR 66/09, NZA 2010, 693 = AP GG Art. 12 Nr. 141 m. Anm. Diller sowie Fuhlrott/Fabritius, FA 2010, 194; zur Unwirksamkeit eines insoweit zu weit gefassten Wettbewerbsverbots für jede Art von Tätigkeit OLG München v. 2.8.2018 – 7 U 2107/18, NZA-RR 2019, 82; zur Kritik an der Begründung des OLG München s. Lembke, NZA-RR 2019, 65; vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Nebentätigkeitsverbot“, Rz. 115 ff.). 70 Vgl. BAG v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00, NZA 2002, 965, 967; dies sollte im Hinblick auf das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erwähnt werden (vgl. Gaul/Khanian, MDR 2006, 68, 69). 71 Vgl. Woerz/Klinkhammer, ArbRAktuell 2012, 183; vgl. auch § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L: „… wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitsgers zu beeinträchtigen“, gebilligt von BAG v. 19.12.2019 – 6 AZR 23/19, juris. 72 Vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Rz. 92 ff. 73 Ausschlussfristen erfassen grds. nicht zwingende Ansprüche aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen (§ 4 Abs. 4 Satz 3 TVG; § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG) oder nicht abdingbare gesetzliche Ansprüche (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, betriebliche Altersversorgung, Urlaub). Diese Rechtsfolge ergibt sich jedoch jeweils aus dem Gesetz, sodass uE. eine ausdrückliche Herausnahme aus der Ausschlussfrist im Formular nicht erforderlich ist. Auch nach Auffassung des BAG ist eine Ausschlussfrist dahin auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll und ohne besondere Hinweise im Einzelfall eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt ist (BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 22). Im konkreten Fall ging es um eine Ausschlussfrist, welche die Haftung wegen Vorsatzes trotz § 202 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich herausnahm. 74 „Beiderseitig“ ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht AGB-widrig, vgl. die Klausel in BAG v. 27.1.2016 – 5 AZR 277/14, NZA 2016, 679. 75 Wird stattdessen formuliert „vertraglichen Ansprüche“, so kann die Klausel dahin auszulegen sein, dass Ansprüche auf Schadensersatz – unabhängig von der konkreten Anspruchsgrundlage – nicht erfasst sind (BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 753/14, NZA 2016, 1271). 76 Zur Vermeidung von Intransparenz muss auch die Rechtsfolge einer Versäumung der Ausschlussfrist in der vertraglichen Regelung genannt werden (BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324). 77 Eine drei Monate unterschreitende Ausschlussfrist benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist unwirksam. Der übrige Arbeitsvertrag bleibt wirksam (BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699 f.; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149).

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Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) evtl.80 Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs,81 so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird.82 78 Fristbeginn für die Verfallklausel kann entgegen früherer Praxis nicht mehr die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein, sondern wegen der Wertung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur noch die Fälligkeit der Ansprüche (BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149; vgl. auch BAG v. 19.2.2014 – 5 AZR 700/12, NZA 2014, 1097 Rz. 22). Nach aA. soll aufgrund des Rechtsgedankens in § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB nicht auf die Fälligkeit, sondern auf die subjektive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers abzustellen sein (Lakies, ArbRAktuell 2013, 318, 320; Mengel in Hümmerich/Reufels, § 1 Rz. 1142; Reiserer/Heinz in Liebers, B. Rz. 52). Das BAG (v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149) legt Fälligkeit jedoch dahin aus, dass ein Anspruch erst fällig ist im Sinne der Ausschlussfrist, wenn der Gläubiger „ihn annähernd beziffern kann“ (BAG v. 7.6. 2018 – 8 AZR 96/17, NZA 2019, 44 Rz. 22; v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149; v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111), so dass nach hier vertretener Ansicht ein Abstellen auf Fälligkeit wirksam ist (so auch Fuhlrott, ArbR Aktuell 2018, 269; Roloff in FS Willemsen, 2018, S. 407, 416; oben Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Rz. 95). Stellt die Klausel demgegenüber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab, benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (BAG v. 28.8.2019 – 5 AZR 425/18, EzA-SD 2019, Nr. 24, 13 Rz. 41). Seht eine Verfallklausel im Vertrag im Kontext mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, kann sie einschränkend dahin zu verstehen sein, dass auch nur Ansprüche erfasst werden, die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang stehen (BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 233/18, NZA 2019, 571 Rz. 41 ff.). 79 In ab dem 1.10.2016 geschlossenen Verträgen sind gem. § 309 Nr. 13b BGB Bestimmungen, die für Anzeigen und Erklärungen eine strengere Form als die Schriftform vorsehen, unwirksam. Zur Klarstellung, dass mit „schriftlich“ nicht die Schriftform nach § 126 BGB gemeint ist, empfiehlt sich daher der Hinweis auf die Textform nach § 126b BGB. Einzelheiten bei Lingemann/Otte, NZA 2016, 516. 80 Auch zweistufige Ausschlussfristen sind zulässig, sofern die Fristen auf beiden Stufen jeweils drei Monate nicht unterschreiten (vgl. BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701; v. 24.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111). 81 Keinesfalls darf hier das Wort „dagegen“ eingefügt werden, sonst ist die Verfallklausel unwirksam (BAG v. 3.12.2019 – 9 AZR 44/19, NJW 2020, 1317, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2020, 201; Melot de Beauregard, DB 2020, 1071; Philipp, ArbRAktuell 2020, 202). 82 Vgl. zu den Einzelheiten Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Rz. 92 sowie zur Klausel zuletzt BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/8, NZA 2019, 768. Sowohl zur Wahrung der ersten wie der zweiten Stufe einer Ausschlussfrist genügt die Erhebung einer Bestandsschutzklage, also insb. Kündigungsschutz- oder Entfristungsklage, um das Erlöschen der vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Annahmeverzugsansprüche des Arbeitnehmers zu verhindern (ausgehend von BVerfG v. 1.12.2010 – 1 BvR 1682/07, NZA 2011, 354, 355 f.: zum Tarifvertrag BAG v. 19.9.2012 – 5 AZR 627/11, NZA 2013, 101; zum Einzelvertrag BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 m. Anm. Ley, BB 2010, 2439; v. 19.3.2008 – 5 AZR 429/07, NZA 2008, 757 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2008, 262310; von Medem, NZA 2013, 345). Das ergibt sich durch Auslegung des Begriffes „geltend machen“ in der einzelvertraglichen Regelung (BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701 und v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939). Das spricht dafür, dass eine weitere Einschränkung in der Klausel selbst, etwa „Mit Erhebung einer Bestandsschutzklage (insbesondere eine Kündigungsschutzklage oder eine Entfristungsklage) gelten auch solche Ansprüche als geltend gemacht gem. Abs. 1 und als gerichtlich geltend gemacht gem. Abs. 2, die vom Erfolg der Bestandsschutzstreitigkeit abhängen“, nicht erforderlich ist. Will der Arbeitnehmer den Verfall von Ansprüchen auf Urlaubsgeltung verhindern, reicht die Erhebung der Kündigungsschutzklage zur Geltendmachung nicht aus, da der Anspruch gerade das Gegenteil (die Beendigung des Arbeitsverhältnisses) voraussetzt (BAG v. 17.10.2017 – 9 AZR 80/17, NZA 2018, 57 Rz. 37 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2018, 45). Die bloße Klageeinreichung bei Gericht wahrt eine tarifliche Ausschlussfrist allerdings nicht (BAG v. 16.3. 2016 – 4 AZR 421/15, NZA 2016, 1154), sondern erst der Zugang beim Anspruchsgegner. § 167 ZPO ist auf tarifliche Ausschlussfristen, die durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden können, nicht anwendbar (BAG aaO.). Die Geltendmachung nur in der Klageschrift ist daher schnell ein anwaltlicher Haftungsfall. Praxistipp: Ansprüche sind stets gegenüber dem Anspruchsgegner unmittelbar geltend zu machen. Auf die fristgerechte Zustellung der Klage kann nicht vertraut werden.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2 (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen.83 (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher84 oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen85 (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit,86 sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).87 oder88 (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für die Haftung aufgrund Vorsatzes, (b) für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, oder (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG). oder89 (3) Ausgenommen von den vorstehenden Ausschlussfristen sind Ansprüche, die auf vorsätzlichem sowie grob fahrlässigem Verhalten beruhen sowie unabdingbare gesetzliche Ansprüche.90 83 Mit Urteil BAG v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589 Rz. 43, hat das BAG eine Einbeziehung von Ansprüchen, „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“, gebilligt mit der Folge, dass die Ausschlussklausel auch einen Rückzahlungsanspruch aus Arbeitgeberdarlehen erfasste. 84 Vgl. § 202 BGB. Danach darf die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Nach BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 22 führt die fehlende Herausnahme der Haftung wegen Vorsatz nicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Ob das auch nach Einführung des MiLoG noch gilt, ist allerdings offen. 85 Nach § 309 Nr. 7b BGB können Ansprüche bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit in AGB nicht ausgeschlossen werden. Eine Ausschlussklausel, die Schäden iSd. § 309 Nr. 7b BGB nicht ausnimmt, kann jedoch wirksam sein, da die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB zu berücksichtigen sind. Im Arbeitsverhältnis führt eine Verfallmöglichkeit von Ansprüchen wegen Schäden im Sinne des § 309 Nr. 7b BGB typischerweise nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers (BAG v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589 Rz. 64 ff.). Auch nach BAG v. 22.10. 2019 – 9 AZR 532/18, NZA 2020, 513, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 203 ist die ausdrückliche Herausnahme der in § 309 Nr. 7b BGB genannten Ansprüche entbehrlich. 86 Gem. § 309 Nr. 7a BGB können Ansprüche wegen Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit in AGB nicht ausgeschlossen werden, wenn sie auf schuldhaftem – fahrlässigen oder vorsätzlichen – Verhalten beruhen. Insoweit geht die Klausel zugunsten der Klarheit etwas weiter als vom Gesetz gefordert. Ohne Verschulden werden allerdings idR ohnehin keine Ansprüche entstehen, sodass das vertretbar ist. Bei nicht vorsätzlicher Verursachung greift zudem idR der Haftungsausschluss des § 104 SGB VII. Nach BAG v. 22.10.2019 – 9 AZR 532/18, NZA 2020, 513, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 203 ist die ausdrückliche Herausnahme der in § 309 Nr. 7a BGB genannten Ansprüche sogar entbehrlich. Zur Formulierung von lit a) und b) vgl. auch Preis/Greiner; II A 150 Rz. 72. 87 Formulierung nach Roloff, FS Willemsen, 2018, S. 407, 416. Das BAG hat sie offenbar gebilligt (BAG v. 18.9. 2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 Rz. 51 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 498 und 2019, 13). Zahlreiche bis dahin offene Streitfragen (vgl. Vorauflage, Anm. zu M 2.1a Ziff. 10), haben sich damit erledigt (i.E. Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978; Fuhlrott, ArbRAktuell 2018, 269; Naber/Schulte, BB 2019, 501; vgl. auch Preis/Greiner; II A 150 Rz. 72). 88 Formulierung dieser Alternative 3 a) – c) insgesamt nach Roloff, FS Willemsen, 2018, S. 407, 416; ebenso Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978. 89 Die nachstehende Klausel hat das BAG mit Urteil v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768, gebilligt. Gegenstand war zwar ein Altvertrag, was uE. für die Billigung aber nicht tragend war. 90 Die Formulierung „unabdingbare gesetzliche Ansprüche“ ist dahin auszulegen, dass damit nicht nur im Rechtssinne unverzichtbare, sondern auch solche Ansprüche gemeint sind, die ein Gesetz als unabding-

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Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) 11. Geltung von kollektiven und betrieblichen Regelungen (1) Im Übrigen gelten die für den Betrieb jeweils einschlägigen Betriebsvereinbarungen. Dies gilt auch dann, wenn sie nach Abschluss des Vertrages vereinbart oder geändert werden und für den Arbeitnehmer ungünstiger als der Vertrag sind.91 (2) Darüber hinaus gelten die für den Betrieb jeweils einschlägigen Betriebsordnungen, Arbeitsanordnungen, Dienstanweisungen etc. in ihrer jeweils gültigen Fassung.92 (3) Die in Abs. 1 und 2 genannten Vereinbarungen und Regelungen können in der Personalabteilung zu den üblichen Dienststunden und im Intranet unter […] eingesehen werden.93

12. Datenschutz94 Evtl. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und seine diesbezüglichen Rechte informiert durch […]. Eine aktuelle Fassung der Information kann im Intranet unter […] eingesehen werden.95

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93 94

bar bezeichnet (BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768 Rz. 27). Sie umfasst auch den gesetzlichen Mindestlohn (BAG aaO., Rz. 29). Unschädlich ist, dass Ansprüche nach § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG und § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG nicht ausdrücklich ausgenommen sind, es führt nur zur Teilnichtigkeit hinsichtlich dieser Ansprüche (BAG aaO, Rz. 31 ff.). Ob auch für eine Bezugnahme auf Betriebsvereinbarungen die Einschränkungen wie bei einseitigen Regelungswerken des Arbeitgebers gelten (s. nachfolgende Fn.), ist nicht entschieden (in diese Richtung wohl LAG Köln v. 22.4.2008, AE 2009, 111 L; dagegen zu Recht Preis, NZA 2010, 361, 366, wenn die vom Vertrag zu Lasten des Arbeitnehmers abweichende Geltung ausdrücklich vereinbart ist; vgl. auch Krieger/ Arnold/Zeh, NZA 2020, 81, 82). Dem trägt das Muster Rechnung. Soweit das BAG eine grundsätzliche Betriebsvereinbarungsoffenheit von AGB-Regelungen im Arbeitsvertrag bejaht (v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916, 921; v. 25.5.2016 – 5 AZR 135/16, NZA 2016, 1327 Rz. 52; v. 11.12.2018 – 34 AZR 380/17, NZA 2019, 1082; krit.: v. 11.4.2018 – 4 AZR 119/17, NZA 2018, 1273; Einzelheiten Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Rz. 96c, „Betriebsvereinbarungsvorbehalt/Betriebsvereinbarungsoffenheit“), wäre eine solche Öffnungsklausel nicht einmal erforderlich. Die vorsorgliche Aufnahme in den Vertrag ist jedoch ratsam. Eine dynamische Bezugnahmeklausel auf ein solches einseitig vom Arbeitgeber gestaltetes Werk in seiner jeweiligen Fassung sieht das BAG als einseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers an, welches den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 308 Nr. 4 BGB benachteiligt, wenn in der Klausel oder der darin in Bezug genommenen Regelung keinerlei Gründe für eine Verschlechterung genannt oder erkennbar sind (BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428); soweit sie hingegen nur das Weisungsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO umsetzen, sind im Rahmen dieses Weisungsrechtes auch künftige Änderungen zulässig und erfasst. Andernfalls wirkt die Bezugnahme auf diese Regelungen nicht dynamisch, sondern nur statisch (Einzelheiten Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Rz. 99d, „Bezugnahmeklausel“). Die Reichweite der Klausel hängt damit letztlich vom Inhalt der in Bezug genommenen Regelungen ab. Ob die Betriebsvereinbarungen etc. dem Vertrag auch jeweils beigefügt werden müssen, ist nicht abschließend geklärt. Nach hier vertretener Auffassung ist das nicht der Fall (ebenso wohl BAG v. 3.4.2007 – 9 AZR 867/06, NZA 2007, 1045 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 240798). Auf die noch in der Vorauflage enthaltene Einwilligungsklausel sollte verzichtet werden, nachdem das neugefasste BDSG in § 26 Abs. 2 BDSG klarstellt, dass eine Einwilligung des Beschäftigten nur in Ausnahmefällen als freiwillig erteilt gilt, insb.e wenn der Arbeitgeber (nur) durch sie einen Vorteil erlangen kann (zB bei der Einwilligung in die Kontrolle von Nutzungsdaten zur Ermöglichung der Privatnutzung dienstlicher Informations- und Kommunikationssysteme) oder die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichgerichtet sind (zB Veröffentlichung von Porträts von „Mitarbeitern des Monats“ o.ä.). Im Übrigen ist eine Einwilligung des Arbeitnehmers weder notwendig noch sinnvoll, denn soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist, ist sie gem. § 26 Abs. 1, Abs. 3 BDSG auf gesetzlicher Grundlage gestattet. Wird dem Arbeitnehmer gleichwohl suggeriert, die Verarbeitung seiner Daten beruhe auf seiner freiwilligen Einwilligung, liegt nach Auffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden u.U. sogar ein (bußgeldbewehrter) Verstoß gegen das datenschutzrechtliche Transparenzgebot vor (vgl. Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, Kurzpapier Nr. 14 – Beschäftigtendatenschutz vom 17.12.2018, S. 2; Entscheidung der griechischen Datenschutzbehörde 26/2019, englische Zusammenfassung abrufbar unter https://www.dpa.gr/portal/page?_pageid=33,43590&_dad=portal&_schema=PORTAL).

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1a Kap. 2

13. Rückgabe von Unterlagen Der Arbeitnehmer hat bei seinem Ausscheiden alle die Angelegenheiten des Arbeitgebers oder der mit ihm verbundenen Unternehmen betreffenden Unterlagen, Urkunden, Aufzeichnungen, Notizen, Entwürfe oder hiervon gefertigte Durchschriften oder Kopien, gleich auf welchem Datenträger, unaufgefordert an den Arbeitgeber zurückzugeben. Ihm steht an diesen Unterlagen ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Arbeitgeber nicht zu.96

14. Ausschluss abweichender Absprachen und Nebenabreden Mit Abschluss dieses Vertrages werden alle eventuell bisher vorhandenen schriftlichen oder mündlichen Absprachen und Nebenabreden hinfällig. Ergänzende mündliche Abmachungen zu diesem Vertrag wurden nicht getroffen.97

15. Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung98 Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform99; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet,100 dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen. 95 Diese Klausel ist nicht zwingend, kann aber als Erinnerungsposten dafür dienen, den Arbeitnehmer entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 13, 14 Verordnung (EU) Nr. 2016/679 – Datenschutz-Grundverordnung) zu informieren. Außerdem ist der Arbeitnehmer (wie bislang gem. § 5 BDSG a.F.) außerhalb des Arbeitsvertrages über seine Pflichten beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu belehren und auf das sogenannte „Datengeheimnis“ zu verpflichten. 96 Zum Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten s. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Rz. 143a, „Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten“). 97 Derartige Vollständigkeitsklauseln dürften der AGB-Kontrolle standhalten (vgl. im Einzelnen Rz. 18). Vor Unterzeichnung eines Formulararbeitsvertrages mündlich getroffene individuelle Vereinbarungen könnten jedoch Vorrang haben (BAG v. 23.5.2007 – 10 AZR 295/06, NZA 2007, 940), wodurch ein erheblicher Anwendungsbereich der Vollständigkeitsklauseln wegfiele. 98 Gegenüber einer einfachen („Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform“) oder auch doppelten Schriftformklausel („Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform, das gilt auch für die Änderungen dieses Schriftformerfordernisses“) haben mündliche Individualabreden Vorrang, § 305b BGB. Gem. BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233 (dazu Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268), muss dieser Vorrang daher auch in der Klausel zum Ausdruck kommen. Erweckt sie demgegenüber beim Arbeitnehmer den Eindruck, auch eine mündliche individuelle Vertragsabrede sei wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. § 125 Satz 2 BGB unwirksam, so ist die Schriftformklausel zu weit gefasst und daher unwirksam. Sie schließt dann auch eine betriebliche Übung nicht aus (vgl. Rz. 17 ff. und ausführlich Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Rz. 124 f.). Das BAG hat damit seine frühere Rechtsprechung (v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, NZA 2003, 1145 m. Anm. Lingemann, SAE 2005, 40; Ulrici, BB 2005, 1902, 1903) um diese formale Anforderung ergänzt, deren genaue Umsetzung allerdings nicht geklärt ist. UE. nicht geändert hat sich die Rechtsprechung, nach der eine – wirksame – doppelte Schriftformklausel eine betriebliche Übung ausschließt, denn die betriebliche Übung stellt keine individuell ausgehandelte Regelung und damit keine Individualabrede gem. § 305b BGB dar. Allerdings ist auch das bislang nicht höchstrichterlich entschieden und die Rechtsprechung tendiert dazu, Schriftformklauseln bzw. Freiwilligkeitsvorbehalte strenger zu bewerten (s. Rz. 104 ff.). In jedem Fall sollte daher bei jeder Leistung/Sonderzahlung ein entsprechender Vorbehalt ausdrücklich erklärt werden. Anders kann eine betriebliche Übung nicht verhindert werden. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt im Vertrag reicht wohl nicht mehr aus (BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 28; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; dazu Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400). Er könnte auch nur Sonderleistungen erfassen, wäre also vom Anwendungsbereich her enger als die Schriftformklausel. Für die Kündigung oder den Aufhebungsvertrag sowie die Befristung gilt ohnehin zwingend gesetzliche Schriftform, § 623 BGB. 99 Auch nach der Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB kann die Schriftform für Vertragsänderungen weiterhin vereinbart werden, § 309 Nr. 13 betrifft nach hM nicht auf Abschluss eines Vertrages gerichtete Erklärungen, Einzelheiten Lingemann/Otte, NZA 2016, 516. Vgl. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Rz. 124 f. 100 Zum Teil wird vorgeschlagen, mit dem Zusatz „insbesondere“ den Anwendungsbereich der Klausel nicht auf den Ausschluss betrieblicher Übung zu beschränken (Meier-Rudolph, sj 2009, 45). Preis/Genenger,

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Kap. 2 M 2.1a | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Anm. zu BAG EzA BGB § 307 Nr. 38, halten demgegenüber eine doppelte Schriftformklausel nur für wirksam, wenn sie ausschließlich darauf gerichtet ist, eine betriebliche Übung zu verhindern. Da dies der Hauptanwendungsbereich der Klausel sein soll, beschränkt das Muster die Klausel auf diesen Fall. In jedem Fall empfiehlt es sich dringend, bei der Gewährung von Leistungen unabhängig von den Regelungen im Arbeitsvertrag auch noch einmal ausdrücklich einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu erklären.

M 2.1b Employment agreement with a (blue collar) employee without reference

to a collective bargaining agreement

X-GmbH (hereinafter: Employer) and Mr./Ms. […] (hereinafter: the Employee) hereby agree to the following:

1. Type and place of work (1) The Employee (the masculine term “Employee” used in this Employment Agreement apply to all genders and are meant to improve readibility) shall be engaged as a […] in […] commencing on […] (2) The Employer reserves the right, while safeguarding the Employee’s interests, to assign him to an equivalent area of operation. This reservation also applies to duties assigned to the Employee in the future. or (2) The Employer can entrust the Employee with an equivalent task corresponding to his performance and abilities if this is in the Employer’s interest, and/or transfer the Employee to a different location, and/or temporarily assign him to a different company within the group. or (2) The Employer reserves the right to entrust the Employee with an equivalent task corresponding to his performance and abilities if this is in the Employer’s interest. This reservation also extends to work at a different location or a subsidiary of the Employer. or (2) The Employer reserves the right, without a dismissal being necessary, to assign the Employee to a different or additional activity within the undertaking corresponding to his training and professional development or previous activity, as long as this is not associated with a change in residence. or (2) The Employer reserves the right to assign the Employee to equivalent work at a different place of work and/or different company within the group corresponding to his prior training and skills. In doing so, the Employee’s personal concerns shall be adequately taken into consideration. or (2) The Employer’s right to issue directives regarding the content, location and working hours shall be based on sec. 106 of the Trade Code (Gewerbeordnung – GewO).

2. Probationary period and term of Agreement (1) The first six months shall be deemed a probationary period. During this period, the employment relationship can be terminated with a notice period of two weeks. After this, the statutory notice periods apply. Statutory extensions to the notice periods apply to both sides.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1b Kap. 2 [alternative to sentences 3 and 4] After that, the employment relationship can be terminated by either party ordinarily in compliance with the statutory notice period that is applicable for the Employer pursuant to sec. 622 German Civil Code (Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). or (1) The employment relationship is initially entered into for a fixed probationary period of six months, which shall end on […], without a dismissal being necessary. During this period the employment relationship can be terminated by either party with a notice period of […] to the end of […] The Employer shall inform the Employee by no later than […] before the fixed term expires if it intends to continue the Employee’s engagement as an (unlimited) employment relationship. If the Employee’s engagement is continued as an employment relationship for an indefinite term, it can be terminated in compliance with the statutory notice period. Statutory extensions of the notice period shall be applicable for both sides. (2) Without a dismissal being necessary, the employment relationship ends no later than the end of the month in which the Employee reaches the normal age of retirement of the statutory pension fund applicable to him (i.e. the age of 67 at the time of the conclusion of this Agreement). or (2) The employment relationship shall end with the death of the Employee without a dismissal being necessary, or at the end of the month in which the Employee reaches the normal age of retirement of the statutory pension fund. Optional: (3) The employment relationship shall also end at the end of the month in which the Employee begins to receive a full pension based on a reduction in earning capacity, but at the earliest two weeks after receipt of a written notification of the Employee by the Employer that this condition subsequent has occurred. The Employee shall be obliged to inform the Employer without delay of the service of the pension notice in which the competent social security scheme determines a complete reduction in earning capacity. If the Employee is merely granted a full pension based on a reduction in earning capacity on a temporary basis, the employment relationship shall be suspended for the duration of this pension entitlement, but at most up to a date of termination pursuant to para. 2.

3. Working hours, short-time work, release from work duties (1) The regular weekly working time, excluding breaks, comprises 40 hours. They shall be arranged in accordance with the company’s schedule. or (1) The regular working time, excluding breaks, comprises 40 hours per week. The location of working time shall be determined by the Employer at its due discretion. or (1) The regular working time, excluding breaks, comprises 40 hours/week. The working hours can be unevenly distributed over several weeks for operational reasons, but only in such a way that a balance is achieved over […] consecutive weeks. (2) The Employer shall be entitled to unilaterally introduce short-time work if a serious loss of work occurs due to economic grounds and/or an inevitable event and this loss of work is notified to the labour administration (sec. 95 ff. of the Social Security Code III (Sozialgesetzbuch III – SGB III)). Such short-time work must be announced three weeks in advance. For the duration of the short-time work, the remuneration regulated in Clause 5 shall be reduced according to the proportion of the cancelled working time to the regular working time. (3) Upon termination of this Agreement or after a cancellation agreement has been concluded the Employer shall be entitled to release the Employee from his work duties subject to continued payment of the contractual remuneration and setting off vacation and working time credits if there are objective grounds for doing so. Objective grounds exist in particular if there is a specific danger that the Employee has

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Kap. 2 M 2.1b | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) grossly breached this Agreement in such a way as to undermine trust (e.g. competitive activity, disclosure of internal information) or the Employer can no longer occupy the Employee (e.g. due to job cuts). or (3) The Employer shall be entitled to release the Employee from his work duties subject to continued payment of the contractual remuneration and setting off vacation and working time credits if there are objective grounds for doing so. Objective grounds exist in particular if the employment relationship has been terminated, if there is a specific danger that the Employee has grossly breached this Agreement in such a way as to undermine trust (e.g. competitive activity, disclosure of internal information) or the Employer can no longer occupy the Employee (e.g. due to job cuts).

4. Additional work, overtime etc. (1) The Employee shall be obligated to perform additional work and overtime of up to […] hours/month at the Employer’s direction, but only up to the extent permissible by law. At the Employer’s direction he is further obligated to work nights, perform shift work, work on Saturdays, Sundays and holidays, as well as be available for stand-by (Arbeitsbereitschaft) and on-call duty (Bereitschaftsdienst) to the extent permissible by law. This also applies to business trips. if applicable Even if the Employee repeatedly performs additional work or overtime at the Employer’s direction, the contractual working time shall remain unchanged. Repeated additional work and/or overtime shall not give rise to a claim for a renewed assignment to such work or for corresponding remuneration. (Var. 1) (2) Additional work and overtime shall be satisfied by compensatory time off at a factor of 1.25. (Var. 2) (2) The Employer shall pay a premium of 25 % of the remuneration pursuant to Clause 5 for each hour of additional work or overtime. Clause 5 para. 2 remains unaffected. (Var. 3) (2) The first 20 hours of additional work and overtime per month shall be discharged with the contractual remuneration pursuant to Clause 5 para 1. Additional work and overtime beyond this limit shall be satisfied by compensatory time off at a factor of […].

5. Remuneration, other payments (1) The Employee shall receive the following basic wage and premiums: – a monthly basic wage of EUR […] – premiums for 1. night work in the amount of […] % per hour, whereby night work is work performed between 11:00 p.m. and 6:00 a.m. 2. rotating shifts in the amount of EUR […] per shift. 3. Sunday and holiday work in the amount of […] % per hour. 4. Saturday work in the amount of […] % per hour. (2) Should two or more premiums coincide, only the highest premium shall be paid. (3) Basic wage and premiums shall be payable on the third working day of the following month. (4) In the event of default, interest shall not be owed on the gross remuneration, but rather on the net remuneration. (5) Claims for remuneration may not be assigned or pledged. Where remuneration claims are attached, the sum of EUR 2.50 per attachment, EUR 2.50 for each additional letter and EUR 1 for each transfer shall be retained and set off against the wage. This shall not apply if the offsetting would reduce the unseizable portion of the wage.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.1b Kap. 2 The Employee shall have the right to prove that no damage was incurred at all or that it was substantially less than the lump-sum.

6. Inability to work/temporary prevention from working (1) The Employee is obliged to report any inability to work or other temporary prevention from working and its anticipated duration to the management without undue delay. if applicable He shall provide proof of the inability to work within two working days by means of a medical certificate; the same shall apply for follow-up illnesses. (2) In the case of an inability to work, the Employee’s claims shall be based on the Continuation of Remuneration Act (Entgeltfortzahlungsgesetz). (3) In case of temporary prevention from working claims pursuant to section 616 German Civil Code (BGB) shall be excluded [or: shall be limited to the following cases and periods of time: […] for […] days.]

7. Vacation The Employee is entitled to […] working days’ vacation per year. or (1) The Employee is entitled to the statutory minimum vacation of four weeks/year according to sec. 3 (1) of the Federal Vacation Act (Bundesurlaubsgesetz – BUrlG). (2) The Employer shall additionally grant the Employee a vacation claim of two additional weeks/year. Notwithstanding the legal provisions on the statutory minimum vacation time, the following shall apply for this additional vacation claim: - the claim to additional vacation shall arise at a rate of 1/12 for each full month of employment in the year in which the employment relationship commences and ends, - the claim to additional vacation shall be forfeited upon expiration of the carryover period defined in sec. 7 (3) of the Federal Vacation Act (Bundesurlaubsgesetz), even if the vacation cannot be taken by then due to the Employee’s inability to work. - the claim to additional vacation shall be forfeited upon expiration of the carryover period defined in sec. 7 (3) of the Federal Vacation Act (BUrlG), regardless of whether the Employer has formally asked the Employee to take the vacation, informing him that any vacation not taken will otherwise be forfeited; - the claim to the additional vacation is not heritable and shall not be compensated upon termination of the employment relationship; - insofar as a claim to additional vacation does not exist or is forfeited, the shall also apply to the resultant claims for claims to payment in lieu of vacation. (3) With the granting of vacation, the statutory minimum vacation time claim shall initially be fulfilled until the vacation has been taken in full.

8. Confidentiality (1) The Employee undertakes not to acquire knowledge of confidential information of the Employer, including business secrets, unless for the purposes of the employment relationship. Moreover he will not disclose it to third parties, including other employees of the Employer, without the prior consent of the Employer and use it exclusively for the purposes of the employment relationship. He must also take measures to maintain confidentiality in accordance with the Employer’s instructions. (Duties according to this para (1) altogether “Duty of Confidentiality”) (2) The Duty of Confidentiality shall survive the termination of the employment relationship. Should the post-contractual Duty of Confidentiality unreasonably hinder the Employee in his professional advancement, he may ask the Employer to exempt him from this duty.

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Kap. 2 M 2.1b | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) (3) Confidential information is information which has been designated as confidential or for which such confidentiality is evident from the circumstances. Business secrets include in particular: business strategies, economic plans, price calculations and structures, competitive market analyses, turnover and sales figures, personnel data, HR restructuring concepts, product specifications, inventions, technical processes and procedures which are not publicly known and are of economic value for the Employer, customer data, supplier data, passwords, access codes, […]. (4) If there is any doubt as to whether confidential information is involved, the Employee shall obtain instructions from the Employer without delay. (5) The Duty of Confidentiality shall not apply in the cases set out in § 5 Business Secrets Act (GeschGehG).

9. Secondary employment (1) The Employee shall be permitted to perform activities for remuneration elsewhere only with the Employer’s prior written consent. If the Employee has notified the Employer in writing of the intended activity, stating the nature, location and duration of such activity, the Employer must render its consent without delay. The Employer may refuse to grant consent if the secondary employment would impair the Employee’s performance of his work duties more than merely insignificantly or other legitimate operationally interests would be impaired by the secondary employment. The Employer may also render its consent for a limited period of time only or subject to revocation. The consent shall require written form. (2) The consent requirement set forth in para. 1 shall not apply to the assumption of honorary, charitable, religious or political activities, provided that they do not interfere with the activity regulated in this Agreement.

10. Exclusionary periods (1) All claims by either Party arising from this employment relationship shall be forfeited if they are not asserted against the other Party in text form within three months of their maturity. if applicable Should the other Party reject the claim or it does not take a position on it within three weeks of the assertion of the claim, the claim shall be forfeited if it is not asserted in court within three months of the rejection or the expiration of the three-week period. (2) Para. 1 shall also apply to claims associated with the employment relationship. (3) Paras. 1 and 2 do not apply (a) for claims of the Employee due to intentional or grossly negligent breaches of duty by the Employer, its legal representative or vicarious agents (b) for claims of the Employee arising from an injury to life, limb or health as well as (c) for claims of the Employee which, by operation of law, are not subject to said cut-off period (e.g. under the Posted Workers Act (Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG), the Minimum Wage Act (Mindestlohngesetz – MiLogG), the Works Constitution Act (Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG) or the Collective Bargaining Agreements Act (Tarifvertragsgesetz – TVG)). or (3) Paras. 1 and 2 do not apply (a) for liability due to intent (b) for damage due to an injury to life, limb or health as well as (c) for claims of the Employee which, by operation of law, are not subject to said cut-off period (e.g. under the Posted Workers Act (Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG), the Minimum Wage Act (Mindestlohngesetz – MiLogG), the Works Constitution Act (Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG) or the Collective Bargaining Agreements Act (Tarifvertragsgesetz – TVG)). or (3) Excluded from the above exclusionary periods shall be claims which are based on intentional or grossly negligent conduct, as well as inalienable statutory claims.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.2 Kap. 2

11. Application of works and other operational agreements (1) In all other respects, the relevant works agreements in force for the establishment shall apply, even if they are agreed upon or amended following the conclusion of this Agreement and are less favourable for the Employee than this Agreement. (2) Additionally, the relevant plant rules, work rules, service instructions, etc. in force for the establishment shall apply, as they may change from time to time. (3) The agreements and regulations set forth in paras. 1 and 2 can be inspected in the personnel department during normal business hours and in the intranet under […].

12. Data protection If applicable The Employer has informed the Employee about the processing of his personal data and his related rights by […]. An up-to-date version of the information can be accessed on the intranet under […].

13. Return of Documents Upon leaving the Company, the Employee shall return to the Company of his own accord all documents, deeds, records, notes, drafts or carbon copies or photocopies made thereof relating to the Company’s or its affiliates’ business, regardless of what data carrier they are on. He shall not be entitled to a right of retention to these documents against the Company.

14. Exclusion of diverging and side agreements Upon the signing of this Agreement any and all previous written or verbal agreements or side agreements shall lapse. No verbal agreements additional to this Agreement have been concluded.

15. Requirement of written form, exclusion of company practice (betriebliche Übung) Amendments of this Agreement through individual contractual agreements shall be effective in any form. Otherwise, contractual amendments shall require written form; this also applies to the amendment of this written form requirement. This means that no claims shall arise from company practice.

M 2.2 Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer (Arbeiter) mit Bezug-

nahme auf Tarifvertrag

Zwischen der X-GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […]1 (im Folgenden: Arbeitnehmer) wird Folgendes vereinbart:

1 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NachwG. Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“ auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Arbeitnehmers aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Kap. 1 Rz. 14a.

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Kap. 2 M 2.2 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) 1. Art und Ort der Tätigkeit (1) Der Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Arbeitsvertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird ab […] als […] in […] eingestellt. (2) Der Arbeitgeber behält sich unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers die Zuweisung eines anderen gleichwertigen Arbeitsgebietes vor. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Arbeitsgebiete.2

2. Probezeit und Vertragsdauer Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.3

3. Arbeitszeit, Kurzarbeit, Freistellung (1) Die Arbeitszeit richtet sich nach den jeweiligen für den Betrieb geltenden gesetzlichen/tariflichen Regelungen und nach der betrieblichen Einteilung der Arbeitszeit. (2) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Mehrarbeits- und Überstunden bis zu […] Stunden/Monat4, höchstens jedoch in gesetzlich zulässigem Umfang, zu leisten. (3) Darüber hinaus ist er verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Nacht-, Schicht-, Samstags-, Sonnund Feiertagsarbeit sowie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in gesetzlich zulässigem Umfang zu leisten. Zur Abgeltung der in diesem Umfang angefallenen Mehrarbeits- und Überstunden gemäß Abs. 2 erhält der Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem Tariflohn/Grundgehalt nach Ziff. 4 eine Pauschale iHv. Euro […] brutto.5 evtl. Auch wenn der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers wiederholt Überstunden leistet, bleibt die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit im Übrigen unverändert. Aus der wiederholten Anordnung von Überstunden entsteht kein Anspruch auf deren künftige Anordnung oder entsprechende Vergütung.6 (4) Der Arbeitgeber ist berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen,7 wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der Arbeitsausfall der Arbeitsverwaltung angezeigt ist (§§ 95 ff. SGB III). Dabei ist eine Ankündigungsfrist von drei Wochen einzuhalten.8 Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die in Ziff. 4 geregelte Vergütung im Verhältnis der ausgefallenen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit. (5) Nach Ausspruch einer Kündigung – gleichgültig, von welcher Seite – ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge und Anrechnung von Urlaub und Arbeitszeitguthaben von 2 Zu weiteren Varianten und Einzelheiten vgl. M 2.1a Ziff. 1 m. Anm.; vgl. ferner Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Versetzungsklausel“ bzw. „Änderungsklausel“, Rz. 129 bzw. Rz. 82a f. 3 Vgl. M 2.1a Ziff. 1 (2) m. Anm. 4 Zur Beschränkung der Überstundenanzahl s. schon unter M 2.1a Ziff. 4 m. Anm. sowie Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Überstunden/Mehrarbeitsklausel“, Rz. 127. 5 Eine Pauschalabgeltung von Überstunden kommt nur im Rahmen der gesetzlich zulässigen Überstunden in Betracht (BAG v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, BB 2006, 327; vgl. Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Rz. 118 f.; zu den Anforderungen des ArbZG s. Rz. 16 ff.). Auch Nachtarbeitszuschläge können pauschaliert werden (BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324). 6 Die Klausel dient dazu, eine entsprechende betriebliche Übung oder Konkretisierung zu vermeiden; zurückhaltend gegenüber einer konkludenten Vertragsänderung auch bei jahrelanger Mehrleistung BAG v. 22.4.2009 – 5 AZR 133/08, DB 2009, 1652; vgl. auch Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 120. 7 Zu dieser Kurzarbeitsklausel s. im Einzelnen Anm. zu M 2.1a Ziff. 3 (2) sowie Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, Rz. 111a; wie hier auch Kleinebrink, ArbRB 2020, 221, 223; vgl. auch Bauer/Günther, BB 2009, 662. 8 LAG Brandenburg v. 19.1.2011 – 17 Sa 2153/10, ArbRB 2011, 169 (Grimm) verlangt eine Ankündigungsfrist und erwägt weitere Konkretisierungen, die jedoch praktisch nicht umsetzbar und abzulehnen sind, Kleinebrink, ArbRB 2020, 211, 223.

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.2 Kap. 2 der Arbeitsleistung freizustellen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer den Vertrag in grober, das Vertrauen beeinträchtigender Weise verletzt (zB Konkurrenztätigkeit, Weitergabe von Interna), oder der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann (zB wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes).9

4. Vergütung Der Arbeitnehmer wird in die tarifliche Entgeltgruppe: […] eingruppiert.10 (1) Die Vergütung setzt sich wie folgt zusammen:11 Tariflohn (zurzeit): Euro […] übertarifliche Zulage:12 Euro […] Zuschläge für […]: Euro […] (2) Der Arbeitgeber behält sich vor, die übertarifliche Zulage bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu widerrufen.13 Sachliche Gründe sind14 a) eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens15 9 Bei der Angemessenheitskontrolle einer Freistellungsklausel im Formularvertrag ist der allgemeine Beschäftigungsanspruch zu berücksichtigen; aus diesem Grund empfiehlt es sich, die sachlichen Gründe, die zu einer Freistellung berechtigen, in der Klausel aufzuführen (Brachmann/Diepold, AuA 2009, 508; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Preis/Preis, II F 10 Rz. 24; s. unter Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freistellungsklausel“, Rz. 103). Zu einer Alternativformulierung mit weiteren Regelungen und Ergänzungen s. M 3.1 § 16 (6). 10 Damit verändert sich die Vergütung dynamisch mit Änderungen des Tarifvertrages für diese Entgeltgruppe. Eine solche Dynamik kann aber auch bestehen, wenn der Vertrag statt einer Bezugnahme einen konkret bezifferten Stundenlohn wiedergibt, weil der Arbeitnehmer „zwischen zwei Lohngruppen“ liegt (BAG v. 17.11.2011, NZA-RR 2012, 392). Im öffentlichen Dienst ist die Regelung ausnahmsweise konstitutiv, wenn bei Vertragsschluss die Entgeltgruppe nicht anhand der dort in Bezug genommenen Eingruppierungsregelungen zutreffend ermittelt werden kann (BAG v. 21.8.2013 – 4 AZR 656/11, NZA 2014, 561). 11 Aus der Formulierung geht nach Auffassung des BAG nicht bereits hervor, ob die tarifliche Vergütung bei einem Wegfall oder Wechsel der Tarifbindung des Arbeitgebers statisch oder dynamisch fortzuzahlen ist, diese Unklarheit geht gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Arbeitgebers (BAG v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202). Eine entsprechende Regelung ist daher im Rahmen der Bezugnahmeklausel erforderlich, wie im Muster unter Ziff. 5 geregelt. Ohne eine solche ausdrückliche Einschränkung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf dynamische Fortzahlung aller tariflichen Vergütungsbestandteile (BAG v. 21.10.2015 – 4 AZR 649/14 zur Verweisung, dort wird jedoch bei einem Altvertrag noch eine Gleichstellungsabrede angenommen, BAG v. 9.11.2005, NZA 2006, 202). 12 Laufende Entgelte und damit auch übertarifliche Zulagen können nicht unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit gestellt werden (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82; v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796). Ein unwirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt kann auch nicht in einen Widerrufsvorbehalt umgedeutet werden (BAG v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, DB 2007, 1757). Einzelheiten Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Rz. 104 ff. sowie Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754; Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400. Das Muster sieht daher unter Ziff. 4 Abs. 2 nur noch einen Widerrufsvorbehalt vor. 13 Der Widerrufsvorbehalt muss insb. die sachlichen Gründe für einen möglichen Widerruf benennen. Vgl. ausf. und zu den weiteren Anforderungen AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Rz. 138 ff. und Kap. 12 Rz. 7 sowie M 12.7.2 m. Anm. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt ist hingegen nicht möglich, wenn die Zulage laufend neben dem eigentlichen Tariflohn gezahlt wird, vgl. Rz. 6. 14 Der bloße Hinweis, dass eine Leistung aus „wirtschaftlichen Gründen“ widerrufen werden kann, reicht nicht mehr aus, vgl. BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, 460 sowie Rz. 7. Aus der Klausel muss in groben Zügen hervorgehen, in welchen Fällen ein Widerruf möglich sein soll (BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616 Rz. 16; v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796 Rz. 13; v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, 459; v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 f.; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536, m. Anm. Lingemann). 15 Diesen Widerrufsgrund hat das BAG gebilligt, BAG v. 24.1.2017 – 1 AZR 772/14, NZA 2017, 931; enger noch BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; ferner AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Rz. 138.

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Kap. 2 M 2.2 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) oder a) wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere16 ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr), b) eine um mindestens […] % unterdurchschnittliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin über einen Zeitraum von […] Monaten, c) eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin oder d) eine Umgestaltung des Entgeltsystems.17 Das tarifliche Entgelt und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei unangetastet. Der widerrufliche Teil umfasst höchstens 24,5 % der Gesamtvergütung.18 (3) Der Tariflohn kann auf die übertarifliche Zulage angerechnet werden,19 d.h. die Zulage vermindert sich, soweit sich der Tariflohn infolge von Tariferhöhungen oder infolge einer Umgruppierung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin erhöht. Dasselbe gilt bei einer Verkürzung der Arbeitszeit.20 Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit von einer Verrechnung abgesehen hat.21 oder (4) Bei der übertariflichen Zulage handelt es sich um eine anrechenbare betriebliche Zulage.22

5. Bezugnahme auf Tarifvertrag (Var. 1 – statische Bezugnahmeklausel)23 Im Übrigen gilt der […] Tarifvertrag in seiner Fassung vom […]. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Weitergabe künftiger Tarifänderungen. 16 Dieser Widerrufsgrund stellt einen weiterreichenden Widerrufsgrund dar gegenüber der wirtschaftlichen Notlage in der Ausgangsformulierung zu a), deren Wirksamkeit nicht geklärt ist. Es ist auch nicht abschließend geklärt, ob solche nur beispielhaften Aufzählungen zulässig sind. In der Entscheidung v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, hat das BAG sie bei Widerruf einer Dienstwagenüberlassung jedoch gebilligt. Ähnlich auch BAG v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310 zum Freiwilligkeitsvorbehalt; das Urteil ist jedoch hinsichtlich des Freiwilligkeitsvorbehaltes überholt (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82 f.). 17 Vorschlag von Stoffels, NZA 2017, 1217, 1224, um ggf. eine Neuordnung von Sonderleistungen zu ermöglichen. 18 Nur wenn der widerrufliche Teil im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, muss er unter 25 % liegen, ansonsten kann er sich auf bis zu 30 % erhöhen, BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; vgl. auch Maaß, ArbRAktuell 2011, 59; Bauer/Heimann, NZA-Beil. 2014, 114, 116; Lunk/Leder, NJW 2015, 3766, 3767. 19 Häufig wird – uE. nicht ganz zutreffend – umgekehrt formuliert, dass die Zulage auf Tariflohnerhöhungen angerechnet wird, gemeint ist aber in beiden Fällen, dass sich die Zulage entsprechend der Tariflohnerhöhung vermindert. Das ist in der Klausel ergänzend klargestellt. Der Anrechnungsvorbehalt ist grds. AGB-fest, vgl. Rz. 9, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Anrechnungsvorbehalt“, Rz. 87. Allerdings begründet die Entscheidung des BAG v. 14.8.2018 – 2 AZR 287/17, NZA 2019, 106, Anm. Bayreuther, NZA 2019, 517 hier Zweifel, die jedenfalls ein Anrechnungsverbot durch betriebliche Übung bejaht hat. Satz 2 soll diese vermeiden. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sind jedoch zu beachten, es sei denn, die Anrechnung erfolgt vollständig und gleichmäßig, vgl. Rz. 10. 20 Die Anrechenbarkeit in diesen Fällen folgt bereits aus der Benennung der Zulage als „übertariflich“ (BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52). Dennoch kann zur Klarstellung ein ausdrücklicher Anrechnungsvorbehalt aufgenommen werden. Vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Anrechnungsvorbehalt“, Rz. 87 f. 21 Formulierungsvorschlag in Anlehnung an Bayreuther, NZA 2019, 517. 22 Das BAG (BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746) hat die Formulierung „Es handelt sich um eine anrechenbare betriebliche Ausgleichszulage“ als hinreichenden Anrechnungsvorbehalt angesehen. 23 Sog. statische Bezugnahme. Auch bei einem Tarifwechsel bleibt damit der in der Bezugnahme konkret genannte Tarifvertrag vereinbart, die Bezugnahme begründet auch keinen Anspruch auf Weitergabe künftiger Tariferhöhungen. Sofern allerdings nicht auf eine konkret nach Datum festgelegte Fassung des Tarifvertrages Bezug genommen wird, ist regelmäßig anzunehmen, dass der Tarifvertrag in der jeweiligen

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Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.2 Kap. 2 evtl.24 Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit auf das Arbeitsverhältnis Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft gesetzlicher Anordnung anwendbar sind. oder (Var. 2.1 – einfache kleine dynamische Bezugnahmeklausel)25 Es gelten die Bestimmungen der für den Einsatzort einschlägigen Tarifverträge für die Beschäftigten im [Branche, zB] Einzelhandel, soweit sie für [den Arbeitgeber] verbindlich sind.26 (Var. 2.2 – kleine dynamische Bezugnahmeklausel)27 (1) Im Übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge, an die der Arbeitgeber derzeit tarifgebunden ist und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge28 in ihren jeweils gültigen

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Fassung gelten soll, dann sind auch künftige Änderungen erfasst (BAG v. 25.2.2015 – 5 AZR 481/13, NZA 2015, 943 Rz. 15; v. 21.8.2013 – 5 AZR 581/11, NZA 2014, 271 Rz. 23; v. 17.1.2006 – 9 AZR 41/05, NZA 2006, 923 mwN). Das gleiche gilt, wenn vorbehaltlos jede Tariferhöhung weitergegeben wird. Bei beidseitiger Tarifbindung greift aber natürlich das Günstigkeitsprinzip, § 4 Abs. 3 TVG: Soweit im Betrieb dieser oder ein anderer Tarifvertrag gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern normativ gilt, werden durch diese Klausel daher bei höheren Tarifen in den normativ geltenden Tarifverträgen nicht organisierte Arbeitnehmer gegenüber organisierten schlechter gestellt. Die Klausel ergibt daher nur Sinn, wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden und daher auch nicht an den in Bezug genommenen Tarifvertrag normativ gebunden ist. Auch ein fachlich oder räumlich nicht einschlägiger Tarifvertrag kann wirksam in Bezug genommen werden, dann greift allerdings die AGB-Kontrolle; Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Rz. 98 ff. Bezugnahmeklauseln gelten auch für gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer konstitutiv (so für die kleine dynamische Bezugnahmeklausel BAG v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364 m. Anm. Haußmann, FD-ArbR 2007, 240797). Diese Klausel soll daher die Bezugnahme auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer beschränken und ein „Rosinenpicken“ tarifgebundener Arbeitnehmer vermeiden. Das ist allerdings nur sinnvoll, wenn es im Unternehmen überhaupt zu Abweichungen zwischen Bezugnahme und Tarifbindung kommen kann. Gem. BAG v. 5.7.2017 – 4 AZR 867/16, NZA 2018, 47 bringt der Arbeitgeber damit in der Regel mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass mit der Klausel nur die Gleichstellung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer mit Gewerkschaftsmitgliedern bezweckt wird. Der Gleichstellungszweck kommt jedenfalls dann ausreichend zum Ausdruck, wenn die einschlägigen Gesetzesvorschriften in die Bezugnahmeklausel aufgenommen werden. Die Aufnahme der Normen des Tarifvertragsgesetzes zur Tarifbindung ist jedoch für die Vereinbarung einer Gleichstellungsabrede nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber, der die Klausel vorformuliert, den Zweck und die Folgen der Regelung ausreichend zum Ausdruck bringt. Mit dem Vorbehalt im Anstellungsvertrag „soweit sie für… verbindlich sind“ hat der Arbeitgeber seine Tarifgebundenheit an den in Bezug genommenen Tarifvertrag in hinreichend erkennbarer Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht, auch wenn die Folgen der Beendigung der Tarifbindung in der Klausel nicht ausdrücklich beschrieben werden (BAG v. 5.7.2017 – 4 AZR 867/16, NZA 2018, 47 Rz. 20 ff.). Im konkreten Fall waren daher nach Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband vereinbarte Tarifverträge das Arbeitsverhältnis nicht mehr anwendbar. (1) Sog. kleine dynamische Klausel (vgl. Lakies, ArbRAktuell 2014, 8; Holthausen, ArbRAktuell 2011, 29). Sie umfasst zwar künftige Entwicklungen des in Bezug genommenen Tarifwerkes, verweist aber bei einem Tarifwechsel des Arbeitgebers nicht dynamisch auf den neuen Tarifvertrag. Ist der Arbeitgeber bei Vertragsschluss tarifgebunden, so dient die Bezugnahmeklausel nach früherer Rechtsprechung regelmäßig dazu, nicht organisierte und organisierte Arbeitnehmer gleichzustellen. Das BAG legt daher auch die früher üblichen einfachen kleinen dynamischen Bezugnahmeklauseln (zB: „Im Übrigen gelten die Tarifverträge der … Industrie in ihrer jeweiligen Fassung“) in vor dem 1.1.2002 geschlossenen oder letztmals geänderten (zu Änderungen im Einzelnen Rz. 99) Arbeitsverträgen (Altverträgen) in st. Rspr. als Gleichstellungsabreden aus (BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 151/15, NZA 2018, 1204; v. 27.3.2018 – 4 AZR 208/17, NZA 2018, 1264; v. 24.2.2016 – 4 AZR 990/13 Rz. 19 f.; v. 13.5.2015 – 4 AZR 245/14; v. 11.12.2013, NZA 2014, 900; v. 18.11.2009, NZA 2010, 170; v. 10.12.2008 – 4 AZR 881/07, NZA-RR 2009, 537, im Einzelnen Rz. 99, AGB-Kontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“ mwN). (2) In seit dem 1.1.2002 geschlossenen oder geänderten Verträgen (Neuverträge) stellt die Bezugnahmeklausel hingegen eine „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ dar, so dass der in Bezug genommene Tarifvertrag auch nach Ende oder Wechsel der Tarifbindung des Arbeitgebers dynamisch weiter gilt (BAG v.

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Kap. 2 M 2.2 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Fassungen. Das sind die Tarifverträge der […]-Industrie. Diese Abrede gilt, weil und solange der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Sie bezweckt die Gleichstellung nicht organisierter mit organisierten Arbeitnehmern.29 [Evtl.] Sie gilt nicht, soweit für das Arbeitsverhältnis Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft gesetzlicher Anordnung anwendbar sind.30 (2) Endet die Tarifbindung des Arbeitgebers oder geht der Betrieb durch Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber über31, finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge mit dem Inhalt Anwendung, den sie bei Ende der Tarifbindung des Arbeitgebers haben, soweit sie nicht durch andere Abmachungen ersetzt werden; der Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer jeweils mitteilen, wenn seine Tarifbindung endet. oder (Var. 3.1 – sehr einfache Tarifwechselklausel)32 Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung.

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8.7.2015 – 4 AZR 51/14, NZA 2015, 1462; v. 13.5.2015 – 4 AZR 243/14, juris Rz. 27 f.; v. 17.11.2010 – 4 AZR 391/ 09, NZA 2011, 356; v. 20.10.2008 – 4 AZR 793/07, NZA 2009, 323; v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965; v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607; im Einzelnen Rz. 99, AGB-Kontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“ mwN). Die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag muss in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht werden (BAG v. 5.7.2017 – 4 AZR 867/16, NZA 2018, 47 Rz. 22; v. 11.12.2013 – 4 AZR 473/12, NZA 2014, 900 Rz. 19; v. 22.4.2009, NZA 2009, 1286; v. 22.10.2008 – 4 AZR 793/07, NZA 2009, 323). Dazu ist in dieser Variante (Var. 2.2 Abs. 1 Satz 3 iVm. Abs. 2) für den Fall der Beendigung der Tarifbindung des Arbeitgebers ausdrücklich festgehalten, dass künftige Tarifänderungen nicht mehr berücksichtigt werden. Gem. BAG v. 5.7.2017 – 4 AZR 867/16, NZA 2018, 47 Rz. 25 ff. reicht dafür allerdings auch eine Formulierung wie Variante 2.1 aus. (3) Die bloße Regelung des Gleichstellungszwecks (Var. 2.1 und 2.2 Abs. 1 Satz 4) reicht in Alt- wie in Neuverträgen allerdings nicht aus, um die kleine dynamische Klausel als Tarifwechselklausel auszulegen; der Gleichstellungszweck beschränkt sich vielmehr, sofern – wie meist – keine gegenteiligen besonderen Umstände bestehen, auf das in Bezug genommene Tarifwerk (BAG v. 12.12.2018 – 4 AZR 123/18, NZA 2019, 543; v. 10.12.2014, AP Nr 127 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; v. 16.5.2012 – 4 AZR 290/10, ZTR 2012, 707; v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07, NZA 2009, 151 mwN; v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364 m. Anm. Haußmann, FD-ArbR 2007, 240797). Soll daher bei einem Tarifwechsel der neue Tarifvertrag gelten, ist idR die ausdrückliche Gestaltung als Tarifwechselklausel erforderlich (Vorschlag in Var. 3.1 – 3.3). Damit werden solche Tarifverträge erfasst, die für den Arbeitgeber nicht aufgrund eines Tarifwechsels, sondern aufgrund einer von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarten Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages gelten (BAG v. 22.4.2009, NZA 2009, 1286). Wenn die Klausel fehlt, kommt ggf. eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung in Betracht (BAG v. 25.2.2015 – 5 AZR 481/13, NZA 2015, 943 Rz. 18 ff.; v. 12.12.2012, BB 2013, 1716; einschränkend bei neuen Vergütungsformen im Nachfolgetarifvertrag BAG v. 17.11.2011, NJOZ 2012, 870). Hiermit soll knapp der Gleichstellungszweck der Abrede klargestellt werden. In Satz 3 wird die Tarifbindung als auflösende Bedingung der Vereinbarung geregelt. Eine umfangreiche Formulierung zum Gleichstellungszweck für die Tarifwechselklausel enthält Var. 3.3, Abs. (2). S. M 2.2 Fn. 20. UE. ist der Fall des Betriebsübergangs auch schon durch den ersten Halbsatz erfasst, er wird hier vorsorglich nochmals ausformuliert. Diese Bezugnahmeklausel ist nach der neueren Terminologie des BAG (v. 22.4.2009, NZA 2009, 1286, vgl. auch Bauer/Haußmann, DB 2003, 610) eine einfache „Tarifwechselklausel“, dh. sie verweist auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag. Damit soll für den Fall eines Tarifwechsels des Arbeitgebers – zB aufgrund Verbandswechsels (vgl. etwa BAG v. 22.4.2009, NZA 2009, 1286; v. 22.10.2008 – 4 AZR 793/07, NZA 2009, 323), Abschlusses eines Firmentarifvertrages mit einer anderen Gewerkschaft oder bei Veränderungen im Bereich des Unternehmens oder des betreffenden Betriebes, in deren Folge ein Tarifvertrag einer anderen Branche einschlägig wird (BAG v. 18.4.2007, BAGE 122, 74) – erreicht werden, dass die Bezugnahmeklausel entweder die Tarifverträge des anderen Verbandes, der anderen Gewerkschaft oder die fachlich oder betrieblich geltenden Tarifverträge der dann einschlägigen Branche erfasst (BAG v. 22.4.2009, NZA 2009, 1286). BAG v. 26.9.2018 – 7 AZR 797/16, AP Nr. 150 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2019, 126 hat die vorliegende Klausel als Tarifwechselklausel gebilligt: „Mit der Formulierung „die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung“ wird dynamisch auf die für den jeweiligen Arbeitgeber gem. § 3 Abs. 1, § 4 Absatz 1 TV die normativ geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung verwiesen (sogenannte große dynamische Bezugnahmeklausel oder Tarifwechselklausel…)“.

148 | Lingemann

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.2 Kap. 2 (Var. 3.2 – einfache Tarifwechselklausel)33 Im Übrigen finden auf das Arbeitsverhältnis die für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge34 und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge35 in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Derzeit sind dies die Tarifverträge der … -Industrie.36 oder (Var. 3.3 – ausführlichere Tarifwechselklausel)37 (1) Im Übrigen sind auf das Arbeitsverhältnis anwendbar die jeweils für den Arbeitgeber kraft Tarifbindung geltenden Tarifverträge und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge38 in ihrer jeweils gültigen Fassung. 33 Die vorliegende Klausel orientiert sich weitgehend an der Formulierung, die das BAG mit Urteil v. 21.11. 2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2013, 267, gebilligt und als geeignet für den Tarifwechsel im Falle eines Betriebsübergangs auf einen anders tarifgebundenen Arbeitgeber angesehen hat. Dazu im Einzelnen Haußmann, DB 2013, 1359. Fehlt die ausdrückliche Vereinbarung, dass nur der jeweils für den Arbeitgeber einschlägige Tarifvertrag gemeint ist, und wird stattdessen ein konkretes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung in Bezug genommen (BAG v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364 – kleine dynamische Klausel, s. Var. 2), so kann die Verweisung ohne besondere Umstände nicht (mehr) als Tarifwechselklausel ausgelegt werden (M 2.2 Fn. 24 unter 3) mwN). 34 Gem. BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2013, 267; Haußmann, DB 2013, 1359 sind das die Bestimmungen, die von ihrem fachlichen oder betrieblichen Geltungsbereich, den die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit autonom festlegen, den Betrieb oder das Unternehmen, in dem der Arbeitnehmer jeweils tätig ist, erfassen. 35 Damit werden solche Tarifverträge umfasst, die für den Arbeitgeber nicht aufgrund eines Tarifwechsels, sondern aufgrund einer von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarten Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages gelten (BAG v. 22.4.2009, NZA 2009, 1286). Wenn die Klausel fehlt, kommt ggf. eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung in Betracht (BAG v. 25.2.2015 – 5 AZR 481/13, NZA 2015, 943 Rz. 18 ff.; v. 12.12.2012, BB 2013, 1716; einschränkend bei neuen Vergütungsformen im Nachfolgetarifvertrag BAG v. 17.11.2011, NJOZ 2012, 870). 36 Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 10 NachwG; ist der Hinweis in den Vertrag aufgenommen, so kommt es auf eine Auslage der Tarifverträge im Betrieb gem. § 8 TVG nicht mehr an (BAG v. 23.1.2002 – 4 AZR 56/01, NZA 2002, 800). Ein vorformulierter Arbeitsvertrag ist auch nicht intransparent, wenn er einen Tarifvertrag nur in Bezug nimmt, ohne dass der Arbeitgeber ihn dem Arbeitnehmer zur Verfügung stellt oder ohne besondere Schwierigkeiten bereithält (BAG v. 3.4.2007 – 9 AZR 867/06, NZA 2007, 1045, 1048 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 240798). Die Hinweispflicht besteht auch, wenn der Tarifvertrag nur kraft betrieblicher Übung Anwendung findet; erfüllt der Arbeitgeber seine Nachweispflichten nicht, haftet er dem Arbeitnehmer gem. §§ 286, 284, 249 BGB auf Schadensersatz (BAG v. 17.4.2002 – 5 AZR 89/01, NZA 2002, 1096; vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, und Rz. 148). 37 Die ausführlichere Tarifwechselklausel formuliert den Gleichstellungszweck der Bezugnahme auf die Tarifverträge aus (vgl. auch Holthausen, ArbRAktuell 2011, 29; Klebeck, NZA 2006, 15 und auch Lakies, ArbRAktuell 2014, 8; Latzel, RdA 2014, 110). Endet die Tarifbindung, so sollen die Tarifverträge statisch fortgelten. Wird der Arbeitgeber in der Folge wieder tarifgebunden, so soll der dann anzuwendende Tarifvertrag wieder dynamisch gelten. Natürlich besteht ein erhebliches Risiko, dass eine zu detaillierte Klausel als intransparent angesehen wird, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, und deswegen unwirksam ist. Nach der Entscheidung des BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2013, 267; Haußmann, DB 2013, 1359, ist aber geklärt, dass eine Tarifwechselklausel, die idR ja lange vor einem etwaigen Tarifwechsel vereinbart wird, einen solchen Tarifwechsel wirksam herbeiführt, obwohl das BAG eine „andere Abmachung“ iSv. § 4 Abs. 5 TVG vor Eintritt der Nachwirkung nur für zulässig hält, wenn sie „konkret und zeitnah vor dem bevorstehenden Ablauf des Tarifvertrages die sich aufgrund der Nachwirkung ergebende Situation regelt“ (BAG v. 6.7.2011 – 4 AZR 424/09, NZA 2012, 281; v. 20.5.2009, AuR 2009, 212; v. 17.1.2006 – 9 AZR 41/05, NZA 2006, 923; vgl. dazu auch Bauer/Günther, NZA 2008, 6). 38 Damit werden solche Tarifverträge erfasst, die für den Arbeitgeber nicht aufgrund eines Tarifwechsels, sondern aufgrund einer von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarten Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages gelten (BAG v. 22.4.2009, NZA 2009, 1286). Wenn die Klausel fehlt, kommt ggf. eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung in Betracht (BAG v. 12.12.2012,

Lingemann | 149

Kap. 2 M 2.2 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) Ist der Arbeitgeber an mehrere Tarifverträge gebunden, so sind auf das Arbeitsverhältnis anwendbar die Tarifverträge, in deren Geltungsbereich das Arbeitsverhältnis fällt. Soweit das Arbeitsverhältnis in den Bereich mehrerer konkurrierender Tarifverträge fällt, ist der nach § 4a Abs. 2 TVG im Betrieb anwendbare Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.39 Anwendbar ist nach Auffassung des Arbeitgebers derzeit …40 (2) Diese Abrede bezweckt die Gleichstellung nicht organisierter mit organisierten Arbeitnehmern und ist daher eine Gleichstellungsabrede. Das bedeutet: (a) Sie ersetzt lediglich eine fehlende Tarifbindung auf Seiten des Arbeitnehmers. Einen weiter gehenden Zweck hat die Abrede nicht, insbesondere soll einem nicht organisierten Arbeitnehmer keine weiter gehende Rechtsstellung eingeräumt werden als diejenige, die für einen organisierten Arbeitnehmer nach Tarifrecht gilt. Die Tarifverträge gemäß Abs. 1 finden daher nur solange auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, wie der Arbeitgeber normativ gegenüber organisierten Arbeitnehmern tarifgebunden ist.41 (b) Endet die Tarifbindung des Arbeitgebers, finden die Bestimmungen der Tarifverträge mit dem Inhalt Anwendung, den sie bei Ende der Tarifbindung des Arbeitgebers haben; der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Weitergabe künftiger Tarifänderungen; der Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer jeweils mitteilen, wenn seine Tarifbindung endet. Dasselbe gilt, wenn der Betrieb durch Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber übergeht. Diese Regelung gilt jeweils so lange, bis für den Arbeitgeber wieder kraft Tarifbindung ein oder mehrere Tarifverträge Anwendung finden; im Fall eines Verbandswechsels des Arbeitgebers, eines Betriebsübergangs oder eines Wechsels der Branche gelten daher die dann für den jeweiligen Arbeitgeber kraft Tarifbindung anwendbaren Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung für das Arbeitsverhältnis und zwar unabhängig davon, ob sie die Arbeitsbedingungen für den Arbeitnehmer verbessern oder verschlechtern. Der Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer die anwendbaren Tarifverträge jeweils mitteilen. (3) evtl.42 Der Arbeitgeber kann aus wirtschaftlichen Gründen durch schriftliche Erklärung die Anwendung der geltenden Tarifverträge auf die im Zeitpunkt der Erklärung geltende Fassung beschränken; der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Weitergabe zukünftiger Tarifänderungen.

39 40

41 42

BB 2013, 1716; einschränkend jedoch bei neuen Vergütungsformen im Nachfolgetarifvertrag BAG v. 17.11.2011, NJOZ 2012, 870). Wird auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag verwiesen, muss zur Vermeidung von Intransparenz zudem aufgenommen werden, welcher Tarifvertrag im Falle einer Kollision gelten soll (BAG v. 19.2.2014 – 5 AZR 700/12, NZA 2014, 1097 Rz. 15; BAG v. 13.3.2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, 680 Rz. 30; krit. Müntefering, NZA 2015, 711 mwN), was vor allem im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung eine Rolle spielt, dazu M 10.1.2, § 3 m. Anm. Nach der Wiedereinführung des Grundsatzes der Tarifeinheit in § 4a TVG ist hier zur Vermeidung des Auseinanderlaufens der vertraglichen und normativen Tarifgeltung die Kollisionsregelung des § 4a TVG aufgenommen, was zT für erforderlich gehalten wird (Hohenstatt/Schuster, ZIP 2016, 6). Welche Gewerkschaft die meisten Mitglieder hat, kann zum einen über die Frage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer nach der Gewerkschaftszugehörigkeit ermittelt werden (vgl. BAG v. 18.11.2014 – 1 AZR 257/13, NZA 2015, 306). Daneben besteht nach § 99 ArbGG die Möglichkeit eines gerichtlichen Beschlussverfahrens zur Feststellung des nach § 4a TVG anwendbaren Tarifvertrags. Der Nachweis kann gem. § 58 Abs. 3 TVG auch durch öffentliche Urkunden und damit durch notarielle Tatsachenbescheinigung geführt werden. Formulierungsvorschlag zu Abs. 2 Satz 1–4 zur Klarstellung des Gleichstellungszwecks der Bezugnahmeklausel nach Brachmann/Diepold, AuA 2009, 504, 508. Eine solche Klausel (vgl. Preis/Greiner, NZA 2007, 1073) war bislang noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Sie enthält zusätzlich einen Widerrufsvorbehalt, mit dem der Arbeitgeber gegenüber nicht normativ tarifgebundenen Arbeitnehmern unabhängig von der eigenen Tarifbindung (Abs. 4) die Dynamik des jeweils in Bezug genommenen Tarifvertrags beenden kann; die Wirksamkeit ist jedoch auch hier ungeklärt. Sie gilt nur für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer, denn bei tarifgebundenen kann von einer tariflichen Dynamik nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden, § 4 Abs. 3 TVG. Der Arbeitgeber sollte jedoch genau prüfen, ob eine solche mögliche Schlechterstellung nicht organisierter Arbeitnehmer wirklich gewünscht ist. Ungeklärt ist auch, ob der Klausel die Anforderungen des BAG an einen formularmäßigen Widerrufsvorbehalt entgegenstehen (BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465; vgl. auch Einf., AGB-Klauselkon-

150 | Lingemann

Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) | M 2.3 Kap. 2 (4) evtl.43 Abs. 1–3 gelten nicht, soweit für das Arbeitsverhältnis Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft gesetzlicher Anordnung anwendbar sind

6. (ff.) – Ergänzende Regelungen soweit sie nicht schon im Tarifvertrag getroffen sind, zB Arbeitsunfähigkeit, Geheimhaltung, Nebentätigkeit, Datenschutz, Schriftformklausel, ggf. Geltung von Betriebsvereinbarungen, vgl. entsprechend M 2.1a. trolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Rz. 98 ff. und Rz. 138). Danach müssen die Voraussetzungen und der Gegenstand des Widerrufs konkret im Vertrag genannt sein, so dass der Arbeitnehmer erkennen kann „was auf ihn zukommt“. Eine abschließende Aufzählung der Widerrufsgründe dürfte nicht praktikabel sein. „Wirtschaftliche Gründe“ reichen nicht aus (BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457, 460). Da die Arbeitnehmer aufgrund des Widerrufs jedoch keine Gehaltseinbuße hinnehmen müssen, sondern ihr Gehalt lediglich auf dem Stand zum Zeitpunkt des Widerrufs eingefroren wird, sollten die Anforderungen hier weniger streng sein (dazu Klebeck, NZA 2006, 15; Preis/Greiner, NZA 2007, 1073; Wisskirchen/Lützeler, AuA 2006, 528). 43 Da die Bezugnahmeklausel auch für tarifgebundene Arbeitnehmer konstitutiv gilt, soll diese Klausel die Bezugnahme auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer beschränken und ein „Rosinenpicken“ tarifgebundener Arbeitnehmer vermeiden. Das ist allerdings nur sinnvoll, wenn es überhaupt zu Abweichungen zwischen Bezugnahme und Tarifbindung kommen kann. Die Klausel zeichnet als Gleichstellungsklausel die Tarifbindung nach, ein Unterschied könnte aber bei Anwendung von Abs. 3 entstehen. Alternativ kommt auch die Formulierung in Betracht „Hiervon unberührt bleibt die normative Geltung eines Tarifvertrags, an den der Arbeitnehmer kraft Gewerkschaftsmitgliedschaft oder Allgemeinverbindlichkeit gebunden ist. Ist der Arbeitnehmer an einen anderen als den nach obigen Grundsätzen bestimmten Tarifvertrag normativ gebunden, findet der für den Arbeitnehmer günstigere Tarifvertag Anwendung (§ 4 Abs. 3 TVG).“ (so der Vorschlag von Willemsen/Mehrens, NZA 2010, 1313, 1315, die damit die Bezugnahmeklausel für alle Arbeitnehmer anwenden und die Differenzierung über das Günstigkeitsprinzip vornehmen).

M 2.3 Arbeitsvertrag mit einem gewerblichen Arbeitnehmer (Arbeiter) mit

teilweiser Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen

1 ff. (Beginn des Arbeitsverhältnisses usw. s. M 2.1a) … Bezugnahme auf Tarifvertrag1 (Var. 1) Die Ansprüche auf Urlaub, zusätzliches Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung richten sich nach dem Urlaubsabkommen der […] – Industrie […] Im Übrigen gelten keine tarifvertraglichen Bestimmungen.2

1 (1) Soweit keine Tarifbindung besteht (vgl. im Einzelnen Rz. 152 f.), können die Vertragsparteien die Arbeitsbedingungen im Rahmen der gesetzlichen Regelungen frei vereinbaren. Dabei kommt sowohl die vollständige Inbezugnahme eines Tarifvertrages (hier: Urlaubsabkommen) als Auffangregelung in Betracht (Var. 1) als auch die bloße Bezugnahme auf einzelne tarifvertragliche Regelungen (Var. 2 und 3). (2) Eine solche Teilbezugnahme ist nicht überraschend (BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2013, 267; Haußmann, DB 2013, 1989). Insb. bei tariflichen Kündigungsfristen, § 622 Abs. 3 Satz 2 BGB, tariflichen Berechnungsvorschriften für die Krankenvergütung, § 4 Abs. 4 EFZG, tariflichen Urlaubsregelungen gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG und bei Arbeitszeitregelungen, §§ 7 und 12 ArbZG oder bei der Vergütung (BAG v. 21.11.2012, NZA 2013, 512), bietet sich eine Bezugnahme auf einzelne Bestandteile eines Tarifvertrages an (vgl. auch Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Rz. 154 f.). In Betracht kommt auch eine pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag bei gleichzeitiger abweichender Regelung einzelner Bestimmungen; diese haben dann Vorrang vor der tariflichen

Lingemann | 151

Kap. 2 M 2.3 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) oder (Var. 2) Die Arbeitszeit richtet sich nach den §§ […] des Manteltarifvertrages der […] Industrie in seiner jeweiligen Fassung. Im Übrigen gelten keine tarifvertraglichen Bestimmungen. (evtl. ergänzen gemäß M 2.2, Var. 2 zu Ziff. 5) oder (Var. 3) Die Ansprüche auf […] richten sich nach den für den Betrieb des Arbeitgebers, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträgen in ihrer jeweils gültigen Fassung. Derzeit sind dies die Tarifverträge der […]-Industrie […]3 (evtl. ergänzen gemäß M 2.2, Var. 3.3 zu Ziff. 5)

… (weitere nicht von der Bezugnahme erfasste Regelungen, s. M 2.1a) Regelung (BAG v. 23.3.2017 – 6 AZR 705/15, NZA 2017, 773; v. 20.1.2015 – 9 AZR 585/13, NZA-RR 2015, 399 m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2015, 315). (3) Allerdings gilt das Tarifprivileg der §§ 307 Abs. 3, 310 Abs. 4 Satz 3 BGB hier nicht, denn es erfasst wohl nur für die vollständige Inbezugnahme des einschlägigen Tarifvertrages oder eines in sich geschlossenen Regelungssystems des einschlägigen Tarifvertrages im Arbeitsvertrag (BAG v. 6.5.2009, NZA-RR 2009, 593); werden hingegen nur einzelne tarifvertragliche Regelungen übernommen, so findet eine Inhaltskontrolle statt (vgl. Rz. 98 ff.). Auch muss bei der vollständigen Inbezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrages mit Altersbefristung nicht die Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG eingehalten werden, bei einer nur teilweisen Inbezugnahme hingegen schon (BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507; v. 23.7.2014 – 7 AZR 771/ 12, NZA 2014, 1341. Abl. hinsichtlich des Schriftformerfordernisses für Altersbefristung insg. Lingemann, NZA 2019, 889). Vorschläge und Erläuterungen für Bezugnahmeklauseln finden sich in M 2.2 Ziff. 5. 2 Je nachdem, welche Wirkung mit der Bezugnahmeklausel erzielt werden soll, sollte diese entsprechend klar und ggf. einschränkend formuliert werden. Soll etwa nur auf die Urlaubsdauer verwiesen werden, muss das ausdrücklich so aufgenommen werden. Die Bezugnahme auf die tariflichen Regelungen für den „Urlaub“ ist als Bezugnahme auf den gesamten Regelungskomplex einschließlich eines zusätzlichen tariflichen Urlaubsgeldes zu verstehen (BAG v. 17.1.2006 – 9 AZR 41/05, NZA 2006, 923, 926). 3 Weitere Formulierungsbeispiele in Ziff. 5 zu M 2.2. Will man den Effekt der früheren BAG-Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede erreichen, muss ein entsprechender Zusatz in die Klausel aufgenommen werden (vgl. M 2.2 Ziff. 5, Var. 2 Abs. 1 m. Anm.). In BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2013, 267; Haußmann, DB 2013, 1359, wurde zusammen mit einer Tarifwechselklausel gem. M 2.2 Ziff. 5 Var. 3 geregelt: „Der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers richtet sich nach den jeweils geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen“.

Kapitel 3 Verträge mit Angestellten I. Einführung . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . 2. Angestellte und leitende Angestellte . . . . . . . . . . a) Leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG . . . . . b) Leitende Angestellte nach § 14 Abs. 2 KSchG . . . . . 3. Syndikusrechtsanwälte . .

.... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ...

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II. Muster Ausführlicher Anstellungsvertrag mit einem Angestellten ohne Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Anstellungsvertrag mit einem Angestellten mit Bezugnahme auf Tarifvertrag . . Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anstellungsvertrag mit einem Syndikusrechtsanwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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M 3.1 M 3.2 M 3.3 M 3.4

Literatur: Zu leitenden Angestellten: S. die Literaturübersicht zu Kap. 2; ergänzend: Bauer/Krieger, Bezugnahmeklausel und Statusveränderung – Alterssicherung für leitende Angestellte?, NZA 2004, 464;

152 | Lingemann und Lingemann/Diller

Kap. 2 M 2.3 | Verträge mit gewerblichen Arbeitnehmern (Arbeitern) oder (Var. 2) Die Arbeitszeit richtet sich nach den §§ […] des Manteltarifvertrages der […] Industrie in seiner jeweiligen Fassung. Im Übrigen gelten keine tarifvertraglichen Bestimmungen. (evtl. ergänzen gemäß M 2.2, Var. 2 zu Ziff. 5) oder (Var. 3) Die Ansprüche auf […] richten sich nach den für den Betrieb des Arbeitgebers, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträgen in ihrer jeweils gültigen Fassung. Derzeit sind dies die Tarifverträge der […]-Industrie […]3 (evtl. ergänzen gemäß M 2.2, Var. 3.3 zu Ziff. 5)

… (weitere nicht von der Bezugnahme erfasste Regelungen, s. M 2.1a) Regelung (BAG v. 23.3.2017 – 6 AZR 705/15, NZA 2017, 773; v. 20.1.2015 – 9 AZR 585/13, NZA-RR 2015, 399 m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2015, 315). (3) Allerdings gilt das Tarifprivileg der §§ 307 Abs. 3, 310 Abs. 4 Satz 3 BGB hier nicht, denn es erfasst wohl nur für die vollständige Inbezugnahme des einschlägigen Tarifvertrages oder eines in sich geschlossenen Regelungssystems des einschlägigen Tarifvertrages im Arbeitsvertrag (BAG v. 6.5.2009, NZA-RR 2009, 593); werden hingegen nur einzelne tarifvertragliche Regelungen übernommen, so findet eine Inhaltskontrolle statt (vgl. Rz. 98 ff.). Auch muss bei der vollständigen Inbezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrages mit Altersbefristung nicht die Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG eingehalten werden, bei einer nur teilweisen Inbezugnahme hingegen schon (BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507; v. 23.7.2014 – 7 AZR 771/ 12, NZA 2014, 1341. Abl. hinsichtlich des Schriftformerfordernisses für Altersbefristung insg. Lingemann, NZA 2019, 889). Vorschläge und Erläuterungen für Bezugnahmeklauseln finden sich in M 2.2 Ziff. 5. 2 Je nachdem, welche Wirkung mit der Bezugnahmeklausel erzielt werden soll, sollte diese entsprechend klar und ggf. einschränkend formuliert werden. Soll etwa nur auf die Urlaubsdauer verwiesen werden, muss das ausdrücklich so aufgenommen werden. Die Bezugnahme auf die tariflichen Regelungen für den „Urlaub“ ist als Bezugnahme auf den gesamten Regelungskomplex einschließlich eines zusätzlichen tariflichen Urlaubsgeldes zu verstehen (BAG v. 17.1.2006 – 9 AZR 41/05, NZA 2006, 923, 926). 3 Weitere Formulierungsbeispiele in Ziff. 5 zu M 2.2. Will man den Effekt der früheren BAG-Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede erreichen, muss ein entsprechender Zusatz in die Klausel aufgenommen werden (vgl. M 2.2 Ziff. 5, Var. 2 Abs. 1 m. Anm.). In BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2013, 267; Haußmann, DB 2013, 1359, wurde zusammen mit einer Tarifwechselklausel gem. M 2.2 Ziff. 5 Var. 3 geregelt: „Der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers richtet sich nach den jeweils geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen“.

Kapitel 3 Verträge mit Angestellten I. Einführung . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . 2. Angestellte und leitende Angestellte . . . . . . . . . . a) Leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG . . . . . b) Leitende Angestellte nach § 14 Abs. 2 KSchG . . . . . 3. Syndikusrechtsanwälte . .

.... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ...

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II. Muster Ausführlicher Anstellungsvertrag mit einem Angestellten ohne Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Anstellungsvertrag mit einem Angestellten mit Bezugnahme auf Tarifvertrag . . Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anstellungsvertrag mit einem Syndikusrechtsanwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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M 3.1 M 3.2 M 3.3 M 3.4

Literatur: Zu leitenden Angestellten: S. die Literaturübersicht zu Kap. 2; ergänzend: Bauer/Krieger, Bezugnahmeklausel und Statusveränderung – Alterssicherung für leitende Angestellte?, NZA 2004, 464;

152 | Lingemann und Lingemann/Diller

Verträge mit Angestellten | Rz. 3 Kap. 3 Bitsch, Die gespaltene Persönlichkeit im Arbeitsrecht – Überlegungen zum Begriff des „Leitenden Angestellten“ in Matrixstrukturen, NZA 2018, 696; Fritz, Die Führungskraft in der Matrixorganisation, NZABeilage 2018, 98; Fritz, Haftungsbegrenzung bei Führungskräften, NZA 2017, 673; Fuhlrott, Die rechtliche Stellung leitender Angestellter, ArbRAktuell 2011, 55; Heinz, Fehler- und Gefahrenquellen im Umgang mit leitenden Angestellten – Worauf Arbeitgeber achten sollten, BB 2019, 2868; Kleinebrink, Besonderheiten bei der Beschäftigung von Prokuristen, ArbRB 2012, 90; Melot de Beauregard/Baur, Die Haftung des leitenden Angestellten, DB 2016, 1754; Möller, Führungskräfte: Abgrenzung, kündigungsrechtliche Sonderstellung und Haftung?, NZA 2017, 1567; Zöll, Vorsicht Führungskraft!, AuA 2015, 202. Zum Anstellungsvertrag allgemein: S. die Literaturübersicht zu Kap. 2; ergänzend: Hunold, Außertarifliche Angestellte: Gehalt, Arbeitszeit, Betriebsrat, NZA-RR 2010, 505; Lingemann/Winkel, Der Anstellungsvertrag des Rechtsanwaltes, NJW 2009, 343, 483, 817, 966, 1574 und 2195.

I. Einführung 1. Grundsätzliches Zur Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten verweisen wir auf die Erläuterungen zu Kap. 2. Die unterschiedliche Art der Tätigkeit von Angestellten und die Nähe zur Unternehmensführung führt oft zu einer größeren Freiheit bei der Lage der Arbeitszeit und zu einem monatlichen Gehalt anstelle von Stundenlohn. Die flexiblere Art der Tätigkeit und die umfassendere Kenntnis des Know-hows des Unternehmens bedingen Regelungen zur Verschwiegenheit, ggf. zu Erfindungen und Urheberrechten sowie zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Häufig werden die vertraglichen Kündigungsfristen großzügiger bemessen.

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2. Angestellte und leitende Angestellte Innerhalb der Gruppe der Angestellten unterscheidet man insbesondere zwischen (einfachen) Angestellten und leitenden Angestellten. Im Gegensatz zu Organmitgliedern1 sind leitende Angestellte auch Arbeitnehmer, für die jedoch zahlreiche Sondervorschriften2 gelten. Der Begriff der leitenden Angestellten wird von den Sondervorschriften je nach ihrem Zweck unterschiedlich definiert.

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a) Leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG Nach § 5 Abs. 3 BetrVG gilt das BetrVG nicht für leitende Angestellte.3 Auch § 1 SprAuG und § 3 MitbestG verweisen auf diese Definition. § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG sind zwingend, eine vertragliche Bestimmung, nach der der Arbeitnehmer leitender Angestellter ist, wäre also nicht konstitutiv.4 Die Zuordnung kann im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geklärt werden5 sowie speziell für die Beteiligung an den Wahlen zum Betriebsrat bzw. Sprecherausschuss durch § 18a BetrVG. Leitende Angestellte nehmen unter eigener Verantwortung typische Unternehmerfunktionen mit einem eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum wahr. Kennzeichnend für den leitenden Angestellten ist gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG – die arbeitsvertraglich oder aufgrund der Stellung im Unternehmen vermittelte Berechtigung zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung be1 Zur Arbeitnehmerstellung des GmbH-Geschäftsführers Blöse, WPg 2020, 53; zur Arbeitnehmereigenschaft von GmbH-Fremdgeschäftsführern im Sinne des AGG Mohr/Bourazeri, NZA 2019, 870. 2 Vgl. Fuhlrott, ArbRAktuell 2011, 55. 3 Vgl. auch Fuhlrott, ArbRAktuell 2011, 55. 4 BAG v. 16.4.2002, NZA 2003, 56. Zulässig und verfassungskonform ist aber die in § 45 Satz 2 WPO unwiderleglich angeordnete Geltung der Bereichsausnahme für Wirtschaftsprüfer mit Prokura, BAG v. 29.6.2011 – 7 ABR 15/10, NJW 2012, 873, 874 f. Zu angestellten Rechtsanwälten vgl. BAG v. 29.6.2011, NZA-RR 2011, 647 m. Anm. Reckin, AnwBl 2012, 461. 5 BAG v. 29.6.2011 – 7 ABR 15/10, NJW 2012, 873 m. Anm. Reckin, AnwBl 2012, 461.

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Kap. 3 Rz. 3 | Verträge mit Angestellten schäftigten Arbeitnehmern. Die Berechtigung muss im Innenverhältnis zum Arbeitgeber bestehen und sich auf Einstellung und Entlassung (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG) beziehen. Die Personalverantwortung muss zudem von erheblicher unternehmerischer Bedeutung sein.6 Diese kann sich aus der Zahl der betreffenden Arbeitnehmer oder aus der Bedeutung von deren Tätigkeit für das Unternehmen ergeben. Die Ausübung der Personalkompetenz darf namentlich nicht von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein. Allerdings liegt keine Beschränkung der Einstellungs- und Entlassungsbefugnis vor, wenn der Angestellte lediglich Richtlinien oder Budgets zu beachten hat oder eine zweite Unterschrift einholen muss.7 – eine Generalvollmacht oder eine im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutende Prokura (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG). Gesamtprokura (§ 48 Abs. 2 HGB) oder Niederlassungsprokura (§ 50 Abs. 3 HGB) schaden nicht; „nicht unbedeutend“ ist die Prokura allerdings nur, wenn die Aufgaben den in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG umschriebenen Leitungsfunktionen (dazu sogleich) entsprechen8 und die Prokura für diese Aufgaben sachliche Bedeutung hat.9 – die Wahrnehmung sonstiger Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG). Entscheidend ist, dass der Angestellte unternehmerische Leitungsaufgaben im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Sofern ihm rechtlich und tatsächlich ein eigener erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht, reicht es auch aus, wenn er aufgrund seiner Position Entscheidungen so vorbereiten kann, dass die Entscheidungsträger an den Vorschlägen nicht vorbeigehen können.10 Derartige Aufgaben muss er regelmäßig, also nicht nur zur Vertretung, übernehmen.

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Nur wenn das Ergebnis nach diesen Kriterien immer noch zweifelhaft ist, gibt § 5 Abs. 4 BetrVG eine Entscheidungshilfe. Danach ist leitender Angestellter im Zweifel, wer – aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrates, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 BetrVG), oder – einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind (§ 5 Abs. 4 Nr. 2 BetrVG), oder – ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist (§ 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG), oder – falls auch bei der Anwendung von Nr. 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet (§ 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG). Für leitende Angestellte gilt das ArbZG nicht, § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG. Zur Begriffsbestimmung verweist das ArbZG auf § 5 Abs. 3 BetrVG. Da § 5 Abs. 3 BetrVG wiederum durch § 5 Abs. 4 BetrVG ergänzt wird, kann diese Zweifelsregelung auch im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitschutzes herangezogen werden.11

6 BAG v. 25.3.2009 – 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296, 1298. 7 BAG v. 25.3.2009 – 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296, 1298; v. 10.10.2007 – 7 ABR 61/06, DB 2008, 590; v. 16.4.2002, NZA 2003, 56. 8 BAG v. 25.3.2009 – 7 ABR 2/08, DB 2009, 1825; v. 11.1.1995 – 7 ABR 33/94, NZA 1995, 747; vgl. auch Kleinebrink, ArbRB 2012, 90, 92. 9 BAG v. 25.3.2009 – 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296, 1297. 10 BT-Drucks. 11/2503, S. 30; BAG v. 29.6.2011 – 7 ABR 5/10; v. 25.3.2009 – 7 ABR 2/08, DB 2009, 1825; v. 11.1.1995 – 7 ABR 33/94, NZA 1995, 747; vgl. auch Kleinebrink, ArbRB 2012, 90, 92. 11 Baeck/Deutsch/Winzer, § 18 ArbZG Rz 17 mwN.

154 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | Rz. 7 Kap. 3

b) Leitende Angestellte nach § 14 Abs. 2 KSchG Während größere Unternehmen durchaus leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3, 4 BetrVG haben, sind leitende Angestellte nach § 14 Abs. 2, § 17 Abs. 5 KSchG12 selten. Zwar gilt auch für diese leitenden Angestellten das KSchG,13 jedoch bedarf ein Antrag des Arbeitgebers auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 KSchG keiner Begründung, der Arbeitgeber kann sich also von einem leitenden Angestellten iSd. § 14 Abs. 2 KSchG im Kündigungsschutzprozess ohne Begründung trennen, wenn auch gegen Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach § 10 KSchG festzusetzenden Abfindung. Darüber hinaus hat der leitende Angestellte nicht die – praktisch wenig bedeutsame – Möglichkeit, gegen die Kündigung gem. § 3 KSchG Einspruch beim Betriebsrat einzulegen; auch die Regelungen zu Massenentlassungen gelten für ihn nicht (§ 17 Abs. 5 Nr. 3 KSchG).14

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Zentrales Merkmal eines leitenden Angestellten nach § 14 Abs. 2 KSchG ist die Befugnis zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern. Allein die vertragliche Befugnis reicht aber nicht aus, wenn sie über einen längeren Zeitraum nicht ausgeübt worden ist.15 Die Befugnis muss nicht nur im Außenverhältnis, sondern auch im Innenverhältnis uneingeschränkt bestehen,16 wobei es ausreicht, dass sie die Einstellung oder die Entlassung betrifft.17 Obwohl die Voraussetzungen insoweit weiter sind als nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG,18 finden sich leitende Angestellte nach § 14 Abs. 2 KSchG nur sehr selten, da leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG auch regelmäßig nicht nach dessen Nr. 1, sondern nach den Nr. 2 und 3 definiert werden.

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3. Syndikusrechtsanwälte Im Unternehmen angestellte Juristen werden traditionell als „Syndikus“ bzw. „Syndika“ bezeichnet. Die gesetzliche Regelung beschränkte sich jahrzehntelang auf ein gerichtliches Vertretungsverbot (§ 46 BRAO aF), wonach der angestellte Jurist, auch wenn er sich im Nebenberuf als Anwalt zugelassen hatte, den eigenen Arbeitgeber nicht vor Gericht vertreten durfte. Von Bedeutung für den Syndikus war vor allem § 6 SGB VI. Danach konnte sich der Syndikus, der sich im Nebenberuf als „Feierabendanwalt“ zugelassen hatte und deshalb in den Versorgungswerken der Anwaltschaft versicherungspflichtig war, von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen. Dieser Befreiungspraxis machte dann jedoch das Bundessozialgericht mit mehreren Urteilen vom 3.4.201419 ein Ende und entschied, dass unabhängig von der Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 SGB VI für das Anstellungsverhältnis mit dem Unternehmen nicht in Betracht komme. Der Gesetzgeber nahm dies zum Anlass, das Berufsrecht des Syndikusrechtsanwalts erstmals gesetzlich zu regeln und in diesem Zusammenhang wieder die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermöglichen.20 Diese Befreiung, die für die Betroffenen große wirtschaftliche und psychologische Bedeutung hat, setzt allerdings voraus, dass 12 Vgl. auch Lingemann, Kündigungsschutz, S. 28 ff.; Fuhlrott, ArbRAktuell 2011, 55. 13 Die Ungleichbehandlung von leitenden Angestellten und Mitgliedern gesetzlicher Vertretungsorgane in § 14 KSchG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, BAG v. 21.9.2017 – 2 AZR 865/16. 14 Zu den Besonderheiten bei der Berechnung der für die Anzeigepflicht maßgeblichen Gesamtarbeitnehmeranzahl aufgrund des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs Heinz, BB 2019, 2868, 2871. 15 BAG v. 19.4.2012 – 2 AZR 186/11; v. 14.4.2011 – 2 AZR 167/10, DB 2011, 2496; v. 10.10.2002, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; vgl. auch Kleinebrink, ArbRB 2012, 90, 93. 16 BAG v. 19.4.2012 – 2 AZR 186/11; v. 14.4.2011 – 2 AZR 167/10, DB 2011, 2496; v. 18.10.2000 – 2 AZR 465/99, NZA 2001, 437. 17 BAG v. 19.4.2012 – 2 AZR 186/11; v. 27.9.2001, BB 2002, 2131; v. 10.10.2002, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122. 18 Die Definition des „leitenden Angestellten“ in § 14 Abs. 2 KSchG ist enger als diejenige in § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG, LAG Köln v. 10.10.2019 – 6 TaBV 6/19. 19 BSG v. 3.4.2014 – B 5 RE 13/14 R, BSGE 115, 267 = NZA 2014, 971; v. 3.4.2014 – B 5 RE 9/14 R, WM 2014, 1883 und B 5 RE 3/14 R, ArbuR 2014, 476. 20 Mit Gesetz v. 21.12.2015, BGBl. I 2015, S. 2517.

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Kap. 3 Rz. 7 | Verträge mit Angestellten der Anstellungsvertrag in bestimmten Umfang Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit einräumt. Zugleich stellen sich bei Syndikusrechtsanwälten schwierige Fragen bezüglich Haftung, Haftpflichtversicherung und Versetzung, s. im Einzelnen M 3.4.

II. Muster M 3.1 Ausführlicher Anstellungsvertrag mit einem Angestellten ohne Bezugnahme

auf Tarifvertrag

Zwischen der X-AG (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […]1 (im Folgenden: der Arbeitnehmer) wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Art und Ort der Tätigkeit2 (1) Der Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Arbeitsvertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit.) wird ab […] als […] in […] eingestellt. (2) Der Arbeitgeber behält sich unter Wahrung der Interessen von […] die Zuweisung eines anderen gleichwertigen Arbeitsgebietes vor.3 Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Aufgabenbereiche. Evtl.4 (3) Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer jederzeit [evtl.]5 mit einer Ankündigungsfrist von […]. Wochen ohne Verschlechterung seiner vertraglichen Vergütung und ohne Veränderung des tatsächlichen Arbeitsortes in einer unternehmensübergreifenden Arbeitsorganisation (zB in einer Matrixstruktur) einzusetzen, sofern die zugewiesene Tätigkeit gleichwertig ist6 und den Fähigkeiten und Qualifikationen des Arbeitnehmers entspricht. Das fachliche Weisungsrecht wird in diesem Fall ggf. nicht vom Arbeitgeber ausgeübt, sondern von einer Person innerhalb der unternehmensübergreifenden Arbeitsorganisation, die ei1 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NachwG. Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“ auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Arbeitnehmers aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Kap. 1 Rz. 14a. 2 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 4 und 5 NachwG. 3 Weitere Formulierungsvorschläge sowie Einzelheiten zur Versetzungsklausel Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 129, Kap. 2 Rz. 82a ff. „Versetzungsklausel“ und „Änderungsklausel“, sowie unter M 2.1a Ziff. 1. Die Versetzungsklausel verliert allerdings umso mehr an Bedeutung, je länger der Angestellte unverändert eine Tätigkeit erbracht hat; hat sich dadurch seine Vertragspflicht auf die Tätigkeit „konkretisiert“, so ist es ratsam, neben der Versetzung eine hilfsweise Änderungskündigung auszusprechen (dazu näher unten Kap. 19 und Kap. 20 sowie M 19.1). 4 Matrixklausel, dazu Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Matrixklausel“, Kap. 2 Rz. 111c; ausführlich zur Matrixorganisation Lingemann/Chakrabarti in Arnold/Günther (Hrsg.), Arbeitsrecht 4.0, 2. Aufl. 2020, Kap. 2 E. Vgl. Formulierungsvorschläge bei Neufeld, AuA 2012, 219, 220; Auer-Reinsdorff/Conrad/Maties, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019, § 37 Rz. 192; Maschmann/Fritz/Maschmann, Matrixorganisationen, Kap. 3 Rz. 44. 5 Eine Ankündigungsfrist dürfte rechtlich nicht erforderlich sein, denn durch die bloße Übertragung des fachlichen Weisungsrechts wird der Arbeitsort des Arbeitnehmers nicht geändert (Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 55; Lingemann/Chakrabarti in Arnold/Günther (Hrsg.), Arbeitsrecht 4.0, 2. Aufl. 2020, Kap. 2 E Rz. 135). Sie kann aber natürlich personalpolitisch sinnvoll sein. 6 Der Wert der Tätigkeit darf sich dadurch nicht verschlechtern (Neufeld, AuA 2012, 219, 220).

156 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3 nem mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmen zugehörig ist. Das disziplinarische Weisungsrecht verbleibt stets beim Arbeitgeber.7

§ 2 Arbeitszeit,8 Kurzarbeit (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ohne Pausen […] Stunden wöchentlich.9 (2) Der Arbeitnehmer wird seine/ihre ganze Arbeitskraft im Interesse des Arbeitgebers einsetzen.10 Er/Sie ist verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Mehrarbeits- und Überstunden bis zu […] Stunden/Monat zu leisten, höchstens jedoch in gesetzlich zulässigem Umfang. Darüber hinaus ist er/sie verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers Nacht-, Schicht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in gesetzlich zulässigem Umfang zu leisten.11 (3) Der Arbeitgeber ist berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der Arbeitsausfall der Arbeitsverwaltung angezeigt ist (§§ 95 ff. SGB III). Dabei ist eine Ankündigungsfrist von drei Wochen einzuhalten. Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die in § 3 geregelte Vergütung im Verhältnis der ausgefallenen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit.12

§ 3 Vergütung13 (1) Der Arbeitnehmer erhält eine am Monatsende zahlbare Bruttovergütung von Euro […]/Monat. [Evtl:] Im Falle von Tariferhöhungen oder -ermäßigungen erhöht oder ermäßigt sich die Bruttovergütung um den Prozentsatz, um den sich das Tarifgehalt der Gehaltsgruppe […] für Angestellte des […] Tarifvertrages verändert.14 oder (Var. 1) (2) Mit dieser Vergütung sind Mehrarbeits- und Überstunden bis zum Umfang von § 2 Abs. 215 abgegolten, jedoch begrenzt auf 25 %16 der Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 1.17 Darüber hinausgehende Mehrarbeits- und Überstunden sind durch Freizeit auszugleichen.18 7 Das disziplinarische Weisungsrecht muss beim Vertragsarbeitgeber verbleiben, ansonsten läge eine Konzernversetzung vor (Kort, NZA 2013, 1318, 1320; Maschmann/Fritz/Maschmann, Kap. 3 Rz. 47; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 55). 8 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG. 9 Zu Einzelheiten der Arbeitszeit und alternativen Formulierungen vgl. M 2.1a, Anm. zu Ziff. 3 sowie Kap. 7. Zur Lage der Arbeitszeit hat der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, sofern ein kollektiver Tatbestand vorliegt. 10 Es ist zweifelhaft, ob diese Klausel allein schon ein Nebentätigkeitsverbot enthält. Es sollte daher gesondert geregelt werden (dazu § 6). 11 Vgl. M 2.1a Ziff. 4, Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Mehrarbeitsklausel/Überstundenpauschale“, Kap. 2 Rz. 112. 12 Zu dieser Kurzarbeitsklausel s. im Einzelnen Anm. zu M 2.1a Ziff. 3 (2) sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, Kap. 2 Rz. 111a. 13 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG; weitere Formulierungsbeispiele und Hinweise s. Kap. 12. 14 Wertsicherungsklauseln sind gem. § 1 Abs. 1 PrKG grundsätzlich unzulässig. Zulässig sind Gehalts- und Lohngleitklauseln, die an Tarifgehälter gekoppelt werden („Spannungsklauseln“, § 3 (1) Satz 2 des Musters), vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG. Ob auch die Absenkung der Vergütung zulässig ist, ist noch offen. Dafür spricht, dass durch die Verknüpfung mit einem Beschluss der Tarifvertragsparteien kein willkürlicher Eingriff des Arbeitgebers vorliegt (Kiesgen/Grawe in Lunk, AnwF Arbeitsrecht, § 1a Teil 1 Rz. 914). 15 Bis zu welchem Anteil Überstunden pauschal abgegolten werden können, ist umstritten. Wir gehen hier von einer Obergrenze von 25 % der vereinbarten Arbeitszeit aus. Sofern diese schon mit der Obergrenze in § 2 Abs. 2 nicht überschritten wird, bedarf es in § 3 Abs. 2 dieser Einschränkung nicht mehr; Einzelheiten bei Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Kap. 2 Rz. 118. 16 Die Regelung korrespondiert mit § 2 Abs. 2. Die Pauschalabgeltungsklausel ist unwirksam, wenn der Angestellte nur eine tarifliche Vergütung oder Mindestlohn erhält. In Formulararbeitsverträgen – Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Kap. 2 Rz. 118 – sollte entweder die Anzahl der pauschal abgegoltenen Überstunden – wie hier in Var. 1 und 2 – beschränkt oder ausdrücklich eine Pauschale für die Abgeltung üblicherweise zu erwartender Überstunden vorgesehen werden

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Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten (Var. 2) (2) Mit der vereinbarten Bruttovergütung sind bis zu […] Mehrarbeits- und Überstunden monatlich abgegolten.19 Darüber hinausgehende Mehrarbeits- und Überstunden sind durch Freizeit auszugleichen. (Var. 3) (2) Zur Abgeltung der Mehrarbeits- und Überstunden gemäß § 2 Abs. 2 erhält der Arbeitnehmer eine monatliche Pauschale in Höhe von Euro […].20 (3) Die Pauschalabgeltung gemäß Abs. 2 kann von dem Arbeitgeber mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende widerrufen und die Ablösung durch eine Einzelabrechnung verlangt werden.21

§ 4 Sonstige Leistungen22 (1) Leistet der Arbeitgeber eine Weihnachtsgratifikation,23 geschieht dies freiwillig und mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten vorbehaltlosen Leistung ein Rechtsanspruch nur auf die jeweils erhalte-

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(Var. 3). Es reicht für die Transparenz der Regelung dabei aus, wenn der Arbeitnehmer weiß, was ggf. „auf ihn zukommt“ und wie viel er maximal für seine Vergütung arbeiten muss (BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/ 11, NZA 2012, 908 m. Anm. Bauer/Arnold/Willemsen, NZA 2012, 908). Es reicht daher im Rahmen von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, wenn die Zahl der zu leistenden Überstunden begrenzt ist (für leitende Angestellte vgl. M 3.3 § 3 Abs. 3). Nicht geklärt ist, ob eine weitere Einschränkung aufzunehmen ist, nach der durch die Pauschalabgeltung der Mindestlohn nicht unterschritten werden darf (vgl. Reinhard-Kasperek/Denninger, BB 2019, 116). UE bedarf es dieser Einschränkung nicht, denn der Arbeitgeber muss ohnehin die Pauschalierung so berechnen, dass dadurch der Mindestlohn nicht unterschritten wird. Denkbar wäre ansonsten eine Klausel „Die Abgeltung greift nicht, soweit dadurch der Anspruch auf gesetzliches Mindestentgelt unterschritten wird“. (Einzelheiten unter Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“ Kap. 2 Rz. 118 sowie M 2.1a, Ziff. 5 (2) Var. 3 m. Anm.). Bei der Entscheidung des Arbeitgebers darüber, ob ein Ausgleich für Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch bezahlte freie Tage oder durch Entgeltzuschlag zu gewähren ist, hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen. Die Zahl der freien Tage und die Höhe des Zuschlags sind hingegen eine Frage der Billigkeit. Da der Arbeitgeber insoweit rechtlich gebunden ist, besteht hier kein Mitbestimmungsrecht (BAG v. 26.4.2005 – 1 ABR 1/04, NZA 2005, 884, 887; v. 26.8.1997 – 1 ABR 16/ 97, NZA 1998, 441). BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908 hält eine solche Klausel für wirksam, wobei der konkrete Fall eine Pauschalabgeltung von 20 Stunden pro Monat vorsah. Allerdings wurde nur die isolierte Pauschalabgeltung geprüft, nicht eine etwaige Anordnungsbefugnis. Möglicherweise wird bei einer Kombination von Anordnungsbefugnis und Pauschalabgeltung auch die Abgeltungsklausel kontrollfähig (vgl. Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986, die dies im Ergebnis ablehnen). UE. sollte man in jedem Fall darauf achten, Anordnungsbefugnis und Abgeltungsklausel so zu trennen, dass bei einer unwirksamen Anordnungsbefugnis zumindest die Pauschalabgeltung im Wege des blue-pencil-tests bestehen bleiben kann, falls man nicht insgesamt auf die Anordnungsbefugnis verzichten will (vgl. zu dieser Möglichkeit Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986). Hinsichtlich der Anzahl der maximal pauschaliert abzugeltenden Überstunden kommt es jeweils auf den Einzelfall an, da eine Pauschalabgeltungsklausel die Vergütung des Arbeitnehmers senkt und er – je nach Branche und Gehalt – somit in den sittenwidrigen Bereich geraten kann, falls das Gehalt 2/3 des tarifüblichen Gehalts in dem Wirtschaftszweig unterschreitet (BAG v. 17.10.2012, 5 AZR 792/11, NZA 2013, 266). Auch der gesetzliche Mindestlohn darf nicht unterschritten werden, dazu Var 1 m. Anm. Zur Pauschalabgeltung s. Var. 1 m. Anm. Ohne diese Klausel wäre eine Änderung von der Pauschalvergütung zur „Spitzabrechnung“ wohl nur durch Änderungskündigung zulässig (BAG v. 23.11.2000 – 2 AZR 547/99, NZA 2001, 492; Kleinebrink, ArbRB 2006, 21, 24). Ob diese Regelung allerdings der AGB-Kontrolle, insbesondere den Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt (s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff.), standhält, ist offen. Vgl. im Einzelnen Kap. 12 Rz. 26 ff. und M 12.15.1 ff. mit weiteren Formulierungsbeispielen und Hinweisen. Die früher übliche Formulierung „Der Arbeitnehmer erhält“ sieht das BAG als anspruchsbegründend an, ein gleichzeitig vereinbarter Freiwilligkeitsvorbehalt, soweit er überhaupt noch wirksam wäre, stehe dazu im Widerspruch und sei daher intransparent und somit unwirksam (BAG v. 7.6.2011 – 1 AZR 807/09, NZA 2011, 1234, 1236; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA

158 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3 nen Leistungen entsteht und kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird. Der Arbeitgeber behält sich vor, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine solche Gratifikation geleistet wird. Dies gilt nicht für Leistungen, die auf einer individuellen Vertragsabrede mit dem Arbeitnehmer im Sinne des § 305b BGB beruhen.24 (2) Der Arbeitnehmer erhält25 vermögenswirksame Leistungen nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz in Höhe von monatlich Euro […], sofern er einen entsprechenden Vertrag nachweist. (3) Der Arbeitnehmer erhält26 zusätzlich zur Vergütung einen Zuschuss zu seinen/ihren Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr bis zur Höhe von Euro […] pro Monat, sofern er/sie entsprechende Aufwendungen nachweist.27 Der Arbeitgeber

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2008, 40, eingehend dazu Lingemann/Gotham, NZA 2008, 509). Zu weiteren Formulierungen, die anspruchsbegründend sein sollen und Einzelheiten Kap. 2, AGB-Kontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff., insb. Kap. 2 Rz. 105b. Dasselbe gilt, wenn die Höhe der Leistung genau bestimmt ist; auch von der Angabe der Höhe ist daher abzuraten (BAG v. 20.2.2013, BB 2013, 1203; v. 10.12. 2008 – 10 AZR 1/08, DB 2009, 684). Auch ob die hier vorgeschlagene Klausel einer AGB-Kontrolle durch das BAG standhalten wird, kann nicht mit Sicherheit abgesehen werden. In der Entscheidung des BAG v. 30.7.2008 heißt es in Rz. 28 wörtlich: „Mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verbundene Sonderzahlungen werden oft jahrelang geleistet“. Das Verb „leisten“ führt demnach wohl nicht zur Unwirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehalts. Auch hier besteht aber Unsicherheit. Dem Arbeitgeber ist in jedem Falle dringend zu raten, den Freiwilligkeitsvorbehalt bei jeder Zahlung erneut zu erklären. Diese Formulierung ist angelehnt an Preis/Sagan, NZA 2012, 697 im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung zu Freiwilligkeitsvorbehalten (BAG 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 52; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; dazu Bauer/von Medem, NZA 2012, 894; Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400), derzufolge nicht nur darauf zu achten ist, dass der Vorbehalt transparent formuliert ist, sondern auch, dass nur Sonderzahlungen erfasst werden, und der Vorrang der Individualabrede zu beachten ist. Auch ist dem Arbeitgeber dringend zu raten, bei jeder zusätzlichen Leistung nochmals ausdrücklich zu erklären, dass diese einmalig ist und freiwillig erfolgt, ohne einen Rechtsanspruch für die Zukunft zu begründen (vgl. auch Hromadka, DB 2012, 1037; Hunold, DB 2012, 1096; Lingemann/Otto, NZA 2015, 65). Wie eine rechtssichere Formulierung im Arbeitsvertrag aussieht, ist allerdings mehr denn je ungeklärt. Wird aber im Arbeitsvertrag zB bei unwirksamem Freiwilligkeitsvorbehalt ein Anspruch begründet, so ändert daran auch ein bei jeder Zahlung ausgesprochener Freiwilligkeitsvorbehalt nichts, denn dieser würde nur eine betriebliche Übung verhindern, nicht aber einen im Arbeitsvertrag begründeten Anspruch beseitigen (BAG v. 20.2. 2013, BB 2013, 1203). Angesichts der Unsicherheit darüber, wie ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt ausgestaltet sein muss, kann es ratsam sein, im Vertrag die freiwillige Leistung und damit den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu regeln und stattdessen nur bei jeder Zahlung den Freiwilligkeitsvorbehalt ausdrücklich zu erklären. Zum Freiwilligkeitsvorbehalt bei der Erbringung der Leistung selbst kann als Orientierung BAG v. 18.3. 2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535 dienen: Die Klausel lautete: „Wir freuen uns, Ihnen für das Jahr 2001 eine Sonderzahlung in Höhe von Euro 25.000,– zukommen zu lassen. Die Auszahlung erfolgt mit dem Gehalt für April 2002. Diese Zahlung ist einmalig und schließt zukünftige Ansprüche aus. Wir danken Ihnen für Ihre bisherige Arbeit und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg in unserem Hause.“ Hier handelt es sich um einen Anspruch wegen der Wortwahl „erhält“, die Leistung kann daher nicht gleichzeitig unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden, sondern nur unter Widerrufsvorbehalt, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff., 105b; „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. Auch hier handelt es sich um einen Anspruch wegen des Begriffes „erhält“, die Leistung kann daher nicht unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden, sondern nur unter Widerrufsvorbehalt, Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff., 105b; „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind Teil der privaten Lebensführung und daher vom Arbeitnehmer zu tragen (BAG v. 28.8.1991 – 7 ABR 46/90, DB 1991, 2594). Gewährt der Arbeitgeber Fahrtkostenzuschüsse, so hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zwar nicht bei der Frage, ob ein solcher Zuschuss eingeführt wird, wohl aber bei der Verteilung (BAG v. 9.7. 1985 – 1 AZR 631/80, DB 1986, 230). Ein Initiativrecht des Betriebsrats besteht nicht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist zu beachten. Praxistipp: Steuerfrei sind nach Maßgabe von § 3 Nr. 32 EStG die Kosten der Sammelbeförderung. Soweit Fahrtkostenersatz nicht steuerbefreit ist, kommt noch eine Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG mit (zzt.) 15 % in Betracht.

Lingemann | 159

Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten behält sich vor, den Zuschuss bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens für die Zukunft zu widerrufen.28 Wirtschaftliche Schwierigkeiten sind insbesondere29 ein Umsatzrückgang um […] %.

§ 5 Geheimhaltung30 (1) Der Arbeitnehmer wird sich vertrauliche Informationen einschließlich Geschäftsgeheimnissen31 des Arbeitgebers nicht aneignen außer zu vertraglichen Zwecken. Er wird sie ferner dritten Personen, einschließlich anderen Arbeitnehmern des Arbeitgebers, nicht ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers32 offenlegen und wird sie ausschließlich für Zwecke des Anstellungsverhältnisses nutzen. In seinem Aufgabenbereich wird er dafür sorgen, dass Dritte nicht unbefugt Kenntnis von vertraulichen Informationen oder Geschäftsgeheimnissen erhalten. Ferner wird er Geheimhaltungsmaßnahmen entsprechend den Weisungen des Arbeitgebers ergreifen.33 (Pflichten nach diesem Absatz 1 insgesamt „Geheimhaltungspflicht“). (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Unberührt bleibt das Recht des Arbeitnehmers, nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses sein berufliches Erfahrungswissen zu nutzen, soweit dazu kein Rückgriff auf physische oder elektronische Aufzeichnungen erfolgt, die vertrauliche Informationen oder Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers enthalten.34 oder (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Soweit der Arbeitnehmer durch die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beeinträchtigt wird, kann er vom Arbeitgeber die Befreiung von dieser Pflicht verlangen.35 Evtl.36 Diensterfindungen des Arbeitnehmers und anderer Arbeitnehmer des Arbeitgebers, von denen er Kenntnis erlangt hat, sind in jedem Fall nach Absatz 1 so lange geheim zu halten wie sie nicht frei geworden (§ 8 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen) sind. (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen ins28 Einzelheiten zu den Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff., weitere Formulierungsvorschläge s. M 2.2 Ziff. 4 (2) sowie M 12.7.2. 29 Es ist zwar nicht abschließend geklärt, ob solche nur beispielhaften Aufzählungen zulässig sind. In der Entscheidung v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, hat das BAG sie bei Widerruf einer Dienstwagenüberlassung jedoch gebilligt. Ähnlich auch schon BAG v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310 zum Freiwilligkeitsvorbehalt; das Urteil ist jedoch hinsichtlich des Freiwilligkeitsvorbehaltes überholt (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82 f.). 30 Wir danken insb. Rechtsanwalt Dr. Björn Kalbfus aus unserer Kanzlei Gleiss Lutz, spezialisiert auf gewerblichen Rechtsschutz, für die Bearbeitung der Geheimhaltungsklausel. Zu Einzelheiten s.o. Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b. 31 Mit Inkrafttreten des GeschGehG am 26.4.2019 findet sich die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG. 32 Beim Geschäftsführer wäre stattdessen einzufügen: „nur im Rahmen seiner Befugnisse zum Wohle des Unternehmens offenzulegen und zu nutzen.“ 33 Damit wird klargestellt, dass insbesondere die Geheimhaltungsmaßnahmen nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG (die der Arbeitgeber festlegen muss), tatsächlich umgesetzt werden. 34 Die Regelung setzt im Wesentlichen die bestehende Rechtslage um (vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. b Geschäftsgeheimnis-RL und BAG v. 15.12.1987 – 3 AZR 474/86, NZA 1988, 502; BGH v. 3.5.2001 – I ZR 153/99, GRUR 2002, 91 – Spritzgießwerkzeuge sowie BGH v. 27.4.2006 – I ZR 126/03, GRUR 2006, 1044 Rz. 13 f. – Kundendatenprogramm; BGH v. 22.3.2018 – I ZR 118/16, GRUR 2018, 1165 Rz. 46 – Hohlfasermembranspinnanlage II) und soll eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 BGB vermeiden. Als zusätzliche Einschränkung könnte man über eine Befristung nachdenken (zB 2 Jahre). Dies ist aber uE. nicht zwingend. 35 Auch diese Einschränkung soll eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 BGB vermeiden, vgl. Hunold, SPA 21/2002, S. 1. 36 Die Regelung zu Diensterfindungen ist für technische Angestellte zu empfehlen (vgl. § 24 Abs. 2, § 26 ArbNErfG).

160 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3 besondere die in Anlage 1 zu diesem Vertrag aufgeführten Informationen.37 Anlage 1 kann vom Arbeitgeber jederzeit geändert werden und wird in dieser geänderten Fassung Gegenstand des Vertrages.38 oder39 (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen insbesondere: Geschäftsstrategien wirtschaftliche Planungen, Preiskalkulationen und -gestaltungen, Wettbewerbsmarktanalysen, Umsatz- und Absatzzahlen, Personaldaten, Personalrestrukturierungskonzepte, Produktspezifikationen, Erfindungen, technische Verfahren und Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind und einen wirtschaftlichen Wert für das Unternehmen darstellen, Kundendaten, Lieferantendaten, Passwörter, Zugangskennungen, […]. (4) Bei Zweifeln, ob es sich um eine vertrauliche Information handelt, wird der Arbeitnehmer unverzüglich eine Weisung der Geschäftsführung einholen. (5) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht40, soweit die Mitteilung zum Schutz eines berechtigten Interesses des Arbeitnehmers erfolgt, insbesondere (a) zur Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien, (b) zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen, (c) im Rahmen der Offenlegung gegenüber der Arbeitnehmervertretung, wenn dies erforderlich ist, damit die Arbeitnehmervertretung ihre Aufgaben erfüllen kann. oder (5) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht in den in den Fällen des § 5 GeschGehG. evtl.41 (6) Ist der Arbeitnehmer gesetzlich oder aufgrund einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung verpflichtet, vertrauliche Informationen offenzulegen, so wird er den Arbeitgeber unverzüglich und vor Offenlegung über diese Pflicht informieren. Bei Offenlegung der Information wird er darauf hinweisen, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt und bei Geschäftsgeheimnissen ferner darauf hinwirken, dass angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen werden. 37 Zu den Anforderungen nach dem neuen GeschGehG vgl. auch Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 106b, „Geheimhaltungsklauseln“. Für den Schutz nach dem neuen GeschGehG ist eine nähere Konkretisierung des Geschäftsgeheimnisses zu empfehlen, entweder durch Verweis auf die Anlage, wie im Muster, oder durch möglichst konkrete abstrakte Definition, wie in der Alternative, vgl. Holthausen, NZA 2019, 1377, 1379 f. Die Anlage kann sich im Aufbau an der Aufzählung in der Alternative orientieren. Auch die Definition dessen, was ein Geschäftsgeheimnis ist, reicht allein zur Begründung eines Geschäftsgeheimnisses nicht mehr aus. Vielmehr müssen die drei Voraussetzungen in § 2 Nr. 1 GeschGehG kumulativ vorliegen. Insb. müssen die Informationen durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt sein, § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG. Zu möglichen Maßnahmen Reinhardt-Kasperek, SPA 2018, 157, 159. Verwendet man hingegen nur die bisherigen arbeitsvertraglichen Geheimhaltungsklauseln, so besteht auch nur ein arbeitsvertraglicher Schutz, nicht aber der besondere Schutz nach dem GeschGehG (Fuhlrott, ArbRAktuell 2020, 79). Dieser erfordert daher eine Anpassung der bisherigen Klauseln an das GeschGehG, für die das Muster einen Vorschlag enthält. 38 Ob eine solche dynamische Verweisung wirksam ist, ist nicht geklärt (zur dynamischen Verweisung auf Betriebsordnungen etc. vgl. auch Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Betriebsvereinbarungsvorbehalt/Betriebsvereinbarungsoffenheit“, Kap. 2 Rz. 96b. Da sie jedoch keine synallagmatischen Vertragsbestandteile betrifft, dürfte eine Anpassung jedenfalls nach billigem Ermessen zulässig sein. 39 Formulierung nach Holthausen, NZA 2019, 1377, 1382 f. 40 Die Ausnahmen entsprechen § 5 GeschGehG. 41 Ob die Aufnahme erforderlich ist hängt von der Bedeutung der Geschäftsgeheimnisse ab, mit denen der Arbeitnehmer voraussichtlich zu tun haben wird.

Lingemann | 161

Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten evtl.42 (7) Verletzt der Arbeitnehmer seine Pflichten aus dieser Ziffer […], hat er dem Arbeitgeber für jeden Fall der schuldhaften Verletzung eine Vertragsstrafe in Höhe einer monatlichen Fixvergütung gem. § […] zu zahlen. Die Geltendmachung eines über die Vertragsstrafe hinausgehenden Schadens behält der Arbeitgeber sich vor. evtl.43 (8) Die Geheimhaltungspflicht nach den vorstehenden Absätzen gilt auch in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse Dritter, die dem Arbeitgeber zugänglich gemacht wurden und von denen der Arbeitnehmer Kenntnis erlangt hat, soweit der Arbeitgeber hierfür keine abweichenden Vorgaben macht. Hat der Arbeitnehmer Informationen unmittelbar von einem Dritten erhalten und bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Offenbarung oder Nutzung gegen Rechte Dritter verstoßen kann, ist er verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich und vor Offenlegung oder Nutzung der Information darauf hinzuweisen.44

§ 6 Nebentätigkeit45 (1) Die Aufnahme einer anderweitigen entgeltlichen Tätigkeit ist dem Arbeitnehmer nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers gestattet. Hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich die beabsichtigte Tätigkeit unter Angabe von Art, Ort und Dauer angezeigt46 und stehen sachliche Gründe der Aufnahme der Tätigkeit nicht entgegen47, hat der Arbeitgeber unverzüglich zuzustimmen.48 Er kann seine Zustimmung auch befristet oder unter einem Widerrufsvorbehalt49 erteilen. (2) Abs. 1 gilt auch für Vorträge und/oder Veröffentlichungen. (3) Das Zustimmungserfordernis gemäß Abs. 1 besteht nicht für die Aufnahme karitativer, konfessioneller oder politischer Tätigkeiten, sofern sie die Tätigkeit nach Maßgabe dieses Vertrags nicht beeinträchtigen. 42 Die Aufnahme von Vertragsstrafen ist bisher wenig üblich und dürfte auch nur bei vertraulichen Informationen von wesentlicher Bedeutung als Teil der angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen Voraussetzung für den Schutz des GeschGehG sein. In Ausbildungsverhältnissen ist eine Vertragsstrafe nicht zulässig, § 12 Abs. 2 Nr. 2 BBiG. 43 Vertraulichkeitsvereinbarungen im geschäftlichen Verkehr sehen oftmals vor, dass Unternehmen vertrauliche Informationen nach den gleichen Standards wie eigene vertrauliche Informationen zu schützen haben. Die Klausel stellt dies klar. Eine ähnliche Klausel empfiehlt McGuire WRP 2019, 679, 687. Die Aufnahme dieser Regelung ist sinnvoll, wenn der Arbeitnehmer auch mit Geschäftsgeheimnissen von Kunden umgeht. 44 Eine derartige Klausel kann ein „Compliance“-Baustein sein, um eine Haftung des Unternehmens nach § 4 Abs. 3 GeschGehG zu vermeiden. Eine ähnliche Klausel empfiehlt McGuire WRP 2019, 679, 687. 45 Vgl. BAG v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00, NZA 2002, 965; Gaul/Khanian, MDR 2006, 68, 69; Woerz/Klinkhammer, ArbRAktuell 2012, 183; allerdings sind Neben- und auch Wettbewerbstätigkeiten, bei denen es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenten führen, von einem Nebentätigkeits- und Wettbewerbsverbot nicht erfasst (BAG v. 24.3.2010 – 10 AZR 66/09, NZA 2010, 693 = AP GG Art. 12 Nr. 141 m. Anm. Diller sowie Fuhlrott/Fabritius, FA 2010, 194; zur Unwirksamkeit eines insoweit zu weit gefassten Wettbewerbsverbots für jede Art von Tätigkeit OLG München v. 2.8.2018 – 7 U 2107/18, NZA-RR 2019, 82; zur Kritik an der Begründung des OLG München s. Lembke, NZA-RR 2019, 65 sowie M 4.1a Anm. zu § 13; vgl. auch Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Nebentätigkeitsverbot“, Kap. 2 Rz. 115 ff.). 46 Auch umfassende Anzeigepflichten werden weitgehend als wirksam angesehen (Hunold, NZA-RR 2002, 505; Löwisch/Röder, Anm. zu BAG AP BGB § 626 Nr. 68). Sie geben dem Arbeitgeber die Möglichkeit, die Beeinträchtigung von Arbeitgeberinteressen überhaupt erst zu prüfen (Löwisch/Röder, aaO). Die Aufnahme einer Nebentätigkeit ohne erforderliche Einwilligung und/oder der Verstoß gegen die Anzeigepflicht kann nach Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (vgl. BAG v. 11.12. 2001 – 9 AZR 464/00, DB 2002, 1507). 47 Vgl. Woerz/Klinkhammer, ArbRAktuell 2012, 183. 48 Vgl. BAG v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00, NZA 2002, 965, 967; dies sollte im Hinblick auf das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erwähnt werden (vgl. Gaul/Khania, MDR 2006, 68, 69). 49 Vgl. zum Widerrufsvorbehalt Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff.

162 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3

§ 7 Urlaub Der Arbeitnehmer erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von […] Arbeitstagen.50 oder51 (1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub gem. § 3 Abs. 1 BUrlG von vier Wochen/Jahr. (2) Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer zusätzlich einen Urlaubsanspruch von zwei weiteren Wochen/Jahr. Für diesen zusätzlichen Urlaub gilt abweichend von den rechtlichen Vorgaben für den gesetzlichen Mindesturlaub52 Folgendes: – der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub entsteht im Jahr des Beginns und des Endes des Arbeitsverhältnisses für jeden vollen Monat der Beschäftigung zu 1/12,53 – der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub verfällt nach Ablauf des Übertragungszeitraums gem. § 7 Abs. 3 BUrlG auch dann, wenn der Urlaub bis dahin wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht genommen werden kann;

50 Der Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG beträgt 24 Werktage, wobei Werktage gem. § 3 Abs. 2 BUrlG alle Kalendertage außer Sonn- und Feiertagen sind, so dass auch arbeitsfreie Samstage auf den Urlaub nach Werktagen angerechnet werden. Wird der Urlaub – wie in der Praxis üblich und daher auch im Muster vorgesehen – nach Arbeitstagen festgelegt, so kommt es auf die konkreten Arbeitstage im Betrieb an, wobei der Urlaubsanspruch sich berechnet nach der Zahl der Urlaubswerktage geteilt durch 6, multipliziert mit der Zahl der Arbeitstage des Arbeitnehmers in einer Woche (BAG v. 27.1.1987 – 8 AZR 579/84, DB 1987, 340; v. 14.1.1992 – 9 AZR 148/91, DB 1992, 1889; v. 5.9.2002 – 9 AZR 244/01, NZA 2003, 726). Zur Berechnung bei Teilzeitarbeitnehmern vgl. BAG v. 5.9.2002, NZA 2003, 726; v. 14.2.1991 – 8 AZR 97/90, NZA 1991, 777. Zur Berechnung des Urlaubsentgelts vgl. EuGH v. 13.12.2018 – C-385/17, NZA 2019, 47 – Hein; v. 15.9.2011 – C-155/10, NZA 2011, 1167 – Williams. Der Urlaubsanspruch ist nicht abhängig von einer Mindestarbeitszeit, vgl. EuGH v. 24.1.2012 – C-282/10, NZA 2012, 139 – Dominguez). 51 Die nachfolgende Variante soll der EuGH-Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung (EuGH v. 20.1.2009 – C350/06, C-520/06, NZA 2009, 135 – Schultz-Hoff, und EuGH v. 22.11.2011 – C-214/10, BB 2012, 59 – KHS/ Schulte) Rechnung tragen (vgl. auch Bauer/von Medem, NZA 2012, 113; Polzer/Kafka, NJW 2015, 2289; Schubert, RdA 2014, 9). Als Folge dieser Entscheidungen erlischt der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Übertragungszeitraums entgegen § 7 Abs. 3 Satz 3 BurlG nicht am 31.3. des Folgejahres, wenn der Arbeitnehmer vollständig oder teilweise krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat. Er verfällt jedoch 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres, somit am 31.3. des übernächsten Jahres (EuGH v. 22.11.2011, BB 2012, 59 – KHS/ Schulte; BAG v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, NZA 2012, 1216 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 399). Diese Einschränkungen von § 7 Abs. 3 BurlG beziehen sich jedoch nur auf den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG, so dass für einen etwaigen Mehrurlaub ein Verfall auch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit vorgesehen werden kann (vgl. BAG v. 5.8.2014 – 9 AZR 77/13, NZA 2015, 625; v. 7.8.2012 – 9 AZR 760/10, NZA 2013, 104). Ferner hat das BAG seine bislang vertretene „Surrogatstheorie“ aufgegeben (BAG v. 19.6.2012 – 9 AZR 652/10, NZA 2012, 1087). Insb.§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG gilt daher nicht für den Abgeltungsanspruch als reinem Geldanspruch. Er unterliegt aber tariflichen Ausschlussfristen (BAG v. 9.8.2011 – 9 AZR 365/10, NZA 2011, 1421; vgl. auch Düwell, DB 2011, 2492). 52 Es ist eine personalpolitische Frage, ob und ggf. welche der nachstehenden Einschränkungen der Arbeitgeber in den Arbeitsvertrag aufnehmen will. 53 In Tarifverträgen kann abweichend von § 5 Abs. 1 BUrlG auch eine Zwölftelung des gesetzlichen Mindesturlaubs geregelt werden. Das BAG hielt eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag auch dann für wirksam, wenn die Klausel die Formulierung enthält „§ 5 BUrlG bleibt unberührt“, BAG v. 9.8.2016 – 9 AZR 51/ 16, NZA-RR 2016, 615. Die Regelung diene nur der Klarstellung, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten werden dürfe (s. hierzu im Einzelnen Kap. 14 Rz. 5). Über eine Bezugnahmeklausel können abweichende Bestimmungen in Tarifverträgen auch zwischen nicht tarifgebundenen Parteien Anwendung finden, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG.

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Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten – der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub verfällt nach Ablauf des Übertragungszeitraums gem. § 7 Abs. 3 BUrlG unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer förmlich zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufgefordert hat mit dem Hinweis, dass nicht genommener Urlaub sonst verfällt;54 – der Anspruch auf den zusätzlichen Urlaub ist nicht vererblich55 und wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abgegolten; – soweit der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub nicht besteht oder verfällt, gilt das auch für daraus resultierende Urlaubsabgeltungsansprüche. (3) Mit der Erteilung von Urlaub wird bis zu dessen vollständiger Erfüllung zunächst der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch erfüllt.56

§ 8 Reisekosten57 Die Reisekosten werden dem Arbeitnehmer nach den58 Reisekostenrichtlinien des Arbeitgebers erstattet. evtl. Der Arbeitgeber behält sich vor, die Reisekostenrichtlinie bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu ändern. Sachliche Gründe sind59 – wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr), – eine Änderung der Tätigkeit von […], – die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, – veränderte Vorgaben zur Nutzung von Verkehrsmitteln oder Übernachtungsmöglichkeiten. – wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens60 (insbesondere61 negatives wirtschaftliches Ergebnis, Rückgang bzw. Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung), 54 Für den übergesetzlichen Urlaub kann die Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers abbedungen werden (BAG v. 25.6.2019 – 9 AZR 546/17, NZA 2019, 1577; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 586; Bayreuther, NZA 2019, 945, 948). 55 Der Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltungsanspruch ist vererblich; soweit diese den gesetzlichen Urlaubsanspruch übersteig, kann die Vererblichkeit jedoch vertraglich ausgeschlossen werden (zur Urlaubsabgeltung BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 10/17, NZA 2019, 832, Anm. Winzer, FD-ARbR 2019, 41828322.9.2015 – 9 AZR 170/14, NZA 2016, 37; zum Urlaubsanspruch EuGH v. 6.11.2018 – C-569/16, C-570/16 – Bauer und Broßonn, NZA 2018, 1467 Rz. 48 ff., 60 ff.; BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 45/16, NZA 2019, 829, Anm. Merten, FD-ArbR 2019, 418663). 56 Diese Tilgungsbestimmung wird aufgenommen, um die Unterscheidung zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub gem. der Entscheidung des BAG v. 7.8.2012 – 9 AZR 760/10, NZA 2013, 104 deutlich zu machen. 57 Zu ausführlichen Formulierungen, Alternativen und Einzelheiten vgl. M 12.21. 58 Eine dynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Reisekostenrichtlinien wäre wahrscheinlich unwirksam, wenn keine Gründe für eine etwaige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen genannt oder erkennbar sind; BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; vgl. auch Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Kap. 2 Rz. 99d. Will man die Klausel daher flexibilisieren, muss man wohl einen Widerrufsvorbehalt aufnehmen, wie im nachstehenden Eventualvorschlag. 59 Für den Änderungsvorbehalt dürften die Anforderungen wie beim Widerrufsvorbehalt gelten (hierzu im Einzelnen M 12.7.2 m. Anm, ferner Kap. 12 Rz. 7 und Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 139). Wir meinen allerdings, dass bei einer Änderung der Reisekostenrichtlinie nicht die strengen Anforderungen gelten wie bei einer Änderung/einem Widerruf von Vergütungsbestandteilen und haben hier weniger gravierende Gründe vorgesehen. Folgt man dem nicht, müsste man sich an den Widerrufsgründen in M 12.7.2 orientieren. 60 Die bloße Nennung „wirtschaftlicher Gründe“ reicht nach der Rechtsprechung des 9. Senats des BAG nicht aus. Danach ist die Klausel, die Überlassung des Dienstwagens könne „aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen werden“, AGB-widrig, weil sie einen Widerruf auch bei einer unwirtschaftlichen Nutzung des Dienstwagens ermöglichen würde (BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457, 460 ff.). Die Angabe „wirtschaftliche Verluste“ hingegen soll genügen (BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796), erst

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Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3 – Änderung der Tätigkeit des Arbeitnehmers, der rechtlichen Rahmenbedingungen oder veränderten gesetzlichen Vorgaben zur Benutzung von Verkehrsmitteln oder Hotels.62

§ 9 Rechte an Arbeitsergebnissen (1) Der Arbeitnehmer überträgt hiermit alle übertragungsfähigen Rechte an den von dem Arbeitnehmer im Rahmen oder im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit nach diesem Vertrag erbrachten Leistungen und Leistungsergebnissen (zusammen die „Arbeitsergebnisse“) auf den diese Verfügung annehmenden Arbeitgeber; das Arbeitnehmererfinderrecht bleibt unberührt. (2) Wenn und soweit Rechte an Arbeitsergebnissen nicht als solche übertragbar sind (etwa im Fall von deutschen Urheberrechten), räumt der Arbeitnehmer hiermit dem diese Verfügung hiermit annehmenden Arbeitgeber das ausschließliche, übertragbare und unterlizenzierbare Recht ein, solche Arbeitsergebnisse weltweit und ohne jede sachliche und zeitliche Beschränkung für die Dauer des jeweiligen Schutzrechts auf alle bekannten und unbekannten Nutzungsarten zu nutzen und zu verwerten. Die dem Arbeitnehmer zwingend zustehenden Rechte und Ansprüche, zB nach § 31a UrhG oder etwaige Urheberpersönlichkeitsrechte, bleiben unberührt. (3) Soweit vorstehend nicht ausdrücklich anders geregelt (insbesondere im Hinblick auf gesetzlich zwingende Ansprüche, zB im Falle von unbekannten Nutzungsarten oder aus zwingend anwendbarem Arbeitnehmererfindungsrecht) sind mit der nach § 3 dieses Vertrags zu zahlenden Vergütung die vorstehend genannten Übertragungen und Einräumungen abgegolten. (4) Die vorstehenden Übertragungen und Einräumungen von Rechten bleiben auch nach der Beendigung dieses Anstellungsvertrages bestehen.

§ 10 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot63 (1) Der Arbeitnehmer wird in den zwei Jahren nach Beendigung dieses Anstellungsvertrages weder selbstständig noch unselbstständig oder in sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig werden, das auf den Arbeitsgebieten […] mit dem Arbeitgeber oder einem deutschen mit ihm verbundenen Unternehmen in mittelbarem oder unmittelbarem Wettbewerb steht. Er/sie wird während dieser Zeit ein solches Unternehmen auch nicht errichten, erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar beteiligen. evtl. Dies gilt nicht für einfache Tätigkeiten, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung eines Konkurrenzunternehmens führen können und schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berühren.64 (2) Für die Dauer des Verbots erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von ihm/ihr zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. (3) Im Übrigen gelten die §§ 74 ff. HGB entsprechend.65

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recht die Angabe „wirtschaftliche Notlage“ (BAG v. 24.1.2017 – 1 AZR 772/14, NZA 2017, 931); nicht aber die Angabe „aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ (LAG Niedersachsen v. 28.3. 2018 – 13 Sa 304/17); s. auch Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 138, 139 „Widerrufsvorbehalt“. Bei der Kostentragung könnten möglicherweise auch die im Klauselvorschlag genannten „wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ nebst Klammerzusatz ausreichen. Es ist zwar nicht abschließend geklärt, ob solche nur beispielhaften Aufzählungen zulässig sind. In der Entscheidung v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, hat das BAG sie bei Widerruf einer Dienstwagenüberlassung jedoch gebilligt. Ähnlich auch schon BAG v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310 zum Freiwilligkeitsvorbehalt; das Urteil ist jedoch hinsichtlich des Freiwilligkeitsvorbehaltes überholt (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82 f.). Formulierungsvorschlag für den Widerrufsvorbehalt in Anlehnung an Gaul/Ludwig, BB 2010, 58. Zu ausführlichen Formulierungen, Alternativen und Einzelheiten vgl. Kap. 25. Das BAG hat für das vertragliche Wettbewerbsverbot angedeutet, dass solche Nebentätigkeiten von diesem Verbot nicht erfasst werden, vgl. BAG v. 24.3.2010 – 10 AZR 66/09, NZA 2010, 693. Ob dies auch für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt, ist offen. Ggf. könnte noch eine Vertragsstrafe vereinbart werden, dazu M 25.1.1.

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Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten § 11 Altersversorgung66 (1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf betriebliche Altersversorgung im Rahmen der Betriebsvereinbarung vom […], deren Anwendbarkeit auf das vorliegende Anstellungsverhältnis hiermit vereinbart wird. oder (1) Der Arbeitnehmer erhält betriebliche Altersversorgung aufgrund einer Ruhegeld-Direktzusage, die diesem Vertrag als Anlage beigefügt ist. (2) Die Firma bietet die Umwandlung künftiger Entgeltansprüche bis zu 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung über die Pensionskasse […] an.67

§ 12 Dienstverhinderung (1) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber jede Dienstverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Auf Verlangen sind die Gründe der Dienstverhinderung mitzuteilen. (2) Jede Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit weist er/sie ferner binnen zwei Tagen durch ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach;68 dasselbe gilt für Folgeerkrankungen. (3) Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit erhält der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung nach den gesetzlichen Vorschriften. (4) Ansprüche nach § 616 BGB bei vorübergehender Verhinderung sind ausgeschlossen [oder: sind auf folgende Fälle und Zeiträume beschränkt: […] für […] Tage]69.

§ 13 Umzugskosten (1) Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer die Umzugskosten von […] nach […] [Evtl: bis zur Höhe von […]] gegen Vorlage der Belege zu erstatten. (2) Die Erteilung des Umzugsauftrages darf nur im Einverständnis mit dem Arbeitgeber erfolgen. Vorher hat der Arbeitnehmer die Angebote von mindestens […] Möbelspediteuren beizubringen. (3) Scheidet der Arbeitnehmer vor Ablauf von drei Jahren nach dem Umzugstermin aufgrund einer Eigenkündigung aus dem Anstellungsverhältnis aus, ohne dass er/sie dafür einen wichtigen Grund hat, oder beruht eine Kündigung des Arbeitgebers innerhalb dieses Zeitraums auf Gründen, die der Arbeitnehmer zu vertreten hat, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Umzugskosten zurückzuzahlen, wobei pro Monat der Betriebszugehörigkeit nach dem Umzugstermin 1/36 der Umzugskosten als getilgt gelten.70 66 Zu ausführlichen Formulierungen, Alternativen und Einzelheiten vgl. Kap. 26. 67 Gem. § 1a Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltumwandlung in dieser Höhe. Der Arbeitgeber kann die Durchführung über einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse anbieten, anderenfalls kann der Arbeitnehmer die Durchführung über eine Direktversicherung verlangen, § 1a Abs. 1 Satz 3 und 4 BetrAVG. Allerdings muss der Arbeitgeber bei dem Angebot größte Vorsicht walten lassen, insbesondere eine unangemessene Zillmerung kann dazu führen, dass der Arbeitgeber eine bei vorzeitiger Vertragsbeendigung aufgrund dessen zu niedrige Altersversorgung ausgleichen muss (näher Kap. 2, AGBKlauselkontrolle von A–Z, „Zillmerung“, Kap. 2 Rz. 142b). Wird keine Entgeltumwandlung angeboten, besteht keine Pflicht des Arbeitgebers, auf den gesetzlichen Anspruch hinzuweisen (BAG v. 21.1.2014 – 3 AZR 807/11, NZA 2014, 903 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2014, 292). Seit 1.1.2019 besteht die Pflicht des Arbeitgebers, 15 % des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss weiterzuleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart, § 1a Abs. 1a BetrAVG. 68 Zum hohen Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Einf. Kap. 15 Rz. 13. 69 Ansprüche nach § 616 BGB können vertraglich ausgeschlossen werden (vgl. BGH v. 30.11.1978 – III ZR 43/ 77, NJW 1979, 422), was bisher allerdings selten geschieht. Ob der Ausschluss auch in Formularverträgen zulässig ist, ist nicht geklärt (PWW/Lingemann, 15. Aufl. 2020, § 616 BGB Rz. 1). Bei der alternativen Formulierung könnte man den jeweiligen Verhinderungstatbestand und die Dauer (zB „Beerdigung in erster Linie verwandter Angehöriger für 3 Tage“ etc.) einfügen. 70 Klauseln über die Pro-rata-Rückzahlung von Ausbildungskosten nach Ende der Ausbildung müssen die Fälle ausschließen, in denen der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses allein in die Verantwortungs- oder Risikosphäre des Arbeitgebers fällt, BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042; v.

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Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3

§ 14 Gehaltsabtretung/Verpfändung (1) Ansprüche auf Arbeitsentgelt dürfen nicht abgetreten oder verpfändet werden.71 (2) Bei Pfändungen von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt werden Euro 2,50 pro Pfändung, zusätzlich Euro 2,50 für jedes zusätzliche Schreiben sowie Euro 1,– je Überweisung von dem Gehalt einbehalten. Das gilt nicht, soweit dadurch der unpfändbare Teil des Gehalts geschmälert wird. dem Arbeitnehmerbleibt der Nachweis gestattet, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger ist als die Pauschale.72

§ 15 Vertragsstrafe73 (1) Nimmt der Arbeitnehmer vorsätzlich oder fahrlässig die Arbeit nicht oder verspätet auf, kündigt er/sie das Anstellungsverhältnis außerordentlich, ohne dass ein wichtiger Grund für eine solche Kündigung vorliegt74, oder veranlasst er/sie durch vertragswidriges Verhalten die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch den Arbeitgeber,75 so hat er/sie an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe zu zahlen.76

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13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738, Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Rückzahlungsklausel“, Kap. 2 Rz. 121 ff. Für Umzugskosten gilt wahrscheinlich nichts anderes, betriebsbedingte Kündigungen werden daher von § 13 Abs. 3 nicht erfasst; vgl. auch Kap. 12 und M 12.21, Ziff. 5 mit Anm. Zu den Einzelheiten vgl. Kap. 12 Rz. 53 sowie M 2.1a Ziff. 5 (5) und M 12.24. Die Ergänzung sollte zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 309 Nr. 5b BGB aufgenommen werden; Näheres M 2.1a Ziff. 5 (6) m. Anm. Vertragsstrafen sind auch in Formulararbeitsverträgen in den Grenzen von § 307 BGB zulässig (BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 945; v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07, NZA 2009, 1337; v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, BB 2006, 720; v. 21.3.2005 – 8 AZR 425/04, BB 2005, 2822; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727; Einzelheiten Lingemann/Gottschalk, DStR 2011, 77 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff.); zur zulässigen Formulierung einer Vertragsstrafe s. auch BAG v. 28.5.2009, NZA 2009, 1337, 1340 f. Evtl. könnte man ergänzen: „oder löst er/sie in anderer Weise das Anstellungsverhältnis vorsätzlich oder fahrlässig ohne Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist“. Das BAG hat jedoch in der Entscheidung v. 17.3. 2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946 deutliche Bedenken gegen eine solche Formulierung geäußert, dagegen dürfte das Abstellen auf die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund nach dieser Entscheidung zulässig sein. Mit der Formulierung „ohne Einhaltung der Kündigungsfrist“ soll nach Auffassung des BAG (v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777 Rz. 25 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 326) die vertragliche Kündigungsfrist gemeint sein. Das umfasst dann allerdings nicht die gesetzliche Kündigungsfrist und damit insbesondere auch nicht die ggf. verkürzte Kündigungsfrist im Insolvenzfall nach § 113 InsO. Das BAG sieht es in einem obiter dictum als naheliegend an, dass man, wenn die jeweils anzuwendende Kündigungsfrist gemeint ist, auch formuliert „der jeweiligen Kündigungsfrist“, ähnlich in BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946, „maßgebliche Kündigungsfrist“. Will man sich darauf nicht verlassen, müsste man jeweils auf die vertragliche Kündigungsfrist verweisen und das Konkurrenzverhältnis von vertraglicher und gesetzlicher Kündigungsfrist (dazu BAG v. 29.1.2015 – 2 AZR 280/14, NZA 2015, 673) ggf. im Vertrag selbst lösen; das würde im Zweifel erhebliche Transparenzprobleme auslösen. Ein Verweis nur auf die vertragliche Kündigungsfrist wäre wahrscheinlich erst recht intransparent, denn diese setzt sich nur gegen die gesetzliche durch, wenn sie in jedem Fall zu einer späteren Beendigung führt (dazu BAG v. 29.1.2015 – 2 AZR 280/14, NZA 2015, 673); mit einer solchen Regelung würde vom Arbeitnehmer daher die pflichtwidrige Beendigung und damit die Vertragsstrafe in vielen Fällen an eine zu lange Kündigungsfrist geknüpft. Im Einzelnen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff., 131. Die Tatbestände für die Verwirkung der Vertragsstrafe müssen spätestens seit der Geltung der AGB-Kontrolle auch für Arbeitsverträge eindeutig bestimmt sein (BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34; Lingemann, NZA 2002, 181, 191 mwN.). Im Einzelnen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff., 132; zur Rechtslage bei Individualverträgen s. LAG Berlin v. 24.6.1991 – 9 Sa 22/91, DB 1992, 744; BAG v. 5.2.1986, NZA 1986, 782; v. 18.9.1991, DB 1992, 383: Soll die Vertragsstrafe auch die vom Arbeitnehmer schuldhaft veranlasste vorzeitige Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung erfassen, so muss dies ausdrücklich vereinbart sein. Die Vertragsstrafe sichert die Erfüllung und erleichtert gleichzeitig die Durchsetzung von Schadensersatz in ihrer Höhe.

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Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten (2) Für den Fall des Nichtaufnehmens der Arbeit77 gem. Absatz 1 beträgt die Vertragsstrafe die Bruttovergütung gem. § 3 Abs. 1, welche der Arbeitnehmer bei Einhaltung der vertraglichen Mindestkündigungsfrist nach § 16 Abs. 1 erhalten hätte.78 (3) Für den Fall der verspäteten Arbeitsaufnahme gem. Abs. 1 beträgt die Vertragsstrafe für jeden Tag der verspäteten Arbeitsaufnahme die auf einen Tag entfallende Bruttovergütung gem. § 3 Abs. 1. Maximal beträgt die Vertragsstrafe die Bruttovergütung, welche der Arbeitnehmer bei Einhaltung der vertraglichen Mindestkündigungsfrist nach § 16 Abs. 1 erhalten hätte.79 (4) Für den Fall der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses nach Abs. 1 ohne wichtigen Grund beträgt die Vertragsstrafe eine monatliche Bruttovergütung gem. § 3 Abs. 1. Maximal beträgt die Vertragsstrafe jedoch die Bruttovergütung, welche der Arbeitnehmer bei Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist erhalten hätte. (5) Für den Fall der dem Arbeitnehmer durch vertragswidriges Verhalten veranlassten außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach Abs. 1 beträgt die Vertragsstrafe eine monatliche Bruttovergütung gem. § 3 Abs. 1. Maximal beträgt die Vertragsstrafe jedoch die Bruttovergütung, welche der Arbeitnehmer bei Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist erhalten hätte. (6) Das Recht des Arbeitgebers, einen weiter gehenden Schaden geltend zu machen, bleibt unberührt.80

§ 16 Beendigung des Anstellungsverhältnisses81, Freistellung (1) Während der ersten sechs Monate kann das Anstellungsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden.82 Vor der Arbeitsaufnahme83 kann das Anstellungsverhältnis nicht ordentlich84 gekündigt85 werden.86 77 Vgl. unten § 16 Abs. 1 Satz 2 m. Anm. 78 Die Höhe muss feststehen und billigem Ermessen entsprechen (BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946; BGH v. 11.5.1989 – VII ZR 305/87, DB 1989, 1868; v. 5.2.1986, NZA 1986, 782). Eine entgegen § 307 BGB in Formularverträgen zu hoch bemessene Vertragsstrafe kann nicht gem. § 343 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Betrag gerichtlich herabgesetzt werden, sondern führt zur Nichtigkeit der gesamten Klausel gem. § 306 BGB (BAG 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946; v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/ 07, NZA 2009, 370, 377; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727). Ein Monatsgehalt ist generell als Maßstab geeignet, nicht jedoch, wenn in der Probezeit die Kündigungsfrist nur zwei Wochen beträgt (BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727). Daher wird hier für den Fall des Nichtantritts auch nur die vertragliche Mindestkündigungsfrist zugrunde gelegt. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist deshalb nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann nur angenommen werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt (BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14, NZA 2016, 946; v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 408; v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08, NZA-RR 2009, 519 Rz. 54; v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 (unter B III 2 b bb). Unwirksam ist eine Klausel, welche angibt, dass die Strafe pauschal das ein- bis dreifache Monatsgehalt beträgt, und der Arbeitgeber die genaue Höhe anhand der Schwere des Verstoßes festlegen kann (BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34, 37). Vgl. auch Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff. 79 Auch hier wird auf die Mindestkündigungsfrist abgestellt, da dieser Fall in aller Regel noch während deren Anwendungsbereich auftreten wird. 80 Vgl. § 340 Abs. 2, § 341 Abs. 2 BGB; die Regelung gibt nur deklaratorisch die Gesetzeslage wieder. 81 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 NachwG; zu Einzelheiten s. Kap. 22. Die Vereinbarung eines Anstellungsverhältnisses auf unbestimmte Zeit steht einer Altersbefristung auf die Regelaltersgrenze nicht entgegen (BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m. Anm. Lingemann, NZA 2018, 889). 82 Zur Mindestkündigungsfrist während der Probezeit vgl. § 622 Abs. 3 BGB. 83 Im Zweifel können beide Parteien auch vor Arbeitsaufnahme unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist ordentlich kündigen (BAG v. 25.3.2004 – 2 AZR 324/03, NZA 2004, 1089; v. 2.11.1978, BB 1979, 1038). Ein Vertragsbruch ist die Kündigung vor Dienstaufnahme daher nur, wenn sich aus dem Anstel-

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Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3 (2) Nach Ablauf von sechs Monaten kann das Anstellungsverhältnis nach Maßgabe der für den Arbeitgeber nach § 622 BGB gesetzlich geltenden Kündigungsfristen87 mit einer Kündigungsfrist von […] Monaten zum Quartal/Halbjahresende/Jahresende gekündigt werden. Gesetzliche Verlängerungen der Kündigungsfrist gelten für beide Seiten.88 (3) Ohne dass es einer Kündigung bedarf endet das Anstellungsverhältnis spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die für ihn/sie maßgebliche Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (derzeit Vollendung des 67. Lebensjahres)89 erreicht.90 evtl. Das Anstellungsverhältnis endet auch mit dem Ablauf des Monats, in welchem der Arbeitnehmer beginnt eine volle Erwerbsminderungsrente zu beziehen, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung.91 Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Zustellung des Rentenbescheids, in dem der zuständige Sozialversicherungsträger die volle Erwerbsminderung feststellt, zu infor-

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lungsvertrag – wie hier § 16 Abs. 1 Satz 2 – oder den sonstigen Umständen ergibt, dass eine solche Kündigung ausgeschlossen sein soll (vgl. BAG v. 25.3.2004, NZA 2004, 1089). Die außerordentliche Kündigung kann nicht ausgeschlossen werden. Da eine geltungserhaltende Reduktion nicht zulässig ist, § 306 Abs. 2 BGB, ist zu empfehlen, den Kündigungsausschluss ausdrücklich auf die ordentliche Kündigung zu beschränken. In einem Vorvertrag zu einem Arbeitsverhältnis (vgl. § 308 Nr. 3 Halbs. 2 BGB) kann auch ein Rücktrittsvorbehalt vereinbart werden. Um den Anforderungen des § 308 Nr. 3 BGB zu genügen, muss der Vorbehalt, soweit er dem Verwender ein Rücktrittsrecht gewährt, jedoch den Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angeben, zudem muss die Aufnahme des Vorbehalts in den Vorvertrag sachlich gerechtfertigt sein (BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539). Wird vertragswidrig gekündigt, entsteht in vielen Fällen nur ein theoretischer Schadensersatzanspruch, weil es dem Arbeitgeber schwer fällt, einen Schaden nachzuweisen. Inseratskosten können nur geltend gemacht werden, wenn sie bei ordnungsgemäßer Kündigung nicht entstanden wären (BAG v. 23.3.1984 – 7 AZR 37/81, DB 1984, 1731, st. Rspr.). Vgl. BAG v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07, NZA 2009, 1337; ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rz. 40. Ohne diese Regelung ist der Arbeitgeber an die sich verlängernden Kündigungsfristen gem. § 622 Abs. 2 BGB gebunden, der Arbeitnehmer kann hingegen mit der Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB kündigen. Diese Regelung dürfte auch AGB-rechtlich zulässig sein (ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rz. 40 mwN.; vgl. auch BAG v. 29.8.2001 – 4 AZR 337/00, NZA 2002, 1346). Der Klammerzusatz soll deutlich machen, dass das Bezugsalter für die gesetzliche Regelaltersrente sich ändern kann, das Anstellungsverhältnis würde sich mit dieser Klausel jeweils bis zu dem dann für den jeweiligen Arbeitnehmer geltenden Rentenbezugsalter verlängern. Vgl. zur Altersgrenze ferner Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Altersgrenze“, Kap. 2 Rz. 86. Ohne ausdrückliche Regelung endet das Anstellungsverhältnis nicht „automatisch“ mit Erreichen des Rentenalters oder des 65. Lebensjahres. Zur Wirksamkeit dieser Befristung muss natürlich die Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG beachtet werden. Eine Bezugnahme auf die Regelaltersgrenze ist zwar nur wirksam bei Absicherung durch gesetzliche Altersrente (vgl. BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695; ferner zu Tarifverträgen BAG v. 12.6.2013 – 7 AZR 917/11, NZA 2013, 1428; v. 8.12.2010 – 7 AZR 438/ 09, NZA 2011, 586; zu Betriebsvereinbarungen BAG v. 4.11.2015 – 7 Sa 770/12, NZA 2016, 634; v. 9.9.2015 – 7 ABR 47/13, juris; v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916 Rz. 18 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 155. Zum Ganzen: Jesgarzewski, NWB 2016, 1593 ff.), möglicherweise allerdings auch, wenn der Arbeitnehmer die Auszahlung aus einer befreienden Lebensversicherung erhält (BAG v. 16.11.2005 – 7 AZR 86/05, NZA 2006, 535). Die Wirksamkeit der Befristung ist aber nicht von der konkreten wirtschaftlichen Absicherung des Arbeitnehmers bei Erreichen der Altersgrenze abhängig, da es für die Wirksamkeit der Befristung nur darauf ankommt, ob bei Vertragsschluss ein entsprechender Befristungsgrund vorlag (BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695; vgl. auch BAG v. 8.12.2010, NZA 2011, 586). Im Einzelnen zur Altersgrenze Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Altersgrenze“, Kap. 2 Rz. 86. Die verminderte Erwerbsfähigkeit allein stellt keinen hinreichenden Auflösungsgrund dar. Anzuknüpfen ist an den tatsächlichen Rentenbezug (BAG v. 15.2.2017 – 7 AZR 82/15, NZA-RR 2017, 398 Rz. 22). Die Zwei-Wochen-Frist ist zwingend nach §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG (vgl. BAG v. 20.3.2019 – 7 AZR 98/17, AP Nr 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom, Rz. 18). Wurde dem Arbeitnehmer eine unbefristete Rente nur wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt, kann der Arbeitnehmer binnen zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragen. Die Beendigung des Anstellungs-

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Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten mieren. Wird dem Arbeitnehmer eine volle Erwerbsminderungsrente lediglich auf Zeit gewährt, ruht das Anstellungsverhältnis für den Bewilligungszeitraum dieser Rente, längstens jedoch bis zu einem Beendigungszeitpunkt nach Abs. 2.92 (4) Jede Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.93 (5) Nach Ausspruch einer Kündigung – gleichgültig, von welcher Seite – ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freizustellen, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer den Vertrag in grober, das Vertrauen beeinträchtigender Weise verletzt (zB Konkurrenztätigkeit, Weitergabe von Interna) oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann (zB wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes).94 Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung auf den Erholungsurlaub. Im Falle einer jahresübergreifenden Kündigungsfrist wird dabei vorsorglich der gesamte Jahresurlaub des dem Ausspruch der Kündigung folgenden Jahres gewährt.95 Auf die nach Anrechnung etwaiger restlicher Urlaubsansprüche fortzuzahlenden Bezüge muss der Arbeitnehmer sich den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er/sie infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner/ihrer Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.96

§ 17 Vorschüsse und Arbeitgeberdarlehen Soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Vorschüsse und Darlehen gewährt, werden die Restbeträge daraus bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses ohne Rücksicht auf die bei Hingabe getroffenen Vereinbarungen fällig, es sei denn, dass der Arbeitgeber das Anstellungsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen gekündigt oder der Arbeitnehmeraus einem von dem Arbeitgeber zu vertretenden Grund außerordentlich gekündigt hat.

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verhältnisses tritt bei teilweiser Erwerbsminderung und frist- und formgerecht beantragter Weiterbeschäftigung nur ein, wenn keine dem Arbeitgeber zumutbare Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem freien Arbeitsplatz zu beschäftigen, dessen Anforderungen dieser nach seinem verbliebenen Leistungsvermögen genügt (BAG v. 30.8.2017 – 7 AZR 204/16, BAGE 160, 150 = NZA 2018, 1197). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch bei einem titulierten Weiterbeschäftigungsanspruch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO fortbesteht (Lingemann/Otte, ArbRAktuell 2014, 404) und er daher dem Arbeitnehmer, wenn möglich, eine andere vertragsgerechte Tätigkeit zuweisen muss (BAG v. 21.3. 2018 – 10 AZR 560/16, NZA 2018, 1071). Eine auflösende Bedingung wegen einer Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung auf unbestimmte Dauer führt, wäre unwirksam (BAG v. 15.2.2017 – 7 AZR 82/15, NZA-RR 2017, 398 Rz. 22). Gem. § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag ohnehin zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die Regelung hat daher nur den Zweck, die Parteien an die Beachtung der Schriftform zu erinnern. Soweit im Anstellungsvertrag eine bestimmte Versendungsart vereinbart wird („… und ist durch eingeschriebenen Brief zu erklären“), ist dies durch AGB wohl unwirksam gem. § 309 Nr. 13 BGB (PWW/Berger, § 309 BGB Rz. 102) und hätte ohnehin nur beweissichernde Funktion. Auch eine in anderer Weise übermittelte Kündigung ist wirksam, wenn ihr Zugang bewiesen werden kann. Zu Einzelheiten der Kündigung, auch der Kündigungsformalien s. Kap. 22 Rz. 1 ff. Bei der Angemessenheitskontrolle einer Freistellungsklausel im Formularvertrag ist der allgemeine Beschäftigungsanspruch zu berücksichtigen; aus diesem Grund empfiehlt es sich, die sachlichen Gründe, die zu einer Freistellung berechtigen, in der Klausel aufzuführen (Brachmann/Diepold, AuA 2009, 508; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Preis/Preis, II F 10 Rz. 24, 25; zu Alternativen s. M 2.1a Ziff. 3 (3); Einzelheiten auch unter Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freistellungsklausel“, Kap. 2 Rz. 103). Vgl. hierzu BAG v. 17.5.2011 – 9 AZR 189/10, NZA 2011, 1032: Die Freistellung könnte ansonsten dahingehend verstanden werden, dass der Arbeitgeber nur den Teilurlaubsanspruch gem. § 5 Abs. 1 lit. c BUrlG gewähren wollte, soweit er davon ausging, dass aufgrund der Kündigung das Anstellungsverhältnis in der ersten Hälfte des Kalenderjahres endet. Dies ginge dann zu Lasten des Arbeitgebers, wenn sich die Kündigung im Nachhinein als rechtsunwirksam herausstellte. Wichtig: Gem. BAG v. 19.3.2002, NZA 2002, 1055 läuft der Arbeitgeber Gefahr, dass ohne eine solche ausdrückliche Anrechnungserklärung bei Freistellung keine Anrechnung anderweitigen Verdienstes erfolgt. Einzelheiten zur Freistellung s. M 23.1a m. Anm. zu § 3.

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Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3

§ 18 Einstellungsfragebogen Angaben des Arbeitnehmers im Einstellungsfragebogen bzw. Personalfragebogen sind wesentlicher Bestandteil des Anstellungsvertrages.97

§ 19 Zahlungsabwicklung, Zinsen (1) Alle Zahlungen erfolgen bargeldlos. Der Arbeitnehmerwird innerhalb von zehn Tagen nach Beginn des Anstellungsverhältnisses ein Konto errichten und die Kontonummer mitteilen.98 (2) Im Falle des Verzuges sind Zinsen aus dem Nettobetrag und nicht aus dem Bruttobetrag geschuldet.99

§ 20 Internetnutzung Der Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, den Internetzugang zu privaten Zwecken zu nutzen. Er/sie ist damit einverstanden, dass der Arbeitgeber den E-Mail-Verkehr auf die Einhaltung dieser Regelung hin prüft.100

§ 21 Ausschlussfristen101 (1) Alle102 beiderseitigen103 Ansprüche104 aus dem Arbeitsverhältnis verfallen,105 wenn sie nicht binnen drei Monaten106 nach Fälligkeit107 gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform108 geltend gemacht werden. 97 Sie begründen daher bei falscher Beantwortung zulässiger Fragen die Anfechtung des Anstellungsvertrages (dazu Kap. 1 und M 1.3.1, M 1.3.2 sowie Kap. 21). 98 Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Art der Gehaltszahlung. Auch die einzelvertragliche Vereinbarung bargeldloser Zahlung schränkt dieses Mitbestimmungsrecht – anders als eine tarifliche Regelung – nicht ein (vgl. BAG v. 5.3.1991 – 1 ABR 41/90, NZA 1991, 611; v. 24.11.1987 – 1 ABR 25/86, NZA 1988, 405). 99 Die Wirksamkeit dieser Klausel ist fraglich, da § 288 BGB insoweit möglicherweise zwingend ist; im Einzelnen vgl. M 2.1a Ziff. 5 (4). 100 Sofern ein Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem Umfang nutzt und damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, kann dies einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen (BAG v. 16.7.2015 – 2 AZR 85/15, NZA 2016, 161, Anm. Diller, ArbRAktuell 2015, 376; v. 31.5.2007 – 2 AZR 200/06, NZA 2007, 922; v. 7.7.2005 – 2 AZR 581/04, NZA 2006, 98; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg v. 14.1.2016 – 5 Sa 657/15, BB 2016, 500). Die Pflichtverletzung wiegt umso schwerer, je mehr der Arbeitnehmer bei der privaten Nutzung des Internets seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt (BAG v. 16.7.2015 – 2 AZR 85/15, NZA 2016, 161, Anm. Diller, ArbRAktuell 2015, 376; v. 31.5.2007 – 2 AZR 200/06, NZA 2007, 922; v. 7.7.2005 – 2 AZR 581/04, NZA 2006, 98). Einzelheiten bei Kap. 22 Rz. 42. 101 Vgl. auch Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Kap. 2 Rz. 92 ff. 102 Ausschlussfristen erfassen grds. nicht zwingende Ansprüche aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen (§ 4 Abs. 4 Satz 3 TVG; § 77 Abs. 4 Satz 4 BetrVG) oder nicht abdingbare gesetzliche Ansprüche (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, betriebliche Altersversorgung, Urlaub). Diese Rechtsfolge ergibt sich jedoch jeweils aus dem Gesetz, sodass uE. eine ausdrückliche Herausnahme aus der Ausschlussfrist im Formular nicht erforderlich ist. Auch nach Auffassung des BAG ist eine Ausschlussfrist dahin auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll und ohne besondere Hinweise im Einzelfall eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt ist (BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 22). Im konkreten Fall ging es um eine Ausschlussfrist, welche die Haftung wegen Vorsatzes trotz § 202 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich herausnahm. 103 „Beiderseitig“ ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht AGB-widrig, vgl. die Klausel in BAG v. 27.1. 2016 – 5 AZR 277/14, NZA 2016, 679. 104 Wird stattdessen formuliert „vertraglichen Ansprüche“, so kann die Klausel dahin auszulegen sein, dass Ansprüche auf Schadensersatz – unabhängig von der konkreten Anspruchsgrundlage – nicht erfasst sind (BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 753/14, NZA 2016, 1271). 105 Zur Vermeidung von Intransparenz muss auch die Rechtsfolge einer Versäumung der Ausschlussfrist in der vertraglichen Regelung genannt werden (BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324).

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Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten evtl.109 Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs110, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird.111

106 Eine drei Monate unterschreitende Ausschlussfrist benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist unwirksam. Der übrige Arbeitsvertrag bleibt wirksam (BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699 f.; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149). 107 Fristbeginn für die Verfallklausel kann entgegen früherer Praxis nicht mehr die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein, sondern wegen der Wertung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur noch die Fälligkeit der Ansprüche (BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149; vgl. auch BAG v. 19.2.2014 – 5 AZR 700/12, NZA 2014, 1097 Rz. 22). Nach aA. soll aufgrund des Rechtsgedankens in § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB nicht auf die Fälligkeit, sondern auf die subjektive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers abzustellen sein (Lakies, ArbRAktuell 2013, 318, 320; Mengel in Hümmerich/Reufels, § 1 Rz. 1142; Reiserer/Heinz in Liebers, B. Rz. 52). Das BAG (v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149) legt Fälligkeit jedoch dahin aus, dass ein Anspruch erst fällig ist im Sinne der Ausschlussfrist, wenn der Gläubiger „ihn annähernd beziffern kann“ (BAG v. 7.6.2018 – 8 AZR 96/17, NZA 2019, 44 Rz. 22; v. 1.3.2006 – 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783; v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257; v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149; v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111), so dass nach hier vertretener Ansicht ein Abstellen auf Fälligkeit wirksam ist (so auch Fuhlrott, ArbR Aktuell 2018, 269; Roloff in FS Willemsen, 2018, S. 407, 416; Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Kap. 2 Rz. 95). Stellt die Klausel demgegenüber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab, benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (BAG v. 28.8.2019 – 5 AZR 425/18, EzA-SD 2019, Nr 24, 13 Rz. 41). Steht eine Verfallklausel im Vertrag im Kontext mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, kann sie einschränkend dahin zu verstehen sein, dass auch nur Ansprüche erfasst werden, die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang stehen (BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 233/18, NZA 2019, 571 Rz. 41 ff.). 108 In ab dem 1.10.2016 geschlossenen Verträgen sind gem. § 309 Nr. 13b BGB Bestimmungen, die für Anzeigen und Erklärungen eine strengere Form als die Schriftform vorsehen, unwirksam. Zur Klarstellung, dass mit „schriftlich“ nicht die Schriftform nach § 126 BGB gemeint ist, empfiehlt sich daher der Hinweis auf die Textform nach § 126b BGB. Einzelheiten bei Lingemann/Otte, NZA 2016, 516. 109 Auch zweistufige Ausschlussfristen sind zulässig, sofern die Fristen auf beiden Stufen jeweils drei Monate nicht unterschreiten (vgl. BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701; v. 24.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111). 110 Keinesfalls darf hier das Wort „dagegen“ eingefügt werden, sonst ist die Verfallklausel unwirksam (BAG v. 3.12.2019 – 9 AZR 44/19, NJW 2020, 1317, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2020, 201; Melot de Beauregard, DB 2020, 1071; Philipp, ArbRAktuell 2020, 202). 111 Vgl. zu den Einzelheiten Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Kap. 2 Rz. 92 sowie zur Klausel zuletzt BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/8, NZA 2019, 768. Sowohl zur Wahrung der ersten wie der zweiten Stufe einer Ausschlussfrist genügt die Erhebung einer Bestandsschutzklage, also insb. Kündigungsschutz- oder Entfristungsklage, um das Erlöschen der vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Annahmeverzugsansprüche des Arbeitnehmers zu verhindern (ausgehend von BVerfG v. 1.12.2010 – 1 BvR 1682/07, NZA 2011, 354, 355 f.: zum Tarifvertrag BAG v. 19.9.2012 – 5 AZR 627/11, NZA 2013, 101; zum Einzelvertrag BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 m. Anm. Ley, BB 2010, 2439; v. 19.3.2008 – 5 AZR 429/07, NZA 2008, 757 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2008, 262310; von Medem, NZA 2013, 345). Das ergibt sich durch Auslegung des Begriffes „geltend machen“ in der einzelvertraglichen Regelung (BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699, 701 und v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939). Das spricht dafür, dass eine weitere Einschränkung in der Klausel selbst, etwa „Mit Erhebung einer Bestandsschutzklage (insbesondere eine Kündigungsschutzklage oder eine Entfristungsklage) gelten auch solche Ansprüche als geltend gemacht gem. Abs. 1 und als gerichtlich geltend gemacht gem. Abs. 2, die vom Erfolg der Bestandsschutzstreitigkeit abhängen“, nicht erforderlich ist. Will der Arbeitnehmer den Verfall von Ansprüchen auf Urlaubsgeltung verhindern, reicht die Erhebung der Kündigungsschutzklage zur Geltendmachung nicht aus, da der Anspruch gerade das Gegenteil (die Beendigung des Arbeitsverhältnisses) voraussetzt (BAG v. 17.10.2017 – 9 AZR 80/17, NZA 2018, 57 Rz. 37 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2018, 45). Die bloße Klageeinreichung bei Gericht wahrt eine tarifliche Ausschlussfrist allerdings nicht (BAG v. 16.3.2016 – 4 AZR 421/15, NZA 2016, 1154), sondern erst der Zugang beim Anspruchsgegner. § 167 ZPO

172 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3 (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen.112 (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht: (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher113 oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen114 (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit,115 sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).116 oder117 (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für die Haftung aufgrund Vorsatzes, (b) für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, oder (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).

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ist auf tarifliche Ausschlussfristen, die durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden können, nicht anwendbar (BAG v. 16.3.2016 – 4 AZR 421/15, NZA 2016, 1154.). Die Geltendmachung nur in der Klageschrift ist daher schnell ein anwaltlicher Haftungsfall. Praxistipp: Ansprüche sind daher stets gegenüber dem Anspruchsgegner unmittelbar geltend zu machen. Auf die fristgerechte Zustellung der Klage kann nicht vertraut werden. Mit Urteil BAG v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589 Rz. 43, hat das BAG eine Einbeziehung von Ansprüchen, „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“, gebilligt mit der Folge, dass die Ausschlussklausel auch einen Rückzahlungsanspruch aus Arbeitgeberdarlehen erfasste. Vgl. § 202 BGB. Danach darf die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Nach BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 22 führt die fehlende Herausnahme der Haftung wegen Vorsatz nicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Ob das auch nach Einführung des MiLoG noch gilt, ist allerdings offen. Nach § 309 Nr. 7b BGB können Ansprüche bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit in AGB nicht ausgeschlossen werden. Eine Ausschlussklausel, die Schäden iSd. § 309 Nr. 7b BGB nicht ausnimmt, kann jedoch wirksam sein, da die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB zu berücksichtigen sind. Im Arbeitsverhältnis führt eine Verfallmöglichkeit von Ansprüchen wegen Schäden im Sinne des § 309 Nr. 7b BGB typischerweise nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers (BAG v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589 Rz. 64 ff.). Auch nach BAG v. 22.10. 2019 – 9 AZR 532/18, NZA 2020, 513, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 203 ist die ausdrückliche Herausnahme der in § 309 Nr. 7b BGB genannten Ansprüche entbehrlich. Gem. § 309 Nr. 7a BGB können Ansprüche wegen Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit in AGB nicht ausgeschlossen werden, wenn sie auf schuldhaftem – fahrlässigen oder vorsätzlichen – Verhalten beruhen. Insoweit geht die Klausel zugunsten der Klarheit etwas weiter als vom Gesetz gefordert. Ohne Verschulden werden allerdings idR. ohnehin keine Ansprüche entstehen, sodass das vertretbar ist. Bei nicht vorsätzlicher Verursachung greift zudem idR. der Haftungsausschluss des § 104 SGB VII. Nach BAG v. 22.10.2019 – 9 AZR 532/18, NZA 2020, 513, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 203 ist die ausdrückliche Herausnahme der in § 309 Nr. 7a BGB genannten Ansprüche sogar entbehrlich. Formulierung nach Roloff, FS Willemsen 2018, S. 407, 416. Das BAG hat sie offenbar gebilligt (BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 Rz. 51 m. Anm. Lingemann, ArbR Aktuell 2018, 498 und 2019, 13). Zahlreiche bis dahin offene Streitfragen (vgl. Vorauflage, Anmerkungen zu M 2.1a Ziffer 10), haben sich damit erledigt (i.E. Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978; Fuhlrott, ArbRAktuell 2018, 269; Naber/ Schulte, BB 2019, 501; vgl. auch Preis/Greiner; II A 150, Rz. 72). Formulierung dieser Alternative 3 a) – c) insgesamt nach Roloff, FS Willemsen 2018, S. 407, 416; ebenso Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 978.

Lingemann | 173

Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten oder118 (3) Ausgenommen von den vorstehenden Ausschlussfristen sind Ansprüche, die auf vorsätzlichem sowie grob fahrlässigem Verhalten beruhen sowie unabdingbare gesetzliche Ansprüche.119

§ 22 Geltung von kollektiven und betrieblichen Regelungen120 (1) Im Übrigen gelten die für den Betrieb jeweils einschlägigen Betriebsvereinbarungen. Dies gilt auch dann, wenn sie nach Abschluss des Vertrages vereinbart oder geändert werden und für den Arbeitnehmer ungünstiger als der Vertrag sind.121 (2) Darüber hinaus gelten die für den Betrieb jeweils einschlägigen Betriebsordnungen, Arbeitsanordnungen, Dienstanweisungen etc. in ihrer jeweils gültigen Fassung.122 (3) Die in Abs. 1 und 2 genannten Vereinbarungen und Regelungen können in der Personalabteilung zu den üblichen Arbeitszeiten und im Intranet unter […] eingesehen werden.123

§ 23 Datenschutz124 evtl. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmerüber die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und seine diesbezüglichen Rechte informiert durch […]. Eine aktuelle Fassung der Information kann im Intranet unter […] eingesehen werden.125 118 Die nachstehende Klausel hat das BAG (v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768) gebilligt. Gegenstand war zwar ein Altvertrag, was uE. für die Billigung aber nicht tragend war. 119 Die Formulierung „unabdingbare gesetzliche Ansprüche“ ist dahin auszulegen, dass damit nicht nur im Rechtssinne unverzichtbare, sondern auch solche Ansprüche gemeint sind, die ein Gesetz als unabdingbar bezeichnet (BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768 Rz. 27). Sie umfasst auch den gesetzlichen Mindestlohn (BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768 Rz. 29). Unschädlich ist, dass Ansprüche nach § 77 IV 4 BetrVG und § 4 IV 3 TVG nicht ausdrücklich ausgenommen sind, es führt nur zur Teilnichtigkeit hinsichtlich dieser Ansprüche (BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18, NZA 2019, 768 Rz. 31 ff.). 120 Vgl. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Kap. 2 Rz. 98 ff., ferner die Anm. zu M 2.1a Ziff. 11. 121 Ob auch für eine Bezugnahme auf Betriebsvereinbarungen die Einschränkungen wie bei einseitigen Regelungswerken des Arbeitgebers gelten (s. nachfolgende Fn.), ist nicht entschieden (in diese Richtung wohl LAG Köln v. 22.4.2008, AE 2009, 111 L; dagegen zu Recht Preis, NZA 2010, 361, 366, wenn die vom Vertrag zu Lasten des Arbeitnehmers abweichende Geltung ausdrücklich vereinbart ist; vgl. auch Krieger/Arnold/ Zeh, NZA 2020, 81, 82). Dem trägt das Muster Rechnung. Soweit das BAG eine grundsätzliche Betriebsvereinbarungsoffenheit von AGB-Regelungen im Arbeitsvertrag bejaht (v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916, 921; v. 25.5.2016 – 5 AZR 135/16, NZA 2016, 1327 Rz. 52; v. 11.12.2018 – 34 AZR 380/17, NZA 2019, 1082; krit.: v. 11.4.2018 – 4 AZR 119/17, NZA 2018, 1273; Einzelheiten Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 96c „Betriebsvereinbarungsvorbehalt/Betriebsvereinbarungsoffenheit“), wäre eine solche Öffnungsklausel nicht einmal erforderlich. Die vorsorgliche Aufnahme in den Vertrag ist jedoch ratsam. 122 Eine dynamische Bezugnahmeklausel auf ein solches einseitig vom Arbeitgeber gestaltetes Werk in seiner jeweiligen Fassung sieht das BAG als einseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers an, welches den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 308 Nr. 4 BGB benachteiligt, wenn in der Klausel oder der darin in Bezug genommenen Regelung keinerlei Gründe für eine Verschlechterung genannt oder erkennbar sind (BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428); soweit sie hingegen nur das Weisungsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO umsetzen, sind im Rahmen dieses Weisungsrechtes auch künftige Änderungen zulässig und erfasst. Andernfalls wirkt die Bezugnahme auf diese Regelungen nicht dynamisch, sondern nur statisch (Einzelheiten Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 99d „Bezugnahmeklausel“). Die Reichweite der Klausel hängt damit letztlich vom Inhalt der in Bezug genommenen Regelungen ab. 123 Ob die Betriebsvereinbarungen etc. dem Vertrag auch jeweils beigefügt werden müssen, ist nicht abschließend geklärt. Nach hier vertretener Auffassung ist das nicht der Fall (ebenso wohl BAG v. 3.4.2007 – 9 AZR 867/06, NZA 2007, 1045 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 240798). 124 Auf die noch in der Vorauflage enthaltene Einwilligungsklausel sollte verzichtet werden, nachdem das neugefasste BDSG in § 26 Abs. 2 BDSG klarstellt, dass eine Einwilligung des Beschäftigten nur in Ausnahmefällen als freiwillig erteilt gilt, insb. wenn der Arbeitgeber (nur) durch sie einen Vorteil erlangen kann

174 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.1 Kap. 3

§ 24 Rückgabe von Unterlagen Der Arbeitnehmer hat bei seinem Ausscheiden alle die Angelegenheiten des Arbeitgebers oder der mit ihm verbundenen Unternehmen betreffenden Unterlagen, Urkunden, Aufzeichnungen, Notizen, Entwürfe oder hiervon gefertigte Durchschriften oder Kopien, gleich auf welchem Datenträger, unaufgefordert an den Arbeitgeber zurückzugeben. Ihm steht an diesen Unterlagen ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Arbeitgeber nicht zu.126

§ 25 Ausschluss abweichender Absprachen und Nebenabreden127 Mit Abschluss dieses Vertrages werden alle eventuell bisher vorhandenen schriftlichen oder mündlichen Absprachen und Nebenabreden hinfällig. Ergänzende mündliche Abmachungen zu diesem Vertrag wurden nicht getroffen.

§ 26 Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung128 Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.129

§ 27 Salvatorische Klausel Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages und/oder seiner Änderungen bzw. Ergänzungen unwirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.130

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(zB bei der Einwilligung in die Kontrolle von Nutzungsdaten zur Ermöglichung der Privatnutzung dienstlicher Informations- und Kommunikationssysteme) oder die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichgerichtet sind (zB Veröffentlichung von Porträts von „Mitarbeitern des Monats“ o.ä.). Im Übrigen ist eine Einwilligung des Arbeitnehmers weder notwendig noch sinnvoll, denn soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist, ist sie gem. § 26 Abs. 1, Abs. 3 BDSG auf gesetzlicher Grundlage gestattet. Wird dem Arbeitnehmer gleichwohl suggeriert, die Verarbeitung seiner Daten beruhe auf seiner freiwilligen Einwilligung, liegt nach Auffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden u.U. sogar ein (bußgeldbewehrter) Verstoß gegen das datenschutzrechtliche Transparenzgebot vor. (vgl. Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, Kurzpapier Nr. 14 – Beschäftigtendatenschutz vom 17. Dezember 2018, S. 2; Entscheidung der griechischen Datenschutzbehörde 26/2019, englische Zusammenfassung abrufbar unter https://www.dpa.gr/portal/page?_pageid=33,43590&_dad= portal&_schema=PORTAL). Diese Klausel ist nicht zwingend, kann aber als Erinnerungsposten dafür dienen, den Arbeitnehmer entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 13, 14 Verordnung (EU) Nr. 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) zu informieren. Außerdem ist der Arbeitnehmer (wie bislang gem. § 5 BDSG a.F.) außerhalb des Arbeitsvertrages über seine Pflichten beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu belehren und auf das sogenannte „Datengeheimnis“ zu verpflichten. Zum Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten siehe Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 143a „Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten“. Vgl. die Anm. zu M 2.1a Ziff. 14. Vgl. die Anm. zu M 2.1a Ziff. 15. Vgl. die Anm. zu M 2.1a Ziff. 15. Satz 1 der Klausel entspricht der gesetzlichen Regelung in § 306 Abs. 1 BGB. Zu Satz 2: Eine Ersetzungsklausel, wonach statt des dispositiven Rechts „automatisch“ eine Regelung gelten soll, die wirtschaftlich der unwirksamen Klausel am nächsten kommt, ist in Formularverträgen gem. § 306 Abs. 2, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht zulässig (BAG v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12; v. 13.12.2011, NZA 2012, 738, 741; Palandt/Grüneberg, § 306 BGB Rz. 15 mwN), daher ist hier eine Verhandlungsverpflichtung vorgesehen.

Lingemann | 175

Kap. 3 M 3.1 | Verträge mit Angestellten § 28 Gerichtsstand Für Rechtsstreitigkeiten aus dem Anstellungsverhältnis, seiner Beendigung und Abwicklung ist das Arbeitsgericht […] zuständig.131

§ 29 Vertragsaushändigung Der Vertrag wird in zwei Ausfertigungen erstellt, von denen jede Partei eine erhalten hat.132 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Unterschrift Arbeitgeber)

(Unterschrift Arbeitnehmer)

131 Eine Gerichtsstandsvereinbarung greift nur, wenn eine Partei im Inland keinen dauernden Wohnsitz hat, § 38 Abs. 2 ZPO. Auch dann gilt die Einschränkung des § 38 Abs. 2 Satz 3 ZPO. 132 Gem. § 309 Nr. 12b BGB bedarf das Empfangsbekenntnis, um nicht AGB-widrig zu sein, der gesonderten Unterschrift.

M 3.2 Anstellungsvertrag mit einem Angestellten mit Bezugnahme auf

Tarifvertrag

Zwischen der X-AG (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […]1 (im Folgenden: Der Arbeitnehmer) wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Art der Tätigkeit (1) Der Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ in diesem Vertrag umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird ab […] als […] in […] eingestellt. (2) Der Arbeitgeber behält sich unter Wahrung der Interessen von dem Arbeitnehmer die Zuweisung eines anderen gleichwertigen Arbeitsgebietes vor. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Aufgabenbereiche.2

§ 2 Probezeit und Vertragsdauer3 (1) Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Anstellungsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

1 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NachwG. Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Organmitgliedes aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Einf. Kap. 1 Rz. 14a. 2 Zu alternativen Formulierungsvorschlägen und Einzelheiten s. M 2.1a Ziff. 1 (2) m. Anm.; vgl. ferner Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z „Versetzungsklausel“ und „Änderungsklausel“, Kap. 2 Rz. 82a ff., 129. 3 Vgl. im Einzelnen M 2.1a Ziff. 2 m. Anm.

176 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.2 Kap. 3 (2) Nach Ablauf von sechs Monaten kann das Anstellungsverhältnis nach Maßgabe der für den Arbeitgeber nach § 622 BGB gesetzlich geltenden Kündigungsfristen mit einer Kündigungsfrist von […] Monaten zum Quartal/Halbjahresende/Jahresende gekündigt werden. Jede gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitnehmers gilt auch zugunsten des Arbeitgebers. (3) Ohne dass es einer Kündigung bedarf, endet das Anstellungsverhältnis spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die für ihn/sie maßgebliche Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (derzeit Vollendung des 67. Lebensjahres) erreicht. evtl.: (4) Das Anstellungsverhältnis endet auch mit dem Ablauf des Monats, in welchem der Arbeitnehmer beginnt eine volle Erwerbsminderungsrente zu beziehen, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Zustellung des Rentenbescheids, in dem der zuständige Sozialversicherungsträger die volle Erwerbsminderung feststellt, zu informieren. Wird dem Arbeitnehmer eine volle Erwerbsminderungsrente lediglich auf Zeit gewährt, ruht das Anstellungsverhältnis für den Bewilligungszeitraum dieser Rente, längstens jedoch bis zu einem Beendigungszeitpunkt nach Abs. 2.

§ 3 Arbeitszeit (1) Die Arbeitszeit richtet sich nach den jeweils für den Betrieb geltenden gesetzlichen/tariflichen Regelungen und den für den Betrieb geltenden Einteilungen.4 (2) Der Arbeitnehmer wird seine/ihre ganze Arbeitskraft im Interesse des Arbeitgebers einsetzen.5 Er/Sie ist verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Mehrarbeits- und Überstunden bis zu […] Stunden/Monat zu leisten. Darüber hinaus ist er/sie verpflichtet, Nacht-, Schicht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in gesetzlich zulässigem Umfang zu leisten.6 (3) Der Arbeitgeber ist berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der Arbeitsausfall der Arbeitsverwaltung angezeigt ist (§§ 95 ff. SGB III). Dabei ist eine Ankündigungsfrist von drei Wochen einzuhalten. Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die in § 4 Abs. 1 geregelte Vergütung im Verhältnis der ausgefallenen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit.7

§ 4 Vergütung (1) Der Arbeitnehmer wird nach der Tarifgruppe […] vergütet wie folgt:8

4 Die Klausel ist in erster Linie auf Angestellte zugeschnitten, die nicht an die Arbeitszeiten der Produktion gebunden sind, also insb. kaufmännische Angestellte. Für Angestellte – zB Abteilungsleiter – in der Produktion wäre die jeweilige Fassung des gewerblichen Vertrages (vgl. M 2.2 Ziff. 3) zu übernehmen, soweit die jeweiligen tariflichen Regelungen für Angestellte dem nicht entgegenstehen. Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart (BAG v. 15.5.2012, NZA-RR 2014, 519). Wird die Zahl der Wochenstunden nicht angegeben, und ist die Beschäftigung in „Vollzeit“ vereinbart, darf der Arbeitnehmer die Klausel so verstehen, dass die regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche nicht übersteigt (BAG v. 25.3.2015 – 5 AZR 602/13, NZA 2015, 1002 Rz. 14). 5 Es ist zweifelhaft, ob diese Klausel allein schon ein Nebentätigkeitsverbot enthält. Es sollte daher gesondert geregelt werden (dazu unten unter § 6). 6 Vgl. Anm. zu M 2.1a Ziff. 4, Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Mehrarbeitsklausel“, Kap. 2 Rz. 112. 7 Einzelheiten bei M 2.1a Ziff. 3 (2) und Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, Kap. 2 Rz. 111a. 8 Sofern der Vertrag nicht eine ausdrückliche Regelung dazu enthält, dass die tariflichen Regelungen nicht dynamisch gelten, wertet das BAG eine solche Vereinbarung als dynamische Verweisung (BAG v. 10.11.2010, NJOZ 2011, 376; v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202; Einzelheiten bei M 2.2 Ziff. 4 Abs. (1).

Lingemann | 177

Kap. 3 M 3.2 | Verträge mit Angestellten Tarifgehalt (zurzeit): Übertarifliche

Zulage9

Zuschläge für […] (zurzeit):

Euro […]/Monat Euro […]/Monat Euro […]/Monat

(2) Der Arbeitgeber behält sich vor, die übertarifliche Zulage bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu widerrufen.10 Sachliche Gründe sind11 (a) eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens12 oder (a) wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere13 ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr), (b) eine um mindestens […] % unterdurchschnittliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers über einen Zeitraum von […] Monaten, (c) eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers oder (d) eine Umgestaltung des Entgeltsystems.14 Das tarifliche Entgelt und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei unangetastet. Der widerrufliche Teil umfasst höchstens 24,5 % der Gesamtvergütung.15 (3) Der Tariflohn kann auf die übertarifliche Zulage angerechnet werden,16 d.h. die Zulage vermindert sich, soweit sich der Tariflohn infolge von Tariferhöhungen oder infolge einer Umgruppierung des Arbeitneh9 S. Anm. zu M 2.2 Ziff. 4 Abs. (1) sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104; Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754. 10 Der Widerrufsvorbehalt muss insb. die sachlichen Gründe für einen möglichen Widerruf benennen. Vgl. ausf. und zu den weiteren Anforderungen Rz. 7 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. und M 2.2 Ziff. 4 Abs. 2 m. Anm. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt ist hingegen nicht möglich, wenn die Zulage laufend neben dem eigentlichen Tariflohn gezahlt wird. 11 Der bloße Hinweis, dass eine Leistung aus „wirtschaftlichen Gründen“ widerrufen werden kann, reicht nicht mehr aus (vgl. BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, 460). Aus der Klausel muss in groben Zügen hervorgehen, in welchen Fällen ein Widerruf möglich sein soll (BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616 Rz. 16; v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796 Rz. 13; v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, 459; v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 f.; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536, m. Anm. Lingemann). 12 Diesen Widerrufsgrund hat das BAG gebilligt (BAG v. 24.1.2017 – 1 AZR 772/14, NZA 2017, 931; enger noch BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; ferner Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138). 13 Dieser Widerrufsgrund stellt einen weiterreichenden Widerrufsgrund dar gegenüber der wirtschaftlichen Notlage in der Ausgangsformulierung zu a), deren Wirksamkeit nicht geklärt ist. Es ist auch nicht abschließend geklärt, ob solche nur beispielhaften Aufzählungen zulässig sind. In der Entscheidung v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, hat das BAG sie bei Widerruf einer Dienstwagenüberlassung jedoch gebilligt. Ähnlich auch BAG v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310 zum Freiwilligkeitsvorbehalt; das Urteil ist jedoch hinsichtlich des Freiwilligkeitsvorbehaltes überholt (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82 f.). 14 Vorschlag von Stoffels, NZA 2017, 1217, 1224, um ggf. eine Neuordnung von Zuschlägen oder Sonderleistungen zu ermöglichen. 15 Nur wenn der widerrufliche Teil im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, muss er unter 25 % liegen, ansonsten kann er sich auf bis zu 30 % erhöhen (BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; vgl. auch; Maaß, ArbRAktuell 2011, 59; Bauer/Heimann, NZA-Beilage 2014, 114, 116; Lunk/Leder, NJW 2015, 3766, 3767). 16 Häufig wird – uE. nicht ganz zutreffend – umgekehrt formuliert, dass die Zulage auf Tariflohnerhöhungen angerechnet wird, gemeint ist aber in beiden Fällen, dass sich die Zulage entsprechend der Tariflohnerhöhung vermindert. Das ist in der Klausel ergänzend klargestellt. Der Anrechnungsvorbehalt ist grds. AGB-fest, (vgl. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Anrechnungsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 87). Allerdings begründet die Entscheidung des BAG v. 14.8.2018 – 2 AZR 287/17, NZA 2019, 106, Anm. Bayreuther, NZA 2019, 517 hier Zweifel, die jedenfalls ein Anrechnungsverbot durch betriebliche Übung bejaht hat. Satz 2 soll diese vermeiden. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sind jedoch zu beachten, es sei denn, die Anrechnung erfolgt vollständig und gleichmäßig.

178 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.3 Kap. 3 mers erhöht. Dasselbe gilt bei einer Verkürzung der Arbeitszeit.17 Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit von einer Verrechnung abgesehen hat.18

§ 5 Tarifgeltung Auf das Anstellungsverhältnis finden die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung.19 oder: Im Übrigen finden auf das Anstellungsverhältnis die für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem […] beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Derzeit sind dies die Tarifverträge der […]-Industrie.20 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Unterschrift Arbeitgeber)

(Unterschrift Arbeitnehmer)

17 Die Anrechenbarkeit in diesen Fällen folgt bereits aus der Benennung der Zulage als „übertariflich“ (BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52). Dennoch kann zur Klarstellung ein ausdrücklicher Anrechnungsvorbehalt aufgenommen werden (Vgl. auch Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Anrechnungsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 87 f.). 18 Formulierungsvorschlag in Anlehnung an Bayreuther, NZA 2019, 517. 19 § 5 enthält eine einfache Tarifwechselklausel; BAG v. 26.9.2018 – 7 AZR 797/16, AP Nr. 150 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2019, 126 hat diese Klausel als Tarifwechselklausel gebilligt: „Mit der Formulierung ‚die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung‘ wird dynamisch auf die für den jeweiligen Arbeitgeber gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG normativ geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung verwiesen (sogenannte große dynamische Bezugnahmeklausel oder Tarifwechselklausel)“. Zu Einzelheiten und weiteren Formulierungsvorschlägen s. M 2.2 Ziff. 5, Var. 3. Zu Formulierungsbeispielen für kleine dynamische und statische Bezugnahmeklauseln s. M 2.2 Ziff. 5, Var. 1 und 2 sowie insgesamt Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 98 ff., „Bezugnahmeklausel“. 20 Zu Bezugnahmeklauseln s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 98 ff., „Bezugnahmeklausel“, weitere Formulierungsvorschläge in M 2.2 Ziff. 5.

M 3.3 Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten Zwischen der X-AG (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […]1 wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Art der Tätigkeit (1) Der Arbeitgeber überträgt Herrn/Frau […] die Leitung der Abteilung […] (2) Die Stelle ist mit Prokura/Handlungsvollmacht/Generalvollmacht ausgestattet. 1 Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“ auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Organmitgliedes aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Kap. 1 Rz. 14a.

Lingemann | 179

Kap. 3 M 3.3 | Verträge mit Angestellten oder2 (2) Nach einer Einarbeitungszeit von […] Monaten wird Herrn/Frau […] bei Bewährung Prokura/Handlungsvollmacht/Generalvollmacht erteilt. evtl. Die Prokura kann der Arbeitgeber jederzeit widerrufen.3 (3) Herr/Frau […] ist leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG.4 (4) Sein/ihr Aufgabenbereich umfasst […] Der Arbeitgeber behält sich vor, Herrn/Frau […] entsprechend seinen/ihren Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen im Interesse des Arbeitgebers liegenden gleichwertigen Tätigkeit zu betrauen. Der Vorbehalt erstreckt sich auch auf eine Beschäftigung an einem anderen Ort oder bei einer Tochtergesellschaft des Arbeitgebers. Soweit nicht dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, wird der Arbeitgeber die Zuweisung eines anderen Arbeitsortes nur mit einer Ankündigungsfrist von […] Wochen/Monaten erklären. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Aufgabenbereiche.5 (5) Herr/Frau […] tritt die Stelle spätestens am […] an.

§ 2 Arbeitszeit, Kurzarbeit (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt […] Stunden wöchentlich.6 (2) Herr/Frau […] ist verpflichtet, die gesamte Arbeitskraft im Interesse des Arbeitgebers einzusetzen und, soweit erforderlich, im gesetzlichen Rahmen auch über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus zu arbeiten.7 (3) Der Arbeitgeber ist berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen,8 wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der Arbeitsausfall der Arbeitsverwaltung angezeigt ist (§§ 95 ff. SGB III).9 Dabei ist eine Ankündigungsfrist von drei Wochen 2 Widerruft der Arbeitgeber vertragswidrig eine Prokura, so kann er schadensersatzpflichtig werden, oder der Arbeitnehmer kann außerordentlich kündigen; der Arbeitnehmer kann aber nicht verlangen, dass ihm die Prokura erteilt wird (BAG v. 26.8.1986 – 3 AZR 94/85, NZA 1987, 202; Kleinebrink, ArbRB 2012, 90, 91 f.). 3 Eine solche Regelung dient dazu, Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers bei Widerruf der Prokura auszuschließen (vgl. Kleinebrink, ArbRB 2012, 90, 92). 4 Eine solche Klausel findet sich in vielen Verträgen mit Führungskräften. Das Selbstverständnis und die Bezeichnung eines Angestellten als „Leitender Angestellter“ im Arbeitsvertrag ist jedoch für die Einordnung nach § 5 Abs. 3 BetrVG nicht bindend (vgl. oben Rz. 2 ff.). Die Zuordnung eines leitenden Angestellten nach § 18a BetrVG beschränkt sich auch nur auf die Betriebsrats-/Sprecherausschusswahl. In Zweifelsfällen sollte der Arbeitgeber deshalb vor Ausspruch einer Kündigung den Betriebsrat hilfsweise nach § 102 BetrVG anhören. Besteht ein Sprecherausschuss, ist dieser vor der Kündigung eines leitenden Angestellten zu hören, § 31 SprAuG. 5 Zu weiteren Formulierungsvorschlägen und Einzelheiten s. M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Versetzungsklausel“ und „Änderungsvereinbarung“, Kap. 2 Rz. 82a ff., 129. Zur Matrixklausel in M 3.1 § 1 Abs. (3) sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Matrixklausel“, Kap. 2 Rz. 111c. 6 Das ArbZG gilt für leitende Angestellte nicht, § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG. 7 Vgl. M 2.2 Anm. zu Ziff. 1; für leitende Angestellte dürfte auch eine Regelung ohne bezifferte Obergrenze wirksam sein; anderenfalls müsste man sich an M 3.1 § 2 Abs. 2 orientieren. 8 Der Arbeitgeber kann ohne entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag Kurzarbeit nur aufgrund einer kollektiven oder einzelvertraglichen Vereinbarung einführen. Für leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG gelten Betriebsvereinbarungen jedoch nicht, so dass nur die individualarbeitsrechtliche Einführung in Betracht kommt; eine einseitige Einführung mit Hilfe seines Direktionsrechts ist nicht möglich, dann bedarf es zur Arbeitszeitverkürzung einer Änderungskündigung (BAG v. 14.2.1991, AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 4). Die Anforderungen an die Einführung von Kurzarbeit haben sich auch im Rahmen der Coronakrise nicht verändert, lediglich die Voraussetzungen, Anspruchshöhe und Anspruchsdauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld gegenüber der Bundesagentur für Arbeit wurden zugunsten der Antragsteller verändert. Im Einzelnen Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, Kap. 2 Rz. 111b. 9 Nach vordringender Auffassung muss der Arbeitnehmer gem. der Rechtsprechung zum Widerrufsvorbehalt (Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 111b, 138 f.) auch bei der Kurzarbeitsklausel „wissen, was auf ihn zukommt“. Daher sind hier die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit auf die Berechtigung zum Bezug von Kurzarbeitergeld beschränkt. Eine voraussetzungslose Kurzarbeitsklausel wird zT. als unbillige Benachteiligung des Arbeit-

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Verträge mit Angestellten | M 3.3 Kap. 3 einzuhalten.10 Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die in Ziff. 5 geregelte Vergütung im Verhältnis der ausgefallenen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit.

§ 3 Vergütung (1) Herr/Frau […] erhält eine am Monatsende zahlbare Bruttovergütung von Euro […] monatlich.11 (2) Herr/Frau […] erhält eine Gewinnbeteiligung (Tantieme)12 in Höhe von […] % des Jahresgewinns gemäß Handelsbilanz des Arbeitgebers, vor Abzug der Tantieme, nach Abschreibungen, Wertberichtigungen und Bildung von Rückstellungen sowie abzüglich des Teils des Gewinns, der durch die Auflösung von Rückstellungen entstanden ist.13 Die Tantieme beträgt in den ersten zwei Jahren jedoch mindestens jährlich Euro […]14 oder (2) Herr/Frau […] erhält eine Gewinnbeteiligung (Tantieme) in Höhe von […] % des Gewinns vor Steuern (EBT)15 [oder: des Gewinns vor Steuer und Zinsen (EBIT)] [oder: des Gewinns vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (EBITDA)] und vor Abzug der Tantiemen für die leitenden Angestellten. Die Tantieme beträgt in den ersten zwei Jahren jedoch mindestens jährlich Euro […]. Die Tantieme wird binnen Monatsfrist nach Feststellung des Jahresabschlusses gezahlt. Scheidet […] innerhalb des laufenden Geschäftsjahres aus dem Anstellungsverhältnis aus, besteht der Anspruch pro rata temporis.16 evtl. Für die Tantieme gilt eine Obergrenze von […]. Diese Obergrenze wird alle zwei Jahre überprüft.17

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nehmers gem. § 307 Abs. 1 BGB angesehen (vgl. Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; Bonanni/Naumann, DStR 2009, 1374, 1375; Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 118). Wegen der rechtlichen Unsicherheiten bei der Wirksamkeit von Kurzarbeitsklauseln im Arbeitsvertrag ist es ratsam, Kurzarbeit im konkreten Fall jeweils noch einmal individuell zu vereinbaren. Vgl. auch Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 118. Leitende Angestellte sind im Hinblick auf die Wertigkeit ihres Aufgabengebietes stets AT-Angestellte, vgl. Hunold, NZA-RR 2010, 505 f., so dass das Gehalt unabhängig von einem Tarifvertrag vereinbart wird. Anders als eine Beteiligung am Gewinn ist eine Beteiligung des Arbeitnehmers am Verlust sittenwidrig und damit schon gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn dafür kein angemessener Ausgleich gewährt wird, weil dem Arbeitnehmer damit in unzulässiger Weise das Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers überlastet wird (BAG v. 10.10.1990, DB 1991, 659). Bemessungsgrundlage ist meist der Gewinn (EBT, EBIT, EBITDA, s. die Alternative zu Absatz (2)) oder – im Ausnahmefall – Umsatz des Unternehmens, die Zahlung kann auch von der Ausschüttung einer Dividende an die Aktionäre abhängen (BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/ 10, NZA 2012, 499). Die Einführung, Ausgestaltung und Änderung von Gewinnbeteiligungen oder Umsatzprämien bedarf zwar der Zustimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (BAG v. 25.4.1995 – 9 AZR 690/93, NZA 1995, 1063 zur Einführung von Umsatzprämien). Das gilt aber nicht für leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG. Der Betriebsrat kann die Einführung eines Gewinnbeteiligungssystems nicht erzwingen. Vgl. näher zum Ganzen Kap. 12, insb. M 12.10.1 ff. Zur Durchsetzung des Anspruchs hat der Arbeitnehmer aus § 242 BGB gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung über den erzielten Gewinn, insbesondere durch Vorlage des Jahresabschlusses. Die Tantieme ist als Anspruch ausgestaltet durch die Formulierung „erhält“ (Kap. 2 Rz. 105b). Die Vereinbarung einer Mindesttantieme empfiehlt sich insbesondere in Turn-around-Situationen. Sie kann dann – wie im Muster – angemessen befristet sein. Wird die Methode der Ermittlung der Kenngröße nicht näher erläutert und bestehen Spielräume nach der fachtechnischen Bedeutung, muss die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gem. § 315 Abs. 1 BGB erfolgen (BAG v. 11.12.2013 – 10 AZR 364/13, m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 203). Alternativ käme die Ermittlung des Gewinns zum Ausscheidenszeitpunkt durch Erstellung einer Zwischenbilanz in Betracht; zur Vermeidung dieses enormen Aufwandes empfiehlt es sich, die Pro-rata-Geltung im Vertrag festzulegen. UE gilt die Pro-rata-Regelung auch, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund betriebsbedingter Kündigung beendet wurde. Formulierung angelehnt an BAG v. 27.2.2019 – 10 AZR 341/18, NJW 2019, 2491. Nach dem Urteil besteht bei dieser Formulierung keine Verpflichtung, die Obergrenze durch einseitige Leistungsbestimmung anzupassen. Die Arbeitgeberin ist aber verpflichtet, die Obergrenze alle zwei Jahre zu überprüfen und das

Lingemann | 181

Kap. 3 M 3.3 | Verträge mit Angestellten oder (2) Herr/Frau […] erhält eine Tantieme, deren Höhe im billigen Ermessen der Gesellschaft liegt. Sie kommt nur zur Auszahlung, wenn die Gesellschaft ihren Aktionären eine Dividende ausschüttet.18 oder19 (2) An Herrn/Frau […] kann nach Abschluss des Geschäftsjahres am 31.3. des folgenden Kalenderjahres eine Sonderzahlung erbracht werden.20 Diese Sonderzahlung wird freiwillig erbracht und mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten vorbehaltlosen Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird Der Arbeitgeber behält sich vor, vor Beginn eines jeden Jahres jeweils neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe die Sonderzahlung erbracht wird. Dies gilt nicht für Sonderzahlungen, die auf einer individuellen Vertragsabrede mit dem Arbeitnehmer im Sinne des § 305b BGB beruhen.21 oder (2) Herr/Frau […] erhält eine Provision in Höhe von Euro […] je […].22 (3) Mit dieser Vergütung sind Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten.23

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Ergebnis der Überprüfung mitzuteilen. Es handelt sich nur um eine Überprüfungs- und nicht um eine Anpassungsklausel. Formulierung wie in BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499. Das BAG hat diese Formulierung akzeptiert – allerdings ohne eine ebenfalls enthaltene Stichtagsklausel (BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334, m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 404 Rz. 21). Ohne die Stichtagsklausel sei die Formulierung weder intransparent noch stelle sie eine unangemessene Benachteiligung dar. Auch die Tatsache, dass die Gesellschaft mehrere Jahre lang den Zahlungen keinen Hinweis auf den Dividendenvorbehalt beigefügt hatte, hielt der 10. Senat für unschädlich, die Mitteilung der Anspruchsvoraussetzung bei einer Leistung sei rechtsgeschäftlich ohne Bedeutung. Insofern ist genau zu differenzieren zwischen einem Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeweils bei jeder Zahlung erklärt werden muss (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81), und einer solchen rechtsgeschäftlichen Bedingung, bei der die Regelung im Vertrag ausreicht. Ist die Bedingung erfüllt, handelt es sich um eine Ermessenstantieme (Einzelheiten dazu s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ermessensvergütung/Ermessensgratifikation“, Kap. 2 Rz. 101 ff.; Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65). Folgende Variante mit ausdrücklichem Freiwilligkeitsvorbehalt, Einzelheiten dazu s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff. Zur Terminologie beim Freiwilligkeitsvorbehalt und den zahlreichen Formulierungen, die nach Ansicht des BAG einen Anspruch begründen sollen s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 105b. Nur „erbringen“ und „leisten“ gehört, soweit ersichtlich, noch nicht dazu. Nach der restriktiven Rechtsprechung zu Freiwilligkeitsvorbehalten (BAG 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 52; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; dazu Bauer/von Medem, NZA 2012, 894; Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400) muss der Vorbehalt nicht nur transparent formuliert sein, sondern auch den Vorrang der Individualabrede beachten. Zudem können Freiwilligkeitsvorbehalte wohl nur noch dazu dienen, eine betriebliche Übung hinsichtlich der konkreten Leistung zu vermeiden. In jedem Fall muss bei jeder Zahlung nochmals ausdrücklich erklärt werden, dass diese einmalig ist und freiwillig erfolgt, ohne einen Rechtsanspruch für die Zukunft zu begründen, da die Rechtsprechung Freiwilligkeitsvorbehalte in Formularverträgen zunehmend restriktiv beurteilt; sie reichen alleine zur Begründung der Freiwilligkeit wohl nicht mehr aus (Einzelheiten s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104). Angesichts der Unsicherheit darüber, wie ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt ausgestaltet sein muss, kann es ratsam sein, im Vertrag die freiwillige Leistung und damit den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu regeln und stattdessen bei jeder Zahlung den Freiwilligkeitsvorbehalt ausdrücklich zu erklären. Zum Freiwilligkeitsvorbehalt bei der Erbringung der Leistung selbst als Orientierung BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535; die Klausel lautete: „Wir freuen uns, Ihnen für das Jahr 2001 eine Sonderzahlung in Höhe von Euro 25.000,– zukommen zu lassen. Die Auszahlung erfolgt mit dem Gehalt für April 2002. Diese Zahlung ist einmalig und schließt zukünftige Ansprüche aus. Wir danken Ihnen für Ihre bisherige Arbeit und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg in unserem Hause.“ Zu Einzelheiten der Provisionsansprüche vgl. M 12.11. Anders als bei (einfachen) Angestellten (vgl. M 3.1 § 3 Abs. 2) ist bei leitenden Angestellten die gesonderte Vergütung von Überstunden die Ausnahme. Zwar gilt das MiLoG grundsätzlich auch für leitende Angestellte (vgl. Schmitz-Witte/Killian, NZA 2015, 415). UE muss der gesetzliche Mindestlohn jedoch nicht von der

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Verträge mit Angestellten | M 3.3 Kap. 3

§ 4 Sonstige Leistungen § 5 Verschwiegenheitspflicht § 6 Nebentätigkeiten § 7 Urlaub § 8 Reisekosten § 9 Erfindungen, Urheberrechte § 10 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot § 11 Altersversorgung § 12 Dienstverhinderung24 (vgl. M 3.1 §§ 4–12)

§ 13 Sterbegeld (1) Sollte Herr/Frau […] während des ungekündigten25 Bestands des Anstellungsverhältnisses sterben, so erhalten seine/ihre Erben oder unterhaltsberechtigten Angehörigen bis zum Ende des Sterbemonats und danach noch für […] Monate das Monatsgehalt nach § 3 Abs. […] als Sterbegeld. (2) Falls Herr/Frau […] gegenüber dem Arbeitgeber keine schriftliche Bestimmung getroffen hat, bleibt es dem Arbeitgeber überlassen, an welchen Erben oder Unterhaltsberechtigten das Sterbegeld nach Abs. 1 gezahlt wird. Die Erben bzw. Unterhaltsberechtigten haben sich ggf. selbst auseinander zu setzen. Pauschalabgeltung von Überstunden ausgenommen werden, wenn nach der Höhe der Vergütung und dem Umfang der Abgeltung eine Unterschreitung des Mindestlohns ausgeschlossen ist (vgl. Kap. 2, AGB-Kontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Kap. 2 Rz. 118). Das dürfte bei Leitenden Angestellten der Fall sein. Bei der Beschränkung der pauschal abzugeltenden Überstunden gelten bei leitenden Angestellten möglicherweise großzügigere Maßstäbe als bei nicht leitenden, da das Arbeitszeitgesetz nicht anzuwenden ist. Auch wiegt das Risiko der Unwirksamkeit der Abgeltungsklausel weniger schwer, da im Fall der Unwirksamkeit einer Abgeltungsklausel eine objektive Vergütungserwartung notwendig ist, um Überstunden ohne vertragliche Regelung vergüten zu müssen. Diese muss der Arbeitnehmer darlegen, wenn arbeitszeitbezogene und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind, bei Diensten höherer Art sowie bei Besserverdienern, deren Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet (vgl. BAG v. 22.2.2012 – 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861 mwN). In diesen Fällen ist also im Zweifel ohne vertragliche Regelung ohnehin keine Überstundenabgeltung geschuldet. Einzelheiten s. Kap. 2, AGB-Kontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Kap. 2 Rz. 118 und „Überstundenklausel“, Kap. 2 Rz. 127. Will man dieses Risiko vermindern, müsste man sich an M 3.1, § 3 Abs. 2, Var. 3 orientieren. 24 Gelegentlich wird bei leitenden Angestellten eine längere Dauer der Entgeltfortzahlung als nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz vereinbart. 25 Diese Voraussetzung ist uE wirksam, denn es geht hier um eine soziale Unterstützung und nicht die Vergütung von geleisteter Arbeit; dies spricht ebenso wie beim Weihnachtsgeld dafür, dass die Anknüpfung an den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zulässig ist (BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221). Bei einer Leistung, die zumindest auch Vergütungscharakter hat, wäre dies hingegen nicht zulässig (BAG aaO). Im Einzelnen Kap. 2 Rz. 100a ff.

Lingemann | 183

Kap. 3 M 3.3 | Verträge mit Angestellten § 14 Umzugskosten (vgl. M 3.1 § 13)

§ 15 Vertragsstrafe § 16 Beendigung des Anstellungsverhältnisses26 § 17 Vorschüsse und Arbeitgeberdarlehen § 18 Zahlungsabwicklung, Zinsen § 19 Internetnutzung § 20 Ausschlussfristen (vgl. M 3.1 §§ 15–21)27

§ 21 Datenschutz § 22 Rückgabe von Unterlagen § 23 Ausschluss abweichender Absprachen und Nebenabreden § 24 Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung § 25 Salvatorische Klausel § 26 Gerichtsstand § 27 Vertragsaushändigung (vgl. M 3.1 §§ 23–29)28 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Unterschrift Arbeitgeber)

(Unterschrift Arbeitnehmer)

26 Bei leitenden Angestellten werden die Kündigungsfristen allerdings regelmäßig großzügiger gewählt als die gesetzlichen Kündigungsfristen, auch als Ausgleich für den ggf. nach § 14 KSchG geminderten Schutz gegen Kündigungen. 27 Bei leitenden Angestellten sind Regelungen zur Gehaltsabtretung/Verpfändung (M 3.1 § 14) und zu Einstellungsfragebögen (M 3.1 § 18) weniger üblich; sofern die Bezugnahme auf einzelne kollektive Regelungen gewünscht ist, könnte diese in Anlehnung an M 3.1 § 22 erfolgen. Eine Bezugnahme auf tarifliche Regelungen oder Betriebsvereinbarungen ist bei leitenden Angestellten die Ausnahme. 28 Gem. § 309 Nr. 12b BGB bedarf das Empfangsbekenntnis, um nicht AGB-widrig zu sein, der gesonderten Unterschrift.

184 | Lingemann

Verträge mit Angestellten | M 3.4 Kap. 3

M 3.4 Anstellungsvertrag mit einem Syndikusrechtsanwalt Zwischen der X-AG (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […]1 wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Art der Tätigkeit (1) Herr/Frau wird als Syndikusrechtsanwalt2 i.S.v. § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO3 eingestellt. Er/sie ist in Sachen des Rechts unabhängig und keinen inhaltlichen Weisungen unterworfen.4 Die Tätigkeit von Herrn/Frau […] besteht vor allem in Folgendem:5 1. Rechtsberatung – Analysiert Verträge unabhängig (Mandatsverträge, Unternehmenskauf- und -verkaufverträge, Fusionsverträge, Vertraulichkeitsvereinbarungen, Underwriting-Verträge etc.) – erarbeitet Lösungsansätze für spezifische Probleme und stellt sie schriftlich dar – bewertet unabhängig Lösungsmöglichkeiten 2. Rechtsentscheidung – leitet die Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse zum Abschluss von oben genannten Verträgen – schließt Verträge ab und unterzeichnet sie persönlich

1 Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“ auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Organmitgliedes aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Einf. Kap. 1 Rz. 14a. 2 S. allgemein zum Syndikus zunächst die Erläuterungen in Rz. 7. 3 Ein angestellter Volljurist hat grds. keinen Anspruch drauf, dass der Arbeitgeber das Anstellungsverhältnis so ausgestaltet, dass die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO erfüllt sind und sich der Angestellte als Syndikusrechtsanwalt zulassen kann und damit auch in den Genuss der Befreiungsmöglichkeit von der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 SGB VI kommt (BAG v. 24.10.2018 – 10 AZR 69/18, NZA 2019, 161). Scheut der Arbeitgeber beispielsweise die ausdrückliche Weisungsfreiheit in Angelegenheiten des Rechts, kann der Vertrag von vornherein so ausgestaltet werden, dass die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO nicht vorliegen und deshalb der angestellte Jurist sich nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen kann. Es empfiehlt sich dringend, diese Frage vor Vertragsschluss zu besprechen und zu klären. 4 Unklar ist, ob der Syndikusrechtsanwalt aufgrund seiner Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit in jedem Fall leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG ist oder ob dies zusätzlich voraussetzt, dass er wichtige Aufgaben für das Unternehmen wahrnimmt. Für die generelle Einbeziehung in den Kreis der leitenden Angestellten spricht die Parallelregelung des § 45 Satz 2 WPO, wonach (weisungsfrei agierende) Wirtschaftsprüfer stets leitende Angestellte sind. Die Weisungsfreiheit bezüglich der Analyse und der Beratung in Rechtsangelegenheiten ist konstitutives Merkmal des Syndikus gem. § 46 Abs. 4 BRAO. Wird diese Weisungsfreiheit vertraglich nicht eingeräumt, liegen die Voraussetzungen einer Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt iSd. § 46 BRAO nicht vor, so dass die zuständige Anwaltskammer die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt versagen wird. 5 Die nachfolgende Aufzählung ist sinnvoll, aber zur Sicherstellung des Status als Syndikusrechtsanwalt nicht erforderlich. Allerdings ist dem Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gem. § 46a Abs. 3 BRAO eine Kopie des Arbeitsvertrages beizufügen, so dass es hilfreich ist, wenn aus dem Arbeitsvertrag (oder einer als Anlage beigefügten Tätigkeitsbeschreibung) hervorgeht, dass insbesondere die Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 BRAO erfüllt sind.

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Kap. 3 M 3.4 | Verträge mit Angestellten 3. Rechtsgestaltung – führt selbstständig Vertragsverhandlungen mit Kunden 4. Rechtsvermittlung – erarbeitet abstrakte Regelungskomplexe (insbesondere im Bereich […]) – arbeitet Regelungskomplexe schriftlich auf und präsentiert sie mündlich (2) Herr/Frau […] hat Handlungsvollmacht.6 (3) Der Arbeitgeber stellt sicher, dass Herrn/Frau […] ein Arbeitszimmer und eine Arbeitsumgebung zur Verfügung gestellt wird, welche den Anforderungen an eine Kanzlei i.S.v. § 27 BRAO erfüllen.7 (4) Der Arbeitgeber behält sich vor, Herrn/Frau […] entsprechend seinen/ihren Kenntnissen und Fähigkeiten eine andere gleichwertige Tätigkeit zuzuweisen, gegebenenfalls auch an einem anderen Ort. In Betracht kommen aber nur solche Tätigkeiten, die die Voraussetzungen für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt iSv. § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO erfüllen.8, 9

§ 2 Arbeitszeit, Kurzarbeit (Vgl. M 3.1 § 2)

§ 3 Vergütung (1) Herr/Frau […] erhält eine am Monatsende zahlbare Bruttovergütung von Euro […] monatlich. (2) Herr/Frau […] erhält in Abhängigkeit von seinen Leistungen einen Bonus, dessen Höhe jeweils nach Abschluss des Geschäftsjahres vom Arbeitgeber gem. § 315 BGB festgesetzt wird.10 6 Die Vertretungsbefugnis nach außen ist gem. § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO zwingende Voraussetzung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Sie muss nicht zwingend bereits im Arbeitsvertrag erteilt werden, dies ist aber hilfreich. 7 Die Pflicht zur Unterhaltung einer räumlich/organisatorisch geschützten „Kanzlei“ ergibt sich für Syndikusrechtsanwälte aus § 46c Abs. 4 BRAO. 8 Mit dieser Einschränkung des Versetzungsrechts kann der Angestellte sicherstellen, dass er auch bei künftigen Änderungen seines Tätigkeitsbereichs die Möglichkeit behält, sich zugunsten des anwaltlichen Versorgungswerks von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass eine Einschränkung des arbeitgeberseitigen Versetzungsrechts zum Bumerang werden kann, wenn betriebsbedingte Kündigungen im Raum stehen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind nur solche Tätigkeiten „vergleichbar“ iSv. § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG, auf die der Arbeitgeber den Mitarbeiter ohne Änderungskündigung versetzen könnte (zB BAG v. 15.6.1989, NZA 1990, 226). Kommt es zu einem Arbeitsplatzabbau in der Rechtsabteilung und ist die hier beschriebene Einschränkung des Versetzungsrechts vereinbart, ist der vom Stellenabbau betroffene Syndikusrechtsanwalt also nicht vergleichbar mit anderen Mitarbeitern, die nicht in einer § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entsprechenden Position eingesetzt sind. 9 Kann der Syndikus in den Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitgeber eine solche Beschränkung des Versetzungsrechts nicht durchsetzen, ist er gleichwohl nicht schutzlos. Denn jede Versetzung unterliegt dem Billigkeitsgebot des § 315 BGB. Die Versetzung auf eine Position, in der die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO nicht mehr erfüllt sind und deshalb die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung entfällt, ist für den Syndikus so nachteilig, dass sie nur in Betracht kommt, wenn wichtige Gründe für die Versetzung bestehen. Das kommt zB in Betracht, wenn ohne Versetzung eine Kündigung nicht vermeidbar wäre, aber auch bei betrieblich aufgrund wichtiger Gründe gebotener Umstrukturierung. Demgegenüber werden bloße Hoffnungen, eine neue Struktur werde „schlagkräftiger“ oder „effektiver“ sein, eine solche Versetzung regelmäßig nicht rechtfertigen. 10 Zwar gilt für die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz RVG nicht (§ 1 Abs. 2 Satz 1 RVG). Für ihn gilt jedoch § 49b Abs. 1 BRAO, wonach eine erfolgsabhängige Vergütung nicht vereinbart werden darf. Welche Bedeutung diese für freiberuflich tätige Rechtsanwälte konzipierte Regelung für den angestellten Syndikusrechtsanwalt hat, ist noch ungeklärt. Bei wörtlicher Anwendung würde sie einer Bonusregelung entgegenstehen, die (zB über eine Zielvereinbarung) eine Zusatzvergütung an den erfolgreichen Abschluss einzelner Rechtsangelegenheiten des Unternehmens knüpft.

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Verträge mit Angestellten | M 3.4 Kap. 3

§ 4 Sonstige Leistungen § 5 Verschwiegenheitspflicht § 6 Nebentätigkeiten § 7 Urlaub § 8 Reisekosten § 9 Erfindungen, Urheberrechte § 10 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot § 11 Altersversorgung § 12 Dienstverhinderung (vgl. M 3.1 §§ 4–12)

§ 13 Haftung/Versicherung (1) Herr/Frau […] haftet gegenüber dem Arbeitgeber nur bei Vorsatz [und grober Fahrlässigkeit].11 oder: Die Haftung von Herrn/Frau […] für Fahrlässigkeit [beschränkt sich auf Ansprüche, die dem Grund und der Höhe nach versichert sind/ist beschränkt auf maximal Euro 5.000 pro Schadensfall]. Nach Sinn und Zweck erscheint eine Anwendung des § 49b Abs. 1 BRAO hier allerdings nicht erforderlich; der Arbeitgeber als Auftraggeber sollte aufgrund seines Verhandlungs- und Informationsgleichgewichts in der Lage sein, selbst für die Wahrung seiner Interessen zu sorgen. Eine Anwendung des § 49b Abs. 1 BRAO auf den Syndikusrechtsanwalt ist auch deshalb fraglich, weil kein Gemeinwohlinteresse (Art. 12 GG) erkennbar ist. 11 In welchem Umfang der Syndikusrechtsanwalt gegenüber dem Arbeitgeber für Berufsfehler haftet, ist umstritten. In einer älteren Entscheidung hatte der BGH eine solche Haftung bejaht (BGH v. 7.10.1969 – VI ZR 223/67, DB 1969, 2224). Dieses Urteil stammt jedoch aus einer Zeit, in der das BAG die allgemein anerkannte Haftungserleichterung im Arbeitsverhältnis noch auf sog. „gefahrgeneigte Tätigkeiten“ beschränkte; der BGH hielt die Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts für nicht „gefahrgeneigt“. Seit das BAG die Einschränkungen der Arbeitnehmerhaftung nicht mehr von einer Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit abhängig macht (s. im Einzelnen M 18.8), müsste an sich die Haftungserleichterung für einfache und mittlere Fahrlässigkeit auch dem Syndikusrechtsanwalt zukommen. Dies ist im Gesetzgebungsverfahren des Jahres 2015 allerdings mit dem Argument bestritten worden, die für den Syndikusrechtsanwalt ausdrücklich geforderte Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit müsse mit der Anwendung der allgemeinen vertraglichen Haftungsregelungen der §§ 276 ff. BGB korrelieren, für eine Haftungserleichterung anhand der vom BAG entwickelten Grundsätze sei kein Raum mehr. Es empfiehlt sich deshalb, die Frage des Haftungsumfangs vertraglich zu regeln. Unbedenklich wäre sogar ein vollständiger Ausschluss der Haftung für grobe Fahrlässigkeit, der Syndikusrechtsanwalt würde dann nur noch für Vorsatz haften (vgl. § 276 Abs. 3 BGB). AGB-rechtliche Bedenken bestehen nicht, da die §§ 305 ff. BGB nicht zugunsten des Arbeitgebers gelten, der typischerweise die Arbeitsvertragsbedingungen vorgibt. Die Einschränkung der Möglichkeiten zur Haftungsfreizeichnung des Rechtsanwalts nach § 52 BRAO gilt für den Syndikusrechtsanwalt nicht (§ 46c Abs. 3 BRAO).

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Kap. 3 M 3.4 | Verträge mit Angestellten (2) Herr/Frau […] ist über die D&O-Versicherung des Arbeitgebers abgesichert. Der Arbeitgeber verpflichtet sich zur Aufrechterhaltung dieses Versicherungsschutzes für die Dauer des Anstellungsverhältnisses.12

§ 14 Umzugskosten § 15 Vertragsstrafe § 16 Beendigung des Anstellungsverhältnisses § 17 Vorschüsse und Arbeitgeberdarlehen § 18 Zahlungsabwicklung, Zinsen § 19 Internetnutzung § 20 Ausschlussfristen § 21 Datenschutz § 22 Rückgabe von Unterlagen § 23 Ausschluss abweichender Absprachen und Nebenabreden § 24 Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung § 25 Salvatorische Klausel § 26 Gerichtsstand § 27 Vertragsaushändigung (vgl. M 3.1 §§ 13–29) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Unterschrift Arbeitgeber)

(Unterschrift Arbeitnehmer)

[…] 12 Der Syndikusrechtsanwalt unterliegt nicht der Versicherungspflicht des § 51 BRAO. Eine Einbeziehung in eine D&O-Versicherung kann aber sinnvoll sein.

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | Kap. 4

Kapitel 4 Dienstvertrag des Geschäftsführers I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Person des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . 2. Organstellung und Dienstvertrag . . a) Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuständigkeit für Abschluss und Änderung des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . . . bb) Form des Dienstvertrages . . . . 3. Pflichten und Verantwortlichkeiten des Geschäftsführers . . . . . . . . . .

_ __ __ __ _ 1 1 3 3 6

9 11 12

4. Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Stellung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Arbeitsrechtliche Stellung . . . . . . . b) Sozialversicherungsrechtliche Stellung 5. AGB-Kontrolle des Geschäftsführervertrages . . . . . . . . . . . . . . 6. Anwendung des VorstAG auf die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

__ _ _ _ 17 17 21 24

_ _

25

II. Muster Dienstvertrag des Geschäftsführers . . . . M 4.1a Service Agreement of the Managing Director . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 4.1b

Literatur: Beendigung: Bork, Die Abberufung des Fremdgeschäftsführers – böswilliges Unterlassen bei Ablehnung einer Alternativtätigkeit im Unternehmen?, NZA 2015, 199; Dicke, Der Generalbereinigungsvertrag zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer, GmbHR 2019, 572; Diller, Ordentliche Kündigung des Geschäftsführers sowie Verhältnis von Arbeitsverhältnis und Geschäftsführerdienstvertrag, NJW 2008, 1019; Dimsic/André, Bestandsschutzstreitigkeiten von GmbH-Geschäftsführern, BB 2015, 3063; Freund, Abberufung und außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers, GmbHR 2010, 117; Grobys/Glanz, Kopplungsklauseln in Geschäftsführerverträgen, NJW-Spezial 2007, 129; Lunk/Rodenbusch, Der Weiterbeschäftigungsanspruch des GmbH-Geschäftsführers, NZA 2011, 497; Picker, Die krankheitsbedingte Kündigung des Dienstvertrages eines GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 2011, 629; Reufels/ Volmari, Bestandsschutz im Geschäftsführer-Dienstvertrag? Neue Aspekte bei der Beendigung von Geschäftsführer-Anstellungsverhältnissen, GmbHR 2018, 937; Röder/Lingemann, Schicksal von Vorstand und Geschäftsführer bei Unternehmensumwandlungen und Unternehmensveräußerungen, DB 1993, 1341; Röhrborn, Die örtliche Versetzung des GmbH-Geschäftsführers und AG-Vorstands, BB 2013, 394; Stagat, Der Rechtsweg des GmbH-Geschäftsführers zum Arbeitsgericht – Änderung der Rechtsprechung und Folgen für die Praxis, NZA 2015, 193; Stagat, Und es geht doch: Kündigungsschutz für GmbH-Geschäftsführer, NZA 2010, 975; Werner, Koppelungsklauseln in Geschäftsführerdienstverträgen und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen, NZA 2015, 1234; von Westphalen, Koppelungsklauseln in Geschäftsführer- und Vorstandsverträgen – das scharfe Schwert von § 307 BGB, BB 2015, 834; Willemsen, Koppelungsklauseln in Anstellungsverträgen mit Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern, Festschrift für Herbert Buchner zum 70. Geburtstag, S. 971; Wilske/Arnold/Grillitsch, Streitbeilegungsklauseln in Vorstands- und Geschäftsführerverträgen – Vorzüge und Gestaltungsmöglichkeiten, ZIP 2009, 2425. Betriebliche Altersversorgung: Bruns, Lebenspartner und die betriebliche Altersversorgung, NZA 2009, 596; Diller, Nachträgliche Herabsetzung von Vorstandsvergütungen und -ruhegeldern nach dem VorstAG, NZG 2009, 1006; Cisch/Böhm, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und die betriebliche Altersversorgung in Deutschland, BB 2007, 602; Diller/Arnold/Kern, Abdingbarkeit des Betriebsrentengesetzes für Organmitglieder, GmbHR 2010, 281; Uckermann/Heilck, Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer Vermeidung einer vGA durch Fremdvergleich und klare Vereinbarung, NZA 2014, 1187. Haftung: Armbrüster, Interessenkonflikte in der D&O-Versicherung, NJW 2016, 897; Bayreuther, Haftung von Organen und Arbeitnehmern für Unternehmensgeldbußen, NZA 2015, 1239; Geißler, Der Geschäftsführer der vertraglich konzernierten GmbH im Spannungsfeld gefährdender Weisungen des herrschenden Unternehmens, GmbHR 2015, 734; Holthausen/Held, D&O ist Chefsache – Rechtliche Hintergründe und Handlungsempfehlungen, GmbHR 2020, 741; Hülsmann, Haftung des Geschäftsführers in Krise und Insolvenz der GmbH im Lichte aktueller höchstrichterlicher Judikatur, GmbHR 2019, 1168; Podewils, Haftungsbegrenzung nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen auch für Vorstände und Geschäftsführer? DB 2018, 2304. Ruhendes Arbeitsverhältnis: Baeck/Hopfner, Schlüssige Aufhebungsverträge mit Organmitgliedern auch nach Inkrafttreten des § 623 BGB, DB 2000, 1914; Bauer, Nun Schriftform bei Beförderung zum Geschäftsführer?, GmbHR 2000, 767; Gehlhaar, Die Rechtsprechung zu (ruhenden) Arbeitsverhältnissen von

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Kap. 4 | Dienstvertrag des Geschäftsführers Organen juristischer Personen, NZA-RR 2009, 569; Weingarth, Das ruhende Arbeitsverhältnis des „beförderten“ Geschäftsführers – unerkannte Verhandlungsmasse?, GmbHR 2016, 571. Status: Bauer/Arnold, Kein Kündigungsschutz für „Arbeitnehmer-Geschäftsführer“ – oder doch?, DB 2008, 350; Bernsdorff, Die Bedeutung des Gesellschaftsvertragsrechts für das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung, DB 2014, 1551; Blattner, Die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern, DB 2018, 1152; Bross, Sozialversicherungsfreiheit von Geschäftsführern in Familiengesellschaften, DB 2014, 2651; Dzida/Naber, Diskriminierungsschutz für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, ArbRB 2012, 373; Fischer, Die Fremdgeschäftsführerin und andere Organvertreter auf dem Weg zur Arbeitnehmereigenschaft, NJW 2011, 2329; Forst, Unterliegen Geschäftsführer dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)?, GmbHR 2012, 821; Geck/Fiedler, Alle Wege des Geschäftsführers führen zu den Arbeitsgerichten! Paradigmenwechsel bei der Bestimmung der Rechtswegzuständigkeit, BB 2015, 1077; Graef/Heilemann, Das Bundesarbeitsgericht und der GmbH-Geschäftsführer – eine Rechtsprechungsanalyse, GmbHR 2015, 225; Grimm, Sozialversicherungspflicht des GmbH-Geschäftsführers und AG-Vorstands?, DB 2012, 175; Haase, Der besondere Kündigungsschutz eines schwerbehinderten Geschäftsführers einer GmbH iSd. §§ 168, 174 Abs. 1 SGB IX, GmbHR 2019, 980; Hohenstatt/Naber, Sind Fremd-Geschäftsführer Arbeitnehmer im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie?, NZA 2014; 637; Horstmeier, Geschäftsführer und Vorstände als „Beschäftigte“ – Diskriminierungsschutz für Organe nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, GmbHR 2007, 125; Kruse/Stenslik, Mutterschutz für Organe von Gesellschaften?, NZA 2013, 596; Lingemann/Weingarth, Zur Anwendung des AGG auf Organmitglieder, DB 2012, 1499; Lingemann, in Prütting/Wegen/Weinreich (PWW), § 611–630 BGB, 15. Aufl. 2020; Lücke, Der Status des GmbH-Geschäftsführers: (K)ein Arbeitnehmer!?, NJW 2009, 3207; Lunk, der Fremdgeschäftsführer als „arbeitgeberähnliche Person“, NJW 2019, 1566; Lunk, Der EuGH und die deutschen Fremdgeschäftsführer – Auf dem Weg zum Arbeitnehmerstatus?, NZA 2015, 917; Lunk/Hildebrand, GmbH Geschäftsführer und Massenentlassungen – Konsequenzen der Balkaya-Entscheidung des EuGH für Geschäftsführer, Arbeitnehmer und Gesellschafter, NZA 2016, 129; Maiß, Das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV, ArbRAktuell 2011, 9; von Medem, Die Auswirkung einer Stimmbindungsvereinbarung auf die Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern, DStR 2014, 2027; Mohr/Burazeri, GmbH-Fremdgeschäftsführer als Arbeitnehmer im Sinne des AGG, NZA 2019, 870; Mohr/Burazeri, GmbH Geschäftsführer als arbeitgeberähnliche Personen, NZA 2019, 595; Reiserer/Skupin, Zur Sozialversicherungspflicht von (Gesellschafter-)Geschäftsführern einer GmbH, BB 2019, 505; Reiserer, GmbH-Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile in der Sozialversicherung: frei oder pflichtig?, BB 2009, 718; Schrader/Hilgenstock, Ist der Geschäftsführer Arbeitnehmer oder nicht?, ArbR 2011, 370; Schubert, Der Diskriminierungsschutz der Organvertreter und die Kapitalverkehrsfreiheit der Investoren im Konflikt, ZIP 2013, 289; Stöhr, Der GmbHGeschäftsführer als Arbeitnehmerähnlicher?, GmbHR 2020, 411; Vielmeyer, GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer im Rahmen der Massenentlassungsrichtlinie, NJW 2014, 2678. Vergütung: Baeck/Götze/Arnold, Festsetzung und Herabsetzung der Geschäftsführervergütung – Welche Änderungen bringt das VorstAG?, NZG 2009, 1121; Bauer/Arnold, Festsetzung und Herabsetzung der Vorstandsvergütungen nach dem VorstAG, AG 2009, 717; Bauer/Göpfert/Siegrist, Abberufung von Organmitgliedern: Wegfall der variablen Vergütung?, DB 2006, 1774; Bosse, Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) – Überblick und Handlungsbedarf, BB 2009, 1654; Döring/Grau, Anwendbarkeit der Änderungen durch das VorstAG auf die mitbestimmte GmbH, DB 2009, 2139; Dzida, Die Klage des GmbH-Geschäftsführers im Urkundenprozess; Fortzahlung des Gehalts trotz fristloser Kündigung? ArbRB 2018, 379; Gaul/Janz, Das neue VorstAG – Veränderte Vorgaben auch für die Geschäftsführer und den Aufsichtsrat der GmbH, GmbHR 2009, 959; Greven, Die Bedeutung des VorstAG für die GmbH, BB 2009, 2154; Hohenstatt, Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung, ZIP 2009, 1349; Hohenstatt/Kuhnke, Vergütungsstruktur und variable Vergütungsmodelle für Vorstandsmitglieder nach dem VorstAG, ZIP 2009, 1981; Lingemann/Pfister/Otte, Ermessen bei Gratifikation und Vergütung als Alternative zum Freiwilligkeitsvorbehalt, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, Bonuszahlungen und Freiwilligkeitsvorbehalt – Die Gewichte verschieben sich, NJW 2014, 2400; Werner, Der Vergütungsanspruch des abberufenen aber nicht gekündigten GmbH-Geschäftsführers, NZA-RR 2020, 235. Wettbewerbsverbot: Baisch/Cardinale-Koc, Zusammentreffen mehrerer nachvertraglicher Wettbewerbsverbote – Reichweite und doppelte Abgeltung für den Gesellschafter-Geschäftsführer?, NJW 2016, 1914; Bauer/von Medem, Wettbewerbsverbote mit vertretungsberechtigten Organmitgliedern, ArbRAktuell 2011, 473; Diller, Konkurrenztätigkeit des GmbH-Geschäftsführers während des Kündigungsschutzprozesses, ZIP 2007, 201; Lembke, Nachvertragliche Wettbewerbsverbote in der Praxis, BB 2020, 52; Müller, Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot von GmbH-Geschäftsführern, GmbHR 2014, 964.

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | Rz. 5 Kap. 4

I. Einführung 1. Anforderungen an die Person des Geschäftsführers Gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG kann Geschäftsführer nur eine natürliche und voll geschäftsfähige Person sein. Eine juristische Person als Geschäftsführer scheidet aus. Zu weiteren Ausschlüssen vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 GmbHG. Aufsichtsratsmitglieder in der mitbestimmten GmbH sind von der Geschäftsführerstellung ausgeschlossen, § 6 Abs. 2 MitbestG iVm. § 105 Abs. 1 AktG; § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG iVm. § 105 Abs. 1 AktG. Das gilt auch bei einem bloß fakultativen Aufsichtsrat.

1

Fehlt eine gesetzliche Eignungsvoraussetzung, so ist die Bestellung zum Organmitglied nichtig.

2

Die Satzung der Gesellschaft kann engere persönliche und sachliche Eignungsvoraussetzungen für die Organmitglieder aufstellen. Allerdings darf dadurch die Bestellungskompetenz des zuständigen Organs nicht unverhältnismäßig eingeengt werden. In der Regel handelt es sich um besondere Anforderungen an die Qualifikation und Erfahrung.

2. Organstellung und Dienstvertrag a) Organstellung Der Geschäftsführer ist Organ der GmbH. Die Organstellung beginnt mit der Annahme der Bestellung. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag, durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, § 46 Nr. 5 GmbHG, oder durch Entscheidung des von der Satzung dazu bestimmten Organs, zB eines Beirates. Unterliegt die GmbH dem Mitbestimmungsgesetz (bei idR mehr als 2000 Arbeitnehmern), ist gemäß § 31 Abs. 1 MitbestG der Aufsichtsrat zuständig. Unterliegt sie dem DrittelbG (idR mehr als 500 Arbeitnehmer), bleibt die Gesellschafterversammlung zuständig.

3

Als Organ obliegt dem Geschäftsführer die Vertretung der Gesellschaft nach außen, § 35 Abs. 1 GmbHG. Diese ist in der Sache nicht beschränkt. Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG vertreten mehrere Geschäftsführer die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich jedoch gemeinschaftlich. Die Satzung kann demgegenüber Einzelvertretungsbefugnis vorsehen oder auch die Befugnis zur Vertretung nur mit einem weiteren Geschäftsführer oder Prokuristen. Sie kann diese Bestimmung auch durch bloße Gesellschafterbeschlüsse zulassen. Willenserklärungen, die der Geschäftsführer unter Missachtung dieser Vorschriften abgibt, sind auch nach außen unwirksam. Zur Empfangnahme einer Willenserklärung ist indes jeder Geschäftsführer allein berechtigt, § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG.

4

Von der Vertretung nach außen zu unterscheiden ist die Geschäftsführungsbefugnis, § 37 GmbHG. Sie regelt das Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer. Sie verpflichtet und berechtigt den Geschäftsführer, im Rahmen des in der Satzung bestimmten Unternehmensgegenstandes sämtliche Maßnahmen zu beschließen und auszuführen, die erforderlich sind, um den Unternehmensgegenstand nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Geschäftsleitung (§ 43 Abs. 1 GmbHG) zu verwirklichen. Sie wird daher beschränkt – zB auf Geschäfte einer bestimmten Sparte oder Geschäfte bis zu einem bestimmten Volumen – durch die Satzung, die Geschäftsordnung, den Dienstvertrag und Beschlüsse, insbesondere Weisungen oder Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung. Typisches Regelungsinstrument ist der Zustimmungskatalog in der Satzung oder Geschäftsordnung, welcher oft auch im Dienstvertrag Niederschlag findet. Vorrang haben die Satzung bzw. Geschäftsordnung gegenüber dem Dienstvertrag, soweit sie engere Regelungen treffen, also zB das Zustimmungserfordernis schon bei niedrigeren Beträgen auslösen als der Dienstvertrag. Enthält umgekehrt der Dienstvertrag engere Regelungen, so sind diese für den Geschäftsführer bindend. Schließt der Geschäftsführer entgegen einer solchen Beschränkung einen Vertrag, so ist er gegenüber dem Vertragspartner gleichwohl wirksam, § 37 Abs. 2 GmbHG. Der Geschäftsführer verstößt dadurch jedoch im Innenverhältnis gegen seine Pflicht, die Beschränkungen einzuhalten, die die Gesellschafterversammlung festgesetzt hat, § 37 Abs. 1 GmbHG. Entstehen daraus Schäden, so ist er für diese haftbar, § 43 Abs. 2 GmbHG.

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Kap. 4 Rz. 6 | Dienstvertrag des Geschäftsführers b) Dienstvertrag

6

Neben der Organstellung besteht in der Regel ein Dienstvertrag (synonym auch als Anstellungsvertrag bezeichnet) gem. §§ 611, 612 ff. BGB zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer. Dieser bestimmt das schuldrechtliche Verhältnis. Er regelt insbesondere die Gegenleistung für die Tätigkeit, also Vergütung, Urlaubsansprüche, Ansprüche auf Betriebsrenten, Form und Frist von Vertragsänderung und Kündigung. Er bestimmt oft auch den Pflichtenkreis des Geschäftsführers (zB kaufmännische oder technische Leitung, Geschäftsführungsbefugnis) genauer (s. Rz. 5). Materiell-rechtlich handelt es sich regelmäßig um ein freies Dienstverhältnis, welches eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, §§ 611, 675 BGB.

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Ein in der Praxis entscheidender Unterschied zwischen Organstellung und Dienstvertrag zeigt sich bei deren Beendigung. Die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers kann die Gesellschafterversammlung – sofern im Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes vereinbart ist – jederzeit widerrufen, § 38 Abs. 1 GmbHG.1 Zur Beendigung des Dienstvertrages hingegen muss sie die Vertragslaufzeit einhalten oder, wenn der Vertrag keine feste Laufzeit vorsieht, die vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen. Auch wenn der Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung abberufen wird, dauert sein Dienstverhältnis daher bis zum Ablauf dieser Fristen an, sofern es nicht gleichzeitig wirksam fristlos gemäß § 626 BGB gekündigt wird. Er hat damit auch Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses.2 Ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einer Funktion unterhalb der Organebene besteht nicht,3 eine entsprechende Pflicht des Geschäftsführers wohl auch nicht.4 Folgerichtig kann sie dem abberufenen Geschäftsführer während der Freistellungsphase auch nicht § 615 Satz 2 BGB entgegengehalten werden, sofern dieser ein Angebot zur Übernahme einer Tätigkeit unterhalb der Organebene ablehnt und der Vertrag dies nicht vorsieht.5 Die Abberufung oder die Unterlassung einer vereinbarten Bestellung zum Geschäftsführer kann je nach den Umständen des Einzelfalles eine fristlose Kündigung durch den Dienstnehmer rechtfertigen sowie Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft gemäß § 628 Abs. 2 BGB begründen.6

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Nach nationalem Arbeitnehmerbegriff hält das BAG es nur in „extremen Ausnahmefällen“ für möglich, dass ein GmbH-Geschäftsführer auf der Basis eines Arbeits-und keines Dienstvertrags tätig wird.7 Er ist auch keine arbeitnehmerähnliche Person, sondern nimmt Arbeitgeberfunktionen wahr.8 Daher gelten die arbeitnehmerschützenden Normen für ihn regelmäßig nicht. Der weite Arbeitnehmerbegriff des Unionsrechtes führt jedoch dazu, dass gleichwohl einzelne Arbeitnehmerschutzregelungen für Geschäftsführer gelten, so nach der Rechtsprechung des EuGH das MuSchG9 und § 17 KSchG (näher Rz. 17).10 Auch nach der Entscheidung des BGH vom 26.3.201911 ist der Fremdgeschäftsführer einer GmbH in europarechtskonformer Auslegung jedenfalls insoweit 1 Eine Ausnahme vom Grundsatz der freien Abberufung gilt aufgrund der Danosa-Entscheidung des EuGH v. 11.11.2010 – C-232/09, NZA 2011, 143 wahrscheinlich auch bei Schwangerschaft der Geschäftsführerin (dazu Rz. 17; Kruse/Stenslik, NZA 2013, 596; Dzida/Naber, ArbRB 2012, 373). 2 Zu Einzelheiten Werner, NZA-RR 2020, 235. 3 BGH v. 11.10.2010 – II ZR 266/08, GmbHR 2011, 82. 4 Kothe-Heggemann/Schelp, GmbHR 2011, 75; Lunk/Rodenbusch, NZA 2011, 497; Werner, NZA-RR 2020, 235. 5 Kothe-Heggemann/Schelp, GmbHR 2011, 75; Röder/Lingemann, DB 1993, 1341; Werner, NZA-RR 2020, 235; aA Bork, NZA 2015, 199. 6 BAG v. 8.8.2002, DB 2002, 2273; möglicherweise aA. BGH v. 28.10.2002 – II ZR 146/02, NJW 2003, 351. 7 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627; Anm. Lunk, NJW 2019, 1565. 8 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627; krit. Stöhr, GmbHR 2020, 411. 9 EuGH v. 11.11.2010 – C-232/09 – Danosa, NZA 2011, 143. 10 EuGH v. 9.7.2015 – Balkaya, NJW 2015, 2841. 11 BGH v. 26.3.2019 – II ZR 244/17, NJW 2019, 2086; dazu Mohr/Bourazeri, NZA 2019, 870; Arnold, ArbRAktuell 2019, 281.

192 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | Rz. 11 Kap. 4

Arbeitnehmer iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, als bei einer Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags der sachliche Anwendungsbereich des AGG nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG eröffnet ist. Daher verstieß im konkreten Fall das vereinbarte beiderseitige Kündigungsrecht ab Vollendung des 61. Lebensjahres des Fremdgeschäftsführers gegen § 7 AGG.12 Daraus wird überwiegend geschlossen, dass alle Regelungen, denen der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde liegt13, auch für den Fremdgeschäftsführer gelten.14 Bisher gelten jedoch nicht: ArbGG,15 ArbNErfG,16 ArbZG, BEEG, BetrVG (§ 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG), EFZG,17 KSchG (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG), TzBfG, §§ 168 ff. SGB IX (Schutz bei Schwerbehinderung)18 und § 613a BGB. Soweit entsprechende Regelungen für den Geschäftsführerdienstvertrag gewollt sind, müssen sie also – ggf. durch Bezugnahme auf die jeweiligen Normen – ausdrücklich aufgenommen werden. aa) Zuständigkeit für Abschluss und Änderung des Dienstvertrages Der Abschluss des Dienstvertrages sowie seine Änderung und Kündigung obliegen dem für Bestellung und Abberufung zuständigen Organ, in der GmbH also der Gesellschafterversammlung, es sei denn, die Satzung trifft eine abweichende Regelung. In mitbestimmten Gesellschaften nach MitbestG ist der Aufsichtsrat zuständig, in Gesellschaften nach dem Drittelbeteiligungsgesetz für die Bestellung und den Dienstvertrag die Gesellschafterversammlung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG). Fehlt es an einem wirksamen Beschluss für den Abschluss des Dienstvertrages, so liegt nur ein faktisches Dienstverhältnis vor, welches beide Seiten jederzeit auflösen können. Haben die Parteien den Vertrag jedoch jahrelang als wirksam behandelt und hat die Gesellschaft den Geschäftsführer im Vertrauen auf den Vertrag bestärkt, so bedarf es für die vorzeitige Auflösung eines wichtigen Grundes.19

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In der GmbH & Co. KG wird der Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH bestellt. Der Dienstvertrag kann gleichzeitig mit der Komplementär-GmbH, auch insoweit vertreten durch ihre Gesellschafterversammlung, geschlossen werden. Zulässig, wenn auch in der Praxis seltener, ist auch der Dienstvertrag mit der GmbH & Co. KG. Obwohl der Geschäftsführer dann nicht Organ der KG ist, gilt für ihn das Kündigungsschutzgesetz nicht ohne Weiteres.20

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bb) Form des Dienstvertrages Der Dienstvertrag des Geschäftsführers ist formfrei. Die Schriftform ist jedoch ratsam und üblich. Dies gilt in besonderem Maße für den Gesellschafter-Geschäftsführer, um die steuerliche Berücksichtigung seiner Bezüge als Betriebsausgaben zu sichern und die Behandlung als verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden.21 Auch wenn beim Wechsel eines (ggf. leitenden) Angestellten in die 12 BGH v. 26.3.2019 – II ZR 244/17, NJW 2019, 2086; aA. noch Jacobs, NZA Editorial 13/2012; Lingemann/Weingarth, DB 2012, 2325; Lutter, BB 2007, 725; PWW/Lingemann, § 6 AGG Rz. 6. 13 Insb. § 2 II BUrlG (Forst, GmbHR 2012, 821; ErfK/Gallner, § 1 BUrlG Rz. 15), § 2 II ArbSchG, § 1 II Nr. 7 MuSchG. 14 Vgl. Mohr/Bourazeri, NZA 2019, 870; Arnold, ArbRAktuell 2019, 281. 15 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627. 16 Vergütungsansprüche können hier aber aus § 612 Abs. 2 BGB bestehen. 17 Jedenfalls für den Fremdgeschäftsführer und den Minderheitengesellschafter-Geschäftsführer der nicht paritätisch mitbestimmten GmbH wird vertreten, dass diese als Arbeitnehmer iSd. BUrlG anzusehen sind und daher dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen (ErfK/Gallner, § 1 BUrlG, Rz. 15 mwN.). 18 Vgl. BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 720/14, NZA 2016, 473 Rz. 67; aA. Haase, GmbHR 2019, 980. 19 BGH v. 20.8.2019 – II ZR 121/16, NJW 2019, 3718. 20 BAG v. 13.7.1995 – 5 AZB 37/94, WiB 1996, 26; gem. BAG v. 20.8.2003 – 5 AZB 79/02, NZA 2003, 1108 ist er nicht Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, so dass auch der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet ist. 21 Vgl. Ueckermann/Heilck, NZA 2014, 1187.

Lingemann | 193

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Kap. 4 Rz. 11 | Dienstvertrag des Geschäftsführers Geschäftsführerposition das frühere Arbeitsverhältnis wirksam beendet werden soll, ist wegen § 623 BGB Schriftform dringend anzuraten (Rz. 18).22

3. Pflichten und Verantwortlichkeiten des Geschäftsführers 12 Der Geschäftsführer hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Ge-

schäftsmannes anzuwenden, § 43 Abs. 1 GmbHG, dh. er hat die Gesellschaft zu führen mit der Sorgfalt eines selbständigen, treuhänderischen Verwalters fremder Vermögensinteressen.23

13 Eine gesonderte Regelung zu diesem Punkt ist im Dienstvertrag des Geschäftsführers zwar verbrei-

tet aber überflüssig, da die strengen Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers sich schon aus dem Gesetz ergeben. Die Gesellschaft muss im Haftungsfall – ggf. mit Hilfe von § 287 ZPO – nur darlegen und beweisen, dass ihr durch ein Verhalten des Geschäftsführers in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist. Es ist dann Sache des Geschäftsführers darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gem. § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.24

14 Allerdings kommen Haftungsbeschränkungen in Betracht. Bei Vorsatz scheiden sie zwar aus, § 276

Abs. 3 BGB; im Übrigen dürfte sowohl für die Teilnahme des Geschäftsführers am allgemeinen Rechtsverkehr (zB Führen eines Kfz)25 als auch für die spezifischen Pflichten des Geschäftsführers eine Haftungsbeschränkung nach allgemeinen Grundsätzen zulässig sein26, solange kein Verstoß gegen die Kapitalerhaltung nach § 43 Abs. 3 GmbHG vorliegt. Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs sind auf Organmitglieder ohne gesonderte Vereinbarung allerdings nicht anwendbar.27

15 Auch Weisungen der Gesellschafterversammlung und Geschäftsverteilung können haftungsbeschränkende Wirkung haben.28

16 Daneben führt die Entlastung (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG) durch die Gesellschafterversammlung zu ei-

nem Verzicht der Gesellschafterversammlung auf alle Ansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer, deren Haftungsvoraussetzungen aufgrund eines Rechenschaftsberichtes sowie der vorgelegten Unterlagen für alle Gesellschafter „erkennbar“ waren.29 Dies ist eine durchaus beachtliche Einschränkung der Wirkung der Entlastung. Daneben gibt es die „Generalbereinigung“.30 Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft, nach der keinerlei gegenseitige Ansprüche aus der Geschäftsführertätigkeit mehr bestehen. Ein solcher Ver22 BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1078/12, NZA 2014, 540 Rz. 23 ff. m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 255; v. 3.2.2009 – 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669; v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06, NZA 2008, 1002; v. 19.7.2007 – 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095; vgl. bei M 4.1a § 3. 23 OLG Koblenz v. 23.12.2014 – 3 U 1544/13, GmbHR 2015, 357 Rz. 75; OLG Oldenburg v. 22.6.2006 – 1 U 34/03, NZG 2007, 434, 435; OLG Celle v. 21.12.2005 – 9 U 100/05, GmbHR 2006, 377; Brandenburgisches OLG v. 21.2.2001, NZG 2001, 756; OLG Zweibrücken v. 22.12.1998 – 8 U 98/98, GmbHR 1999, 715. 24 BGH v. 18.6.2013 – II ZR 86/11, GmbHR 2013, 1044 Rz. 22; v. 4.11.2002, DB 2002, 2706. 25 Vgl. OLG Koblenz v. 14.5.1998 – 5 U 1639/97, GmbHR 1999, 344. 26 BGH v. 16.9.2002, DB 2002, 2480 in ausdrücklicher Abweichung von der Entscheidung BGH v. 29.11. 1999 – II ZR 273/98, DB 2000, 269. Vgl. zur Haftungsbeschränkung auch OLG Stuttgart v. 26.5.2003 – 5 U 160/02, GmbHR 2003, 835. 27 Podewils, DB 2018, 2304. 28 BGH v. 6.11.2018 – II ZR 11/17, NZG 2019, 225; Hülsmann, GmbHR 2019, 209; Anm. Schockenhoff, GmbHR 2019, 514. 29 BGH v. 12.6.1989 – II ZR 246/88, NJW 1989, 2694; v. 19.1.1976, WM 1976, 736; Roth/Altmeppen, § 46 GmbHG Rz. 30. 30 Einzelheiten bei Dicke, GmbHR 2019, 572.

194 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | Rz. 18 Kap. 4

trag erledigt etwaige Haftungsansprüche umfassend – allerdings nur, soweit sie aus dem Geschäftsführerverhältnis resultieren.31 Das gilt naturgemäß auch nur mit Ausnahme der nicht abdingbaren Haftung zB nach § 43 Abs. 3 iVm. § 9b GmbHG. Für den Abschluss einer Generalbereinigung mit dem ausscheidenden Geschäftsführer bedarf es eines Gesellschafterbeschlusses.32

4. Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Stellung des Geschäftsführers a) Arbeitsrechtliche Stellung Wie dargelegt (Rz. 8), erfasst der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff auch den Fremdgeschäftsführer. Im Übrigen hält das BAG es jedoch nur in „extremen Ausnahmefällen“ für möglich, dass ein GmbH-Geschäftsführer auf der Basis eines Arbeits-und keines Dienstvertrags tätig wird,33 er ist also in aller Regel nicht Arbeitnehmer. Eine Arbeitnehmerstellung ist nur denkbar, wenn die Gesellschafter dem Geschäftsführer auch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen erteilen und auf diese Weise die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung bestimmen können.34 Maßgeblich sind letztlich die Kriterien für die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und freiem Mitarbeiter/Dienstnehmer (dazu Kap. 9 Rz. 3 ff.).

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Ist der Geschäftsführer allerdings zugleich Gesellschafter dergestalt, dass er jede ihm unangenehme Entscheidung verhindern kann, so scheidet eine Arbeitnehmerstellung per se aus.35 War der Geschäftsführer vor Übernahme des Amtes Arbeitnehmer, so lebt in der Regel nach der Bestellung und späteren Abberufung als Geschäftsführer das alte Arbeitsverhältnis nicht wieder auf.36 Das BAG bejaht jedoch ein „ruhendes“ Arbeitsverhältnis37, wenn ein (ggf. leitender) Angestellter zum Geschäftsführer bestellt wird, ohne dass ein neuer schriftlicher Vertrag mit ihm geschlossen wird. Der Geschäftsführer wird natürlich auch dann wieder Arbeitnehmer, wenn nach Kündigung des Geschäftsführervertrages seine Weiterbeschäftigung ohne wesentliche Änderung seiner Arbeitsaufgaben im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses vereinbart wird.38 Auch kann ein ruhendes Arbeitsverhältnis ausdrücklich von vorneherein vereinbart werden.39 In dem Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrages liegt indes im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses40 mit derselben Gesellschaft.41 Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB steht dieser Vermutung auch bei vorformulierten Vertragsbedin31 Insgesamt zur Generalbereinigung vgl. BGH v. 7.4.2003 – II ZR 193/02, NZG 2003, 528; Ansprüche aus anderen Vertragsverhältnissen, insbesondere dem Gesellschafterverhältnis, bleiben unberührt (vgl. BGH v. 18.9.2000 – II ZR 15/99, DB 2000, 2422). 32 BGH v. 18.9.2000 – II ZR 15/99, DB 2000, 2422; v. 8.12.1997 – II ZR 236/96, NJW 1998, 1315. 33 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627. 34 BAG v. 24.11.2005 – 2 AZR 614/04, GmbHR 2006, 592 m. Anm. Haase; v. 26.5.1999 – 5 AZR 664/98, GmbHR 1999, 925; Stück, GmbHR 2006, 1009, 1012. 35 BAG v. 6.5.1998 – 5 AZR 612/97, GmbHR 1998, 928; v. 13.5.1992 – 5 AZR 344/91, GmbHR 1993, 35; Stück, GmbHR 2006, 1009, 1012. 36 Einzelheiten zum ruhenden Arbeitsverhältnis Gehlhaar, NZA-RR 2009, 569; Reufels/Volmari, GmbHR 2018, 937, 940; Weingarth, GmbHR 2016, 571. 37 Vgl. dazu eingehend Schreiber, GmbHR 2012, 929; dagegen und für eine Umwandlung des Arbeitsvertrages in einen Dienstvertrag Stagat, DB 2010, 2801. 38 BAG v. 24.11.2005 – 2 AZR 614/04, GmbHR 2006, 592 m. Anm. Haase; zur Wirksamkeit der Befristung des ruhenden Arbeitsvertrages BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 428/17, NZA 2019, 1423. 39 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 428/17, NZA 2019, 1423. 40 BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1078/12, NZA 2014, 540; v. 3.2.2009 – 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669; v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06, NZA 2008, 1002; v. 19.7.2007 – 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095; v. 14.6.2006 – 5 AZR 592/05, DB 2006, 2239. 41 BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1078/12, NZA 2014, 540 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 255; Weingarth, GmbHR 2016, 571.

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Kap. 4 Rz. 18 | Dienstvertrag des Geschäftsführers gungen nicht entgegen.42 Ein schriftlicher Geschäftsführerdienstvertrag wahrt auch das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses.43 Bei einem bloß mündlichen Geschäftsführervertrag wäre das vorherige Arbeitsverhältnis hingegen wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. § 623 BGB wohl nicht aufgehoben.44

19 Da der Geschäftsführer nicht Arbeitnehmer ist, genießt er auch keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG, § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG. Das gilt nicht nur, wenn die Organstellung erst nach Ausspruch der Kündigung beendet wird, sondern wohl auch bei einer Beendigung der Organstellung vor, aber in zeitlichem Zusammenhang mit der Kündigung.45

Im Geschäftsführervertrag kann jedoch vereinbart werden, dass die materiellen Regeln des KSchG zugunsten des Geschäftsführers gelten sollen. In einem solchen Fall ist durch Auslegung des Vertrages festzustellen, ob sich die Gesellschaft in Anlehnung an §§ 9 f. KSchG gegen Abfindung aus dem Vertrag lösen kann.46

20 Wendet sich der Geschäftsführer gegen die Wirksamkeit der Kündigung seines Dienstvertrages, so ist, solange die Organstellung noch nicht beendet ist, nur der Rechtsweg zu den Landgerichten gegeben. Das gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG auch dann, wenn das Dienstverhältnis aufgrund einer starken internen Weisungsabhängigkeit ausnahmsweise als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre47 oder der Geschäftsführerdienstvertrag mit der Muttergesellschaft geschlossen wurde.48 Ein Verweisungsbeschluss an das Arbeitsgericht für den Rechtsstreit eines Geschäftsführers gegen die GmbH wäre nicht bindend.49

Auch durch die Abberufung wird ein Geschäftsführerdienstverhältnis nicht zum Arbeitsverhältnis.50 Allerdings entfällt die Fiktionswirkung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG mit der Beendigung der Organstellung des Geschäftsführers, namentlich durch Abberufung oder Amtsniederlegung. Erfolgt diese vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit,51 so sind ausnahmsweise die Arbeitsgerichte zuständig, wenn das Rechtsverhältnis des (ehemaligen) Geschäftsführers materiell – etwa wegen starker Weisungsunterworfenheit oder kraft Vereinbarung – ein Arbeitsverhältnis ist.52 Wenn Gegenstand des Verfahrens ausschließlich Klaganträge sind, die nur dann begründet sein können, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist („sic-non-Fälle“, zB. im Falle einer ordentlichen Kündigung), reicht die entsprechende Behauptung des Klägers zur Eröffnung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten aus.53 Hängt der Erfolg der Klage hingegen nicht vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, ab – insb. in aut-aut Fällen (zB Klage gegen eine außer42 BAG v. 3.2.2009 – 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669; v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06, NZA 2008, 1002; v. 19.7. 2007 – 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095. 43 BAG v. 3.2.2009 – 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669; v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06, NZA 2008, 1002; v. 19.7. 2007 – 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095. 44 BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1078/12, NZA 2014, 540; v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12, DB 2012, 2699; v. 15.3.2011 – 10 AZB 32/10 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2011, 333; LAG Bremen v. 2.3.2006 – 3 Ta 9/ 06, NZA 2006, 623; Reufels/Volmari, GmbHR 2018, 937, 940; Weingarth, GmbHR 2016, 571. 45 BAG v. 21.9.2017 – 2 AZR 865/16, GmbHR 2018, 419; Reufels/Volmari, GmbHR 2018, 937, 939. 46 BGH v. 10.5.2010 – II ZR 70/09, DStR 2010, 1390; Formulierungsvorschlag in M 4.1a, Alternative in § 3 Abs. 1. 47 LAG Köln v. 21.3.2006 – 7 Ca 14/06, EzA-SD 13/2006, S. 15. 48 LAG Hamm v. 18.8.2004 – 2 Ta 172/04, GmbHR 2004, 1588. 49 BAG v. 12.7.2006, NZA 2006, 1004. 50 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627. 51 BAG v. 8.9.2015 – 9 AZB 21/15, GmbHR 2015, 1211; v. 3.12.2014 – 10 AZB 98/14, NJW 2015, 718 Rz. 21 ff.; v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14, NZA 2015, 60 Rz. 26 ff. m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 60; vgl dazu Graef/Heilemann, GmbHR 2015, 225; Dimsic/André, BB 2015, 3063; Geck/Fiedler, BB 2015, 1077; Stagat, NZA 2015, 193. 52 BAG v. 8.9.2015 – 9 AZB 21/15, NZA 2015, 1342. 53 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627; v. 3.12.2014 – 10 AZB 98/14, NZA 2015, 180.

196 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | Rz. 24 Kap. 4

ordentliche Kündigung) – muss der Kläger die Arbeitnehmerstellung substantiiert darlegen und ggf. beweisen.54 Die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten kann jedoch im Dienstvertrag, im Gesellschaftsvertrag oder auch für den Einzelfall vereinbart werden. Auch kann die Gesellschaft sich gem. § 39 ZPO rügelos einlassen.55 b) Sozialversicherungsrechtliche Stellung Die sozialversicherungsrechtliche Einordung56 folgt anderen Regeln.57 Ob der GmbH-Geschäftsführer sozialversicherungsrechtlich abhängig Beschäftigter ist, richtet sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH sowie mitarbeitende Ehegatten bzw. Lebenspartner müssen gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren durchführen, nach dessen Ergebnis sich auch die Bundesagentur für Arbeit richtet.58 Der Geschäftsführer einer GmbH, der nicht am Stammkapital beteiligt ist (Fremdgeschäftsführer), ist stets abhängig Beschäftigter der GmbH und versicherungs- und beitragspflichtig.59

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Selbständig tätig sind Geschäftsführer, die keinen Weisungen unterliegen. Das ist nur der Fall wenn sie entweder eine Kapitalbeteiligung von mindestens 50 % halten oder, bei geringerer Kapitalbeteiligung, wenn ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag eine „echte“/„qualifizierte“ Sperrminorität eingeräumt ist. Eine solche Sperrminorität setzt voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags zustande gekommene das Stimmverhalten regelnde Vereinbarungen spielen keine Rolle.60 Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und § 2 Satz 2 Nr. 3 SGB VI ist61 der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig, wenn die GmbH mindestens einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt oder auf Dauer und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig ist.62

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Für den abhängig beschäftigten Geschäftsführer hat die Gesellschaft auch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung und ggf. Kranken- und Pflegeversicherung abzuführen.

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5. AGB-Kontrolle des Geschäftsführervertrages Die AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB gilt grundsätzlich auch für formularmäßige Geschäftsführerverträge.63 Sie gilt jedoch nicht für individuell ausgehandelte Verträge, bei denen der Verwender – idR also die Gesellschaft – den gesamten gesetzesfremden Kerngehalt der jeweiligen Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung 54 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627; Reufels/Volmari, GmbHR 2018, 937, 940. 55 Reufels/Volmari, GmbHR 2018, 937, 940; ErfK/Koch, § 2 ArbGG Rz. 32. 56 Vgl. dazu Rundschreiben der Sozialversicherungsträger v. 13.4.2010; Ebert, ArbRB 2012, 24 und Grimm, DB 2012, 175, jeweils mit Checklisten zur Statusfeststellung; Klose, GmbHR 2012, 1097. 57 BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627. 58 Dazu Grimm, DB 2012, 175, 177; Maiß, ArbRAktuell 2011, 9. 59 BSG v. 14.3.2018 – B 12 KR 13/17 R; v. 14.3.2018 – B 12 R 5/16 R, BeckRS 2018, 5025; Reiserer/Skupin, BB 2019, 505; Blattner, DB 2018, 1152. 60 BSG v. 14.3.2018 – B 12 KR 13/17 R; v. 14.3.2018 – B 12 R 5/16 R, BeckRS 2018, 5025; Reiserer/Skupin, BB 2019, 505; Blattner, DB 2018, 1152. 61 Entgegen BSG v. 24.11.2005 – B 12 RA 1/04 R, GmbHR 2006, 367. 62 Einzelheiten bei Freckmann, BB 2006, 2077, 2082. 63 BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939, 940; zur AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen s. eingehend Einf. Kap. 2 Rz. 2 ff., 82 ff.

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Kap. 4 Rz. 24 | Dienstvertrag des Geschäftsführers eigener Interessen eingeräumt hat.64 Wir gehen auf die Fragen der AGB-Kontrolle für ein Organmitglied bei den einzelnen Regelungen sowie im Rahmen des Vorstandsvertrages, M 5.1, näher ein (s. Einf. Kap. 5 Rz. 27). Hier wie dort stellen sich die Probleme insbesondere bei Regelungen über den Wegfall der variablen Vergütung bei Ende der Organstellung,65 Freistellungsklauseln,66 Kopplungsklauseln,67 Vertragsstrafen und ggf. Change-in-Control-Klauseln.68

6. Anwendung des VorstAG auf die GmbH 25 Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) v. 18.6.200969 konkretisiert § 87

Abs. 1 AktG zur Vorstandsvergütung und verlangt insbesondere eine Orientierung der Gesamtvergütung an der nachhaltigen Unternehmensentwicklung sowie einen erheblichen Selbstbehalt des Vorstandsmitglieds bei der D&O-Versicherung (Einzelheiten bei Kap. 5 Rz. 13 ff.). Dieser Nachhaltigkeitsgedanke ist nur für börsennotierte AGs gesetzlich geregelt. Auch wenn dies – zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten bei der GmbH – nicht im Gesetz steht, „sollte“ er, so die Begründung des Rechtsausschusses, grundsätzlich auch von nicht börsennotierten Gesellschaften berücksichtigt werden.70 Eine Ausdehnung dieser Grundsätze auf die GmbH ist uE jedenfalls nicht angebracht, wenn die Gesellschafter selbst über die Vergütung von Fremdgeschäftsführern entscheiden.71 Da die Gesellschafter selbst das Risiko der GmbH tragen, sind sie auch frei darin, wie sie die Geschäftsführer vergüten. Eine externe Angemessenheitskontrolle kommt daher nur in den Fällen in Betracht, in denen nicht die Gesellschafter selbst, sondern andere Organe der Gesellschaft über die Vergütung entscheiden, wie dies bei der AG oder der nach dem MitbestG mitbestimmten GmbH der Fall ist. Der Geschäftsführervertrag einer solchen GmbH orientiert sich ohnehin stark am Vorstandsvertrag einer AG. Insoweit wird auf M 5.1 und die Anmerkungen dazu verwiesen. 64 BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939, 940; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543, 2544. 65 Vgl. M 5.1 Anm. zu § 3 Abs. 3 d) und 4. 66 Vgl. M 5.1 Anm. zu § 2 Abs. 2 m. Anm. 67 Vgl. M 5.1 Anm. zu § 2 Abs. 2 m. Anm. 68 Vgl. dazu in Vorstandsverträgen auch Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337 sowie Bauer/Arnold, DB 2006, 260. 69 BT-Drucks. 16/12278 v. 17.3.2009 iVm. BT-Drucks. 16/13433 v. 17.6.2009; BGBl. I, 2509 ff.; dazu Arnold/Schansker, KSzW 2012, 39; Baeck/Götze/Arnold, NZG 2009, 1121; Bauer/Arnold, AG 2009, 717; Bosse, BB 2009, 1650; Diller, NZG 2009, 1006; Fleischer, NZG 2009, 801 ff.; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349 ff.; Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40; Lingemann, BB 2009, 1918; Mertens, AG 2011, 57. 70 BT-Drucks. 16/13433, S. 10. 71 Dafür bei der GmbH Wübbelsmann, GmbHR 2009, 988; für eine vorsichtige Ausdehnung nur auf die mitbestimmte GmbH Baeck/Götze/Arnold, NZG 2009, 1121; Gaul/Janz, GmbHR 2009, 959 ff.; vgl. auch Döring/Grau, DB 2009, 2139; Greven, BB 2009, 2154; Wachter, GmbHR 2009, 953, 957. Gegen eine Ausdehnung auch auf die mitbestimmten GmbH Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, 1, 5 f.; MüKoGmbHG/Jaeger, § 35 Rz. 305; Knapp, DStR 2010, 56, 57; Mohr, GmbHR 2011, 402, 402.

II. Muster M 4.1a Dienstvertrag des Geschäftsführers Dienstvertrag zwischen der Firma […] (im Folgenden: Gesellschaft) und

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4 Herrn/Frau1 […] (im Folgenden: Der Geschäftsführer)2 (Die Verwendung des Begriffes „Der Geschäftsführer“ dient der besseren Lesbarkeit und umfasst alle Geschlechter.)

Vorbemerkung3 Herr/Frau […] wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom […] mit Wirkung zum […] zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Dazu wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Vertretung (1) Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft allein.4 oder (1) Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft zusammen mit einem anderen Geschäftsführer oder Prokuristen. (2) Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.5 (3) Die Gesellschaft kann die Vertretungsbefugnis jederzeit ändern.

§ 2 Geschäftsführung6 (1) Der Geschäftsführer führt die Gesellschaft oder den […] Geschäftsbereich der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, dieses Vertrages, des Gesellschaftsvertrages, einer etwaigen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung in ihrer jeweils gültigen Fassung sowie den Bestimmungen der Gesellschafter. (2) Der Geschäftsführer bedarf für die in der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung/der Satzung der Gesellschaft jeweils aufgeführten Geschäfte der ausdrücklichen vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. 1 Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“ auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Organmitgliedes aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Einf. Kap. 1 Rz. 14a. 2 Zu Fragen der AGB-Kontrolle vgl. insb. Einf. Rz. 24. Das Muster betrifft den Dienstvertrag des Geschäftsführers in einer nicht nach MitbestG oder DrittelbG mitbestimmten GmbH. Der Dienstvertrag des Fremdgeschäftsführers in einer nach DrittelbG mitbestimmten GmbH wäre gleichfalls an Muster M 4.1a zu orientieren, der Dienstvertrag eines Fremdgeschäftsführers in einer nach MitbestG mitbestimmten GmbH an Muster M 5.1. 3 Die Wiedergabe der Bestellung in der Vorbemerkung hat nur nachrichtliche Bedeutung. Die Bestellung wird dadurch insbesondere nicht zur Geschäftsgrundlage des Dienstvertrages dergestalt, dass mit Widerruf der Bestellung auch der Dienstvertrag gekündigt ist; anders wäre dies nur bei ausdrücklicher Regelung im Dienstvertrag (vgl. § 3 Abs. 4 des Musters). 4 Die Regelung der Alleinvertretung im Dienstvertrag hindert die Gesellschaft nicht, jederzeit wirksam die Gesamtvertretung zu beschließen. Da dies jedoch – sofern nicht, wie in Abs. 3, eine Öffnungsklausel geregelt ist – gegen den Dienstvertrag verstößt, könnte der Geschäftsführer dies zum Anlass für eine Amtsniederlegung und/oder fristlose Kündigung mit den Folgen des § 628 Abs. 2 BGB nehmen. Abs. 3 enthält die Öffnungsklausel für die Gesellschaft; ohne eine solche Öffnungsklausel im Interesse der Gesellschaft sollte die Vertretung nicht im Dienstvertrag geregelt werden. Es ist unproblematisch, dazu keinerlei vertragliche Regelungen zu treffen, sondern sich auf entsprechende Beschlüsse des Bestellungsorgans zu beschränken. 5 Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB ist beim Fremdgeschäftsführer eher selten, soweit er nicht bei mehreren Konzerngesellschaften Geschäftsführer ist und daher Verträge zwischen diesen zeichnen muss oder besonderes Vertrauen der Gesellschafterversammlung genießt. 6 Zur Abgrenzung von Geschäftsführung und Vertretung vgl. Einf. Rz. 4 f.

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Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers oder (2) Der Geschäftsführer bedarf für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, der ausdrücklichen vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.7 Hierzu zählen insbesondere: – Veräußerung und Stilllegung eines Betriebs der Gesellschaft oder wesentlicher Teile hiervon; – Errichtung von Zweigniederlassungen; – Erwerb oder Veräußerung anderer Unternehmen oder Beteiligungen der Gesellschaft; – Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie die Verpflichtung zur Vornahme derartiger Rechtsgeschäfte; – Übernahme von Bürgschaften oder Garantien jeder Art; – Inanspruchnahme oder Gewährung von Krediten oder Sicherheitsleistungen jeglicher Art, die Euro […] übersteigen und nicht geschäftsüblich sind; – Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Verträgen, die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als Euro […] belasten; – Einstellung, Beförderung oder Entlassung leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG; – Erteilung oder Widerruf von Prokuren und Handlungsvollmachten; – Erteilung von Versorgungszusagen jeder Art. Die Liste der Geschäfte und Maßnahmen, deren Ausführung der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter bedarf, kann jederzeit durch Beschluss der Gesellschafterversammlung erweitert oder eingeschränkt werden.8 Evtl. (3) Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.9 § 43 Abs. 3 GmbHG bleibt unberührt.10 (4) Alle Ansprüche aus dem Dienstverhältnis und dem Organverhältnis einschließlich deliktischer Ansprüche sind von den Vertragspartnern innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit in Textform11 geltend zu machen; andernfalls sind sie erloschen.12 7 Der Zustimmungskatalog sollte in der Geschäftsordnung oder der Satzung der Gesellschaft geregelt sein. Die Aufnahme in den Anstellungsvertrag ist nur dann sinnvoll, wenn das nicht der Fall ist. 8 Ohne diese Öffnungsklausel wäre eine Erweiterung der zustimmungspflichtigen Geschäfte in der Satzung oder Geschäftsordnung zwar wirksam, jedoch ein Verstoß gegen den Anstellungsvertrag mit den möglichen Folgen der Amtsniederlegung und/oder fristlosen Kündigung gemäß § 626 iVm. § 628 Abs. 2 BGB. Aus Sicht der Gesellschaft ist die Öffnungsklausel daher ratsam. Hat der Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung vor Einholung der Zustimmung ordnungsgemäß unterrichtet, so befreit ihn deren Zustimmung von der Haftung für die Maßnahme. 9 Soweit der Geschäftsführer objektiv und subjektiv gegen die ihm obliegende Sorgfalt verstößt, haftet er nach § 43 GmbHG gegenüber der Gesellschaft. Zum Sorgfaltsmaßstab, zur Beweislast und zur Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen BGH v. 22.6.2009 – II ZR 143/08, NJW 2009, 2598; v. 14.7.2008, NJW 2008, 3361; v. 18.2.2008 – II ZR 62/07, WM 2008, 696; v. 16.9.2002, DB 2002, 2480; OLG München v. 8.7.2015 – 7 U 3130/14, GmbHR 2015, 1273; OLG Koblenz v. 23.12.2014, GmbHR 2015, 358 sowie Einf. Rz. 14 f. Unstreitig erfasst eine Haftungsbeschränkung nicht Verstöße gegen die gläubigerschützenden Regeln gemäß § 43 Abs. 3 GmbHG, die im Muster daher auch klarstellend vorbehalten sind. Zur Nachhaftung eines früheren Geschäftsführers vgl. BAG v. 20.1.1998 – 9 AZR 593/96, BB 1998, 957. Zur Haftung in Krise und Insolvenz Hülsmann, GmbHR 2020, 1168. Haftungsbeschränkungen im Vertrag sind in der Praxis allerdings wenig üblich. 10 Vgl. § 43 Abs. 3 Satz 2 GmbHG iVm. § 9b Abs. 1 GmbHG. Während der BGH mit Urteil v. 15.11.1999 – II ZR 122/98, DB 2000, 268, verjährungsverkürzende Regelungen schon immer dann als unwirksam angesehen hat, wenn die Schadensersatzansprüche zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger notwendig sind, hat er mit Urteil v. 16.9.2002, DB 2002, 2480, diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben und die Unwirksamkeit auf den Verstoß gegen § 43 Abs. 3 GmbHG beschränkt. 11 In der seit 1.10.2016 geltenden Fassung von § 309 Nr. 13 BGB iVm. Art. 229 § 37 EGBGB dürfen Anzeigen und Erklärungen, die dem Verwender der AGB oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, nicht an eine strengere Form als die Textform gebunden werden (vgl. Lingemann/Otte, NZA 2016, 519). Dies

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4 (5) Die Gesellschaft kann jederzeit weitere Geschäftsführer bestellen. Die Gesellschafterversammlung bestimmt die Geschäftsverteilung13 unter den Geschäftsführern. (6) Der Geschäftsführer leitet den Geschäftsbereich […]. Die Gesellschaft ist berechtigt, ihm andere gleichwertige Aufgaben zuzuweisen, auch wenn sie mit einem Ortswechsel verbunden sind.14 oder (6) Das Vertragsverhältnis wird auf die vereinbarte Position in der Gesellschaft als […] mit Sitz in […] konkretisiert. Eine Änderung bedarf der Zustimmung des Geschäftsführers. oder (6) Die Versetzung des Geschäftsführers an einen anderen Ort ist ohne seine Zustimmung nur mit einer Ankündigungsfrist von […] zulässig.15 (7) Der Geschäftsführer wird auf Verlangen der Gesellschafterversammlung auch Organtätigkeiten in verbundenen Unternehmen übernehmen; diese sind durch die Vergütung gemäß § 4 abgegolten.

§ 3 Vertragsdauer (1) Der Vertrag beginnt am […] und wird auf […] Jahr(e) geschlossen.16 Er verlängert sich jeweils um […] Jahr(e), wenn er nicht mit einer Frist von […] Monaten vor Vertragsende gekündigt wird.

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dürfte auch für Erklärungen des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft gelten. Die Klausel sieht daher beiderseits nur ein Textformerfordernis vor. Die Klausel verkürzt die Haftung; soweit deliktische Ansprüche nicht ausdrücklich darin genannt sind, ist die Erstreckung auf deliktische Ansprüche allerdings zweifelhaft (BGH v. 16.9.2002, DB 2002, 2480). Ausschlussfristen sind gemäß BAG (BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 22) regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen sollen und ohne besondere Hinweise im Einzelfall eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, gerade nicht gewollt ist. Dies muss in der Ausschlussklausel nicht gesondert hervorgehoben werden (BAG v. 20.6.2013, NZA 2013, 1265 Rz. 22). Im dortigen Fall war die Ausschlussfrist wirksam, obwohl sie die Haftung wegen Vorsatzes trotz § 202 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich ausnahm. Im Arbeitsvertrag muss der Mindestlohn jedoch ausdrücklich ausgenommen werden mit der Folge, dass möglicherweise auch andere Ansprüche genannt werden müssen, für die die Ausschlussklausel kraft Gesetzes nicht greift (Einzelheiten Kap. 2 Einf., AGB-Kontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 92, „Ausschlussfrist“). Bei Geschäftsführern halten wir es demgegenüber für vertretbar, den Mindestlohn nicht ausdrücklich auszunehmen, da der Mindestlohn nur für Arbeitnehmer und somit für Geschäftsführer nur in den atypischen Konstellationen anwendbar wäre, in denen er ausnahmsweise Arbeitnehmer ist (Einf. Rz. 17) und seine Vergütung den Mindestlohn unterschreiten könnte. Rechtsprechung dazu findet sich aber bisher nicht. Folgt man dieser Auffassung nicht, so wäre die Klausel an dem Formulierungsvorschlag in Muster 2.1 a Ziff. 10 (M 2.1a) zu orientieren. Die wirksame Geschäftsverteilung befreit den Geschäftsführer von der Haftung, soweit der Schaden nicht in seinem Ressort verursacht wurde. Er muss auch dann aber seiner Überwachungspflicht genügen und Anhaltspunkten für Pflichtverletzungen in anderen Ressorts nachgehen (im Einzelnen BGH v. 6.11. 2018 – II ZR 11/17, NZG 2019, 225; Hülsmann, GmbHR 2019, 209; Anm. Schockenhoff, GmbHR 2019, 514). Keine Haftungsbefreiung besteht bei Verantwortung der Gesamtgeschäftsführung, so insbesondere für den Jahresabschluss, aber auch für das Management in der Krise. Auch die durch das KonTraG v. 27.4. 1998 eingeführte gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung und Fortführung eines Überwachungssystems nach § 91 Abs. 2 AktG (vgl. dazu Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853), soweit sie auf die GmbH anwendbar ist, ist Teil der Gesamtverantwortung der Geschäftsführung, so dass die Geschäftsverteilung nicht von der Haftung befreit. Die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO obliegt jedem Geschäftsführer unabhängig von der Geschäftsverteilung, er ist insoweit auch stets alleinvertretungsbefugt. Wenn die Aufgaben im Anstellungsvertrag festgelegt sind, kann die Gesellschaft andere Aufgaben ohne Verstoß gegen den Vertrag nur zuweisen, wenn dies – wie im Muster – ausdrücklich vorbehalten ist. Aufgrund der AGB-Kontrolle (Einf. Rz. 24) sind sie auf gleichwertige Tätigkeiten beschränkt (Kap. 2 Rz. 129). Die 2. und 3. Alternative begünstigen den Geschäftsführer, der mit diesen Klauseln die Übertragung neuer Aufgaben zur Verbesserung seiner Vertragsposition nutzen könnte (zu Einzelheiten Röder/Lingemann, DB 1993, 1341 ff., 1346; allg. zur Versetzung von Organmitgliedern Röhrborn, BB 2013, 693). Da der Geschäftsführer keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG genießt (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG), ist für ihn eine lange Vertragslaufzeit von besonderer Bedeutung. Anders als im Arbeitsverhältnis sind Be-

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Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers evtl. Er tritt an die Stelle des Arbeitsvertrages vom […] mit allen späteren Änderungen, der damit endet.17 oder (1) Der Vertrag wird auf unbestimmte Dauer geschlossen. Er kann von jeder Partei mit einer Kündigungsfrist von […] gekündigt werden. Für die Kündigung gelten im Übrigen zugunsten des Geschäftsführers die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes18 [evtl.: mit Ausnahme von § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG].19 (2) Der Vertrag endet ohne Kündigung am Ende des Monats, in dem der Geschäftsführer die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht (das ist derzeit die Vollendung des 67. Lebensjahrs) oder seine volle Erwerbsminderung festgestellt wird.20 (3) Der Vertrag ist jederzeit aus wichtigem Grund fristlos kündbar. Ein wichtiger Grund liegt für die Gesellschaft insbesondere vor, wenn […]21 – der Geschäftsführer gegen die ihm im Innenverhältnis auferlegten Beschränkungen der Geschäftsführung (insbesondere nach § 2 Abs. 2) verstößt,22 […] evtl. Ein wichtiger Grund für den Geschäftsführer liegt insbesondere vor, wenn […] – die Mehrheit der Geschäftsanteile an der Gesellschaft an Personen außerhalb des bisherigen Gesellschafterkreises veräußert wird. (4) Die Bestellung zum Geschäftsführer kann jederzeit durch Beschluss der Gesellschafterversammlung widerrufen werden.23

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fristungen des Geschäftsführervertrages ohne sachlichen Grund wirksam und üblich. Dann ist der Vertrag vor Ablauf der vereinbarten Dauer nicht ordentlich kündbar, es sei denn, der Vertrag sieht dies ausdrücklich vor (§ 620 Abs. 1 BGB). Die Ergänzung ist wegen § 623 BGB ratsam, wenn der Geschäftsführer zuvor Arbeitnehmer war. Sie dient dazu, ein „ruhendes Arbeitsverhältnis“ zu vermeiden (Einzelheiten Einf. Rz. 18 f.). Die Formulierung ist angelehnt an diejenige, die der Entscheidung des BGH v. 10.5.2010 – II ZR 70/09, DStR 2010, 1390, zugrunde lag. Der BGH hat aufgrund der dortigen Regelung Kündigungsschutz nach dem KSchG für den Geschäftsführer bejaht (s. auch Einf. Rz. 19). Die Aufnahme eine solchen Regelung ist aber wenig üblich. Zu den kündigungsschutzrechtlichen Folgen Jaeger, DStR 2010, 2312, Stagat, NZA 2010, 975 ff. Ist § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG ausgeschlossen (vgl. Stagat, NZA 2010, 975, 978), so kann die Gesellschaft das Anstellungsverhältnis nicht durch einseitige Erklärung auflösen. Ebenso wie eine Befristung ist auch eine auflösende Bedingung beim Geschäftsführerdienstvertrag ohne sachlichen Grund zulässig. Das AGG steht uE einer Altersbefristung in Verträgen mit Organen juristischer Personen jedenfalls auf das gesetzliche Rentenalter nicht entgegen (PWW/Lingemann, § 6 AGG Rz. 6; Einf. Rz. 8), Befristungen auf frühere Zeitpunkte sind in Verträgen mit Fremdgeschäftsführern riskant, da sie Arbeitnehmer im Sinne des AGG sind (Einzelheiten Einf. Rz. 8). Wichtige Gründe können im Rahmen des Zumutbaren vertraglich erweitert (BGH v. 11.5.1981 – II ZR 126/80, DB 1981, 1661; v. 9.7.1990 – II ZR 194/89, DB 1990, 1709) und wohl auch beschränkt werden (Palandt/Weidenkaff, § 626 BGB Rz. 2; PWW/Lingemann, § 626 BGB Rz. 1 aE). Eine vertragliche Beschränkung darf jedoch die Entscheidungsfreiheit der Gesellschafterversammlung nicht unangemessen einengen; dementsprechend kann auch nicht im Anstellungsvertrag eine Abfindung für den Fall einer fristlosen Kündigung vereinbart werden (BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, BB 2000, 1751). Ein solcher Verstoß kann auch ausnahmsweise keine fristlose Kündigung rechtfertigen (vgl. BGH v. 10.12. 2007 – II ZR 289/06, DB 2008, 805). Das Recht zum Widerruf der Bestellung nach § 38 Abs. 1 GmbHG ist unbeschränkt, soweit die Satzung es nicht gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG auf wichtige Gründe beschränkt. Eine Ausnahme vom Grundsatz der freien Abberufung gilt aufgrund der Danosa-Entscheidung des EuGH v. 11.11.2010 – C-232/09, NZA 2011, 143 wahrscheinlich auch bei Schwangerschaft der Geschäftsführerin; dazu Einf. Rz. 7 und 17.

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4 evtl. Der Widerruf der Bestellung (Abberufung) gilt als Kündigung dieses Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt.24 Beruht der Widerruf jedoch auf einem Grund, der nicht zugleich ein wichtiger Grund gemäß § 626 BGB für die fristlose Kündigung des Dienstvertrages ist, so endet der Dienstvertrag erst mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist25 ab Ende der Organstellung.26 [evtl.: Dasselbe gilt, wenn der Geschäftsführer sein Amt niederlegt.]27 oder28 Nach Beendigung der Organstellung sind beide Parteien zur ordentlichen Kündigung dieses Vertrages mit gesetzlicher Kündigungsfrist29 berechtigt. oder Der Widerruf der Bestellung (Abberufung) gilt als Kündigung dieses Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt.30 Beruht der Widerruf jedoch auf einem Grund, der nicht zugleich ein wichtiger Grund gemäß § 626 BGB für die fristlose Kündigung des Dienstvertrages ist, so endet der Dienstvertrag erst mit Ablauf der Vertragsdauer gemäß Abs. 1. [evtl.: Dasselbe gilt, wenn der Geschäftsführer sein Amt niederlegt.]31 (5) Jede Kündigung/Abberufung bedarf der Schriftform. Ist der Geschäftsführer bei der Beschlussfassung anwesend, so ist die Kündigung ihm gegenüber abweichend von Satz 1 bereits dadurch formwirksam erklärt, dass der Versammlungsleiter den Beschluss über die Abberufung und/oder Kündigung feststellt. Ist der Geschäftsführer nicht anwesend, wird die Kündigung ihm gegenüber erklärt, indem der Versamm24 Diese „Kopplungsklausel“ ist wohl dahin auszulegen, dass mit Widerruf der Bestellung der Dienstvertrag zwar nicht sofort, wohl aber mit Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist des § 622 BGB endet (BGH v. 29.5. 1989 – II ZR 220/88, DB 1989, 1865; OLG München v. 17.3.2011 – 23 U 3673/10; OLG Hamm v. 20.11.2006 – 8 U 217/05, GmbHR 2007, 442, 443; Lingemann, Kündigungsschutz, S. 380 f.; vgl. auch Bauer/Diller, GmbHR 1998, 809 sowie M 5.1, Anm. zu § 2 Abs. 2). Aus Sicht des Geschäftsführers ist daher von der Vereinbarung einer solchen Klausel abzuraten, da sie letztlich dazu führen kann, dass die feste Laufzeit des Dienstvertrages durch Abberufung unterlaufen und damit wertlos wird. Da dies Abs. 4 Satz 2 nicht unmittelbar zu entnehmen ist, würde die Regelung in Satz 2 allein ohne ausdrückliche Klarstellung der Rechtsfolge in Formularverträgen wahrscheinlich gegen § 305c BGB, ggf. auch gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen (Grobys/Glanz, NJW Spezial 2007, 129). Im Muster ist die Rechtsfolge daher in Satz 3 klargestellt (vgl. Einl. Rz. 7). 25 Bei der Berechnung der Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB sind Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses, an das sich das Geschäftsführerverhältnis nahtlos angeschlossen hat, wohl einzubeziehen (zum umgekehrten Fall LAG Rheinland-Pfalz v. 17.4.2008 – 9 Sa 684/07, DB 2008, 1632). 26 Satz 3 stellt die Rechtsfolgen dieser Klausel klar und ist zur Vermeidung von Unklarheiten gem. § 305c Abs. 1 BGB jedenfalls in Formulargeschäftsführerverträgen ratsam (zu Vorstandsverträgen Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337, 2343). § 622 Abs. 6 BGB ist auf Geschäftsführer wohl nicht anwendbar, so dass die Kopplungsklausel nicht schon daran scheitert, dass im Falle der Abberufung die Kündigungsfrist für die Gesellschaft ggf. kürzer ist als die vertragliche Kündigungsfrist für den Geschäftsführer (Werner, NZA 2015, 1234, 1235 f.; Willemsen, FS Buchner 2009, 971, 974 ff.). Da eine Abberufung jedoch gem. § 38 Abs. 1 GmbHG auch ohne jeden Grund zulässig ist, ist die Kopplungsklausel möglicherweise insgesamt in Formularverträgen wegen Verstoßes gegen § 305c BGB, ggf. auch § 307 Abs. 1 BGB unwirksam (Grobys/Glanz, NJW Spezial 2007, 129; von Westphalen, BB 2015, 834). UE ist die Klausel jedoch nicht unangemessen und daher wirksam (Willemsen, FS Buchner, S. 971). Unwirksam dürfte allerdings eine Klausel sein, durch die der Gesellschaft ein Recht zur außerordentlichen Kündigung für den Fall der Abberufung eingeräumt wird (Werner, NZA 2015, 1234, 1238). 27 Die Formulierung beugt dem denkbaren Einwand der Unvereinbarkeit mit § 622 Abs. 6 BGB vor (vgl. Bauer/von Medem, NZA 2014, 238, 240). 28 Vgl. Reufels/Volmari, GmbHR 2018, 937, die jedenfalls ein Recht zur ordentlichen Kündigung infolge der Beendigung der Organstellung für unproblematisch halten. Sie müsste auch im befristeten Vertrag zulässig sein, da die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit gem. § 15 Abs. 3 TzBfG im Arbeitsvertrag und demnach erst recht im Dienstvertrag vereinbart werden kann. 29 Bei der Berechnung der Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB sind Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses, an das sich das Geschäftsführerverhältnis nahtlos angeschlossen hat, wohl einzubeziehen (zum umgekehrten Fall LAG Rheinland-Pfalz v. 17.4.2008 – 9 Sa 684/07, DB 2008, 1632). 30 Das Recht zum Widerruf der Bestellung nach § 38 Abs. 1 GmbHG ist unbeschränkt, soweit die Satzung es nicht gem. § 38 Abs. 2 GmbHG auf wichtige Gründe beschränkt. 31 Die Formulierung beugt dem denkbaren Einwand der Unvereinbarkeit mit § 622 Abs. 6 BGB vor (vgl. Bauer/ von Medem, NZA 2014, 238, 240).

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Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers lungsleiter ihm das Versammlungsprotokoll mit der Beschlussfassung über die Abberufung und/oder Kündigung übersendet.32 (6) Eine Kündigung des Geschäftsführers ist gegenüber dem Gesellschafter mit der höchsten Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft zu erklären. oder (6) Eine Kündigung des Geschäftsführers ist gegenüber dem weiteren Geschäftsführer zu erklären, soweit ein solcher nicht bestellt ist, gegenüber dem Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung. (7) Nach Kündigung dieses Vertrages, gleich durch welche Partei, [evtl: sowie im Falle des Widerrufs der Organstellung oder der Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer]33 ist die Gesellschaft berechtigt, den Geschäftsführer jederzeit unter Fortzahlung der Vergütung und Anrechnung von Urlaubsansprüchen von seiner Verpflichtung zur Dienstleistung für die Gesellschaft freizustellen. Für die Zeit der Freistellung gilt § 615 Satz 2 BGB.34

§ 4 Vergütung35 (1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit a) ein festes Jahresgehalt von Euro […], zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von Euro […] jeweils am Monatsende; b) für die Zeit bis zum […] eine garantierte Tantieme36 von Euro […]/Jahr, zahlbar jeweils am […]; c) eine jährliche Tantieme,37 die die Gesellschafterversammlung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Ergebnisse des Geschäftsjahres nach Feststellung des Jahresabschlusses festsetzt.38 oder a) ein Gehalt von monatlich Euro […], das am Ende eines jeden Monats gezahlt wird; b) eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehaltes zum 1.12. und ein Urlaubsgeld in Höhe eines Monatsgehaltes, das am 1.7. eines jeden Jahres zahlbar ist;39 32 Diese Regelung erleichtert die Abgabe der Willenserklärung, insbesondere Zurückweisungen nach § 174 BGB werden vermieden. 33 Vgl. Ebert, ArbRB 2011, 155. 34 Bei einer einvernehmlichen Freistellung kommt es für die Frage der Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf die Auslegung des Vertrages an. Ist die Anrechnung nicht ausdrücklich geregelt, gilt § 615 Satz 2 BGB im Zweifel nicht, was eine doppelte Vergütung zur Folge haben kann (BAG v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11, NZA 2013, 207; vgl. auch BAG v. 19.3.2002, NZA 2002, 1055). 35 Als Organmitglieder sind Geschäftsführer von Leistungen nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz („vermögenswirksame Leistungen“) ausgeschlossen. 36 Eine garantierte Tantieme ist in Turn-around-Situationen empfehlenswert, allerdings nur, wie im Muster, befristet. Vertragstechnisch wird eine garantierte Tantieme häufig vereinbart, um diesen Teil der Vergütung aus der Berechnungsgrundlage für die betriebliche Altersversorgung, die Karenzentschädigung beim Wettbewerbsverbot, die Berechnung des Sterbegeldes oder die Entgeltfortzahlung herauszunehmen. 37 Als Erfolgsbeteiligung wird idR eine Tantieme vereinbart. Bei überdurchschnittlicher Ertragssituation macht diese 15–35 % der Gesamtvergütung aus, bei unterdurchschnittlicher Situation ca. 10–20 %, Anteil steigend. Bezugsgröße der Tantieme ist meist der Gewinn bzw. Jahresüberschuss vor Steuern, EBT, EBIT oder EBITDA. 38 Zur recht weitgehenden AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Ermessenstantiemen in Arbeitsverträgen BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020, m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. Auch die Festsetzung einer Tantieme auf „Null“ kann im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen (BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595, m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 286). Entspricht die Bestimmung der Ermessenstantieme durch die Gesellschaft nicht der Billigkeit, so kann gerichtlich eine andere Höhe bestimmt werden, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334, Anm. Lingemann, FD-ArbR 2016, 380604). Ausführlich zur Vereinbarung von Ermessenstantiemen im Arbeitsvertrag auch Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65 sowie Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400 sowie Kap. 2 Einf., AGB-Kontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 101, „Ermessensvergütung/Ermessensgratifikation“. 39 Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld besteht nur bei ausdrücklicher Vereinbarung, die bei Organmitgliedern eher selten ist.

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4 c) eine Tantieme in Höhe von […] % des Jahresgewinns der Gesellschaft. Bemessungsgrundlage ist der Jahresüberschuss nach Steuern und vor Abzug etwaiger Rücklagen und gewinnabhängiger Tantiemen der Geschäftsführer. Ein etwaiger Verlustvortrag aus dem Vorjahr ist bei Bildung der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Tantieme zu berücksichtigen. Erlöse aus außergewöhnlichen Geschäften (zB Veräußerung einer Geschäftssparte) sind bei der Bildung der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Tantieme nicht zu berücksichtigen. d) Die Tantieme wird einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig. e) Kündigt die Gesellschaft den Geschäftsführervertrag aus wichtigem Grund, so entfällt für das Jahr, in dem die Kündigung wirksam wird, der Anspruch auf Tantieme oder e) Der Anspruch auf Tantieme besteht nur für die Dauer der Organstellung. Endet die Organstellung unterjährig, besteht der Anspruch pro rata temporis.40 (2) Eventuelle Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist mit diesen Bezügen abgegolten.41 (3) Die Gesellschaft überprüft die Bezüge jeweils am 1.1. eines jeden Jahres, erstmals am 1.1. […] oder (3) Sollte sich das Tarifgehalt eines technischen Angestellten der Gruppe […] nach dem Tarifvertrag um mehr als 10 % erhöhen oder vermindern, so tritt mit Wirksamkeit dieser Erhöhung oder Verminderung im gleichen Verhältnis eine Erhöhung oder Verminderung des unter § 4 Abs. 1 lit. a bestimmten Gehaltes ein. Bei weiteren Erhöhungen oder Verminderungen gilt Satz 1 entsprechend.42 (4) Soweit vorstehend nichts Abweichendes geregelt ist, ist die Vergütung bei unterjährigem Eintritt oder Ausscheiden zeitanteilig zu zahlen.

§ 5 Fortzahlung der Vergütung43 (1) Wird der Geschäftsführer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder einem anderen von ihm nicht zu vertretenden Grund an der Erbringung seiner vertraglichen Leistung verhindert, so wird ihm die Ver40 Die Voraussetzungen, unter denen der Tantiemeanspruch bei Beendigung der Organstellung ausgeschlossen werden kann, sind ungeklärt. Wahrscheinlich gelten auch bei Formulargeschäftsführerverträgen nicht die engen Grenzen, die das BAG für den Widerruf vertraglicher Leistungen in Formulararbeitsverträgen (vgl. Kap. 2 Rz. 138 ff.) gezogen hat (so OLG Düsseldorf v. 4.3.2013 – I-14 U 144/12, Rz. 44, juris, zum Freiwilligkeitsvorbehalt im Geschäftsführervertrag; allgemein Bauer/Göpfert/Siegrist, DB 2006, 1774, 1776; Khanian, GmbHR 2011, 116; aA Thüsing in Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Geschäftsführerverträge, Rz. 109c). Enthält der Vertrag keine gesonderte Regelung, so ist die Tantieme im Zweifel unabhängig von der Organstellung für die gesamte Dauer des Dienstvertrages geschuldet (Bauer/Göpfert/Siegrist, DB 2006, 1774, 1776). 41 Im Arbeitsverhältnis wäre eine solche Pauschalabgeltung von Mehrarbeit im Formularvertrag bei Vergütung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zulässig (vgl. Kap. 2 Rz. 127; BAG v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335), ebenso bei hervorgehobenen Positionen (BAG v. 17.3.1982, NJW 1982, 2139; LAG Hamm v. 6.1.2012 – 19 Sa 896/11). Aufgrund ihrer Verpflichtung, umfassend zur Verfügung zu stehen, ist sie daher erst recht bei Geschäftsführern zulässig, zumal für diese auch das ArbZG nicht gilt. 42 Vgl. zur Zulässigkeit von Wertsicherungsklauseln M 3.1 § 3 Abs. 1 m. Anm. Zulässig sind jedenfalls Überprüfungsvorbehalte (1. Alt.), deren Ausübung nur nach § 315 BGB auf Unbilligkeit gerichtlich überprüft werden kann, oder Klauseln, die eine Anpassung an einen Tarifvertrag (2. Alt.) enthalten (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG, sog. Spannungsklauseln). 43 Für Organmitglieder gilt das Entgeltfortzahlungsgesetz weder unmittelbar noch analog. Sie haben nur gem. § 616 BGB Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“, dh. nur für wenige Tage (Palandt/Weidenkaff, § 616 BGB Rz. 9, 14; PWW/Lingemann, § 616 BGB Rz. 3). Dies gilt auch für die Nebenleistungen. Die Vereinbarung einer längeren Entgeltfortzahlungszeit im Anstellungsvertrag ist daher aus Sicht des Geschäftsführers ratsam. Nach der Danosa-Entscheidung gilt wohl das MuSchG (dazu Einf. Rz. 17), die Geltung des BEEG ist jedoch offen, so dass vorsorglich für Zeiten der Schwangerschaft und Kindererziehung ggf. individuelle Regelungen zu vereinbaren sind. Das PflegeZG dürfte auf Geschäftsführer nicht anwendbar sein, da diese nicht „arbeitnehmerähnliche“ Person (§ 7

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Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers gütung nach § 4 Abs. 1 lit. […] sechs Monate, längstens aber bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses weitergezahlt. Der Geschäftsführer muss sich auf diese Zahlungen anrechnen lassen, was er von Kassen oder Versicherungen an Krankengeld, Krankentagegeld oder Rente erhält, soweit die Leistungen nicht ausschließlich auf seinen Beiträgen beruhen. (2) Der Geschäftsführer tritt bereits jetzt etwaige Ansprüche an die Gesellschaft ab, die ihm gegenüber Dritten wegen der Arbeitsunfähigkeit zustehen. Die Abtretung ist begrenzt auf die Höhe der nach Abs. 1 geleisteten oder zu leistenden Zahlungen.44 (3) Stirbt der Geschäftsführer während der Dauer dieses Vertrages, so haben seine Witwe und seine unterhaltsberechtigten Kinder als Gesamtgläubiger Anspruch auf Fortzahlung des Gehaltes gemäß § 4 Abs. 1 für den Sterbemonat und die drei folgenden Monate. Hinterlässt der Geschäftsführer weder Witwe noch unterhaltsberechtigte Kinder, so besteht kein Anspruch gemäß Satz 1.

§ 6 Versicherungen (1) Die Gesellschaft schließt für die Dauer dieses Vertrages zugunsten des Geschäftsführers eine Unfallversicherung für Berufsunfälle und Unfälle des täglichen Lebens mit Deckungssummen von Euro […] für den Todesfall und Euro […] für den Invaliditätsfall ab. (2) Die Gesellschaft schließt für den Geschäftsführer eine Rechtsschutzversicherung mit einer Deckungssumme von Euro […] je Schadensfall ab, die folgende Risiken erfasst: – Inanspruchnahme aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für Vermögensschäden, – Verteidigung in Ermittlungs-, Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen fahrlässig begangener Delikte, – Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus diesem Dienstvertrag. (3) Die Gesellschaft versichert den Geschäftsführer gegen Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche, die der Gesellschaft und/oder Dritten gegen den Geschäftsführer aufgrund oder im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zustehen können mit einer Deckungssumme von Euro […] pro Schadensfall. Der Versicherungsschutz schließt hinsichtlich des Verschuldensgrades lediglich wissentlich begangene Pflichtverletzungen vom Versicherungsschutz aus. Die Rückwärtsversicherung ist unbegrenzt und es wird eine mindestens 5-jährige unverfallbare Nachmeldefrist vereinbart.45 Sie bezieht den Geschäftsführer in Haftpflichtversicherungen der Gesellschaft ein. Die Gesellschaft gewährt dem Geschäftsführer jederzeit auf Verlangen Einsicht in die Versicherungsunterlagen und legt die Belege über die Prämienzahlungen vor. Diese Verpflichtung gilt auch nach Beendigung dieses Dienstvertrages.46

§ 7 Versorgungszusage47 (1) Die Gesellschaft schließt zum Zwecke der Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung auf das Leben des Geschäftsführers eine Lebensversicherung48 mit einer Versicherungssumme von Euro

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Abs. 1 Nr. 3 PflegeZG), sondern „arbeitgeberähnliche“ Person sind (BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NJW 2018, 1627). Für Arbeitnehmer bestimmt § 6 Abs. 1 EFZG bereits einen entsprechenden Anspruchsübergang; Geschäftsführer dürften zu der entsprechenden Abtretung bereits aufgrund ihrer Treuepflicht verpflichtet sein, der Vertrag regelt dies jedoch vorsorglich auch ausdrücklich. Satz 2 und 3 gem. dem Formulierungsvorschlag von Holthausen/Held, GmbHR 2020, 741, 749. Auf die Einbeziehung auch von Ansprüchen der Gesellschaft in den Versicherungsschutz sollte geachtet werden, da sie in manchen D&O-Policen als „Anspruch zwischen Versichertem und Versicherungsnehmer“ („insured vs. insured“) ausgeschlossen ist. Zur Interessenkollision bei der Inanspruchnahme Armbrüster, NJW 2016, 897. Eingehend zur Versorgungszusage an einen GmbH-Geschäftsführer s. M 18.1. Für Versorgungszusagen an Fremdgeschäftsführer gilt das Betriebsrentengesetz (BetrAVG), für Gesellschafter-Geschäftsführer gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG hingegen nur, soweit sie „unbedeutend“ an der GmbH beteiligt sind. Sie können gem. § 30a BetrAVG zB auch ab dem 60. Lebensjahr eine vorgezogene Betriebsrente verlangen (BAG v. 15.4.2014 – 3 AZR 114/12, NZA 2014, 767, Anm. Beck, ArbRAktuell, 2014, 320). Eine Beteiligung von mehr als 50 % schließt die Anwendung des BetrAVG und damit den Insolvenz-

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4 […] ab, die mit Vollendung des 67. Lebensjahres, bei Eintritt [evtl.: teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI oder] voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI oder dem Tod des Geschäftsführers zur Zahlung fällig wird. (2) Die Versicherungsprämien werden für die Dauer dieses Dienstvertrages von der Gesellschaft zusätzlich zur Vergütung gemäß § 4 gezahlt. Sie sind steuerpflichtige Vergütung, werden jedoch, soweit gesetzlich zulässig, pauschal versteuert. (3) Unwiderruflich49 bezugsberechtigt aus der Versicherung sollen im Erlebensfall der Geschäftsführer, im Todesfall die von ihm bestimmten Personen oder bei Fehlen einer solchen Bestimmung seine Erben sein. Das unwiderrufliche Bezugsrecht kann nicht beliehen, abgetreten oder verpfändet werden. (4) Scheidet der Geschäftsführer vor Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung aus den Diensten der Gesellschaft aus, ohne dass eine teilweise oder volle Erwerbsminderung vorliegt, so wird die Gesellschaft die Versicherung mit allen Rechten und Pflichten auf den Geschäftsführer übertragen, sofern der Geschäftsführer zum Zeitpunkt seines Ausscheidens eine mindestens […]-jährige Dienstzeit bei der Gesellschaft erfüllt hat. (5) Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 1 ff. BetrAVG.50 oder (1) Der Geschäftsführer erhält eine Pension in Höhe von […] % des von ihm zuletzt/am […]51 bezogenen festen Gehalts gemäß § 4 Abs. 1 lit. a. Die Pension wird gezahlt ab Vollendung des 67. Lebensjahres (Altersgrenze)52 oder vorher im Falle der [evtl.: teilweisen Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI oder] vollen Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, in monatlichen Raten jeweils am Monatsende.

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schutz aus. Da der PSV dann nicht eintrittspflichtig ist, empfiehlt sich eine anderweitige Absicherung, zB eine an den Geschäftsführer verpfändete Rückdeckungsversicherung der Direktzusage. Auch soweit das BetrAVG anwendbar ist, kann von tarifdispositiven Regelungen des BetrAVG (§ 17 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG) auch zu Lasten des Organmitgliedes abgewichen werden (BAG v. 21.4.2009, ZTR 2009, 657; dazu Diller/Arnold/Kern, GmbHR 2010, 281). In Betracht kommen insbesondere Abweichungen beim Anspruch auf Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG), der Ermittlung der Höhe der ratierlichen Anwartschaft (§ 2 BetrAVG), der Berechnung der vorzeitigen Altersrente (§ 2 iVm. § 6 BetrAVG), dem Abfindungsverbot (§ 3 BetrAVG), dem Übertragungsanspruch und der Übertragungsbeschränkung (§ 4 BetrAVG), dem Auskunftsanspruch (§ 4a BetrAVG), dem Auszehrungs- und Anrechnungsverbot (§ 5 BetrAVG), der Anpassungspflicht (§ 16 BetrAVG) und der Verjährung (§ 18a BetrAVG) (Einzelheiten bei Diller/Arnold/ Kern, GmbHR 2010, 281). Solche Abweichungen sind bisher allerdings eher selten. Wahrscheinlich greift hier die Dynamisierung nach Ausscheiden, § 2a BetrAVG, nicht, wegen der Ausschlusstatbestände aus § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b und c BetrAVG (Diller/Arnold, DB 2019, 608, 608). Eine Regelung wie in Abs. 2 der 2. Alternative wurde daher nicht vorgesehen. Bei der Direktversicherung steht dem Geschäftsführer im Insolvenzfall nur dann ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO zu, wenn ihm ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt wurde, wobei auch ein eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht ausreicht (BGH v. 24.6.2015 – IV ZR 411/13, ZIP 2015, 1647 Rz. 19; v. 9.10.2014 – IX ZR 41/14, DB 2014, 2646 Rz. 16 ff.; BAG v. 31.7.2007, NZA-RR 2008, 32; BGH v. 3.5.2006 – IV ZR 134/05, NZA-RR 2006, 532; BAG v. 26.6.1990 – 3 AZR 651/88, NZA 1991, 60). Bei einem nur widerruflichen Bezugsrecht erhält er nur eine einfache Insolvenzforderung (OLG Düsseldorf v. 11.12. 2007 – 4 U 205/06; BGH v. 18.7.2002 – IX ZR 264/01, BB 2002, 2350). Die ausdrückliche Erklärung der GmbH muss insbesondere auch gegenüber dem Versicherer herbeigeführt werden (BAG v. 26.2.1991 – 3 AZR 213/90, NZA 1991, 845; OLG Hamm v. 15.11.1990, ZIP 1990, 1603). Die Regelung ist beim Fremdgeschäftsführer nur klarstellend (s. M 4.1a). Das BetrAVG regelt auch die Beschränkung der Versicherungsansprüche bei Ausscheiden vor Eintritt des Versicherungsfalles auf die Leistungen gem. § 2 Abs. 2 BetrAVG. Diese Regelung dürfte aber in Verträgen mit Organmitgliedern auch zu deren Lasten abdingbar sein (BAG v. 21.4.2009, ZTR 2009, 657; dazu Diller/Arnold/Kern, GmbHR 2010, 281). Wird die Berechnung auf ein bestimmtes Gehalt bezogen und nicht auf das Gehalt bei Ausscheiden, handelt es sich wahrscheinlich um ein „nominales Anrecht“ gem. § 3a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 a) BetrAVG mit der Folge, dass es nach Ausscheiden nicht gem. § 2a BetrAVG dynamisiert werden muss (Diller/Arnold, DB 2019, 608, 610). Abs. 2 ist in diesem Fall daher wohl nicht erforderlich. Ursprünglich wurden Pensionszusagen für Organmitglieder steuerlich anerkannt bei einer Pensionsberechtigung ab dem 60. Lebensjahr. Gemäß Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums v. 24.7.2013

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Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers (2) In der Zeit zwischen dem Ausscheiden und dem Erreichen der Altersgrenze findet eine Dynamisierung/ Anpassung der Anwartschaft nicht statt, ab Erreichen der Altersgrenze gilt die gesetzliche Anpassungsvorschrift des § 16 BetrAVG.53 (3) Stirbt der Geschäftsführer während der Laufzeit seines Vertrages mit der Gesellschaft oder nach seiner Pensionierung nach Ablauf der Vertragslaufzeit, so erhält seine Witwe, sofern die Ehe am Todestag bestanden hat, 60 % der Pension, die er bezogen hat oder die er bezogen hätte, wenn er am Todestag in den Ruhestand getreten wäre. Das Witwengeld entfällt, wenn die Witwe wieder heiratet. Ein Anspruch auf Witwengeld besteht nicht, wenn die Ehe erst nach der Pensionierung geschlossen wurde.54 (3) Abs. 2 gilt entsprechend für eingetragene Lebenspartner.55 (4) Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 1 ff. BetrAVG.

§ 8 Spesen (1) Reisekosten und sonstige Aufwendungen, die dem Geschäftsführer in der Ausübung seiner Aufgaben im Rahmen dieses Vertrages entstehen, werden ihm nach den jeweiligen internen Richtlinien der Gesellschaft erstattet. oder (1) Reisekosten und sonstige Aufwendungen, die dem Geschäftsführer in der Ausübung seiner Aufgaben im Rahmen dieses Vertrages entstehen, werden ihm gegen Beleg nach den steuerlich zulässigen Höchstsätzen erstattet. (2) Soweit sich der Geschäftsführer bei seinen geschäftlichen Reisen öffentlicher Verkehrsmittel bedient ist er berechtigt, die erste Klasse zu benutzen, bei Flügen […]-Class. (3) Die Gesellschaft trägt die Kosten für ein dienstliches Mobiltelefon mit den dazugehörigen Vertrags-, Geräte- und Gesprächskosten. Der Geschäftsführer darf das Mobiltelefon in angemessenem Umfang auch privat nutzen. Die Einkommensteuer auf den Geldwertvorteil der Privatnutzung trägt der Geschäftsführer.

§ 9 Dienstfahrzeug (1) Die Gesellschaft stellt dem Geschäftsführer für seine Tätigkeit im Rahmen dieses Vertrages einen Pkw gemäß den jeweiligen internen Richtlinien der Gesellschaft/Typ […] oder vergleichbar, zur Verfügung. Der (BStBl. I 2013, 1022 Rz. 286) gilt dies für Versorgungszusagen, die nach dem 31.12.2011 erteilt werden, nur noch ab dem 62. Lebensjahr. 53 Ohne diese Regelung wäre die Anwartschaft in der ersten Alternative von Abs. 1 gem. § 2a BetrAVG nach Ausscheiden zu dynamisieren (Einzelheiten bei Diller/Arnold, DB 2019, 608, 613, dort auch der Formulierungsvorschlag von Abs. 2). 54 Eine entsprechende Spätehenklausel ist wirksam (BAG v. 15.10.2013 – 3 AZR 294/11, BB 2014, 2619, m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 545). Unwirksam, da altersdiskriminierend (§§ 1, 7, 10 AGG), ist hingegen eine Klausel, nach der ein Anspruch auf Witwenrente nur besteht, wenn die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen wurde (BAG v. 4.8.2015 – 3 AZR 137/13, NZA 2015, 1447 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 398, anders aber EuGH v. 24.11.2016 – C 443/15, NZA 2017, 233) oder nur die „jetzige“ Ehefrau begünstigt wird (BAG v. 21.2.2017 – 3 AZR 397/15, PM 11/17). AGG-widrig können auch Altersabstandsklauseln sein. Sie sind jedoch gerechtfertigt bei einem maximalen Altersabstand von 15 Jahren für Hinterbliebenenversorgung (BAG v. 20.2.2018 – 3 AZR 43/17, NZA 2018, 712) oder einer Kürzung der Hinterbliebenenversorgung für jedes volle, über zehn Jahre (BAG v. 11.12.2018 – 3 AZR 400/17, NZA 2010, 537) oder fünfzehn Jahre (BAG v. 16.10.2018 – 3 AZR 520/17, NZA 2019, 176) hinausgehende Jahr des Altersunterschieds um 5 vH. Da Fremdgeschäftsführer und wohl auch Geschäftsführer ohne Sperrminorität nach der Rechtsprechung des BGH Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechtes sind und daher dem AGG ohne die Einschränkung des § 6 Abs. 3 AGG unterfallen (Rz. 8), ist es ratsam, sich an dieser arbeitsrechtlichen Rspr. zu orientieren. Einzelheiten auch bei Kap. 2 Rz. 85b, 126a; M 5.1 Anm. zu § 7 Abs. 4. 55 Das würde aufgrund der Gleichstellung von Ehepartnern mit eingetragenen Lebenspartnern wohl auch ohne Aufnahme in den Vertrag gelten, wenn der Vertrag nach dem 1.1.2005 geschlossen worden ist (vgl. EuGH v. 1.4.2008 – C-267/06, NZA 2008, 459; BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 20/07, NZA 2009, 490; v. 15.9. 2009 – 3 AZR 294/09, NZA 2010, 216).

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Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4 Geschäftsführer darf den Pkw auch privat nutzen. Die Einkommensteuer auf den Geldwertvorteil der Privatnutzung trägt der Geschäftsführer. (2) Das Fahrzeug ist nach Beendigung der Organstellung als Geschäftsführer unverzüglich an die Gesellschaft zu übergeben. Der Geschäftsführer hat kein Zurückbehaltungsrecht an dem Fahrzeug und keinen Anspruch auf Abgeltung entgangener Gebrauchsvorteile.56 oder (2) Das Dienstfahrzeug steht dem Geschäftsführer für die gesamte Dauer des Vertrages zu.

§ 10 Arbeitszeit57 Der Geschäftsführer stellt seine gesamte Arbeitskraft, fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung.

§ 11 Nebentätigkeit Eine entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeit, ein Amt als Aufsichtsrat, Beirat oÄ oder ein Ehrenamt darf der Geschäftsführer nur mit schriftlicher Einwilligung der Gesellschaft übernehmen.58

§ 12 Urlaub59 (1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Der Urlaub ist unter Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft im Einvernehmen mit den anderen Geschäftsführern festzulegen. (2) Kann der Geschäftsführer Urlaub nicht nehmen, weil die Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so ist der restliche Urlaubsanspruch auf das nächste Jahr zu übertragen. Eine weitere Übertragung auf die folgenden Jahre findet nicht statt.60 (3) Der Geschäftsführer wird dafür sorgen, dass er auch im Urlaub kurzfristig erreichbar ist.

56 Bei vorzeitiger Rückforderung des Dienstfahrzeugs ohne vertragliche Grundlage hat der Geschäftsführer einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Dies gilt bei Vereinbarung des Alternativvorschlages im Muster zB auch, wenn der Geschäftsführer das Fahrzeug zurückgibt, weil die Gesellschaft es trotz fortbestehenden Dienstvertrages nach der Abberufung zurückverlangt hat. Im Arbeitsverhältnis richtet sich die Höhe der Nutzungsentschädigung nicht nach den Kostentabellen des ADAC oder den Nutzungsausfalltabellen (so noch BAG v. 23.6.1994 – 8 AZR 537/92, DB 1994, 2239) oder nach einer konkreten Schadensberechnung (so jedenfalls bei Nutzung eines gleichwertigen Privat-Pkw im Ausfallzeitraum, BAG v. 16.11.1995 – 8 AZR 240/95, NJW 1996, 1771), sondern nach der lohnsteuerrechtlichen Vorteilsermittlung (BAG v. 27.5.1999 – 8 AZR 415/98, NJW 1999, 3507; Küttner/Griese, Personalbuch, Dienstwagen Rz. 13). Unseres Erachtens gelten die strengen Voraussetzungen für die Rückforderung eines Dienstfahrzeuges im Arbeitsverhältnis (dazu Kap. 12 Rz. 43; M 12.21 § 7) für Geschäftsführer trotz der AGB-Kontrolle von Geschäftsführerverträgen (Einf. Rz. 24) nicht für die Verknüpfung der Dienstwagennutzung mit der Organstellung, zumal letztere schon gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG frei widerruflich ist. Andernfalls wäre die Formulierung in M 12.21 § 7 zu verwenden. 57 Das ArbZG gilt für den Geschäftsführer nicht, da er nicht zu den Arbeitern und Angestellten gem. § 2 Abs. 2 ArbZG zählt, vgl. auch § 18 ArbZG. 58 Während beim Arbeitnehmer Nebentätigkeiten nur bei Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers untersagt werden können, gilt dies beim Geschäftsführer umfassend, da er seine gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft voll zur Verfügung stellen muss. 59 Das BUrlG und damit auch der Mindesturlaub gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG gilt für Organmitglieder nicht, vgl. § 1 BUrlG. Wird der Urlaub nach Tagen berechnet, so ist zu beachten, dass Werktage auch den Samstag umfassen, Arbeitstage dagegen nur Montag bis Freitag. 60 Sieht man den Fremdgeschäftsführer als Arbeitnehmer (dazu Einf. Rz. 8) auch im Sinne des unionsrechtlichen Urlaubsrechtes an, so könnte die Klausel aus Muster 2.1a, § 7 (M 2.1a) verwendet werden, wenn die Übertragung und Vererblichkeit des Urlaubs für den übergesetzlichen Urlaub eingeschränkt oder ausgeschlossen werden soll. Bisher ist das aber nicht Praxis.

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Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers § 13 Wettbewerbsverbot61 Dem Geschäftsführer ist es untersagt, während der Laufzeit dieses Vertrages in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig62 zu werden, welches mit der Gesellschaft im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen iSv. § 15 AktG verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen, es sei denn, der Anteilsbesitz ermöglicht keinen Einfluss auf die Organe des betreffenden Unternehmens. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit der Gesellschaft iSv. § 15 AktG verbundenen Unternehmen.63

§ 14 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot64 (1) Dem Geschäftsführer ist es untersagt, auf die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Vertrages in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig65 zu werden, welches mit

61 Schon aufgrund seiner Treuepflicht ist dem Geschäftsführer Wettbewerb mit der Gesellschaft untersagt. Dieses Wettbewerbsverbot zieht die Rechtsprechung weit. Es umfasst den gesamten in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand, jedenfalls, soweit die Gesellschaft ihn ausübt (BGH v. 5.12.1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162). Auch Geschäftschancen („corporate opportunities“) muss der Geschäftsführer in diesem Bereich zunächst der Gesellschaft anbieten; nur wenn diese die Geschäftschance nicht wahrnimmt, darf er sie selbst nutzen (BGH v. 10.2.1992 – II ZR 23/91, BB 1992, 726; v. 23.9.1985 – II ZR 246/84, ZIP 1985, 1484; KG v. 16.3.2010 – 14 U 45/09, GmbHR 2010, 869; OLG Frankfurt v. 13.5.1997, GmbHR 1998, 7; zum geschäftsführenden Gesellschafter einer GbR BGH v. 4.12.2012 – II ZR 159/10, ZIP 2013, 361; ferner Fleischer, NZG 2003, 985. Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, insbesondere die Nutzung von Geschäftschancen der Gesellschaft zu eigenen Zwecken, rechtfertigt vielfach eine fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages gem. § 626 Abs. 1 BGB. Ferner kann die Gesellschaft Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens sowie Schadensersatz verlangen oder an Stelle des Schadensersatzes Herausgabe des aus den wettbewerbswidrigen Geschäften erzielten Erlöses (§ 88 Abs. 1 Satz 2 AktG; § 113 HGB). 62 In einer aufsehenerregenden Entscheidung hat das OLG München (Hinweisbeschl. v. 2.8.2018 – 7 U 2107/ 18) die Auffassung vertreten, ein tätigkeitsbezogenes Wettbewerbsverbot mit Organmitgliedern sei schon deshalb unwirksam, weil es seinem Wortlaut nach auch ganz untergeordnete Tätigkeiten (Hausmeister) erfasse, an deren Untersagung das Unternehmen kein Interesse haben könne. Deshalb dürfe ein Wettbewerbsverbot von vornherein nur so formuliert werden, dass es sich auf eine Tätigkeit in Positionen bezieht, in denen das ausgeschiedene Organmitglied gefährlich werden könne. Diese Auffassung ist geradezu abwegig, da sie Umgehungsmöglichkeiten Tür und Tor öffnet. Auch ist eine trennscharfe Formulierung, die dem AGB-rechtlichen Transparenzgebot genügt, kaum möglich. Denkbar wäre allenfalls ein Zusatz wie „Dieses Verbot gilt nicht für die Aufnahme von untergeordneten Tätigkeiten, die die wettbewerblichen Interessen des Unternehmens nicht berühren“ oder ähnlich. 63 Umfassend zu Wettbewerbsverboten mit Organmitgliedern Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885 ff. Da die Zivilgerichte häufig eine geltungserhaltende Reduktion von zu weit gefassten Wettbewerbsverboten ablehnen (s. § 14 (8) des Musters m. Anm.), ist bei der Formulierung der sachlichen und geografischen Reichweite des Verbots größte Vorsicht geboten. Eine Erstreckung auf verbundene Unternehmen wie im vorliegenden Muster ist nur dann unproblematisch, wenn die verbundenen Unternehmen im gleichen Wettbewerbssegment tätig sind und deshalb ein Tätigwerden des ausscheidenden Organmitglieds bei der Konkurrenz auch deren Interessen berühren würde. Gibt es dagegen verbundene Unternehmen, die in ganz anderen Branchen und/oder im Ausland tätig sind, kann eine Konzernerstreckung das ganze Wettbewerbsverbot unwirksam machen. 64 Das Muster ist mit den nachstehenden Anmerkungen stark angelehnt an das Muster M 25.2. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers ist nicht an §§ 74 ff. HGB zu messen, sondern nur am Maßstab der Sittenwidrigkeit, § 138 BGB iVm. Art. 12 GG. Es muss einem berechtigten Interesse der Gesellschaft dienen; es gilt gleichfalls die zeitliche Höchstgrenze von zwei Jahren (zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bei Organmitgliedern zusammenfassend Lembke, BB 2020, 52, 58; zum Gesellschafter BGH v. 20.1.2015 – II ZR 369/13, NJW 2015, 1012 Rz. 11; zur Kollision zwischen nachvertraglichem Wettbewerbsverbot als Gesellschafter und als Geschäftsführer Baisch/Cardinale-Koc, NJW 2016, 1914). Bedingte Wettbewerbsverbote sind auch gegenüber Organmitgliedern unwirksam. 65 S. Anm. zu § 13 Satz 1 des Musters.

210 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4 der Gesellschaft im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen iSv. § 15 AktG verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen, es sei denn, der Anteilsbesitz ermöglicht keinen Einfluss auf die Organe des betreffenden Unternehmens. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit der Gesellschaft iSv. § 15 AktG verbundenen Unternehmen.66 (2) Für die Dauer des Verbots erhält der Geschäftsführer eine Entschädigung in Höhe von 50 % seiner letzten festen Vergütung. Die Entschädigung wird auf laufende Leistungen aus der Versorgungszusage gemäß § 7 angerechnet.67 (3) Das Verbot gilt räumlich für [Deutschland/Europa/alle Länder, in denen die Gesellschaft selbst oder über Tochtergesellschaften im Moment des Ausscheidens des Geschäftsführers tätig ist]. (4) Auf die Entschädigung muss sich der Geschäftsführer anderweitige Bezüge insofern anrechnen lassen, wie diese zusammen mit der Entschädigung 100 % der zuletzt bezogenen festen Vergütung übersteigen.68 Der Geschäftsführer hat über anderweitige Einkünfte zum Ende eines jeden Quartals unaufgefordert in Textform Auskunft zu geben, die Auskunft ist auf Anforderung zu belegen. oder (4) § 74c HGB gilt entsprechend. (5) Für jede Handlung, durch die der Geschäftsführer das Wettbewerbsverbot schuldhaft verletzt, hat er eine Vertragsstrafe in Höhe des letzten Bruttomonatsgehalts zu zahlen. Besteht die Verletzungshandlung in der kapitalmäßigen Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen oder der Eingehung eines Dauerschuldverhältnisses (zB Arbeits-, Dienst-, Handelsvertreter- oder Beraterverhältnis), wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat, in dem die kapitalmäßige Beteiligung oder das Dauerschuldverhältnis besteht, neu verwirkt (Dauerverletzung). Mehrere Verletzungshandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, ggf. auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne Verletzungshandlungen im Rahmen einer Dauerverletzung, sind sie von der für die Dauerverletzung verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst. Bei Verwirkung mehrerer Vertragsstrafen ist der gesamte Betrag der zu zahlenden Vertragsstrafen auf das Sechsfache des letzten Bruttomonatsgehalts begrenzt. Die Geltendmachung von Schäden, die über die verwirkte Vertragsstrafe hinausgehen, bleibt vorbehalten, desgleichen die Geltendmachung aller sonstigen gesetzlichen Ansprüche und Rechtsfolgen aus einer Verletzung (zB Unterlassungsansprüche, Wegfall des Anspruchs auf Karenzentschädigung für die Dauer des Verstoßes etc.).69 (6) Das Wettbewerbsverbot tritt nicht in Kraft, wenn der Geschäftsführer bei seinem Ausscheiden die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (z.Zt. Alter 67) erreicht oder das Anstellungsverhältnis weniger als ein Jahr bestanden hat. 66 S. Anm. zu § 13 letzter Satz des Musters. 67 Nach herrschender Auffassung (ausf. Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885) ist jedenfalls bei umfassenden Tätigkeitsverboten auch für GmbH-Geschäftsführer eine Karenzentschädigung zuzusagen, weil sonst das Verbot gegen § 138 BGB verstößt. Allerdings braucht die Höhe der Karenzentschädigung nicht § 74 Abs. 2 HGB zu entsprechen (BGH v. 26.3.1984, BGHZ 91, 5). Nach verbreiteter Auffassung (Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885) ist bspw. eine Karenzentschädigung in Höhe von 50 % der Festbezüge (ohne variable Vergütungen, vgl. aber § 74b HGB) ausreichend, jedenfalls wenn nicht die variable Vergütung die Festvergütung übersteigt. 68 Praxistipp: Nach der Rechtsprechung des BGH gilt für GmbH-Geschäftsführer § 74c HGB nicht analog (BGH v. 15.4.1991 – II ZR 214/89, DB 1991, 1508; v. 28.4.2008 – II ZR 11/07, NZG 2008, 664). Deshalb muss die Anrechnung anderweitigen Erwerbs bei GmbH-Geschäftsführern ausdrücklich geregelt werden. Dabei sind die Parteien nicht an die 110 %-Grenze des § 74c HGB gebunden. 69 Praxistipp: Ein Wettbewerbsverbot ohne Vertragsstrafe ist das Papier nicht wert, auf dem es steht, da ohne Vertragsstrafe keine wirksame Abschreckung erzielt werden kann. Trotz § 309 Nr. 6 BGB sind Vertragsstrafen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote zulässig (Bauer/Diller, NJW 2002, 1614). Die früher verbreiteten Standardvertragsstrafeklauseln (s. 3. Aufl.) hat das BAG mit Entscheidung v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06 (NZA 2008, 170) für unwirksam erklärt, da sie dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht genügten (ausf. Diller, NZA 2008, 574).

Lingemann | 211

Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers (7) Die Gesellschaft kann jederzeit – auch nach Beendigung dieses Dienstvertrages – auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass die Gesellschaft mit Ablauf von sechs Monaten seit der Verzichtserklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung frei wird.70 (8) Soweit vorstehende Regelungen nichts anderes bestimmen, gelten §§ 74 ff. HGB entsprechend, insbesondere § 74a HGB (geltungserhaltende Reduktion).71 [Evtl: § 74c HGB gilt jedoch nicht.]72

§ 15 Abwerbeverbot Der Geschäftsführer verpflichtet sich, während der Dauer und für einen Zeitraum von 24 Monaten nach Beendigung dieses Vertrages jede fremdnützige Abwerbung oder Beteiligung an der Abwerbung eines Mitarbeiters der Gesellschaft für fremde Arbeitgeber zu unterlassen.73

§ 16 Geheimhaltung74 (1) Der Geschäftsführer wird vertrauliche Informationen einschließlich Geschäftsgeheimnissen75 der Gesellschaft dritten Personen, einschließlich anderen Geschäftsführern oder Arbeitnehmern der Gesellschaft, nur im Rahmen seiner Befugnisse zum Wohle der Gesellschaft offenlegen und nutzen. Ferner wird er angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergreifen.76 (Pflichten nach diesem Absatz 1 insgesamt „Geheimhaltungspflicht“) (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung dieses Vertrages. Soweit der Geschäftsführer durch die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beeinträchtigt wird, kann er von der Gesellschaft die Befreiung von dieser Pflicht verlangen.77 (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen insbesondere: Geschäftsstrategien, wirtschaftliche Planungen, Preiskalkulationen und -gestaltungen, Wettbewerbsmarktanalysen, Umsatz- und Absatzzahlen, Personaldaten, Personalrestrukturierungskonzepte, Produktspezifikationen, Erfindungen, technische Verfahren und Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind und einen wirtschaftlichen Wert für die Gesellschaft darstellen, Kundendaten, Lieferantendaten, Passwörter, Zugangskennungen, […]. (4) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht in den Fällen des § 5 GeschGehG.

70 § 75a HGB erlaubt den Verzicht nur während des Anstellungsverhältnisses und auch nur mit der Folge, dass der Arbeitnehmer sofort frei wird, der Arbeitgeber jedoch noch ein Jahr lang Karenzentschädigung zahlen muss. Beim Geschäftsführer dürfte ein Verzicht auch nachträglich mit abgekürzter Restlaufzeit zulässig sein, einzuhalten ist mindestens aber die Kündigungsfrist des Vertrages. Formulierung nach Bauer/ von Medem, ArbRAktuell 2011, 473. 71 Das zentrale Problem bei Wettbewerbsverboten mit Organmitgliedern ist die Frage der geltungserhaltenden Reduktion. Diese ergibt sich bei Arbeitnehmern aus der gesetzlichen Regelung in § 74a HGB. Für Organmitglieder dagegen, deren Wettbewerbsverbote die Rechtsprechung an § 138 BGB misst, soll nach der – verfehlten – Rechtsprechung des BGH eine geltungserhaltende Reduktion ausscheiden, wenn sich die Unwirksamkeit des Verbots aus einer unangemessen weitreichenden sachlichen oder geografischen Reichweite des Verbots ergibt. Zulässig sein muss aber, durch ausdrückliche Inbezugnahme von § 74a HGB vertraglich die geltungserhaltende Reduktion auch bei Organmitgliedern zu vereinbaren. 72 Ohne diese Herausnahme würde durch die Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB auch die Anrechnungsregelung des § 74c HGB gelten, s. Anm. zu § 14 (4) des Musters. 73 Das Verbot fremdnütziger Abwerbung soll auch ohne Karenzentschädigung wirksam sein (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 8. Aufl. 2019, Rn. 129a). 74 S.o. Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b. Zu einer ausführlichen Klausel mit Alternativen in M 3.1, § 5. 75 Mit Inkrafttreten des GeschGehG am 26.4.2019 findet sich die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG. 76 Damit wird klargestellt, dass insb. die Geheimhaltungsmaßnahmen nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG (die der Arbeitgeber festlegen muss) tatsächlich umgesetzt werden. 77 Diese Einschränkung soll eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 BGB vermeiden.

212 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1a Kap. 4

§ 17 Erfindungen Für Erfindungen, die der Geschäftsführer während der Dauer des Dienstvertrages macht, gilt das Arbeitnehmererfindungsgesetz.78 Die Verwertung von technischen oder organisatorischen Verbesserungsvorschlägen, die sich unmittelbar oder mittelbar aus den Aufgaben des Geschäftsführers in der Gesellschaft ergeben oder die mit dieser Tätigkeit zusammenhängen, steht ausschließlich der Gesellschaft zu. oder79 (1) Erfindungen, die der Geschäftsführer während der Dauer dieses Dienstvertrages macht, stehen ausschließlich der Gesellschaft zu. Das gilt ebenfalls für technische und organisatorische Verbesserungsvorschläge, die sich unmittelbar oder mittelbar aus den Aufgaben des Geschäftsführers ergeben oder mit ihnen zusammenhängen. (2) Der Geschäftsführer ist verpflichtet, Erfindungen und Verbesserungsvorschläge der Gesellschaft oder einer von ihr benannten Person unverzüglich schriftlich mitzuteilen und die Gesellschaft bei der Erlangung von Patentschutz und sonstigen gewerblichen Schutzrechten zu unterstützen. (3) Ein Anspruch auf gesonderte Vergütung für Erfindungen und Verbesserungen besteht nicht. Die Leistung des Geschäftsführers ist mit der in § 4 vereinbarten Vergütung abgegolten. oder (1) Der Geschäftsführer überträgt hiermit alle übertragungsfähigen Rechte an den vom Geschäftsführer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit nach diesem Vertrag erbrachten Arbeitsergebnissen auf die dieses annehmende Gesellschaft. (2) Wenn und soweit Rechte an Arbeitsergebnissen nicht als solche übertragbar sind (etwa im Fall von deutschen Urheberrechten), räumt der Geschäftsführer hiermit der dies annehmenden Gesellschaft, vorbehaltlich des folgenden Absatzes, das ausschließliche, übertragbare und unterlizenzierbare Recht ein, solche Arbeitsergebnisse weltweit und ohne jede sachliche und zeitliche Beschränkung für die Dauer des jeweiligen Schutzrechts auf alle bekannten Nutzungsarten zu nutzen, insbesondere zu vervielfältigen, zu übertragen, auszuführen und zu bearbeiten. (3) Wenn und soweit das jeweilige Arbeitsergebnis als Werk i.S.d. § 2 UrhG geschützt ist, mit Ausnahme jedoch von Software i.S.d. § 69a UrhG, und keine der in § 40a Abs. 3 UrhG genannten Ausnahmen Anwendung finden, ist der Geschäftsführer berechtigt, das betroffene Arbeitsergebnis nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Nutzungsrechtseinräumung, anderweitig zu verwerten. (4) Die vorstehend genannten Übertragungen und Einräumungen von Rechten an den Arbeitsergebnissen sind durch die in diesem Vertrag vorgesehene Vergütung abgegolten.

§ 18 Rückgabe von Unterlagen Der Geschäftsführer hat bei seinem Ausscheiden alle die Angelegenheiten der Gesellschaft betreffenden Unterlagen, Urkunden, Aufzeichnungen, Notizen, Entwürfe oder hiervon gefertigte Durchschriften oder Kopien, gleich auf welchem Datenträger, unaufgefordert an die Gesellschaft zurückzugeben. Ihm steht an diesen Unterlagen ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Gesellschaft nicht zu. Auf Verlangen wird er der Gesellschaft schriftlich bestätigen, dass ihm keine Unterlagen gemäß Satz 1 mehr vorliegen.80

78 Das Arbeitnehmererfindungsgesetz gilt nicht unmittelbar für Organe einer juristischen Person. Alternativ kommt in Betracht, auch die Rechte an Erfindungen ohne gesonderte Vergütung der Gesellschaft zu übertragen. Enthält der Vertrag keine Regelung, so steht dem Geschäftsführer die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zu (BGH v. 24.10.1989 – X ZR 58/88, NJW-RR 1990, 349; v. 26.9.2006 – X ZR 181/03, GRUR 2007, 52). 79 Formulierungsvorschlag von Küttner/Röller, Personalbuch, 25. Aufl. 2018, M 25.3. Ausführlicher Formulierungsvorschlag bei Friemel/Kamlah, BB 2008, 613. 80 Die Bestätigungsklausel ist sinnvoll, damit nicht die Löschung vergessen wird. Sofern sich eine entsprechende Regelung schon im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertrages findet, ist sie hier natürlich entbehrlich.

Lingemann | 213

Kap. 4 M 4.1a | Dienstvertrag des Geschäftsführers § 19 Schriftform Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.81

§ 20 Ausschluss des Urkundenprozesses82 Keine Partei ist berechtigt, Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis im Wege des Urkundenprozesses gemäß §§ 592 ff. ZPO geltend zu machen.83

§ 21 Salvatorische Klausel84 (9) Sollten einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, welche dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt. Dies gilt auch dann, wenn die Unwirksamkeit einer Bestimmung auf einem Maß der Leistung oder der Zeit beruht; es gilt dann das rechtlich zulässige Maß.85 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Gesellschaft)

(Geschäftsführer)

81 Zur Schriftformklausel im Arbeitsverhältnis vgl. im Einzelnen M 2.1a Ziff. 14 m. Anm. Die Problematik betrieblicher Übung stellt sich im Verhältnis zum Geschäftsführer allerdings nicht, da für den Geschäftsführer betriebliche Übungen nicht gelten, jedenfalls sofern er nicht ausnahmsweise Arbeitnehmer ist; uE kann die Klausel jedoch unabhängig von einer möglichen betrieblichen Übung auch im Dienstvertrag des Geschäftsführers verwendet werden. 82 Zu Einzelheiten der Klage des GmbH-Geschäftsführers im Urkundenprozess Dzida, ArbRB 2018, 379. 83 Der BGH hält den Ausschluss des Urkundenprozesses bei Rückgriff aufgrund einer Bürgschaft auf erstes Anfordern für zulässig (BGH v. 12.7.2001 – IX ZR 380/98, NJW 2001, 3549). Der Ausschluss des Urkundenprozesses kann daher zumindest individualvertraglich vereinbart werden (ohne Differenzierung nach AGB und Individualvertrag: Münch-KommZPO/Braun, § 592 Rz. 8; Musielak/Voit, § 592 ZPO Rz. 15; Zöller/ Greger, Vorbem. § 592 ZPO Rz. 4). In Formulargeschäftsführerverträgen ist der Ausschluss dann zulässig, wenn er für beide Vertragsparteien gilt. Er ist allerdings wenig verbreitet. 84 Zur salvatorischen Klausel s. M 3.1 § 26 m. Anm. 85 S. M 3.1, § 26 m. Anm.; aufgrund der Unwägbarkeiten beim Wettbewerbsverbot ist eine salvatorische Klausel ratsam. Im Geschäftsführervertrag dürfte auch eine automatische Anpassung zulässig sein, anderenfalls wäre [3.1, § 26] zu verwenden.

M 4.1b Service Agreement of the Managing Director Service Agreement between the company […] (hereinafter: Company) and […] (hereinafter: Managing Director)

Preliminary remark […] was appointed Managing Director of the Company by resolution of the shareholders’ meeting of […] with effect as of […] The following has been agreed in this respect:

214 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1b Kap. 4

§ 1 Representation (1) The Managing Director shall represent the Company alone. or (1) The Managing Director shall represent the Company together with another managing director or procuration officer (Prokurist). (2) The Managing Director is released from the restrictions set forth in section 181 of the German Civil Code (BGB). (3) The Company can change the authority to represent at any time.

§ 2 Management (1) The Managing Director shall run the Company or the […] business area of the Company in accordance with the statutes, this Agreement, the articles of association, any rules of procedure for the management as they may change from time to time, as well as the stipulations of the shareholders. (2) The Managing Director shall require the explicit prior consent of the shareholders’ meeting for the transactions listed in the rules of procedure for the management/the articles of association of the Company. or (2) The Managing Director shall require the explicit prior consent of the shareholders’ meeting for all transactions and measures that go beyond the Company’s ordinary business operation. This includes in particular: – the sale and closure of the Company’s operation or material parts thereof; – the establishment of branches; – the acquisition or sale of other undertakings or participations of the Company; – the acquisition, sale or encumbrance of real properties and equivalent rights, as well as the obligation to enter into legal transactions of this nature; – the assumption of suretyships or guarantees of any kind; – the utilization or granting of loans or security payments of any kind that exceed EUR […] and are not customary in the trade; – the conclusion, amendment or cancellation of contracts that burden the Company with more than EUR […] in an individual case; – the hiring, promotion or dismissal of executive employees within the meaning of section 5 (3) and (4) of the German Works Constitution Act (BetrVG); – the issuance or revocation of full powers of attorney (Prokuren) and commercial powers of attorney (Handlungsvollmachten); – the issuance of pension commitments of any kind. This list of transactions and measures requiring the prior consent of the shareholders can be expanded or restricted at any time by resolution of the shareholders’ meeting. if applicable (3) The Managing Director bears liability toward the Company only for intent and gross negligence. Section 43 (3) of the German Limited Liability Companies Act (GmbHG) remains unaffected. (4) All claims arising from the service relationship and the status as a governing body, including claims in tort, shall be asserted in text form by the Parties within six months of their maturity; otherwise, they shall extinguish.

Lingemann | 215

Kap. 4 M 4.1b | Dienstvertrag des Geschäftsführers (5) The Company may appoint additional managing directors at any time. The shareholders’ meeting shall determine the allocation of the business among the managing directors. (6) The Managing Director shall run the business area […]. The Company shall be entitled to assign other equivalent tasks to him, even if they involve a change of location. or (6) The contractual relationship is specified as the agreed upon position in the undertaking as a […] with his workplace in […] Any change shall require the consent of the Managing Director. or (6) The transfer of the Managing Director to a different location without his consent shall be permissible only in compliance with an advance notice period of […]. (7) At the request of the shareholders’ meeting, the Managing Director shall also perform governing body activities in affiliated companies; these shall be discharged by the remuneration pursuant to § 4.

§ 3 Term of Agreement (1) The Agreement commences on […] and is concluded for a term of […] year(s). It shall extend by […] year(s) at a time if it is not terminated with a notice period of […] months prior to the end of the Agreement. (if applicable It replaces the employment agreement of […], with all subsequent amendments, which thereby comes to an end.) or (1) The Agreement is entered into for an indefinite period. The employment relationship may be terminated by either party with a notice period of […]. Apart from that, the provisions of the Protection Against Wrongful Dismissals Act (KSchG) shall apply to the benefit of the Managing Director [if applicable: with the exception of section 14 (2) sentence 2 of the Protection Against Wrongful Dismissals Act]. (2) This Agreement shall end, without a dismissal being necessary, at the end of the month in which the Managing Director reaches the normal age of retirement of the statutory pension funds (currently the 67th birthday) or his complete reduction in earning capacity is determined. (3) The Agreement may be summarily terminated for good cause at any time. The Company shall in particular have cause for termination if […] – the Managing Director violates the restrictions of management that have been imposed on him internally (in particular pursuant to § 2 (2)), […] if applicable The Managing Director shall in particular have cause for termination if […] – the majority of the shares in the Company are sold to persons outside of the current group of shareholders. (4) The appointment as Managing Director can be revoked at any time by resolution of the shareholders’ meeting. if applicable The revocation of the appointment (removal) shall be deemed to constitute a termination of this Agreement at the next possible date. However, if the revocation is due to grounds that do not at the same time constitute cause for summary termination of the Service Agreement pursuant to section 626 of the German Civil Code (BGB), the Service Agreement shall only end upon the expiration of the statutory notice period as of the end of the position as a governing body [if applicable: The same shall apply if the Managing Director resigns from his office].

216 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1b Kap. 4 or After the end of the position as a governing body, both parties shall be entitled to terminate this Service Agreement ordinarily with the statutory notice period. or The revocation of the appointment (removal) shall be deemed to constitute a termination of this Agreement at the next possible date. However, if the revocation is due to grounds that do not at the same time constitute cause for summary termination of the Service Agreement pursuant to section 626 of the German Civil Code (BGB), the Service Agreement shall end only upon the expiration of the contractual term pursuant to paragraph 1. [if applicable: The same shall apply if the Managing Director resigns from his office.] (5) Any termination/removal must be in written form. If the Managing Director is present during the adoption of the resolution, notwithstanding sentence 1, the termination will have already been declared to him in a valid form by virtue of the announcement of the resolution on the removal and/or termination by the chairperson of the meeting. If the Managing Director is not present, the termination shall be declared to him by virtue of the transmission of the minutes of the meeting with the resolution on the removal and/or termination by the chairperson of the meeting. (6) A termination by the Managing Director must be declared to the shareholder with the greatest capital participation in the Company. or (6) A termination by the Managing Director must be declared to the other managing director or, if none has been appointed, to the chairperson of the shareholders’ meeting. (7) Following the termination of this Agreement, regardless of which Party has terminated [if applicable: as well as in the case of a revocation of the position as governing body or the Managing Director’s resignation from his office], the Company shall be entitled to release the Managing Director from his obligation to render services for the Company at any time, with continuation of the remuneration and an offsetting against vacation claims. For the period of the release, section 615 sentence 2 of the German Civil Code (BGB) shall apply.

§ 4 Remuneration (1) The Managing Director shall receive for his services a) a fixed annual salary of EUR […], payable in monthly installments of EUR […] at the end of each month; b) for the period up to […], a guaranteed bonus of EUR […]/year, payable each year on […]; c) an annual bonus to be determined by the shareholders’ meeting, taking into account the economic results of the fiscal year, following the adoption of the annual financial statement. or a) a salary of EUR […] per month, to be paid at the end of each month; b) a Christmas bonus in the amount of a monthly salary as of 1 December and vacation money in the amount of a monthly salary as of 1 July, payable each year; c) a bonus in the amount of […] % of the Company’s annual profit. Basis of assessment for the calculation of the bonus shall be the Company’s annual net income after taxes and before deduction of any reserves and profit-related bonuses of the managing directors. Any loss carried forward from the previous year shall be taken into account in forming the basis of assessment for the calculation of the bonus. Revenues from unusual transactions (e.g. sale of a business division) shall not be taken into account in forming the basis of assessment for the calculation of the bonus. d) The bonus shall be payable one month after the adoption of the annual financial statement by the shareholders’ meeting. e) Should the Company terminate the Service Agreement for cause, the Managing Director’s claim for a bonus for the year in which the termination comes into effect shall extinguish.

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Kap. 4 M 4.1b | Dienstvertrag des Geschäftsführers or e) The claim for a bonus exists only for the duration of the position as a governing body. Should this position end during a year, the claim shall exist pro rata temporis. (2) Any additional, Sunday and holiday work shall be discharged with this remuneration. (3) The Company shall review the remuneration on 1 January of each year, for the first time on 1 January […] or (3) Should the salary of a technical employee of the […] group increase or decrease by more than 10 % pursuant to the collective bargaining agreement, then the salary defined in § 4 (1) (a) shall be increased or decreased in the same proportion. In the event of any further increases or decreases, sentence 1 shall apply mutatis mutandis. (4) Unless otherwise provided above, if the Managing Director joins or leaves the Company during a year, the remuneration shall be paid pro rata temporis.

§ 5 Continued payment of remuneration (1) Should the Managing Director be prevented from rendering services pursuant to this Agreement due to an inability to work resulting from illness or another reason beyond his control, the remuneration pursuant to § 4 (1) […] shall continue to be paid for six months, but at most up to the end of the service relationship. The Managing Director must allow these payments to be set off against the sick pay, daily benefits or pension he receives from health insurance funds or insurances, to the extent these benefits are not based exclusively on his contributions. (2) The Managing Director here and now assigns to the Company any claims against third parties to which he is entitled due to his inability to work. This assignment shall be limited to the payments made or to be made pursuant to paragraph 1. (3) Should the Managing Director pass away during the term of this Agreement, his widow and dependent children shall have a claim as joint and several creditors to continued payment of the salary pursuant to § 4 (1) for the month of death and the following three months. Should the Managing Director not leave behind a widow or dependent children, no claim pursuant to sentence 1 shall exist.

§ 6 Insurances (1) The Company shall take out accident insurance for the Managing Director against industrial accidents and accidents in daily life for the duration of this Agreement with a coverage of EUR […] for death and EUR […] for invalidity. (2) The Company shall take out legal expenses insurance for the Managing Director with a coverage of EUR […] per damage event, which covers the following risks: – assertion of claims against him for financial losses due to statutory liability provisions, – defense in investigative, criminal or administrative offense proceedings for offenses committed through negligence, – protection of legal interests under this Service Agreement. (3) The Company shall insure the Managing Director against claims, in particular damages claims, to which the Company and/or third parties could be entitled due to or in connection with his activity, with a coverage of EUR […] per damage event. The insurance protection shall exclude, with regard to the degree of fault, mere breaches of duty that were knowingly committed from the insurance coverage. The retroactive insurance coverage is unlimited, and a vested extended reporting period of at least five years shall be agreed upon.The Company shall include the Managing Director in its third party liability insurance. It shall allow the Managing Director, upon his request at any time, to inspect the insurance documents and present the receipts for the premium payments. This obligation shall survive this Service Agreement.

218 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1b Kap. 4

§ 7 Pension commitment (1) The Company shall take out life insurance for the Managing Director for the purpose of providing an old age, reduction in earning capacity and survivor’s pension, with a coverage of EUR […], which shall be due and payable on his 67th birthday, at the onset [if applicable: of a partial reduction in earning capacity pursuant to section 43 (1) of the Social Security Code (SGB) VI or] of a full reduction in earning capacity pursuant to section 43 (2) Social Security Code VI or the death of the Managing Director. (2) The insurance premiums shall be paid by the Company for the duration of this Service Agreement, in addition to the remuneration pursuant to § 4. They are taxable remuneration but shall be taxed as a lump sum to the extent legally possible. (3) In the event of the Managing Director’s survival, he shall be irrevocably entitled to benefits from the insurance; in the event of his death, the persons designated by him or, if no such designation is made, his heirs shall be so entitled. This irrevocable entitlement to benefits cannot be used as collateral for a loan or assigned or pledged. (4) Should the Managing Director leave the Company before achieving the normal age of retirement of the statutory pension funds, without a partial or full reduction in earning capacity having occurred, the Company shall transfer the insurance, with all rights and duties, to the Managing Director, provided that at the time of his leaving, he has worked for the Company for at least […] years. (5) In all other respects, the provisions of sections 1 et seqq. of the Company Pensions Act (BetrAVG) shall apply. or (1) The Managing Director shall receive a pension amounting to […] % of the fix salary paid to him most recently/on […] pursuant to § 4 (1) (a). The Pension shall be paid as of the Managing Director’s 67th birthday (age of retirement) or earlier in the event of [if applicable: a partial reduction in earning capacity pursuant to section 43 (1) of the Social Security Code (SGB) VI or] a full reduction in earning capacity pursuant to section 43 (2) Social Security Code (SGB) VI in monthly installments at the end of each month. (2) In the period between his leaving and his reaching of the age of retirement, no indexation/adjustment of the expectancy shall take place; once the age of retirement has been reached, the statutory adjustment provision in section 16 of the Company Pensions Act (BetrAVG) shall apply. (3) Should the Managing Director pass away during the term of this Agreement with the Company or after his retirement upon expiration of the contractual term, then his widow, if the marriage was still legally valid on the date on which the Managing Director passed away, shall receive 60 % of the pension he received or would have received had he been retired on the day of his death. The widow’s benefits shall cease to be paid if she remarries. No claim to widow’s benefits exists if the marriage did not take place until after the retirement. (4) Paragraph 2 shall apply mutatis mutandis for a registered life partner (Lebenspartner). (5) In all other respects, the provisions of sections 1 et seqq. of the Company Pensions Act (BetrAVG) shall apply.

§ 8 Expenses (1) Travel expenses and other expenditures the Managing Director incurs in the performance of his tasks within the scope of this Agreement shall be refunded to him in accordance with the relevant internal guidelines of the Company. or (1) Travel expenses and other expenditures the Managing Director incurs in the performance of his tasks within the scope of this Agreement shall be refunded to him upon presentation of receipts at the maximum rates permissible under the tax laws. (2) Where the Managing Director uses public transportation for his business trips, he shall be entitled to travel first class, and […] class for air travel.

Lingemann | 219

Kap. 4 M 4.1b | Dienstvertrag des Geschäftsführers (3) The Company shall bear the cost of a business mobile telephone with the accompanying contract, device and telephony costs. The Managing Director may also use the mobile telephone for his own private purposes to an appropriate extent. The income tax on the imputed income for the private use shall be borne by the Managing Director.

§ 9 Company vehicle (1) For his activity within the scope of this Agreement the Company shall provide the Managing Director with an automobile pursuant to the respective internal guidelines of the Company/type […] or equivalent. The Managing Director may also use this car for his own private purposes. The income tax on the imputed income for the private use shall be borne by the Managing Director. (2) The vehicle shall be returned to the Company without delay once his position as Managing Director comes to an end. The Managing Director shall have no right of retention to the vehicle and no claim for compensation for lost use benefits. or (2) The Managing Director shall be entitled to use the company vehicle for the entire duration of this Agreement.

§ 10 Working time The Managing Director shall make his entire work capacity, technical knowledge and experience available to the Company.

§ 11 Secondary employment The Managing Director may assume a secondary employment, remunerated or unremunerated, a seat on a supervisory board, advisory board or the like, or an honorary position only with the Company’s written permission.

§ 12 Vacation (1) The Managing Director shall have a claim to a paid annual vacation of 30 working days. His vacation shall be scheduled in consideration of the Company’s interests in agreement with the other managing directors. (2) If the Managing Director cannot take a vacation because that would conflict with the interests of the Company, then the remaining vacation claim shall be carried over to the next year. It shall not be further carried over to the following years. (3) The Managing Director shall ensure that he can be reached on short notice even while on vacation.

§ 13 Covenant not to compete The Managing Director shall be prohibited from working for a company for the term of this Agreement on a freelance, dependent or other basis that is in direct or indirect competition with the company or is affiliated with a competitive company within the meaning of section 15 of the Stock Corporation Act (AktG). In the same way, the Managing Director shall be prohibited from forming, acquiring or directly or indirectly participating in such a company during the term of this prohibition unless his shareholding does not enable him to exert influence over the governing bodies of the company in question. The covenant not to compete shall also apply to the benefit of affiliates of the Company within the meaning of section 15 Stock Corporation Act.

§ 14 Post-contractual covenant not to compete (1) The Managing Director shall be prohibited from working for a company for a period of two years following the termination of this Agreement on a freelance, dependent or other basis that is in direct or indir-

220 | Lingemann

Dienstvertrag des Geschäftsführers | M 4.1b Kap. 4 ect competition with the company or is affiliated with a competitive company within the meaning of section 15 of the Stock Corporation Act. In the same way, the Managing Director shall be prohibited from forming, acquiring or directly or indirectly participating in such a company during the term of this prohibition unless his shareholding does not enable him to exert influence over the governing bodies of the company in question. The covenant not to compete shall also apply to the benefit of affiliates of the Company within the meaning of section 15 Stock Corporation Act. (2) During the term of the covenant not to compete, the Managing Director shall receive compensation in the amount of 50 % of his last fixed remuneration. The compensation shall be credited against ongoing payments made pursuant to the pension commitment set forth in § 7. (3) The covenant not to compete shall apply for the territory of [Germany/Europe/every country in which the company is active itself or by way of subsidiaries at the moment of the Managing Director’s leaving]. (4) The Managing Director must accept the reduction of the compensation in an amount equal to any other remuneration insofar as the latter, together with the compensation, exceeds 100 % of the last fixed remuneration received by him. The Managing Director must provide information about any other income at the end of each quarter in text form without being requested to do so; proof that he has provided such information must be furnished on request. or (4) Section 74c of the German Commercial Code (HGB) applies mutatis mutandis. (5) For every action by which the Managing Director culpably breaches the covenant not to compete, he must pay a contractual penalty in the amount of the last gross monthly salary. If the breaching activity consists of a capital participation in a competing company or entry into a contract for the performance of a continuing obligation (e.g. employment, service, commercial agent or consultancy relationship), the contractual penalty for each full or partial month in which the capital participation or the contract for the performance for a continuing obligation exists shall be imposed anew (ongoing breach). Multiple breaches shall each trigger a separate contractual penalty, possibly even more than once within a month. On the other hand, if individual breaches occur within the scope of an ongoing breach, they shall be included in the contractual penalty owed for the ongoing breach. Where several contractual penalties are incurred, the total amount of contractual penalties to be paid shall be limited to six times the amount of his last gross monthly salary. The Company reserves the right to assert damages above and beyond the incurred contractual penalty, as well as to assert all other statutory claims and legal consequences arising from a breach (e.g. cease and desist claims, forfeiture of the compensation claim for the duration of the breach, etc.). (6) The post-contractual covenant not to compete shall not enter into force if upon his resignation the Managing Director has reached the statutory retirement age under the statutory retirement pension scheme (currently 67 years of age) or the service relationship lasted less than one year. (7) The Company may waive the covenant not to compete at any time – even after this Service Agreement comes to an end – with the result that it will be free of the obligation to pay the compensation upon the expiration of six months since the declaration of waiver. (8) Unless otherwise provided above, section 74 et seq. of the German Commercial Code shall apply mutatis mutandis, in particular section 74a German Commercial Code (restriction of provisions in order to maintain validity). [If applicable: However, section 74c German Commercial Code shall not apply.]

§ 15 Non-solicitation agreement The Managing Director undertakes, for the duration of his contract and for a period of 24 months after it comes to an end, not to solicit for the benefit of third parties or participate in the solicitation of an employee of the Company for another employer.

§ 16 Confidentiality (1) The Managing Director shall disclose and use confidential information, including business secrets of the undertaking, to third parties, including other managing directors or employees of the Company, only

Lingemann | 221

Kap. 4 M 4.1b | Dienstvertrag des Geschäftsführers within the scope of his authority for the benefit of the undertaking. He shall further take appropriate measures to maintain confidentiality. (Duties pursuant to this paragraph 1 collectively “Duty of Confidentiality”) (2) The Duty of Confidentiality shall survive the termination of this agreement. Should the post-contractual Duty of Confidentiality unreasonably hinder the Managing Director in his professional advancement, he may ask the Company to exempt him from this duty. (3) Confidential information comprises business secrets and all material information which has been designated as confidential or for which such confidentiality is evident from the circumstances. This includes in particular: business strategies, economic plans, price calculations and structures, competitive market analyses, turnover and sales figures, personnel data, HR restructuring concepts, product specifications, inventions, technical processes and procedures which are not publicly known and are of economic value for the Company, customer data, supplier data, passwords, access codes, […]. (4) The Duty of Confidentiality shall not apply in the cases set out in § 5 Business Secrets Act (GeschGehG).

§ 17 Inventions Inventions made by the Managing Director during the term of the Service Agreement shall be governed by the Act on Employees’ Inventions (Arbeitnehmererfindungsgesetz). The Company shall be exclusively entitled to exploit technical or organizational suggestions for improvement that arise directly or indirectly from the tasks of the Managing Director in the Company or are associated with this activity. or (1) The Company shall be exclusively entitled to inventions made by the Managing Director during the term of this Service Agreement. This shall also apply to technical and organizational suggestions for improvement that result directly or indirectly from the Managing Director’s tasks or are related to them. (2) The Managing Director shall be obligated to notify the Company, or a person designated by it, of any inventions and suggestions for improvement in writing without delay and assist the Company in obtaining patent protection and other intellectual property rights. (3) The Managing Director shall not have a claim to separate remuneration for inventions and suggestions for improvement. The Managing Director’s performance shall be discharged by the remuneration agreed upon in § 4. or (1) The Managing Director hereby transfers all transferable rights to the work results achieved by the Managing Director in connection with his services under this Agreement to the Company, which hereby accepts such transfer. (2) If and to the extent that rights to work results are not transferable as such (e.g. in the case of German copyrights), the Managing Director hereby grants to the accepting Company, subject to the following paragraph, the exclusive, transferable and sub-licensable right to use and exploit such work results worldwide and without any restriction in subject-matter or time for the duration of the respective IP right for all known manners of use, in particular to reproduce, transfer, execute and process it. (3) If and to the extent the respective work result is protected as a work within the meaning of section 2 of the Copyright Act (UrhG) – but with the exception of software within the meaning of section 69a of the Copyright Act – and none of the exceptions set out in section 40a (3) of the Copyright Act apply, the Managing Director shall be entitled to exploit the relevant work result elsewhere after a period of ten years has elapsed, calculated as of the date of the granting of the respective use right. (4) The above transfers and granting of rights to the work results shall be discharged by the remuneration provided for in this Agreement.

§ 18 Return of documents Upon leaving the Company, the Managing Director shall return to the Company of his own accord all documents, deeds, records, notes, drafts or carbon copies or photocopies made thereof relating to the Company’s business, regardless of what data carrier they are on. He shall not be entitled to a right of re-

222 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | Kap. 5 tention to these documents against the Company. Upon request, he shall confirm to the Company in writing that he is no longer in possession of any documents pursuant to sentence 1.

§ 19 Written form Amendments to this Agreement by individual contractual arrangement shall be valid in any form. Otherwise, contractual amendments must be in written form; this also applies to the amendment of this written form agreement.

§ 20 Exclusion of procedure using only documentary evidence No Party shall be entitled to assert claims arising from or in connection with the services relationship by way of a procedure using only documentary evidence (Urkundenprozess) pursuant to sections 592 et seqq. German Code of Civil Procedure (ZPO).

§ 21 Severability clause Should any provisions of this Agreement be or become wholly or partially invalid, this shall not affect the validity of the remaining provisions. In place of the invalid provision, a valid provision shall be deemed agreed which comes closest to the spirit and purpose of the invalid provision. This shall apply even if the invalidity of a provision is based on a measure of performance or time; in that case, the legally permitted measure shall apply. […]

[…]

(City, date)

(City, date)

[…]

[…]

(Company)

(Managing Director)

Kapitel 5 Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Person des Vorstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organstellung und Dienstvertrag . . a) Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuständigkeit für Abschluss und Änderung des Dienstvertrages . bb) Form des Dienstvertrages . . . . cc) Dauer des Dienstvertrages . . . . 3. Pflichten und Verantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . 4. Vorstandsvergütung – ARUG II . . 5. Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) . . . . . . . . . . . . . .

_ __ __ ___ __ _ 1 1 3 3 6

8 10 11 12 13 18

6. Sozialversicherungsrechtliche Stellung des Vorstandsmitglieds . . 7. AGB-Kontrolle des Vorstandsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schreiben zur Herabsetzung der Bezüge und Versorgung des Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Herabsetzung der Bezüge und Versorgung des Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . .

_ _ 26 27

_ _ _

M 5.1 M 5.2

M 5.3

Literatur: AGG: Dzida/Naber, Diskriminierungsschutz für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, ArbRB 2012, 373; Jaeger, Zur Problematik von Altersgrenzen für Vorstandsmitglieder im Hinblick auf das AGG, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 495; Lutter, Anwendbarkeit der Altersbestimmungen des AGG auf Organpersonen, BB 2007, 725; Menkel, Anwendung des AGG bei Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsräten, BB 2020, 1716.

Lingemann | 223

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | Kap. 5 tention to these documents against the Company. Upon request, he shall confirm to the Company in writing that he is no longer in possession of any documents pursuant to sentence 1.

§ 19 Written form Amendments to this Agreement by individual contractual arrangement shall be valid in any form. Otherwise, contractual amendments must be in written form; this also applies to the amendment of this written form agreement.

§ 20 Exclusion of procedure using only documentary evidence No Party shall be entitled to assert claims arising from or in connection with the services relationship by way of a procedure using only documentary evidence (Urkundenprozess) pursuant to sections 592 et seqq. German Code of Civil Procedure (ZPO).

§ 21 Severability clause Should any provisions of this Agreement be or become wholly or partially invalid, this shall not affect the validity of the remaining provisions. In place of the invalid provision, a valid provision shall be deemed agreed which comes closest to the spirit and purpose of the invalid provision. This shall apply even if the invalidity of a provision is based on a measure of performance or time; in that case, the legally permitted measure shall apply. […]

[…]

(City, date)

(City, date)

[…]

[…]

(Company)

(Managing Director)

Kapitel 5 Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Person des Vorstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organstellung und Dienstvertrag . . a) Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuständigkeit für Abschluss und Änderung des Dienstvertrages . bb) Form des Dienstvertrages . . . . cc) Dauer des Dienstvertrages . . . . 3. Pflichten und Verantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . 4. Vorstandsvergütung – ARUG II . . 5. Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) . . . . . . . . . . . . . .

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6. Sozialversicherungsrechtliche Stellung des Vorstandsmitglieds . . 7. AGB-Kontrolle des Vorstandsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schreiben zur Herabsetzung der Bezüge und Versorgung des Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Herabsetzung der Bezüge und Versorgung des Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . .

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M 5.1 M 5.2

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Literatur: AGG: Dzida/Naber, Diskriminierungsschutz für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, ArbRB 2012, 373; Jaeger, Zur Problematik von Altersgrenzen für Vorstandsmitglieder im Hinblick auf das AGG, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 495; Lutter, Anwendbarkeit der Altersbestimmungen des AGG auf Organpersonen, BB 2007, 725; Menkel, Anwendung des AGG bei Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsräten, BB 2020, 1716.

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Kap. 5 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds Beendigung: Bauer, Rechtliche und taktische Probleme bei der Beendigung von Vorstandsverhältnissen, DB 1992, 1413; Bauer, Kündigung und Kündigungsschutz vertretungsberechtigter Organmitglieder, BB 1994, 855; Bauer/von Medem, Spielregeln und Usancen bei der Beendigung von Vorstandsverträgen, NZA 2014, 238; Hohenstatt/Naber, Die „Abfindung der Restlaufzeit“ bei der vorzeitigen Auflösung von Vorstandsverträgen, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 447; Jaeger, Die Auswirkungen des VorstAG auf die Praxis von Aufhebungsvereinbarungen, NZA 2010, 128; Meier, Der Vertrauensentzug nach § 84 Abs. 3 S. 2 AktG und die hierauf gestützte Beendigung des Vorstandsvertrages, FS 25 Jahre Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein, 2006, S. 505; Möllers/Christ, Selbstprüfungsverbot und die zweijährige Cooling-off-Periode beim Wechsel eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat nach dem VorstAG, ZIP 2009, 2278. Haftung: Haarmann/Weiß, Reformbedarf bei der aktienrechtlichen Organhaftung, BB 2014, 2115; Hasselbach/Ebbinghaus, Anwendung der Business Judgement Rule bei unklarer Rechtslage, AG 2014, 873; Lange, Die Haftung des (versicherungsnehmenden) Unternehmens an Stelle des D&O-Versicherers, VersR 2010, 162; Lingemann/Wasmann, Mehr Kontrolle und Transparenz im Aktienrecht – Das KonTraG tritt in Kraft, BB 1998, 853; Melot de Beauregard/Gleich, Aktuelle Probleme bei der D&O Versicherung, NJW 2013, 824; Peltzer, Das Mannesmann-Revisionsurteil aus der Sicht des Aktien- und Allgemeinen Zivilrechts, ZIP 2006, 205; Schubert, Der Diskriminierungsschutz der Organvertreter und die Kapitalverkehrsfreiheit der Investoren im Konflikt, ZIP 2013, 289. Vergütung/ARUG II/DCGK: Arnold, Variable Vergütung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Konzern, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 35; Arnold/Herzberg/Zeh, Das Vergütungssystem börsennotierter Gesellschaften nach § 87a AktG, AG 2020, 313; Arnold/Schansker, Vergütungsgestaltung in Vorstandsverträgen – Rechtliche Anforderungen und praktische Umsetzung, KSzW 2012, 39; Baeck/Götze/Arnold, Festsetzung und Herabsetzung der Geschäftsführervergütung – Welche Änderungen bringt das VorstAG?, NZG 2009, 1121; Bauer/Arnold, Festsetzung und Herabsetzung der Vorstandsvergütung nach dem VorstAG, AG 2009, 717; Bauer/Göpfert/Siegrist, Abberufung von Organmitgliedern: Wegfall der variablen Vergütung?, DB 2006, 1774; Cisch/Böhm, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und die betriebliche Altersversorgung in Deutschland, BB 2007, 602; Diller, Nachträgliche Herabsetzung von Vorstandsvergütungen und -ruhegeldern nach dem VorstAG, NZG 2009, 1006; Dörrwächter/Wolff, Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats bei der Vereinbarung von Clawback-Klauseln, AG 2020, 233; Faber/v. Werder, Nicht-finanzielle Ziele als Element nachhaltiger Vorstandsvergütung, AG 2014, 608; Fleischer, Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), NZG 2009, 801; Fleischer, Aufsichtsratsverantwortlichkeit für die Vorstandsvergütung und Unabhängigkeit der Vergütungsberater, BB 2010, 67; Fleischer/Bauer, Von Vorstandsbezügen, Flugreisen, Festschriften, Firmensponsoring und Festessen: Vorstandshaftung für übermäßige Vergütung und „fringe benefits“, ZIP 2015, 1901; Fleischer/Thüsing, Handbuch des Vorstandsrechts, 2016, §§ 4–6; Goj, Die Festlegung betragsmäßiger Höchstgrenzen der Vorstandsvergütung nach Ziff. 4.2.3 Abs. 2 Satz 6 DCGK, AG 2015, 173; Grimm/Freh, Die neuen Regeln der Vorstandsvergütung nach dem ARUG II, ArbRB 2020, 192; Grimm, Sozialversicherungspflicht des GmbH-Geschäftsführers und AG-Vorstands?, DB 2012, 175; Hohenstatt/Seibt, Die DCGK-Reform 2019: Neue Leitplanken für die Gestaltung unternehmenswohlfördernder Vorstandsvergütung?, ZIP 2019, 11; Hohenstatt/Kuhnke, Vergütungsstruktur und variable Vergütungsmodelle für Vorstandsmitglieder nach dem VorstAG, ZIP 2009, 1981; Ihrig/Wandt/Wittgens, Die angemessene Vorstandsvergütung drei Jahre nach Inkrafttreten des VorstAG, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40; Jochum, Angemessene Vergütung von Bankvorständen, NZA 2017, 1371; Kort, Freiwillige und gänzlich unbestimmte Teile der Vorstandsvergütung: AGB Kontrolle und Anwendung von § 87 AktG, NZG 2020, 121; Lingemann, Angemessenheit der Vorstandsvergütung – Das VorstAG ist in Kraft, BB 2009, 1918; Löbbe/Fischbach, Die Neuregelungen des ARUG II zur Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften, AG 2019, 373; Roth, Deutscher Corporate Governance Kodex 2020, GmbHR 2020, 116; Schockenhoff/Nußbaum, Claw-Back-Klauseln in Vorstandsverträgen, AG 2018, 813; Seyfarth, Clawback-Vereinbarungen in Vorstandsverträgen, WM 2019, 521; Sieg/Barz, Vorstandsvergütung, AuA 2018, 723; Spindler, Die Neuregelung der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung im ARUG II, AG 2020, 61; Suchan/Winter, Rechtliche und betriebswirtschaftliche Überlegungen zur Festsetzung angemessener Vorstandsbezüge nach Inkrafttreten des VorstAG, DB 2009, 2531; Spindler, Die Neuregelung der Vorstands-und Aufsichtsratsvergütung im ARUG II, Nachträgliche Herabsetzung der Vorstandsbezüge wegen Verschlechterung der Lage der Gesellschaft, DB 2016, 403; Werner, Clawback-Regelungen in Vorstandsverträgen, NZA 2020, 155. Vertragsgestaltung: Bauer/Arnold, AGB-Kontrolle von Vorstandsverträgen, ZIP 2006, 2337; Bauer/Arnold, Mannesmann und die Folgen für Vorstandsverträge, DB 2006, 546; Bauer/Arnold, Vorstandsverträge im

224 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | Rz. 5 Kap. 5 Kreuzfeuer der Kritik, DB 2006, 260; Bauer/Arnold, Abfindungs-Caps in Vorstandsverträgen – Gute corporate governance?, BB 2007, 1793; Bauer/Arnold, Sind Abfindungs-Caps in Vorstandsverträgen wirklich zu empfehlen? – Zur Überarbeitung des Deutschen Corporate Governance Kodex, BB 2008, 1692; Deilmann/ Dornbusch, Drittanstellungen im Konzern, NZG 2016, 201; Dreher, Change of Control-Klausel bei Aktiengesellschaften, AG 2002, 214; Kliemt, Altersgrenzen für Vorstandsmitglieder – noch rechtskonform?, RdA 2015, 232; Paschos, Vorzeitige Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern, AG 2012, 736; Reuter, Die aktienrechtliche Zulässigkeit von Konzernanstellungsverträgen, AG 2011, 274; Röder/Lingemann, Schicksal von Vorstand und Geschäftsführer bei Unternehmensumwandlungen und Unternehmensveräußerungen, DB 1993, 1341; Röhrborn, Die örtliche Versetzung des GmbH-Geschäftsführers und AG-Vorstands, BB 2013, 394; Schmitt-Rolfes, Anwendbarkeit von AGB-Recht auf Verträge mit Organmitgliedern, FS Hromadka, 2008, S. 393; Schuster, Clawback-Klauseln – probates Mittel zukunftsgerichteter Gestaltung von Bonus-Vereinbarungen?, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 973; Vetter, Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern, aktienrechtliche Kompetenzverteilung und Exkulpation des Vorstands bei rechtlicher Beratung, NZG 2015, 889; Wirth, Vorstands-Doppelmandate im faktischen Konzern, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 1147; Wortmann, Die Spätehenklausel in der betrieblichen Altersversorgung, ArbRB 2016, 276.

I. Einführung 1. Anforderungen an die Person des Vorstandes Die Anforderungen an GmbH-Geschäftsführer (vgl. dazu Einf. Kap. 4 Rz. 1) gelten auch für Mitglieder des Vorstandes, vgl. im Einzelnen § 76 Abs. 3 AktG.1 Ein Mitglied des Aufsichtsrates der AG kann nicht deren Vorstandsmitglied sein, § 105 Abs. 1 AktG. Ein Vorstandsmitglied ist allerdings nicht dadurch gehindert, dass es gleichzeitig Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft oder der Tochtergesellschaft ist (Vorstandsdoppelmandat). Es bedarf dazu jedoch der Zustimmung beider Aufsichtsräte gem. § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG.2 Der Gefahr von Interessenkollisionen kann durch Stimmrechtsverzicht im konkreten Fall begegnet werden.3 Auch für ausländische Staatsangehörige als Vorstandsmitglieder gilt das zum Geschäftsführer Gesagte (vgl. Kap. 4 Rz. 2).

1

Die Satzung der Gesellschaft kann engere persönliche und sachliche Eignungsvoraussetzungen für die Organmitglieder aufstellen. Allerdings darf dadurch die Bestellungskompetenz des Aufsichtsrates nicht unverhältnismäßig eingeengt werden. In der Regel handelt es sich um besondere Anforderungen an die Qualifikation und Erfahrung.

2

2. Organstellung und Dienstvertrag a) Organstellung Die Organstellung (vgl. zunächst Kap. 4 Rz. 3 ff.) des Vorstandsmitglieds beginnt mit der Annahme der Bestellung durch den Aufsichtsrat, § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die Satzung der AG kann die Bestellungskompetenz keinem anderen Organ zuweisen. Die Dauer der Bestellung ist kraft Gesetzes beschränkt auf maximal fünf Jahre, § 84 Abs. 1 Satz 2 AktG.

3

Anders als beim Geschäftsführer kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG nur widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt4.

4

Die Vertretungsmacht des Vorstandes ist unbeschränkt und unbeschränkbar, § 78 Abs. 1, § 82 Abs. 1 AktG. Im Gegensatz zum Geschäftsführer der GmbH ist der Vorstand jedoch auch im Innen-

5

1 Für die Unterstützung bei diesem Kapitel danke ich insb. Dr. Christian Arnold und Dr. Ricarda Zeh von Gleiss Lutz. 2 Vgl. BGH v. 9.3.2009 – II ZR 170/07, BGHZ 180, 105; zur Zulässigkeit von Konzernanstellungsverträgen und Doppelmandaten Reuter, AG 2011, 274. 3 Vgl. MünchKommAG/Spindler, § 76 Rz. 57; vgl. auch Wirth, FS J.-H. Bauer, 2010, S. 1147. 4 Ein Katalog wichtiger Gründe findet sich ua. bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil 13 Rz. 34 ff.

Lingemann | 225

Kap. 5 Rz. 5 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds verhältnis nicht Weisungen anderer Gesellschaftsorgane (Aufsichtsrat, Hauptversammlung) unterworfen, sondern unabhängig. Der (Gesamt-)Vorstand leitet die Gesellschaft – abgesehen von § 119 Abs. 2, § 308 und § 323 Abs. 1 AktG – „unter eigener Verantwortung“, § 76 Abs. 1 AktG. Unterschiede zwischen Geschäftsführungsbefugnis und Vertretung der Gesellschaft bestehen insbesondere nach Maßgabe eines Zustimmungskataloges gem. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG und im Rahmen der Geschäftsverteilung. b) Dienstvertrag

6

Hier gilt zunächst das zum Geschäftsführer (vgl. Kap. 4 Rz. 6) Gesagte. Da die Anforderungen an den wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung gem. § 84 Abs. 3 AktG geringer sind als die Voraussetzungen für eine Kündigung des Dienstvertrages aus wichtigem Grund (§ 626 Abs. 1 BGB)5 – insbesondere der Entzug des Vertrauens durch die Hauptversammlung6 rechtfertigt regelmäßig nicht auch eine fristlose Kündigung des Dienstvertrages –, kommt es hier gleichfalls in der Praxis zu der Situation, dass zwar die Organstellung beendet ist, der Dienstvertrag und damit der Anspruch auf Bezüge jedoch fortbesteht. Durch eine Koppelungsklausel kann die Dauer des Dienstvertrages mit der Dauer der Organstellung verknüpft werden.7

7

Für den Vorstand gelten die arbeitsrechtlichen Schutzgesetze nicht, also insbesondere ArbNErfG, BEEG, BetrVG (§ 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG), BUrlG, EFZG, KSchG (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG), MuSchG, PflegeZG, TzBfG oder § 613a BGB. Die Danosa- und die Balkaya-Entscheidung des EuGH8, die für die Anwendung zumindest des MuSchG und von § 17 KSchG auf Geschäftsführer sprechen, sowie die Entscheidung des BGH vom 26.3.20199 zur Stellung des Fremdgeschäftsführers einer GmbH als Arbeitnehmer iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung (näher dazu Einf. Kap. 4 Rz. 8),10 stellen ausdrücklich auf die Weisungsunterworfenheit des Geschäftsführers ab. Sie sind daher auf Vorstandsmitglieder einer AG, die gem. § 76 Abs. 1 AktG nicht weisungsunterworfen sind, nicht anwendbar.11 aa) Zuständigkeit für Abschluss und Änderung des Dienstvertrages

8

Für die Bestellung zum Vorstand und den Widerruf der Bestellung ist ausschließlich das Aufsichtsratsplenum zuständig. Unterfällt die AG dem MitbestG, ist § 31 MitbestG zu beachten.

9

Auch Abschluss, Änderung und Kündigung des Dienstvertrages des Vorstandsmitglieds obliegen dem Aufsichtsrat, § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG iVm. § 84 Abs. 1 Satz 1 bis 4 AktG.12 Allerdings muss hier nicht das Plenum entscheiden; die Entscheidung kann auch auf den Personalausschuss delegiert werden.13 Der Ausschuss muss, um entscheiden zu können, mit wenigstens drei Mitgliedern besetzt sein (vgl. § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG). Ein Beschluss nur durch den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter 5 Eingehend zur Unterscheidung Lingemann, Kündigungsschutz, Teil 13 Rz. 54. 6 Der Beschluss bedarf nicht der Begründung (BGH v. 15.11.2016 – II ZR 217/15, DB 2017, 598 m. Anm. Arnold). 7 Einzelheiten M 5.1 § 2 Abs. 2. 8 EuGH v. 11.11.2010 – C-232/09, NZA 2011, 143 – Danosa; v. 9.7.2015 – Balkaya, NJW 2015, 2841 m. Anm. Arnold. 9 BGH v. 26.3.2019 – II ZR 244/17, NJW 2019, 2086; dazu Mohr/Bourazeri, NZA 2019, 870; Arnold, ArbRAktuell 2019, 281. 10 BGH v. 26.3.2019 – II ZR 244/17, NJW 2019, 2086. 11 Ebenso Menkel, BB 2020, 1716. 12 Das gilt auch nach Ausscheiden (BAG v. 20.9.2016 – 3 AZR 77/15, NZA 2017, 644) und bei Drittanstellung (BGH v. 28.4.2015 – II ZR 63/14, NJW-RR 2015, 988 Rz. 24; dazu Deilmann/Dornbusch, NZG 2016, 201). 13 BGH v. 6.4.1964, BGHZ 41, 282, 285; v. 23.10.1975, BGHZ 65, 190, 191; Hüffer/Koch/Koch, § 84 AktG Rz. 15; Grigoleit/Vedder, § 84 AktG Rz. 19; Münchener Handbuch AG/Wiesner, § 21 Rz. 21.

226 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | Rz. 12 Kap. 5

ist unwirksam.14 Da aber die Entscheidung über die Festsetzung der Gesamtbezüge und die Versorgungsbezüge gem. § 107 Abs. 3 Satz 7 iVm. § 87 Abs. 1 AktG dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten ist, ist die Zuständigkeit des Personalausschusses erheblich eingeschränkt. Er kann die Entscheidung des Plenums über die Vergütung allerdings vorbereiten.15 Mit dem Abschluss des Vertrages (Unterzeichnung) wiederum kann auch ein Mitglied des Aufsichtsrates, insbesondere der Vorsitzende, beauftragt werden. Da der Dienstvertrag der Bestellung zum Organmitglied nicht vorgreifen darf, wird er, soweit nicht ohnehin das Aufsichtsratsplenum darüber entscheidet, häufig erst nach der Bestellungsentscheidung des Aufsichtsratsplenums geschlossen. Bei Abschluss des Dienstvertrages vor der Bestellung zum Vorstandsmitglied kann die aufschiebende Bedingung der (nachfolgenden) Bestellung vereinbart werden, damit der Vertragsschluss die Entscheidung des Aufsichtsratsplenums über die Bestellung nicht präjudiziert. Wird ein Vorstandsmitglied aufgrund eines Vertrages tätig, den der Aufsichtsrat nicht beschlossen hat, so handelt es sich um einen fehlerhaften Vertrag, der für die Vergangenheit wirksam ist, für die Zukunft aber jederzeit ohne Einhaltung von Fristen vom Aufsichtsrat beendet werden kann.16

9a

Bei der GmbH bedarf es für die vorzeitige Auflösung jedoch eines wichtigen Grundes, wenn die Parteien den Vertrag jahrelang als wirksam behandelt und die Gesellschaft den Geschäftsführer im Vertrauen auf den Vertrag bestärkt hat.17 Ob diese Einschränkung auch bei der AG gilt, ist allerdings fraglich, weil dort – anders als bei der GmbH – vertragsschließendes Organ (Aufsichtsrat) und Gesellschafter (Hauptversammlung) verschieden sind. bb) Form des Dienstvertrages Der Dienstvertrag des Vorstandes ist formfrei. Im Übrigen gilt das zum Geschäftsführerdienstvertrag Gesagte, Kap. 4 Rz. 11.

10

cc) Dauer des Dienstvertrages Um die Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrates nach Ablauf der fünfjährigen Bestellungshöchstdauer (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG) nicht zu beschränken, darf auch der Dienstvertrag nur für maximal fünf Jahre geschlossen werden. Ein für einen längeren Zeitraum geschlossener Vertrag endet daher nach fünf Jahren.18

11

3. Pflichten und Verantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds Die strengen Sorgfaltspflichten des Vorstandes ergeben sich aus dem Gesetz, der Sorgfaltsmaßstab insbesondere aus § 93 Abs. 1 AktG, wobei dem Vorstand bei unternehmerischen Entscheidungen die Business Judgement Rule, § 93 Abs. 1 Satz 2, zugutekommt. Teil der Gesamtverantwortung ist insbesondere die Einrichtung des Überwachungssystems nach § 91 Abs. 2 AktG.19 Hinweise auf den Sorgfaltsmaßstab finden sich in Vorstandsverträgen seltener. Haftungsbeschränkungen sind gem. § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG im Vorhinein ohnehin unwirksam.20 Auch Weisungen des Aufsichtsrates befreien nicht von der Haftung, § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG, wohl aber ein gesetzmäßiger Beschluss der Hauptversammlung, § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG. 14 BGH v. 23.10.1975, BGHZ 65, 190, 192 f.; Hüffer/Koch/Koch, § 84 AktG Rz. 16. 15 Lingemann, BB 2009, 1918, 1922; Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, 27; MAH ArbR/ Moll/Eckhoff, § 81 Rz. 19; Hölters/Weber, § 84 AktG Rz. 38. 16 „Faktisches Dienstverhältnis“, Einzelheiten zu den Rechtsfolgen bei Henze/Rosch, ArbRAktuell 2010, 310. 17 BGH v. 20.8.2019 – II ZR 121/16, NJW 2019, 3718. 18 Zu Einzelheiten s. M 5.1 § 2 Abs. 1 m. Anm. 19 „KonTraG“, dazu Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 859. 20 Zum Recht auf Einsichtnahme in Unterlagen der Gesellschaft im Haftungsfall Grooterhorst, AG 2011, 389.

Lingemann | 227

12

Kap. 5 Rz. 13 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds

4. Vorstandsvergütung – ARUG II 13 Die Gesamtbezüge müssen gem. § 87 Abs. 1 AktG in einem angemessenen Verhältnis zu den Auf-

gaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen, wobei auch die Leistungen des Vorstands für die Angemessenheit von Bedeutung sind.21 Der Aufsichtsrat hat ferner dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen.

14 Bei börsennotierten Gesellschaften ist nach § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG die Vergütungsstruktur auf

eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten. Damit sollen auch soziale und ökologische Gesichtspunkte bei der Festlegung der Vorstandsvergütung berücksichtigt werden.22 Variable Vergütungsbestandteile sollen daher eine mehrjährigen Bemessungsgrundlage haben.23 Die mehrjährige Bemessungsgrundlage kann durch Bonus-Malus-Systeme24 und Performance-Betrachtungen über eine mehrjährige Laufzeit umgesetzt werden. Auch soll bei börsennotierten AGs die variable Vergütung für außerordentliche Entwicklungen nach oben begrenzt werden können, § 87 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 AktG.

15 Mit dem Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vom 19.12.201925 wurden für börsennotierte Aktiengesellschaften einige wesentliche Änderungen eingeführt:

Gem. § 87a AktG ist nunmehr der Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft verpflichtet, ein klares und verständliches System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder zu beschließen.26 Die – umfangreichen – Angaben in diesem Vergütungssystem sind in § 87a Abs. 1 Nr. 1 – 11 AktG aufgeführt. Unter anderem ist darin auch eine Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder (Nr. 1) festzulegen. Die Möglichkeiten der Gesellschaft, variable Vergütungsbestandteile zurückzufordern, sind anzugeben, sofern das Vergütungssystem sie vorsieht („Claw Back“27, Nr. 6).28

15a Gem. § 120a AktG beschließt die Hauptversammlung über die Billigung des vom Aufsichtsrat vor-

gelegten Vergütungssystems bei wesentlichen Änderung, mindestens jedoch alle vier Jahre. Der Beschluss begründet nach dem Gesetzeswortlaut zwar weder Rechte noch Pflichten und ist auch nicht anfechtbar, § 120a Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG. Der Aufsichtsrat hat gem. § 87a Abs. 2 Satz 1 AktG die Vergütung der Vorstandsmitglieder jedoch in Übereinstimmung mit dem der Hauptversammlung nach § 120a Abs. 1 AktG zur Billigung vorgelegten Vergütungssystem festzusetzen. Auch wenn die Hauptversammlung das System nicht billigt, besteht damit eine Selbstbindung des Aufsichtsrates im Rahmen seines Ermessens nach § 116 AktG.29 Er kann von diesem Vergütungssystem nur vorübergehend abweichen und auch nur, wenn dies im Interesse des langfristigen Wohlergehens der Gesellschaft notwendig ist und das Vergütungssystem das Verfahren des Abweichens sowie die Bestandteile des Vergütungssystems, von denen abgewichen werden kann, benennt, § 87a Abs. 2 Satz 2 AktG.

16 Nach § 87 Abs. 2 AktG kann die laufende und die nachlaufende Vorstandsvergütung (damit namentlich auch Altersversorgung) in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft herabgesetzt werden (dazu M 5.2 und M 5.3). Die Herabsetzung erfolgt durch einen dem Vorstandsmitglied 21 22 23 24 25 26 27 28 29

Dazu im Einzelnen Arnold/Herzberg/Zeh, AG 2020, 313. BT-Drucks. 19/15153, S. 55. BT-Drucks. 16/13433, S. 4 iVm. S. 10; Ziff. 4.2.3 Abs. 2 Satz 3 DCGK. Zur Gestaltung mit dem Ziel einer Beteiligung am Verlust Tödtmann/Bönninghaus, NWB 2011, 1466. BGBl. I 2019, 2637; dazu Spindler, AG 2020, 61; Arnold/Herzberg/Zeh, AG 2020, 313; Überblick zu den Auswirkungen bei der Vorstandsvergütung bei Grimm/Freh, ArbRB 2020, 192. Vgl. dazu auch DCGK 2020, Grundsatz 23. Einzelheiten Schuster, FS J.-H. Bauer, 2010, S. 973; Lingemann, BB 2009, 1919. Von einem Muster für ein Vergütungssystem wurde abgesehen, für Beispiele wird auf die zahlreichen Veröffentlichungen der Vergütungssysteme in den Bekanntmachungen börsennotierter Gesellschaften im Bundesanzeiger (www.bundesanzeiger.de) verwiesen. Spindler, AG 2020, 61; ähnlich Löbbe/Fischbach, AG 2019, 373, 379.

228 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | Rz. 19 Kap. 5

mitzuteilenden Aufsichtsratsbeschluss.30 Herabzusetzen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mindestens auf einen Betrag, dessen Gewährung angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft nicht mehr als unbillig iSd. § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG angesehen werden kann.31 Andererseits erlaubt § 87 Abs. 2 AktG aber auch keine Herabsetzung, die weiter geht, als es die Billigkeit angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft erfordert.32 Die Vergütung der Leitenden Angestellten stellt keine Untergrenze dar,33 selbst eine Herabsetzung auf Null ist nicht ausgeschlossen.34 Schließlich verlangt § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG bei der D&O-Versicherung einen Selbstbehalt in Höhe von mindestens 10 % des Schadens bis zur absoluten Obergrenze von mindestens der 1,5-fachen jährlichen Festvergütung.35

17

5. Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) § 161 AktG verpflichtet Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten AG, jährlich zu erklären, dass den vom Bundesministerium der Justiz im amtlichen Teil des Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht. Der Deutsche Corporate Governance Kodex36 wurde mit Beschluss vom 16.12.2019, in Kraft getreten am 20.3.2020, grundlegend umstrukturiert. Er enthält nunmehr drei Kategorien, nämlich (1) zum einen die „Grundsätze“, die Unternehmen „anwenden und erklären“ sollen („apply and explain“), (2) des Weiteren die Empfehlungen, die auch für die Organstellung und den Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds von Bedeutung sind; sie müssen die Unternehmen anwenden oder Abweichungen erklären („comply or explain“), sowie schließlich (3) Anregungen, die nicht Gegenstand der Entsprechenserklärung sein müssen. Die Empfehlungen sind durch das Wort „soll“ gekennzeichnet („Soll-Regelungen“), die Anregungen durch das Wort „sollte“. Gem. Grundsatz 22 berichten Aufsichtsrat und Vorstand jährlich in der Erklärung zur Unternehmensführung über die Corporate Governance der Gesellschaft.37

18

Unter G I 1 ff. enthält der DCGK nähere Vorgaben, die für Vorstandsverträge von Bedeutung sind:

19

(1.) Die Festlegung des Vergütungssystems Darin soll „top

down“38

insbesondere festgelegt werden:

– wie die Zielgesamtvergütung bestimmt wird, – die Höhe der Maximalvergütung, 30 BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236, dazu Kort, AG 2016, 209; Weber, DB 2016, 815; allgemein Lingemann, BB 2009, 1920 ff. 31 BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 Rz. 44. 32 BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 Rz. 45. 33 BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 Rz. 52. 34 BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 Rz. 51. 35 Dazu Lange, VersR 2010, 162; Lingemann, BB 2009, 1922; Loritz/Wagner, DStR 2012, 2205, 2206; Schulz, ZfV 2009, 558; Wendler, ZfV 2009, 593. 36 Veröffentlicht unter https://www.dcgk.de und seit 20.3.2020 im Bundesanzeiger. Zur Neufassung Hopt/Leyens, ZGR 2019, 929; Leuring/Herb, NJW-Spezial 2019, 399; von der Linden, DStR 2019, 1528; von der Werder, DB 2019, 1721; Wilsing/Winkler, BB 2019, 1603; zum DCGK allgemein Bauer/Arnold, BB 2007, 1793; Bauer/Arnold, BB 2008, 1692; Bayer, NZG 2013, 1; Klein, AG 2012, 805; Krieger, ZGR 2012, 202; Kuthe/Geiser, NZG 2008, 172; Mutter, ZIP 2009, 470; Mock, ZIP 2010, 15; Roth, WM 2012, 1285; Roth, GmbHR 2020, R 116; Schlitt, DB 2007, 326; Schmidt-Bendun, AG 2014, 177; Steding, NJ 2007, 10; Veil/Brinckmann, JURA 2007, 366; Weber-Rey, KSzW 2013, 77. 37 Bis zur Neufassung war die Berichterstattung gespalten zwischen dem Corporate Governance Bericht nach Ziff. 3.10 DCGK 2017 und der Erklärung zur Unternehmensführung im Lagebericht nach § 289f HGB. Dies wurde jetzt vereinfacht (iE. Begründung zur Neufassung DCGK, Ziffer 4 Abs. 2). 38 Begründung DCGK 2020, Ziffer 3, 2. Absatz.

Lingemann | 229

Kap. 5 Rz. 19 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds – der relative Anteil der Fest-und der kurzfristigen und langfristigen variablen Vergütung an der Ziel-Gesamtvergütung, – die finanziellen und nicht finanziellen Leistungskriterien für die variable Vergütung, – der Zusammenhang zwischen diesen und der variablen Vergütung und schließlich – in welcher Form und wann das Vorstandsmitglied über die variable Vergütung verfügen kann (G.1),

20 (2.) Die Festlegung der konkreten Gesamtvergütung (G.2-G.5), – Auf Basis des Vergütungssystems soll der Aufsichtsrat – die konkrete Ziel-Gesamtvergütung (bei 100 % Zielerreichung) festlegen (G.2) – und die Üblichkeit der konkreten Gesamtvergütung beurteilen – im Vergleich zu anderen Unternehmen („Peer Group Vergleich“) (G.3) – und zur Vergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft insgesamt (G.4). Soweit er einen externen Vergütungsexperten hinzuzieht, soll er auf dessen Unabhängigkeit vom Vorstand und vom Unternehmen achten (G.5),

21 (3.) Festsetzung der Höhe der variablen Vergütungsbestandteile (G.6-G.11) – Die variable Vergütung aus dem Erreichen langfristig orientierter Ziele soll den Anteil aus kurzfristig orientierten Zielen übersteigen (G.6), – Die Zielwerte und Vergleichsparameter werden festgelegt (G.7) und können nachträglich nicht mehr geändert werden (G.8). – Die individuell für das abgelaufene Jahr zu gewährenden Vergütungsbestandteile soll der Aufsichtsrat in Abhängigkeit von der Zielerreichung nach Ablauf des Geschäftsjahres festlegen, wobei die Zielerreichung nachvollziehbar sein soll (G.9). – Die dem Vorstandsmitglied gewährten variablen Vergütungsbeträge sollen von ihm unter Berücksichtigung der jeweiligen Steuerbelastung überwiegend in Aktien der Gesellschaft angelegt oder entsprechend aktienbasiert gewährt werden. Das Vorstandsmitglied soll über die langfristig variablen Gewährungsbeträge erst nach vier Jahren verfügen können (G.10). – Der Aufsichtsrat soll die Möglichkeit haben, außergewöhnlichen Entwicklungen in angemessenem Rahmen Rechnung zu tragen. In begründeten Fällen soll eine variable Vergütung einbehalten oder zurückgefordert („claw back“) werden (G.11).

22 (4.) Leistungen bei Vertragsbeendigung (G.12 – G.14) – Variable Vergütungsbestandteile, die auf die Zeit bis zur Vertragsbeendigung entfallen, sollen nach den ursprünglich vereinbarten Zielen und Vergleichsparametern und nach den im Vertrag festgelegten Fälligkeitszeitpunkten oder Haltedauer ausgezahlt werden – Ein Abfindungscap von zwei Jahresvergütungen, maximal aber der Restlaufzeit des Dienstvertrages, soll eingehalten werden (G.13). – Die Abfindungszahlung soll auf eine Karenzentschädigung aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot angerechnet werden (B 13). – Zusagen für den Fall eines Kontrollwechsels („change of control“) sollten nicht vereinbart werden (G.14). und schließlich 230 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | Rz. 27 Kap. 5

23

(5.) sonstige Regelungen (G.15 und G.16), Danach sollen Vergütungen aus konzerninternen Aufsichtsratsmandaten angerechnet werden (G.15), bei konzernfremden Aufsichtsratsmandaten jedoch nur nach Entscheidung des Aufsichtsrates (G.16). Die Erstbestellung soll für längstens drei Jahre erfolgen (B.3). Eine Wiederbestellung vor Ablauf eines Jahres vor dem Ende der Bestelldauer bei gleichzeitiger Aufhebung der laufenden Bestellung soll zwar gem. B.4 nur bei Vorliegen besonderer Umstände erfolgen; der BGH hat jedoch mit Urteil vom 16.7.201239 eine solche Wiederbestellung nach Amtsniederlegung unabhängig vom Grund für zulässig gehalten.

24

Ferner soll eine Altersgrenze für Vorstandsmitglieder festgelegt und in der Erklärung zur Unternehmensführung angegeben werden (B.5).

25

Für die Vertragsgestaltung von Bedeutung sind auch das weitreichende Wettbewerbsverbot gem. § 88 AktG (iVm. Grundsatz 19) und der Zustimmungsvorbehalt für Nebentätigkeiten (E.3).

6. Sozialversicherungsrechtliche Stellung des Vorstandsmitglieds Gem. § 1 Satz 3 SGB VI sind Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft nicht versicherungspflichtig40 in der gesetzlichen Rentenversicherung,41 im Rahmen ihrer Vorstandstätigkeit für die Aktiengesellschaft und verbundene Unternehmen iSd. § 18 AktG gem. § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III auch nicht in der Arbeitslosenversicherung. In der Kranken- und Pflegeversicherung besteht idR schon deshalb keine Versicherungspflicht, weil das regelmäßige Jahresentgelt über der Jahresentgeltgrenze gem. § 6 Abs. 6 und 7 SGB V42 liegen wird; bei niedrigerem Entgelt werden Vorstandsmitglieder jedoch nach umstrittener Auffassung gleichfalls nicht versicherungspflichtig, da sie mangels Weisungsunterworfenheit, § 76 AktG, nicht Beschäftigte iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind.43 Dementsprechend besteht ohne gesonderte Vereinbarung auch kein Anspruch auf anteilige Zahlung von Arbeitgeberbeiträgen insbesondere zur Krankenversicherung gegen die Gesellschaft. Vorstandsmitglieder sind auch nicht unfallversichert.44

26

7. AGB-Kontrolle des Vorstandsvertrages Vorstandsverträge unterliegen der AGB-Kontrolle45 nach §§ 305 ff. BGB, soweit sie nicht individuell ausgehandelt wurden, das Unternehmen als Verwender also nicht den gesetzesfremden Kern39 BGH v. 17.7.2012 – II ZR 55/11, AG 2012, 677; dazu Paschos/von der Linden, AG 2012, 736. 40 Dazu Grimm, DB 2012, 175, 177. Zu Leitungsorganen in der SE Hinrichs/Plitt, DB 2011, 1692. 41 Vorstandsmitglieder einer „Voraktiengesellschaft“, die noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist, unterliegen jedoch der Rentenversicherungspflicht, BSG v. 9.8.2006 – B 12 KR 3/06 R, NZG 2007, 32; die Sozialversicherungspflicht von Vorstandsmitgliedern ausländischer Aktiengesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland hängt davon ab, ob sich die Gesellschaft ausländischen Rechts für die tatbestandliche Gleichstellung mit einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts auf einschlägiges, unmittelbar zu beachtendes internationales Recht berufen kann (BSG v. 12.1.2011 – B 12 KR 17/09 R, NJOZ 2011, 1653 Rz. 18; v. 27.2.2008 – B 12 KR 23/06 R, GmbHR 2008, 1154 Rz. 24). Für europäische Kapitalgesellschaften gilt, dass das Gemeinschaftsrecht unter dem Gesichtspunkt der Niederlassungsfreiheit eine Freistellung nur für Vorstandsmitglieder solcher europäischen Kapitalgesellschaften verlangt, die einer AG deutschen Rechts vergleichbar sind (BSG v. 27.2.2008 – B 12 KR 23/06 R, GmbHR 2008, 1154 Rz. 30). 42 Grimm, DB 2012, 175, 177; zu Einschränkungen s. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. 43 BSG v. 14.12.1999 – B 2 U 38/98 R, DB 2000, 329 und h. Lit., vgl. ErfK/Rolfs, § 7 SGB IV Rz. 23; Sagan/ Hübner, AG 2011, 852; KK/Zieglmeier, § 7 SGB IV Rz. 145 f.; str., aA BSG v. 31.5.1989 – 4 RA 22/88, NZA 1990, 668; v. 27.2.2008 – B 12 KR 23/06 R, GmbHR 2008, 1154; v. 6.10.2010 – B 12 KR 20/09 R, SozR 4-2600 § 1 Nr. 5. 44 BSG v. 14.12.1999 – B 2 U 38/98 R, DB 2000, 329; Grimm, DB 2012, 175. 45 Dazu Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337; zur AGB-Kontrolle bei Arbeitsverträgen eingehend Kap. 2 Rz. 2 ff., 82 ff.

Lingemann | 231

27

Kap. 5 Rz. 27 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds gehalt des Vertrages inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt hat.46 ZT. werden Vorstandsverträge in diesem Sinne individualvertraglich ausgehandelt, häufig finden sich jedoch auch konzernweit vereinheitlichte Bedingungen, für die die AGB-Kontrolle gilt. Vorformulierte Vorstandsverträge sind namentlich am Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu messen. Eine Angemessenheitskontrolle kommt insbesondere in Betracht bei Regelungen über den Wegfall der variablen Vergütung bei Ende der Organstellung,47 Freistellungsklauseln,48 Koppelungsklauseln,49 Vertragsstrafen und Change-in-Control-Klauseln.50 Angesichts der Position des Vorstandsmitglieds als typischerweise versiertem Vertragspartner ist der Gestaltungsspielraum in der Sache jedoch groß, wenn nur das Transparenzgebot beachtet wird, da zwischen der Stellung des Arbeitnehmers und des Vorstandsmitgliedes signifikante Unterschiede bestehen. So ist das Vorstandsmitglied nicht weisungsunterworfen, § 76 AktG, auch enthält § 87 AktG kein dispositives Vertragsrecht, sondern ist dem Aufsichtsrecht zuzuordnen.51 Der BGH hat daher zB einen Freiwilligkeitsvorbehalt im Vorstandsvertrag unproblematisch gebilligt,52 der im Arbeitsverhältnis unwirksam wäre.53 46 BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 434/15, juris; v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939, 940; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543, 2544. 47 M 5.1 Anm. zu § 3 Abs. 3 und 4. 48 M 5.1 Anm. zu § 2 Abs. 1. 49 M 5.1 Anm. zu § 2 Abs. 1. 50 Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337; Bauer/Arnold, DB 2006, 260; vgl. auch Schmitt-Rolfes, FS Hromadka, 2008, S. 393. 51 BGH v. 24.9.2019 – II ZR 192/18, NZG 2020, 64, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 619, Krit. Kort, NZG 2020, 121. 52 BGH v. 24.9.2019 – II ZR 192/18, NZG 2020, 64, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 619, Krit. Kort, NZG 2020, 121. 53 Vgl. Einf. Kap. 2, AGB-Kontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 104, „Freiwilligkeitsvorbehalt“.

II. Muster M 5.1 Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds Zwischen1 der […] Aktiengesellschaft mit Sitz in […], vertreten durch den Aufsichtsrat, dieser vertreten durch den/die Vorsitzende/n des Aufsichtsrats,2 (im Folgenden: Die Gesellschaft) 1 Zur AGB-Kontrolle vgl. Einf. Rz. 27; häufig wird der Vorstandsvertrag im Einzelnen ausgehandelt sein, so dass eine AGB-Kontrolle gem. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausscheidet; allerdings finden sich vermehrt auch Standardvorstandsverträge, die für alle Mitglieder des Vorstandes oder sogar der Vorstände im Konzern einheitliche Vertragsbedingungen enthalten. Insoweit würde die AGB-Kontrolle gelten (vgl. auch Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337), wobei jedoch ein großzügigerer Maßstab als beim Arbeitsvertrag anzulegen ist (BGH v. 24.9.2019 – II ZR 192/18, NZG 2020, 64, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 619, krit. Kort, NZG 2020, 121). 2 Zum Abschluss des Vertrages bedarf der Aufsichtsratsvorsitzende der Einzelermächtigung durch den Aufsichtsrat oder der generellen Ermächtigung durch Satzung oder Geschäftsordnung (BGH v. 6.4.1964, BGHZ 41, 282, 285). Über den Inhalt des Vertrages muss stets der Gesamtaufsichtsrat oder der Aufsichtsratsausschuss entscheiden (BGH v. 6.4.1964, BGHZ 41, 282, 285), die Festsetzung der Gesamtbezüge, der Versorgungsbezüge und die Entscheidung über die Herabsetzung der Bezüge obliegt zwingend dem Aufsichtsratsplenum, § 107 Abs. 3 Satz 7 iVm. § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG. Wird der Dienstvertrag vom unzuständigen Gremium geschlossen, ist er gemäß § 134 BGB unwirksam; dann gelten die Regeln über den fehlerhaften Dienstvertrag, dh. der Vertrag ist für die Zeit der Tätigkeit in der Vergangenheit wirksam, kann aber jederzeit für die Zukunft einseitig beendet werden (vgl. Einf. Rz. 9a; vgl. BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, BB 2000, 1751; v. 23.10.1975, BGHZ 65, 190, 194 f.; v. 6.4.1964, BGHZ 41, 282, 285; LG Zweibrücken v. 18.5.2007 – 6 HKO 86/02, BB 2007, 2350; Einzelheiten zu den Rechtsfolgen bei Henze/Rosch, ArbRAktuell 2010, 310). Ansprüche auf bis dahin erdiente Versorgungsbezüge bleiben erhalten (Henze-Rosch, ArbRAktuell 2010, 310; Hüffer/Koch/Koch, § 84 AktG Rz. 27). Einschränkend für die GmbH BGH v. 20.8.2019 – II ZR 121/16, NJW 2019, 3718, dazu Einf. Rz. 9a.

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Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.1 Kap. 5 und Herrn/Frau […]3 wird aufgrund des Beschlusses des Aufsichtsrates vom […] folgender Dienst- und Pensionsvertrag geschlossen:

Vorbemerkung4 Herr/Frau […] wurde durch Beschluss des Aufsichtsrats der Gesellschaft vom […] zum ordentlichen Mitglied des Vorstands der Gesellschaft für die Zeit vom […] bis zum […]5 bestellt. Dazu wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Aufgaben und Pflichten (1) Herr/Frau […] führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und der Geschäftsordnung für den Vorstand.6 (2) Herr/Frau stellt seine/ihre gesamte Arbeitskraft, fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen ausschließlich der Gesellschaft zur Verfügung. Eine entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeit, ein Amt als Aufsichtsrat, Beirat oÄ bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Personalausschusses/des Aufsichtsrates, der diese jederzeit widerrufen kann.7 Sofern das Vorstandsmitglied daraus eine gesonderte Vergütung erhält, ist diese auf die Vergütung nach diesem Vertrag anzurechnen/nicht anzurechnen.8 Die Niederlegung von Mandaten ist dem Aufsichtsratsvorsitzenden schriftlich mitzuteilen. Jede Gutachter- oder Schiedsrichtertätigkeit bedarf der vorherigen Zustimmung des Personalausschusses/des Aufsichtsrates. Über Veröffentlichungen und Vorträge mit Öffentlichkeitswirkung ist vorher im Vorstand zu berichten. 3 Hier könnte nach Anerkennung des dritten Geschlechtes anstelle „Herrn/Frau […]“ auch genderneutral Vorname und Name ohne Anrede eingesetzt werden, um eine Differenzierung nach Geschlechtern zu vermeiden. In der Regel wird das Geschlecht des Organmitgliedes aber bekannt sein und dann auch angegeben werden. Zu Alternativen s. Einf. Kap. 1 Rz. 14a. 4 Die Wiedergabe der Bestellung in der Vorbemerkung hat nur nachrichtliche Bedeutung. Die Bestellung wird dadurch insbesondere nicht zur Geschäftsgrundlage des Dienstvertrages dergestalt, dass mit Widerruf der Bestellung auch der Dienstvertrag gekündigt ist; anders wäre dies nur bei ausdrücklicher Regelung im Dienstvertrag. 5 Die Dauer der Bestellung darf fünf Jahre nicht überschreiten; gem. Empfehlung B.3 DCGK soll sie bei Erstbestellungen maximal drei Jahre betragen; eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig, § 84 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG. Der Beschluss des Aufsichtsrates über die Verlängerung darf jedoch frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden, § 84 Abs. 1 Satz 2 AktG. Entgegen Empfehlung B.3 DCGK kann ein Vorstandsmitglied jedoch bereits früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer nach einverständlicher Amtsniederlegung wiederbestellt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Grundes bedarf (BGH v. 17.7.2012 – II ZR 55/11, NZG 2012, 1027, 1029). Gegen eine vorzeitige Abberufung kann das Vorstandsmitglied klagen. Die AG wird in diesem Verfahren vertreten durch den Aufsichtsrat, § 112 AktG. 6 Die Aufnahme in den Vertrag ist üblich, aber entbehrlich, da die Verpflichtung ab der Bestellung ohnehin kraft Gesetzes besteht. 7 Bereits § 88 AktG enthält das Verbot, ohne Einwilligung des Aufsichtsrates ein Handelsgewerbe zu betreiben oder im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen (vgl. BGH v. 2.4.2001 – II ZR 217/99, ZIP 2001, 958). Dieses Verbot kann auch auf Nebentätigkeiten ausgedehnt werden, was E.3 DCGK auch empfiehlt. Eine abschließende Entscheidung über die Nebentätigkeit steht nur dem für den Vertragsschluss zuständigen Organ zu, also nicht dem Aufsichtsratsvorsitzenden allein, wohl aber dem Personalausschuss, wenn ihm diese Kompetenz vom Plenum zugewiesen wurde (vgl. Hüffer/Koch/Koch, § 88 AktG Rz. 5; Hölters/Weber, § 88 AktG Rz. 12; KölnerKommAktG/Mertens/Cahn, § 88 AktG Rz. 16; MünchKommAG/Spindler, § 88 Rz. 25). Das gilt jedoch nur, soweit dadurch die Vergütung des Vorstandsmitglieds nicht betroffen ist, da für die Festsetzung der Vergütung ausschließlich das Aufsichtsratsplenum zuständig ist, § 107 Abs. 3 Satz 7 iVm. § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG. 8 Häufig finden sich Regelungen zur Anrechnung auch erst in dem Genehmigungsbeschluss selbst oder in der Geschäftsordnung für den Vorstand.

Lingemann | 233

Kap. 5 M 5.1 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds (3) Herr/Frau […] wird auf Wunsch des Vorstandes mit Zustimmung des Aufsichtsrates9 oder auf Wunsch des Aufsichtsrats ohne gesonderte Vergütung Aufsichtsratsmandate und ähnliche Ämter in Gesellschaften, an denen die Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, übernehmen. Sofern das Vorstandsmitglied eine gesonderte Vergütung erhält, ist diese auf die Vergütung nach diesem Vertrag anzurechnen. Dasselbe gilt für Tätigkeiten in Verbänden, denen die Gesellschaft angehört, oder Ehrenämter in Verwaltung und Rechtsprechung. Herr/Frau […] wird diese Ämter niederlegen, wenn Vorstand oder Aufsichtsrat dies wünschen oder der Dienstvertrag endet.10

§ 2 Vertragsdauer (1) Der Dienstvertrag wird für die Zeit vom […] bis zum […] geschlossen.11 Er verlängert sich jeweils für den Zeitraum, für den der Aufsichtsrat mit Zustimmung von Herrn/Frau […] seine/ihre Wiederbestellung zum Vorstandsmitglied der Gesellschaft beschließt. (2) Wird die Bestellung zum Vorstandsmitglied wirksam widerrufen, so endet auch der Dienstvertrag.12 Beruht der Widerruf jedoch auf einem wichtigen Grund, der nicht zugleich ein wichtiger Grund gemäß § 626 BGB für die fristlose Kündigung des Dienstvertrages ist (im Folgenden: „Widerrufsfall“),13 oder wird der Widerruf nicht innerhalb des Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt14, so endet der Dienstvertrag erst mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 und 2 BGB [oder: mit Ablauf von […] Monaten] ab Ende der Organstellung], spätestens aber zum Ende des Vertragslaufzeit gemäß Abs. (1).15 Dasselbe gilt, wenn die Bestellung zum Vorstandsmitglied durch Niederlegung endet.16 (3) Bei vorzeitiger Beendigung der Organstellung dürfen Zahlungen an Herrn/Frau […] einschließlich Nebenleistungen den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht überschreiten (Abfindungs-Cap) und nicht mehr 9 Die Entscheidung des Vorstandes bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrates (Hüffer/Koch/Koch, § 88 AktG Rz. 5; Hölters/Weber, § 88 AktG Rz. 12; KölnerKommAktG/Mertens, § 88 AktG Rz. 2); vgl. auch E.3 DCGK. 10 Soweit öffentliche Ämter die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds voraussetzen, ist diese vertragliche Regelung nicht wirksam. 11 Die Höchstdauer von fünf Jahren gilt nicht nur für die Bestellung, sondern auch für den Dienstvertrag, vgl. § 84 Abs. 1 Satz 5 Halbs. 1 AktG. Eine Verlängerungsklausel wie in Satz 2 des Musters wird dadurch nicht gehindert. Eine stillschweigende Verlängerung nach § 625 BGB über die Fünf-Jahres-Frist hinaus wird jedoch überwiegend abgelehnt (vgl. Krieger, Personalentscheidungen, S. 123; Grigoleit/Vedder, § 84 AktG Rz. 5, 9; Hüffer/Koch/Koch, § 84 AktG Rz. 20, 6; KölnerKommAktG/Mertens/Cahn, § 84 AktG Rz. 19, 53). 12 Häufig wird auch vereinbart, dass der Dienstvertrag für die Dauer der Bestellung gilt; der Wortlaut erlaubt zum einen die Deutung, dass der Vertrag erst mit dem Ende der Bestellung gemäß der Vorbemerkung, Satz 1, endet, auch wenn das Vorstandsmitglied vorher bereits abberufen wurde; überwiegend wird die Klausel jedoch wie eine auflösende Bedingung des Dienstvertrages verstanden (vgl. BGH v. 29.5. 1989 – II ZR 220/88, NJW 1989, 2683; zu Gestaltungsalternativen Bauer, DB 1992, 1413; zur Auslegung Bauer/Diller, GmbHR 1998, 809). Zur Vermeidung von Unklarheiten, die gem. § 305c Abs. 1 BGB zu Lasten der Gesellschaft gehen, ist von einer solchen einfachen Klausel abzuraten; vorliegend wird deshalb zusätzlich die Rechtsfolge in Satz 2 klargestellt (s. auch M 4.1a § 3 Abs. 4 m. Anm.). Die Kopplung des Dienstvertrages mit der Organstellung führt allerdings häufiger als früher dazu, dass (auch) die Beendigung der Organstellung gerichtlich angegriffen wird. 13 Zu den unterschiedlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes bei Abberufung nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG und Kündigung des Dienstvertrages aus wichtigem Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB vgl. BGH v. 2.10.1995 – II ZR 130/94, WM 1995, 2064, 2065; OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211; ferner Einf. Rz. 6 sowie bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil 13, Rz. 54. Über Bestellung und Widerruf der Bestellung muss das Plenum des Aufsichtsrates entscheiden, ebenso über die Festsetzung der Vergütung, § 107 Abs. 3 Satz 7 iVm. § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG; über Abschluss und Kündigung des Dienstvertrages kann dann auch der Personalausschuss befinden. 14 Die Klausel ist bisher ohne diesen Halbsatz gebräuchlich. Der Halbsatz stellt klar, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB durch die Klausel nicht unzulässigerweise (BAG v. 12.2.1973, AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 6) abbedungen werden soll. 15 Satz 2 der Alternative stellt die Rechtsfolgen dieser Klausel klar und ist zur Vermeidung von Unklarheiten gemäß § 305c Abs. 1 BGB jedenfalls in Formularvorstandsverträgen ratsam (vgl. auch Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337, 2343 sowie M 4.1a § 3 Abs. 4 m. Anm.). 16 Die Formulierung beugt dem denkbaren Einwand der Unvereinbarkeit mit § 622 Abs. 6 BGB vor (vgl. Bauer/ von Medem, NZA 2014, 238, 240).

234 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.1 Kap. 5 als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrages vergüten. Für die Berechnung des Abfindungs-Caps ist auf die Gesamtvergütung des abgelaufenen Geschäftsjahres und gegebenenfalls auf die voraussichtliche Gesamtvergütung für das laufende Geschäftsjahr abzustellen.17 Soweit ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart ist, wird die Abfindungszahlung auf die Karenzentschädigung angerechnet.18 (4) Nach Kündigung des Vertrages oder Beendigung der Organstellung ist die Gesellschaft berechtigt, Herrn/Frau […] jederzeit unter Fortzahlung der Vergütung und Anrechnung von Urlaubsansprüchen von seiner Verpflichtung zur Dienstleistung für die Gesellschaft freizustellen.19 Für die Zeit der Freistellung bleibt Herr/Frau […] an das in § 12 vereinbarte Wettbewerbsverbot gebunden. Es gilt § 615 Satz 2 BGB.20 (5) Über die Wiederbestellung soll spätestens sechs Monate vor Ablauf der Amtszeit entschieden werden. (6) Wird Herr/Frau […] während der Laufzeit des Dienstvertrags dauernd arbeitsunfähig, endet der Dienstvertrag mit dem Ende des sechsten Monats nach Feststellung der dauernden Arbeitsunfähigkeit, spätestens aber zum Ende der Vertragslaufzeit gemäß Abs. (1). Absatz (2) bleibt unberührt. Dauernde Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieses Dienstvertrags liegt vor, wenn Herr/Frau […] voraussichtlich auf Dauer nicht in der Lage sein wird, die ihm/ihr übertragenen Aufgaben uneingeschränkt zu erfüllen.21 Sie gilt als festgestellt, wenn die Arbeitsunfähigkeit ununterbrochen länger als zwölf Monate dauerte, es sei denn, Herr/Frau […] weist durch Gutachten eines einvernehmlich benannten Arztes nach, dass mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate zu rechnen ist. Kommt eine Einigung auf einen Arzt nicht zustande, so ist die Ärztekammer am Sitz der Gesellschaft um die Benennung eines ärztlichen Gutachters zu bitten. (7) Der Vertrag endet spätestens am Ende des Monates, in dem Herr/Frau […] die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (dh. zurzeit Vollendung des 67. Lebensjahres) erreicht.22 17 Die Formulierung entspricht zur Vermeidung einer Einschränkung der Entsprechenserklärung iSd. § 161 AktG bei dieser in der Umsetzung höchst umstrittenen Regelung des DCGK (sehr kritisch zur vorherigen Fassung bereits Bauer/Arnold, BB 2007, 1793 und BB 2008, 1692; vgl. auch Hoffmann/Becking, NZG 2007, 2101) fast wörtlich Empfehlung G.13 DCGK. Die Berechnung der Gesamtvergütung gem. Satz 2 ergibt sich aus der Begründung zu Empfehlung G.13 DCGK. Die Höhe einer etwaigen Abfindung muss dessen ungeachtet angemessen sein iSv. § 87 Abs. 1 AktG. ZT wird daher verlangt, dass auch eine Umwandlung der Vergütung für die Restlaufzeit in eine Abfindung einer gesonderten sachlichen Rechtfertigung bedarf; andere Einkunftsmöglichkeiten, Karenzentschädigungen und Ruhegehaltsansprüche sind in die Prüfung einzubeziehen (Hohenstatt/Naber, FS J.-H. Bauer, 2010, S. 447 ff.). 18 So G.13, Satz 2 des DCGK 2020. 19 Ob solche Freistellungsklauseln in formularmäßigen Arbeitsverträgen zulässig oder gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind, ist in der arbeitsrechtlichen Instanzgerichtsbarkeit umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden (Einzelheiten bei Einf. Kap. 2 Rz. 103). In formularmäßigen Vorstandsverträgen dürften sie jedoch wirksam sein, schon weil mit der Abberufung der Vorstand ohnehin seiner Vorstandstätigkeit nicht mehr nachgehen kann, so dass von gesetzlichen Regelungen nicht abgewichen wird und die Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 BGB greift (vgl. auch BGH v. 11.10.2010 – II ZR 266/08, NJW 2011, 920; Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337, 2342). 20 Bei einer einvernehmlichen Freistellung kommt es für die Frage der Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf die Auslegung des Vertrages an. Ist die Anrechnung nicht ausdrücklich geregelt, gilt § 615 Satz 2 BGB im Zweifel nicht, mit der Folge einer „doppelten Vergütung“ (BAG v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11, NZA 2013, 207). Wird die Anrechenbarkeit ausdrücklich geregelt, ist dies im Zweifel als Verzicht auf das vertragliche Wettbewerbsverbot zu verstehen; einen abweichenden Willen muss die Gesellschaft klar zum Ausdruck bringen (BAG v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, NZA 2007, 36, 38). 21 Arbeitsunfähigkeit entspricht weder der teilweisen Erwerbsminderung gem. § 43 Abs. 1 SGB VI noch der vollen Erwerbsminderung iSv. § 43 Abs. 2 SGB VI, sondern ist hier gesondert definiert. Insbesondere die Frage zumutbarer Verweisungsberufe iSv. § 43 Abs. 3 SGB VI stellt sich bei der hier vorliegenden Definition daher nicht. 22 Gem. B. 5 DCGK soll der Vorstandsvertrag eine Altersgrenze enthalten. Auch das AGG steht Altersgrenzen nicht entgegen, die auf das Renteneintrittsalter abstellen, § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG (BKG, § 10 AGG Rz. 39; Kliemt, RdA 2015, 232; Lutter, BB 2007, 725; PWW/Lingemann, § 10 AGG Rz. 15). Allerdings verstößt die Ablehnung einer Vertragsverlängerung aus Gründen des Alters gegen das AGG (BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/ 10, NZA 2012, 797, dazu Bauer/Arnold, NZG 2012, 921; Lingemann/Weingarth, DB 2012, 2325). Einzelheiten Kap. 4 Rz. 8. Für den GmbH-Geschäftsführer hat der BGH die Vereinbarung eines beiderseitigen Kündigungsrechtes ab Vollendung des 61. Lebensjahres als Benachteiligung wegen des Alters angesehen (BGH v. 26.3. 2019 – II ZR 244/17, NJW 2019, 2086, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 281; Mohr/Bourazeri, NZA 2019, 870).

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Kap. 5 M 5.1 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds § 3 Vergütung23 (1) Herr/Frau […] erhält beginnend mit dem […] als Festvergütung für seine/ihre Tätigkeit ein Jahresfestgehalt iHv. Euro […] (in Worten: Euro […]) brutto, das in zwölf gleichen monatlichen Teilbeträgen jeweils zum Monatsende gezahlt wird.24 Die Angemessenheit der Festvergütung wird jeweils im Abstand von zwei Jahren geprüft.25 (2) Herr/Frau […] erhält26 ferner eine variable Vergütung.27 Sie besteht aus einer Tantieme (Short Termin Incentive = STI), die sich orientiert an der Erreichung jährlicher Ziele (Abs. 3), einem Bonus (Long Termin Incentive = LTI), der sich orientiert an der Erreichung von Zielen über mehrere Jahre (Abs. 4), und aus Aktienoptionen (Abs. 5). (3) Herr/Frau […] erhält eine Tantieme (STI) nach folgenden Regelungen:28 a) Die Tantieme ist als Zielbonus mit einem einjährigen Bemessungszeitraum ausgestaltet und errechnet sich aus der Gesamtzielerreichung der beiden Teilziele Umsatz (50 %) und Earnings before interest and taxes, EBIT (50 %). Der Zielbetrag bei 100 % Zielerreichung beträgt Euro […] 23 Zum Corporate Governance Kodex s. Einf. Rz. 18 ff.; zur Gestaltung der Vorstandsvergütung bei Banken sind die Anforderungen nach § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 Kreditwesengesetz (KWG) sowie der Instituts-Vergütungsverordnung v. 25.7.2017 (BGBl. I 2017, 3042, zuletzt geändert am 15.4.2019, BGBl. I 2019, 486) zu beachten. Seit 1.1.2014 greift das CRD-IV-Umsetzungsgesetz (BGBl. I 2013, 3395), das weitere Beschränkungen der Vorstandsvergütung (ua. grundsätzliche Begrenzung der Boni auf 100 % der Fixvergütung, nunmehr geregelt in § 25a Abs. 5 KWG) enthält. Vgl. auch Jochum NZA 2017, 1371. 24 Die Vergütung muss angemessen sein, s. im Einzelnen § 87 Abs. 1 AktG, auch Leistungen des Vorstandes sind in die Angemessenheitsprüfung einzubeziehen. Ferner bestehen Kürzungsmöglichkeiten nach § 87 Abs. 2 AktG: Verschlechtert sich die Lage der Gesellschaft nach der Festsetzung der Gesamtbezüge so, dass die Weitergewährung der Bezüge nach § 87 Abs. 1 AktG unbillig für die Gesellschaft wäre, so soll der Aufsichtsrat oder in Fällen des § 85 Abs. 3 AktG das Gericht auf Antrag des Aufsichtsrats die Bezüge auf die angemessene Höhe herabsetzen (M 5.2 und M 5.3). Dies gilt auch für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art, wobei diese allerdings nur in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft herabgesetzt werden können. Der Dienstvertrag besteht auch bei der Herabsetzung fort, allerdings hat das Vorstandsmitglied im Gegenzug das Recht, einmalig mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartal zu kündigen, § 87 Abs. 2 Satz 4 AktG. 25 Anstatt einer früher gebräuchlichen Erhöhungsklausel sollte eher eine solche allgemeine Überprüfungsklausel vereinbart werden, um die Angemessenheit der Vorstandsvergütung sicherzustellen. 26 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (v. 24.9.2019 – II ZR 192/18, NZG 2020, 64, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 619; krit. Kort, NZG 2020, 121) kann eine variable Vergütung auch unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Die vom BGH gebilligte Formulierung lautete „Der Aufsichtsrat kann nach billigem Ermessen und im Einklang mit geltendem Recht (insbesondere § 87 Aktiengesetz, soweit anwendbar) zusätzlich zum Jahresbruttogrundgehalt Sonderleistungen, Gratifikationen oder Ähnliches einmalig oder wiederholt gewähren. Bei diesen Sonderleistungen, Gratifikationen oder Ähnlichem handelt es sich in jedem Falle um freiwillige Zuwendungen. Ein Rechtsanspruch kann aus ihnen nicht abgeleitet werden“. Nach der Rechtsprechung des BAG begründet allerdings die Wortwahl „erhält“ (wie im Muster) einen Anspruch, dieser sollte daher nicht verwendet werden, wenn (anders als im Muster) ein Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart werden soll. (dazu im Einzelnen Einf. Kap. 2, AGB-Kontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 104 „Freiwilligkeitsvorbehalt“). 27 Neben langfristigen Verhaltensanreizen sollen weiterhin auch kurzfristige Verhaltensanreize gewährt werden, die variable Vergütung aus dem Erreichen langfristig orientierter Ziele soll den Anteil aus kurzfristig orientierten Zielen jedoch übersteigen (G.6 DCGK). 28 Alternativ kommen auch eine dividendenabhängige Tantieme in Betracht (BGH v. 3.7.2000 – II ZR 12/99, BB 2000, 1748), zB „Die Tantieme beträgt Euro … (in Worten: Euro …) brutto für je 1 % der von der Gesellschaft im Verhältnis zum jeweiligen Grundkapital am Jahresende ausgeschütteten Dividende bis zu einer Dividende von 20 %. Boni, Sonderausschüttungen etc. an die Aktionäre gelten nicht als Dividende im Sinne dieser Regelung.“ Zulässig sind auch Ermessenstantiemen, zB „Der Aufsichtsrat setzt die Tantieme jeweils für das abgelaufene Geschäftsjahr fest. Bei der Festsetzung sind je hälftig zu berücksichtigen die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft und die Aufgaben und Leistungen von Herrn/Frau … . Ermessenstantiemen können nach freiem Ermessen oder gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen vereinbart werden“ (vgl. BGH v. 21.4.1975, WM 1975, 761, 762 f.). Garantietantiemen werden zT für eine Übergangszeit in Sanierungsfällen vereinbart und dann durch eine variable Tantieme abgelöst. Soweit sie dauerhaft vereinbart sind, dient dies häufig der klaren Ab-

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Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.1 Kap. 5 b) Zur Berechnung der Tantieme legt der Aufsichtsrat vor Beginn des Geschäftsjahres, für welches die Tantieme gewährt werden soll, für jedes Teilziel einen Zielwert (100 % Zielerreichung), einen Schwellenwert (50 % Zielerreichung) und einen Maximalwert (200 % Zielerreichung) fest. Nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt der Aufsichtsrat die Zielerreichung für die beiden Teilziele. Werte zwischen dem Schwellen-, dem Ziel- und dem Maximalwert werden linear interpoliert. Aus den Teilzielen ermittelt der Aufsichtsrat die Gesamtzielerreichung. c) Der Aufsichtsrat legt vor Beginn des Geschäftsjahres Kriterien zur Beurteilung der individuellen Leistung und sog. ESG (Ecologic, Social, Governance)-Ziele fest. Nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt der Aufsichtsrat die Zielerreichung der individuellen Leistung und der ESG-Ziele und legt aufgrund dessen einen Multiplikator zwischen 0,8 und 1,2 fest. Zur Berechnung des Auszahlungsbetrags multipliziert der Aufsichtsrat die Gesamtzielerreichung aus den Teilzielen Umsatz und EBIT mit diesem Multiplikator (0,8 bis 1,2). d) Der Auszahlungsbetrag ist auf 200 % des Zielbetrags begrenzt. e) Die Tantieme für das abgelaufene Geschäftsjahr wird zwei Monate nach dem Ende der ordentlichen Hauptversammlung fällig. Bestand der Dienstvertrag/die Organstellung29 während eines Geschäftsjahres nur zeitanteilig, so wird auch die Tantieme nur zeitanteilig gezahlt. (4) Herr/Frau […] erhält einen Long Term Incentive (LTI) nach folgenden Regelungen: a) Der LTI ist als Performance Share Plan („PSP“) mit vierjährigem Bemessungszeitraum ausgestaltet. Dem Vorstandsmitglied wird jeweils zum 1. Januar des ersten Jahres des vierjährigen Bemessungszeitraums („Gewährungsgeschäftsjahr“) eine Tranche virtueller Aktien der Gesellschaft gewährt. Jede Tranche endet am 31. Dezember des dritten, auf das Gewährungsgeschäftsjahr folgenden Jahres. b) Die Anzahl der zuzuteilenden Performance Shares errechnet sich aus der Division des Zielbetrags von Euro […] mit dem durchschnittlichen Aktienkurs der Gesellschaft der 30 Börsenhandelstage vor dem 1. Januar des Gewährungsgeschäftsjahres. Beginnt die Bestellung im laufenden Gewährungsgeschäftsjahr, wird der Zielbetrag pro rata temporis gekürzt. c) Die Höhe des LTI bestimmt sich nach der Zielerreichung des Zieles relativer Total Shareholder Return („TSR“) während des vierjährigen Bemessungszeitraums. Maßgeblich ist folgende TSR-Vergleichsgruppe [Festlegung zB vergleichbarer Unternehmen, Branchenindizes]. Der Aufsichtsrat legt vor Beginn des Gewährungsgeschäftsjahres einen Zielwert (100 % Zielerreichung), einen Schwellenwert (50 % Zielerreichung) und einen Maximalwert (200 % Zielerreichung) fest. Nach Ablauf des vierjährigen Bemessungszeitraums ermittelt der Aufsichtsrat die Zielerreichung für den TSR. d) Zur Berechnung der finalen Anzahl an Performance Shares wird die Zielerreichung für den TSR in % multipliziert mit der Anzahl der zugeteilten Performance Shares. Aus der Multiplikation der finalen Anzahl an Performance Shares mit dem durchschnittlichen Aktienkurs der Gesellschaft an den 30 Börsenhandelstagen vor dem Ende des vierjährigen Bemessungszeitraums berechnet sich der Auszahlungsbetrag aus dem LTI. Der Auszahlungsbetrag ist auf 200 % des Zielbetrags begrenzt. e) Der LTI ist auch dann zu zahlen, wenn das Dienstverhältnis zum Fälligkeitszeitpunkt gemäß lit. a nicht mehr besteht.30 Endet die Bestellung während des Gewährungsgeschäftsjahres wird der Auszahlungsbetrag pro rata temporis gekürzt. f) Näheres regeln die Planbedingungen für den LTI. grenzung des Fixgehaltes von der übersteigenden Tantieme für die betriebliche Altersversorgung, Entgeltfortzahlung, Sterbegeld und ggf. Karenzentschädigung beim Wettbewerbsverbot (s. M 4.1a § 4 Abs. 1 lit. b m. Anm.). Umsatztantiemen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, vgl. BFH v. 9.6.2004 – I B 10/04, GmbHR 2004, 1160; Handbuch des Vorstandsrechts/Thüsing, § 6 Rz. 51; aA KölnKommAktG/Mertens/Cahn, § 87 AktG Rz. 30; Münchener Handbuch AG/Wiesner, § 21 Rz. 51. 29 Grundsätzlich besteht der Anspruch auf Tantieme für die Dauer des Dienstvertrages und nicht nur für die Dauer der Organstellung. Soll sie daher mit Ende der Organstellung entfallen, muss dies ausdrücklich geregelt werden; Abs. 4 des Musters enthält eine solche Einschränkung (Einzelheiten bei Bauer/Göpfert/ Siegrist, DB 2006, 1774). Soll der Tantiemeanspruch nur für die Dauer der Organstellung gelten, so wäre die Option „die Organstellung“ zu wählen, andernfalls die Option „der Dienstvertrag“. 30 Die Interessen des Vorstandsmitglieds sind idR darauf gerichtet, dass der Bonus bei Beendigung des Dienstvertrages vollständig ausgezahlt wird. Dies dürfte aber mit dem Nachhaltigkeitsgebot unvereinbar

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Kap. 5 M 5.1 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds (5) Herr/Frau […] erhält Aktienoptionen nach Maßgabe des Aktienoptionsprogramms für Vorstandsmitglieder der Gesellschaft vom […]31 evtl.32 Herr/Frau […] verpflichtet sich, jeweils im Jahr der Auszahlung der Vergütung gem. Ziffer […] und […] für mindestens […] % der jeweiligen Vergütung aus Ziffer […] und […] Aktien der Gesellschaft zu erwerben und für die Dauer des Dienstvertrages, mindestens aber vier Jahre, zu halten. Herr/Frau […] wird den Erwerb jeweils zum Ende des Geschäftsjahres gegenüber dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates nachweisen. evtl.33 (6) Erbringt Herr/Frau […] während der Organstellung besondere Leistungen, die sich für die Gesellschaft signifikant vorteilhaft auswirken und die bei Abschluss dieses Dienstvertrages nicht voraussehbar waren, so kann der Aufsichtsrat über die Gewährung einer Sondervergütung entscheiden. evtl.34 Die Höhe der Sondervergütung richtet sich nach dem für die Gesellschaft erzielten Vorteil und wird wie folgt berechnet: […]

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sein, da bei einer solchen Gestaltung das Vorstandsmitglied an einem kurzfristigen Erfolg im Jahr des Ausscheidens interessiert sein müsste. Daher wird hier die Lösung gewählt, dass der Bonus auch nach dem Ausscheiden des Vorstandsmitglieds noch fällig werden kann. Dadurch kann er aber in der Sache vom Erfolg oder Misserfolg des Nachfolgers des Vorstandsmitgliedes abhängen. Näher zu Aktienoptionsplänen mit Formulierungsvorschlägen Kap. 12 Rz. 64 ff. sowie Adams, ZIP 2002, 1325; Baeck/Diller, DB 1998, 1405; Lingemann/Diller/Mengel, NZA 2000, 1191. Anstelle echter Aktienoptionen werden auch phantom stocks oder stock appreciation rights vereinbart. Nach Empfehlung G.10 DCGK sollen die dem Vorstandsmitglied gewährten variablen Vergütungsbeträge von ihm unter Berücksichtigung der jeweiligen Steuerbelastung überwiegend in Aktien der Gesellschaft angelegt oder entsprechend aktienbasiert gewährt werden, und das Vorstandsmitglied über die langfristig variablen Gewährungsbeträge erst nach vier Jahren verfügen können. Oft wird der LTI – wie hier – bereits aktienbasiert gewährt. Dann ist nicht geklärt, ob trotzdem die Vergütung aus dem STI gem. Empfehlung G.10 DCGK in Aktien investiert werden muss. UE. ist das nicht der Fall, wenn – wie üblich und in G.10 DCGK empfohlen – der aktienbasierter LTI den STI übersteigt. Dann wäre die Eventualregelung nicht erforderlich. Gem. BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72 (Mannesmann-Revisionsurteil) ist eine im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung für eine geschuldete Leistung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und der Gesellschaft keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen kann („kompensationslose Anerkennungsprämie“) „als treupflichtwidrige Verschwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens zu werten“ und damit Untreue gem. § 266 StGB (BGH v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, ZIP 2006, 72, 74 unter (3)). Da sie bereits dem Grunde nach unzulässig ist, kommt es – so der BGH – auf eine eventuelle Verletzung des Angemessenheitsgebots nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht mehr an. Im Umkehrschluss müsste es zulässig sein, eine Anerkennungsprämie zu vereinbaren, wenn sie der Höhe nach dem Angemessenheitsgebot des § 87 AktG entspricht (Fleischer/Bauer, ZIP 2015, 1901, 1904 f.; Peltzer, ZIP 2006, 205, 207; Poguntke, ZIP 2011, 893, 895 f.). Das LG Essen (v. 9.9.2013 – 44 O 164/10, juris Rz. 639), verlangt allerdings, dass die vertragliche Regelung die Grundsätze für die Ausübung eines Bonus-Ermessens des Aufsichtsrates selbst vertraglich festlegt und hierbei an „objektivierbaren und überprüfbaren Kriterien anknüpft“. Die vertragliche Regelung müsse „am „Geschäftserfolg“ anknüpfen“, also eine der Nachprüfung zugängliche kausale Verknüpfung zwischen einem wirtschaftlichen Unternehmenserfolg und der Prämie herstellen. Diese Ansicht wird zu Recht in der Literatur kritisiert (Fleischer/Bauer, ZIP 2015, 1901, 1905 ff.). Das LG Essen verkennt, dass auch der BGH bereits Ermessenstantiemen anerkannt hat (BGH v. 9.5.1994 – II ZR 128/93, DB 1994, 1351 zur GmbH & Co. KG). UE muss es ausreichen, wenn die Gewährung voraussetzt, dass sich die besonderen Leistungen des Vorstandes für die Gesellschaft signifikant vorteilhaft auswirken. Entspricht man den Anforderungen des LG Essen, würde es sich um eine normale Bonusvereinbarung handeln, wie in § 3 Abs. 2 bis 4 des Musters vorgesehen. Aus Sicht des Unternehmens ist die Vereinbarung einer Anerkennungsprämie, auch sofern sie zulässig ist, allerdings nicht ratsam, da sie insbesondere bei Aufhebung des Vorstandsvertrages zu erheblichen Auseinandersetzungen über Grund und ggf. Höhe einer solchen Prämie führen kann (Bauer/Arnold, DB 2006, 546, 547). Von einer solchen Sondervergütungsklausel wird zudem im Geltungsbereich des DCGK 2020 zunehmend Abstand genommen, da der so vorgesehene Vergütungsbestandteil nicht vorab „erzielt“ ist. Um den Anforderungen des LG Essen (v. 9.9.2013 – 44 O 164/10, juris Rz. 639, s. M 5.1 Fn. 33) zu genügen, könnte man hier einen konkreten Berechnungsmodus aufnehmen.

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Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.1 Kap. 5 Kann über die Höhe dieser Sondervergütung zwischen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied keine Einigung erzielt werden, entscheidet darüber endgültig (§ 317 BGB) die WP-Gesellschaft […]35 Obergrenze für eine solche Sondervergütung ist ein Betrag von Euro […]36 (7) Die für ein Geschäftsjahr zu gewährende Gesamtvergütung ist (unabhängig davon, ob sie in diesem Geschäftsjahr oder zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird) nach oben absolut begrenzt auf Euro […] Brutto (Gesamtcap)37. Zur Gesamtvergütung in diesem Sinne zählen neben den in § 3 dieses Vertrages genannten Vergütungsbestandteilen auch die sonstigen Leistungen gemäß §§ 5, 6, 8 und 9 dieses Vertrages (Gesamtvergütung). Überschreitet die nach den Regelungen des Dienstvertrags zu berechnende Gesamtvergütung die vorgenannte Höchstgrenze, wird der Auszahlungsbetrag des LTI für das jeweilige Geschäftsjahr gekürzt. Reicht die Kürzung des LTI nicht aus, wird auch der STI gekürzt. Der Aufsichtsrat kann erforderlichenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen andere Vergütungskomponenten kürzen oder die Rückerstattung gewährter Vergütung verlangen.

§ 4 Claw Back (1) Bei einem schwerwiegenden Verstoß38 von Herrn/Frau […] gegen die im Verhaltenskodex der Gesellschaft enthaltenen Grundsätze oder gegen Sorgfaltspflichten bei der Leitung des Unternehmens („Verstoß“)39 während des Bemessungszeitraums eines variablen Vergütungsbestandteils kann die Gesellschaft den Auszahlungsbetrag aus dem STI und den Auszahlungsbetrag aus dem LTI kürzen oder vollständig streichen bzw. ganz oder teilweise zurückfordern. Der Aufsichtsrat entscheidet hierüber im jeweiligen Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen („Rückforderungsentscheidung“). In der Rückforderungsentscheidung hat der Aufsichtsrat insbesondere die Schwere des Verstoßes sowie die Höhe des dadurch verursachten Vermögens- und/oder Reputationsschadens zu berücksichtigen. (2) Als Verstoß von Herrn/Frau […] im Sinne dieser Vorschrift gilt auch ein schwerwiegender Verstoß gegen den Verhaltenskodex durch Arbeitnehmer der Gesellschaft oder durch Organmitglieder oder Arbeitnehmer von mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen, wenn Herr/Frau […] seine/ihre Organisations- und Überwachungspflicht in schwerwiegendem Maß verletzt hat. (3) Gekürzt oder vollständig gestrichen werden können einzelne oder sämtliche variable Vergütungselemente des STI und des LTI, in deren Bemessungszeitraum der Verstoß fällt und die zu dem Zeitpunkt der Rückforderungsentscheidung des Aufsichtsrats noch nicht ausgezahlt sind. Beispiel: Liegt im Geschäftsjahr 2023 ein Verstoß vor, können der STI des Geschäftsjahres 2023 und die LTITranchen der Bemessungszeiträume 2020 bis 2023, 2021 bis 2024, 2022 bis 2025 und 2023 bis 2026 gekürzt oder vollständig gestrichen werden. 35 Formulierung nach Peltzer, ZIP 2006, 205. 36 Gem. § 87 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 AktG soll der Aufsichtsrat für außerordentliche Entwicklungen eine Begrenzungsmöglichkeit vereinbaren, sodass auch eine solche Prämie jedenfalls nicht mehr ohne Höchstgrenze gewährt werden darf. 37 Gem. § 87a Abs. 1 Nr. 1 AktG muss im Vergütungssystem auch die Gesamtmaximalvergütung festgelegt werden, s. auch Empfehlung G.1 DCGK. Dann ist es ratsam, sie auch in den Vertrag aufzunehmen. 38 Gem. § 87a AktG sind im Vergütungssystem auch Möglichkeiten der Gesellschaft vorzusehen, variable Vergütungsbestandteile zurückzufordern („Claw Back“). Diese bedürfen dann auch der Umsetzung im Dienstvertrag, anderenfalls lassen sich Rückzahlungsansprüche nicht begründen. Der Formulierungsvorschlag im Muster ist eine Compliance Claw Back Clause, die auf Verstöße gegen Compliance Anforderungen abstellt, in Anlehnung an Schockenhoff/Nußbaum, AG 2018, 813. In Betracht kommt auch eine Performance Claw Back Clause, die eine Rückforderung für den Fall vorsieht, dass die variable Vergütung aufgrund falscher Daten berechnet und ausgezahlt wurden (Formulierungsvorschläge dazu bei Schockenhoff/Nußbaum, AG 2018, 813 und Seyfarth, WM 2019, 569; allg. zu Claw Back-Clauses Schuster, FS J.-H. Bauer 2010, 973). 39 Ob Claw-Back-Klauseln, soweit nicht gesetzlich vorgeschrieben, überhaupt wirksam vereinbart werden können, ist sehr umstritten (krit. insbesondere gegenüber Compliance-Claw Backs insgesamt aufgrund der Schwierigkeiten, den Pflichtverstoß hinreichend zu konkretisieren, Dörrwächter/Wolff, AG 2020, 233; Schuster, FS J.-H. Bauer 2010, 973, Seyfarth, WM 2019, 569; abl. gegenüber der Zulässigkeit von ClawBack-Klauseln überhaupt in AGB Werner, NZA 2020, 155).

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Kap. 5 M 5.1 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds (4) Wird ein Verstoß nachträglich bekannt oder nachträglich aufgedeckt, können bereits ausgezahlte variable Vergütungselemente des STI und des LTI, in deren Bemessungszeitraum der Verstoß fällt, ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wenn seit der Auszahlung noch nicht mehr als fünf Jahre vergangen sind. Die Kürzung, Streichung oder Rückforderung ist auch dann möglich, wenn das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt der Rückforderungsentscheidung bereits beendet ist. (5) Maßgeblich für die Höhe der Kürzung, Streichung oder Rückforderung ist jeweils der Brutto-Betrag der variablen Vergütungselemente. (6) Die Gesellschaft behält sich vor, anderweitige Rechtsfolgen nach diesem Dienstvertrag sowie nach gesetzlichen Vorschriften (z.B. Schadensersatzansprüche) geltend zu machen.

§ 5 Fortzahlung der Bezüge (1) Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit von Herrn/Frau […], die durch Krankheit oder einen von ihm/ihr nicht zu vertretenden Grund eintritt, werden ihm/ihr die Bezüge nach § 3 Abs. 1–4 bis zu zwölf40 Monate, längstens aber bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses weitergezahlt. Herr/Frau […] muss sich auf diese Zahlungen anrechnen lassen, was er/sie von Kassen oder Versicherungen an Krankengeld, Krankentagegeld oder Rente erhält, soweit die Leistungen nicht ausschließlich auf seinen/ihren Beiträgen beruhen. (2) Herr/Frau […] tritt bereits jetzt etwaige Ansprüche an die Gesellschaft ab, die ihm/ihr gegenüber Dritten wegen der Arbeitsunfähigkeit zustehen. Die Abtretung ist begrenzt auf die Höhe der nach Abs. 1 geleisteten oder zu leistenden Zahlungen.41 (3) Stirbt Herr/Frau […] während der Dauer dieses Vertrages, so haben seine Witwe/ihr Witwer, ersatzweise die nach § 8 Abs. 5–7 anspruchsberechtigten Kinder, Anspruch auf Fortzahlung des Gehaltes gemäß § 3 Abs. 1 für den Sterbemonat und die sechs folgenden Monate. Hinterlässt Herr/Frau […] weder Witwe/Witwer noch anspruchsberechtigte Kinder, so besteht kein Anspruch gemäß Satz 1. (4) Herr/Frau […] wird sich mindestens einmal jährlich bei den Vertragsärzten der Gesellschaft auf Kosten der Gesellschaft einer gründlichen ärztlichen Untersuchung unterziehen und den Aufsichtsratsvorsitzenden von dem Ergebnis unterrichten.

§ 6 Versicherungen (1) Die Gesellschaft schließt für die Dauer dieses Vertrages zu Gunsten von Herrn/Frau […] eine Unfallversicherung für Berufsunfälle und Unfälle des täglichen Lebens mit Deckungssummen von Euro […] für den Todesfall und Euro […] für den Invaliditätsfall ab. (2) Die Gesellschaft schließt für Herrn/Frau […] eine Rechtsschutzversicherung mit einer Deckungssumme von Euro […] je Schadensfall ab, die folgende Risiken erfasst: – Inanspruchnahme aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für Vermögensschäden, – Verteidigung in Ermittlungs-, Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen fahrlässig begangener Delikte, – Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus diesem Dienstvertrag. (3) Die Gesellschaft schließt für Herrn/Frau […] eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung („D&O“) mit einer Deckungssumme von Euro […] pro Schadensfall und einem Selbstbehalt von 10 % des Schadens bis zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung42 zur Absicherung gegen Risiken aus 40 Das EFZG gilt für Vorstandsmitglieder nicht, ebenso wenig wie für Geschäftsführer, vgl. Anm. zu M 4.1a § 5. Die Regelung im Muster ist großzügig, häufig werden auch sechs Monate vereinbart. 41 Vgl. M 4.1a § 5 Abs. 2 m. Anm. 42 Angesichts der zahlreichen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit dem in § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG vorgeschriebenen Selbstbehalt (vgl. nur Haarmann/Weiß, BB 2014, 2115, 2121 f.; Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, 22 ff.; Lange, VersR 2010, 162; Lingemann, BB 2009, 1918; Melot de Beauregard/ Gleich, NJW 2013, 824, 828 f.; Schulz, ZfV 2009, 558; Thüsing/Traut, NZA 2010, 140) wurde die Formulierung möglichst nah am Gesetzestext gewählt, allerdings wurde die Höhe des Selbstbehaltes festgelegt, während das Gesetz hier nur eine Mindestgrenze nennt. Zu Modellen zur Versicherung des Selbstbehaltes Gädtke/Wax, AG 2010, 851.

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Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.1 Kap. 5 der beruflichen Tätigkeit von Herrn/Frau […] für die Gesellschaft ab.43 Der Versicherungsschutz umfasst die Innen- und Außenhaftung und schließt hinsichtlich des Verschuldensgrades lediglich wissentlich begangene Pflichtverletzungen vom Versicherungsschutz aus. Die Rückwärtsversicherung ist unbegrenzt und es wird eine mindestens 5-jährige unverfallbare Nachmeldefrist vereinbart.44 Die Gesellschaft bezieht Herrn/Frau […] in Haftpflichtversicherungen der Gesellschaft ein. Sie gewährt Herrn/Frau […] jederzeit auf Verlangen Einsicht in die Versicherungsunterlagen und legt die Belege über die Prämienzahlungen vor. Diese Verpflichtung gilt auch nach Beendigung dieses Dienstvertrages.45 (4) Die Gesellschaft erstattet Herrn/Frau […] im nachfolgenden Umfang die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung. Die Kostenerstattung beträgt grundsätzlich 50 % der von Herrn/Frau […] nachzuweisenden Aufwendungen, höchstens aber die Summe des von der Gesellschaft zu tragenden Anteils der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Falle des Bestehens eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses.

§ 7 Ruhegeld46 (1) Herr/Frau […] hat im Pensionsfall Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegeld. (2) Der Pensionsfall liegt vor, wenn a) der Dienstvertrag mit oder nach Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 2 Abs. 7) endet47, b) der Dienstvertrag vor Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 2 Abs. 7) wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit gemäß § 2 Abs. 6 endet. (3) Das Ruhegeld wird erstmals zum Monatsende für den Monat gezahlt, der auf den Eintritt des Pensionsfalls folgt. Versorgungsfähiges Einkommen ist das monatliche Fixgehalt gemäß § 3 Abs. 1. Das Ruhegeld beträgt 40 % dieses versorgungsfähigen Einkommens und erhöht sich pro Jahr (12 Monate) der Laufzeit der Vorstandsbestellung um 2 Prozentpunkte. Maximales Ruhegeld sind […] % des versorgungsfähigen Einkommens. Endet das Dienstverhältnis gemäß Abs. 2 lit. b, so erhält Herr/Frau […] Ruhegeld in der Höhe, wie es bei einer Dienstzeit bis Vollendung des 62. Lebensjahres entstanden wäre. (4) Das Ruhegeld wird gemäß § 16 BetrAVG nach Erreichen der Regelaltersgrenze jeweils angepasst.48 43 Die Formulierung zur Bezeichnung des D&O-Risikos wurde aus § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG übernommen. 44 Satz 2 und 3 gem. dem Formulierungsvorschlag von Holthausen/Held, GmbHR 2020, 741, 749. 45 Auf die Einbeziehung auch von Ansprüchen der Gesellschaft in den Versicherungsschutz sollte geachtet werden, da sie in manchen D&O-Policen als „Anspruch zwischen Versichertem und Versicherungsnehmer“ („insured vs. insured“) ausgeschlossen ist. Zur Interessenkollision bei der Inanspruchnahme Armbrüster, NJW 2016, 897. 46 Auch für Vorstandsmitglieder gelten die §§ 1–16 BetrAVG (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG). Dies gilt jedoch nicht, wenn das Vorstandsmitglied eine maßgebliche Beteiligung und Leitungsmacht in der Gesellschaft hat (BGH v. 2.6.1997 – II ZR 181/96, ZIP 1997, 1351, 1352). Bei einer Mehrheitsbeteiligung ist das BetrAVG daher nicht anwendbar (vgl. BGH v. 1.2.1999 – II ZR 276/97, NZA 1999, 380). Eine besondere unternehmerische Leitungsmacht kommt in Betracht, wenn die Kapitalbeteiligung nicht unerheblich ist, wovon man ab 10 % ausgeht (vgl. BGH v. 14.7.1980 – II ZR 224/79, WM 1980, 1114 einerseits, BGH v. 9.6.1980 – II ZR 180/79, WM 1980, 822 andererseits). Auch soweit das BetrAVG anwendbar ist, kann von tarifdispositiven Regelungen des BetrAVG (§ 17 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG) auch zu Lasten des Organmitgliedes abgewichen werden (BAG v. 21.4.2009, ZTR 2009, 657; dazu Diller/Arnold/Kern, GmbHR 2010, 281). In Betracht kommen insbesondere Abweichungen beim Anspruch auf Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG), der Ermittlung der Höhe der ratierlichen Anwartschaft (§ 2 BetrAVG), der Berechnung der vorzeitigen Altersrente (§ 2 iVm. § 6 BetrAVG), der Dynamisierung der Anwartschaft nach Ausscheiden (§ 2a BetrAVG, dazu Diller/ Arnold, DB 2019, 608, 613), dem Abfindungsverbot (§ 3 BetrAVG), dem Übertragungsanspruch und der Übertragungsbeschränkung (§ 4 BetrAVG), dem Auskunftsanspruch (§ 4a BetrAVG), dem Auszehrungsund Anrechnungsverbot (§ 5 BetrAVG), der Anpassungspflicht (§ 16 BetrAVG) und der Verjährung (§ 18a BetrAVG) (Einzelheiten bei Diller/Arnold/Kern, GmbHR 2010, 281). Solche Abweichungen sind bisher allerdings nicht sehr verbreitet. Zu Kürzungsmöglichkeiten s. M 5.1, § 6 Abs. 9 m. Anm. 47 Bisher wurden Pensionszusagen für Organmitglieder steuerlich anerkannt bei einer Pensionsberechtigung ab dem 60. Lebensjahr. Für nach dem 31.12.2011 abgeschlossene Verträge gilt dies nur noch ab dem 62. Lebensjahr (Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums v. 21.12.2017, BStBl. I 2018, 93 Rz. 145. 48 Soweit das BetrAVG für Vorstandsmitglieder gilt, greift auch § 16 BetrAVG, ist aber wohl abdingbar, Einzelheiten s. Anm. zur Überschrift von § 7 des Musters.

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Kap. 5 M 5.1 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds oder (4) In der Zeit zwischen dem Ausscheiden und dem Erreichen der Regelaltersgrenze findet eine Dynamisierung/Anpassung der Anwartschaft nicht statt, ab Erreichen der Regelaltersgrenze gilt die gesetzliche Anpassungsvorschrift des § 16 BetrAVG.49 (5) Im Falle von Abs. 2 lit. b muss sich Herr/Frau […] bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 2 Abs. 7)50 auf das Ruhegeld […] % anderweitiger Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Arbeit anrechnen lassen, soweit sie den anrechnungsfreien Betrag von insgesamt Euro […] im Kalenderjahr überschreiten. Anrechnungspflichtige Einkünfte sind der Gesellschaft am Ende eines jeden Kalenderjahres unaufgefordert mitzuteilen. Die Gesellschaft kann eine vorläufige Kürzung des Ruhegeldes vorsehen. (6) Der Anspruch auf Ruhegeld ruht, solange Herr/Frau […] ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden Wettbewerb iSv. § 11 betreibt.51 (7) Eine Abtretung oder Verpfändung des Ruhegeldanspruchs durch Herrn/Frau […] ist ausgeschlossen. (8) Endet der Dienstvertrag vor Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 2 Abs. 7), ohne dass der Pensionsfall nach Abs. 2 lit. b eintritt, so behält Herr/Frau […] seine/ihre Anwartschaft auf Versorgungsleistungen in dem nach § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgeschriebenen Umfang, falls die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit erfüllt sind.52 (9) Die Befugnis der Gesellschaft zur Kürzung oder Einstellung der Ruhegeldzahlungen bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften.53

49 Ohne diese Regelung wäre die Anwartschaft in der ersten Alternative von Abs. 1 gem. § 2a BetrAVG nach Ausscheiden zu dynamisieren (Einzelheiten bei Diller/Arnold, DB 2019, 608, 613, dort auch der Formulierungsvorschlag der Alternative). 50 Sollen anderweitige Einkünfte auch nach Erreichen der Altersgrenze angerechnet werden, so muss dies ausdrücklich geregelt sein (OLG Hamburg v. 13.3.1992 – 11 U 184/91, WM 1992, 786, 788). Das Muster sieht eine Anrechnung nur bis zur Altersgrenze vor. 51 Die Wirksamkeit von Abs. 6 ist fraglich, da die Regelung mittelbar ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot darstellt. Zu dessen Voraussetzungen im Einzelnen vgl. M 4.1a § 14 m. Anm. 52 Soweit das BetrAVG für Vorstandsmitglieder gilt (s. Anm. zur Überschrift von § 7 des Musters), greift auch die gesetzliche Unverfallbarkeit nach § 1b BetrAVG und damit der Insolvenzschutz über den Pensionssicherungsverein bei gesetzlicher Unverfallbarkeit. Damit greift grundsätzlich auch die ratierliche Kürzung gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, die hier vorsorglich noch einmal geregelt ist; sie wäre wohl auch abdingbar. Soweit das BetrAVG nicht anwendbar ist, kann Insolvenzschutz nur in anderer Weise (zB Rückdeckungsversicherung) herbeigeführt werden (vgl. näher M 4.1a § 7 m. Anm.). 53 Bis zum Inkrafttreten des VorstAG am 5.8.2009 konnten Ruhegeldansprüche nur nach Maßgabe der vertraglich auch nicht erweiterbaren Widerrufsvoraussetzungen gekürzt oder eingestellt werden (vgl. BAG v. 26.4.2018 – 3 AZR 738/16, NZA 2018, 1066; v. 20.9.2016 – 3 AZR 77/15, NZA 2017, 644; v. 8.5.1990 – 3 AZR 152/88, DB 1990, 2173; v. 8.2.1983 – 3 AZR 463/80, DB 1983, 1770). Eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens (vgl. BGH v. 14.5.1964, WM 1964, 675; v. 11.2.1985 – II ZR 194/84, ZIP 1985, 760, 761 f.; BAG v. 11.9.1980 – 3 AZR 544/79, ZIP 1981, 307, 308 f.) oder „schwerste Verfehlungen“ bzw. außerordentliche Pflichtverletzungen, nach denen ein Entgelt auch für langjährige Tätigkeit nicht mehr verdient ist (BGH v. 25.11.1996 – II ZR 118/95, AG 1997, 265, 266; v. 22.6.1981 – II ZR 146/80, WM 1981, 940: „wenn die Pflichtverletzungen einen auf andere Weise nicht wieder gutzumachenden Schaden angerichtet haben“), konnten einen Widerruf rechtfertigen, ein besonders strenger Maßstab galt für den Widerruf bei Pflichtverletzungen des Pensionärs (BGH v. 7.1.1971, BGHZ 55, 274, 279; v. 19.12.1983 – II ZR 71/83, NJW 1984, 1529). Mit Einführung des VorstAG können nach § 87 Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG auch Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezug und Leistungen verwandter Art bis zu drei Jahre nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft noch herabgesetzt werden, wobei die Frist wohl durch das Ende des Dienstvertrages ausgelöst wird (Lingemann, BB 2009, 1918, 1921). § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG ist sicherlich lex specialis gegenüber den restriktiven Widerrufsregelungen des BetrAVG, zu beachten ist zudem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wobei den Kriterien der Drei-Stufen-Theorie des BAG (BAG v. 9.12.2014 – 3 AZR 323/13, NZA 2015, 1198 Rz. 21 ff.; v. 15.1.2013 – 3 AZR 169/10, NZA 2013, 1028 Rz. 51 ff.; v. 28.6.2011 – 3 AZR 282/09, NZA 2012, 1229) besondere Bedeutung zukommt. Auch gilt für die Entscheidung über Ob und Umfang der Herabsetzung die Business Judgement Rule, §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, so dass vom Aufsichtsrat eine Punktlandung nicht verlangt werden kann (Einzelheiten Lingemann, BB 2009, 1918, 1921 f.; Diller, NZG 2009, 1006).

242 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.1 Kap. 5

§ 8 Witwen- und Waisenversorgung54 (1) Stirbt Herr/Frau […] während der Laufzeit des Dienstvertrages oder nach Eintritt des Pensionsfalls, so hat seine Witwe/ihr Witwer Anspruch auf ein lebenslanges Witwengeld/Witwergeld, sofern die Ehe im Zeitpunkt des Todes bestanden hat.55 (2) Das Witwengeld beträgt 60 % des Ruhegeldes. Stirbt Herr/Frau […] nach Eintritt des Pensionsfalls, so ist Bezugsgröße das Ruhegeld, das er/sie am Todestag bezogen hat. Stirbt Herr/Frau […] während der Laufzeit des Dienstvertrages, so ist Bezugsgröße das Ruhegeld, das er/sie bezogen hätte, wenn an diesem Tag der Pensionsfall gemäß Abs. 2 lit. b eingetreten wäre. (3) Das Witwengeld ermäßigt sich56 um […] Prozentpunkte, falls Herr/Frau […] mehr als 15 Jahre, und um […] Prozentpunkte, falls Herr/Frau […] mehr als 20 Jahre, und um […] Prozentpunkte, falls Herr/Frau […] mehr als 25 Jahre älter als seine Ehefrau/ihr Ehemann war. oder57 (3) Das Witwengeld ermäßigt sich um 5 Prozentpunkte für jedes volle über zehn Jahre58/fünfzehn Jahre59 hinausgehende Jahr, das Herr/Frau älter als seine Ehefrau/ihr Ehemann war. (4) Ein Anspruch auf Witwengeld besteht nicht, wenn die Ehe erst nach der Pensionierung geschlossen wurde60 oder wenn die Ehe nur geschlossen wurde, um den Hinterbliebenen die Leistungen zuzuwenden. (5) Das Witwengeld entfällt, wenn die Witwe/der Witwer sich erneut verheiratet, mit Ablauf des Monats der Wiederverheiratung. Der Anspruch auf Witwengeld lebt wieder auf, wenn diese Ehe endet. Auf das Ruhegeld sind jedoch Versorgungsansprüche aus dieser Ehe in vollem Umfang anzurechnen. (6) Stirbt Herr/Frau […] während der Laufzeit des Dienstvertrages oder nach Eintritt des Pensionsfalls, hat jedes seiner/ihrer unterhaltsberechtigten Kinder Anspruch auf ein Waisengeld in Höhe von jeweils 15 % der Bezugsgröße gemäß Abs. 2. Solange kein Anspruch auf Witwengeld besteht, beträgt das Waisengeld 25 % der Bezugsgröße gemäß Abs. 2.

54 Die Versorgungszusage ist insoweit ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall gem. §§ 328, 331 BGB. § 518 Abs. 2 BGB ist auch noch bei Aufnahme der Versorgungszusage nach dem Tod des Vorstandsmitglieds gewahrt (BGH v. 26.11.1974, BGHZ 66, 8, 12 ff.; v. 30.11.1974, NJW 1975, 382). 55 Zur Geltung auch für eingetragene Lebenspartnerschaften vgl. M 4.1a § 7, 2. Alt., Abs. 3 m. Anm. 56 Die Vereinbarung von Späteheklauseln (vgl. Kap. 2 Rz. 126a), wonach die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres durch den Versorgungsberechtigen geschlossen sein muss oder nur die „jetzige“ Ehefrau begünstigt wird, hält das BAG als nicht gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1, 7 AGG für unwirksam (v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15, NZA 2017, 723; v. 4.8. 2015 – 3 AZR 137/13, NZA 2015, 1447; anders noch BAG v. 20.4.2010 – 3 AZR 509/08, NZA 2011, 1092). Für die Vereinbarung einer Späteheklausel mit Vorstandsmitgliedern gilt das uE. jedoch nicht, da sie nicht am AGG zu messen ist, vgl. § 6 Abs. 3 AGG, der die entsprechende Anwendung der Diskriminierungsverbote für Organmitglieder nur hinsichtlich des Zugangs zur Erwerbstätigkeit und des beruflichen Aufstiegs anordnet (vgl. auch Cisch/Böhm, BB 2007, 602, 603). Gleichwohl kann es ratsam sein, nicht mehr auf Lebensalter unterhalb der Versorgungsgrenze abzustellen. Zu Gestaltungsalternativen s. insb. Bauer/Krieger, NZA 2016, 22 ff.; vgl. auch Wortmann, ArbRB 2016, 276. 57 Altersabstandsklauseln sind nach Auffassung des BAG hingegen im Grundsatz mit dem Verbot der Alters- und Geschlechtsdiskriminierung vereinbar (BAG v. 27.6.2006 – 3 AZR 352/05 (A), NZA 2006, 1276; krit. EuGH v. 23.9.2008 – C-427/06, NZA 2008, 1119; Preis/Temming, NZA 2008, 1209). 58 Zu dieser Altersabstandsklausel vgl. BAG v. 11.12.2018 – 3 AZR 400/17, NZA 2019, 537; Anm: Diller, ArbRAktuell 2019, 95. 59 Zu dieser Altersabstandsklausel BAG v. 16.10.2018 – 3 AZR 520/17, NZA 2019, 176, Anm: Diller, ArbRAktuell 2019, 68. 60 In dieser Regelung liegt kein Verstoß gegen das AGG (BAG v. 15.10.2013 – 3 AZR 653/11, NZA 2014, 308).

Lingemann | 243

Kap. 5 M 5.1 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds (7) Das Waisengeld wird bis zum vollendeten 18. Lebensjahr gezahlt, darüber hinaus nur für Zeiten der Schul- oder Berufsausbildung einschließlich des Wehr- oder Zivildienstes, längstens bis zum vollendeten 25. Lebensjahr.61 (8) Kinder aus einer Ehe, die nach der Pensionierung geschlossen wurde, haben keinen Anspruch auf Waisengeld. (9) Witwen- und Waisengelder dürfen zusammen den Betrag des Ruhegeldes nicht übersteigen. Ein übersteigender Betrag wird an den Waisenrenten zu je gleichen Teilen gekürzt. (10) Witwen- und Waisengelder werden jeweils am Monatsende gezahlt, letztmalig für den Monat, in dem die Anspruchsvoraussetzungen entfallen. Ansprüche auf Witwen- und Waisengelder bestehen solange nicht, wie die Bezüge nach § 5 Abs. 3 fortgezahlt werden. (11) Witwen- und Waisengelder kann die Gesellschaft mit befreiender Wirkung an die Witwe/den Witwer zahlen, Waisengelder an eine der Waisen. (12) § 7 Abs. 5, 6 und 7 gelten entsprechend für Witwen- und Waisengelder, § 7 Abs. 5 mit der Maßgabe, dass Euro […] anrechnungsfrei sind. (13) Die Befugnis der Gesellschaft zur Kürzung oder Einstellung der Witwen- und Waisenversorgung bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften.62

§ 9 Dienstwagen63 (1) Die Gesellschaft stellt Herrn/Frau […] bis zur Beendigung der Vorstandsbestellung einen Pkw, Typ […] oder gleichwertig, mit Fahrer zur Verfügung. Herr/Frau […] darf den Pkw ohne Fahrer auch privat nutzen. Die Einkommensteuer auf den Geldwertvorteil der Privatnutzung trägt Herr/Frau […] (2) Das Fahrzeug ist beim Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft oder nach einer Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unverzüglich an die Gesellschaft zu übergeben. Herr/Frau […] hat kein Zurückbehaltungsrecht an dem Fahrzeug und keinen Anspruch auf Abgeltung entgangener Gebrauchsvorteile.64 oder (2) Das Dienstfahrzeug steht Herrn/Frau […] für die gesamte Dauer des Vertrages zu.

§ 10 Spesen (1) Reisekosten und sonstige Aufwendungen, die Herrn/Frau […] in der Ausübung seiner/ihrer Aufgaben im Rahmen dieses Vertrages entstehen, werden ihm/ihr […] im angemessenen Rahmen ersetzt. (2) Die Gesellschaft trägt bis zur Beendigung der Vorstandsbestellung die einmaligen und laufenden Kosten eines zusätzlichen Telefon-, Internet und Telefaxanschlusses in der Wohnung von Herrn/Frau […] sowie die Kosten für ein dienstliches Smartphone, jeweils mit den dazugehörigen Vertrags-, Geräte- und Verbindungskosten; Herr/Frau […] darf Telefon, Internet, Telefax und Smartphone in angemessenem Umfang auch privat nutzen. Die Einkommensteuer auf den geldwerten Vorteil für die private Nutzung trägt Herr/ Frau […]

61 Pensionsrückstellungen sind nur für Versorgungen im Rahmen von § 32 Abs. 3 und 4 Satz 1–3 EStG zulässig, soweit die Versorgungszusage erstmals nach dem 31.12.2006 erteilt wurde. Höchstalter für Waisenversorgung ist damit das 25. Lebensjahr. Alternativ könnte man unmittelbar auf § 32 EStG in seiner jeweiligen Fassung Bezug nehmen. 62 Zu Einzelheiten der Kürzungsmöglichkeiten s. Anm. zu § 7 Abs. 9 des Musters. 63 Einzelheiten vgl. Einf. Kap. 12 Rz. 42 ff. und M 12.21. 64 Bei vorzeitiger Rückforderung des Dienstfahrzeugs hätte das Vorstandsmitglied ohne diese Regelung einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Dies wäre zB bei Vereinbarung des Alternativvorschlages im Muster der Fall. Zur Höhe s. M 4.1a § 9 Abs. 2 m. Anm.

244 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.1 Kap. 5

§ 11 Urlaub (1) Herr/Frau […] hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von sechs Wochen, der in Teilabschnitten genommen werden soll und dessen Lage mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats abzustimmen ist.65 evtl. (2) Kann Herr/Frau […] Urlaub nicht nehmen, weil die Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so ist der restliche Urlaubsanspruch auf das nächste Jahr zu übertragen. Eine weitere Übertragung auf die folgenden Jahre findet nicht statt. (3) Herr/Frau […] wird dafür sorgen, dass er/sie auch im Urlaub kurzfristig erreichbar ist.

§ 12 Wettbewerbsverbot66 (1) Herr/Frau […] wird nicht ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Aufsichtsrates67 der Gesellschaft während der Dauer dieses Vertrages in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig werden, welches mit der Gesellschaft in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es ihm/ihr untersagt, während der Dauer dieses Vertrages ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen.68 Das Wettbewerbsverbot gilt auch zu Gunsten der mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen.69 (2) Herr/Frau […] wird den Aufsichtsratsvorsitzenden unterrichten, falls ein Mitglied seiner/ihrer Familie (Angehörige iSv. § 15 AO) eine Beteiligung an einem solchen Unternehmen hält. Anteilsbesitz im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, der keinen Einfluss auf die Organe des betreffenden Unternehmens er65 Das BUrlG und damit auch der Mindesturlaub von 24 Werktagen gem. § 3 Abs. 1 BUrlG gilt für Vorstandsmitglieder nicht, vgl. § 1 BUrlG. Wird der Urlaub nach Tagen berechnet, so ist zu beachten, dass Werktage auch den Samstag umfassen (vgl. § 3 Abs. 2 BUrlG), Arbeitstage dagegen nur Montag bis Freitag. Sechs Wochen sind also 36 Werktage oder 30 Arbeitstage. Die Vereinbarung von Werktagen ist zwar Terminologie des BUrlG, aber unüblich. 66 Umfassend zu Wettbewerbsverboten mit Organmitgliedern Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885 ff., ferner Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 8. Aufl. 2019, S. 379. Für den Vorstand enthält schon § 88 AktG ein weit gehendes Wettbewerbs- und zT Nebentätigkeitsverbot für die Amtszeit. Tätigkeiten im Aufsichtsrat einer anderen Gesellschaft oder Beteiligung ohne Mitwirkung an der Geschäftsführung erfasst § 88 Abs. 1 AktG jedoch nicht (Hüffer/Koch/Koch, § 88 AktG Rz. 4). Das Wettbewerbsverbot wird im Dienstvertrag meist ausgedehnt zumindest auf Beteiligungen an Konkurrenzunternehmen. Ausgenommen ist in der Regel Anteilsbesitz im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, der keinen Einfluss auf die Organe des betreffenden Unternehmens ermöglicht (vgl. § 11, letzter Satz des Musters). Nach § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG dürfen Vorstandsmitglieder auch nicht Mitglied des Vorstands, Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter einer anderen Gesellschaft sein. Vorstandsdoppelmandate sind mit Einwilligung des Aufsichtsrates beider Gesellschaften zulässig (vgl. BGH v. 9.3.2009 – II ZR 170/07, BGHZ 180, 105); die Einschränkung von Nebentätigkeiten ist bereits in § 1 Abs. 2 des Musters geregelt. 67 Einwilligung bedeutet vorherige Zustimmung (§ 183 BGB). Fehlt diese, so hindert auch eine spätere Genehmigung Ersatzansprüche der AG für die Zwischenzeit nicht (vgl. § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG). Über die Einwilligung kann nur der Aufsichtsrat oder ein zuständiger Ausschuss (§ 107 Abs. 3 AktG) beschließen (§ 108 Abs. 1 AktG). Duldung ersetzt die ausdrückliche Einwilligung nicht (Hüffer/Koch/Koch, § 88 AktG Rz. 5; MünchKommAG/Spindler, § 88 Rz. 25). 68 Beteiligungen an anderen Gesellschaften werden von § 88 Abs. 1 AktG nicht erfasst, soweit sie nicht mit einer Geschäftsführung verbunden sind. Daher bedarf es gegebenenfalls gesonderter Regelung. 69 Da die Zivilgerichte häufig eine geltungserhaltende Reduktion von zu weit gefassten Wettbewerbsverboten ablehnen, ist bei der Formulierung der sachlichen und geografischen Reichweite des Verbots größte Vorsicht geboten. Eine Erstreckung auf verbundene Unternehmen wie im vorliegenden Muster ist nur dann unproblematisch, wenn die verbundenen Unternehmen im gleichen Wettbewerbssegment tätig sind und deshalb ein Tätigwerden des ausscheidenden Organmitglieds bei der Konkurrenz auch deren Interessen berühren würde. Gibt es dagegen verbundene Unternehmen, die in ganz anderen Branchen und/oder im Ausland tätig sind, kann eine Konzernerstreckung das ganze Wettbewerbsverbot unwirksam machen.

Lingemann | 245

Kap. 5 M 5.1 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds möglicht, gilt nicht als Beteiligung im Sinne dieser Bestimmung; dies wird bei einem Anteilsbesitz von bis zu 5 % vermutet. (3) Dieses Wettbewerbsverbot gilt über § 88 AktG hinaus auch nach Ende der Bestellung bis zum Ablauf dieses Vertrages, sofern die Gesellschaft die Vergütung fortzahlt.

§ 13 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot S. M 4.1a § 14.

§ 14 Geheimhaltung70 Herr/Frau […] verpflichtet sich, über alle vertraulichen Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, insbesondere über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die ihm/ihr durch seine/ihre Tätigkeit bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch für die Zeit nach Beendigung des Dienstvertrages. Sie gilt auch bezüglich übernommener Mandate und Ämter bei mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen.

§ 15 Rückgabe von Unterlagen71 Herr/Frau […] verpflichtet sich, die in seinem/ihrem Besitz befindlichen geschäftlichen Unterlagen und Schriftstücke der Gesellschaft einschließlich Abschriften, Ablichtungen, Kopien, EDV-Dateien etc. – gleich auf welchem Datenträger – nebst Zugangsdaten auf Aufforderung jederzeit, bei Beendigung der Organstellung auch ohne Aufforderung, dem Vorstand oder einem Beauftragten des Vorstands auszuhändigen. Ein Zurückbehaltungsrecht an solchen Unterlagen und Schriftstücken ist ausgeschlossen.

§ 16 Ausschluss des Urkundenprozesses Keine Partei ist berechtigt, Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis im Wege des Urkundenprozesses gemäß §§ 592 ff. ZPO geltend zu machen.72

§ 17 Salvatorische Klausel73 Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder sollte sich in diesem Vertrag eine Lücke befinden, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt werden. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, 70 Die Regelung hat nur klarstellende Bedeutung. Eine Verschärfung der in § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG geregelten Geheimhaltung in Vertrag, Satzung oder Geschäftsordnung wäre wohl nicht wirksam (so zum Aufsichtsratsmitglied, § 116 iVm. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325 = NJW 1975, 1412; für das Vorstandsmitglied dürfte dies gleichermaßen gelten, Hölters/Weber, § 93 AktG Rz. 151; MünchKommAG/Spindler, § 93 Rz. 162 mwN.). Das GeschGehG (dazu im Einzelnen Einf. Kap. 2, AGB-Kontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 106b ff.) bietet höheren Schutz. Ob dieser mit dem Vorstand vereinbart werden kann, ist nach dem Vorgesagten nicht geklärt. Ggf. wäre die Klausel nach Maßgabe von M 3.1, § 5 sowie kürzer M 2.1a, Ziff. 8 zu verwenden. 71 Auch ohne ausdrückliche Regelung im Vertrag besteht der Anspruch der Gesellschaft auf Herausgabe von Unterlagen analog § 667 BGB (zum GmbH-Geschäftsführer BGH v. 7.7.2008 – II ZR 71/07, NZG 2008, 834; v. 3.12.1962, WM 1963, 161, 162; Münchener Handbuch AG/Wiesner, § 21 Rz. 102). Auch ein Zurückbehaltungsrecht scheidet wohl aus (zum GmbH-Geschäftsführer BGH v. 11.7.1968, WM 1968, 1325). 72 Der BGH hält den Ausschluss des Urkundenprozesses bei Rückgriff aufgrund einer Bürgschaft auf erstes Anfordern für zulässig (BGH v. 12.7.2001 – IX ZR 380/98, NJW 2001, 3549). Der Ausschluss des Urkundenprozesses kann daher zumindest individualvertraglich vereinbart werden (ohne Differenzierung nach AGB und Individualvertrag: MünchKommZPO/Braun, § 592 Rz. 8; Musielak/Voit, § 592 ZPO Rz. 15. In Formularverträgen für Organe ist der Ausschluss zulässig, wenn er für beide Vertragsparteien gilt. Er ist allerdings wenig verbreitet. 73 Zur salvatorischen Klausel s. M 3.1 § 26 m. Anm.

246 | Lingemann

Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds | M 5.2 Kap. 5 über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.74 Im Falle einer Lücke gilt diejenige Bestimmung als vereinbart, die dem entspricht, was nach Sinn und Zweck dieses Vertrages vereinbart worden wäre, hätte man die Angelegenheit von vornherein bedacht. Dies gilt auch dann, wenn die Unwirksamkeit einer Bestimmung auf einem in diesem Vertrag normierten Maß der Leistung oder Zeit beruht; in einem solchen Fall tritt ein dem Gewollten möglichst nahe kommendes rechtlich zulässiges Maß der Leistung oder Zeit an Stelle des Vereinbarten.

§ 18 Schlussbestimmungen (1) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.75 (2) Dieser Vertrag wird dreimal ausgefertigt, je eine Ausfertigung erhalten der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr/Frau […] und die Gesellschaft. (3) Der Vertrag tritt an die Stelle des Vertrages vom […] mit allen späteren Änderungen, der damit endet.76 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

Aktiengesellschaft Der Aufsichtsrat […]

[…]

(Vorsitzender)

(Herr/Frau […])

74 S. M 3.1, § 26 m. Anm. 75 Zur Schriftformklausel im Einzelnen vgl. M 4.1a § 19 m. Anm. 76 Diese Regelung ist nur erforderlich, wenn das Vorstandsmitglied zuvor Angestellter der Gesellschaft war und dient dazu, ein ruhendes Arbeitsverhältnis zu beseitigen (dazu im Einzelnen M 4.1a § 3 Abs. 1 m. Anm.). Das Risiko ist allerdings beim Vorstandsmitglied gering.

M 5.2 Schreiben zur Herabsetzung der Bezüge und Versorgung des Vorstands-

mitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG

[Briefkopf des Aufsichtsratsvorsitzenden der X AG] Herrn Ort, Datum Sehr geehrter Herr […], wie ich Ihnen bereits mündlich erläutert habe,1 hat der Aufsichtsrat der X AG Ihre Vergütung2 und Ihr Ruhegehalt3 herabgesetzt. 1 Natürlich ist eine solche Erläuterung rechtlich nicht zwingend, kann aber zur Akzeptanz der Entscheidung beitragen. 2 Nach § 87 Abs. 2 AktG soll der Aufsichtsrat die Bezüge auf eine angemessene Höhe herabsetzen, wenn sich die Lage der Gesellschaft so verschlechtert, dass die Weitergewährung der Bezüge nach § 87 Abs. 1 AktG unbillig für die Gesellschaft wäre. Der Aufsichtsrat ist in diesem Fall idR zu einer Herabsetzung verpflichtet und darf nur in besonderen Fällen davon absehen (BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 Rz. 43, dazu Kort, AG 2016, 209; Weber, DB 2016, 815). 3 Gem. § 87 Abs. 2 Satz 2 AktG können im Fall des § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art nur in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft nach Satz 1 herabgesetzt werden, aber natürlich auch, wie hier, noch während des Bestandes des Dienstvertrages.

Lingemann | 247

Kap. 5 M 5.2 | Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds Anbei erhalten Sie die Niederschrift über die Beschlussfassung des Aufsichtsrats der X AG vom […] im Original.4 Danach hat mich der Aufsichtsrat beauftragt und bevollmächtigt, Ihnen die Beschlüsse des Aufsichtsrats mitzuteilen und alle Maßnahmen zur Durchführung der Beschlüsse zu ergreifen. Namens und im Auftrag des Aufsichtsrats der X AG teile ich Ihnen daher hiermit folgende Beschlüsse gemäß § 87 Abs. 2 AktG mit: 1. Ihre Festbezüge werden in Abweichung von § 3 Ihres Dienstvertrags vom […] samt Nachträgen von Euro […] brutto p.a. auf Euro […]5 brutto p.a. herabgesetzt; Tantieme und Bonus entfallen. Die Herabsetzung wirkt sofort und unbefristet.6 2. Ihr Ruhegehalt wird in Abweichung von § 7 Ihres Dienstvertrags vom […] samt Nachträgen auf Euro […] brutto p.a. herabgesetzt, damit reduziert sich auch die Hinterbliebenenversorgung entsprechend. Die Herabsetzung wirkt sofort und unbefristet. Mit freundlichen Grüßen […] (Aufsichtsratsvorsitzender der X AG) 4 Die Kundgabe des Herabsetzungsbeschlusses gegenüber dem Vorstandsmitglied genügt in der Regel, um die Gestaltungswirkung und damit die Änderung der Vergütungsvereinbarung eintreten zu lassen, (BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 Rz. 31). 5 Die neu festgesetzte Höhe muss mindestens auf einen Betrag erfolgen, der nicht mehr unbillig iSd. § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG ist, andererseits darf er auch nicht weitergehen als es die Billigkeit erfordert (BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 Rz. 44/45, s. auch Einf. Rz. 16). Der BGH verlangt damit letztlich eine Punktlandung (aA Lingemann, BB 2009, 1819 ff., krit. auch Kort, AG 2016, 209; Weber, DB 2016, 815). 6 Die Gesellschaft muss den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten, das kann im Einzelfall bedeuten, dass die Herabsetzung nur befristet erfolgt (Lingemann, BB 2009, 1819 ff.).

M 5.3 Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Herabsetzung der Bezüge und

Versorgung des Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 2 AktG

Der Aufsichtsrat beschließt einstimmig gemäß § 87 Abs. 2 AktG: 1. In Abweichung von § 3 des Dienstvertrags vom […] samt Nachträgen werden die Festbezüge von Herrn […] von Euro […] brutto p.a. auf Euro […]1 brutto p.a. herabgesetzt; Tantieme und Bonus entfallen.2 Die Herabsetzung wirkt sofort und unbefristet. 2. In Abweichung von § 7 des Dienstvertrags vom […] samt Nachträgen wird das Ruhegehalt von Herrn […] auf Euro […] brutto p.a. herabgesetzt. Die Herabsetzung wirkt sofort und unbefristet. 3. Der Aufsichtsratsvorsitzende wird beauftragt und bevollmächtigt, Herrn […] diese Beschlüsse des Aufsichtsrats mitzuteilen und alle Maßnahmen zur Durchführung dieser Beschlüsse zu ergreifen. Dies schließt auch die Prozessführung und die Einlegung von Rechtsbehelfen aller Art ein. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist berechtigt, Untervollmacht zu erteilen. 1 Im Fall des BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236, hatte der Aufsichtsrat nicht ausdrücklich über einen bestimmten Betrag Beschluss gefasst, der Beschluss war aber dahin auszulegen (BGH v. 27.10.2015, NJW 2016, 1236 Rz. 28). 2 Im Fall des BGH v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, NJW 2016, 1236 hatte der Aufsichtsrat nicht festgelegt, welche Gehaltsbestandteile in welchem Umfang innerhalb des Maximalbetrages anteilig zu kürzen waren. Auch das hielt der BGH aufgrund Auslegungsmöglichkeit nicht für schädlich (Rz. 30 des Urteils). Die Angabe ist gleichwohl zu empfehlen.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Kap. 6

Kapitel 6 Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Befristung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Befristung aufgrund eines sachlichen Grundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2 TzBfG im Einzelnen . . . . . . . . . . . . bb) Kalendermäßige Befristung, § 3 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 1 TzBfG (M 6.1.1) . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zweckbefristung, § 3 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG (M 6.1.2; M 6.1.5) . . . . . . . . . dd) Auflösende Bedingung . . . . . . ee) Befristung einzelner Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . ff) § 1 ÄArbVtrG . . . . . . . . . . . . b) Befristung aufgrund gesetzlicher Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 14 Abs. 2, 2a, 3 TzBfG – Sachgrundlose Befristung (M 6.1.6; M 6.1.9) . . . . . . . . . bb) § 21 BEEG, § 6 PflegeZG und § 9 FPfZG . . . . . . . . . . . . . . cc) Befristungen im Hochschulbereich nach WissZeitVG . . . . 2. Telearbeit/Homeoffice (M 6.2.1/M 6.2.2) . . . . . . . . . . . . 3. Mobile Office (M 6.4) . . . . . . . . .

__ _ _ _ __ __ _ _ _ _ __ 1 1

10 15

26a

27 28 30 31 32 33 39 40

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43 52

II. Muster Kalendarisch befristeter Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen . . . . . . . . . . . M 6.1.1 Zweckbefristeter Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . M 6.1.2

_ __ _ __ _ _ _ _ _ __ _

Mitteilung der Zweckerreichung nach § 15 Abs. 2 TzBfG . . . . . . . . . . . . . M . 6.1.3.1 Mitteilung des Ablaufs des vereinbarten Befristungszeitraums (vgl. § 15 Abs. 1 TzBfG) mit hilfsweiser Kündigung . . . M . 6.1.3.2 Traineevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.4 Doppelt befristeter Arbeitsvertrag . . . . M 6.1.5 Sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 2 TzBfG . . . . . . . . . . . M 6.1.6 Probearbeitsverhältnis mit Befristung . . M 6.1.7 Verlängerung des Probearbeitsverhältnisses mittels Aufhebungsvertrag . . . . . M 6.1.8 Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 2 TzBfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.1.9 Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes über die Regelaltersgrenze hinaus, § 41 Satz 3 SGB VI . . . . . . . . .M 6.1.10 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Befristung und Weiterbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . .M 6.1.11 Arbeitsvertrag über alternierende Telearbeit/Homeoffice ohne vom Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsplatz im Privatbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.2.1 Arbeitsvertrag über alternierende Telearbeit/Homeoffice mit vom Arbeitgeber eingerichtetem Arbeitsplatz im Privatbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 6.2.2 Homeoffice-Klausel für Arbeitsvertrag . M 6.3 Mobile Office-Vereinbarung/Vertrag über mobiles Arbeiten . . . . . . . . . . . . M 6.4

Literatur: Zur Befristung allgemein: Barkow von Creytz, Das Familienpflegezeitgesetz, DStR 2012, 191; Bauer, Tückisches Befristungsrecht, NZA 2011, 241; Brock, Rechtssichere Rentnerbeschäftigung, öAT 2018, 67; Fecker/Scheffzeck, Elternzeit – ungeklärte (Rechts)Fragen aus der Praxis, NZA 2015, 778; Forst, Mehr Zeit und Geld für den Nachwuchs – Die Neufassung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG), DB 2015, 68; Glatzel, Das neue Familienpflegezeitgesetz, NJW 2012, 1175; Göttling/Neumann, Das neue Familienpflegezeitgesetz, NZA 2012, 119; Greiner, Methodenfragen des Befristungsrechts, NZABeilage 2011, 117; Hirdina, Befristung wissenschaftlicher Mitarbeiter verfassungs- und europarechtwidrig!, NZA 2009, 712; Lingemann, Probleme der Schriftform bei Befristung, ArbRAktuell 2009, 79; Linsenmaier, Befristung und Bedingung – Ein Überblick über die aktuelle Rechtsprechung des Siebten Senats des BAG unter besonderer Berücksichtigung des Unionsrechts und des nationalen Verfassungsrechts, RdA 2012, 193; Mosch, Aktuelle Entscheidungen zum Recht der befristeten Arbeitsverträge; NJW-Spezial 2012, 562; Müller, Die Drittmittelbefristung nach Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), öAT 2010, 224; Reufels, Befristungskontrolle für nur vermeintliche Aufhebungsverträge – Wie sich ein Entfristungsprozess vermeiden lässt, ArbRB 2020, 57; Oberthür, Neue Vorgaben für die arbeitsvertragliche Probezeit – Was gilt aktuell, was ist künftig nach EU-Recht zu beachten? ArbRB 2019, 317; Richter, Elterngeld Plus und Elternzeit, DStR 2015, 366; Rudolf, Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen im Wandel der Zeit, BB 2011, 1808; Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang, Arbeitsrechtliches Formular- und

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Kap. 6 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office Verfahrenshandbuch, 2. Teil, II. 4., 13. Aufl. 2019; Schiefer, Befristete Arbeitsverträge: Hindernisse und Fallstricke – Die aktuelle Rechtsprechung, DB 2011, 1164; Schmitt-Rolfes, Die Schriftformfalle, AuA 2018, 511; von Steinau-Steinrück/Burkard-Pötter, Die Alten kommen – Rentnerbeschäftigung auf dem Vormarsch, NJW-Spezial 2012, 306; Stumpf, Befristete Arbeitsverhältnisse im Wissenschaftsbetrieb – Europarechtskonformität der in § 2 III WissZeitVG normierten Nichtanrechnungsklauseln, NZA 2015, 326. Zur Befristung nach TzBfG: Arnold/Zeh, Die befristete Beschäftigung von Rentnern, NZA 2019, 1017; Arnold, Aktuelle Rechtsprechung zum Befristungsrecht, NZA-RR 2020, 1; Bauer, Arbeitsrechtliche Baustellen des Gesetzgebers – insbesondere Befristungsrecht, NZA 2014, 889; Bauer/Fischinger, Sachgrundlose Befristung und Verbot der Vorbeschäftigung bei „demselben Arbeitgeber“, DB 2007, 1410; Bauer/Gottschalk, Beschäftigung von Altersrentnern, BB 2013, 501; Baumgarten, Der Widerspruch nach § 15 Abs. 5 TzBfG – Schaffung von Klarheit nicht Arbeit, BB 2014, 2165; Bauschke, Neues zur zulässigen Vertretungsund unzulässigen Kettenbefristung – Erste Erkenntnisse aus der „Kücük“ – Entscheidung des EuGH vom 26.1.2012, öAT 2012, 27; Bayreuther, Das BVerfG und die sachgrundlose Befristung – Neues aus dem Arbeitsverfassungsrecht, NZA 2018, 905; Bayreuther, Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Altersgrenzen, NZA-Beilage 2015, 84; Blang, Befristung von Arbeitsverträgen mit Lizenzspielern und Trainern, 2009; Bonanni/Schmidt, Kettenbefristung von Arbeitsverträgen und Missbrauchskontrolle, ArbRB 2013, 216; Braun/Kriesten, Praxistipps zum Abschluss befristeter Arbeitsverträge, RiA 2009, 1; Brose, Die BAG-Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG – ein Fall für den EuGH, NZA 2009, 706; Bruns, Befristung von Arbeitsverträgen mit Sporttrainern, NZA 2008, 1269; Bruns, BB-Rechtsprechungsreport zur Teilzeitarbeit, BB 2010, 956; Chaudhry, Doppelbefristungen in Vertretungsfällen und Befristungsdauer, NZA 2018, 484; Drosdeck/Bitsch, Zulässigkeit von Kettenbefristungen, NJW 2012, 977; Drosdeck/Bitsch, Die rechtsmissbräuchliche Vertretungsbefristung, NJW 2013, 1345; Fischer, Die Rechtsprechungsänderung zum befristungsrechtlichen Vorbeschäftigungsverbot und ihre Folgen für die Personalpraxis, BB 2019, 2356; Greiner, Befristungskontrolle im Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen – die „Jobcenter“Fälle, DB 2014, 1987; Grimm/Brock, Sachgrundlose Befristung der Arbeitsverhältnisse älterer Menschen in § 14 Abs. 3 TzBfG, ArbRB 2007, 154; Groeger, Haushaltsrecht und Befristung von Arbeitsverträgen, NJW 2008, 465; Helm/Hjort/Hummel, Entfristungsanspruch für Betriebsratsmitglieder, ArbRAktuell 2011, 397; Höpfner, Die Reform der sachgrundlosen Befristung durch das BAG – Arbeitsmarktpolitische Vernunft contra Gesetzestreue, NZA 2011, 893; Hold/Kleinsorge, Befristete Arbeitsverhältnisse im Licht der neuen Rechtsprechung, NWB 2012, 1840; Hunold, Neue Entwicklungen im Befristungsrecht, schnellbrief Arbeitsrecht 11/2012; Hunold, Befristung zur Vertretung nur zulässig bei Totalausfall eines Mitarbeiters?, DB 2012, 288; Hunold, Sachgrundlose Befristung nach Ende der Berufsausbildung, NZA 2012, 431; Jesgarzewski, Missbrauchskontrolle bei Kettenbefristungen – unter besonderer Berücksichtigung des Hochschulwesens, AuR 2018, 353; Jörchel, Befristungsrecht – Ein Zwischenstopp, NZA 2012, 10653; Kleinebrink, Vertragsgestaltung bei Befristung von Arbeitsverhältnissen mit älteren Menschen, MDR 2007, 762; Kossens, Aktuelle Rechtsprechung zum Befristungsrecht, NZA-RR 2009, 233; Kuckuk, Missbrauchskontrolle bei der Befristung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung, NZA 2019, 22; Kuhnke, Sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bei „Zuvor-Beschäftigung“, NJW 2011, 3131; Lakies, EuGH zu Vertretungsbefristungen: Grundsätzlich zulässig, aber Einzelfallabwägung erforderlich, ArbRAktuell 2012, 55; Lange, Die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle als Angemessenheitskontrolle, 2009; Lunk/Leder, Der Arbeitsvertrag – Befristung und Teilzeit, NJW 2016, 1705; Maaß, Die Befristung des Arbeitsvertrages auf Grund „gedanklicher“ Vertretung, ArbRAktuell 2010, 187; von Medem, Aktuelle Entwicklungen beim Anschlussverbot nach § 14 II 2 TzBfG, ArbRAktuell 2014, 425; Meinel/Heyn/Herms, Teilzeit- und Befristungsgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2020; Mosch, Verträge für Fußballprofis auf dem arbeitsrechtlichen Prüfstand, NJW-Spezial 2015, 370; Naber/Schulte, BB-Rechtsprechungsreport zum Vorbeschäftigungsverbot nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG, BB 2020, 436; Picker, Doppelt hält besser! – Zur Doppelbefristung und ihrem Verhältnis zur Fiktionswirkung des § 15 V TzBfG, ZfA 2013, 73; Reinhardt/Domni, Die formellen Anforderungen an die Befristung von Arbeitsverträgen nach der Rechtsprechung des BAG, BB 2017, 1339; Richter/Wilke, Die Veränderung von Vertragsinhalten bei der Verlängerung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge, RdA 2011, 305; Schmidt, Neues zur Teilbefristung – Das TzBfG im Gewand der AGB-Kontrolle, NZA 2014, 760; Schnelle, Befristung durch gerichtlichen Vergleich: Welche Mitwirkung des Gerichts ist erforderlich?, NZA 2018, 1445; Städler, Die Verlängerungsmöglichkeit befristeter Arbeitsverträge nach § 14 II 1 Halbs. 2 TzBfG, NZA 2012, 1082; Steenfatt, Befristete Arbeitsverträge, AuA 2009, 154; vom Stein, Missbrauchskontrolle bei befristeten Arbeitsverträgen, NJW 2015, 369; Tilch, „Ich habe Vertrag!“ – Befristungen im Sportrecht, NJW-Spezial 2017, 114; Tilch/Vennewald, Update: Sachgrundlose Befristung, NJW-Spezial 2011, 690; Walker, Zur Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen mit Berufsfußballspielern, NZA 2016, 657; Weth/Breyer, „Minenfeld“ Befristungsrecht, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 1093.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 3 Kap. 6 Befristung einzelner Vertragsbedingungen: Dzida, Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, ArbRB 2012, 286; Fleddermann, Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, ArbRAktuell 2015, 367 und 392; Fuhlrott, Anforderungen an die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, NZA 2016, 1000; Willemsen/ Jansen, Die Befristung von Entgeltbestandteilen als Alternative zum Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalt, RdA 2010, 1. Zur Telearbeit/Homeoffice: Adam, Arbeiten im Homeoffice (Teil 2) – Mitbestimmung des Betriebsrates, SPA 2018, 133; Aligbe, Wichtige Aspekte der novellierten Arbeitsstättenverordnung, ArbRAktuell 2016, 596; Aligbe, Die Bildschirmarbeit nach Wegfall der Bildschirmarbeitsverordnung, ArbRAktuell 2017, 585; Benkert, Arbeitsrechtliche Aspekte einer Tätigkeit im Home-Office, NJW-Spezial 2019, 306; Bonanni/ Kamps, Daten- und arbeitsschutzrechtliche Anforderungen an Home-Office-Vereinbarungen, ArbRB 2014, 83; Dietz, Steuerliche Fragen rund um Telearbeitsplätze, PersF 2010, Heft 2, 82; Ganz, My Home(office) is my castle – Zum Recht des Betriebsrats und der Berufsgenossenschaft, Arbeitsplätze zu besichtigen, ArbRAktuell 2018, 35; Gerlach/Gödicke, Heikle neue Arbeitswelt mit Homeoffice, mobilem Arbeiten und BYOD, NWB 2019, 3710; Hahn, Telearbeit und Home-Office im öffentlichen Dienst, öAT 2018, 202; Hangarter/ Lienau, Mobile Arbeit/Homeoffice, AE 2019, 177; Hansen, Der sozialversicherungsrechtliche Status von Telearbeit, Die Beiträge 2009, 193, 257, 321, 385 und 449; Hidalgo, Arbeitsschutz im Home-Office – ein Lösungsvorschlag, NZA 2019, 1449; Isenhardt, Homeoffice: Einrichtung und Ausgestaltung, DB 2016, 1499; Kamann, Arbeitsvertragliche Gestaltung von Telearbeitsverhältnissen, ArbRAktuell 2016, 75; Krieger/ Rudnik, Homeoffice und Mobile Office in der Corona-Kriese, NZA 2020, 473; Müller, Die gesetzliche Unfallversicherung im Homeoffice, NZS 2019, 177; Müller, Entzug und Anordnung einer Homeoffice-Tätigkeit durch Weisung des Arbeitgebers, DB 2019, 1624; Oberthür, Unfallversicherung in der mobilen Arbeitswelt. Die neue BSG-Rechtsprechung verbessert den Schutz im Home-Office, ArbRB 2019, 115; Oberthür, Die Arbeitssicherheit im Mobile Office, NZA 2013, 246; Oberthür, Telearbeit im Homeoffice, MDR 2015, 1269; Picker, Rechtsanspruch auf Homeoffice?, ZfA 2019, 269; Reinhardt-Kasperek/Domni, Arbeiten im Homeoffice (Teil 1) – Was ist vorab zu beachten?, SPA 2018, 125; Richter, Arbeitsrechtliche Herausforderungen bei der Einführung und Durchführung von Homeoffice, ArbRAktuell 2019, 142 (Teil 1) und 2019, 166 (Teil 2); Schucht, Compliance beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten – Das neue Arbeitsstättenrecht im Überblick, CCZ 2017, 120; Schiefer/Worzalla, Moderne Arbeitswelt (Teil 1): Spannungsfeld zwischen technischer Entwicklung und Individualarbeitsrecht – Direktionsrecht, Homeoffice, mobiles Arbeiten, Unfallversicherung etc., DB 2019, 1904; Schöllmann, Mobile Working, Telearbeit, Desksharing, NZA-Beilage 2019, 81; Schulze/Ratzesberger, Telearbeit: Fluch oder Segen? – Mitbestimmung des Betriebsrats bei mobiler Arbeit, ArbRAktuell 2016, 109; von Steinau-Steinrück, Überwachung der Arbeitszeit im Homeoffice – Vertrauen vs. Kontrolle, NJW-Spezial 2018, 754; Wiebauer, Die Novelle der Arbeitsstättenverordnung 2016, NZA 2017, 220; Wiese, Personale Aspekte und Überwachung der häuslichen Telearbeit, RdA 2009, 344. Zum Mobile Office: Dzida/Beckmann, „Mobile Office“ – Die Zukunft der Arbeit?, ArbRB 2018, 269; Gerlach/Gödicke, Heikle neue Arbeitswelt mit Homeoffice, mobilem Arbeiten und BYOD, NWB 2019, 3710; Hangarter/Lienau, Mobile Arbeit/Homeoffice, AE 2019, 177; Schöllmann, Mobile Working, Telearbeit, Desksharing, NZA-Beilage 2019, 81.

I. Einführung 1. Befristung Gem. § 15 Abs. 1 und 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wird. Befristete Arbeitsverträge sind vor Ablauf der Frist nicht ordentlich kündbar, es sei denn, dies ist einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag ausdrücklich vereinbart, § 15 Abs. 3 TzBfG. Lediglich bei einer Befristung auf mehr als fünf Jahre besteht für den Arbeitnehmer ein Kündigungsrecht nach Ablauf von fünf Jahren, § 15 Abs. 4 TzBfG. Von dieser Regelung kann nach § 22 TzBfG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

1

Praxistipp: Soll das Arbeitsverhältnis auch vor Ablauf der Befristung ordentlich kündbar sein, muss dies ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen werden.

2

Außerordentlich gem. § 626 BGB kann auch das befristete Arbeitsverhältnis jederzeit gekündigt werden.

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Kap. 6 Rz. 4 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office

4

Gem. § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.1 Sie muss daher von beiden Vertragsparteien auf derselben Urkunde unterschrieben sein, § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Unterzeichnung nur einer Anlage reicht nicht aus, es sei denn, dass die unmissverständliche Zusammengehörigkeit von Hauptteil und Anlage feststeht.2 Das Schriftformerfordernis gilt auch für die Vereinbarung über die befristete Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses3 sowie für die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses, § 14 Abs. 4 TzBfG.4 Auf die Befristung einzelner Vertragsbedingungen im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist § 14 Abs. 4 TzBfG hingegen nicht anzuwenden (Einzelheiten Rz. 31).5 Keine Anwendung findet § 14 Abs. 4 TzBfG auch, wenn die Befristungsregelung Bestandteil eines einschlägigen Tarifvertrags ist, dessen Anwendung die Arbeitsvertragsparteien vereinbart haben.6 Bei einer Teilbezugnahme hingegen muss die Schriftform wohl eingehalten werden.7 Zur Wahrung der Schriftform kann es im Ergebnis auch ausreichen, wenn die Erklärung nur „im Auftrag“ des Arbeitgebers erfolgt.8 Inhaltlich verlangt die Vorschrift bei kalendermäßiger Befristung nur die Festschreibung der Dauer des Arbeitsverhältnisses, nicht aber des Befristungsgrundes.9 Bei der Zweckbefristung/auflösenden Bedingung dagegen bedarf auch die Angabe des Zweckes der Befristung bzw. des beendenden Ereignisses der Schriftform.10 Was den Zeitpunkt der schriftlichen Fixierung anbelangt, so muss das Schriftformerfordernis spätestens bei Abschluss des Arbeitsvertrages11 bzw. im Zeitpunkt der Befristungsverlängerung12 erfüllt sein, sofern die Parteien zuvor eine entsprechende mündliche Vereinbarung geschlossen haben.13 Die Schriftform ist daher nicht gewahrt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Vertragsbeginn eine von ihm nicht unterzeichnete, die Befristungsabrede enthaltende Vertragsurkunde übergibt, der Arbeitnehmer die Vertragsurkunde unterzeichnet an den Arbeitgeber zurückgibt, der Ar1 Zur Wahrung der hiernach erforderlichen Schriftform genügt es, wenn eine Vertragspartei in einem von ihr unterzeichneten, an die andere Vertragspartei gerichteten Schreiben, den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages anbietet und die andere Vertragspartei das Angebot annimmt, indem sie das Schriftstück ebenfalls unterzeichnet (BAG v. 26.7.2006 – 7 AZR 514/05, NZA 2006, 1402). Erforderlich ist allerdings ein von beiden Vertragsparteien eigenhändig unterschriebenes Dokument, wobei ein individueller Schriftzug erforderlich ist, der die Identität der Unterzeichnenden ausreichend erkennen lässt; eine bewusste und gewollte Namensabkürzung – Paraphe – reicht nicht aus (BAG v. 20.8.2014 – 7 AZR 924/12, NZA-RR 2015, 9 Rz. 24 m. Anm. Günther, DB 2015, 74). Ob der Unterzeichner bevollmächtigt war, ist für die Wahrung der Schriftform unerheblich (BAG v. 9.9.2015 – 7 AZR 190/14, NZA 2016, 232 Rz. 30). Die gesetzliche Schriftform kann durch die elektronische Form nach § 126a BGB nur mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach der eIDAS-Verordnung (VO Nr. 910/2014/EU) ersetzt werden. Dazu bedarf es der Signierung eines jeweils gleichlautenden Dokuments durch die Parteien, § 126a Abs. 2 BGB. Einzelheiten zu den Anforderungen an die Schriftform und Reparaturmöglichkeiten bei Lingemann, NZA 2018, 889. 2 BAG v. 4.11.2015 – 7 AZR 933/13, NZA 2016, 547. 3 BAG v. 22.10.2003 – 7 AZR 113/03, NZA 2004, 1275. 4 BAG v. 16.3.2005 – 7 AZR 289/04, NZA 2005, 923. 5 BAG v. 2.9.2009 – 7 AZR 162/08, NZA 2009, 1259 Rz. 17 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2009, 185; v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, NZA 2008, 229; v. 18.1.2006 – 7 AZR 191/05, NZA 2007, 351; v. 3.9.2003 – 7 AZR 106/03, NZA 2004, 255. 6 BAG v. 23.7.2014 – 7 AZR 771/12, NZA 2014, 1341 Rz. 27 ff. m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 588. 7 BAG v. 23.7.2014 – 7 AZR 771/12, NZA 2014, 1341 Rz. 27 ff. m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 588. 8 BAG v. 12.4.2017 – 7 AZR 446/15, AP TzBfG § 14 Nr. 157 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 391. 9 BAG v. 26.7.2006 – 7 AZR 515/05, NZA 2007, 34; v. 23.6.2004 – 7 AZR 636/03, NZA 2004, 1333. 10 BAG v. 29.6.2011 – 7 AZR 774/09, NZA 2011, 1151 Rz. 15; v. 21.12.2005 – 7 AZR 541/04, BB 2006, 894 zur Zweckbefristung. 11 BAG v. 1.12.2004 – 7 AZR 198/04, BB 2005, 1116. 12 BAG v. 4.11.2015 – 7 AZR 933/13, NZA 2016, 547 Rz. 26. 13 BAG v. 16.3.2005 – 7 AZR 289/04, NZA 2005, 923; Lingemann, ArbRAktuell 2009, 79.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 5 Kap. 6

beitnehmer zu dem in der Vertragsurkunde bezeichneten Vertragsbeginn die Arbeit aufnimmt und ihm die auch vom Arbeitgeber verzeichnete Vertragsurkunde erst zu einem späteren Zeitpunkt zugeht. In diesem Fall ist der Arbeitsvertrag zwar nicht bereits durch die Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch den Arbeitnehmer, aber durch die Entgegennahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber zustande gekommen. Die Befristung ist mangels Schriftform unwirksam mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.14 Wenn der Arbeitgeber den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages jedoch von der Einhaltung der Schriftform abhängig macht, kann die Annahme seines Vertragsangebots nur schriftlich erfolgen, nicht konkludent durch die Arbeitsaufnahme.15 Dies gilt zB, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ohne vorausgegangene Absprache ein von ihm bereits unterschriebenes Vertragsformular mit der Bitte um Unterzeichnung übersendet. Tritt der Arbeitnehmer die Stelle trotzdem vor Unterzeichnung an, entsteht dadurch nur ein faktisches Arbeitsverhältnis, das der Arbeitgeber jederzeit auflösen kann.16 Eine nachträgliche Unterzeichnung des Arbeitsvertrages/der Verlängerungsabrede heilt die unwirksame Befristungsabrede nicht, wenn es zuvor eine mündliche Vereinbarung gab.17 Haben die Parteien demgegenüber vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrages mündlich keine Befristung vereinbart oder haben sie eine Befristungsabrede getroffen, die inhaltlich mit der in dem schriftlichen Vertrag enthaltenen Befristung nicht übereinstimmt, so ist auch mit einer späteren Befristungsvereinbarung die gesetzliche Schriftform eingehalten.18 Die Befristungsabrede darf nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB sein. Überraschend ist sie, wenn in einem Formularvertrag neben einer fett gedruckten und durch die Schriftgröße optisch hervorgehobenen Befristung für die Dauer eines Jahres im folgenden Text ohne besondere Hervorhebung eine weitere Befristung zum Ablauf der sechsmonatigen Probezeit vorgesehen ist.19 Befristungen im Arbeitsverhältnis sind materiell nur wirksam, wenn (a) ein sachlicher Grund vorliegt (Rz. 10 ff.) oder (b) gesetzliche Vorschriften die Befristung zulassen (Rz. 32 ff.).20 Der Arbeitgeber muss den Sachgrund für die Befristung der Personalvertretung mitteilen; er genügt seiner Darlegungslast jedoch, wenn der typisierte Sachgrund (zB Vertretung) ohne Einzelheiten mitgeteilt wird.21 Im Betriebsverfassungsrecht umfasst die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nicht die Gründe für den Abschluss des befristeten Vertrags.22 Ist die Befristung unwirksam, so besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das nach Maßgabe des § 16 TzBfG gekündigt werden kann. 14 BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 797/14, NZA 2017, 638. 15 BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 797/14, NZA 2017, 638; v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; v. 16.4.2008 – 7 AZR 1048/06, NZA 2008, 1184. 16 BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 797/14, NZA 2017, 638; v. 16.4.2008 – 7 AZR 1048/06, NZA 2008, 1184. 17 Laskawy/Martin, DB 2017, 2614. 18 BAG v. 15.2.2017 – 7 AZR 223/15, NZA 2017, 908 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2017, 393; v. 13.6. 2007 – 7 AZR 700/06, NZA 2008, 108. Die nachträglich wirksame Befristung bedarf in diesem Fall allerdings wohl eines sachlichen Grundes, Arnold, ArbRAktuell 2017, 393; vgl. dazu auch Bauer NZA 2011, 241, 247. 19 BAG v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, NZA 2008, 876. 20 Im Personalvertretungsrecht müssen zudem die einschlägigen Mitbestimmungsvorschriften eingehalten werden (BAG v. 20.2.2002 – 7 AZR 707/00, BB 2002, 1594 zur Zustimmung nach § 72 Abs. 1 Nr. 1, § 66 Abs. 1 LPVGNW; LAG Berlin-Brandenburg v. 21.10.2015 – 23 Sa 1256/15 Rz. 37 zu § 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG BBG). Mitbestimmungsrechte bestehen im Personalvertretungsrecht auch bei Vereinbarung der Befristung in einem gerichtlichen Vergleich (BAG v. 18.6.2008 – 7 AZR 214/07, NZA 2009, 35). 21 BAG v. 27.9.2000 – 7 AZR 412/99, NZA 2001, 339. 22 BAG v. 27.10.2010 – 7 ABR 86/09, NZA 2011, 418: Es besteht kein hinreichender Bezug zu einer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabe des Betriebsrats.

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Kap. 6 Rz. 5 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office Der Arbeitnehmer kann Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung erheben („Entfristungsklage“, vgl. M 6.1.11), wobei die Frist des § 17 TzBfG gilt: Die Klage muss innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses, § 17 Satz 1 TzBfG, bzw. dem Zugang der Erklärung des Arbeitgebers eingereicht werden, § 17 Satz 3 TzBfG.23 Bei Zweckbefristung wird die Frist mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers über die Zweckerreichung ausgelöst.24 Wird bei einer auflösenden Bedingung in der Mitteilung allerdings erst ein künftiger Zeitpunkt des Bedingungseintritts mitgeteilt, so löst erst dieser die Klagefrist aus.25 Ein gleichzeitig mit der Befristungsabrede vereinbarter Verzicht auf die Erhebung der Befristungskontrollklage ist nach § 22 Abs. 1, § 17 Satz 1 TzBfG unwirksam.26 Die Klagefrist gilt auch für Befristungen außerhalb des TzBfG,27 zB nach § 21 BEEG, und gem. § 21 iVm. § 17 TzBfG für auflösende Bedingungen. Sie gilt auch, soweit der Arbeitnehmer sich gegen Altersgrenzen wendet, da auch diese insoweit als Befristungen angesehen werden.28 Sie beginnt bei mehreren aufeinander folgenden Befristungen mit Ablauf jeder Befristungsabrede für diese zu laufen.29 Die Befristungskontrollklage hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des streitbefangenen Beendigungstermins besteht.30 Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Befristung wirksam ist.31

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Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, fortgesetzt, so gilt es gem. § 15 Abs. 5 TzBfG als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber32 nicht unverzüglich widerspricht. Dies gilt auch für zweckbefristete Arbeitsverhältnisse. Diese Regelung ist nach § 22 TzBfG zwingend.

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Praxistipp: Der Arbeitgeber sollte darauf achten, dass er nach Ablauf der Befristung keine Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers entgegennimmt. Andernfalls gilt gem. § 15 Abs. 5 TzBfG das Arbeitsverhältnis als unbefristet. 23 Vgl. BAG v. 15.8.2012 – 7 AZN 956/12, NZA 2012, 1116; v. 6.4.2011 – 7 AZR 704/09, NJW 2011, 2748. 24 BAG v. 9.9.2015 – 7 AZR 148/14, NZA 2016, 169 Rz. 17. Ebenso BAG v. 21.11.2018 – 7 AZR 394/17, NZA 2019, 309, wonach die Klagefrist der Bedingungskontrollklage erst mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des (Zeitpunkts des) Bedingungseintritts zu laufen beginnt, sofern die Bedingung schon vor Ablauf der Zweiwochenfrist nach §§ 31, 15 Abs. 2 TzBfG eingetreten ist. 25 BAG v. 4.11.2015 – 7 AZR 851/13, NZA 2016, 634 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 189. 26 BAG v. 18.6.2008 – 7 AZR 214/07, NZA 2009, 35. 27 BT-Drucks. 14/4374, S. 21. 28 BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695 Rz. 15 ff. 29 BAG v. 16.4.2003 – 7 AZR 119/02, NZA 2004, 283; v. 24.10.2001 – 7 AZR 686/00, NZA 2002, 1335. 30 BAG v. 21.11.2017 – 9 AZR 117/17, NJW 2018, 1194. 31 BAG v. 20.8.2014 – 7 AZR 924/12, NZA-RR 2015, 9 Rz. 33. Hinsichtlich verspäteter Klagen und der verlängerten Anrufungsfrist gelten die §§ 5, 6 KSchG entsprechend, § 17 Satz 2 TzBfG. Dazu auch BAG v. 24.6.2015 – 7 AZR 541/13, NZA 2015, 1511 Rz. 26 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2015, 607 (§ 15 BEEG); zudem v. 15.5.2012 – 7 AZR 6/11, NZA 2012, 1148. Allerdings ist zu beachten, dass § 6 KSchG durch die neuere Rechtsprechung des BAG „entschärft“ wurde (BAG v. 23.4.2008 – 2 AZR 699/ 06, NZA-RR 2008, 466). Auch kann der Arbeitnehmer, wenn er die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt hat, nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 6 Satz 1 KSchG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Unwirksamkeit der Befristung aus anderen Gründen als denjenigen geltend machen, die er innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist benannt hat (BAG v. 4.5.2011 – 7 AZR 252/10, NZA 2011, 1178). 32 Bei einem Leiharbeitsverhältnis gilt der Verleiher als (Vertrags-)Arbeitgeber iSd. § 15 Abs. 5 TzBfG (BAG v. 28.9.2016 – 7 AZR 377/14, NZA 2017, 55). Indes kann die Kenntnis des Entleihers im Anwendungsbereich der Vorschrift dann zulasten des Verleihers wirken, wenn letzterer den Entleiher zum Abschluss von Arbeitsverträgen bevollmächtigt hat oder wenn ihm dessen Handeln nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht zurechenbar ist. Der Verleiher muss den Entleiher allerdings nicht über die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Leiharbeitnehmer aufklären.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 11 Kap. 6

Wird der Arbeitnehmer trotz eines ausdrücklichen Widerspruchs des Arbeitgebers tatsächlich weiterbeschäftigt, hindert dies auch für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung den Eintritt der in § 15 Abs. 5 TzBfG vorgesehenen Fiktion.33 Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber nicht mehr an seinem Widerspruch festhält.34

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§ 18 TzBfG verpflichtet den Arbeitgeber, befristet Beschäftigte über unbefristete Beschäftigungsmöglichkeiten zu informieren. Gem. § 19 TzBfG hat er Möglichkeiten zur Teilnahme an angemessenen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen. § 20 TzBfG verpflichtet ihn zur Unterrichtung der Arbeitnehmervertretung über Anzahl und Anteil der befristet Beschäftigten. Allein aus einem entsprechenden vertrauensbegründenden Verhalten des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Verlängerung seines wirksam befristeten Arbeitsvertrages herleiten.35 Allerdings kann es eine nach § 612a BGB verbotene Maßregelung darstellen, wenn ein Arbeitgeber einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer keinen Folgevertrag anbietet, weil der Arbeitnehmer ihm zustehende Rechte ausgeübt hat.36 Dies kann den Arbeitnehmer zu Schadensersatz berechtigen, jedoch nicht zu einem Folgevertrag, da § 15 Abs. 6 AGG entsprechend anzuwenden ist.37

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a) Befristung aufgrund eines sachlichen Grundes Soweit nicht gesetzliche Spezialvorschriften (dazu Rz. 32 ff.) eingreifen, ist eine Befristung nur wirksam, wenn ein sachlicher Grund besteht, § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG enthält nicht abschließend (s. Rz. 26) eine Vielzahl von Gründen, aus denen eine Befristung wirksam vereinbart werden kann. Auch eine nachträgliche Befristung muss sachlich begründet sein.38 Einseitig kann sie nur im Wege der Änderungskündigung durchgesetzt werden.39 Ein Änderungsvertrag, der unter Beibehaltung der vereinbarten Befristungsdauer eine Änderung der Tätigkeit sowie ggf. der Vergütung vorsieht, unterliegt gleichfalls der Befristungskontrolle und -bedarf eines sachlichen Grundes.40

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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wirksamkeit einer Befristung ist der Vertragsschluss. Fällt der zurzeit des Vertragsschlusses noch bestehende Sachgrund nach der Vereinbarung weg, wird die Befristung nicht deswegen unwirksam; das gilt im Grundsatz auch dann, wenn sich während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert.41 Ein Aufhebungsvertrag zu einem nahe liegenden Zeitpunkt42 ist jedoch auch ohne sachlichen Grund wirksam.43 Sofern ein Aufhebungsvertrag seinem Regelungsgehalt nach allerdings nicht auf die alsbaldige Beendigung, sondern auf eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet

33 BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 24 f. Allgemein zur Wirkung des Widerspruchs für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis trotz des Widerspruchs des Arbeitgebers noch länger fortgeführt wird vgl. Baumgarten, BB 2014, 2165. 34 BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 25. 35 BAG v. 13.8.2008 – 7 AZR 513/07, NZA 2009, 27. Offengelassen hat das BAG die Frage, ob sich ein Anspruch auf unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben kann. 36 BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 150/10, NZA 2012, 317. 37 BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 150/10, NZA 2012, 317. 38 BAG v. 24.1.1996 – 7 AZR 496/95, DB 1996, 1779; aA LAG Berlin v. 12.5.1995 – 6 Sa 17/95, DB 1996, 231. 39 BAG v. 24.1.1996 – 7 AZR 496/95, DB 1996, 1779. 40 BAG v. 17.5.2017 – 7 AZR 301/15, NZA 2017, 1340. 41 BAG v. 17.5.2017 – 7 AZR 301/15, NZA 2017, 1340. 42 Das ist nicht mehr der Fall, wenn die Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschritten wird, BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, NZA 2017, 849; dazu eingehend Reufels, ArbRB 2020, 57. 43 BAG v. 13.11.1996 – 10 AZR 340/96, DB 1997, 936.

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Kap. 6 Rz. 11 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office ist und der gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet, bedarf er zu seiner Wirksamkeit eines sachlichen Grundes iSd. Befristungskontrollrechts.44 Ein Aufhebungsvertrag, der lediglich eine nach § 1 KSchG nicht auf ihre Sozialwidrigkeit zu überprüfende Kündigung ersetzt, ist hingegen nicht wegen Umgehung zwingender Schutzvorschriften unwirksam. Sieht der Arbeitgeber daher die sechsmonatige Probezeit als nicht bestanden an, so kann er regelmäßig, ohne rechtsmissbräuchlich zu handeln, anstatt das Arbeitsverhältnis innerhalb der Frist des § 1 Abs. 1 KSchG mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer eine Bewährungschance geben, indem er mit einer überschaubaren, längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagt (dazu M 6.1.8). Diese Grundsätze gelten auch für einen entsprechenden Aufhebungsvertrag.45 Auch wenn nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung eine Beendigung mit einer Verzögerung von zwölf Monaten vereinbart wird, nach der Vereinbarung aber keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung mehr bestehen soll („Kurzarbeit 0“) und zugleich Abwicklungsmodalitäten wie Abfindung, Zeugniserteilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt werden, handelt es sich nicht um einen befristeten Arbeits-, sondern um einen Aufhebungsvertrag.46 Alternativ kann der Arbeitgeber auch ohne verbindliche Wiedereinstellungszusage einem Arbeitnehmer innerhalb der Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG mit einer längeren Kündigungsfrist kündigen, um dem Arbeitnehmer eine Bewährungschance zu gewähren.47 Maßgeblich ist, dass die Überschreitung der Mindestkündigungsfrist nicht im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Arbeitgebers liegt.

12 Bei mehreren Befristungen prüft das BAG den sachlichen Grund nur für die letzte Befristung48,

sofern der letzte Arbeitsvertrag nicht nur einen unselbstständigen Annex zum vorherigen Vertrag darstellt49, oder die Parteien nicht ausdrücklich oder konkludent etwas anderes vereinbart haben50. Kettenbefristungen sind dementsprechend im Grundsatz zwar zulässig, sie dürfen nach der Entscheidung des EuGH v. 26.1.2012 – C-586/10 – Kücük jedoch nicht rechtsmissbräuchlich sein, wobei alle Umstände des Einzelfalls einschließlich Zahl und Gesamtdauer der vorherigen Befristungen

44 BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348. Maßgeblich für das Vorliegen eines Aufhebungsvertrags in Abgrenzung zu einer unzulässigen nachträglichen Befristung ist die Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere, ob die Vereinbarung für einen Aufhebungsvertrag typische Regelungen wie Freistellungen, Abfindungen oder Urlaubsregelungen enthält, s. dazu auch Kap. 23 Rz. 21. 45 BAG v. 7.3.2002 – 2 AZR 93/01, NZA 2002, 1000; näher Bitzer, AuA 2003, 16; zu einem Aufhebungsvertrag mit befristeter Einstellung am Folgetag zur weiteren Erprobung vgl. auch BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293. 46 BAG v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, NZA 2007, 614. 47 LAG Baden-Württemberg v. 6.5.2015 – 4 Sa 94/14, BeckRS 2015, 69008. Danach stellt die Tatsache, dass der Arbeitgeber nicht mit der kürzeren gesetzlichen Kündigungsfrist, sondern mit einer längeren Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende dem Arbeitnehmer kündigt, keine funktionswidrige Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes dar. 48 BAG v. 24.2.2016 – 7 AZR 182/14, NZA 2016, 945; v. 22.1.2014 – 7 AZR 243/12, NZA 2014, 483 Rz. 26 m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2014, 230; v. 15.5.2013 – 7 AZR 525/11, NZA 2013, 1214 Rz. 17; v. 24.8.2011 – 7 AZR 228/10, NZA 2012, 385; v. 18.4.2007 – 7 AZR 255/06, BeckRS 2009, 73625; v. 8.5. 1985 – 7 AZR 191/84, NZA 1986, 569. Anders verhält es sich bei einem bloßen Annexvertrag (BAG v. 24.2.2016 – 7 AZR 182/14, NZA 2016, 945) oder wenn die Parteien in einem nachfolgenden befristeten Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung prüfen zu lassen. Dieser Vorbehalt muss allerdings vertraglich vereinbart sein, ein vom Arbeitnehmer nur einseitig geäußerter Vorbehalt genügt nicht (BAG v. 24.8.2011 – 7 AZR 228/10, NZA 2012, 385). Haben die Arbeitsvertragsparteien allerdings nach Rechtshängigkeit einer Entfristungsklage gem. § 17 TzBfG weitere befristete Verträge ohne ausdrücklichen Vorbehalt abgeschlossen, so ist regelmäßig anzunehmen, dass die Folgeverträge einen konkludenten Vorbehalt enthalten (BAG v. 24.8.2011 – 7 AZR 228/10, NZA 2012, 385). 49 Dann kann auch der vorletzte befristete Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle unterliegen (BAG v. 23.5.2018 – 7 AZR 875/16, NZA 2018, 1399). 50 LAG Niedersachsen v. 14.12.2017 – 6 Sa 240/17, BeckRS 2017, 140985.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 12 Kap. 6

zu berücksichtigen sind.51 So kann eine besonders hohe Zahl von Befristungen und eine lange Gesamtdauer einen Rechtsmissbrauch indizieren, beispielsweise zehn Befristungen über 15 Jahre,52 13 Befristungen über elf Jahre,53 auch bereits über sechseinhalb Jahre,54 nicht dagegen vier Befristungen in sieben Jahren.55 Allerdings kann auch bei einer 18-maligen Vertragsverlängerung über acht Jahre und zehn Monate ein Missbrauch im Einzelfall widerlegt werden.56 Bei der Prüfung des Rechtsmissbrauchs spielen ua. eine Rolle der Zeitraum, die Anzahl der befristeten Verträge, die Frage, ob der Arbeitnehmer immer am selben oder an wechselnden Arbeitsplätzen eingesetzt wurde, ob die Dauer des befristeten Vertrages hinter dem Vertretungsbedarf zurückbleibt,57 dieser also durch eine Reihe kurzer Verträge gedeckt wird statt durch einen unbefristeten Vertrag, ferner branchenspezifische Besonderheiten, bei denen Befristungen üblich sind, wie zB bei Saisonbetrieben58 oder bei Presse und Rundfunk.59 Unklar bleibt weiterhin, ab welcher exakten Dauer eine Unterbrechung der Befristungskette dazu führt, dass die vorangegangenen Arbeitsverhältnisse nicht in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen sind.60 Insoweit bedarf es ausnahmslos einer Überprüfung der konkreten Einzelfallumstände. Mit Entscheidung vom 26.10.201661 hat der 7. Senat des BAG die Richtwerte für eine Rechtsmissbrauchsprüfung und einen indizierten Rechtsmissbrauch konkretisiert: Zu unterscheiden ist demnach zwischen Fällen, (1) in denen eine Prüfung nicht veranlasst ist62, (2) in denen sie veranlasst ist, der Arbeitnehmer aber weitere Kriterien für einen Missbrauch darlegen und beweisen muss63 und (3) in denen Rechtsmissbrauch indiziert ist, der Arbeitgeber sich also entlasten muss.64 Liegt zwi51 EuGH v. 26.1.2012 – C-586/10, NZA 2012, 135 – Kücük; vgl. auch EuGH v. 12.9.2016 – C-614/15 – Popescu, NZA 2016, 1323; v. 14.9.2016 – C-16/15 – Perez Lopez, m. Anm. Gooren, NZA 2016, 1265; v. 26.11.2014 –. C-22/13 – Mascolo ua., NZA 2015, 153; BAG v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15, NZA 2017, 463 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 551; v. 8.6.2016 – 7 AZR 259/14, NZA 2016, 1463 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 307; v. 7.10.2015 – 7 AZR 944/13, NZA 2016, 354; v. 29.4.2015 – 7 AZR 310/13, NJW 2016, 185 m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2015, 349; v. 12.11.2014 – 7 AZR 891/12, NZA 2015, 379 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 129; v. 19.2.2014, NZA-RR 2014, 408 Rz. 36; v. 18.7.2012 – 7 AZR 443/09, NZA 2012, 1351 und 1359; Drosdeck/Bitsch, NJW 2012, 977; Lakies, ArbRAktuell 2012, 55. 52 BAG v. 29.4.2015 – 7 AZR 310/13, NZA 2015, 928 m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2015, 349; allgemein zur Missbrauchskontrolle vgl. vom Stein, NJW 2015, 369. 53 BAG v. 18.7.2012 – 7 AZR 443/09, NZA 2012, 1351. 54 BAG v. 13.2.2013 – 7 AZR 225/11, NZA 2013, 777 m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2013, 296. 55 BAG v. 18.7.2012 – 7 AZR 783/10, NZA 2012, 1359. 56 BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 944/13, NZA 2016, 354. 57 Zur missbräuchlichen Abdeckung von dauerhaftem Bedarf EuGH v. 21.9.2016 – C-614/15 – Popescu m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2016, 477. 58 Saisonarbeiten können vertraglich ggf. auch als unbefristete Arbeitsverhältnisse mit begrenzter Arbeitsund Vergütungspflicht ausgestaltet sein, BAG v. 19.11.2019 – 7 AZR 582/17, NZA 2020, 374 Rz. 26 ff. m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 581. 59 EuGH v. 26.2.2015 – C-238/14 – Kommission/Luxemburg, NZA 2015, 424 Rz. 40; BAG v. 18.7.2012 – 7 AZR 783/10, NZA 2012, 1359. 60 Ein Überblick über die Entscheidungen in der jüngeren Vergangenheit gibt Arnold, NZA-RR 2020, 1, 6; exemplarisch dazu BAG v. 21.2.2018 – 7 AZR 765/16, NZA 2018, 858, wonach jedenfalls eine Unterbrechung von zwei Jahren ein „Aufeinanderfolgen“ der Befristungen verneint. 61 BAG v. 26.10.2016 – 7 AZR 135/15, NZA 2017, 382 m. Anm. Barthel/Müller, DB 2017, 1329. 62 Das ist der Fall, wenn ein Sachgrund für die Befristung vorliegt, das Arbeitsverhältnis die Gesamtdauer von sechs Jahren nicht überschreitet und zudem nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden (BAG v. 26.10.2016 – 7 AZR 135/15, NZA 2017, 382). 63 Das ist der Fall, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses acht Jahre überschreitet oder mehr als zwölf Verlängerungen vereinbart wurden, oder wenn kumulativ sechs Jahre überschritten und mehr als neun Verlängerungen vereinbart wurden (BAG v. 26.10.2016 – 7 AZR 135/15, NZA 2017, 382). 64 Das ist der Fall, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zehn Jahre überschreitet oder mehr als 15 Verlängerungen vereinbart wurden, oder wenn kumulativ acht Jahre überschritten und mehr als zwölf Verlängerungen vereinbart wurden (BAG v. 26.10.2016 – 7 AZR 135/15, NZA 2017, 382); auch wenn der Arbeitnehmer als Personalreserve jahrelang eingesetzt wird, kommt ein Rechtsmissbrauch in

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Kap. 6 Rz. 12 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office schen Arbeitsverhältnissen eine Unterbrechung von zwei Jahren, so ist das frühere Arbeitsverhältnis bei der Prüfung des Rechtsmissbrauchs nicht zu berücksichtigen.65 Möglicherweise reicht auch bereits eine Unterbrechung von 60 Tagen.66 Auch die (Rück-)Überlassung von Arbeitnehmern zur Aneinanderreihung sachgrundloser Befristungen kann rechtsmissbräuchlich sein.67

13 Dass der Arbeitnehmer häufig die Umstände, die den Missbrauch begründen können, nicht kennt,

berücksichtigt die Rechtsprechung durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast: Trägt der Arbeitnehmer einen Sachverhalt vor, der die Missbräuchlichkeit der Befristung indiziert, muss der Arbeitgeber sich substantiiert dazu einlassen. Unterlässt er dies, gilt der schlüssige Vortrag des Arbeitnehmers als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.68

14 Ausnahmsweise unterliegt auch die Befristung eines früheren Vertrages der gerichtlichen Kontrolle, wenn ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt abgeschlossen wird, dass er das Arbeitsverhältnis nur regeln soll, wenn nicht bereits aufgrund des vorausgegangenen Vertrags ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.69 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Zulässigkeit der Befristung ist der Abschluss des Arbeitsvertrages. Entsteht später ein sachlicher Grund für die Befristung, so wird sie dadurch nicht wirksam.70 aa) Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2 TzBfG im Einzelnen

15 (1) Gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt ein sachlicher Grund insb. vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.

Klassischer Fall ist ein projektbedingter personeller Mehrbedarf, zB infolge von Eilaufträgen, Inventuren, Schlussverkäufen, Messen etc. Bei Projektarbeit muss es sich um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben abgrenzbare Zusatzaufgabe handeln.71 Keine Projektbefristung liegt vor bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszweckes dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist.72 Voraussetzung für die wirksame Befristung ist eine nachprüfbare Prognose, dass im Zeitpunkt der Befristung aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit der Wegfall des Mehrbedarfs mit dem Auslaufen des befristeten Arbeitsverhältnisses zu erwarten ist.73 Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen zeitweilig erhöhtem Arbeitsanfall und der befristeten Einstellung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber gleichzeitig die anfallenden Arbeiten anders verteilt, indem er

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68 69 70 71 72 73

Betracht, unabhängig davon, dass der Arbeitgeber zum Einsatz einer Personalreserve nicht verpflichtet ist (BAG v. 17.5.2017 – 7 AZR 420/15, NJW 2017, 3737). BAG v. 21.3.2017 – 7 AZR 369/15, NZA 2017, 706. Vgl. EuGH v. 3.7.2014 – C-362/13 – Flamingo, BeckRS 2014, 81092; darauf verweist BAG v. 21.2.2018 – 7 AZR 765/16, NZA 2018, 858; v. 23.5.2018 – 7 AZR 16/17, NZA 2018, 1549. BAG v. 24.6.2015 – 7 AZR 452/13, NZG 2016, 230 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2015, 608; v. 19.3. 2014 – 7 AZR 527/12, NZA 2014, 840 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 323; v. 22.1.2014 – 7 AZR 243/12, NZA 2014, 483; v. 4.12.2013 – 7 AZR 290/12, DB 2014, 1023 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2014, 178; v. 15.5.2013 – 7 AZR 525/11, NZA 2013, 1214. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 944/13, NZA 2016, 354 Rz. 16; v. 24.6.2015 – 7 AZR 452/13, NZA 2015, 1507 Rz. 25 f. m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2015, 608; v. 4.12.2013 – 7 AZR 290/12, NZA 2014, 426 Rz. 24 f. m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2014, 178. BAG v. 24.8.2011 – 7 AZR 228/10, NZA 2012, 385. ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rz. 16. BAG v. 21.8.2019 – 7 AZR 572/17, NZA 2019, 1709; v. 21.11.2018 – 7 AZR 234/17, NZA 2019, 611 m. Anm. Oechsler/Yeats, DB 2019, 1271; v. 27.7.2016 – 7 AZR 545/14, NJW 2016, 3388 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 552. BAG v. 7.11.2007 – 7 AZR 484/06, NZA 2008, 467; vgl. auch BAG v. 24.9.2014 – 7 AZR 987/12, NZA 2015, 301 Rz. 17. BAG v. 23.1.2019 – 7 AZR 212/17, AP TzBfG § 14 Nr. 174; v. 23.1.2019 – 7 AZR 243/17, juris; v. 16.1. 2018 7 AZR 21/16, NZA 2018, 663.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 16 Kap. 6

etwa Stammkräfte zur Erledigung bestimmter Projektarbeiten einteilt.74 Die bloße Unsicherheit des Arbeitgebers, ob der Mehrbedarf an Arbeitskräften von Dauer sein oder demnächst wegfallen wird, reicht demgegenüber nicht aus. Zumindest der Wegfall muss sich – wenn auch nicht unbedingt zeitlich zutreffend – prognostizieren lassen.75 Mängel der Prognose hinsichtlich der Befristungsdauer führen aber dann zur Unwirksamkeit der Befristung, wenn der Mehrbedarf an Arbeitskräften zeitlich nicht begrenzt ist und der Sachgrund des Mehrbedarfs an Arbeitskräften nur vorgeschoben wird.76 Die Prognose des Arbeitgebers ist aber nicht deshalb unzutreffend, weil der Arbeitnehmer nach Fristablauf aufgrund seiner Qualifikation auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Projekt oder unbefristet beschäftigt werden und der Arbeitgeber dies bei Vertragsschluss erkennen kann. Die Prognose des Arbeitgebers muss sich vielmehr nur auf das konkrete Projekt beziehen.77 Keine wirksame Befristung liegt daher vor, wenn der Arbeitnehmer befristet projektbezogen eingestellt, aber überwiegend mit projektfremden Tätigkeiten betraut wird, es sei denn, die Änderung der für die Befristung ursächlichen Umstände war bei Vertragsbeginn nicht absehbar.78 Auch die Unsicherheit über die künftige Trägerschaft kann bei einer dauerhaft anfallenden sozialstaatlichen Aufgabe die Befristung nicht rechtfertigen.79 Dem Arbeitgeber steht es gleichwohl frei, selbst zu entscheiden, ob er den Zeitraum des Projekts ganz oder teilweise durch befristete Arbeitsverträge abdeckt; eine Befristung des Vertrags für die gesamte Laufzeit des Projekts ist nicht erforderlich.80 Bei einer räumlichen und/oder organisatorischen Änderung ist der betriebliche Bedarf an der vertraglichen Arbeitsleistung des befristeten Arbeitnehmers nur dann vorübergehend, wenn bereits bei Vertragsschluss feststeht, dass die vertragliche Tätigkeit für den befristet beschäftigten Arbeitnehmer an dem neuen Standort nicht mehr anfällt oder ihm diese nicht zugewiesen werden könnte.81 Ein Betriebsteilübergang ist kein Sachgrund für eine Befristung, da dies zu einer Umgehung von § 613a BGB führen würde.82 (2) Auch eine Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG sachlich gerechtfertigt. Die Reichweite dieser Regelung ist unklar. Ob „im Anschluss“ auch noch dann vorliegt, wenn zwischen dem Ende der Ausbildung und der befristeten Beschäftigung eine zeitliche Zäsur liegt, ist ebenso streitig wie die Frage, ob eine Anschlussbeschäftigung nur dann erleichtert wird, wenn eine konkrete Aussicht auf eine dauerhafte Übernahme besteht, oder ob es ausreicht, wenn der Bewerber allgemein seine Bewerbungschancen für andere Arbeitsverhältnisse dadurch verbessert, dass er sich aus einem laufenden Arbeitsverhältnis heraus bewirbt.83 In jedem Falle aber ermöglicht § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG nur den einmaligen Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages nach dem Ende der Ausbildung, weitere befristete Verträge können nur auf andere Sachgründe gestützt werden.84 Auch kann nur der erste Vertrag nach Ausbildung oder Studium auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG gestützt werden.85 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

BAG v. 20.2.2008 – 7 AZR 950/06, NJOZ 2009, 671. BAG v. 15.5.2012 – 7 AZR 35/11, NZA 2012, 1366. BAG v. 20.2.2008 – 7 AZR 950/06, NJOZ 2009, 671. BAG v. 25.8.2004 – 7 AZR 7/04, DB 2005, 502. BAG v. 24.9.2014 – 7 AZR 987/12, NZA 2015, 301 Rz. 19. BAG v. 15.10.2014 – 7 AZR 893/12, NZA 2015, 362 Rz. 18; v. 4.12.2013 – 7 AZR 277/12, NZA 2014, 480 Rz. 18; v. 11.9.2013 – 7 AZR 107/12, NZA 2014, 150 Rz. 26 m. Anm. Mertens, ArbRAktuell 2014, 50. BAG v. 27.7.2016 – 7 AZR 545/14, NZA 2016, 1531 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 552. BAG v. 21.3.2017 – 7 AZR 222/15, NZA 2017, 631 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 244. BAG v. 30.10.2008 – 8 AZR 855/07, DB 2009, 739. Einzelheiten bei MHH/Meinel, § 14 TzBfG Rz. 107, 110; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rz. 32 f. Vgl. BAG v. 24.9.2014 – 7 AZR 987/12, NZA 2015, 301 Rz. 31; v. 10.10.2007 – 7 AZR 795/06, NZA 2008, 295. BAG v. 24.8.2011 – 7 AZR 228/10, NZA 2012, 385, AP TzBfG § 14 Nr. 85, für den Fall, dass eine nur wenige Wochen dauernde Beschäftigung bei einem Dritten zwischen Studium und dem befristeten Vertrag lag.

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Kap. 6 Rz. 17 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office

17 (3) Auch ein vorübergehender Vertretungsbedarf86 rechtfertigt eine Befristung, § 14 Abs. 1 Satz 2

Nr. 3 TzBfG, sofern der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages den vorübergehenden Vertretungsbedarf belegbar prognostizieren kann.87 Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, kann der Arbeitgeber in Fällen von Krankheitsvertretung davon ausgehen, dass die zu vertretende Stammkraft zurückkehren wird.88 Unschädlich ist es, wenn die Befristungsdauer hinter der Dauer des Vertretungsbedarfs zurückbleibt.89 Stellt sich dann heraus, dass trotz Ablauf der Befristung weiterhin ein Vertretungsbedarf vorliegt, den der Arbeitgeber durch Einstellung decken will, so folgt daraus auch nicht ein Wiedereinstellungsanspruch des bisherigen Vertreters.90 Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet eine Personalreserve vorzuhalten.91

18 Das BAG unterscheidet zwischen unmittelbarer und mittelbarer Vertretung. Zum Nachweis der

unmittelbaren Vertretung muss der Arbeitgeber darlegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren.92 Der Vertretungsbedarf kann auch zwischen mehreren Arbeitsverhältnissen wechseln, wenn der Vertreter in allen eingesetzt werden kann.93 Ein Vertretungsfall iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt auch bei einer mittelbaren Vertretung vor, dh. wenn die Aufgaben des vorübergehend abwesenden Arbeitnehmers ganz oder teilweise anderen Arbeitnehmern übertragen werden, deren Aufgaben wiederum der Vertreter übernimmt.

19 Der für den Sachgrund der Vertretung notwendige Kausalzusammenhang besteht in diesem Fall,

wenn der Vertreter mit Aufgaben betraut wird, die dem Vertretenen nach dessen Rückkehr im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden könnten.94 Es kommt bei der gedanklichen Zuordnung nicht darauf an, ob und gegebenenfalls wie die bisherigen Aufgaben des Vertretenen wahrgenommen werden.95 Allerdings muss der Vertretene die dem Vertreter übertragenen Auf86 Die befristete Abordnung einer Stammkraft kann hierbei ausreichen (BAG v. 21.2.2018 – 7 AZR 765/ 16, NZA 2018, 858; v. 16.1.2013 – 7 AZR 662/11, NZA 2013, 611). Eine Vertretung nach den Grundsätzen der gedanklichen Zuordnung ist in diesen Fällen jedoch nicht möglich (BAG v. 21.2.2018 – 7 AZR 765/16, NZA 2018, 858). Zur Vertretung s. BAG v. 26.10.2016 – 7 AZR 135/15 m. Anm. Barthel/Müller, DB 2017, 1329; ebenso v. 24.8.2016 – 7 AZR 41/15 m. Anm. Schröder, DB 2017, 556; v. 11.2.2015 – 7 AZR 113/13, NZA 2015, 617; v. 18.7.2012 – 7 AZR 443/09, NZA 2012, 1351. 87 BAG v. 17.3.2010 – 7 AZR 640/08, NZA 2010, 633 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2010, 243; v. 22.11. 1995 – 7 AZR 252/95, NZA 1996, 878, 879. Das scheidet aus, wenn ein Betrieb unzureichend personell ausgestattet ist und einem zur Reduzierung von Bearbeitungsrückständen eingestellten Arbeitnehmer insoweit Daueraufgaben übertragen werden. 88 BAG v. 23.1.2002 – 7 AZR 440/00, NZA 2002, 665; v. 21.2.2001 – 7 AZR 200/00, DB 2001, 1509. Bei Ungewissheit der Rückkehr ist eine auflösende Bedingung möglich nach BAG v. 29.6.2011 – 7 AZR 6/ 10, NZA 2011, 1346 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell, 2011, 614, auch wenn der Arbeitgeber hier weiterhin ebenfalls von einer Rückkehr ausgehen kann; anders bei den Fällen der sog. „Abordnungsvertretung“, auf die die Grundsätze der Krankheits-, Urlaubs- und Freistellungsvertretung nicht uneingeschränkt anwendbar sind (BAG v. 12.4.2017 – 7 AZR 436/15, NZA 2017, 1253 Rz. 27). 89 BAG v. 6.11.2013 – 7 AZR 96/12, NZA 2014, 430 Rz. 31 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 129; v. 13.10.2004 – 7 AZR 654/03, NZA 2005, 469–471. 90 BAG v. 20.2.2002 – 7 AZR 600/00, NZA 2002, 896. 91 Vgl. EuGH v. 26.1.2012 – C- 586/10 – Kücük, NJW 2012, 989; v. 14.9.2016 – C-16/15 – Perez Lopez m. Anm. Gooren, NZA 2016, 1265; BAG v. 21.2.2018 – 7 AZR 696/16, NZA 2018, 1003; v. 24.8.2016 – 7 AZR 41/15 m. Anm. Schröder, DB 2017, 556; v. 13.2.2013 – 7 AZR 225/11, NZA 2013, 777; v. 18.7.2012 – 7 AZR 443/09 m. Anm. Kock, NJW 2013, 1254. 92 St. Rspr., vgl. nur BAG v. 6.11.2013 – 7 AZR 96/12, NZA 2014, 430 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 129. 93 BAG v. 20.1.1999 – 7 AZR 640/97, NZA 1999, 928. 94 BAG v. 21.2.2018 – 7 AZR 696/16, NZA 2018, 1003; v. 11.2.2015 – 7 AZR 113/13, NZA 2015, 617 Rz. 20 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2015, 246; v. 6.11.2013 – 7 AZR 96/12, NZA 2014, 430 Rz. 24 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 129; v. 15.2.2006 – 7 AZR 232/05, NZA 2006, 781. 95 BAG v. 11.2.2015 – 7 AZR 113/13, NZA 2015, 617 Rz. 21 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2015, 246; vgl. auch v. 21.2.2018 – 7 AZR 765/16, NZA 2018, 858.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 21 Kap. 6

gaben auch tatsächlich erfüllen können.96 Der erforderliche Kausalzusammenhang liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten gedanklich zuordnet und diese gedankliche Zuordnung entweder durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag oder im Rahmen der Beteiligung der Arbeitnehmervertretung bei der Einstellung erkennbar ist.97 Damit stellt das BAG eher geringe Anforderungen an den Kausalzusammenhang, so dass dem Arbeitgeber umfangreiche Umorganisationen der Arbeit verbunden mit der Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes im Zuge der Vertretung ermöglicht werden.98 Allerdings reicht eine bloße gedankliche Zuordnung, auch wenn sie nach außen erkennbar ist, nicht aus, wenn der Vertreter nur eine vorübergehend innerhalb des Unternehmens abgeordnete Stammkraft vertreten soll.99 Der Kausalzusammenhang fehlt auch, wenn bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrags feststeht, dass der Arbeitnehmer, der den abwesenden Arbeitnehmer unmittelbar ersetzt und seinerseits vom befristet eingestellten Arbeitnehmer vertreten wird, nicht auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird.100 Keine Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer als Ersatz für einen ausgeschiedenen Arbeitnehmer eingestellt wird, auch wenn eine Wiedereinstellungszusage vorliegt. Jedoch kann dies ein sonstiger Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG sein, wenn eine Geltendmachung der Zusage ernsthaft zu erwarten und die befristete Einstellung geeignet ist, den Arbeitsplatz des Ausgeschiedenen freizuhalten.101 (4) Sachlich begründet ist die Befristung auch, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung sie rechtfertigt, § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG. Dies ist ein recht enger Tatbestand, der im Wesentlichen auf Verträge im Bereich des Rundfunks,102 der Künstler103, der Schauspieler104 sowie der Nachwuchs -und der Profisportler beschränkt ist.105 Erforderlich ist im Regelfall eine grundrechtliche Interessenabwägung, in welcher die widerstreitenden Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden müssen.106

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(5) Gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG ist auch die Befristung zur Erprobung sachlich gerechtfertigt. Sachlicher Grund für die Vereinbarung einer Probezeit von einem Jahr kann die Bewährung des Arbeitnehmers sein, sofern der Arbeitgeber sich bei Bewährung zur Übernahme verpflichtet.107 Die Erprobungsdauer muss in einem angemessenen Verhältnis zu der in Aussicht genommenen Tätigkeit stehen.108 An dem sachlichen Grund der Erprobung fehlt es aber, wenn der Arbeitnehmer bereits ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber mit den nunmehr von ihm zu erfüllenden Aufgaben be-

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96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

BAG v. 14.4.2010 – 7 AZR 121/09, NZA 2010, 942. BAG v. 20.1.2010 – 7 AZR 542/08, BB 2010, 2054; v. 15.2.2006 – 7 AZR 232/05, NZA 2006, 781. BAG v. 18.4.2007 – 7 AZR 293/06, NZA-RR 2008, 219. BAG v. 10.7.2013 – 7 AZR 761/11, NZA 2014, 26 Rz. 16 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 109; v. 16.1.2013 – 7 AZR 662/11, NZA 2013, 611, wonach eine „gedankliche Zuordnung“ nur zulässig sein soll, wenn der Vertretene vollständig aus dem Unternehmen abwesend ist. BAG v. 6.11.2013 – 7 AZR 96/12, NZA 2014, 430 Rz 30 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 129. BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293. BAG v. 24.10.2018 – 7 AZR 92/17, NZA 2019, 108; v. 13.12.2017 – 7 AZR 69/16, NJOZ 2018, 1223; v. 4.12.2013 – 7 AZR 457/12, NZA 2014, 1018. BAG v. 13.12.2017 – 7 AZR 369/16, NZA 2018, 656 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 232; vgl. auch Opolony, NZA 2001, 1351. BAG v. 30.8.2017 – 7 AZR 440/16, BeckRS 2017, 140716; v. 30.8.2017 – 7 AZR 864/15, NZA 2018, 229 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 99. Die Befristung des Arbeitsvertrags eines Lizenzfußballspielers ist aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt (BAG v. 16.1.2018 – 7 AZR 312/16, NJW 2018, 1992). aA. noch ArbG Mainz, NZA 2015, 684 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2015, 328. BAG v. 13.12.2017 – 7 AZR 369/16, NZA 2018, 656 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 232. BAG v. 31.8.1994 – 7 AZR 983/93, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 163. BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 712/17, NZA-RR 2018, 180; zu den Auswirkungen der künftigen Arbeitsbedingungenrichtlinie Oberthür, ArbRB 2019, 317.

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Kap. 6 Rz. 21 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office schäftigt war und der Arbeitgeber deshalb die Fähigkeiten ausreichend beurteilen konnte.109 Im Übrigen geht das BAG davon aus, dass entsprechend § 622 Abs. 3 BGB und § 1 KSchG eine Probezeit von sechs Monaten im Allgemeinen ausreicht.110 In Ausnahmefällen können Tarifverträge auch eine längere Probezeit vorsehen.111

22 Praxistipp: Da eine anschließende Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ausgeschlossen ist, empfiehlt sich für die Erprobung eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG.

23 (6) Auch Gründe in der Person des Arbeitnehmers können die Befristung rechtfertigen, § 14

Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG. Namentlich kann auch auf Wunsch des Arbeitnehmers wirksam befristet werden.112 Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers, ihn unbefristet zu beschäftigen, abgelehnt und auf der Befristung bestanden hat.113 Soziale Erwägungen können einen Befristungsgrund darstellen, wenn es ohne den in der Person des Arbeitnehmers begründeten sozialen Zweck nicht zum Abschluss eines unbefristeten oder befristeten Arbeitsvertrages gekommen wäre.114 § 41 Satz 3 SGB VI ermöglicht das befristete Hinausschieben des vereinbarten Endes des Arbeitsverhältnisses. Eine Vereinbarung, die den Beendigungszeitpunkt hinausschiebt muss allerdings vor dem vereinbarten Ende geschlossen werden (M 6.1.10).115 Soll hingegen mit einem Arbeitnehmer, der bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat,116 ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden, so setzt eine Rechtfertigung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG voraus, dass der Arbeitnehmer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen kann, und dass die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einer konkreten, im Zeitpunkt der Befristungsabrede bestehenden Personalplanung des Arbeitgebers dient.117 Offen bleibt weiterhin, wie häufig das Hinausschieben des 109 So auch LAG Köln v. 30.6.2017 – 4 Sa 939/16, juris. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Arbeitnehmer im Probearbeitsverhältnis eine höherwertige Tätigkeit zugewiesen wird (BAG v. 23.6.2004 – 7 AZR 636/03, DB 2004, 2585) oder wenn die Probezeit wegen besonderer Umstände nicht ausreichte (BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293). 110 BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293, wobei aber auch einschlägige Tarifverträge Anhaltspunkte sein können, sodass im Einzelfall auch nur kürzere Probezeiten zulässig sein könnten. 111 Zur Unangemessenheit des 18-monatigen Probearbeitsverhältnisses einer Orchestermusikerin BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 712/15, NZA-RR 2018, 180. 112 Allein die Unterzeichnung des Vertrags nach langer Überlegungszeit reicht zur Annahme eines entsprechenden Wunsches nicht aus (BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, NZA 2017, 849 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2017, 338). Entscheidend ist vielmehr, dass sich der Arbeitnehmer auch bei einem Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags für einen befristeten entschieden hätte. 113 Vgl. BAG v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NZA 2015, 1066 Rz. 36; v. 19.1.2005, NZA 2005, 896. 114 Zum Ruhen des Vollzeitarbeitsverhältnisses während der befristeten Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung für einen schwerbehinderten Arbeitnehmer BAG v. 21.1.2009 – 7 AZR 630/07, NZA 2009, 727. 115 Zur Unionsrechtskonformität der Regelung EuGH v. 28.2.2018 – C-46/17, NZA 2018, 355 – John; BAG v. 19.12.2018 – 7 AZR 70/17, NZA 2019, 523, dazu Arnold/Zeh, NZA 2019, 1017. 116 Befristungen, die vor dem Inkrafttreten des § 41 Satz 3 SGB VI am 1.7.2014 vereinbart wurden, werden nicht an § 41 Satz 3 SGB VI gemessen, da für die Wirksamkeit der Befristung grundsätzlich die im Zeitpunkt der Vereinbarung geltende Rechtslage maßgeblich ist (BAG v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NZA 2015, 1066 Rz. 20). Allgemein zur Befristung von Arbeitsverhältnissen mit „Altersrentnern“ vgl. Bayreuther, NZA-Beilage 2015, 84. 117 BAG v. 13.2.2013 – 7 AZR 225/11, NZA 2013, 777 Rz. 25 ff. m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2013, 296; v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NZA 2015, 1066 Rz. 32 f. Die Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung der Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG sind bei einer Befristungsvereinbarung nach Erreichen der Regelaltersgrenze gegenüber einer Altersgrenzenregelung, die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird, erhöht. Dies rechtfertigt sich dadurch, dass bei Beginn des Arbeitsverhältnisses eine konkrete Personalplanung für die Zeit des Erreichens der Regelaltersgrenze in der Regel nicht möglich ist (BAG v. 11.2.2015, NZA 2015, 1066 Rz. 28).

262 | Lingemann

Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 25 Kap. 6

Beendigungszeitpunkts möglich sein soll118 und ob das Tatbestandsmerkmal des Hinausschiebens iSd. § 41 Satz 3 SGB VI – ebenso wie das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung in § 14 Abs. 1 Halb. 2 TzBfG – voraussetzt, dass nur der Beendigungszeitpunkt geändert wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt.119 (7) Haushaltsrechtliche Gründe (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG)120 rechtfertigen die Befristung eines Arbeitsvertrages, wenn der öffentliche Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen.121 Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Einstellung nur mit Haushaltsmitteln möglich ist, die durch Beurlaubung der Stammkraft vorübergehend frei werden,122 oder der Haushaltsgesetzgeber eine für die Beschäftigung eines Beamten bestimmte Planstelle nur vorübergehend für die Besetzung mit einem Angestellten freigegeben hat,123 oder wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend beschäftigt wird; die Haushaltsmittel müssen allerdings zweckgebunden für die Erledigung von zeitlich begrenzten Tätigkeiten und dürfen nicht nur allgemein für die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern zugewiesen sein.124 Ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften ist wie bei § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ausreichend, wobei es anders als dort genügt, dass der Mehrbedarf während der Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses besteht, dh. die Prognose muss sich nicht darauf erstrecken, dass die Arbeit nach Befristungsende wieder mit dem Stammpersonal bewältigt werden kann.125

24

(8) Wird die Befristung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG), so ist sie wirksam, wenn eine frühere Befristung oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses streitig war.126 Erforderlich ist stets ein offener Streit der Parteien über die Rechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses127 und ein Ver-

25

118 Der EuGH hat klargestellt, dass ein mehrfaches einvernehmliches Hinausschieben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Einklang mit der Richtlinie 1999/70/EG möglich ist und es den nationalen Gerichten obliegt, festzustellen ab wann ein Rechtsmissbrauch vorliegt (v. 28.2.2018 – C-46/17 – John, NZA 2018, 355 Rz. 51 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 152). Das BAG hat dies bisher offengelassen (vgl. v. 19.12.2018 – 7 AZR 70/17, NZA 2019, 523 Rz. 35 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 11, der einen Rechtsmissbrauch für denkbar hält, wenn das Ende über einen längeren Zeitraum hinweg jeweils um einen Monat hinausgeschoben wird). Nicht geklärt ist demnach, wie oft der Beendigungszeitpunkt hinausgeschoben werden darf, und bis zu welcher Gesamtdauer (vgl. Sprenger, BB 2016, 757, 760 – bis zu fünf Jahren in sieben Schritten; enger Groeger, ZTR 2015, 115, 121 – maximal drei Jahre). 119 Vgl. BAG v. 19.12.2018 – 7 AZR 70/17, NZA 2019, 523 Rz. 20, 29 mwN m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 11, der eine zeitgleiche Änderung der Arbeitsbedingungen im Rahmen der Hinausschiebensvereinbarung mit Verweis auf den unterschiedlichen Wortlaut („Arbeitsverhältnis“ in § 41 Satz 3 SGB VI im Vergleich zu „Arbeitsvertrag“ in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG) für zulässig hält; s. auch Bauer, NZARR 2018, 234, 235. 120 Die Vereinbarkeit dieser Regelung mit Europarecht stellt das BAG selbst in Frage, da so für Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Sektor ein zusätzlicher Befristungsgrund geschaffen wurde, der im privaten Bereich nicht zur Verfügung steht, was gleichheitswidrig bzw. von der entsprechenden Rahmenvereinbarung nicht gedeckt sein könnte (vgl. BAG v. 23.5.2018 – 7 AZR 16/17, NZA 2018, 1549 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2018, 580; v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674). Eine Entscheidung des EuGH bzw. ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen steht allerdings noch aus. 121 BAG v. 23.5.2018 – 7 AZR 16/17, NZA 2018, 1549. 122 BAG v. 15.8.2001 – 7 AZR 263/00, DB 2002, 152. 123 BAG v. 7.7.1999 – 7 AZR 609/97, NZA 2000, 591. 124 BAG v. 18.10.2006 – 7 AZR 419/05, NZA 2007, 332; v. 17.3.2010 – 7 AZR 640/08, NZA 2010, 633; zudem muss der Haushaltsplangeber unmittelbar demokratisch legitimiert und darf nicht identisch mit dem Arbeitgeber sein (BAG v. 9.3.2011 – 7 AZR 728/09, NZA 2011, 911). 125 BAG v. 7.5.2008 – 7 AZR 198/07, NZA 2008, 880. 126 Vgl. BAG v. 12.11.2014 – 7 AZR 891/12, NZA 2015, 379 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 129. 127 BAG v. 14.1.2015 – 7 AZR 2/14, NZA 2016, 39 Rz. 14 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 248.

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Kap. 6 Rz. 25 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office gleichsabschluss unter Mitwirkung des Gerichts.128 Der Vergleich darf also nicht nur „inszeniert“ werden, um die Voraussetzungen einer Befristung zu schaffen. Ein von den Parteien vorgeschlagener Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO reicht zudem nicht aus,129 vielmehr ist ein entsprechender Vorschlag des Gerichts gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO notwendig.130 Allerdings soll es ausreichen, wenn eine Partei einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, das Gericht daraufhin einen gleichlautenden Vergleichsvorschlag unterbreitet und dieser dann von der Gegenseite angenommen wird.131 Ob eine Partei den Vorschlag auch schon annehmen kann, bevor das Gericht ihn unterbreitet hat, hat der Senat ausdrücklich offengelassen;132 davon ist daher einstweilen abzuraten. Ein außergerichtlicher Vergleich rechtfertigt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG hingegen keine Befristung.133

26 (9) Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG aufgeführten Sachgründe sind nicht abschließend. Sonstige

Sachgründe rechtfertigen eine Befristung allerdings nur, wenn sie den in § 14 Abs. 1 TzBfG zum Ausdruck kommenden Wertungsmaßstäben entsprechen und den aufgeführten Sachgründen von ihrem Gewicht her gleichwertig sind.134 Die personelle Kontinuität des Betriebsrats rechtfertigt eine Befristung jedenfalls dann nicht, wenn die Dauer der Befristung mit der verbleibenden Amtsdauer nicht übereinstimmt und für die kürzere Bemessung keine besonderen Umstände hervorgebracht werden können, die die Wahrung der personellen Kontinuität dennoch begründen.135 Auch die Vereinbarung von Altersgrenzen auf die gesetzliche Regelaltersgrenze sieht die Rechtsprechung zwar als Befristung an, die Anforderungen an den sachlichen Grund sind allerdings auch unter Berücksichtigung des AGG weniger streng.136 Allerdings ist auch in diesem Fall die Schriftform zu wahren.137 Wird ein Arbeitsvertrag auf „unbestimmte Zeit“ geschlossen und sieht ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbares tarifliches Regelwerk eine Altersgrenze vor, so wird diese nicht durch die Regelung im Arbeitsvertrag abbedungen.138 128 BAG v. 8.6.2016 – 7 AZR 467/14, NZA 2016, 1535 Rz. 17 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2016, 553; v. 26.4.2006 – 7 AZR 366/05, NJOZ 2006, 4677; ausführlich hierzu Schnelle, NZA 2018, 1445. 129 BAG v. 15.2.2012 – 7 AZR 734/10, DB 2012, 1573 m. Anm. Kern, ArbRAktuell 2012, 352. 130 BAG v. 21.3.2017 – 7 AZR 369/15, NZA 2017, 706; v. 14.1.2015 – 7 AZR 2/14, NZA 2016, 39 Rz. 24, 26 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 248. 131 Vgl. BAG v. 8.6.2016 – 7 AZR 339/14, NZA 2016, 1485. 132 BAG v. 8.6.2016 – 7 AZR 339/14, NZA 2016, 1485. 133 BAG v. 23.1.2002 – 7 AZR 552/00, NJOZ 2002, 1613 mwN.; offengelassen noch in BAG v. 24.1.1996 – 7 AZR 496/95, NJW 1996, 3226. 134 BAG v. 20.1.2016 – 7 AZR 340/14, NZA 2016, 755 Rz. 13, v. 18.3.2015 – 7 AZR 115/13, NZA-RR 2015, 569 Rz. 13. Als sonstigen sachlichen Grund hat das BAG die Drittmittelfinanzierung (BAG v. 16.1.2018 – 7 AZR 21/16, NZA 2018, 663), die geplante Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung (BAG v. 18.3.2015, NZA-RR 2015, 569 Rz. 13 ff. m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2015, 430) sowie die Anhängigkeit einer Konkurrentenklage um eine zu besetzende Stelle anerkannt (BAG v. 16.3.2005 – 7 AZR 289/04, BB 2005, 1856). Andere Sachgründe, auch wenn sie tariflich geregelt sind, müssen jedoch den in § 14 Abs. 1 TzBfG zum Ausdruck kommenden Wertungsmaßstäben entsprechen (BAG v. 18.3.2015, NZA-RR 2015, 569 Rz. 13 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2015, 430; v. 9.12.2009 – 7 AZR 399/08, NZA 2010, 495). 135 BAG v. 8.6.2016 – 7 AZR 467/14, NZA 2016, 1535 Rz. 17 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2016, 553. 136 BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, NZA 2016, 695 (Arbeitsvertrag – wobei die sachliche Rechtfertigung der Befristung mangels Anwendbarkeit nicht auf das TzBfG gestützt wurde); v. 4.11.2015 – 7 Sa 770/ 12, NZA 2016, 634 (Betriebsvereinbarung); v. 13.10.2015 – 1 AZR 853/13, NZA 2016, 54 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 36 (Betriebsvereinbarung); v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916 Rz. 18 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 155 (Betriebsvereinbarung); v. 12.6.2013 – 7 AZR 917/11, NZA 2013, 1428 (Arbeitsvertragsrichtlinie/BAT); v. 8.12.2010 – 7 AZR 438/09, NZA 2011, 586 (Tarifvertrag); zum Ganzen Jesgarzewski, NWB 2016, 1593 ff.; vgl. im Einzelnen zu Altersgrenzen Kap. 2 Rz. 86 sowie M 3.1. 137 BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, NZA 2018, 507 m Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 182; krit. Lingemann, NZA 2018, 889. 138 BAG v. 8.12.2010 – 7 AZR 438/09, NZA 2011, 586 Rz. 19 ff.

264 | Lingemann

Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 28 Kap. 6

bb) Kalendermäßige Befristung, § 3 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 1 TzBfG (M 6.1.1) → S. zu einem kalendarisch befristeten Arbeitsvertrag M 6.1.1. Dies ist der häufigste Fall des befristeten Arbeitsverhältnisses. Wichtig ist, dass der Endzeitpunkt eindeutig bestimmt, jedenfalls aber einfach zu errechnen ist. Die bloße Unsicherheit der künftigen Entwicklung des Arbeitsanfalls und des Arbeitskräftebedarfs gehört allerdings grundsätzlich zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers. Er kann sich bei nicht oder nur schwer vorhersehbarem quantitativem Bedarf nicht darauf berufen, mit befristeten Arbeitsverträgen könne er leichter und schneller auf Bedarfsschwankungen reagieren.139

26a

cc) Zweckbefristung, § 3 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG (M 6.1.2; M 6.1.5) → S. zu einem zweckbefristeten und einem doppelt befristeten Arbeitsvertrag M 6.1.2; M 6.1.5. Neben kalendermäßigen Befristungen sind auch Zweckbefristungen zulässig, wenn die Beendigung von einem Ereignis abhängig gemacht wird, dessen Eintritt die Parteien als sicher, den Zeitpunkt jedoch als ungewiss ansehen.140 Dies gilt insbesondere bei der Vertretung eines erkrankten Arbeitnehmers, da der Zeitpunkt der Genesung nicht sicher ist. Das Arbeitsverhältnis endet dann jedoch nicht mit dem Tag, an dem der Befristungszweck endet (zB Genesung des vertretenen Arbeitnehmers), sondern nach § 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung141 durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung. Für die Unterrichtung trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. § 15 Abs. 5 TzBfG fingiert gesetzlich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitgeber diese Mitteilung unterlässt oder verspätet, dh. nicht unverzüglich, abgibt. Für die schriftliche Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Eintritts einer auflösenden Bedingung iSv. §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG reicht die Textform aus.142 Der Arbeitgeber kann aber auch schon vor Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses widersprechen. Die Ablehnung des Wunsches des Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich fortzusetzen, stellt regelmäßig einen Widerspruch iSd. § 15 Abs. 5 TzBfG dar.143 Eine besondere gesetzlich geregelte Zweckbestimmung enthält § 21 Abs. 3 BEEG zur Schwangerschaftsvertretung; dazu unter Rz. 38. In der schriftlichen Vereinbarung über die Zweckbefristung muss der Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, so genau bezeichnet sein, dass hieraus der Eintritt dieses Ereignisses zweifelsfrei feststellbar ist. Erforderlich ist ferner die Prognose, dass der Zweck tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt erreicht werden wird, auch wenn noch nicht feststeht, wann das sein wird.144

27

dd) Auflösende Bedingung In der Praxis seltener ist die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung. Deren Eintritt führt – wiederum bei Vorliegen eines sachlichen Grundes – zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie wird vereinbart, wenn nicht nur unsicher ist, wann, sondern auch ob das die Bedingung auslösende Ereignis überhaupt eintritt. So kommt insbesondere die Einstellung „vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebs- bzw. Personalrats nach § 99 BetrVG“ in Betracht.145 Dagegen ist in einem Vertrag mit einem ausländischen Arbeitnehmer nur unter sehr engen Voraussetzungen die auflösende Bedin139 BAG v. 13.11.1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60; v. 16.10.1987 – 7 AZR 614/86, BAGE 56, 241, 249. 140 BAG v. 9.9.2015 – 7 AZR 148/14, NZA 2016, 169 Rz. 23 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2016, 64. 141 Gem. § 126 BGB ist ein Original erforderlich bzw. nach § 126a BGB die qualifizierte elektronische Form. 142 BAG v. 20.6.2018 – 7 AZR 689/16, NZA 2019, 331; v. 1.8.2018 – 7 AZR 882/16, NZA 2019, 314. 143 BAG v. 11.7.2007 – 7 AZR 501/06, NZA 2008, 1207. 144 BAG v. 15.5.2012 – 7 AZR 35/11, NZA 2012, 1366. 145 Vgl. BAG v. 21.3.2018 – 7 AZR 408/16, NJOZ 2019, 778 m. Anm. von Medem, ArbRAktuell 2018, 423; ebenso LAG Niedersachsen v. 26.2.1980 – 1 Sa 12/79, DB 1980, 1799.

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Kap. 6 Rz. 28 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office gung zulässig, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der Arbeitserlaubnis endet.146 Für Fußballtrainer ist hingegen die Vereinbarung des Abstiegs in die Regionalliga als auflösende Bedingung wirksam.147 Auch der Entzug einer Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte kann als auflösende Bedingung vereinbart werden, sofern für die Arbeitnehmer danach keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht.148 Das gleiche gilt für Krankheitsvertretungen, wenn die Genesung ungewiss ist.149 Auch ist die tarifliche Anknüpfung an eine Betriebsrentenberechtigung als auflösende Bedingung grundsätzlich möglich, greift aber nur, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr auf einem anderen ihm zumutbaren, freien Arbeitsplatz beschäftigt werden kann.150

29 Schließlich ist auch die Kombination von auflösender Bedingung und Zeitbefristung möglich.151

Der Vorteil einer Kombination liegt in der Auffangwirkung der Zeitbefristung. Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit dem Ablauf der Zeitbefristung, auch wenn vorher bereits die auflösende Bedingung eingetreten ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer (versehentlich) widerspruchslos weiterbeschäftigt.152 ee) Befristung einzelner Arbeitsbedingungen

30 Die Vorschriften des TzBfG sind auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen nicht anwend-

bar.153 Formularmäßige Befristungen einzelner Arbeitsbedingungen sind bei ansonsten unbefristetem Vertrag an den §§ 307 ff. BGB zu messen. Zwar bedarf es für eine solche Befristung keines sachlichen Grundes; bei der Angemessenheitskontrolle ist jedoch in Rechnung zu stellen, dass der Arbeitnehmer ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der unbefristeten Vereinbarung der Arbeitsbedingungen hat. Besteht daher ein Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, ist idR. die Befristung der Änderung der Arbeitsbedingungen wirksam.154

Je größer der Umfang einer vorübergehenden Arbeitszeiterhöhung ist, umso mehr Ähnlichkeit besteht zu einem zusätzlichen befristeten Arbeitsvertrag. Deshalb ist eine erhebliche befristete Aufstockung der Arbeitszeit – 25 %155 oder mehr eines Vollzeitarbeitsverhältnisses – nur wirksam, wenn auch ein entsprechender befristeter Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG wirksam gewesen wäre.156 146 147 148 149 150 151

152 153

154 155 156

LAG Köln v. 18.4.1997 – 11 (8) Sa 1268/96, NZA-RR 1997, 476, 477. BAG v. 4.12.2002 – 7 AZR 492/01, NZA 2003, 611. BAG v. 23.9.2015 – 5 AZR 146/14, NZA 2016, 293. BAG v. 29.6.2011 – 7 AZR 6/10, NZA 2011, 1346. Zur tariflichen „Postbeschäftigungsunfähigkeit“ BAG v. 27.7.2011 – 7 AZR 402/10, NJOZ 2012, 1277. Eine Doppelbefristung in Form einer Kombination von Zweck- und Zeitbefristung ist grds. zulässig (BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 797/14, NZA 2017, 638 Rz. 13; v. 11.9.2013 – 7 AZR 107/12, NZA 2014, 150 Rz. 17 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2014, 50. Eine solche Kombination verstößt grds. nicht gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da sie eine gebräuchliche Regelungstechnik beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge darstellt und der Arbeitnehmer erkennen kann, dass die Wirksamkeit der beiden Beendigungstatbestände rechtlich getrennt zu beurteilen und anzugreifen ist (BAG v. 19.3.2014 – 7 AZR 718/12, BeckRS 2014, 68896 Rz. 21; 19.2.2014 – 7 AZR 260/12, NZA-RR 2014, 408 Rz. 18). Ausführlich zur Doppelbefristung Chaudhry, NZA 2018, 484; Picker, ZfA 2013, 73. Vgl. BAG v. 29.6.2011 – 7 AZR 6/10, NZA 2011, 1346; dazu Linsenmaier, RdA 2012, 193. Einzelheiten s. auch Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Befristung einzelner Arbeitsbedingungen“, Kap. 2 Rz. 96; BAG v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 29; v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2012, 328; v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, NZA 2008, 229; v. 18.1.2006, NZA 2007, 351; vgl. dazu Fleddermann, ArbRAktuell 2015, 367 ff., 392 ff.; ebenso Fuhlrott, NZA 2016, 1000; außerdem Schmidt, NZA 2014, 760. Zu Einzelheiten s. Kap. 2 Rz. 96, ferner M 11.1. BAG v. 23.3.2016 – 7 AZR 828/13, NZA 2016, 881 Rz. 51 m. Anm. Johnson, AuA 2017, 315; LAG Niedersachsen – 6 Sa 240/17, BeckRS 2017, 140985. Unter besonderen Umständen – beabsichtigt war eine Erhöhung um ein Viertel, die mit 24,67 % berechnet wurde – kann auch ein etwas geringerer Prozentsatz ausreichen (BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16, NZA 2018, 1061). BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 945/13, NZA 2016, 441 Rz. 43; v. 23.3.2016 – 7 AZR 828/13, NZA 2016, 881 Rz. 52 m. Anm. Johnson, AuA 2017, 315; v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 33 Kap. 6

Die bloße Ungewissheit über einen künftigen Arbeitskräftebedarf reicht nicht aus, die Befristung von Arbeitszeiterhöhungen zu rechtfertigen.157 Für die befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gelten diese Grundsätze nicht.158 Die befristete Reduzierung der Arbeitszeit ist jedenfalls dann unwirksam, wenn der Arbeitnehmer nach § 8 TzBfG Anspruch auf entsprechende Teilzeit hätte und geltend gemacht hat.159 Die Erprobung rechtfertigt eine befristete Übertragung der Zieltätigkeit, wenn sie sie tatsächlich der Erprobung dient und die vereinbarte Vertragslaufzeit in einem angemessenen Verhältnis zum Erprobungszweck steht.160 ff) § 1 ÄArbVtrG Für die befristete Beschäftigung von Ärzten zum Zwecke der Weiterbildung stellt § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG eine spezialgesetzliche Ausprägung des Grundsatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG dar. Erforderlich für das Vorliegen einer „Weiterbildung“ iSd. Vorschrift ist, dass der Arbeitgeber dem weiterzubildenden Arzt die Ableistung erforderlicher Weiterbildungsabschnitte auf der Grundlage einer strukturierten Planung nach dem konkreten Weiterbildungsbedarf ermöglicht; eine bloße Förderung reicht nicht aus.161 Eine im Anwendungsbereich des ÄArbVtrG vereinbarte Befristung kann nicht auf § 14 Abs. 2 TzBfG gestützt werden kann, sofern laut Arbeitsvertrag die Beschäftigung den in § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG genannten Weiterbildungszielen dienen soll.162

31

b) Befristung aufgrund gesetzlicher Regelungen Aufgrund folgender gesetzlicher Sonderregelungen sind Befristungen auch ohne sachlichen Grund wirksam:

32

aa) § 14 Abs. 2, 2a, 3 TzBfG – Sachgrundlose Befristung (M 6.1.6; M 6.1.9) → S. zu einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag und seiner Verlängerung M 6.1.6; M 6.1.9. Gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses bis zur Dauer von zwei Jahren wirksam.163 Die Angabe des § 14 Abs. 2 TzBfG als Rechtsgrundlage für die Befristung ist im Arbeitsvertrag nicht erforderlich.164 Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Vertragsverlängerung setzt zwar nicht voraus, dass die Bedingungen des Ausgangsvertrages während der Gesamtdauer der Vertragslaufzeit unverändert beibehalten werden. Die Änderung der Arbeitsbedingungen darf aber nicht im Zusammenhang mit der Vertragsverlängerung erfolgen, anderenfalls entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.165 Das gilt auch bei Vereinbarung von für den Arbeitneh157 158 159 160 161 162 163

Vgl. BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40; s. ebenfalls Kap. 2 Rz. 96. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 945/13, NZA 2016, 441. BAG v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 41. BAG v. 24.2.2016 – 7 AZR 253/14, NZA 2016, 815 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 315. BAG v. 14.6.2017 – 7 AZR 597/15, NZA 2018, 40. BAG v. 14.6.2017 – 7 AZR 597/15, NZA 2018, 40. Das gilt auch für Betriebsratsmitglieder (BAG v. 25.6.2014 – 7 AZR 847/12, NZA 2014, 1209 Rz. 16 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 537; v. 5.12.2012 – 7 AZR 698/11, NZA 2013, 515). § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist weder verfassungs- noch unionsrechtlich bedenklich (vgl. BAG v. 19.3.2014 – 7 AZR 828/ 12, NZA-RR 2014, 462 Rz. 26 ff.; v. 22.1.2014 – 7 AZR 243/12, NZA 2014, 483 Rz. 34 ff. m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2014, 230). 164 BAG v. 24.10.2001 – 7 AZR 686/00, DB 2002, 536, 537. Auch die Angabe eines Sachgrundes für die Befristung verhindert in der Regel nicht, dass sich der Arbeitgeber zusätzlich auf § 14 Abs. 2 TzBfG berufen kann (BAG v. 29.6.2011 – 7 AZR 774/09, NZA 2011, 1151). 165 BAG v. 18.1.2006 – 7 AZR 178/05, NZA 2006, 605; krit. Richter/Wilke, RdA 2011, 305.

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Kap. 6 Rz. 33 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office mer günstigeren Arbeitsbedingungen,166 zB dem Wegfall eines ordentlichen Kündigungsrechtes im Anschlussvertrag.167 Zulässig sind aber bloße Anpassungen des Vertragstextes an die geltende Rechtslage oder die Vereinbarung von Arbeitsbedingungen, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch hat.168

34 Bestand bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis169 mit demselben Arbeit-

geber,170 so ist eine Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG grds. unzulässig, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Bis zum Urteil des BVerfG vom 6.6.2018 waren nach der Rechtsprechung des BAG parallel zur regelmäßigen Verjährungsfrist in diesem Zusammenhang allerdings nur Beschäftigungen zu berücksichtigen, die innerhalb der letzten drei Jahre bestanden.171 Diese Grenze besteht nicht mehr, das Vorbeschäftigungsverbot gilt vielmehr im Grundsatz zeitlich unbegrenzt. Es greift nur nicht, soweit das Verbot für die Parteien unzumutbar wäre, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das kann insb. der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer war. Typische Fälle wären geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, Tätigkeit von Werkstudierenden und studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht.172 Die Vorbeschäftigung liegt nicht sehr lange zurück, wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber fünfeinhalb Jahre zuvor für eine Dauer von etwas über einem halben Jahr ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte173, auch acht Jahre zurück 166 BAG v. 23.8.2006 – 7 AZR 12/06, NZA 2007, 204 mit krit. Anm. Bauer, NZA 2007, 208. 167 BAG v. 20.2.2008 – 7 AZR 786/06, NZA 2008, 883. 168 Bzgl. des Anspruchs aus § 9 TzBfG nach entsprechendem Erhöhungsverlangen BAG v. 16.1.2008 – 7 AZR 603/06, NZA 2008, 701. 169 Keine Arbeitsverhältnisse in diesem Sinne sind Beamtenverhältnisse (BAG v. 24.2.2016 – 7 AZR 712/ 13, NZA 2016, 758), Heimarbeitsverhältnisse (BAG v. 24.8.2016 – 7 AZR 625/15, NZA 2017, 244) sowie Berufsausbildungsverhältnisse (BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 375/10, NZA 2012, 255); vgl. auch Hunold, NZA 2012, 431 sowie krit. Jörchel, NZA 2012, 1065. 170 BAG v. 19.3.2014 – 7 AZR 527/12, NZA 2014, 840 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 323; v. 4.12. 2013 – 7 AZR 290/12, NZA 2014, 426 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2014, 178; v. 16.7.2008 – 7 AZR 278/07, NZA 2008, 1347; v. 25.4.2001 – 7 AZR 376/00, NZA 2001, 1384: Arbeitgeber ist die natürliche oder juristische Person, mit der der Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Diesem Verständnis stehen unionsrechtliche Vorgaben nicht entgegen (BAG v. 19.3.2014, NZA 2014, 840 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 323). Bei einem Gemeinschaftsbetrieb kommen Befristungen mit beiden Betriebsinhabern in Betracht; vgl. dazu Greiner, DB 2014, 1987. Zur Arbeitgebereigenschaft vgl. auch BAG v. 10.11.2004 – 7 AZR 101/04, NZA 2005, 514: Wird ein Unternehmen nach § 2 Nr. 1 UmwG mit einem anderen Unternehmen durch Aufnahme verschmolzen, ist das übernehmende Unternehmen nicht derselbe Arbeitgeber wie das übertragende Unternehmen. Auch die Überlassung eines Arbeitnehmers an seinen vormaligen Vertragsarbeitgeber, bei dem er zuvor zwei Jahre sachgrundlos befristet beschäftigt war, führt nicht zur Unwirksamkeit einer anschließend mit dem Verleiher iSd. § 1 AÜG nach § 14 Abs. 2 TzBfG vereinbarten sachgrundlosen Befristung (BAG v. 18.10.2006 – 7 AZR 145/06, NZA 2007, 443; vgl. dazu Bauer/Fischinger, DB 2007, 1410); im Übrigen ist ein Rechtsmissbrauch nur bei besonderen Anzeichen anzunehmen (vgl. BAG v. 9.3.2011 – 7 AZR 657/09, NZA 2011, 1147, das mehrere mögliche Anzeichen aufzählt). Zum Rechtsmissbrauch im Allgemeinen s. Einf. Rz. 12. Eine Beschäftigung im Rahmen einer unwirksamen Arbeitnehmerüberlassung gilt als Vorbeschäftigung (BAG v. 18.7.2012 – 7 AZR 451/11, NZA 2012, 1369). 171 BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 375/10, NZA 2012, 255; v. 6.4.2011 – 7 AZR 716/09, NZA 2011, 905. 172 Vgl. BVerfG v. 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, NZA 2018, 774 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 334 sowie Bayreuther, NZA 2018, 905; BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 477/17, AP TzBfG § 14 Nr. 179 mwN. 173 BAG v. 23.1.2019 – 7 AZR 13/17, juris.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 36 Kap. 6

ist noch kein sehr langer Zeitraum in diesem Sinne174, ebenso wenig fünfzehn Jahre175; zweiundzwanzig Jahre hingegen schon.176 Von der Art der Tätigkeit her unschädlich sein kann eine nur geringfügige Nebenbeschäftigung während der Schul-, Studien- oder Ausbildungszeit.177. Von sehr kurzer Dauer ist die Beschäftigung nicht, wenn sie sechs Monate erreicht oder übersteigt, aber auch nicht jede Beschäftigung unter sechs Monaten ist sehr kurz.178 Zur Klärung der Vorbeschäftigung steht dem Arbeitgeber ein Fragerecht bzgl. Zeitraum, Dauer und Inhalt der Tätigkeit zu, das bei unrichtiger Beantwortung zur Anfechtung nach § 123 BGB berechtigen kann.179 Entscheidend für das Vorliegen einer Vorbeschäftigung ist der Zeitpunkt, zu dem die wechselseitigen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten begründet werden, also im Regelfall der arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsbeginn.180 Daher steht § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG der Vereinbarung einer Befristung ohne Sachgrund nicht entgegen, wenn die Laufzeit eines von den Vertragsparteien zuvor geschlossenen Arbeitsvertrages noch nicht begonnen hat.181 Maßgeblich für die Vorbeschäftigung ist nur der Vertragsarbeitgeber, nicht auch das Konzernunternehmen.182 Ausnahmsweise kann gem. § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 TzBfG auch dann eine abweichende Regelung getroffen werden, wenn von der gesetzlichen Öffnungsklausel für Tarifverträge Gebrauch gemacht wird, deren Anwendung auch Nicht-Tarifgebundene183 vereinbaren können. Dabei können nicht nur Gesamtdauer und Anzahl möglicher Verlängerungen auch zuungunsten der Arbeitnehmer vereinbart werden184, die sachgrundlose Befristung kann auch an weitere, zusätzliche Voraussetzungen geknüpft werden.185 Die Tarifregelung darf jedoch eine Gesamtdauer von sechs Jahren bzw. eine neunmalige Verlängerungsoption nicht überschreiten.186

35

Die sachgrundlose Befristung ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG nur in den Fällen einer Neueinstellung sowie bei Vertragsverlängerungen iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässig; nicht hingegen bei Verkürzung der Laufzeit.187

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174 BAG v. 23.1.2019 – 7 AZR 733/16, NZA 2019, 700 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 65; v. 20.3.2019 – 7 AZR 409/16, NZA 2019, 1274. 175 BAG v. 17.4.2019 – 7 AZR 323/17, NZA 2019, 1271. 176 BAG v. 21.8.2019 – 7 AZR 452/17, NZA 2020, 40. 177 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 429/17, NZA 2019, 1563. 178 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 477/17, AP TzBfG § 14 Nr. 179. 179 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 477/17, AP TzBfG § 14 Nr. 179; dazu auch Bauer, NZA 2011, 241; zur Anfechtung s. Kap. 21. 180 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 548/17, NZA 2019, 1352. 181 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 548/17, NZA 2019, 1352. 182 BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 429/17, NZA 2019, 1563. 183 Eine Inbezugnahme des gesamten Tarifvertrags ist dabei nicht notwendig (BAG v. 21.3.2018 – 7 AZR 428/16, AP TzBfG § 14 Nr. 169 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 396). 184 BAG v. 18.3.2015 – 7 AZR 272/13, NZA 2015, 821; v. 15.8.2012 – 7 AZR 184/11, DB 2012, 2697. 185 BAG v. 21.3.2018 – 7 AZR 428/16, NZA 2018, 999. 186 BAG v. 14.6.2017 – 7 AZR 390/15, juris. Während das BAG die Verlängerung einer Höchstbefristungsdauer auf 48 Monate bei höchstens sechs Verlängerungen noch nicht beanstandet hatte (BAG v. 18.3.2015 – 7 AZR 272/13, NZA 2015, 821 Rz. 20 ff.), erklärte es eine tarifliche Regelung für unwirksam, die eine sachgrundlose Befristung bis zu einer Gesamtdauer von sieben Jahren bei sieben-maliger Verlängerung zuließ (BAG v. 17.4.2019 – 7 AZR 410/17, NZA 2019, 1223). 187 BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 49/15, NZA 2017, 634 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 247 sowie Reinhardt/Domni, BB 2017, 1339.

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Kap. 6 Rz. 37 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office

37 In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist gem. § 14 Abs. 2a TzBfG die

kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Für die Auslegung gelten die Grundsätze des § 112a Abs. 2 BetrVG, dem diese Vorschrift nachgestaltet ist; hier wie dort sind auch Neugründungen im Zusammenhang mit einer Konzernumstrukturierung ausgenommen, § 14 Abs. 2a Satz 2 TzBfG.188

38 Gemäß § 14 Abs. 3 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos iSd. § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen ist, Transferkurzarbeitgeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder III teilgenommen hat.189 Bis zur Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig. Trotz der auch hier bestehenden Zweifel dürfte die aktuelle Fassung des § 14 Abs. 3 TzBfG rechtswirksam sein,190 allerdings möglicherweise nur, soweit es sich um eine erstmalige Anwendung der Regelung zwischen den Vertragsparteien handelt.191 bb) § 21 BEEG, § 6 PflegeZG und § 9 FPfZG → S. hierzu auch Kap. 17 Rz. 11 ff., Kap. 17 Rz. 56 ff. und Kap. 17 Rz. 77 ff.

39 Die Vertretung einer Arbeitnehmerin für die Dauer der Beschäftigungsverbote nach dem Mutter-

schutzgesetz und für die Dauer der Elternzeit rechtfertigt gem. § 21 BEEG die Befristung. Ein formgerechter Elternzeitantrag gem. § 16 Abs. 1 BEEG muss bei Vereinbarung der Befristung noch nicht vorliegen, es reicht aus, wenn er angekündigt wurde.192 Gem. § 21 Abs. 3 BEEG muss der Fristablauf nicht einmal kalendermäßig bestimmt sein; eine Zweckbefristung reicht aus. Auch eine weitergehende Befristung für notwendige Einarbeitungszeiten ist nach § 21 Abs. 2 BEEG zulässig; § 21 Abs. 4 BEEG enthält zudem ein Sonderkündigungsrecht des Arbeitgebers bei vorzeitiger Beendigung der Elternzeit. Entsprechende Regelungen treffen § 6 PflegeZG für die Dauer der Pflegezeit sowie § 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 6 PflegeZG für die Familienpflegezeit.193 cc) Befristungen im Hochschulbereich nach WissZeitVG

40 Der Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal

an Hochschulen und Forschungseinrichtungen richtet sich nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), wobei das Recht der Hochschulen, unbefristete oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristete Arbeitsverhältnisse abzuschließen, unberührt bleibt, § 1 Abs. 2 WissZeitVG.

188 Meinel/Heyn/Herms, § 14 TzBfG Rz. 296 unter Hinweis auf den RegE BR-Drucks. 421/03, S. 22. 189 Bisher nicht geklärt ist, ob § 14 Abs. 3 TzBfG auch den befristeten Abschluss von Arbeitsverhältnissen mit Rentnern erfasst, dafür Bauer/Gottschalk, BB 2013, 501; ablehnend von Steinau-Steinrück/Burkard-Pötter, NJW-Spezial 2012, 306. 190 BAG v. 28.5.2014 – 7 AZR 360/12, DB 2014, 2475 Rz. 10 ff. m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 567; Grimm/Brock, ArbRB 2007, 154, 155 f.; vgl. auch Kleinebrink, MDR 2007, 762. 191 Trotz „erheblicher Bedenken“ offengelassen BAG v. 28.5.2014 – 7 AZR 360/12, DB 2014, 2475 Rz. 36 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2014, 56. 192 BAG v. 9.9.2015 – 7 AZR 148/14, NZA 2016, 169 Rz. 29, 35. 193 Vgl. zu den Einzelheiten Göttling/Neumann, NZA 2012, 119; Barkow von Creytz, DStR 2012, 191; Glatzel, NJW 2012, 1175.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 41 Kap. 6

Gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG kann das wissenschaftliche und künstlerische Personal,194 das nicht promoviert ist, bis zu sechs Jahre195 befristet beschäftigt werden, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung196 erfolgt. Für studentische Hilfskräfte gilt nunmehr § 6 WissZeitVG, wonach befristete Arbeitsverträge zur Erbringung wissenschaftlicher oder künstlerischer Hilfstätigkeiten mit Studierenden, die an einer deutschen Hochschule für ein Studium, das zu einem ersten oder einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, eingeschrieben sind, bis zur Dauer von insgesamt sechs Jahren zulässig sind. Für sie gilt die Besonderheit, dass ihre Beschäftigungszeiten vor Abschluss des Studiums auf eine danach erfolgende Beschäftigung an der Hochschule gem. § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG nicht angerechnet werden.197 Eine Anrechnung erfolgt auch nur bei Beschäftigungen (auch als studentische Hilfskraft), die der wissenschaftlichen Qualifikation dienen; reine Verwaltungstätigkeiten an einer Hochschule genügen dafür nicht.198 Nach Abschluss der Promotion ist eine Befristung bis zur Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG ist die vereinbarte Befristungsdauer so zu bemessen, dass sie im Verhältnis zu der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt voraus, dass die Vereinbarung erst nach Abschluss der Promotion getroffen wurde. Ab welchem Zeitpunkt von einem Abschluss gesprochen werden kann, bemisst sich nach den landerechtlichen Vorschriften und der jeweiligen Promotionsordnung.199 Legt sich eine Hochschule ausschließlich auf eine Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zum Zwecke der wissenschaftlichen Qualifizierung des Mitarbeiters fest, verdrängt die Vorschrift als Spezialregelung die des § 14 Abs. 1 TzBfG.200 Daneben regelt § 2 Abs. 2 WissZeitVG die Befristung von Arbeitsverträgen aufgrund von Drittmittelfinanzierung.201 Erforderlich ist, dass die Beschäftigung überwiegend202 aus Mitteln Dritter finan194 Unterrichtende Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug fällt nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des WissZeitVG (BAG v. 29.4.2015 – 7 AZR 519/13, ZTR 2015, 665 m. Anm. Kramer, ArbRAktuell 2015, 481). Dasselbe gilt im künstlerischen Bereich (BAG v. 19.12.2018 – 7 AZR 79/17, NJW 2019, 1094). Dagegen können Akademiker, die wissenschaftliche Erkenntnisse Dritter vermitteln, wiederum als wissenschaftliches Personal iSd. § 1 Abs. 1 WissZeitVG angesehen werden (BAG v. 21.3.2018 – 7 AZR 437/16, NJOZ 2019, 556 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2018, 340; zuvor LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 30.5.2017 – 2 Sa 244/16, BeckRS 2017, 126485). Zu den allgemeinen Anforderungen an das Vorliegen von wissenschaftlichem bzw. künstlerischem Personal BAG v. 19.12.2018 – 7 AZR 79/17, NJW 2019, 1094. 195 Zur Verlängerungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG bei Kindern ausführlich BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 181/16, NZA 2018, 1135. 196 In der alten Fassung des WissZeitVG war es nicht erforderlich, dass die angestrebte Qualifikation in dem vereinbarten Vertragszeitraum erreicht bzw. sinnvoll vorangetrieben werden kann (BAG v. 25.4. 2018 – 7 AZR 181/16, NZA 2018, 1135). Mit der Einführung des § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG nF. hat sich dies geändert. 197 BAG v. 27.9.2017 – 7 AZR 629/15, AP WissZeitVG § 2 Nr. 10. Die neue gesetzliche Regelung hilft insbesondere Unsicherheiten ab, die sich bei der Frage der Anrechnung von Beschäftigungszeiten während eines Masterstudiengangs ergaben. Auch eine studienbegleitende Beschäftigung während des Masterstudiums bleibt anrechnungsfrei, so BT-Drucks. 395/15, S. 11 f. Allgemein zur Europarechtskonformität der Nichtanrechnung von Beschäftigungszeiten vgl. Stumpf, NZA 2015, 326. 198 Bei Mischtätigkeiten ist entscheidend, ob sie bei Vertragsschluss insgesamt ein wissenschaftliches Gepräge aufweisen (BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 82/16, NJOZ 2019, 549). 199 BAG v. 18.5.2016 – 7 AZR 712/14, NZA 2017, 254. 200 BAG v. 28.9.2016 – 7 AZR 549/14, NZA 2017, 249. 201 Die in § 2 Abs. 2 WissZeitVG a.F. vorgesehene Möglichkeit zur Befristung des „akzessorischen Personals“ (technische Angestellte, Laborpersonal, Projektmanagement) wurde ersatzlos gestrichen und ist nur noch auf Grundlage des TzBfG möglich, BT-Drucks. 395/15, S. 9. 202 Bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags muss aufgrund objektiver Anhaltspunkte die Prognose gerechtfertigt sein, dass sich der Mitarbeiter zu mehr als 50 % der Arbeitszeit – bezogen auf die Ge-

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Kap. 6 Rz. 41 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office ziert wird203, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe oder Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung entsprechend beschäftigt wird.204 Die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen, § 2 Abs. 2 Halbs. 2 WissZeitVG. Außerdem ist das Zitiergebot des § 2 Abs. 4 WissZeitVG zu beachten. Im Vertrag muss daher angegeben werden, dass die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht, nicht aber, auf welchen.205 Wird während der Befristung nach dem WissZeitVG Elternzeit in Anspruch genommen, so dauert das Arbeitsverhältnis über das vereinbarte Fristende hinaus zunächst für die in Anspruch genommene Elternzeit fort und verlängert sich danach um die vor dem vereinbarten Fristende liegende Dauer der Elternzeit, § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG.206

42 Die alten Befristungsregeln der §§ 57b Abs. 1, 57d, 57f Abs. 2 Satz 1 HRG bewirken keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters iSd. Richtlinie 2000/78/EG.207

2. Telearbeit/Homeoffice (M 6.2.1/M 6.2.2) → S. dazu M 6.2.1/M 6.2.2

43 Telearbeit/Homeoffice und Mobile Office gewinnen nicht erst seit der Corona Krise in der Arbeitswelt und der anwaltlichen Praxis an Bedeutung.

Telearbeit wird an EDV-Anlagen verrichtet, die sich außerhalb des Betriebes des Arbeitgebers befinden und mit diesem durch elektronische Kommunikationsmittel verbunden sind.208 Man spricht von ausschließlicher Telearbeit, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in vollem Umfang außerhalb des Betriebes – in der Regel an seinem häuslichen Arbeitsplatz (Homeoffice) – ausübt; ist er zeitweise auch im Betrieb, so handelt es sich demgegenüber um alternierende Telearbeit.209 Ein gesetzlich verankerter, genereller Rechtsanspruch auf Gewährung von Homeoffice besteht derzeit (noch) nicht.210 Ein solcher lässt sich insbesondere nicht aus den Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers nach § 241 Abs. 2 BGB herleiten,211 möglicherweise aber aus dem arbeitsrechtlichen

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samtlaufzeit des befristeten Arbeitsvertrags – dem drittmittelfinanzierten Vorhaben widmen wird (BAG v. 8.6.2016 – 7 AZR 259/14, NZA 2016, 1463). Dies ist der Fall, wenn ein Forschungsvorhaben nicht aus den der Hochschule zur Verfügung stehenden regulären Haushaltsmitteln, sondern anderweitig finanziert wird (BAG v. 22.11.1995, BAGE 81, 300). Dabei ist eine konkrete aufgaben- und zeitbezogene Mittelzuweisung erforderlich. Die Drittmittel müssen hinreichend zweckgebunden und für eine von vornherein feststehende Zeitspanne zur Verfügung gestellt sein, BAG v. 13.2.2013, DB 2013, 1556. Dies erfordert eine konkrete aufgaben- und zeitbezogene Mittelzuweisung sowie eine Fremdbestimmung der Mittelverwendung (BAG v. 23.5.2018 – 7 AZR 875/16, NZA 2018, 1399). Nicht jede projektfremde Tätigkeit steht der Wirksamkeit einer Befristung entgegen. Ist aber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses absehbar, dass der Arbeitnehmer überwiegend nicht projektbezogen eingesetzt, sondern mit Daueraufgaben des Arbeitgebers beschäftigt werden wird, so ist die Befristung unwirksam (BAG v. 15.2.2006 – 7 AZR 241/05, ZTR 2006, 509). BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 117/14, NZA 2016, 552. BAG v. 28.5.2014 – 7 AZR, 456/12, ZTR 2014, 672 Rz. 10 ff. BAG v. 19.3.2008 – 7 AZR 1100/06, NZA 2009, 84. Vgl. dazu im Einzelnen Kap. 9 Rz. 2 ff.; zur Heimarbeit Kap. 9 Rz. 39 ff., vgl. ferner Körner, NZA 1999, 1192 f. Zum Begriff sowie Chancen und Risiken Picker, ZfA 2019, 269, 270 f.; s. auch Müller, DB 2019, 1624. Vgl. Koalitionsvertrag CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, S. 12, 41 („rechtlicher Rahmen“ für mobiles Arbeiten); noch weitergehender SPD, Konzept „Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ v. 10.2. 2019, S. 7 („Wir werden ein Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice gesetzlich verankern […]“). Ausführlich zum Rechtsanspruch auf Homeoffice und iE. ablehnend Picker, ZfA 2019, 269, 275 ff., 282 ff. Zur Spezialregelung im öffentlichen Dienst, § 16 Abs. 1 Satz 2 BGleiG, Hahn, öAT 2018, 202. LAG Rheinland-Pfalz v. 18.12.2014 – 5 Sa 378/14, BeckRS 2015, 66249 m. Anm. Meyer-Michaelis, ArbRAktuell 2015, 158.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 46 Kap. 6

Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn bereits entsprechende betriebliche Homeoffice-Konzepte existieren.212 Seit Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen213 am 3.12.2016 sind Telearbeitsplätze ausdrücklich von der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) erfasst. § 2 Abs. 7 ArbStättV definiert Telearbeitsplätze als vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat, § 2 Abs. 7 Satz 1 ArbStättV. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist, § 2 Abs. 7 Satz 2 ArbStättV.

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Telearbeit erfordert daher eine klare Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien über die Einrichtung eines Bildschirmarbeitsplatzes im Privatbereich, die Arbeitszeit sowie die Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatzgestaltung. Nach dem Sinn der Vorschrift sind die Anforderungen des § 2 Abs. 7 ArbStättV an eine solche Vereinbarung erfüllt, wenn wesentliche Rahmenbedingungen, wie der Umstand und die Dauer der Telearbeit, die technische Einrichtung und Ausstattung des Telearbeitsplatzes sowie die Zutrittsrechte geregelt sind.214 Der Telearbeitsplatz ist nur dann iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV vom Arbeitgeber eingerichtet, wenn dieser die komplette Einrichtung des Arbeitsbereiches zur Verfügung stellt und installiert bzw. einen Dritten damit beauftragt.215

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Der Anwendungsbereich der ArbStättV wird nach § 1 Abs. 3 ArbStättV für Telearbeitsplätze iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV auf die Regelungen der Gefährdungsbeurteilung (§ 3 ArbStättV), der Unterweisung (§ 6 ArbStättV) und der „Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen“ nach Nr. 6 des Anhangs zur ArbStättV beschränkt.216 Gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 iVm. § 3 ArbStättV hat bei Telearbeitsplätzen eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG nur bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes zu erfolgen. § 6 ArbStättV normiert inhaltliche Anforderungen an die Unterweisung der Beschäftigten, die vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in jährlichen Abständen zu erfolgen hat, § 6 Abs. 4 ArbStättV. Die ArbStättV ist hingegen nicht anwendbar, wenn kein vom Arbeitgeber fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV vorliegt.217 Bei der Neufassung der ArbStättV hat der Gesetzgeber zwischen „Telearbeit“ und „mobilem Arbeiten“ differenziert und Letzteres, wozu er insbesondere „gelegentliches Arbeiten von zu Hause aus“ und „Arbeit zuhause ohne eingerichteten 212 Kliemt, NJW-aktuell 2019, 12. 213 BGBl. I 2016, 2681. Ausführlich zur Neufassung der ArbStättV Aligbe, ArbRAktuell 2016, 596; Schucht, CCZ 2017, 120; Hidalgo, NZA 2019, 1449; Wiebauer, NZA 2017, 220. 214 Aligbe, ArbRAktuell 2016, 596, 597. 215 Aligbe, ArbRAktuell 2016, 596, 597; Kollmer/Wiebauer/Schucht/Wiebauer, § 2 ArbStättV Rz. 72. 216 Zum Problem der Umsetzung der Arbeitgeberpflichten ausführlich Hidalgo, NZA 2019, 1449, 1452 f. Zur Bildschirmarbeit Aligbe, ArbRAktuell 2017, 585. 217 Hidalgo, NZA 2019, 1449, 1450 mwN.; str., einschränkend Kollmer/Wiebauer/Schucht/Wiebauer, § 2 ArbStättV Rz. 71 f., der den engen Anwendungsbereich der ArbStättV kritisiert und mit Verweis auf die gebotene europarechtskonforme Auslegung von § 2 Abs. 7 ArbStättV eine Anwendung von Anhang Nr. 6 zur ArbStättV (Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen) bejaht, sofern der Arbeitgeber ein Bildschirmgerät bereitstellt, Rz. 73 f.; s. auch Wiebauer, NZA 2017, 220, 223; zustimmend Schucht, CCZ 2017, 120, 122 f.; im Allgemeinen für die Anwendung des Anhangs Nr. 6 ohne europarechtlichen Hintergrund Schöllmann, NZA-Beilage 2019, 81, 83; weitergehend wohl Aligbe, ArbRAktuell 2016, 596, 598f.: ua. bei nicht ordnungsgemäß eingerichteten Telearbeitsplätzen soll wegen § 618 BGB die ArbStättV ohne die Einschränkung nach § 1 Abs. 3 ArbStättV anwendbar sein, bei gelegentlichem Arbeiten von zu Hause aus allerdings ggfs. nur Anhang Nr. 6; s. auch Krieger/Rudnik; NZA 2020, 473.

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Kap. 6 Rz. 46 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office Bildschirmarbeitsplatz“ zählt, ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen.218 Damit hat der Gesetzgeber der Anwendbarkeit der ArbStättV bei einer Tätigkeit im Homeoffice ohne eingerichteten Arbeitsplatz eine klare Absage erteilt, eine Aufbürdung der speziellen, arbeitsplatzbezogenen Pflichten nach der ArbStättV ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt. Nutzt der Arbeitnehmer – mit Ausnahme von mobilen Arbeitsgeräten wie zB Laptop oder Diensthandy – seine privaten Einrichtungen, insb. den eigenen Schreibtisch, ist der Arbeitsbereich dem Einfluss des Arbeitgebers weitgehend entzogen, so dass eine dahingehende Verantwortlichkeit nicht sachgerecht wäre. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die ArbStättV nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer nur gelegentlich im Homeoffice tätig ist. Existiert keine (konkludente) Vereinbarung, die eine wöchentliche Arbeitszeit für die Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte festlegt, sondern steht es dem Arbeitnehmer vielmehr frei, seine Arbeitsleistung flexibel im Homeoffice zu erbringen, ist ebenfalls kein Telearbeitsplatz iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV gegeben. Zu berücksichtigen sind aber immer noch die allgemeinen Vorgaben aus der Fürsorgepflicht nach § 618 BGB und dem ArbSchG. Nicht wenige befürworten aber gleichwohl die Anwendung der genannten Regelungen der ArbStättV auch dann, wenn kein vom Arbeitgeber fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV vorliegt.219 Das ArbSchG gilt unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit der ArbStättV insgesamt für eine Tätigkeit im Homeoffice.220 Nach § 3 und § 4 ArbSchG ist der Arbeitsschutz im Allgemeinen durch geeignete technische, organisatorische oder persönliche Schutzmaßnahmen zu gewährleisten. Zudem ist der Arbeitnehmer im Zuge der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers nach § 5 ArbSchG zur Mitwirkung verpflichtet, §§ 15, 16 ArbSchG. Seitens des Arbeitgebers bedarf es auch einer Unterweisung des Arbeitnehmers über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, § 12 ArbSchG. Um die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften durch den Arbeitnehmer zu gewährleisten, sollten sich Arbeitgeber arbeitsvertraglich Zutrittsrechte zu den Räumlichkeiten des Arbeitnehmers einräumen lassen.

47 Rechtsgrundlage für Telearbeit kann ein Arbeitsverhältnis sein, in Betracht kommen aber auch freie

Dienst-, Werk- oder Werklieferungsverträge sowie Heimarbeit. Für die Abgrenzung zwischen freien Auftragsverhältnissen und einem Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinen Grundsätze.221 Diese Darstellung beschränkt sich auf Telearbeit im Arbeitsverhältnis.

48 Unabhängig davon, ob von der EDV in der Wohnung des Telearbeitnehmers eine Online-Verbin-

dung zum Arbeitgeberbetrieb besteht oder nicht, gilt dessen Arbeitsstätte als unselbständiger Betriebsteil, der also mit dem Hauptbetrieb, dem er zugeordnet wird, eine Betriebseinheit darstellt.222

49 Zur Einführung von Telearbeit im bestehenden Arbeitsverhältnis bedarf es einer ergänzenden Vereinbarung für den Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder ggf. einer Änderungskündigung.223 Die Ver-

218 BR-Drucks. 506/16, S. 36. 219 Kollmer/Wiebauer/Schucht/Wiebauer, § 2 ArbStättV Rz. 71 f., der aber den engen Anwendungsbereich der ArbStättV kritisiert und mit Verweis auf die gebotene europarechtskonforme Auslegung von § 2 Abs. 7 ArbStättV eine Anwendung von Anhang Nr. 6 zur ArbStättV (Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen) bejaht, sofern der Arbeitgeber ein Bildschirmgerät bereitstellt, Rz. 73 f.; s. auch Wiebauer, NZA 2017, 220, 223; zustimmend Schucht, CCZ 2017, 120, 122 f.; im Allgemeinen für die Anwendung des Anhangs Nr. 6 ohne europarechtlichen Hintergrund Schöllmann, NZA-Beilage 2019, 81, 83; weitergehend wohl Aligbe, ArbRAktuell 2016, 596, 598f.: ua. bei nicht ordnungsgemäß eingerichteten Telearbeitsplätzen soll wegen § 618 BGB die ArbStättV ohne die Einschränkung nach § 1 Abs. 3 ArbStättV anwendbar sein, bei gelegentlichem Arbeiten von zu Hause aus allerdings ggf. nur Anhang Nr. 6. 220 Zum ArbSchG im Homeoffice Hidalgo, NZA 2019, 1449, 1450; Reinhardt-Kasperek/Domni, SPA 2018, 125, 125 f.; Oberthür, NZA 2013, 246, 247 f. 221 Vgl. dazu im Einzelnen Kap. 9 Rz. 2 ff.; zur Heimarbeit Kap. 9 Rz. 39 ff.; vgl. ferner Aligbe, ArbRAktuell 2017, 585. 222 ErfK/Koch, § 5 BetrVG Rz. 11. 223 Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich die Möglichkeit zur Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice einräumt, muss er eine entsprechende Umsetzung auch realisieren, an-

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | Rz. 52 Kap. 6

legung der Tätigkeit des Arbeitnehmers in dessen Wohnung ist von einer üblichen Versetzungsklausel, den Arbeitnehmer auch an einen anderen Arbeitsort oder auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen, wegen des grundsätzlichen Schutzes der Wohnung des Arbeitnehmers nach Art. 13 GG nicht umfasst.224 Auch kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht kraft seines Direktionsrechts eine Tätigkeit im Homeoffice zuweisen; eine auf die Weigerung des Arbeitnehmers gestützte Kündigung wäre unwirksam.225 Kommt also eine einvernehmliche Regelung nicht zustande, so kann der Arbeitgeber nur eine Änderungskündigung aussprechen, wenn deren allgemeine Voraussetzungen vorliegen (dazu im Einzelnen Kap. 20). Unfallversichert iSv. § 8 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist die Tätigkeit im Homeoffice, wenn es auch tatsächlich den arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsort darstellt.226 Der Schutz ist aber nicht umfassend227 und auch nicht abschließend geklärt,228 insoweit kann es sich anbieten, auch eine private Unfallversicherung vorzusehen.

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Betriebsverfassungsrechtlich ist bei Einführung sowie Beendigung von Telearbeit/Homeoffice der Betriebsrat zu beteiligen229, in beiden Fällen handelt es sich grds. um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches und somit um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung iSd. § 99 Abs. 1, § 95 Abs. 3 BetrVG.230 Zudem kommen regelmäßig Informations- und Mitbestimmungsrechte nach § 90 Abs. 1 Nr. 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1, § 87 Abs. 1 Nr. 2, 6 und 7 BetrVG in Betracht.231

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3. Mobile Office (M 6.4) → S. M 6.4 In Zeiten zunehmender Digitalisierung sowie Internationalisierung der Arbeitswelt und der damit einhergehenden Flexibilität können viele Arbeitnehmer mit Laptop und Smartphone quasi von jedem beliebigen Ort aus die Arbeitsleistung erbringen, zB im Café oder Park, unterwegs im Zug oder Flugzeug und auf Reisen im Hotel oder am Strand. Sofern die Tätigkeit unabhängig von einem festen Arbeitsplatz und Arbeitsort erfolgt, spricht man von „Mobile Office“ oder auch „Mobile Work[ing]“.232 Im Gegensatz zum Homeoffice, bei dem die Tätigkeit in der Wohnung des Arbeitnehmers und damit immer am selben Ort erfolgt, bestimmt beim Mobile Office der Arbeitnehmer eigenständig den Ort, an dem er seine Arbeitsleistung erbringt.233 ZT erfolgt mobiles Arbeiten anteilig, in dem jeweils konkrete Wochenarbeitstage oder Anteile der Arbeitszeit für mobiles Arbeiten und andere für die Pflichtanwesenheit in der Betriebsstätte festgelegt werden, ähnlich alternierender Telearbeit/Homeoffice (Rz. 43). Zunehmend findet sich aber auch eine reine Tätigkeit im Mobile Office.

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dernfalls macht er sich ggf. schadensersatzpflichtig (LAG Rheinland-Pfalz v. 7.11.2018 – 7 Sa 46/18, juris, m. Anm. Wypych, DB 2019, 853). Müller, DB 2019, 1624; Oberthür, MDR 2015, 1269. LAG Berlin-Brandenburg v. 14.11.2018 – 17 Sa 562/18, juris. m. Anm. Stück, ArbRAktuell 2019, 47; dazu Picker, ZfA 2019, 269, 279 f.; Müller, DB 2019, 1624, 1626. BSG v. 27.11.2018 – B 2 U 7/17 R, NZS 2019, 433. Ausf. zur Frage der Unfallversicherung nach der BSG-Rspr. Müller, NZS 2019, 177; Oberthür, ArbRB 2019, 115. Vgl. BSG v. 5.7.2016 -B 2 U 5/15 R, NJW 2017, 508: Kein in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Betriebsweg liegt vor, wenn bei Homeoffice innerhalb des Wohngebäudes Weg zurückgelegt wird, um „eigenwirtschaftlicher Tätigkeit“ nachzugehen. Müller, NZS 2019, 177, 180. Ausf. Schulze/Ratzesberger, ArbRAktuell 2016, 109 ff. sowie Adami, SPA 2018, 133 ff. mit Formulierungshinweisen für eine Betriebsvereinbarung; s. auch Müller, DB 2019, 1624, 1626. Müller, DB 2019, 1624, 1626. Richter, ArbRAktuell 2019, 142, 144. Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269; Oberthür, NZA 2013, 246; Schulze/Ratzesberger, ArbRAktuell 2016, 109, 110; Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81. Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269.

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Kap. 6 Rz. 52 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office Mobiles Arbeiten führt nicht nur zu höherer Flexibilität für den Arbeitnehmer, sondern auch zu Einsparungen beim Arbeitgeber, namentlich durch Verringerung des Büroraums zB durch „Desksharing“, bei dem Arbeitnehmer sich eine bestimmte Anzahl an Arbeitsplätzen teilen.234

53 Einen gesetzlichen Anspruch auf Mobile Office gibt es – wie beim Homeoffice – (bisher) grds. nicht

(vgl. Rz. 43)235, allerdings kann sich ein solcher insb. aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben. In der Praxis wird auf dieser Basis Arbeitnehmern zT. auch ein Anspruch auf Teilnahme am mobilen Arbeiten eingeräumt, sofern keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.236 Der Anspruch kann dabei an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sein, insbesondere abhängig von der Tätigkeit und dem Arbeitsplatz. Auch individualvertragliche Vereinbarungen, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten gewähren, sind natürlich möglich. Auch ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kommt in Betracht (vgl. Rz. 43). Hingegen ist ein Anspruch des Arbeitnehmers aus der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB ist bei mobilem Arbeiten weniger wahrscheinlich.237

54 Mobiles Arbeiten ist nach dem Willen des Gesetzgebers nicht vom Anwendungsbereich der ArbStättV erfasst238, zu beachten sind aber auch hier die Vorgaben des ArbSchG.239 Für die Tätigkeit im Mobile Office gelten im Übrigen, wie für jedes andere Arbeitsverhältnis, die Regelungen des ArbZG, also insb. die tägliche Höchstarbeitszeit, § 3 ArbZG240 und die Ruhezeit von mindestens elf Stunden, § 5 Abs. 1 ArbZG, was indes die beiderseits angestrebte Flexibilisierung zT konterkariert. Der Arbeitgeber ist zur Kontrolle der Einhaltung dieser Regelungen verpflichtet. Die Aufzeichnungspflicht für über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit, § 16 Abs. 2 ArbZG, kann aber auf den Arbeitnehmer übertragen werden, da eine Aufzeichnung durch den Arbeitgeber im Mobile Office kaum möglich ist.241

55 Für die Sozialversicherungspflicht in der Unfallversicherung ist die Rechtsprechung zum Home-

office übertragbar.242 Demnach unterliegen nur Tätigkeiten, die unmittelbar mit der Erbringung der Arbeitsleistung zu tun haben, dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz.

56 Die Einführung des Mobile Office kann im Gegensatz zum Homeoffice, bei dem wegen der grund-

rechtlich geschützten Unverletzlichkeit der Wohnung strengere Maßstäbe gelten (vgl. dazu Rz. 49), möglicherweise schon kraft Direktionsrechtes erfolgen.243 Gleiches würde dann für die Beendigung des Mobile Office gelten. Im Übrigen wäre zur Begründung oder Beendigung eine Vereinbarung erforderlich oder eine Änderungskündigung möglich.

57 Die Vereinbarung oder Zuweisung einer Tätigkeit im Mobile Office bedarf zudem der Zustimmung

des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, da sich die Arbeit am „fliegenden Arbeitsplatz“ beim Mobile Office und an einem festen Arbeitsplatz in der Betriebsstätte des Arbeitgebers grundlegend unterscheiden.244 Dies gilt gleichermaßen für die Beendigung des mobilen Arbeitens. Liegt der Schwerpunkt der Arbeitsleistung jedoch weiterhin in der Betriebsstätte und ist der Arbeitnehmer 234 Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 85 f. 235 Für ein Recht auf mobiles Arbeiten, SPD, Konzept „Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ v. 10.2. 2019, S. 7; ablehnend Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 86. 236 Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 81 f. 237 Vgl. Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269. 238 BR-Drucks. 506/16(B), S. 36; s. auch Schucht, CCZ 2017, 120, 123; Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 83. Zu Einzelheiten s. Rz. 46. 239 Oberthür, NZA 2013, 246, 247 f.; Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 83. 240 Dazu Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269, 271; Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 82. 241 Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269, 271. 242 Gerlach/Gödicke, NWB 2019, 3710, 3718. Dazu Rz. 50. 243 Dazu insgesamt Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269 Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 84. 244 Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269, 270.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.1.1 Kap. 6

nur temporär im Mobile Office tätig, ist keine Versetzung gegeben.245 Daneben kommen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 6 und 7 BetrVG in Betracht.246 Ein ständiger Wechsel des Arbeitsortes nach Begründung des Mobile Offices ist allerdings keine mitbestimmungspflichtige Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.247 Sofern er entsprechend der vertraglichen Regelung tatsächlich flexibel umgesetzt wird, entspricht der laufende Wechsel des Arbeitsortes vielmehr gerade der Eigenart des mobilen Arbeitsverhältnisses, so dass die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes entsprechend § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG keine Versetzung ist. 245 Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 84. 246 Schöllmann, NZA-Beil. 2019, 81, 84. 247 Dazu insgesamt Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269, 270.

II. Muster M 6.1.1

Kalendarisch befristeter Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen

§ 1 Befristeter Vertrag1 […] wird von der Firma für die Zeit vom […] bis2 […] als […] eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf.3 Die Befristung erfolgt, weil […]4 evtl. Das Arbeitsverhältnis kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.5

§ 2 Kündigung Während der Laufzeit des Vertrages kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von […] Wochen/Monaten zum […] gekündigt werden.6 1 Soweit es sich nicht um einen befristeten Arbeitsvertrag nach § 3 Abs. 1 iVm. § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG handelt, ist eine Befristung nur zulässig, wenn dafür ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt, vgl. Einf. Rz. 10 ff. Die Befristung des Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, § 14 Abs. 4 TzBfG. Ist die Befristung nur mangels Schriftform unwirksam, so kann der Vertrag auch schon vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, § 16 Satz 2 TzBfG, vgl. Einf. Rz. 4. 2 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 NachwG. 3 Wichtig: Wegen § 15 Abs. 5 iVm. § 22 TzBfG sollte der Arbeitgeber nach Ablauf der Befristung oder Zweckerreichung keine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers mehr entgegennehmen, sondern widersprechen bzw. die Zweckerreichung unverzüglich mitteilen, § 15 Abs. 5 TzBfG. 4 Die Art der Befristung und ggf. der sachliche Grund müssen auch nach § 14 Abs. 4 TzBfG nicht im Vertrag schriftlich angegeben werden (BAG v. 26.7.2006 – 7 AZR 515/05, NZA 2007, 34). 5 Will man das Risiko vermindern, dass der Arbeitsvertrag durch bloßen Arbeitsbeginn ohne Unterzeichnung ausgelöst und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man diese Ergänzung aufnehmen (vgl. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; Vorschlag von Lunk/Leder, NJW 2016, 1705, 1706). 6 Ohne diese Regelung wäre das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Befristung nur außerordentlich kündbar, § 15 Abs. 3 TzBfG. Die sog. Nichtverlängerungsanzeige ist grds. keine Kündigungserklärung (BAG v. 6.8. 1997 – 7 AZR 156/96, NZA 1998, 220 Rz. 20; v. 26.4.1979 – 2 AZR 431/77, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47), es sei denn, die Parteien hätten zuvor schon über die Rechtswirksamkeit der Befristung gestritten (BAG v. 26.4.1979 – 2 AZR 431/77, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47). Sie ist vielmehr rechtsgeschäftsähnliche Handlung, für die Textform genügt (BAG v. 20.6.2018 – 7 AZR 689/16, NZA 2019, 331; v. 1.8.2018 – 7 AZR 882/16, NZA 2019, 314). Sofern bei der Wirksamkeit des Befristungsgrundes Zweifel bestehen, sollte vorsorglich auch ordentlich gekündigt werden, vgl. M 6.1.3.2.

Lingemann | 277

Kap. 6 M 6.1.1 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office §§ 3 ff. (zur Versetzungsklausel vgl. M 2.1a, zu Vergütung, Urlaub usw. s. M 3.1)

§ … Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III […] wird auf die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hingewiesen. Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Zur Wahrung der Frist nach den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Ausbildungs- und Arbeitssuchende verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.7 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

7 Die Belehrung ist nicht zwingend, eine Unterlassung des Hinweises hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber zur Folge (BAG v. 29.9.2005 – 8 AZR 571/04, BB 2006, 48); zu Einzelheiten s. Kap. 22 Rz. 183.

M 6.1.2

Zweckbefristeter Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen

§ 1 Befristeter Vertrag1 […] wird von der Firma für die Dauer der [zB Erkrankung von […]]2 als […] eingestellt.3 Das Arbeitsverhältnis endet mit Erreichen dieses Zwecks, ohne dass es einer Kündigung bedarf, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung von […] durch die Firma über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.4 evtl. Das Arbeitsverhältnis kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.5 1 Vgl. iÜ. M 6.1.1. 2 Der Grund für die Zweckbefristung muss im Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 4 TzBfG angegeben werden (BAG v. 21.12.2005 – 7 AZR 541/04, NZA 2006, 321; vgl. auch v. 29.6.2011 – 7 AZR 774/09, NZA 2011, 1151 Rz. 27). 3 In der schriftlichen Vereinbarung über die Zweckbefristung muss der Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, so genau bezeichnet sein, dass hieraus der Eintritt dieses Ereignisses zweifelsfrei feststellbar ist. Erforderlich ist ferner die Prognose, dass der Zweck tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt erreicht werden wird, auch wenn noch nicht feststeht, wann dies sein wird (BAG v. 15.5.2012 – 7 AZR 35/11, NZA 2012, 1366). 4 Gem. § 15 Abs. 2 TzBfG endet ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung; auch wenn der Zweck daher erreicht ist, endet das Arbeitsverhältnis frühestens mit Ablauf von zwei Wochen nach Zugang dieser Mitteilung, vgl. M 6.1.3.1. 5 Will man das Risiko vermindern, dass der Arbeitsvertrag durch bloßen Arbeitsbeginn ohne Unterzeichnung ausgelöst und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man diese Ergänzung aufnehmen (vgl. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; Vorschlag von Lunk/Leder, NJW 2016, 1705, 1706).

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.1.3.1 Kap. 6

§ 2 Kündigung Während der Laufzeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von […] Wochen/Monaten zum […] gekündigt werden.

§§ 3 ff. (Zur Versetzungsklausel vgl. M 2.1a, zu Vergütung, Urlaub usw. M 3.1, zur Meldepflicht M 6.1.1) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

M 6.1.3.1 Mitteilung der Zweckerreichung nach § 15 Abs. 2 TzBfG Guten Tag […], mit Vertrag vom […] hatten wir Sie zweckbefristet für die Dauer der [zB Erkrankung des Mitarbeiters […]] eingestellt. Der Zweck ist nunmehr erreicht, da [zB […] nach Ende der Erkrankung die Tätigkeit wieder angetreten hat]. Aufgrund der Zweckerreichung endet ihr Arbeitsverhältnis bei uns daher mit Ablauf des […]1. Einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses widersprechen wir vorsorglich.2 Wir weisen Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Zur Wahrung der Frist nach den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Ausbildungs- und Arbeitssuchende verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.3 Wir danken Ihnen für Ihren Einsatz und wünschen Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute. Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 1 Vgl. M 6.1.2. 2 Vgl. § 15 Abs. 5 TzBfG. Der Arbeitgeber kann auch schon vor Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses der Fortsetzung widersprechen (BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 1066/12, NZA 2014, 1330 Rz. 25 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2014, 619; v. 11.7.2007 – 7 AZR 501/06, NZA 2008, 1207; vgl. zudem Einf. Rz. 28). Empfehlenswert ist insofern, dem Arbeitnehmer die Nichtverlängerungsanzeige bereits vor Ablauf des Befristungszeitraums zukommen zu lassen. Gleichwohl sollte der Arbeitgeber natürlich, auch wenn er wie im Muster schon in der Nichtverlängerungsanzeige der Weiterbeschäftigung widersprochen hat, den Widerspruch vorsorglich erneut erklären, wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf der Befristung seine Arbeit aufnehmen möchte. 3 Die Belehrung ist nicht zwingend, eine Unterlassung des Hinweises hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber zur Folge (BAG v. 29.9.2005 – 8 AZR 571/04, BB 2006, 48); zu Einzelheiten s. Kap. 22 Rz. 183.

Lingemann | 279

Kap. 6 M 6.1.3.2 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office M 6.1.3.2 Mitteilung des Ablaufs des vereinbarten Befristungszeitraums

(vgl. § 15 Abs. 1 TzBfG) mit hilfsweiser Kündigung

Guten Tag1 […], mit Vertrag vom […] hatten wir Sie befristet für die Dauer von […] Wochen/Monaten/Jahren eingestellt. Der vereinbarte Befristungszeitraum läuft am […] ab, an diesem Tag endet daher auch ihr Arbeitsverhältnis bei uns.2 Einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über diesen Tag hinaus widersprechen wir vorsorglich.3 Hilfsweise4 kündigen wir Ihr Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum […] [evtl.], weiter hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Hinweis nach § 38 Abs. 1 SGB III, s. M 6.1.3.1. Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 1 Geschlechtsneutrale Anrede. 2 Gem. § 15 Abs. 1 TzBfG endet ein kalendermäßig befristetes Arbeitsverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Anders als bei der Zweckbefristung gem. § 15 Abs. 2 TzBfG ist eine Nichtverlängerungsanzeige nicht zwingend erforderlich, aber durchaus üblich. 3 Vgl. § 15 Abs. 5 TzBfG. Der Arbeitgeber kann auch schon vor Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses der Fortsetzung widersprechen (BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 1066/12, NZA 2014, 1330 Rz. 25 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2014, 619; v. 11.7.2007 – 7 AZR 501/06, NZA 2008, 1207; vgl. zudem Einf. Rz. 28). Empfehlenswert ist insofern, dem Arbeitnehmer die Nichtverlängerungsanzeige mit dem Widerspruch bereits vor Ablauf des Befristungszeitraums zukommen zu lassen. Gleichwohl sollte der Arbeitgeber natürlich, auch wenn er wie im Muster schon in der Nichtverlängerungsanzeige der Weiterbeschäftigung widersprochen hat, den Widerspruch vorsorglich erneut erklären, wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf der Befristung seine Arbeit aufnehmen möchte. 4 Die Kündigung wird ausgesprochen für den Fall, dass die Befristung nicht wirksam ist. Zu Einzelheiten der ordentlichen Kündigung s. Kap. 22 Rz. 8 und M 22.1.

M 6.1.4

Traineevertrag

§ 1 Befristeter Vertrag […] wird von der Firma für die Zeit vom […] bis […] als Trainee1 eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Befristung erfolgt, weil die Firma […] im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses für diesen Zeitraum zusätzlich zu seinem/ihrem volkswirtschaftlichen Studium Einblicke in die industrielle Praxis vermitteln möchte. Der Ausbildungsplan für Trainees ist Bestandteil dieses Vertrages. evtl. Das Arbeitsverhältnis kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.2

1 Bei Trainees steht – anders als bei Praktikanten, s. dazu Kapitel 8, Einf. Kap. 8 Rz. 14 – trotz begleitender Qualifikationsangebote die Arbeitsleistung im Vordergrund. Sie sind daher seit 1.1.2015 mit dem Mindestlohn zu vergüten (Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942). 2 Will man das Risiko vermindern, dass der Arbeitsvertrag durch bloßen Arbeitsbeginn ohne Unterzeichnung ausgelöst und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man diese Ergänzung aufnehmen (vgl. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; Vorschlag von Lunk/Leder, NJW 2016, 1705, 1706).

280 | Lingemann

Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.1.5 Kap. 6

§ 2 Kündigung Während der Laufzeit des Vertrages kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von […] Wochen/Monaten zum […] gekündigt werden.

§§ 3 ff. (Zur Versetzungsklausel vgl. M 2.1a, zu Vergütung, Urlaub usw. M 3.1, zur Meldepflicht M 6.1.1) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

M 6.1.5

Doppelt befristeter Arbeitsvertrag

§ 1 Befristeter Vertrag1 […] wird mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von […] Stunden befristet eingestellt. Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Dauer der Erkrankung von […], längstens jedoch bis zum […]. evtl. Das Arbeitsverhältnis kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.2

§§ 2 ff. (Zur Kündigung vgl. M 6.1.1 § 2,3 zur Versetzungsklausel M 2.1a, zu Vergütung, Urlaub usw. M 3.1, zur Meldepflicht M 6.1.1)4 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

1 Befristungsvereinbarungen können auch zeitlich gestaffelt hintereinandergeschaltet werden, zur Zulässigkeit der Doppelbefristung s. Einf. Rz. 29. Wird der Arbeitnehmer über den ersten Befristungszeitraum hinaus weiter beschäftigt, so kommt es auf die Wirksamkeit der zweiten Befristung an. Dies wäre hier die kalendarische Befristung (BAG v. 29.6.2011 – 7 AZR 6/10, NZA 2011, 1346). Es wäre auch zulässig, die Befristung kalendarisch kürzer zu fassen als das mögliche Ende des Befristungszwecks (BAG v. 22.11.1995 – 7 AZR 252/95, BB 1996, 1615). 2 Will man das Risiko vermindern, dass der Arbeitsvertrag durch bloßen Arbeitsbeginn ohne Unterzeichnung ausgelöst und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man diese Ergänzung aufnehmen (vgl. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; Vorschlag von Lunk/Leder, NJW 2016, 1705, 1706). 3 Es ist offen, ob bei einer solchen Kombination auch eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit zulässig ist, wie zB in M 6.1.4 § 2 vorgesehen. 4 Wichtig: Sollte die Zweckbefristung als erstes auslaufen und die Mitteilung nach § 15 Abs. 2 TzBfG vergessen werden, hat die Zeitbefristung eine Auffangwirkung (vgl. Einf. Rz. 30; BAG v. 29.6.2011 – 7 AZR 6/10, NZA 2011, 1346). Geht die Zweckbefristung jedoch über die kalendarische hinaus, darf die Mitteilung nach § 15 Abs. 2 TzBfG (vgl. M 6.1.3.1) nicht vergessen werden!

Lingemann | 281

Kap. 6 M 6.1.6 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office

M 6.1.6

Sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 2 TzBfG

§ 1 Befristeter Vertrag1 […] wird von der Firma für die Zeit vom […] bis […] gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG als […] eingestellt.2 Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf. evtl. Das Arbeitsverhältnis kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.3

§ 2 Kündigung Während der Laufzeit des Vertrages kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von […] Wochen/Monaten zum […] gekündigt werden.4

§ 3 Neueinstellung Die Firma weist […] darauf hin, dass sie […] nur aufgrund der Befristungsregelung des § 14 Abs. 2 TzBfG einstellt. Mit Rücksicht auf § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG versichert […] ausdrücklich, zuvor in keinem Arbeitsverhältnis zur Firma gestanden zu haben.5 […] ist darüber informiert, dass eine unrichtige Angabe diesbezüglich den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrages nach § 123 BGB berechtigen kann.

§§ 4 ff. (Zur Versetzungsklausel vgl. M 2.1a, zu Vergütung, Urlaub usw. M 3.1, zur Meldepflicht M 6.1.1) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

1 Die Befristung eines Arbeitsvertrages und deren dreimalige Verlängerung sind bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig, sofern nicht vorher mit demselben Arbeitgeber schon ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, § 14 Abs. 2 TzBfG, vgl. Einf. Rz. 33 ff. 2 Auf die Norm muss nicht hingewiesen werden (BAG v. 8.12.1988 – 2 AZR 308/88, NZA 1989, 459; v. 24.10.2001 – 7 AZR 686/00, DB 2002, 536, 537). Für eine solche Befristung bedarf es keines sachlichen Grundes. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um eine neue Stelle handelt; es muss nur der Arbeitnehmer „neu eingestellt“ werden (BAG v. 10.6.1988 – 2 AZR 7/88, NZA 1989, 21). 3 Will man das Risiko vermindern, dass der Arbeitsvertrag durch bloßen Arbeitsbeginn ohne Unterzeichnung ausgelöst und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man diese Ergänzung aufnehmen (vgl. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; Vorschlag von Lunk/Leder, NJW 2016, 1705, 1706). 4 Diese Regelung kann wegen § 15 Abs. 3 TzBfG sinnvoll sein. 5 Zu Einzelheiten des Vorbeschäftigungsverbotes bei sachgrundloser Befristung Einf. Rz. 34. Die Ausnahmen davon sind derart eng, dass wir die Benennung im Vertrag nicht für sinnvoll halten.

282 | Lingemann

Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.1.8 Kap. 6

M 6.1.7

Probearbeitsverhältnis mit Befristung

§ 1 Beginn und Art der Tätigkeit […] wird mit Wirkung ab dem […] für die Tätigkeit als […] angestellt.

§ 2 Probezeit Das Arbeitsverhältnis wird zunächst nur für die Probezeit vereinbart. Es endet daher nach sechs Monaten am […], ohne dass es einer Kündigung bedarf. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, sofern die Vertragsparteien vorher die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren.

§§ 3 ff. (Zur Versetzungsklausel vgl. M 2.1a, zu Vergütung, Urlaub usw. M 3.1, zur Meldepflicht M 6.1.1) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

M 6.1.8

Verlängerung des Probearbeitsverhältnisses mittels Aufhebungsvertrag

Präambel Der Arbeitgeber weist darauf hin, dass nach derzeitiger Einschätzung die Probezeit nicht bestanden ist und daher eine Probezeitkündigung ausgesprochen werden soll.1 […] sollen jedoch weitere vier Monate Einarbeitungszeit eingeräumt werden. Die Parteien schließen daher den folgenden Aufhebungsvertrag:2

§1 Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis auf Grundlage des Anstellungsvertrages vom […] zum […] enden wird. 1 Ein Aufhebungsvertrag, der lediglich eine nach § 1 KSchG nicht auf ihre Sozialwidrigkeit zu überprüfende Kündigung ersetzt, ist nicht wegen Umgehung zwingender Kündigungsschutzvorschriften unwirksam. Sieht der Arbeitgeber die sechsmonatige Probezeit als nicht bestanden an, so kann er regelmäßig, ohne rechtsmissbräuchlich zu handeln, anstatt das Arbeitsverhältnis innerhalb der Frist des § 1 Abs. 1 KSchG mit der kurzen Kündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer eine Bewährungschance geben, indem er mit einer überschaubaren längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagen. Diese Grundsätze gelten auch für einen entsprechenden Aufhebungsvertrag. Ein unbedingter Aufhebungsvertrag mit bedingter Wiedereinstellungszusage ist nicht stets einem auflösend bedingten Aufhebungsvertrag gleichzustellen (BAG v. 7.3.2002 – 2 AZR 93/01, NZA 2002, 1000). Es empfiehlt sich, anlehnend an die vorgenannte Entscheidung, einen Zeitraum von vier Monaten für die zusätzliche Einarbeitung nicht zu überschreiten. Zur Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags ohne Sachgrund iSd. Befristungskontrollrechts s. auch Einf. Rz. 11 und Kap. 23 Rz. 21. Alternativ kann der Arbeitgeber auch ohne verbindliche Wiedereinstellungszusage einen Arbeitnehmer innerhalb der Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG mit einer längeren Kündigungsfrist kündigen, um dem Arbeitnehmer eine Bewährungschance zu gewähren. Maßgeblich ist, dass die Überschreitung der Mindestkündigungsfrist nicht im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Arbeitgebers liegt (LAG Baden-Württemberg v. 6.5.2015 –4 Sa 94/14, BeckRS 2015, 69008 m. Anm. Fuhlrott, ArbRAktuell 2015, 320). 2 Der Aufhebungsvertrag bedarf gem. § 623 BGB, die Befristungsabrede gem. § 14 Abs. 4 TzBfG, der gesetzlichen Schriftform. Zur Einhaltung der gesetzlichen Schriftform sind daher beide Vereinbarungen dauerhaft durch Heften miteinander zu verbinden, sofern sie nicht bereits in einer Urkunde enthalten sind (PWW/Ahrens, § 126 BGB Rz. 6); möglicherweise reicht auch eine beiderseitige eindeutige Bezugnahme aus (PWW/Ahrens, § 126 BGB Rz. 7 mwN).

Lingemann | 283

Kap. 6 M 6.1.8 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office §2 Der Aufhebungsvertrag wird im beiderseitigen Einvernehmen aufgehoben, wenn […] die weitere Einarbeitungszeit bis zum Beendigungszeitpunkt gemäß § 1 besteht.

§3 Kommt die Aufhebung gemäß § 2 nicht zustande, endet das Arbeitsverhältnis zu dem in § 1 genannten Zeitpunkt.

§4 Für die Zeit bis zum in § 1 genannten Beendigungszeitpunkt gelten im Übrigen die Regelungen gemäß dem Arbeitsvertrag vom […] fort.

§5 Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III (vgl. M 6.1.1)3 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

3 Zu weiteren Regelungen in einem Aufhebungsvertrag vgl. M 23.1a.

M 6.1.9

Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 2 TzBfG

Verlängerung der Befristung1 Zwischen den Parteien besteht ein bis zum […]2 befristetes Arbeitsverhältnis. Die Parteien vereinbaren, dieses bis zum […] zu verlängern. Evtl: Diese Vereinbarung kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.3 Alle übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages bleiben unverändert.4 1 Die Befristung eines Arbeitsvertrages und deren dreimalige Verlängerung ist bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig, sofern nicht vorher mit demselben Arbeitgeber schon ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, § 14 Abs. 2 TzBfG, vgl. Einf. Rz. 34 ff. 2 Die Verlängerung muss vor Ablauf der Befristung vereinbart werden; das hier einzusetzende Datum muss also in der Zukunft liegen. Wird der Vertrag erst danach vereinbart, besteht ein erhebliches Risiko, dass er unbefristet fort gilt (BAG v. 4.11.2015 – 7 AZR 933/13 Rz. 26; Einzelheiten s. Einf. Rz. 4). 3 Will man das Risiko vermindern, dass der Arbeitsvertrag durch bloße Weiterarbeit ohne Unterzeichnung fortgesetzt und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man diese Ergänzung aufnehmen (vgl. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; Vorschlag von Lunk/Leder, NJW 2016, 1705, 1706 zur Befristung). 4 Wichtig: Die Verlängerung darf keine Änderung sonstiger Vertragsbedingungen enthalten.

284 | Lingemann

Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.1.11 Kap. 6

M 6.1.10 Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes über die Regelaltersgrenze

hinaus, § 41 Satz 3 SGB VI

Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes1 Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis endet am […]2 durch Erreichen der Regelaltersgrenze. Die Parteien schieben hiermit diesen Beendigungszeitpunkt auf den […] hinaus.3 Evtl: Diese Vereinbarung kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.4 Alle übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages bleiben unverändert.5 1 Weiterhin ungeklärt ist, wie oft der Beendigungszeitpunkt hinausgeschoben werden darf, zu Einzelheiten s. Einf. Rz. 23. 2 Der Vertrag muss vor Erreichen der Regelaltersgrenze vereinbart werden, das hier einzusetzende Datum muss also in der Zukunft liegen. Wird der Vertrag erst danach vereinbart, gelten strenge Maßstäbe für die Wirksamkeit der Befristung, die in der Praxis kaum einzuhalten sind (BAG v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NZA 2015, 1066 Rz. 20; ferner Einf. Rz. 24). 3 Auch diese Vereinbarung erfordert gesetzliche Schriftform (Sprenger, BB 2016, 757, 760 unter 4. mwN). Will man das Risiko vermindern, dass die in der Vereinbarung liegende Befristung durch bloßen Arbeitsbeginn ohne Unterzeichnung ausgelöst und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man ergänzend aufnehmen: „Diese Vereinbarung kommt nur zustande, wenn beide Vertragsparteien diese Vertragsurkunde unterzeichnen.“, Einzelheiten s. Fn. zu M 6.1.6 § 1. 4 Will man das Risiko vermindern, dass der Arbeitsvertrag durch bloße Weiterarbeit ohne Unterzeichnung fortgesetzt und die Befristung dadurch umgangen wird, § 15 Abs. 5 TzBfG, könnte man diese Ergänzung aufnehmen (vgl. BAG v. 7.10.2015 – 7 AZR 40/14, NZA 2016, 358 Rz. 19 ff.; Vorschlag von Lunk/Leder, NJW 2016, 1705, 1706 zur Befristung). 5 Wir gehen davon aus, dass auch die Vereinbarung über das Hinausschieben keine Änderung sonstiger Vertragsbedingungen enthalten darf.

M 6.1.11 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Befristung und Weiter-

beschäftigung

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 1 Zu beachten ist die Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG, innerhalb derer die Unwirksamkeit der Befristung geltend gemacht werden muss. Die Frist läuft allerdings erst ab dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses, also nicht schon ab dem Moment, in dem der Arbeitgeber sich auf die Befristung beruft. Wird die Frist unverschuldet versäumt, kann die Klage gem. § 17 Satz 2 TzBfG in entsprechender Anwendung der §§ 5–7 KSchG nachträglich zugelassen werden. Die Drei-Wochen-Frist gilt allerdings nicht für die Klärung der Frage, ob eine Befristung überhaupt als vereinbart gilt, insbesondere wenn dies aus AGBrechtlichen Gründen zweifelhaft ist (s. M 6.1.11 Fn. 5). Für den Fall eines Betriebsübergangs bleibt der veräußernde Betriebsinhaber im Rahmen des Befristungskontrollantrags entsprechend §§ 265, 325 ZPO passiv legitimiert. Offengelassen hat das BAG, ob diese Grundsätze auch gelten, wenn aufgrund einer fehlenden Erlaubnis nach dem AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiherbetrieb gem. § 10 Abs. 1 AÜG entsteht (BAG v. 23.7.2014 – 7 AZR 853/12, NZA 2015, 46). Die Klage auf Feststellung, dass eine Befristung unwirksam ist, setzt gem. § 256 ZPO ein Feststellungsinteresse voraus. Daran kann es fehlen, wenn der

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Kap. 6 M 6.1.11 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien keine Befristung vereinbart ist.3 2. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom […]4 am […] endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht. 3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch das Schreiben der Beklagten vom […] zum […] endet. 4. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch sonstige Beendigungstatbestände endet, sondern über den […] hinaus weiterbesteht. 5. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den […] hinaus zu unveränderten Bedingungen im Werk […] als […] mit einem Bruttogehalt von Euro […] weiterzubeschäftigen.

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. im Werk […] seit dem […] als […] mit einem Bruttomonatsverdienst von Euro […] beschäftigt. Der Bekl. beschäftigt im Werk […] regelmäßig […] Arbeitnehmer. Grundlage der Beschäftigung war zunächst der Anstellungsvertrag vom […], der bis zum 30.6.2020 befristet war.5 Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Mit Vertragsnachtrag vom […] vereinbarten die Parteien, den Anstellungsvertrag bis zum […] zu verlängern. Beweis: Verlängerungsvereinbarung vom […], Anlage K 2 Mit Schreiben vom 25.5.2021 teilte die Bekl. dem Kl. mit, sein Arbeitsverhältnis ende zum 30.6.2021. Beweis: Schreiben der Bekl. vom 25.5.2021, Anlage K 3 Der Kl. antwortete der Bekl. mit Einschreiben vom 28.5.2021 und teilte mit, er sei mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht einverstanden und verlange Weiterbeschäftigung über den 30.6.2021 hinaus. Beweis: Schreiben des Kl. vom 28.5.2021, Anlage K 4 Auf dieses Schreiben reagierte die Bekl. jedoch nicht. Mit dem Klageantrag Ziff. 1 begehrt der Kl. die Feststellung, dass es schon an einer wirksamen Vereinbarung über die Befristung fehlt. Der Antrag ist begründet, da die Befristung gegen das Verbot überraschender Klauseln (§ 305c Abs. 1 BGB) verstieß. Die Befristung war unter der irreführenden Überschrift „Schlussbestimmungen“ untergebracht und drucktechnisch in keiner Weise hervorgehoben. Unter der Ru-

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vereinbarte Befristungsablauf noch weit entfernt ist (LAG Niedersachsen v. 8.1.2018 – 15 Sa 318/17, BeckRS 2018, 2616). Soll dagegen das Arbeitsverhältnis in absehbarer Zeit enden, ist die Feststellungsklage zulässig (BAG v. 12.10.1979 – 7 AZR 960/77, AP BGB§ 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 48; v. 9.9.1981 – 5 AZR 477/79, v. 13.1.1983 – 5 AZR 149/82 und v. 13.1.1983 – 5 AZR 156/82, AP BGB Nr. 38, 42, 43 zu § 611 Abhängigkeit). S. M 101.1 und M 101.2. Das Auseinanderziehen der Klaganträge 1 und 2 dient der Verdeutlichung. Die Fragen, ob eine Befristung überhaupt vereinbart ist (Klagantrag Ziff. 1) und ob eine vereinbarte Befristung wirksam ist (Klagantrag Ziff. 2), kann man auch gemeinsam in einem wie Klagantrag Ziff. 2 formulierten Antrag unterbringen und dann lediglich in der Klagebegründung differenzieren. Praxistipp: Nach der Rechtsprechung des BAG (v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, AP BGB Nr. 12 zu § 305c,) fällt die Klärung der Frage, ob eine Befristung überhaupt als vereinbart gilt, nicht unter die Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG (s. M 6.1.11 Fn. 1). Bisweilen war unklar, ob der Klageantrag sich darauf beschränken kann, die Unwirksamkeit der Befristung zu einem bestimmten Datum geltend zu machen, oder ob entsprechend der Rechtsprechung zu § 4 KSchG im Klageantrag angegeben werden muss, wann und wo die Befristungsabrede vereinbart wurde. Aufgrund des § 14 Abs. 4 TzBfG bedürfen Befristungen der gesetzlichen Schriftform des § 126 BGB bzw. § 126a BGB (dazu Einf. Rz. 4).

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.2.1 Kap. 6 brik „Schlussbestimmungen“ fanden sich vor und nach dem die Bedingung enthaltenden Satz noch vielfältige andere Bagatellregelungen, insbesondere zu Geheimhaltung, Vollständigkeit, Gerichtsstand etc. Das „Verstecken“ einer Befristung unter einer irreführenden Überschrift führt dazu, dass diese gemäß § 305c Abs. 1 BGB als nicht vereinbart gilt. Mit dem Klageantrag Ziff. 2 wendet sich der Kl. hilfsweise gegen die Wirksamkeit der Befristung, wenn sie denn entgegen dem oben Ausgeführten vereinbart sein sollte. Ein sachlicher Grund für die Befristung bestand nicht. Die Befristung war auch nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässig. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG erlaubt zwar die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge, aber nicht über eine Gesamtdauer von zwei Jahren hinaus. Im vorliegenden Fall sollte die Befristung zusammen mit der Verlängerung jedoch zwei Jahre und drei Monate dauern. Die dreiwöchige Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG ist gewahrt. Mit dem Klageantrag Ziff. 3 wendet sich der Kl. gegen das Schreiben der Bekl. vom 25.5.2021 für den Fall, dass dieses Schreiben als Kündigungserklärung aufgefasst werden könnte. Vorsorglich wird bestritten, dass Kündigungsgründe nach § 1 KSchG vorliegen und dass der im Betrieb bestehende Betriebsrat ordnungsgemäß gemäß § 102 BetrVG angehört wurde. Im Betrieb sind mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 4, 7 KSchG ist gewahrt.6 Mit dem Klageantrag Ziff. 4 begehrt der Kl. die Feststellung, dass das Anstellungsverhältnis auch durch sonstige Beendigungstatbestände nicht endet. Dem Kl. sind zwar derzeit keine weiteren Beendigungstatbestände bekannt. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die Bekl. unverzüglich eine Kündigung aussprechen wird, wenn sie feststellt, dass die Befristung wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 TzBfG unwirksam war. Dies hat der Personalleiter der Bekl. […] gegenüber dem Kl. in einem Telefonat vom […] bereits angekündigt.7 Mit dem Klageantrag Ziff. 5 macht der Kl. den nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BAG bestehenden allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend,8 der nicht nur in Kündigungsschutzverfahren gilt, sondern auch bei Streit um die Wirksamkeit einer Befristung. […] (Unterschrift)9 6 S. im Einzelnen die allgemeinen Muster zur Kündigungsschutzklage, M 22.17 ff. 7 S. im Einzelnen die allgemeinen Muster zur Kündigungsschutzklage, M 22.17 ff. 8 BAG v. 27.2.1985 – GS 1/84, NZA 1985, 702. Für die Dauer des Rechtsstreits besteht eine Weiterbeschäftigungspflicht aufgrund des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs selbst dann, wenn der Arbeitnehmer die Verurteilung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung nicht beantragt hatte (BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 1066/12, NZA 2014, 1330 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2014, 619). 9 Für die Bestimmung des Streitwerts bei einer Befristungsklage wird regelmäßig die für Kündigungen geltende Regelung des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG (Vierteljahresbezug) herangezogen (zB LAG Nürnberg v. 1.8. 2003 – 6 Ta 98/03, BeckRS 2003, 30465992; LAG Hessen v. 15.7.2003 – 15 Ta 186/03, nv.), s. im Einzelnen M 22.16 Fn. 13.

M 6.2.1

Arbeitsvertrag über alternierende Telearbeit/Homeoffice ohne vom Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsplatz im Privatbereich

Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber) und […] (im Folgenden: Arbeitnehmer) wird Folgendes vereinbart:

Diller und Lingemann | 287

Kap. 6 M 6.2.1 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office § 1 Art und Dauer der Tätigkeit (1) Der Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Arbeitsvertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird ab dem […] in alternierender Telearbeit1 tätig.2 (2) Die Tätigkeit ist unbefristet. oder (2) Die Tätigkeit ist befristet bis zum […] (3) Sein Aufgabenbereich umfasst […] Der Arbeitgeber behält sich vor,3 unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers dem Arbeitnehmer auch eine andere oder zusätzliche gleichwertige und zumutbare, der Vorbildung und den Fähigkeiten entsprechende Aufgabe zuzuweisen. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Aufgaben.

§ 2 Alternierende Telearbeit (1) Der Arbeitnehmer wird die Arbeitsleistung teilweise an dem nachbenannten Telearbeitsplatz in seiner Wohnung erbringen (außerbetriebliche Arbeitsstätte) und teilweise in der Betriebsstätte des Arbeitgebers (betriebliche Arbeitsstätte). Die außerbetriebliche Arbeitsstätte ist mittels Kommunikations- und Informationsmitteln mit der betrieblichen Arbeitsstätte verbunden. (2) Die Arbeitsstätten befinden sich vorbehaltlich Änderungen nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 an folgenden Adressen: Außerbetriebliche Arbeitsstätte:

[…] (Adresse)

Betriebliche Arbeitsstätte:

[…] (Adresse)

(3) Für die Tätigkeit an der betrieblichen Arbeitsstätte stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen für die Aufgabenerledigung geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung. Ein Anspruch auf einen ausschließlich für ihn persönlich bestimmten Arbeitsplatz besteht nicht.4 (4) Erfüllungsort für sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ist die betriebliche Arbeitsstätte in […].

§ 3 Arbeitszeit (1) Die wöchentliche/monatliche/jährliche Arbeitszeit beträgt unverändert […] Stunden. Arbeitstage sind 5 Tage/Woche. […] wird erforderliche Mehr- und Überstunden, Nacht-/Schicht-/Samstags- und Feiertagsarbeit in gesetzlich zulässigem Umfang bis zu […] Stunden/Woche leisten. Diese sind nur zu vergüten, wenn der Arbeitgeber sie im Voraus angeordnet hat. 1 Seit ihrer Novellierung gilt die ArbStättV in Teilen (mit den Einschränkungen des § 1 Abs. 3 ArbStättV) auch für Telearbeitsplätze iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV. Ein solcher Telearbeitsplatz setzt insbesondere einen vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz voraus, dh. eine Ausstattung mit Mobiliar, Arbeitsmitteln und Kommunikationseinrichtungen, § 2 Abs. 7 Satz 1, 2 ArbStättV. Demnach gilt die ArbStättV im Falle einer Tätigkeit im Homeoffice ohne einen vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz nicht. Das Muster legt diese Rechtslage zugrunde, die Frage ist jedoch sehr umstritten, Einzelheiten s. Einf. Rz. 46. Folgt man dieser Auffassung nicht, müsste man auch in diesem Fall M 6.2.2 verwenden, welches Regelungen bei einer Tätigkeit im Homeoffice mit einem vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz unter Einbeziehung der ggf. anwendbaren Regelungen der ArbStättV enthält. 2 Vgl. Einf. Rz. 43 ff. Der Vertrag geht davon aus, dass bereits ein Arbeitsverhältnis besteht und dieses nun in Form alternierender Telearbeit fortgeführt werden soll. Das Muster enthält weitgehende Direktionsrechte des Arbeitgebers. Wir sind der Auffassung, dass diese Direktionsrechte aufgrund der Besonderheiten des Telearbeitsverhältnisses angemessen gem. § 307 Abs. 1 BGB, jedenfalls aber als arbeitsrechtliche Besonderheiten iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB erforderlich und daher auch nach Geltung der AGB-Kontrolle für Arbeitsverhältnisse wirksam sind. Einschränkungen bestehen wohl im Hinblick auf die Anordnung der Aufhebung einer außerbetrieblichen Arbeitsstätte (LAG Düsseldorf v. 10.9.2014 – 12 Sa 505/14, BeckRS 2014, 73155). 3 Zur Versetzungs- und Änderungsklausel vgl. M 2.1a Ziff. 1 mit Erl. und Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und „Versetzungsklausel“, Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129. 4 Diese Regelung ist bei ausschließlicher Telearbeit natürlich entbehrlich.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.2.1 Kap. 6 (2) Die Arbeitszeit in der Betriebsstätte beträgt einen Tag/8 Stunden pro Woche, und zwar montags von 8.00 bis 17.00 Uhr. Der Arbeitgeber ist nach billigem Ermessen berechtigt, sowohl die Dauer und Lage als auch das Verhältnis der Arbeit in der betrieblichen zu der Arbeit in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte zu ändern. Dabei wird er die Wünsche des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen, sofern keine betrieblichen Belange entgegenstehen. oder (2) Der Arbeitgeber legt fest, zu welchen Zeiten der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in der Betriebsstätte erbringt. Dabei wird er die Wünsche des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen, sofern keine betrieblichen Belange entgegenstehen. (3) Die verbleibende Arbeitszeit wird an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte erbracht.5 Die Lage der Arbeitszeit bestimmt der Arbeitnehmer selbst. Entscheidet er sich insoweit ohne Anordnung des Arbeitgebers für Überarbeit, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, entstehen für diese Zeiten keine Ansprüche auf Zuschlagszahlungen. Soweit nach Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung für Arbeitsleistungen zu bestimmten Zeiten unabdingbare Ansprüche auf Zuschlagszahlungen bestehen, darf im Rahmen der selbstbestimmten Arbeitszeit ohne ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Arbeitsleistung nur zu den Zeiten erbracht werden, zu denen kein Anspruch auf Zuschlagszahlungen entsteht.6 (4) Der Arbeitnehmer wird an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte von Dienstag bis Freitag zwischen 9.00 und 10.30 Uhr erreichbar sein. (5) Der Arbeitnehmer wird während der Tätigkeit an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes beachten. Er wird insbesondere die tägliche Höchstarbeitszeit nicht überschreiten und die zwischen zwei Arbeitstagen liegende elfstündige Ruhepause (§ 5 Abs. 1 ArbZG) einhalten. Er wird ferner sämtliche geleisteten Arbeitszeiten sowie Urlaubs-, Krankheits- und sonstige Arbeitsfreistellungszeiten dokumentieren und dem Arbeitgeber die Dokumentation auf Verlangen zur Verfügung stellen.7 Die Zeiterfassung kann auf Grundlage einer entsprechenden Betriebsvereinbarung auch durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem erfolgen. (6) Fahrten zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Arbeitsstätte gelten als nicht betriebsbedingt und sind daher keine Arbeitszeit.8

§ 4 Außerbetriebliche Arbeitsstätte (1) Der Arbeitnehmer bestätigt, dass die außerbetriebliche Arbeitsstätte für den dauernden Aufenthalt und für die Erbringung der Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der allgemeinen Arbeitsplatzanforderungen (Unfallverhütung, Arbeitssicherheit etc.)9 geeignet ist. Sie ist abschließbar. (2) Soweit die Wohnung des Arbeitnehmers gemietet ist, liegt das Einverständnis des Vermieters zu der Nutzung als außerbetriebliche Arbeitsstätte dem Arbeitgeber bereits schriftlich vor. (3) Der Arbeitgeber informiert den Arbeitnehmer in geeigneter Weise (Merkblätter, Informationsveranstaltungen etc.) über die Anforderungen des Arbeitsschutzes. Der Arbeitnehmer wird die vom Arbeitgeber erteilten Arbeitsschutzanweisungen einhalten. 5 § 2 Abs. 7 ArbStättV erfordert eine Vereinbarung darüber, wie viel der wöchentlichen Arbeitszeit in Telearbeit zu erbringen ist. 6 Da der Arbeitnehmer an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte seine Arbeitszeit selbst bestimmt, muss im Arbeitsvertrag klargestellt werden, dass die genannten besonderen Arbeitszeiten nicht durch Zuschläge honoriert werden. 7 Inwieweit die Erfassung der Arbeitszeit auf den Arbeitnehmer übertragen werden kann, ist nach der Entscheidung des EuGH v. 14.5.2019 – C-55/18 fraglich geworden. Hier bleibt die Umsetzung in nationales Recht abzuwarten. 8 Da der häusliche und der betriebliche Arbeitsplatz im Voraus vereinbarte Arbeitsorte sind, muss der Arbeitnehmer sich auf eigene Kosten und auf eigenes zeitliches Risiko dorthin begeben, so dass die Fahrtzeit keine Arbeitszeit ist (Kramer, DB 2000, 1329, 1331). 9 Da kein vom Arbeitgeber fest eingerichteter Arbeitsplatz im Privatbereich vorliegt und nach str. Auffassung die ArbStättV demnach nicht anwendbar ist, ist die Arbeitsstättenverordnung hier als Anforderung nicht erwähnt. Zur entsprechenden Regelung im Falle eines fest eingerichteten Arbeitsplatzes s. M 6.2.2 § 5.

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Kap. 6 M 6.2.1 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office § 5 Außerbetriebliche Zugangsrechte10 (1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber bzw. von diesem Beauftragten Zugang zur häuslichen Arbeitsstätte zu gewähren, sofern der Arbeitgeber hieran ein berechtigtes Interesse hat (insbesondere zur Prüfung der Einhaltung von § 4 Abs. 1).11 Gleiches gilt für den Vorsitzenden des Betriebsrates, den betrieblichen Datenschutzbeauftragten und einen Mitarbeiter der Arbeitsschutzbehörde. (2) Außer in dringenden Fällen ist der Zugang mit dem Arbeitnehmer vorher abzustimmen. (3) Der Arbeitnehmer sichert zu, dass auch die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen mit dieser Regelung einverstanden sind.

§ 6 Arbeitsmittel12 (1) Der Arbeitgeber stellt die erforderlichen technischen Arbeitsmittel, dh. mobile Endgeräte wie Laptop und Smartphone […],13 für die außerbetriebliche Arbeitsstätte für die Dauer des Bestehens dieser Arbeitsstätte kostenlos zur Verfügung.14 Der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Wartung der Arbeitsmittel. (2) Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel verbleiben in dessen Eigentum. Sie dürfen nicht für private Zwecke genutzt werden und auch nicht Dritten überlassen werden. Der Arbeitnehmer wird sie vor dem Zugriff Dritter schützen. evtl. (3) Auf Wunsch des Arbeitnehmers können eigene Arbeitsmittel in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte genutzt werden, sofern diese den Arbeitsschutzbestimmungen genügen. Der Einsatz dieser Arbeitsmittel erfolgt auf Kosten und Risiko des Arbeitnehmers.

§ 7 Aufwendungen (1) Der Arbeitgeber beteiligt sich mit pauschal monatlich Euro […] an den Miet-, Betriebs-, Heiz- und Reinigungskosten der außerbetrieblichen Arbeitsstätte, beginnend mit dem ersten und endend mit dem letzten Monat der Nutzung dieser Arbeitsstätte. Damit sind sämtliche beim Arbeitnehmer durch den außerbetrieblichen Arbeitsplatz anfallenden Kosten abgegolten. (2) Fahrtkosten zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Arbeitsstätte trägt der Arbeitnehmer.15

10 Der außerbetriebliche Arbeitsplatz ist als Wohnung des Arbeitnehmers durch Art. 13 GG in besonderer Weise geschützt. Nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers haben Dritte daher Zugang. Diese Zustimmung muss im Arbeitsvertrag festgelegt sein, um eine ausreichende Kontrolle insbesondere auch der gesetzlichen Arbeitsschutzvorschriften zu sichern; gleichzeitig müssen auch dritte berechtigte Personen (Betriebsratsvorsitzender, Datenschutzbeauftragter, Mitarbeiter von Überwachungsbehörden) einbezogen werden. Vgl. zu der Problematik ausführlich Ganz, ArbRAktuell 2018, 35 ff.; Wiese, RdA 2009, 344, 349 ff. 11 Da kein vom Arbeitgeber fest eingerichteter Arbeitsplatz im Privatbereich vorliegt, bestehen nur eingeschränkte Zugangsrechte, insbesondere zur Prüfung der Einhaltung von Unfallverhütung und Arbeitssicherheit. Zur entsprechenden Regelung im Falle eines fest eingerichteten Arbeitsplatzes s. M 6.2.2 § 6. 12 Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitgeber die Kosten für die Arbeitsmittel. Die Nutzung für private Zwecke muss im Vertrag ausgeschlossen werden, nicht zuletzt um steuerliche Probleme infolge geldwerten Vorteils zu vermeiden. 13 Da kein vom Arbeitgeber fest eingerichteter Arbeitsplatz im Privatbereich vorliegt, ist hier klarzustellen, dass nur technische Arbeitsmittel, und gerade nicht Mobiliar iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV wie Schreibtisch etc., gestellt werden. Zur entsprechenden Regelung im Falle eines fest eingerichteten Arbeitsplatzes s. M 6.2.2 § 6. 14 Ein Rückgriff auf private Endgeräte des Arbeitnehmers („Bring Your Own Device“ – BYOD) sollte aus datenschutz- und haftungsrechtlichen Gründen vermieden werden (Gerlach/Gödicke, NWB 2019, 3710; Reinhardt-Kasperek/Domni, SPA 2018, 125, 126; Kamann, ArbRAktuell 2016, 75, 77). Sollte die Nutzung von BYOD dennoch vereinbart werden, sind dem Arbeitnehmer die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. Insofern könnte aus praktischen Gründen vertraglich eine Kostenpauschale vorgesehen werden. 15 Hier gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Arbeitszeit, vgl. oben Anm. zu § 3 (1).

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.2.1 Kap. 6

§ 8 Haftung16 (1) Für Schäden, die der Arbeitnehmer, in seinem Haushalt lebende Personen oder sich dort berechtigt aufhaltende Dritte an den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln verursachen, haftet der Arbeitnehmer nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. oder (1) Der Arbeitgeber wird die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel angemessen gegen Schäden versichern, die der Arbeitnehmer, in seinem Haushalt lebende Personen oder sich dort berechtigt aufhaltende Dritte verursachen. (2) Der Arbeitnehmer wird Beschädigungen, Verlust oder sonstige Funktionsbeeinträchtigungen der Arbeitsmittel unverzüglich dem Arbeitgeber oder einer von diesem beauftragten Person in Textform anzeigen und das weitere Vorgehen mit diesem abstimmen. Steht der Schaden im Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung, wird der Arbeitnehmer den Sachverhalt unverzüglich auch der Polizei mitteilen und dem Arbeitgeber eine Durchschrift dieser Mitteilung überlassen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, selbst oder durch von ihm beauftragte Dritte den Schaden zu besichtigen und ggf. zu beseitigen. (3) Soweit die Arbeitsleistung aufgrund einer technischen Störung oder aus sonstigen Gründen nicht in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte erbracht werden kann, wird der Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers in der betrieblichen Arbeitsstätte tätig.

§ 9 Datenschutz17 (1) Datenschutz und Datensicherheit richten sich nach den gesetzlichen und unternehmensinternen Datenschutzbestimmungen. Der Arbeitgeber wird den Arbeitnehmer dazu in geeigneter Weise unterrichten. (2) Der Arbeitnehmer wird diese Regelungen beachten und anwenden. Jegliche Daten, Informationen, Passwörter etc. sind vom Arbeitnehmer gegen Einsicht oder Zugriff Dritter zu schützen.18 Dritte sind auch Personen, die zum Haushalt des Arbeitnehmers gehören. (3) Der Arbeitnehmer wird den Raum mit der außerbetrieblichen Arbeitsstätte abschließen, soweit er sich nicht darin aufhält. (4) Die Verbindung zum Datennetzwerk des Arbeitgebers erfolgt ausschließlich über einen gesicherten Zugang (zB VPN-Zugang und/oder anderweitige Verschlüsselung). (5) Dienstliche Dokumente sind, sofern sie nicht unmittelbar bearbeitet werden, stets unter Verschluss zu halten. (6) Dokumente und Datenträger müssen so transportiert werden, dass sie für Dritte nicht einsehbar sind. (7) Dienstliche E-Mails dürfen nicht auf private Accounts umgeleitet werden. (8) Der Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, personenbezogene Daten des Arbeitgebers unter Nutzung privater Hard- und Software zu verarbeiten. (9) Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten mobilen Endgeräte (Laptop, Desktop, Mobiltelefon oÄ.) dürfen ausschließlich dienstlich genutzt werden und sind vor dem Zugriff Dritter zu schützen. (10) Der jeweilige betriebliche Datenschutzbeauftragte ist berechtigt, nach Absprache mit dem Arbeitnehmer die außerbetriebliche Arbeitsstätte zu besichtigen und die Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften zu prüfen.

16 Auch am Telearbeitsplatz gelten für den Arbeitnehmer die Haftungsprivilegien der betrieblich veranlassten Tätigkeit (BAG v. 27.9.1994 – GS 1/89, DB 1994, 2237, Kap. 12 Rz. 40, vgl. beispielhaft zum Dienstwagen M 12.21). Allerdings sind Dritte, auch die Familienmitglieder des Arbeitnehmers, insoweit nicht einbezogen. Das Vertragsmuster erstreckt die Haftungsprivilegierung auch auf sie. 17 Allgemein zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen an Homeoffice-Vereinbarungen Bonanni/ Kamps, ArbRB 2014, 83 ff.; Schaub/Vogelsang, § 164 Rz. 37. 18 Zu denkbaren technischen oder organisatorischen Maßnahmen Bonanni/Kamps, ArbRB 2014, 84 f.

Lingemann | 291

Kap. 6 M 6.2.1 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office § 10 Aufgabe des alternierenden Telearbeitsplatzes19 (1) Der Arbeitnehmer kann jederzeit mit einer Ankündigungsfrist von einem Monat schriftlich die Aufhebung der außerbetrieblichen Arbeitsstätte verlangen. Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis über die Räumlichkeiten, in denen sich die außerbetriebliche Arbeitsstätte befindet, verkürzt sich die Ankündigungsfrist auf die Kündigungsfrist des Mietvertrages. (2) Der Arbeitgeber kann jederzeit nach billigem Ermessen mit einer Ankündigungsfrist von einem Monat schriftlich festlegen, dass der Arbeitnehmer künftig seine Arbeitsleistung nur noch an dem betrieblichen Arbeitsplatz erbringt und der außerbetriebliche Arbeitsplatz daher aufgehoben wird, sofern die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden.20 (3) Die alternierende Telearbeit endet automatisch – mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses21, – bei einer Versetzung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz ohne alternierende Telearbeit oder – bei Aufgabe/Kündigung der Wohnung, in der die außerbetriebliche Arbeitsstätte eingerichtet ist. Diese sowie die Kündigungsfrist wird der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unverzüglich anzeigen. Die Errichtung eines alternierenden Telearbeitsplatzes nach einem Wohnungswechsel bedarf einer erneuten Vereinbarung. (4) Die überlassenen Arbeitsmittel wird der Arbeitnehmer nach Ende der alternierenden Telearbeit unverzüglich herausgeben.22 (5) Der Arbeitnehmer wird, sofern das Arbeitsverhältnis fortbesteht, nach Aufgabe der alternierenden Telearbeit seine gesamte Arbeitsleistung an der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen.

§ 11 Anwendbare Regelungen23 Ergänzend findet der zwischen den Parteien bestehende Arbeitsvertrag Anwendung. 19 Mit der Aufhebung der außerbetrieblichen Arbeitsstätte endet auch die (alternierende) Telearbeit. Das Arbeitsverhältnis fällt in seinen ursprünglichen Status zurück. Insb. der Arbeitnehmer muss die Befugnis haben, einseitig mit einer angemessenen Ankündigungsfrist die außerbetriebliche Arbeitsstätte aufzuheben, da es sich um seine nach Art. 13 GG besonders geschützte Wohnung handelt. Nach Ansicht des LAG Düsseldorf (v. 10.9.2014 – 12 Sa 505/14, BeckRS 2014, 73155 Rz. 92), handelt es sich bei der Aufhebung alternierender Telearbeit um eine Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Dies gelte selbst dann, wenn der Ortswechsel für das Arbeitsverhältnis charakteristisch sei. Somit bedarf die Aufhebung der Telearbeit der Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG (so auch Hülbach, ArbRB 2015, 10). 20 Die Anforderungen, die an das Recht zur einseitigen Aufhebung der außerbetrieblichen Arbeitsstätte zu stellen sind, sind noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das LAG Düsseldorf geht davon aus, dass es sich bei der Vereinbarung einer außerbetrieblichen Arbeitsstätte mit einem Lösungsrecht zugunsten des Arbeitgebers um eine vertragliche Änderung des Direktionsrechts handelt (v. 10.9.2014 – 12 Sa 505/14, juris Rz. 88; so auch Oberthür, MDR 2015, 1269, 1272). Die Vereinbarung sei deshalb am gesetzlichen Leitbild des § 106 GewO zu messen und müsse zumindest vorsehen, dass bei der Ausübung die Interessen des Arbeitnehmers nach dem Maßstab des § 315 Abs. 1 BGB angemessen berücksichtigt werden. Nach aA sollen für die einseitige Aufhebung die strengen Kriterien des Widerrufsvorbehaltes (im Einzelnen Kap. 2, Einf., AGB-Kontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 138 ff., „Widerrufsvorbehalt“) gelten (Besgen/Prinz/ Ricken, Handbuch Internet, 3. Aufl. 2013, S. 267). UE handelt es sich jedoch um eine Ausübung des Direktionsrechtes, die billigem Ermessen gem. § 315 BGB entsprechend muss. Sofern allerdings eine Tätigkeit am Telearbeitsplatz aus dringenden betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist und ein „Rückruf“ an den betrieblichen Arbeitsplatz kraft Direktionsrechtes gleichfalls unzulässig wäre, könnte der Arbeitgeber uE noch im Wege der Änderungskündigung vorgehen, die auch hilfsweise zur Ausübung des Direktionsrechts ausgesprochen werden kann, vgl. M 19.1. 21 Nach § 2 Abs. 7 ArbStättV bedarf es einer Regelung über die Dauer der Einrichtung des Telearbeitsplatzes. Hierbei ist auch eine Befristung auf die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, vgl. Aligbe, ArbRAktuell 2016, 596. 22 Dies ist die kurze Fassung; umfangreichere Regelungen wären an M 2.1a Ziff. 13 zu orientieren. 23 Wie eingangs dargelegt, soll das Arbeitsverhältnis fortgelten; es wird durch die alternierende Telearbeit nur überlagert. Soweit keine spezifisch die Telearbeit betreffenden Tarifverträge und Betriebsverein-

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.2.2 Kap. 6 evtl. Anzuwenden sind ferner die Tarifverträge […] und die Betriebsvereinbarung(en) des Betriebes des Arbeitgebers.24

§ 12 Ausschluss von Nebenabreden, Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.25

§ 13 Teilnichtigkeit Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.26 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

barungen bestehen, kann Satz 2 der Vorschrift gestrichen werden, wenn der entsprechende Bezug schon im Arbeitsvertrag hergestellt ist. 24 Einzelheiten zur Bezugnahme auf Betriebsvereinbarungen M 2.1a, Ziff. 11, auf Tarifverträge M 2.2 Ziffer 5, jeweils m. Anm. 25 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Einf. Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 26 S. M 3.1, § 26 m. Anm.

M 6.2.2

Arbeitsvertrag über alternierende Telearbeit/Homeoffice mit vom Arbeitgeber eingerichtetem Arbeitsplatz im Privatbereich

§§ 1–31 s. M 6.2.1

§ 4 Außerbetriebliche Arbeitsstätte2 (1) Der Arbeitnehmer bestätigt, dass die außerbetriebliche Arbeitsstätte für den dauernden Aufenthalt und für die Erbringung der Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der allgemeinen Arbeitsplatzanforderungen (Unfallverhütung, Arbeitssicherheit, Arbeitsstättenverordnung nach Maßgabe von deren § 1 Abs. 3, etc.) geeignet ist. Sie ist abschließbar. 1 Seit ihrer Novellierung gilt die ArbStättV (mit den Einschränkungen des § 1 Abs. 3 ArbStättV) auch für Telearbeitsplätze iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV. Ein solcher Telearbeitsplatz setzt insb. einen vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz voraus, dh. eine Ausstattung mit Mobiliar, Arbeitsmitteln und Kommunikationseinrichtungen, § 2 Abs. 7 Satz 1, 2 ArbStättV; Einzelheiten s. Einf. Rz. 46. Für einen Arbeitsvertrag über Telearbeit/Homeoffice ohne fest eingerichteten Arbeitsplatz, für den nach str. Auffassung die ArbStättV nicht gilt, s. M 6.2.1. Im Folgenden werden nur von M 6.2.1 abweichende Regelungen mit Blick auf die Einrichtung des Arbeitsplatzes und die Geltung der ArbStättV dargestellt und erläutert. 2 Im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes im Privatbereich ist hier – anders als bei M 6.2.1 § 4 – zusätzlich die ArbStättV nach Maßgabe von deren § 1 Abs. 3 als Arbeitsplatzanforderung in Abs. 1 genannt.

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Kap. 6 M 6.2.2 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office (2) Soweit die Wohnung des Arbeitnehmers gemietet ist, liegt das Einverständnis des Vermieters zu der Nutzung als außerbetriebliche Arbeitsstätte dem Arbeitgeber bereits schriftlich vor. (3) Der Arbeitgeber informiert den Arbeitnehmer in geeigneter Weise (Merkblätter, Informationsveranstaltungen etc.) über die Anforderungen des Arbeitsschutzes. Der Arbeitnehmer wird die vom Arbeitgeber erteilten Arbeitsschutzanweisungen einhalten.

§ 5 Außerbetriebliche Zugangsrechte3 (1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber bzw. von diesem Beauftragten Zugang zur häuslichen Arbeitsstätte zu gewähren, sofern der Arbeitgeber hieran ein berechtigtes Interesse hat. Gleiches gilt für den Vorsitzenden des Betriebsrates, den betrieblichen Datenschutzbeauftragten und einen Mitarbeiter der Arbeitsschutzbehörde. (2) Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor bei Ausstattung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber gem. § 2 Abs. 7 ArbStättV, Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gem. § 3 ArbStättV iVm. § 5 ArbSchG und Prüfung der Einhaltung von § 4 Abs. 1. Unabhängig hiervon kann der Arbeitgeber mindestens einmal im Kalendervierteljahr auch ohne berechtigtes Interesse Zugang verlangen.4 (3) Außer in dringenden Fällen ist der Zugang mit dem Arbeitnehmer vorher abzustimmen. (4) Der Arbeitnehmer sichert zu, dass auch die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen mit dieser Regelung einverstanden sind.

§ 6 Arbeitsmittel (1) Der Arbeitgeber stattet den Arbeitsplatz gem. § 2 Abs. 7 ArbStättV aus, er stellt insbesondere die erforderlichen Arbeitsmittel für die außerbetriebliche Arbeitsstätte für die Dauer des Bestehens dieser Arbeitsstätte kostenlos zur Verfügung.5 Eine Inventarliste ist als Anlage diesem Vertrag beigefügt und wird im laufenden Vertragsverhältnis ggf. erweitert. Der Arbeitgeber trägt die Kosten für den Auf- und Abbau und die Wartung der Arbeitsmittel sowie die erforderlichen Leitungskosten für die technische Ausstattung.6 (2) Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel verbleiben in dessen Eigentum. Sie dürfen nicht für private Zwecke genutzt werden und auch nicht Dritten überlassen werden. Der Arbeitnehmer wird sie vor dem Zugriff Dritter schützen. evtl. (3) Auf Wunsch des Arbeitnehmers können eigene Arbeitsmittel in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte genutzt werden, sofern diese den Arbeitsschutzbestimmungen genügen. Der Einsatz dieser Arbeitsmittel erfolgt auf Kosten und Risiko des Arbeitnehmers. (4) Der Arbeitgeber ist berechtigt, am außerbetrieblichen Arbeitsplatz einen Telefon- und/oder Telefaxanschluss einzurichten. Dieser darf ausschließlich für dienstliche Zwecke genutzt werden.7

3 Im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes im Privatbereich bestehen – im Vergleich zu M 6.2.1 § 5 – erweiterte Zugangsrechte, da ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers auch vorliegt, wenn der Arbeitsplatz ausgestattet und die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird (Abs. 2). Einzelheiten zum Zugangsrecht im Allgemeinen s. Anm. zu M 6.2.1 § 5. 4 Zu diesem berechtigten Interesse Aligbe, ArbRAktuell 2016, 596; BR-Drucks. 506/16, S. 40. 5 Ein Arbeitsplatz erst dann fest eingerichtet iSd. § 2 Abs. 7 Satz 2 ArbStättV, wenn die benötigte Ausstattung mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber bereitgestellt und installiert ist. Einzelheiten zu Arbeitsmitteln im Allgemeinen s. Fn. zu M 6.2.1 § 6. 6 Im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes im Privatbereich ist die Beifügung einer Inventarliste möglich. Im Übrigen sind – im Vergleich zu M 6.2.1 § 6 – zusätzlich Kosten den Auf- und Abbau der Arbeitsmittel und für die erforderlichen Leistungskosten für die technische Ausstattung zu erwähnen. 7 Im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes im Privatbereich kann hier – im Vergleich zu M 6.2.1 § 6 – auch eine Regelung zur Einrichtung eines Telefonanschlusses aufgenommen werden.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.2.2 Kap. 6

§7 s. M 6.2.1

§ 8 Haftung8 (1) Für Schäden, die der Arbeitnehmer, in seinem Haushalt lebende Personen oder sich dort berechtigt aufhaltende Dritte an den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln und Installationen verursachen, haftet der Arbeitnehmer nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. oder (1) Der Arbeitgeber wird die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel und Installationen angemessen gegen Schäden versichern, die der Arbeitnehmer, in seinem Haushalt lebende Personen oder sich dort berechtigt aufhaltende Dritte verursachen. (2) Der Arbeitnehmer wird Beschädigungen, Verlust oder sonstige Funktionsbeeinträchtigungen der Arbeitsmittel unverzüglich dem Arbeitgeber oder einer von diesem beauftragten Person schriftlich anzeigen und das weitere Vorgehen mit diesem abstimmen. Steht der Schaden im Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung, wird der Arbeitnehmer den Sachverhalt unverzüglich auch der Polizei mitteilen und dem Arbeitgeber eine Durchschrift dieser Mitteilung überlassen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, selbst oder durch von ihm beauftragte Dritte den Schaden zu besichtigen und ggf. zu beseitigen. (3) Soweit die Arbeitsleistung aufgrund einer technischen Störung oder aus sonstigen Gründen nicht in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte erbracht werden kann, wird der Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers in der betrieblichen Arbeitsstätte tätig.

§9 s. M 6.2.1

§ 10 Aufgabe des alternierenden Telearbeitsplatzes (1) Der Arbeitnehmer kann jederzeit mit einer Ankündigungsfrist von einem Monat schriftlich die Aufhebung der außerbetrieblichen Arbeitsstätte verlangen. Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis über die Räumlichkeiten, in denen sich die außerbetriebliche Arbeitsstätte befindet, verkürzt sich die Ankündigungsfrist auf die Kündigungsfrist des Mietvertrages. (2) Der Arbeitgeber kann jederzeit nach billigem Ermessen mit einer Ankündigungsfrist von einem Monat schriftlich festlegen, dass der Arbeitnehmer künftig seine Arbeitsleistung nur noch an dem betrieblichen Arbeitsplatz erbringt und der außerbetriebliche Arbeitsplatz daher aufgehoben wird, sofern die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden. (3) Die alternierende Telearbeit endet automatisch – mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, – bei einer Versetzung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz ohne alternierende Telearbeit oder – bei Aufgabe/Kündigung der Wohnung, in der die außerbetriebliche Arbeitsstätte eingerichtet ist. Diese sowie die Kündigungsfrist wird der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unverzüglich anzeigen. Die Errichtung eines alternierenden Telearbeitsplatzes nach einem Wohnungswechsel bedarf einer erneuten Vereinbarung. (4) Die überlassenen Arbeitsmittel wird der Arbeitnehmer nach Ende der alternierenden Telearbeit unverzüglich herausgeben. Etwaige Abbaukosten trägt der Arbeitgeber.9 8 Im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes im Privatbereich ist hier – anders als in M 6.2.1 § 8 – neben Arbeitsmitteln noch auf Installationen abzustellen. Einzelheiten zur Haftung im Allgemeinen s. Anm. zu M 6.2.1 § 8. 9 Dies ist die kurze Fassung; umfangreichere Regelungen wären an M 2.1a Ziff. 13 zu orientieren. Im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes im Privatbereich ist – im Vergleich zu M 6.2.1 § 10

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Kap. 6 M 6.2.2 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office (5) Der Arbeitnehmer wird, sofern das Arbeitsverhältnis fortbesteht, nach Aufgabe der alternierenden Telearbeit seine gesamte Arbeitsleistung an der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen.

§ 11–13 s. M 6.2.1 – noch eine Regelung zu etwaigen Abbaukosten aufzunehmen. Einzelheiten zur Aufgabe des Telearbeitsplatzes im Allgemeinen s. Fn. zu M 6.2.1 § 10.

M 6.3 Homeoffice-Klausel für Arbeitsvertrag § […] Homeoffice1 (1) Der Arbeitnehmer wird die Arbeitsleistung [evtl: befristet für den Zeitraum von […] bis […]] an seiner Wohnstätte erbringen (Homeoffice). evtl. Ab dem […] wird der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung wieder an der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen. evtl. Auf Verlangen des Arbeitgebers wird der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen, soweit dies aus betrieblichen Gründen erforderlich ist. (2) Die Lage der Arbeitszeit während der Tätigkeit im Homeoffice bestimmt der Arbeitnehmer selbst. Entscheidet er sich ohne Anordnung des Arbeitgebers für Überarbeit, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, entstehen für diese Zeiten keine Ansprüche auf Zuschlagszahlungen. Soweit nach Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung für Arbeitsleistungen zu bestimmten Zeiten unabdingbare Ansprüche auf Zuschlagszahlungen bestehen, darf im Rahmen der selbstbestimmten Arbeitszeit ohne ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Arbeitsleistung nur zu den Zeiten erbracht werden, zu denen kein Anspruch auf Zuschlagszahlungen entsteht. (3) Der Arbeitnehmer wird während der Tätigkeit im Homeoffice von Dienstag bis Freitag zwischen […] und […] Uhr erreichbar sein. (4) Der Arbeitnehmer wird während der Tätigkeit im Homeoffice die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes beachten. Er wird insbesondere die tägliche Höchstarbeitszeit nicht überschreiten und die zwischen zwei Arbeitstagen liegende elfstündige Ruhepause (§ 5 Abs. 1 ArbZG) einhalten. Er wird ferner sämtliche geleisteten Arbeitszeiten sowie Urlaubs-, Krankheits- und sonstige Arbeitsfreistellungszeiten dokumentieren und dem Arbeitgeber die Dokumentation auf Verlangen zur Verfügung stellen.2 Die Zeiterfassung kann auf Grundlage einer entsprechenden Betriebsvereinbarung auch durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem erfolgen. (4) Der Arbeitnehmer bestätigt, dass das Homeoffice für den dauernden Aufenthalt und für die Erbringung der Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der allgemeinen Arbeitsplatzanforderungen (Unfallverhütung, Arbeitssicherheit [im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes: Arbeitsstättenver1 Seit ihrer Novellierung gilt die ArbStättV (mit den Einschränkungen des § 1 Abs. 3 ArbStättV) auch für Telearbeitsplätze iSd. § 2 Abs. 7 ArbStättV. Ein solcher Telearbeitsplatz setzt insb. einen vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz voraus, dh. eine Ausstattung mit Mobiliar, Arbeitsmitteln und Kommunikationseinrichtungen, § 2 Abs. 7 Satz 1, 2 ArbStättV. Demnach gilt die ArbStättV im Falle einer Tätigkeit im Homeoffice ohne einen vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz nicht, Einzelheiten s. Einf. Rz. 46. Im Folgenden wird grds. davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber keinen festen Arbeitsplatz einrichtet. Abweichende Regelungen für den Fall eines fest eingerichteten Arbeitsplatzes werden mittels Einschüben kenntlich gemacht. 2 Inwieweit die Erfassung der Arbeitszeit auf den Arbeitnehmer übertragen werden kann, ist nach der Entscheidung des EuGH v. 14.5.2019 – C-55/18 fraglich geworden. Hier bleibt die Umsetzung in nationales Recht abzuwarten.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.4 Kap. 6 ordnung nach Maßgabe von deren § 1 Abs. 3]3 etc.) geeignet und abschließbar ist. Soweit die Wohnung des Arbeitnehmers gemietet ist, liegt das Einverständnis des Vermieters zu der Nutzung als Homeoffice vor. (5) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber bzw. von diesem Beauftragten Zugang zum Homeoffice zu gewähren, sofern der Arbeitgeber hieran ein berechtigtes Interesse hat (insb. zur Prüfung der Einhaltung von § […] Abs. 4).4 Gleiches gilt für den Vorsitzenden des Betriebsrates, den betrieblichen Datenschutzbeauftragten und einen Mitarbeiter der Arbeitsschutzbehörde. Der Zugang ist mit dem Arbeitnehmer vorher abzustimmen. Der Arbeitnehmer sichert zu, dass auch die mit dem Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen mit dieser Regelung einverstanden sind. (6) Der Arbeitgeber stellt die erforderlichen technischen Arbeitsmittel, dh. mobile Endgeräte wie Laptop und Smartphone […], für die außerbetriebliche Arbeitsstätte für die Dauer des Bestehens dieser Arbeitsstätte kostenlos zur Verfügung. Der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Wartung der Arbeitsmittel.5 [Im Falle eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Arbeitsplatzes: Der Arbeitgeber stattet den Arbeitsplatz aus, er stellt insbesondere die erforderlichen Arbeitsmittel für das Homeoffice für die Dauer des Bestehens der Arbeitsstätte kostenlos zur Verfügung.6 Der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Wartung der Arbeitsmittel sowie die erforderlichen Leitungskosten für die technische Ausstattung.]7 Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel verbleiben in dessen Eigentum. Sie dürfen nicht für private Zwecke genutzt werden und auch nicht Dritten überlassen werden. Der Arbeitnehmer wird sie vor dem Zugriff Dritter schützen. (7) Der Arbeitnehmer wird Beschädigungen, Verlust oder sonstige Funktionsbeeinträchtigungen der Arbeitsmittel unverzüglich dem Arbeitgeber in Textform anzeigen und das weitere Vorgehen mit diesem abstimmen.8 Steht der Schaden im Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung, wird der Arbeitnehmer den Sachverhalt unverzüglich auch der Polizei mitteilen und dem Arbeitgeber eine Durchschrift dieser Mitteilung überlassen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, selbst oder durch von ihm beauftragte Dritte den Schaden zu besichtigen und ggf. zu beseitigen. 3 4 5 6 7 8

Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.2 § 4. Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 5. Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 6. Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 6. Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.2 § 6. Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 8.

M 6.4 Mobile Office-Vereinbarung/Vertrag über mobiles Arbeiten Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber) und […] (im Folgenden: Arbeitnehmer) wird Folgendes vereinbart:

Präambel Dem Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Arbeitsvertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird ab dem […] [evtl: befristet bis zum […]] die Möglichkeit eingeräumt, seine Arbeitsleistung teilweise mobil zu erbringen (mobiles Arbeiten).

§ 1 Arbeitsort (1) Der Arbeitnehmer kann seine Arbeitsleistung nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 teilweise auch außerhalb der Betriebsstätte des Arbeitgebers (betriebliche Arbeitsstätte) erbringen (mobile Arbeit).

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Kap. 6 M 6.4 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office (2) Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers in der betrieblichen Arbeitsstätte bleibt erhalten. oder1 (2) Für die Tätigkeit an der betrieblichen Arbeitsstätte stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen für die Aufgabenerledigung geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung. Ein Anspruch auf einen ausschließlich für ihn persönlich bestimmten Arbeitsplatz besteht nicht. (3) Erfüllungsort für sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ist die betriebliche Arbeitsstätte.

§ 2 Arbeitszeit2 (1) Der Umfang der Arbeitszeit besteht entsprechend der Vereinbarungen der Parteien fort. (2) Der Arbeitnehmer kann an […] Tagen pro Woche/Monat seine Arbeitsleistung außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen. Unter Berücksichtigung der individuellen und betrieblichen Belange ist in Absprache mit dem Arbeitgeber eine abweichende Verteilung der Arbeitszeit möglich. Evtl. Der Arbeitgeber legt fest, zu welchen Zeiten der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in der betrieblichen Arbeitsstätte erbringt. Dabei wird er die Wünsche des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen, sofern keine betrieblichen Belange entgegenstehen. Die verbleibende Arbeitszeit wird außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte erbracht. (3) Die Lage der Arbeitszeit bestimmt der Arbeitnehmer bei der Tätigkeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte selbst. Entscheidet er sich insoweit für Überarbeit, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, entstehen für diese Zeiten keine Ansprüche auf Zuschlagszahlungen. Soweit nach Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung für Arbeitsleistungen zu bestimmten Zeiten unabdingbare Ansprüche auf Zuschlagszahlungen bestehen, darf im Rahmen der selbstbestimmten Arbeitszeit ohne ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Arbeitsleistung nur zu den Zeiten erbracht werden, zu denen kein Anspruch auf Zuschlagszahlungen entsteht. (4) Der Arbeitnehmer wird während der Tätigkeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte von […] bis […] erreichbar sein. (5) Der Arbeitnehmer wird während der Tätigkeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes beachten. Er wird insbesondere die tägliche Höchstarbeitszeit nicht überschreiten und die zwischen zwei Arbeitstagen liegende elfstündige Ruhepause (§ 5 Abs. 1 ArbZG) einhalten. Er wird ferner sämtliche geleisteten Arbeitszeiten sowie Urlaubs-, Krankheits- und sonstige Arbeitsfreistellungszeiten dokumentieren und dem Arbeitgeber die Dokumentation auf Verlangen zur Verfügung stellen.3 Die Zeiterfassung kann auf Grundlage einer entsprechenden Betriebsvereinbarung auch durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem erfolgen.

§ 3 Arbeitsmittel4 (1) Der Arbeitnehmer darf die ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel auch außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte mit sich führen und verwenden. Der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Wartung der Arbeitsmittel. (2) Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel verbleiben in dessen Eigentum. Sie dürfen nicht für private Zwecke genutzt werden und auch nicht Dritten überlassen werden. Der Arbeitnehmer wird sie vor dem Zugriff Dritter schützen. (3) Auf Wunsch des Arbeitnehmers können eigene Arbeitsmittel für die mobile Tätigkeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte genutzt werden, sofern diese den Arbeitsschutzbestimmungen genügen. Der Einsatz dieser Arbeitsmittel erfolgt auf Kosten und Risiko des Arbeitnehmers. 1 Dies betrifft insb. das Desk Sharing. 2 Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 3. 3 Inwieweit die Erfassung der Arbeitszeit auf den Arbeitnehmer übertragen werden kann, ist nach der Entscheidung des EuGH v. 14.5.2019 – C-55/18 fraglich geworden. Hier bleibt die Umsetzung in nationales Recht abzuwarten. 4 Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 6.

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Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office | M 6.4 Kap. 6

§ 4 Haftung5 (1) Für Schäden, die der Arbeitnehmer, in seinem Haushalt lebende Personen oder sich dort berechtigt aufhaltende Dritte an den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln verursachen, haftet der Arbeitnehmer nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. oder (1) Der Arbeitgeber wird die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel angemessen gegen Schäden versichern, die der Arbeitnehmer, in seinem Haushalt lebende Personen oder sich dort berechtigt aufhaltende Dritte verursachen. (2) Der Arbeitnehmer wird Beschädigungen, Verlust oder sonstige Funktionsbeeinträchtigungen der Arbeitsmittel unverzüglich dem Arbeitgeber oder einer von diesem beauftragten Person in Textform anzeigen und das weitere Vorgehen mit diesem abstimmen. Steht der Schaden im Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung, wird der Arbeitnehmer den Sachverhalt unverzüglich auch der Polizei mitteilen und dem Arbeitgeber eine Durchschrift dieser Mitteilung überlassen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, selbst oder durch von ihm beauftragte Dritte den Schaden zu besichtigen und ggf. zu beseitigen. (3) Soweit die Arbeitsleistung aufgrund einer technischen Störung oder aus sonstigen Gründen nicht mobil erbracht werden kann, wird der Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers in der betrieblichen Arbeitsstätte tätig.

§ 5 Datenschutz6 (1) Datenschutz und Datensicherheit richten sich nach den gesetzlichen und unternehmensinternen Datenschutzbestimmungen. Der Arbeitgeber wird den Arbeitnehmer dazu in geeigneter Weise unterrichten. (2) Der Arbeitnehmer wird diese Regelungen beachten und anwenden. Jegliche Daten, Informationen, Passwörter etc. sind vom Arbeitnehmer gegen Einsicht oder Zugriff Dritter zu schützen.7 Dritte sind auch Personen, die zum Haushalt des Arbeitnehmers gehören. (3) Die Verbindung zum Datennetzwerk des Arbeitgebers erfolgt ausschließlich über einen gesicherten Zugang (zB VPN-Zugang und/oder anderweitige Verschlüsselung). (4) Dienstliche Dokumente sind, sofern sie nicht unmittelbar bearbeitet werden, stets unter Verschluss zu halten. (5) Dokumente und Datenträger müssen so transportiert werden, dass sie für Dritte nicht einsehbar sind. (6) Dienstliche E-Mails dürfen nicht auf private Accounts umgeleitet werden. (7) Der Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, personenbezogene Daten des Arbeitgebers unter Nutzung privater Hard- und Software zu verarbeiten. (8) Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten mobilen Endgeräte (Laptop, Desktop, Mobiltelefon oÄ.) dürfen ausschließlich dienstlich genutzt werden und sind vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

§ 6 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz Hinweise zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zur gesetzlichen Unfallversicherung sind auch bei der mobilen Arbeit ebenso wie bei der Arbeit an der betrieblichen Arbeitsstätte zu beachten.8

5 6 7 8

Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 8. Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 9. Zu denkbaren technischen oder organisatorischen Maßnahmen Bonanni/Kamps, ArbRB 2014, 84 f. Der Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung ist durchaus nicht umfassend, insoweit kann es sich anbieten, auch eine private Versicherung vorzusehen, vgl. BSG v. 5.7.2016 – B 2 U 5/15 R, NJW 2017, 508: Kein in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Betriebsweg liegt vor, wenn bei Home Office innerhalb des Wohngebäudes Weg zurückgelegt wird, um „eigenwirtschaftlicher Tätigkeit“ nachzugehen.

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Kap. 6 M 6.4 | Besondere Arbeitsverträge – Befristung, Telearbeit, Mobile Office § 7 Beendigung der mobilen Arbeit9 (1) Der Arbeitgeber kann jederzeit nach billigem Ermessen mit einer Ankündigungsfrist von einem Monat die Möglichkeit zur mobilen Arbeit gem. § 1 Abs. 1 beenden, sofern die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden.10 (2) Die Möglichkeit zur mobilen Arbeit endet automatisch – mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder – bei einer Versetzung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz ohne Möglichkeit zur mobilen Arbeit. (3) Die überlassenen Arbeitsmittel wird der Arbeitnehmer nach Ende der Möglichkeit zur mobilen Arbeit auf Verlangen des Arbeitgebers unverzüglich herausgeben. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht. (4) Der Arbeitnehmer wird, sofern das Arbeitsverhältnis fortbesteht, nach Aufgabe der Möglichkeit zur mobilen Arbeit seine gesamte Arbeitsleistung an der betrieblichen Arbeitsstätte erbringen.

§ 8 Anwendbare Regelungen11 Ergänzend findet der zwischen den Parteien bestehende Arbeitsvertrag Anwendung. evtl. Anzuwenden sind ferner die Tarifverträge […] und die Betriebsvereinbarung(en) des Betriebes des Arbeitgebers.

§ 9 Ausschluss von Nebenabreden, Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung12 (1) Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.

§ 10 Teilnichtigkeit13 Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahekommt. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

9 Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 10. 10 Die Regelung muss dem materiellen Gehalt von § 106 GewO berücksichtigen, andernfalls ist an Stelle der einseitigen Beendigung auf Grundlage des Direktionsrechts nur eine Änderungskündigung möglich, s. Dzida/Beckmann, ArbRB 2018, 269. 11 Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 11. 12 Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 12. 13 Einzelheiten s. Fn. zu M 6.2.1 § 13.

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Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Kap. 7

Kapitel 7 Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit I. 1. a) b) c) d) e)

2. a) b) c) d)

e) f) g) h) i) j) k) 3. 4. 5. 6. a) b)

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines Arbeitszeitrecht . . . . Zulässige Arbeitszeit . . . . . . . . . . Verstöße gegen das ArbZG . . . . . Bereitschaftsdienst, Umkleidezeiten Überstunden . . . . . . . . . . . . . . . Flexible Arbeitszeitmodelle . . . . . . aa) Arbeitszeitkonten . . . . . . . . bb) Abrufarbeit . . . . . . . . . . . . cc) Saisonarbeitsverhältnis . . . . . Teilzeitarbeit (M 7.2.1) . . . . . . . . Rechtsanspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit nach § 8 TzBfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geltendmachung des Teilzeitanspruchs (M 7.2.2; M 7.2.3) . . . . Ablehnung des Teilzeitantrags (M 7.2.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Teilzeitarbeit . . . . . . . . aa) Klageart bei Ablehnung des Arbeitgebers (M 7.2.5) . . . . . bb) Entgegenstehende betriebliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . (1) Betriebliche Gründe gegen die gewünschte Verringerung . . . (2) Betriebliche Gründe gegen die gewünschte Verteilung . . . . . (3) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . cc) Klageart bei Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und/oder 3 (M 7.2.6) . . . . . . . . . . . . . . dd) Einstweilige Verfügung (M 7.2.7) . . . . . . . . . . . . . . Teilzeitanspruch nach § 9a TzBfG (Brückenteilzeit) . . . . . . . . . . . . Teilzeitanspruch nach § 15 Abs. 5–7 BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilzeitanspruch nach § 164 Abs. 5 Satz 3 SGB IX . . . . . . . . . . . . . . Teilzeitanspruch nach § 3 PflegeZG (M 17.13) . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilzeitanspruch nach § 2 FPfZG (M 17.14 f.) . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung der Teilzeitarbeit (M 7.2.8) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückkehr zur Vollzeitarbeit . . . . . Geringfügige Beschäftigung/ Minijobs (M 7.3) . . . . . . . . . . . . Job-Sharing (M 7.4) . . . . . . . . . . Sabbatical (M 7.5) . . . . . . . . . . . Altersteilzeit (M 7.6) . . . . . . . . . Allgemeine Voraussetzungen . . . . Reduzierung der Arbeitszeit . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

__ __ __ __ ___ _ _ __ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __ __ __ __ 1 1 1 4 5 6 7 8 9 10 11 13 16 19 21 21 23 24 30 32 33 35 38 42 49 50 51 54 59 62 71 72 78 78 81

c) Finanzielle Leistungen des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kontinuitäts- und Blockmodell . . e) Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Störfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Insolvenzsicherung . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

__ __ __ 82 83 88 90 91 95

II. Muster Klausel zur regelmäßigen Arbeitszeit und Befugnis zur Anordnung von Kurzarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.1 Klausel zur Anordnung von Überstunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.2 Klage auf Überstundenvergütung . . . . . M 7.1.3 Vertrauensarbeitszeit . . . . . . . . . . . . . M 7.1.4 Gleitzeitvereinbarung . . . . . . . . . . . . M 7.1.5 Jahresarbeitszeitvertrag . . . . . . . . . . . M 7.1.6 Abrufarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.7 Bandbreitenregelung . . . . . . . . . . . . . M 7.1.8 Klage des Arbeitnehmers auf Anerkennung/Vergütung der Umkleidezeit als Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.1.9 Teilzeitarbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . M 7.2.1 Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit . M 7.2.2 Schreiben bei verspätetem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . M 7.2.3 Ablehnung des Antrags auf Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . M 7.2.4 Antrag auf Brückenteilzeit . . . . . . . . . M 7.2.5 Schreiben bei verspätetem Antrag auf Brückenteilzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.6 Ablehnung des Antrags auf Brückenteilzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.7 Klage auf Zustimmung zur dauerhaften Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . M 7.2.8 Klage auf Zustimmung zur vorübergehenden Reduzierung der Arbeitszeit (Brückenteilzeit) . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.2.9 Klage auf Feststellung der reduzierten Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .M 7.2.10 Einstweilige Verfügung auf Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . .M 7.2.11 Änderungsvertrag zur Reduzierung der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .M 7.2.12 Teilzeitvertrag mit geringfügiger Beschäftigung (Minijob) . . . . . . . . . . M 7.3.1 Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nach § 6 Abs. 1b SGB VI . . . . . . . . . . . . . . M 7.3.2 Job-Sharing-Arbeitsvertrag mit einem Job-Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.4.1

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Lingemann/Diller | 301

Kap. 7 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

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Job-Sharing-Arbeitsvertrag mit allen Job-Partnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.4.2 Sabbatical-Vereinbarung . . . . . . . . . . M 7.5

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Altersteilzeit-Vertrag – Blockmodell . . . M 7.6.1 Klage auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 7.6.2

Literatur: Zum allgemeinen Arbeitszeitrecht: Baeck/Winzer/Launer, EuGH: Aufzeichnungspflicht für die gesamte Arbeitszeit? NZG 2019, 585; Bieder, Arbeitsvertragliche Instrumente zur Flexibilisierung der Dauer und Lage der Arbeitszeit – Regulierungsprobleme und übergeordnete Wertungskriterien der AGB-Kontrolle, ZFA 2019, 172; Bettinghausen, Wann Umkleidezeit vergütungspflichtige Arbeitszeit ist – Ein Überblick der BAG-Rechtsprechung, BB 2019, 2613; Franzen, Umkleidezeiten und Arbeitsrecht, NZA 2016, 136; Hördt, Vergütungs- und arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeit – ein Rechtsprechungsüberblick, ArbRAktuell 2019, 55; Natzel, Bereitschaftsdienste – nicht nur eine Frage der Arbeitszeit, BB 2015, 2938; RheinhardtKasperek/Denninger, Kein Lohn für geleistete Überstunden? – Ein ausgewählter Rechtsprechungsüberblick mit Hinweisen für die Praxis, BB 2019, 116; Salamon/Groffy, Die Vergütung von Überstunden im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des BAG, NZA 2020, 159; Stähler, Abgrenzung Bereitschaftsdienst, Bereitschaftszeit, Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft, BB 2019, 2548; Thüsing/Flink/Jänsch, Arbeitszeiterfassung als europarechtliche Pflicht, ZFA 2019, 456; Thüsing/Hütter, Was ist Arbeit? – Oder: Warum Bereitschaftsdienst keine Arbeitszeit im Sinne des MiLoG ist, NZA 2015, 970; Thüsing/Pötters, Flexibilisierung der Arbeitszeit durch Zeitkonten im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung, BB 2012, 317. Zur Abrufarbeit: Bauer/Günther, Heute lang, morgen kurz – Arbeitszeit nach Maß!, DB 2006, 950; Feuerborn, Die Flexibilisierung der Arbeit auf Abruf – Zur Neuinterpretation des § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG durch das BAG, SAE 2007, 59; Gastell, Arbeit auf Abruf, AuA 2008, 200; Kramer/Kiene, Arbeit auf Abruf – Spielräume bei der vertraglichen Gestaltung, ArbR 2010, 233; Mühlmann, Flexible Arbeitszeitvertragsgestaltung – Die Arbeit auf Abruf, RdA 2006, 356; Ostermeier, Die Lohnvereinbarung in Abrufarbeitsverhältnissen mit unterschiedlichen Stundenlöhnen, RdA 2008, 86. Zum Teilzeitrecht: Diller, Das neue Gesetz zur Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, NZA 1998, 792; Diller, Der Teilzeitwunsch im Prozess: Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, insbesondere bei nachfolgenden Tarifverträgen nach § 8 IV 3 TzBfG, NZA 2001, 589; Fink, Überstundenzuschläge bei Teilzeitarbeit, ArbRB 2019, 218; Fröhlich, Über den Umgang mit einem Antrag auf Brückenteilzeit – Ein Leitfaden mit Checkliste für Arbeitgeber, ArbRB 2019, 215; Franzen, Die Veränderung des Arbeitszeitvolumens im Spannungsverhältnis zwischen persönlichen und betrieblichen Arbeitszeitinteressen, SR 2019, 12; Gerlach, Die neue Brückenteilzeit – Stolpersteine und wie Unternehmen sie in der Praxis umgehen können, SPA 2018, 121; Jordan/Falter/Meyer-Michaelis, Kundennähe als Grund für die Ablehnung eines Teilzeitbegehrens im Außendienst, BB 2016, 1205; Jost, Am Geburtstag immer frei? – Grenzen und Geltendmachung von Brückenteilzeitansprüchen, BB 2019, 2036; Kock/Heyde, Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern nach einem Wechsel von Vollzeit in Teilzeit und umgekehrt, BB 2013, 2938; Löwisch, Neues Teilzeitrecht, BB 2018, 3061; Marschner, Teilzeitarbeit, AR-Blattei, SD 1560.1; Menke, Von nichts kommt nichts: Keine Präklusion der Ablehnungsgründe nach § 15 VII 4 BEEG, ArbRAktuell 2011, 112; Merkel/Steinat, Brückenteilzeit und weitere Änderungen im Teilzeitrecht – Überblick für Arbeitgeber, DB 2018, 3118; Mosler, Teilzeitarbeit, AR-Blattei, SD 1560; Müller/Becker, Zulässigkeit und Voraussetzungen der Teilzeit im Blockmodell (Blockteilzeit) nach den Teilzeitgesetzen, BB 2019, 1716; Rauls/Haberland, Der Anspruch auf befristete Arbeitszeitverringerung, SGb 2019, 534; Salamon/Reuße, Grenzen der arbeitgeberseitigen Darlegungslast zur Ablehnung von Teilzeitarbeit nach der jüngsten Ausweitung durch das BAG, NZA 2013, 865; Uffmann/Kredig, Geringfügige Beschäftigung in Gestalt eines Abrufarbeitsverhältnisses – Folgewirkungen des novellierten § 12 I 3 TzBfG, NZA 2020, 137. Zur geringfügigen Beschäftigung/Minijobs: Bauer/Krets, Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, NJW 2003, 537; Bauer/Schuster, Kassenschlager „geringfügige Beschäftigung“?, DB 1999, 689; Bauschke, Geringfügige Beschäftigung, AR-Blattei SD 775; Beyer-Petz, Sozialversicherungsrechtliche Neuerungen zum Jahreswechsel 2012/13, DStR 2013, 47; Boemke, Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitszeitkonten bei geringfügig Beschäftigten, BB 2008, 722; Foerster, Geringfügige Beschäftigung, 2009; Hanau, Das Rätsel Minijob, NZA 2006, 809; Laber, Geringfügig Beschäftigte mit mehreren Arbeitsverhältnissen: Was müssen Arbeitgeber beachten?, ArbRB 2009, 205; Pauly/Osnabrügge, Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung, 2. Aufl. 2007; Rinker, GmbH-Gründung: Minijobber beschäftigen – Betriebsnummer beantragen und Minijobber anmelden, BC 2018, 519; Romanowski, Arbeit auf Abruf: Phantomlohn-Falle bei Minijobs seit 1.1.2019, NWB BBK Nr. 9 v. 3.5.2019; Schönfeld/Reimers/Hofmann, Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse/Mini-Jobs/400-Euro-Jobs, 10. Aufl. 2008.

302 | Lingemann/Diller

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 2 Kap. 7 Zum Job-Sharing: Löw, Flexibilisierungsmodell mit Zukunft?, AuA 2006, 592; Schönefeldt, Teilzeit und Jobsharing – (k)ein Thema für Führungskräfte, PersF 2006, Heft 12, 30. Zum Sabbatical: Karst/Rihn, Gestaltung bezahlter Freistellungsmodelle von der Arbeitsleistung, BB 2016, 2549; Krause, Sabbatical-Modelle und die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, NWB 2012, 2636; Peiter/ Westphal, Zeitwertkonten – Wertguthabenvereinbarung und Freistellungsphase, BB 2011, 1781; Rolfs/ Witschen, Neue Regeln für Wertguthaben, NZS 2009, 295; Seel, Auszeit auf Zeit als Personalinstrument in der Krise – Worauf ist bei „Sabbaticals“ zu achten?, DB 2009, 2210. Zur Altersteilzeit: Froehner, Das Altersteilzeitverhältnis in der Insolvenz des Arbeitgebers, NZA 2012, 1405; Hamann, Urlaub bei Altersteilzeit im Blockmodell, RdA 2019, 137; Hanau, Neue Altersteilzeit, NZA 2009, 225; Hanau, Noch einmal: Die Befristung von Altersteilzeitverträgen auf einen vorgezogenen Renteneintritt, NZA 2007, 848; Hanau/Veit, Neues Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze, NJW 2009, 182; Koch, Auswirkungen der Rente ab 63 auf Altersteilzeitarbeitsverhältnisse – Rechtliche Grundlagen, praktischer Umgang, BB 2014, 1589; Kock, Risiken bei endgültiger Freistellung des Arbeitnehmers während der Altersteilzeit, ArbRB 2005, 275; Koller-van Delden, Insolvenzsicherung von Altersteilzeitguthaben und Haftungsrisiken der Geschäftsführung am Beispiel des Bürgschaftsmodells, DStR 2008, 1835; Kreikebohm/ Mestwerdt, Arbeit und Rente: Reicht der arbeits- und sozialrechtliche Rahmen für flexible Übergänge von der Arbeit in den Ruhestand?, RdA 2018, 71; Lingemann, Altersteilzeitverträge – Vertragsmuster mit Erläuterungen, MDR 2002, 382; Melms/Schwarz, Die verpasste Rente nach Altersteilzeit, DB 2006, 2010; Müller, Zur Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe im Zusammenhang mit Altersteilzeitvereinbarungen, NZS 2017, 172; Oberthür, Die vollständige Freistellung in der Altersteilzeit – Ein riskantes Trennungsmodell, NZA 2005, 377; Perreng, Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten, FA 2005, 333; Raffler, Einführung und Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten, FA 2011, 360; Rolfs/Witschen, Neue Regeln für Wertguthaben, NZS 2009, 295; Rothländer, Rechtsprechungsübersicht zu Fragen der Altersteilzeit, PersR 2007, 185; Schmid, Rente mit 63 und ihre Auswirkungen auf Altersteilzeitarbeitsverhältnisse, schnellbrief Arbeitsrecht 18/2014, 140; Schreiner, Die Befristung von Altersteilzeitverträgen auf einen vorgezogenen Renteneintritt, NZA 2007, 846.

I. Einführung 1. Allgemeines Arbeitszeitrecht a) Zulässige Arbeitszeit Für die zulässige Arbeitszeit nach dem ArbZG gilt Folgendes:

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Die werktägliche Arbeitszeit darf die Dauer von acht Stunden nicht überschreiten, § 3 Satz 1 ArbZG, bei sechs Werktagen pro Woche (Montag bis Samstag) somit 48 Stunden/Woche. Sie kann auf zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden, § 3 Satz 2 ArbZG.1 Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben, § 5 Abs. 1 ArbZG. Nachtarbeit ist nur acht Stunden werktäglich zulässig; bei einer Verlängerung auf zehn Stunden muss sichergestellt sein, dass innerhalb eines Ausgleichszeitraums von einem Monat oder vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden, § 6 Abs. 2 ArbZG. Vor allem durch Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarung sind nach § 7 ArbZG erhebliche Erweiterungen zulässig: Fällt in die Arbeitszeit regelmäßig oder in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft, so kann die werktägliche Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus verlängert werden, § 7 Abs. 1 Nr. 1a und Nr. 4a ArbZG, wenn die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von 12 Ka1 § 16 Abs. 2 Satz 1 ArbZG ordnet die Erfassung von Überstunden durch den Arbeitgeber an, nicht aber der gewöhnlichen Arbeitszeit. Zu den Auswirkungen des Urteils des EuGH v. 14.5.2019 – C-55/18 – CCOO Baeck/Winzer/Launer, NZG 2019, 858; Biester-Junker/Kaul, WPg 2019, 1292; Hüpers/Reese, RdA 2020, 53; Thüsing/Flink/Jänsch, ZfA 2019, 456.

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Kap. 7 Rz. 2 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit lendermonaten nicht überschreitet, § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG. Der Ausgleichszeitraum kann ausgedehnt werden, § 7 Abs. 1 Nr. 1a und Nr. 4b ArbZG. In Schicht- und Verkehrsbetrieben können Kurzpausen von weniger als 15 Minuten zugelassen werden, § 7 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG. Auch die Ruhezeit kann um bis zu zwei Stunden gekürzt werden, wenn die Art der Arbeit dies erfordert und die Kürzung innerhalb eines festzulegenden Zeitraums ausgeglichen wird, § 7 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG. Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, fällt sein Betrieb jedoch in den räumlichen, betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich eines entsprechenden Tarifvertrages, so kann er dessen Arbeitszeitregelungen durch Betriebsvereinbarung oder – soweit ein Betriebsrat nicht besteht – auch einzelvertraglich in Bezug nehmen. Diese Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer bedarf der Schriftform. Enthält der Tarifvertrag eine Öffnungsklausel, kann der nicht tarifgebundene Arbeitgeber in seinem Betrieb durch Betriebsvereinbarung davon auch dann Gebrauch machen, wenn sein Betrieb nicht in den Geltungsbereich des Tarifvertrages fällt, § 7 Abs. 3 ArbZG.

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Auch das grundsätzliche Verbot der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung, § 9 Abs. 1 ArbZG gilt nicht uneingeschränkt2, wobei allerdings 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben müssen und Sonn- wie Feiertagsarbeit durch einen Ersatzruhetag ausgeglichen werden muss, § 11 ArbZG. Auch hier können in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung Ausgleichszeiträume geändert werden, § 12 ArbZG. Zur Form der Inbezugnahme von Tarifverträgen gilt das zu § 7 ArbZG Gesagte, vgl. § 7 Abs. 3, § 12 Satz 2 ArbZG. b) Verstöße gegen das ArbZG

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Verstöße gegen das ArbZG begründen gegenüber einem privatrechtlichen Arbeitgeber keine Vergütungsansprüche3, anders als gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber.4 Dieser kann den Schaden durch Gewährung von Freizeit ausgleichen; eine Verpflichtung dazu besteht jedoch nur für die Zeiträume ab Antragstellung. Die zu viel geleistete Arbeit ist dabei in vollem Umfang auszugleichen, insbesondere kann für zu viel geleisteten Bereitschaftsdienst keine Ermäßigung erfolgen5. c) Bereitschaftsdienst, Umkleidezeiten

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Wie auch § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG klarstellt, zählt der Bereitschaftsdienst – in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsort oder in der Nähe – als Arbeitszeit6 und ggf. als Überstunden; Zeitzuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit7 sowie der gesetzliche Mindestlohn8 sind auch für diese Zeiten zu zahlen. Für Bereitschaftsdienst in Form ständiger Erreichbarkeit – Rufbereitschaft – gilt das hingegen nicht.9 Umkleidezeiten und durch das Umkleiden veranlasste innerbetriebliche Wegezeiten sind vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss10 oder die Dienstkleidung besonders auffällig ist.11 2 3 4 5 6

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Vgl. hierzu Preis/Ulber, NZA 2010, 729. BAG v. 17.10.2018, NZA 2019, 159; v. 24.3.2011, NJOZ 2011, 1589. Vgl. EuGH v. 25.11.2010 – C-429/09, NZA 2011, 53 – Fuß./. Stadt Halle. BVerwG v. 29.9.2011 – 2 C 32.10, BVerwGE 140, 351. ErfK/Wank, § 2 ArbZG Rz. 23 ff.; vgl. auch BAG v. 20.11.2018 – 9 AZR 327/18; 23.6.2010 – 10 AZR 543/ 09, NZA 2010, 1081; v. 16.3.2004 – 9 AZR 93/03, NZA 2004, 927; zur Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Überstunden BAG v. 25.4.2007, EzA-SD 2007, Nr. 19.9; vgl. auch Stähler, BB 2019, 2548; zur Vergütungspflicht von Reisezeiten Freyler, BB 2019, 1397; Schulze/Wannisch, ArbRAktuell 2019, 453. BAG v. 28.7.2010, NZA-RR 2011, 28. BAG v. 29.6.2016, NZA 2016, 1332. EuGH v. 21.2.2018 – C-518/15, NJW 2018, 1073 – Ville de Nivelles/Rudy Matzak; v. 1.12.2005 – C-14/ 04, NZA 2006, 89, 90 – Dellas; v. 9.9.2003; v. 9.9.2003 – C-151/02, NZA 2003, 1019 – Jaeger; v. 3.10. 2000 – C-303/98, NZA 2000, 1227 – Simap; sog. Rufbereitschaft. BAG v. 19.9.2012, NZA-RR 2013, 63. BAG v. 6.9.2017, NZA 2018, 180.

304 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 9 Kap. 7

d) Überstunden Überstunde ist jede Arbeitsstunde, welche die tariflich, betrieblich oder arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit im Rahmen der gesetzlichen Höchstarbeitszeit überschreitet. Demgegenüber ist Mehrarbeit die die gesetzliche Arbeitszeit gemäß § 3 ArbZG überschreitende Arbeitszeit. Umstritten ist, in welchem Umfang der Arbeitgeber berechtigt ist, Überstunden anzuordnen und inwieweit sie pauschal abgegolten werden können.12 Dazu im Einzelnen Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 112 „Mehrarbeitsklausel/Überstundenpauschale“.

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e) Flexible Arbeitszeitmodelle Da der Arbeitsanfall saison- oder konjunkturbedingt stark schwanken kann, hat der Arbeitgeber ein starkes Interesse daran, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten.13 Der Einsatz flexibler Arbeitszeitmodelle ermöglicht es dem Arbeitgeber, Produktionsspitzen und Zeiten geringen Arbeitsbedarfs abzudecken. Auch der Arbeitnehmer hat ein Interesse daran, seine Arbeitszeit flexibel zu gestalten, wobei insbesondere Gleit-, Vertrauensarbeitszeit und die Lebensarbeitszeit zur Ermöglichung von Freistellungen in verschiedenen Lebensphasen eine Rolle spielen.14 Flexible Arbeitszeitmodelle können die Lage, die Dauer und die Kombination aus beidem betreffen.

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aa) Arbeitszeitkonten Arbeitszeitkonten ermöglichen den Aufbau von Plus- und Minusstunden.15 Hierin wird festgehalten, in welchem Umfang der Arbeitnehmer seiner Hauptleistungspflicht erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungsanspruchs16 nicht erbringen musste. Die Einführung bedarf einer vertraglichen Regelung, insbesondere darf der Arbeitgeber Minusstunden ohne entsprechende Vereinbarung nicht abziehen.17 Bei Jahresarbeitszeitkonten wird die im Durchschnitt innerhalb von zwölf Monaten zu erreichende Arbeitszeit festgelegt, die jedoch von Monat zu Monat unterschiedlich sein kann; die Vergütung wird demgegenüber verstetigt geleistet. In ein Arbeitskonto eingestelltes Zeitguthaben gilt als zugestanden.18 Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos und können die Korrektur von Fehlern verlangen.19

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bb) Abrufarbeit Bei der Abrufarbeit (auch KAPOVAZ20) vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien gem. § 12 Satz 1 TzBfG, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat.21 Zugleich muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festgelegt werden. Ohne eine solche Festlegung gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart, die auch dann zu vergüten ist, wenn tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wird, § 12 Abs. 1 12 Zur Vergütung von Überstunden nach der aktuellen BAG-Rechtsprechung: Salamon/Groffy, NZA 2020, 159. 13 Baeck/Winzer, NZA 2020, 96; auch das BAG erkennt zugunsten des Arbeitgebers an, dass ein Arbeiten in starren Arbeitszeitgrenzen kaum möglich ist, BAG v. 7.12.2005, NZA 2006, 423 Rz. 42. 14 Zur verhaltensbedingten Kündigung bei Arbeitszeitbetrug Rudolf, ArbRAktuell 2020, 27. 15 Näheres zur Steuerung von Arbeitszeitkonten durch ein Ampelsystem bei Maiß/Zander, ArbRAktuell 2020, 51. 16 BAG v. 20.11.2019 – 5 AZR 578/18; v. 23.9.2015, NZA 2016, 295 Rz. 20; v. 21.03. 2012, NZA 2012, 870 Rz. 20. 17 BAG v. 26.11.2011, NZA 2011, 640 Rz. 13. 18 BAG v. 23.9.2015, NZA 2016, 295 Rz. 23. 19 LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 19.3.2019 – 2 Sa 11/18, juris. 20 Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit. 21 Zur Abgrenzung von Abrufarbeit zu anderen Vertragsformen, insbes. „Pool-Arbeitsverhältnissen“ Weiss-Bolz/Heinz, AuA 2019, 80, 81.

Lingemann | 305

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Kap. 7 Rz. 9 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Satz 3 TzBfG.22 Auch durch Tarifvertrag kann Abrufarbeit nicht ohne Mindestzeiten vereinbart werden, es müssen Regelungen über die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorgesehen werden, § 6 Abs. 6 TzBfG. Abweichend von § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG kann jedoch eine Sockelarbeitszeit von zehn Stunden geregelt werden. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Lage der Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilen; andernfalls besteht keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung, wohl aber Anspruch auf die Vergütung, § 615 BGB iVm. § 12 Abs. 3 TzBfG.23 Zum Schutz des Arbeitnehmers gegen vielfache kurzfristige Inanspruchnahme muss der Arbeitgeber ihn zudem jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden zur Arbeitsleistung in Anspruch nehmen, es sei denn, der Arbeitsvertrag enthält eine abweichende Regelung, § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG. Entgeltfortzahlungsansprüche wegen Krankheit oder Feiertagen können entstehen, wenn Arbeitsleistung an einem Tag ausfällt, an dem mit hoher Wahrscheinlichkeit gearbeitet worden wäre.24 Die Höhe bemisst sich abweichend von § 4 Abs. 1 EFZG nach der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit, § 12 Abs. 4 und 5 TzBfG. Mit der Vereinbarung von Arbeit auf Abruf, die über eine vertragliche Mindestarbeitszeit hinausgeht, verlagert der Arbeitgeber entgegen § 615 BGB das Wirtschaftsrisiko teilweise auf den Arbeitnehmer. Das ist nur zulässig, soweit die abrufbare Arbeit nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit beträgt, § 12 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.25 Bei Vereinbarung einer Höchstarbeitszeit darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen, § 12 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.

9a § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG greift auch im Falle der Vereinbarung eines „Nullstundenvertrags“, wonach der zeitliche Mindestumfang der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers null Stunden betragen soll.26 In diesem Fall fehlt eine Festlegung zum Umfang der Arbeitszeit, so dass gem. § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG die Vereinbarung von 20 Wochenstunden fingiert wird.27 cc) Saisonarbeitsverhältnis

10 Besteht der Beschäftigungsbedarf saisonabhängig – z.B. zur Badeaufsicht in einem Freibad – kann ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis vereinbart werden unter Begrenzung der Arbeits- und Vergütungspflicht auf die Beschäftigungsmonate. § 307 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen.28

2. Teilzeitarbeit (M 7.2.1) → Zum Teilzeitarbeitsvertrag s. M 7.2.1.

11 Die Arbeitsvertragsparteien legen den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag frei fest. Teilzeitbeschäftigt sind Arbeitnehmer, deren regelmäßige Wochenarbeitszeit

22 Die Nichtvereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit führt nicht schon zur Unwirksamkeit der Abrede, BAG v. 24.9.2014, NZA 2014, 1328 Rz. 24, m. Anm. Krieger, ArbR Aktuell 2014, 562; krit. dazu Preis, RdA 2015, 244; zur Vereinbarkeit der Arbeit auf Abruf mit gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverboten vgl. Nicolai, DB 2004, 2812; die Fiktion der wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden führt bei Ansatz des Mindestlohns dazu, dass eine Entgeltgeringfügigkeit ausscheidet, hierzu Romanowski, BBK 2019, 422; zu den Anforderungen an die „Vereinbarung“ Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137, 139 ff. 23 Die Ankündigungsfrist des § 12 Abs. 3 TzBfG betrifft nur Abrufarbeit. Bei verstetigter Vergütung kann ein Dienstplan auch kurzfristig geändert werden, Meyer, RdA 2019, 223. 24 BAG v. 24.10.2001, BB 2002, 1154 für Feiertage. 25 Vgl. Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Arbeit auf Abruf“, Kap. 2 Rz. 89. 26 Günther/Böglmüller, NZA-Beilage 2019, 95, 99; zum Nullstundenvertrag auch Bieder, RdA 2015, 388; Dzida, ArbRB 2016, 19; Forst, NZA 2014, 998; Preis, RdA 2015, 244. 27 Bieder, RdA 2015, 388, 392; Dzida, ArbRB 2016, 19, 20; Forst, NZA 2014, 998, 1002; Preis, RdA 2015, 244, 247 f.; ob ein „Ein-Stunden-Arbeitsvertrag“ als Alternative in Betracht kommt, ist zu bezweifeln, so auch Dzida, ArbRB 2016, 19, 20, 22. 28 BAG v. 19.11.2019 – 7 AZR 582/17 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 581.

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Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 16 Kap. 7

kürzer ist als die regelmäßige Wochenarbeitszeit vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, § 2 Abs. 1 TzBfG. Ist eine regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht vereinbart, so ist die regelmäßige Arbeitszeit maßgeblich, die im Jahresdurchschnitt unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers liegt, § 2 Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Fehlt eine Teilzeitvereinbarung, liegt im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis vor.29 Ohne ausdrückliche Vereinbarung ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers zur Lage und Dauer der Arbeitszeit im Teilzeitarbeitsverhältnis eingeschränkt, da der Teilzeitarbeitnehmer auch anderen Tätigkeiten nachgeht. Ein Genehmigungsvorbehalt im Arbeitsvertrag erstreckt sich allerdings auch auf Nebentätigkeiten.30

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a) Rechtsanspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit nach § 8 TzBfG § 8 Abs. 1 TzBfG gewährt dem Arbeitnehmer, auch wenn er bereits in Teilzeit arbeitet,31 nach Maßgabe von § 8 Abs. 2–7 TzBfG einen Rechtsanspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit.

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Wichtig: Teilzeitarbeit liegt nicht nur bei Verkürzung der täglichen Arbeitszeit, sondern auch bei Verkürzung der Wochen-, Monats- oder Jahresarbeitszeit vor. Daher ist das Verlangen nach Langzeiturlaub (Sabbatical), Monatsstundenkontingenten oder bestimmten Monaten mit und ohne Arbeitsleistung32 ein Verlangen iSv. § 8 Abs. 1 TzBfG.

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Der Anspruch auf Teilzeitarbeit besteht nach § 8 Abs. 1 TzBfG für alle Arbeitnehmer, also auch leitende Angestellte, Führungskräfte und befristet Beschäftigte. Bereits in Teilzeit Beschäftigte können eine weitere Verringerung ihrer Arbeitszeit verlangen.33 Der persönliche Anwendungsbereich ist allerdings auf Arbeitnehmer beschränkt, deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Antragstellung mehr als sechs Monate bestanden34 hat. Der sachliche Anwendungsbereich umfasst Arbeitgeber, die in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen (ohne Auszubildende).35

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b) Geltendmachung des Teilzeitanspruchs (M 7.2.2; M 7.2.3) → S. M 7.2.2 Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit und M 7.2.3 Schreiben bei verspätetem Antrag. Der Arbeitnehmer muss seinen Anspruch spätestens drei Monate vor Beginn der gewünschten Teilzeitarbeit unter Angabe des Umfangs der Verringerung geltend machen, § 8 Abs. 2 TzBfG.36 Die 29 BAG v. 15.5.2013, NZA-RR 2014, 519 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2013, 474; v. 21.6.2011, AP BGB § 307 Nr. 54. 30 Vgl. BAG v. 30.5.1996 – 6 AZR 537/95, NZA 1997, 145. 31 § 8 TzBfG gilt auch für Teilzeitbeschäftigte, BAG v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11, NJW 2013, 1835. 32 BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 368/16 zur Beschäftigung nur in bestimmten Kalendermonaten; LAG Düsseldorf v. 25.8.2011, LAGE § 8 TzBfG Nr. 20; v. 1.3.2002, NZA-RR 2002, 407; abl. dagegen LAG Düsseldorf v. 17.5.2006 – 12 Sa 175/06, DB 2006, 1682 mit der Begründung, § 8 TzBfG gewähre nur einen Anspruch auf verhältnismäßige Herabsetzung der vereinbarten Wochen- bzw. Monatsarbeitszeit, sei aber kein „Sabbatical-“ oder Sonderurlaubsgesetz, das den Arbeitnehmern größtmögliche Flexibilisierung der Arbeitszeiten, angepasst an ihre individuellen Bedürfnisse, ermöglichen wolle. Ähnlich BAG v. 6.5. 2014, NZA 2014, 959 für einen Sonderurlaub, mit der Begründung, dass der Arbeitnehmer nicht mit einer kürzeren Wochenarbeitszeit als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, sondern gar nicht beschäftigt sei, so auch ArbG Stralsund v. 11.9.2019 – 3 Ca 121/19 zu § 9a TzBfG. 33 Vgl. § 8 Abs. 6 TzBfG. 34 Elternzeiten werden mitgerechnet, da das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit fortbesteht. 35 Insoweit sind alle Arbeitnehmer des Unternehmens zu zählen; Teilzeitbeschäftigte zählen als ein Arbeitnehmer, § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG ist nicht entsprechend anwendbar. Diese Kleinunternehmensklausel ist laut LAG Köln v. 18.1.2002 – 4 Sa 1066/01, LAGReport 2002, 193, verfassungsgemäß. 36 Die gewünschte Verteilung muss nicht, sollte aber angegeben werden, um eine Erörterung zu ermöglichen und ggf. die Fiktionswirkung auszulösen, vgl. Rz. 19 und Oelkers, NJW-Spezial 2010, 562.

Lingemann | 307

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Kap. 7 Rz. 16 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Einhaltung dieser Mindestfrist ist jedoch keine materiell-rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung.37 Ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen richtet sich hilfsweise auf den Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer die Verringerung frühestmöglich verlangen kann. Es kann allerdings die in § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG geregelte Zustimmungsfiktion nicht auslösen, auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber sachlich darauf einlässt.38 Der Arbeitgeber kann aber auf die Einhaltung der Drei-Monats-Frist zu Gunsten des Arbeitnehmers verzichten. Ein solcher Verzicht ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber trotz Fristversäumnis mit dem Arbeitnehmer ohne jeden (zeitlichen) Vorbehalt erörtert, ob dem Teilzeitverlangen betriebliche Gründe entgegenstehen.39

17 Die Geltendmachung unter Angabe der gewünschten Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit

muss in Textform erfolgen, § 8 Abs. 2 TzBfG, damit genügt auch eine E-Mail, SMS oder WhatsApp. Der Arbeitnehmer ist an seinen Antrag bis zum Ablauf der dem Arbeitgeber nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG eingeräumten Überlegungsfrist gebunden und kann nach einer Ablehnung durch den Arbeitgeber einen erneuten Antrag nur nach § 8 Abs. 6 TzBfG stellen.40 Ein Verringerungsangebot, das den Umfang der zu reduzierenden Arbeitszeit offen lässt und dem Arbeitgeber auch kein entsprechendes Recht zur Bestimmung des zeitlichen Umfangs einräumt, ist nicht hinreichend bestimmt und löst weder die Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG noch die zweijährige Sperrfrist gem. § 8 Abs. 6 TzBfG aus.41 Zu einer nur befristeten Verringerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer nach § 9a TzBfG die Zustimmung des Arbeitgebers verlangen.

18 Der Arbeitnehmer muss sich bei der Angabe der Arbeitszeitreduzierung nicht im Rahmen seines bisherigen Arbeitszeitmodells halten, dh. es ist keine Reduzierung bei der Wochenarbeitszeit bezogen auf Wochen, bei anderen Arbeitszeitmodellen auf den entsprechenden Zeitraum, nötig.42 c) Ablehnung des Teilzeitantrags (M 7.2.4) → S. zur Ablehnung M 7.2.4.

19 Vor der Ablehnung eines Teilzeitantrags soll der Arbeitgeber zunächst eine Erörterung mit dem Ziel einer Vereinbarung gem. § 8 Abs. 3 TzBfG mit dem Arbeitnehmer durchführen (vgl. § 7 Abs. 2 TzBfG).43

20 Der Arbeitgeber hat bis einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung seine Entscheidung in Textform mitzuteilen, § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG. Die Angabe von konkreten Ablehnungsgründen verlangt das Gesetz nicht.44 Lehnt der Arbeitgeber nicht form- und fristgemäß ab, so tritt die Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG ein: Die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit und deren Verteilung sind entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festgelegt.45 Es handelt sich 37 38 39 40 41

42 43

44 45

BAG v. 16.12.2008, NZA 2009, 565; v. 20.7.2004 – 9 AZR 626/03, NZA 2004, 1090. BAG v. 16.10.2007, NZA 2008, 289; v. 20.7.2004 – 9 AZR 626/03, NZA 2004, 1090. BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 636/02, DB 2004, 986. BAG v. 24.6.2008 – 9 AZR 514/07, NZA 2008, 1289. BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 239/07, NZA 2008, 289 sowie BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 729/07 m. Anm. Ahrendt in jurisPR-ArbR 13/2012, wonach das Angebot durch ein schlichtes „Ja“ annehmbar sein muss; uE. müssen auch alternative Angebote zulässig sein, obwohl sie nicht durch ein schlichtes „Ja“ annehmbar sind. Denn sie erweitern auch den Spielraum für die Entscheidung des Arbeitgebers. BAG v. 18.8.2009 – 9 AZR 517/08, NZA 2009, 1207. Entgegen LAG Düsseldorf v. 1.3.2002, NZA-RR 2002, 407 führt die fehlende Verhandlung jedoch nicht zur fingierten Vertragsänderung nach § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG; vielmehr kommt es auch bei fehlender Verhandlung lediglich darauf an, ob betriebliche Gründe dem Arbeitszeitwunsch entgegenstehen, BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02, NZA 2003, 911. Straub, NZA 2001, 919, 924. Der Arbeitgeber kann den status quo ante durch die Erklärung einer Änderungskündigung nur dann wiederherstellen, wenn er diese auf Tatsachen stützt, die er dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers nicht vor Ablauf der der einmonatigen Frist des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG hätte entgegenhalten können, BAG v. 20.1.2015 – 9 AZR 860/13, NZA 2015, 805 Rz. 37 ff.

308 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 23 Kap. 7

um gesetzliche Fiktionen arbeitsvertraglicher Vereinbarungen zur Dauer und Lage der Arbeitszeiten. Da die Verteilung der Arbeitszeit nur Annexfunktion zum gesetzlich normierten Anspruch auf Teilzeitarbeit hat, besteht kein Anspruch auf eine geänderte Arbeitszeitverteilung, sofern nicht gleichzeitig eine Arbeitszeitverringerung verlangt wird.46 d) Klage auf Teilzeitarbeit aa) Klageart bei Ablehnung des Arbeitgebers (M 7.2.5) Lehnt der Arbeitgeber den Antrag zur Arbeitszeitverringerung ab, so kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch gerichtlich nur mit einer Leistungsklage durchsetzen. Der Klageantrag richtet sich auf Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers mit dem Inhalt der Zustimmung zur gewünschten Verringerung der Arbeitszeit (s. M 7.2.5).47 Verbindet der Arbeitnehmer hiermit die Neuverteilung der Arbeitszeit, liegt regelmäßig nur ein prozessualer Anspruch und damit ein einheitlicher Klageantrag vor. Das Arbeitsgericht hat über den Antrag im Ganzen zu entscheiden und darf ihn nicht in zwei prozessuale Ansprüche aufteilen.48 Die Klage auf Verringerung der Arbeitszeit ist unbegründet, wenn der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit in Gestalt eines einheitlichen Vertragsangebots an eine bestimmte Verteilung knüpft und schon auf diese Verteilung der Arbeitszeit kein Anspruch besteht.49 Eine isolierte Klage auf Neuverteilung der Arbeitszeit ist demgegenüber möglich, wenn der Arbeitgeber einem vorausgegangenen Verringerungswunsch zugestimmt, den Neuverteilungsantrag aber abgelehnt hat.50 Auch der Anspruch auf Verteilung der Arbeitszeit ist auf Abgabe einer Willenserklärung (Antragsannahme) gerichtet, die mit der Leistungsklage verlangt und gemäß § 894 ZPO vollstreckt wird.51 Demgegenüber ist im Falle der nicht rechtzeitigen Ablehnung eines Teilzeitbegehrens, das gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG kraft gesetzlicher Fiktion zur Verringerung der Arbeitszeit führt, ein Feststellungsantrag zu stellen.

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Einem isolierten Antrag auf Neuverteilung der Arbeitszeit fehlt die Anspruchsgrundlage, da die Neuverteilung nur Annex zum Verringerungsanspruch ist.52

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bb) Entgegenstehende betriebliche Gründe Der Arbeitgeber kann gem. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG entgegenstehende betriebliche Gründe einwenden, und zwar sowohl gegen das Verlangen auf Reduzierung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit als auch gegen deren Verteilung. Hierfür trägt er die Darlegungs- und Beweislast.53 46 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, § 8 TzBfG Rz. 30; Preis/Gotthardt, DB 2001, 145, 147; aA Straub, NZA 2001, 919 f. 47 BAG v. 20.1.2015 – 9 AZR 860/13, NZA 2015, 805, Rz. 19; Diller, NZA 2001, 589; ErfK/Preis, § 8 TzBfG Rz. 75. 48 BAG v. 21.12.2005 – 7 AZR 541/04, NZA 2006, 321 Rz. 21; v. 18.2.2003 – 9 AZR 164/02, NZA 2003, 1392; aA LAG Berlin v. 18.1.2002, ArbuR 2002, 190; Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1177. 49 BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 435/18, NZA 2020, 340 zur Elternteilzeit; v. 24.6.2008 – 9 AZR 514/07, NZA 2008, 1289. 50 BAG v. 16.12.2008 – 9 AZR 893/07, NZA 2009, 565. 51 BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 729/07 Rz. 21, AP TzBfG § 8 Nr. 30; v. 23.11.2004 – 9 AZR 644/03, NZA 2005, 769 Rz. 25; v. 16.3.2004 – 9 AZR 323/03, NZA 2004, 1047 Rz. 66; Bruns, BB 2010, 1151, 1152; aA LAG Hamm v. 15.1.2003 – 2 Sa 1393/02 Rz. 38; Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1176 und 117 wonach Ziel der Leistungsklage die Ausübung des Direktionsrechts sei. 52 S. Rz. 20; LAG Hessen v. 23.4.2012 – 17 Sa 1598/11 Rz. 14. 53 BAG v. 20.1.2015 – 9 AZR 735/13, NZA 2015, 816 Rz. 18 m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2015, 316; v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11, NZA 2013, 373 Rz. 23; jedenfalls für eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast ArbG Bonn v. 20.6.2001 – 2 Ca 1414/01, NZA 2001, 973, 974. S. auch BAG v. 8.5.2007 – 9 AZR 874/06, NZA 2007, 1349 zum vergleichbaren § 9 TzBfG („negative Anspruchsvoraussetzung“) und BAG v. 21.2.2012, NZA-RR 2012, 444 zum ähnlich lautenden § 2 Abs. 3 TV ATZ.

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Kap. 7 Rz. 23 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Darüber hinaus kann einem Teilzeitbegehren der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen gehalten werden, § 242 BGB, wenn eine nach § 8 TzBfG formale Rechtsposition dazu genutzt wird, einen Freistellungsanspruch durchzusetzen, der als Urlaubsanspruch nicht stets durchsetzbar wäre54 oder eine prozentual sehr geringe Reduzierung der Arbeitszeit durchgesetzt werden soll, um eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen, auf die ohne Arbeitszeitreduzierung kein Anspruch bestanden hätte.55 (1) Betriebliche Gründe gegen die gewünschte Verringerung

24 § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG führt als Beispiel für betriebliche Gründe, die einer Arbeitszeitverringerung

entgegenstehen können, wesentliche Beeinträchtigungen der Organisation, des Arbeitsablaufs oder der Sicherheit im Betrieb oder unverhältnismäßig hohe Kosten auf.56 Im Allgemeinen genügen rational nachvollziehbare Gründe des Arbeitgebers.57 Dringende betriebliche Gründe sind nicht erforderlich, die Gründe müssen jedoch hinreichend gewichtig sein. Auch aus einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zur Lage der Arbeitszeit kann sich ein entgegenstehender betrieblicher Grund ergeben.58 Die Prüfung erfolgt dreistufig:59 In der ersten Stufe ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber für erforderlich gehaltenen Arbeitszeitregelung ein Organisationskonzept zugrunde liegt.60 Die organisatorische Entscheidung für ein solches Konzept haben die Gerichte hinzunehmen, soweit sie nicht willkürlich ist.61 In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit diese Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Dabei ist auch zu prüfen, ob der Wunsch mit dem Arbeitszeitbedarf unter Wahrung des Organisationskonzepts durch eine zumutbare Änderung betrieblicher Abläufe oder des Personaleinsatzes in Einklang gebracht werden kann. Ist das nicht der Fall, ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Belange zu prüfen. Dabei ist zu fragen, ob die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG genannten besonderen betrieblichen Belange oder das betriebliche Organisationskonzept und die ihm zu Grunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinträchtigt.

25 Die Gerichte stellen eher hohe Anforderungen an die entgegenstehenden betrieblichen Gründe.62

Der allgemein höhere Verwaltungs- und Betreuungsaufwand für Teilzeittätigkeiten kann für sich allein die Ablehnung des Teilzeitbegehrens nach § 8 TzBfG nicht rechtfertigen.63 Umsetzungen und Versetzungen im Rahmen des Direktionsrechts sollen dem Arbeitgeber zumutbar sein.64 Ein be54 LAG Nürnberg v. 27.8.2019 – 6 Sa 110/19, juris; Jost, BB 2019, 2036. 55 BAG v. 11.6.2013 – 9 AZR 786/11, NZA 2013, 1074. 56 Ob betriebliche Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG vorliegen, ist nicht allein bezogen auf den Arbeitsplatz, den der Arbeitnehmer innehat, zu prüfen, vgl. BAG v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11, NJW 2013, 1835 Rz. 19. 57 BAG v. 20.1.2015 – 9 AZR 735/13, NZA 2015, 816 Rz. 17 m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2015, 316. 58 BAG v. 16.12.2008 – 9 AZR 893/07, NZA 2009, 565. Offen lässt das BAG bisher die Frage, ob auch eine freiwillige Betriebsvereinbarung einem Teilzeitwunsch des Arbeitgebers entgegenstehen kann, vgl. BAG v. 24.6.2008 – 9 AZR 313/07, NZA 2008, 1309; vgl. Hamann, NZA 2010, 785 zu Beteiligungsrechten des Betriebsrats bei Teilzeit im Allgemeinen. 59 BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 435/18, NZA 2020, 340; v. 20.1.2015 – 9 AZR 735/13, NZA 2015, 816 Rz. 18, m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2015, 316; v. 24.6.2008 – 9 AZR 313/07, NZA 2008, 1309. 60 Das Organisationskonzept muss jedoch auch praktisch umgesetzt werden, BAG v. 13.11.2007 – 9 AZR 36/07, NZA 2008, 314. Zur „Kundennähe“ als Organisationskonzept Jordan/Falter/Meyer-Michaelis, BB 2016, 1205. 61 Die Darlegung des Arbeitgebers, seine Arbeitsabläufe „bestmöglich“ und „effektiv“ gestalten zu wollen, ist zu allgemein, um ein von den Gerichten für Arbeitssachen nur auf Willkür überprüfbares Organisationskonzept darstellen zu können, BAG v. 18.5.2004, DB 2004, 2701. 62 BAG v. 13.11.2007 – 9 AZR 36/07, NZA 2008, 314; v. 16.10.2007 – 9 AZR 239/07, NZA 2008, 289; v. 8.5.2007 – 9 AZR 1112/06, NJW 2007, 3661; s. auch die Salamon/Reuße, NZA 2013, 865. 63 LAG Köln v. 15.3.2006 – 3 Sa 1593/05, NZA-RR 2006, 515. 64 ArbG Stuttgart v. 23.11.2001, NZA-RR 2002, 183.

310 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 29 Kap. 7

stimmtes pädagogisches Konzept ist nur ein betrieblicher Grund, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass er dieses auch tatsächlich durchführt.65 Fehlende Ersatzarbeitskräfte mit dem Berufsbild des Arbeitnehmers rechtfertigen die Ablehnung nur, wenn der Arbeitgeber konkrete Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt darlegen kann; erforderlich ist regelmäßig eine Nachfrage bei der Agentur für Arbeit sowie das Schalten zumutbarer Stellenausschreibungen.66 Der Haushalts- bzw. Stellenplan eines öffentlichen Arbeitgebers allein genügt nicht als Ablehnungsgrund.67 Ein Organisationskonzept, das in einer Vertriebsabteilung wegen des Kundenkontakts und der hausinternen Abstimmung größtmögliche Präsenz durch Vollzeitarbeitskräfte vorsieht, wurde hingegen anerkannt.68 Gleiches kann für das Prinzip „one face to customer“ für Mitarbeiter im Kassenbereich gelten.69 Ein Schichtplan, der nur Vollzeitkräfte vorsieht, genügt nur dann, wenn im Übrigen keine Teilzeitkräfte mit vergleichbaren Aufgaben beschäftigt werden.70 Arbeitszeitvorgaben eines Entleihers an den Verleiher als Arbeitgeber können nur dann genügen, wenn es keine anderen Einsatzmöglichkeiten als bei dem Entleiher gibt.71

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Die Umstellung des Organisationskonzepts von einer Vollzeitstelle auf zwei Teilzeitstellen kann vom Arbeitgeber nicht verlangt werden, wenn betriebstechnische, wirtschaftliche oder sonstige Belange die Beschäftigung einer Vollzeitkraft erfordern und die Aufteilung auf zwei Teilzeitkräfte betriebswirtschaftlich nicht vernünftig erscheint.72 Der Arbeitgeber kann dem Verlangen des Arbeitnehmers nach Verringerung auch entgegenhalten, bei Gewährung von Teilzeit sei der Einsatz einer Ersatzkraft für die verbleibende Zeit erforderlich, deren laufende Fortbildung unverhältnismäßige zusätzliche Kosten verursachen würde.73 Auch die eingeschränkte Einplanbarkeit einer Flugbegleiterin im Rahmen aller Flugzeugumläufe wurde als betrieblicher Grund anerkannt.74

27

Praxistipp: Entscheidend ist die konkrete, detaillierte Darlegung eines unternehmerischen Organisationskonzeptes, verbunden mit dem konkreten Nachweis der Unvereinbarkeit des Teilzeitwunsches mit diesem Konzept.

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Ablehnungsgründe können tarifvertraglich geregelt werden, § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG, und bei Bestehen einer solchen Regelung durch individualvertragliche Bezugnahme vereinbart werden, § 8 Abs. 4 Satz 4 TzBfG. Eine erhebliche Störung vom Arbeitgeber durchzuführender tariflicher Arbeitszeitmodelle stellt einen entgegenstehenden betrieblichen Grund nach § 8 Abs. 4 TzBfG dar.75 Eine bestimmte Quote von Teilzeitarbeitsverhältnissen im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten (sog. Überforderungsquote) kann nur durch die Tarifvertragsparteien festgelegt werden, nicht jedoch durch die Betriebspartner.76 Schöpft der Arbeitgeber aber eine tarifliche Härtefallquote für einen Teilzeitanspruch nicht vollständig aus, kann dies gegen eine wesentliche Beeinträchtigung betrieblicher Belange sprechen.77

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65 66 67 68

69 70 71 72 73 74 75 76 77

BAG v. 18.3.2003 – 9 AZR 126/02, DB 2004, 319. BAG v. 27.4.2004 – 9 AZR 522/03, NZA 2004, 1225. BAG v. 21.2.2012, NZA-RR 2012, 444. BAG v. 30.9.2003 – 9 AZR 665/02, NZA 2004, 382; ablehnend dagegen LAG Köln v. 3.2.2006, NZA-RR 2006, 343, wonach eine unternehmerische Entscheidung, in Zukunft auf allen Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt nur noch Vollzeitkräfte zu beschäftigen, zur Darlegung eines Organisationskonzepts alleine nicht genügt. BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 239/07, NZA 2008, 289. ArbG Frankfurt/M v. 19.12.2001, NZA-RR 2002, 402. BAG v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11, DB 2013, 760. LAG Düsseldorf v. 3.3.2004 – 12 Sa 1765/03, DB 2004, 1562. BAG v. 21.6.2005 – 9 AZR 409/04, DB 2006, 105. BAG v. 15.8.2006 – 9 AZR 30/06, NZA 2007, 259. BAG v. 13.11.2007 – 9 AZR 36/07, NZA 2008, 314. BAG v. 24.6.2008 – 9 AZR 313/07, NZA 2008, 1309. BAG v. 13.11.2007 – 9 AZR 36/07, NZA 2008, 314.

Lingemann | 311

Kap. 7 Rz. 30 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit (2) Betriebliche Gründe gegen die gewünschte Verteilung

30 Stimmt der Arbeitgeber der Verkürzung der Arbeitszeit zu, lehnt er aber deren gewünschte Verteilung

ab (vgl. Rz. 19 f.), so ist auch diese Ablehnung nur wirksam, wenn die gewünschte Verteilung den Betrieb wesentlich beeinträchtigen würde. Das ergibt sich aus den in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG genannten Beispielsfällen, die auch für die Neuverteilung der Arbeitszeit gelten.78 Erforderlich ist daher auch hier ein betriebliches Organisationskonzept. Die Abweichung von einer Betriebsvereinbarung mit einer Regelung zur Arbeitszeitverteilung kann dann ein entgegenstehender Grund sein, wenn der Verteilungswunsch des Arbeitnehmers einen kollektiven Bezug hat.79 Das ist regelmäßig der Fall, wenn es wegen der abweichenden Arbeitszeit zu Arbeitsverdichtung und Mehrarbeit kommt.80 Auch andere betriebsverfassungsrechtliche oder tarifvertragliche Regelungen stehen entgegen, wenn sie durch die individuelle Regelung verletzt werden.81 Die Betriebspartner sind nicht stets verpflichtet, im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums bei Abwägung von Individual- und Kollektivinteressen dem Interesse des Arbeitnehmers mit Familienpflichten den Vorrang einzuräumen.82 Unzulässig ist es aber, in einer Betriebsvereinbarung die Wahlmöglichkeiten, die das TzBfG den Arbeitnehmern hinsichtlich ihrer Teilzeitwünsche eröffnet, dadurch einzuschränken, dass nur ein in der Betriebsvereinbarung abschließend vorgesehener Katalog an Teilzeitmodellen den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden soll.83

31 Praxistipp: Der Arbeitgeber kann vor seiner Entscheidung über die individuelle Arbeitszeitverteilung prü-

fen, ob er eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG84 ggf. als entgegenstehenden betrieblichen Grund geltend machen kann.

(3) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt

32 Umstritten ist der Beurteilungszeitpunkt für das Vorliegen von entgegenstehenden betrieblichen Gründen. Maßgeblich ist wohl der Zeitpunkt, zu welchem dem Arbeitnehmer die Ablehnungserklärung des Arbeitgebers zugeht.85 cc) Klageart bei Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und/oder 3 (M 7.2.6)

33 Bei einer unwirksamen oder fehlenden Ablehnung des Antrags auf Teilzeitarbeit ist eine Feststel-

lungsklage zulässig (s. M 7.2.6).86 Es bedarf hier keines auf die Zustimmung des Arbeitgebers gerichteten Leistungsantrags, da die begehrte Arbeitszeitverringerung bereits kraft der gesetzlichen Fiktion eintritt. Streitiges Rechtsverhältnis ist der Umfang der Pflicht zur Arbeitsleistung, dh., ob der Arbeitsvertrag durch die gesetzlichen Fiktionen des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG geändert wurde. Hiervon zu trennen ist der Antrag zur Arbeitszeitverteilung. Wegen der Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG ist auch hier die Feststellung der neuen Arbeitszeiten zu beantragen.

34 Zusätzlich ist ein Leistungsantrag auf Beschäftigung zulässig, wenn der Arbeitgeber eine Beschäftigung zu den nunmehr geltenden Beschäftigungszeiten verweigert.87

78 BAG v. 18.8.2009 – 9 AZR 517/08; v. 18.2.2003 – 9 AZR 164/02, NZA 2003, 1392. 79 BAG v. 18.8.2009 – 9 AZR 517/08; vgl. Hamann, NZA 2010, 785 zur Beteiligung des Betriebsrats bei Teilzeitansprüchen im Allgemeinen sowie zum „kollektiven Bezug“. 80 BAG v. 16.3.2004 – 9 AZR 323/04, DB 2004, 2320. 81 Buschmann, ArbuR 2002, 191, 192. 82 BAG v. 16.12.2008 – 9 AZR 893/07, NZA 2009, 565. 83 BAG v. 20.1.2015 – 9 AZR 735/13, NZA 2015, 816 Rz. 26 m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2015, 316. 84 Für den Einzelfall sieht § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kein Mitbestimmungsrecht vor, erforderlich ist stets ein kollektiver Tatbestand mit Auswirkungen nicht nur auf einen Arbeitnehmer, BAG v. 16.12.2008 – 9 AZR 893/07, NZA 2009, 565. 85 BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 435/18, NZA 2020, 340 zur Elternteilzeit; v. 24.6.2008 – 9 AZR 514/07, AP TzBfG § 8 Nr. 26; v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02, NZA 2003, 911; Diller, NZA 2001, 589. 86 LAG Berlin-Brandenburg v. 20.9.2018 – 21 Sa 390/18, juris; LAG Düsseldorf, NZA-RR 2002, 407, 408; Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1176 mwN. 87 Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1176.

312 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 38 Kap. 7

dd) Einstweilige Verfügung (M 7.2.7) Eine einstweilige Verfügung auf Beschäftigung zu einer bestimmten Arbeitsmenge und zu bestimmten Arbeitszeiten (s. M 7.2.7) bedarf nach §§ 935, 940 ZPO, § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG eines Verfügungsgrundes und -anspruchs. Die vorläufige Beschäftigung zu den geänderten Vertragsbedingungen kann der Arbeitnehmer verlangen, solange die Zustimmung des Arbeitgebers mangels rechtskräftiger Hauptsachentscheidung nach § 894 ZPO noch nicht rechtskräftig ersetzt wurde, oder eine rechtskräftige Feststellung des Eintritts der Fiktion nach § 8 Abs. 5 TzBfG noch nicht vorliegt.88 Der Arbeitnehmer muss darlegen und glaubhaft machen, dass die Beschäftigung in dem Umfang und zu diesen Zeiten vertraglich geschuldet und dass die sofortige Beschäftigung zu diesen Bedingungen zur Abwendung ihm sonst drohender Nachteile dringend geboten ist.89

35

Wegen der teilweisen Befriedigung des streitigen Anspruchs sind an die Darlegung und Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs und -grundes allerdings hohe Anforderungen zu stellen.90 Aufgrund der Vorläufigkeit des Verfahrens müssen die Eingriffe in die Vertragsstruktur auf das notwendige Minimum beschränkt werden.91 Sie müssen zur Abwendung wesentlicher Nachteile geboten sein. Uneinigkeit besteht darüber, ob der Antrag auf einstweilige Zustimmung zur Arbeitszeitverringerung und -verteilung92 oder auf tatsächliche Beschäftigung93 zu richten ist. Richtigerweise wird dem Begehren des Arbeitnehmers bereits durch die tatsächliche Beschäftigung abgeholfen, weshalb die darüber hinaus gehende Verpflichtung zur vorübergehenden Zustimmung vermieden werden kann.94

36

Die dringend gebotene Betreuung von Kindern wird als Verfügungsgrund anerkannt, sofern alle Bemühungen, die Betreuung in zumutbarer Weise durch Dritte sicherzustellen, fehlgeschlagen sind.95

37

e) Teilzeitanspruch nach § 9a TzBfG (Brückenteilzeit) Gem. § 9a TzBfG können Arbeitnehmer eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit verlangen. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und der Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt (Kleinunternehmerklausel).96 Die Brückenteilzeit muss zwischen einem und fünf Jahren betragen, § 9a Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Die Tarifparteien können auch einen für Arbeitnehmer ungünstigeren Zeitraum der Arbeitszeitverringerung vorsehen, § 9a Abs. 6 TzBfG. Für das Verfahren des Umfangs der Verringerung, der gewünschten Verteilung sowie des Zeitraums gilt das zum Rechtsanspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit nach § 8 TzBfG Gesagte. Anders als beim Anspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit (Rz. 16) kann das nicht fristgemäße Begehren auf Brückenteilzeit allerdings nicht so ausgelegt werden, dass es hilfsweise für den Zeitpunkt gilt, in dem die Verringerung frühestmöglich verlangt werden kann. Stattdessen muss der Arbeitnehmer einen neuen Antrag stellen, wenn der Arbeitgeber das Verlangen wegen Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist zurückweist.97 88 Hessisches LAG v. 17.7.2019 – 10 SaGa 738/19; LAG Hamm v. 8.7.2008 – 14 SaGa 25/08, Rz. 31. Zum Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren bei einer Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2, 3 TzBfG s. Rz. 64. 89 Hessisches LAG v. 17.7.2019 – 10 SaGa 738/19, juris; Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1181. 90 LAG Köln v. 15.10.2013 – 12 SaGa 3/13 Rz. 35; LAG Hamburg v. 4.9.2006, NZA-RR 2007. 91 ArbG Berlin v. 12.10.2001 – 31 Ga 24 563/01, DB 2001, 2727, 2728; Oberthür, ArbRB 2005, 189, 192. 92 LAG Köln v. 23.12.2005, BB 2006, 1507; Gotthardt, NZA 2001, 1183, 1187. 93 LAG Köln v. 15.10.2013 – 12 SaGa 3/13 Rz. 33 ff.; BeckOK/Bayreuther, § 8 TzBfG Rz. 88; Bruns, BB 2010, 1151, 1153. 94 LAG Köln v. 15.10.2013 – 12 SaGa 3/13 Rz. 34; ebenso BeckOK/Bayreuther, § 8 TzBfG Rz. 88. 95 LAG Rh.-Pf. v. 12.4.2002 – 3 Sa 161/02, NZA 2002, 856; LAG Berlin v. 20.2.2002 – 4 Sa 2243/01, NZA 2002, 858. 96 Zur Bestimmung der schwellenwertrelevanten Arbeitnehmer s. Löwisch, BB 2018, 3061, 3067. Es kommt auf die Beschäftigungszahl bei Antragstellung und nicht zum gewünschten Teilzeitbeginn an. 97 Kleinebrink, DB 2019, 667, 670.

Lingemann | 313

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Kap. 7 Rz. 39 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

39 Der Arbeitgeber kann den Antrag auf Brückenteilzeit aus betrieblichen Gründen ablehnen, § 9a

Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber, der nicht mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt, im Rahmen eines Überforderungsschutzes den Antrag ablehnen, wenn sich bereits eine von der Anzahl der beim Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer abhängige Anzahl von Beschäftigten in Brückenteilzeit befinden. Mitarbeiter in unbefristeter Teilzeit und in Teilzeit aufgrund anderer Gesetze bleiben unberücksichtigt.

40 Der Brückenteilzeitanspruch ermöglicht es Arbeitnehmern, nur für eine begrenzte Zeit ihre Arbeitszeit zu verringern und nach Zeitablauf wieder zu ihrer ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit zurückzukehren. Während des Zeitraums der Brückenteilzeit ist es dem Arbeitnehmer dagegen verwehrt, eine weitere Verringerung oder Verlängerung seiner Arbeitszeit zu beantragen, auch ein Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei einem Vollzeitarbeitsplatz nach § 9 TzBfG ist ausgeschlossen, § 9a Abs. 4 TzBfG. Nach Rückkehr zur ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit beginnt zudem eine Karenzzeit von einem Jahr, bevor erneut eine Verringerung nach dem TzBfG verlangt werden kann, § 9a Abs. 5 Satz 1 TzBfG. Besondere Teilzeitansprüche wie nach dem BEEG, SGB IX oder PflegeZG bleiben davon unberührt.98 Gleiches gilt, wenn der Antrag vom Arbeitgeber im Rahmen des Überforderungsschutzes abgelehnt wurde. Wurde der Antrag auf Brückenteilzeit berechtigterweise vom Arbeitgeber auf Grund entgegenstehender betrieblicher Gründe abgelehnt, beginnt eine Karenzzeit von zwei Jahren, § 9a Abs. 5 Satz 2 iVm § 8 Abs. 6 TzBfG.

41 Ist für den Arbeitgeber ein höherer Beschäftigungsbedarf nach Ende der Brückenteilzeit entfallen,

kann eine Anpassung durch Änderungskündigung erfolgen.99 Zur Vertretung des nur noch im verringerten Umfang beschäftigten Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber eine befristete Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder Abs. 2 TzBfG einstellen. f) Teilzeitanspruch nach § 15 Abs. 5–7 BEEG

42 Einen besonderen Anspruch auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit gibt § 15 Abs. 5–7 BEEG.100 43 Für die Durchsetzung des Anspruchs ist eine schriftliche Mitteilung an den Arbeitgeber erforderlich,

§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG. Der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit kann nicht vor der Inanspruchnahme von Elternzeit nach § 16 BEEG, aber noch während des infolge der Elternzeit ruhenden Arbeitsverhältnisses gestellt werden. Der Arbeitnehmer kann die Inanspruchnahme von Elternzeit von der Zustimmung des Arbeitgebers zur Elternteilzeit abhängig machen.101 Bei Versäumung der siebenwöchigen (bei Geltendmachung von Elternzeit für den Zeitraum bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes) bzw. dreizehnwöchigen (bei Geltendmachung von Elternzeit für den Zeitraum zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes) Frist des § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 lit. a, b BEEG verschiebt sich der Zeitpunkt des Vollzugs.102 § 15 Abs. 7 Satz 4 BEEG schreibt für die Ablehnung des Teilzeitantrags durch den Arbeitgeber eine schriftliche Begründung vor. Im Prozess ist der Arbeitgeber auf diese Gründe beschränkt.103

44 Praxistipp: Der Arbeitgeber sollte in der schriftlichen Ablehnung des Teilzeitantrags alle in Betracht kommenden Gründe anführen.

45 Lehnt der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung nicht oder nicht rechtzeitig schriftlich ab, so gilt die Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG als fest-

98 Merkel/Steinat, DB 2018, 3118, 3120. 99 Löwisch, BB 2018, 3061, 3066. 100 Gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 BEEG gilt § 15 BEEG für Kinder, die bis zum 30.6.2015 geboren wurden, in der bis 31.12.3014 geltenden Fassung. Vgl. ausführlich zur Reform des BEEG Fecker/Scheffzeck, NZA 2015, 778; Forst, DB 2015, 68; Richter, DStR 2015, 366. 101 BAG v. 5.6.2007 – 9 AZR 82/07, NZA 2007, 1352. 102 LAG Rh.-Pf. v. 22.11.2011 – 3 Sa 305/11; BeckOK/Schrader, § 15 BEEG Rz. 55. 103 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 298/18, NZA 2019, 616.

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Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 50 Kap. 7

gelegt.104 Entsprechendes gilt gemäß § 15 Abs. 7 Satz 6 BEEG hinsichtlich des Verteilungswunsches des Arbeitnehmers. Eine Fiktionswirkung entsprechend § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG kannte das BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung nicht. Gemäß § 27 BEEG gilt sie jedoch für Elternteilzeitbegehren, die im Zusammenhang mit der Geburt von Kindern nach dem 1.7.2015 gestellt werden. Entgegenstehende betriebliche Gründe müssen gemäß § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG dringend sein. Da die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und korrespondierend hierzu die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers während der Elternzeit ruht, stehen dem Teilzeitanspruch dringende betriebliche Gründe entgegen, wenn für eine Beschäftigung des Arbeitnehmers während der Elternzeit kein Bedarf besteht. Zur Ermittlung der Beschäftigungsmöglichkeit sind nur freie Arbeitsplätze zu berücksichtigen und eine Sozialauswahl findet nicht statt.105 Die Verringerung ist gemäß § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BEEG auf einen Umfang von 15 bis 30 Wochenstunden begrenzt, und es darf nicht bereits zweimal eine Verringerung während der Elternzeit vorgenommen worden sein, § 15 Abs. 6 BEEG.106

46

Im Verhältnis zu dem allgemeinen Teilzeitanspruch aus § 8 TzBfG handelt es sich hier um einen speziellen Anspruch nur für die Dauer der Elternzeit. Dieser verdrängt jedoch nicht den allgemeinen Anspruch, denn die Rechtsfolgen der Normen schließen sich nicht aus.107

47

Der Arbeitnehmer kann gemäß § 15 Abs. 6 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit die zweimalige Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen. Wird die Verringerung der Arbeitszeit und deren Ausgestaltung allerdings im Konsensverfahren gemäß § 15 Abs. 5 BEEG vereinbart, führt dies nicht zur Erfüllung des Anspruchs auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit iSd. § 15 Abs. 6 BEEG.108 Darauf gestützt darf der Arbeitgeber auch ein drittes Elternzeitverlangen nach Auffassung des BAG daher nicht ablehnen.

48

g) Teilzeitanspruch nach § 164 Abs. 5 Satz 3 SGB IX Der Arbeitnehmer kann eine kürzere Arbeitszeit verlangen, wenn dies wegen der Art oder Schwere seiner Behinderung notwendig ist. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es hier nicht.109 Der Anspruch ist durch ein arbeitsmedizinisches oder amtsärztliches Attest zu belegen. Ablehnungsgründe sind gem. § 164 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 iVm. Abs. 4 Satz 3 SGB IX: unzumutbare oder unverhältnismäßige Aufwendungen des Arbeitgebers oder entgegenstehende staatliche oder berufsgenossenschaftliche Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften.

49

h) Teilzeitanspruch nach § 3 PflegeZG (M 17.13) Der Beschäftigte kann gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung zwecks Pflege eines pflegebedürftigen110 nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung verlangen.111 104 Eine einstweilige Verfügung auf tatsächliche Beschäftigung in Elternteilzeit kommt insb. dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber die Einwendungsfrist versäumt hat, LAG Hessen v. 17.7.2019 – 10 SaGa 738/19. 105 BAG v. 15.4.2008 – 9 AZR 380/07, NZA 2008, 998. 106 Ein Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 15 Abs. 5–7 BEEG (Urteil ergangen zur im Wesentlichen gleich lautenden Vorgängervorschrift § 15 Abs. 5–7 BErzGG) im Laufe der Elternzeit ist auch dann zulässig, wenn zunächst nur die völlige Freistellung von der vertraglichen Arbeit (Elternzeit) in Anspruch genommen und keine Verringerung der Arbeitszeit (Elternteilzeit) beantragt worden war, BAG v. 19.4. 2005 – 9 AZR 233/04, NZA 2005, 1354; bestätigt durch BAG v. 9.5.2006 – 9 AZR 278/05, NZA 2006, 1413. 107 Forst, DB 2015, 68, 73; Reinecke, FA 2007, 98, 99. 108 BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 435/18, NZA 2020, 340; v. 19.2.2013 – 9 AZR 461/11, NZA 2013, 907 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 127. 109 BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 100/03, NZA 2004, 614. 110 Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist zu belegen, § 3 Abs. 2 PflegeZG. 111 Vgl. ausführlich: Kap. 17 Rz. 56 ff.; ferner Joussen, NZA 2009, 69; Preis/Nehring, NZA 2008, 729; HWK/Lembke, § 3 PflegeZG Rz. 10, 20 ff., wonach der Anspruch auf Teilfreistellung zu Pflegezwecken lex specialis gegenüber § 8 TzBfG ist.

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Kap. 7 Rz. 50 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Davon muss er den Arbeitgeber nach § 3 Abs. 3 Satz 1 PflegeZG spätestens zehn Tage vor Beginn der Pflegeteilzeit schriftlich in Kenntnis setzen und sich zugleich über Zeitraum und Umfang der Freistellung sowie die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit erklären. Seinen Wünschen hat der Arbeitgeber vorbehaltlich dringender betrieblicher Gründe, die § 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG nachgebildet sind, in einer schriftlichen Vereinbarung zu entsprechen, § 3 Abs. 4 PflegeZG112 (M 17.13). i) Teilzeitanspruch nach § 2 FPfZG (M 17.14 f.)

51 Zur Pflege eines pflegebedürftigen113 nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung können Beschäftigte

von Arbeitgebern mit mehr als 25 Beschäftigten Familienpflegezeit beanspruchen. Dafür sind sie für längstens 24 Monate teilweise freizustellen, wobei die verringerte Arbeitszeit wöchentlich mindestens 15 Stunden betragen muss, § 2 Abs. 1 FPfZG. Eine Freistellung zur Betreuung in außerhäuslicher Umgebung ist bei einem minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen möglich, § 2 Abs. 5 Satz 1 FPfZG. Die Familienpflegezeit muss an einem Stück genommen werden,114 eine nicht den gesamten Zeitraum ausschöpfende Familienpflegezeit kann aber unter Umständen verlängert werden, § 2a Abs. 3 FPfZG. Der Arbeitgeber muss den Wünschen des Arbeitnehmers in einer schriftlichen Vereinbarung entsprechen, wenn nicht dringende betriebliche Gründe dem Teilzeitanspruch entgegenstehen, § 2a Abs. 3 FPfZG.

52 Im Verhältnis zur Pflegezeit nach dem PflegeZG regelt § 2 Abs. 2 FPfZG, dass Pflegezeit und Famili-

enpflegezeit gemeinsam 24 Monate je pflegebedürftigem nahen Angehörigen nicht überschreiten dürfen. Sollen beide Freistellungsansprüche für denselben pflegebedürften Angehörigen in Anspruch genommen werden, müssen sich die Pflegezeiten unmittelbar aneinander anschließen und drei Monate (Familienpflegezeit nach Pflegezeit) bzw. acht Wochen (Pflegezeit nach Familienpflegezeit) vor Beginn schriftlich angekündigt werden, § 2a Abs. 1 FPfZG. Wird bei der Inanspruchnahme von Pflegezeit nicht differenziert, ob Familienpflegzeit oder Pflegezeit nach dem PflegeZG in Anspruch genommen wird und liegen die Voraussetzungen für beide Freistellungsansprüche vor, gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit, § 2a Abs. 1 Satz 3 FPfZG.

53 Gewünschte Familienpflegezeit muss dem Arbeitgeber unter Angabe des Zeitraums und Umfangs

spätestens acht Wochen vor Beginn schriftlich angezeigt werden, § 2a Abs. 1 Satz 1 FPfZG. Von der Ankündigung an, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn bis zur Beendigung der Familienpflegezeit darf der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis grds. nicht kündigen, § 2 Abs. 3 FPfZG i.V.m. § 5 Abs. 1 PflegeZG. Ein zur Vertretung des Arbeitnehmers mit verringerter Arbeitszeit eingestellter Arbeitnehmer kann gem. § 2 Abs. 3 FPfZG i.V.m. § 6 PflegeZG befristet beschäftigt werden. j) Durchführung der Teilzeitarbeit (M 7.2.8) → S. zum Änderungsvertrag M 7.2.8.

54 Bei Einigung über die Arbeitszeitverringerung ist ein schriftlicher Änderungsvertrag zu schließen, § 3 Satz 1 NachwG. Die Vergütung ist entsprechend dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag herabzusetzen, § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.115 Problematisch ist die Höhe der Vergütung, wenn einzelne Vergütungsbestandteile nicht teilbar sind, wie zB

112 Ein Verstoß gegen die Schriftform führt nicht zur Nichtigkeit der Vereinbarung, Joussen, NZA 2009, 69, 73; Küttner/Reinecke, Nr. 341 Pflegezeit Rz. 33; BT-Drucks. 16/7439, S. 92; offengelassen von Preis/Nehring, NZA 2008, 729, 735. 113 Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist zu belegen, § 2a Abs. 4 FPfZG. 114 Schaub/Koch, Arbeitsrecht von A–Z, Stichwort Familienpflegezeit. 115 Eine spätere Anhebung der Stundenzahl von Vollzeitbeschäftigten kann zu einer Minderung der entsprechenden Vergütung eines Teilzeitbeschäftigten führen, BAG v. 14.12.2011 – 5 AZR 457/10, NZA 2012, 663.

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Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 57 Kap. 7

die Privatnutzung eines Dienstwagens, oder der Umfang der Leistung nicht bestimmt war.116 Aus § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG lässt sich jedenfalls schließen, dass eine Vereinbarung, die ggf. gegen eine Ausgleichszahlung eine unteilbare Leistung entfallen lässt, nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstößt. Zudem soll beim Urlaubsentgelt zu beachten sein, dass sich die Höhe für in Vollzeit erworbenen Urlaub nach der Vollzeitvergütung bemisst, auch wenn dieser Urlaub erst in der Teilzeitphase genommen wird.117 Überwiegen die betrieblichen Interessen an einer Neuverteilung der Arbeitszeit die Interessen des Arbeitnehmers an deren Beibehaltung, so darf der Arbeitgeber sein Direktionsrecht zur Festlegung der Arbeitszeiten neu ausüben, § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG. Dies hat er einen Monat vorher anzukündigen. Der Arbeitnehmer kann hiergegen auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Anordnung klagen.118 Auch eine einstweilige Verfügung kommt in Betracht.119

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Der Arbeitgeber hat nach § 10 TzBfG dafür Sorge zu tragen, dass auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Förderung der beruflichen Entwicklung und Mobilität teilnehmen können. Da es bisher an einem allgemeinen Aus- und Weiterbildungsanspruch fehlt,120 folgt hieraus ein konkreter Anspruch nur bei Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (dazu s. Rz. 57).121

56

Bei Teilzeitbeschäftigten kommt dem Gleichbehandlungsgrundsatz besondere Bedeutung zu. Schon nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.122 Das Gebot der Gleichbehandlung gilt dabei sowohl für vertragliche Vereinbarungen als auch für einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers123 und verbietet auch, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer untereinander unterschiedlich behandelt werden.124 Daneben greift in besonderem Maße das Verbot der mittelbaren Diskriminierung gem. § 3 Abs. 2 AGG iVm. §§ 1, 7 AGG,125 da der weit überwiegende Teil der Teilzeitarbeiter Frauen sind.126 Besondere Probleme bereitet die Pro-rata-Regel in § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG bei der Ermittlung der Entgelthöhe; sie gilt auch für Zuschläge zB für die Anerkennung der Unternehmenszugehörigkeit.127 Sofern Mehrarbeitszuschläge für das Überschreiten einer Vollzeittätigkeit gezahlt werden, sind diese nach geänderter Rechtsprechung nunmehr bei Teilzeitbeschäftigten bereits

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116 S. im Einzelnen Kelber/Zeißig, NZA 2001, 577, 578. 117 BAG v. 20.3.2018 – 9 AZR 486/17; EuGH v. 22.4.2010 – C-486/08, NZA 2010, 557; dazu Fieberg, NZA 2010, 925. 118 BAG v. 23.6.1992 – 1 AZR 57/92, NZA 1993, 89, 90; Meinel/Heyn/Herms/Heyn, § 8 TzBfG Rz. 121; ErfK/Preis, § 8 TzBfG Rz. 79; aA Kliemt, NZA 2001, 63, 67. 119 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, § 8 TzBfG Rz. 130. 120 § 96 Abs. 2 BetrVG enthält lediglich eine allgemein gehaltene Verpflichtung zur Förderung der Berufsbildung. 121 Kliemt, NZA 2001, 63, 69. 122 Wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 TzBfG gem. § 134 BGB unwirksam ist eine Regelung, die bei einer Änderung der Verteilung der Arbeitszeit auf weniger Tage im Verlauf eines Kalenderjahres die Anzahl der während einer Vollzeit erworbenen Urlaubstage reduziert, BAG v. 10.2.2015 – 9 AZR 53/14, NZA 2015, 1005 Rz. 16. Vgl zum Urlaubsanspruch von Teilzeitarbeitnehmern auch Kock/Heyde, BB 2013, 2938. 123 BAG v. 3.12.2008, AP TzBfG § 4 Nr. 18. 124 BAG v. 25.4.2007 – 6 AZR 746/06, NZA 2007, 881 zur Ungleichbehandlung von geringfügig Beschäftigten. 125 BKG, § 3 AGG Rz. 20 ff.; PWW/Lingemann, § 3 AGG Rz. 11 ff. 126 Vgl. Art. 157 AEUV iVm. der Lohngleichheitsrichtlinie v. 10.2.1975, 75/117 und der Gleichbehandlungsrichtlinie v. 9.2.1976, 76/207; EuGH v. 2.10.1997 – C-1/95, NZA 1997, 1277. 127 BAG v. 25.9.2013 – 10 AZR 4/12 für Schichtzulagen; v. 16.4.2003 – 4 AZR 156/02, NZA 2004, 991; zur Anwendung auf eine vom Arbeitgeber bezahlte Kinderzulage vgl. EuGH v. 5.11.2014 – C-476/12, NZA 2015, 170 (Österreichischer Gewerkschaftsbund/Verbund Österreichischer Banken und Bankiers).

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Kap. 7 Rz. 57 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit für die Arbeitszeit geschuldet, die über die Teilzeitquote hinausgeht, und nicht erst für die Vollzeit übersteigende Mehrarbeit.128 Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung hinsichtlich der Entgelthöhe liegt vor, wenn Voll- und Teilzeitkräften für die jeweils gleiche Stundenzahl nicht die gleiche Gesamtvergütung inklusive Urlaubsgeld, Zuwendungen und vermögenswirksamen Leistungen gezahlt wird.129 Fraglich ist, welcher Vollzeitarbeitnehmer bei unterschiedlicher Vergütung den Vergleichsmaßstab bildet, da es nach der Rechtsprechung130 keinen Grundsatz „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ gibt, sondern die Vergütungshöhe individuell aushandelbar ist. Letztlich ist daher in § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nur geregelt, dass die Teilzeitbeschäftigung als solche und kausal mit ihr zusammenhängende Umstände131 keinen sachlichen Grund für eine zeitanteilig geringere Entlohnung darstellt, Benachteiligungsverbote wie § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG und Vergütungssysteme einzuhalten sind.132 Wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung ist der Gleichheitsgrundsatz insbesondere im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung; hier steht Teilzeitbeschäftigten ein Anspruch pro rata zu.133

58 § 11 TzBfG enthält eine Regelung zum Verbot der Kündigung wegen der Weigerung des Arbeitnehmers zum Wechsel von Voll- in Teilzeit oder umgekehrt.

k) Rückkehr zur Vollzeitarbeit

59 § 9 TzBfG sieht vor, dass der Arbeitgeber den zeitlich unbeschränkt Teilzeitbeschäftigten auf Wunsch bei der Besetzung entsprechender freier Stellen und gleicher Eignung134 der Bewerber in ein Arbeitsverhältnis mit längeren Arbeitszeiten bevorzugt übernehmen muss. Der Teilzeitarbeitnehmer hat dann einen Anspruch auf Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.

Das gilt gem. der Neufassung des § 9 S. 1 Nr. 1–4 jedoch nicht, (1) wenn es sich dabei nicht um einen entsprechenden freien Arbeitsplatz handelt oder (2) der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht mindestens gleich geeignet ist wie ein anderer vom Arbeitgeber bevorzugter Bewerber oder (3) Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer oder (4) dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Ein freier zu besetzender Arbeitsplatz liegt bereits vor, wenn der Arbeitgeber die Organisationsentscheidung getroffen hat, diesen zu schaffen oder einen unbesetzten Arbeitsplatz neu zu besetzen, § 9 Satz 1 TzBfG. Erforderlich ist aber, dass der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz mit der vom Arbeitnehmer gewünschten längeren Arbeitszeit zu besetzen hat.135 Ein entsprechender freier Arbeitsplatz iSd. § 9 TzBfG liegt ausnahmsweise auch dann vor, wenn die Verlängerung der Arbeitszeit mit einem Wechsel auf eine höherwertige Tätigkeit verbunden ist, dh. wenn der Arbeitgeber nur auf niedrigeren Hierarchiestufen Teilzeitarbeit anbietet und der Arbeitnehmer bereits früher Tätigkeiten mit dem Anforderungsprofil der höher qualifizierten Stelle wahrgenommen hat.136 Die Tatsache, dass der andere Arbeitsplatz lediglich anders vergütet wird, nimmt ihm nicht die Vergleichbarkeit.137 Der Arbeitnehmer hat allerdings keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber einzurichtende und zu besetzende Arbeitsplätze nach den Arbeitszeitwünschen des Arbeitnehmers zuschneidet oder die für einen anderen Arbeitsplatz vorgesehene Arbeitszeit ganz oder teilweise ihm zuteilt.138 128 BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 231/18. 129 BAG v. 24.9.2008, NZA-RR 2009, 221 zur Benachteiligung eines teilzeitbeschäftigten Lehrers nach Anordnung von Überstunden. 130 BAG v. 21.6.2000 – 5 AZR 806/98, NZA 2000, 1050. 131 ZB wäre hier an einen erhöhten Verwaltungsaufwand in der Lohnbuchhaltung im Verhältnis zu der zu leistenden Arbeitszeit zu denken. 132 Vgl. für Vollzeitbeschäftigung: BAG v. 21.6.2000 – 5 AZR 806/98, NZA 2000, 1050, 1051. 133 BAG v. 19.4.2016 – 3 AZR 526/14, NZA 2016, 820; v. 27.1.1998 – 3 AZR 430/96; v. 25.10.1994, NZA 1995, 730; v. 28.7.1992, NZA 1993, 215. 134 Eine wesentlich gleiche Eignung reicht nicht aus, Hanau, NZA 2001, 1168, 1174. 135 BAG v. 8.5.2007, ArbuR 2007, 210; v. 15.8.2006 – 9 AZR 8/06, NZA 2007, 255. 136 BAG v. 16.9.2008 – 9 AZR 781/07, NZA 2008, 1285. 137 BAG v. 8.5.2007 – 9 AZR 874/06, NZA 2007, 1349. 138 BAG v. 17.10.2017 – 9 AZR 192/17; v. 15.8.2006 – 9 AZR 8/06, NZA 2007, 255.

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Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 62 Kap. 7

Der Arbeitgeber muss ihn nur über den freien Arbeitsplatz informieren. Es ist dann der Entscheidung des Arbeitnehmers überlassen, ob er seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu dem vom Arbeitgeber vorgesehenen Termin und im entsprechenden Umfang erhöhen will. Ist das der Fall, so hat er ein hierauf bezogenes Vertragsangebot an den Arbeitgeber zu richten, der Arbeitgeber kann dessen Zugang abwarten.139 Bei schuldhafter Verletzung der Pflicht zur bevorzugten Berücksichtigung nach § 9 TzBfG durch den Arbeitgeber steht dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch zu, wenn der Arbeitgeber trotz eines auf die Übernahme des betreffenden Arbeitsplatzes bezogenen Vertragsangebots des Teilzeitbeschäftigten140 die Stelle anderweitig besetzt.141 Die unternehmerische Entscheidung, nur Teilzeitkräfte zu beschäftigen, kann einem Verlängerungswunsch nach § 9 TzBfG entgegen gehalten werden, wenn es hierfür arbeitsplatzbezogene Gründe gibt und die Teilzeitkräfte tatsächlich nur in dem vorgesehenen Umfang beschäftigt werden.142 Hat der Arbeitgeber einen Antrag auf Erhöhung der Arbeitszeit abgelehnt, muss er weiterhin gem. § 7 Abs. 3 TzBfG über freie Stellen informieren, wenn die Anzeige und das begleitende Gesamtverhalten des Arbeitnehmers erkennen lassen, dass er dauerhaft an einer Aufstockung interessiert ist.143 Die Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum stellt keine konkludente Annahme eines Vertragsangebots des Arbeitnehmers auf Verlängerung der Arbeitszeit dar, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich um Überstunden handelt.144

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Eine einstweilige Verfügung, mit der dem Arbeitgeber eine Stellenbesetzung mit einem gleich geeigneten Konkurrenten untersagt werden soll, ist zulässig. § 9 TzBfG erfordert einen freien Arbeitsplatz, so dass der Anspruch einstweilen nur durch das Verbot der Besetzung gesichert werden kann.145

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Der Arbeitnehmer muss seinen Verlängerungswunsch in Textform anzeigen. Grds. obliegt dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der dem Verlängerungswunsch des Arbeitnehmers entgegenstehenden Gründe. Der Arbeitnehmer ist aber gehalten, den konkreten freien Arbeitsplatz zu nennen, bei dessen Besetzung er bevorzugt berücksichtigt werden soll.146

3. Geringfügige Beschäftigung/Minijobs (M 7.3) → S. zum Teilzeitvertrag M 7.3.1 sowie M 7.3.2 zum Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Ein Sonderfall der Teilzeitarbeit ist die geringfügige Beschäftigung. Arbeitsrechtlich gelten für geringfügig Beschäftigte keine Abweichungen gegenüber Teilzeitbeschäftigten. Sozialversicherungsrechtlich und steuerlich bestehen jedoch Besonderheiten. Eine geringfügige Beschäftigung liegt gem. § 8 Abs. 1 SGB IV vor, wenn 1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig147 im Monat Euro 450,– nicht übersteigt (sog. Entgeltgeringfügigkeit) oder 139 BAG v. 27.2.2018 – 9 AZR 167/17; v. 15.8.2006 – 9 AZR 8/06, NZA 2007, 255. 140 Ohne entsprechendes Vertragsangebot besteht kein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen der Stellenbesetzung, BAG v. 27.2.2018 – 9 AZR 167/17, NZA 2018, 2431. 141 BAG v. 18.7.2017 – 9 AZR 259/16, AP TzBfG § 9 Nr. 8; v. 16.9.2008 – 9 AZR 781/07, NZA 2008, 1285. 142 LAG Köln v. 2.4.2008, NZA-RR 2009, 66. 143 LAG Köln v. 6.12.2018 – 7 Sa 217/18. 144 BAG v. v. 24.6.2010, ZTR 2010, 646; v. 25.4.2007 – 5 AZR 504/06, NZA 2007, 801. 145 Nach der Besetzung der Stelle ist die Erfüllung des Anspruchs aus § 9 TzBfG unmöglich iSd. § 275 Abs. 1 BGB, LAG Köln v. 12.8.2015 – 11 Sa 115/15 Rz. 19. 146 Löwisch, BB 2018, 3061, 3063. 147 Eine Beschäftigung ist nicht erst dann regelmäßig, wenn sie von Anfang an über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden sollte. Neben der Ausrichtung auf ständige Wiederholung ist lediglich die Bereitschaft der Parteien des Beschäftigungsverhältnisses zu regelmäßiger Zusammenarbeit beim ersten Arbeitseinsatz erforderlich, BSG v. 5.12.2017 – B 12 KR 16/15 R, BeckRS 2017, 146850 m Anm. Wagner, NZS 2018, 591.

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Kap. 7 Rz. 62 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit 2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage148 nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt Euro 450,– im Monat übersteigt (sog. Zeitgeringfügigkeit).

63 Daneben gibt es haushaltsnahe Minijobs gem. § 8a SGB IV. Eine geringfügige Beschäftigung im Pri-

vathaushalt liegt vor, wenn diese durch einen privaten Haushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird.

64 Mehrere gleichartige (dh. entweder nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB IV) geringfügige Beschäfti-

gungen werden zusammengerechnet, § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Seit dem 1.1.2013 sind geringfügig Beschäftigte prinzipiell rentenversicherungspflichtig; sie können sich auf Antrag gegenüber dem Arbeitgeber149 jedoch von dieser Pflicht befreien lassen (§ 6 Abs. 1b SGB VI; sog. „Opt-Out-Lösung“).150 Versicherungspflichtige Hauptbeschäftigungen werden mit geringfügigen Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV zusammengerechnet, wobei eine Nebenbeschäftigung bis zu Euro 450,– anrechnungsfrei bleibt. Werden mehrere Nebenjobs ausgeübt, bleibt die zeitlich zuerst aufgenommene Beschäftigung versicherungsfrei (vgl. § 8 Abs. 2 SGB IV).151 Nach § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV tritt die evtl. Nachversicherungspflicht nicht erst mit dem Zeitpunkt des Satzes 3, sondern schon vorher ein, wenn der Arbeitgeber es vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufzuklären.

65 Sozialversicherungsrechtlich152 sind geringfügige Beschäftigungen seit dem 1.1.2013 versicherungs-

pflichtig, jedoch kann sich der Beschäftigte auf Antrag befreien lassen.153 Lässt sich der geringfügig Beschäftigte nicht befreien, hat er einen Aufstockungsbeitrag zu zahlen.154 Nach erfolgter Befreiung besteht dagegen in allen Zweigen der Sozialversicherung für den Arbeitnehmer Beitragsfreiheit (vgl. § 7 SGB V, § 5 Abs. 2 und § 6 SGB Abs. 1b VI, § 27 Abs. 2 SGB III). Der Arbeitgeber zahlt jedoch in jedem Fall bei geringfügigen Beschäftigungen iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (Entgeltgeringfügigkeit) Pauschalabgaben iHv. 30 % des der Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts, nämlich 15 % Rentenversicherung (§ 172 Abs. 3 SGB VI), 13 % Krankenversicherung (§ 249b Satz 1 SGB V) und 148 Die ursprünglichen Zeitgrenzen („längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage“, § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV aF.) wurden mit dem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz) v. 11.8.2014, BGBl. I, S. 1348, – befristet für den Zeitraum 1.1.2015 bis 31.12.2018 – auf „längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage“ ausgeweitet, § 115 SGB IV aF. Damit sollte möglichen Problemen durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, insbesondere bei der Saisonarbeit, Rechnung getragen werden, BT-Drucks. 18/2010, S. 27. Durch das Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung (Qualifizierungschancengesetz) v. 18.12.2018, BGBl. I, S. 2651, wurde die sog. „70-Tage-Regelung“ entfristet und dauerhaft in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV integriert. 149 Der schriftliche Antrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. Es entscheidet die Minijob-Zentrale. Ein Vordruck eines entsprechenden Antrags findet sich auf www.minijob-zentrale.de. 150 Bis zum 31.12.2012 war das Gegenteil der Fall: Minijobs waren rentenversicherungsfrei; es bestand jedoch die Möglichkeit, zur Rentenversicherungspflicht zu optieren, Beyer-Petz, DStR 2013, 47. Die Befreiung von der Versicherungspflicht ist für die Dauer der Beschäftigung bindend; sie kann nicht widerrufen werden. Die Befreiung wirkt ab Beginn des Kalendermonats des Eingangs beim Arbeitgeber, frühestens ab Beschäftigungsbeginn. 151 Vgl. www.minijob-zentrale.de. 152 Zu der Frage nach der Berücksichtigung ausgewählter steuerfreier Aufwandsentschädigungen bei der Feststellung des Arbeitsentgelts iSd. Sozialversicherung Ricken, NZA 2019, 378. 153 Der schriftliche Antrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. Es entscheidet die Minijob-Zentrale. Ein Vordruck eines entsprechenden Antrags findet sich auf www.minijob-zentrale.de. 154 Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung beträgt derzeit 18,6 % (Bekanntmachung der Beitragssätze für das Jahr 2020 v. 28.11.2019, BGBl. I, S. 1999. Somit beträgt der Arbeitnehmeranteil für geringfügig Beschäftigte 3,6 % zur Rente bzw. bei geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten 13,6 %.

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Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 69 Kap. 7

2 % Pauschalsteuer mit Abgeltungswirkung für die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer155 (§ 40a Abs. 2 EStG).156 Der Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung fällt nur an, wenn der Beschäftigte bereits aus anderen Gründen (zB versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, Familienversicherung) gesetzlich krankenversichert ist. Anstatt der Pauschalsteuer kann der Arbeitgeber weiterhin Lohnsteuer nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen einbehalten und abführen.157 Handelt es sich um eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV (Zeitgeringfügigkeit oder auch Kurzfristbeschäftigung), so sind weder Kranken- noch Rentenversicherungsbeiträge zu entrichten; der Pauschalsteuersatz beträgt jedoch 25 % (§ 40a Abs. 1 EStG).

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Arbeitszeitkonten sind gem. § 7b Nr. 5 SGB IV auch bei geringfügig Beschäftigten nicht nur arbeits-, sondern auch sozialversicherungsrechtlich zulässig.158 Voraussetzung ist jedoch, dass die geringfügige Beschäftigung schon vor der Freistellungsphase ausgeübt wurde. Die Beitragspflicht entsteht allerdings gem. § 23b Abs. 1 SGB IV abweichend vom sozialversicherungsrechtlichen Entstehungsprinzip nicht schon während der Ansparphase, sondern erst bei Inanspruchnahme des Wertguthabens.159

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Noch weitergehend sind Minijobs in Privathaushalten begünstigt. Die Höhe der Pauschalabgaben beträgt bei haushaltsnahen Dienstleistungen nur 12 %, nämlich 5 % Rentenversicherung (§ 172 Abs. 3a SGB VI)160, 5 % Krankenversicherung (§ 249b Satz 2 SGB V) sowie 2 % Pauschalsteuer mit Abgeltungswirkung einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer (§ 40a Abs. 2 EStG). Der Pauschalbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung ist hier unabhängig davon zu entrichten, ob der Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert ist.161 Zusätzlich werden Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen steuerlich gefördert. Wer in seinem Privathaushalt eine haushaltsnahe Beschäftigung nach § 8a SGB IV anbietet, kann gem. § 35a Abs. 1 EStG 20 % seiner Aufwendungen, maximal jedoch Euro 510,–, von seiner Steuerschuld abziehen. Bei sozialversicherungspflichtigen haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen, die keine geringfügige Beschäftigung iSd. § 8a SGB IV darstellen, können gem. § 35a Abs. 2 EStG 20 %, höchstens jedoch Euro 4.000,– abgezogen werden. Dies gilt auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie Aufwendungen für die Unterbringung in einem Heim. Für die Inanspruchnahme von Handwerksleistungen ermäßigt sich die Einkommensteuer um 20 %, maximal Euro 1.200,–, § 35a Abs. 3 EStG. Der Arbeitgeber erstattet der Einzugsstelle nach § 28a Abs. 7 SGB IV eine vereinfachte Meldung durch „Haushaltsscheck“.

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Der Mindestlohn darf durch die geringfügige Beschäftigung nicht unterschritten werden.162 Seit InKraft-Treten des Mindestlohngesetzes am 1.1.2015 bestehen daher für Arbeitgeber, die Arbeitneh-

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155 Es bleibt auch dann bei 2 % Pauschalsteuer, wenn der Arbeitnehmer keiner Kirche angehört. 156 Die Abwälzung der pauschalen Lohnsteuer auf den Arbeitnehmer im Innenverhältnis ist arbeitsrechtlich zulässig. Es liegt kein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten vor, BAG v. 1.2.2006 – 5 AZR 628/04, DB 2006, 1059. 157 In den Steuerklasse I-IV ist die Versteuerung nach den individuellen Lohnsteuermerkmalen günstiger. Es fällt keine Lohnsteuer an. 158 Zum früheren Streit hierüber Boemke, BB 2008, 722, 724. 159 Eingehend Rolfs/Witschen, NZS 2009, 295, 296. 160 Der Aufstockungsbeitrag, wenn der geringfügig Beschäftigte sich nicht für die Versicherungsfreiheit entscheidet, beträgt derzeit 13,6 %. 161 Bauer/Krets, NJW 2003, 537, 545; Rolfs, ZIP 2003, 141. 162 Ist die Arbeitszeit nicht ausreichend bestimmt, wird zT. die Gefahr gesehen, dass das Arbeitsverhältnis als Abrufarbeit mit einer Mindeststundenzahl von 20 Stunden/Woche angesehen wird, mit der Folge, dass der Mindestlohn nicht mehr eingehalten wird und Sozialversicherungsbeiträge auf den Mindestlohn auf Basis von 20 Stunden/Woche erhoben werden, „Phantomlohn-Falle bei Minijobs“, dazu Romanowski, NWB BBK Nr. 9 v. 3.5.2019; Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137. Um das Risiko zu vermindern, muss daher zumindest eine Wochenarbeitszeit im Vertrag geregelt werden.

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Kap. 7 Rz. 69 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit mer nach § 8 Abs. 1 SGB IV beschäftigen, besondere Aufzeichnungspflichten.163 Gem. § 17 Abs. 1 MiLoG muss der Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre lang aufbewahren. Ein Verstoß gegen die Pflichten des § 17 MiLoG kann mit Geldbußen in Höhe von bis zu Euro 30.000,– geahndet werden, § 21 Abs. 1 Nr. 7, 8, Abs. 3 MiLoG.

70 Zur Vermeidung eines abrupten Anstiegs der Sozialversicherungsbeiträge bei Überschreiten der Ge-

ringfügigkeitsgrenze wurde eine „Gleitzone“ eingeführt, § 20 Abs. 2 SGB IV.164 Zum 1.7.2019 ist an die Stelle der bisherigen Gleitzone für Entgelte zwischen 450,01,– und Euro 850,– (ab 1.1.2013) der „Übergangsbereich“ getreten, wobei die obere Entgeltgrenze von Euro 850,– auf 1.300,– angehoben wurde.165 Bei einer Beschäftigung im Übergangsbereich (sog. Midijob) steigt der Arbeitnehmerbeitrag nach § 226 Abs. 4 SGB V, § 163 Abs. 10 SGB VI, § 344 Abs. 4 SGB III stufenweise auf den vollen Arbeitnehmerbeitrag, wobei sich die Beitragsbemessung nach einem für das jeweilige Kalenderjahr vom BMAS festgelegten Faktor richtet. Der Arbeitgeberbeitrag bleibt allerdings unverändert.166

4. Job-Sharing (M 7.4) → S. zu Job-Sharing-Arbeitsverträgen M 7.4.1 und M 7.4.2.

71 Job-Sharing hat sich entgegen den Erwartungen des Gesetzgebers bisher kaum durchgesetzt. Beim

Job-Sharing (Arbeitsplatzteilung) vereinbart der Arbeitgeber mit zwei oder mehr Arbeitnehmern, dass diese sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen, § 13 TzBfG.167 Dann bestimmt nicht der Arbeitgeber, sondern die Job-Sharer untereinander die Aufteilung der Arbeitszeit zwischen ihnen. Fällt allerdings einer der Job-Sharer aus, so sind die anderen zu seiner Vertretung nur verpflichtet, wenn dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt ist, ein dringendes betriebliches Erfordernis vorliegt und ihnen dies zumutbar ist. Darüber hinaus kann dies nur für jeden Vertretungsfall gesondert geregelt werden.168 Nach § 13 Abs. 4 TzBfG kann durch Tarifvertrag auch zuungunsten des Arbeitnehmers vom Gesetz abgewichen werden.

5. Sabbatical (M 7.5) 72 Das Sabbatical169 ist eine zeitlich festgelegte, idR. bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung wäh-

rend des laufenden Arbeitsverhältnisses.170 Es kann auf einzel- oder kollektivvertraglicher Ebene vereinbart werden (vgl. zu einem möglichen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Arbeitszeitreduzierung in Form eines Sabbaticals Rz. 14). Der Arbeitnehmer wird als Teilzeitbeschäftigter geführt, füllt aber vor oder nach seiner Freistellungsphase sein Arbeitszeitkonto auf (Ansparphase), indem er außer seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zusätzliche Arbeit leistet.171 Sie wird nicht sofort ent163 Vgl. im Einzelnen zu den Auswirkungen des Mindestlohngesetzes auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse Lakies, ArbRAktuell 2014, 527. Vorsicht ist insbesondere auch bei der Anordnung von Überstunden geboten, denn die Anzahl der möglichen (Über-)Stunden sinkt natürlich, wenn zwar der Mindestlohn, nicht aber die finanzielle Obergrenze für geringfügige Beschäftigung angehoben wird. 164 Detaillierte Angaben und ein Gleitzonenrechner finden sich unter www.minijob-zentrale.de, insbesondere auch zu den Übergangsvorschriften. 165 Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVLeistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) v. 28.11.2018, BGBl. I, S. 2016. 166 Übersicht bei Rolfs, NZA 2003, 65, 71. 167 Löw, AuA 2006, 592. 168 LAG München v. 15.9.1993 – 5 Sa 976/92, DB 1993, 2599. 169 Darstellung und Muster orientieren sich mit freundlicher Genehmigung von Belling an Belling, Personalmanagement und Lebensgestaltung durch Sabbatical, AuA 5/2002, 1. 170 Karst/Rhin, BB 2016, 2549. 171 Vgl. zur rechtlichen Einordnung von Wertguthaben und Freistellungsphase Peiter/Westphal, BB 2011, 1781.

322 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 76 Kap. 7

lohnt, sondern für die Zeit der Freistellung gutgeschrieben. Die Parteien sollten dabei klarstellen, ob und wie etwaige (Tarif-)Lohnerhöhungen in der Freistellungsphase umgesetzt werden.172 Der Zeitraum der Freistellung liegt idR zwischen drei und zwölf Monaten. Für den Arbeitgeber besteht auch in der Freistellungsphase eine Sozialversicherungspflicht, da der Arbeitnehmer weiter gegen Arbeitsentgelt beschäftigt wird. Voraussetzung ist gem. § 7 Abs. 1a SGB IV, dass während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b SGB IV fällig ist und das in der Freistellung gezahlte Arbeitsentgelt nicht unangemessen von dem in den letzten zwölf Monaten der Ansparphase gezahlten Arbeitsentgelt abweicht.173 Gem. § 7e Abs. 1 SGB IV müssen die Vertragsparteien im Rahmen ihrer Wertguthabenvereinbarung durch den Arbeitgeber zu erfüllende Vorkehrungen treffen, um das Wertguthaben einschließlich des darin enthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeitrages gegen das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers vollständig abzusichern, soweit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht besteht und das Wertguthaben des Beschäftigten einschließlich des darin enthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags einen Betrag in Höhe der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. In einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung kann ein davon abweichender Betrag vereinbart werden.

73

Zur Erfüllung der Verpflichtung sind die Wertguthaben gem. § 7e Abs. 2 SGB IV unter Ausschluss der Rückführung durch einen Dritten zu führen, der im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers für die Erfüllung der Ansprüche aus dem Wertguthaben für den Arbeitgeber einsteht, insbesondere in einem Treuhandverhältnis, das die unmittelbare Übertragung des Wertguthabens in das Vermögen des Dritten und die Anlage des Wertguthabens auf einem offenen Treuhandkonto oder in anderer geeigneter Weise sicherstellt. Zulässig sind allerdings auch gleichwertige Sicherungsmittel, namentlich Versicherungsmodelle oder schuldrechtliche Verpfändungs- oder Bürgschaftsmodelle mit ausreichender Sicherung gegen Kündigung, § 7e Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Bilanzielle Rückstellungen sowie konzerninterne Bürgschaften, Patronatserklärungen oder Schuldbeitritte reichen hingegen nicht aus, § 7e Abs. 3 SGB IV.

74

Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten unverzüglich über seine Vorkehrungen zum Insolvenzschutz schriftlich unterrichten, § 7e Abs. 4 SGB IV, bei fehlender oder unzureichender Insolvenzsicherung haften sowohl der Arbeitgeber als auch seine organschaftlichen Vertreter gesamtschuldnerisch für den Schaden, § 7e Abs. 7 SGB IV.

75

Für die Anlage des Wertguthabens gelten die Einschränkungen des § 7d SGB IV, ua. ist eine Anlage in Aktien oder Aktienfonds nur bis zu einer Höhe von 20 % (zum Anlagezeitpunkt) zulässig, § 7d Abs. 3 Satz 1 SGB IV.174 Da auch der Gesamtsozialversicherungsbeitrag gesichert werden muss, haben die Rentenversicherungsträger erweiterte Eingriffsmöglichkeiten bei Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV iVm. § 7e Abs. 6 SGB IV. Hinsichtlich der Beitragsfälligkeit bestimmt § 23b Abs. 1 SGB IV, dass die Beitragspflicht erst bei Inanspruchnahme des Wertguthabens entsteht. Die in Bezug genommenen Modelle umfassen sowohl das Sabbatical als auch andere längerfristig angelegte Freistellungsphasen wie Vorruhestand oder Zeiten für die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen, nicht jedoch Gleitzeit- und Flexi-Konten.

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172 Zu der vergleichbaren Problematik bei Altersteilzeit s. BAG v. 22.5.2012 – 9 AZR 423/10, BeckRS 2012, 70998. 173 Die Spitzenverbände der Sozialversicherung gehen von Angemessenheit aus, wenn das aus dem Wertguthaben fällige Arbeitsentgelt mindestens 70 % und maximal 130 % des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten zwölf Kalendermonate entspricht; vgl. Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger v. 31.03.2009, S. 21. Die entsprechende Verwaltungspraxis der Sozialversicherungsträger ist rechtlich nicht zu beanstanden, soweit nicht im Einzelfall Anhaltspunkte für zwischen dem Vergleichszeitraum und der Freistellung eingetretene wesentliche Änderungen im Einkommensgefüge bestehen, BSG v. 20.3.2013 – B 12 KR 7/11 R, BSGE 113, 144 Rz. 21 f.; zum Sozialversicherungsrecht bei bezahlter Freistellung Karst/Rihn, BB 2016, 2549. 174 Vgl. Schlegel, juris PR-SozR 3/2009, Anm. 4.

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Kap. 7 Rz. 77 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

77 Die Vertragsparteien können auch für einen bestimmten Zeitraum die arbeitsvertraglichen Pflichten vollständig ruhen lassen.175 Gleichzeitig räumen sie dem Arbeitgeber aber das Recht ein, im Bedarfsfall den Arbeitnehmer wieder zur Arbeitsleistung (gegen Entlohnung) zu verpflichten (sog. widerrufliches Sabbatical). Der Arbeitnehmer muss sich in diesem Fall während der vereinbarten Zeit stets bereithalten, wieder die Arbeit aufzunehmen. Dafür zahlt ihm der Arbeitgeber für die Dauer der Vereinbarung einen prozentualen Teil seiner monatlichen Bruttovergütung. Bei einer Unterbrechung kann die Vereinbarung nach der „Arbeitsphase“ für den Rest der vereinbarten Laufzeit fortgesetzt werden.

6. Altersteilzeit (M 7.6) a) Allgemeine Voraussetzungen

78 Altersteilzeitarbeit soll älteren Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die

Altersrente ermöglichen, § 1 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz (AltTZG).176 Hat der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet, so können nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 AltTZG iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG Arbeitgeber und Arbeitnehmer Altersteilzeit vereinbaren, wenn bestimmte Vorversicherungszeiten erbracht waren (1080 Kalendertage innerhalb von fünf Jahren, Einzelheiten in § 2 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG).177 Ins. auf Grund der Änderung des Renteneintrittsalters durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz v. 20.4.2007178 muss im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der zulässigen Dauer der Altersteilzeit genau gerechnet werden, zu welchem Zeitpunkt der Beginn der Altersteilzeit vereinbart wird, damit gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG der nahtlose Übergang von Altersteilzeit in Rente gewährleistet ist. Dieser beschränkt sich nicht auf den Übergang in Rente nach Altersteilzeit, in Betracht kommen vielmehr alle Rentenarten.

79 Das AltTZG gewährt dem Arbeitnehmer jedoch keinen Anspruch auf den Abschluss eines Alters-

teilzeitarbeitsvertrages, sondern regelt nur die Mindestbedingungen, die ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis erfüllen muss, damit die sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungen (zB vorzeitige Rente nach Altersteilzeit) in Anspruch genommen werden können.179 Ein Anspruch auf Altersteilzeit kann sich jedoch aus einzelvertraglichen oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen ergeben.180 Nach der Überforderungsquote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG muss jedoch sichergestellt sein, dass der Arbeitgeber frei in seiner Entscheidung über den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages ist, wenn bereits 5 % der Mitarbeiter des Betriebs Altersteilzeit in Anspruch nehmen bzw. durch den antragstellenden Arbeitnehmer diese Quote erstmals erreicht wird.181 175 Während der Freistellungsphase entsteht nach der geänderten Rspr. des BAG kein Urlaubsanspruch nach § 3 BUrlG, weil dieser an die Erbringung der Arbeitsleistung, und nicht an das bloße Bestehen des Arbeitsvertrages anknüpft, BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 315/17, AP BUrlG § 7 Nr. 84 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 174 unter Aufgabe der bisherigen Rspr. v. 6.5.2014 – AZR 678/12, NZA 2014, 959; vgl. zur Altersteilzeit BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 481/18, NZA 2020, 300 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 508; zur Elternzeit BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 362/18, 9 AZR 362/18 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 173 und 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420. Dazu Sprenger, ZTR 2020, 63 ff. 176 Art. 1 des Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand v. 23.7.1996 (BGBl. I 1996, 1078 ff.), zuletzt geändert durch das Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsstärkungsgesetz (BGBl. I 2016, 1710). 177 Zeiten mit Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe, Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld II sowie Zeiten, in denen Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2 SGB III bestand, stehen der versicherungspflichtigen Beschäftigung gleich. 178 BGBl. I 2007, 554. 179 BAG v. 23.1.2007, AP AltTZG § 2 Nr. 8. 180 BAG v. 10.2.2015 – 9 AZR 115/14, BB 2015, 1854; v. 12.8.2008, DB 2008, 2839; v. 23.1.2007, AP AltTZG § 2 Nr. 8. 181 Hierdurch soll insb. eine wirtschaftliche Belastung von Kleinunternehmen vermieden werden (sog. Überlastungsschutz). Praktisch ist der Arbeitgeber daher in Betrieben mit weniger als 20 Mitarbeitern

324 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 81 Kap. 7

Unabhängig vom Wegfall der staatlichen Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit können weiterhin Altersteilzeitbeschäftigungen vereinbart und angetreten werden, denn die besonderen steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen werden durch den Wegfall der Förderungsmöglichkeit nicht berührt.182 Dies gilt insb. für die Steuer- und Beitragsfreiheit der Aufstockungsbeiträge (§ 3 Nr. 28 EStG). Das AltTZG regelt auch weiterhin die Voraussetzungen, unter denen eine Altersteilzeitbeschäftigung vereinbart werden kann. Auch Tarifverträge über Altersteilzeit können fortgelten, sofern sie die Förderungsmöglichkeit durch die Bundesagentur nicht voraussetzen.183

80

b) Reduzierung der Arbeitszeit Die Arbeitszeit muss gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG auf mindestens die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit184 (vgl. § 6 Abs. 2 AltTZG) reduziert werden.185 Der Arbeitnehmer arbeitet danach bis zum Rentenbezug in Teilzeit. Der nahtlose Übergang von Altersteilzeit in Rente muss gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG gewährleistet sein.186 Das notwendige Mindestalter für den Bezug einer nicht durch Rentenabschläge gekürzten Altersrente ergibt sich insoweit derzeit aus §§ 35, 235 SGB VI für die Regelaltersgrenze,187 §§ 36, 236 SGB VI für die Altersrente für langjährige Versicherte, aus §§ 37, 236a SGB VI für die Altersrente für Schwerbehinderte, aus §§ 38, 236b SGB VI für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte aus § 237 SGB VI mit Anlage 19 für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit und aus § 237a SGB VI mit Anlage 20 für die Altersrente für Frauen.188 Im Zweifelsfall sollte der Arbeitnehmer beim Rentenversicherungsträger rechtzeitig eine Auskunft über den frühestmöglichen Rentenbeginn nach § 109 SGB VI bzw. nach §§ 14, 15 SGB I einholen.189

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185 186 187 188 189

stets in seiner Entscheidung über den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen frei. Maßgeblich ist die Größe des Hauptbetriebs, der Betriebsbegriff des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG ist nicht anzuwenden, BAG v. 12.8.2008 – 9 AZR 620/07, DB 2008, 2839. Trifft der Arbeitgeber allerdings mit mehr als 5 % seiner Mitarbeiter entsprechende Vereinbarungen, ist er im Folgenden durch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, BAG v. 15.4.2008, NZA-RR 2008, 547. Hierzu ausführlich Hanau, NZA 2009, 225, 226. Hanau, NZA 2009, 225, 227. Ergibt eine Auslegung des Tarifvertrags, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages verbunden mit einer häufig über die Mindestsumme nach § 3 Abs. 1 Nr. 1a AltTZG hinausgehenden Aufstockungsleistung des Arbeitgebers bedingt ist durch die fortbestehende Förderung der Bundesagentur, so kann zukünftig auf diese tarifliche Bestimmung kein Anspruch auf Altersteilzeitbeschäftigung mehr gestützt werden. Maßgeblich ist für die gesamte Dauer der Altersteilzeit die bei Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags geltende Stundenzahl. Die Vereinbarung einer variablen, vom jeweiligen Verhältnis zur Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten abhängigen Arbeitszeit ist ausgeschlossen. Wird die Arbeitszeit der Vollbeschäftigten daher während der Laufzeit des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erhöht, so erhöht sich nicht die mit den Arbeitnehmern in Altersteilzeit vereinbarte Wochenstundenzahl, BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 369/05, DB 2006, 1684. Ist jedoch im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine Aufstockungsmöglichkeit zulässigerweise in bestimmtem Umfang vorbehalten, so gilt die in Ausübung dieses einseitigen Gestaltungsrechts unmittelbar vor Beginn der Altersteilzeit erhöhte Arbeitszeit nicht als vorübergehende Mehrarbeit, sondern als vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit, BAG v. 14.8.2007 – 9 AZR 18/07, NZA 2008, 1194 u. Parallelverfahren NZA-RR 2008, 129 sowie v. 19.5.2009 – 9 AZR 145/08, NZA 2010, 176 und v. 17.7.2007, NZA-RR 2008, 162. Es ist zur Bestimmung der nach § 6 Abs. 2 AltTZG maßgeblichen Arbeitszeit keine Durchschnittsberechnung der schwankenden regelmäßigen Arbeitszeit durchzuführen, sondern ausschließlich auf die vereinbarte Arbeitszeit abzustellen. Vgl. § 27 Abs. 2 SGB III iVm. § 8 SGB IV; BAG v. 26.6.2001, NZA 2002, 4; zu Einzelheiten geringfügiger Beschäftigung vgl. Einf. Rz. 62 ff. iVm. M 7.3.1. Hier kommen alle Rentenarten in Betracht, vgl. oben Rz. 78. Die Regelaltersgrenze liegt nunmehr bei 67 Jahren; sie wird je nach Geburtsjahrgang frühestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht. Zur Anhebung vgl. oben Rz. 78 f. Die besondere Altersrente für Frauen gilt nur noch für Versicherte, die vor dem 1.1.1952 geboren sind, § 237a Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Zu Einzelheiten vgl. Schlegel, FA 2000, 239 mwN.

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81

Kap. 7 Rz. 82 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit c) Finanzielle Leistungen des Arbeitgebers

82 Der Arbeitgeber leistet eine Zuzahlung zum reduzierten Arbeitsentgelt („Aufstockungsbetrag“) iHv.

mindestens 20 % des Regelarbeitsentgelts190 gem. § 6 Abs. 1 AltTZG (§ 3 Abs. 1 Nr. 1a AltTZG)191 und einen Zuschuss zu den Beiträgen zur Rentenversicherung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1b AltTZG). Der Aufstockungsbetrag ist steuer- und beitragsfrei (vgl. § 3 Nr. 28 EStG), das gilt auch, soweit er den im Gesetz genannten Mindestbetrag von 20 % des Regelarbeitsentgelts übersteigt; jedoch besteht ein Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Nr. 1g EStG). Da dieser nicht bei der Abführung der Lohnsteuer berücksichtigt wird, entstehen für den Arbeitnehmer Steuernachzahlungen; einen Erstattungsanspruch hat er insoweit gegen den Arbeitgeber nicht.192 Soweit der Aufstockungsbetrag aus der Nettovergütung berechnet wird, kann ein Wechsel der Steuerklasse des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber rechtsmissbräuchlich sein, wenn er steuerrechtlich nachteilig ist und nur zu höheren Aufstockungsbeträgen führt.193 Soweit die Rentenbeiträge aus dem Entgelt der Altersteilzeitarbeit zu zahlen sind, werden sie vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte getragen. Der Arbeitgeber allein leistet jedoch zusätzlich Rentenversicherungsbeiträge mindestens in Höhe des Beitrags, der auf 80 % des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit, allerdings begrenzt auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 % der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze und dem Regelarbeitsentgelt, entfällt, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze, § 3 Abs. 1 Nr. 1b AltTZG.194 Auch diese zusätzlichen Rentenversicherungsbeiträge sind gem. § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei, auch soweit sie über die Mindestbeträge hinausgehen oder der frei gewordene Teilzeitarbeitsplatz nicht wieder besetzt wird.195 Die Beiträge unterliegen im Gegensatz zum Aufstockungsbetrag wohl auch nicht dem Progressionsvorbehalt, denn sie sind in § 32b Abs. 1 EStG nicht erwähnt.196 Werden in einem Interessenausgleich mit dem Ziel des Personalabbaus Altersteilzeitarbeitsverträge angeboten, so kann dieser finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer vorsehen, die davon Gebrauch machen und Arbeitnehmer, die sich bereits in Teilzeit befinden, hiervon ausschließen.197 Nicht steuerfrei sind tarifvertraglich vorgesehene Abfindungen zur Minderung des Rentenverlustes; diese unterliegen jedoch der Fünftel-Regelung des § 34 EStG.198 190 Tariferhöhungen stehen dem Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell auch in der Freistellungsphase zu, BAG v. 17.11.2015 – 9 AZR 509/14, BeckRS 2016, 66948; v. 22.7.2014, ZTR 2014, 606 (obwohl er sie durch seine Arbeit in der Arbeitsphase letztlich nicht erworben hat). Allerdings können die Tarifparteien diesen Anspruch auch diskriminierungsfrei ausschließen, BAG v. 19.1.2016 – 9 AZR 564/14, NZA 2016, 776 m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2016, 324. 191 Also des regelmäßig innerhalb eines Monats vom Arbeitgeber zu zahlenden sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgeltes, § 6 Abs. 1 AltTZG; einmalige oder nicht laufend geleistete Entgeltkomponenten bleiben außen vor und werden nicht aufgestockt; nach der Neufassung müssen auch nicht mehr 70 % des ursprünglichen Nettoentgelts als Mindestnettobetrag erreicht werden. Sieht ein Tarifvertrag höhere Aufstockungsleistungen vor, so kann der Arbeitgeber ohne tarifliche Öffnungsklausel hiervon nicht individualvertraglich zu Ungunsten der Arbeitnehmer abweichen, BAG v. 20.1.2009, DB 2009, 1474. Verweist ein Tarifvertrag, wie namentlich der TV ATZ, jedoch auf die Mindestnettobetragstabelle, so bleibt diese auch verbindlich, wenn sie über Jahre nicht angepasst wurde, BAG v. 19.2.2013 – 9 AZR 452/11, ZTR 2013, 388 = DB 2013, 1367. 192 BAG v. 25.6.2002, NZA 2003, 859; LAG Bremen v. 22.3.2001 – 4 Sa 255/00, DB 2001, 1785. 193 BAG v. 9.9.2003, AP APG § 4 Nr. 2. 194 Wodurch das frühere Aufstockungsniveau von mindestens 90 % im Ergebnis bestehen bleibt, BTDrucks. 15/1515, S. 133. 195 R 3.28 Leistungen nach dem AltTZG § 3 Nr. 28 EStG (Lohnsteuerrichtlinien 2011 mit Hinweisen 2013). 196 Küttner/Seidel, Altersteilzeit, Rz. 28 mwN. 197 BAG v. 15.4.2008, NZA-RR 2008, 580. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt allerdings vor, wenn für einen ein Jahr älteren Arbeitnehmer allein aufgrund der eingetretenen Verkürzung der Dauer der Altersteilzeit eine verdoppelte Abfindungssumme gewährt wird, BAG v. 18.9.2007, NZA 2008, 1264. Auch zwischen einem Altersteilzeiter in der Freistellungsphase und einem Mitarbeiter im Vorruhestand kann differenziert werden, da letzterer in keinem Arbeitsverhältnis mehr steht, BAG v. 20.5.2008, NZA-RR 2009, 18. 198 Daher ist es wohl aus steuerlichen Aspekten günstiger, diese Beträge für eine Erhöhung der Aufstockungen zu verwenden, vgl. Hanau, NZA 2009, 225, 226.

326 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 83 Kap. 7

d) Kontinuitäts- und Blockmodell Die Altersteilzeit kann als laufende Verkürzung der Arbeitszeit (Kontinuitätsmodell)199 oder als Blockmodell200 gestaltet werden dergestalt, dass der Altersteilzeiter zunächst voll weiterarbeitet, entsprechend dem Teilzeitanteil aber früher von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Ein Anspruch auf ein bestimmtes Modell bzw. ein entsprechendes Wahlrecht kann sich aus einzelvertraglichen oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen ergeben.201 Beschränkt der Arbeitnehmer sein Angebot auf Altersteilzeit auf ein bestimmtes Modell, kann der Arbeitgeber es nur in dieser Form annehmen.202 In beiden Modellen erhält der Arbeitnehmer über die gesamte Laufzeit der Altersteilzeit die Leistungen des Arbeitgebers gemäß der reduzierten Arbeitszeit nach Rz. 82. Bislang war im Blockmodell während der Freistellungsphase spiegelbildlich dieselbe tarifliche Vergütungsgruppe zugrunde zu legen, nach der während der Arbeitsphase die Vergütung bemessen worden war.203 Inwieweit dies nach neuerer Rechtsprechung noch gilt, ist fraglich.204 Prinzipiell kommt es wohl auf die Vereinbarungen der Parteien an; fehlen besondere Regelungen, deutet diese Rechtsprechung darauf hin, dass Altersteilzeitbeschäftigte ebenso an Gehaltserhöhungen teilnehmen wie normale Teilzeitbeschäftigte.205 Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis wird regelmäßig auf bestimmte Zeit abgeschlossen; gem. § 8 Abs. 3 AltTZG besteht eine besondere Befristungsmöglichkeit für den Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Altersrente hat.206 199 Das Modell ist in der Praxis sehr selten. Ein Muster dazu haben wir in dieser Auflage daher nicht mehr vorgesehen, insoweit wird auf M 7.1 der 6. Auflage verwiesen. 200 Beschränkt ein Tarifvertrag zur Altersteilzeit den Anspruch des Arbeitnehmers nicht auf ein bestimmtes Modell, so besteht ein Wahlrecht, BAG v. 12.8.2008, DB 2008, 2839. 201 Nach dem TV ATZ besteht jedoch kein entsprechendes Wahlrecht, sondern nur die Verpflichtung des Arbeitgebers, nach billigem Ermessen zu entscheiden, vgl. BAG v. 12.4.2011 – 9 AZR 19/10, NZA 2011, 1044. 202 Vgl. BAG v. 17.8.2010, ZTR 2010, 637 zum TV ATZ. 203 Eine Sonderzuwendung war auch in der Freistellungsphase unabhängig von dem mit ihr verfolgten Zweck spiegelbildlich in der gleichen Höhe zu zahlen wie während der Arbeitsphase, vgl. BAG v. 4.10. 2005, DB 2006, 1167. Jedoch nahmen Arbeitnehmer in der Freistellungsphase nicht am Bewährungsaufstieg nach § 23a BAT teil, da die notwendige Bewährungszeit nicht in der Arbeitsphase vorgeleistet werden kann, vgl. BAG v. 4.5.2010 – 9 AZR 184/09, NZA 2011, 644. Auch entsprachen Erfolgsanteile in der Freistellungsphase in der Regel den Erfolgsanteilen in der Ansparphase, BAG v. 21.9.2010, NZA-RR 2011, 448. Gleiches galt für tarifvertraglich in der Arbeitsphase nur hälftig auszuzahlendes Urlaubsgeld, BAG v. 16.11.2010, ZTR 2011, 218 sowie nur hälftig ausgezahlte Ortszuschläge, BAG v. 20.3.2012 – 9 AZR 489/10, NZA 2012, 1169. 204 Vgl. BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 199/18, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 70 m Anm. Krieger, ArbRAktuell 2019, 44; v. 22.5.2012, AP Nr. 57 zu § 1 TVG Altersteilzeit, wonach aus der Spiegelbildtheorie nicht folge, dass erst in der Freistellungsphase erfolgende Erhöhungen der regelmäßigen Vergütung nicht zu zahlen sind. Hinsichtlich der Höhe der Teilzeitvergütung soll es vielmehr auf die jeweilige (tarif-) vertragliche Regelung ankommen. 205 Im Fall des BAG v. 22.5.2012, AP Nr. 57 zu § 1 TVG Altersteilzeit differenzierte der Tarifvertrag nicht zwischen Arbeits- und Freistellungsphase bzw. zwischen Teilzeit- und Altersteilzeitbeschäftigten, so dass die Regelungen für Teilzeitbeschäftigte auch für Altersteilzeitbeschäftigte galten; ähnlich BAG v. 22.7.2014, ZTR 2014, 606, Rz. 11 ff. 206 Grundsätzlich handelt es sich beim Abstellen auf das Erreichen einer Altersgrenze um eine Zeit- oder Zweckbefristung, da der Eintritt zu einem bestimmten Zeitpunkt sicher ist. Jedoch ist der praktische Unterschied gering, da nach § 21 TzBfG auch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung eines Sachgrundes bedarf. § 8 Abs. 3 AltTZG geht als speziellere Vorschrift der Bestimmung des § 41 Satz 2 SGB VI vor und erfasst nicht nur die Altersrente wegen Altersteilzeit, vgl. ErfK/Rolfs, § 8 AltTZG Rz. 18 f. Wird in einem Formularvertrag der Beendigungszeitpunkt nicht deutlich herausgestellt, so kann eine überraschende oder intransparente Klausel vorliegen. Hierfür ist nicht nur auf die äußere Gestaltung der Klausel abzustellen, sondern auch auf den Verlauf der vorausgegangenen Verhandlungen über die Eingehung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses und einen etwaig erteilten Hinweis an den Arbeitnehmer. Im Vertragstext muss eine solche Klausel deutlich hervorgehoben werden, vgl. BAG v. 8.8.2007, NJOZ 2008, 4217 zum Ausnahmefall einer auflösenden Bedingung bei ungewissem Eintritt der Anspruchs-

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Kap. 7 Rz. 84 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

84 Der Ausgleichszeitraum beträgt im Blocksystem drei Jahre, § 2 Abs. 2 AltTZG. Ein längerer Aus-

gleichszeitraum bis zu sechs Jahren ist nur dort möglich, wo ein (Haus-)Tarifvertrag dies zulässt, indem er entweder selbst eine Regelung oder eine Öffnungsklausel enthält. Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber kann auch durch Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag tarifliche Regelungen mit einem längeren Ausgleichszeitraum übernehmen. Bei einer tariflichen Öffnungsklausel kann der längere Ausgleichszeitraum auch durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Dies gilt entsprechend, wenn der Arbeitnehmer nicht tarifgebunden ist. Besteht kein Betriebsrat, so kann der längere Ausgleichszeitraum im Geltungsbereich eines Tarifvertrages auch durch Individualvereinbarung übernommen werden (zu Einzelheiten vgl. § 2 Abs. 2 AltTZG).

85 Existiert keine tarifvertragliche Regelung über die Verteilung der Arbeitszeit und ist eine solche auch nicht tarifüblich gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG, so kann ein bis zu sechsjähriger Ausgleichszeitraum durch Betriebsvereinbarung oder, wenn ein Betriebsrat nicht besteht, einzelvertraglich vereinbart werden, § 2 Abs. 2 Satz 5 AltTZG. Grund für diese formalen Anforderungen sind die erhöhten Risiken des Arbeitnehmers bei längeren Ausgleichszeiträumen. § 8a AltTZG verlangt von den Vertragsparteien daher auch geeignete Sicherungen der Wertguthaben (vgl. Rz. 95).

86 Hat der Arbeitnehmer bei Beginn der Freistellungsphase im Blockmodell noch nicht erfüllte Ur-

laubsansprüche, so sind diese nicht abzugelten, weil der Wechsel in die Freistellungsphase keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist. Der Arbeitnehmer kann lediglich zum Zweck der Urlaubsgewährung von seiner Arbeitspflicht freigestellt werden.207 In der Freistellungsphase entstehen keine Urlaubsansprüche.208

87 Wichtig: Dringend abzuraten ist von einer Freistellung des Arbeitnehmers im Blockmodell schon für die Arbeitsphase. Sie führt zur Beendigung des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses mit der Folge, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Rente nach Altersteilzeit hat, möglicherweise ist auch die Befristung des Vertrages nicht mehr von § 8 Abs. 3 AltTZG gedeckt. Der Arbeitnehmer kann eine solche Vereinbarung sogar anfechten, wenn der Arbeitgeber ihn nicht auf die entsprechenden Risiken hingewiesen hat.209

e) Status

88 Nach Maßgabe von § 7 Abs. 1a SGB IV besteht auch während der Freistellungsphase (zweiter Block)

ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, auch wenn der Arbeitnehmer sich in der Freistellungsphase faktisch im Ruhestand befindet. Nach Ende der Altersteilzeit wird idR keine dreimonatige Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld gem. § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III verhängt, denn ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages und damit für eine Lösung des Arbeitsverhältnisses nach Ende der Freistellungsphase besteht bereits, wenn der Arbeitnehmer beabsichtigt hatte, nahtlos nach Ende der Altersteilzeit eine Altersrente zu beziehen oder er mit der Vereinbarung einer ansonsten drohenden betriebsbedingten Kündigung zuvorkommen wollte.210 Beschäftigungslosigkeit iSd. SGB III tritt jedenfalls erst nach Ende der Freistellungsphase ein, da das Arbeitsverhältnis auch in der Freistellungsphase fortbesteht.

89 Arbeitsrechtlich ist der Altersteilzeiter in der Freistellungsphase des Blockmodells nicht mehr Ar-

beitnehmer des Betriebes und daher auch nicht mehr wählbar zum Betriebsrat211 oder als Arbeit-

207 208 209 210 211

berechtigung auf eine gesetzliche Altersrente wegen Schwerbehinderung, wenn eine Entscheidung über die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft noch aussteht). Vgl. im Übrigen auch M 7.6.1. BAG v. 15.3.2005, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 13. BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 481/18, NZA 2020, 300, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 508. BAG v. 10.2.2004, BB 2004, 2696; dazu Kock, ArbRB 2005, 275; Oberthür, NZA 2005, 377; Abeln/Gaudernack, BB 2005, 43. BSG v. 21.7.2009, BB 2009, 1693; differenzierend nach den Gründen, aus denen der nahtlose Übergang nicht erfolgt ist Müller, NZS 2017, 172. BAG v. 16.4.2003 – 7 ABR 53/02, NZA 2003, 1345, 1347; BVerwG v. 15.5.2002, AP Nr 1 zu § 10 LPVG NW; LAG Düsseldorf v. 31.10.2002, AP BetrVG 1972 § 7 Nr. 6; vgl. Däubler, AiB 2001, 685, 688.

328 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 92 Kap. 7

nehmervertreter zum Aufsichtsrat.212 Mangels Bindung an den Betrieb dürfte damit auch die aktive Wahlberechtigung entfallen.213 Sowohl die Arbeitsphase als auch die Freistellungsphase steigert die Rentenansprüche fast in gleicher Höhe wie bei einer aktiven Arbeitstätigkeit während der gesamten Zeit. Urlaubsansprüche entstehen nicht.214 Ansonsten ist das Altersteilzeitverhältnis ein Arbeitsverhältnis. Es kann nur freiwillig vereinbart werden; eine Änderungskündigung in die Altersteilzeit ist unwirksam, § 8 Abs. 1 AltTZG. f) Dauer Die maximale Förderungsdauer bei laufender Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit beträgt sechs Jahre, § 4 Abs. 1 AltTZG. Wird Altersteilzeit für mehr als sechs Jahre vereinbart, so können die Arbeitsvertragsparteien die Lage des Förderungszeitraumes innerhalb des Gesamtzeitraumes bestimmen. Die gesetzliche Förderungsregelung lief zum 31.12.2009 aus (§ 1 Abs. 2 AltTZG; Rz. 78 f.).

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g) Störfälle Störfälle215 sind insb. im Blockmodell von Bedeutung. Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit erhält der Arbeitnehmer das Altersteilzeitarbeitsentgelt sowie die Aufstockungsleistungen.216 Ist der Arbeitnehmer allerdings über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus arbeitsunfähig erkrankt, so besteht kein Anspruch auf weitere Aufstockungsleistungen.217 Dann besteht auch kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis iSv. § 7 Abs. 1a SGB IV mehr. Hier könnte durch anteilige Verlängerung der Arbeitsphase die notwendige neue Vorarbeit für die Freistellungsphase iSv. § 7 Abs. 1a SGB IV geleistet werden.218 Während des Bezuges von Krankengeld entfällt auch die Pflicht zur Zahlung der Aufstockungsbeträge gem. § 3 Abs. 1 AltTZG. Zum Teil wird auch vorgeschlagen, Altersteilzeiter von Kurzarbeit auszunehmen.219

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Eine vorzeitige Beendigung der Altersteilzeit, die auch in der Freistellungsphase nicht ausgeschlossen ist,220 könnte dadurch abgesichert werden, dass der Mitarbeiter bzw. seine Erben bei der vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeit einen Anspruch auf Auszahlung der Differenz zwischen dem bereits gezahlten Altersteilzeitentgelt und der Vergütung für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung haben, die ohne Eintritt in die Altersteilzeit angefallen wäre. Dieses Wertguthaben ist vollständig in allen Sozialversicherungszweigen zu verbeitragen, § 23b Abs. 2 SGB IV. Dies kann bei mehrjährigen Laufzeiten zu erheblichen Belastungen führen, weil Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteil fällig wird, und zwar in der Altersteilzeit regelmäßig aus dem hälftigen Entgelt.221 Die genaue Berechnung ergibt sich aus § 23b Abs. 2 SGB IV. Nach § 23b Abs. 3a SGB IV gilt das Wertguthaben jedoch nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, wenn die Altersteilzeitvereinbarung bestimmt, dass Wertguthaben, die wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, für Zwecke der betrieblichen Altersversorgung verwendet werden sollen. Das gilt nur dann nicht, wenn die Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung eine Abfindung vorsieht oder zulässt oder Leistungen im Falle des Todes, der Invalidität und des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, nicht gewährleistet sind, oder

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212 213 214 215 216 217 218 219 220 221

BAG v. 25.10.2000, DB 2001, 832 (zu § 76 BetrVG 1952). BVerwG v. 15.5.2002, AP Nr 1 zu § 10 LPVG NW; aA Däubler, AiB 2001, 685, 689. BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 481/18, NZA 2020, 300, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 508. Dazu Rittweger, DStR 2001, 1394; Hoß, ArbRB 2002, 28. BAG v. 15.8.2006, EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 22. BAG v. 15.8.2006, EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 22. Hoß, ArbRB 2002, 28. Hoß, ArbRB 2002, 28, 29. BAG v. 5.12.2002 – 2 AZR 571/01, NZA 2003, 789. Rittweger, DStR 2001, 1394.

Lingemann | 329

Kap. 7 Rz. 92 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit soweit bereits im Zeitpunkt der Ansammlung des Wertguthabens vorhersehbar ist, dass es nicht für Zwecke der Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden kann, § 23b Abs. 3a Nr. 1 und 2 SGB IV. Hier kann es sich also anbieten, für den Störfall die Übertragung der Wertguthaben in die betriebliche Altersversorgung vorzusehen.222

93 Seit dem Inkrafttreten des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes am 1.7.2014 (Rz. 78) kommt ein wei-

terer möglicher Störfall in Betracht: Viele Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zur Altersteilzeit sehen vor, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer eine ungeminderte Rente wegen Alters beanspruchen kann. In diesen Fällen würde das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Vorliegen der Voraussetzungen für die „Rente mit 63“ gem. § 263b SGB VI enden. Will der Arbeitgeber, dass die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitverhältnisses aufgrund dieses Umstands eintritt, muss er dies dem Arbeitnehmer mindestens zwei Wochen vor Eintritt der auflösenden Bedingung mitteilen.223 Bei unwidersprochener Weiterarbeit besteht das Altersteilzeitverhältnis bis zum vertraglich vereinbarten Beendigungszeitpunkt fort.224 Tritt die vorzeitige Beendigung auf diese Weise ein oder nimmt ein Arbeitnehmer in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell die „Rente mit 63“ auf Antrag in Anspruch, kann das in der Arbeitsphase angesparte Wertguthaben in der Freistellungsphase durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr vollständig aufgebraucht werden.

94 Der Arbeitnehmer hat bei vorzeitiger Beendigung als Ausgleich für die von ihm in der Arbeitsphase erbrachte Vorleistung Anspruch auf die Differenz zwischen der ausgezahlten und der bis zur Beendigung des Altersteilzeitverhältnisses erarbeiteten Vergütung.225 Bei einer Rückabwicklung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses werden die Anteile des in der Arbeitsphase gesammelten Guthabens abzüglich des bereits ausgezahlten Wertguthabens und der Aufstockungsbeiträge an den Arbeitnehmer ausgezahlt.226 Andere Rückabwicklungsmodalitäten sind abhängig von einzelvertraglichen oder tarifvertraglichen Regelungen. h) Insolvenzsicherung

95 Gem. § 8a Abs. 1 AltTZG ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Wertguthaben aus der Altersteilzeit-

vereinbarung einschließlich des auf sie entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gegen das Risiko seiner eigenen Insolvenz abzusichern,227 soweit das Wertguthaben des Beschäftigten den Betrag des Dreifachen des Regelarbeitsentgelts einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag übersteigt.228 Diese Verpflichtung besteht gem. § 8a Abs. 3 AltTZG bereits mit der ersten Gutschrift, dh. ab dem Zeitpunkt, in dem der zu sichernde Anspruch auf das in der Entsparphase (beim Blockmodell also der Freistellungsphase) auszuzahlende Arbeitsentgelt entsteht.229 Das Wertguthaben ist einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gem. § 7d Abs. 1 SGB IV als Entgeltguthaben zu führen. Gem. § 8a Abs. 2 AltTZG ist bei der Bemessung des Wertguthabens eine Gegenrechnung bereits gezahlter Aufstockungsbeträge ausgeschlossen.230 222 223 224 225 226 227 228 229 230

Rittweger, DStR 2001, 1394. Koch, BB 2014, 1589, 1591. Koch, BB 2014, 1589, 1591. BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 146/03, NZA 2004, 860; BFH v. 15.12.2011, NZA-RR 2012, 370, 371. Schmid, schnellbrief Arbeitsrecht, 18/2014, 140, 141, vgl. zur Abrechnung von Störfällen auch ErfK/ Rolfs, § 8 AltTZG Rz. 8 sowie zur steuerrechtlichen Behandlung dieser Ausgleichszahlung BFH v. 15.12.2011, NZA-RR 2012, 370. Raffler, FA 2011, 360; Wiezer, AuA 2005, 105 mit zahlreichen instruktiven Beispielen; Perreng, FA 2005, 333; Höfer, DB 2004, 2057. BT-Drucks. 15/1515, S. 64, 134. BT-Drucks. 15/1515, S. 64, 134. Eine vertragliche Vereinbarung, die eine Gegenrechnung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Störfall) vorsieht, ist allerdings zulässig, LAG Hamm v. 12.12.2007, NZA-RR 2008, 462.

330 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | Rz. 99 Kap. 7

Das Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze v. 29.12.2008 (sog. Flexi-II-Gesetz) erfasst auch Wertguthaben, die ein Altersteilzeiter im Blockmodell während der Arbeitsphase für Zeiten der Freistellung anspart, vgl. § 7c Abs. 1 Nr. 2a SGB IV.231 Damit finden insb. die Bestimmungen zur Führung und Anlage der Wertguthaben einschließlich der Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers gem. § 7d SGB IV und der Möglichkeit zur Übertragung des Wertguthabens auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung Bund gem. § 7f SGB IV Anwendung.232 Für die Anlage von Wertguthaben aus Altersteilzeit gelten zudem Beschränkungen bei der Anlage in Aktien gem. § 7d Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB IV.

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Zu den Sicherungsinstrumenten233 bei Altersteilzeit enthält § 8a Abs. 1 Satz 2 AltTZG einen Negativkatalog, der bilanzielle Rückstellungen sowie zwischen Konzernunternehmen begründete Einstandspflichten (Bürgschaften, Patronatserklärungen oder Schuldbeitritte) als Sicherungsinstrumente ausschließt. Als Sicherungsmodelle in Betracht kommen hingegen Bankbürgschaften, Absicherungen im Wege dinglicher Sicherheiten (zB Verpfändungen von Wertpapieren, insbesondere Fondsanteilen oder auch Ansprüchen aus Rückdeckungsversicherungen234) zugunsten der Arbeitnehmer, zunehmend genutzt wird auch die Auslagerung auf Contractual Trust Arrangements (CTAs) im Wege einbzw. mehrstufiger Treuhandkonstruktionen oder dem Modell der doppelseitigen Treuhand, bei der Wertguthaben auf einem gemeinsamen Konto des Treuhänders angelegt und verwaltet werden.235 Da Wertguthaben nicht in den Bereich der betrieblichen Altersversorgung fallen, scheidet eine Insolvenzsicherung durch den Pensionssicherungsverein (PSVaG) aus. Ausdrücklich keine Anwendung finden gemäß § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AltTZG die Bestimmungen des § 7e SGB IV über die Insolvenzsicherung von Wertguthaben. Dies schließt die dort vorgesehene Überprüfung des obligatorischen Insolvenzschutzes durch den Träger der Rentenversicherung, die Haftung organschaftlicher Vertreter für einen nicht geeigneten oder ausreichenden Insolvenzschutz und die Verpflichtung zur Insolvenzsicherung bereits ab Erreichen der monatlichen Bezugsgröße ein. Dennoch kann der Aufzählung in § 7e Abs. 2 SGB IV Hinweiswirkung für geeignete Sicherungsmittel beigemessen werden.236

97

Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf eine geeignete Insolvenzsicherung, § 8a Abs. 4 AltTZG. Über die zur Sicherung ergriffenen Maßnahmen ist der Arbeitnehmer mit der ersten Gutschrift und danach alle sechs Monate in Textform gemäß § 126b BGB zu unterrichten, wenn nicht eine andere gleichwertige Mitteilungsart zwischen den Betriebsparteien vereinbart wurde, § 8a Abs. 3 AltTZG. Weist der Arbeitgeber auf schriftliche Aufforderung des Arbeitnehmers nicht innerhalb eines Monats die Insolvenzsicherung in Textform nach, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass Sicherheit in Höhe des bestehenden Wertguthabens geleistet wird, § 8a Abs. 4 Satz 1 AltTZG. Für diese Sicherheit bestehen dann nicht die zahlreichen Möglichkeiten wie bei der Insolvenzsicherung (Rz. 95), sondern hier kommt nur die Bürgschaft oder Hinterlegung in Betracht, § 8a Abs. 4 Satz 2 und 3 AltTZG. Von den Regelungen zum Insolvenzschutz kann nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden, § 8a Abs. 5 AltTZG.

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Zum Teil wurde die Auffassung vertreten, dass Organen von Unternehmen persönliche Schadensersatzforderungen über § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8a AltTZG drohen, wenn die gesetzlich geforderte Insolvenzsicherung nicht durchgeführt wird.237 Das BAG hat dies jedoch verneint.238 Spiegelt der

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231 Dies ergibt der Umkehrschluss aus § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AltTZG, der den Insolvenzschutz nach § 7e SGB IV für unanwendbar erklärt, vgl. Hanau/Veit, NJW 2009, 182, 184 sowie die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/10289, S. 15. 232 Hierzu Rolfs/Witschen, NZS 2009, 295, 299 ff. und 302 f. 233 Vgl. auch Koller-van Delden, DStR 2008, 1835. 234 Wiezer, AuA 2005, 105. 235 BT-Drucks. 15/1515, S. 134; Langohr-Plato/Morisse, BB 2002, 2330, 2332; Ahsen/Nölle, DB 2003, 1385; Wiezer, AuA 2005, 106 ff. 236 Hanau, NZA 2009, 225, 226. 237 LAG Düsseldorf v. 10.12.2004, DB 2005, 838; Langohr-Plato/Morisse, BB 2002, 2330, 2332. 238 BAG v. 23.2.2010 – 9 AZR 44/09, NZA 2010, 1418.

Lingemann | 331

Kap. 7 Rz. 99 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Geschäftsführer einer Arbeitnehmerin allerdings wahrheitswidrig vor, die Insolvenzsicherung sei erfolgt, so haftet er im Insolvenzfall schon nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB.239 Auch eine Haftung des Geschäftsführers nach § 311 Abs. 3 BGB kommt in Betracht, wenn er bei Begründung des Altersteilzeitvertrages persönliches Vertrauen für die störungsfreie Durchführung des Vertrages in Anspruch genommen hat.240 Gegen eine grundsätzliche Haftung der Organvertreter bei unzureichender Insolvenzsicherung spricht jedoch, dass der Gesetzgeber § 7e SGB IV mit der dort in Abs. 7 vorgesehenen Haftung für die Insolvenzsicherung bei der Altersteilzeit nicht für anwendbar erklärt hat.241

100 Der Verzugszinssatz für Ansprüche aus einem Altersteilzeitverhältnis beträgt fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.242 239 240 241 242

BAG v. 13.2.2007 – 9 AZR 207/06, NJW 2007, 2573. Im konkreten Fall allerdings abgelehnt von BAG v. 13.2.2007 – 9 AZR 106/06, NZA 2008, 121. BAG v. 23.2.2016 – 9 AZR 293/15, NJW 2016, 2204. BAG v. 23.2.2005 – 10 AZR 602/03, DB 2005, 1339.

II. Muster M 7.1.1

Klausel zur regelmäßigen Arbeitszeit und Befugnis zur Anordnung von Kurzarbeit

(1) Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden.1 Ihre Lage richtet sich nach der betrieblichen Einteilung.2 oder

1 Die Dauer der Arbeitszeit ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 NachwG im Nachweis schriftlich niederzulegen. Sie unterliegt der Transparenzkontrolle; bei Fehlen einer Teilzeitvereinbarung wird im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet, BAG v. 21.6.2011, NZA 2011, 1274; krit. Crisolli/Zaumseil, BB 2012, 1281, 1284 f. Allein der faktische Einsatz als Vollzeitkraft bedeutet jedoch nicht die konkludente Vereinbarung einer Vollzeitbeschäftigung, BAG v. 24.6.2010, NJOZ 2011, 275. Die Arbeitszeit steht nicht zur freien Disposition des Arbeitgebers, insb. die Grenzen der Abrufarbeit nach § 12 TzBfG sind zu beachten, dazu oben Rz. 9 sowie im Einzelnen Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Arbeit auf Abruf“, Kap. 2 Rz. 89; Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137, 139. Auch eine Klausel, die den Arbeitnehmer verpflichtet, „im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten“, ist intransparent und damit gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie nicht regelt, ob die durchschnittliche Arbeitszeit monatlich, jährlich oder sogar über die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses zu ermitteln ist, BAG v. 21.6.2011, NZA 2011, 1274. Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit allerdings nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart, BAG v. 15.5.2012, NZA-RR 2014, 519 = DB 2013, 2215, je nach Auslegung auch das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens, BAG v. 2.11.2016 – 10 AZR 419/15, NZA 2017, 187. Fehlt eine ausdrückliche Anzahl der Wochenstunden und ist die Beschäftigung in „Vollzeit“ vereinbart, darf der Arbeitnehmer die Klausel so verstehen, dass die regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche nicht übersteigt, BAG v. 25.3.2015, NZA 2015, 1002 Rz. 14. 2 Vgl. BAG v. 8.10.2008 – 5 AZR 155/08; eine genaue Regelung der Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag ist aus Arbeitgebersicht nicht sinnvoll. Die Festlegung der Lage der Arbeitszeit gehört zum Kernbereich des Direktionsrechtes des Arbeitgebers, BAG v. 17.7.2007, NZA 2008, 118, so dass eine vertragliche Regelung dieses beschränken würde; allerdings ist § 87 Abs. 1 Nr. 1, 2 BetrVG zu beachten. Auch eine langjährig unveränderte Arbeitszeit führt nicht zu einer Konkretisierung und damit Beschränkung des Weisungsrechts für die Zukunft; auch die Übertragung von Mehrarbeit über mehrere Jahre begründet daher für sich alleine noch keine dauerhafte Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit, BAG v. 22.4.2009, DB 2009, 1652; v. 11.10.1995, DB 1996, 834. Unterlässt der Arbeitgeber allerdings eine Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage, kommt er ohne entsprechendes Angebot des Arbeitnehmers mit Ablauf eines jeden Arbeitstages in Annahmeverzug, soweit er die Sollarbeitszeit nicht ausschöpft, BAG v. 26.1.2011, NZA

332 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.1.2 Kap. 7 (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden/Woche. Sie kann aus betrieblichen Gründen auf mehrere Wochen ungleichmäßig verteilt werden, jedoch nur so, dass in […] zusammenhängenden Wochen der Ausgleich erreicht wird.3 (2) Der Arbeitgeber ist berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen,4 wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der Arbeitsausfall der Arbeitsverwaltung angezeigt ist (§§ 95 ff. SGB III).5 Dabei ist eine Ankündigungsfrist von drei Wochen einzuhalten.6 Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die in Ziff.[…] geregelte Vergütung im Verhältnis der ausgefallenen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit.

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2011, 640; zur Möglichkeit, den Annahmeverzug für diesen Fall vertraglich auszuschließen, vgl. Zaumseil, ArbRB 2011, 222; Richter/Lange, NZA-RR 2012, 57. Beachte aber § 3 ArbZG. Der Arbeitgeber kann ohne entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag Kurzarbeit nur auf Grund einer kollektiven oder einzelvertraglichen Vereinbarung einführen; eine einseitige Einführung mit Hilfe seines Direktionsrechts ist wohl nicht möglich (BAG v. 14.2.1991 –2 AZR 415/90, dann bedarf es zur Arbeitszeitverkürzung einer – je nach Dringlichkeit auch außerordentlichen – Änderungskündigung, BAG v. 14.2.1991 – 2 AZR 415/90, AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 4. Im Einzelnen Kap. 2 Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, Kap. 2 Rz. 111a; Bauer/Günther, NZA 2020, 419. Nach vordringender Auffassung muss der Arbeitnehmer gem. der Rechtsprechung zum Widerrufsvorbehalt (Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Kurzarbeitsklausel“, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 111a, Kap. 2 Rz. 138 f.) auch bei der Kurzarbeitsklausel „wissen, was auf ihn zukommt“. Daher sind hier die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit auf die Berechtigung zum Bezug von Kurzarbeitergeld beschränkt. Eine voraussetzungslose Kurzarbeitsklausel wird zT als unbillige Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 BGB angesehen, vgl. Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; Bonanni/Naumann, DStR 2009, 1374, 1375; Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 118. Auch wird zT. eine Ankündigungsfrist verlangt (LAG Berlin v. 19.1.2011 –17 Sa 2153/10 und v. 7.10.2010 –2 Sa 1230/10). Vgl. auch Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 118.

M 7.1.2

Klausel zur Anordnung von Überstunden

§ […] Mehrarbeit, Überstunden etc.1 (1) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet2, auf Anordnung des Arbeitgebers3 Mehrarbeits- und Überstunden bis zu […] Stunden/Monat4, höchstens jedoch in gesetzlich zulässigem Umfang, zu leisten. Darüber hinaus ist er verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Nacht-, Schicht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in gesetzlich zulässigem Umfang zu leisten. Das gilt auch für Geschäftsreisen.

1 Vgl. Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Überstunden“, Kap. 2 Rz. 127 sowie eingehend Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986 ff. 2 Die Regelung zur Pauschalabgeltung von Überstunden unterliegt als Hauptleistungsabrede nicht der Inhaltskontrolle. Ob sich das ändert, wenn der Vertrag auch eine Anordnungsbefugnis vorsieht, ist offen (dagegen Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986 ff.). Ohne Regelung einer Anordnungsbefugnis ist der Arbeitnehmer allerdings nicht zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Insoweit muss der Arbeitgeber abwägen, ob er das Risiko in Kauf nimmt, dass ein Arbeitnehmer keine Überstunden leistet, oder das Risiko, dass bei entsprechender Vereinbarung die Pauschalabrede der Inhaltskontrolle unterfällt. Vorliegend sind Anordnungsbefugnis und Vergütung streng getrennt, möglicherweise scheidet dann eine Inhaltskontrolle der Vergütungsregelung aus (so Bauer/Arnold/Willemsen, DB 2012, 1986 ff.). 3 Vgl. EuGH v. 8.1.2001 – C-350/99, NZA 2001, 381 – Lange; ob und ggf. inwieweit die Gründe für die Anordnung von Überstunden angegeben werden müssen, ist umstritten, s. dazu Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 127, „Überstunden“. Soweit man auf dem Standpunkt steht, dass die Gründe angegeben werden müssen, könnte die Klausel lauten wie folgt: „Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers bei betrieblichem Bedarf Mehrarbeit/ Überstunden bis zu den Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes in seiner jeweils gültigen Fassung zu leis-

Lingemann | 333

Kap. 7 M 7.1.2 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit evtl. Auch wenn der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers wiederholt Mehrarbeits- oder Überstunden leistet, bleibt die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit im Übrigen unverändert. Aus der wiederholten Anordnung von Mehrarbeits- und/oder Überstunden entsteht kein Anspruch auf deren künftige Anordnung oder entsprechende Vergütung.5 evtl. (2) Mehrarbeits- und Überstunden werden durch Freizeitausgleich mit dem Faktor 1,25 abgegolten. Dies gilt nicht, soweit durch die Abgeltung der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem MiLoG pro Zeitstunde im Abrechnungszeitraum unterschritten wird.6 oder (2) Der Arbeitgeber zahlt für jede geleistete Mehrarbeits- oder Überstunde einen Zuschlag von 25 % zu dem Arbeitsentgelt nach […].7 oder (2) Die ersten 208 Über- und Mehrarbeitsstunden im Monat sind durch die Vergütung gemäß Ziff. […] abgegolten.9 Darüber hinausgehende Über- und Mehrarbeitsstunden werden durch Freizeitausgleich mit

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ten. Für Teilzeitbeschäftigte gilt diese Regelung anteilig entsprechend. Betriebliche Bedarfe im Sinne dieser Klausel liegen vor bei Arbeitsmehrbedarfen – zur Einhaltung von Fertigstellungsterminen, Fristen etc.; – zur Wahrnehmung von Terminen, die aufgrund Vorgaben Dritter (Kunden, Lieferanten o.Ä.) oder der Verfügbarkeit anderer Mitarbeiter Mehrarbeit/Überstunden bedingen; – zur Abdeckung von vorübergehenden Arbeitsspitzen; – zur Abdeckung von sonstigem nicht planbaren Personalbedarf, insbesondere in Vertretungssituationen; – im Falle sonstiger betrieblicher Erfordernisse, die im Einzelfall auch unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers die Anordnung vorübergehender Mehrarbeit/Überstunden rechtfertigen“. (Vorschlag von Chwalisz/Salamon auf der Frühjahrstagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht 2013; ähnlich Salamon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720.) UE bedarf es der Angabe von Gründen jedoch nicht. Bei Versetzungsklauseln verlangt das BAG wegen der erforderlichen Flexibilität und Nichtvorhersehbarkeit von Gründen für eine Versetzung keine Angabe von Gründen. Die gleichen Erwägungen gelten bei Überstunden umso mehr, denn sie decken regelmäßig einen aus verschiedensten Gründen häufig nicht planbaren Mehrbedarf an Arbeit ab. Auch die Klausel belegt letztlich, dass eine Aufzählung von Gründen keine zusätzliche Vorhersehbarkeit für den Arbeitnehmer bringt. Eine Beschränkung der Überstundenanzahl ist ratsam. Maßgeblich für die Höhe ist, ob es sich um eine Arbeitsabruf-Klausel (dazu BAG v. 7.12.2005, NZA 2006, 423) oder um eine Überstunden-Klausel handelt. Während erstere einen plan- und vorhersehbaren, jedoch unter Umständen schwankenden Personalbedarf decken soll, geht es bei letzterer um einen besonderen, unvorhergesehenen Umstand, der vorübergehend längere Arbeitszeit erfordert, BAG v. 24.9.2014, NZA 2014, 1328 Rz. 20; v. 7.12.2005, NZA 2006, 423; Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238, 242. Bei einer Arbeitsabrufklausel gilt die Grenze von § 12 Abs. 2 TzBfG von 25 % (vgl. Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Arbeit auf Abruf“, Kap. 2 Rz. 89), bei einer Überstundenregelung wie im Muster dürfte ua. wegen der vorübergehenden Natur der Mehrarbeit/Überstunden auch eine größere Ausdehnung zulässig sein. Die Klausel dient dazu, eine entsprechende betriebliche Übung oder Konkretisierung zu vermeiden; zurückhaltend zumindest gegenüber einer konkludenten Vertragsänderung bei Mehrleistung BAG v. 22.4. 2009, DB 2009, 1652; vgl. auch Groeger/Sadtler, ArbRB 2009, 117, 120. Auch wenn eine Vereinbarung nach § 3 MiLoG nur „insoweit“ unwirksam ist, wie der Mindestlohn unterschritten wird, sollten gesetzliche Mindestlohnansprüche ausdrücklich aus der Abgeltungsklausel zur Vermeidung einer Intransparenz ausgenommen werden, vgl. dazu Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“ Kap. 2 Rz. 118 und BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 43/18 zu Verfallklauseln. Überstunden sind nicht zwingend gesondert zu vergüten (Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Überstundenklausel“,Kap. 2 Rz. 127). Gerade bei Verschränkung von arbeitszeitbezogen und arbeitszeitunabhängig vergüteter Arbeitsleistung bedarf es einer ausdrücklichen Regelung, BAG v. 27.6.2012, NZA 2012, 1147; v. 21.9.2011, NZA 2012, 145. Im Übrigen kommt es auf die objektive Vergütungserwartung an, BAG v. 27.6.2012, NZA 2012, 1147 m. Anm. Bauer, FD-ArbR 2012, 338218; v. 22.2.2012, NZA 2012, 861. Die Anzahl der pauschal abzugeltenden Überstunden muss im Vertrag genannt werden, BAG v. 22.2.2012, NZA 2012, 861 Rz. 16; v. 1.9.2010, DB 2011, 61. Diese pauschale Abgeltung dürfte bei einer Arbeitszeit von 40 Stunden/Woche zulässig sein, BAG v. 16.5. 2012, NZA 2012, 908, 909; v. 17.8.2011, NZA 2011, 1335.

334 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.1.5 Kap. 7 dem Faktor […] abgegolten. Dies gilt nicht, soweit durch die Abgeltung der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem MiLoG pro Zeitstunde im Abrechnungszeitraum unterschritten wird.

M 7.1.3

Klage auf Überstundenvergütung

S. M 12.9.

M 7.1.4

Vertrauensarbeitszeit

§§ 1 ff. (Beginn, Art der Tätigkeit etc.)1 § 3 Arbeitszeit (1) Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden. Der Arbeitnehmer ist nicht an feste Arbeitszeiten gebunden. Er dokumentiert seine Arbeitszeit eigenverantwortlich. (2) Weisungen seines Vorgesetzten zur Lage der Arbeitszeit hat der Arbeitnehmer abweichend von diesem Grundsatz zu beachten. 1 Ausführlich zur Vertrauensarbeitszeit vgl. Compensis, NJW 2007, 3089 ff.

M 7.1.5

Gleitzeitvereinbarung

§§ 1 ff. (Beginn, Art der Tätigkeit etc.) § 3 Arbeitszeit1 (1) Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden. Der tägliche Arbeitszeitrahmen setzt sich zusammen aus der Gleitzeit morgens, der Kernarbeitszeit und der Gleitzeit nachmittags. Im vereinbarten Rahmen kann der Arbeitnehmer Beginn und Ende der Arbeitszeit selbst bestimmen. Während der Kernarbeitszeit besteht Anwesenheitspflicht. (2) Der Arbeitszeitrahmen ist wie folgt festgelegt: Gleitzeit morgens

[…] Uhr bis […] Uhr

Kernarbeitszeit

[…] Uhr bis […] Uhr

Gleitzeit nachmittags

[…] Uhr bis […] Uhr

(3) Der Arbeitgeber kann die Lage der Arbeitszeit jederzeit abweichend bestimmen. (4) Der Arbeitnehmer hat die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten. Resultieren Arbeitszeiten aus nicht abgestimmten Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz, werden sie nicht gutgeschrieben. (5) Die Arbeitszeiterfassung erfolgt mittels des elektronischen Datenerfassungssystems. Dieses ist beim Betreten und Verlassen des Betriebsgeländes sowie aus Anlass der Pausenzeiten zu betätigen. 1 Vgl. BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02, NZA 2004, 670.

Lingemann | 335

Kap. 7 M 7.1.6 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

M 7.1.6

Jahresarbeitszeitvertrag

§§ 1 ff. (Beginn, Art der Tätigkeit etc.) § 3 Arbeitszeit (1) Die regelmäßige Jahresarbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen […] Stunden im Kalenderjahr. Dies entspricht einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von […] Stunden in einem Abrechnungszeitraum von 52 Wochen/Jahr. Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt […] und muss im Durchschnitt von einem Kalenderjahr nach Maßgabe des Abs. 2 erreicht werden. (2) Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage richten sich nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen.1 Sofern es zu keinem regelmäßigen Arbeitseinsatz an jedem Arbeitstag kommt, wird der Arbeitgeber den jeweiligen Einsatz mindestens vier Tage im Voraus mitteilen. (3) Zum Ausgleich der monatlichen Abweichungen zwischen der nach Abs. 1 vereinbarten individuellen regelmäßigen Arbeitszeit des Mitarbeiters und der tatsächlichen Arbeitszeit nach Abs. 2 wird ein Arbeitszeitkonto eingerichtet2. In das Arbeitszeitkonto können Plus- und Minusstunden eingestellt werden.3 Minusstunden werden als Vorschuss auf das monatliche Arbeitsentgelt berechnet. (4) Plusstunden sind die über die individuelle regelmäßige monatliche Arbeitszeit hinaus entstandenen Arbeitsstunden. Minusstunden sind die unter der individuellen regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit liegenden Arbeitsstunden. Das Arbeitszeitkonto darf maximal ([…]) Plusstunden umfassen. Durch Feiertage ausgefallene Arbeitsstunden werden in Höhe der ausgefallenen Arbeitszeit als Plusstunden auf das Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters gebucht. Das Arbeitszeitkonto ist spätestens am 31.10. jedes Kalenderjahres auszugleichen. Wird eine Arbeitszeit von 10 Stunden werktäglich erreicht, so ist spätestens nach 6 Monaten ein Ausgleich in der Weise herbeizuführen, dass nach Ablauf der 6 Monate von einer in der Vergangenheit geleisteten werktäglichen Arbeitszeit von 8 Stunden im Durchschnitt auszugehen ist. Ist der am 31.10. zu erreichende Zeitausgleich nicht möglich, ist er in den folgenden 3 Monaten vorzunehmen. Dazu hat der Arbeitgeber mit dem betroffenen Mitarbeiter spätestens am 31.10. eine entsprechende Vereinbarung zu treffen mit dem Ziel, einen Zeitausgleich vorzunehmen. Ist auch in diesem Zeitraum der Zeitausgleich aus betrieblichen Gründen nicht möglich, kann ein Übertrag in den nächsten Ausgleichszeitraum mit maximal […] Stunden erfolgen. Die darüber hinausgehenden Stunden sind in Geld auszugleichen. Die Übertragung dieser Zeitguthaben erfolgt im Rahmen der vorgenannten Zeitkontengrenzen und weitet diese nicht aus.

1 Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Jahresarbeitszeit und Abrufarbeit. Die Zulässigkeit ist umstritten. 2 Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf eine den vereinbarten Vorgaben entsprechende Führung des Arbeitszeitkontos (BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 676/11, NZA 2012, 870 Rz. 26). 3 Zunächst in das Arbeitszeitkonto eingestellte Stunden darf der Arbeitgeber nur streichen, wenn ihm dies die zu Grunde liegende Vereinbarung gestattet. Kürzt der Arbeitgeber zu Unrecht Guthaben, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf (Wieder-)Gutschrift, BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 676/11, NZA 2012, 870 Rz. 20, 25; v. 26.1.2011 – 5 AZR 819/09, NZA 2011, 640 Rz. 13, m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2011, 299. Im Leiharbeitsverhältnis ist § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG zu beachten. Regelungen, die es dem Entleiher ermöglichen, in verleihfreien Zeiten das Arbeitszeitkonto abzubauen, sind daher unwirksam v. 16.4.2014 – 5 AZR 483/12, NZA 2014, 1262 Rz. 22 ff.

336 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.1.7 Kap. 7 (5) Der Ausgleich von Plusstunden erfolgt i.d.R. durch Freizeitnahme. Ist der Mitarbeiter an einem festgelegten Freistellungstag arbeitsunfähig erkrankt, bleibt dieser Tag ein Freistellungstag und wird nicht zum Entgeltfortzahlungstag; eine Rückübertragung in das Zeitguthaben erfolgt nicht.4 (6) Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Saldo auf dem Arbeitszeitkonto wie folgt auszugleichen: Plusstunden werden abgegolten. Minusstunden werden mit Ansprüchen auf das monatliche Arbeitsentgelt verrechnet. Ggf. kann vorrangig auch eine Verrechnung mit noch abzugeltendem Urlaub erfolgen. Ist eine Verrechnung von Minusstunden nicht möglich, kann der Vorschuss auf das monatliche Arbeitsentgelt in Höhe der gebuchten und nicht verrechneten Minusstunden zurückgefordert werden. § 818 Abs. 3 BGB5 und § 616 BGB finden keine Anwendung.

§ 4 Vergütung Der Mitarbeiter erhält entsprechend der regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von […] Stunden ein gleichbleibend hohes monatliches Arbeitsentgelt. 4 Nach LAG Berlin v. 17.10.2013 – 25 Sa 157/13 besteht ein Anspruch auf Gutschrift der vollen krankheitsbedingt ausgefallenen regelmäßigen Arbeitszeit. 5 § 818 Abs. 3 BGB ist dispositiv. Ohne den Ausschluss wird sich der Arbeitnehmer in der Regel auf Entreicherung berufen könne, da insbesondere bei einer geringen Überzahlung davon auszugehen ist, dass die Zuvielzahlung für den laufenden Lebensunterhalt verbraucht wurde, BAG v. 25.4.2001, NZA 2001, 966 Rz. 25.

M 7.1.7

Abrufarbeit

§§ 1 ff. (Beginn, Art der Tätigkeit usw.) § 6 Arbeitszeit (1) Der Arbeitnehmer erbringt die Arbeit nach dem betrieblichen Bedarf. (2) Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 12 Stunden, wobei jeweils mindestens drei Stunden zusammenhängend zu arbeiten sind. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, je nach Arbeitsanfall auf Aufforderung des Arbeitgebers bis zu 15 Stunden pro Woche zu arbeiten.1 (3) Der Arbeitgeber teilt dem Arbeitnehmer spätestens bis Mittwoch jeder Woche die Arbeitszeitdauer für die Folgewoche und die Zeiteinteilung mit.

§ 7 Vergütung Die Vergütung beträgt […] Euro/Stunde. Sie erfolgt nach den angeordneten Stunden. 1 Die vom Arbeitnehmer zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit kann der Arbeitgeber bis zu 25 % einseitig erhöhen, § 12 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.

Lingemann | 337

Kap. 7 M 7.1.8 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

M 7.1.8

Bandbreitenregelung

§§ 1 ff. (Beginn, Art der Tätigkeit etc.) § 3 Arbeitszeit Die Arbeitszeit beträgt 30 Stunden pro Woche. Je nach Arbeitsanfall kann der Arbeitgeber die wöchentliche Arbeitszeit bis auf 37,5 Std. heraufsetzen.1 Der Arbeitgeber teilt dem Arbeitnehmer spätestens bis Mittwoch jeder Woche die Arbeitszeitdauer für die Folgewoche und die Zeiteinteilung mit.

§ 4 Vergütung Die Vergütung wird verstetigt gezahlt. Mehr- oder Minderarbeit wird halbjährig ausgeglichen. 1 Die vom Arbeitnehmer zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit kann der Arbeitgeber bis zu 25 % einseitig erhöhen, § 12 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.

M 7.1.9

Klage des Arbeitnehmers auf Anerkennung/Vergütung der Umkleidezeit als Arbeitszeit

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass das Wechseln zwischen Freizeit- und Berufskleidung zu Beginn und Ende jeder Arbeitsschicht zur Arbeitszeit des Klägers zählt. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro … nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.2

Begründung: Die Bekl. ist ein Unternehmen der Systemgastronomie. Der Kl. ist dort auf der Basis des Arbeitsvertrages vom … als Servierkraft tätig. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden, pro Stunde wird eine Vergütung von Euro 15,– bezahlt. Beweis: Arbeitsvertrag des Kl. vom […], Anlage K 1 Gemäß den innerbetrieblichen Richtlinien der Bekl. ist der Kl. verpflichtet, bei der Arbeit eine von der Bekl. gestellte Uniform in gelb-roter Farbe mit Firmenlogo zu tragen. Beweis: Arbeitsanweisung der Bekl., Anlage K 2 Der Arbeitsvertrag des Kl. regelt nicht, ob Umkleidezeiten zur Arbeitszeit zählen. Tarifverträge sind auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Der Kläger könnte sich natürlich auch die Mühe machen, die Zinsen jeweils aus den monatlichen Differenzbeträgen ab dem Folgemonat zu verlangen.

338 | Lingemann und Diller

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.2.1 Kap. 7 Die Bekl. stellt zwar Umkleideräume zur Verfügung. Sie besteht jedoch darauf, dass morgens erst nach dem Umkleiden eingestempelt und abends vor dem Umkleiden ausgestempelt wird. Auf diese Weise wird die Zeit des Umkleidens vor und nach Schichtbeginn nicht als Arbeitszeit erfasst. Dementsprechend vergütet die Bekl. die Umkleidezeiten nicht, und sie erkennt sie bei der Einteilung der Schichten und im Hinblick auf die gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen des ArbZG auch nicht als Arbeitszeit an. Nach der Rechtsprechung des BAG sind Umkleidezeiten Arbeitszeiten, wenn entweder der Arbeitgeber anordnet, dass die Mitarbeiter sich im Betrieb umkleiden müssen, oder aber die Dienstkleidung so ungewöhnlich ist, dass niemandem zugemutet werden kann, darin den Weg zur Arbeit zurückzulegen.3 Jedenfalls letztere Fallkonstellation ist vorliegend gegeben. Die Vergütungspflicht der Bekl. für die Umkleidezeiten folgt aus der Stundenlohnvereinbarung des Arbeitsvertrages, jedenfalls aber aus § 612 BGB. Mit dem Zahlungsantrag Ziff. 2 wird rückständige Vergütung für die Umkleidezeiten seit dem […] geltend gemacht. Pro Tag macht das Umkleiden vor und nach der Schicht zusammen 20 Minuten aus, Beweis: Zeugnis der Arbeitskollegen X, Y und Z, zu laden über die Bekl. sodass sich auf der Basis des vereinbarten Stundenlohns von Euro 15,– pro Tag eine zusätzliche Vergütung von Euro 5,– für die Umkleidezeiten ergibt. Geltend gemacht wird diese zusätzliche Vergütung für die insgesamt […] Arbeitstage des Zeitraums vom […] bis […]. Die Feststellungsklage Ziff. 1 ist jedenfalls als Zwischenfeststellungsklage iSd. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Für die Feststellung besteht schon deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis, weil von der Einordnung der Umkleidezeiten als Arbeitszeit auch andre Fragen abhängen, insbesondere hinsichtlich des öffentlichen Arbeitszeitrechts, des MiLoG oder auch der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Nr. 2 und 3 BetrVG. […] (Unterschrift) 3 Ausf. zum Stand der Rechtsprechung Bettinghausen, BB 2019, 2613; Franzen, NZA 2016, 136.

M 7.2.1

Teilzeitarbeitsvertrag

§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses (1) […] (i.F. „Der Arbeitnehmer“ – die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird als Arbeitnehmer in Teilzeit1 die Tätigkeit eines […] ausführen. Die Tätigkeit beginnt am […].2 (2) Die Probezeit beträgt sechs Monate. Während dieser Zeit können die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis mit einmonatiger Frist zum Monatsschluss kündigen.3

§ 2 Arbeitszeit (1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden. oder (1) Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt 4 Stunden. (2) Die tägliche Arbeitszeit beginnt um 16.00 und endet um 20.00 Uhr.

1 Vgl. Einf. Rz. 54. Für ältere Arbeitnehmer ist noch das Altersteilzeitgesetz von Bedeutung. Zu Einzelheiten vgl. Einf. Rz. 78 ff. und M 7.6.1. 2 Zu etwaigen Versetzungsklauseln vgl. M 2.1a bei Ziff. 1. 3 Gem. § 622 Abs. 3 BGB wäre auch eine Kündigungsfrist von zwei Wochen zulässig.

Diller und Lingemann | 339

Kap. 7 M 7.2.1 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit oder (2) Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach der Betriebsvereinbarung für Teilzeitbeschäftigte vom […] oder (2) Der Arbeitnehmer wird jeweils von Montag bis Donnerstag fünf Stunden täglich arbeiten. oder (2) Der Arbeitnehmer wird jede zweite Woche 40 Stunden arbeiten und in der dazwischenliegenden Woche jeweils aussetzen. (3) Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Lage der Arbeitszeit mit einer Ankündigungsfrist von […] Tagen zu ändern.4 (4) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anforderung gegebenenfalls bis zu maximal […] Überstunden/ Woche zu leisten. Pro Überstunde werden 1/[…] der nach § 3 vereinbarten Monatsvergütung zzgl. einem Zuschlag von […] % bezahlt.

§ 3 Vergütung Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung von Euro […], zahlbar jeweils am Monatsende.

§ 4 Urlaub5 Der Arbeitnehmer erhält einen anteiligen Urlaub von 15 Arbeitstagen pro Jahr.6 oder Der Urlaub für Vollzeitarbeitnehmer beträgt […] Arbeitstage; der Arbeitnehmer erhält dementsprechend für die Teilzeittätigkeit anteiligen Urlaub von […] Arbeitstagen. oder Der Arbeitnehmer erhält […] Arbeitsstunden Erholungsurlaub. Für jeden gewährten Urlaubstag verringert sich der Urlaubsanspruch um die Anzahl der Stunden, die der Arbeitnehmer ohne den Urlaub gearbeitet hätte.7

4 Ohne eine solche Klausel besteht beim Teilzeitarbeitsvertrag kein Recht des Arbeitgebers zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit im Rahmen seines Direktionsrechts, wenn diese vertraglich festgelegt ist, Küttner/Reinecke, Nr. 402 Teilzeitbeschäftigung, Rz. 6. Die Ankündigungsfrist sollte in Anlehnung an § 12 Abs. 3 TzBfG mindestens vier Tage betragen, vgl. auch Preis/Preis, II T 10, Rz. 7. Zu den – uE nicht begründeten – Bedenken gegen die Wirksamkeit einer Klausel, die die Bestimmung der Lage der Arbeitszeit dem Arbeitgeber überlässt, s. M 2.1a bei Ziff. 3 Abs. 1 Var. 1 m. Anm.; BAG v. 17.7.2007 – 9 AZR 819/06, NZA 2008, 118. Besteht ein Betriebsrat, so hat er bei der Änderung ebenso wie bei der vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen. 5 Zu ausführlichen Urlaubsklauseln, die hier ggf. noch ergänzend aufgenommen werden könnten, s. M 2.1a, Ziff. 7. 6 Der Urlaub von Teilzeitkräften berechnet sich nach folgender Formel: Gesamturlaubstage für Vollzeitkräfte geteilt durch Wochentage der Vollzeittätigkeit multipliziert mit Wochentagen der Teilzeittätigkeit ergibt Gesamturlaubstage der Teilzeittätigkeit, vgl. BAG v. 14.2.1991 – 8 AZR 97/90, NZA 1991, 777; zur Berechnung bei unregelmäßiger Verkürzung der Arbeitszeit BAG v. 5.9.2002 – 9 AZR 244/01, NZA 2003, 726. 7 Ob eine entsprechende Klausel wirksam ist, ist nicht geklärt. Da die Bemessung des Urlaubs nach dem BUrlG auf Arbeitstage und nicht auf Arbeitsstunden bezogen ist, vgl. BAG v. 8.5.2001, NZA 2001, 1254, ist eine Urlaubsgewährung in Arbeitsstunden wahrscheinlich unzulässig, auch wenn der Arbeitnehmer an verschiedenen Wochentagen eine ungleichmäßige Stundenzahl leistet, ErfK/Gallner, § 3 BUrlG Rz. 14. Um zu verhindern, dass Arbeitnehmer die Urlaubstage „gezielt“ auf lange Arbeitstage legen, wird für diese Fälle vorgeschlagen, wochenweise Urlaub zu gewähren, Lunk, AnwaltsFormulare Arbeitsrecht, § 1b Rz. 286.

340 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.2.2 Kap. 7

§ 5 Nebentätigkeit Nebentätigkeiten, die die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigen können, bedürfen seiner vorherigen schriftlichen Zustimmung. Die Aufnahme jeder Nebentätigkeit ist dem Arbeitgeber anzuzeigen.

§§ 6 ff. (Spesen, Erfindungen, Wettbewerbsverbot usw.) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

M 7.2.2

Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit

Firma […] z. Hd. der Personalleiterin (Ort, Datum) […] Sehr geehrte Frau […], ich bin seit1 dem […] bei Ihnen beschäftigt und beantrage,2 meine Arbeitszeit von bisher […] h/Woche ab dem […] um […] h/Woche auf […] h/Woche3 herabzusetzen. Als Verteilung der reduzierten Arbeitszeit bevorzuge ich montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] Alternativ schlage ich die Verteilung auf montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] vor.4 Eine Verringerung meiner Arbeitszeit soll nur unter der Bedingung erfolgen, dass es zu einer der von mir gewünschten Arbeitszeitverteilungen kommt.5 Ich hoffe auf Ihre Zustimmung zu der verkürzten Arbeitszeit und ihrer Verteilung. Zu Gesprächen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. […] (Unterschrift) 1 Mindestens sechs Monate, § 8 Abs. 1 TzBfG. 2 Vgl. Einf. Rz. 16 ff.; ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt, zB weil er nicht den Umfang der zu reduzierenden Arbeitszeit angibt, löst er nicht die für den Arbeitnehmer günstigen Fiktionswirkungen gem. § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG aus, BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 239/07, NZA 2008, 289. 3 § 8 Abs. 1 TzBfG bezieht sich auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit. Es werden auch flexible, auf längere Zeiträume angelegte Arbeitszeitregelungen erfasst. 4 Diese Verteilungsalternativen sind uE trotz des Urteils des BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 729/07 m. Anm. Ahrendt in jurisPR-ArbR 13/2012 zulässig, wonach das Angebot durch ein schlichtes „Ja“ annehmbar sein muss. Zwar kann der Arbeitgeber diesen Antrag nicht annehmen, ohne deutlich zu machen, welche der beiden Alternativen er bevorzugt; ein schlichtes „Ja“ reicht also nicht aus. Jedoch erweitern die Alternativen nur den Spielraum des Arbeitgebers. Er hat die Möglichkeit entweder die erste Alternative als die bevorzugte Variante anzunehmen oder die zweite Alternative. Reagiert er auf ein solches Aufforderungsschreiben, dürfte angesichts dieser eindeutigen Rangfolge die Fiktionswirkung bzgl. der ersten Alternative greifen. Allerdings ist eine solche alternative Formulierung bislang nicht höchstrichterlich geprüft; rechtssicherer ist eine Formulierung ohne Alternative. 5 Eine solche Bedingung, § 158 Abs. 1 BGB, dürfte zulässig sein.

Lingemann | 341

Kap. 7 M 7.2.3 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

M 7.2.3

Schreiben bei verspätetem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit

Betr.: Ihr Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit vom […] (Ort, Datum) Guten

Tag1

[…],

Sie wünschen eine Reduzierung Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von […] auf […] Stunden ab dem […]. Dies hätten Sie mit einer Frist von drei Monaten, also spätestens am […],2 beantragen müssen. Da Ihr Antrag erst am […] bei uns eingegangen ist, werden wir ihn als zum […]3 gestellt behandeln. Unsere Antwort erhalten Sie bis […].4 Mit freundlichem Gruß […] (Unterschrift) 1 Genderneutrale Anrede. 2 Bei § 8 Abs. 2 TzBfG handelt es sich um eine Vorschaltfrist, die vor dem Beginn der Verringerung abgelaufen sein muss, Hopfner, DB 2001, 2144, 2145; Straub, NZA 2001, 919, 921 f. 3 Der neue Beginn ist durch Auslegung des ursprünglichen Antrags zu ermitteln. Der Beginn verschiebt sich nach dem hypothetischen Willen des Antragstellers auf den nächstmöglichen fristgemäßen Zeitpunkt, BAG v. 20.7.2004 – 9 AZR 626/03, NZA 2004, 1090. 4 § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG verlangt die Entscheidung des Arbeitgebers bis spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung. Bei einer Verschiebung des vom Arbeitnehmer gewünschten Beginns mittels Auslegung des verspäteten Antrags, vgl. BAG v. 20.7.2004 – 9 AZR 626/03, NZA 2004, 1090, verschiebt sich auch die Vorfrist des Arbeitgebers. Zu beachten ist jedoch, dass ein zu kurzfristig gestelltes Änderungsverlangen die in § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG geregelte Zustimmungsfiktion nicht auslösen kann, s. Einf. Rz. 20.

M 7.2.4

Ablehnung des Antrags auf Reduzierung der Arbeitszeit (Ort, Datum) […]

Betr.: Ihr Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit vom

[…]1

Guten Tag2 […], ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom […]. Sie machen darin eine Verringerung und Neuverteilung Ihrer Arbeitszeit geltend. Wir haben zwischenzeitlich diesen Wunsch mit Ihnen mit dem Ziel erörtert, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Es konnte jedoch kein Einvernehmen erzielt werden.3 Wir können wegen entgegenstehender betrieblicher Gründe der Verringerung und Neuverteilung4 der Arbeitszeit nicht zustimmen. Die betrieblichen Gründe liegen darin, dass […] [zB: die ganztägige Erreichbarkeit in Ihrer Funktion für Kunden zwingend notwendig ist, und wir trotz entsprechender Stellenanzeigen 1 Gem. § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG bedarf die Ablehnung der Textform. Auch muss sie spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeittätigkeit dem Arbeitnehmer zugehen, andernfalls verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang, dh. der Arbeitsvertrag gilt insoweit als geändert. Aus Arbeitgebersicht muss die Monatsfrist daher unter allen Umständen beachtet werden. 2 Genderneutrale Anrede. 3 Vgl. § 8 Abs. 3 TzBfG; allerdings tritt auch ohne Verhandlung nicht die Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG ein, sondern die Wirksamkeit der Ablehnung hängt auch dann davon ab, ob betriebliche Gründe gem. § 8 Abs. 4 TzBfG entgegenstehen, BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02, NZA 2003, 911. Jedoch kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dann keine Einwendungen entgegenhalten, die im Rahmen einer Verhandlung hätten ausgeräumt werden können. 4 Um die Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG zu vermeiden, ist immer auch die Neuverteilung ausdrücklich abzulehnen.

342 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.2.5 Kap. 7 und Anfragen bei der zuständigen Arbeitsagentur keinen Mitarbeiter finden konnten, der die verbleibende Arbeitszeit abdecken würde; oder: dass aufgrund der projektgebundenen Art der Tätigkeit die Übergabe an einen anderen Arbeitnehmer, der Ihre Funktion in der verbleibenden Zeit übernehmen könnte, mehr als 40 % der Gesamtarbeitszeit ausmachen würde].5 Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 5 Eine nähere Begründung ist nach dem Gesetz in der Ablehnung zwar – anders als für den Teilzeitanspruch nach § 15 Abs. 7 BEEG – nicht erforderlich und der Arbeitgeber ist mit nicht in dem Ablehnungsschreiben vorgebrachten Gründen grds. im Prozess nicht präkludiert, BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02, NZA 2003, 911; jedoch ist eine sorgfältige Begründung dringend anzuraten, da jedenfalls Instanzgerichte zum Teil eine solche Präklusion annehmen und auch das BAG aaO von einer Präklusion ausgeht, wenn der Arbeitgeber gleichzeitig seine Verhandlungsobliegenheit nach § 8 Abs. 3 TzBfG verletzt.

M 7.2.5

Antrag auf Brückenteilzeit

Firma […] z. Hd. der Personalleiterin (Ort, Datum) […] Sehr geehrte Frau […], ich bin seit1 dem […] bei Ihnen beschäftigt und beantrage,2 meine Arbeitszeit von bisher […] h/Woche ab dem […]3 um […] h/Woche auf […] h/Woche4 für einen Zeitraum von […] Jahren5 herabzusetzen. Als Verteilung der reduzierten Arbeitszeit bevorzuge ich montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] Alternativ schlage ich die Verteilung auf montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] vor.6 Eine Verringerung meiner Arbeitszeit soll nur unter der Bedingung erfolgen, dass es zu einer der von mir gewünschten Arbeitszeitverteilungen kommt.7 1 Mindestens sechs Monate, § 9a Abs. 1 TzBfG. 2 Ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt, zB weil er nicht den Umfang der zu reduzierenden Arbeitszeit angibt, löst er nicht die für den Arbeitnehmer günstigen Fiktionswirkungen gem. § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG aus, vgl. für zeitlich unbefristete Teilzeit BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 239/07, NZA 2008, 289. 3 Frühestens in drei Monaten ab Zugang der Antragstellung, § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 2 TzBfG. 4 § 9a Abs. 1 TzBfG bezieht sich auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit. Es werden auch flexible, auf längere Zeiträume angelegte Arbeitszeitregelungen erfasst. 5 Mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre, § 9a Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Arbeitsvertraglich kann aber auch ein kürzerer oder längerer Zeitraum vereinbart werden, Löwisch, BB 2018, 3061, 3064. 6 Diese Verteilungsalternativen sind uE trotz des Urteils des BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 729/07 m. Anm. Ahrendt in jurisPR-ArbR 13/2012 zulässig, wonach das Angebot durch ein schlichtes „Ja“ annehmbar sein muss. Zwar kann der Arbeitgeber diesen Antrag nicht annehmen, ohne deutlich zu machen, welche der beiden Alternativen er bevorzugt; ein schlichtes „Ja“ reicht also nicht aus. Jedoch erweitern die Alternativen nur den Spielraum des Arbeitgebers. Er hat die Möglichkeit entweder die erste Alternative als die bevorzugte Variante anzunehmen oder die zweite Alternative. Reagiert er auf ein solches Aufforderungsschreiben, dürfte angesichts dieser eindeutigen Rangfolge die Fiktionswirkung bzgl. der ersten Alternative greifen. Allerdings ist eine solche alternative Formulierung bislang nicht höchstrichterlich geprüft; rechtssicherer ist eine Formulierung ohne Alternative. 7 Eine solche Bedingung, § 158 Abs. 1 BGB, dürfte zulässig sein.

Lingemann | 343

Kap. 7 M 7.2.5 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Ich hoffe auf Ihre Zustimmung zu der zeitlich begrenzten Verringerung der Arbeitszeit und ihrer Verteilung. Zu Gesprächen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. […] (Unterschrift)

M 7.2.6

Schreiben bei verspätetem Antrag auf Brückenteilzeit

Betr.: Ihr Antrag auf Brückenteilzeit vom […] (Ort, Datum) Guten Tag […], Sie wünschen eine zeitlich begrenzte Verringerung Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von […] auf […] Stunden ab dem […] für einen Zeitraum von […] Jahren. Dies hätten Sie mit einer Frist von drei Monaten, also spätestens am […],1 beantragen müssen. Da Ihr Antrag nicht fristgerecht bei uns eingegangen ist,2 müssen wir ihn aus diesem Grund zurückweisen.3 Mit freundlichem Gruß […] (Unterschrift) 1 Bei § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 2 TzBfG handelt es sich um eine Vorschaltfrist, die vor dem Beginn der Verringerung abgelaufen sein muss, vgl. zu § 8 TzBfG Hopfner, DB 2001, 2144, 2145; Straub, NZA 2001, 919, 921 f. 2 § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG verlangt die Entscheidung des Arbeitgebers bis spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Brückenteilzeit. Zu beachten ist jedoch, dass ein zu kurzfristig gestelltes Änderungsverlangen die in § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG geregelte Zustimmungsfiktion nicht auslösen kann. 3 Eine dahingehende Auslegung des Antrags, dass er sich hilfsweise auf den gesetzlich zulässigen Beginn bezieht, ist angesichts der Mindest- und Höchstdauer der Brückenteilzeit nicht möglich, Kleinebrink, DB 2019, 667, 670; Merkel/Steinat, DB 2018, 3118, 3118.

M 7.2.7

Ablehnung des Antrags auf Brückenteilzeit (Ort, Datum) […]

Betr.: Ihr Antrag auf Brückenteilzeit vom […]1 Guten Tag […], ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom […]. Sie machen darin eine zeitlich begrenzte Verringerung und Neuverteilung Ihrer Arbeitszeit geltend. Wir haben zwischenzeitlich diesen Wunsch mit Ihnen mit dem Ziel erörtert, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Es konnte jedoch kein Einvernehmen erzielt werden.2 1 Gem. § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG bedarf die Ablehnung der Textform. Auch muss sie spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeittätigkeit dem Arbeitnehmer zugehen, andernfalls verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang, dh. der Arbeitsvertrag gilt insoweit als geändert. Aus Arbeitgebersicht muss die Monatsfrist daher unter allen Umständen beachtet werden. 2 Vgl. § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 3 TzBfG; allerdings tritt auch ohne Verhandlung nicht die Fiktion der § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG ein, sondern die Wirksamkeit der Ablehnung hängt auch dann davon ab, ob betriebliche Gründe gem. § 9a Abs. 2, § 8 Abs. 4 TzBfG entgegenstehen, BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02, NZA 2003, 911 zu einem Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG. Jedoch kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dann keine Einwendungen entgegenhalten, die im Rahmen einer Verhandlung hätten ausgeräumt werden können.

344 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.2.8 Kap. 7 Da zum Zeitpunkt des Beginns Ihrer begehrten Verringerung3 sich bereits […]4 Arbeitnehmer in Brückenteilzeit5 befinden, können wir der zeitlich begrenzten Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit nicht zustimmen.6 Oder Da wir in der Regel weniger als 45 Arbeitnehmer beschäftigen, besteht kein Rechtsanspruch auf Brückenteilzeit. Wir müssen daher Ihren Antrag auf zeitlich begrenzte Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit zurückweisen.7 Oder Wir können wegen entgegenstehender betrieblicher Gründe der zeitlich begrenzten Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit nicht zustimmen. Die betrieblichen Gründe liegen darin, dass […] [zB: die lediglich befristete Anstellung einer Ersatzkraft derzeit aussichtslos ist8, oder: für eine Ersatzkraft nicht im Verhältnis stehende Schulungskosten anfallen9].10] Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 3 Diese Prognoseentscheidung sollte aus Arbeitgebersicht vorsorglich dokumentiert werden, MüKo/MüllerGlöge, § 9a TzBfG Rz 9. 4 Mindestens vier bei in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmern, mindestens fünf bei in der Regel mehr als 60 Arbeitnehmern, mindestens 6 bei in der Regel mehr als 75 Arbeitnehmern, mindestens sieben bei in der Regel mehr als 90 Arbeitnehmern, mindestens 8 bei in der Regel mehr als 105 Arbeitnehmern, mindestens neun bei in der Regel mehr als 120 Arbeitnehmern, mindestens zehn bei in der Regel mehr als 135 Arbeitnehmern, mindestens elf bei in der Regel mehr als 150 Arbeitnehmern, mindestens zwölf bei in der Regel mehr als 165 Arbeitnehmern, mindestens 13 bei in der Regel mehr als 180 Arbeitnehmern und mindestens 15 bei einer Arbeitnehmeranzahl von in der Regel zwischen 196 und 200 Arbeitnehmern, § 9a Abs. 2 Satz 2 TzBfG (sog. Überforderungsschutz). Nicht mitzuzählen sind Personen in Berufsbildung, § 9a Abs. 7 TzBfG. Teilzeitbeschäftigte werden voll gezählt, Kleinebrink, DB 2019, 1147, 1151. Bereits gestellte und genehmigte Anträge auf Brückenteilzeit sind zu berücksichtigen, Merkel/Steinat, DB 2018, 3118, 3122. 5 Es kommt allein auf Teilzeitbeschäftigte nach § 9a TzBfG an. Nicht mitzuzählen sind also Arbeitnehmer in Elternteilzeit, in zeitlich unbegrenzter Teilzeit oder in Pflegeteilzeit, wenn diese unabhängig von § 9a TzBfG vereinbart wurden. 6 Um die Fiktion der § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG zu vermeiden, sind immer auch die Befristung, die Verringerung und die Neuverteilung ausdrücklich abzulehnen, vgl. Gerlach, SPA 2018, 121, 122. 7 Kleinbetriebsklausel, § 9a Abs. 1 Satz 3 TzBfG. Es kommt auf die Mitarbeiterzahl bei Antragstellung an, Merkel/Steinat, DB 2018, 3118, 3119. 8 MüKo/Müller-Glöge, § 9a TzBfG Rz 15. 9 Merkel/Steinat, DB 2018, 3118, 3123. 10 Eine nähere Begründung ist nach dem Gesetz in der Ablehnung zwar – anders als für den Teilzeitanspruch nach § 15 Abs. 7 BEEG – nicht erforderlich und der Arbeitgeber ist mit nicht in dem Ablehnungsschreiben vorgebrachten Gründen grds. im Prozess nicht präkludiert (BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02, NZA 2003, 911 zu § 8 TzBfG); jedoch ist eine sorgfältige Begründung dringend anzuraten, da jedenfalls Instanzgerichte zu § 8 TzBfG zum Teil eine solche Präklusion annehmen und auch das BAG aaO von einer Präklusion ausgeht, wenn der Arbeitgeber gleichzeitig seine Verhandlungsobliegenheit nach § 8 Abs. 3 TzBfG verletzt.

M 7.2.8

Klage auf Zustimmung zur dauerhaften Reduzierung der Arbeitszeit

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 1 S. M 101.1 und M 101.2.

Lingemann und Diller | 345

Kap. 7 M 7.2.8 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Antrag des Klägers vom […] auf Reduzierung seiner vertraglichen Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden zuzustimmen.2 2. Die Beklagte wird (hilfsweise für den Fall des Obsiegens)3 verurteilt, die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend dem Antrag des Klägers vom […] auf montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] festzulegen.

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. seit dem […] beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung ist der Anstellungsvertrag vom […] Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Am […] beantragte der Kl. schriftlich bei der Bekl. die Reduzierung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden zum […] Gleichzeitig bat er um die Festlegung seiner Arbeitszeit entsprechend dem Antrag Ziff. 2. Beweis: Schreiben des Klägers vom […], Anlage K 2 Mit Schreiben vom […] lehnte die Bekl. dies aus betrieblichen Gründen ab, ohne diese näher zu bezeichnen. Beweis: Schreiben der Bekl. vom […], Anlage K 3 Mit dem Klageantrag Ziff. 1 macht der Kl. seinen Anspruch auf Zustimmung zur Verringerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit aus § 8 Abs. 1 und 4 TzBfG geltend. Der Kl. ist seit mehr als sechs Monaten bei der Bekl. beschäftigt (§ 8 Abs. 1 TzBfG) und die Bekl. beschäftigt in ihrem Unternehmen regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer ohne Auszubildende (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit wurde rechtzeitig gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG gestellt. Die Verringerung der Arbeitszeit sollte zum […] beginnen, so dass bei Antragstellung am […] mehr als drei Monate Zeit verblieben. Vorsorglich wird das Vorliegen betrieblicher Gründe, die der Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen, bestritten.4 Mit dem Klageantrag Ziff. 2 begehrt der Kl. seinen Anspruch auf Festsetzung der Verteilung der verringerten Arbeitszeit aus § 8 Abs. 4 TzBfG. […] (Unterschrift)5 2 Der Antrag ist auch ohne Angabe eines Zeitpunkts, ab dem die Verringerung der Arbeitszeit greifen soll, bestimmt genug gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da gem. § 894 Abs. 1 ZPO die Abgabe der Willenserklärung erst mit Rechtskraft des Urteils als erfolgt gilt und ihre Wirkung erst dann eintreten kann; ArbG Essen v. 19.6.2001, NZA-RR 2001, 573, 574; Diller, NZA 2001, 589, 590 Fn. 10; Beckschulze, DB 2000, 2598, 2606. 3 Wird der Antrag wie hier als unechter Hilfsantrag gestellt, so bleibt er für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag Ziff. 1 im Streitwert unberücksichtigt, vgl. Grobys/Bram, NZA 2001, 1178. 4 Bestreiten mit Nichtwissen kann ausreichen, wenn dem Kläger Einblicke in die Betriebsabläufe fehlen, Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1180. 5 Der Streitwert wird in der Gerichtspraxis höchst unterschiedlich festgesetzt. Nach herrschender Auffassung ist gem. § 42 Abs. 1 GKG die 36-fache Vergütungsdifferenz anzusetzen, höchstens jedoch der Vierteljahresbezug nach § 42 Abs. 2 GKG, LAG Sachsen v. 15.12.2003 – 4 Ta 277/03–5; LAG Nürnberg v. 12.9.2003 – 9 Ta 127/03; LAG Köln v. 5.3.2002 – 10 Ta 50/02, MDR 2002, 1257; LAG Hessen v. 28.11.2001, NZA 2002, 404; LAG Hamburg v. 8.11.2001, NZA-RR 2002, 551. Nach LAG Rh.-Pf. v. 8.3.2011 – 1 Ta 27/11 ist höchstens der Betrag anzusetzen, der im Ralle einer auf Entgeltreduzierung gerichteten Änderungskündigung, die der Arbeitnehmer unter Vorbehalt annimmt, als Obergrenze anzusetzen wäre. Andere Gerichte setzen grds. zwei Bruttomonatsgehälter an (LAG München v. 21.2.2003 – 8 Ta 61/02, NZA-RR 2003, 382; LAG Düsseldorf v. 12.11.2001 – 7 Ta 375/01, NZA-RR 2002, 103), oder operieren mit dem Hilfswert von Euro 5.000,– nach § 23 RVG, LAG Rh.-Pf. v. 30.5.2005 – 7 Ta 71/05, AE 2006, Nr. 244.

346 | Diller

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.2.9 Kap. 7

M 7.2.9

Klage auf Zustimmung zur vorübergehenden Reduzierung der Arbeitszeit (Brückenteilzeit)

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Antrag des Klägers vom […] auf Reduzierung seiner vertraglichen Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden für die Zeit vom […] bis […] zuzustimmen.2 2. Die Beklagte wird (hilfsweise für den Fall des Obsiegens)3 verurteilt, die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend dem Antrag des Klägers vom […] auf montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] festzulegen. 3. Die Beklagte wird (hilfsweise für den Fall des Obsiegens)4 verurteilt, den Kläger ab dem […] bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in diesem Verfahren, längstens bis zum […] mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden zu beschäftigen.5

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. seit dem […]6 beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung ist der Anstellungsvertrag vom […] Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Am […] beantragte der Kl. schriftlich bei der Bekl. die Reduzierung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden für den Zeitraum von […] bis […]. Gleichzeitig bat er um die Festlegung seiner Arbeitszeit entsprechend dem Antrag Ziff. 2. Beweis: Schreiben des Klägers vom […], Anlage K 2 Mit Schreiben vom […] lehnte die Bekl. dies aus betrieblichen Gründen ab, ohne diese näher zu bezeichnen. Beweis: Schreiben der Bekl. vom […], Anlage K 3 Mit dem Klageantrag Ziff. 1 macht der Kl. seinen Anspruch auf Zustimmung zur Verringerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit aus § 9a Abs. 1 TzBfG geltend. Der Kl. ist seit mehr als sechs Monaten bei der Bekl. beschäftigt (§ 8 Abs. 1 TzBfG) und die Bekl. beschäftigt in ihrem Unternehmen regelmäßig mehr als 45 Arbeitnehmer (§ 9a Abs. 1 TzBfG). Der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit wurde rechtzeitig gemäß § 9a Abs. 3 iVm. § 8 Abs. 2 TzBfG gestellt. Die Verringerung der Arbeitszeit sollte zum […] beginnen, so dass bei Antragstellung am […] mehr als drei Monate Zeit verblieben. 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Die Dauer der Brückenteilzeit muss mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre betragen, § 9a Abs. 1 TzBfG. 3 Wird der Antrag wie hier als unechter Hilfsantrag gestellt, so bleibt er für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag Ziff. 1 im Streitwert unberücksichtigt, vgl. Grobys/Bram, NZA 2001, 1178. 4 Formulierung in Anlehnung an Korinth, ArbRB 2018, 384, 385. 5 Erst zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsachverfahrens besteht ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis. Sofern der Arbeitgeber alle Rechtsmittel ausschöpft, kann zum Zeitpunkt des Abschlusses des Hauptsacheverfahrens der Anlass für den Teilzeitwunsch entfallen sein. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, bietet sich dieser Hilfsantrag an, wobei dessen prozessuale Zulässigkeit höchstrichterlich noch nicht festgestellt wurde, zum Ganzen: Korinth, ArbRB 2018, 384. 6 Der Anspruch auf Brückenteilzeit besteht erst nach mindestens sechsmonatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses, § 9a Abs. 1 TzBfG.

Diller | 347

Kap. 7 M 7.2.9 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Vorsorglich wird das Vorliegen betrieblicher Gründe, die der Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen, bestritten.7 Mit dem Klageantrag Ziff. 2 begehrt der Kl. seinen Anspruch auf Festsetzung der Verteilung der verringerten Arbeitszeit aus § 9a Abs. 3 iVm. § 8 Abs. 4 TzBfG. […] (Unterschrift)8 7 Bestreiten mit Nichtwissen kann ausreichen, wenn dem Kläger Einblicke in die Betriebsabläufe fehlen, Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1180. 8 Der Streitwert wird in der Gerichtspraxis höchst unterschiedlich festgesetzt. Nach herrschender Auffassung ist gem. § 42 Abs. 1 GKG die 36-fache Vergütungsdifferenz anzusetzen, höchstens jedoch der Vierteljahresbezug nach § 42 Abs. 2 GKG, LAG Sachsen v. 15.12.2003 – 4 Ta 277/03–5; LAG Nürnberg v. 12.9.2003 – 9 Ta 127/03; LAG Köln v. 5.3.2002 – 10 Ta 50/02, MDR 2002, 1257; LAG Hessen v. 28.11.2001 – 15 Ta 361/01, NZA 2002, 404; LAG Hamburg v. 8.11.2001 – 6 Ta 24/01, NZA-RR 2002, 551. Nach LAG Rh.-Pf. v. 8.3. 2011 – 1 Ta 27/11 ist höchstens der Betrag anzusetzen, der im Ralle einer auf Entgeltreduzierung gerichteten Änderungskündigung, die der Arbeitnehmer unter Vorbehalt annimmt, als Obergrenze anzusetzen wäre. Andere Gerichte setzen grds. zwei Bruttomonatsgehälter an (LAG München v. 21.2.2003 – 8 Ta 61/ 02, NZA-RR 2003, 382; LAG Düsseldorf v. 12.11.2001 – 7 Ta 375/01, NZA-RR 2002, 103), oder operieren mit dem Hilfswert von Euro 5.000,– nach § 23 RVG, LAG Rh.-Pf. v. 30.5.2005 – 7 Ta 71/05, AE 2006, Nr. 244.

M 7.2.10 Klage auf Feststellung der reduzierten Arbeitszeit An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass seit dem […]2 die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit des Klägers […]3 beträgt.4 2. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens: a) Es wird festgestellt, dass die Arbeitszeit auf […] festgelegt ist. b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger vertragsgemäß […]5 zu beschäftigen.

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. seit dem […] beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung ist der Anstellungsvertrag vom […] Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Datum des Eintritts der Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG. 3 Je nach gewünschtem Arbeitszeitmodell, zB Jahresarbeitszeit von 800 Stunden oder 40 Stunden wöchentlich in den Monaten Juni bis November etc. 4 Das Muster bezieht sich auf einen nicht rechtzeitig abgelehnten Antrag auf dauernde Teilzeit nach § 8 TzBfG (M 7.2.2). Bei beantragter Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG ergeben sich keine abweichenden Besonderheiten. 5 Hier sind die Beschäftigungszeiten entsprechend den Anträgen Ziff. 1 und 2a) einzufügen. Die übrigen Arbeitsbedingungen müssen nur dann gesondert aufgeführt werden, wenn sie im Streit sind, Erman/Edenfeld, § 611 BGB Rz. 357.

348 | Diller

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.2.11 Kap. 7 Am […] beantragte der Kl. schriftlich bei der Bekl. die Reduzierung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden zum […] Gleichzeitig bat er um die Festlegung seiner Arbeitszeit entsprechend dem Antrag Ziff. 2. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 2 Darauf reagierte die Bekl. nicht. Mit dem Klageantrag Ziff. 1 macht der Kl. die Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG geltend. Der Kl. ist seit mehr als sechs Monaten bei der Beklagten beschäftigt (§ 8 Abs. 1 TzBfG), und die Bekl. hat in ihrem Unternehmen regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer ohne Auszubildende angestellt (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit wurde rechtzeitig gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG gestellt. Die Verringerung der Arbeitszeit sollte zum […] beginnen, so dass bei Antragstellung am […] mehr als drei Monate Zeit verblieben. Die fehlende Ablehnung löst die Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG aus. Mit dem Klageantrag Ziff. 2a) begehrt der Kl. die Feststellung der Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG hinsichtlich der Verteilung der verringerten Arbeitszeit. Auch hinsichtlich der Verteilung greift die Fiktionswirkung. Mit dem Klageantrag Ziff. 2b) begehrt der Kl. Beschäftigung entsprechend dem derzeitigen Vertragsinhalt. Die Kl. ist gemäß § 259 ZPO zulässig. Die Bekl. hat am […] die Beschäftigung des Kl. zu den nunmehr geltenden Beschäftigungszeiten verweigert. Damit besteht die Besorgnis, dass die Beklagte den Kl. auch zukünftig nicht vertragsgemäß beschäftigen wird. Der Anspruch auf Beschäftigung folgt aus der Pflicht der Bekl., im bestehenden Arbeitsverhältnis das Persönlichkeitsrecht des Kl. zu achten.6 […] (Unterschrift)7 6 BAG v. 21.3.2018 – 10 AZR 560/16, NZA 2018, 1071; v. 10.11.1955, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht. 7 Zum Streitwert s. M 7.2.8 Fn. 5.

M 7.2.11 Einstweilige Verfügung auf Reduzierung der Arbeitszeit An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Antragsteller. Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir: Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung2 verpflichtet, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache den Antragsteller mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf Montag bis Freitag, jeweils vier Stunden von 8.00 bis 12.00 Uhr, zu beschäftigen.3

1 Allgemein zur einstweiligen Verfügung s. Kap. 107, insb. M 107.1. 2 Der sonst bei Verfügungsanträgen übliche (s. M 107.1) Antrag auf Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist bei Anträgen auf Arbeitszeitreduzierung fehl am Platze und sollte gleich weggelassen werden; schon wegen § 616 BGB kann die Sache nie so eilbedürftig sein, dass keine Zeit für eine mündliche Verhandlung wäre. 3 Das Bedürfnis für eine einstweilige Regelung besteht auch über eine erstinstanzliche Entscheidung hinaus, da die in der Hauptsache begehrte Abgabe einer Willenserklärung erst mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt (§ 894 ZPO).

Diller | 349

Kap. 7 M 7.2.11 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit Begründung: Der ASt. ist bei der AGg. seit dem […] beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung ist der Anstellungsvertrag vom […]. Glaubhaftmachung: Anstellungsvertrag vom […], Anlage AS 1 Am […] beantragte der ASt. schriftlich bei der AGg. die Reduzierung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden zum […]. Gleichzeitig bat er um die Festlegung seiner Arbeitszeit entsprechend dem Antrag. Glaubhaftmachung: Schreiben des ASt. vom […], Anlage AS 2; Eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 3 Mit Schreiben vom […] lehnte die AGg. dies aus betrieblichen Gründen ab, ohne diese näher zu bezeichnen. Glaubhaftmachung: Schreiben der AGg. vom […], Anlage AS 4 Die Frau des ASt. ist seit […] ganztägig pflegebedürftig. Glaubhaftmachung: Ärztliches Gutachten vom […], Anlage AS 5 Der ASt. hat keine weiteren Familienangehörigen, und es ist ihm finanziell nicht möglich, Pflegepersonal über den Rahmen der Finanzierung durch die Pflegeversicherung hinaus zu beschäftigen. Derzeit wird die Ehefrau vom Pflegedienst […] täglich in der Zeit von 8.00 bis 12.00 Uhr, also vier Stunden täglich betreut. Die übrige Pflege muss der ASt. übernehmen. Hierfür wendet er acht Stunden täglich auf. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 3 Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1 und 4 TzBfG.4 Der ASt. ist seit mehr als sechs Monaten bei der AGg. beschäftigt (§ 8 Abs. 1 TzBfG) und die AGg. hat in ihrem Unternehmen regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer ohne Auszubildende angestellt (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit wurde rechtzeitig gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG gestellt. Die Verringerung der Arbeitszeit sollte zum […] beginnen, so dass bei Antragstellung am […] mehr als drei Monate Zeit verblieben, die jedoch inzwischen verstrichen sind. Betriebliche Gründe, die der Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen, liegen nicht vor. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass die Pflegebedürftigkeit der Ehefrau des ASt. derzeit akut vorliegt und die Sicherung der erforderlichen Pflege nicht gewährleistet ist. Da die Pflege durch den ASt. während acht Stunden täglich erforderlich ist, muss er seine Arbeitszeit entsprechend dem Antrag reduzieren. Bezüglich der Verteilung der Arbeitszeit ergibt sich der Verfügungsgrund daraus, dass der ASt. aufgrund der Pflegezeiten des Pflegedienstes […] darauf angewiesen ist, genau zu diesen Zeiten zu arbeiten. […] (Unterschrift)5 4 Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familien-Pflegezeitgesetz (FPfZG) (s. Kap. 17 Rz. 56 ff., Kap. 17 Rz. 77 ff.) nützen dem Antragsteller hier nichts, weil er die Reduzierung der Arbeitszeit auf Dauer begehrt, während das PflegeZG nur für sechs Monate und das FPfZG nur für 24 Monate greifen. 5 Zum Streitwert auch M 7.2.8 Fn. 5. Ein Abschlag wegen des Eilverfahrens ist nicht angezeigt, LAG BadenWürttemberg v. 14.9.2010 – 5 Ta 180/10; LAG Nürnberg v. 12.9.2003 – 9 Ta 127/03.

350 | Diller

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.2.12 Kap. 7

M 7.2.12 Änderungsvertrag zur Reduzierung der Arbeitszeit Zwischen der X-AG (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […]1 wird Folgendes vereinbart:

Vorbemerkung2 Herr/Frau […] hat bei dem Arbeitgeber am […] um die Reduzierung seiner/ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und deren Neuverteilung gebeten. Nach Erörterung dieses Wunsches vereinbaren die Parteien die folgenden Änderungen zum Arbeitsvertrag vom […]:

§ 1 Arbeitszeit (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ab […] Stunden wöchentlich. (2) Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit wird ab […] folgendermaßen gestaltet: montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] Die Gesellschaft behält sich eine spätere Änderung der Lage der Arbeitszeit vor, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse von Herrn/Frau […] erheblich überwiegt.3 Dies wird der Arbeitgeber einen Monat vorher ankündigen.

§ 2 Vergütung (1) Herr/Frau […] erhält ab […] eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von Euro […] (2) Herr/Frau […] erhält ab […] Urlaubs- und Weihnachtsgratifikation in Höhe von Euro […] bzw. Euro […] (3) Die betriebliche Altersversorgung wird beibehalten, wobei die Zuführungen pro rata gemäß dem Verhältnis der bisherigen zur neu vereinbarten Arbeitszeit gekürzt werden. (4) Die Regelungen über vermögenswirksame Leistungen bleiben unverändert bestehen. (5) Alle übrigen geldwerten Vorteile und Leistungen des Arbeitgebers werden ab […] pro rata gemäß dem Verhältnis der bisherigen zur neu vereinbarten Arbeitszeit gekürzt.4 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

1 Im Muster wurde auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Frau/Herr als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Ansonsten könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kapitel 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Die Vorbemerkung erfolgt im Hinblick auf § 8 Abs. 6 TzBfG, wonach der Arbeitnehmer frühestens nach Ablauf von zwei Jahren, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat, eine erneute Verringerung der Arbeitszeit verlangen kann. 3 Diese Regelung gem. § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG ist sinnvoll, damit das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit nicht durch die vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen wird. Die Ankündigungsfrist sollte in Anlehnung an § 12 Abs. 3 TzBfG dabei mindestens vier Tage betragen, so dass die Monatsfrist im Formular unproblematisch ist, vgl. auch Preis/Preis, II T 10 Rz. 7. 4 Mit dieser Generalklausel lassen sich evtl. leicht zu übersehende Ansprüche aus betrieblicher Übung uÄ erfassen.

Lingemann | 351

Kap. 7 M 7.3.1 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

M 7.3.1

Teilzeitvertrag mit geringfügiger Beschäftigung (Minijob)

§ 1 Beginn und Art der Tätigkeit […] wird mit Wirkung ab dem […]für die Tätigkeit als […] angestellt. Es handelt sich um eine geringfügige Beschäftigung. Der Arbeitgeber behält sich vor, […] unter Berücksichtigung der Interessen von […] auch eine andere angemessene und gleichwertige Tätigkeit zuzuweisen.

§ 2 Arbeitszeit Die Arbeitszeit beträgt wöchentlich […] Stunden.1

§ 3 Vergütung (1) […] erhält monatlich eine Vergütung von Euro […]2 (2) Die Vergütung ist jeweils am Monatsende fällig und wird auf das von […] noch anzugebende Konto überwiesen.

§ 4 Steuer und Sozialversicherung (1) Da es sich um eine Teilzeitbeschäftigung mit geringfügiger Vergütung handelt, wird die Lohnsteuer pauschaliert durch den Arbeitgeber übernommen.3 oder (1) Die Parteien sind sich darüber einig, dass die vom Arbeitgeber zu tragende Lohnsteuer im Innenverhältnis vom Arbeitnehmer zu tragen ist und sein Lohn um den entsprechenden Betrag gekürzt wird.4 (2) […] wird darauf hingewiesen, dass er/sie Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben kann, wenn er/sie nach § 6 Abs. 1b SGB VI die Befreiung durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber beantragt.5 Die Befreiung wirkt ab Beginn des Kalendermonats des Eingangs beim Arbeitgeber, frühestens ab Beschäftigungsbeginn. Beantragt […] die Befreiung nicht, so ist er/sie verpflichtet, den gesetzlichen Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung von […] % des Arbeitsentgelts6 auf den jeweils geltenden Rentenversicherungsbeitrag aufzustocken. Durch diese eigenen Zuzahlungen erwirbt […] volle Leistungsansprüche in der Rentenversicherung. […] wird darauf hingewiesen, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht für die Dauer der Beschäftigung bindend ist und nicht widerrufen werden kann. (3) […] erklärt, dass er/sie keine weiteren Beschäftigungsverhältnisse hat. oder 1 Die Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit ist ratsam, um das Risiko zu vermindern, dass das Arbeitsverhältnis als Abrufarbeit mit einer Mindeststundenzahl von 20 Stunden/Woche gem. § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG angesehen wird mit der Folge, dass der Mindestlohn nicht eingehalten wird und Sozialversicherungsbeiträge auf den Mindestlohn auf Basis von 20 Stunden/Woche zu zahlen sind, „Phantomlohn-Falle bei Minijobs“, Romanowski, NWB BBK Nr. 9 v. 3.5.2019; Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137. Für regelmäßig ausgeübte Beschäftigungen ist nur noch die Verdienstobergrenze von Euro 450,– im Monat gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV maßgeblich. Auf Basis eines zu zahlenden Mindestlohns von ab 1.1.2020 9,35 Euro/Stunde schuldet der Arbeitnehmer maximal 48,1 Std./Monat, bei steigendem Mindestlohn entsprechend weniger. 2 Die Entgeltobergrenze beträgt Euro 450,–, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV. 3 Zu Einzelheiten der Lohnsteuerpauschalierung vgl. Einf. Rz. 65 ff. 4 Die Abwälzung der pauschalen Lohnsteuer auf den Arbeitnehmer im Innenverhältnis ist arbeitsrechtlich zulässig. Es liegt kein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten vor, BAG v. 1.2.2006 – 5 AZR 628/04, DB 2006, 1059. 5 Der Arbeitgeber ist zu diesem Hinweis nicht verpflichtet. Zu Einzelheiten s. Einf. Rz. 64 ff. 6 S. dazu Einf. Rz. 65.

352 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.3.1 Kap. 7 (3a) […] erklärt, dass er/sie folgende weitere nicht geringfügige Beschäftigungsverhältnisse hat: Firma

Entgelt

Wöchentliche Arbeitszeit

versicherungspflichtig? KV/PV

□ □

a) b)

RV

□ □

ALV

□ □

(3b) […] erklärt, dass er/sie folgende weitere geringfügige Beschäftigungsverhältnisse hat: Firma

Entgelt

Wöchentliche Arbeitszeit

Rentenversicherung? RV mit Eigenanteil

□ □

a) b)

RV ohne Eigenanteil

□ □

Bei Zusammenrechnung aller geringfügigen Beschäftigungen einschließlich der geringfügigen Beschäftigung gemäß diesem Vertrag beträgt das Arbeitsentgelt nicht mehr als Euro 450,– monatlich. (4) […] verpflichtet sich, jede Änderung der steuerlichen bzw. versicherungsrechtlichen Verhältnisse, insbesondere die Aufnahme weiterer Beschäftigungen, der Firma unverzüglich [ggf.: mit den Angaben nach Abs. 3] mitzuteilen.7 […] wird darauf hingewiesen, dass die Aufnahme weiterer Beschäftigungen oder deren Änderung zu einer umfassenden Sozialversicherungspflicht auch dieses Beschäftigungsverhältnisses führen kann. Verstößt […] daher gegen diese Mitteilungspflicht, so ist er/sie verpflichtet, der Firma aufgrund eventueller Ansprüche der Sozialversicherungsträger und der Finanzverwaltung entstehende Kosten zu erstatten.

§ 5 Urlaub Der Urlaubsanspruch für Vollzeitbeschäftigte beträgt […] Arbeitstage, der Urlaubsanspruch für […] somit anteilig für den vertraglich vereinbarten Arbeitszeitanteil […] Arbeitstage.8

§ 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende schriftlich gekündigt werden.9 Längere gesetzliche Kündigungsfristen gelten für beide Parteien. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

7 Zur Zusammenrechnung von mehreren geringfügigen Beschäftigungen und geringfügigen Beschäftigungen mit dem Hauptberuf s. Einf. Rz. 64. Im Hinblick auf § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV ist eine solche Anzeigepflicht dringend anzuraten. 8 Zur Urlaubsberechnung vgl. M 7.2.1 § 4 m. Anm. Bei § 5 des vorliegenden Musters gilt der gesetzliche Mindesturlaub gem. § 3 BUrlG von 24 Werktagen (bzw. 20 Arbeitstage bei einer Fünf-Tage-Woche für Vollzeitkräfte), geteilt durch die Wochentage der Vollzeittätigkeit multipliziert mit den Wochentagen der Teilzeittätigkeit. 9 Gem. § 622 Abs. 1 BGB wäre für die ersten zwei Jahre des Arbeitsverhältnisses auch eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats zulässig. Greift ein Tarifvertrag ein, sind dessen Regelungen zu beachten.

Lingemann | 353

Kap. 7 M 7.3.2 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit

M 7.3.2

Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nach § 6 Abs. 1b SGB VI

Arbeitnehmer:1 Name: […] Vorname: […] Rentenversicherungsnummer: […] Hiermit beantrage ich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung im Rahmen meiner geringfügig entlohnten Beschäftigung und verzichte damit auf den Erwerb von Pflichtbeitragszeiten. Ich habe die Hinweise auf dem „Merkblatt über die möglichen Folgen einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht“ zur Kenntnis genommen.2 Mir ist bekannt, dass der Befreiungsantrag für alle von mir zeitgleich ausgeübten geringfügig entlohnten Beschäftigungen gilt und für die Dauer der Beschäftigungen bindend ist; eine Rücknahme ist nicht möglich. Ich verpflichte mich, alle weiteren Arbeitgeber, bei denen ich eine geringfügig entlohnte Beschäftigung ausübe, über diesen Befreiungsantrag zu informieren. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitnehmers)

Arbeitgeber: Name: […] Betriebsnummer: […] Der Befreiungsantrag ist am […] bei mir eingegangen. Die Befreiung wirkt ab dem […]. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitgebers)3

1 Das Muster entspricht dem von der Minijob-Zentrale unter www.minijob-zentrale.de bereitgestellten Antragsmuster. 2 Die aktuelle Version dieses Merkblatts findet sich ebenfalls unter www.minijob-zentrale.de. 3 Der Befreiungsantrag ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 4a BVV zu den Entgeltunterlagen zu nehmen und nicht an die Minijob-Zentrale zu senden. Der Arbeitgeber muss die Befreiung der Minijob-Zentrale jedoch innerhalb von 6 Wochen melden.

M 7.4.1

Job-Sharing-Arbeitsvertrag mit einem Job-Partner

§ 1 Tätigkeit (1) […] (i.F. auch „Job-Partner“ – die Verwendung des Begriffs „Job-Partner“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird ab dem […] im Job-Sharing1 tätig sein. (2) […] übernimmt folgende Aufgabe: […] Der Arbeitgeber behält sich vor,2 unter Wahrung der Interessen des Job-Partners dem Arbeitnehmer auch eine andere gleichwertige und zumutbare, der Vorbildung und den Fähigkeiten entsprechende Aufgabe zu übertragen. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Aufgaben. 1 Vgl. Einf. Rz. 71. 2 Zur Versetzungs- und Änderungsklausel vgl. M 2.1a Ziff. 1 sowie Einf. Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129, AGBKlauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und „Versetzungsklausel“.

354 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.4.1 Kap. 7

§ 2 Beratung und Vertretung (1) […] wird in Abstimmung mit dem/den anderen am gleichen Arbeitsplatz Beschäftigten (Job-Partner) den zugewiesenen Arbeitsplatz während der betriebsüblichen Arbeitszeit ständig besetzen. Die Job-Partner können nicht gleichzeitig tätig sein. (2) Ist ein Job-Partner an der Arbeitsleistung verhindert, zB infolge Urlaub, Krankheit usw., so stellt der Arbeitgeber eine Vertretung. Die Job-Partner können die Vertretung im Einzelfall regeln. Bei dringenden betrieblichen Bedürfnissen verpflichtet sich […] zur Vertretung des ausgefallenen Job-Partners ganztägig oder zu den vom Arbeitgeber bestimmten Zeiten, sofern ihm/ihr dies zumutbar ist.3

§ 3 Aufteilung der Arbeitszeit (1) Die Job-Partner stimmen die Aufteilung der Arbeitszeit im Rahmen der betriebsüblichen Arbeitszeit untereinander ab. Sie legen jeweils für einen Zeitraum von […] dem Arbeitgeber einen Arbeitsplan nach Maßgabe des § 2 vor; der Arbeitgeber kann in begründeten Fällen seine Zustimmung zu dem Plan ganz oder teilweise verweigern. Auch die Urlaubsplanung ist in den Plan einzubeziehen. (2) Die Arbeitszeit wird so aufgeteilt, dass jeder Job-Partner im Laufe eines Zeitraumes von […] Monat(en) seinen Zeitanteil gemäß § 4 erreicht. Arbeitszeitguthaben oder Arbeitszeitschulden können nur bis zu 15 Stunden in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden. […] stimmt seine/ihre Urlaubsplanung mit den betrieblichen Belangen und den Wünschen des anderen Job-Partners ab. (3) Einigen die Job-Partner sich über die Aufteilung der Arbeitszeit oder die Urlaubsplanung nicht, so entscheidet der Arbeitgeber verbindlich.4 (4) Zeiten, in denen […] einen oder mehrere andere Job-Partner gemäß § 2 Abs. 2 vertritt, werden auf die Arbeitszeit gemäß § 4 nicht angerechnet, sondern mit Euro […] je geleistete Stunde gesondert vergütet.

§ 4 Arbeitszeit/Urlaub5 (1) Die Arbeitszeit beträgt […] Stunden je Woche. (2) Der Urlaubsanspruch für Vollzeitbeschäftigte beträgt […] Arbeitstage/Jahr, der Urlaubsanspruch für den Job-Partner somit anteilig […] Arbeitstage.

§ 5 Vergütung (1) […] erhält eine Vergütung in Höhe von Euro […] monatlich. § 3 Abs. 4 bleibt unberührt. (2) […] erhält Weihnachts- und Urlaubsgeld anteilig entsprechend dem Anteil der Arbeitszeit gemäß § 4 an der Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte. (3) Die Vergütung wird am Schluss eines jeden Kalendermonats fällig. Sind Vertretungszeiten abzurechnen, wird am Schluss des Kalendermonats ein angemessener Vorschuss gezahlt. Die Abrechnung und Auszahlung erfolgt bis zum 10. des Folgemonats.

3 Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 TzBfG können die Job-Partner zwar nicht von vornherein zur wechselseitigen Vertretung verpflichtet werden. Jede Vertretung bedarf der Vereinbarung für den Einzelfall, LAG München v. 15.9.1993 – 5 Sa 976/92, DB 1993, 2599. Jedoch kann die Verpflichtung zur Vertretung vorab für den Fall eines dringenden betrieblichen Erfordernisses vereinbart werden. Zur Vertretung ist der Job-Partner allerdings auch dann nur verpflichtet, wenn sie ihm zumutbar ist, § 13 Abs. 1 Satz 3 TzBfG. 4 Das Direktionsrecht des Arbeitgebers zur Lage der Arbeitszeit ist beim Job-Sharing auch ohne dahingehende Vereinbarung eingeschränkt: Die Job-Sharer bestimmen die Arbeitszeit untereinander selbst; nur, wenn sie sich nicht einigen, fällt das Direktionsrecht an den Arbeitgeber zurück, Schaub/Linck, ArbRHdb., § 43 Rz. 20. 5 Sofern Regelungen zu Überstunden und deren Vergütung sowie umfassendere Urlaubsregelungen gewollt sind, könnte man sich an Ziff. 4 ff. und 7 in M 2.1a orientieren.

Lingemann | 355

Kap. 7 M 7.4.1 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit § 6 Arbeitsverhinderung Eine Arbeitsverhinderung zeigt […] dem Arbeitgeber und den übrigen Job-Partnern unverzüglich an. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen legt er/sie spätestens am zweiten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit vor.6 Dies gilt auch für Folgebescheinigungen.

§ 7 Beendigung (1) Das Job-Sharing-Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von […] zum […] gekündigt werden.7 (2) Scheidet ein Job-Partner aus dem Job-Sharing-System aus, so darf den übrigen Job-Partnern aus diesem Grunde allein nicht gekündigt werden. Unberührt bleibt das Recht des Arbeitgebers zur Änderungskündigung.8 Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden sich um eine Ersatzkraft bemühen. (3) Die verbleibenden Job-Partner haben ein Vorschlagsrecht für eine Ersatzkraft. Der Arbeitgeber darf diesen Vorschlag nur aus wichtigem Grund ablehnen.

§ 8 Geltung von kollektiven und betrieblichen Regelungen9 Für das Arbeitsverhältnis gelten im Übrigen die für den Betrieb geltenden tariflichen und betrieblichen Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung, soweit sich aus der Eigenart des Job-Sharing-Arbeitsvertrages nichts anderes ergibt.

§§ 9 ff. (ggf. ergänzen: Regelungen zur Geheimhaltung, Nebentätigkeit, Ausschlussfristen, Datenschutz, Vollständigkeit, Schriftform, vgl. M 2.1a Ziff. 8 ff.) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

6 Die Frist des § 5 Abs. 1 EFZG (drei Kalendertage) wird dadurch verkürzt. Das ist nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG zulässig, vgl. auch BAG v. 14.11.2012, NJW 2013, 892, m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2012, 582. Zu den Einzelheiten Bauer/Röder/Lingemann, S. 64 ff. 7 Die Kündigungsfrist darf die Kündigungsfrist eines Vollzeitarbeitsverhältnisses nicht unterschreiten. 8 Vgl. § 13 Abs. 2 TzBfG. 9 Vgl. M 2.1a Ziff. 11.

M 7.4.2

Job-Sharing-Arbeitsvertrag mit allen Job-Partnern

§ 1 Tätigkeit1 (1) […] und […] (i.F. auch „Job-Partner“ – die Verwendung des Begriffs „Job-Partner“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) werden ab dem […] im Job-Sharing auf dem Arbeitsplatz […] tätig sein. Sie werden sich diesen Arbeitsplatz teilen. (2) Der Arbeitgeber behält sich vor,2 unter Wahrung der Interessen der Job-Partner den Job-Partnern auch eine andere gleichwertige und zumutbare, der Vorbildung und den Fähigkeiten entsprechende Aufgabe zu übertragen. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Aufgaben. 1 Der Vorteil dieses Vertrages liegt darin, dass auch die Handhabung des Systems im Verhältnis der Mitarbeiter zueinander festgelegt werden kann. 2 Zur Versetzungs- und Änderungsklausel vgl. M 2.1a Ziff. 1 sowie Einf. Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129, AGBKlauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und „Versetzungsklausel“.

356 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.4.2 Kap. 7

§ 2 Besetzung und Vertretung (1) Die Job-Partner werden in Abstimmung untereinander den zugewiesenen Arbeitsplatz während der betriebsüblichen Arbeitszeit ständig besetzen. Sie können nicht gleichzeitig tätig sein. (2) Ist ein Job-Partner an der Arbeitsleistung verhindert, zB infolge Urlaub, Krankheit usw., so wird eine Vertretung durch den Arbeitgeber gestellt. Die Job-Partner können die Vertretung im Einzelfall regeln. Bei dringenden betrieblichen Bedürfnissen verpflichtet sich jeder Job-Partner jedoch zur Vertretung des ausgefallenen Job-Partners ganztägig oder zu den vom Arbeitgeber bestimmten Zeiten, sofern ihm dies zumutbar ist.3

§ 3 Aufteilung der Arbeitszeit (1) Die Job-Partner stimmen die Aufteilung der Arbeitszeit im Rahmen der betriebsüblichen Arbeitszeit untereinander ab. Sie vereinbaren zunächst folgende Aufteilung:4 Job-Partner 1: montags bis mittwochs vormittags von […] bis […] Uhr, donnerstags nachmittags von […] bis […] Uhr, freitags nachmittags von […] bis […] Uhr. Job-Partner 2: montags bis mittwochs nachmittags von […] bis […] Uhr, donnerstags vormittags von […] bis […] Uhr, freitags vormittags von […] bis […] Uhr. Damit beträgt derzeit der Arbeitszeitanteil von Job-Partner 1 […] h/Woche, von Job-Partner 2 […] h/Woche. Ändert sich die Aufteilung, so legen die Job-Partner zwei Wochen vorher jeweils für einen Zeitraum von […] dem Arbeitgeber einen Arbeitsplan nach Maßgabe des § 2 vor. Der Arbeitgeber kann in begründeten Fällen seine Zustimmung zu dem Plan ganz oder teilweise verweigern. (2) Die Job-Partner legen zu Beginn des Jahres ihre Urlaubsplanung vor. Abs. 1 letzter Satz gilt entsprechend. (3) Auch bei abweichender Abstimmung beträgt der Arbeitszeitanteil jedes Job-Partners mindestens […] Stunden pro Tag zusammenhängend am Vormittag oder Nachmittag. Die Abstimmung hat darüber hinaus so zu erfolgen, dass jeder Beteiligte im Laufe eines Zeitraumes von […] Monat(en) seinen vertraglich vereinbarten Zeitanteil erreicht. Die Übertragung von Arbeitszeitguthaben oder von Arbeitszeitschulden ist bis zu 15 Stunden in den nächsten Abrechnungszeitraum zulässig. Die Übertragung größerer Arbeitszeitüberhänge bedarf der vorherigen Zustimmung des Arbeitgebers. Die Job-Partner stimmen ihre Urlaubsplanung mit den betrieblichen Belangen und den Wünschen der anderen Job-Partner ab. (4) Können sich die Job-Partner über die Aufteilung der Arbeitszeit oder die Urlaubsplanung nicht einigen, so entscheidet der Arbeitgeber verbindlich. (5) Zeiten, in denen ein Job-Partner einen oder mehrere andere Job-Partner gemäß § 2 Abs. 2 vertritt, werden auf die vereinbarte Arbeitszeit nicht angerechnet, sondern mit Euro […] je geleistete Stunde gesondert vergütet.

§ 4 Gesamtarbeitszeit/Urlaub5 (1) Die Gesamtarbeitszeit für alle Job-Partner zusammen beträgt […] Stunden je Woche. (2) Der Urlaubsanspruch für Vollzeitbeschäftigte beträgt […] Arbeitstage, der Urlaubsanspruch für die JobPartner somit anteilig für den vertraglich vereinbarten Arbeitszeitanteil nach der derzeitigen Aufteilung gemäß § 3 für Job-Partner 1 […] Arbeitstage und für Job-Partner 2 […] Arbeitstage. 3 Zur wechselseitigen Vertretung vgl. M 7.4.1 und M 7.4.2, § 2 Abs. 2. 4 Diese Vereinbarung bindet nur die Job-Partner untereinander. Eine Bindung gegenüber dem Arbeitgeber entsteht nur insoweit, als mit der ersten Änderung der Plan nach Abs. 1 letzter Absatz vorzulegen ist. 5 Sofern Regelungen zu Überstunden und deren Vergütung sowie umfassendere Urlaubsregelungen gewollt sind, könnte man sich an Ziff. 4 ff. und 7 in M 2.1a orientieren.

Lingemann | 357

Kap. 7 M 7.4.2 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit § 5 Vergütung (1) Für den vertraglich vereinbarten Arbeitszeitanteil nach der derzeitigen Aufteilung gemäß § 3 erhält der Job-Partner 1 Euro […] monatlich und der Job-Partner 2 Euro […] monatlich. § 3 Abs. 5 bleibt unberührt. (2) Weihnachts- und Urlaubsgeld wird anteilig entsprechend dem prozentualen Anteil der vereinbarten vertraglichen Arbeitszeit gezahlt. (3) Die Vergütung wird am Schluss eines jeden Kalendermonats fällig. Sind Vertretungszeiten abzurechnen, wird am Schluss des Kalendermonats ein angemessener Vorschuss gezahlt. Die Abrechnung und Auszahlung erfolgt bis zum 10. des Folgemonats.

§ 6 Arbeitsverhinderung (1) Eine Arbeitsverhinderung zeigt jeder Job-Partner dem Arbeitgeber und den übrigen Job-Partnern unverzüglich an. (2) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen legt er spätestens am zweiten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit vor. Dies gilt auch für Folgebescheinigungen.

§ 7 Beendigung (1) Das Job-Sharing-Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von […] zum […] gekündigt werden.6 (2) Die Kündigung muss gegenüber dem jeweiligen Job-Partner jeweils gesondert erklärt werden. (3) Scheidet ein Job-Partner aus dem Job-Sharing-System aus, so darf den übrigen Job-Partnern aus diesem Grunde allein nicht gekündigt werden. Unberührt bleibt das Recht des Arbeitgebers zur Änderungskündigung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden sich um eine Ersatzkraft bemühen. (4) Die verbleibenden Job-Partner haben ein Vorschlagsrecht für eine Ersatzkraft. Der Arbeitgeber darf diesen Vorschlag nur aus wichtigem Grund ablehnen.

§ 8 Geltung von kollektiven und betrieblichen Regelungen7 Für das Arbeitsverhältnis gelten im Übrigen die für den Betrieb geltenden tariflichen und betrieblichen Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung, soweit sich aus der Eigenart des Job-Sharing-Arbeitsvertrages nichts anderes ergibt.

§§ 9 ff. (ggf. ergänzen: Regelungen zur Geheimhaltung, Nebentätigkeit, Ausschlussfristen, Datenschutz, Vollständigkeit, Schriftform, vgl. M 2.1a Ziff. 8 ff.) […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

6 Die Kündigungsfrist darf die Kündigungsfrist eines Vollzeitarbeitsverhältnisses nicht unterschreiten. 7 Vgl. M 2.1a Ziff. 11 m. Anm.

M 7.5 Sabbatical-Vereinbarung Zwischen […] (im Folgenden: Arbeitnehmer)* und der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber)

358 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.5 Kap. 7 wird zur Durchführung eines Sabbaticals folgende Ergänzungsvereinbarung1 zum Arbeitsvertrag vom […] geschlossen:2

§ 1 Laufzeit (1) Für die Zeit vom […] bis […] wird der oben genannte Arbeitsvertrag in einen Sabbatical-Vertrag umgewandelt. Das Sabbatical besteht aus einer Ansparphase vom […] bis […] und einer Freistellungsphase vom […] bis […]3 (2) Die Freistellungsphase soll sich an die Ansparphase anschließen. Die Parteien können sie aber einvernehmlich verlegen. (3) Nach Beendigung der Freistellungsphase wird der Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wieder in seinem bisherigen Arbeitsbereich eingesetzt. Einen Anspruch auf den konkreten Arbeitsplatz, den er in seiner Ansparphase innehatte, hat der Arbeitnehmer nicht.4

§ 2 Arbeitszeit und Vergütung (1) Die tatsächliche Wochenarbeitszeit/Monatsarbeitszeit beträgt während der Ansparphase […] Stunden. Während der Freistellungsphase ist der Arbeitnehmer von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit. Die Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bleiben unberührt.5 (2) Während der Gesamtdauer des Sabbaticals gilt der Arbeitnehmer als Teilzeitbeschäftigter mit einer Arbeitszeit von wöchentlich/monatlich […] Stunden. (3) Der Arbeitnehmer erhält während der gesamten Laufzeit des Sabbaticals entsprechend dem vereinbarten Umfang der Teilzeitbeschäftigung eine anteilige Vergütung. Sie berechnet sich wie folgt: Sabbaticalbruttomonatsgehalt = Vollzeitbruttomonatsgehalt × (1 minus Laufzeit der Freistellungsphase in Monaten/ Laufzeit der Sabbaticalvereinbarung insgesamt in Monaten).6 Damit verzichtet der Arbeitnehmer in der Ansparphase auf die Auszahlung von […] % seines monatlichen Gehalts. Für diese einbehaltenen Gehaltsansprüche werden seinem Arbeitszeitkonto monatlich […] Stunden gutgeschrieben.7 Während der Freistellungsphase wird das Stundenguthaben auf dem Arbeitszeitkonto entsprechend monatlich reduziert.

§ 3 Arbeitsunfähigkeit (1) Wird der Arbeitnehmer während der Ansparphase über den Zeitraum hinaus arbeitsunfähig, für den vom Arbeitgeber Entgeltfortzahlung zu leisten ist,8 verlängert sich die Ansparphase um den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit, für den kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht.9 Mit Einwilligung des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer diese Zeit auch im Anschluss an die Freistellungsphase nacharbeiten. 1 Zum Erhalt des Sozialversicherungsschutzes nach § 7 Abs. 1a SGB IV bedarf es einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Freistellung, Seel, DB 2009, 2210, 2211. 2 Zur Frage eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf ein Sabbatical vgl. Einf. Rz. 45, 72. 3 Es sind auch mehrjährige Zeiträume zulässig. Dann ist aber eine Entfremdung des Arbeitnehmers von seinem Arbeitsverhältnis zu befürchten. 4 Die Parteien können auch vereinbaren, eine während der Freistellungsphase erworbene, zusätzliche Qualifikation bei der Arbeitsplatzvergabe zu berücksichtigen. 5 Damit sollen Wettbewerbsklauseln, Geheimhaltungspflichten, Regelungen zu Nebentätigkeiten etc. fortgelten. 6 Läuft die Sabbaticalvereinbarung (Ansparphase + Freistellungsphase) insgesamt über 84 Monate und ist dabei eine Freistellung von zwölf Monaten vereinbart, ergibt sich bei einem Vollzeitbruttomonatsgehalt von Euro 3.500,– folgende Rechnung: Euro 3.500,– × (1 – 12 Monate/84 Monate) = Euro 3.500,– × (84/84 – 12/84) = Euro 3.500,– × 72/84 = Euro 3.000,–. 7 Vgl. Seel, DB 2009, 2010, 2012. 8 § 3 Abs. 1 EFZG. 9 Das Krankengeld wird wegen § 47 Abs. 2 Satz 4 SGB V nach dem ausgezahlten Arbeitsentgelt bemessen. Maßgebend ist der Betrag, der die Beiträge zur Krankenversicherung bestimmt. Auf die höhere tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung kommt es nicht an.

Lingemann | 359

Kap. 7 M 7.5 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit (2) Eine Arbeitsunfähigkeit während der Freistellungsphase verlängert diese nicht.10 oder (2) Bei Arbeitsunfähigkeit während der Freistellungsphase gilt § 9 BUrlG entsprechend.11

§ 4 Urlaub (1) Vor und während der Ansparphase erworbene Urlaubsansprüche bleiben im Laufe der Freistellungsphase unberührt.12 Sie können im Einverständnis mit dem Arbeitgeber zu deren Verlängerung genutzt werden. (2) Während der Freistellungsphase erwirbt der Arbeitnehmer keinen Urlaubsanspruch.13 (3) Urlaubsansprüche, die bis zum Beginn der Freistellungsphase nicht mehr genommen werden können, kann der Arbeitnehmer noch innerhalb von drei Monaten nach Ende des Sabbaticals nehmen.14

§ 5 Änderungen der Vertragsgrundlage (1) Die vorzeitige Beendigung oder eine Änderung dieser Vereinbarung ist nur einvernehmlich und schriftlich möglich.15 Diese Vorschrift kann nur schriftlich aufgehoben werden. (2) Bei einer vorzeitigen Beendigung dieser Vereinbarung gilt § 6 Abs. 2 entsprechend.

§ 6 Kündigung des Arbeitsverhältnisses16 (1) Die Vertragsparteien können während des Sabbaticals das Arbeitsverhältnis entsprechend den vertraglichen und gesetzlichen Regelungen kündigen.17 10 § 9 BUrlG findet keine entsprechende Anwendung, die Freistellung wird nicht wie der Erholungsurlaub vom Arbeitgeber geschuldet. In der Freistellungsphase ruht der Anspruch auf Krankengeld, § 49 Abs. 1 Nr. 6 SGB V. Da der Arbeitnehmer währenddessen ohnehin nicht gearbeitet hätte, ist er auch nicht infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert; § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG findet folglich keine Anwendung. Soll sich die Freistellungsphase um die krankheitsbedingten Fehlzeiten verlängern, muss nach vorheriger Vereinbarung der Arbeitnehmer entsprechend nacharbeiten. 11 So der Vorschlag von Seel, DB 2009, 1010, 1012. 12 Während der Ansparphase behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Erholungsurlaub, und zwar entsprechend dem Umfang seiner tatsächlich geleisteten Arbeit. Ihm wird also mehr Urlaub gewährt, als ihm nach dem Umfang seiner Teilzeitbeschäftigung zusteht. Während der Freistellungsphase entsteht nach der jüngsten Rspr. des BAG hingegen kein Urlaubsanspruch nach § 3 BUrlG, weil dieser an die Erbringung der Arbeitsleistung, und nicht an das bloße Bestehen des Arbeitsvertrages, anknüpft (v. 19.3.2019 – 9 AZR 315/17, BeckRS 2019, 4803 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 174 unter Aufgabe der bisherigen Rspr. v. 6.5.2014 – AZR 678/12, NZA 2014, 959). 13 In der Freistellungsphase der Altersteilzeit erwirbt der Arbeitnehmer keinen Urlaubsanspruch, BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 481/18, NZA 2020, 300; uE. muss dasselbe auch im Sabattical gelten, in dem wie bei der Altersteilzeit ein Wertguthaben durch vollständige Freistellung von der Arbeitsleistung verbraucht wird. 14 Damit wird im Interesse des Arbeitnehmers vermieden, dass gem. § 7 Abs. 3 BUrlG sein Urlaubsanspruch verfällt. 15 Zulässig ist es auch, dem Arbeitnehmer ein einseitiges Kündigungsrecht für besondere, unvorhersehbare Fälle zuzugestehen. Gleiches gilt dann auch für den Arbeitgeber, wenn dringende betriebliche Belange den Einsatz des Arbeitnehmers erfordern, und so die Freistellungsphase verschoben oder unterbrochen wird. 16 Die Bemessung des Arbeitslosengeldes richtet sich grds. nach der im Bemessungszeitraum tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung, § 151 Abs. 3 Nr. 2 SGB III. Maßgeblich ist das Entgelt, welches ohne die Vereinbarung für die Arbeitsleistung erzielt worden wäre. An den Arbeitnehmer auszuzahlende Guthaben erhöhen das Arbeitslosengeld nicht, § 151 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. Bei einer Beendigung während der Freistellungsphase kommt es auf das ausgezahlte Arbeitsentgelt an, die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung ist nicht maßgeblich. Fallen in den Bemessungszeitraum Anspar- und Freistellungsphasen, muss das Bemessungsentgelt zeitanteilig ermittelt werden. 17 Der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers bleibt unberührt. Soweit das KSchG anwendbar ist, muss die arbeitgeberseitige Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Kein Kündigungsgrund ist für den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer eine ihm angebotene Sabbatical-Vereinbarung ablehnt, § 7 Abs. 1b SGB IV.

360 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.5 Kap. 7 oder (1) Während der Freistellungsphase kann das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.18 (2) Ist bei einer Kündigung das eingebrachte Arbeitszeitguthaben noch nicht vollständig verbraucht, steht dem Arbeitnehmer die Auszahlung des verbleibenden Guthabens in einer Summe zu.19 Erfolgten Überzahlungen zu Gunsten des Arbeitnehmers, hat er die zu viel gezahlten Beträge dem Arbeitgeber zu erstatten. Gleiches gilt für die gezahlten Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung.20 § 818 Abs. 3 BGB findet keine Anwendung.

§ 7 Arbeitszeitkonto (1) Der Arbeitgeber führt für den Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto als Wertguthabenkonto gemäß § 7d SGB IV. Das Arbeitszeitguthaben wird in Arbeitsentgelt umgerechnet. Das Konto umfasst das Arbeitsentgeltguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. (2) Ein nach Ende des Sabbaticals etwa verbleibendes Arbeitszeitguthaben kann der Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitnehmer, nicht jedoch auf Dritte übertragen. (3) Das Wertguthaben auf dem Arbeitszeitkonto ist vererblich und wird mit […] % verzinst. Es kommt nach Ende des Sabbaticals an den Arbeitnehmer oder einen von ihm bis dahin gemäß Abs. 2 bestimmten anderen Arbeitnehmer zur Auszahlung. (4) Der Arbeitgeber unterrichtet den Arbeitnehmer mindestens einmal jährlich in Textform über die Höhe seines im Wertguthaben enthaltenen Arbeitsentgeltguthabens.21

§ 8 Insolvenzsicherung22 (1) Der Arbeitgeber wird spätestens zum […] eine sowohl für den Bürgen als auch für den Arbeitgeber bis zum vollständigen Verbrauch des Wertguthabens nicht kündbare Bankbürgschaft zu Gunsten des Arbeitnehmers über die Höhe des während der Arbeitsphase aufzubauenden Wertguthabens bei der […] Bank abschließen.23 (2) Die Bürgschaftsurkunde wird bis zum […] dem Mitarbeiter ausgehändigt. (3) Die Kosten der Bürgschaft trägt die Gesellschaft.

18 Vorschlag von Seel, DB 2009, 2210, 2212. Eine solche Gestaltung hätte für den Arbeitnehmer den Vorteil, dass er jedenfalls sicher sein kann, während des Sabbaticals im Arbeitsverhältnis und damit auch sozialversicherungsrechtlich abgesichert zu bleiben. 19 Der Auszahlungsbetrag des Guthabens ist als Arbeitsentgelt lohnsteuerpflichtig. 20 Die auf den Auszahlungsbetrag entfallenden Sozialversicherungsbeiträge werden gleichmäßig auf die in der Vergangenheit liegenden Kalendermonate verteilt. Unerheblich ist, in welchem Monat die Guthaben tatsächlich angespart wurden, § 23b Abs. 2 SGB IV. Deshalb rückwirkend entrichtete Beiträge zur Rentenversicherung werden gem. § 70 Abs. 3 SGB VI als rechtzeitig gezahlte Pflichtbeiträge behandelt, so dass zusätzliche Entgeltpunkte daraus ermittelt werden. Dazu wird das Guthaben durch das vorläufige Durchschnittsentgelt für das Kalenderjahr geteilt, dem das Arbeitsentgelt zuzuordnen ist. Hat der Arbeitnehmer dagegen mehr Geld erhalten, als seiner tatsächlichen Arbeitsleistung entsprach, wird nicht rückwirkend in den Sozialversicherungsschutz eingegriffen. 21 § 7d Abs. 2 SGB IV. 22 Formulierungsvorschlag nach Hoß, ArbRB 2002, 28, 30; vgl. allgemein zur Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten auch Knospe, NZA 2006, 187; Rolfs/Witschen, NZS 2009, 295. Gem. § 7e Abs. 1 SGB IV ist die Insolvenzsicherung erforderlich, soweit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht besteht und das Wertguthaben des Beschäftigten einschließlich des darin enthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeitrages einen Betrag in Höhe der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. 23 Gem. § 7e Abs. 2 Satz 2 SGB IV sind neben Treuhandverhältnissen weiter auch Bürgschaftsmodelle mit ausreichender Sicherung gegen Kündigung zulässig.

Lingemann | 361

Kap. 7 M 7.5 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit oder24 (1) Das Guthaben des Arbeitnehmers gemäß § 7 legt der Arbeitgeber bei einer inländischen Bank an in Form eines Fonds, der zum Zeitpunkt der Anlage gemäß § 7d SGB IV nicht mehr als 20 % Aktien oder Aktienfonds hält.25 Der Fonds stellt sicher, dass zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Wertguthabens ein Rückfluss mindestens in der Höhe des angelegten Betrages gewährleistet ist. Etwaige die Verzinsung gemäß § 7 Abs. 3 übersteigende Erträge stehen dem Arbeitgeber zu/dem Arbeitnehmer zu/dem Arbeitgeber zu […] % und dem Arbeitnehmer zu […] % zu. (2) Die Anteile an dem Fonds verpfändet der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer. Die Verpfändung ist unwiderruflich. Der Arbeitnehmer nimmt das Pfandrecht mit Unterzeichnung dieses Vertrages an. Unverzüglich nach Unterzeichnung des Vertrages zeigt der Arbeitgeber dem Fonds die Verpfändung an und weist dem Arbeitnehmer diese Anzeige nach. (3) Der Arbeitgeber übermittelt dem Arbeitnehmer auf Kosten des Arbeitgebers einmal monatlich Abschriften der Auszüge des Fonds.

§ 9 Schriftform Mündliche Nebenabreden zu dieser Sabbatical-Vereinbarung bestehen nicht. Änderungen oder Ergänzungen dieser Vereinbarung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, sofern nicht gemäß § 305b BGB eine individuelle Vertragsabrede zwischen den Parteien getroffen wurde. Dies gilt auch für die Aufhebung dieses Schriftformerfordernisses.26

§ 10 Salvatorische Klausel27 Sollte eine der vorstehenden Regelungen unwirksam sein, so bleibt die Wirksamkeit der übrigen Vereinbarungen davon unberührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

24 Gem. § 7e Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist auch ein schuldrechtliches Verpfändungsmodell mit ausreichender Sicherung gegen Kündigung als Insolvenzschutz ausreichend. Die Alternative enthält einen Formulierungsvorschlag. 25 Vgl. § 7d Abs. 3 SGB IV. Ein höherer Anlageanteil in Aktien oder Aktienfonds ist insb. zulässig, wenn dies in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung vereinbart ist, § 7d Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB IV. 26 Die Vereinbarung einer Schriftformklausel ist auch nach Wirksamwerden der Gesetzesänderung von § 309 Nr. 13 BGB am 1.10.2016 wirksam, vgl. Lingemann/Otte, NZA 2016, 519, 520. 27 Zur salvatorischen Klausel s. M 3.1 § 27 m. Anm.

M 7.6.1

Altersteilzeit-Vertrag – Blockmodell

§ 11 Beginn und Ende der Altersteilzeit2 (1) Die Parteien führen ihr Arbeitsverhältnis nach Maßgabe dieser Vereinbarung ab dem […]3 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fort. 1 Alternativ ist auch eine Gestaltung als Kontinuitätsmodell möglich. Dieses hat sich in der Praxis aber nicht durchgesetzt, daher wird in dieser Auflage von einem Muster dazu abgesehen und auf Muster der 6. Aufl. verwiesen. 2 Auch nach Auslaufen der Förderungsmöglichkeit durch die Bundesagentur für Arbeit für Verträge, bei denen die Altersteilzeit erst ab dem 1.1.2010 angetreten wurde, ermöglicht Altersteilzeit einen fließenden

362 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.6.1 Kap. 7 (2) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet ohne Kündigung am […].4 Es endet ferner, – mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters (Regelaltersrente, Altersrente für langjährig Versicherte, [evtl.: Altersrente für besonders langjährig Versicherte] für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute, Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, nach Altersteilzeitarbeit),5 eine Knappschaftsausgleichsleistung, eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art oder, wenn er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, eine vergleichbare Leistung einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens beanspruchen kann,6 – mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine abschlagsfreie Rente für Frauen oder für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen kann, sofern die Beendigung des Altersteilzeitvertrages zu diesem Zeitpunkt nicht dazu führt, dass die Freistellungsphase des schwerbehinderten Arbeitnehmers kürzer ist als die Arbeitsphase.7 Sollte es bei diesem Beendigungszeitpunkt zu einer Verkürzung der Freistellungsphase kommen, endet der Altersteilzeitvertrag erst mit Ablauf der nicht verkürzten Freistellungsphase. – mit dem Tod des Arbeitnehmers. (3) Der Arbeitnehmer übergibt dem Arbeitgeber bei Abschluss dieses Vertrages eine Rentenauskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers, aus der sich der Zeitpunkt ergibt, zu dem der Arbeitnehmer erstmals eine Rente beanspruchen kann. (4) Das Recht zur Kündigung nach Maßgabe des Arbeitsvertrages und der Gesetze bleibt unberührt.8 evtl. (5) Endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis vorzeitig, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine etwaige Differenz zwischen der erhaltenen Vergütung und dem Entgelt für den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung, das er ohne Eintritt in die Altersteilzeit erzielt hätte. Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge bleiben außer Betracht. Bei Tod des Arbeitnehmers steht dieser Anspruch seinen Erben zu.

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Übergang von der Arbeit in den Ruhestand. Die Regelungen, die Voraussetzungen für die Fördermöglichkeit durch die Bundesagentur waren, finden sich in dem Muster nicht mehr (dazu M 7.1 der 6. Aufl.). Zum Erhalt der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Aufstockungsbeiträge müssen allerdings insb. die persönlichen Voraussetzungen von § 2 AltTZG erfüllt sein. Datum nach Vollendung des 55. Lebensjahres, § 2 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG. Je nach Dauer der Altersteilzeit und individuellem Rentenbezugsalter – zur Erhöhung und Herabsetzung des Rentenbezugsalters Einf. Rz. 78 f. – kann zur Gewährleistung eines nahtlosen Übergangs in eine Altersrente Altersteilzeit im konkreten Fall auch erst für einen späteren Zeitraum vereinbart werden. Gem. § 8 Abs. 3 AltTZG können Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirksam vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung endet, sobald der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat. Für Versicherte, die ab dem 1.1.1952 geboren sind, gibt es keine Rente nach Altersteilzeitarbeit mehr, § 237 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Vgl. die Definition gem. § 33 Abs. 2 SGB VI; hierzu auch Schreiner, NZA 2007, 846, 847 mwN. Für Altersteilzeit, die bis zum 31.12.2009 angetreten wurde, vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG. Eine tarifliche Regelung, die die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Altersteilzeit iSv. § 1 Abs. 2, 2. Spiegelstrich des Musters beschränkt, soll nach EuGH v. 20.3.2003 – C-187/00, NZA 2003, 506, wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Richtlinie 76/207/EWG europarechtswidrig sein, soweit sie, wie im Fall des EuGH, dazu führt, dass Frauen Altersteilzeit gar nicht in Anspruch nehmen können. Darin könnte auch eine Benachteiligung entgegen §§ 1, 7 AGG liegen. Das Problem verliert jedoch mit der Beschränkung der Altersrente für Frauen auf Jahrgänge bis 1951 an Bedeutung. Ein etwaiger tariflicher Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit selbst ist nach Maßgabe von § 315 BGB gerichtlich voll auf seine Billigkeit überprüfbar, BAG v. 3.12.2002 – 9 AZR 457/01, DB 2003, 1851. Die Regelung, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet, sobald der Arbeitnehmer eine abschlagsfreie Rente wegen Alters in Anspruch nehmen kann, ist unmittelbar diskriminierend, wenn sie dazu führt, dass die Freistellungsphase eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erheblich kürzer ist als die Arbeitsphase, vgl. BAG v. 12.11.2013, NZA 2014, 632. Das gleiche dürfte für die Altersrente für Frauen gelten, Schwab/Teschabai, DB 2016, 530. Daher finden sich beide Renten nicht im Klammerzusatz im ersten Anstrich, sondern hier als Sonderregelung. Zur Kündigung im Blockmodell s. unten Anm. zu § 11.

Lingemann | 363

Kap. 7 M 7.6.1 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit evtl. Das Arbeitsverhältnis endet auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 263b SGB VI („Rente mit 63“) erst zum vereinbarten Termin.9 evtl. Endet das Arbeitsverhältnis vorzeitig wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, vorzeitigem Anspruch auf eine Altersrente oder Tod des Arbeitnehmers, so wird das Wertguthaben in die bestehende betriebliche Altersversorgung einbezahlt.10

§ 2 Arbeitsgebiet (1) Mit Beginn der Altersteilzeit übt der Arbeitnehmer die Tätigkeit als […] aus. oder (1) Die Tätigkeit des Arbeitnehmers bleibt unverändert, soweit nicht Besonderheiten der Altersteilzeit Änderungen erfordern. (2) Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer nach Maßgabe von § […] des bestehenden Arbeitsvertrages auch andere zumutbare gleichwertige Arbeiten zu übertragen.

§ 3 Arbeitszeit (1) Die Arbeitszeit des Arbeitnehmers beträgt im Wochendurchschnitt11 jeweils die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit von […] Stunden.12 Bei künftigen Veränderungen der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird die Arbeitszeit angepasst. (2) Die Arbeitszeit ist so zu verteilen, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, also in der Zeit von […] bis […] vollständig geleistet wird und der Arbeitnehmer anschließend, also in der Zeit von […] bis […] entsprechend der von ihm erworbenen Zeitguthaben von der Arbeit ohne Arbeitsverpflichtung freigestellt wird.13 (3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, über die in Abs. 1 und 2 festgelegte Arbeitszeit hinaus notwendige zusätzliche Arbeit zu leisten, soweit sie angeordnet ist. Diese notwendige zusätzliche Arbeit ist innerhalb einer Frist von drei Monaten durch entsprechende Freizeit auszugleichen. Kann der Freizeitausgleich wegen Krankheit, Urlaub oder aus ähnlichen Gründen nicht erfolgen, ist er in den darauffolgenden drei Monaten vorzunehmen. Die Mehrarbeit darf den Charakter der Altersteilzeitarbeit (Halbierung der Arbeitszeit) nicht verändern.14 9 Bei Verwendung dieser Klausel ist die Nennung der Rente für besonders langjährig Versicherte in Abs. 2 zu streichen. Soll das Altersteilzeitarbeitsverhältnis auch bei Eingreifen einer vorzeitigen Rentenmöglichkeit bis zum ursprünglich vereinbarten Ende fortgesetzt werden, sollte eine solche Fortsetzungsklausel schriftlich vereinbart werden, vgl. dazu auch Koch, BB 2014, 1589, 1590. Eine solche Vereinbarung ist außerdem sinnvoll, weil der Arbeitgeber möglicherweise keinen Anspruch auf die Rückerstattung von überzahlten Aufstockungsbeiträgen bei vorzeitiger Beendigung eines Altersteilzeitverhältnisses hat. Das BAG hat generell Bedenken, Altersteilzeitarbeitnehmer zur Rückzahlung eines Negativsaldos zu verpflichten. Die Aufstockungsleistungen sind nach Ansicht des BAG Entgelt iSv. §§ 611 und 612 BGB, BAG v. 16.3.2004, AP Nr. 8 zu § 1 TVG Altersteilzeit. 10 Abs. 5 ist eine Besonderheit des Blockmodells. Auch ohne diese Regelung dürfte die bereits erdiente, aber noch nicht ausgezahlte Entgelthälfte bei vorzeitiger Beendigung auszuzahlen sein, ErfK/Rolfs, § 8 AltTZG Rz. 23. Bei Nachzahlung des Wertguthabens entstehen rückwirkend erhebliche Sozialversicherungsbeiträge gem. § 23b Abs. 2 SGB IV. Gem. § 23b Abs. 3a SGB IV entstehen diese Sozialversicherungsbeiträge jedoch nicht, wenn die Einzahlung in eine betriebliche Altersversorgung, die den Kriterien des § 23b Abs. 3a SGB IV entspricht, vereinbart und durchgeführt wird, näher Rittweger, DStR 2001, 1394. 11 Die Verteilung kann wöchentlich, monatlich oder jährlich erfolgen. 12 Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG iVm. § 6 Abs. 2 AltTZG. 13 Regelung des „Blockmodells“. 14 Andernfalls wäre die Voraussetzung von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG nicht mehr erfüllt und die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Aufstockungsbeiträge entfiele.

364 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.6.1 Kap. 7

§ 4 Vergütung (1) Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt nach Maßgabe der gemäß § 3 Abs. 1 reduzierten Arbeitszeit.15 Das Arbeitsentgelt wird unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend gezahlt.16 evtl. (1) Das Altersteilzeitentgelt nimmt während der Arbeits- und der Freistellungsphase voll an der allgemeinen tariflichen Entwicklung teil.17 (2) Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld wird gleichfalls anteilig nach Maßgabe von Abs. 1 gezahlt.

§ 5 Aufstockungszahlungen18 (1) Der Arbeitnehmer erhält zusätzlich eine Aufstockungszahlung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1a AltTZG iHv. 20 % des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit. (2) Der Arbeitgeber entrichtet für den Arbeitnehmer zusätzlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1b AltTZG in Höhe des Beitrags, der auf 80 % des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeit, begrenzt auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 % der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze und dem Regelarbeitsentgelt, entfällt, höchstens jedoch bis zur Beitragsbemessungsgrenze.19 (3) Der Aufstockungsbetrag unterliegt derzeit nach § 3 Nr. 28 EStG nicht der Steuerpflicht. Der steuerfreie Aufstockungsbetrag unterliegt jedoch nach § 32b Abs. 1 Nr. 1g EStG dem Progressionsvorbehalt. Ein Ausgleich der Progressionsdifferenz durch den Arbeitgeber findet nicht statt.20 (4) Ein Ausgleich von gegebenenfalls anfallenden Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Rente erfolgt nicht.

§ 6 Nebentätigkeitsverbot (1) Der Arbeitnehmer darf neben seiner Altersteilzeitarbeit keine Beschäftigungen oder selbständigen Tätigkeiten ausüben, die die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV überschreiten. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer auf Grund einer solchen Beschäftigung eine Lohnersatzleistung erhält. Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten bleiben unberücksichtigt, soweit sie der Arbeitnehmer bereits innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit ständig ausgeübt hat. Andernfalls ruht der Anspruch auf die Aufstockungszahlungen nach § 5.21 Für die Mitteilungs- und Erstattungspflicht gilt § 10. (2) Vor Übernahme einer Nebentätigkeit hat der Arbeitnehmer die schriftliche Zustimmung der Geschäftsleitung der Firma einzuholen. Vorträge oder Veröffentlichungen bedürfen ebenfalls der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Geschäftsleitung, soweit ihr Inhalt die Interessen der Firma berühren könnte.22 (3) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber jeden Schaden aus einer Zuwiderhandlung gegen Abs. 1 und 2 zu ersetzen. 15 Auch in der Freistellungsphase erfolgende Tariferhöhungen sind an den Altersteilzeitarbeitnehmer zu zahlen, BAG v. 17.11.2015 – 9 AZR 509/14, BeckRS 2016, 66948; v. 22.7.2014 – 9 AZR 946/12, ZTR 2014, 606; v. 22.5.2012, AP Nr. 57 zu § 1 TVG Altersteilzeit); allerdings können die Tarifparteien diesen Anspruch diskriminierungsfrei ausschließen, BAG v. 19.1.2016 – 9 AZR 564/14, NZA 2016, 776 m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2016, 324. 16 Diese Klarstellung ist aufgrund des Blockmodells erforderlich. 17 Die Regelung ist bei Tarifbindung wohl nur deklaratorisch, weitergehend wohl BAG v. 15.3.2005, NZA 2005, 896. 18 Die Aufstockungszahlungen (Altersteilzeitleistungen) sind steuer- und sozialabgabenfrei, auch soweit sie über die gesetzlichen Mindestleistungen hinausgehen, Einzelheiten s. Einf. Rz. 82 ff. 19 Vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1b AltTZG, Einzelheiten s. Einf. Rz. 82 ff. 20 S. Einf. Rz. 82 ff. 21 Vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 3 und Abs. 4 AltTZG. Geringfügigkeit der Beschäftigung richtet sich nach § 8 Abs. 1 SGB IV. Diese Bestimmung ist für einen Altersteilzeitvertrag ohne Förderungsmöglichkeit nicht zwingend, gleichwohl aber noch verbreitet. 22 Zur Zulässigkeit von Nebentätigkeitsbeschränkungen und ausführlicheren Formulierungsvorschlägen s. Einf. Kap. 2 Rz. 115, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Nebentätigkeitsverbot“ sowie M 2.1a Ziff. 9 mwN.

Lingemann | 365

Kap. 7 M 7.6.1 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit § 7 Urlaub (1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von […] Arbeitstagen. Der Urlaub wird nur für jeden vollen Beschäftigungsmonat gewährt.23 (2) Die Urlaubsplanung ist im Einvernehmen mit dem Vorgesetzten festzulegen. Werden einheitliche Betriebsferien durchgeführt, so fällt der entsprechende Teil des Urlaubs in die Betriebsferien. Der Mitarbeiter nimmt auf die betrieblichen Erfordernisse Rücksicht. Der Urlaub muss im Kalenderjahr genommen werden. Übertragungen bis zum 31.3. des Folgejahres müssen von der Geschäftsleitung genehmigt sein. (3) Für die Zeit der Freistellung entstehen keine Urlaubsansprüche.24 Für das Kalenderjahr des Wechsels in die Freistellungsphase wird der Anspruch auf Urlaub anteilig für die Arbeitsphase berechnet.25

§ 8 Krankheit (1) Ist der Mitarbeiter durch Krankheit an der Ausübung seiner Tätigkeit verhindert, so hat er den Grund und die voraussichtliche Dauer dem Vorgesetzten bis 9.00 Uhr desselben Arbeitstages mitzuteilen. (2) Spätestens am dritten Tag der Erkrankung hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest über seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. (3) Soweit eine Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters während der Arbeitsphase den gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraum überschreitet, verschiebt sich der Beginn der Freistellungsphase um die Hälfte des über den gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraum hinausgehenden Zeitraums. Das festgelegte Ende der Altersteilzeit bleibt von der Verkürzung der Freistellungsphase unberührt.26 Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer während der gesamten aktiven Phase arbeitsunfähig war.27

§ 9 Erlöschen des Anspruchs auf Aufstockungszahlungen Der Anspruch auf die Altersteilzeitleistungen erlischt, wenn er mindestens 150 Tage geruht hat. Mehrere Ruhezeiten werden zusammengezählt.

§ 10 Mitteilungs-, Rentenantrags- und Erstattungspflichten (1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber alle Umstände und deren Änderungen, die seinen Vergütungsanspruch oder den Anspruch auf Aufstockungszahlungen berühren können, unverzüglich mitzuteilen. Er hat insbesondere den Arbeitgeber über Nebentätigkeiten zu unterrichten. (2) Der Arbeitnehmer wird frühestmöglich den Antrag auf eine Rente wegen Alters oder vergleichbarer Leistungen gemäß § 1 Abs. 2 stellen und den Arbeitgeber hierüber unverzüglich unterrichten. Er wird auf Verlangen des Arbeitgebers den frühestmöglichen Zeitpunkt mitteilen, ab dem er eine solche Altersrente oder eine vergleichbare Leistung beanspruchen kann. (3) Der Arbeitgeber hat ein Zurückbehaltungsrecht, wenn der Arbeitnehmer seine Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten nicht erfüllt oder die Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben oder Auskünften zweifelhaft ist, die seinen Vergütungsanspruch, seinen Anspruch auf Aufstockungszahlung oder Beiträge zur Rentenversicherung berühren können. (4) Zu Unrecht empfangene Leistungen hat der Arbeitnehmer zu erstatten. 23 Gem. BAG v. 16.10.2012 – 9 AZR 234/11, NZA 2013, 575 m. Anm. Kern, FD-ArbR 2013, 342770, begründet der Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell keinen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsabgeltung; in diesem Fall besteht daher nur in den tarifvertraglich ausdrücklich geregelten Fällen ein Abgeltungsanspruch. 24 BAG v. 3.12.2019 – 9 AZR 33/19, NZA 2020, 789, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2020, 200; v. 24.9.2019 – 9 AZR 481/18, NZA 2020, 300, m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 508. 25 Klarstellung aufgrund der Besonderheiten des Blockmodells. 26 Vgl. Einf. Rz. 91 ff.; Hoß, ArbRB 2002, 28. 27 Für die Zulässigkeit einer solchen Einschränkung spricht LAG Köln v. 11.5.2001, NZA-RR 2002, 580.

366 | Lingemann

Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit | M 7.6.1 Kap. 7

§ 11 Kündigung (1) Die Kündigung richtet sich nach den Regelungen des Arbeitsvertrages. evtl. (2) Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, ab dem der Arbeitnehmer von der Arbeit freigestellt ist, nicht betriebsbedingt kündigen.28

§ 12 Arbeitszeitkonto29 (1) Der Arbeitgeber führt für den Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto als Wertguthabenkonto gemäß § 7d SGB IV. Die Arbeitszeitguthaben werden in Arbeitsentgelt umgerechnet. Die Wertguthaben werden als Arbeitsentgeltguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag geführt. (2) Der Arbeitgeber unterrichtet den Arbeitnehmer mindestens einmal jährlich in Textform über die Höhe seines im Wertguthaben enthaltenen Arbeitsentgeltguthabens.30

§ 13 Insolvenzsicherung31 (1) Der Arbeitgeber wird spätestens zum […] eine Bankbürgschaft zugunsten des Arbeitnehmers über die Höhe des während der Arbeitsphase aufzubauenden Wertguthabens bei der […] Bank abschließen. (2) Die Bürgschaftsurkunde wird bis zum […] dem Mitarbeiter ausgehändigt. (3) Die Kosten der Bürgschaft trägt die Gesellschaft. (4) Der Arbeitgeber teilt dem Arbeitnehmer die zur Sicherung des Wertguthabens ergriffenen Maßnahmen mit der ersten Gutschrift und danach alle sechs Monate in Textform nach.32

§ 14 Ausschluss von Nebenabreden, Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung33 (1) Nebenabreden bestehen nicht.34 (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.35

28 Gem. BAG v. 5.12.2002 – 2 AZR 571/01, NZA 2003, 789 ist eine ordentliche Kündigung auch in der Freistellungsphase nicht ausgeschlossen. Eine betriebsbedingte Kündigung scheidet allerdings aus, da mangels Beschäftigung des Arbeitnehmers ein dringendes betriebliches Erfordernis, das der Weiterbeschäftigung entgegensteht, nicht bestehen kann. Eine betriebsbedingte Kündigung während der Arbeitsphase ist im Blockmodell jedoch zulässig, sofern nicht ausnahmsweise die Kündigung zu unverhältnismäßigen Nachteilen für den Arbeitnehmer führt, während der Vorteil für den kündigenden Arbeitgeber gering ist, BAG v. 16.6.2005 – 6 AZR 476/04, NZA 2006, 270. Insoweit ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Regelung tatsächlich aufgenommen werden soll, da sie das Kündigungsrecht des Arbeitgebers beschränkt. 29 Die Regelungen des § 7d SGB IV gelten auch für die Altersteilzeit, so dass Wertguthaben als Arbeitsentgeltguthaben zu führen sind. 30 § 7d Abs. 2 SGB IV. 31 Vgl. Einf. Rz. 59 ff.; § 7e SGB IV gilt gem. § 8a Abs. 1 AltTZG nicht, kann aber zur Orientierung dienen. 32 § 8a Abs. 3 Satz 1 AltTZG, Abweichungen durch Betriebsvereinbarung sind möglich, § 8a Abs. 3 Satz 2 AltTZG. 33 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Einf. Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 34 Zur Wirksamkeit von Vollständigkeitsklauseln vgl. Einf. Kap. 2 Rz. 18. 35 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Einf. Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14.

Lingemann | 367

Kap. 7 M 7.6.1 | Arbeitszeit, Teilzeit, Altersteilzeit § 15 Geltung von Arbeitsordnung und Betriebsvereinbarungen Die bestehende Arbeitsordnung36 und sämtliche Betriebsvereinbarungen sind Bestandteil des Vertrages.37

§ 16 Schlussbestimmungen38 Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ungültig sein oder werden, so hat dies auf die Gültigkeit des sonstigen Vertrages keinen Einfluss. (2) Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom […] weiter. […] Unterschriften 36 Dies ist eine statische Inbezugnahme, zu den Grenzen einer dynamischen Inbezugnahme s. Einf. Kap. 2 Rz. 99d; AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“. 37 Wird im Altersteilzeitarbeitsvertrag vereinbart, dass im Übrigen die „mit den Arbeitnehmervertretern vereinbarten betrieblichen Regelungen zur Altersteilzeit“ gelten sollen, bringt das den Willen der Vertragsparteien zum Ausdruck, dass überall dort, wo der vorformulierte Altersteilzeitvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält, der Altersteilzeitarbeitsvertrag iVm den sonstigen Regelungen zur Altersteilzeit gelten soll, BAG v. 18.2.2014 – 9 AZR 821/12, NZA 2014, 1036. 38 Zur AGB-Kontrolle der Schlussbestimmungen und alternativen Formulierungen s. M 2.1a Ziff. 11 und 13 m. Anm.

M 7.6.2

Klage auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage2 und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers3 auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages nach Maßgabe der Bestimmungen des Tarifvertrages4 zur Förderung der Altersteilzeit für die […] Industrie 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Aufgrund der üblichen Dauer eines arbeitsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens durch zwei Instanzen drängt sich natürlich die Frage auf, ob der Anspruch durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden kann. Dieser Versuch wird regelmäßig scheitern, weil hier die Hauptsache in vollem Umfang vorweggenommen würde und der Arbeitnehmer kaum darlegen kann, dass er auf die Arbeitszeitverkürzung dringend angewiesen ist. Aus diesem Grund ist es natürlich sinnvoll, eine eventuelle Hauptsacheklage so rechtzeitig vor dem geplanten Beginn der Altersteilzeit einzureichen, dass darüber noch rechtzeitig entschieden werden kann, und das setzt wiederum voraus, dass der Arbeitnehmer sich bereits geraume Zeit vor dem geplanten Beginn der Altersteilzeit an den Arbeitgeber wendet. 3 Ungeschickt ist die Verurteilung des Arbeitgebers zur Abgabe eines Vertragsangebots an den Arbeitnehmer. Denn ein solches muss unverzüglich nach Rechtskraft der Entscheidung (§ 894 ZPO) dann noch vom Arbeitnehmer angenommen werden, und eine Annahmefrist (§ 147 BGB) ist schnell versäumt (zB. wenn die Arbeitgeberseite überraschenderweise keine Berufung gegen ein stattgebendes erstinstanzliches Urteil einlegt, vgl. BAG v. 10.5.2005 – 9 AZR 294/04, NZA 2006, 231. 4 Folgt der Anspruch nicht aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, auf die Bezug genommen werden kann, müssen die Konditionen des begehrten Altersteilzeitvertrages im Klageantrag (oder einer in Bezug genommenen Anlage) im Einzelnen genannt sein.

368 | Lingemann und Diller

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Kap. 8 des Bundeslandes […] vom […] anzunehmen5 mit der Maßgabe, dass das Altersteilzeitverhältnis am […] beginnt6 und bis zum […] dauert7.

Begründung: Der am […] geborene Kl. ist bei der Bekl., einem Unternehmen der […] Industrie, seit dem […] als […] mit einer Vergütung von […] beschäftigt. Beweis: Arbeitsvertrag des Kl. vom […], Anlage K 1 Letzte Entgeltbescheinigung, Anlage K 2 Nach § […] des im Klagantrag bezeichneten Tarifvertrages haben Mitarbeiter, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, grundsätzlich einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zu den im Tarifvertrag genannten Bedingungen. Dieser Tarifvertrag findet vorliegend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, da beide Parteien tarifgebunden sind. Überdies verweist § 1 des Arbeitsvertrages auch ausdrücklich auf die Tarifverträge der […] Industrie. Der Kl. hat der Bekl. mit Schreiben vom […] den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zu den tariflichen Konditionen ab dem […] angeboten. Dieses Angebot hat die Bekl. jedoch mit Schreiben vom […] abgelehnt mit der Begründung, sie habe kein Interesse daran, das Ausscheiden älterer Mitarbeiter zu fördern. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 3 Schreiben der Bekl. vom […], Anlage K 4 Die Bekl. übersieht, dass der Tarifvertrag grundsätzlich einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages gibt. Eine Ausnahme macht § […] des Tarifvertrages nur dann, wenn bereits […]% der Mitarbeiter in Altersteilzeit sind. Das ist jedoch bei der Bekl. nicht der Fall. Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast): Zeugnis des Personalleiters […] […] (Unterschrift) 5 Das BAG hat auch die Formulierung im Klagantrag ausreichen lassen, dass der Arbeitgeber verurteilt werden solle, einen „Altersteilzeitvertrag“ mit dem Kläger abzuschließen, BAG v. 30.9.2003, DB 2004, 935. Das setzt aber voraus, dass Klarheit über die Konditionen besteht und nur das „Ob“ streitig ist. 6 In der Klage muss der Zeitpunkt angegeben werden, ab dem der Altersteilzeitvertrag beginnen soll. Seit der Schuldrechtsreform kann dieser Zeitpunkt auch in der Vergangenheit liegen. Fehlt ein Anfangstermin, beginnt das Altersteilzeitverhältnis erst mit der Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung (§ 894 ZPO). Das ist aber misslich, da dann jedenfalls ein Blockmodell regelmäßig nicht mehr funktioniert. 7 Will der Arbeitnehmer – wie meist – die Altersteilzeit im Blockmodell, muss dies zusätzlich in den Klagantrag aufgenommen werden. Es reicht natürlich auch ein Verweis auf die einschlägige Verblockungsregelung im Tarifvertrag.

Kapitel 8 Ausbildungs- und Fortbildungsverträge I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auszubildende . . . . . . . . . . . . . . . 2. Praktikanten . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Studenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fortbildungsverträge . . . . . . . . . . . a) AGB-Kontrolle von Rückzahlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kollektivvertragliche Rückzahlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Muster Berufsausbildungsvertrag (ausführliche Form) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufsausbildungsvertrag (kurze Form) Allgemeiner Praktikantenvertrag . . . . Praktikantenvertrag für Schüler und Studenten (Pflichtpraktikum) . . . . . . Werkstudentenvertrag . . . . . . . . . . . Traineevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. M 8.1.1 . M 8.1.2 . M 8.2 . . . .

M 8.3 M 8.4 M 8.5 M 8.6

Diller und Lingemann | 369

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Kap. 8 des Bundeslandes […] vom […] anzunehmen5 mit der Maßgabe, dass das Altersteilzeitverhältnis am […] beginnt6 und bis zum […] dauert7.

Begründung: Der am […] geborene Kl. ist bei der Bekl., einem Unternehmen der […] Industrie, seit dem […] als […] mit einer Vergütung von […] beschäftigt. Beweis: Arbeitsvertrag des Kl. vom […], Anlage K 1 Letzte Entgeltbescheinigung, Anlage K 2 Nach § […] des im Klagantrag bezeichneten Tarifvertrages haben Mitarbeiter, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, grundsätzlich einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zu den im Tarifvertrag genannten Bedingungen. Dieser Tarifvertrag findet vorliegend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, da beide Parteien tarifgebunden sind. Überdies verweist § 1 des Arbeitsvertrages auch ausdrücklich auf die Tarifverträge der […] Industrie. Der Kl. hat der Bekl. mit Schreiben vom […] den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zu den tariflichen Konditionen ab dem […] angeboten. Dieses Angebot hat die Bekl. jedoch mit Schreiben vom […] abgelehnt mit der Begründung, sie habe kein Interesse daran, das Ausscheiden älterer Mitarbeiter zu fördern. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 3 Schreiben der Bekl. vom […], Anlage K 4 Die Bekl. übersieht, dass der Tarifvertrag grundsätzlich einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages gibt. Eine Ausnahme macht § […] des Tarifvertrages nur dann, wenn bereits […]% der Mitarbeiter in Altersteilzeit sind. Das ist jedoch bei der Bekl. nicht der Fall. Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast): Zeugnis des Personalleiters […] […] (Unterschrift) 5 Das BAG hat auch die Formulierung im Klagantrag ausreichen lassen, dass der Arbeitgeber verurteilt werden solle, einen „Altersteilzeitvertrag“ mit dem Kläger abzuschließen, BAG v. 30.9.2003, DB 2004, 935. Das setzt aber voraus, dass Klarheit über die Konditionen besteht und nur das „Ob“ streitig ist. 6 In der Klage muss der Zeitpunkt angegeben werden, ab dem der Altersteilzeitvertrag beginnen soll. Seit der Schuldrechtsreform kann dieser Zeitpunkt auch in der Vergangenheit liegen. Fehlt ein Anfangstermin, beginnt das Altersteilzeitverhältnis erst mit der Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung (§ 894 ZPO). Das ist aber misslich, da dann jedenfalls ein Blockmodell regelmäßig nicht mehr funktioniert. 7 Will der Arbeitnehmer – wie meist – die Altersteilzeit im Blockmodell, muss dies zusätzlich in den Klagantrag aufgenommen werden. Es reicht natürlich auch ein Verweis auf die einschlägige Verblockungsregelung im Tarifvertrag.

Kapitel 8 Ausbildungs- und Fortbildungsverträge I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auszubildende . . . . . . . . . . . . . . . 2. Praktikanten . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Studenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fortbildungsverträge . . . . . . . . . . . a) AGB-Kontrolle von Rückzahlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kollektivvertragliche Rückzahlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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14 22 27 29 40

II. Muster Berufsausbildungsvertrag (ausführliche Form) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufsausbildungsvertrag (kurze Form) Allgemeiner Praktikantenvertrag . . . . Praktikantenvertrag für Schüler und Studenten (Pflichtpraktikum) . . . . . . Werkstudentenvertrag . . . . . . . . . . . Traineevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. M 8.1.1 . M 8.1.2 . M 8.2 . . . .

M 8.3 M 8.4 M 8.5 M 8.6

Diller und Lingemann | 369

Kap. 8 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge Literatur: Vergütung: Bayreuther, Der gesetzliche Mindestlohn, NZA 2014, 865; Lembke, Der Mindestlohnanspruch – Erste Rechtsprechung zum Mindestlohngesetz, NJW 2016, 3617. Berufsbildung/Ausbildung: Blaha/Mehlich, Unbefristeter Arbeitsvertrag durch Wahl? – Vertragsfreiheit contra „Azubi-Schutz“, NZA 2005, 667; Benecke, Maßnahmen zur Feststellung und Förderung der Berufsausbildungsfähigkeit versus Verbot des „Anlernvertrags“, NZA 2012, 646; Fuhlrott/Gömöry, Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen, FA 2012, 133; Gehlhaar, Gesetzliche Wartezeitregelungen bei der Übernahme von Auszubildenden, DB 2011, 5901; Hebrank, Der BBiG-Entwurf in Bezug auf die Weiterbildung, NJOZ 2019, 849; Herkert, Berufsbildungsgesetz: Kommentar, Loseblatt; Hirdina, Arbeitgeberkündigung während der Probezeit eines Ausbildungsverhältnisses, NZA-RR 2010, 65; Houben, Tarifvertragliche Ansprüche auf Übernahme in eine Arbeitsverhältnis – Chance oder Risiko für Auszubildende?, NZA 2011, 182; Houben, § 78a BetrVG – Schutz vor einer Schutznorm?, NZA 2006, 769; Hülsemann, Fallstricke bei der Kündigung von Ausbildungsverhältnissen, ArbRAktuell 2016, 107; Hunold, Sachgrundlage Befristung nach Ende der Berufsausbildung, NZA 2012, 431; Kleinebrink, Die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes – Mindestausbildungsvergütung, Teilzeitausbildung, Freistellungen im Zusammenhang mit dem Besuch der Berufsschule, DB 2020, 727; Kleinebrink, Arbeitsrechtliche Möglichkeiten einer Bindung von Auszubildenden und Ausgebildeten an das Unternehmen – Ablösesummen, Vorverträge, Vertragsstrafen und sonstige Gestaltungsoptionen, DB 2020, 170; Knigge, Übersicht über das Recht der Berufsbildung, AR-Blattei, SD 400.1 und 400.2; Krause, Schriftform für den Ausbildungsvertrag, AR-Blattei, ES 220.2 Nr. 16; Lakies, Ende der Ausbildung: Weiterbeschäftigungsanspruch von Jugendvertretern und Betriebsratsmitgliedern, ArbRAktuell 2012, 34; Malottke, Berufsbildungsmodernisierungsgesetz – an den Vorsätzen vorbei?, ZRP 2019, 142; Opolony, Die Weiterbeschäftigung von Auszubildenden nach § 78a BetrVG, BB 2003, 1329; Reinartz, Beendigung von Berufsbildungsverhältnissen, DB 2015, 1347; Schulz, Ablösezahlungen für Azubis sind der falsche Weg!, ArbRAktuell 2019, 483; Wohlgemuth, Berufsbildungsgesetz, 2011. Praktikum: Burkard-Pötter/Sura, Das Praktikum im neuen Gewand – Praxiseinblicke zwischen Mindestlohn und prekärem Beschäftigungsverhältnis, NJW 2015, 517; Düwell, Neue Regeln für Praktikanten: Qualitätsrahmen der EU, Mindestlohngesetz und Änderungen des Nachweisgesetzes, DB 2014, 2047; Ferme, Praktikantenverträge, AuA 2007, 456; Greiner, Die Praktikantenregelung in § 22 MiLoG, NZA 2016, 594; Grimm/Linden, Teures Scheinpraktikum, ArbRB 2014, 51; Hirdina, Rechtsfragen zur Kündigung eines Praktikumsvertrages, NZA 2008, 916; Krimphove, Das Praktikum – Rechte und Pflichten eines arbeitsrechtsähnlichen Rechtsverhältnisses, BB 2014, 564; Maties, Generation Praktikum – Praktika, Einfühlungsverhältnisse und ähnliche als umgangene Arbeitsverhältnisse, RdA 2007, 135; Natzel, Der Praktikant als Mindestlöhner, BB 2014, 2490; Orlowski, Praktikantenverträge – transparente Regelung notwendig!, RdA 2009, 35; Picker/Sausmikat, Ausnahmsweise Mindestlohn? – Das MiLoG und die Praktikanten, NZA 2014, 942; Schade, Praktikum: Aktuelle Rechtslage 2012, NZA 2012, 654; Schade, Der Student im Pflichtpraktikum – ein rechtloses Wesen?, NJW 2013, 1039; Schmidt, Volontär und Praktikant, AR-Blattei SD 1740; Sura, Praktikumsunterbrechungen und Mindestlohn – rara sunt cara?, NZA 2019, 882. Rückzahlung Fortbildungskosten: Bettinghausen, Rückzahlungsvereinbarungen über Fortbildungskosten – Was Arbeitgeber zu beachten haben, NZA-RR 2017, 573; Dimsic, Rückzahlung von Fortbildungskosten, RdA 2016, 106; Dorth, Gestaltungsgrenzen bei Aus- und Fortbildungskosten betreffenden Rückzahlungsklauseln, RdA 2013, 287; Düwell/Ebeling, Rückzahlung verauslagter Bildungsinvestitionen, DB 2008, 406; Elking, Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungskosten – die aktuellen Anforderungen der Rechtsprechung, BB 2014, 885; Gaenslen/Zons, Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungsverträgen – Berufliche Bildung für ewige Betriebstreue? Gestaltung Rückzahlungsvereinbarungen in Fortbildungsverträgen, öAT 2017, 92; Günther, Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen, öAT 2014, 137; Hoffmann, Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungskosten – Anforderungen, Rechtsfolgenproblematik und Vertrauensschutz, NZA-RR 2015, 337; Jesgarzewski, Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten, BB 2011, 1594; Kleinebrink, Problembereiche bei der Gestaltung von Fortbildungsvereinbarungen durch AGB, ArbRB 2006, 345; Klinkhammer/ Peters, Fortbildungsvereinbarungen – eine nützliche Investition mit Risiken, ArbRAktuell 2015, 369; Lakies, Betriebliche Weiterbildung und Rückzahlungskosten, ArbRAktuell 2012, 216; Lakies, AGB-Kontrolle von Rückzahlungsvereinbarungen über Weiterbildungskosten, BB 2004, 1903; Lingemann/Kiecza, Rückzahlungsvereinbarungen bei Fortbildungskosten, ArbR 2009, 156; Löwisch, Rückzahlungs- und Bestandsklauseln in Betriebsvereinbarungen, NZA 2013, 549; Maier/Mosig, Unwirksame Rückzahlungsklauseln bei arbeitgeberseitiger Übernahme von Ausbildungskosten, NZA 2008, 1168; Merath, Sicherung von Fortbildungskosten mittels Rückzahlungsklauseln, GWR 2017, 45; Olbertz/Sturm, Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten – welche Spielregeln gelten?, GWR 2015, 510; Schönhöft, Rückzahlungsverpflichtungen in Fortbildungsvereinbarungen, NZA-RR 2009, 625; Straube, Inhaltskontrolle von Rückzahlungs-

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Rz. 2 Kap. 8 klauseln für Ausbildungskosten, NZA-RR 2012, 505; Stück, Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten – Was ist noch zulässig?, DStR 2009, 2020; Wohlfarth, Übernahme von Fortbildungskosten durch den Arbeitgeber – Folgerungen für Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Sozialversicherung, BBK 2011, 629. Studium: Brecht-Heitzmann, Rechtlicher Status von Studierenden dualer Studiengänge, AuR 2009, 389; Foerster, Beschäftigung von Schülern und Studenten, AuA 2007, 460; Haratsch/Holljesiefken, Studentische Hilfskraft auf Lebenszeit? – Die Befristung von Arbeitsverträgen mit studentischen Hilfskräften, NZA 2008, 207; Hunold, Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Studenten, NZA 2009, 476; Koch-Rust/Rosentreter, Mindestlohn auch für dual Studierende?, NZA 2015, 402; Koch-Rust/Rosentreter, Ausbildungsverträge bei praxisintegrierten dualen Studiengängen, NZA 2013, 879; Koch-Rust/Rosentreter, Rechtliche Gestaltung der Praxisphase bei dualen Studiengängen, NJW 2009, 3005; Kostorz, Krankenversicherung im Studium – zur versicherungsrechtlichen Einordnung von beschäftigten Studierenden und studierenden Beschäftigten, NZS 2012, 161; Natzel, Qualifizierung im tripolaren Rechtsverhältnis, NZA 2012, 650; Natzel, Duale Studiengänge – arbeitsrechtliches Neuland, NZA 2008, 567; Schade, Der Student im Pflichtpraktikum – ein rechtloses Wesen? NJW 2013, 1059.

I. Einführung Zur Ausbildung dienen Berufsbildungsverträge und Verträge mit Praktikanten, zur Fortbildung eher Verträge mit Studenten und Referendaren. Hinzu kommen Fortbildungsverträge innerhalb des bestehenden Arbeitsverhältnisses, die regelmäßig mit einer Rückzahlungsklausel für die Fortbildungskosten verbunden sind.

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1. Auszubildende Wer einen anderen zur Berufsbildung einstellt (Ausbildender), hat mit dem Auszubildenden einen Berufsbildungsvertrag1 zu schließen, § 10 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Unverzüglich nach Abschluss des Berufsbildungsvertrages ist der wesentliche Inhalt des Vertrages schriftlich niederzulegen, die elektronische Form ist ausgeschlossen, § 11 Abs. 1 Satz 1 BBiG. Die Mindestanforderungen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BBiG sind in M 8.1.1 noch einmal deutlich hervorgehoben. Die Pflichten des Ausbildenden sind in § 14 BBiG normiert. Insbesondere hat der Ausbildende gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 BBiG selbst oder durch einen ausdrücklich damit beauftragten Ausbilder dafür zu sorgen, dass dem Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich ist. Dazu ist die Berufsausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann, § 14 Abs. 1 Nr. 1 BBiG. Er muss kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe, zur Verfügung stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind, § 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG. Ferner hat er den Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule, § 14 Abs. 1 Nr. 4 BBiG, sowie zum Führen eines Ausbildungsnachweises nach § 13 Satz 2 Nr. 7 anzuhalten und diesen regelmäßig durchzusehen, § 14 Abs. 2 BBiG2, sowie dafür zu sorgen, dass der Auszubildende charakterlich gefördert wird, § 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG. Auszubildenden dürfen vom Ausbildenden nur 1 Für die Ausbildung zu einem staatlich anerkannten Beruf ist der Abschluss eines solchen Vertrages zwingend, er kann nach § 26 BBiG nicht in einem anderen Vertragsverhältnis, etwa in Form eines „Anlernvertrages“, umgangen werden. Dieser ist nach § 134 BGB nichtig. Stattdessen entsteht ein faktisches Arbeitsverhältnis, die Vergütung richtet sich dann nach § 612 Abs. 2 BGB. Ob der Arbeitgeber sich daraus lösen kann, ist zweifelhaft. Zum Ganzen BAG v. 27.7.2010 – 3 AZR 317/08, AP Nr. 3 zu § 4 BBiG; krit. Benecke, NZA 2012, 646. S. auch Einf. Rz. 13. Ein Berufsausbildungsvertrag ist nach hM kein Arbeitsvertrag, er begründet somit kein Arbeitsverhältnis, vgl. schon den Wortlaut von § 10 Abs. 2 BBiG, BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 375/10, NZA 2012, 255 und ErfK/Schlachter, § 10 BBiG Rz. 3a. 2 Das OVG Münster v. 12.2.2015 – 19 A 644/13, juris, lehnt aber eine Pflicht der Berufsschule, den Ausbilder auf Nachfrage über Fehlzeiten zu informieren, ab.

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Kap. 8 Rz. 2 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen, ihren körperlichen Kräften angemessen sind und die sie nicht gefährden, vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BBiG.

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Dem stehen die Pflichten des Auszubildenden gem. § 13 BBiG gegenüber. Er hat sich insbesondere zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen, § 13 Satz 1 BBiG. Er muss seine Aufgaben sorgfältig ausführen, den Weisungen des Ausbildenden folgen, hat an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, die Einrichtungen pfleglich zu behandeln, die Betriebsordnung zu beachten, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren und einen schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis zu führen, § 13 Satz 2 Nr. 1–7 BBiG.3

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Das Ausbildungsverhältnis beginnt mit einer zwingenden Probezeit.4 Die maximale Probezeit beträgt vier Monate, § 20 Satz 2 BBiG.5 Ein vorausgegangenes Arbeitsverhältnis oder Praktikum ist nicht auf die Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen.6 Bei einem vorangegangenen Ausbildungsverhältnis muss hingegen nach den Einzelfallumständen differenziert werden, ob zwischen neuem und vorangegangenem ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um dasselbe Ausbildungsverhältnis handelt.7 Wird ein solcher enger sachlicher Zusammenhang bejaht, ist die erneute Vereinbarung einer Probezeit wegen § 25 BBiG unzulässig.8 Bei einer Unterbrechung der Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel der Probezeit können die Parteien eine entsprechende Verlängerung der Probezeit vereinbaren.9

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Nach § 17 BBiG hat der Ausbildende dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu zahlen.10 Während Auszubildenden dabei mangels Anwendungsbereichs des MiLoG bisher kein Mindestlohn zustand, § 22 Abs. 3 MiLoG, wurde mit Wirkung zum 1.1.2020 eine Mindestausbildungsvergütung (MAV) eingeführt, § 17 Abs. 2 BBiG.11 Auszubildende, die ihre Berufsausbildung ab dem 1.1.2020 beginnen, erhalten nunmehr eine MAV in Höhe von 515 Euro im ersten Ausbildungsjahr, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) BBiG. In Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Ausbildungsbeginnes steigt die MAV bis 2023 schrittweise an (550 Euro ab dem 1.1.2021 bis zu 620 Euro ab dem 1.1.2023, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b-d) BBiG). In den folgenden Ausbildungsjahren erhalten Auszubildende einen Aufschlag von 18 % (zweites Jahr), 35 % (drittes Jahr) bzw. 40 % (viertes Jahr), § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2–4 BBiG. Im Vergleich zur bisherigen Generalklausel soll die neue, konkretisierende Regelung Auszubildende „in einem austarierten System“ besser vor nicht mehr angemessenen Vergütungen schützen.12 Unterschreitet die Vergütung die genannten Sätze, ist sie grundsätzlich unangemessen. Tarifgebundene Ausbildungsbetriebe können den Auszubildenden aber weiterhin die für sie geltenden tarif3 Der Katalog ist nicht abschließend, BAG v. 20.9.2006 – 10 AZR 439/05, NZA 2007, 977 Rz. 21. 4 Ein Absehen von einer Probezeit ist wegen § 25 BBiG unwirksam, BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 831/13, NJW 2015, 2284 Rz. 19. 5 Die Probezeitvereinbarung als solche unterliegt keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, da sie zwingendes Recht ist; die Länge der Probezeit kann jedoch, wenn sie formularvertraglich vereinbart ist, überprüft werden, BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 831/13, NJW 2015, 2284 Rz. 19, 40. 6 Praktikum: BAG v. 19.11.2015 – 6 AZR 844/14, NZA 2016, 228; Arbeitsverhältnis: BAG v. 16.12.2004 – 6 AZR 127/04, NZA 2005, 578. 7 Als Umstände des Einzelfalls sind zB die Dauer der Unterbrechung, Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses (wie Anlass der Unterbrechung) oder der Branche (BAG v. 23.1.2018 – 9 AZR 854/16, NZA 2018, 735 Rz. 31 ff.; v. 12.2.2015 – 6 AZR 831/13, NJW 2015, 2284 Rz. 22 ff., insb. 29 f.). 8 BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 831/13, NJW 2015, 2284 Rz. 29. 9 BAG v. 9.6.2016 – 6 AZR 396/15, NZA 2016, 1406 Rz. 27. 10 Sie ist unabdingbar nach § 25 BBiG und wohl auch unpfändbar nach § 850a Nr. 6 ZPO; dazu Litterscheid, NZA 2006, 639, Fn. 20 mwN; für Unpfändbarkeit vgl. BAG v. 25.7.2002 – 6 AZR 381/00, juris Rz. 63; ErfK/Schlachter, § 17 BBiG Rz. 2 mwN; HK-ArbR/Gross, § 17 BBiG Rz. 2; aA Zöller/Herget, § 850a ZPO Rz. 13; Thomas/Putzo/Seiler, § 850a ZPO Rz. 7. 11 Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2522; dazu ausf. Kleinebrink, DB 2020, 727. 12 BT-Drucks. 19/10815, S. 57.

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Rz. 7 Kap. 8

lichen Ausbildungsvergütungen zahlen, selbst wenn diese die MAV unterschreiten, § 17 Abs. 3 BBiG. Eine vereinbarte Vergütung ist zudem unangemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte Vergütung um mehr als 20 % unterschreiten, § 17 Abs. 4 BBiG. Die nunmehr normierte Untergrenze entspricht der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BAG13, die für die Frage der Angemessenheit der Vergütung insgesamt weiterhin relevant ist.14 Danach beurteilt sich die Höhe einer angemessenen Vergütung nach der Verkehrsanschauung und den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung der Interessen der Vertragsparteien.15 Maßgeblicher Anhaltspunkt für Verkehrsanschauung und Interessenabwägung sind die einschlägigen Tarifverträge, nachrangig branchenübliche Sätze oder die branchenübliche Verkehrsauffassung, wie sie sich aus Empfehlungen der Kammern und Innungen ergibt.16 Bei einer Teilzeitausbildung nach § 7a BBiG kann die MAV unterschritten werden, § 17 Abs. 5 Satz 1 BBiG. Die Vergütung ist aber unangemessen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit, § 17 Abs. 5 Satz 2 BBiG. Gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG kann der Ausbilder das Berufsausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit nur aus wichtigem Grund kündigen.17

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Praxistipp: Die Kündigung gegenüber dem Auszubildenden muss nicht nur schriftlich erfolgen, sondern auch die Kündigungsgründe schriftlich mitteilen, § 22 Abs. 3 BBiG.18 Dies wird in der Praxis häufig übersehen mit der Folge, dass die Kündigung unwirksam ist. Fällt der Fehler später auf, so kann wegen Ablaufs der Zwei-Wochen-Frist eine Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 626 Abs. 2 BGB nicht mehr nachgeholt werden.

Gegenüber einem minderjährigen Auszubildenden muss die Kündigung zudem vorbehaltlich § 113 BGB19 einem gesetzlichen Vertreter zugehen, § 131 Abs. 2 BGB.20 Das Vorliegen eines wichtigen Grundes richtet sich nach § 626 BGB.21 Ein wichtiger Grund kann auch der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden sein.22 Dem besonderen Charakter des Berufsausbildungsverhältnisses ist dabei jedoch für jeden Einzelfall Rechnung zu tragen:23 Anders als in einem Arbeitsverhältnis schuldet der Auszubildende nämlich 13 BAG v. 16.5.2017 – 9 AZR 377/16, NZA 2017, 1129 Rz. 21, 23; v. 29.4.2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384 Rz. 22 mwN. 14 BT-Drucks. 19/10815, S. 58; Malottke, ZRP 2019, 142, 143. 15 BAG v. 16.5.2017 – 9 AZR 377/16, NZA 2017, 1129 Rz. 13 ff.; v. 29.4.2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384 Rz. 13 ff. m. umf. Darlegung der Funktionen der Vergütung; v. 16.7.2013 – 9 AZR 784/11, NZA 2013, 1202 Rz. 12; v. 26.3.2013 – 3 AZR 89/11, ArbRAktuell 2013, 328 Rz. 10. 16 BAG v. 26.3.2013 – 3 AZR 89/11, ArbRAktuell 2013, 328 Rz. 11 f.; v. 17.3.2015 – 9 AZR 732/13, AP BBiG § 17 Nr. 11 Rz. 10 ff.; v. 16.7.2013, NZA 2013, 1202 Rz. 13; vgl. BT-Drucks. 19/10815, S. 58. 17 Allgemein zur Kündigung von Ausbildungsverhältnissen: Hülsemann, ArbRAktuell 2016, 107; Reinartz, DB 2015, 1347. 18 Zu Einzelheiten s. Erläuterung zu M 8.1.1, § 10 sowie Fuhlrott/Gömöry, FA 2012, 133; von Vogel, NJW Spezial 1/2007, 33. Anders als die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses bedarf die Kündigung oder Aufhebung eines Umschulungsvertrages iSv. § 1 Abs. 5, § 58 ff. BBiG weder der Schriftform nach § 623 BGB noch der schriftlichen Begründung, es sei denn die Umschulung findet im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses statt, BAG v. 19.1.2006 – 6 AZR 638/04, NZA 2007, 97. 19 BAG v. 22.1.2008, NZA-RR 2008, 565 Rz. 18. 20 BAG v. 8.12.2011 – 6 AZR 354/10, NZA 2012, 495 Rz. 19 ff. Es genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil, § 1629 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BGB und BAG aaO Rz. 23. Zu § 113 BGB BAG aaO Rz. 18. 21 BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, 741 Rz. 38; Hülsemann, ArbRAktuell 2016, 107; ErfK/ Schlachter, § 22 BBiG Rz. 3, s. Kap. 22 Rz. 145 ff. 22 Mit ausführlicher Herleitung und Begründung BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, 741 Rz. 28 ff. 23 BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, 741 Rz. 36, 41.

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Kap. 8 Rz. 7 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge keine Arbeitsleistung, sondern hat sich nach § 13 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist; zudem hat er typischerweise eine geringe Lebens- und Berufserfahrung, während den Ausbildenden besondere Fürsorgepflichten sowohl in charakterlicher als auch in körperlicher Hinsicht treffen (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG).24

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Die Kündigungsschutzklage auch gegen eine außerordentliche Kündigung im Berufsausbildungsverhältnis muss innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 iVm. § 13 Abs. 1 KSchG erhoben werden, sofern nicht gem. § 111 Abs. 2 ArbGG eine Verhandlung vor einem zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Berufsausbildungsverhältnis gebildeten Ausschuss stattfinden muss.25

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Der Auszubildende selbst kann mit einer Kündigungsfrist von mindestens26 vier Wochen kündigen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will, § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG.

10 Nach § 23 BBiG kann der Gekündigte den Kündigenden auf Schadensersatz in Anspruch nehmen,

wenn dieser den Grund für die Auflösung zu vertreten hat.27 Ein ersatzfähiger Schaden ist für den Auszubildenden denkbar in Gestalt von Aufwendungen zur Begründung eines neuen Ausbildungsverhältnisses, des Verdienstausfalles durch Verschiebung des Termins der Abschlussprüfung sowie der geschuldeten Ausbildungsvergütung bis zum vereinbarten Ende des Berufsausbildungsverhältnisses, wobei sich der Auszubildende dasjenige anrechnen lassen muss, was er während der Zeit durch eine anderweitige Tätigkeit verdient hat, die er bei Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht hätte ausüben können.28 Für den Ausbilder ergibt sich regelmäßig kein ersatzfähiger Schaden.29 Maßgeblich für den Beginn der dreimonatigen Ausschlussfrist des § 23 Abs. 2 BBiG ist das vertragsgemäße rechtliche Ende des Berufsausbildungsverhältnisses, nicht die tatsächliche Beendigung der Ausbildung.30

11 § 78a BetrVG31 gibt Auszubildenden,32 die gleichzeitig Mitglied von Betriebsverfassungsorganen sind, das Recht, innerhalb von drei Monaten – ein früheres Verlangen ist unwirksam33 – vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich34 vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zu verlangen.35 Damit wird ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet. Soweit nicht ein nach § 15 KSchG, § 22 BBiG tragfähiger Kündigungsgrund vorliegt, kann der Arbeitgeber die Be-

24 BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, 741 Rz. 37, 41. 25 BAG v. 23.7.2015, NZA-RR 2015, 628; v. 26.1.1999 – 2 AZR 134/98, NZA 1999, 934; Einzelheiten zur Fristwahrung bei den Erläuterungen zu M 8.1.1, § 12. 26 BAG v. 22.2.2018 – 6 AZR 50/17, NZA 2018, 575 Rz. 22. 27 Ob als weitergehende Voraussetzung zu fordern ist, dass Kündigungsschutzklage erhoben wurde, ist offen (LAG Hamm v. 22.12.2015 – 14 Ta 468/15, juris). 28 BAG v. 16.7.2013 – 9 AZR 784/11, NZA 2013, 1202; v. 8.5.2007 – 9 AZR 527/06, NJW 2007, 3594. 29 Hierzu ErfK/Schlachter, § 23 BBiG Rz. 2 mwN. 30 BAG v. 17.7.2007, DB 2008, 709 zur inhaltsgleichen Regelung des § 16 Abs. 2 BBiG aF. 31 Einzelheiten bei Blaha/Mehlich, NZA 2005, 667; Lakies, ArbRAktuell 2012, 34; Oppolony, BB 2003, 1329. 32 Keine Anwendung findet § 78a BetrVG auf Vertragsverhältnisse, bei denen die Arbeitsleistung und nicht die Ausbildung im Vordergrund steht, BAG v. 1.12.2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779 (Volontariat). Auch Praktikanten sind nicht erfasst, Richardi/Thüsing, § 78a BetrVG Rz. 6 mwN. 33 BAG v. 5.12.2012, NZA-RR 2013, 241 Rz. 20 f.; v. 15.12.2011, NZA-RR 2012, 413. 34 Gemeint ist die Schriftform nach § 126 BGB, ein Weiterbeschäftigungsverlangen per E-Mail genügt nicht (ausführlich BAG v. 15.12.2011, NZA-RR 2012, 413, insb. Rz. 31, 37). Dem Arbeitgeber kann aber uU nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Formunwirksamkeit zu berufen (BAG aaO Rz. 40: zB bei mehrmaligem Verlangen, wobei die Weiterbeschäftigung ursprünglich zwar formwirksam, aber nicht fristgemäß, sodann formunwirksam, aber fristgemäß geltend gemacht wurde). 35 Voraussetzung ist bei überbetrieblicher Ausbildung jedoch eine vertragliche Beziehung zwischen Auszubildendem und konkretem Arbeitgeber, vgl. BAG v. 17.8.2005, NZA 2006, 624; v. 1.12.2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779. Zum Verhältnis zu tariflichen Übernahmeregelungen Houben, NZA 2011, 182.

374 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Rz. 12a Kap. 8

gründung dieses Arbeitsverhältnisses nur gemäß § 78a Abs. 4 BetrVG vermeiden, wenn er bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses die dort genannten Anträge beim Arbeitsgericht stellt, weil die Weiterbeschäftigung unzumutbar sei. Die Weiterbeschäftigung ist dem Arbeitgeber insbesondere dann unzumutbar, wenn im Ausbildungsbetrieb kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Auszubildende mit seiner erworbenen Qualifikation ausbildungsadäquat dauerhaft beschäftigt werden kann.36 Das gilt nicht, wenn der Auszubildende sich zumindest hilfsweise mit einer Beschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen einverstanden erklärt, wobei eine solche Bereitschaftserklärung unverzüglich abzugeben ist und nicht erst im gerichtlichen Verfahren nach § 78a Abs. 4 BetrVG.37 Ein zum Ausbildungsende fehlender Beschäftigungsbedarf führt jedoch nicht zu einer Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, wenn der Arbeitgeber einen innerhalb von drei Monaten vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses frei gewordenen Arbeitsplatz neu besetzt hat, da er in diesem Zeitraum mit einem Übernahmeverlangen rechnen muss.38 Die Weiterbeschäftigung kann dem Arbeitgeber auch wegen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers unzumutbar sein, auch wenn sie im Ausbildungsverhältnis bereits abgemahnt wurden.39 Gem. § 24 BBiG gilt ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet, wenn der Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis weiterbeschäftigt wird, ohne dass hierüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wird. Eine solche Anschlussbeschäftigung liegt allerdings nicht vor, wenn das Ausbildungsverhältnis verlängert wird.40 Die automatische Anschlussbeschäftigung setzt als subjektives Element voraus, dass der Arbeitgeber oder ein berechtigter Vertreter Kenntnis von der Beendigung der Berufsausbildung und der Weiterbeschäftigung des Auszubildenden hat.41 Schließt sich an das Ausbildungsverhältnis ohne zeitliche Unterbrechung ein Arbeitsverhältnis an, so gelten Normen eines (nachwirkenden) Tarifvertrages, der auf das Ausbildungsverhältnis Anwendung gefunden hat, auch für das neu begründete Arbeitsverhältnis, da insofern lediglich ein Statuswechsel und kein Wechsel der Vertragsparteien stattgefunden hat.42 Befristungen kommen im Anschlussarbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 und nach § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG in Betracht, ferner eine sachgrundlose Befristung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, denn das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG greift nicht.43

12

Im Gegensatz zur Thematik der Kündigung wird im Zuge des Fachkräftemangels diskutiert, wie Auszubildende frühzeitig an das Unternehmen gebunden werden können. Um den Auszubildenden nach Beendigung der Ausbildung im Betrieb als Arbeitnehmer zu behalten, kommen insb. die Vereinbarung eines Vorvertrages samt Regelung einer Vertragsstrafe zur Absicherung des künftigen Arbeitsverhältnisses oder die Vereinbarung einer sog. Ablösesumme bei Abschluss eines Arbeitsver-

12a

36 Ausführlich hergeleitet BAG v. 25.2.2009, DB 2009, 1473 Rz. 16 ff. 37 BAG v. 8.9.2010 – 7 ABR 33/09, NZA 2011, 221; v. 15.11.2006 – 7 ABR 15/06, NZA 2007, 1381: Der Auszubildende darf sich nicht darauf beschränken, sein Einverständnis mit allen in Betracht kommenden Beschäftigungen zu erklären, sondern muss eine angedachte Beschäftigungsmöglichkeit möglichst konkret bezeichnen. Genauso für den öffentlichen Arbeitgeber BVerwG v. 18.1.2012, NZA-RR 2012, 336. 38 BAG v. 25.2.2009, DB 2009, 1473 Rz. 21 f. für den Einsatz von Leiharbeitnehmern. 39 BAG v. 18.9.2019 – 7 ABR 44/17, NZA 2020, 329, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 123. 40 BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 427/07, NZA 2009, 738. 41 BAG v. 23.3.2018 – 9 AZR 479/17, NZA 2018, 943, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 370. 42 BAG v. 7.5.2008 – 4 AZR 288/07, NZA 2008, 886. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Vertragsparteien die Nachwirkung im Arbeitsvertrag ausdrücklich abbedingen. 43 BAG v. 12.4.2017 – 7 AZR 446/15, NZA 2017, 1125 Rz. 15; v. 21.9.2011 – 7 AZR 375/10, NZA 2012, 255 Rz. 15 ff.; dazu Hunold, NZA 2012, 431. Allerdings soll das Berufsausbildungsverhältnis umfassend bei gesetzlichen Wartezeitregelungen (zB § 1 Abs. 1 KSchG, § 90 SGB IX, § 8 Abs. 1 TzBfG, § 4 BUrlG, § 3 Abs. 3 EFZG (dazu BAG 20. 8. 2003 – 5 AZR 436/02, NZA 2004, 205), § 8 Abs. 1 BetrVG, § 15 Abs. 7 Nr. 2 BEEG und § 1b BetrAVG) einbezogen werden; dazu Gehlhaar, DB 2011, 590. Zur Befristung allgemein Kap. 6 Rz. 1 ff.

Lingemann | 375

Kap. 8 Rz. 12a | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge trages mit einem anderen Arbeitgeber in Betracht.44 Diese Möglichkeiten spielen in der Praxis bisher aber kaum eine Rolle.

13 Liegt weder ein Berufsausbildungsverhältnis gem. § 1 Abs. 2 BBiG zur Erlernung eines staatlich an-

erkannten Ausbildungsberufes noch ein Arbeitsverhältnis vor, so finden die Bestimmungen des BBiG teilweise und modifiziert Anwendung, wenn die Einstellung iSd. § 26 BBiG zum Erwerb beruflicher Fähigkeiten bzw. Erfahrungen erfolgt ist.45 Insb. ist dann die gesetzliche Probezeit verkürzt, eine Vertragsniederschrift nicht erforderlich und es besteht kein Schadensersatzanspruch bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des BBiG setzt jedoch nach ihrem Schutzzweck voraus, dass gemäß der vertraglichen Vereinbarung den Ausbildungspflichten des anderen Vertragsteils auch Anwesenheits- und Arbeitspflichten der eingestellten Person gegenüberstehen.46 Bei den sog. dualen Studiengängen, etwa an einer Berufsakademie, bei denen feste Praxisphasen in das Studium integriert sind, handelt es sich jedoch nicht um ein von § 26 BBiG erfasstes Vertragsverhältnis, da solche Studiengänge abschließend von den entsprechenden Hochschulgesetzen der Länder geregelt werden, vgl. auch § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG.47

2. Praktikanten 14 Praktikanten durchlaufen eine – regelmäßig eng befristete – Ausbildung, die sie im Rahmen ihrer

Hauptausbildung (zB Studium) absolvieren müssen.48 Bei einem Praktikum steht in Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis die Aneignung der zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen im Vordergrund.49 Der Praktikantenbegriff wurde nunmehr in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG und § 20 Abs. 1 Nr. 10 SGB XI definiert; die Definitionen divergieren aber.50 Jedenfalls für Praktika iSd. § 22 Abs. 1 MiLoG muss nach § 1 Satz 2, § 2 Abs. 1a NachwG nunmehr eine schriftliche, unterschriebene Vertragsniederschrift angefertigt werden, die vor Aufnahme der Tätigkeit ausgehändigt sein muss.51 Oft wird übersehen, dass ein Praktikum auch § 26 BBiG unterfallen kann und daher dann mit Ausnahmen den besonderen Vorschriften der §§ 10–23 und 25 BBiG unterliegt. Voraussetzung hierfür ist, dass das Praktikum freiwillig erfolgt und nicht voll in ein Studium integriert ist, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG.52

15 Ein Pflichtpraktikum, dh. ein nicht § 26 BBiG unterfallendes, begründet kein Arbeitsverhältnis. Dient

ein Praktikum dagegen nicht dazu, praktische Kenntnisse zur Vorbereitung auf den Beruf zu erwer-

44 Einzelheiten bei Kleinebrink, DB 2020, 170. 45 Unzulässig ist es jedoch, die Ausbildung in einem anderen Vertragsverhältnis iSv. § 26 BBiG durchzuführen, wie etwa im Rahmen eines „Anlernvertrags“, BAG v. 27.7.2010 – 3 AZR 317/08, AP Nr. 3 zu § 4 BBiG; vgl. dazu Benecke, NZA 2012, 646; s. auch Einf. Rz. 2. 46 BAG v. 17.7.2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416 zu einem „Lehrlingsvertrag“, der die Erlernung eines staatlich nicht anerkannten Ausbildungsberufes (Tätowierung und Piercing) beinhaltete. 47 BAG v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435; v. 16.10.2002 – 4 AZR 429/01, BB 2003, 906; dazu auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879 und NJW 2009, 3005; Natzel, NZA 2008, 567, 569. 48 BAG v. 13.3.2003 – 6 AZR 564/01, juris mwN. 49 LAG Köln v. 31.5.2006 – 3 Sa 225/06, NZA-RR 2006, 525; vgl. auch Schade, NZA 2012, 654 und NJW 2013, 1039. Zur Gesetzgebungsentwicklung und gesellschaftlichen Diskussion Düwell, DB 2014, 2047. Dazu auch Grimm/Linden, ArbRB 2014, 51. 50 Dazu Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517; BT-Drucks. 18/1558, S. 42; zur Problematik der divergierenden Definitionen ErfK/Franzen, § 22 MiLoG Rz. 7. Die Definition in § 20 SGB XI wird nur für die soziale Pflegeversicherung verbindlich sein. 51 Dazu Düwell, DB 2014, 2047, 2049. Zu den Schwierigkeiten der Begriffsbestimmung ErfK/Franzen, § 22 MiLoG Rz. 6 f. Obgleich das NachwG keine unmittelbaren Sanktionen im Falle der Nichterfüllung bereithält, kann eine Nichterfüllung Auswirkungen auf die Beweisverteilung haben und zu Beweiserleichterungen für den Praktikanten führen (so Düwell, DB 2014, 2047, 2050). Daher wäre zu raten, für alle Praktikumsverträge die dort genannten Anforderungen einzuhalten. Sie sind in M 8.2 aufgeführt. 52 S. dazu Einf. Rz. 2 ff. und Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517; Düwell, DB 2014, 2047, 2048; Krimphove, BB 2014, 564.

376 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Rz. 21 Kap. 8

ben, sondern steht der Leistungsaustausch im Vordergrund, liegt unter der Bezeichnung eines Praktikums häufig ein gewöhnliches Arbeitsverhältnis vor.53 Sozialversicherungsrechtlich besteht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V, § 20 Abs. 1 Nr. 10 SGB XI Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, soweit das Praktikum durch Studienoder Prüfungsordnungen vorgeschrieben ist und kein Entgelt gezahlt wird. Erhält der Praktikant ein Entgelt oder handelt es sich um ein nicht vorgeschriebenes Praktikum, so folgt die Versicherungspflicht für die Kranken- und Pflegeversicherung aus den allgemeinen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Auch wenn die berufspraktische Tätigkeit geringfügig ist, führt dies nicht zu einer Versicherungsfreiheit, da gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V eine Sonderregelung für die betriebliche Berufsbildung gilt.

16

§ 7 Abs. 2 SGB IV bestimmt, dass auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen als Beschäftigung iSd. § 7 SGB IV gilt, wozu nicht nur klassische Berufsausbildungsverhältnisse iSd. BBiG zählen, sondern auch andere Vertragsverhältnisse, die auf eine Vermittlung berufspraktischer Kenntnisse abzielen.54

17

In der Rentenversicherung sind Praktika versicherungsfrei, soweit sie durch Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschrieben sind, § 5 Abs. 3 SGB VI. Hierdurch soll eine Kontinuität hinsichtlich des versicherungsrechtlichen Status von Studenten, die auch während ihres Studiums nicht versicherungspflichtig sind, hergestellt werden.55

18

In der Arbeitslosenversicherung besteht nach § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III Versicherungsfreiheit für eine während des Studiums ausgeübte Tätigkeit, sofern das studentische Erscheinungsbild nicht verloren geht, unabhängig davon, ob eine praktische Tätigkeit nach der Studienordnung vorgeschrieben ist. Auch die Höhe eines etwaigen Entgelts spielt keine Rolle. Im Übrigen besteht für den Personenkreis der zur Berufsausbildung Beschäftigten gem. § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III grundsätzlich Versicherungspflicht unabhängig von der Entgelthöhe und einer eventuellen Geringfügigkeit.

19

Auch in der Unfallversicherung gelten die allgemeinen Grundsätze, vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 SGB VII.

20

Gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG sind Praktikanten vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen, wenn das Praktikum für die Ausbildung verpflichtend ist (Nr. 1), bis zu drei Monaten und zur Orientierung absolviert wird (Nr. 2), erstmalig beim Ausbildenden und ausbildungsbegleitend bis zu drei Monaten geleistet wird (Nr. 3) oder im Rahmen von § 54a SGB III oder §§ 68–70 BBiG stattfindet (Nr. 4).56 Die Beweislast hierfür liegt beim Arbeitgeber.57 Das Praktikum kann jedenfalls aus Gründen in der Person des Praktikanten/der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten wird.58 Unterfällt das Praktikum aber § 26 BBiG (vgl. Einf. Rz. 14), muss auch der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden.59

21

53 BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 694/12, AP TzBfG § 4 Nr. 25 Rz. 24 ff. für einen als Praktikant ohne Entgelt beschäftigten Rettungssanitäter/-assistenten; Maties, RdA 2007, 135, 138; ausf. Grimm/Linden, ArbRB 2014, 51, 53 f. 54 Vgl. Küttner/Schlegel, Nr. 338 Praktikant Rz. 14 ff., Rz. 20 mit Details. 55 Vgl. BT-Drucks. 13/8671, S. 117. 56 BT-Drucks. 18/1558, S. 42; Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517, 520; Greiner, NZA 2016, 594; Lembke, NJW 2016, 3617, 3618; Natzel, BB 2014, 2490. 57 Düwell, DB 2014, 2047, 2048; vgl. Wortlaut „es sei denn“ des § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG. 58 BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 556/17, NZA 2019, 773 Rz. 11 ff.; dazu Sura, NZA 2019, 882. 59 BT-Drucks. 18/1558, S. 42; ErfK/Franzen, § 22 MiLoG Rz. 6; Sura, NZA 2019, 882.

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Kap. 8 Rz. 22 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge

3. Studenten 22 Die Tätigkeit von Studenten neben dem Studium dient weniger der Fortbildung als vielmehr der Fi-

nanzierung des Studiums. Soweit Studenten nicht als freie Mitarbeiter tätig sind, sind sie Arbeitnehmer.60 Über die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG hinaus kann das Ende des Studiums auch einen sachlichen Grund für eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG darstellen, wenn das Studium in erster Linie einem sozialen Überbrückungszweck dient.61

23 Sozialversicherungsrechtlich62 sind Studenten aufgrund ihres Status als Studenten kranken- und

pflegeversichert, § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB XI. Vorrangig greift aber die beitragsfreie Familienversicherung, § 10 SGB V, oder eine etwaige Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1–8, 11 und § 12 SGB V, § 5 Abs. 7 SGB V – etwa im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Rentenversicherungspflicht für den Studenten als solchen besteht nicht; Studienzeiten werden gem. § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI jedoch bis zu acht Jahren als Anrechnungszeiten berücksichtigt.

In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Studenten kraft Gesetzes bei Unfällen versichert, die mit ihrem Studium zusammenhängen, § 2 Abs. 1 Nr. 8c SGB VII.

24 Für entgeltliche Beschäftigungen von Studenten neben dem Studium („Studentenjobs“) gelten in der Sozialversicherung im Grundsatz die allgemeinen Regeln. Privilegierungen bestehen bei geringfügiger Beschäftigung/Minijobs iSv. § 8 SGB IV (vgl. Kap. 7 Rz. 62 ff., M 7.3.2).

25 Darüber hinaus besteht Versicherungsfreiheit für Werkstudenten in der Kranken- und Pflegever-

sicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V und in der Arbeitslosenversicherung nach § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III (sog. Werkstudentenprivileg).63 Sie wird in der Praxis bei unbefristeten Tätigkeiten anerkannt, die nicht mehr als geringfügige Beschäftigung/Minijob zählen, soweit Zeit und Arbeitskraft der Studierenden überwiegend durch das Studium beansprucht werden und die Wochenarbeitszeit während des Semesters 20 Stunden nicht überschreitet.64 In den Semesterferien gilt diese zeitliche Grenze nicht.65 Bei Teilzeitstudierenden gilt das Werkstudentenprivileg nicht.66 In der Rentenversicherung gelten die allgemeinen Regeln. Lohnsteuerrechtlich bestehen – soweit es sich nicht um eine geringfügige Beschäftigung/einen Minijob handelt (Rz. 24) – keine Besonderheiten.

26 Bei dualen Studiengängen67 wird der Status der Studierenden während der Praxiszeiten diskutiert,

insb., ob § 26 BBiG anzuwenden ist.68 Die Einordnung hat Auswirkungen darauf, ob Mindestlohn für duale Studenten während der Praxiszeiten zu zahlen ist. Für den theoretischen bzw. universitären

60 BAG v. 11.11.2008 – 1 ABR 68/07, NZA 2009, 450 bzgl. der Pflicht zur Eingruppierung von Werkstudenten in tarifliche Vergütungssysteme; zur Abgrenzung vgl. Einf. Kap. 9 Rz. 2 ff.; zur umfangreich tätigen Tankwartaushilfe als Arbeitnehmer vgl. BAG v. 12.6.1996 – 5 AZR 960/94, NZA 1997, 191. 61 BAG v. 24.8.2011 – 7 AZR 368/10, NJOZ 2012, 1223. 62 Guter Überblick bei Küttner/Schlegel, Nr. 393 Studentenbeschäftigung Rz. 22 ff. 63 Dazu im Einzelnen Korstorz, NZS 2012, 161; allgemein auch BSG v. 11.11.2003 – B 12 KR 24/03 R, juris. 64 BSG v. 22.2.1980, DB 1981, 1420 mwN; aber auch kurzzeitige Überschreitungen sind möglich, vgl. Korstorz, NZS 2012, 161, 163 (Punkt 3.2.4 mwN). 65 Vgl. BSG v. 23.2.1988 – 12 RK 36/87, SozR 2200, § 172 Nr. 20 S. 45; v. 22.2.1980 – 12 RK 34/79, SozR 2200, § 172 Nr. 14. Die Sozialversicherungsträger haben aber vereinbart, dass Tätigkeiten mit über 20 Stunden/ Woche an maximal 26 Wochen/Jahr in den Semesterferien erfolgen dürfen, um versicherungsfrei zu bleiben (siehe Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von beschäftigten Studenten und Praktikanten iF vom 23.11.2016, S. 15 ff.; Korstorz, NZS 2012, 161, 163, Punkt 3.2.3). Als Arbeitgeber ist es empfehlenswert, sich eine Studienbescheinigung und Bescheinigung über die Zeiten der Semesterferien der Hochschule vorlegen zu lassen. 66 LSG Berlin-Brandenburg v. 20.4.2018 – L 1 KR 318/16, juris, Anm. Ricken, NZA 2018, 918. 67 Zu den verschiedenen Ausbildungsformen und zur Abgrenzung zu ausbildungsintegrierten Studiengängen, bei denen zusätzlich noch eine Ausbildung absolviert wird, s. nur Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2015, 402 mwN. 68 Es läge dann für diese Zeit ein Praktikum iSd. § 26 BBiG vor, s. dazu Einf. Rz. 14.

378 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Rz. 29 Kap. 8

Teil kommt das BBiG und damit das MiLoG wegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht zur Anwendung. Für den Ausbildungsteil in ausbildungsintegrierten Studiengängen gilt das BBiG unmittelbar, womit § 26 BBiG und damit das MiLoG ebenfalls nicht anwendbar sind.69 Für die Praxisphase im Unternehmen spricht gegen eine Anwendbarkeit des § 26 BBiG, dass die Praxisphase im dualen Studium ein in die Studienordnung integrierter, praxisbezogener Ausbildungsteil ist und daher auch hier § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG die weitere Anwendung des BBiG sperrt.70 Damit unterfallen jene Studierenden zwar nicht der Ausnahmeregel in § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG. Eine Pflicht zur Zahlung des Mindestlohnes wird aber mit Verweis darauf verneint, duale Studierende seien „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte“ gem. § 22 Abs. 3 MiLoG.71

4. Fortbildungsverträge Die berufliche Fortbildung soll die Möglichkeit bieten, die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Anpassungsfortbildung zu erhalten und anzupassen, § 1 Abs. 4 Nr. 1 BBiG, oder durch eine Fortbildung der höherqualifizierenden Berufsbildung zu erweitern und beruflich aufzusteigen, § 1 Abs. 4 Nr. 2 BBiG. Die für das Berufsausbildungsverhältnis geltenden §§ 10 ff. BBiG sind auf den Fortbildungsvertrag nicht anwendbar. Meist übernimmt der Arbeitgeber die gesamten Fortbildungskosten, dh. die Kosten der Schulung einschließlich der materiellen Ausbildungsmittel, sowie damit zusammenhängende Reisekosten einschließlich Übernachtung und Verpflegung72. Während der Fortbildungszeit wird die Arbeitsvergütung weiter gezahlt, sofern nicht unbezahlter Urlaub vereinbart wurde. Ob die ordentliche Kündigung für die Dauer der Fortbildung ausgeschlossen ist,73 hängt von dem Zweck der jeweiligen Fortbildungsmaßnahme ab.

27

Mit dem Fortbildungsvertrag regelmäßig verbunden ist eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung der gesamten oder eines Teils der Fortbildungskosten, wenn aus von ihm veranlassten Gründen vorzeitig das Arbeitsverhältnis endet. Anders als im Berufsausbildungsverhältnis, vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 174, § 26 BBiG, sind solche Rückzahlungsklauseln nicht von vornherein unwirksam. Welche Maßstäbe an die Wirksamkeit zu stellen sind, hängt von der Rechtsnatur der Rückzahlungsklausel ab.75

28

a) AGB-Kontrolle von Rückzahlungsklauseln Wegen § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB werden Rückzahlungsvereinbarungen76 inzwischen fast ausschließlich als Formularverträge (AGB) qualifiziert.77 Eine Rückzahlungsklausel muss daher der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten.78 Entscheidend ist, ob aufgrund einer Güter69 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2015, 402, NZW 2013, 879 und NJW 2009, 3005; Natzel, NZA 2008, 567. 70 Koch-Rust/Rosentreter, NZW 2013, 879; Natzel, NZA 2008, 567, 569; BAG v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/ 07, NZA 2009, 435 Rz. 19 verlangt aber, dass die Praxisphase in der Prüfungsordnung explizit geregelt sein muss; so auch LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 29.1.2019 – 5 SA 105/18, juris Rz. 83. So im Ergebnis auch, aber für ein Arbeitsverhältnis Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389; zweifelnd Bayreuther, NZA 2014, 865, 871; vgl. Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942, 947. 71 Mit umfangreicher Begründung Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2015, 402, 403 ff. mwN. 72 Zur steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung Wohlfarth, BBK 2011, 629. 73 Vgl. zur Umschulung BAG v. 15.3.1991 – 2 AZR 516/90, DB 1992, 896. 74 BAG v. 25.4.2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396; vgl. zur Rechtmäßigkeit einer Rückzahlungsklausel für übernommene Studiengebühren unter Berücksichtigung von § 12 BBiG LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 14.12.2011 – 3 Sa 263/11, ArbR 2012, 204. 75 Dorth, RdA 2013, 287; ausf. Schmidt, NZA 2004, 1002. 76 Dazu Bettinghausen, NZA-RR 2017, 753; Elking, BB 2014, 885; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337; Olbertz/ Sturm, GWR 2015, 510; Lingemann/Kiecza, ArbRAktuell 2009, 156. 77 Vgl. so auch Olbertz/Sturm, GWR 2015, 510 aE; Lakies, ArbRAktuell 2012, 216. 78 Vgl. zur Inhaltskontrolle einer Rückzahlungsklausel BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419; v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85; v. 14.1.

Lingemann | 379

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Kap. 8 Rz. 29 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge und Interessenabwägung die Rückzahlung von Ausbildungskosten bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der vereinbarten Bindungsfrist angemessen ist. Dies ist auch nach der Schuldrechtsreform nach den vom BAG entwickelten Kriterien zu bestimmen.79 Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer in seinem Recht auf Arbeitsplatzwechsel beschränkt wird, indem er bei einem Wechsel ggf. erheblichen Rückzahlungsforderungen ausgesetzt wird, ohne dass dem ein adäquater Ausgleich gegenübersteht.80

30 Eine Rückzahlungsverpflichtung kommt daher nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer mit der Bil-

dungsmaßnahme einen geldwerten Vorteil erlangt, dadurch also der Marktwert seiner Arbeitskraft erhöht wird.81 Das ist der Fall, wenn er durch die Maßnahme eine Qualifikation erhält, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder beim jetzigen Arbeitgeber berufliche Möglichkeiten eröffnet, die ihm zuvor verschlossen waren.82 Ist die Fortbildung daher vorrangig im Interesse des Arbeitgebers, sind Rückzahlungsklauseln nicht zulässig.83

31 Darüber hinaus muss die Bindungsdauer zur Fortbildungsdauer in einem angemessenen Verhältnis

stehen.84 Zur Orientierung kann folgende Tabelle dienen, die die ständige Rechtsprechung wiedergibt.85 Den Entscheidungen lag jeweils eine Lehrgangsdauer ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung und unter Fortzahlung der Bezüge zugrunde: Lehrgangsdauer

Bindungsdauer

bis zu 1 Monat

bis zu 6 Monaten

bis zu 2 Monate

bis zu 12 Monaten

3 bis 4 Monate

bis zu 24 Monaten

6 bis 12 Monate

bis zu 36 Monaten

mehr als 24 Monate

bis zu 60 Monaten

79 80 81 82 83 84 85

2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666; v. 23.1.2007 – 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748; v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042; s. auch Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Rückzahlungsklausel“, Kap. 2 Rz. 122. Dazu Dimsic, RdA 2016, 106; Gaenslen, öAT 2017, 92; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337; Klinkhammer/Peters, ArbRAktuell 2015, 369; Merath, GWR 2017, 45. In Individualvereinbarungen wird hingegen nur nach §§ 138, 242 BGB eine Beeinträchtigung des Rechtes des Arbeitnehmers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 GG geprüft. Damit es sich um eine Individualabrede handelt, muss sichergestellt werden, dass die Klauseln vom Verbraucher im Zuge eines eigenen Gestaltungswillens in den Vertrag eingeführt wurden. Das dürfte bei Rückzahlungsklauseln auch wegen der Vermutung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB kaum je der Fall sein. Darüber hinaus trägt der Arbeitgeber als Unternehmer die Beweislast hierzu (Einzelheiten s. MünchKommBGB/Basedow, § 305 BGB Rz. 21). BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 34; v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 14 ff.; v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435 Rz. 34 f.; s. auch Düwell/Ebeling, DB 2008, 406, 409; krit. Jesgarzewski, BB 2011, 1594, 1597 f. BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 33 f. BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 34 mwN; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337; Lakies, ArbRAktuell 2012, 216. BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 34, 39 ff.; Lakies, ArbRAktuell 2012, 216. BAG v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, 438; v. 5.12.2002, NZA 2003, 559. BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957, Ls.; v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 34, 39 f.; dazu Olbertz/Sturm, GWR 2015, 510. BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 34; v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 18; v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 Rz. 38; v. 5.6.2007 – 9 AZR 604/06, NZA-RR 2008, 107. Für Individualvereinbarungen gelten die gleichen Zeitdauern: BAG v. 5.6.2007, NZA-RR 2008, 107; v. 21.7.2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542 Rz. 21; v. 5.12.2002, NZA 2003, 559; v. 6.9.1995, NZA 1996, 321; v. 15.12.1993 – 5 AZR 279/93, NZA 1994, 835 (Punkt II.1.b).

380 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Rz. 34 Kap. 8

Dabei geht es allerdings nicht um rechnerische Gesetzmäßigkeiten, sondern um richterrechtlich entwickelte Regelwerte, die einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind.86 Hat der Arbeitgeber erhebliche Mittel für die Fortbildung aufgewendet87 oder bringt die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile,88 so kann auch bei kürzeren Fortbildungsmaßnahmen eine längere Bindung zulässig sein. Maßgeblich sind immer die Umstände des Einzelfalls, so wurde etwa eine zulässige Bindungsdauer von zwei Jahren bei einem Umfang der Qualifizierungsmaßnahme von 24 % der Arbeitszeit in drei Jahren anerkannt.89 Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich das Prognoserisiko, dass er zu Unrecht von einer besonders teuren Ausbildung oder überdurchschnittlichen Vorteilen ausgeht und daher eine zu lange Bindungsdauer vereinbart.90 Ihm wird allerdings ein gewisser Fehlerspielraum bei der Prognose für den Rückzahlungszeitraum zugebilligt und die Klausel in Ausnahmefällen mittels ergänzender Vertragsauslegung auf das zumutbare Maß korrigiert.91

32

Eine Rückzahlungsvereinbarung sollte vor Beginn der Fortbildung vereinbart werden. Wird sie nach Beginn vereinbart, muss der Arbeitgeber eine angemessene Überlegungsfrist einräumen, innerhalb derer sich der Arbeitnehmer ohne Kostenrisiko entscheiden kann, ob er die Qualifizierung fortsetzen will oder nicht.92

33

Die Rückzahlungsfrist wird meist durch Kündigung des Arbeitnehmers ausgelöst. Eine unangemessene Benachteiligung wegen unzulässiger Rückzahlungstatbestände liegt insbesondere vor bei Klauseln, die unabhängig von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Rückzahlungspflicht entstehen lassen.93 Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen.94 Die Kündigung darf also grundsätzlich nicht durch den Arbeitgeber veranlasst sein, sondern der Grund muss aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammen.95 An eine Kündigung des Arbeitgebers aus verhaltensbedingten Gründen kann die Rückzahlungspflicht anknüpfen.96

34

86 BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 34, 43; v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 18 ff.; zu offenen und kritischen Fällen Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 339 mwN; Elking, BB 2014, 885, 889. 87 Beträge von „deutlich unter 5.000 Euro“ (im konkreten Fall 4.427 Euro) hält das BAG bei einem mittelständischen Unternehmen nicht für einen besonders erheblichen Aufwand (vgl. BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 20). Für kleine Unternehmen sollen 3.122 Euro kein erheblicher Aufwand sein (BAG v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 Rz. 41). Gleiches gilt für Individualklauseln, BAG v. 12.12.1979 – 5 AZR 1056/77, DB 1980, 1704. 88 BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 18, 20. Gleiches gilt für Individualklauseln, BAG v. 21.7.2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542 Rz. 21; v. 15.12.1993 – 5 AZR 279/93, NZA 1994, 835. 89 BAG v. 5.6.2007 – 9 AZR 604/06, NZA-RR 2008, 107: zulässige Bindungsdauer von drei Jahren bei sechsmonatiger Ausbildungsdauer, kompletter Freistellung und Erwerb einer Qualifikation für die Eingruppierung in den höheren Sparkassendienst, s. aber BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 20. 90 Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 339. 91 BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Ls. und Rz. 18. Für Individualvereinbarungen gilt das Gleiche, BAG v. 5.12.2002, NZA 2003, 542 Rz. 21; v. 15.12.1993 – 5 AZR 279/93, NZA 1994, 835. 92 BAG v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 Rz. 44 ff.; v. 19.3.1980 – 5 AZR 362/78, juris; Lakies, ArbRAktuell 2012, 216. 93 BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957 Rz. 17; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 Rz. 18; v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 30 f.; v. 17.9.2009, NZA 2010, 37 Rz. 19. 94 BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957 Rz. 18; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 Rz. 18; v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 Rz. 15; v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042; dazu Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 340; Olbertz/Sturm, GWR 2015, 510, 512 mwN. 95 BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957 Rz. 17; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 Rz. 18; BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 Rz. 19; v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 30 f.; v. 17.9.2009, NZA 2010, 37 Rz. 19. 96 Vgl. Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 340 f.

Lingemann | 381

Kap. 8 Rz. 34 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge Betriebsbedingte97 und wohl auch personenbedingte98 Gründe scheiden hingegen als Rückzahlungstatbestand aus.99 Werden sie in vorformulierten Vertragsbedingungen als Rückzahlungstatbestand nicht ausgenommen, so scheitert damit die gesamte Rückzahlungsverpflichtung.100 Auch wenn der Rückzahlungsverpflichtung eines Auszubildenden zum Ende der Ausbildung keine Beschäftigungsgarantie gegenübersteht, schränkt dies wesentliche Rechte des Auszubildenden gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein und ist daher unwirksam.101 In Formularverträgen muss eine Rückzahlungsklausel zudem jeweils klar erkennen lassen, für welche Fälle der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Rückzahlungsverpflichtung besteht.102

35 Eine Rückzahlungsklausel kann auch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ab-

schluss bzw. während des Lehrgangs oder des Abbruchs des Lehrgangs vereinbart werden, wenn der Arbeitnehmer „auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden“ aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.103 Die Formulierung hat das BAG zwar mit Urteil vom19.1.2011104 gebilligt. Nach der Entscheidung des BAG vom 11.12.2018105 ist aber zweifelhaft, ob auch „auf eigenen Wunsch“ noch wirksam vereinbart werden kann. Danach ist eine Klausel unwirksam, die auch den Fall umfasst, dass der Arbeitnehmer wegen eines ihm nicht im Sinne eines Verschuldens zuzurechnenden dauerhaften Wegfalls seiner medizinischen Tauglichkeit nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Vertrag für diesen Wegfall der Tauglichkeit gleichzeitig die Suspendierung der gegenseitigen Leistungspflichten vorsieht. Bei weitem Verständnis könnte dieser Wegfall auch unter eine Beendigung „auf eigenen Wunsch“ fallen. Sicherer ist es daher, diese nicht mehr zu verwenden. In AGB-Klauseln ist eine Überlegungsfrist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer sich im Rahmen eines Vorbereitungslehrgangs darüber klar werden kann, ob der Lehrgang insgesamt für ihn geeignet ist.106 Eine solche Rückzahlungsklausel ist auch dann angemessen, wenn die Aus- oder Weiterbildung in mehreren, zeitlich voneinander getrennten Abschnitten erfolgt. Voraussetzung ist jedoch, dass nach der Vereinbarung die zeitliche Lage der einzelnen Aus- oder Fortbildungsabschnitte den Vorgaben der Aus- oder Fortbildungseinrichtung entspricht und dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit eingeräumt ist, allein nach seinen Interessen die Teilnahme an den jeweiligen Aus- oder Fortbildungsabschnitten oder deren zeitliche Lage festzulegen.107

36 Der Arbeitnehmer muss zudem mit der Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme eine angemessene Ge-

genleistung für die Bindung an das Arbeitsverhältnis erhalten, dh. sie muss für ihn einen geldwerten Vorteil darstellen, und er braucht nur die bis zum Ausscheiden tatsächlich entstandenen Kosten zurückzuzahlen.108 97 Vgl. BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 17; v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042. 98 Vgl. Düwell/Ebeling, DB 2008, 406, 408; BAG v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435 Rz. 35; auch LAG Düsseldorf v. 8.5.2003, LAG Report 2003, 350. 99 Dazu Hoffmann, NZA-RR 2015, 337 mwN; Olbertz/Sturm, GWR 2015, 510. 100 Vgl. § 306 Abs. 2 BGB; BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 Rz. 19 f.; v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042; im Einzelnen dazu Einf. Rz. 35. 101 BAG v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435; v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004 zu Ausbildungskosten im Rahmen eines Volontariatsvertrages; LAG Schleswig-Holstein v. 23.5.2007, NZA-RR 2007, 514 zur Unterbrechung einer Berufsausbildung zur Aufnahme eines dualen Studiums; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 14.12.2011 – 3 Sa 263/11 zu Ausbildungskosten im Rahmen eines Fernstudiums; dazu auch Maier/Mosig, NZA 2008, 1168. 102 BAG v. 23.1.2007 – 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748. 103 BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, Ls. und Rz. 25. 104 BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 25. 105 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 25 ff. 106 BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 30. 107 BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 45. 108 BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Ls. und Rz. 41.

382 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | Rz. 39 Kap. 8

Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt außerdem vor bei einer Klausel, die eine Gewährung der Ausbildungskosten als zinsloses Darlehen verbunden mit der Möglichkeit einer Abzahlung durch spätere Berufstätigkeit beim Ausbilder vorsieht, ohne jedoch die Arbeitsbedingungen im Zeitpunkt des Abschlusses der Ausbildungsvereinbarung näher zu konkretisieren, insbesondere hinsichtlich Beginn sowie Art und Umfang dieser Tätigkeit.109 Dem Transparenzgebot ist ferner nur dann genügt, wenn die gegebenenfalls zu erstattenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen angegeben sind.110 Zumindest Art und Berechnungsgrundlagen der gegebenenfalls zu erstatteten Kosten sind anzugeben.111 Dazu gehört auch die Angabe, ob es sich bei der Rückzahlungsverpflichtung um die Netto- oder Bruttosumme handelt und ob auch die Beträge zur Zusatzversorgung zu erstatten sind.112 Werden in einer Rückzahlungsklausel die Kosten auf einen bestimmten Betrag pauschaliert, muss die Zusammensetzung des Betrags transparent gemacht und darüber hinaus dem Vertragspartner die Möglichkeit eingeräumt werden, den Nachweis zu führen, dass tatsächlich nur Kosten in niedrigerer Höhe entstanden sind.113 Der Rückzahlungsbetrag darf die tatsächlichen Kosten der Maßnahme nicht übersteigen.114 Wegen § 32 SGB I dürfen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung nicht Gegenstand der Rückzahlungsverpflichtung sein.115

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Der Umfang der Rückzahlungspflicht muss ratenweise anteilig mit der Betriebstreue nach Abschluss der Fortbildung abnehmen. Gegen eine monatliche Staffelung bestehen keine Bedenken.116 Soweit die Rückzahlung durch eine für den Bindungszeitraum reduzierte Gehaltszahlung durchgeführt wird, muss im Vertrag klar zum Ausdruck kommen, dass sie sich entsprechend reduziert.117 Auch eine jährliche Staffelung ist zulässig.118 Ein Arbeitnehmer kann aber nicht für den Fall der Vertragsbeendigung innerhalb der ersten drei Beschäftigungsjahre an der Rückzahlung von Ausbildungskosten beteiligt werden, an deren Kostentragung er durch eine herabgesetzte Vergütung bereits einen Anteil geleistet hat.119

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Wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion, § 306 Abs. 2 BGB, wird eine zu weit gehende Rückzahlungsklausel nicht auf das zumutbare Maß herabgesetzt; vielmehr entfällt bei einer zu weit gehenden Rückzahlungsklausel die Rückzahlungspflicht vollständig.120 Das gilt bei einer zu langen Bindungsfrist121 ebenso wie bei zu weit gehenden Rückzahlungstatbeständen122 oder einem zu hohen Rückzahlungsbetrag.123 Allerdings will das BAG aufgrund der Besonderheiten des Arbeits-

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109 BAG v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004. 110 BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15; v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428 Rz. 19 ff. Gegenstand der Rückzahlungsverpflichtung sind nicht nur die unmittelbaren Fortbildungskosten (Dozent, Reisekosten, etc.), sondern auch das während der Freistellung fortgezahlte Arbeitsentgelt einschließlich des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung (Einf. Rz. 29 ff. und BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85). 111 BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15; v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428 Rz. 19 ff. 112 BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15; dazu Elking, BB 2014, 885, 887. 113 LAG Köln v. 27.5.2010, NZA-RR 2011, 11; s. aber LAG Nürnberg, NZA-RR 2015, 123, 124 (II.2.a). 114 BAG v. 21.7.2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542; v. 19.2.2004, BAGE 109, 345. 115 BAG v. 11.4.1984 – 5 AZR 430/82, NZA 1984, 288. 116 S. dazu M 8.3 und Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 340; Olbertz/Sturm, GWR 2015, 510, 512. 117 BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 434/15, juris. 118 BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 434/15, juris Rz. 32; Anm. Wölfel, ArbRAktuell 2016, 530; v. 23.4.1986 – 5 AZR 159/85, NZA 1986, 741. 119 BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 434/15, juris Rz. 32; Anm. Wölfel, ArbRAktuell 2016, 530. 120 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 31; v. 10.5.2016 – 9 AZR 434/15, juris; v. 14.1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 22 ff.; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 339 f. mwN. 121 BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 34; v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 18. 122 BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 Rz. 15; v. 23.1.2007 – 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748; v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042. 123 BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042; zur Unwirksamkeit aufgrund Intransparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) der Rückzahlungshöhe BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15; v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428 Rz. 19 ff.

Lingemann | 383

Kap. 8 Rz. 39 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge rechts eine ergänzende Vertragsauslegung im Einzelfall zulassen, wenn die Fallgestaltung eine Bestimmung der zulässigen Bindungsdauer für den Arbeitgeber erschwert und es unangemessen erscheint, ihm das Prognoserisiko aufzubürden.124 b) Kollektivvertragliche Rückzahlungsklauseln

40 Tarifvertragliche Rückzahlungsklauseln unterliegen nicht der AGB-Kontrolle, § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB. Sie tragen aufgrund der Beteiligung der Tarifvertragsparteien als gleichberechtigte Partner, vgl. Art. 9 Abs. 3 GG, eine Vermutung in sich, dass sie den Interessen beider Seiten gerecht werden und somit einen angemessenen Ausgleich darstellen.125 Kollektiv vereinbarte Rückzahlungsklauseln unterliegen daher nur einer eingeschränkten Rechtmäßigkeitskontrolle.126 Allerdings kommt auch bei kollektiven Regelungen eine Ausübungskontrolle nach § 315 BGB in Betracht.127 Bei Einzel- oder Teilverweisungen auf eine Rückzahlungsklausel in einem Tarifvertrag findet zudem eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB statt.128

41 Rückzahlungsklauseln in normativ geltenden Betriebsvereinbarungen sind nach § 88 BetrVG (bzw.

für die Modalitäten § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) zulässig und unterliegen ebenfalls wegen § 310 Abs. 4 BGB keiner AGB Kontrolle. Sie sind aber an § 75 Abs. 2 BetrVG zu messen.129 124 BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 Rz. 27 ff.; v. 23.1.2007 – 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748; v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042; in den vorbezeichneten Entscheidungen wurde das Vorliegen einer unzumutbaren Härte für den Arbeitgeber jedoch verneint. In späteren Urteilen wurde dies nicht mehr aufgegriffen, vgl. nur BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957 Rz. 22; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 Rz. 14, die eine ergänzende Vertragsauslegung pauschal ablehnen. Dazu Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 339 f. mwN. 125 Vgl. BAG v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154. 126 Dorth, RdA 2013, 287; Löwisch, NZA 2013, 549, 550 mwN. 127 Vgl. zu Widerrufsvorbehalten BAG v. 1.2.2006 – 5 AZR 187/05, BB 2006, 1057. 128 BAG v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875; allgemein auch BAG v. 15.7.2009 – 5 AZR 867/ 08, NZA 2009, 1366 Rz. 19; v. 6.5.2009, NZA-RR 2009, 593 Rz. 21 ff.; dazu Schlewing, NZA-Beil. 2012, 33. Vgl. auch Einf. Kap. 2 Rz. 98. 129 Dorth, RdA 2013, 287; im Detail Löwisch, NZA 2013, 549 mwN.

II. Muster M 8.1.1

Berufsausbildungsvertrag (ausführliche Form)

Der Ausbildende1 (Unternehmen)2 und der Auszubildende (die Verwendung des Begriffs „Auszubildender“ umfasst alle Geschlechter und dient der leichteren Lesbarkeit) schließen folgenden Ausbildungsvertrag:

1 M 8.1.1 umfasst zur Information der Vertragsbeteiligten zahlreiche Regelungen, die auch im BBiG enthalten sind und auf die in den Fußnoten verwiesen wird. Es orientiert sich zudem an den Mustern der IHKs, auch wenn sie zT über die gesetzlichen Erfordernisse des BBiG hinausgehen. Wo dies der Fall ist, wurde es in der entspr. Fn. angemerkt. Das M 8.1.2 (kurze Form) enthält demgegenüber nur die die Gesetzeslage ergänzenden Vertragsbestimmungen. Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung), § 10 Abs. 5 BBiG. 2 Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung), § 10 Abs. 5 BBiG.

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.1.1 Kap. 8

§ 1 Art, Ziel und Gliederung der Ausbildung3 (1) Der Auszubildende wird nach Maßgabe der Ausbildungsordnung4 […] zum Beruf des […] ausgebildet. (2) Die sachliche und zeitliche Gliederung der Berufsausbildung bestimmt sich nach dem Ausbildungsplan […] (Anlage 1) auf Grundlage des Ausbildungsrahmenplans […]5

§ 2 Beginn und Dauer der Ausbildung6 (1) Die Ausbildung beginnt am […] (2) Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung […] Monate. [Evtl:] Hierauf wird die Berufsbildung zum […] (genaue Bezeichnung des Ausbildungsberufs) und/oder eine Vorbildung/Ausbildung in […] (Schulart oder sonstige Ausbildungsstätte) mit […] Monaten angerechnet. Die Ausbildung endet daher am […]7 (3) Besteht der Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit gemäß Abs. 2 die Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bestehen der Abschlussprüfung.8 (4) Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf sein Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens jedoch um ein Jahr.9 (5) Bei Inanspruchnahme von Elternzeit verlängert sich die Ausbildungszeit um die Dauer der Elternzeit.10

3 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBiG. 4 Für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe sind Ausbildungsordnungen zu erlassen, die für die Ausbildung zwingend sind (§ 4 Abs. 1, 2 BBiG). 5 Zum Inhalt § 5 Abs. 1 Nr. 4 BBiG. 6 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBiG. Wenn die Ausbildungsordnung vorsieht, dass die Berufsausbildung in sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander abgestimmten Stufen erfolgt, soll zwar nach den einzelnen Stufen ein Ausbildungsabschluss vorgesehen sein, der zu einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit befähigt (sog. echte Stufenausbildung, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG). Auch in diesem Fall muss aber der Vertrag über die gesamte Ausbildungszeit abgeschlossen werden (§ 21 Abs. 1 BBiG). 7 Vgl. § 21 Abs. 1 BBiG. Die Ausbildungsdauer soll nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Der Betriebsrat hat nach § 98 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber generell eine nach § 8 Abs. 1 BBiG verkürzte Ausbildung vorsehen will (BAG v. 24.8.2004 – 1 ABR 28/03, NZA 2005, 371). 8 Vgl. § 21 Abs. 2 BBiG. Findet die Abschlussprüfung erst einige Zeit nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses statt, verlängert sich das Ausbildungsverhältnis nach § 21 Abs. 3 BBiG nicht kraft Gesetzes über die vereinbarte Zeit hinaus, wobei das BAG jedoch eine analoge Anwendung für möglich hält (vgl. BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 427/07, NZA 2009, 738; v. 13.3.2007, NZA 2007, 1391). Bei einer abschließenden mündlichen Ergänzungsprüfung ist die Mitteilung von deren Ergebnis maßgebend (BAG v. 23.3.2018 – 9 AZR 479/17, NZA 2018, 943, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 370). 9 Vgl. § 21 Abs. 3 BBiG. Besteht der Auszubildende die erste Wiederholungsprüfung nicht und stellt er ein Verlängerungsverlangen, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis kraft Gesetzes bis zur zweiten Wiederholungsprüfung, wenn diese noch innerhalb der Höchstfrist von einem Jahr abgelegt wird. Die Beendigungswirkung tritt unabhängig davon ein, ob die zweite Wiederholungsprüfung bestanden oder nicht bestanden wird (BAG v. 15.3.2000 – 5 AZR 622/98, NZA 2001, 214). Vor Ablauf der im Berufsausbildungsvertrag vereinbarten Ausbildungszeit ist die Geltendmachung des Verlängerungsanspruchs nicht fristgebunden (vgl. BAG v. 23.9.2004 – 6 AZR 519/03, NZA 2005, 413). Macht der Auszubildende den Anspruch erst nach Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit geltend, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis nur dann, wenn das Verlangen unverzüglich erklärt wird (BAG v. 23.9.2004, NZA 2005, 413). Das Verlängerungsverlangen kann analog § 21 Abs. 3 BBiG geltend gemacht werden, wenn die Prüfung zwar bereits abgelegt, das Ergebnis jedoch erst nach Ablauf der Ausbildungszeit bekannt gegeben wird (BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 427/07, NZA 2009, 738). 10 Vgl. § 20 Abs. 1 BEEG. Es wird vertreten, dass der Auszubildende bei Elternzeit ohnehin einen Anspruch auf Verlängerung der Ausbildungszeit hat (ErfK/Müller-Glöge, § 20 BEEG Rz. 1) bzw. dass sich die Ausbildungszeit bereits automatisch verlängert (Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, § 20 BEEG Rz. 3). Daher wirkt diese Klausel nur deklaratorisch. Sie wird aber im IHK-Muster (§ 1 Ziff. 4) verwendet und wurde daher auch hier angefügt.

Lingemann | 385

Kap. 8 M 8.1.1 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge § 3 Probezeit11 (1) Die Probezeit beträgt […] Monate.12 (2) Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, so verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung.

§ 4 Ausbildungsort (1) Die Ausbildung findet in […] und den mit dem Betriebssitz für die Ausbildung üblicherweise zusammenhängenden Bau-, Montage- und sonstigen Arbeitsstellen statt. (2) Außerhalb der Ausbildungsstätte finden folgende Ausbildungsmaßnahmen statt: […]13

§ 5 Vergütung14 (1) Der Auszubildende erhält eine Vergütung von z. Zt. monatlich brutto – im ersten Ausbildungsjahr Euro […] – im zweiten Ausbildungsjahr Euro […] – im dritten Ausbildungsjahr Euro […]15 (2) Die Vergütung ist zahlbar zum Ende des jeweiligen Kalendermonats. (3) Mehrarbeit über die vereinbarte regelmäßige Ausbildungszeit hinaus wird durch Freizeit abgegolten16/ wird gesondert vergütet/wird mit einem Zuschlag von […] % vergütet. (4) Der Ausbilder trägt ferner die Kosten für17 – Kost und/oder Wohnung des Auszubildenden gemäß Anlage 2 zu diesem Vertrag;18 – Maßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind. Abzusetzen sind jedoch ersparte Verpflegungskosten des Auszubildenden. Die Anrechnung von anteiligen Kosten und Sachbezugswerten nach § 17 Abs. 2 BBiG darf 75 % der vereinbarten Bruttovergütung nicht übersteigen; – besondere Berufskleidung. (5) Der Auszubildende erhält Vergütung auch19 – für die Zeit der Freistellung am Berufsschulunterricht und an Prüfungen20 sowie für Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte und nach § 43 JArbSchG21 11 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BBiG. 12 Die Probezeit muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen, § 20 Abs. 1 Satz 2 BBiG. Die Dauer kann gerichtlich überprüft werden (BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 831/13, NJW 2015, 2284). Ging dem jetzigen Ausbildungsverhältnis bereits ein Ausbildungsverhältnis voran, ist bei einem engen sachlichen Zusammenhang die Vereinbarung einer weiteren Probezeit wegen § 25 BBiG unzulässig (BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 831/13, NJW 2015, 2284 Rz. 29), Einzelheiten s. Einf. Rz. 2. 13 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BBiG. 14 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BBiG. Finden Tarifverträge Anwendung, sind diese zu nennen. 15 Der Ausbilder hat dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu zahlen (vgl. § 17 Abs. 1, § 18 BBiG, dies meint aber nicht den Mindestlohn, s. § 22 Abs. 3 MiLoG). Mit Wirkung ab 1.1.2020 ist nunmehr eine generelle Mindestausbildungsvergütung (MAV) vorgesehen, § 17 Abs. 2 BBiG, Einzelheiten s. Einf. Rz. 5. Für Tarifverträge existiert aber eine Öffnungsklausel, nach der auch eine die MAV unterschreitende tarifliche Vergütung angemessen ist, § 17 Abs. 3 Satz 1 BBiG. Werden die tariflichen Sätze um mehr als 20 % unterschritten, ist die Vergütung aber nicht mehr angemessen, § 17 Abs. 4 Satz 2 BBiG (so auch die bisherige Rspr., s. Einf. Rz. 5). 16 Vgl. § 17 Abs. 7 BBiG. 17 Zu Sachleistungen vgl. § 17 Abs. 6 BBiG. 18 Da es sich um einen in der Praxis seltenen Fall handelt, wurde davon abgesehen, die Anlage anzufügen. 19 Vgl. § 19 BBiG. 20 Vgl. § 15 BBiG. 21 Dh. Freistellung zu ärztlichen Untersuchungen nach §§ 32 ff. JArbSchG.

386 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.1.1 Kap. 8 – bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er – sich für die Berufsausbildung bereithält, diese aber ausfällt, oder – aus einem sonstigen, in seiner Person liegenden Grund unverschuldet verhindert ist, seine Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen. Wenn der Auszubildende infolge einer unverschuldeten Krankheit, einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, einer Sterilisation oder eines Abbruchs der Schwangerschaft durch einen Arzt an der Berufsausbildung nicht teilnehmen kann, findet das Entgeltfortzahlungsgesetz Anwendung.

§ 6 Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit22 Die regelmäßige tägliche Ausbildungszeit beträgt […] Stunden.23

§ 7 Urlaub24 (1) Der Auszubildende erhält Urlaub von […] Arbeitstagen/Jahr. Er erhöht sich im Jahr […] auf […] und im Jahr […] auf […] Arbeitstage. (2) Der Urlaub soll zusammenhängend und in der Zeit der Berufsschulferien erteilt und genommen werden. Während des Urlaubs darf der Auszubildende keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten.

§ 8 Pflichten des Ausbildenden25 Der Ausbildende verpflichtet sich, – dafür zu sorgen, dass dem Auszubildenden die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die zum Erreichen des Ausbildungszieles nach der Ausbildungsordnung erforderlich sind, und die Berufsausbildung nach den Angaben zur sachlichen und zeitlichen Gliederung des Ausbildungsablaufs so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann; – selbst auszubilden oder einen persönlich und fachlich geeigneten Ausbilder ausdrücklich damit zu beauftragen und diesen dem Auszubildenden jeweils schriftlich bekanntzugeben; – dem Auszubildenden vor Beginn der Ausbildung die Ausbildungsordnung kostenlos auszuhändigen; – dem Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge, Werkstoffe und Fachliteratur zur Verfügung zu stellen, die für die Ausbildung in den betrieblichen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen, auch soweit solche nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und in zeitlichem Zusammenhang damit stattfinden, erforderlich sind26; – den Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule anzuhalten und freizustellen. Das Gleiche gilt, wenn Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte vorgeschrieben oder nach dem letzten Spiegelstrich durchzuführen sind; – dem Auszubildenden vor Ausbildungsbeginn und später die schriftlichen bzw. elektronischen Ausbildungsnachweise für die Berufsausbildung kostenfrei zur Verfügung zu stellen sowie die ordnungsgemäße Führung durch regelmäßige Durchsicht zu überwachen, soweit das Führen von Ausbildungsnachweisen im Rahmen der Berufsausbildung verlangt wird; 22 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BBiG. 23 Nach § 8 JArbSchG beträgt die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit (Ausbildungszeit) bei noch nicht 18 Jahre alten Personen (Jugendlichen) acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Zu Ausnahmen vgl. § 8 Abs. 2–3 JArbSchG. Für Volljährige gilt § 3 ArbZG. 24 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 BBiG. Für die Dauer des Urlaubs gilt BUrlG, JArbSchG, ArbPlSchG und SGB IX. Die Dauer ist für jedes Jahr der Berufsausbildung gesondert anzugeben (ErfK/Schlachter, § 11 BBiG Rz. 3). 25 Diese Klausel orientiert sich wörtlich an den Mustern der IHKs (vgl. § 3 IHK-Muster). Sie geht hinsichtlich der Mehrzahl der Punkte aber über das gesetzlich nach §§ 14, 28 ff. BBiG und §§ 32 f. JArbSchG Erforderliche hinaus. Besonders starke Abweichungen sind im Folgenden gesondert gekennzeichnet. 26 Der Auszubildende kann das Prüfungsstück gegen Erstattung der Materialkosten erwerben.

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Kap. 8 M 8.1.1 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge – dem Auszubildenden nur Aufgaben zu übertragen, die dem Ausbildungszweck dienen und seinen körperlichen Kräften angemessen sind; – dafür zu sorgen, dass der Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet wird; – sich von dem jugendlichen Auszubildenden Bescheinigungen gemäß §§ 32, 33 JArbSchG darüber vorlegen zu lassen, dass dieser – vor der Aufnahme der Ausbildung untersucht und – vor Ablauf des ersten Ausbildungsjahres nachuntersucht worden ist27; – unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrages die Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse bei der IHK zu beantragen. Eine Kopie der Vertragsniederschrift ist beizufügen. Bei Auszubildenden unter 18 Jahren ist ferner eine Kopie oder Mehrfertigung der ärztlichen Bescheinigung über die Erstuntersuchung gemäß § 32 JArbSchG beizufügen. Entsprechendes gilt bei späteren Änderungen des wesentlichen Vertragsinhaltes28; – den Auszubildenden rechtzeitig zu den angesetzten Zwischen- und Abschlussprüfungen anzumelden und für die Teilnahme freizustellen sowie der Anmeldung zur Zwischenprüfung bei Auszubildenden unter 18 Jahren eine Kopie oder Mehrfertigung der ärztlichen Bescheinigung über die erste Nachuntersuchung gemäß § 33 JArbSchG beizufügen; – Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte zu organisieren, soweit sie nicht im vollen Umfang in der Ausbildungsstätte vermittelt werden können.

§ 9 Pflichten des Auszubildenden29 Der Auszubildende muss sich bemühen, die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die erforderlich sind, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Er verpflichtet sich insbesondere, – die ihm im Rahmen seiner Berufsausbildung übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen; – am Berufsschulunterricht und an Prüfungen sowie an Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte teilzunehmen, für die er freigestellt wird; sein Berufsschulzeugnis unverzüglich dem Ausbildenden zur Kenntnisnahme vorzulegen und sich damit einverstanden zu erklären, dass sich Berufsschule, IHK und Ausbildungsbetrieb über seine Leistungen unterrichten; – den Weisungen zu folgen, die ihm im Rahmen der Berufsausbildung vom Ausbildenden, vom Ausbilder oder von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden, soweit sie als weisungsberechtigt bekannt gemacht worden sind; – die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten; – Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln und sie nur zu den ihm übertragenen Arbeiten zu verwenden; – über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren; 27 Vgl. § 3 Ziff. 9 IHK-Muster. Diese Anforderungen sind in § 14 Abs. 1 BBiG nicht enthalten. Allgemein besteht ohne Vorlage der Bescheinigungen ein Beschäftigungsverbot nach §§ 32 f. JArbSchG. Für die Nachuntersuchungen muss der Arbeitgeber zudem Hinweispflichten erfüllen, wofür diese Klausel aber nicht ausreichen wird. Hält der Arbeitgeber die Hinweispflichten nicht ein, kommen ein Bußgeld oder eine Strafbarkeit in Betracht, vgl. zB § 58 Abs. 1 Nr. 22 f., Abs. 4–6, § 59 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 JArbSchG. Eine Weigerung des Auszubildenden, sich untersuchen zu lassen, kann ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein (vgl. ErfK/Schlachter, § 32 JArbSchG Rz. 1, § 33 JArbSchG Rz. 1). 28 Vgl. § 3 Ziff. 10 IHK-Muster. Diese Anforderungen sind in § 14 Abs. 1 BBiG nicht enthalten. Allerdings bestehen diese Pflichten allgemein in §§ 35 f. BBiG für den Ausbilder. Unterlässt er die Eintragung, droht ein Bußgeld nach § 101 Abs. 1 Nr. 8 BBiG und ggf. eine Schadenersatzpflicht ggü. dem Auszubildenden aufgrund Verletzung vertraglicher Nebenpflichten (so Leinemann/Taubert, § 36 BBiG Rz. 22). 29 Diese Klausel orientiert sich wörtlich an den Mustern der IHKs (vgl. § 4 IHK-Muster). Einige Punkte gehen aber über das gesetzlich nach § 13 BBiG Erforderliche hinaus. Auch ein Auszubildender unterliegt während des Bestandes des Ausbildungsverhältnisses einem vertragsimmanenten Wettbewerbsverbot (BAG v. 20.9.2006 – 10 AZR 439/05, DB 2007, 346).

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.1.1 Kap. 8 – einen schriftlichen bzw. elektronischen Ausbildungsnachweis ordnungsgemäß zu führen und regelmäßig dem Ausbilder zur Kenntnis und Durchsicht zu geben30; – bei Fernbleiben von der betrieblichen Ausbildung, vom Berufsschulunterricht oder von sonstigen Ausbildungsveranstaltungen dem Ausbildenden unter Angabe von Gründen unverzüglich Nachricht zu geben und ihm Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Auszubildende eine ärztliche Bescheinigung über die bestehende Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Ausbildende ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen; – soweit auf ihn die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes Anwendung finden, sich gemäß §§ 32 und 33 dieses Gesetzes ärztlich – vor Beginn der Ausbildung untersuchen zu lassen, – vor Ablauf des ersten Ausbildungsjahres nachuntersuchen zu lassen und die Bescheinigungen hierüber dem Ausbildenden vorzulegen31.

§ 10 Kündigung32 (1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.33 (2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden – von beiden Parteien aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,34 – vom Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will. (3) Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Abs. 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen35. (4)36 Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten bei Ausspruch der Kündigung länger als zwei Wochen bekannt sind. Ist ein Schlichtungsverfahren gemäß § 12 eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf dieser Frist gehemmt. (5)37 Bei vorzeitiger Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildende oder der Auszubildende Ersatz des Schadens verlangen, wenn der andere den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Das gilt nicht bei Kündigung wegen Aufgabe oder Wechsels der Berufsausbil30 Vgl. § 4 Ziff. 7 IHK-Muster. Dies kann eine Ausbildungsordnung vorsehen, vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 7 BBiG; außerdem läuft eine solche Pflicht parallel mit der Pflicht des Ausbilders nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 BBiG, vgl. oben § 8 Spiegelstrich 6. 31 Vgl. § 4 Ziff. 9 IHK-Muster; vgl. Nachweise und Details in Fn. zu § 8, Spiegelstrich 9. 32 Vgl. § 22 BBiG und § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 BBiG. Ein bloßer Verweis auf § 22 BBiG oder auf den anwendbaren Tarifvertrag genügt nicht (ErfK/Schlachter, § 11 BBiG Rz. 4 mwN). Dazu Hülsemann, ArbRAktuell 2016, 107; Reinartz, DB 2015, 1347. 33 Das Berufsbildungsrecht verlangt auch bei minderjährigen Auszubildenden kein klärendes Gespräch mit den erziehungsberechtigten Eltern vor einer Kündigung gem. § 22 Abs. 1 BBiG in der Probezeit (BAG v. 8.12.2011 – 6 AZR 354/10, NZA 2012, 495). Zur Arbeitgeberkündigung während der Probezeit Hirdina, NZA-RR 2010, 65. 34 Schlechtleistungen bei der Zwischenprüfung stellen nur in seltenen Ausnahmefällen einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar (ArbG Essen v. 27.9.2005, NZA-RR 2006, 246), beleidigende Äußerungen des Auszubildenden über seinen Ausbilder auf der Internetplattform „Facebook“ können jedoch eine fristlose Kündigung begründen (LAG Hamm v. 10.10.2012 – 3 Sa 644/12, ArbRB 2013, 12). Regelmäßig ist vorher eine Abmahnung erforderlich (LAG Hamm v. 25.4.2013, NZA-RR, 2013, 406). Auch eine Verdachtskündigung ist möglich (BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, 741 Rz. 28 ff.). 35 Hinsichtlich des Adressaten ist bei minderjährigen Auszubildenden § 131 Abs. 2 BGB zu beachten, Einzelheiten s. Einf. Rz. 6 f. mwN. 36 Vgl. § 22 Abs. 4 BBiG. 37 Vgl. § 23 BBiG, Einzelheiten s. Einf. Rz. 10.

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Kap. 8 M 8.1.1 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge dung nach Abs. 2 2. Spiegelstrich. Der Anspruch erlischt, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses geltend gemacht wird. (6) Bei Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses wegen Betriebsaufgabe oder wegen Wegfalls der Ausbildungseignung verpflichtet sich der Ausbildende, sich mit Hilfe der Berufsberatung der zuständigen Arbeitsagentur rechtzeitig um eine weitere Ausbildung im bisherigen Ausbildungsberuf in einer anderen geeigneten Ausbildungsstätte zu bemühen.

§ 11 Zeugnis38 Der Ausbildende stellt dem Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein Zeugnis aus. Hat der Ausbildende die Berufsausbildung nicht selbst durchgeführt, so soll auch der Ausbilder das Zeugnis unterschreiben. Das Zeugnis muss Angaben enthalten über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung sowie über die erworbenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten des Auszubildenden. Auf Verlangen des Auszubildenden sind auch Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen.

§ 12 Beilegung von Streitigkeiten Bei Streitigkeiten aus dem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis ist vor Inanspruchnahme des Arbeitsgerichts der nach § 111 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes errichtete Ausschuss anzurufen.39

§ 13 Erfüllungsort Erfüllungsort für alle Ansprüche aus diesem Vertrag ist der Ort der Ausbildungsstätte.

§ 14 Nebenabreden, Schriftformerfordernis, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Ergänzend vereinbaren die Parteien Folgendes: […] oder (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen und Ergänzungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.40 ggf. (3) Folgende Kollektivvereinbarungen finden Anwendung: […]41 Dieser Vertrag ist in zwei gleich lautenden Ausfertigungen (bei Mündeln dreifach) ausgestellt und von den Vertragschließenden eigenhändig unterschrieben worden. […] (Ort/Datum) 38 Vgl. § 16 BBiG; die elektronische Form ist ausgeschlossen, § 16 Abs. 1 Satz 2 BBiG. 39 Die Anrufung des Ausschusses – soweit ein solcher bei der zuständigen Kammer oder Innung gebildet ist – ist unverzichtbare Prozessvoraussetzung auch für das Kündigungsschutzverfahren (BAG v. 13.4. 1989 – 2 AZR 441/88, DB 1990, 586). Die Entscheidung des Ausschusses ist verbindlich, wenn nicht binnen zwei Wochen dagegen Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben wird, § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG. Streitig ist, ob für das Kündigungsschutzverfahren die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG gilt (dafür Kreutzfeld/Kramer, DB 1995, 975, 976; vgl. auch BAG v. 26.1.1999 – 2 AZR 134/98, NZA 1999, 934) oder die Zwei-Wochen-Frist des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG (LAG Düsseldorf v. 3.5.1988, LAGE Nr. 1 zu § 111 ArbGG 1979); die Einhaltung letzterer Frist ist daher anzuraten. Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses entfällt die Zuständigkeit des Ausschusses und damit die Prozessvoraussetzung gem. § 111 Abs. 2 ArbGG (BAG v. 19.2.2008 – 9 AZR 1091/06, NZA 2008, 828). 40 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Einf. Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 41 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 BBiG. Sind Kollektivvereinbarungen anwendbar, sind sie zu nennen.

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.1.2 Kap. 8 Der Ausbildende: […]

Der Auszubildende: […]

(Stempel und Unterschrift)

(voller Vor- und Zuname) Ggf. Vertretungsberechtigte: […]42 1) (voller Vor- und Zuname) 2) (voller Vor- und Zuname)

Die gesetzlichen Vertreter des Auszubildenden: (Falls ein Elternteil verstorben, bitte vermerken) Vater: […] und/oder Mutter: […] Vormund: […] (voller Vor- und Zuname) 42 § 11 Abs. 2 BBiG.

M 8.1.2

Berufsausbildungsvertrag (kurze Form)

Der Ausbildende1 (Unternehmen) und der Auszubildende (die Verwendung des Begriffs „Auszubildender“ umfasst alle Geschlechter und dient der leichteren Lesbarkeit) schließen folgenden Ausbildungsvertrag:

§ 1 Art, Ziel und Gliederung der Ausbildung2 (1) Der Auszubildende wird nach Maßgabe der Ausbildungsordnung3 […] zum Beruf des […] ausgebildet. (2) Die sachliche und zeitliche Gliederung der Berufsausbildung bestimmt sich nach dem Ausbildungsplan […] (Anlage 1) auf Grundlage des Ausbildungsrahmenplans […]4

§ 2 Beginn und Dauer der Ausbildung5 (1) Die Ausbildung beginnt am […] (2) Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung […] Jahre. Hierauf wird die Berufsbildung zum […] (genaue Bezeichnung des Ausbildungsberufs) und/oder eine Vorbildung/Ausbildung in […] (Schulart oder sonstige Ausbildungsstätte) mit […] Monaten angerechnet. Die Ausbildung endet daher am […]6 1 M 8.1.1 enthält zur Information der Vertragsbeteiligten zahlreiche Regelungen, die auch im BBiG enthalten sind und auf die in den Fußnoten verwiesen wird. Das vorliegende M 8.1.2 (kurze Form) enthält demgegenüber nur die die Gesetzeslage ergänzenden Vertragsbestimmungen. 2 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBiG. 3 Für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe sind Ausbildungsordnungen zu erlassen, die für die Ausbildung zwingend sind (§ 4 Abs. 1, 2 BBiG). 4 Zum Inhalt § 5 Abs. 1 Nr. 4 BBiG. 5 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBiG. Wenn die Ausbildungsordnung vorsieht, dass die Berufsausbildung in sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander abgestimmten Stufen erfolgt, soll zwar nach den einzelnen Stufen ein Ausbildungsabschluss vorgesehen sein, der zu einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit befähigt (sog. echte Stufenausbildung, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG). Auch in diesem Fall muss aber der Vertrag über die gesamte Ausbildungszeit abgeschlossen werden (§ 21 Abs. 1 BBiG). 6 Vgl. § 21 Abs. 1 BBiG. Die Ausbildungsdauer soll nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Der Betriebsrat hat nach § 98 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber generell eine nach § 8 Abs. 1 BBiG verkürzte Ausbildung vorsehen will, vgl. BAG v. 24.8.2004 – 1 ABR 28/03, NZA 2005, 371.

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Kap. 8 M 8.1.2 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge (3) Besteht der Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit gemäß Abs. 2 die Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bestehen der Abschlussprüfung.7 (4) Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf sein Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens jedoch um ein Jahr.8

§ 3 Probezeit9 (1) Die Probezeit beträgt […] Monate.10 (2) Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, so verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung.

§ 4 Ausbildungsort (1) Die Ausbildung findet in […] und den mit dem Betriebssitz für die Ausbildung üblicherweise zusammenhängenden Bau-, Montage- und sonstigen Arbeitsstellen statt. (2) Außerhalb der Ausbildungsstätte finden folgende Ausbildungsmaßnahmen statt: […]11

§ 5 Vergütung12 (1) Der Auszubildende erhält eine Vergütung von z. Zt. monatlich brutto – im ersten Ausbildungsjahr Euro […] – im zweiten Ausbildungsjahr Euro […] – im dritten Ausbildungsjahr Euro […]13 (2) Die Vergütung ist zahlbar zum Ende des jeweiligen Kalendermonats. (3) Mehrarbeit über die vereinbarte regelmäßige Ausbildungszeit hinaus wird durch Freizeit abgegolten14/ wird gesondert vergütet/wird mit einem Zuschlag von […] % vergütet. (4) Der Ausbilder trägt ferner die Kosten für – Kost und/oder Wohnung des Auszubildenden gemäß Anlage 2 zu diesem Vertrag.15 – Maßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind. Abzusetzen sind jedoch ersparte Verpflegungskosten des Auszubildenden. Die Anrechnung von anteiligen Kosten und Sachbezugswerten nach § 17 Abs. 2 BBiG darf 75 % der vereinbarten Bruttovergütung nicht übersteigen. – besondere Berufskleidung.

§ 6 Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit16 Die regelmäßige tägliche Ausbildungszeit beträgt […] Stunden.17 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Vgl. § 21 Abs. 2 BBiG. Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 2 Abs. 3. Vgl. § 21 Abs. 3 BBiG. Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 2 Abs. 4. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BBiG. Die Probezeit muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen, § 20 Abs. 1 Satz 2 BBiG. Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 3 Abs. 1. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BBiG. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BBiG. Finden Tarifverträge Anwendung, sind diese zu nennen. Der Ausbilder hat dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu zahlen (vgl. §§ 17 Abs. 1, 18 BBiG), dies meint aber nicht den Mindestlohn, s. § 22 Abs. 3 MiLoG. Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 5 Abs. 1. Vgl. § 17 Abs. 7 BBiG. Da es sich um einen in der Praxis seltenen Fall handelt, wurde davon abgesehen, die Anlage anzufügen. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BBiG. Nach § 8 JArbSchG beträgt die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit (Ausbildungszeit) bei noch nicht 18 Jahre alten Personen (Jugendlichen) acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Zu Ausnahmen vgl. § 8 Abs. 2–3 JArbSchG. Für Volljährige gilt § 3 ArbZG.

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.1.2 Kap. 8

§ 7 Urlaub18 (1) Der Auszubildende erhält Urlaub von […] Arbeitstagen/Jahr. Er erhöht sich im Jahr […] auf […] und im Jahr […] auf […] Arbeitstage. (2) Der Urlaub soll zusammenhängend und in der Zeit der Berufsschulferien erteilt und genommen werden. Während des Urlaubs darf der Auszubildende keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten.

§ 8 Pflichten der Parteien19 Die Ausbildungspflichten der Parteien richten sich nach den gesetzlichen Regelungen, insbesondere §§ 13 und 14 BBiG.

§ 9 Kündigung20 (1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.21 (2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden – von beiden Parteien aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,22 – vom Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will. (3) Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Abs. 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen23. (4)24 Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten bei Ausspruch der Kündigung länger als zwei Wochen bekannt sind. Ist ein Schlichtungsverfahren gemäß § 12 eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf dieser Frist gehemmt. (5)25 Bei vorzeitiger Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildende oder der Auszubildende Ersatz des Schadens verlangen, wenn der andere den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Das gilt nicht bei Kündigung wegen Aufgabe oder Wechsels der Berufsausbildung nach Abs. 2 2. Spiegelstrich. Der Anspruch erlischt, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses geltend gemacht wird. (6) Bei Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses wegen Betriebsaufgabe oder wegen Wegfalls der Ausbildungseignung verpflichtet sich der Ausbildende, sich mit Hilfe der Berufsberatung der zuständigen Arbeitsagentur rechtzeitig um eine weitere Ausbildung im bisherigen Ausbildungsberuf in einer anderen geeigneten Ausbildungsstätte zu bemühen.

§ 10 Zeugnis26 Der Ausbildende stellt dem Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein Zeugnis nach Maßgabe von § 16 BBiG aus. 18 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 BBiG. Für die Dauer des Urlaubs gilt BUrlG, JArbSchG, ArbPlSchG und SGB IX. Die Dauer ist für jedes Jahr der Berufsausbildung gesondert anzugeben (ErfK/Schlachter, § 11 BBiG Rz. 3; Leinemann/Taubert, § 11 BBiG Rz. 47). 19 Vgl. §§ 13, 14 BBiG. 20 Vgl. § 22 BBiG und § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 BBiG. Ein bloßer Verweis auf § 22 BBiG oder auf den anwendbaren Tarifvertrag genügt nicht, Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 10. 21 Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 10 Abs. 1. 22 Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 10 Abs. 2 Spiegelstrich 1. 23 Hinsichtlich des Adressaten ist bei minderjährigen Auszubildenden § 131 Abs. 2 BGB zu beachten, Einzelheiten s. Einf. Rz. 6 f. mwN. 24 Vgl. § 22 Abs. 4 BBiG. 25 Vgl. § 23 BBiG, Einzelheiten s. Einf. Rz. 10. 26 Vgl. § 16 BBiG; die elektronische Form ist ausgeschlossen, § 16 Abs. 1 Satz 2 BBiG.

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Kap. 8 M 8.1.2 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge § 11 Beilegung von Streitigkeiten Bei Streitigkeiten aus dem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis ist vor Inanspruchnahme des Arbeitsgerichts der nach § 111 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes errichtete Ausschuss anzurufen.27

§ 12 Erfüllungsort Erfüllungsort für alle Ansprüche aus diesem Vertrag ist der Ort der Ausbildungsstätte.

§ 13 Nebenabreden, Schriftform, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Ergänzend vereinbaren die Parteien Folgendes: […] oder (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen und Ergänzungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.28 evtl. (3) Folgende Kollektivvereinbarungen finden Anwendung: […]29 Dieser Vertrag ist in zwei gleich lautenden Ausfertigungen (bei Mündeln dreifach) ausgestellt und von den Vertragschließenden eigenhändig unterschrieben worden. […] (Ort/Datum) Der Ausbildende: […]

Der Auszubildende: […]

(Stempel und Unterschrift)

(voller Vor- und Zuname) Ggf. Vertretungsberechtigte: […]30 1) (voller Vor- und Zuname) 2) (voller Vor- und Zuname)

Die gesetzlichen Vertreter des Auszubildenden: (Falls ein Elternteil verstorben, bitte vermerken) Vater: […] und/oder Mutter: […] Vormund: […] (voller Vor- und Zuname) 27 Die Anrufung des Ausschusses – soweit ein solcher bei der zuständigen Kammer oder Innung gebildet ist – ist unverzichtbare Prozessvoraussetzung (BAG v. 13.4.1989 – 2 AZR 441/88, DB 1990, 586). Zu Einzelheiten s. Fn. zu M 8.1.1 § 12. 28 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Einf. Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 29 § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 BBiG. Finden Kollektivverträge Anwendung, sind sie zu nennen. 30 § 11 Abs. 2 BBiG.

394 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.2 Kap. 8

M 8.2 Allgemeiner Praktikantenvertrag Zwischen1, 2 der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber) – Anschrift –3 und Herrn/Frau […] (im Folgenden: Praktikant) – Anschrift – wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Praktikumsgegenstand und Dauer4 (1) Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Praktikanten (die Verwendung des Begriffs „Praktikant“ umfasst alle Geschlechter und dient der leichteren Lesbarkeit) in der Zeit vom […] bis […] (die „Praktikumszeit“) berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen zu vermitteln. Der Praktikant wird im Bereich […] eingesetzt. (2) Nach Ende der Praktikantenzeit endet das Praktikantenverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

§ 2 Probezeit und Kündigung des Praktikums5 (1) Der erste Monat/[…], d.h. die Zeit bis zum […], gilt als Probezeit. Innerhalb dieser Zeit können beide Seiten den Vertrag jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Tag/[…] kündigen. (2) Nach Ablauf der Probezeit ist der Vertrag ordentlich kündbar nur durch den Praktikanten mit einer Frist von vier Wochen, wenn er die Praktikantentätigkeit aufgeben will. (3) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt für beide Seiten unberührt. (4) Jede Kündigung nach Ende der Probezeit hat schriftlich unter Angabe der Kündigungsgründe zu erfolgen.

1 Für Praktikanten gelten die §§ 10–23 und § 25 BBiG mit Ausnahmen (§ 26 BBiG), soweit das Praktikum freiwillig erfolgt und nicht voll in ein Studium integriert ist, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG. Gem. § 10 Abs. 2 BBiG gelten damit – zugunsten des Praktikanten zwingend, § 25 BBiG, – grds. auch die für den Arbeitsvertrag geltenden Vorschriften. Für Praktikumsverhältnisse iSd. § 22 Abs. 1 MiLoG gilt § 1 Satz 2 und § 2 Abs. 1a NachwG. Zu Einzelheiten Einf. Rz. 21 sowie Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517; Krimphove, BB 2014, 564; Schade, NZA 2012, 654. Im Folgenden wird im Vertragsmuster stets darauf hingewiesen, welche Regelungen nach BBiG explizit erforderlich sind. 2 Soll das Praktikum als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis ausgestaltet sein, sind die entsprechenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten, s. Einf Rz. 14 ff. und M 7.3.1. und M 7.3.2. 3 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 NachwG: Die Vertragsniederschrift muss Name und Anschrift der Vertragsparteien enthalten. 4 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2, 3 NachwG: Die Vertragsniederschrift muss die mit dem Praktikum verfolgten Lernund Ausbildungsziele sowie Beginn und Dauer des Praktikums enthalten. Unterfällt das Praktikum § 26 BBiG, gilt § 21 BBiG für die Beendigung. 5 Unterfällt das Praktikum § 26 BBiG, gilt für die Probezeit § 20 BBiG, die aber verkürzt werden kann, sowie für die Kündigung § 22 BBiG. § 23 BBiG (Schadenersatz) findet jedoch gem. § 26 BBiG keine Anwendung. Die anwendbaren Regelungen des BBiG sind in dieser Klausel aufgenommen. Für ein Pflichtpraktikum als Ausbildungsmaßnahme ist keine Probezeit vorgesehen, idR ist ein Praktikum auch zu kurz, um eine Probephase iSd. § 622 Abs. 3 BGB durchzuführen. Für Pflichtpraktika regeln außerdem die jeweiligen Prüfungs-, Lehr- und Studienordnungen die Einzelheiten (Krimphove, BB 2014, 564 f., ebenso zur Kündigung eines Pflichtpraktikums S. 566).

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Kap. 8 M 8.2 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge § 3 Vergütung6 Der Praktikant erhält eine nachträglich fällig werdende Unterhaltsbeihilfe in Höhe von Euro […] brutto monatlich/für jede geleistete Beschäftigungsstunde. evtl. Der Praktikant ist verpflichtet, einen Stundenzettel zu führen und diesen zum 15. eines jeden Monats bei der Personalabteilung einzureichen.

§ 4 Urlaub7 Der Urlaub des Praktikanten beträgt pro Kalenderjahr 20 Werktage8 (5-Tage-Woche), d.h. […] (Anzahl) Werktage für die gesamte Praktikantenzeit. Die Unterhaltsbeihilfe gemäß § 3 wird während des Urlaubs weiter gewährt. oder Ein Anspruch auf Urlaub besteht nicht.9

§ 5 Einsatzzeit10 (1) Die Dauer der täglichen Einsatzzeit beträgt […] Stunden, beginnend um […] Uhr. (2) Der Praktikant verpflichtet sich, nach schriftlicher Anforderung ggf. auch über die vereinbarte regelmäßige tägliche Einsatzzeit hinaus im gesetzlich zulässigen Rahmen Überstunden zu leisten.

§ 6 Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers11 Der Arbeitgeber verpflichtet sich, im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten – dem Praktikanten die sein Fachgebiet betreffenden und nach dem Ausbildungsplan erforderlichen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen durch dazu befähigte Personen zu vermitteln; – nach Beendigung des Praktikums einen schriftlichen Tätigkeitsnachweis zu erstellen, das neben der Dauer und der Art der Tätigkeiten auf Wunsch des Praktikanten auch eine Beurteilung von Führung und Leistung enthält.12

6 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 NachwG. Gilt § 26 BBiG, so muss die Vergütung angemessen sein, § 17 BBiG (Einzelheiten Einf. Rz. 5), und der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden (Einzelheiten Einf. Rz. 14). Bei Praktika nach § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG oder wenn § 26 BBiG etwa wegen § 3 Abs. 2 BBiG nicht anwendbar ist, muss der Mindestlohn nicht gezahlt werden, ansonsten schon. 7 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 NachwG. Im Rahmen des Pflichtpraktikums besteht kein Urlaubsanspruch (Krimphove, BB 2014, 565). Für Praktika iSd. § 26 BBiG gelten dagegen für die Dauer des Urlaubs BUrlG sowie ggf. JArbSchG, ArbPlSchG und SGB IX. Nach § 4 BUrlG entsteht der gesetzliche Urlaubsanspruch aber erst nach sechs Monaten. Endet das Praktikum früher, sind die anteiligen Urlaubsansprüche nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. 8 Für Praktikanten unter 18 Jahren erhöht sich der Urlaubsanspruch nach § 19 JArbschG. 9 Ein Anspruch auf anteiligen Urlaub kann allenfalls ausscheiden, wenn der Praktikant zB bei einem sehr kurzen Aufenthalt im Betrieb (weniger als einen Monat) oder bei passiven Betriebsbesuchen ohne Einbindung in den Arbeitsprozess keinen wirtschaftlich verwertbaren Beitrag zum Betriebsergebnis leistet. 10 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 NachwG. Nach § 8 JArbSchG beträgt die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit bei noch nicht 18 Jahre alten Personen (Jugendlichen) acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Zu Ausnahmen vgl. § 8 Abs. 2–3 JArbSchG. Für Volljährige gilt § 3 ArbZG. 11 Ist § 26 BBiG anwendbar, gilt hier § 14 BBiG. S. dann zu den Pflichten M 8.1.1, § 8 mwN. Sie müssen aber nicht im Vertrag aufgenommen sein, wie M 8.1.2 zeigt. 12 Ist § 26 BBiG anwendbar, gilt hier § 16 BBiG, es besteht dann eine Pflicht zur Ausstellung eines schriftlichen Zeugnisses.

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.2 Kap. 8

§ 7 Allgemeine Pflichten des Praktikanten13 Der Praktikant verpflichtet sich, – den Ausbildungsplan einzuhalten und die ihm gebotenen Ausbildungsmöglichkeiten wahrzunehmen; – die ihm übertragenen Arbeiten sorgfältig und gewissenhaft auszuführen; – die Betriebsordnung, die Werkstattordnung und die Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten sowie die Gegenstände des Betriebes sorgsam zu behandeln; – die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und über Betriebsvorgänge – auch nach Beendigung des Praktikums – gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren; – Verhinderungen unter Angabe des Grundes unverzüglich mitzuteilen und im Falle einer Erkrankung bis zum dritten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen; – die vorgesehenen Tätigkeitsberichte zu fertigen und die tägliche Einsatzzeit gemäß § 5 einzuhalten.

§ 8 Rückgabe von Arbeitsmaterial (1) Nach Beendigung des Praktikumsverhältnisses hat der Praktikant alle ihm überlassenen Arbeitsmaterialien an den Arbeitgeber zurückzugeben. (2) Der Praktikant ist nicht berechtigt, am Eigentum des Arbeitgebers ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben.

§ 9 Ausschlussfristen14 (1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Praktikantenverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden. evtl. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird. (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Praktikantenverhältnis in Verbindung stehen. (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).

§ 10 Nebenabreden, Schriftform, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Ergänzend vereinbaren die Parteien Folgendes: […] oder (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. 13 Ist § 26 BBiG anwendbar, gilt hier § 13 BBiG. S. dann zu den Pflichten M 8.1.1 § 9 mwN. Sie müssen aber nicht in den Vertrag aufgenommen sein, wie M 8.1.2 zeigt. 14 Zu Einzelheiten und Alternativvorschlägen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Kap. 2 Rz. 92 ff. und M 2.1a Ziff. 10 m. Anm.

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Kap. 8 M 8.2 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge (2) Änderungen und Ergänzungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.15 evtl. (3) Folgende Kollektivvereinbarungen finden Anwendung: […]16 (Ort/Datum) Arbeitgeber: […]17

Praktikant/in: […]

(Stempel und Unterschrift)

(Unterschrift)

Anlage: Ausbildungsplan 15 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Einf. Kap. 2 Rz. 17 ff., Kap. 2 AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 16 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 NachwG. Sind Kollektivvereinbarungen anwendbar, sind sie zu nennen. 17 Nach § 26 BBiG kann zwar auf die Vertragsniederschrift gem. § 11 BBiG verzichtet werden. Jedoch gilt allgemein § 2 Abs. 1a Satz 1 NachwG: Der Praktikumsgeber hat jedenfalls unverzüglich nach Abschluss des Vertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. Daher kann dieser Nachweis bereits in einem schriftlichen, unterschriebenen Praktikantenvertrag enthalten sein.

M 8.3 Praktikantenvertrag für Schüler und Studenten (Pflichtpraktikum) Zwischen1 der Firma (im Folgenden: Arbeitgeber) […] – Anschrift –2 und Herrn/Frau […] (im Folgenden: Praktikant) – Anschrift – wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Praktikumsgegenstand und Dauer3 (1) Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Praktikanten (die Verwendung des Begriffs „Praktikant“ umfasst alle Geschlechter und dient der leichteren Lesbarkeit) in der Zeit vom […] bis […] (die „Praktikumszeit“) entsprechend beiliegendem Ausbildungsplan (der Fachhochschule) […] Erfahrungen, Fähigkeiten und Kenntnisse des jeweiligen Fachbereiches zu vermitteln. Der Praktikant wird im Bereich […] eingesetzt. Bei dem Praktikum handelt es sich um ein Pflichtpraktikum innerhalb des Studiums. (2) Nach Ende der Praktikantenzeit endet das Praktikantenverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

§ 2 Probezeit und Kündigung des Praktikums4 (1) Die ersten zwei Wochen, d.h. die Zeit bis zum […], gelten als Probezeit. Innerhalb dieser Zeit können beide Seiten den Vertrag jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Tag kündigen. 1 Vgl. auch Scherer, NZA 1986, 280; Schade, NJW 2013, 1039. Als studienintegriertes Praktikum gilt das BBiG hier gem. § 3 Abs. 2 BBiG nicht. Zu lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten bei Studenten vgl. Einf. Rz. 16 ff. 2 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 NachwG: Die Vertragsniederschrift muss Name und Anschrift der Vertragsparteien enthalten. 3 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2, 3 NachwG: Die Vertragsniederschrift muss die mit dem Praktikum verfolgten Lernund Ausbildungsziele sowie Beginn und Dauer des Praktikums enthalten. 4 Für ein Pflichtpraktikum als Ausbildungsmaßnahme ist keine Probezeit vorgesehen, idR ist ein Praktikum auch zu kurz, um eine Probephase iSd. § 622 Abs. 3 BGB durchzuführen. Für Pflichtpraktika regeln außer-

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Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.3 Kap. 8 (2) Nach Ablauf der Probezeit ist der Vertrag ordentlich kündbar nur durch den Praktikanten mit einer Frist von zwei Wochen, wenn er die Praktikantentätigkeit aufgeben will. (3) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt für beide Seiten unberührt. (4) Die Kündigung muss schriftlich und unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen. oder Der Praktikumsvertrag kann von beiden Seiten nach Anhörung der Fachhochschule aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Praktikant das Ausbildungsziel aufgibt oder ändert.

§ 3 Einsatzzeit5, Freistellung und Fernbleiben (1) Die Dauer der täglichen Einsatzzeit beträgt […] Stunden, beginnend um […] Uhr. oder (1) Die Dauer der täglichen Einsatzzeit beträgt […] Stunden. (2) Der Arbeitgeber wird die zur Verbindung des Praktikanten mit der Fachhochschule während der Vertragsdauer notwendige Freizeit gewähren.

§ 4 Vergütung6 und Urlaub7 (1) Der Praktikant erhält eine monatlich nachträglich fällig werdende Unterhaltsbeihilfe in Höhe von Euro […] brutto. (2) Der Urlaub des Praktikanten beträgt pro Kalenderjahr 20 Werktage8 (5-Tage-Woche), d.h. […] (Anzahl) Werktage für die gesamte Praktikantenzeit. Die Unterhaltsbeihilfe gemäß Abs. 1 wird während des Urlaubs weiter gewährt. oder (2) Eine Vergütung wird nicht gezahlt. Ein Anspruch auf Urlaub besteht nicht.

§ 5 Allgemeine Pflichten des Praktikanten Der Praktikant verpflichtet sich, – die ihm gebotenen Ausbildungsmöglichkeiten wahrzunehmen; – die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft auszuführen;

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dem die jeweiligen Prüfungs-, Lehr- und Studienordnungen die Einzelheiten (Krimphove, BB 2014, 564 f., ebenso zur Kündigung eines Pflichtpraktikums S. 566). Die Probezeitklausel kann daher auch gestrichen werden. Hirdina, NZA 2008, 916, 917 ff., hält eine Probezeit von vier Wochen bei einer durchschnittlichen Praktikumsdauer von lediglich 18 Wochen für unangemessen lang, auch bewirke eine Frist für die ordentliche Kündigung von vier Wochen durch den Praktikanten eine unangemessen lange Bindung, wenn dieser das Praktikumsziel als nicht mehr erreichbar ansieht. Daher solle je nach angestrebter Dauer des Praktikums ganz auf eine Probezeit bzw. ordentliche Kündigungsmöglichkeit verzichtet werden. Ein ordentliches Kündigungsrecht sollte, wenn überhaupt, nur dem Praktikanten eingeräumt werden. Jedenfalls könne aber auch bei Verzicht auf eine solche ordentliche Kündigungsmöglichkeit die Aufgabe oder Änderung des Ausbildungszieles durch den Praktikanten ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung sein. § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 NachwG. Nach § 8 JArbSchG beträgt die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit bei noch nicht 18 Jahre alten Personen (Jugendlichen) acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Zu Ausnahmen vgl. § 8 Abs. 2–3 JArbSchG. Für Volljährige gilt § 3 ArbZG. § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 NachwG. Bei Praktika nach § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG oder wenn § 26 BBiG etwa wegen § 3 Abs. 2 BBiG nicht anwendbar ist, muss der gesetzliche Mindestlohn nicht gezahlt werden. § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 NachwG. Im Rahmen des Pflichtpraktikums besteht kein Urlaubsanspruch, Krimphove, BB 2014, 565; Schade, NJW 2013, 1039, 1042. Für Praktika iSd. § 26 BBiG s. Einzelheiten in M 8.2 § 4. Für Praktikanten unter 18 Jahren erhöht sich der Urlaubsanspruch nach § 19 JArbschG.

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Kap. 8 M 8.3 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge – die Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten; – die Gegenstände des Betriebs sorgsam zu behandeln; – Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie betriebliche Angelegenheiten vertraulicher Natur, die als solche vom Unternehmen bezeichnet werden bzw. offensichtlich als solche zu erkennen sind – auch nach Beendigung des Praktikums – geheim zu halten; – spätestens bei Beendigung des Praktikantenverhältnisses unaufgefordert und ansonsten jederzeit auf Anforderung des Unternehmens sämtliche ihm überlassenen oder von ihm gefertigten Schriftstücke oder sonstige Gegenstände des Unternehmens an dieses unverzüglich herauszugeben.

§ 6 Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers Der Arbeitgeber verpflichtet sich, im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten – dem Praktikanten die sein Fachgebiet betreffenden praktischen Kenntnisse und Erfahrungen durch dazu befähigte Personen zu vermitteln; – nach der Beendigung des Praktikums einen Praktikumsnachweis auszustellen, der neben der Dauer und der Art der Tätigkeit auf Wunsch des Praktikanten auch eine Beurteilung von Führung und Leistung enthält.

§ 7 Ausschlussfristen9 (1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Praktikantenverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden. evtl. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird. (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Praktikantenverhältnis in Verbindung stehen. (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).

§ 8 Nebenabreden, Schriftform, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Ergänzend vereinbaren die Parteien Folgendes: […] oder (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen und Ergänzungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.10

9 Zu Einzelheiten und Alternativvorschlägen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Kap. 2 Rz. 92 ff. und M 2.1a Ziff. 10 m. Anm. 10 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff., Kap. 2 AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 2.

400 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.4 Kap. 8 evtl. (3) Folgende Kollektivvereinbarungen finden Anwendung: […]11 Unterschriften (Ort/Datum) Arbeitgeber: […]12

Praktikant […]

(Stempel und Unterschrift)

(Unterschrift) Ggf. Vertretungsberechtigte: […] 1) (Unterschrift) 2) (Unterschrift)

Die gesetzlichen Vertreter des Studenten/der Studentin: (Falls ein Elternteil verstorben, bitte vermerken) Vater: […] und/oder Mutter: […] Vormund: […] (voller Vor- und Zuname) Anlage: Ausbildungsplan 11 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 NachwG. Sind Kollektivvereinbarungen anwendbar, sind sie hier zu nennen. 12 § 2 Abs. 1a Satz 1 NachwG: Der Praktikumsgeber hat jedenfalls unverzüglich nach Abschluss des Vertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. Daher kann dieser Nachweis bereits mit einem schriftlichen, unterschriebenen Praktikantenvertrag verbunden werden.

M 8.4 Werkstudentenvertrag Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […] (im Folgenden: Werkstudent) (die Verwendung des Begriffs „Werkstudent“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird folgender Werkstudentenvertrag1 abgeschlossen:

§ 1 Beginn und Ende des Werkstudentenverhältnisses (1) Das Werkstudentenverhältnis beginnt am […] oder (1) Das Werkstudentenverhältnis wird befristet für die Zeit vom […] bis zum Ablauf des […] befristet geschlossen. Es endet nach Ablauf der vereinbarten Befristung, ohne dass es einer Kündigung bedarf. (2) Die ersten sechs/[…] Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Werkstudentenverhältnis von beiden Parteien mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. (3) Nach Ablauf der Probezeit kann das Werkstudentenverhältnis nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften mit einer Kündigungsfrist von einem/[…] Monat zum Monatsende gekündigt werden. Jede ge1 Vertragsmuster für duale Studiengänge bei Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879 und NJW 2009, 3005.

Lingemann | 401

Kap. 8 M 8.4 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge setzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten des Werkstudenten gilt auch zugunsten des Unternehmens. (4) Das Werkstudentenverhältnis endet automatisch, sofern der Werkstudent nicht mehr den Studentenstatus besitzt. evtl. Das Werkstudentenverhältnis endet spätestens, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem der Werkstudent die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht (zur Zeit des Vertragsabschlusses das 67. Lebensjahr). (5) Jede Kündigung bedarf zur Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

§ 2 Aufgabenbereich (1) Der Werkstudent wird im Bereich […] eingesetzt. Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Werkstudenten auch andere, der Vorbildung und den Fähigkeiten entsprechende gleichwertige und zumutbare Aufgaben zu übertragen. (2) Der Mitarbeiter/Die Mitarbeiterin verpflichtet sich, alle ihm/ihr übertragenen Aufgaben sorgfältig und gewissenhaft auszuführen.

§ 3 Vergütung (1) Der Werkstudent erhält für seine Tätigkeit einen Brutto-Stundenlohn in Höhe von Euro […]2, zahlbar am Monatsletzten. evtl. Der Werkstudent ist verpflichtet, einen Stundenzettel zu führen und diesen zum 15. eines jeden Monats bei der Personalabteilung einzureichen. (2) Die Gehaltszahlung erfolgt nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bargeldlos durch Überweisung.

§ 4 Arbeitszeit Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt außerhalb der Semesterferien maximal 20 Stunden, in den Semesterferien maximal 40 Stunden.3

§ 5 Allgemeine Pflichten des Werkstudenten Der Werkstudent verpflichtet sich: – dem Arbeitgeber mit Unterzeichnung dieses Vertrages eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung vorzulegen; – stets zu Beginn eines jeden neuen Studiensemesters unaufgefordert eine neue Immatrikulationsbescheinigung in der Personalabteilung vorzulegen. – alle Änderungen über die Angaben zur Person, soweit sie für das Werkstudentenverhältnis von Bedeutung sind, unverzüglich mitzuteilen. – die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und über Betriebsvorgänge – auch nach Beendigung des Praktikums – gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren.

2 Werkstudenten sind als Arbeitnehmer vom MiLoG erfasst; Bayreuther, NZA 2014, 865, 873; Siebert/Klagges, ArbRAktuell 2014, 577. 3 Zur 20-Stunden-Grenze beim Werkstudentenprivileg s. Einf. Rz. 25.

402 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.4 Kap. 8

§ 6 Nebentätigkeit4 Die Ausübung einer Nebentätigkeit bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Arbeitgebers. Die Zustimmung wird erteilt, sofern nicht berechtigte betriebliche Interessen beeinträchtigt sind.

§ 7 Urlaub (1) Der Arbeitgeber gewährt dem Werkstudenten Erholungsurlaub von […] Arbeitstagen pro Jahr.5 Bei unterjährigem Ein- oder Austritt wird der Erholungsurlaub jeweils anteilig gewährt. (2) Der Erholungsurlaub wird unter Berücksichtigung der Wünsche des Werkstudenten vom Arbeitgeber festgelegt.

§ 8 Arbeitsverhinderung und Krankheit (1) Der Werkstudent ist verpflichtet, dem Arbeitgeber jede Arbeitsverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen und dabei gleichzeitig auf etwaige dringliche Arbeiten hinzuweisen. (2) Bei einer Erkrankung von mehr als drei Arbeitstagen ist außerdem unverzüglich, spätestens am nächsten Arbeitstag, ein ärztliches Attest vorzulegen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angegeben, wird der Werkstudent den Arbeitgeber unverzüglich, spätestens am letzten Tag der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, unterrichten und eine neue ärztliche Bescheinigung, spätestens innerhalb von drei weiteren Kalendertagen vorlegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, auch für die ersten drei Arbeitstage eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen.

§ 9 Rückgabe von Arbeitsmaterial (1) Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Werkstudent alle ihm überlassenen Arbeitsmaterialien an den Arbeitgeber zurückzugeben. (2) Der Werkstudent ist nicht berechtigt, am Eigentum des Arbeitgebers ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben.

§ 10 Ausschlussfristen6 (1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Werkstudentenverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden. evtl. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird. (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Werkstudentenverhältnis in Verbindung stehen. (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, sowie 4 Aufgrund der 20-Stunden-Grenze für jegliche Beschäftigung während des Semesters, die sich in der Praxis durchgesetzt hat und von den Versicherungsträgern praktiziert wird (s. Korstorz, NZS 2012, 161, 163), ist ratsam, eine Klausel für etwaige Nebentätigkeiten aufzunehmen. So ist der Arbeitgeber über etwaige andere Beschäftigungsverhältnisse informiert. 5 Bei einer 6-Tage-Woche beträgt der gesetzliche Mindesturlaub nach § 3 BurlG mind. 24 Tage. Zur Umrechnung auf eine Woche mit weniger Arbeitstagen s. Kap. 2 M 2.1a Ziff. 7 mwN; ErfK/Gallner, § 3 BUrlG Rz. 6 ff. 6 Zu Einzelheiten und Alternativvorschlägen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Kap. 2 Rz. 92 ff. und M 2.1a Ziff. 10 m. Anm.

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Kap. 8 M 8.4 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).

§ 11 Nebenabreden, Schriftform, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Ergänzend vereinbaren die Parteien Folgendes: […] oder (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen und Ergänzungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.7 [ggf.] (3) Folgende Kollektivvereinbarungen finden Anwendung: […]8 (Ort/Datum) Arbeitgeber: […]

Werkstudent: […]

(Stempel und Unterschrift)

(Unterschrift)

7 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff., Kap. 2 AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 8 § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 NachwG. Sind Kollektivvereinbarungen anwendbar, sind sie hier zu nennen.

M 8.5 Traineevertrag S. M 6.1.4

M 8.6 Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau […] (im Folgenden: Arbeitnehmer) wird folgender Fortbildungsvertrag1 abgeschlossen:

§ 1 Fortbildungsmaßnahme (1) Der Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) nimmt vom […] bis zum […]/für die Dauer von […] [zB acht] Monaten an einem Fortbildungskurs für […] teil. Der Fortbildungskurs besteht aus […] [zB acht] Lehreinheiten.2 (2) Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Teilnahme auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers im Interesse seiner beruflichen Fort- und Weiterbildung erfolgt. 1 Vgl. Einf. Rz. 27 ff. mwN; Elking, BB 2014, 885; Stück, DStR 2008, 2020, 2024. 2 Die zeitliche Lage der einzelnen Lehreinheiten soll den Vorgaben der Aus- oder Weiterbildungseinrichtung entsprechen, und die vertragliche Vereinbarung darf dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit eröffnen, allein nach seinen Interessen die Teilnahme an den jeweiligen Aus- oder Weiterbildungsabschnitten oder deren zeitliche Lage festzulegen. Anderenfalls hätte er es in der Hand, den Arbeitnehmer länger als zur ordnungsgemäßen Absolvierung der Ausbildung nötig an sich zu binden und ihn dadurch in seinem beruflichen Fortkommen zu behindern (BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 45).

404 | Lingemann

Ausbildungs- und Fortbildungsverträge | M 8.6 Kap. 8

§ 2 Fortbildungskosten (1) Der Arbeitgeber wird den Arbeitnehmer zur Teilnahme an den Kurseinheiten unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freistellen. Die Vergütung wird entsprechend dem Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate berechnet. (2) Der Arbeitgeber übernimmt die Lehrgangskosten, bestehend aus3 – Unterrichtsgebühr (Höhe pro Lehreinheit/[…] Euro […] brutto/netto), – Prüfungsgebühr (iHv. […] Euro brutto/netto), – Unterbringungskosten (Höhe pro Tag/[…] Euro […] brutto/netto), – Verpflegungskosten (Höhe pro Tag Euro […] brutto/netto), – An- und Abreisekosten (Höhe pauschal Euro 0,30 je gefahrenem Kilometer/[…] Euro […] brutto/netto), sowie4 – [ggf. weitere Posten wie] Schulungsmaterial […] [jeweils konkrete Kosten mit Brutto-/Nettobeträgen angeben].

§ 3 Rückzahlungspflicht5 (1) Soweit der Arbeitgeber die Bezüge gem. § 2 Abs. 1 fortgezahlt und die Lehrgangskosten gem. § 2 Abs. 2 gezahlt hat, ist der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Bezüge brutto – mit Ausnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung6/[…]-Zusatzversorgung7 – und der Lehrgangskosten brutto/netto8 verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von […] (zB zwei)9 Jahren nach dem Ende des Lehrgangs, d.h. dem Ende der letzten Lehreinheit/nach Ablauf des Kalendermonats, in dem das Prüfungszeugnis ausgestellt wird,10 aus

3 Anzugeben ist möglichst die genaue Höhe der voraussichtlich anfallenden Kosten (BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15; v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428 Rz. 18 ff.). Die Klausel sollte die einzelnen Posten, deren Höhe und Berechnungsweise (zB Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten) enthalten sowie, ob die Rückzahlungssumme auf die Netto- oder Bruttosumme gerichtet ist, und ob auch Beiträge zur Zusatzversorgung zu erstatten sind (BAG v. 6.8.2013, NZA 2013, 1361 Rz. 15). Die Darlegung und der Beweis, dass die Kosten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht vorhersehbar waren, dürften dem Arbeitgeber schwerfallen (vgl. BAG v. 6.8.2013, NZA 2013, 1361 Rz. 16). Ist die Höhe in der Vereinbarung nicht hinreichend bestimmt, bleibt die Fortbildungsvereinbarung im Übrigen wirksam, es besteht jedoch kein Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers als Klauselverwender, auch nicht aus Bereicherungsrecht (BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 434/ 15, juris; v. 21.8.2012, NZA 2012, 1428). Daher ist es ratsam, die Kosten soweit möglich bereits vor Abschluss der Vereinbarung zu bestimmen und unmittelbar nach Abschluss der Vereinbarung die erforderlichen (Reise-/Unterbringungs-/…) Verträge mit Dritten abzuschließen (Elking, BB 2014, 885, 887; vgl. auch Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 340; Olbertz/Sturm, GWR 2015, 510, 512). 4 Vgl. BAG v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428, 1430; Kilometerpauschale auch als Möglichkeit genannt bei BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15. 5 Sie kann auch durch eine Darlehenskonstruktion nicht erweitert werden (BAG v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/ 07, NZA 2008, 1004; LAG Schleswig-Holstein v. 25.5.2005, BB 2006, 560; ferner BGH v. 17.9.2009 – III ZR 207/08, NZA 2010, 37). Zur Rückzahlungsverpflichtung bei Nichterreichen des Aus- und Fortbildungsziels s. Straube, NZA-RR 2012, 505, 507. 6 Vgl. Lakies, ArbRAktuell 2012, 216 unter III. 4. 7 Ggf. s. BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Alternativ: „Zu den zu erstattenden Kosten gehören daneben auch die vom Arbeitgeber getragenen Umlagen zur Zusatzversorgung.“ (Klausel vom BAG im Urteil v. 5.6.2007 – 9 AZR 604/06, NZA-RR 2008, 107 akzeptiert). 8 Vgl. BAG v. 6.8.2013, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Sofern der Arbeitgeber bei der Zahlung der Lehrgangskosten vorsteuerabzugsberechtigt ist, dürfte ein Anspruch nur auf Zahlung der Kosten Netto, dh. ohne Mehrwertsteuer, bestehen. 9 Zur zulässigen Bindungsdauer in AGB s. Einf. Rz. 29 ff. mwN. 10 Letztere Voraussetzung hat das BAG im Urt. v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 jedenfalls für eine Rückzahlungsklausel bei einer Sparkassenfachprüfung akzeptiert.

Lingemann | 405

Kap. 8 M 8.6 | Ausbildungs- und Fortbildungsverträge seinem Verschulden [evtl.: oder auf eigenen Wunsch]11 aus dem Dienstverhältnis zum Arbeitgeber ausscheidet.12 oder (1) Soweit der Arbeitgeber die Bezüge gem. § 2 Abs. 1 fortgezahlt und die Lehrgangskosten gem. § 2 Abs. 2 gezahlt hat, ist der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Bezüge brutto – mit Ausnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung13/[…]-Zusatzversorgung14 – und der Lehrgangskosten brutto/netto15 verpflichtet, wenn innerhalb von […] (zB zwei)16 Jahren nach dem Ende des Lehrgangs, d.h. dem Ende der letzten Lehreinheit/nach Ablauf des Kalendermonats, in dem das Prüfungszeugnis ausgestellt wird17 – dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird, – der Arbeitnehmer aus von ihm zu vertretenden Gründen18 selbst kündigt, oder – ein Aufhebungsvertrag19 infolge von verhaltensbedingten Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers geschlossen wird.20 (2) Der zurückzuzahlende Betrag vermindert sich innerhalb des Zeitraumes von […] [zB zwei]21 Jahren für jeden vollen Monat, den der Arbeitnehmer nach dem Ende des Lehrgangs/nach Ablauf des Kalendermonats, in dem das Prüfungszeugnis ausgestellt wird22, im Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber verbracht hat,23 um […] [zB 1/ 24 ].24 Der hiernach verbleibende Restbetrag ist zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur sofortigen Rückzahlung fällig.25 11 Die Formulierung „auf eigenen Wunsch oder aus eigenem Verschulden“ hat das BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 Rz. 25 zwar gebilligt. Nach der Entscheidung v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 25 ff. könnte sie aber zu weit gefasst und damit die Rückzahlungsklausel unwirksam sein (Einzelheiten Einf. Rz. 34 f.). Sicherer ist es daher, diese Formulierung nicht mehr zu verwenden. 12 Die bisher übliche Formulierung „ohne dass ihn Gründe aus der Sphäre des Arbeitgebers (zB ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers) dazu veranlasst haben“, könnte nach der Entscheidung des BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 25 ff. zu weit gefasst sein, da sie nicht neutrale Gründe ausnimmt, die also weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber zu vertreten sind; das betrifft zB den Fall, dass der Arbeitnehmer wegen eines ihm nicht iS eines Verschuldens zuzurechnenden dauerhaften Wegfalls seiner medizinischen Tauglichkeit nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion wäre die Klausel dann insgesamt unwirksam und würde nicht auf den wirksamen Kern zurückgeführt (BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781 Rz. 31; v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957 Rz. 17; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 Rz. 17; v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738; v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85; v. 11.4.2006, NZA 2006, 1043. Vgl. auch Einf. Rz. 28, Rz. 34 ff. sowie Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Rückzahlungsklausel“, Kap. 2 Rz. 121 ff.). 13 Vgl. Lakies, ArbRAktuell 2012, 216 unter III. 4. 14 Ggf. s. BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Alternativ: „Zu den zu erstattenden Kosten gehören daneben auch die vom Arbeitgeber getragenen Umlagen zur Zusatzversorgung.“ (Klausel vom BAG mit Urt. v. 5.6.2007 – 9 AZR 604/06, NZA-RR 2008, 107 akzeptiert). 15 Vgl. BAG v. 6.8.2013, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Sofern der Arbeitgeber bei der Zahlung der Lehrgangskosten vorsteuerabzugsberechtigt ist, dürfte ein Anspruch nur auf Zahlung der Kosten Netto, dh. ohne Mehrwertsteuer, bestehen. 16 Zur zulässigen Bindungsdauer in AGB s. Einf. Rz. 31 ff. 17 Letztere Voraussetzungen hat das BAG im Urt. v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 jedenfalls für eine Rückzahlungsklausel bei einer Sparkassenfachprüfung akzeptiert. 18 S. M 8.6 Fn. 12. 19 Zur Rückzahlungsverpflichtung bei Beendigung durch Aufhebungsvertrag Düwell/Ebeling, DB 2008, 406, 409. 20 Der Formulierungsvorschlag orientiert sich an Düwell/Ebeling, DB 2008, 406, 410. Rspr. des BAG zu speziell dieser Formulierung gibt es bisher nicht. 21 Zur zulässigen Bindungsdauer in AGB s. Einf. Rz. 31. Der hier genannte Zeitraum sollte mit dem Zeitraum aus Abs. 1 übereinstimmen. 22 Letztere Voraussetzung hat das BAG im Urt. v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 jedenfalls für eine Rückzahlungsklausel bei einer Sparkassenfachprüfung akzeptiert. 23 Zu einer Kürzung des Rückzahlungsbetrages in Raten Einf. Rz. 38; Düwell/Ebeling, DB 2008, 406, 410; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 340; Olbertz/Sturm, GWR 2015, 510, 512; LAG Hamm v. 9.3.2012 – 7 Sa 1500/11, juris. 24 Zur zulässigen Bindungsdauer und damit auch der zulässigen zeitanteiligen Rückzahlungspflicht in AGB – hier 1/ 24 pro Monat bei zweijähriger Bindungsdauer – s. Einf. Rz. 31. 25 Vgl. BAG v. 5.6.2007 – 9 AZR 604/06, NZA-RR 2008, 107 (für einen Rückzahlbetrag von 13.005,79 Euro).

406 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | Kap. 9 (3)26 Soweit der Arbeitgeber die Bezüge gem. § 2 Abs. 1 fortgezahlt und die Lehrgangskosten gem. § 2 Abs. 2 gezahlt hat, ist der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Bezüge brutto – mit Ausnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung27/[…]-Zusatzversorgung28 – und der Lehrgangskosten brutto/netto29 auch dann verpflichtet, wenn er auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden (a) die Anmeldung zum Lehrgang zurückzieht, aus dem Lehrgang ausscheidet oder ausgeschlossen wird, (b) die Abschlussprüfung zu dem Lehrgang nicht ablegt oder (c) aus dem Arbeitsverhältnis vor Abschluss des Lehrganges/vor Ablauf des Kalendermonats, in dem das Prüfungszeugnis ausgestellt wird30, ausscheidet. (4) Der nach Abs. 3 zurückzuzahlende Betrag ist beschränkt auf die Bezüge und Lehrgangskosten gemäß Abs. 3, die dem Arbeitgeber bis zu dem in Abs. 3 lit a) bis c) genannten Ereignis entstanden sind.31 26 Zur Rückzahlungsverpflichtung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Abschluss der Aus- oder Weiterbildung s. BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 und Einf. Rz. 35. 27 Vgl. Lakies, ArbRAktuell 2012, 216 unter III. 4. 28 Ggf. s. BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Alternativ: „Zu den zu erstattenden Kosten gehören daneben auch die vom Arbeitgeber getragenen Umlagen zur Zusatzversorgung.“ (Klausel vom BAG mit Urt. v. 5.6.2007 – 9 AZR 604/06, NZA-RR 2008, 107 akzeptiert). 29 Vgl. BAG v. 6.8.2013, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Sofern der Arbeitgeber bei der Zahlung der Lehrgangskosten vorsteuerabzugsberechtigt ist, dürfte ein Anspruch nur auf Zahlung der Kosten Netto, dh. ohne Mehrwertsteuer, bestehen. 30 Letztere Voraussetzung hat das BAG im Urt. v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 jedenfalls für die Rückzahlungsklausel bei einer Sparkassenfachprüfung akzeptiert. 31 Eine solche Einschränkung enthielt die Regelung im Fall des BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, nicht. Gleichwohl hielt das BAG die dortige Regelung für wirksam. Wir halten eine solche Einschränkung jedoch für ratsam (vgl. auch den Jahresbericht des BAG für 2011, S. 25).

Kapitel 9 Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung freier Mitarbeiter/ Arbeitnehmer (M 9.1.1–9.1.4) . . . . a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . b) Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . aa) Gründungszuschuss, § 93 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Arbeitnehmerähnliche Selbständige, § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI . . cc) Anfrageverfahren, § 7a SGB IV (Statusfeststellungsverfahren) . . c) Folgen eines fälschlich als freie Mitarbeit eingeordneten Anstellungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beratervertrag (M 9.2)/Interimsmanagement (M 9.3) . . . . . . . . . . 3. On Demand Economy (M 9.4) . . . . 4. Crowdworking (M 9.5.1, M 9.5.2) . . 5. In Heimarbeit Beschäftigte (M 9.7)

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10 11 14 15 18 21 25 29 39

II. Muster Freier Mitarbeiter-Vertrag . . . . . . . . . Freier Mitarbeiter-Vertrag (Rahmenvertrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkvertrag mit einem Subunternehmer – Softwareentwicklung . . . . . . Vereinbarung über die Miete von Betriebsmitteln – hier: Nutzung von PC . . Beratervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertrag mit einem Interimsmanager . . . On Demand Economy – Rahmenvertrag für Kurierfahrer mit Auftragserteilung über APP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Crowdworking – Rahmenvertrag mit Auftragserteilung über APP . . . . . . . . Allgemeine Geschäfts- und Nutzungsbedingungen zum CrowdworkingRahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Statusklage wegen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses (Scheinselbständigkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heimarbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . .

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M 9.1.1 M 9.1.2 M 9.1.3 M 9.1.4 M 9.2 M 9.3 M 9.4

M 9.5.1 M 9.5.2 M 9.6 M 9.7

Lingemann und Lingemann/Diller | 407

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | Kap. 9 (3)26 Soweit der Arbeitgeber die Bezüge gem. § 2 Abs. 1 fortgezahlt und die Lehrgangskosten gem. § 2 Abs. 2 gezahlt hat, ist der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Bezüge brutto – mit Ausnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung27/[…]-Zusatzversorgung28 – und der Lehrgangskosten brutto/netto29 auch dann verpflichtet, wenn er auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden (a) die Anmeldung zum Lehrgang zurückzieht, aus dem Lehrgang ausscheidet oder ausgeschlossen wird, (b) die Abschlussprüfung zu dem Lehrgang nicht ablegt oder (c) aus dem Arbeitsverhältnis vor Abschluss des Lehrganges/vor Ablauf des Kalendermonats, in dem das Prüfungszeugnis ausgestellt wird30, ausscheidet. (4) Der nach Abs. 3 zurückzuzahlende Betrag ist beschränkt auf die Bezüge und Lehrgangskosten gemäß Abs. 3, die dem Arbeitgeber bis zu dem in Abs. 3 lit a) bis c) genannten Ereignis entstanden sind.31 26 Zur Rückzahlungsverpflichtung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Abschluss der Aus- oder Weiterbildung s. BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 und Einf. Rz. 35. 27 Vgl. Lakies, ArbRAktuell 2012, 216 unter III. 4. 28 Ggf. s. BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Alternativ: „Zu den zu erstattenden Kosten gehören daneben auch die vom Arbeitgeber getragenen Umlagen zur Zusatzversorgung.“ (Klausel vom BAG mit Urt. v. 5.6.2007 – 9 AZR 604/06, NZA-RR 2008, 107 akzeptiert). 29 Vgl. BAG v. 6.8.2013, NZA 2013, 1361 Rz. 15. Sofern der Arbeitgeber bei der Zahlung der Lehrgangskosten vorsteuerabzugsberechtigt ist, dürfte ein Anspruch nur auf Zahlung der Kosten Netto, dh. ohne Mehrwertsteuer, bestehen. 30 Letztere Voraussetzung hat das BAG im Urt. v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85 jedenfalls für die Rückzahlungsklausel bei einer Sparkassenfachprüfung akzeptiert. 31 Eine solche Einschränkung enthielt die Regelung im Fall des BAG v. 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, nicht. Gleichwohl hielt das BAG die dortige Regelung für wirksam. Wir halten eine solche Einschränkung jedoch für ratsam (vgl. auch den Jahresbericht des BAG für 2011, S. 25).

Kapitel 9 Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung freier Mitarbeiter/ Arbeitnehmer (M 9.1.1–9.1.4) . . . . a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . b) Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . aa) Gründungszuschuss, § 93 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Arbeitnehmerähnliche Selbständige, § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI . . cc) Anfrageverfahren, § 7a SGB IV (Statusfeststellungsverfahren) . . c) Folgen eines fälschlich als freie Mitarbeit eingeordneten Anstellungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beratervertrag (M 9.2)/Interimsmanagement (M 9.3) . . . . . . . . . . 3. On Demand Economy (M 9.4) . . . . 4. Crowdworking (M 9.5.1, M 9.5.2) . . 5. In Heimarbeit Beschäftigte (M 9.7)

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II. Muster Freier Mitarbeiter-Vertrag . . . . . . . . . Freier Mitarbeiter-Vertrag (Rahmenvertrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkvertrag mit einem Subunternehmer – Softwareentwicklung . . . . . . Vereinbarung über die Miete von Betriebsmitteln – hier: Nutzung von PC . . Beratervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertrag mit einem Interimsmanager . . . On Demand Economy – Rahmenvertrag für Kurierfahrer mit Auftragserteilung über APP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Crowdworking – Rahmenvertrag mit Auftragserteilung über APP . . . . . . . . Allgemeine Geschäfts- und Nutzungsbedingungen zum CrowdworkingRahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Statusklage wegen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses (Scheinselbständigkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heimarbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . .

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M 9.1.1 M 9.1.2 M 9.1.3 M 9.1.4 M 9.2 M 9.3 M 9.4

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Lingemann und Lingemann/Diller | 407

Kap. 9 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses Literatur: Zur Abgrenzung freier Mitarbeiter/Arbeitnehmer: Bauer/Baeck/Schuster, Scheinselbständigkeit – Kriterien und Auswege, 2000; Bauer/Diller/Lorenzen, Das neue Gesetz zur „Scheinselbständigkeit“, NZA 1999, 169; Bauer/Diller/Schuster, Das Korrekturgesetz zur „Scheinselbständigkeit“, NZA 1999, 1297; Becker, Scheinwerkverträge und Scheinselbstständigkeit, DB 2015, 2267; Bertheau, Das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen – Strafrechtliche Beratung im Spannungsfeld sozialrechtlicher Wertungsspielräume, NJW 2020, 664; Bodem, Abwicklung gescheiterter freier Mitarbeiterverhältnisse aus arbeits-, sozial-, steuer- und strafrechtlicher Sicht, ArbRAktuell 2012, 213; Bodem, Ernsthafte Konsequenzen bei falschen „Freien“, AuA 2009, 538; Boss, Medienberufe aus arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht – Freie Mitarbeiter, Freelancer, Honorarkräfte und die ewige Gretchenfrage: selbständig, „scheinselbständig“ oder abhängig beschäftigt?; NZS 2010, 483; Buschbaum/Klösel, Interim Management aus Sicht der arbeitsrechtlichen Vertragspraxis, NJW 2012, 1482; Francken, Die Darlegungs- und Beweislast bei der Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung von Werk- und Dienstverträgen, NZA 2013, 985; Freckmann, Freie Mitarbeiter wieder im Trend – Flucht aus der Leiharbeit, DB 2013, 459; Gaul/Hahne, Der Versuch des Gesetzgebers zur Kennzeichnung von Arbeitnehmern, Leiharbeitnehmern und sonstigem Fremdpersonal durch § 611a BGB, BB 2016, 58; Greiner, Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung – Abgrenzungsfragen und aktuelle Rechtspolitik, NZA 2013, 697; Hanau, Neue Rechtsprechung des BSG zu den Honorarärzten und ihre Folgen, NZA 2019, 1552; Hromadka, Zur Auslegung des §§ 611 a BGB – eine historisch-dogmatische Analyse, NZA 2018, 1583; Karthaus/Klebe, Betriebsratsrechte bei Werkverträgen, NZA 2012, 417; Lembke, Der Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen von freier Mitarbeit, Werkverträgen und Leiharbeit – Die Sicht eines unternehmensberatenden Anwalts, NZA 2013, 1312; Lingemann/Winkel, Der Rechtsanwalt als freier Mitarbeiter, NJW 2010, 38 (Teil 1) und NJW 2010, 208 (Teil 2); Mette, Brennpunkt Scheinselbstständigkeit, NZS 2015, 721; Müller, der Arbeitnehmerbegriff im Steuerrecht, SteuK 2013, 140; Obenhaus, Umsatzsteuerliche Konsequenzen verdeckter Arbeitsverhältnisse, BB 2012, 1130; Plagemann/Schafhausen, Scheinselbstständig? Aktuelle Rechtsprechung zu den verschiedenen Gesundheitsberufen (Teil 1), ArbRAktuell 2015, 415; Preis, § 611 a BGB – Potenziale des Arbeitnehmerbegriffes, NZA 2018, 817; Reinecke, Die Begriffe Arbeitnehmer und Beschäftigter – Entwicklungslinien exemplarisch dargestellt im Sportrecht, NJW 2018, 2081; Reinecke, Rechtsprechung des BAG zum Arbeitnehmerstatus – Eine kritische Bestandsaufnahme, NZA-RR 2016, 393; Reiserer, Es kommt endlich Bewegung in das Recht der Scheinselbstständigkeit, DStR 2020, 1321; Reiserer, Angleichung der Vorsatzanforderungen bei Beitragshinterziehung und Steuerhinterziehung – Anmerkung zum Urteil des BGH vom 24.1.2018 – 1 StR 331/17, DStR 2018, 1623; Reiserer, Schluss mit der Angst vor der Scheinselbstständigkeit – gibt es ein Licht am Horizont? BB 2018, 1588; Retemeyer/Möller, „Scheinselbständigkeit“ und strafrechtliche Konsequenzen, BDZ 2010, R 1–F 6; Richardi, Arbeitnehmer als Beschäftigte, NZA 2010, 1101; Schulze/Hintzen, GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer?, ArbRAktuell 2012, 263; Schüren, BB-Forum: Beweislastumkehr zur Bekämpfung von Scheinwerkverträgen, BB 2014, 2613; Seel, Selbstständig oder doch Arbeitnehmer? – Eine Analyse der sozial- und steuerrechtlichen Behandlung von Beschäftigten, NZS 2011, 532; Seewald, Zu scheinbarer und ernsthafter „Beschäftigung“ bei gespaltenen Arbeitsverhältnissen, NZS 2014, 481; Tillmanns, Arbeitnehmereigenschaft und Statuswechsel, RdA 2015, 285; Van Venrooy, Missbrauch des Dienstverschaffungsvertrags – Selbstständigen-„Contracting“ – ein Irrweg, NZA 2011, 670; Velten, Der „Manager auf Zeit“ zwischen Arbeitnehmerstellung und Selbstständigkeit, ArbRB 2013, 190; von Weigert, keine Änderung der Rechtslage durch § 611 a – oder doch? ArbRAktuell 2017, 557; Weiss-Bölz, Genossenschaftsmodell als Lösung des Problems der Scheinselbstständigkeit? DStR 2017, 2497; von Westphalen/Schneider, Software-Erstellungsverträge, 2. Aufl. 2014; Werths, Werkverträge – ein unkalkulierbares Compliancerisiko?, BB 2014, 697; Werths, Vom Auftraggeber eines Werkvertrages zum Arbeitgeber, NJW-Spezial 2014, 498; Versin, Die Nachunternehmerhaftung im Paketboten-Schutz-Gesetz, BB 2020, 181. Allgemein zum freien Mitarbeitervertrag: Vgl. auch die Nachweise zur Abgrenzung freier Mitarbeiter/ Arbeitnehmer. Bartsch, Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen, CR 2012, 141; Bayreuther, Generalunternehmerhaftung nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmerentsendegesetz, NZA 2015, 961; Bernhard, Grenzen vertraglicher Wettbewerbsverbote zwischen Unternehmen, NJW 2013, 2785; Bissels/Falter, Gesetzlicher Mindestlohn – Fallstricke bei der Haftung für Subunternehmer nach dem MiLoG, DB 2015, 64; Bissels/Falter/Krings, Gesetzlicher Mindestlohn: Keine Haftung des Auftraggebers für insolvente Nachunternehmer; Dück, Zivil- und Kartellrechtliche Grenzen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für Handelsvertreter, NJW 2016, 368; Mauthner/Rid, Haftungsfalle für Auftraggeber, AuA 2014, 518; Merkel/Götz, Der gesetzliche Mindestlohn in der Praxis – eine Bestandsaufnahme, DB 2015, 1407; Müller, Die Ermessensausübung beim Gründungszuschuss gem. § 93 SGB III in der aktuellen Rechtsprechung, NZS 2014, 725; Oltmanns/Fuhlrott, Die Auftraggeberhaftung bei Verstößen gegen das MiLoG,

408 | Lingemann/Diller

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | Kap. 9 NZA 2015, 392; Schweiger, Der Gründungszuschuss im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, NZS 2014, 448; Sittard/Sassen, Ein Jahr Mindestlohn – ein Update, NJW 2016, 364; Stamm, Kehrtwende des BGH bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit, NJW 2014, 2145; Werths, Werkverträge – ein unkalkulierbares Compliancerisiko?, BB 2014, 697. Zum Statusfeststellungsverfahren: Becker/Hennecke, Das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV auf dem Prüfstand – die Schwächen des aktuellen Verfahrens sowie mögliche Lösungsansätze, BB 2019, 820; Maiß, Das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV, ArbRAktuell 2011, 9; Marburger, Neue Rechtsentwicklung in Zusammenhang mit dem Anfrageverfahren, WzS 2012, 9; Marburger, Das Anfrageverfahren, Die Beiträge 2008, 129. Zum Softwareentwicklervertrag: Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, Agile Programmierung – Neue Herausforderungen für das Softwarevertragsrecht? – Unterschiede zu den „klassischen“ Softwareentwicklungsprojekten, MMR 2012, 427; Habel, Software-Projektverträge: Werk- oder Dienstverträge, DSRITB 2015, 567; Klawitter, Fortgeltung der Unterlizenz nach Wegfall der Hauptlizenz, GRUR-Prax 2012, 425; Peifer, Der Referentenentwurf zum Urhebervertragsrecht, GRUR 2016, 6; Schwab, Der Arbeitnehmer als Urheber, NZA-RR 2015, 5; v. Olenhusen; Der Arbeitnehmer-Urheber im Spannungsfeld zwischen Urheber-, Vertrags-, und Arbeitsrecht, ZUM 2010, 474; Wandtke, 50 Jahre Urheberrechtsgesetz – eine unendliche Geschichte des Arbeitnehmerurheberrechts, GRUR 2015, 831. Zu On Demand Economy und Crowdworking: Bourazeri, Neue Beschäftigungsformen in der digitalen Wirtschaft am Beispiel soloselbstständiger Crowdworker, NZA 2019, 742; Brose, Von Bismarck zu Crowdwork: Über die Reichweite der Sozialversicherungspflicht in der digitalen Arbeitswelt, NZS 2017, 9; Däubler/Klebe, Crowdwork: Die neue Form der Arbeit – Arbeitgeber auf der Flucht?, NZA 2015, 1033; Frank/ Heine, Crowdworker mit einem Fuß im Arbeitsrecht?, NZA 2020, 292; Fuhlrott/Oltmanns, Der Crowdworker – (K)ein Arbeitnehmer?, NJW 2020, 985; Günther/Böglmüller, Arbeitsrecht 4.0 – Arbeitsrechtliche Herausforderungen in der vierten industriellen Revolution, NZA 2015, 1029; Hanau, Schöne digitale Arbeitswelt?, NJW 2016, 2615; Heise, Agile Arbeit, Scrum und Crowdworking – New Work außerhalb des Arbeitsrechts?, NZA-Beilage 2019, 100; Hötte, Crowdsourcing, Rechtliche Risiken eines neuen Phänomens, MMR 2014, 795; Klebe, Crowdwork: Faire Arbeit im Netz?, AuR 2016, 277; Klebe/Neugebauer, Crowdsourcing: Für eine handvoll Dollar oder Workers of the crowd unite?, AuR 2014, 7; Kraus, Economy on demand: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in Dreieckskonstellationen?, DB 2017, 1387; Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, 2018, 39 ff.; Lingemann/Otte, Arbeitsrechtliche Fragen der „economy on demand“, NZA 2015, 1042; Martina, Heimarbeit und ihre Voraussetzungen – Der Crowdworker als Heimarbeiter?, NZA 2020, 988; Meller-Hannich, Zu einigen rechtlichen Aspekten der „Share-Economy“, WM 2014, 2341; Meyer-Michaelis/Falter/Schäfer, Rechtliche Rahmenbedingungen von Crowdworking – Chancen und Risiken dieser Möglichkeit von Fremdpersonaleinsatz, DB 2016, 2543; Raif/Nann, Arbeitsrecht 4.0 – Möglichkeiten und Hürden in der digitalen Arbeitswelt, GWR 2016, 222; Rinck, Der Arbeitnehmerbegriff im Wandel – Entwicklungen und Perspektiven, RdA 2019, 128; Ruland, Beschäftigungsverhältnis oder „Neue Selbständigkeit“?, NZS 2019, 682; Schubert, Neue Beschäftigungsformen in der digitalen Wirtschaft – Rückzug des Arbeitsrechts?, RdA 2018, 202; Wank, Die personelle Reichweite des Arbeitnehmerschutzes aus rechtsdogmatischer und rechtspolitischer Perspektive, EuZA 2016, 167. Zum Beratervertrag/Interimsmanagement: Vgl. insb. die Nachweise zur Abgrenzung freier Mitarbeiter/ Arbeitnehmer und allgemein zum freien Mitarbeitervertrag, ferner Buschbaum/Klösel, Interim Management aus Sicht der arbeitsrechtlichen Vertragspraxis, NJW 2012, 1482; Mehnert, Einsatz von Interim Managern, AuA 2013, 14 (Sonderausgabe); Oltmann/Fuhlrott, Betriebsverfassungsrechtliche Aspekte des Einsatzes von Interim-Managern, DB 2016, 591; Theiselmann, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des Abschlusses von Drittanstellungsverträgen mit Interimsmanagern, ZIP 2015, 1712; Velten, Der „Manager auf Zeit“ zwischen Arbeitnehmerstellung und Selbstständigkeit, ArbRB 2013, 190. Zur Heimarbeit: Engelhardt, Kleine Tele-Heimarbeit, AiB 2006, 696; Fenski, Außerbetriebliche Arbeitsverhältnisse, 2. Aufl. 2000; Grobys, Besondere Beschäftigungsformen im Arbeitsrecht, NJW-Spezial 2006, 33; Martina, Heimarbeit und ihre Voraussetzungen – Der Crowdworker als Heimarbeiter?, NZA 2020, 988; Mehrle, Heimarbeitsrecht, AR-Blattei, Heimarbeit I, AR-Blattei, SD 910; Otten, Heimarbeitsrecht, 6. Aufl. 2017; Schaub, Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, 13. Aufl. 2019; Schmechel, Die Rolle des Betriebsrats bei der Einführung und Durchführung von Telearbeit, NZA 2004, 237; Wank, Telearbeit, AR-Blattei, SD 1565; Wedde, Telearbeit, 1. Aufl. 2002.

Lingemann/Diller | 409

Kap. 9 Rz. 1 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses

I. Einführung 1

Neben dem Arbeitsverhältnis gibt es freie Dienstverhältnisse. Der entscheidende Unterschied zum Arbeitsverhältnis liegt gem. dem Rechtsgedanken des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB darin, dass die Dienstoder Auftragnehmer nicht persönlich abhängig sind, sondern im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen können.

1. Abgrenzung freier Mitarbeiter/Arbeitnehmer (M 9.1.1–9.1.4) → S. M 9.1.1–M 9.1.4.

2

Die Abgrenzungskriterien zwischen freier Mitarbeit und Arbeitnehmerstellung1 sind im Arbeitsrecht, Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht im Wesentlichen gleich,2 wobei der sozialversicherungsrechtliche Begriff der abhängigen Beschäftigung auch Rechtsverhältnisse umfassen kann, die arbeitsrechtlich keine Arbeitsverhältnisse sind.3 Zwischen den unterschiedlichen Fachgerichtsbarkeiten besteht jedoch keine rechtliche Bindungswirkung für die Einstufung des jeweiligen Beschäftigten, insofern sind daher auch divergierende Entscheidungen möglich.4 a) Abgrenzungskriterien

3

Der seit 1.4.2017 geltende § 611a Abs. 1 BGB bestimmt: „Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.“ Eine inhaltliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung des BAG ergibt sich dadurch nicht.

4

Danach „unterscheidet sich ein Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit5, in der sich der Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB).“6 1 Ein Überblick über Einzelfälle, in denen die Arbeitnehmereigenschaft bejaht bzw. verneint worden ist, findet sich bei PWW/Lingemann, § 611 BGB Rz. 21 ff. 2 Vgl. Freckmann, DB 2013, 459, 462 mwN; dazu auch Seewald, NZS 2014, 481, 484. 3 BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte). 4 BFH v. 20.10.2010 – VIII R 34/08, NZA 2011, 502; dazu Schulze/Hintzen, ArbRAktuell 2012, 263; zum Steuerrecht s. Müller, SteuK 2013, 140. 5 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411 Rz. 13, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463 Rz. 17; v. 21.7.2015 – 9 AZR 484/14, FD-ArbR 2016, 375111 Rz. 20; v. 9.4.2014, NZA-RR 2014, 522 Rz. 16; v. 17.4.2013, NZA 2013, 903 Rz. 15; v. 29.8.2012, NZA 2012, 1433; v. 15.2.2012, NJW 2012, 2903. Dazu im Ganzen und zu den einzelnen Kriterien: Freckmann, DB 2013, 459; Seewald, NZS 2014, 481, 485; zum Referentenentwurf eines § 611a BGB: Gaul/Hahne, BB 2016, 58. Zur Abgrenzung mit (Schein-)Werkverträgen, Werths, BB 2014, 697 (699). Zur Abgrenzung zum Werkunternehmer s. nur Boemke, RdA 2015, 115. 6 BAG 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463, st. Rspr.

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Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | Rz. 9 Kap. 9

Zur Abgrenzung sind in einem ersten Schritt eine Vielzahl von Kriterien zu prüfen, die Indizwirkung haben. In einem zweiten Schritt sind die Kriterien im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu gewichten zur Feststellung, ob der Betreffende Arbeitnehmer oder Selbständiger/freier Mitarbeiter ist.

5

Dabei ist zunächst vom Vertrag auszugehen, § 611a Abs. 1 Satz 1, 6 BGB. Handelt es sich um einen Arbeitsvertrag, so ist das für die Einordnung maßgeblich, auch wenn Weisungsrechte nicht ausgeübt werden.7

6

Handelt es sich um den Vertrag eines Selbständigen, ist weiter die tatsächliche Durchführung zu prüfen. Erfüllt auch sie die Anforderungen an die Selbständigkeit, ist der Auftragnehmer selbständig. Entspricht sie hingegen einer abhängigen Beschäftigung, dann handelt es sich um eine solche, trotz des anders gestalteten Vertrages, § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB. Denn die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben.8 Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist daher letztere maßgeblich, weil aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf gezogen werden können, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragspartner ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben.9

7

Allerdings: Lässt sich keine eindeutige Klärung des Vertragstypus herbeiführen, handelt es sich also um einen Grenzfall, so kann es auf den im Vertrag niedergelegten Willen der Parteien ankommen.10 Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig geleistet werden, so ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen.11

8

Zur Abgrenzung dienen insb. folgende Kriterien, wobei es jeweils auf das konkrete Rechtsverhältnis ankommt. Aus der Rechtsnatur des einen kann nicht ohne weiteres auf die Rechtsnatur des anderen Rechtsverhältnisses beim selben Auftraggeber geschlossen werden:12

9

– Die Weisungsgebundenheit hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit ist wohl das wichtigste Abgrenzungskriterium zwischen freier Mitarbeit und Arbeitsverhältnis, § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB. Je weniger der Beschäftigte die Umstände seiner Arbeit selbst bestimmen kann, desto eher liegt ein Arbeitsverhältnis vor.13 Der Vertragsgegenstand muss daher im freien Mitarbeiterverhältnis so genau bezeichnet sein, dass Weisungen weitgehend entbehrlich sind. 7 BAG v. 15.2.2012 – 10 AZR 111/11, NZA 2012, 733; v. 25.1.2007 – 5 AZB 49/06, NZA 2007, 580; v. 12.9.1996 – 5 AZR 1066/94, NZA 1997, 194; vgl. BSG v. 29.7.2015 – B 12 Kr 23/13 R, BSGE 119, 216; Reinecke, NZA 2016, 393, 398. 8 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; BSG v. 4.6. 2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte); BGH v. 11.10.2018 – VII ZR 298/17, juris. 9 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 11.8.2015 – 9 AZR 98/14, NZA-RR 2016, 288 Rz. 16; v. 18.1.2012, NZA-RR 2012, 455 Rz. 28; v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NZA 2010, 877; BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte). 10 BAG v. 11.8.2015 – 9 AZR 98/14, NZA-RR 2016, 288 Rz. 22; v. 9.6.2010, NZA 2010, 877; BSG v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, BB 1981, 1581. Das kann etwa wie in BAG v. 11.8.2015 der Fall sein, wenn die vertraglich vereinbarte Tätigkeit sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden kann. 11 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 27.6. 2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463. 12 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515. 13 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 17.10. 2017 – 9 AZR 792/16, juris; v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463; v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/ 12, NZA 2013, 903 Rz. 18; v. 15.2.2012, NZA 2012, 732 Rz. 14 f.; für den Werkvertrag, beispielhaft vgl. BAG v. 25.9.2013 – 10 AZR 282/12, NZA 2013, 1348 Rz. 17; v. 11.11.2008 – 1 ABR 68/07, NZA 2009, 450, 452 Rz. 28; v. 14.3.2007, NZA-RR 2007, 424, 427; v. 20.8.2003 – 5 AZR 610/02, NZA 2004, 39; v. 16.3.1994 – 5 AZR 447/92, NZA 1994, 1132; v. 9.5.1984, DB 1984, 2203; v. 9.9.1981, DB 1981, 2500.

Lingemann | 411

Kap. 9 Rz. 9 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses – Die Bedeutung der freien zeitlichen Disposition als Indiz für Selbständigkeit geht möglicherweise zurück,14 unverändert ist aber ständige Dienstbereitschaft ein starkes Indiz für ein Arbeitsverhältnis.15 – Ist der Beschäftigte in eine Betriebsorganisation, namentlich die Arbeitsabläufe16 des Auftraggebers eingegliedert, also bei seiner Tätigkeit von anderen Mitarbeitern oder vom technischen Apparat des Dienstherrn abhängig, so spricht dies für ein Arbeitsverhältnis.17 Die einseitige Bestimmung von Lage und Umfang der Arbeitszeit, insb. durch Eintragung des Auftragnehmers in Dienstpläne, kann ein Indiz für eine solche Eingliederung sein. Auch können nach Auffassung des BSG gesetzliche Vorgaben eine Eingliederung begründen.18 Die Äußerung bloßer Erwartungen an den Umfang der Tätigkeit ist jedoch mit Weisungen nicht identisch.19 – Ein eingerichteter Arbeitsplatz, der dem Mitarbeiter vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wird, ist ein Indiz für ein Arbeitsverhältnis. Das gilt jedoch nicht, wenn der Auftragnehmer zB. im Geschäftsbereich von Sicherheitsbehörden sicherheitsrelevante Büroarbeiten erledigen muss.20 Umgekehrt spricht es für Selbständigkeit, wenn der Beschäftigte selbst sein Arbeitsgerät/seine Arbeitsmittel bereitzustellen hat.21 – Auch steht der ein freies Dienstverhältnis kennzeichnenden Arbeitszeitsouveränität nicht automatisch entgegen, dass der Auftragnehmer die angenommenen Aufträge während der allgemeinen Bürozeiten erledigt, sofern ein wesentlicher zeitlicher Spielraum verbleibt.22 – Eine die ganze Arbeitskraft des Beschäftigten bindende Tätigkeit soll nach der Rechtsprechung für ein Arbeitsverhältnis sprechen. Darf der Beschäftigte dagegen uneingeschränkt Nebentätigkeiten ausüben und damit über seine sonstigen Ressourcen frei disponieren, so spricht dies für Selbständigkeit,23 ebenso wie eine fehlende Arbeitsverpflichtung.24 – Die Pflicht, die Leistung persönlich zu erbringen, ist nach der Rechtsprechung des BAG ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Nach § 613 Satz 1 BGB hat jedoch auch der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste „im Zweifel“ in Person zu leisten: „Da ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarungen, wonach die Dienstleistungen nicht persönlich zu erbringen sein sollen, in Arbeitsverträgen selten sind, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen haben. Ist der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, so steht ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu, der gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses 14 15 16 17

18 19 20 21 22 23 24

Vgl. BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12, NZA 2013, 903; Reinecke, NZA-RR 2016, 393, 396. BAG v. 15.2.2012 – 10 AZR 301/10, NZA 2012, 731; Reinecke, NZA-RR 2016, 393, 396. BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte). BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12, NZA 2013, 903 Rz. 18 für eine Cutterin; v. 15.2.2012 – 10 AZR 301/10, NZA 2012, 731 zum Lehrer; v. 25.5.2005, BAGE 115, 1, 10; v. 29.5.2002, NZA 2002, 1232 zum VHS-Dozenten; v. 3.10.1975, DB 1976, 392; v. 28.6.1973, DB 1973, 1804; v. 16.3.1972, NJW 1972, 1912; BSG v. 22.11.1973, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte). BSG v. 7.6.2019 – B 12 R 6/18, DStR 2019, 2492 (Honorarpflegekräfte), Anm. Kothe-Heggemann, GmbHR 2019, R 211. BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 27.6. 2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463. BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; zu Lehrkräften BAG v. 21.11.2017 – 9 AZR 117/17, NZA 2018, 448. BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 17.10. 2017 – 9 AZR 792/16, juris; v. 20.1.2010, ArbRAktuell 2010, 173; v. 27.3.1991 – 5 AZR 194/90, NZA 1991, 933; v. 9.5.1984, DB 1984, 2203; v. 3.10.1975, DB 1976, 392. BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; zu Lehrkräften BAG v. 21.11.2017 – 9 AZR 117/17, NZA 2018, 448. BAG v. 12.2.1958, AP Nr. 4 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten. Dazu Boss, NZS 2010, 483. BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, NZA 2012, 1433.

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spricht.“25 Ohne Verpflichtung zur höchstpersönlichen Tätigkeit kommt ein Arbeitsverhältnis daher nur in Betracht, wenn „die persönliche Leistungserbringung die Regel und die Leistungserbringung durch einen Dritten eine seltene Ausnahme darstellt, die das Gesamtbild der Tätigkeit nicht nennenswert verändert.“26 Muss der Beschäftigte die Tätigkeit also nicht selbst ausführen, sondern kann er sich nach seinem Ermessen von anderen Personen vertreten lassen, so ist dies ein Indiz für Selbständigkeit,27 schließt aber ein Arbeitsverhältnis auch nicht von vorneherein aus.28 – Das BSG sieht in der Möglichkeit zur Delegation allerdings nur dann ein entscheidendes Kriterium für die Selbständigkeit, wenn auch realistischerweise von der Delegationsbefugnis Gebrauch gemacht werden kann und sie nach Art und Umfang der Einschaltung Dritter als prägend für die selbständige Tätigkeit angesehen werden kann.29 – Trägt der Beschäftigte kein eigenes Unternehmerrisiko, so spricht dies für eine Arbeitnehmereigenschaft. Auf der anderen Seite begründet ein erhebliches Unternehmerrisiko des Dienstverpflichteten eine Vermutung dafür, dass er selbständig ist; dies gilt jedenfalls, wenn dem Risiko auch unternehmerische Chancen.30 und größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.31 Auch eine fehlende Erwerbsabsicht kann im Rahmen der Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses sprechen.32 – Auch ein eigenes Auftreten am Markt spricht daher gegen ein Arbeitsverhältnis.33 Darauf, ob der Auftragnehmer die infrage stehende Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausübt und ob es sich um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt, soll es nach der Rechtsprechung des BSG allerdings nicht ankommen.34 Entscheidend sei allein die persönliche, nicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit.35 – Die Art der Vergütung als solche soll für die Abgrenzung kaum Bedeutung haben.36 „Die Art der Vergütung spielt schon deshalb keine nennenswerte Rolle, weil sich die persönliche Abhängigkeit 25 So wörtlich BAG v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96, DB 1998, 624; bestätigt durch BAG v. 12.12.2001 – 5 AZR 253/00, NZA 2002, 787; vgl. auch BAG v. 11.8.2015 – 9 AZR 98/14, NZA-RR 2016, 288 Rz. 25. 26 BAG v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96, NZA 1998, 364, 366. 27 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 11.8. 2015 – 9 AZR 98/14, NZA-RR 2016, 288 Rz. 25; v. 20.1.2010 – 5 AZR 99/09, NZA-RR 2011, 112; v. 12.12.2001 – 5 AZR 253/00, NZA 2002, 787; v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96, DB 1998, 624; v. 21.1.1966, AP Nr. 2 zu § 92 HGB; vgl. auch BAG v. 25.5.2005, BAGE, 115, 1, 9; auch kurz in BAG v. 11.8.2015 – 9 AZR 98/14, NZA-RR 2016, 288 Rz. 30. 28 BAG v. 21.3.2002 – 6 AZR 108/01 (A), NZA 2003, 112; v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96, NZA 1998, 364, 366. 29 BSG v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R, juris Rz. 33 f. 30 BSG v. 12.12.1990 – 11 RAr 73/90, NZA 1991, 907. Vgl. hierzu auch BAG v. 25.9.2013 – 10 AZR 282/ 12, NZA 2013, 1348 Rz. 16 aE und BFH, NZA-RR 2015, 592 Rz. 16 ff. 31 BSG v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R, juris Rz. 36 f., wobei angesichts zunehmender Freiheiten bzgl. Arbeitsort und Arbeitszeit (Stichwort: „digitale Arbeitswelt – Arbeiten 4.0“) dies als Indiz für die Annahme der Selbständigkeit möglicherweise nur dann gelten soll, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen. 32 BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, NZA 2012, 1433 zur Frage der Arbeitnehmereigenschaft einer ehrenamtlichen Tätigkeit als Seelsorgerin. 33 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515. 34 BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte). 35 BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte). 36 Deutlich BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463; v. 21.7.2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344 Rz. 29. Vgl. auch BAG v. 15.2.2012 – 10 AZR 301/10, NZA 2012, 731 Rz. 28 mwN; BAG v. 13.11.1991, AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit – unter III 4b der Entscheidungsgründe.

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Kap. 9 Rz. 9 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses des Verpflichteten danach stimmt, inwieweit die Ausführung der versprochenen Leistungen weisungsgebunden und damit fremdbestimmt erfolgt. Entscheidend sind die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Vergütungszahlung“37 Und: „Für die Abgrenzung von Bedeutung sind daher in erster Linie die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, und nicht die Modalitäten der Bezahlung.“38 Eine enge Bindung der Vergütung an den tatsächlichen Erfolg der Tätigkeit kann aber gegen ein Arbeitsverhältnis sprechen.39 Demgegenüber bildet nach Rechtsprechung des BSG eine gewisse Regelmäßigkeit des Zuflusses der Vergütung – insb., wenn monatlich eine feste Vergütung ausgezahlt wird – einen Anhaltspunkt für eine abhängige Beschäftigung.40 – Zur Höhe des Honorars hatte das BSG in der Entscheidung vom 31.3.201741 noch ausgeführt, dass ein Honorar, welches deutlich über dem Arbeitseinkommen eines vergleichbaren sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt und eine Eigenvorsorge ermöglicht, ein gewichtiges Indiz für Selbstständigkeit sei. Das hat der Senat in der Honorarärzte-Entscheidung42 jedoch sehr deutlich eingeschränkt: es sei nicht möglich, sich mit der Vereinbarung eines Zuschlags zu einem üblichen Stundenlohn von der Sozialversicherungspflicht „freizukaufen“. Das widerspreche der Solidarität aller abhängig Beschäftigten. Das Honorar ist damit nur noch eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien, dem aber kein entscheidender Stellenwert mehr zukommt. – Eine Kontrolle der Tätigkeit bzw. ihrer Qualität trifft für sich genommen keine Aussage über das Bestehen eines Arbeits- oder eines Dienstverhältnisses: „Mit einer Kontrolle der Qualität seiner Arbeit muss auch der freie Mitarbeiter rechnen.“43 „Abhängige Arbeit wird nicht dadurch gekennzeichnet, dass der Vertragspartner Korrekturen verlangt.“44 – Kein gewichtiges Kriterium für die Annahme einer Selbständigkeit soll nach Auffassung des BSG vorliegen, wenn der Beschäftigte – zB innerhalb eines Rahmenvertrages45 – jeweils frei entscheiden kann, ob er einen bestimmten Auftrag seines Dienstherrn annimmt.46 Maßgeblich soll vielmehr nur der jeweilige Einzelauftrag sein.47 Die Situation vor Annahme eines Auftrags entspreche letztlich derjenigen eines Arbeitssuchenden, dem es ebenfalls freistehe, ihm angebotene Arbeitsgelegenheiten abzulehnen oder eines Teilzeitbeschäftigten, der auch angebotene Arbeitsmöglichkeiten ablehnen könne. Das überzeugt nicht, der Vergleich passt auch nicht. Denn (auch) der Arbeitssuchende ist gerade kein abhängig Beschäftigter, und der Teilzeitbeschäftigte kann nicht einfach Arbeitsaufgaben ablehnen. In jedem Fall spricht es für ein Arbeitsverhältnis, wenn eine pauschale Verpflichtung besteht, alle vom Auftraggeber zugewiesenen Aufgaben auszuführen.48 Zutreffend führt daher das BAG im Gegensatz zu dieser Rechtsprechung des BSG aus, dass es darauf ankommt, ob der Rahmenvertrag der einen Partei das Recht zubilligt, frei über die An37 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515; v. 15.2. 2012 – 10 AZR 301/10, NZA 2012, 731 Rz. 28 mwN. 38 BAG v. 16.7.1997, DB 1997, 2437. So auch BAG v. 14.3.2007, NZA-RR 2007, 424 Rz. 34. 39 BSG v. 21.4.1993 – 11 RAr 67/92, NJW 1994, 341; v. 25.9.1981 – 12 RK 5/80, BB 1982, 806. 40 BSG v. 19.8.2015 – B 12 KR 9/14, juris Rz. 24. 41 BSG v. 31.3.2017 – B 12 R 7/15 R, NZS 2017, 664, dazu Reiserer, BB 2018, 1588. 42 BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte); dazu Hanau, NZA 2019, 1552. 43 BAG v. 14.3.2007, NZA-RR 2007, 424, 427; v. 19.1.2000 – 5 AZR 644/98, NZA 2000, 1102; v. 13.5.1992, RzK I 4a Nr. 51. 44 BAG v. 20.5.2009, NZA-RR 2010, 172 Rz. 26; LAG Köln v. 9.5.2014, NZA-RR 2014, 577 Rz. 34. 45 Bildet ein Rahmenvertrag die rechtliche Grundlage für eine Tätigkeit, soll für die Frage der Beschäftigteneigenschaft nicht auf den gesamten vom Rahmenvertrag erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen sein, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen, BSG v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R, juris Rz. 19 f. 46 BSG v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R, juris Rz. 28. 47 BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18, NZA 2019, 1583 (Honorarärzte) mwN. 48 BAG v. 16.6.1998, DB 1998, 2276; v. 29.1.1992 – 7 ABR 25/91, NZA 1992, 835; s. aber auch BAG v. 30.11.1994 – 5 AZR 704/93, NZA 1995, 622.

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nahme der künftigen Einzelverträge zu entscheiden, oder ob einer Partei ein Weisungsrecht zustehen soll, in Folge dessen sie die zu erbringende Leistung einseitig und für die andere Partei verbindlich festzulegen berechtigt ist.49 – Auch die Art der Tätigkeit spielt bei der Abgrenzung eine Rolle, § 611a Satz 3 Halbs. 2 BGB. Manche Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbracht werden.50 Bei untergeordneten, einfachen Arbeiten ist eher eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation anzunehmen als bei gehobenen Tätigkeiten.51 Auch gibt es Tätigkeiten, die letztlich nur im Arbeitsverhältnis denkbar sind.52 – Arbeitnehmertypische Rechte und Pflichten wie Anspruch auf Urlaub53 und Entgeltfortzahlung, Pflicht zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen54, sind Indizien für ein Arbeitsverhältnis. Ebenso die Teilnahme an betriebsinternen Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern etc. – Die Berufung auf einen Arbeitnehmerstatus kann gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Das ist zB der Fall, wenn der Kläger trotz erfolgreicher Statusklage auf eigenen Wunsch mit dem Arbeitgeber einen Vertrag abschließt, durch den das Arbeitsverhältnis aufgehoben wird, um wieder als freier Mitarbeiter tätig zu werden, später jedoch erneut die Feststellung verlangt, es habe ungeachtet des Aufhebungsvertrags ein Arbeitsverhältnis bestanden.55 Genauso handelt ein Dienstnehmer missbräuchlich, wenn er sich jahrelang allen Versuchen des Dienstgebers widersetzt hat, zu ihm in ein Arbeitsverhältnis zu treten, sich später aber nachträglich darauf beruft, Arbeitnehmer gewesen zu sein.56 – Ob die Berufung auf Arbeitnehmereigenschaft auch rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Mitarbeiter auf eigenen Wunsch nur freier Mitarbeiter sein wollte, hat das BAG mit Urteil vom 21.1. 199857 offengelassen. Die Entscheidung deutet jedoch darauf hin, dass auch dieser Einwand bei entsprechend substantiiertem Vortrag durchaus von Bedeutung ist. Ein Indiz für freie Mitarbeit liegt sicherlich vor, wenn der Dienstnehmer sich in freier und unbeeinflusster Weise für dieses Rechtsverhältnis entschieden hat und er nicht dazu bereit gewesen wäre, dieselbe Tätigkeit zu den Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses mit der branchen- oder tarifüblichen Vergütung zu verrichten.58 Hingegen begründet es kein Indiz, wenn der Mitarbeiter die nur als freie Mitarbeiter angebotene Tätigkeit so annimmt.59 – Die Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses trägt im Kündigungsschutzprozess der Arbeitnehmer.60 Ansonsten bleibt es beim allgemeinen Grundsatz, dass derjenige die Tatsa49 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411, Anm. Günther, ArbRAktuell 2019, 515. 50 Für die Statusbeurteilung kann dann der Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus Indizwirkung beigemessen werden, s. schon Rz. 8 (BAG v. 11.8.2015 – 9 AZR 98/14, NZARR 2016, 288 Rz. 22; v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NZA 2010, 877). An der Aussage, es gebe auch Tätigkeiten, die regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können (BAG v. 30.11.1994 – 5 AZR 704/93, NZA 1995, 622 (B. II. 1. und 3)) hält das BAG gem. Entscheidung v. 17.4. 2013 – 10 AZR 272/12, NZA 2013, 903 Rz. 19 ausdrücklich nicht mehr fest. Vielmehr ist stets die Arbeitnehmereigenschaft anhand der allgemeinen Kriterien zu überprüfen. 51 BFH v. 24.7.1992 – VI R 126/88, BFHE 169, 154; v. 14.6.1985 – VI R 150/82, VI R 151/82, VI R 152/82, BFHE 144, 225; BAG v. 15.12.1999 – 5 AZR 566/98, NZA 2000, 447; v. 16.7.1997, DB 1997, 2437. 52 BAG v. 15.11.2005 – 9 AZR 626/04, NZA 2007, 1320, zur Leistung von Nachtdiensten im Krankenhaus. 53 LSG Berlin-Brandenburg v. 20.11.2013 – L 9 KR 294/11. 54 LSG Berlin-Brandenburg v. 10.7.2013 – L 9 KR 302/11. 55 BAG v. 4.12.2002, NZA 2003, 341; v. 11.12.1996 – 5 AZR 855/95, NJW 1997, 2617. 56 BAG v. 4.12.2002, NZA 2003, 341; v. 11.12.1996 – 5 AZR 708/95, NJW 1997, 2618. 57 BAG v. 19.11.1997 – 5 AZR 21/97, NZA 1998, 595, 597 unter V. der Entscheidungsgründe; vgl. dazu auch BAG v. 4.12.2002, NZA 2003, 341. 58 Vgl. auch ArbG Passau v. 13.3.1998, BB 1998, 1266. 59 BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12, NZA 2013, 903 Rz. 31 f. 60 BAG v. 20.8.2003 – 5 AZR 610/02, NZA 2004, 39, 40; zur Beweislast in Statusfragen: LAG RheinlandPfalz v. 28.7.2014 – 3 Sa 153/14, AE 2015, 42.

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Kap. 9 Rz. 9 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses chen darlegen und beweisen muss, die für ihn günstig sind; bei Beweisnot kommt aber eine sekundäre Darlegungs- und Beweispflicht des Gegners in Betracht.61 – Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber neben dem Arbeitsverhältnis ein freies Dienstverhältnis begründet. Das arbeitsrechtliche Direktionsrecht darf sich dann aber nicht auf das freie Dienstverhältnis erstrecken.62 b) Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten

10 Grundsätzlich kann ein Selbständiger sich nur auf eigene Initiative und auf eigene Kosten selbst in

der Sozialversicherung versichern, ist dazu aber nicht verpflichtet. Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten bestehen ua. bei der Einrichtung des Gründungszuschusses (Rz. 11 ff.), dem Status als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger (Rz. 14) und dem Anfrageverfahren (Rz. 15 ff.). aa) Gründungszuschuss, § 93 SGB III

11 Einen Gründungszuschuss kann nach §§ 93 f. SGB III erhalten, wer durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit, seine Arbeitslosigkeit beendet.63 Ziel des Gründungszuschusses ist es, die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zu fördern und für den Zeitraum zu unterstützen, in dem noch keine vollen Einnahmen erzielt werden, sowie Schwarzarbeit abzubauen.64 Durch Existenzgründungen sollen möglichst zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und so die Arbeitslosigkeit vermindert werden.

11a Der Gründungszuschuss kann gem. §§ 93 f. SGB III gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer 1. bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für mindestens 150 Tage besitzt, 2. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit seiner Existenzgründung nachweist und 3. seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.65

12 Ob der Gründungszuschuss gewährt wird, liegt im Ermessen der Arbeitsagentur. Dabei soll geprüft

werden, ob die Förderung einer selbständigen Tätigkeit im Vergleich zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung die effektivere und effizientere Variante zur Beendigung der Arbeitslosigkeit ist.66 Die Höhe des möglichen Zuschusses richtet sich gem. § 94 Abs. 1 SGB III nach dem zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld zzgl. Euro 300,– pro Monat. Kann der Existenzgründer seine Geschäftstätigkeit nachweisen, besteht die Möglichkeit, dass er im Anschluss für weitere neun Monate einen Gründungszuschuss iHv. Euro 300,– pro Monat erhält, § 94 Abs. 2 SGB III.

13 Für die arbeitsrechtliche Einordnung des Existenzgründers gelten die allgemeinen Abgrenzungskriterien (s. dazu im Einzelnen Rz. 3 ff.). Der Arbeitgeber hat beim Einsatz eines Existenzgründers iSd.

61 Francken, NZA 2013, 985 mwN; Werths, NJW-Spezial 2014, 498. Wer sich etwa darauf beruft, dass ein Scheinarbeitsverhältnis (vgl. § 117 BGB) vorliegt, muss dies darlegen und beweisen. BAG v. 18.9.2014 – 6 AZR 145/13, BB 2015, 442 Rz. 23 ff. 62 BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463, m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2018, 490. 63 Dazu Gagel/Winkler, § 93 SGB III Rz. 1 ff.; Kossens, AuA 2006, 484; Müller, NZS 2014, 725; Sartorius/ Bubeck, ZAP Fach 18, 969; Schweiger, NZS 2014, 448. §§ 93, 94 SGB III gelten seit dem 1.4.2012, Vorgängerregelung waren §§ 57, 58 SGB III aF. Mit der Neuregelung wurden im Wesentlichen die maßgeblichen Zeit- und Bezugsräume geändert und aus der früheren Anspruchsnorm wurde eine Ermessensnorm gemacht. Den Modifikationen liegen haushaltspolitische Erwägungen zugrunde (BT-Drucks. 17/6277, S. 83). Die vormaligen Regelungen zur sog. Ich-AG (§ 421l Abs. 1 SGB III aF) sind darüber hinaus ersatzlos weggefallen, da die Konzentration auf ein Instrument die Transparenz und Übersicht der Fördermaßnahmen erhöhen soll (Moll/Reiserer, MAH Arbeitsrecht, § 6 Rz. 86). 64 Dazu Schweiger, NZS 2014, 448 f. 65 Zu den Voraussetzungen detailliert Schweiger, NZS 2014, 448, 449 ff. 66 BT-Drucks. 17/6277, S. 86; Gagel/Winkler, § 93 SGB III Rz. 61 ff.; Schweiger, NZS 2014, 448, 453 f.

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§§ 93 f. SGB III folglich sicherzustellen, dass die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen eines freien Mitarbeiterverhältnisses gegeben sind. bb) Arbeitnehmerähnliche Selbständige, § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI Über § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind „arbeitnehmerähnliche Selbständige“, also selbständig tätige Personen, die regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, rentenversicherungspflichtig. Die Beiträge tragen sie selbst. Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1a SGB VI für Existenzgründer und ältere Selbständige möglich. Der Befreiungszeitraum kann gem. § 6 Abs. 1a Satz 2 SGB VI auch für eine zweite Existenzgründung in Anspruch genommen werden, wobei eine bloße Umfirmierung oder unwesentliche Veränderung des Geschäftszweckes keine Existenzgründung im Sinne der Norm ist. Arbeitsrechtlich sind arbeitnehmerähnliche Selbständige als Selbständige zu behandeln.

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cc) Anfrageverfahren, § 7a SGB IV (Statusfeststellungsverfahren) Gem. § 7a SGB IV kann jeder der Beteiligten beantragen,67 den sozialversicherungsrechtlichen Status des Erwerbstätigen feststellen zu lassen,68 ohne dass der Vertragspartner dies verhindern könnte.69 Die Zuständigkeit der Einzugsstelle gem. § 28h Abs. 2 SGB IV ist insoweit eingeschränkt, es entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund.

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Unter den weiteren Voraussetzungen des § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV beginnt die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Deutsche Rentenversicherung Bund über das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Versicherungsverhältnisses, in allen übrigen Fällen mit Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis.

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Zudem wird gem. § 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrages in den Fällen eines Anfrageverfahrens jedoch auf den Zeitpunkt hinausgeschoben, zu dem die Statusentscheidung unanfechtbar wird. Er wird also erst mit den Beiträgen der Entgeltabrechnung des Kalendermonats fällig, der auf den Monat folgt, in dem die Entscheidung unanfechtbar wurde. In diesem Fall ist nach Auffassung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger der Lohnabzug nach § 28g SGB IV für den Arbeitnehmerbeitragsanteil nicht auf die letzten drei Monate begrenzt.70

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c) Folgen eines fälschlich als freie Mitarbeit eingeordneten Anstellungsverhältnisses Im Arbeitsrecht erlangt der Dienstnehmer die Stellung eines Arbeitnehmers mit allen Rechten und Pflichten.71 Damit hat der bisherige „freie Mitarbeiter“ in der Regel allerdings auch nur noch Anspruch auf die arbeitnehmerübliche Vergütung gem. § 612 Abs. 2 BGB und es können Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers entstehen.72 Der Anspruch auf Erstattung überzahlter Honorare umfasst 67 Zur Höhe des Streitwerts in Statusfeststellungsverfahren vgl. LSG Essen v. 6.11.2007, Breith. 2008, 77. Allgemein zum Anfrageverfahren Mette, NZS 2015, 721, 722. 68 Überblick insb. bei Becker/Hennecke, BB 2019, 820. 69 Zum Umfang der Prüfungspflicht im Anfrageverfahren vgl. BSG v. 11.3.2009, NJOZ 2010, 195 sowie Richter, DStR 2009, 1856, 1857. 70 Vgl. Gemeinsames Rundschreiben GKV-Spitzenverband, Berlin, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin, Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg, v. 13.4.2010, S. 13, https://www.deutsche-rentenversicherung.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Fachliteratur_Kommentare_Gesetzestexte/summa_summarum/rundschrei ben/2010/april_rs_selbstaendigkeit_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=2. 71 Zu den Folgen eines fälschlich als freie Mitarbeit eingeordneten Anstellungsverhältnisses Bisson/ Schwab, AuA 2005, 276; Lampe, RdA 2002, 18; Seel, NZS 2011, 532; Tillmanns, RdA 2015, 285. 72 BAG v. 26.6.2019 – 5 AZR 178/18, NZA 2019, 1558; v. 8.11.2006 – 5 AZR 706/05, NZA 2007, 321 Rz. 32 ff.; v. 29.5.2002 – 5 AZR 680/00, DB 2002, 2330; v. 21.11.2001, DB 2002, 537; v. 21.1.1998 – 5

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Kap. 9 Rz. 18 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses die Summendifferenz zwischen sämtlichen Honorarzahlungen und sämtlichen Vergütungsansprüchen (im Arbeitsverhältnis geschuldete Bruttovergütung zzgl. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung)73; in die vorzunehmende Verrechnung ist auch ein etwaiger Abfindungsanspruch einzubeziehen,74 Nachzahlungen von Arbeitsentgelt für die Vergangenheit sind durch die dreijährige Verjährung gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB und ggf. vertragliche und tarifvertragliche Verfallfristen beschränkt. Der Lauf einer tariflichen Verfallfrist beginnt dabei nicht erst mit der rechtskräftigen Feststellung des Arbeitsverhältnisses, vielmehr hat der Streit um den Status des Beschäftigten keine Auswirkungen.75 Der Lauf der Verfallfrist für Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers wegen Überzahlung der Vergütung beginnt dagegen erst mit der Rechtskraft eines solchen Urteils, da eine frühere Geltendmachung dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist.76 Er wäre sonst zu widersprüchlichem Verhalten gezwungen, wenn er einerseits im Statusprozess die Ansicht vertritt, es liege ein freies Mitarbeiterverhältnis vor, andererseits aber gleichzeitig bereits Rückforderungsansprüche aufgrund eines bestehenden Arbeitsverhältnisses geltend machen müsste. Auch steht zu einem früheren Zeitpunkt der Zeitraum für eine Geltendmachung nicht fest, da es in der Hand des klagenden Arbeitnehmers liegt, ab wann er eine Arbeitnehmereigenschaft geltend machen möchte. Es obliegt dem freien Mitarbeiter bzw. Arbeitnehmer, dieses Risiko vor einem solchen Prozess einzuschätzen. Auch eine Einbeziehung in die betriebliche Altersversorgung kommt bei Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft in Betracht.

19 Sozialversicherungsrechtlich sind Sozialversicherungsbeiträge für das laufende Jahr und die voran-

gegangenen vier Jahre, bei Vorsatz 30 Jahre (§ 25 SGB IV), vom Arbeitgeber gem. § 28e SGB IV nachzuzahlen.77 Die Nachzahlung umfasst den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil, Letzteren allerdings nur, soweit der Abzug nicht gem. § 28g SGB IV bei den nächsten drei Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden kann. Nur im Rahmen des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV kann der Abzug wohl weitergehend nach Unanfechtbarkeit der Statusentscheidung noch nachgeholt werden, § 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV (str.). Der bei weitem überwiegende Anteil geht jedoch in allen anderen Fällen zu Lasten des Arbeitgebers. Gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gilt zudem jedenfalls bei vorsätzlicher Nichtabführung der Beiträge ein Nettoentgelt als vereinbart; das führt dazu, dass der Arbeitgeber den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil aus einer idR rd. doppelt so hohen Bemessungsgrundlage abführen muss, so dass die nachzuzahlenden Beiträge fast die Höhe der zugrundeliegenden Vergütung erreichen können.

Ferner kommt eine Strafbarkeit nach § 266a StGB und § 41a EStG iVm. § 370 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO in Betracht, sofern dem Arbeitgeber Vorsatz zur Last fällt. Insoweit ist der BGH von seiner bisherigen, sehr strengen Linie etwas abgerückt und hat die Anforderungen an den Vorsatz bei Beitragshinterziehung und Vorsatzhinterziehung angeglichen. Vorsatz liegt nur vor, wenn der Täter seine Stellung als Arbeitgeber und die daraus resultierende sozialversicherungsrechtliche Abführungspflicht zumindest für möglich gehalten und deren Verletzung billigend in Kauf genommen hat. Irrt der Täter hingegen über seine Arbeitgeberstellung oder die daraus resultierende Pflicht zum Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen, liegt ein Tatbestandsitrtumn vor.78 Auch hinsichtlich der strafrechtlichen Verjährung hat der BGH seine bisheriger strenge Linie verlassen, die Verjährung beginnt nun mit dem Verstreichenlassen des Fälligkeitszeitpunkts der Sozialversicherungsbeiträge.79

73 74 75 76 77 78 79

AZR 50/97, NZA 1998, 594 in Abgrenzung zum Urt. BAG v. 9.7.1986 – 5 AZR 44/85, NZA 1987, 16; Bodem, ArbRAktuell 2012, 213; hierzu allgemein zu beachten ist die Rspr-Änderung des BGH zu § 817 BGB: BGH v. 11.6.2015 – VII ZR 216/14, NZA 2015, 941 Rz. 14 ff.; v. 10.4.2014 – VII ZR 241/13, NJW 2014, 1805; dazu Stamm, NJW 2014, 2145. BAG v. 26.6.2019 – 5 AZR 178/18, NZA 2019, 1558. BAG v. 29.5.2002 – 5 AZR 680/00, DB 2002, 2330. BAG v. 14.3.2001 – 4 AZR 152/00, NZA 2002, 155, 157. BAG v. 14.3.2001 – 4 AZR 152/00, NZA 2002, 155, 159. Die Verjährung tritt bei vorsätzlicher Beitragsvorenthaltung jedoch erst nach 30 Jahren ein. BGH v. 24.1.2018 – 1 StR 331/17, juris, Anm. Reiserer, DStR 2018, 1623; BGH v. 24.9.2019 – 1 StR 346/ 18, NJW 2019, 3532; Bissels/Falter, DB 2019, 2871; Bertheau, NJW 2020, 664. BGH v. 13.11.2019 – 1 StR 58/19, NStZ 2020, 159.

418 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | Rz. 23 Kap. 9

Nach § 8 Abs. 3 SchwarzArbG kommt ein erhebliches Bußgeld aber auch bei nur leichtfertigem Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen in Betracht.80 Steuerlich haftet der Arbeitgeber für die nicht abgeführte Lohnsteuer nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 38 Abs. 3 EStG und kann neben dem Arbeitnehmer nach § 191 Abs. 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Soweit der Arbeitgeber den Arbeitnehmer-Anteil zur Sozialversicherung nachträglich abführen muss, ohne dass er nach § 28g SGB IV Rückgriff beim Arbeitnehmer nehmen kann, stellt die Zahlung durch den Arbeitgeber steuerpflichtigen Arbeitslohn dar,81 so dass auch insoweit Lohnsteuernachzahlungen entstehen können. Vom Mitarbeiter in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kann das Unternehmen nicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abziehen, da ein Arbeitnehmer kein Unternehmer ist, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG. Soweit die Vorsteuer vom Arbeitgeber unzulässig abgezogen wurde, muss er sie zurückzahlen.82 Der Arbeitnehmer schuldet dem Finanzamt nach § 14c Abs. 2 UStG die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer, solange keine Berichtigung erfolgt ist.83 Da der Mitarbeiter gleichfalls nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG vorsteuerabzugsberechtigt war, kann das Finanzamt auch von ihm durch einen korrigierten Umsatzsteuerbescheid die zu Unrecht als Vorsteuer abgezogene Umsatzsteuer nachfordern.

20

Aufgrund der für beide Parteien – besonders aber für den Arbeitgeber – verheerenden Konsequenzen kommt der Abgrenzung zwischen freier Mitarbeit und Anstellungsverhältnis also in der Praxis gravierende Bedeutung zu.84

2. Beratervertrag (M 9.2)/Interimsmanagement (M 9.3) → S. M 9.2; M 9.3. Mit dem freien Mitarbeitervertrag eng verzahnt ist der Beratervertrag. Hier gelten dieselben Abgrenzungskriterien. Die Besonderheit besteht darin, dass der Beratervertrag häufig unbefristet ist und auf Stundenbasis oder Tagessatzbasis vergütet wird. Die dadurch entstehende Indizwirkung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis muss dadurch entkräftet werden, dass der Berater ansonsten bei der Erbringung seiner Tätigkeit weitestgehend frei ist und auch über andere Auftraggeber bzw. eine andere Existenzsicherung verfügt.

21

Als Interimsmanagement wird der zeitlich befristete Einsatz von externen Führungskräften bezeichnet, die das Unternehmen durch ihre Expertise bei spezifischen Projekten unterstützen oder kurzfristige Vakanzen überbrücken sollen.85

22

In der Praxis kommen dabei verschiedene Modelle zum Einsatz:

23

Zunächst kann direkt ein Vertrag zwischen Interimsmanager und Unternehmen geschlossen werden. Nicht selten wird dabei eine Agentur zwischengeschaltet, die mit dem Unternehmen einen Dienstverschaffungsvertrag abschließt und den Interimsmanager in der Folge an das Unternehmen vermittelt (sog. angelsächsisches Modell). 80 Bissels/Falter, DB 2019, 2871; Versin, BB 2020, 181, 184. 81 Vgl. BFH v. 21.2.1992 – VI R 41/88, NJW 1992, 2587; v. 5.4.1974 – VI R 110/71, BStBl. II 1974, 463. S. auch BFH v. 13.9.2007 – VI R 54/03, NZA-RR 2008, 77, 78. 82 Näher zur Durchführung der Berichtigung der nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldeten Umsatzsteuer BMF-Schreiben v. 29.1.2004, BStBl. I 2004, 258 Rz. 82 ff.; Obenhaus, BB 2012, 1130. Die Berichtigung darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Arbeitnehmer als Rechnungsaussteller gutgläubig war; vgl. EuGH v. 19.9.2000 – C-454/98, DStRE 2000, 1166 (Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel); ebenso BFH v. 22.2.2001 – V R 5/99, BStBl. II 2004, 143. 83 Vertieft Obenhaus, BB 2012, 1130. 84 Zum Genossenschaftsmodell als Alternative Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497. 85 Zum Thema: Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Mehnert, AuA 2013, 14 (Sonderausgabe); Velten, ArbRB 2013, 190; Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573.

Lingemann | 419

Kap. 9 Rz. 24 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses

24 Alternativ kann auch die Agentur selbst mit den spezifischen Managementleistungen beauftragt wer-

den, wobei der Interimsmanager als Erfüllungsgehilfe gem. § 278 BGB eingesetzt wird (sog. holländisches Modell). Bei letzterer Konstellation wird kein Vertrag zwischen Unternehmen und Interimsmanager geschlossen.86 Läge hier jedoch tatsächlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, wäre der Anwendungsbereich des AÜG eröffnet, was weitreichende Konsequenzen mit sich brächte.87 Der Einsatz eines Interimsmanagers mag ein selbständiges Beschäftigungsverhältnis zwar indizieren, begründet ein solches jedoch nicht zwangsläufig, selbst wenn höhere Führungsaufgaben übertragen werden.88 Letztlich ist anhand der klassischen Abgrenzungsmerkmale zu klären, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis vorliegt.89 Daher sollte schon bei der Vertragsgestaltung darauf geachtet werden, dass der Interimsmanager selbständig und weisungsfrei agieren kann. Die übertragenen Management-Aufgaben sollten klar definiert sein und – soweit möglich – konkrete Zielvorgaben enthalten. Eine selbständige Beschäftigung liegt nahe, wenn sich sein Aufgabengebiet auf Projektarbeit außerhalb des Tagesgeschäftes beschränkt (zB Restrukturierungsmaßnahmen, Börsengänge, Unternehmenstransaktionen oder spezifische Produkteinführung).90 Eher für eine abhängige Beschäftigung spricht demgegenüber der Einsatz des Interimsmanagers im aktuellen Tagesgeschäft zur Überbrückung von personellen Engpässen.91 Darüber hinaus kommt es für die Abgrenzung auch hier maßgeblich auf die Vertragsdurchführung an.92

3. On Demand Economy (M 9.4) → S. M 9.4

25 On Demand Economy ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Dienstleistung auf Abruf angeboten

wird. Sie wird über eine Plattform vom Vermittler angeboten und durch selbständig Tätige erbracht. Das Angebot erfolgt regelmäßig über Internetportale, Apps oder Mobiltelefone. Der Plattform-Betreiber vermittelt die Dienstleistung – dann kommt der Auftrag unmittelbar zwischen Auftraggeber und Dienstleister zustande (direkte Economy on Demand) – oder er schließt unmittelbar einen Vertrag mit dem Auftragnehmer (indirekte Economy on Demand). Ein Vertrag zwischen Auftraggeber und Dienstleister kommt dann nicht zustande.93

26 Die Leistung wird meist offline erbracht (zB Kurierdienste, Reinigungsdienstleistungen). Der Plattform-Betreiber richtet das Angebot an einen bestimmten Auftragnehmer, der es dann innerhalb bestimmter Zeit – meistens einige Minuten – annehmen kann. Eine Pflicht zur Annahme besteht nicht. Nimmt der Auftragnehmer nicht an oder lehnt er ab, wird das Angebot einem anderen Auftragnehmer übermittelt, der dann wiederum annehmen oder ablehnen kann.

86 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573. 87 Zur Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung s. BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 133/16, juris, Anm. Winzer, ArbRAktuell 2018, 285; Einzelheiten bei Einf Kap. 10. Rz. 2. Handelte es sich um ein Leiharbeitsverhältnis, müsste die Agentur zB eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung innehaben, vgl § 1 Abs. 1 AÜG. Deren Fehlen stellte eine Ordnungswidrigkeit dar, § 16 Abs. 1 Nr. 1 AÜG. Zudem würde aufgrund der fehlenden Erlaubnis ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher (hier das beauftragende Unternehmen) und dem Interimsmanager fingiert, vgl. § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 AÜG, so dass sämtliche arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften Anwendung fänden (vgl. Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482 mwN; Mehnert, AuA 2013, 14, 16 (Sonderausgabe)). Zudem würde die maximale Verleihdauer von 18 Monaten gelten. Dazu und insb. zur Beweislast und zur Situation bei (Schein-)Werkverträgen Schüren, BB 2014, 2613 mwN. 88 Dahl, DB 2005, 1738. 89 Zu den Abgrenzungskriterien s. Rz. 9. Vgl. dazu auch Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482 f.; Mehnert, AuA 2013, 14 (Sonderausgabe); Velten, ArbRB 2013, 190; Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573. 90 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Mehnert, AuA 2013, 14 (Sonderausgabe); Velten, ArbRB 2013, 190. 91 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Mehnert, AuA 2013, 14 (Sonderausgabe); Velten, ArbRB 2013, 190; differenzierend nach Art der Führungsaufgabe Haag/Tiberius, NZA 2005, 190. 92 So auch Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573. 93 Im Einzelnen Lingemann/Chakrabarti in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 40 f.

420 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | Rz. 30 Kap. 9

Vergütet wird nach Auftrag oder nach Zeit, teilweise aber auch nach dem Pay What You WantPrinzip.94

27

Ob der Auftragnehmer selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt ist, richtet sich nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien. Bei Fahrdiensten dürfte eine abhängige Beschäftigung eher fern liegen, da der Auftragnehmer regelmäßig eigene Betriebsmittel (zB Auto, Motorrad, Fahrrad) einsetzt und ein unternehmerisches Risiko trägt.95 Bei Reinigungsdiensten liegt sie etwas näher, da der Einsatz eigener Betriebsmittel eine geringere Investition darstellt und damit auch ein geringeres unternehmerisches Risiko begründet.96

28

4. Crowdworking (M 9.5.1, M 9.5.2) → S. M 9.5.1, M 9.5.2 Auch beim crowdworking wird, wie bei Economy on Demand, der Auftrag elektronisch über einen Plattform-Betreiber an den Auftragnehmer vermittelt (direktes crowdworking) oder erteilt (indirektes crowdworking).97 Anders als bei Economy on Demand wird der Auftrag jedoch nicht nur einem konkreten Auftragnehmer angeboten, sondern einer Vielzahl von (potentiellen) Auftragnehmern (Crowd). Dabei handelt es sich regelmäßig nur um eine bloße invitatio ad offerendum, erst mit Angebot (Click) des Auftragnehmers und Annahme durch die Plattform oder den Auftraggeber kommt der Vertrag zustande.98 Gegenstand sind in der Regel Aufgaben, die der Auftragnehmer mithilfe seines PC erledigen kann. Unterschieden wird zwischen Mikroaufgaben (zB Bilder Katalogen zuordnen, Kontrolle der Warenpräsentation im Einzelhandel und in Tankstellen, Erfassung des Daten in Bildern und Übermittlung an den Auftraggeber99), aber auch Makroaufgaben, die in der Regel anspruchsvoller sind (zB Erstellen eines Marketing-Konzeptes). Vergütet wird zum Teil nach Auftrag, teilweise erhält aber auch nur derjenige ein Honorar, der als erster liefert (Windhundrennen) oder der das beste Ergebnis liefert (Preisausschreiben, § 661 BGB).100

29

Die Rechtsnatur des Vertrages zwischen Plattform bzw. Auftraggeber und dem Crowdworker richtet sich nach dessen Inhalt. In Betracht kommen Dienstvertrag, Werkvertrag oder auch Arbeitsvertrag.101 Ob der Auftragnehmer selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt ist, richtet sich auch hier nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien. Bei Mikroaufgaben kommt eine abhängige Beschäftigung eher in Betracht als bei Makroaufgaben.102 Ist beim indirekten Crowdworking der Auftragnehmer in die Betriebsorganisation des Auftraggebers eingegliedert, besteht auch das Risiko einer verdeckten unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung.103 Diskutiert wird auch eine Einstufung als arbeitnehmerähnliche Person, wenn der Crowdworker – was eher die Ausnahme ist – von einem Anbieter wirtschaftlich abhängig ist,104 oder die Einstufung als Heimarbeiter, die jedoch nur bei Ar-

30

94 Lingemann/Chakrabarti in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 41. 95 Vgl. LAG Berlin-Brandenburg v. 17.9.2020 – 6 Sa 411/20, juris, für on demand Kurierfahrer (s. auch M 9.4). Für abhängige Beschäftigung eines Paketboten LSG NRW v. 7.12.2016 – L 8 R 862/15, juris. 96 Im Einzelnen Lingemann/Otte, NZA 2015, 1042; Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 45. 97 Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 48 ff. 98 Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 51. 99 So der Sachverhalt bei LAG München v. 4.12.2019 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316, dazu näher unten M 9.5.1 und M 9.5.2. 100 Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 50. 101 Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 51. 102 Lingemann/Otte, NZA 2015, 1042; Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 54. 103 Einzelheiten bei Lingemann/Otte, NZA 2015, 1042; Lingemann/Chakrabarti, in Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, S. 55. 104 Vgl. zB. Lipinski/Domni, Anm. zu LAG München v. 4.12.2019, NZA 2020, 316; Frank/Heine, NZA 2020, 292.

Lingemann | 421

Kap. 9 Rz. 30 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses beit ausschließlich am PC in selbstgewählter Arbeitsstätte in Betracht kommt (dazu sogleich Rz. 39 ff.).105

31–38 Einstweilen frei.

5. In Heimarbeit Beschäftigte (M 9.7) → S. M 9.7.

39 An der Grenze zwischen freier Mitarbeit und Anstellungsverhältnis liegen die Vertragsverhältnisse der

in Heimarbeit Beschäftigten. Dies sind gem. § 1 Abs. 1 HAG Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende sowie gem. § 1 Abs. 2 HAG diesen Gleichgestellte. Sie sind arbeitnehmerähnliche Personen, ihnen soll aber wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit ein besonderer Schutz zugutekommen.106

40 a) Die Unterscheidung ist sozialversicherungsrechtlich von erheblicher Bedeutung. Heimarbeiter

gelten gem. § 12 Abs. 2 SGB IV als Beschäftigte und sind umfassend sozialversicherungspflichtig. Für diesen Gleichgestellte gem. § 12 Abs. 5 Satz 1 SGB IV iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 lit. a, c und d HAG gilt dasselbe mit Ausnahme der Arbeitslosenbeiträge, § 12 Abs. 5 Satz 2 SGB IV. Hausgewerbetreibende sind demgegenüber nur versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Nr. 6 SGB VI und unterfallen der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 SGB VII. Dabei ist die Abgrenzung im Sozialversicherungsrecht einerseits, § 12 SGB IV, und im Arbeitsrecht andererseits, §§ 1, 2 HAG, nicht völlig deckungsgleich. Insb. sind die in Betracht kommenden Auftraggeber nach § 12 Abs. 1 und 2 SGB IV eingeschränkt, was zum Teil über die Gleichstellung mit dem HAG nach § 12 Abs. 5 SGB IV wieder ausgeglichen wird.

41 b) Heimarbeiter ist, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt, § 2 Abs. 1 Satz 1 HAG. Heimarbeit ist nicht auf einfache „gewerbliche“ Tätigkeiten beschränkt. „Erwerbsmäßig“ iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 HAG ist vielmehr auch eine reine Bürotätigkeit („Büroheimarbeit“) oder eine Tätigkeit als Programmierer.107 Daher ist auch eine Einstufung von Crowdworkern als Heimarbeiter denkbar.108 Heimarbeiter ist nicht, wer außer Familienangehörigen auch fremde Hilfskräfte einsetzt.109 Dasselbe gilt, wenn der Heimarbeiter mit seinen Familienangehörigen echte Arbeitsverträge schließt.110 Beschafft der Heimarbeiter die Roh- und Hilfsstoffe selbst, so wird hierdurch seine Eigenschaft als Heimarbeiter nicht beeinträchtigt, § 2 Abs. 1 Satz 2 HAG.

42 c) Hausgewerbetreibender iSv. § 2 Abs. 2 Satz 1 HAG ist, wer in eigener Arbeitsstätte (eigener

Wohnung oder Betriebsstätte) mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt. Im Gegensatz zu Heimarbeitern sind Hausgewerbetreibende grundsätzlich selbständig.111 Sie arbeiten daher auch mit fremden Hilfskräften. Anders als bei Heimarbeitern scheidet Bürotätigkeit aus; kennzeichnend für den 105 Dazu im Einzelnen Martina, NZA 2020, 988; ferner Frank/Heine, NZA 2020, 292. 106 Küttner/Röller, Personalbuch, Stichwort „Heimarbeit“, Nr. 218, Rz. 7; Richardi, NZA 2010, 1101. Zur Abgrenzung: BAG v. 3.4.1990 – 3 AZR 258/88, NZA 1991, 267. 107 BAG v. 14.6.2016 – 9 AZR 305/15, NZA 2016, 1453 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 607. 108 Dazu im Einzelnen Martina, NZA 2020, 988, ferner Frank, NZA 2020, 292. 109 Kasseler Kommentar/Seewald, § 12 SGB IV Rz. 17. 110 Otten, Heim- und Telearbeit, § 2 HAG Rz. 18. 111 Kasseler Kommentar/Seewald, § 12 SGB IV Rz. 6, mit dem Argument, dass diese Personen hinsichtlich der Produktionsabläufe nicht an Weisungen gebunden seien und nicht in einem fremden Betrieb arbeiteten.

422 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | Rz. 45 Kap. 9

Hausgewerbetreibenden ist vielmehr, dass er „gewerblich“, vgl. § 12 Abs. 1 SGB IV, bzw. „am Stück“, § 2 Abs. 2 Satz 1 HAG, arbeitet.112 Liegen bei selbständiger Tätigkeit diese Voraussetzungen nicht vor, so handelt es sich nicht um Hausgewerbetreibende, sondern um sonstige Selbständige. d) Heimarbeitern und Hausgewerbetreibenden können unter bestimmten Voraussetzungen Personen in vergleichbaren Arbeitsverhältnissen gleichgestellt werden, wenn dies wegen ihrer Schutzbedürftigkeit gerechtfertigt erscheint, vgl. die Aufzählung in § 1 Abs. 2 HAG.

43

e) Für Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende und – je nach Umfang ihrer Gleichstellung – Gleichgestellte kommen die folgenden arbeitsrechtlichen Vorschriften in Betracht:113

44

– § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG – Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes, – § 10 EFZG – Entgeltzuschlag bei Krankheit, – § 11 EFZG – Feiertagsentgeltzahlung, – § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 MuSchG iVm. § 2 Abs. 3 Satz 2 §§ 8, 9 Abs. 1 bis 5 entsprechend, § 13 Abs. 2, § 17 Abs. 3, § 23 Abs. 2 und § 26 Abs. 2 MuSchG – Mutterschutz, – § 210 SGB IX – Geltung des SGB IX, – § 12 BUrlG – Anspruch auf Urlaubsentgelt und Urlaubsabgeltung114, – nur für Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende: § 1 Abs. 2 Satz 2 5. VermBG – Gleichstellung bei der Vermögensbildung. – Eingeschränkt: § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BEEG – Anspruch auf Elterngeld, sofern keine volle Erwerbstätigkeit vorliegt, – § 20 Abs. 2 Satz 1 BEEG – Anspruch auf Elternzeit, soweit sie am Stück mitarbeiten, – § 7 Abs. 1 Nr. 3 PflegeZG – Anspruch auf Pflegezeit, – nur für Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende: § 7 ArbPlSchG – Arbeitsplatzschutz bei der Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst, – § 27 HAG iVm. §§ 850 ff. ZPO – Pfändungsfreigrenzen. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gilt das BetrVG auch für in Heimarbeit Beschäftigte und Hausgewerbetreibende, soweit sie die Tätigkeit in der Hauptsache für den Betrieb nur eines Auftraggebers verrichten. Sie sind dann nicht nur aktiv und passiv wahlberechtigt, sondern auch von Sozialplänen erfasst; bei Kündigungen ist der Betriebsrat einzuschalten.115 Die maßgebliche Kündigungsfrist richtet sich nach §§ 29 f. HAG. § 613a BGB gilt für Heimarbeiter nicht.116 f) Zum Schutze der Heimarbeiter treffen den Auftraggeber besondere Pflichten zur Dokumentation und Offenlegung gem. §§ 6 ff. HAG, zum Arbeitszeitschutz gem. §§ 10, 11 HAG und zum Gefahrenschutz gem. §§ 12–16a HAG. Besonderheiten bestehen insbesondere bei dem Entgeltschutz. Über die normalen Anspruchsgrundlagen hinaus können insbesondere bindende Festsetzungen des Heimarbeitsausschusses mit Wirkung eines allgemein verbindlichen Tarifvertrages Entgelte für in 112 Kasseler Kommentar/Seewald, § 12 SGB IV Rz. 10. 113 Zur Ausdehnung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften auf sonstige arbeitnehmerähnliche Personen vgl. Willemsen/Müntefering, NZA 2008, 193, 200. 114 Zur Berechnung BAG v. 20.8.2019 – 9 AZR 41/19, NZA 2020, 232, Anm. Böglmüller, ArbRAktuell 2020, 95. 115 Vgl. zum besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Betriebsverfassung auch § 29a HAG sowie Pulte, NZA-RR 2008, 113, 124. 116 BAG v. 24.3.1998 – 9 AZR 218/97, BB 1998, 1691.

Lingemann | 423

45

Kap. 9 Rz. 45 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses Heimarbeit Beschäftigte bestimmen, § 19 HAG. Daneben können auch Tarifverträge nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 HAG die Vertragsbedingungen bestimmen, obwohl Heimarbeiter keine Arbeitnehmer sind. Typischerweise werden Heimarbeiter auf Basis von Stückentgelten vergütet und nur, wenn dies nicht möglich ist, in Form von entsprechenden Zeitentgelten, § 20 HAG. Die Entgelte und sonstigen Vertragsbedingungen werden durch Entgeltprüfer geprüft, § 23 HAG.

46 Auch wenn arbeitsrechtlich daher Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende weitgehend gleich behandelt werden, kommt der Unterscheidung sozialversicherungsrechtlich zentrale Bedeutung zu.

II. Muster M 9.1.1

Freier Mitarbeiter-Vertrag

Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Firma) und […] (im Folgenden: Freier Mitarbeiter) (die Verwendung des Begriffs „Freier Mitarbeiter“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Gegenstand der Vereinbarung1 (1) Die Firma erteilt dem freien Mitarbeiter folgenden Auftrag: […] oder (1) Die Firma beauftragt den freien Mitarbeiter mit folgender Werkleistung: […] oder (1) Die Firma beauftragt den freien Mitarbeiter mit folgender Dienstleistung: […] (2) Ein Arbeitsverhältnis wird nicht begründet. (3) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für die Gewerbeanmeldung wird der freie Mitarbeiter selbst Sorge tragen. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt. (4) Der freie Mitarbeiter ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein.

§ 2 Leistungsumfang (1) Die Leistungen des freien Mitarbeiters umfassen im Einzelnen: […] (2) Er wird das Auftragsergebnis am […] bei der Firma in Schriftform und auf Datenträger […] abgeben. (3) Sofern der freie Mitarbeiter an der Auftragserfüllung gehindert sein sollte, verpflichtet er sich, die Firma unverzüglich schriftlich vorher darüber zu informieren. (4) Der freie Mitarbeiter ist in der Wahl von Ort, Zeit und Art der Durchführung seiner Tätigkeit frei. 1 Die genaue Bezeichnung des Gegenstandes ist für die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses wichtig. Wird der Gegenstand nicht präzise bezeichnet, so können insoweit Weisungsrechte entstehen, die für ein Arbeitsverhältnis sprechen würden. Genauso wichtig ist es, dass in der Praxis der Gegenstand des Vertrages nicht durch Weisung des Auftraggebers ausgedehnt wird, denn auch dies wäre ein Indiz gegen ein freies Vertragsverhältnis. Im freien Vertragsverhältnis kommt eine Ausdehnung des Gegenstandes nur einvernehmlich und damit durch ergänzende Vereinbarung in Betracht. Vgl. Freckmann, DB 2013, 459, 463.

424 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.1 Kap. 9 evtl. Die Parteien gehen davon aus, dass der Umfang der Tätigkeit bis zum Abgabezeitpunkt insgesamt […] Stunden2 nicht überschreitet.

§ 3 Einsatz Dritter Der freie Mitarbeiter kann sich [evtl.: nach Maßgabe von § 9 und § 10 dieses Vertrages]3 bei der Erfüllung der Aufgabe auch anderer Personen bedienen. Er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistung gegenüber der Firma verantwortlich.

§ 4 Vergütung und Rechnungsstellung (1) Der freie Mitarbeiter erhält eine Pauschalvergütung von Euro […]. Er wird nach ordnungsgemäßer Abnahme seiner vertraglichen Leistung darüber Rechnung stellen.4 (2) Dem freien Mitarbeiter stehen keine Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche zu.5 oder (1) Der freie Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Honorar von Euro […] pro […].6 Das Honorar wird der freie Mitarbeiter jeweils bis zum […] eines Monats für den vorangegangenen Monat in Rechnung stellen. Die Zahlung der Vergütung erfolgt zehn Tage nach Rechnungseingang. (2) Soweit der freie Mitarbeiter mehrwertsteuerpflichtig ist, ist die Vergütung jeweils zzgl. Mehrwertsteuer zu zahlen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen. (3) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des freien Mitarbeiters abgegolten. oder (3) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des freien Mitarbeiters abgegolten. Dies gilt nicht für Reisekosten und Reisespesen, die durch die Erfüllung der Aufgaben veranlasst sind. Für Reisen mit dem eigenen Pkw zahlt die Firma insoweit pauschal Euro […] pro gefahrenem Kilometer, für Bahnreisen werden die nachgewiesenen Kosten zweiter Klasse erstattet.

§ 5 Geheimhaltung7 (1) Der freie Mitarbeiter wird sich vertrauliche Informationen einschließlich Geschäftsgeheimnissen8 der Firma nicht aneignen außer zu vertraglichen Zwecken. Er wird sie ferner dritten Personen, einschließlich Arbeitnehmern und Auftragnehmern der Firma, nicht ohne vorherige Zustimmung der Firma offenlegen und wird sie ausschließlich für Zwecke des Vertragsverhältnisses nutzen. Ferner wird er Geheimhaltungs2 Die Stundenanzahl sollte in Abgrenzung zur typischen Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis unter 40 Stunden pro Woche liegen oder über 40 Stunden pro Woche dergestalt, dass der freie Mitarbeiter eigene Mitarbeiter einsetzen muss. Jedenfalls wenn nicht nach Stunden vergütet wird, ist eine Angabe hier entbehrlich. 3 Der Vorbehalt ist vorgesehen für den Fall, dass die Mindestlohnklauseln aufgenommen werden sollen, die in §§ 9 und 10 vorgesehen und in den dortigen Fußnoten eingehend erläutert sind. 4 Die Vereinbarung einer Pauschalvergütung ist rein erfolgsabhängig und daher eher ein Indiz für ein freies Vertragsverhältnis. 5 Arbeitnehmerähnliche Personen, insb. solche, die gleichgestellt sind, vgl. zB Rz. 43, können einen Anspruch auf Urlaub gem. § 2 Satz 2 BurlG haben. Dieser ist dann zwingend und kann vertraglich nicht abbedungen werden. 6 Die Vereinbarung eines Stundenhonorars legt eher ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nahe und sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Eine alternative Gestaltung bietet sich etwa durch Vereinbarung einer Vergütung pro Stück/pro Projekt/pro Projektmeilenstein an. 7 Zu Geheimhaltungsklauseln nach Inkrafttreten des GeschGehG s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b sowie zu einer ausführlicheren Klausel, Einzelheiten und Alternativen M 3.1, § 5. 8 Mit Inkrafttreten des GeschGehG am 26.4.2019 findet sich die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG.

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Kap. 9 M 9.1.1 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses maßnahmen entsprechend den Vorgaben der Firma ergreifen.9 (Pflichten nach diesem Absatz 1 insgesamt „Geheimhaltungspflicht“) (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Vertrages. Soweit der freie Mitarbeiter durch die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beeinträchtigt wird, kann er von der Firma die Befreiung von dieser Pflicht verlangen. (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen insbesondere: Geschäftsstrategien wirtschaftliche Planungen, Preiskalkulationen und –gestaltungen, Wettbewerbsmarktanalysen, Umsatz- und Absatzzahlen, Personaldaten, Personalrestrukturierungskonzepte, Produktspezifikationen, Erfindungen, technische Verfahren und Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind und einen wirtschaftlichen Wert für die Firma darstellen, Kundendaten, Lieferantendaten, Passwörter, Zugangskennungen, […]. (4) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht in den in den Fällen des § 5 GeschGehG. (5) Sofern sich der freie Mitarbeiter eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine entsprechende Geheimhaltungserklärung zugunsten der Firma gemäß Abs. 1–4 (dazu Anlage […]) abzugeben. Der freie Mitarbeiter ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich der Firma zuzuleiten.

§ 6 Herausgabe von Unterlagen Alle Unterlagen, gleich auf welchem Datenträger, die dem freien Mitarbeiter im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit übergeben wurden, wird er nach Beendigung des Vertrages unverzüglich zurückgeben. Ein Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu, es sei denn, sein Gegenanspruch ist unstreitig oder rechtskräftig festgestellt.10

§ 7 Wettbewerbsverbot11 (1) Für die Dauer der Laufzeit dieses Vertrages ist es dem freien Mitarbeiter untersagt, ohne Genehmigung der Firma für ein mit der Firma im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig zu werden, ein solches zu gründen oder sich an einem solchen zu beteiligen. (2) Folgende Tätigkeiten des freien Mitarbeiters sind genehmigt: […] evtl.12 (3) Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung verpflichtet sich der Auftragnehmer, an den Auftraggeber eine Vertragsstrafe in Höhe von Euro […]13 zu bezahlen. Besteht die Verletzungshandlung in der Eingehung eines Dauerschuldverhältnisses (zB Arbeits-, Dienst-, Handelsvertreter- oder Beraterverhältnis),14 wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat, in dem 9 Damit wird klargestellt, dass insb. die Geheimhaltungsmaßnahmen nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG (die der Arbeitgeber festlegen muss), tatsächlich umgesetzt werden. 10 Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts in Formularverträgen ist grds. wegen § 309 Nr. 2b BGB unwirksam; zum Arbeitsverhältnis vgl. Kap. 2 Rz. 72. Im unternehmerischen Verkehr ist ein formularmäßiger Ausschluss aber wohl wirksam, vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit der Gegenanspruch nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. (PWW/Berger, § 309 BGB Rz. 16). 11 Vor Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes sollte genau geprüft werden, ob ein solches erforderlich ist, da es die unternehmerische Tätigkeit des freien Mitarbeiters einschränkt und insoweit ein – wenn auch eher schwaches – Indiz für eine abhängige Beschäftigung sein kann. 12 Zur Vertragsstrafe vgl. auch M 25.1.1 m. Anm. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff. 13 Bei der Bemessung der Höhe der Vertragsstrafe ist darauf zu achten, dass die Strafe in einem sachgerechten Verhältnis zur Bedeutung des Vertragsverstoßes für den Verwender steht (vgl. allgemein BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 26/15, BB 2016, 523 Rz. 34 ff.; v. 13.11.2013, NJW 2014, 2180 Rz. 17 ff.). Ist die Vertragsstrafe im Formularvertrag zu hoch bemessen, kann sie wegen des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion, § 306 Abs. 2 BGB, nicht über § 343 BGB auf ein angemessenes Maß reduziert werden, sondern ist unwirksam. 14 Die Formulierung dient der vom BAG (v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, NZA 2008, 170) verlangten Abgrenzung zwischen einmaliger und Dauerverletzung (dazu Diller, NZA 2008, 574).

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Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.1 Kap. 9 das Dauerschuldverhältnis besteht, neu verwirkt (Dauerverletzung). Mehrere Verletzungshandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, ggf. auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne Verletzungshandlungen im Rahmen einer Dauerverletzung, sind sie von der für die Dauerverletzung verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst. Die Vertragsstrafen sind auf insgesamt Euro […] begrenzt.15 Die Geltendmachung von Schäden, die über die verwirkte Vertragsstrafe hinausgehen, bleibt vorbehalten, desgleichen die Geltendmachung aller sonstigen gesetzlichen Ansprüche und Rechtsfolgen aus einer Verletzung.

§ 8 Datengeheimnis (1) Es ist dem freien Mitarbeiter untersagt, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu erheben, verarbeiten, bekannt zu geben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen. Die Verpflichtung des freien Mitarbeiters auf das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort. Verstöße können nach Art. 83 DS-GVO oder §§ 42, 43 BDSG oder anderen einschlägigen Rechtsvorschriften mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. (2) Sofern sich der freie Mitarbeiter eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine Erklärung gemäß Abs. 1 (dazu Anlage […]) abzugeben. Der freie Mitarbeiter ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich der Firma zuzuleiten. (3) Die Firma hat den freien Mitarbeiter über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und seine diesbezüglichen Rechte informiert durch […]. Eine aktuelle Fassung der Information kann unter […] eingesehen werden.16 Evtl. §§ 9, 10:17 15 Das OLG Köln (v. 15.6.2010 – 19 U 53/10) hat eine Klausel zu einer Vertragsstrafe für nichtig erklärt, welche eine Vertragsstrafe iHv. Euro 10.000,– für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zum Inhalt hatte. Das LG Erfurt (v. 1.6.2011 – 10 O 1247/10) hat klargestellt, dass eine Klausel über eine Vertragsstrafe in einer bestimmten Höhe für jede Begehungsform und jede denkbare Art eines Wettbewerbsverstoßes unangemessen und damit unwirksam sei. Regelungen über Vertragsstrafen müssten eine Obergrenze für den Fall mehrerer Verstöße vorsehen. Vorsorglich enthält daher auch das Muster eine Gesamtobergrenze. Vgl. M 25.1.1 m. Anm. sowie Diller, NZA 2008, 574. Allgemein zur Vertragsstrafe Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff. (etwas differenzierter BGH v. 30.1.2016 – VIII ZR 26/15, BB 2016, 523 Rz. 34: „Ist ein bestimmter Betrag als pauschale Sanktion vorgesehen, ohne dass nach Art, Gewicht und Dauer der Vertragsverstöße differenziert wird, kann die Unangemessenheit schon daraus folgen; eine solche Sanktion wäre nur dann zulässig, wenn dieser Betrag auch angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes noch angemessen wäre.“). 16 Diese Klausel ist nicht zwingend, kann aber als Erinnerungsposten dafür dienen, den freien Mitarbeiter entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 13, 14 Verordnung (EU) Nr. 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung)) zu informieren. Außerdem ist der freie Mitarbeiter (wie bislang gem. § 5 BDSG aF.) außerhalb des Vertrages über seine Pflichten beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu belehren und auf das sogenannte „Datengeheimnis“ zu verpflichten. 17 § 13 MiLoG iVm. § 14 AEntG ordnet eine Haftung des Auftraggebers einer Werk-/Dienstleistung gleich einem selbstschuldnerischen Bürgen für den Fall an, dass ein Sub- oder Nachunternehmer oder ein von diesem beauftragtes Leiharbeitsunternehmen seinen Arbeitnehmern den Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG nicht bezahlt. Es ist nicht völlig geklärt, wie weit die Haftung in § 13 MiLoG reichen soll. Bei unbefangenem Lesen könnte die Norm für jeglichen „Auftraggeber“ (vgl. Überschrift) – also auch für dieses Vertragsmuster – einschlägig sein. Andererseits verweist sie auf § 14 AEntG, der nur den „Generalunternehmer“ erfasst, der also zur Erfüllung eigener vertraglicher Verpflichtungen Subunternehmer einsetzt. Für einen Erstauftraggeber hingegen, der am Markt bloß eine Leistung einkauft, zu der er nicht selbst verpflichtet ist, greift die Haftung daher nicht (BAG v. 1.10.2019 – 5 AZR 241/18, NZA 2020, 112). In der Entscheidung vom 1.10. 2019 hat das BAG sehr deutlich in einem obiter dictum ausgeführt, dass dieselbe Auslegung ausweislich der Gesetzesmaterialien auch für § 13 MiLoG gilt (Rz. 25 des Urteils mwN). Demnach ist die umfangreiche Regelung zur Nachunternehmerhaftung nur erforderlich, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer nur

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Kap. 9 M 9.1.1 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 9 Einsatz eigener Arbeitnehmer und Mindestlohn (1) Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, seinen Arbeitnehmern mindestens die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhne zu zahlen.18 (2) Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, der Firma jeweils zum Quartalsende [oder: jeweils zum Monatsende] oder auf deren Verlangen jederzeit Bestätigungen seines Steuerberaters bzw. Wirtschaftsprüfers über die Zahlungen des Mindestlohns an die Arbeitnehmer vorzulegen, die er im Rahmen des Vertrags/der Verträge mit der Firma einsetzt.19 Auf Verlangen der Firma erstreckt sich die Vorlagepflicht des freien Mitarbeiters auf Lohnabrechnungen für die vorgenannten Arbeitnehmer und/oder auf Dokumente nach § 17 MiLoG. Auf Verlangen der Firma erstreckt sich die Vorlagepflicht des freien Mitarbeiters auf Auskünfte auf dem Gewerbezentralregister. (3) Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, die Firma im Falle eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des MiLoG von allen mit einem solchen Verstoß verbundenen Verpflichtungen umfassend freizustellen20 und der Firma darüber hinaus einen etwaigen aus einem schuldhaften Verstoß resultierenden Schaden zu ersetzen. evtl. Dies gilt auch für etwaige erforderliche Kosten, die der Firma wegen der Geltendmachung von Ansprüchen seitens der Arbeitnehmer oder Dritter (zB Sozialversicherungsträger) entstehen. Hierunter fallen auch Rechtsanwaltskosten [gem. RVG] für eine etwaig erforderliche außergerichtliche und gerichtliche Rechtsverteidigung bei Inanspruchnahme.21 (4) Verstößt der freie Mitarbeiter schuldhaft gegen die Bestimmungen des MiLoG, hat er der Firma für jeden Fall der Zuwiderhandlung, sowie zudem bei andauernder Zuwiderhandlung je angefangenem Kalendermonat, eine Vertragsstrafe in Höhe der […] [z.B. pauschal vereinbarten monatlichen Vergütung] zu zahlen.22 Mehrere/verschiedene Zuwiderhandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, gegebenenfalls auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne, gleichartige Zuwiderhandlungen im Rahmen einer andauernden Zuwiderhandlung, sind sie von der für die andauernde Zuwiderhandlung verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst. Bei der Verwirkung mehrerer Vertragsstrafen ist der Gesamtbetrag der zu zahlenden Vertragsstrafe auf das […] [z.B. sechsfache der pauschal vereinbarten monatlichen Vergütung] begrenzt. Die Geltendmachung weiterer Rechte oder Ansprüche bleibt der Firma unbenommen. Die Vertragsstrafe wird auf etwaige Ansprüche angerechnet.

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einsetzt, um einen dem Auftraggeber selbst erteilen Auftrag zu erfüllen. Zu beachten sind außerdem Sonderregelungen der Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben für bestimmte Branchen nach § 28e Abs. 3a – g SGB IV, die 2019 auf die KEP-Brache ausgeweitet wurden (Gesetz zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten (Paketboten-Schutz-Gesetz), BGBl. I 2019, 1602). Dazu Versin, DB 2020, 181. Die Haftung ist prinzipiell nicht abdingbar, so dass sich der Auftraggeber gegenüber den Arbeitnehmern des Subunternehmers der Haftung nicht entziehen kann (Riechert/Nimmerjahn, § 13 MiLoG, Rz. 69). Eine Risikoverteilung ließe sich damit nur im Verhältnis zum Auftragnehmer, dh. hier zum freien Mitarbeiter, erreichen (vgl. auch Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 396). Aufgrund der offenen gesetzlichen Formulierung bleibt daher auch für den Erstauftraggeber ein Risiko, weswegen hier eine vertragliche Regelung aufgenommen ist. Diese Klausel kann die Durchsetzung sekundärer Sanktionen wie Schadenersatz oder eine außerordentliche Kündigung erleichtern, weil die Pflichtverletzung ausdrücklich vertraglich geregelt ist. Zudem zeigt der Auftraggeber (hier: die Firma), dass er sich gesetzeskonform verhalten will (vgl. § 21 Abs. 2 MiLoG, das könnte im Rahmen dieses Tatbestandes gegen Vorsatz/Fahrlässigkeit des Auftraggebers sprechen, vgl. Merkel/Götz, DB 2015, 1407, 1410). Aufgrund datenschutzrechtlicher Regelungen muss die Verpflichtung des freien Mitarbeiters im Zweifel anonymisiert erfolgen. Dennoch bietet eine derartige Auskunft weitgehende Klarheit über mögliche Verstöße, so dass die Möglichkeit besteht, rechtzeitig zu reagieren (zB durch Kündigung). Vgl. hierzu BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 617/01, NZA 2005, 627, 633 unter (2). Vgl. BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 617/01, NZA 2005, 627, 633 unter (2); s. auch Formulierungsvorschlag bei Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 396 f. Klauselvorschlag von Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 396. Bei unangemessen hohen Vertragsstrafen in AGB besteht das Risiko der Unwirksamkeit nach § 307 BGB; vorliegend wurde deshalb „nur“ eine Monatsvergütung angesetzt.

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Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.1 Kap. 9 (5) Verstößt der freie Mitarbeiter wiederholt gegen seine Pflicht, seinen Arbeitnehmern mindestens die gesetzlich geschuldeten Mindestlöhne zu zahlen, ist die Firma zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt. (6) Zur Sicherung von Ansprüchen wegen etwaiger Verstöße gegen das MiLoG durch den freien Mitarbeiter23 behält die Firma pro Monat […] % der gemäß […]/§ 4 dieses Vertrages pauschal vereinbarten monatlichen Vergütung/[…]24 ein. Der Einbehalt wird aufgrund der jeweils zum Jahresende beginnenden dreijährigen Verjährungsfrist von Lohnansprüchen für die Dauer von vier Jahren vereinbart. Die Firma gibt die Sicherheit vorzeitig frei, wenn der freie Mitarbeiter die Beachtung des MiLoG durch ihn gem. Abs. 2 nachweist. Die Sicherheit ist spätestens sechs/[…] Monate nach vollständiger Abwicklung des Vertrages freizugeben, sofern bis zu diesem Zeitpunkt keine Ansprüche gegenüber der Firma im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung geltend gemacht worden sind. Der Firma bleibt vorbehalten, die Freigabe der Sicherheit auch über diesen Zeitraum hinaus zu verweigern, wenn sie spätestens bis zum Ablauf der Freigabefrist berechtigte Anhaltspunkte darlegt, die einen Verstoß des freien Mitarbeiters gegen die Verpflichtungen zur Zahlung des Mindestlohnes und die Gefahr späterer Inanspruchnahme begründen. §§ 194 ff. BGB bleiben unberührt.25 (7) Der freie Mitarbeiter übergibt der Firma spätestens bei Vertragsbeginn eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft26 eines in der Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes oder Kreditversicherers zur Sicherung von Ansprüchen der Firma gegen den freien Mitarbeiter wegen eines Verstoßes gegen das MiLoG. Die Bürgschaft beläuft sich auf […] % der gemäß […]/§ 4 dieses Vertrages während der Laufzeit des Vertrags vorgesehenen gesamten Nettoauftragssumme. Kommt der freie Mitarbeiter seiner Übergabeverpflichtung nicht nach, ist die Firma berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von […] Wochen zu kündigen. (8) Sollte die Firma von einem Arbeitnehmer des freien Mitarbeiters auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns in Anspruch genommen werden, verpflichtet sich der freie Mitarbeiter gegenüber der Firma zur Erteilung sämtlicher Auskünfte, die für die Verteidigung gegen die Anspruchserhebung sowie eine etwaige Zahlungsklage erforderlich sind. Dies gilt auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen der Firma und dem freien Mitarbeiter. Für den Fall der Zuwiderhandlung durch den freien Mitarbeiter gelten Abs. 4 und Abs. 5 entsprechend.

§ 10 Subunternehmer und Mindestlohn (1) Will sich der freie Mitarbeiter zur Erfüllung des Auftrages Subunternehmern bedienen, bedarf der Einsatz dieser Subunternehmer wegen der in § 13 MiLoG iVm. § 14 AEntG27 enthaltenen Subunternehmerhaftung der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die Firma.28 Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, nur 23 Durch diese präventive Absicherung können finanzielle Risiken verringert werden. Jedoch könnten dadurch Zahlungsprozesse verkompliziert werden und es entsteht für den Auftraggeber (hier: die Firma) ein erhöhter Dokumentations- und Verwaltungsaufwand. 24 Bei anderer Zahlungsvereinbarung entsprechend anzupassen; es ist ein Prozentsatz zu wählen, der den Auftragnehmer nicht unangemessen überfordert, vgl. auch Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 397. 25 Klauselvorschlag in diesem Unterabsatz nach Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 397. 26 Vgl. BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 617/01, NZA 2005, 627, 633 unter (2). Gesichert werden kann zB der Freistellungsanspruch des Auftraggebers (hier: der Firma) gegen den freien Mitarbeiter/Auftragnehmer nach Abs. 6 dieses Vertragsmusters (Zweck: Befriedigung des Arbeitnehmeranspruchs durch die Bank, bevor der Auftraggeber zahlen muss) oder der Regressanspruch des Auftraggebers gegen den freien Mitarbeiter nach § 774 Abs. 1 BGB, nachdem der Auftraggeber den Arbeitnehmer befriedigt hat. Idealerweise sollte der Freistellungsanspruch abgesichert werden. Eine möglichst bestimmte Umschreibung des zu sichernden Anspruchs ist anzuraten. 27 In Betracht kommt auch eine Haftung nach § 28e Abs. 3g SGB IV iVm. § 150 SGB VII, soweit adressierte Pakete bis 32 KG befördert oder bearbeitet werden. Bei dem dem Muster zugrunde gelegten Fall trifft das uE. nicht zu, da die Pakete nicht adressiert sind. Hier bleibt jedoch die Entwicklung der Rechtsprechung zu dieser erst mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz v. 15.11.2019 in Kraft getretenen Neuregelung (BGBl. I 2019, 1602) abzuwarten. Dazu Versin, DB 2020, 181. 28 § 13 MiLoG iVm. § 14 AEntG ordnet eine Haftung des Auftraggebers (hier: der Firma) für Werk-/Dienstleistungen, gleich einem selbstschuldnerischen Bürgen an. Die Haftung ist nicht abdingbar, so dass sich der Auftraggeber gegenüber den Subunternehmern der Haftung nicht entziehen kann (Riechert/Nimmer-

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Kap. 9 M 9.1.1 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses seriöse und bekannte Subunternehmer auszuwählen. Bei der Auswahl sind folgende Kriterien zu beachten: […] Der freie Mitarbeiter informiert die Firma über den Namen und die Anschrift der Person bzw. der Firma des Nachunternehmers bzw. des Verleihers schriftlich. Die Firma darf die Erteilung der Zustimmung nur bei Vorliegen berechtigter Gründe verweigern.29 (2) Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, nur solche Subunternehmer zu beauftragen, die sich ihm gegenüber vertraglich verpflichten, ihren Arbeitnehmern mindestens die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhne zu zahlen. Der freie Mitarbeiter wird die von ihm beauftragten Subunternehmer entsprechend Satz 1 und § 9 Abs. 1 und 2 dieses Vertrages verpflichten. (3)30 Der freie Mitarbeiter sichert zu, Subunternehmern entsprechende Vorlagepflichten, wie die ihm selbst in § 9 Abs. 2 dieses Vertrages obliegenden, aufzuerlegen und die übermittelten Unterlagen zu kontrollieren. Sollten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Subunternehmer seinen Zahlungspflichten nach dem MiLoG nicht nachkommt, hat der freie Mitarbeiter die Firma hierüber unverzüglich zu informieren. (4) Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, die Firma im Falle eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des MiLoG durch einen von ihm beauftragten Subunternehmer von allen mit einem solchen Verstoß verbundenen Verpflichtungen umfassend freizustellen31 und der Firma darüber hinaus einen etwaigen aus einem schuldhaften Verstoß resultierenden Schaden zu ersetzen. evtl. Dies gilt auch für etwaige erforderliche Kosten, die der Firma wegen der Geltendmachung von Ansprüchen seitens der Arbeitnehmer oder Dritter (zB Sozialversicherungsträger) entstehen. Hierunter fallen auch Rechtsanwaltskosten [gem. RVG] für eine etwaig erforderliche außergerichtliche und gerichtliche Rechtsverteidigung bei Inanspruchnahme.32 (5) Verstößt der freie Mitarbeiter schuldhaft gegen eine der Pflichten, die die Firma ihm im Zusammenhang mit der Beauftragung von Subunternehmern auferlegt hat (z.B. die Zustimmungspflicht der Beauftragung von Subunternehmern nach Abs. 2 dieses Paragraphen oder die Vorlagepflicht nach Abs. 5 dieses Paragraphen, […] [ggf. um weitere Pflichten zu ergänzen, die von der Vertragsstrafe erfasst sein sollen]), hat er der Firma für jeden Fall der Zuwiderhandlung, sowie zudem bei andauernder Zuwiderhandlung je angefangenem Kalendermonat eine Vertragsstrafe in Höhe der […] [z.B. pauschal vereinbarten monatlichen Vergütung] zu zahlen.33 Mehrere/verschiedene Zuwiderhandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, gegebenenfalls auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne, gleichartige Zuwiderhandlungen im Rahmen einer andauernden Zuwiderhandlung, sind sie von der für die andauernde Zuwiderhandlung verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst. Bei der Verwirkung mehrerer Vertragsstrafen ist der Gesamtbetrag der zu zahlenden Vertragsstrafe auf das […] [z.B. sechsfache der pauschal vereinbarten monatlichen Vergütung] begrenzt. Die Geltendmachung weiterer Rechte oder Ansprüche bleibt der Firma unbenommen. Die Vertragsstrafe wird auf etwaige Ansprüche angerechnet.

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jahn, 2015, § 13 MiLoG Rz. 69). Eine Risikoverteilung lässt sich nur im Verhältnis zum Auftragnehmer, dh. zum freien Mitarbeiter erreichen, auch hier ist ein gänzlicher Haftungsausschluss faktisch wohl kaum durchsetzbar. Die Klausel ermöglicht eine Regelung und Kontrolle der Unterbeauftragten (vgl. BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 617/01, NZA 2005, 627, 633 unter (2)). Sie schränkt den freien Mitarbeiter in seiner unternehmerischen Eigenständigkeit ein, zu der grundsätzlich auch die freie Wahl der Subunternehmer gehört. Sie könnte daher ein Indiz für eine Scheinselbständigkeit darstellen. Nach der Gesetzesbegründung soll ein solcher Vorbehalt aber kein Indiz für zB einen Scheinwerkvertrag sein, s. BT-Drucks. 18/1558, S. 40. Klauselvorschlag in diesem Unterabsatz nach Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 397. BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 617/01, NZA 2005, 627, 633 unter (2). Vgl. BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 617/01, NZA 2005, 627, 633 unter (2) für verschuldensunabhängige Haftung und Freistellungsoption. Klauselvorschlag von Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 396. Bei unangemessen hohen Vertragsstrafen besteht das Risiko der Unwirksamkeit nach § 307 BGB; vorliegend wurde deshalb „nur“ eine Monatsvergütung angesetzt.

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Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.1 Kap. 9 (6) Verstößt der freie Mitarbeiter wiederholt gegen eine der in diesem Paragraphen geregelten Pflichten, insbesondere gegen die Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung der Firma gem. Abs. 3 Satz 2, ist die Firma zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt. (7)34 Zur Sicherung von Ansprüchen wegen etwaiger Verstöße gegen das MiLoG durch den von dem freien Mitarbeiter beauftragten Subunternehmer behält die Firma pro Monat […] % der gemäß […]/§ 4 dieses Vertrages pauschal vereinbarten monatlichen Vergütung/[…]35 ein. Der Einbehalt wird aufgrund der jeweils zum Jahresende beginnenden dreijährigen Verjährungsfrist von Lohnansprüchen für die Dauer von vier Jahren vereinbart. Die Firma gibt die Sicherheit vorzeitig frei, wenn der freie Mitarbeiter die Beachtung des MiLoG durch von ihm beauftragte Subunternehmer in geeigneter Form (vgl. § 9 Abs. 2 sowie § 10 Abs. 3 dieses Vertrages) nachweist. Die Sicherheit ist spätestens sechs/[…] Monate nach vollständiger Abwicklung des Leistungsvertrages freizugeben, sofern bis zu diesem Zeitpunkt keine Ansprüche gegenüber der Firma im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung geltend gemacht worden sind. Der Firma bleibt vorbehalten, die Freigabe der Sicherheit auch über diesen Zeitraum hinaus zu verweigern, wenn sie spätestens bis zum Ablauf der Freigabefrist berechtigte Anhaltspunkte darlegt, die einen Verstoß des Subunternehmers gegen die Verpflichtungen zur Zahlung des Mindestlohnes und die Gefahr späterer Inanspruchnahme begründen. §§ 194 ff. BGB bleiben unberührt.36 (8)37 Der freie Mitarbeiter übergibt der Firma spätestens bei Vertragsbeginn eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes oder Kreditversicherers zur Sicherung von Ansprüchen der Firma gegen den freien Mitarbeiter oder gegen von ihm beauftragte Subunternehmer wegen eines Verstoßes gegen das MiLoG. Die Bürgschaft beläuft sich auf […] % der gemäß […]/§ 4 dieses Vertrages während der Laufzeit des Vertrags vorgesehenen gesamten Nettoauftragssumme. Kommt der freie Mitarbeiter seiner Übergabeverpflichtung nicht nach, ist die Firma berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von […] Wochen zu kündigen. (9) Sollte die Firma von einem Arbeitnehmer eines vom freien Mitarbeiters beauftragten Subunternehmers auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns in Anspruch genommen werden, verpflichtet sich der freie Mitarbeiter gegenüber der Firma zur Erteilung sämtlicher Auskünfte sowie Herausgabe der erforderlichen Informationen, die für die Verteidigung gegen die Anspruchserhebung sowie eine etwaige Zahlungsklage erforderlich sind. Dies gilt auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen der Firma und dem freien Mitarbeiter. Der freie Mitarbeiter sichert zu, von ihm beauftragte Subunternehmer entsprechend § 9 Abs. 8 Satz 1 und 2 dieses Vertrages zu verpflichten. Für den Fall der Zuwiderhandlung durch den freien Mitarbeiter gelten Abs. 5 und Abs. 6 entsprechend.

§ 11 Vertragsende (1) Der Vertrag endet mit dem Abschluss des Auftrags […]/zum […] [Evtl.] Darüber hinaus kann der Vertrag von beiden Seiten ordentlich mit einer Frist von […]/einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. oder (1) Der Vertrag kann von beiden Seiten mit einer Frist von […]/einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. 34 Durch diese präventive Absicherung können finanzielle Risiken verringert werden. Jedoch könnten dadurch Zahlungsprozesse verkompliziert werden und es entsteht für den Auftraggeber (hier: die Firma) ein erhöhter Dokumentations- und Verwaltungsaufwand. 35 Bei anderer Zahlungsvereinbarung entsprechend anzupassen. 36 Klauselvorschlag in diesem Unterabsatz nach Oltmanns/Fuhlrott, NZA 2015, 392, 397. 37 Vgl. BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 617/01, NZA 2005, 627, 633 unter (2). Gesichert werden kann zB der Freistellungsanspruch des Auftraggebers (hier: der Firma) gegen den freien Mitarbeiter/Auftragnehmer nach Abs. 6 dieses Vertragsmusters (Zweck: Befriedigung des Arbeitnehmeranspruchs durch die Bank, bevor der Auftraggeber zahlen muss) oder der Regressanspruch des Auftraggebers gegen den freien Mitarbeiter nach § 774 Abs. 1 BGB, nachdem der Auftraggeber den Arbeitnehmer befriedigt hat. Idealerweise sollte der Freistellungsanspruch abgesichert werden. Eine möglichst bestimmte Umschreibung des zu sichernden Anspruchs ist anzuraten.

Lingemann | 431

Kap. 9 M 9.1.1 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses (2) Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. (3) Jede Kündigung bedarf zu Ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

§ 12 Schlussbestimmungen (1) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung als ungültig oder unwirksam erweisen, werden die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung dadurch nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.38 (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.39 (3) Gerichtsstand ist […] […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Freier Mitarbeiter)

38 S. M 3.1, § 26 m. Anm. 39 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. S. auch M 2.1a Ziff. 14. Betriebliche Übungen gelten für den freien Mitarbeiter nicht.

M 9.1.2

Freier Mitarbeiter-Vertrag (Rahmenvertrag)

Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Firma) und […] (im Folgenden: Freier Mitarbeiter)1 (die Verwendung des Begriffs „Freier Mitarbeiter“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Gegenstand der Vereinbarung (1) Die Firma beabsichtigt, dem freien Mitarbeiter Aufträge als […] zu erteilen. Es wird kein Arbeitsverhältnis begründet. (2) Der freie Mitarbeiter ist frei darin, die Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Für die Firma begründet dieser Vertrag keine Verpflichtung, Aufträge zu erteilen. (3) Der freie Mitarbeiter ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. 1 Rahmenverträge waren bisher ein verbreitetes Mittel, um eine abhängige Beschäftigung zu vermeiden. Die persönliche Unabhängigkeit des Auftragnehmers manifestiert sich bei dieser Gestaltung in seiner Freiheit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, die der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis gerade nicht hat. Nach abzulehnender Entscheidung des BSG v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R, juris/BeckRS 2016, 66641 Rz. 19 f. soll ein Rahmenvertrag jedoch kein Indiz mehr für die freie Stellung des Auftragnehmers sein, differenzierter BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411. Einzelheiten s. Einf. Rz. 9.

432 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.2 Kap. 9 (4) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für die Gewerbeanmeldung wird der freie Mitarbeiter selbst Sorge tragen. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt.

§ 2 Leistungsumfang (1) Die Leistungen des freien Mitarbeiters umfassen: […] (2) Der freie Mitarbeiter ist in der Wahl von Ort, Zeit und Art der Durchführung seiner Tätigkeit frei. Etwaige Termine zur Besprechung bei der Firma werden nach Ort und Zeit in dem jeweiligen Auftrag vereinbart. (3) Sofern der freie Mitarbeiter trotz Annahme des Auftrages an der Auftragserfüllung gehindert sein sollte, verpflichtet er sich, die Firma unverzüglich vorher darüber zu informieren.

§ 3 Einsatz Dritter Der freie Mitarbeiter kann sich [evtl.: nach Maßgabe von § 7 und § 8 dieses Vertrages]2 bei der Erfüllung der Aufgabe auch anderer Personen bedienen. Er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistung gegenüber der Firma verantwortlich.

§ 4 Vergütung und Rechnungsstellung (1) Der freie Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Pauschalhonorar von Euro […] pro […] oder (1) Der freie Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Honorar von Euro […] pro […]3 Das Honorar wird jeweils bis zum […] eines Monats für den vorangegangenen Monat abgerechnet. Die Zahlung der Vergütung erfolgt zehn Tage nach Rechnungseingang. (2) Soweit der freie Mitarbeiter mehrwertsteuerpflichtig ist, ist die Vergütung jeweils zzgl. Mehrwertsteuer zu zahlen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen. (3) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des freien Mitarbeiters abgegolten. oder (3) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des freien Mitarbeiters abgegolten. Dies gilt nicht für Reisekosten und Reisespesen, die durch die Erfüllung der Aufgaben veranlasst sind. Für Reisen mit dem eigenen Pkw zahlt die Firma insoweit pauschal Euro […] pro gefahrenem Kilometer, für Bahnreisen werden die nachgewiesenen Kosten zweiter Klasse erstattet.

§ 5 Laufzeit/Kündigung (1) Diese Vereinbarung tritt mit dem […] in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. (2) Sie ist von beiden Seiten mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündbar. Unberührt bleibt das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. (3) Jede Kündigung bedarf der Schriftform.4

§ 6 Datengeheimnis (1) Es ist dem freien Mitarbeiter untersagt, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu erheben, verarbeiten, bekannt zu geben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen. 2 Der Vorbehalt gilt für den Fall, dass die Subunternehmerklausel gem. M 9.1.1, §§ 9, 10, auch in diesem Vertrag verwendet werden soll. Ansonsten ist der Zusatz zu streichen. 3 Die Vereinbarung eines Stundenhonorars legt eher ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nahe und sollte nach Möglichkeit vermieden werden. 4 § 623 BGB ist nur auf Arbeitsverhältnisse anwendbar. Daher ist hier eine explizit vereinbarte Schriftformklausel empfehlenswert.

Lingemann | 433

Kap. 9 M 9.1.2 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses Die Verpflichtung des freien Mitarbeiters auf das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort. Verstöße können nach Art. 83 DSGVO oder §§ 42, 43 BDSG oder anderen einschlägigen Rechtsvorschriften mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. (2) Sofern sich der freie Mitarbeiter eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine Erklärung gemäß Abs. 1 (dazu Anlage […]) abzugeben. Der freie Mitarbeiter ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich der Firma zuzuleiten. (3) Die Firma hat den freien Mitarbeiter über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und seine diesbezüglichen Rechte informiert durch […]. Eine aktuelle Fassung der Information kann unter […] eingesehen werden.5 evtl.6 § 7 Einsatz eigener Arbeitnehmer und Mindestlohn [s. M 9.1.1, §§ 9 f.] § 8 Subunternehmer und Mindestlohn [s. M 9.1.1, § 10]

§ 7 Schlussbestimmungen (1) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung als ungültig oder unwirksam erweisen, werden die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung dadurch nicht berührt. Die ungültige oder unwirksame Bestimmung ist durch eine andere gültige Bestimmung zu ersetzen, die dem Willen der Parteien so nahe wie möglich kommt. (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.7 (3) Gerichtsstand ist […] […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Freier Mitarbeiter)

5 Diese Klausel ist nicht zwingend, kann aber als Erinnerungsposten dafür dienen, den freien Mitarbeiter entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 13, 14 Verordnung (EU) Nr. 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) zu informieren. Außerdem ist der freie Mitarbeiter (wie bislang gem. § 5 BDSG aF.) außerhalb des Vertrages über seine Pflichten beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu belehren und auf das sogenannte „Datengeheimnis“ zu verpflichten. 6 Es ist nicht völlig geklärt, wie weit die Haftung in § 13 MiLoG reichen soll. Bei unbefangenem Lesen könnte die Norm für jeglichen „Auftraggeber“ (vgl. Überschrift) – also auch für dieses Vertragsmuster – einschlägig sein. Andererseits verweist sie auf § 14 AEntG, der nur den „Generalunternehmer“ erfasst, der also zur Erfüllung eigener vertraglicher Verpflichtungen Subunternehmer einsetzt. Für einen Erstauftraggeber hingegen, der am Markt bloß eine Leistung einkauft, zu der er nicht selbst verpflichtet ist, greift die Haftung daher nicht (BAG v. 1.10.2019 – 5 AZR 241/18, NZA 2020, 112). In der Entscheidung v. 1.10.2019 hat das BAG sehr deutlich in einem obiter dictum ausgeführt, dass dieselbe Auslegung ausweislich der Gesetzesmaterialien auch für § 13 MiLoG gilt (Rz. 25 des Urteils mwN). Demnach ist die umfangreiche Regelung zur Nachunternehmerhaftung nur erforderlich, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer nur einsetzt, um einen dem Auftraggeber selbst erteilen Auftrag zu erfüllen. Zu beachten sind außerdem Sonderregelungen der Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben für bestimmte Branchen nach § 28e Abs. 3a – g SGB IV, die 2019 auf die KEP-Brache ausgeweitet wurden (Gesetz zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten (Paketboten-SchutzGesetz), BGBl. I 2019, 1602). Dazu Versin, DB 2020, 181. 7 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. S. auch M 2.1a Ziff. 14. Betriebliche Übungen gelten für den freien Mitarbeiter nicht.

434 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.3 Kap. 9

M 9.1.3

Werkvertrag mit einem Subunternehmer – Softwareentwicklung

Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Auftraggeber) und […] (im Folgenden: Auftragnehmer) (die Verwendung des Begriffs „Auftragnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Vertragliche Leistungen des Auftragnehmers1 (1) Der Auftraggeber ist mit der Erstellung des Projektes […] für den Kunden […] beauftragt. Im Rahmen dieses Projektes beauftragt er seinerseits den Auftragnehmer als Subunternehmer mit der Herstellung des folgenden Werkes: […]2 (zB) Planung und Erstellung von System-/Anwendersoftware […] Standard-/Individualsoftware […] einschließlich Dokumentation für folgenden Zweck: […] Der genaue Gegenstand der Leistung, die Funktionen und Aufgaben, die das Werk zu erfüllen hat, die einzelnen Teilleistungen (Milestones), der Zeitpunkt der Ablieferung und die Ausführungsfristen für die einzelnen Teilleistungen ergeben sich aus dem als Anlage […] beigefügten Pflichtenheft und dem von den Parteien abgeschlossenen Leistungsschein. Diese sind Vertragsgegenstand. evtl. (2) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, auch nach Inbetriebnahme des herzustellenden Werkes bis zur Dauer von […] Jahren die Software zu pflegen, um die fortdauernde Gebrauchstauglichkeit der Software sicherzustellen.3 Die Pflege der Software umfasst Störungsbeseitigung, Optimierung und Aktualisierung sowie externe Beratung. Die genaue Leistungsbeschreibung zur Pflege sowie die entsprechenden Zeitkontingente ergeben sich aus dem als Anlage […] beigefügten Pflichtenheft. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Pflegeverpflichtung eine Hauptpflicht des Auftragnehmers ist.4 (3) Der Auftragnehmer verpflichtet sich ferner zur Einräumung der uneingeschränkten Nutzungsrechte an der Software und Übertragung des Eigentums an den Datenträgern hierfür sowie an der Dokumentation.

1 Zu den Statusfragen s. Einf. Rz. 2 ff. Ein Vertrag über die Entwicklung einer Software kann Werkvertrag sein oder Werklieferungsvertrag mit der Folge, dass gem. § 651 BGB Kaufvertragsrecht anzuwenden wäre (zum Meinungsstand MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2020, § 631 BGB Rz. 142; vgl. auch Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/ Pahlow, MMR 2012, 427; Habel, DSRITB 2015, 567; Redeker, NJOZ 2008, 2917; Installation und Integration von Software als Werkvertrag: BGH v. 5.6.2014, NJW-RR 2014, 1204 Rz. 13f.; Entwicklung individueller Software als Werkvertrag: OLG München v. 23.12.2009 – 20 U 3515/09, NJW-RR 2010, 789). Die vertragsnotwendigen Instrumente des Werkvertragsrechts (zB zur Abnahme des Werkes) sollten daher immer in den Vertrag mit aufgenommen werden. Vgl. auch Rockstroh/Schug, in: Beck’sche Online-Formulare Vertrag, 51. Edition 2020, Stand: 1.9.2019, 9.1.1. Software-Projektvertrag, Anm. 9. 2 Das Werk muss so genau wie möglich beschrieben werden, damit keine Weisungen mehr erteilt werden müssen. Das herzustellende Werk muss so beschrieben werden, dass es für sich abnahmefähig ist. 3 Software befindet sich häufig auch nach erfolgreicher Installation und Inbetriebnahme noch in einem optimierungsbedürftigen Entwicklungsprozess, so dass es sinnvoll ist, den Hersteller des Werkes auch nach Abnahme zur fortlaufenden Anpassung an die jeweilige Systemumgebung zu verpflichten. 4 Bei einem separaten Abschluss der Pflegevereinbarung kann problematisch sein, ob es sich um eine Haupt- oder Nebenpflicht zum Softwareentwicklungsvertrag handelt und ob insofern Konnexität besteht (dazu Moritz in Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, Teil 3 Rz. 189 ff.).

Lingemann | 435

Kap. 9 M 9.1.3 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses (4) Dokumentation im Sinne dieses Vertrages sind die Beschreibungen der Entwicklung der Software und ihrer Anwendung einschließlich ihrer Nutzungsmöglichkeiten und aller Software-Spezifikationen, rechnerischen Aufzeichnungen, Systemhandbücher, Zeichnungen, Ablaufdiagramme, Programmaufzeichnungen in schriftlicher und in maschinenlesbarer Form, die für die Installation, die Nutzung und die Pflege der Software erforderlich sind. (5) Der Auftragnehmer ist über die vereinbarten Termine hinaus in der Wahl und Einteilung sowie dem Umfang, den Zeiten, dem Ablauf und der Organisation seiner Tätigkeit frei. Der Auftragnehmer unterliegt keinen Weisungen, sondern hat die Leistung vertragsgemäß zu erbringen. Weisungsrechte des Auftraggebers bestehen auch nicht gegenüber Personen, die der Auftragnehmer gemäß § 2 dieses Vertrages zur Vertragserfüllung einsetzt.5 Es wird kein Arbeitsverhältnis begründet. (6) Der Auftragnehmer kommt selbst für seine soziale Absicherung auf und führt die erforderlichen Steuern ab. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt. (7) Der Auftraggeber kann jederzeit Auskunft über den Stand und den Umfang der Arbeiten verlangen. (8) Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftragnehmers sind ausgeschlossen.

§ 2 Einsatz Dritter Der freie Mitarbeiter kann sich [evtl.: nach Maßgabe von § 11 und § 12 dieses Vertrages]6 bei der Erfüllung der Aufgabe auch anderer Personen bedienen. Er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistung gegenüber der Firma verantwortlich.

§ 3 Durchführung des Vertrages (1) Der Auftragnehmer beginnt seine Arbeiten am […] (2) Der Auftragnehmer ist frei darin, wo er das Werk herstellt. oder (2) Das Werk ist vor Ort bei dem Auftraggeber in […] an den mit dem Projektleiter vereinbarten Standorten, die voraussichtlich in […] sein werden, herzustellen. oder (2) Das Werk ist beim Endkunden in […] herzustellen. (3) Soweit das Werk vor Ort bei dem Auftraggeber hergestellt wird, wird der Auftragnehmer die auf dem Gelände des Auftraggebers geltenden Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften einhalten und dafür Sorge tragen, dass Personen, die er zur Vertragserfüllung einsetzt, diese Vorschriften ebenfalls beachten. Soweit das Werk beim Endkunden hergestellt wird, gilt Satz 1 entsprechend. (4) Änderungen des Leistungsumfangs nach Vertragsschluss bedürfen gesonderter schriftlicher Vereinbarungen. Entstehende Mehrkosten und Terminverschiebungen sind vor der Änderungsvereinbarung dem Auftraggeber mitzuteilen und mit ihm zu vereinbaren. oder (4) Erkennt der Auftragnehmer, dass bei Auftragsausführung aufgrund technischer Probleme oder Schwierigkeiten Abweichungen vom Leistungsschein erforderlich werden, so wird er dies dem Auftraggeber unverzüglich unter Angabe der Gründe und der Abweichungen mitteilen. Die Parteien werden das weitere Vorgehen vereinbaren und schriftlich in einem von beiden Seiten zu unterschreibenden Protokoll festhalten. Dieses Protokoll wird Vertragsbestandteil. Mehrkosten aufgrund unterbliebener oder verspäteter Mitteilung trägt der Auftragnehmer. 5 Wichtig: Ein Weisungsrecht gegenüber dem vom Auftragnehmer eingesetzten Personal würde zur Arbeitnehmerüberlassung an den Auftraggeber führen und muss daher vermieden werden. Weisungen können nur dem Auftragnehmer selbst erteilt werden (zur Arbeitnehmerüberlassung s. Kap. 10). 6 Der Vorbehalt gilt für den Fall, dass die Subunternehmerklausel gem. M 9.1.1, §§ 9, 10, auch in diesem Vertrag verwendet werden soll. Ansonsten ist der Zusatz zu streichen.

436 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.3 Kap. 9 oder (4) Erkennt der Auftragnehmer, dass er die Ausführungsfristen nicht einhalten kann, wird er dies dem Auftraggeber unverzüglich unter Angabe der Gründe einschließlich der voraussichtlichen Dauer der Verzögerung mitteilen. Ein Anspruch auf Verlängerung der Fristen entsteht dadurch nicht. (5) Jeder Vertragspartner benennt jeweils einen Ansprechpartner für alle vertraglichen Fragen. Auskünfte des Ansprechpartners des Auftraggebers sind nur verbindlich, wenn sie schriftlich erteilt oder bestätigt wurden. (6) Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer auf Wunsch die für die Durchführung des Auftrages erforderliche Hardware und Software gemäß gesonderter Nutzungsvereinbarung7 zur Verfügung. Alle weiteren Kosten, insbesondere auch für seine Mitarbeiter, trägt der Auftragnehmer. (7) Der Zugang zum Geschäftsbetrieb des Auftraggebers wird gewährleistet, soweit dies zur Werkherstellung erforderlich ist. (8) Der Auftraggeber verpflichtet sich, dem Auftragnehmer auf Wunsch eine Einweisung zu geben. (9) Der Auftragnehmer wird den Auftraggeber nach dem im Leistungsschein festgelegten Zeitplan über den Stand der Arbeiten und die Einhaltung der Anforderungen an die Programme unterrichten.

§ 4 Abnahme (1) Die Parteien vereinbaren eine förmliche Abnahme. Das Werk gilt jedoch auch als abgenommen, wenn die Software nach Einweisung des Personals mindestens sechs Wochen mangelfrei beim Endabnehmer im Echtbetrieb gearbeitet hat. (2) Der Auftragnehmer wird die voraussichtliche Fertigstellung des Werkes oder der jeweiligen Teilleistung […] Wochen vor der Fertigstellung schriftlich ankündigen und die Fertigstellung schriftlich mitteilen. (3) Der Auftraggeber wird die Abnahme zusammen mit dem Auftragnehmer binnen eines Zeitraumes von […] Wochen ab der Mitteilung, dass das Werk fertig gestellt ist, durchführen. (4) Die Abnahme ist abhängig von der Endabnahme durch den entsprechenden Endkunden, welche baldmöglich herbeizuführen ist.8 (5) Über die Abnahme wird ein Abnahmeprotokoll erstellt. (6) Sind Teilleistungen vereinbart, so ist jede Teilleistung gesondert abzunehmen. Abs. 1–5 gelten entsprechend. (7) Der Abnahme geht die nach Form, Art, Umfang und Dauer im Leistungsschein festgelegte Funktionsprüfung voraus. Der Auftragnehmer liefert dem Auftraggeber dazu eine Testkopie des Programms in kodierter und eingearbeiteter Form und die gesamte zugehörige Dokumentation. Ergibt die Funktionsprüfung, dass die erbrachte Leistung der Leistungsbeschreibung im Leistungsschein entspricht, hat der Auftraggeber schriftlich die Abnahme zu erklären. Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Auftragnehmer während der Funktionsprüfung auftretende Abweichungen von den Anforderungen mitzuteilen. Erfolgt die Abnahme trotz Feststellung von Abweichungen während der Funktionsprüfung, so sind diese Abweichungen in dem Abnahmeprotokoll als Mängel festzuhalten. (8) Wird die Abnahme von dem Auftraggeber wegen eines Mangels verweigert, kann der Auftragnehmer eine erneute Abnahme erst verlangen, wenn er die Beseitigung des Mangels nachgewiesen hat. (9) Wird die Abnahme nicht fristgemäß erklärt, kann der Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Abnahme setzen, die drei Wochen nicht unterschreiten darf. Nach Ablauf dieser Frist gilt das Werk als abgenommen, wenn der Auftraggeber weder die Abnahme erklärt noch Gründe für eine Verlängerung der Funktionsprüfung nennt und selbst keine Nachfrist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat. 7 Vgl. M 9.1.4. 8 Soweit die Abnahme von der Endabnahme durch den Endkunden abhängig gemacht wird, ist dies jedenfalls in Bauverträgen wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. OLG München v. 3.11.1983 – 6 U 1390/83, BB 1984, 1386, 1388, Ziff. 9 zum damaligen § 9 AGBG; BGH v. 23.2.1989 – VII ZR 89/87, NJW 1989, 1602). Eventuell könnte vereinbart werden: „Die Gewährleistungsfrist beginnt erst mit der Endabnahme durch den Endkunden.“

Lingemann | 437

Kap. 9 M 9.1.3 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 5 Gewährleistung und Haftung (1) Der Auftragnehmer sichert zu,9 – dass die von ihm erbrachten Leistungen dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen; – dass das Werk den mit dem Auftrag verbundenen Richtlinien und technischen Vorschriften entspricht, die dem Auftragnehmer zuvor schriftlich bekannt gegeben worden sind; – dass das Werk insbesondere folgende Eigenschaften hat: […] (2) Die Gewährleistungsfrist beträgt […] Monate und beginnt – auch bei der vorherigen Abnahme von Teilleistungen – mit der Abnahme des gesamten Werkes. (3) Im Übrigen gelten die gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften des BGB. (4) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sein mit der Vertragsverpflichtung übernommenes Risiko durch eine ausreichende Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung abzudecken und diese dem Auftraggeber auf Verlangen nachzuweisen.

§ 6 Recht am Werk10 (1) Das Werk einschließlich der dazugehörigen Unterlagen und Datenträger wird mit seiner Erstellung – und zwar im jeweiligen Bearbeitungszustand – Eigentum des Auftraggebers. Unterlagen und Datenträger, die der Auftragnehmer von dem Auftraggeber erhalten hat, verbleiben im Eigentum des Auftraggebers. Sie sind auf Anfrage an den Auftraggeber herauszugeben, spätestens aber nach Beendigung des Werkes oder des Vertrages, zusammen mit dem Werk. Die Herausgabeverpflichtung erstreckt sich auch auf sämtliche Kopien.11 (2) Ein Zurückbehaltungsrecht an den in Abs. 1 genannten Gegenständen besteht nicht, es sei denn, der Gegenanspruch ist unstreitig oder rechtskräftig festgestellt.12 (3) Der Auftragnehmer überträgt alle bestehenden und künftigen übertragungsfähigen Rechte und Ansprüche an dem Werk auf den Auftraggeber, jeweils mit Wirkung zum Zeitpunkt ihres Entstehens, so dass der Auftraggeber Inhaber dieser Rechte wird, ohne dass es eines weiteren Übertragungsaktes bedürfte. Wenn und soweit Rechte an dem Werk selbst nicht übertragbar sind (insbesondere im Fall von Urheberrechten), räumt der Auftragnehmer dem Auftraggeber für die Dauer des Bestehens etwaiger Schutzrechte 9 Pauschale Zusicherungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen könnten wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein. Ist eine Klausel auch nach einer Auslegung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden unklar oder mehrdeutig, gehen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders (§ 305c Abs. 2; vgl. schon Kap. 2 Rz. 25 ff.). Es empfiehlt sich daher, wie hier im dritten Spiegelstrich, konkret die Eigenschaften anzugeben, auf deren Zusicherung es dem Auftraggeber in besonderer Weise ankommt. 10 Es empfiehlt sich, die eingeräumten Nutzungsrechte bzw. Nutzungsarten einzeln zu bezeichnen. Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt, § 31 Abs. 5 UrhG. Im Zweifel räumt der Urheber Nutzungsrechte nur in dem Umfang ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. Die übrigen Rechte bleiben beim Urheber. Das gilt selbst dann, wenn der Vertrag eine pauschale Übertragung sämtlicher Rechte vorsieht (vgl. BGH v. 31.5.2012 – I ZR 73/10; NJOZ 2012, 1638 Rz. 17; v. 27.9.1995, BGHZ 131, 8, 12; NJW 1995, 3252 – pauschale Rechtseinräumung; v. 26.4.1974, GRUR 1974, 786, 787 – Kassettenfilm; vgl. außerdem BGH v. 22.9.2015 – X ZB 11/14, juris). Will der Auftraggeber sichergehen, muss er deshalb im Einzelfall sämtliche Nutzungsarten auflisten, zu denen er zukünftig berechtigt sein will. Zu den neusten Rechtsentwicklungen s. Peifer, GRUR 2016, 6. 11 Das urheberrechtliche Zugangsrecht zum Werk aus § 25 UrhG als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts kann hingegen vertraglich im Voraus nicht zeitlich unbeschränkt ausgeschlossen werden (vgl. Wandtke/ Bullinger/Bullinger, UrhR, § 25 UrhG Rz. 21 mwN). 12 Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts in Formularverträgen ist grds. wegen § 309 Nr. 2b BGB unwirksam; zum Arbeitsverhältnis vgl. Kap. 2 Rz. 72. Im unternehmerischen Verkehr ist ein formularmäßiger Ausschluss aber wohl wirksam, vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit der Gegenanspruch nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist (PWW/Berger, § 309 BGB Rz. 16).

438 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.3 Kap. 9 unwiderruflich13 und ohne jede örtliche und sachliche Beschränkung, aber vorbehaltlich der Regelung in Abs. (4), das ausschließliche14 Recht ein, das Werk ohne jegliche Einschränkungen für alle bekannten Nutzungsarten für eigene Zwecke sowie für Zwecke des Endkunden zu nutzen und zu verwerten. Umfasst ist insbesondere das Recht, das Werk ganz oder teilweise dauerhaft oder vorübergehend zu vervielfältigen durch Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern zum Zwecke der Ausführung und der Verarbeitung der darin enthaltenen Datenbestände, sowie das Recht, das Werk zu verbreiten, vorzuführen, über Fernleitungen oder drahtlos zu übertragen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (zB über das Internet). Umfasst ist auch das Recht, das Werk zu ändern, zu übersetzen, zu bearbeiten, zu arrangieren oder sonst wie umzuarbeiten und die hierdurch geschaffenen Leistungsergebnisse in der gleichen Weise wie die ursprünglichen Fassungen zu nutzen und zu verwerten. Die Rechtseinräumung bezieht sich außerdem auf Nutzungsarten, die gegenwärtig noch unbekannt15 sind, wobei dem Auftragnehmer die ihm nach dem Urheberrechtsgesetz insoweit vorgesehenen Rechte verbleiben. (4) Wenn und soweit das jeweilige Werk als Werk iSd. § 2 UrhG geschützt ist, mit Ausnahme jedoch von Software iSd. § 69a UrhG, und keine der in § 40a Abs. 3 UrhG genannten Ausnahmen Anwendung finden, ist der Auftragnehmer berechtigt, das jeweilige Werk, nach Ablauf von zehn Jahren gerechnet ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Nutzungsrechtseinräumungen, anderweitig zu verwerten. (5) Der Auftraggeber ist berechtigt, ohne weitere Zustimmung16 des Auftragnehmers an einzelnen oder sämtlichen der vorstehend übertragenen oder eingeräumten Rechte einfache oder ausschließliche Lizenzen17 an Endkunden18 zu vergeben oder die erworbenen Rechte ganz oder teilweise auf Dritte zu übertragen. (6) Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber mit der Abnahme des Werkes auch eine Kopie des Quellcodes und der Entwicklungsdokumentation für das Werk zur Verfügung stellen. Der Auftraggeber ist berechtigt, die Quellcodes in demselben Umfang zu nutzen und zu verwerten wie das Werk selbst. (7) Der Auftragnehmer verzichtet auf die Ausübung seines Rechts auf Autorennennung bzw. Namensnennung.19 13 Der Urheber kann im Voraus jedoch nicht wirksam auf sein Rückrufsrecht wegen Nichtausübung (§ 41 Abs. 4 UrhG) und sein Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung (§ 42 Abs. 2 UrhG) verzichten. Die Ausübung des Rückrufsrecht wegen Nichtausübung kann aber immerhin für bis zu fünf Jahre ausgeschlossen werden (§ 41 Abs. 4 Satz 2 UrhG). Die Voraussetzungen des Rückrufsrechts wegen gewandelter Überzeugung werden bei Software in der Regel nicht erfüllt sein. 14 Bei Einräumung bloß einfacher Nutzungsrechte ist fraglich, ob der Auftraggeber dem Endabnehmer Unterlizenzen (vgl. hierzu Abs. 4) einräumen kann. Der BGH hat im Fall „Reifen Progressiv“ angedeutet, dass auch die Inhaber einfacher Lizenzen Unterlizenzen erteilen können, soweit eine entsprechende Zustimmung des Urhebers vorliegt (vgl. BGH v. 26.3.2009, GRUR 2009, 946; auch BGH v. 19.7.2012 – I ZR 24/11, NJW-RR 2012, 1127; v. 19.7.2012 – I ZR 70/10, NJW 2012, 3301). 15 Nach § 31a UrhG kann der Urheber auch Rechte für bisher unbekannte Nutzungsarten einräumen. Die Einräumung muss schriftlich erfolgen (§ 126 BGB). Außerdem sind das in § 31a UrhG vorgesehene Widerrufsrecht und der im Voraus nicht verzichtbare Vergütungsanspruch (§ 32c UrhG) zu beachten. 16 Ob die gem. §§ 34, 35 UrhG erforderliche Zustimmung durch AGB vorweggenommen werden darf, ist durch den BGH noch nicht abschließend geklärt. Instanzgerichte haben die formularmäßige Zustimmung des Urhebers zur Übertragung von Nutzungsrechten jedoch für ausreichend befunden (OLG Thüringen v. 19.5.2012, ZUM-RD 2012, 393; LG Berlin v. 5.6.2007, ZUM-RD 2008, 18, 23). 17 Nach der Rspr. des BGH erlöschen Unterlizenzen, die sich von einem ausschließlichen Nutzungsrecht ableiten, jedenfalls dann nicht, wenn das ausschließliche Nutzungsrecht aufgrund eines wirksamen Rückrufs wegen Nichtausübung (§ 41 UrhG) erlischt (BGH v. 26.3.2009, GRUR 2009, 946 – Reifen Progressiv). Dies soll nach neuerer Rspr. auch dann gelten, wenn die Hauptlizenz aus anderen Gründen erlischt (BAG v. 19.7.2012, NJW-RR 2012, 1127; v. 19.7.2012, BGHZ 194, 136; vgl. auch Dreier/Schulze, § 41 UrhG Rz. 37; Klawitter, GRUR-Prax 2012, 425; Scholz, GRUR 2009, 1107). Will der Auftragnehmer, dass die Unterlizenzen vom Bestand des ausschließlichen Nutzungsrechts des Auftraggebers abhängen, sollte dies hier ergänzend ausdrücklich geregelt werden. 18 Falls der Endkunde am Werk seinerseits weitere Rechte vergeben will, zB an verbundene Unternehmen, so muss das ergänzend klargestellt werden. Am besten geschieht dies uE. dadurch, dass der Auftraggeber und Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts zur Unterlizenzierung an den Kunden und/oder an mit diesem verbundene Unternehmen ermächtigt wird. 19 Ob dieser generelle Verzicht in AGB wirksam ist, ist fraglich. Instanzgerichte haben einen solchen generellen Verzicht in AGB schon für unwirksam erklärt (vgl. LG Berlin v. 5.6.2007, K&R 2007, 588, 590). Gegen-

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Kap. 9 M 9.1.3 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses (8) Der Auftragnehmer sichert zu, dass die von ihm erstellten Arbeitsergebnisse frei von Rechten Dritter sind.20 (9) Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber unverzüglich alle Erfindungen oder Verbesserungen, nachstehend Erfindungen genannt, die er in Ausübung einer aufgrund dieses Vertrages erbrachten Leistung entwickelt oder zum ersten Mal in der Praxis verwirklicht hat, vollständig schriftlich zu melden, gleichgültig, ob sie patentfähig sind oder nicht. Für all diese Erfindungen hat der Auftragnehmer in seiner Meldung besonders die Punkte herauszustellen, die nach seiner Auffassung neu oder andersartig sind. (10) Der Auftragnehmer wird den Auftraggeber bei der Vorbereitung und Durchführung von Patentanmeldungen unterstützen und alle Erklärungen oder sonstigen Urkunden anfertigen lassen, die der Auftraggeber für die Durchführung von Maßnahmen als erforderlich oder angemessen erachtet. (11) Die in diesem Vertrag vorgesehene Vergütung deckt die Übertragung und Einräumung aller vorstehend genannten Rechte ab.21

§ 7 Vergütung22 (1) Der Auftragnehmer erhält für die gesamten vertraglichen Leistungen eine Pauschalvergütung von Euro […], zu zahlen binnen […] Tagen nach Abnahme und Rechnungseingang bei dem Auftraggeber. Bei der Feststellung auch von unwesentlichen Mängeln ist der Auftraggeber berechtigt, angemessene Beträge zurückzubehalten.23

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stand dieser Entscheidung war jedoch nicht Software. Da bei Software als industrialisiertem Produkt die Urheberpersönlichkeitsrechte weniger stark ins Gewicht fallen, dürfte hier ein genereller Verzicht eher wirksam sein. Zu Software mit dem Erfordernis strenger Anforderungen, OLG Hamm v. 7.8.2007, ZUM-RD 2008, 8, 15. Unwirksamkeit eines generellen Verzichts: LG Berlin v. 4.11.2014, ZUM 2015, 264, 265; LG Hamburg v. 5.2.2010, ZUM 2010, 541, 544. Dazu Dreier/Schulze, § 13 UrhG Rz. 25. Die Regelung hat gegenüber dem Auftragnehmer nur Hinweisfunktion. Tatsächlich hält die Garantie einer AGB-Kontrolle wohl nicht stand und ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Aufgrund der strengen gesetzlichen Haftung (§§ 434, 435, 437, 440, 280 ff., 323, 326 Abs. 5 BGB) kann dies jedoch hingenommen werden. In einem Arbeitsverhältnis wäre eine unentgeltliche Übertragung der Arbeitsergebnisse nach den zwingenden Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes nicht möglich. Sollte die Leistung des Arbeitnehmers patentierfähig sein, hat der Arbeitgeber das Recht, die Erfindung oder den technischen Verbesserungsvorschlag in Anspruch zu nehmen. Er ist dann aber verpflichtet, dem Arbeitnehmer neben dem Arbeitslohn eine Vergütung zu zahlen. Durch Vereinbarung der unentgeltlichen Übertragung kann sich daher ein Einfallstor für Klagen von freien Mitarbeitern öffnen, mit denen sie über die Behauptung, Arbeitnehmer zu sein, versuchen, Vergütungen nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz zu erzielen. Nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG hat der Urheber einen Anspruch auf angemessene Vergütung und gem. § 32a UrhG einen Anspruch auf Anpassung der vereinbarten Vergütung, sollte sich herausstellen, dass die vereinbarte Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen steht, die der Auftraggeber aus der Nutzung des Werkes zieht (Bestsellerparagraf). Sollte die in § 6 geregelte Vergütung diesen Anforderungen nicht genügen, könnten daher darüber hinausgehende Ansprüche entstehen, die auch durch Vertrag nicht im Voraus abdingbar sind, § 32 Abs. 3, § 32a Abs. 3, § 32b UrhG. Ungeklärt ist hingegen, ob die §§ 32, 32a UrhG auch für den Arbeitnehmerurheber eines Computerprogramms gelten. Zwar hat der BGH entschieden, dass einem Arbeitnehmer, der ein Computerprogramm in Wahrnehmung seiner betrieblichen Aufgaben geschaffen hat, grds. kein Anspruch auf zusätzliche Vergütung zusteht (BGH v. 24.10.2000 – X ZR 72/98, GRUR 2001, 155 – Wetterführungspläne). Ausgenommen hat der BGH hiervon jedoch § 36a UrhG aF, den alten Bestsellerparagrafen (BGH v. 23.10.2001, GRUR 2002, 149 – Wetterführungspläne II). Nahe liegend ist, dass die Rspr. für den neuen § 32a UrhG ähnlich entscheiden wird. Ist die Vergütung allerdings tarifvertraglich bestimmt und für den Fall des § 32a Abs. 1 UrhG ausdrücklich eine weitere angemessene Vergütung im Tarifvertrag vorgesehen, ist ein zusätzlicher Anspruch des Urhebers ausgeschlossen, § 32 Abs. 4, § 32a Abs. 4 UrhG (vgl. im Einzelnen Grobys/Foerstl, NZA 2002, 1015; Haas, Das neue Urhebervertragsrecht, 2002, Rz. 427, 419 ff. und 286 ff.; Schwab, NZA-RR 2015, 5, 9; v. Olenhusen, ZUM 2010, 474; Wandtke, GRUR 2015, 831, 838). Vgl. auch M 9.1.1 § 3 m. Anm. Bei wesentlichen Mängeln kann der Auftraggeber die Abnahme ohnehin verweigern. Angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten, § 641 Abs. 3 Halbs. 2 BGB.

440 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.3 Kap. 9 evtl. (2) Für die nach erfolgter Endabnahme vereinbarte Pflege der Software erhält der Auftragnehmer eine zusätzliche Vergütung von Euro […]. Diese ist auf die Dauer der Pflegevereinbarung zu verteilen und ratierlich jeweils zum […] eines Monats zu zahlen. evtl. (3) Hält der Auftragnehmer den im als Anlage […] beigefügten Pflichtenheft vereinbarten Zeitpunkt der Ablieferung ein, erhält der Auftragnehmer eine zusätzliche Vergütung (Bonus) von […] % auf die in Abs. 1 vereinbarte Pauschalvergütung.24 Dieser Bonus verringert sich um […] % pro angefangener Woche, wenn der Auftragnehmer den vereinbarten Zeitplan nicht einhält. Überschreitet der Auftragnehmer die Frist der vereinbarten Abnahme um […] Wochen, steht ihm kein Bonus mehr zu. Ab diesem Zeitpunkt reduziert sich die in Abs. 1 vereinbarte Pauschalvergütung pro angefangener Woche um […] %, höchstens jedoch um […] %.25 Das Recht des Auftraggebers, für eine verspätete Ablieferung einen Verzugsschadensersatzanspruch geltend zu machen, ist für diesen Zeitraum von […] Wochen ab vereinbarter Ablieferung ausgeschlossen.26 oder (1) Der Auftragnehmer erhält für die gesamten vertraglichen Leistungen eine Pauschalvergütung von Euro […] Diese ist wie folgt zur Zahlung fällig: a) Abschlagszahlung in Höhe von […] binnen 30 Tagen nach Rechnungseingang bei dem Auftraggeber und Abnahme der Teilleistung […] b) Abschlagszahlung in Höhe von […] binnen 30 Tagen nach Rechnungseingang bei dem Auftraggeber und Abnahme der Teilleistung […] c) Die Schlusszahlung erfolgt abzüglich eines Sicherheitseinbehaltes von 5 % binnen 30 Tagen nach Rechnungseingang oder nach erfolgter Endabnahme. d) Der Sicherheitseinbehalt von 5 % ist nach Ablauf der Gewährleistungsfrist auszuzahlen, soweit er nicht im Rahmen der Gewährleistung in Anspruch genommen wurde. evtl. (2) Der Verzugszins beträgt für alle Forderungen der beiden Vertragsparteien einheitlich […] % pro Jahr.27 24 Angelehnt an Bartsch in Hoffmann-Becking/Gebele, Beck’sches Formularbuch, Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 13. Aufl. 2019, Kap. III G, 4. Häufig wird ein eher straffer Zeitplan aufgestellt, dessen Einhaltung prämiert wird. 25 Der Sache nach handelt es sich bei einer solchen Vereinbarung um eine – zeitlich verzögert einsetzende – Vertragsstrafe für verspätete Leistung. Hierbei ist zu beachten, dass die vereinbarte Strafe in einem sachgerechten Verhältnis zu dem möglichen Schaden des Auftraggebers stehen muss (näher Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 44. EL. November 2019, Vertragsstrafe Rz. 14 ff.; BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 26/15, BB 2016, 523 Rz. 34 ff.; v. 13.11.2013, NJW 2014, 2180 Rz. 17 ff.). Der BGH hat im Rahmen von Bauverträgen eine formularmäßig vereinbarte Vertragsstrafe iHv. 5 % der Auftragssumme für unwirksam erklärt (BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, NJW 2003, 1805; vgl. auch BGH v. 6.6.2012 – VII ZR 133/11, NJW 2013, 1362). Aufgrund der Kumulation von Bonus und Malus, sowie der erst verzögert einsetzenden Strafzahlung, sollte hier eine höhere Summe gerechtfertigt sein; vgl. auch Bartsch in Hoffmann-Becking/Gebele, Beck’sches Formularbuch, Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 13. Aufl. 2019, Kap. III G, 4 unter Rz. 15 ist ein Bonus von 15 % und ein Malus von 1 % pro Woche Verspätung und danach eine Vertragsstrafe möglich. 26 Soll die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches daneben möglich bleiben, ist das in § 340 Abs. 2 BGB und § 341 Abs. 2 BGB verankerte Kumulierungsverbot zu beachten. Die Vertragsstrafe muss den Mindestbetrag des geltend gemachten Schadensersatzes darstellen, wobei der Auftraggeber für einen darüber hinausgehenden Schaden beweispflichtig bleibt (BGH v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, NJW 1992, 1096; vgl auch BGH v. 8.5.2008 – I ZR 88/06, NJW 2008, 2849 Rz. 9 ff.). 27 Die Vereinbarung eines fixen Betrages vereinfacht die Berechnung der Verzugszinsen, die sonst unter Berücksichtigung der Änderungen des Leitzinses vorzunehmen ist. Jedoch unterliegen formularvertragliche Abreden über einen pauschalierten Verzugszins der AGB-Kontrolle. Sinnvoll wäre eine Orientierung am Verzugszinssatz des § 288 Abs. 2 BGB.

Lingemann | 441

Kap. 9 M 9.1.3 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses oder (1) Der Auftragnehmer erhält für die gesamten vertraglichen Leistungen eine Vergütung in Höhe von Euro […] Davon sind a) […] % bei Auftragsbeginn, b) […] % nach Abnahme jeder der […] Teilleistungen, c) […] % nach erfolgter Endabnahme evtl. d) […] % nach Ablauf der Pflegevereinbarung zu zahlen. Die jeweiligen Einzelzahlungen sind binnen 30 Tagen nach Rechnungseingang bei dem Auftraggeber zur Zahlung fällig. oder (1) Der Auftragnehmer erhält für seine tatsächlich erbrachte Leistung eine Vergütung von Euro […]/Stunde.28 Der Auftragnehmer rechnet die erbrachten Stunden monatlich unter Beifügung eines Stundennachweises ab und weist anfallende Mehrwertsteuer gesondert aus. Die jeweiligen Einzelzahlungen sind binnen 30 Tagen nach Rechnungseingang bei dem Auftraggeber zur Zahlung fällig. (2) Soweit der Auftragnehmer mehrwertsteuerpflichtig ist, sind die Zahlungen zzgl. Mehrwertsteuer zu leisten. (3) Bei einer Zahlung binnen […] Tagen wird ein Skonto von […] % gewährt. (4) Damit sind alle vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen einschließlich Fahrtzeiten, Reise- und Aufenthaltskosten abgegolten. oder (4) Damit sind alle vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen mit Ausnahme der Auslagen gemäß Satz 2 abgegolten. Der Auftraggeber ersetzt Auslagen, wenn der Auftragnehmer auf schriftliche Veranlassung des Auftraggebers Reisen außerhalb des Einsatzortes übernehmen muss. Erstattet werden auf Nachweis – Deutsche Bahn 2. Klasse oder Flugzeug „Economy“ ab 400 km oder Kilometergeld von Euro […]/km; – Übernachtungskosten und Tagegelder entsprechend den steuerlich anerkannten Beträgen.

§ 8 Geheimhaltung29 (1) Der Auftragnehmer wird sich vertrauliche Informationen einschließlich Geschäftsgeheimnissen30 des Kunden oder der Firma nicht aneignen außer zu vertraglichen Zwecken. Er wird sie ferner dritten Personen, einschließlich Arbeitnehmern und Auftragnehmern der Firma, nicht ohne vorherige Zustimmung des Kunden oder der Firma offenlegen und wird sie ausschließlich für Zwecke des Vertragsverhältnisses nutzen. Ferner wird er Geheimhaltungsmaßnahmen entsprechend den Vorgaben der Firma ergreifen31 (Pflichten nach diesem Abs. 1 insgesamt „Geheimhaltungspflicht“). (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Vertrages. Soweit der Auftragnehmer durch die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beeinträchtigt wird, kann er von der Firma die Befreiung von dieser Pflicht verlangen. 28 Eine Vergütung nach Stunden ist ein Indiz für ein Anstellungsverhältnis. Sie sollte im Werkvertrag daher nur erfolgen, wenn eine andere Vergütung nicht möglich ist. 29 Zu Geheimhaltungsklauseln nach Inkrafttreten des GeschGehG s.o. Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b sowie zu einer ausführlicheren Klausel, Einzelheiten und Alternativen M 3.1, § 5. 30 Mit Inkrafttreten des GeschGehG am 26.4.2019 findet sich die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG. 31 Damit wird klargestellt, dass insb. die Geheimhaltungsmaßnahmen nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG (die der Arbeitgeber festlegen muss), tatsächlich umgesetzt werden.

442 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.3 Kap. 9 (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen insbesondere: Geschäftsstrategien wirtschaftliche Planungen, Preiskalkulationen und –gestaltungen, Wettbewerbsmarktanalysen, Umsatz- und Absatzzahlen, Personaldaten, Personalrestrukturierungskonzepte, Produktspezifikationen, Erfindungen, technische Verfahren und Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind und einen wirtschaftlichen Wert für die Firma darstellen, Kundendaten, Lieferantendaten, Passwörter, Zugangskennungen, […]. (4) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht in den in den Fällen des § 5 GeschGehG. (5) Sofern sich der Auftragnehmer eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine entsprechende Geheimhaltungserklärung zugunsten der Firma gemäß Abs. 1–4 (dazu Anlage […]) abzugeben. Der Auftragnehmer ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich der Firma zuzuleiten.

§ 9 Wettbewerb und Abwerbung (1) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, den Endkunden mindestens zwei Jahre32 nach der Beendigung des Vertrages nicht mit Dienstleistungen direkt zu beliefern oder abzuwerben. Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung verpflichtet sich der Auftragnehmer, an den Auftraggeber eine Vertragsstrafe in Höhe von Euro […]33 zu bezahlen. (2) Besteht die Verletzungshandlung in der Eingehung eines Dauerschuldverhältnisses (zB Arbeits-, Dienst-, Handelsvertreter- oder Beraterverhältnis),34 wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat, in dem das Dauerschuldverhältnis besteht, neu verwirkt (Dauerverletzung). Mehrere Verletzungshandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, ggf. auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne Verletzungshandlungen im Rahmen einer Dauerverletzung, sind sie von der für die Dauerverletzung verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst. Die Vertragsstrafen sind auf insgesamt Euro […] begrenzt.35 (3) Die Geltendmachung von Schäden, die über die verwirkte Vertragsstrafe hinausgehen, bleibt vorbehalten, desgleichen die Geltendmachung aller sonstigen gesetzlichen Ansprüche und Rechtsfolgen aus einer Verletzung.

32 Beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot sind auch die Schranken des Kartellrechts zu berücksichtigen. Sind spürbare Auswirkungen des Wettbewerbsverbotes nicht auszuschließen, sollte die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes auf ein Jahr beschränkt werden (vgl. BGH v. 12.5.1998 – KZR 18/ 97, NJW-RR 1998, 1508 – Subunternehmervertrag; v. 24.2.1975, WuW/E BGH 1353, 1355 – Schnittblumentransport). Dazu im Detail Bernhard, NJW 2013, 2785. 33 Bei der Bemessung der Höhe der Vertragsstrafe ist darauf zu achten, dass die Strafe in einem sachgerechten Verhältnis zur Bedeutung des Vertragsverstoßes für den Verwender steht (vgl. allgemein BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 26/15, BB 2016, 523 Rz. 34 ff.; v. 13.11.2013, NJW 2014, 2180 Rz. 17 ff.). Ist die Vertragsstrafe im Formularvertrag zu hoch bemessen, kann sie wegen des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion, § 306 Abs. 2 BGB, nicht über § 343 BGB auf ein angemessenes Maß reduziert werden, sondern ist unwirksam. 34 Die Formulierung dient der vom BAG (v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, NZA 2008, 170) verlangten Abgrenzung zwischen einmaliger und Dauerverletzung (dazu Diller, NZA 2008, 574). 35 Das OLG Köln (v. 15.6.2010 – 19 U 53/10) hat eine Klausel zu einer Vertragsstrafe für nichtig erklärt, welche eine Vertragsstrafe iHv. Euro 10.000,– für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zum Inhalt hatte. Das LG Erfurt (v. 1.6.2011 – 10 O 1247/10) hat klargestellt, dass eine Klausel über eine Vertragsstrafe in einer bestimmten Höhe für jede Begehungsform und jede denkbare Art eines Wettbewerbsverstoßes unangemessen und damit unwirksam sei. Regelungen über Vertragsstrafen müssten eine Obergrenze für den Fall mehrerer Verstöße vorsehen. Vorsorglich enthält daher auch das Muster eine Gesamtobergrenze. Vgl. M 25.1.1 m. Anm. sowie Diller, NZA 2008, 574. Allgemein zur Vertragsstrafe Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff. (Etwas differenzierter BGH v. 30.1.2016 – VIII ZR 26/15, BB 2016, 523 Rz. 34: „Ist ein bestimmter Betrag als pauschale Sanktion vorgesehen, ohne dass nach Art, Gewicht und Dauer der Vertragsverstöße differenziert wird, kann die Unangemessenheit schon daraus folgen; eine solche Sanktion wäre nur dann zulässig, wenn dieser Betrag auch angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes noch angemessen wäre.“).

Lingemann | 443

Kap. 9 M 9.1.3 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 10 Vertragsdauer und Kündigung (1) Dieser Vertrag tritt mit Unterzeichnung durch beide Vertragspartner in Kraft. (2) Er endet mit dem vollständigen Erbringen der vom Auftraggeber geschuldeten Leistungen. (3) Der Auftraggeber ist berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende zu kündigen, bei vorzeitiger Beendigung des dem Auftragnehmer erteilten Auftrages mit einer Frist von zwei Wochen. In diesem Fall ist die bis dahin erbrachte Teilleistung entsprechend zu vergüten.36 (4) Unberührt bleibt das Recht der Vertragsparteien zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. (5) Eine Kündigung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich oder per Fax erfolgt. Evtl.37 § 11 Einsatz eigener Arbeitnehmer und Mindestlohn, s. M 9.1.1, §§ 9 f., § 12 Subunternehmer und Mindestlohn, s. M 9.1.1, § 10.

§ 11 Schlussbestimmungen (1) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.38 (2) Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ist […]. (3) Sind oder werden einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen gültig. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.39 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Auftraggeber)

(Auftragnehmer)

36 Die Kündigung dürfte allerdings auch die Rechte des Auftragnehmers nach § 649 BGB auslösen. 37 Es ist nicht völlig geklärt, wie weit die Haftung in § 13 MiLoG reichen soll. Bei unbefangenem Lesen könnte die Norm für jeglichen „Auftraggeber“ (vgl. Überschrift) – also auch für dieses Vertragsmuster – einschlägig sein. Andererseits verweist sie auf § 14 AEntG, der nur den „Generalunternehmer“ erfasst, der also zur Erfüllung eigener vertraglicher Verpflichtungen Subunternehmer einsetzt. Für einen Erstauftraggeber hingegen, der am Markt bloß eine Leistung einkauft, zu der er nicht selbst verpflichtet ist, greift die Haftung daher nicht (BAG v. 1.10.2019 – 5 AZR 241/18, NZA 2020, 112). In der Entscheidung v. 1.10.2019 hat das BAG sehr deutlich in einem obiter dictum ausgeführt, dass dieselbe Auslegung ausweislich der Gesetzesmaterialien auch für § 13 MiLoG gilt (Rz. 25 des Urteils mwN). Demnach ist die umfangreiche Regelung zur Nachunternehmerhaftung nur erforderlich, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer nur einsetzt, um einen dem Auftraggeber selbst erteilen Auftrag zu erfüllen. Zu beachten sind außerdem Sonderregelungen der Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben für bestimmte Branchen nach § 28e Abs. 3a – g SGB IV, die 2019 auf die KEP-Brache ausgeweitet wurden (Gesetz zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten (Paketboten-Schutz-Gesetz), BGBl. I 2019, 1602). Dazu Versin, DB 2020, 181. 38 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. S. auch M 2.1a Ziff. 14. Betriebliche Übungen gelten für Werkunternehmer nicht. 39 S. M 3.1, § 26 m. Anm.

444 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.1.4 Kap. 9

M 9.1.4

Vereinbarung über die Miete von Betriebsmitteln – hier: Nutzung von PC

Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Auftraggeber) und […] (im Folgenden: Auftragnehmer) (die Verwendung des Begriffs „Auftragnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes vereinbart: Zwischen den Parteien besteht der Werkvertrag vom […]. Auf Wunsch des Auftragnehmers wird gemäß § […] dieses Vertrages1 folgende Vereinbarung getroffen:

§ 1 Nutzungsgegenstand (1) Der Auftraggeber vermietet dem Auftragnehmer folgende Soft- und Hardware […] (im Folgenden: der Nutzungsgegenstand). a) Software

monatliche Vergütung Euro […]

b) Hardware

monatliche Vergütung Euro […]

c) Laserdrucker

monatliche Vergütung Euro […]

d) […]

monatliche Vergütung Euro […]

(2) Für die Nutzung dieses Systems zahlt der Auftragnehmer ab Übergabe des Systems jeweils bis zum 5. des laufenden Monats eine monatliche Vergütung in Höhe von Euro […], ggf. zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. (3) Weitere Materialkosten sowie die Betriebs-/Betreiberkosten trägt der Auftraggeber. Die Vergütung ist jeweils am ersten Werktag eines Monats im Voraus fällig. (4) Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, die Gegenstände gemäß Abs. 1 zu nutzen.

§ 2 Pflichten des Auftragnehmers (1) Der Auftragnehmer hat den Nutzungsgegenstand von Eingriffen Dritter oder sonstigen Belastungen (zB Pfandrechten) jeglicher Art freizuhalten. Er hat dem Auftraggeber den etwaigen Zugriff Dritter unverzüglich schriftlich und unter Erteilung aller erforderlichen Auskünfte anzuzeigen. Er trägt die erforderlichen Kosten für alle Maßnahmen zur Abwehr des Zugriffs Dritter, es sei denn, er hat den Zugriff Dritter nicht zu vertreten. (2) Kopien der Software oder Dokumentationen der Hard- und Software, in welcher Form auch immer, darf der Auftragnehmer nicht an Dritte weitergeben oder Dritten zugänglich machen. (3) Der Auftragnehmer wird für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen gemäß Abs. 1 und 2 eine Vertragsstrafe in Höhe von Euro […] an den Auftraggeber zahlen, höchstens jedoch Euro […].2

1 Vgl. M 9.1.3, § 3 Abs. 6. 2 Allgemein zur Vertragsstrafe Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“, Kap. 2 Rz. 130 ff., M 25.1.1 m. Anm. sowie Diller, NZA 2008, 574.

Lingemann | 445

Kap. 9 M 9.1.4 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 3 Pflichten des Auftraggebers (1) Der Auftraggeber führt während der Vertragslaufzeit die notwendigen Instandsetzungsarbeiten/Funktionsprüfungen durch. Die Kosten sind von der monatlichen Nutzungsvergütung gemäß § 1 Abs. 2 abgedeckt. (2) Der Auftragnehmer wird alle Störungen unverzüglich mitteilen. Der Auftraggeber wird auftretende Störungen unverzüglich nach Mitteilung des Auftragnehmers beheben. (3) Den Mitarbeitern des Auftraggebers oder von ihm beauftragten Dritten wird für die in diesem § 3 aufgeführten Tätigkeiten der Zugang zu den Geräten ermöglicht. (4) Kosten für Diagnose- und Instandsetzungsarbeiten, die aus vom Auftragnehmer zu vertretenden Gründen erforderlich werden (u.a. unsachgemäße Bedienung), trägt der Auftragnehmer.

§ 4 Ausschluss von Schadensersatzansprüchen (1) Schadensersatzansprüche gleich aus welchen Rechtsgründen gegen den Auftraggeber sind ausgeschlossen, sofern sich aus Nachstehendem nichts Anderes ergibt. Dies gilt insbesondere für Schäden, die nicht selbst an dem Nutzungsgegenstand entstehen, insbesondere für entgangenen Gewinn und sonstige Vermögensschäden. (2) Der Auftraggeber haftet jedoch, wenn die Schadensursache auf Verschulden seiner Geschäftsleitung oder der leitenden Angestellten oder auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit seiner sonstigen Erfüllungsgehilfen oder auf dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft beruht. Im Falle grober und einfacher Fahrlässigkeit haftet der Auftraggeber nur auf den vorhersehbaren Schaden. evtl.3 (2) Nicht ausgeschlossen ist eine Haftung des Auftraggebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen wegen Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit sowie bei Schäden, die aus der fahrlässigen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit resultieren. (3) Vorstehende Haftungsregelung gilt für alle Ansprüche auf Schadensersatz, ausgenommen solche Ansprüche des Auftraggebers, die auf dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) beruhen.

§ 5 Vertragsdauer und Pflichten bei Vertragsbeendigung (1) Der Mietvertrag wird für die Dauer von […] Jahren geschlossen, beginnend mit dem Tag der Betriebsbereitschaft. Er verlängert sich automatisch um jeweils […] Monate, wenn er nicht zuvor unter Einhaltung einer Frist von einem Monat schriftlich oder per Fax gekündigt wird. Der Vertrag endet spätestens mit Beendigung des in der Erläuterung genannten Werkvertrages zwischen den Parteien. (2) Mit dem Ende der Vertragslaufzeit gibt der Auftragnehmer alle bei ihm befindlichen Datensicherungen/ Speichermedien sowie alle ihm überlassenen Gegenstände an den Auftraggeber zurück. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht, es sei denn, sein Gegenanspruch ist unstreitig oder rechtskräftig festgestellt.4

3 Zwar gilt § 309 Nr. 7 BGB zwischen Unternehmern aufgrund § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht. Allerdings bestimmt § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass die Wertungen über § 307 BGB auch dort Gültigkeit haben können, vgl. BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 Rz. 32; v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774 Rz. 12 (Indizwirkung der Verbote auch im unternehmerischen Verkehr). Dementsprechend sollte bei diese Klausel gegenüber einem Auftragnehmer, dessen Position der eines Verbrauchers, § 14 BGB, nahekommt (das soll bei wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Auftraggeber in Betracht kommen, MüKoBGB/Basedow, § 310 BGB Rz. 7 f.), an die Bestimmungen des § 309 Nr. 7 BGB angepasst werden. Für verbrauchernahe Verträge daher das nachstehende Klauselangebot. 4 Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts in Formularverträgen ist grds. wegen § 309 Nr. 2b BGB unwirksam; zum Arbeitsverhältnis vgl. Kap. 2 Rz. 72. Im unternehmerischen Verkehr ist ein formularmäßiger Ausschluss aber wohl wirksam, vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit der Gegenanspruch nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. (PWW/Berger, § 309 BGB Rz. 16).

446 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.2 Kap. 9

§ 6 Schlussbestimmungen (1) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.5 (2) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.6 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Auftraggeber)

(Auftragnehmer)

5 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff. sowie AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. S. auch M 2.1a, Ziff. 14. Betriebliche Übungen gelten für Werkunternehmer nicht. 6 S. M 3.1, § 26 m. Anm.

M 9.2 Beratervertrag Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Auftraggeber) und […] (im Folgenden: Berater) (die Verwendung des Begriffs „Berater“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes vereinbart:1

§ 1 Aufgabengebiet und Leistungsumfang (1) […] wird als Berater den Auftraggeber in allen Fragen der Verkaufsförderung,2 insbesondere […] beraten. evtl. Die Leistungen des Beraters umfassen im Einzelnen […]. (2) Das Vertragsverhältnis wird auf eigenen, ausdrücklichen Wunsch von Herrn/Frau […] als freies Beraterverhältnis begründet; insbesondere, um auch anderen Tätigkeiten nachgehen zu können, soweit sie nicht gegen § 5 dieses Vertrages verstoßen.3 Der Berater ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. 1 Vgl. auch Schaub/Siebert, Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, 13. Aufl. 2019, Muster A 402, S. 177 ff. 2 Damit nicht in der vertraglichen Praxis ein Weisungsrecht entsteht, das dann zu einem Arbeitsverhältnis führt (vgl. Rz. 9), muss der Vertragsgegenstand so präzise wie möglich angegeben werden. 3 Zum Vertragswunsch des Auftragnehmers vgl. Rz. 9. Wenn der Vertragswunsch geäußert wurde, sollte er auch festgehalten werden, notfalls auch durch internen Aktenvermerk außerhalb des Vertrages.

Lingemann | 447

Kap. 9 M 9.2 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses (3) Der Berater ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes, seiner Arbeitszeit und des Arbeitsablaufes frei. Er verpflichtet sich aber, für den Auftraggeber wöchentlich während […] Stunden, maximal […] Stunden tätig zu sein.4 evtl. (4) Der Berater verpflichtet sich, höchstpersönlich für den Auftraggeber tätig zu werden.5 (5) Sofern der Berater an der rechtzeitigen Auftragserfüllung gehindert sein sollte, verpflichtet ser sich, dem Auftraggeber unverzüglich darüber schriftlich/per Mail/Fax zu informieren. evtl. (6) Für den Auftraggeber begründet dieser Vertrag keine Verpflichtung, Aufträge zu erteilen. Der Berater ist frei darin, einzelne Aufträge abzulehnen. Die Ablehnung muss binnen […] Tagen schriftlich/per Mail/Fax gegenüber dem Auftraggeber erfolgen.6

§ 2 Vergütung (1) Der Berater erhält für seine Tätigkeit ein Stundenhonorar von Euro […], soweit er mehrwertsteuerpflichtig ist, zzgl. Mehrwertsteuer. Das Honorar wird jeweils bis zum […] eines Monats für den vorangegangenen Monat abgerechnet. (2) Steuern und Sozialabgaben führt der Berater selbst ab. Ansprüche auf Urlaub und Vergütungsfortzahlung bestehen nicht. (3) Es bestehen keine Ansprüche auf Urlaub und Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall. (4) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des Beraters abgegolten.

§ 3 Aufwendungsersatz7 (1) Der Auftraggeber ersetzt dem Berater die erforderlichen und nachgewiesenen Aufwendungen für Reisen, Telefon und Porto, die in Ausübung seiner Aufgaben im Rahmen dieses Vertrages entstehen, bis zu einer Höhe von Euro […] monatlich.8 (2) Die Erforderlichkeit von größeren Reisen ist vor Reiseantritt mit dem Auftraggeber abzustimmen. (3) Der Berater wird seine Aufwendungen monatlich, spätestens bis zum […] Werktag des nachfolgenden Monats abrechnen.

4 Die Stundenzahl sollte möglichst von 40 Stunden/Woche – der typischen Arbeitszeit für Vollzeitarbeitnehmer – entfernt sein. Soweit der Auftragnehmer Dritte einsetzen kann, kann auch eine deutlich darüber liegende Stundenzahl vereinbart werden, die nur unter Einsatz von Dritten durchgeführt werden kann. Ist der Auftragnehmer – wie typischerweise beim Beratervertrag – persönlich tätig, so sollte die Stundenzahl deutlich unter 40 Stunden liegen. 5 Vgl. die Zweifelsregelung in § 613 BGB. Die höchstpersönliche Verpflichtung ist ein starkes Indiz für eine abhängige Beschäftigung und begründet damit ein erhöhtes Risiko hierfür. Daher sollte eine derartige Formulierung nur bei bestehender Notwendigkeit und dann verwendet werden, wenn gleichzeitig starke Indizien für eine selbständige Tätigkeit vorhanden sind. 6 Die persönliche Unabhängigkeit des Auftragnehmers manifestiert sich bei dieser Gestaltung in seiner Freiheit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, die der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis gerade nicht hat. Nach abzulehnender Entscheidung des BSG v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R, juris/BeckRS 2016, 66641 Rz. 19 f. soll ein Rahmenvertrag jedoch kein Indiz mehr für die freie Stellung des Auftragnehmers sein, differenzierter BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 295/18, NZA 2019, 1411. Einzelheiten s. Einf. Rz. 9. 7 Die Stellung von Betriebsmitteln durch den Auftraggeber ist ein Indiz gegen ein freies Vertragsverhältnis. Sie sollte daher möglichst auf den Ersatz von Spesen beschränkt werden. 8 Die Verwendung eines firmeneigenen Kfz ist typischer Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses. Dadurch werden auch Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Sie ist daher nicht ratsam und nur vertretbar, soweit andere Indizien gegen ein Arbeitsverhältnis überwiegen.

448 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.2 Kap. 9

§ 4 Vertragsdauer und Kündigung (1) Der Berater nimmt die Beratungstätigkeit am […] auf. (2) Der Vertrag kann ohne Angabe von Gründen spätestens am 15. eines Monats zum Schluss des Kalendermonats gekündigt werden.9 Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. (3) Jede Kündigung hat schriftlich zu erfolgen.

§ 5 Verschwiegenheit und Treuepflicht (1) Der Berater wird über alle ihm bekannt gewordenen oder bekannt werdenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Auftraggebers Stillschweigen bewahren, soweit er nicht gesetzlich zur Auskunft verpflichtet ist. Diese Verpflichtung besteht auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.10 (2) Für die Dauer des Vertrages ist es dem Berater untersagt, für ein mit dem Auftraggeber konkurrierendes oder im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig zu werden, ein solches zu gründen oder sich an einem solchen zu beteiligen. Folgende Tätigkeiten des Beraters sind vom Verbot ausgenommen: […]11 evtl. (3) Vertragsstrafe [s. M 9.1.3, § 9 Abs. 2]

§ 6 Aufbewahrung und Rückgabe von Unterlagen (1) Der Berater verpflichtet sich, alle ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen sowie sämtliche selbst angefertigten Schriftstücke oder andere Aufzeichnungen, auch Konzepte, die sich in seinem Besitz befinden und die Angelegenheiten des Auftraggebers betreffen, ordnungsgemäß aufzubewahren, insbesondere dafür zu sorgen, dass Dritte nicht Einsicht nehmen können. (2) Unterlagen und Aufzeichnungen nach Absatz 1 sind, gleich auf welchem Datenträger, während der Dauer des Vertragsverhältnisses auf Anforderung, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unverzüglich und unaufgefordert dem Auftraggeber zurückzugeben. (3) Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht, es sei denn, der Gegenanspruch ist unstreitig oder rechtskräftig festgestellt.12

§ 7 Datengeheimnis (1) Es ist dem Berater untersagt, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu erheben, verarbeiten, bekannt zu geben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen. Die Verpflichtung des Beraters auf das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort. Verstöße können nach Art. 83 DSGVO oder §§ 42, 43 BDSG oder anderen einschlägigen Rechtsvorschriften mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. 9 Nach § 621 Nr. 3 BGB kann das Dienstverhältnis am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats gekündigt werden, wenn die Vergütung nach Monaten bemessen ist. Auch wenn im vorliegenden Beispiel auf Stundenbasis abgerechnet wird, empfiehlt sich diese Regelung, vor allem auch im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Satz 2 des Musters. 10 Zu Geheimhaltungsklauseln nach Inkrafttreten des GeschGehG s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b sowie zu einer ausführlicheren Klausel, Einzelheiten und Alternativen M 3.1 § 5. 11 Ein generelles Nebentätigkeitsverbot wäre – anders als ein Konkurrenzverbot – ein starkes Indiz für ein Arbeitsverhältnis. Zum Nebentätigkeitsverbot in Arbeitsverhältnissen s. Kap. 2 Rz. 115 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Nebentätigkeitsverbot“ sowie unter M 2.1a Ziff. 9. 12 Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts in Formularverträgen ist grundsätzlich wegen § 309 Nr. 2b BGB unwirksam; zum Arbeitsverhältnis vgl. Kap. 2 Rz. 72. Im unternehmerischen Verkehr ist ein formularmäßiger Ausschluss aber wohl wirksam, vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit der Gegenanspruch nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist (PWW/Berger, § 309 BGB Rz. 16).

Lingemann | 449

Kap. 9 M 9.2 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses (2) Die Firma hat den Berater über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und seine diesbezüglichen Rechte informiert durch […]. Eine aktuelle Fassung der Information kann unter […] eingesehen werden.13 evtl. (3)14 Sofern sich der Berater eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine Erklärung nach dem Bundesdatenschutzgesetz gemäß Abs. 1 (dazu Anlage […] abzugeben. Der Berater ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich dem Auftraggeber zuzuleiten.

§ 8 Schlussbestimmungen (1) Gerichtsstand ist […] (2) Sonstige Vereinbarungen bestehen nicht. (3) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.15 (4) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung als ungültig oder unwirksam erweisen, werden die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung dadurch nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten Zweck möglichst nahe kommt.16 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Herr/Frau […])

13 Diese Klausel ist nicht zwingend, kann aber als Erinnerungsposten dafür dienen, den Berater entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 13, 14 Verordnung (EU) Nr. 2016/679 (DatenschutzGrundverordnung) zu informieren. Außerdem ist der Berater (wie bislang gem. § 5 BDSG a.F.) außerhalb des Vertrages über seine Pflichten beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu belehren und auf das sogenannte „Datengeheimnis“ zu verpflichten. 14 Abs. 3 kommt nur in Betracht, wenn entgegen § 1 Abs. 4 der Einsatz Dritter erlaubt ist, bei Verwendung wäre also § 1 Abs. 4 entsprechend anzupassen. 15 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff. sowie AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. S. auch M 2.1a Ziff. 14. Betriebliche Übungen gelten für Berater nicht. 16 S. M 3.1, § 27 m. Anm.

M 9.3 Vertrag mit einem Interimsmanager Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Firma) und […] (im Folgenden: Interimsmanager) (die Verwendung des Begriffs „Interimsmanager“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes1 vereinbart:2 1 Vertragsmuster in Anlehnung an Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482. 2 Diesem Muster liegt ein direktes Vertragsverhältnis zwischen Unternehmen und Interimsmanager zugrunde. Zu Alternativen s. Rz. 22.

450 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.3 Kap. 9

§ 1 Gegenstand der Vereinbarung3 (1) Der Interimsmanager erbringt für die Firma die unter § 2 näher bezeichnete Dienstleistung.4 (2) Die Parteien sind sich darüber einig, dass dieser Vertrag kein Arbeitsverhältnis begründet, sondern als Dienstleistungsvertrag durchgeführt wird. Dies geschieht auf ausdrücklichen Wunsch des Interimsmanagers. (3) Der Interimsmanager ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein, solange dies seine Leistungsfähigkeit gegenüber der Firma nicht beeinträchtigt.

§ 2 Aufgabengebiet und Leistungsumfang (1) Die Dienstleistung des Interimsmanagers umfasst im Einzelnen: […]5 (2) Der Interimsmanager ist vorbehaltlich konkret projektbezogener Vorgaben der Projektmanager nicht an Weisungen der Firma gebunden. Er ist bei der Durchführung der Geschäfte an die Gesetze, diesen Vertrag sowie den Gesellschaftsvertrag und die Geschäftsordnung für die Gesellschafter in der jeweils gültigen Fassung gebunden und hat die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes6 zu führen. (3) Der Interimsmanager ist in der Wahl von Ort, Zeit und Art der Durchführung seiner Tätigkeit frei.7 (4) Sofern der Interimsmanager an der Auftragserfüllung gehindert sein sollte, wird er die Firma rechtzeitig vorher darüber informieren. evtl. (5) Der Interimsmanager kann sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch anderer Personen bedienen.8 Er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistungen gegenüber der Firma verantwortlich.9 3 Zu Beteiligungsrechten des Betriebsrates beim Einsatz von Interimsmanagern Oltmanns/Fuhlrott, DB 2016, 591. 4 Wird der Interimsmanager, anders als im Muster, als Geschäftsführer bestellt, besteht ein erhebliches Risiko einer abhängigen Beschäftigung: Das BSG geht in st. Rspr. davon aus, dass Fremdgeschäftsführer, also Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile, in der Regel in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis iSv § 7 SGB IV stehen (vgl. nur BSG v. 29.8.2012 – B 12 R 14/10 R, BeckRS 2013, 66534; vgl. auch LSG Bayern v. 20.10.2016 – L 7 R 920/15, BeckRS 2016, 74110). Grund hierfür ist, dass ein Fremdgeschäftsführer grds. an die Beschlüsse und Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden ist, ohne dass er auf diese von ihm zu vollziehenden Beschlüsse der Gesellschaft einen unmittelbaren Einfluss hat. Der Vertrag enthält zwar eine ganze Reihe von Indizien gegen eine abhängige Beschäftigung – Freiheit zur Tätigkeit für andere Auftraggeber, Freiheit beim Einsatz Dritter, freie Wahl von Ort, Zeit und Art der Durchführung der Tätigkeit, Einschränkung des Weisungsrechtes –; in jedem Fall ist zur sozialversicherungsrechtlichen Absicherung aber ein Verfahren nach § 7a SGB IV dringend anzuraten. 5 Um kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen, ist darauf zu achten, dass der Interimsmanager im Wesentlichen selbständig und weisungsfrei agieren kann. Die Führungsaufgaben sollten im Vertrag klar definiert sein. Eine selbständige Beschäftigung liegt nahe, wenn sich das Aufgabengebiet des Interimsmanagers auf Projektarbeit außerhalb des Tagesgeschäftes beschränkt, zB Restrukturierungsmaßnahmen, Börsengänge, Unternehmenstransaktionen oder spezifische Produkteinführung. Eher für eine abhängige Beschäftigung spricht demgegenüber der Einsatz des Interimsmanagers im aktuellen Tagesgeschäft zur Überbrückung von personellen Engpässen. Vgl. Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 573; Dahl, DB 2005, 1738, 1740; Mehnert, AuA 2013, 14 (Sonderausgabe); Velten, ArbR 2013, 190. 6 Zu diesem Maßstab vgl. etwa OLG Koblenz v. 12.5.1999 – 1 U 1649/97, NJW-RR 2000, 483. 7 Ein deutliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung wäre es, wenn die Firma den zeitlichen oder örtlichen Rahmen der Arbeitsleistung des Interimsmanagers einseitig festlegen könnte. Das sollte daher möglichst unterbleiben. Werden trotzdem Zeitvorgaben vereinbart, sollten diese sich möglichst von der für ein Arbeitsverhältnis typischen 40-Stunden-Woche unterscheiden, indem sie deutlich darunter oder – bei Einsatz eigener Mitarbeiter des Interimsmanagers – auch deutlich darüber liegen. 8 Anders als M 9.1.1, M 9.1.2 und M 9.1.3 enthält dieser Vertrag an dieser Stelle keinen Vorbehalt für eine Mindestlohnklausel und im weiteren Muster keine solche Klausel. Der Grund liegt darin, dass der Einsatz eigener Mitarbeiter unterhalb des Mindestlohns bei Einsatz eines Interimsmanagers die klare Ausnahme

Lingemann | 451

Kap. 9 M 9.3 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 3 Vergütung und Rechnungsstellung (1) Der Interimsmanager erhält eine Pauschalvergütung von Euro […] Diese ist innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf der Vertragslaufzeit zu zahlen. (2) Der Auftragnehmer kommt selbst für seine soziale Absicherung auf und führt die erforderlichen Steuern und Sozialabgaben ab. Dies ist bei der Berechnung der Vergütung einkalkuliert. (3) Dem Interimsmanager stehen keine Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche zu. oder (1) Der Interimsmanager erhält für seine Tätigkeit eine Tagespauschale von Euro […]. evtl. Die Parteien gehen dabei von einer durchschnittlichen Tätigkeit von […] Stunden pro Tag aus.10 Das Honorar wird der Interimsmanager jeweils bis zum […] eines Monats für den vorangegangenen Monat in Rechnung stellen. Die Zahlung der Vergütung erfolgt zehn Tage nach Rechnungseingang. (2) Soweit der Interimsmanager mehrwertsteuerpflichtig ist, ist die Vergütung jeweils zzgl. Mehrwertsteuer zu zahlen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen. (3) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des Interimsmanagers abgegolten. oder (3) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des Interimsmanagers abgegolten. Dies gilt nicht für Reisekosten und Reisespesen, die durch die Erfüllung der Aufgaben veranlasst sind. Für Reisen mit dem eigenen Pkw zahlt die Firma insoweit pauschal Euro […] pro gefahrenem Kilometer, für Bahnreisen werden die nachgewiesenen Kosten zweiter Klasse erstattet.

§ 4 Vertragsdauer und Kündigung (1) Dieser Vertrag ist befristet und endet zum […] (2) Er kann von beiden Seiten mit einer Frist von […] zum Monatsende gekündigt werden, frühestens jedoch zum […]. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. (3) Jede Kündigung bedarf der Schriftform.

§ 5 Herausgabe von Unterlagen11 (1) Der Interimsmanager hat auf Verlangen der Firma, spätestens aber beim Ausscheiden, alle in seinem Besitz befindlichen Gegenstände, Firmenunterlagen nebst Abschriften oder Ablichtungen einschließlich der Kundenkartei, gleich auf welchem Datenträger, herauszugeben. (2) Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht, es sei denn, der Gegenanspruch ist unstreitig oder rechtskräftig festgestellt.12

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darstellt, so dass das Risiko überschaubar sein dürfte. Sollte gleichwohl eine entsprechende Absicherung gewollt sein, müsste man sich an M 9.1.1, § 3 iVm. §§ 9, 10 orientieren. Die Befugnis, eigene Hilfspersonen einzusetzen, ist ein Indiz gegen eine abhängige Beschäftigung (vgl. Rz. 9 mwN). Die Vereinbarung eines Stundenhonorars würde demgegenüber eher ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nahelegen und sollte daher vermieden werden. Auch während der Laufzeit des Vertrages darf der Interimsmanager keine Kopien von Firmenunterlagen zu privaten Zwecken anfertigen, um sich gegen mögliche spätere Vorwürfe angemessen verteidigen zu können. Ein solches Verhalten könnte ggf. den Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigen (Tauth/Roeder, BB 2013, 1333 mwN). Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts in Formularverträgen ist grds. wegen § 309 Nr. 2b BGB unwirksam; zum Arbeitsverhältnis vgl. Kap. 2 Rz. 72. Im unternehmerischen Verkehr ist ein formularmäßiger Ausschluss aber wohl wirksam, vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit der Gegenanspruch nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist (PWW/Berger, § 309 BGB Rz. 16).

452 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.3 Kap. 9

§ 6 Geheimhaltung13 (1) Der Interimsmanager wird sich vertrauliche Informationen einschließlich Geschäftsgeheimnissen14 der Firma nicht aneignen außer zu vertraglichen Zwecken. Er wird sie ferner dritten Personen, einschließlich Arbeitnehmern und Auftragnehmern der Firma, nicht ohne vorherige Zustimmung der Firma offenlegen und wird sie ausschließlich für Zwecke des Vertragsverhältnisses nutzen. Ferner wird er Geheimhaltungsmaßnahmen entsprechend den Vorgaben der Firma ergreifen15 (Pflichten nach diesem Abs. 1 insgesamt „Geheimhaltungspflicht“). (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Vertrages. Soweit der Interimsmanager durch die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beeinträchtigt wird, kann er von der Firma die Befreiung von dieser Pflicht verlangen. (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen insbesondere: Geschäftsstrategien wirtschaftliche Planungen, Preiskalkulationen und –gestaltungen, Wettbewerbsmarktanalysen, Umsatz- und Absatzzahlen, Personaldaten, Personalrestrukturierungskonzepte, Produktspezifikationen, Erfindungen, technische Verfahren und Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind und einen wirtschaftlichen Wert für die Firma darstellen, Kundendaten, Lieferantendaten, Passwörter, Zugangskennungen, […]. (4) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht in den in den Fällen des § 5 GeschGehG. (5) Sofern sich der Interimsmanager eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine entsprechende Geheimhaltungserklärung zugunsten der Firma gemäß Abs. 1–4 (dazu Anlage […]) abzugeben. Der Interimsmanager ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich der Firma zuzuleiten.

§ 7 Datengeheimnis (1) Es ist dem Interimsmanager untersagt, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu erheben, verarbeiten, bekannt zu geben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen. Die Verpflichtung des Interimsmanager auf das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort. Verstöße können nach Art. 83 DS-GVO oder §§ 42, 43 BDSG oder anderen einschlägigen Rechtsvorschriften mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. (2) Die Firma hat den Interimsmanager über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und seine diesbezüglichen Rechte informiert durch […]. Eine aktuelle Fassung der Information kann unter […] eingesehen werden.16 evtl. (3)17 Sofern sich der Interimsmanager eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine Erklärung nach dem Bundesdatenschutzgesetz gemäß Abs. 1 (dazu Anlage […]) abzugeben. Der Interimsmanager ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich dem Auftraggeber zuzuleiten. 13 Zu Geheimhaltungsklauseln nach Inkrafttreten des GeschGehG s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b sowie zu einer ausführlicheren Klausel, Einzelheiten und Alternativen M 3.1 § 5. 14 Mit Inkrafttreten des GeschGehG am 26.4.2019 findet sich die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG. 15 Damit wird klargestellt, dass insb. die Geheimhaltungsmaßnahmen nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG (die der Arbeitgeber festlegen muss), tatsächlich umgesetzt werden. 16 Diese Klausel ist nicht zwingend, kann aber als Erinnerungsposten dafür dienen, den Interimsmanager entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 13, 14 Verordnung (EU) Nr. 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) zu informieren. Außerdem ist der Interimsmanager (wie bislang gem. § 5 BDSG aF.) außerhalb des Vertrages über seine Pflichten beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu belehren und auf das sogenannte „Datengeheimnis“ zu verpflichten. 17 Abs. 3 kommt nur in Betracht, wenn entgegen § 1 Abs. 4 der Einsatz Dritter erlaubt ist, bei Verwendung wäre also § 1 Abs. 4 entsprechend anzupassen.

Lingemann | 453

Kap. 9 M 9.3 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 8 Wettbewerbsverbot (1) Für die Dauer der Laufzeit dieses Vertrages ist es dem Interimsmanager untersagt, ohne Genehmigung der Firma für ein mit der Firma im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig zu werden, ein solches zu gründen oder sich an einem solchen zu beteiligen. (2) Folgende Tätigkeiten des Interimsmanagers sind genehmigt: […]. evtl. (3) Vertragsstrafe [s. M 9.1.1, § 7 (3) sowie M 25.1.1 mwN]

§ 9 Haftung und Gewährleistung18 (1) Der Interimsmanager wird geeignete Haftpflichtversicherungen abschließen und insofern Nachweise binnen eines Monats nach Abschluss dieses Vertrages bei der Firma einreichen.19 Durch die Versicherungen müssen alle direkten und indirekten Schäden abgedeckt werden, die durch die Tätigkeit des Interimsmanagers im Rahmen seiner Vertragspflichten entstehen können. Dies umfasst Vermögens, Sach- und Personenschäden, die der Firma und/oder Kunden aufgrund nicht ordnungsgemäßer Erfüllung dieses Vertrages entstehen können. (2) Bedient sich der Interimsmanager bei der Erfüllung seiner Aufgaben anderer Personen, hat er dafür Sorge zu tragen, dass diese von den entsprechenden Versicherungen umfasst sind. (3) Reicht der Interimsmanager die Versicherungsnachweise nicht fristgemäß ein, ist die Firma berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von […] Wochen zu kündigen.

§ 10 Ausschlussfristen Alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von […]/sechs Monaten20 ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

§ 11 Schlussbestimmungen (1) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung als ungültig oder unwirksam erweisen, werden die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung dadurch nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer ungültigen oder unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame, gültige und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.21 (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.22 (3) Gerichtsstand ist […].

18 Eine Regulierung der Haftungsrisiken spielt in der vertraglichen Ausgestaltung eine wichtige Rolle. Denn Haftungsrisiken können vertraglich nur bedingt ausgeschlossen werden, so dass die versicherungsrechtliche Regulierung in den Vordergrund rückt (Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482, 1484.). Diese Klausel orientiert sich am Vorschlag von Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482, 1485. 19 Im Regelfall wird dies eine Betriebshaftpflichtversicherung und eine Vermögensschadensversicherung umfassen; bei Übernahme einer Führungsposition beim Kunden ggf. auch eine D&O-Versicherung (Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482, 1484). 20 Eine zu kurze Frist würde die Klausel unwirksam machen. In der arbeitsgerichtlichen Rspr. sind als Untergrenze drei Monate anerkannt (BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699; v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111, 1114 (unter d)). 21 S. M 3.1, § 26 m. Anm. 22 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff. sowie AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. S. auch M 2.1a, Ziff. 14. Betriebliche Übungen gelten für den Interimsmanager nicht.

454 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.4 Kap. 9 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Interimsmanager)

M 9.4 On Demand Economy – Rahmenvertrag für Kurierfahrer mit Auftrags-

erteilung über APP

Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Auftraggeber) und […] (im Folgenden: Auftragnehmer) (die Verwendung des Begriffs „Auftragnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes vereinbart:1

§ 1 Gegenstand der Vereinbarung (1) Die Firma beabsichtigt, dem Auftragnehmer über die App gem. § 5 Aufträge für Transportleistungen anzubieten. Es wird kein Arbeitsverhältnis begründet. (2) Der Auftragnehmer ist frei darin, die Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Für den Auftraggeber begründet dieser Vertrag keine Verpflichtung, Aufträge zu erteilen. (3) Der Auftragnehmer ist frei darin, auch für andere Auftraggeber einschließlich Wettbewerbern tätig zu sein. (4) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für die Gewerbeanmeldung wird der Auftragnehmer selbst Sorge tragen. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt.

§ 2 Leistungsumfang (1) Gegenstand der jeweiligen Aufträge ist der Transport mit Fahrrad, Auto, Motorrad oder Roller nach Wahl des Auftragnehmers von warmen/kalten Gerichten und/oder Getränken („Bestellung“) von Restaurants oder anderen Partnern des Auftraggebers („Partner“) an Kunden, die der Auftraggeber dem Auftragnehmer über die Fahrer-App („App“) mitteilt. (2) Der Auftragnehmer entscheidet frei, ob, wann und wo er sich zur Entgegennahme von Angeboten für Transportleistungen gem. Abs. 1 in die App einloggt. (3) Während der Auftragnehmer in die App eingeloggt ist, kann er frei entscheiden, jedes ihm gemachte Angebot anzunehmen oder abzulehnen. (4) Sollte der Auftragnehmer trotz Annahme des Auftrages an der Auftragserfüllung gehindert sein, wird er den Auftraggeber unverzüglich darüber informieren (§ 419 HGB). (5) Wenn der Auftragnehmer ein Angebot für einen Transportauftrag angenommen hat, begibt er sich zum Partner, um die Bestellung abzuholen, und liefert die Bestellung an den Kunden. Dabei kann er jede beliebige Route fahren, die er für sicher und effizient hält. 1 Zur selbständigen Tätigkeit bei dieser Vertragsgestaltung LAG Berlin-Brandenburg v. 17.9.2020 – 6 Sa 411/ 20, juris.

Lingemann | 455

Kap. 9 M 9.4 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 3 Einsatz Dritter Der Auftragnehmer kann sich [evtl.: nach Maßgabe von §§ […] dieses Vertrages]2 bei der Erbringung der Transportleistungen auch anderer Personen bedienen. Er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistung gegenüber der Firma verantwortlich.

§ 4 Betriebsmittel Der Auftragnehmer stellt die zur Erbringung der Dienste erforderlichen Betriebsmittel einschließlich seines eigenen Telefons sowie Fahrrads, Autos, Motorrads oder Rollers.

§ 5 Sorgfalt Der Auftragnehmer wird die Transportleistung mit der erforderlichen Sorgfalt erbringen, insbesondere – alle geltenden gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf die Nutzung seines Fahrzeugs erfüllen und gewährleisten, dass es in gutem Zustand und straßentauglich ist. Verwendet der Auftragnehmer ein Fahrrad, ein Motorrad oder einen Roller, wird er für den Straßenverkehr angemessene Sicherheitsausrüstung einschließlich eines Sturzhelms verwenden; – eine Ausrüstung zum Transport von Speisen verwenden, die den jeweils geltenden technischen [ggf. und lebensmittelrechtlichen] Anforderungen entspricht.

§ 6 Lizenz für die Nutzung der APP (1) Der Auftraggeber räumt dem Auftragnehmer eine nicht-ausschließliche Lizenz zur Nutzung der App für die Zwecke dieses Vertrags ein. Der Auftragnehmer wird die App auf dem (den) von ihm für die Auftragsabwicklung eingesetzten Smartphone(s) installieren und ausschließlich nach Maßgabe dieses Vertrags nutzen. (2) Die Vervielfältigung der App zum Zweck der unentgeltlichen oder entgeltlichen Weitergabe an Dritte ist ausgeschlossen. Zur vertragsgemäßen Nutzung der App gehört jedoch die Herstellung einer Sicherungskopie. Die Sicherungskopie darf ausschließlich zu Sicherungszwecken verwendet werden. (3) Der Auftragnehmer wird die in der App enthaltenen Schutzrechtsvermerke unverändert beibehalten sowie in einer etwaigen Sicherungskopie in unveränderter Form übernehmen. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die Überlassung des Quellcodes oder von Teilen des Quellcodes der App unter diesem Vertrag. (4) Der Auftragnehmer darf die ihm an der App eingeräumten Nutzungsrechte nicht auf Dritte übertragen. Soweit er sich zur Erbringung der Transportleistungen jedoch anderer Personen nach § 3 bedient, darf der Auftragnehmer diesen die Nutzung des (der) für die Auftragsabwicklung genutzten Smartphone(s) mit der App gestatten, um die Aufträge abwickeln zu können. Die Rechte des Dritten an der App gehen nicht über seine Rechte hinaus und enden automatisch, wenn seine Rechte zur Nutzung der App unter diesem Vertrag entfallen. Der Auftragnehmer wird dies durch geeignete Vereinbarungen mit dem Dritten sicherstellen. (5) Die Lizenz für die App tritt mit Unterzeichnung dieses Vertrags durch beide Parteien in Kraft und endet automatisch mit Beendigung dieses Vertrags. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. Bei Beendigung der Lizenz ist der Auftragnehmer verpflichtet, die App inklusive der evtl. existierenden Sicherungskopie zu deinstallieren und die Nutzung unverzüglich einzustellen. Der Auftragnehmer wird sicherstellen, dass sich die bei der Auftragsabwicklung eingesetzten Dritten entsprechend verhalten. (6) Die ihm von dem Auftraggeber zur Verfügung gestellten Updates der App wird der Auftragnehmer unverzüglich installieren. (7) Für die Nutzung der App zahlt der Auftragnehmer an den Auftraggeber eine Lizenzgebühr in Höhe von […], ggf. zzgl. Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe. Der Auftraggeber stellt ihm über die Lizenzgebühr (zzgl. Umsatzsteuer) eine ordnungsgemäße Rechnung iSv. § 14 UStG. Der Auftraggeber behält die Lizenzgebühr (zzgl. Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe) von dem jeweiligen Rechnungsbetrag vor Auszahlung an Dich ein. Mit der Lizenzgebühr abgegolten sind auch evtl. von dem Auftraggeber zur Verfügung gestellte Updates der App. 2 Der Vorbehalt gilt für den Fall, dass die Subunternehmerklausel gem. M 9.1.1, §§ 9, 10, auch in diesem Vertrag verwendet werden soll. Dann wären die entsprechenden §§ in den Platzhalter aufzunehmen. Ansonsten ist der Zusatz zu streichen.

456 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.4 Kap. 9

§ 7 Vergütung und Rechnungsstellung (1) Der Auftragnehmer erhält für seine Tätigkeit ein Honorar von Euro […] pro abgeschlossenem Transportauftrag. Der Transportauftrag ist abgeschlossen mit Zustellung an den Kunden. (2) Das Honorar wird jeweils bis zum […] eines Monats für den vorangegangenen Monat abgerechnet. Die Zahlung der Vergütung erfolgt zehn Tage nach Rechnungseingang. (3) Soweit der Auftragnehmer mehrwertsteuerpflichtig ist, ist die Vergütung jeweils zzgl. Mehrwertsteuer zu zahlen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen. (4) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des Auftragnehmers abgegolten. (5) Von Kunden gezahlte Trinkgelder stehen dem Auftragnehmer zu.

§ 8 Haftung (1) Der Auftragnehmer haftet für etwaige Schäden, die infolge eines fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens bei der Erbringung der Leistungen gem. § 1 durch den Auftragnehmer oder von Ihm beauftragte Dritte entstehen. (2) Der Auftraggeber haftet bei der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten (sogenannter Kardinalpflichten) unter diesem Vertrag auf Aufwendungs- und Schadensersatz (im Folgenden gemeinsam „Schadensersatz“). Kardinalpflichten sind alle Pflichten, deren Verletzung die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sowie alle Pflichten, deren Erfüllung die ordnungsgemäße der Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Auftragnehmer regelmäßig vertrauen darf. Soweit jedoch die Verletzung einer Kardinalpflicht nur leicht fahrlässig geschieht und nicht zu einer Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit führt, sind seine Ansprüche auf Schadensersatz der Höhe nach auf den typischen vorhersehbaren Schaden beschränkt. (3) Der Auftraggeber haftet außerdem nach den Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes, in Fällen des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit, für die Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, bei Übernahme einer Garantie sowie in allen anderen Fällen gesetzlich zwingender Haftung, jeweils nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften. (4) Im Übrigen sind Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Auftraggeber – gleich aus welchem Rechtsgrund, insbesondere wegen Verletzung von Pflichten aus diesem Schuldverhältnis durch den Auftraggeber, dessen gesetzliche Vertreter, Mitarbeiter oder Erfüllungsgehilfen, aus § 311a BGB oder aus unerlaubter Handlung – ausgeschlossen.

§ 9 Versicherung Der Auftragnehmer unterhält eine Haftpflichtversicherung, mit der er sowie von ihm beauftragte Dritte für die Erbringung der Leistungen gem. § 1 haftpflichtversichert sind. Auf Verlangen weist der Auftragnehmer dem Auftraggeber die aktuelle Versicherungsdeckung nach.

§ 10 Laufzeit/Kündigung (1) Diese Vereinbarung tritt mit dem […] in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. (2) Sie ist von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen kündbar. Unberührt bleibt das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. (3) Jede Kündigung bedarf der Schriftform.3

§ 11 Datengeheimnis (1) Es ist dem Auftragnehmer gemäß Art. 5 Abs. 1 DSGVO untersagt, geschützte personenbezogene Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu erheben, verarbeiten, bekannt zu geben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen. 3 § 623 BGB ist nur auf Arbeitsverhältnisse anwendbar. Daher ist hier eine explizit vereinbarte Schriftformklausel empfehlenswert.

Lingemann | 457

Kap. 9 M 9.4 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses Die Verpflichtung des Auftragnehmers auf das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort. Verstöße können nach Art. 83 DSGVO oder §§ 42, 43 BDSG oder anderer einschlägiger Rechtsvorschriften mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. (2) Sofern sich der Auftragnehmer eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, hat dieser ebenfalls eine Erklärung nach dem Bundesdatenschutzgesetz gemäß Abs. 1 (dazu Anlage […]) abzugeben. Der Auftragnehmer ist dafür verantwortlich, dass diese Erklärung unterzeichnet wird. Er hat die entsprechende Erklärung des Erfüllungsgehilfen unverzüglich dem Auftraggeber zuzuleiten. evtl.4 § 12 Einsatz eigener Arbeitnehmer und Mindestlohn [s. M 9.1.1, §§ 9 f.] § 13 Subunternehmer und Mindestlohn [s. M 9.1.1, § 10]

§ 12 Schlussbestimmungen (1) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung als ungültig oder unwirksam erweisen, werden die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung dadurch nicht berührt. Die ungültige oder unwirksame Bestimmung ist durch eine andere gültige Bestimmung zu ersetzen, die dem Willen der Parteien so nahe wie möglich kommt. (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.5 (3) Gerichtsstand ist […] […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Auftragnehmer)

4 Zur Haftungsklausel für den Mindestlohn bei Nachunternehmern s. Anm. zu M 9.1.1, § 10. 5 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. S. auch M 2.1a Ziff. 14. Betriebliche Übungen gelten für den Auftragnehmer nicht.

M 9.5.1

Crowdworking – Rahmenvertrag mit Auftragserteilung über APP

Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Auftraggeber) und Herrn/Frau […] (im Folgenden: Auftragnehmer) (die Verwendung des Begriffs „Auftragnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird Folgendes1 vereinbart: 1 Der nachstehende Vertrag war Gegenstand des Urteils des LAG München v. 4.12.2019 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316, Revision anhängig beim BAG unter 9 AZR 102/20. Der Vertrag ist im Tatbestand des Urteils des LAG München nur auszugsweise wiedergegeben und daher auch hier nur im Wesentlichen wie veröffentlicht abgedruckt. Offenbar waren die fehlenden Regelungen für den Status nicht von Bedeutung, nach dem Urteil des LAG München begründet der Rahmenvertrag kein Arbeitsverhältnis.

458 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.5.1 Kap. 9

„Vorbemerkung“ Der Auftragnehmer ist ein Crowdsourcing Unternehmen, und bietet über die […]App Auftragnehmern verschiedene Aufträge zur Durchführung an. Nimmt der Auftragnehmer einen Auftrag an und führt diesen korrekt durch wird ihm die im Einzelauftrag vereinbarte Vergütung zzgl. der gesetzlichen MwSt direkt auf seinem virtuellen Auftraggeber Account gutgeschrieben. Der Auftragnehmer kann sich ein virtuelles Guthaben dann jederzeit per Paypal auszahlen lassen.

§ 1 Tätigkeit (1) Der Auftraggeber bietet Aufträge der Crowd zur Durchführung an. Dem Auftragnehmer steht es jederzeit frei, einen verfügbaren Auftrag anzunehmen, eine Verpflichtung dazu besteht nicht.2 Umgekehrt besteht keine Verpflichtung für den Auftraggeber, Aufträge anzubieten.3 (2) Wenn der Auftragnehmer einen Auftrag annimmt, ist dieser entsprechend der Auftragsbeschreibung korrekt durchzuführen. Sollten einzelne Auftragsbestandteile unklar sein, obliegt es dem Auftragnehmer weitere Informationen beim Auftraggeber einzuholen. Eine Vergütungspflicht für den Auftraggeber entsteht nur bei vollständiger und korrekter Durchführung des Auftrags gemäß der Auftragsbeschreibung. (3) Darüber hinaus ist der Auftragnehmer an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder Arbeitszeit gebunden.4 Projektbezogene Zeitvorgaben des Auftraggebers sind ebenso einzuhalten wie fachliche Vorgaben, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind. (…)5

§ 5 Leistungserbringung Der Auftragnehmer ist berechtigt zur Erfüllung des Auftrags eigene Mitarbeiter einzusetzen oder Unteraufträge zu erteilen. (…)6

§ 8 Vertragsdauer und Kündigung Diese Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft und kann von beiden jederzeit gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. (…)7

2 Auch die Annahme einer hohen Zahl von Aufträgen begründet nach Auffassung des LAG München (v. 4.12.2010 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316) mangels persönlicher Abhängigkeit kein Arbeitsverhältnis. Darauf, ob der Auftragnehmer wirtschaftlich auf die damit erzielten Einkünfte angewiesen war, komme es nicht an (OLG München, aaO. Rz. 129). 3 Dass keine Verpflichtung des Auftragnehmers besteht, einen verfügbaren Auftrag anzunehmen, und sich eine solche auch nicht aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, spricht gegen ein Arbeitsverhältnis (LAG München v. 4.12.2010 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316 Rz. 122). Ob allerdings die jeweilige Durchführung des Auftrages ein befristetes Arbeitsverhältnis darstellt, hat das LAG München nicht geprüft, da der Kläger die Klagefrist des § 17 TzBfG versäumt hatte. 4 Die umfassende Arbeitszeitsouveränität und die fehlende Vorgabe eines Arbeitsortes durch den Auftraggeber waren für das LAG München zentrale Gründe, eine Arbeitnehmereigenschaft des Auftragnehmers abzulehnen (LAG München v. 4.12.2010 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316 Rz. 138). 5 Hier wurden Teile des Vertrages im Urteil des LAG München v. 4.12.20219 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316, offenbar weil für die Ausführungen zum Status nicht von Bedeutung, nicht wiedergegeben. 6 S. M 9.5.1 Fn. 5. 7 S. M 9.5.1 Fn. 5.

Lingemann | 459

Kap. 9 M 9.5.1 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 9 Schlussbestimmungen (1) (…)8 Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dieses Formerfordernis kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden. (…)9 (3) Gerichtsstand ist […] […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Auftragnehmer)

8 S. M 9.5.1 Fn. 5. 9 S. M 9.5.1 Fn. 5.

M 9.5.2

Allgemeine Geschäfts- und Nutzungsbedingungen zum Crowdworking – Rahmenvertrag

I. Geltungsbereich1 Diese Allgemeinen Geschäfts- und Nutzungsbedingungen (die „Nutzungsbedingungen“) gelten für die Installation und Nutzung der Anwendersoftware „[…]“ für Smartphones (die „App“) und die Nutzung der Website des Auftraggebers (die „Website“) sowie für die vertraglichen Beziehungen zwischen der […], […] („Auftraggeber“) und den Auftragnehmern der App oder der Website (der/die „Auftragnehmer“).

II. Gegenstand des Vertrages Über die Website und die App können Kunden von Auftraggeber sog. Mikrojobs (der „Auftrag“) ausschreiben. Über die App, die von den Auftragnehmern kostenlos auf deren Smartphone geladen werden kann, kann der Auftragnehmer die Anforderungen des Auftrags erfahren und den Auftrag nach Maßgabe dieser Nutzungsbedingungen annehmen und ausführen. Derartige Aufträge könnten zum Beispiel sein, ein Foto von einem Produkt-Regal zu machen oder ein paar Fragen über ein Reklame-Poster an einer Bushaltestelle zu beantworten. Mit der Annahme eines Auftrages entsteht ein Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und dem Auftragnehmer. Ein Vertrag zwischen dem Kunden vom Auftraggeber und dem Auftragnehmer kommt nicht zustande. Das Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und den Auftragnehmern wird durch diese Nutzungsbedingungen in der jeweils gültigen Fassung geregelt.

III. Zustandekommen der Verträge 1. Anmeldung und Accountpflege Die Annahme von Aufträgen setzt die Anmeldung als Auftragnehmer voraus. Die Anmeldung ist kostenlos. Sie erfolgt durch Eröffnung eines Auftragnehmerkontos („Account“). Mit der Anmeldung stimmt der Auftragnehmer diesen Nutzungsbedingungen zu. Ein Anspruch auf Eröffnung eines Accounts besteht nicht. Ein Account ist nicht übertragbar. Das Anlegen mehrerer Accounts für dieselbe Person ist unzulässig. Durch 1 Nachstehend werden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wiedergegeben so, wie sie in dem Urteil des LAG München v. 4.12.2010 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316, abgedruckt sind. Diese sind nicht Gegenstand eigener Prüfung der Autoren, jedoch als Ausgangspunkt für die anwaltliche Beratung hilfreich.

460 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.5.2 Kap. 9 die Annahme der Anmeldung kommt ein Auftragnehmervertrag für die von Auftraggeber angebotenen Dienste auf der Website und für die App vom Auftraggeber zustande. Nach der Eröffnung eines Accounts beim Auftraggeber kann der Auftragnehmer die Website, die App und andere Services vom Auftraggeber nutzen, jedoch nur mit seinem eigenen Smartphone. Das Teilen eines Accounts und/oder Manipulieren der GPS-Lokalisierung2, die durch die App protokolliert wird, wird als Missbrauch oder Betrug eingestuft sowie als Vertragsverletzung angesehen und kann zu Maßnahmen gegen den Account/Auftragnehmer führen, wie insbesondere, aber nicht abschließend, die Sperrung des Accounts. Der Auftragnehmer übernimmt die Verantwortung für die Pflege, insbesondere die Aktualisierung seiner persönlichen Daten, die Vertraulichkeit und Sicherheit des Accounts. Es ist dem Auftragnehmer nicht erlaubt, Informationen über andere Auftragnehmer an einen Dritten herauszugeben. Der Auftragnehmer ist verantwortlich für alle Tätigkeiten, die während der Durchführung eines Auftrages in der App oder auf der Website durchgeführt werden und verpflichtet sich, dem Auftraggeber unverzüglich jeglichen unerlaubten Zugriff auf sein Konto oder andere Sicherheitsverletzungen anzuzeigen. Der Auftraggeber ist, insbesondere bei Verstößen gegen diese Nutzungsbedingungen, jederzeit berechtigt, einen Account zu sperren oder zu löschen.3 Der Auftraggeber ist nicht haftbar für (finanzielle) Schäden oder Verletzungen, die durch eine unerlaubte Nutzung des Accounts oder der App entstehen oder durch die Fahrlässigkeit des Auftragnehmers resultieren. Der Auftraggeber behält sich das Recht vor, jederzeit und ohne Angabe von Gründen Accounts zu kündigen. Der Auftragnehmer kann seinen Account auf der Website oder über die App selbst deaktivieren und erhält daraufhin keine neuen Aufträge oder Push-Benachrichtigungen mehr. Der Auftraggeber behält sich unter Beachtung der geltenden Datenschutzgesetze das Recht vor, die persönlichen Daten des Auftragnehmers für bis zu 6 (sechs) weitere Monate zu speichern, nachdem der Auftragnehmer den Account deaktiviert hat. 2. Auftrag, Inhalt und Durchführung Der Auftragnehmer übernimmt die Verantwortung für sein Handeln während der Durchführung eines Auftrages und verpflichtet sich dazu, sich gut über den jeweiligen Auftrag und wie dieser auszuführen ist, zu informieren und den Auftrag nach bestem Wissen und Gewissen und pünktlich in der App oder auf der Website durchzuführen. Durch Annahme eines Auftrags innerhalb der App wird vom Auftragnehmer das Angebot zur Erbringung der Leistung innerhalb der im Auftrag genannten Ausführungsfrist, und anhand der im Auftrag angegebenen Leistungsbeschreibung, angenommen. Der Auftragnehmer wird innerhalb der im Auftrag benannten Frist das Ergebnis an den Auftraggeber übersenden. Die Bewertung der übersandten Leistung liegt in der Verantwortung des Auftraggebers. Erfolgt nach Absendung der Leistung innerhalb von 3 (drei) Werktagen keine Ablehnung, so gilt diese als angenommen. Die Übersendung der Leistung ist hierbei ausschließlich über die App möglich. Nach der Übersendung wird der Auftragnehmer ebenfalls über die App eine Bestätigung über die Datenübermittlung bekommen. An den Auftraggeber zu sendende Fotos werden ausschließlich über das Smartphone, auf dem die App installiert und der Zugang gewährt ist, übermittelt. Der Auftraggeber ist nicht haftbar für irgendwelche inkorrekten Informationen, die ein Auftragnehmer bereitgestellt hat, während er einen Auftrag ausgeführt hat. Die Verfügbarkeit von Aufträgen hängt von der Nachfrage nach Informationen ab und kann vom Auftraggeber daher nicht garantiert werden. Gleiches gilt für die Anzahl der Aufträge, deren Häufigkeit und Dotierung. 2 Die technische Möglichkeit, das Handy des Auftragnehmers zu „tracken“ und damit nach Anklicken eines konkreten Auftrages zu kontrollieren, ob das entsprechende Objekt aufgesucht oder dies nur vorgetäuscht wurde, begründet nach dem Urteil des LAG München (v. 4.12.2010 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316 Rz. 137) nicht die Annahme des Auftragnehmers, er müsse Aufträge gegen seinen Willen übernehmen. 3 Die Möglichkeit des Auftraggebers, den Account ohne Angabe von Gründen jederzeit zu sperren, zu löschen oder zu kündigen, begründet nach Auffassung des LAG München (v. 4.12.2010 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316 Rz. 132 ff.) kein Arbeitsverhältnis, solange ein Zusammenhang mit unzureichender Aktivität des Auftragnehmers nicht besteht.

Lingemann | 461

Kap. 9 M 9.5.2 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses Der Auftragnehmer sichert mit Übermittlung des Ergebnisses an den Auftraggeber zu, dass die übermittelten Leistungen bzw. Daten frei von Rechten Dritter sind und insbesondere keine Urheber- und/oder Markenrechtsverletzungen enthalten, sowie dass das Persönlichkeitsrecht von Dritten gewährt wurde. Es ist hierbei alleinige Aufgabe des Auftragnehmers, sich gegebenenfalls die notwendigen Einwilligungen etwaiger Rechteinhaber einzuholen. Mit der Übermittlung der Daten an den Auftraggeber räumt der Auftragnehmer dem Auftraggeber die ausschließlichen, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungs- und Verwertungsrechte an diesen Daten ein, soweit dies gesetzlich möglich und zulässig ist. Zudem verzichtet der Auftragnehmer auf sein Namensnennungsrecht gemäß § 13 UrhG. Der Auftragnehmer bedarf zur weiteren Ausübung von Nutzungs- und Verwertungsrechten in jedem Fall der Zustimmung des Auftraggebers. Der Auftragnehmer erteilt dem Auftraggeber ferner die Erlaubnis, eingereichte Inhalte, die der Auftragnehmer bei der Ausführung von Aufträgen bereitstellt, zu modifizieren, weiterzugeben oder zu verkaufen. Bei der Annahme eines Auftrages erhält der Auftraggeber die Rechte an allen Inhalten. Der Auftraggeber wird die Privatsphäre des Auftragnehmers respektieren. Der Auftragnehmer erhält das Recht, Einspruch gegen die Verwendung der dem Auftraggeber zur Verfügung gestellten Daten zu erheben, wenn diese nachweislich schädlich für den Ruf, den Namen, den Wert oder die Ehre des Auftragnehmers sein könnte. 3. Vergütung, steuerliche Pflichten und Hinweise Als Kompensation für die Ausführung eines Auftrages erhält der Auftragnehmer auf seinem Account sog. Erfahrungspunkte (XP) gutgeschrieben und, wenn im jeweiligen Auftrag enthalten, zusätzlich einen finanziellen Ausgleich. Durch das Ansammeln entsprechender Erfahrungspunkte (XP) kann der Auftragnehmer einen höheren Auftragnehmer-Status erlangen.4 Das Vertragsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer begründet kein Arbeitsverhältnis. Es besteht keine Weisungsgebundenheit.

IV. Beendigung des Vertrages Jeder Auftragnehmer hat die Möglichkeit, seinen Account und damit den Vertrag für den Zugang zur und die Nutzung der Website und der App vom Auftraggeber ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Die Kündigung von Auftragnehmern erfolgt über die Website oder direkt über die App. Eine Kündigung ist nur wirksam, wenn die Absenderadresse mit der vom Auftragnehmer hinterlegten E-Mail-Adresse identisch ist. Die Kündigung von dem Auftraggeber erfolgt ebenfalls per E-Mail an die vom Auftragnehmer hinterlegte E-Mail-Adresse bzw. Löschung des Accounts. Im Falle der Kündigung werden sämtliche Daten durch den Auftraggeber gelöscht. Für den Fall, dass der Auftragnehmer an einem laufenden Auftrag beteiligt ist, speichert der Auftraggeber die zur Beendigung und Abwicklung des Auftrags notwendigen Daten, bis diese hierfür nicht mehr benötigt werden. Der Auftraggeber behält sich das Recht vor, jederzeit ohne vorherige oder weitere Ankündigung – den Auftragnehmer von der Ausführung eines Auftrages oder anderer Auftraggeber-Services auszuschließen, wenn der Verdacht besteht, dass die App, die Website oder andere Auftraggeber-Services missbräuchlich verwendet werden, nicht im Rahmen der Nutzungsbedingungen gehandelt wird, betrügerische Handlungen erfolgen oder beabsichtigt sind und/oder versucht wird, Aufträge zu beeinflussen oder zu verändern. – Änderungen an der Website und/oder der App durchzuführen oder den Zugriff auf die Website oder App einzuschränken oder den Service zu beenden, soweit der Auftraggeber dies für notwendig hält. Fragen und Beschwerden über Ausschlüsse, Kündigungen oder Verbote von Services können an den Auftraggeber gesendet werden. 4 Die verstärkte Motivation durch die Möglichkeit, einen höheren Status zu erreichen oder zu erhalten, begründet nach dem Urteil des LAG München (v. 4.12.2010 – 8 Sa 146/19, NZA 2020, 316 Rz. 130 f.) keine einem Arbeitsverhältnis vergleichbare Pflicht zum Tätigwerden gegen den Willen des Auftragnehmers.

462 | Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.6 Kap. 9

M 9.6 Statusklage wegen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses

(Scheinselbständigkeit)

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Es wird festgestellt,3 dass zwischen den Parteien gemäß Vertrag vom […] ein Arbeitsverhältnis4 besteht.

Begründung: Der Kl. hat mit der Bekl. am […] einen Vertrag als „selbständiger Frachtführer“ geschlossen. Gegenstand des Vertragsverhältnisses war die Durchführung von Transportleistungen für die Bekl. Beweis: Vertrag vom […], Anlage K 1 Bei dem Vertragsverhältnis handelt es sich um eine klassische Scheinselbständigkeit, der Kl. ist in Wahrheit Arbeitnehmer. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertragsverhältnisses an, sondern auf die tatsächliche Durchführung.5 Im vorliegenden Fall deuten alle Indizien darauf hin, dass ein Arbeitsverhältnis vorlag. Insbesondere unterlag der Kl. schon nach dem Wortlaut des Vertrages vom […] folgenden Bedingungen und Einschränkungen: – Der Kl. erhielt eine feste Vergütung von Euro […] monatlich, er wurde also nicht in Abhängigkeit von den erbrachten Transportleistungen bezahlt; – der Kl. konnte nicht irgendeinen beliebigen Pkw nutzen, vielmehr hatte er ein bestimmtes Fahrzeug von der Bekl. zu leasen; – der Kl. hatte jeden Morgen pünktlich um 6.00 Uhr an der Verladerampe der Bekl. zu erscheinen und bis 17.00 Uhr „im Dienst“ zu bleiben, anderenfalls drohte ihm eine Vertragsstrafe; – dem Kl. war es untersagt, für Konkurrenzunternehmen der Bekl. tätig zu werden; – der Kl. musste sich jede Freizeit vorab von der Bekl. genehmigen lassen, ihm wurden 25 Tage Urlaub pro Jahr zugebilligt;

1 Bei der Klage auf Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft (bzw. des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses) fallen Begründetheit der Klage und Zulässigkeit des Rechtswegs zur Arbeitsgerichtsbarkeit nach §§ 2, 5 ArbGG zusammen. In diesen sog. „sic-non-Fällen“ findet eine Prüfung des Rechtswegs auf der Zulässigkeitsebene nicht statt, wenn der Kläger schlüssig das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses behauptet. Vielmehr hat in solchen Fällen das Arbeitsgericht ohne weitere Prüfung von der Zulässigkeit des Rechtswegs auszugehen und unmittelbar in die Prüfung der Begründetheit der Klage einzutreten. Deshalb machen Anträge des Bekl. auf Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht keinen Sinn (BAG v. 22.10.2014, NZA 2015, 60 Rz. 21; v. 22.6.1977, AP Nr. 22 zu § 611 BGB Abhängigkeit; v. 9.10.1996, AP Nr. 2 zu § 2 ArbGG Zuständigkeitsprüfung). Wird unmittelbar über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gestritten, ergibt sich die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten auch aus § 2 Nr. 3b ArbGG. 2 Vgl. M 101.1 und M 101.2. 3 Das Feststellungsinteresse für die „Statusklage“ auf Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist regelmäßig gegeben, da die Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft für eine Vielzahl von Rechten und Pflichten (insbesondere hinsichtlich der Sozialversicherung) entscheidend ist (BAG v. 3.10.1975 [3] und v. 2.6. 1976, AP Nr. 15, 16, 17, 20 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Ist dagegen das Vertragsverhältnis bereits beendet, ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob noch ein ausreichendes Feststellungsinteresse besteht. 4 Zu Aufhebungsverträgen mit (Schein-)Selbständigen s. M 23.1a. 5 Vgl. Rz. 7.

Diller | 463

Kap. 9 M 9.6 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses – der Kl. hatte alle Aufträge persönlich auszuführen, die Einschaltung von Subunternehmern oder eigenen Mitarbeitern war ihm untersagt; – der Kl. war verpflichtet, die ihm von der Bekl. zugewiesenen Transportleistungen auszuführen; ein Recht, Aufträge abzulehnen, hatte er nicht. Der Kl. hat mit Schreiben des Unterzeichners vom […] die Bekl. um Bestätigung gebeten, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Beweis: Schreiben des Unterzeichners vom […], Anlage K 2 Auf dieses Schreiben reagierte die Bekl. jedoch nicht, so dass Klage geboten ist. […] (Unterschrift)6 6 Richtigerweise bestimmt sich der Streitwert in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 GKG (Vierteljahresbezug), LAG Berlin-Brandenburg v. 12.7.2007 – 17 Ta (Kost) 26186/07.

M 9.7 Heimarbeitsvertrag Zwischen der Firma […] (im Folgenden: die Firma) und […] (im Folgenden: der/die Heimarbeiter/in) (die Verwendung der Begriffe „der/die Heimarbeiter/in“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird folgender

Heimarbeitsvertrag1 geschlossen:

§ 1 Art der Heimarbeit Die Firma überträgt dem/der Heimarbeiter/in folgende Arbeiten in Heimarbeit: […] oder Die Firma überträgt dem/der Heimarbeiter/in Heimarbeit der Art, wie sie im Betrieb anfällt.

§ 2 Beginn und Ende des Vertrages (1) Der Vertrag beginnt am […]. (2) Während der sechsmonatigen Probezeit beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen.2 (3) Danach gelten für beide Parteien die gesetzlichen Kündigungsfristen nach dem Heimarbeitsgesetz (HAG).3 1 Vgl. Otten, Heim- und Telearbeit, S. 361 ff. 2 Vgl. § 29 Abs. 3 Satz 2 HAG. 3 Vgl. § 29 HAG. Um ein Unterlaufen der sozialen Kündigungsfrist durch Ausgabe einer geringeren Menge an Arbeit zu verhindern, sieht § 29 Abs. 7 HAG für die Dauer der Kündigungsfrist eine Verdienstsicherung zu. Bei deren Berechnung sind das Stückentgelt, der Unkostenzuschlag und der Krankengeldzuschlag,

464 | Diller und Lingemann

Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses | M 9.7 Kap. 9

§ 3 Vergütung (1) Die Vergütung richtet sich nach der einschlägigen Entgeltregelung gemäß § 17 Abs. 2 HAG und den darauf basierenden Stückentgelten.4 (2) Fehlt eine Regelung nach Absatz 1, so sind die Stückentgelte aus einem Mindeststundenentgelt von Euro […] zu berechnen.

§ 4 Abrechnung (1) Die Vergütung umfasst – das reine Arbeitsentgelt, – den Kostenzuschlag, – den Feiertagszuschlag, – den Zuschlag für die wirtschaftliche Sicherung im Krankheitsfall, – die Urlaubsvergütung (Urlaubsentgelt und etwaiges zusätzliches Urlaubsgeld), – den Transportkostenausgleich sowie – die vermögenswirksamen Leistungen gemäß § 9. (2) Die Heimarbeit wird monatlich nachträglich abgerechnet. (3) Die Vergütung wird zum selben Zeitpunkt wie bei den (Betriebs-)Arbeitern ausgezahlt.

§ 5 Umfang der Heimarbeit5 (1) Der/die Heimarbeiter/in ist nicht verpflichtet, monatlich eine bestimmte Heimarbeitsmenge zu bearbeiten. (2) Die Firma ist nicht verpflichtet, monatlich eine bestimmte Heimarbeitsmenge bereitzustellen. oder (1) Der/die Heimarbeiter/in ist verpflichtet, eine Heimarbeitsmenge zu bearbeiten und abzuliefern, deren Bearbeitungszeit unter Berücksichtigung der Normalleistung […] Stunden wöchentlich/monatlich beträgt. (2) Die Firma wird monatlich mindestens eine entsprechende Heimarbeitsmenge bereitstellen. oder – bei geringfügiger Beschäftigung (1) Die monatliche Heimarbeitsmenge wird auf Basis des Stundenentgelts nach der maßgeblichen Entgeltregelung bzw. des auf dieser Basis ermittelten Stückentgelts als Gesamtvergütung die Geringfügigkeitsentgeltgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV nicht übersteigen. (2) Bei Bearbeitungsrückständen wird keine Heimarbeitsmenge abgenommen, die im Monat die Grenze gemäß Absatz 1 überschreitet.

nicht aber Feiertagsgelder zu berücksichtigen. Urlaubszahlungen sind einzubeziehen, soweit dem Heimarbeiter auf seinen Antrag Urlaub gewährt worden ist (BAG v. 11.7.2006 – 9 AZR 516/05, NZA 2007, 1365). 4 Entgeltverzeichnis und Nachweis über die sonstigen Vertragsbedingungen sind gem. § 8 HAG offen auszulegen. Soweit Heimarbeit dem Beschäftigten in die Wohnung oder Betriebsstätte gebracht wird, hat der Auftraggeber dafür zu sorgen, dass das Entgeltverzeichnis zur Einsichtnahme vorgelegt wird, § 8 Abs. 1 Satz 3 HAG. Gem. § 9 HAG sind den in Heimarbeit Beschäftigten Entgeltbücher auszuhändigen, in die bei jeder Ausgabe und Abnahme von Arbeit ihre Art und ihr Umfang, die Entgelte und die Tage der Ausgabe und der Lieferung einzutragen sind. Anstelle der Entgeltbücher können auch Entgelt- oder Arbeitszettel nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 HAG verwendet werden. 5 Bei Ausgabe von Heimarbeit an mehrere in Heimarbeit Beschäftigte soll die Arbeitsmenge auf die Beschäftigten gleichmäßig unter Berücksichtigung ihrer und ihrer Mitarbeiter Leistungsfähigkeit verteilt werden, § 11 Abs. 1 HAG.

Lingemann | 465

Kap. 9 M 9.7 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 6 Steuern Die Firma führt für den/die Heimarbeiter/in Lohnsteuer nach den allgemeinen Regeln ab.6

§ 7 Material- und Produkthandhabung (1) Die Firma wird das Material anliefern und die fertig gestellten Artikel abholen. oder (1) Der/die Heimarbeiter/in wird das zu verarbeitende Material abholen und die fertiggestellten Artikel abliefern. (2) Abholung und Anlieferung gemäß Abs. 1 erfolgen jeweils gleichzeitig montags in der Zeit von […] Uhr bis […] Uhr. oder (2) Abholung und Anlieferung gemäß Abs. 1 erfolgen jeweils zeitgleich am dritten Arbeitstag eines jeden Monats in der Zeit von […] Uhr bis […] Uhr.

§ 8 Vermögenswirksame Leistungen Der/die Heimarbeiter/in erhält vermögenswirksame Leistungen nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz in Höhe von monatlich Euro […], sofern er/sie einen entsprechenden Vertrag nachweist.

§ 9 Ergänzende Bestimmungen Ergänzend gelten die jeweilige Entgeltregelung, das Heimarbeitsgesetz und die gesetzlichen Vorschriften. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Heimarbeiter/in)

6 Diese Regelung ist im Grunde entbehrlich, sie dient im Formular zur Abgrenzung gegenüber den Alternativen zur geringfügigen Beschäftigung.

Kapitel 10 Arbeitnehmerüberlassung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . 2. Abgrenzung zu Dienst- und Werkverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirtschaftliche Tätigkeit . . . . . . . 4. Mindestarbeitsbedingungen . . . . . 5. Höchstüberlassungsdauer . . . . . . . 6. Ausnahmen von der Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . 7. Fingiertes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher . . . . . . . . . . . . . . 8. Befristete Arbeitsverträge mit Leiharbeitnehmern . . . . . . . . . . .

466 | Lingemann

. . . . . . . . .

__ __ __ _ _ _ 1 1 2 3 4 8

10 12 13

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

Gleichstellungsgrundsatz . . . . . . Offenlegung und Konkretisierung Formerfordernisse . . . . . . . . . . Betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungsschutz . . . . . . . . . . Freie Arbeitsplätze beim Entleiher Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten . . . . . . . . Kein Einstellungsverbot . . . . . . . Einsatz bei Arbeitskampf . . . . . . Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . .

.. .. .. .. .. .. . . . . .

. . . . .

__ _ __ _ __ __ _ 15 24 25 27 34 36 37 38 39 40 41

Kap. 9 M 9.7 | Dienstverträge außerhalb des Arbeitsverhältnisses § 6 Steuern Die Firma führt für den/die Heimarbeiter/in Lohnsteuer nach den allgemeinen Regeln ab.6

§ 7 Material- und Produkthandhabung (1) Die Firma wird das Material anliefern und die fertig gestellten Artikel abholen. oder (1) Der/die Heimarbeiter/in wird das zu verarbeitende Material abholen und die fertiggestellten Artikel abliefern. (2) Abholung und Anlieferung gemäß Abs. 1 erfolgen jeweils gleichzeitig montags in der Zeit von […] Uhr bis […] Uhr. oder (2) Abholung und Anlieferung gemäß Abs. 1 erfolgen jeweils zeitgleich am dritten Arbeitstag eines jeden Monats in der Zeit von […] Uhr bis […] Uhr.

§ 8 Vermögenswirksame Leistungen Der/die Heimarbeiter/in erhält vermögenswirksame Leistungen nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz in Höhe von monatlich Euro […], sofern er/sie einen entsprechenden Vertrag nachweist.

§ 9 Ergänzende Bestimmungen Ergänzend gelten die jeweilige Entgeltregelung, das Heimarbeitsgesetz und die gesetzlichen Vorschriften. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Heimarbeiter/in)

6 Diese Regelung ist im Grunde entbehrlich, sie dient im Formular zur Abgrenzung gegenüber den Alternativen zur geringfügigen Beschäftigung.

Kapitel 10 Arbeitnehmerüberlassung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . 2. Abgrenzung zu Dienst- und Werkverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirtschaftliche Tätigkeit . . . . . . . 4. Mindestarbeitsbedingungen . . . . . 5. Höchstüberlassungsdauer . . . . . . . 6. Ausnahmen von der Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . 7. Fingiertes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher . . . . . . . . . . . . . . 8. Befristete Arbeitsverträge mit Leiharbeitnehmern . . . . . . . . . . .

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10 12 13

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

Gleichstellungsgrundsatz . . . . . . Offenlegung und Konkretisierung Formerfordernisse . . . . . . . . . . Betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungsschutz . . . . . . . . . . Freie Arbeitsplätze beim Entleiher Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten . . . . . . . . Kein Einstellungsverbot . . . . . . . Einsatz bei Arbeitskampf . . . . . . Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . .

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Arbeitnehmerüberlassung | Kap. 10 II. Muster Anstellungsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher ohne Bezugnahme auf einen Tarifvertrag . . .M 10.1.1 Anstellungsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher mit Bezugnahme auf Tarifvertrag . . . . . . .M 10.1.2

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Arbeitnehmerüberlassungsvertrag – Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 10.2 Rahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher und Entleiher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 10.3

Literatur: Arbeitnehmerüberlassung allgemein: Bartl/Romanowski, Keine Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen!, NZA 2012, 845; Baeck/Winzer, Aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht – Aktuelle Problemstellungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, NZG 2013, 251; Bauer/von Medem, § 613a BGB – Übergang von Leiharbeitsverhältnissen bei Übertragung des Entleiherbetriebs?, NZA 2011, 20; Bauschke, Aktuelle Rechtsfragen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, insbesondere seine Anwendung im öffentlichen Dienst, öAT 2014, 181; Bissels/Falter, Änderungen der „Fachlichen Weisungen AÜG“ – Der große Wurf bleibt (bedauerlicherweise) aus!, DB 2019, 2128; Bissels, Die Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht nach der AÜG-Reform 2017 in der Praxis, DB 2017, 246; Böhm, Zulässigkeit der Beschäftigung von Ausländern als Leiharbeitnehmer – Welche Anforderungen haben Arbeitgeber zu beachten?, ArbRB 2019, 311; Böhm, Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie – mit Fragezeichen?!, DB 2011, 473; Boemke/ Lembke, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 4. Aufl. 2020; Braun/Sura, 18 Monate reformierte Arbeitnehmerüberlassung – neue Regelungen, neue Probleme, kaum Lösungen? ArbRB 2018, 275; Brors/Schüren, Neue gesetzliche Rahmenbedingungen für den Fremdpersonaleinsatz, NZA 2014, 569; Ebert, Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung, ArbRB 2007, 37; Eismann, Lohnsteuerrechtliche Arbeitgeberpflichten nach Änderung des AÜG, ArbR 2012, 8; Forst, Leiharbeitnehmer beim Betriebsübergang, RdA 2011, 228; Franßen/Haesen, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Loseblatt; Franzen, Neuausrichtung des Drittpersonaleinsatzes – Überlegungen zu den Vorhaben des Koalitionsvertrages, RdA 2015, 141; Freckmann, Freie Arbeit wieder im Trend – Flucht aus der Leiharbeit, DB 2013, 459; Fuhlrott, Die Übernahme von know-how-Trägern ohne Eingehung von Arbeitsverhältnissen als Betriebsübergang, NZA 2013, 183, 186; Gerdom, Neue Spielregeln bei der Personalgestellung, öAT 2011, 150; Greiner, Zwischen Kücük, Albron Catering, Della Rocca und Cartesio, NZA 2014, 284; Hamann, Fremdpersonal im Unternehmen, 5. Aufl. 2017; Hamann, Die Vereinbarkeit der privilegierten Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG mit der Richtlinie Leiharbeit, ZESAR 2012, 103; Hoch, Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung, BB 2015, 1717; Huke/Neufeld/Luickhardt, Das neue AÜG: Erste Praxiserfahrungen und Hinweise zum Umgang mit den neuen Regelungen, BB 2012, 961; Kock, Neue Pflichten für Entleiher: Information über freie Stellen und Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten (§ 13a und § 13b AÜG), BB 2012, 323; Krieger/Ampatziadin, Die Reform der Arbeitnehmerüberlassung – Auf was müssen Unternehmen achten?, NJW 2017, 593; Kühn, Der Betriebsübergang bei Leiharbeit, NJW 2011, 1408; Küpperfahrenberg/ Lagardère, Vermittlungsprovisionen für Zeitarbeitsfirmen – „Jobwechsel schwer gemacht?“ – Über die Rechtmäßigkeit von Vermittlungsprovisionen, BB 2012, 2952; Lembke, Fremdpersonaleinsatz vor neuen Herausforderungen, NZA 2018, 393; Lembke, Neue Rechte von Leiharbeitnehmern gegenüber Entleihern, NZA 2011, 319; Lembke, Gesetzesvorhaben der großen Koalition im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, BB 2014, 1333; Lembke/Fesenmeyer, Abreden über Vermittlungsprovisionen in Arbeitnehmerüberlassungsverträgen, DB 2007, 801; Lembke/Ludwig, Die Leiharbeit im Wechselspiel europäischer und nationaler Regulierung, NJW 2014, 1329; Lipinski, Die Konsequenzen des Zeitarbeit-Beschlusses des BAG für die Praxis, NZA 2013, 1245; Löwisch/Domisch, Zur Anwendbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auf Personalgestellungen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts, BB 2012, 1408; Müller, AÜG-Reform 2017 und Fremdpersonaleinsatz in der betrieblichen Praxis, FA 2018, 354; Oberthür, Die „misslungene“ Unternehmensdienstleistung – Zum Umgang mit (versehentlicher) Kettenüberlassung in der Leiharbeit, ArbRB 2012, 117; Oetter, Anwendung der Leiharbeitsrichtlinie auf Rote-KreuzSchwestern, ArbRB 2015, 233; Preis, Der Arbeitsvertrag – Handbuch der Vertragspraxis und -gestaltung, II A 55, 6. Aufl. 2020; Ramstetter/Hartmann, Umdenken bei der Leiharbeit, AuA 2013, 410; Rieble, Zulässigkeit einer Vermittlungsprovision in AGB zwischen Verleiher und Entleiher bei Übernahme eines Arbeitnehmers, LMK 2007, 213195; Rieble/Vielmeier, Umsetzungsdefizite der Leiharbeitsrichtlinie, EuZA 2011, 474; Sandmann/Marschall, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Loseblatt; Scharff, Ein Jahr mit dem reformierten AÜG – Zeit für ein Resümee, BB 2018, 1140; Schlegel, Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen des CGZP-Beschlusses, NZA 2011, 380; Schneider, Handbuch Zeitarbeit, Loseblatt; Schüren/Fasholz, Inhouse-Outsourcing und der Diskussionsentwurf zum AÜG – Ein Diskussionsbeitrag, NZA 2015, 1473; Schüren/Hamann, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 5. Aufl. 2018; Seel, Neues

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Kap. 10 | Arbeitnehmerüberlassung AÜG in der Praxis – Eine Übersicht über die wesentlichen „vorübergehend unklaren“ Fragen, öAT 2013, 23; Seel, Neue Spielregeln für die Arbeitnehmerüberlassung – Eine Analyse des Referentenentwurf des AÜG, öAT 2016, 27; Spieler/Pollert, Arbeitnehmerüberlassungsverträge, AuA 2011, 270; Steinheimer/ Haeder, Erdbeben in der Zeitarbeitsbranche, NZA Online Aufsatz 4/2012; Talkenberg, Reform der Arbeitnehmerüberlassung – Fragen der praktischen Umsetzung, NZA 2017, 473; Thüsing, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – Kommentar, 4. Aufl. 2018; Thüsing, Von der Quadratur einer gesetzlichen Arbeitnehmerdefinition zur Zwangssolidarisierung der Leiharbeitnehmer, NZA 2015, 1478; Thüsing/Pötters, Flexibilisierung der Arbeitszeit durch Zeitkonten im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung, BB 2012, 317; Thüsing/Thieken, Der Begriff der „wirtschaftlichen Tätigkeit“ im neuen AÜG, DB 2012, 347; Timmermann, Die Beweisnot des Arbeitnehmers bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung, BB 2012, 1729; Traut/ Pötters, Formelle Anforderungen des neuen AÜG, DB 2017, 846; Ulber, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 4. Aufl. 2011; Wiebauer, Zeitarbeit und Arbeitszeit, NZA 2012, 68; Willemsen, Erosion des Arbeitgeberbegriffs nach der Albron-Entscheidung des EuGH? – Betriebsübergang bei gespaltener Arbeitgeberfunktion, NJW 2011, 1546; Worobjow, Von der Kanzlei ins Unternehmen – Das Secondment als (il)legale Arbeitnehmerüberlassung, BB 2020, 1652; Zieglmeier, Das reformierte Arbeitnehmer-Entsendegesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/957, DStR 2020, 1923; Ziegelmeyer/Bissels, Terra Incognita: die Abwerbung von Zeitarbeitnehmern am Arbeitsplatz, DB 2015, 1659; Zimmermann, Die neuen Pflichten des Einsatzunternehmens nach der AÜG-Reform 2011, ArbR 2011, 264. Abgrenzung Arbeitnehmerüberlassung/Werkvertrag: Deich, Arbeitnehmerüberlassung oder Werkvertrag? Was passt am besten?, AuA 2009, 412; Düwell, Überlassung zur Arbeitsleistung – Neues aus Rechtsprechung und Gesetzgebung, DB 2011, 1520; Greiner, Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung – Abgrenzungsfragen und aktuelle Rechtspolitik, NZA 2013, 697; Grimm/Linden, Die Überlassung von Maschinen und Bedienpersonal, ArbRB 2014, 115; Hennecke/Tuengerthal, Werkvertrag: Fiktion, Vermutung und Verfassung, BB 2015, 1269; Klösel/Mahnhold, Contractor Compliance im neuen AÜG – Zurechenbarkeit als (vernachlässigter) Ansatzpunkt bei der Gestaltung von Werk- und Dienstvertragsmodellen, DB 2017, 1528; Köhler, Dauerbrenner Scheinselbstständigkeit und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung, GWR 2014, 28; Lembke, Der Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen von freier Mitarbeit, Werkverträgen und Leiharbeit, NZA 2013, 1312; Lipinski/Praß, BAG zu „vorübergehend“ – mehr Fragen als Antworten!, BB 2014, 1465; Maschmann, Fremdpersonaleinsatz im Unternehmen und die Flucht in den Werkvertrag, NZA 2013, 1305; Niklas, „Contracting“ nach der Reform des AÜG, ArbRB 2018, 54; Schindele, Aktuelle Fragestellungen zum Drittpersonaleinsatz (Scheinselbstständigkeit – Werkvertrag – Dienstleister), ArbRAktuell 2015, 363; Schönhöft/Lermen, Der Gemeinschaftsbetrieb im Vergleich zur Arbeitnehmerüberlassung – eine Alternative zur Personalkostensenkung?, BB 2008, 2515; Schüren, Scheinwerk- und Scheindienstverträge mit Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis – Vorschlag zu einer Korrektur des AÜG, NZA 2013, 176; Tuengerthal/Andorfer, Neue Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag? BB 2016, 1909. Betriebsverfassung/Mitbestimmung: Böhm, Leiharbeitnehmer: Wahlrecht zum Betriebsrat im Kundenbetrieb?, DB 2006, 104; Düwell/Dahl, Mitbestimmung des Betriebsrats beim Einsatz von Leiharbeitnehmern, NZA-RR 2011, 1; Giesen, Tarifvertragliche Erweiterung von Betriebsratsrechten beim Leiharbeitseinsatz, ZfA 2012, 143; Haas/Hoppe, Neue Spielregeln zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Berechnung der Schwellenwerte im BetrVG?, NZA 2013, 294; Hay/Grüneberg, Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei den Schwellenwerten der Unternehmensmitbestimmung?!, NZA 2014, 814; Hunold, Die Rechtsprechung zu den Beteiligungsrechten des Entleiher-Betriebsrates bei Einsatz von Leiharbeitnehmern, NZA-RR 2008, 281; Hunold, § 99 BetrVG: Die Bedeutung der Personalhoheit bei drittbezogenem Personaleinsatz (Werk- und Dienstverträge), NZA-RR 2012, 113; Karthaus/Klebe, Betriebsratsrechte bei Werkverträgen, NZA 2012, 417; Kort, Informationsrechte von Betriebsräten bei Arbeitnehmerüberlassung, DB 2010, 1291; Künzel/Schmid, Wählen ja, zählen nein? Leiharbeitnehmer und Unternehmensmitbestimmung, NZA 2013, 300; Lambrich/Reinhard, Schwellenwerte bei der Unternehmensmitbestimmung – Wann beginnt die Mitbestimmung?, NJW 2014, 2229; Lambrich/Schwab, Betriebsverfassungsrechtliche Fragen beim konzernweiten Personaleinsatz, NZA-RR 2013, 169; Linsenmaier/Kiel, Der Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung – „Zwei-Komponenten-Lehre“ und normzweckorientierte Gesetzesauslegung, RdA 2014, 135; Lunk, Schwellenwerte Leiharbeitnehmer, NZG 2014, 778; Mosig, „Wahlberechtigte“ Leiharbeitnehmer müssen gezählt werden!, NZA 2012, 1411; Rieble, Leiharbeitnehmer zählen doch?, NZA 2012, 485; Seel, § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG als Verbotsgesetz gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, FA 2012, 360; Seel, Rechtsstellung von Leiharbeitnehmern im Betriebsverfassungsrecht – Ein Überblick über die neusten Entwicklungen, MDR 2012, 813; Sieweke, Voraussetzungen und Folgen der missbräuchlichen Ausübung von Mitbestimmungsrechten – Eine Untersuchung am Beispiel der Leiharbeit, NZA 2012, 426; Trebeck, Möglichkeit einer befristeten Zustimmung zur Einstellung im Rahmen des § 99 BetrVG bei der Einstellung

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Arbeitnehmerüberlassung | Kap. 10 von Leiharbeitnehmern, ArbR 2012, 343; Zimmermann, Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei Schwellenwerten der Betriebsverfassung – Status quo, DB 2014, 2591. Bezugnahmeklauseln: Stoffels/Bieder, AGB-rechtliche Probleme der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf mehrgliederige Zeitarbeitstarifverträge, RdA 2012, 27; Müntefering, Die formularvertragliche Bezugnahme auf Zeitarbeitsverträge, NZA 2015, 711; Schindele/Söhl, Bezugnahmeklauseln auf die Tarifverträge der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit, NZA 2014, 1049. Erlaubnispflicht/fiktives Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher: Baeck/Winzer, Drittpersonaleinsatz: Risiko der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Auftraggeber, NZA 2015, 269; Brose, Die Wirkung der vorsorglichen Verleiherlaubnis im AÜG, DB 2014, 1739; Giese/Scheuer, Arbeitnehmerüberlassung – Der Scheinwerkvertrag und die Wirkung der Arbeitnehmerüberlassung „auf Vorrat“, BB 2015, 1461; Francken, Neuregelung der Darlegungs- und Beweislast im Verfahren nach §§ 9, 10 AÜG, NZA 2014, 1064; Hamann/ Rudnik, Scheinwerkvertrag mit Überlassungserlaubnis – Ein probates Mittel zur Vermeidung illegaler Arbeitnehmerüberlassung?, NZA 2015, 449; Seier, Zur Wirksamkeit einer vorsorglichen Verleiherlaubnis im AÜG, DB 2015, 494; Ulrici, Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung und Vorratserlaubnis, BB 2015, 1209. Festhaltenserklärung: Hamann/Rudnik, Die Festhaltenserklärung des Leiharbeitnehmers nach dem neuen AÜG, NZA 2017, 22. Gleichstellungsgebot/Equal Pay/Equal Treatment: Bayreuther, Nachwirkung von Zeitarbeitstarifverträgen im Kontext des Equal Pay/Treatment Gebots des AÜG, BB 2010, 309; Bissels/Mehnert/Weidner, Ausschluss des Gleichstellungsgrundsatzes durch die „freiwilllige“ Anwendung eines nicht einschlägigen Branchenzuschlagstarifvertrages, BB 2019, 2996; Boemke, Zum Nichtgewähren tariflicher Arbeitsbedingungen als Ordnungswidrigkeit im Recht der Arbeitnehmerüberlassung, DB 2016, 2741; Böhm, Lohndumping durch konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung?!, DB 2010, 672; Böhm/Röder/Krieger, Arbeitnehmerüberlassung: Ausweg aus der equal pay-Falle ein Holzweg?, DB 2007, 168; Freckmann/Gallini, Verändert Equal Pay die Leiharbeitsbranche?, BB 2013, 309; Riechert, Grenzen tariflicher Abweichung vom Equal Pay-Grundsatz des AÜG, NZA 2013, 303; Röder/Krieger, Arbeitnehmerüberlassung: Kein Ausweg aus der equal pay-Falle?, DB 2006, 2122; Stoffels, Die Verjährung von Equal-Pay-Ansprüchen, NZA 2011, 1057; Thüsing/Beden, Als „gleichwertig“ festgesetztes Arbeitsentgelt im Sinne von § 8 IV 2 Nr. 1 AÜG, NZA 2018, 404; Thüsing/Stiebert, Equal Pay in der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Unionsrecht und nationalem Recht, ZESAR 2012, 199; Vielmeier, Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen nach § 13b AÜG, NZA 2012, 535; Zimmer, Der Grundsatz der Gleichbehandlung in der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG und seine Umsetzung ins deutsche Recht, NZA 2013, 289; Zimmermann/Völkerding, Abweichung von Equal Pay nur durch vollständige Inbezugnahme des Tarifwerks, DB 2020, 846. Haftung: Anton-Dyck/Böhm, Kein Arbeitsschutz für Leiharbeitnehmer – Schutzpflichten von Ver- und Entleihern im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung, ArbRB 2012, 58; Faust/Rehner, Entleiherhaftung für Sozialversicherungsbeiträge nach dem Einsatz von CGZP-Tarifbeschäftigten, DB 2013, 874; Lanzinner/ Nath, Beitragsrechtliche Folgen der verdeckten Überlassung von Scheinselbstständigen – Teil I, NZS 2015, 210; Legerlotz, Haftung für Mindestlohn bei Beauftragung von Subunternehmen, ArbRB 2011, 29; Plagemann/Brand, Sozialversicherungsbeiträge für nicht erfüllte „Equal pay“-Ansprüche?, NJW 2011, 1488; Ricke, Haftungsbeschränkung nach § 104 SGB VII für „weitere“ Unternehmer – zum Meinungsumschwung des BGH, NZS 2011, 454; Tuengerthal/Geißer, Anspruch der Sozialversicherungsträger in Deutschland bei Fiktion eines Arbeitsverhältnisses, BB 2014, 2874; Schöttler/Müllerleile, Entleiherhaftung auf dem Prüfstand – Auswirkungen des BAG-Beschlusses zur Tarifunfähigkeit der CGZP, BB 2011, 3061; Schwab, Die Haftung des Leiharbeitnehmers, NZA-RR 2017, 517. Höchstüberlassungsdauer: Brors, „Vorübergehend“, AuR 2013, 108; Giesen, Vorübergehend unklar, FA 2012, 66; Gussen, Der vorübergehend dauerhaft beschäftigte Leiharbeitnehmer, FA 2013, 134; Hamann, „Vorübergehend“ iSd § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG – Regelungsauftrag für den Gesetzgeber, RdA 2014, 271; Happ/ van der Most, Die Höchstüberlassungsdauer im AÜG – eine „vorübergehende“ Idee?, BB 2015, 565; Krannich/Simon, Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 AÜG nF, BB 2012, 1414; Ludwig, Das Problem der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung, BB 2013, 1276; Nießen/Fabritius, Was ist vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung – Das Rätsel weiter ungelöst?, NJW 2014, 263; Niklas/Schauß, Die Arbeitnehmerüberlassung ist endlich – was kommt dann?, BB 2014, 2810; Seel, Dauerarbeitsplatz und dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung, FA 2013, 132; Steinmeyer, Was bedeutet „vorübergehend“? – Die neue Grundsatzfrage des deutschen Arbeitsrechts, DB 2013, 2740; Teusch/Verstege, Vorübergehend unklar – Zustimmungsverweigerungsrechts des Betriebsrats bei Einstellung von Leiharbeitnehmern, NZA 2012, 1326; Thüsing, Vorübergehende und nicht-vorübergehende Ar-

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Kap. 10 Rz. 1 | Arbeitnehmerüberlassung beitnehmerüberlassung: Das Rätselraten geht weiter, NZA 2013, 1248; Thüsing, Dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung: Neues vom BAG, vom EuGH und auch vom Gesetzgeber, NZA 2014, 10; Thüsing/Stiebert, Zum Begriff „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, DB 2012, 632; Zimmermann, Tatbestandsrätsel „vorübergehend“ – weiter ungelöst, NZS 2015, 528; Zimmermann, Leiharbeitnehmer bei den Eingangsschwellenwerten der Unternehmensmitbestimmung, BB 2015, 1205. Konkretisierung: Greiner, „Bezeichnung“ als Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 I 5 AÜG: Wirklich das Ende der Vorratserlaubnis?, NZA 2018, 745. Konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung: Abele, Betriebsübergang und Arbeitnehmerüberlassung im Konzern, FA 2011, 7; Böhm, Änderungen für konzerninterne Personalgestellung durch § 1 AÜG nF, DB 2012, 918; Krieger/Kruchen, Die Drehtürklausel im Konzern – raus, rein, Gehalt hoch?, NZA 2014, 393; Lembke, Arbeitnehmerüberlassung im Konzern, BB 2012, 2497. Kündigung und Befristung: Düwell/Dahl, Arbeitnehmerüberlassung und Befristung, NZA 2007, 889; Düwell/Dahl, Leiharbeitnehmer: First in, first out – Vorrang der Beendigung von Leiharbeitsverhältnissen vor betriebsbedingter Kündigung der Stammbelegschaft?, DB 2007, 1699; Lembke, Neues vom EuGH zum Befristungsschutz von Leiharbeitnehmern, NZA 2013, 815; Moll/Ittmann, Betriebsbedingte Kündigung und Leiharbeit, RdA 2008, 321. Mindestentgelt: Deckers, Der Mindestentgeltbegriff in § 1a AEntG, NZA 2008, 321; Düwell, Lohnuntergrenzen bei vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung, DB 2013, 756. Streikbrecherverbot: Bauer/Haußmann, Arbeiten verboten! – Das neue Streikbrecherverbot für Leiharbeitnehmer, NZA 2016, 803; Boemke/Sachadae, Rechtscharakter tariflicher Einsatzverbote für Leiharbeitnehmer in bestreikten Betrieben (sog. Streikklauseln), DB 2015, 1467; Boemke/Sachadae, Tarifliche Einsatzverbote für Leiharbeitnehmer in bestreikten Betrieben – Folgen von Verstößen, BB 2015, 1781. Tarifverträge: Bayreuther, Ausschlussfristen und Verjährung im Umfeld der CGZP-Tarifverträge, DB 2011, 2267; Bayreuther, Tarifzuständigkeit beim Abschluss mehrgliedriger Tarifverträge im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, NZA 2012, 14; Bayreuther, Die Stellung von Leiharbeitnehmern im Einsatzbetrieb nach den jüngsten Tarifabschlüssen in der Zeitarbeitsbranche und der M- und E-Industrie, NZA Beilage 4/2012, 115; Bayreuther, Branchenzuschlagstarifverträge und Geltung kollektivrechtlicher Arbeitsbedingungen des Entleihers im Leiharbeitsverhältnis, BB 2014, 1973; Betz, Verfallklauseln im Arbeitsrecht und deren Auswirkungen auf Equal Pay-Klagen nach Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP, NZA 2013, 350; Bissels, Die sozialversicherungsrechtlichen Folgen der Tarifunfähigkeit der CGZP – das BSG bringt (ein wenig) Licht in das Dunkel, BB 2016, 249; Bissels/Khalil, Die Anwendbarkeit von Tarifverträgen der Zeitarbeit in Mischbetrieben, BB 2013, 315; Bissels/Mehnert, Tarifverträge über Branchenzuschläge in der Zeitarbeit – ein Rechtsprechungsüberblick, DB 2014, 2407; Bissels/Raus, Tarifunfähigkeit der CGZP: Entscheidungen der Landessozialgerichte im einstweiligen Rechtsschutz, BB 2013, 885; Giesen, Neue BAGBeschlüsse zur Tariffähigkeit der CGZP, FA 2012, 226; Krause, Neue tarifvertragliche Regeln für die Leiharbeit in der Metallindustrie, NZA 2012, 830; Mehnert/Stubbe/Haber, Branchenzuschlagstarifverträge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Zeitarbeit – Regelungen, Anwendungsbereiche, Konkurrenzen, BB 2013, 1269; Nießen/Fabritius, Die neuen Branchenzuschläge in der Zeitarbeit – Auswirkung auf die Praxis, BB 2013, 375; Rieble, CGZP-Tarifunfähigkeit und Vertrauensschutz, BB 2012, 2945; Ruge/von Tiling, Die tarifliche Personalgestellung im öffentlichen Dienst nach der Reform des AÜG, ZTR 2012, 263; Schindele/ Söhl, Update: Die Folgen der CGZP-Entscheidung, ArbRAktuell 2013, 535; Simon/Koschker, Branchenzuschläge in der Zeitarbeit – ungeklärte Fragen und neue Probleme, NZA 2018, 755; Schüren, Tarifwidrige Personalkostensenkung für Leiharbeitnehmer durch unbezahlte Nichteinsatzzeiten, BB 2012, 1411; Schumann, Tarifverträge zur Leiharbeit in der Metall- und Elektroindustrie, AiB 2012, 423; Zeppenfeld/Faust, Zeitarbeit nach dem CGZP-Beschluss des BAG, NJW 2011, 1643.

I. Einführung 1. Arbeitnehmerüberlassung 1

Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer)1 im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, 1 Zu Besonderheiten bei der Überlassung von Ausländern als Leiharbeitnehmer Böhm, ArbRB 2019, 311.

470 | Lingemann

Arbeitnehmerüberlassung | Rz. 2 Kap. 10

bedürfen der Erlaubnis, § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG.2 Die Überlassung von Arbeitnehmern an den Entleiher erfolgt gem. § 1 Abs. 1 Satz 4 AÜG vorübergehend bis zur Höchstüberlassungsdauer gem. § 1 Abs. 1b AÜG von (tarifdispositiv) 18 Monaten. Arbeitnehmerüberlassung setzt ein Arbeitsverhältnis3 zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer voraus, § 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG. Zu unterscheiden ist zwischen diesem Arbeitsvertrag des Verleihers mit dem Arbeitnehmer (M 10.1.1–M 10.1.2) und dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher, § 12 AÜG (M 10.2 und M 10.3). „Überlassen“ wird der Arbeitnehmer, wenn er vollständig in den Betrieb des Dritten eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Anders als bei der Arbeitsvermittlung bleibt bei der Arbeitnehmerüberlassung der Arbeitsvertrag des Leiharbeitnehmers mit dem Verleiher unabhängig von dem konkreten Einsatz beim Entleiher.4 Verfolgen die beteiligten Arbeitgeber allerdings im Rahmen einer unternehmerischen Zusammenarbeit mit dem Einsatz ihrer Arbeitnehmer jeweils ihre eigenen Betriebszwecke, so handelt es sich nicht um Arbeitnehmerüberlassung.5 Die Überlassung von Maschinen mit Personal ist so lange keine Arbeitnehmerüberlassung, wie die Überlassung der Maschine Hauptvertragszweck ist und die Zurverfügungstellung des Personals nur dienende Funktion hat und ausschließlich dem Einsatz des Gerätes dient.6 Keine Arbeitnehmerüberlassung ist zudem die Abordnung zu einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a AÜG. Für Mischunternehmen, die gelegentlich Arbeitnehmerüberlassung betreiben, gilt die Erlaubnispflicht ebenfalls.7 Unzulässig sind gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG Kettenüberlassungen, bei denen der Entleiher den Leiharbeitnehmer wiederum an einen Dritten überlässt.

2. Abgrenzung zu Dienst- und Werkverträgen In der Praxis bereitet insb. die Abgrenzung zwischen erlaubnisfreien Dienst- oder Werkverträgen und erlaubnispflichtiger Arbeitnehmerüberlassung Schwierigkeiten.8 Bestimmt der Dienstherr oder Werkbesteller über den Einsatz der Arbeitnehmer nach Inhalt, Ort und Zeit, so spricht dies für eine Arbeitnehmerüberlassung.9 Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert ist10 und seinen Weisungen unterliegt, § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Maßgeb2 Mit dem Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze v. 21.2. 2017, BGBl. I 2017, 258, wurde das AÜG mit Wirkung zum 1.4.2017 zuletzt erheblich geändert. Das Verständnis der Bundesagentur für Arbeit wird insb. wiedergegeben in den „Fachlichen Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)“, Stand 1.8.2019 (i.F.: FW AÜG), abrufbar auf der Website der Bundesagentur für Arbeit. 3 Daher ist das AÜG bei einer selbstbestimmten und autonomen Auswahlentscheidung zur Überlassung des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH nicht ohne Weiteres anwendbar (BAG v. 17.1.2017 – 9 AZR 76/16, NZA 2017, 572). 4 BVerfG v. 4.4.1967, DB 1967, 640; BAG v. 11.9.2001, EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr. 10, st. Rspr. 5 BAG v. 24.5.2006 – 7 AZR 365/05, juris Rz. 41; v. 25.10.2000 – 7 AZR 487/99, NZA 2001, 259. Zum Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen auch Schönhöft/Lermen, BB 2008, 2515. 6 BAG v. 20.9.2016 – 9 AZR 735/15, NZA 2017, 49, m. Anm. Kamann, BB 2017, 123; v. 17.2.1993 – 7 AZR 167/92, DB 1993, 2287, ausf. Grimm/Linden, ArbRB 2014, 115. 7 Zur Anwendbarkeit der Tarifverträge für die Leiharbeit Bissels/Khalil, BB 2013, 315. 8 Hierzu und insb. zu sog. Scheinwerkverträgen, die als illegale Arbeitnehmerüberlassung zu werten sind und daher ebenfalls den Regelungen des AÜG unterfallen, ausf. Baeck/Winzer, NZA 2015, 269; Maschmann, NZA 2013, 1305; Schindele, ArbRAktuell 2015, 363; s. auch Deich, AuA 2009, 412; Timmermann, BB 2012, 1729. 9 BAG v. 18.1.2012, NZA-RR 2012, 455 Rz. 26. 10 BAG v. 13.5.2014 – 1 ABR 50/12, NZA 2014, 1149 Rz. 18: Eingegliedert ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert. Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft. Der Betriebsinhaber muss diese Arbeitgeberfunktion wenigstens im Sinn einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben. Zur Abgrenzung im Einzelnen Tuengerthal/Andorfer, BB 2016, 1909.

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Kap. 10 Rz. 2 | Arbeitnehmerüberlassung lich ist die praktische Umsetzung,11 nicht der Wortlaut oder Inhalt des Vertrages, vgl. § 12 Satz 2 AÜG. Werden an Stelle von Arbeitnehmern freie Mitarbeiter eingesetzt, besteht keine Arbeitnehmerüberlassung; handelt es sich jedoch um Scheinselbständige, so werden auch diese kraft der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs. 1 AÜG Arbeitnehmer des Entleihers.12 Werden Arbeitnehmer auf Basis eines Scheinwerkvertrags überlassen und hält der vermeintliche Werkunternehmer für den Fall seiner Entdeckung eine Verleiherlaubnis vorrätig (sog. „Vorratserlaubnis“), verhinderte dies bis zum 31.3.2017 die Rechtsfolgen der illegalen Arbeitnehmerüberlassung.13 Nach des Neufassung des AÜG gilt das nicht mehr14: Verleiher und Entleiher müssen die Überlassung ausdrücklich im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag als solche bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen und tätig werden lassen, § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG („Offenlegung“); zudem müssen sie vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag konkretisieren, § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG („Konkretisierung“).

3. Wirtschaftliche Tätigkeit 3

Die Überlassung muss im Rahmen der „wirtschaftlichen Tätigkeit“ des Verleihers erfolgen, § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Darunter wird jede Tätigkeit verstanden, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten.15 Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht mehr notwendig.16 Erfasst werden auch konzerninterne Personalservicegesellschaften, die Leiharbeitnehmer zum Selbstkostenpreis anderen Konzernunternehmen überlassen.17 Auch gemeinnützige Organisationen benötigen eine Erlaubnis nach § 1 AÜG.18

4. Mindestarbeitsbedingungen 4

Auf das Leiharbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer können Mindestarbeitsbedingungen Anwendung finden. Sowohl für ausländische Verleiher, die Arbeitnehmer in das Inland verleihen, als auch für ausländische Entleiher, die einen Leiharbeitnehmer in Deutschland einsetzen, vgl. § 2 Abs. 2, § 8 Abs. 3 AEntG, gelten die Bestimmungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG).19 Auf Grund der Neufassung vom 30.7.2020 werden Normen eines Tarifvertrags i.S.d. § 3 Satz 1 Nr. 1, soweit er Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nr. 2 bis 4 enthält, oder einer 11 BAG v. 15.4.2014, AP Nr. 71 zu BetrAVG Rz. 21; v. 18.1.2012, NZA-RR 2012, 455 Rz. 28; v. 10.10.2007, AP Nr. 21 zu § 10 AÜG; BGH v. 6.8.2003, EzA § 1 AÜG Nr. 13 m. Anm. Hamann. 12 Näher zu Scheinselbstständigen Kap. 9 Rz. 1 ff.; eingehend Müller, FA 2018, 354; ferner Köhler, GWR 2014, 28; Lanzinner/Nath, NZS 2015, 210; Lembke, NZA 2013, 1312; Lembke, NZA 2018, 393; für die Anwendbarkeit des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV auch im Drei-Personen-Verhältnis zu Recht Lembke, NZA 2018, 393. Alternativen Gestaltungen, zB über eine Schwesternschaft, haben EuGH (v. 17.11.2016 – C-883/16, NZA 2017, 41 – Ruhrlandklinik) und BAG (v. 21.2.2017 – 1 ABR 62/ 12, NZA 2017, 662) eine Absage erteilt. 13 BAG v. 12.7.2016 – 9 AZR 352/15, ZIP 2016, 2338; es entsteht kein fingiertes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 AÜG. Gegen die Anwendung der §§ 9, 10 AÜG auch LAG BW v. 7.5.2015, NZA-RR 2015, 520; v. 18.12.2014 – 3 Sa 33/14, BB 2015, 955; Hamann/Rudnik, NZA 2015, 449; Scharff, BB 2014, 1980, 1984; Seier, DB 2015, 494; Ulrici, BB 2015, 1209; aA Brose, DB 2014, 1739. 14 Greiner, NZA 2018, 745, hält eine Vorratserlaubnis nach wie vor für sinnvoll, solange kein Missbrauch vorliegt. 15 EuGH v. 10.1.2006, Slg. 2006, I-289. 16 BAG v. 21.10.2014 – 9 AZR 1021/12, AP AÜG § 1 Nr. 36; v. 23.7.2014 – 7 AZR 853/12, NZA 2015, 46, Rz. 28; Hamann, RdA 2011, 321, 323. 17 BT-Drucks. 17/4804, S. 8; BAG v. 21.10.2014 – 9 AZR 1021/12, AP AÜG § 1 Nr. 36. 18 Hamann, RdA 2011, 321, 323. 19 Düwell, DB 2013, 756, 757; Schwab, NZA-RR 2010, 225, 228; AEntG zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der RL (EU) 2018/957 des europäischen Parlaments und des Rates v. 28.6.2018, BGBl I 2020, 1657

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Arbeitnehmerüberlassung | Rz. 6 Kap. 10

Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a AentG, auf in deren Geltungsbereich tätige Arbeitnehmer (auch aus dem Ausland entsandte) erstreckt:20 Wird ein Leiharbeitnehmer vom Entleiher mit Tätigkeiten beschäftigt, die in den Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags fallen, hat der Verleiher zumindest die in diesem Tarifvertrag vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren, § 8 Abs. 3 AEntG. Dies gilt auch bei illegaler Überlassung21 und unabhängig davon, ob der Tarifvertrag für den Entleiherbetrieb kollektivrechtlich gilt, vgl. § 8 Abs. 3 letzter Hs. Auch gilt das AEntG für nach Deutschland verliehene Arbeitnehmer nicht mehr nur für bestimmte Branchen, sondern branchenunabhängig.22 Der Verleiher hat die Einhaltung der tariflich geregelten Entlohnung zu beachten. Gem. § 14 AEntG haftet ein (General-)Unternehmer23, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von diesem beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat.24 Gem. § 15a AEntG muss der Entleiher bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung nunmehr den Verleiher unterrichten über die grenzüberschreitende Überlassung und über anwendbare Arbeitsbedingungen nach Maßgabe von § 15a Abs. 2 AEntG, um deren Einhaltung . Darüberhinaus gilt bei grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassungen weiterhin die Höchstüberlassungsdauer nach dem AÜG (dazu unten Rz. 8). Nunmehr gilt zudem die Entsendehöchstgrenze nach § 13b AEntG von 12 bzw. 18 Monaten, nach deren Überschreitung nach Maßgabe von § 13b AEntG die dort genannten Arbeitsbedingungen des Beschäftigungsortes Anwendung finden.25 Der Leiharbeitnehmer ist sozialversicherungsrechtlich dem Verleiher zugeordnet.26 Der Entleiher haftet dennoch für Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuerzahlungen nach § 28e Abs. 2 SGB IV, § 42d Abs. 6 EStG. Zu beachten sind zudem die Dokumentationspflichten von Ver- und Entleiher nach § 17c AÜG. Weiterhin obliegen dem Entleiher bestimmte Meldepflichten nach § 18 Abs. 3, 4 AEntG für den Fall, dass ihm Leiharbeitnehmer eines im Ausland ansässigen Verleihers überlassen werden und diese unter einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag oder eine Rechtsverordnung iSd. AEntG fallen.27 Bei einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland ist der deutsche Entleiher jedoch für die Sozialversicherungsbeiträge haftbar, auch wenn der ausländische Entleiher bereits das Arbeitsentgelt des Leiharbeitnehmers gezahlt und die hierauf entfallenden Beiträge an einen ausländischen Sozialversicherungsträger abgeführt hat.28

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Ferner sind etwaige Lohnuntergrenzen nach § 3a AÜG zu beachten: Die Tarifparteien der Zeitarbeitsbranche können danach in einem Tarifvertrag Mindestentgelte festlegen, die durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als verbindliche Lohnuntergrenze festgesetzt werden. Ist eine Lohnuntergrenze durch Rechtsverordnung festgelegt, kann der Verleiher nicht zu Lasten der Leiharbeitnehmer davon abweichen. Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens das in der Rechtsverordnung für die Zeit der Überlassung und der verleihfreien Zeiten festgesetzte Mindeststundenentgelt zu zahlen, § 8 Abs. 5 AÜG. Das gilt auch bei Anwendung eines anderen Leiharbeitstarifvertrages nach § 8 Abs. 2 Satz 1 AÜG.29 Wendet der Verlei-

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20 Eine Übersicht über die aktuellen Mindestlöhne nach dem AEntG ist unter www.bmas.de unter der Rubrik Themen/Arbeitsrecht/Mindestlöhne abrufbar. 21 BAG v. 17.4.2013, ArbRAktuell 2013, 363, m. Anm. Schuster. 22 Vgl. hierzu Kap. 11 Rz. 3. 23 Für einen Unternehmer, der lediglich als Bauherr eine Bauleistung in Auftrag gibt, greift die Bürgenhaftung des AEntG nicht, BAG v. 16.10.2019 – 5 AZR 241/18, NZA 2020, 112. 24 Näher dazu Kap. 9, M 9.1.1, §§ 9, 10 m. Anm. zu § 13 MiLoG, der auf § 14 AEntG verweist. 25 Zusammenfassend Zieglmeier, DStR 2020, 1923. 26 Der Entleiher ist aber in seiner Haftung für Arbeitsunfälle nach § 104 Abs. 1 SGB VII privilegiert, BAG v. 18.11.2014, NZA 2015, 689 Rz. 24. 27 Weitere Informationen dazu sind bei der für die Kontrolle zuständigen Zollbehörde unter http:// www.zoll.de/DE/Unternehmen/Fachthemen/Arbeit/Meldungen-bei-Entsendung. 28 BSG v. 29.6.2016 – B 12 R 8/14 R, BSGE 121, 275, Anm. Holzwarth, NZS 2017, 237. 29 Dazu auch Rz. 11.

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Kap. 10 Rz. 6 | Arbeitnehmerüberlassung her dagegen einen vom Gleichstellungsgrundsatz abweichenden Tarifvertrag an, der die Lohnuntergrenze unterschreitet, hat er dem Leiharbeitnehmer das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren, § 8 Abs. 2 Satz 4 AÜG. Damit findet im Falle des Verstoßes gegen die Lohnuntergrenze nach § 3a AÜG nicht die Lohnuntergrenze, sondern der Gleichstellungsgrundsatz (Equal Pay/Equal Treatment) in Bezug auf die Entgelthöhe Anwendung, § 8 Abs. 2 Satz 4 AÜG.

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Bei einer längeren ununterbrochenen Einsatzdauer in demselben Entleiherbetrieb sehen Tarifverträge zunehmend die Zahlung von Branchenzuschlägen30 an die Leiharbeitnehmer vor; kurze Unterbrechungen des Einsatzes schaden nicht. Dadurch sollen die Entgelte der Leiharbeitnehmer an diejenigen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers angeglichen und dem Gleichstellungsgrundsatz Rechnung getragen werden. Die Tarifverträge über Branchenzuschläge richten sich an die Verleiher als Arbeitgeber, denen daher die Kontrolle obliegt, welcher Branche der Einsatzbetrieb angehört. Da die Branchenzuschlagstarifverträge hierzu umfassende und teilweise diffizile Regelungen enthalten, ist der Verleiher auf Informationen des Entleihers angewiesen.31 Auf Arbeitnehmerseite gelten die Tarifverträge grds. für die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften. Die Zuschläge erhöhen sich mit zunehmender Einsatzdauer im Betrieb des Entleihers.

5. Höchstüberlassungsdauer 8

Die Neufassung des AÜG regelt eine tarifdispositive Höchstüberlassungshöchstdauer von 18 Monaten, § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG.32 Darauf werden vorherige Überlassungen an denselben Arbeitgeber angerechnet, wenn zwischen den beiden Einsätzen nicht mehr als drei Monate liegen, § 1 Abs. 1b Satz 2 AÜG. Dabei ergibt sich nach Auffassung der BA33 die Einsatzzeit des Leiharbeitnehmers direkt aus der vertraglichen Vereinbarung. Kommt es den Vertragsparteien jedoch nicht darauf an, welcher Mitarbeiter überlassen wird, sei für den jeweiligen tatsächlich überlassenen Leiharbeitnehmer regelmäßig keine Einsatzdauer im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag festgehalten. Beginn und Ende der Überlassung einzelner Leiharbeitnehmer könnten in diesem Fall innerhalb der vertraglich vereinbarten Überlassungsdauer festgelegt werden. Dabei werde der Lauf der Überlassungsdauer durch eine kurzzeitige Abberufung nicht unterbrochen oder beendet. Um dem Rechtsgedanken des § 1 Abs. 1b Satz 2 AÜG und § 8 Abs. 4 Satz 4 AÜG Rechnung zu tragen, sei davon auszugehen, dass der für die Überlassungshöchstdauer maßgebliche Zeitraum nach einer Unterbrechung der Überlassung von mehr als drei Monaten mit der nächsten Überlassung wieder neu zu laufen beginnt.34 In Tarifverträgen der Einsatzbranche können abweichende Höchstüberlassungszeiten festgelegt werden, bei fehlender Tarifbindung ggf. auch durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung bis zu 24 Monate, § 1 Abs. 1b Satz 3 ff. AÜG. Ob für die Höchstüberlassungsdauer auf das Einsatzunternehmen35 oder den Einsatzbetrieb36 abzustellen ist, ist nicht geklärt. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG ist das Arbeitsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer unwirksam, sobald die Höchstüberlassungsdauer überschritten wird. Gleichzeitig wird gem. § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert.37 Zu weiteren Rechtsfolgen s. Rz. 41. 30 Dazu Bayreuther, BB 2014, 1973, 1975; Bissels/Mehnert, DB 2014, 2407; Simon/Koschker; NZA 2018, 755. 31 Eine Auskunft über die Branchenzugehörigkeit könnte bereits im Überlassungsvertrag aufgenommen werden. 32 Überlassungszeiten vor dem 1.4.2017 werden bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG und der Berechnung der Überlassungszeiten nach § 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG nicht berücksichtigt, § 19 Abs. 2 AÜG. 33 FW AÜG 1.2.1, Abs. 4, Stand 1.8.2019. 34 FW AÜG 1.2.1, Abs. 4, Stand 1.8.2019. 35 Dafür Talkenberg, NZA 2017, 473. 36 Dafür wohl Bundesagentur für Arbeit, FW AÜG, 1.2, Stand 1.8.2019. 37 Ob das Recht des Arbeitnehmers, sich auf das fingierte Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher berufen zu können, verwirken kann, hat das BAG offen gelassen, BAG v. 20.3.2018 – 9 AZR 508/17, NZA 2018, 931.

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Der Leiharbeitnehmer kann die Unwirksamkeit und damit die Fiktion jedoch durch Festhaltenserklärung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG verhindern, indem er schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält.38 Die Festhaltenserklärung ist eine bedingungsfeindliche einseitige Willenserklärung.39 Sie muss folgende zusätzliche formale Anforderungen erfüllen: Sie darf nicht vor Beginn der Fristen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1–1b AÜG abgegeben werden, § 9 Abs. 3 AÜG. Sie ist gem. § 9 Abs. 2 AÜG auch nur wirksam, wenn (1) der Leiharbeitnehmer sie vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt, (2) die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmer festgestellt hat, und (3) die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht, § 9 Abs. 2 AÜG.

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6. Ausnahmen von der Arbeitnehmerüberlassung Ausnahmen von der Arbeitnehmerüberlassung regeln § 1 Abs. 1a und 3 AÜG. Insb. zu nennen ist die Überlassung zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und § 1a AÜG. Weitgehend keine Anwendung findet das AÜG auch bei der nur gelegentlichen Überlassung von Arbeitnehmern, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG.40

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Gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG finden die Regelungen des AÜG weitgehend41 keine Anwendung auf Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen iSd. § 18 AktG, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird (Konzernprivileg).42 Damit sind konzerninterne reine Personalführungsgesellschaften nicht vom Konzernprivileg erfasst.43 Sie sind zudem wirtschaftlich tätig iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG und benötigen daher auch dann eine Verleiherlaubnis, wenn der Verleih zum Selbstkostenpreis erfolgt.44 Das BAG hat angedeutet, dass das Konzernprivileg europarechtskonform ist.45

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7. Fingiertes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher Hat der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, so sind seine Verträge mit den Entleihern und den Leiharbeitnehmern gem. § 9 Abs. 1 AÜG unwirksam, und kraft gesetzlicher Fiktion des § 10 Abs. 1 AÜG entsteht ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ab tatsächlicher Überlassung.46 Die Fiktion gilt mit allen Konsequenzen, insb. der Pflicht zur rückwirkenden Lohnnachzahlung in der Höhe, in der der Leiharbeitnehmer beim Entleiher verdient hätte, und der rückwirkenden Nachzahlung von Sozialversicherungsabgaben, berechnet nach diesem Lohn. Die Fiktion erzeugt beispielsweise auch Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung beim Entleiher.47 38 Einzelheiten zur Festhaltenserklärung bei Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22. 39 BT-Drucks. 18/9232, S. 26. 40 Darunter fällt zB. auch das Secondment von Rechtsanwälten zu Unternehmen, Worobjow, BB 2020, 1652. 41 Ausnahmen sind in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG im Einzelnen aufgeführt. 42 Das Konzernprivileg ist 2011 umfassend reformiert worden, so dass die zuvor ergangene Rspr. nur bedingt übertragbar ist. 43 BT-Drucks. 17/4804, S. 8. 44 BT-Drucks. 17/4804, S. 8; BAG v. 21.10.2014 – 9 AZR 1021/12, AP AÜG § 1 Nr. 36. 45 BAG v. 20.1.2015 – 9 AZR 735/13, NZA 2015, 816 Rz. 21. 46 BAG v. 20.1.2016 – 7 AZR 535/13, DB 2016, 1701. 47 BAG v. 18.2.2003, DB 2003, 2181. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Abs. 1 AÜG unwirksam ist, ist er neben dem Entleiher auch zur Zahlung der hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge

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Kap. 10 Rz. 12 | Arbeitnehmerüberlassung Gem. § 9 Abs. 1 AÜG Nr. 1 kann der Leiharbeitnehmer auch hier den Übergang auf den Entleiher durch Festhaltenserklärung verhindern, wenn er schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit. Die in Rz. 9 aufgeführten weiteren formalen Anforderungen gelten auch für diese Festhaltenserklärung.

8. Befristete Arbeitsverträge mit Leiharbeitnehmern 13 Befristete Arbeitsverträge mit Leiharbeitnehmern unterliegen den §§ 14 ff. TzBfG.48 Eine Synchronisation von Leiharbeitsverhältnis und Verleihzeiten kann nicht im Wege der Befristung erreicht werden.49 Auch ist zu beachten, dass der Sachgrund für die Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG im Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer vorliegen muss und gerade nicht an die Situation beim Entleiher oder die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Verleiher und Entleiher anknüpft.50 Dies gilt insbesondere für § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG; der die Befristung begründende vorübergehende Bedarf muss beim Verleiher vorliegen. Dazu genügt es nach überwiegender Auffassung nicht, dass die Überlassung an den Entleiher ihrer Natur nach nur vorübergehend ist51 oder die Höchstüberlassungsdauer gem. § 1 Abs. 1b AÜG einzuhalten ist. Der Sachgrund könnte allerdings gegeben sein, wenn die Nachfrage dieser Tätigkeit durch die Entleiher am gesamten Markt vorübergehend ist (zB Saisonkräfte) oder der Verleiher begründete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Leiharbeitnehmer aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten oder Anforderungen nicht über den konkreten Verleih hinaus einsetzbar sein wird.52

14 Dagegen ist eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zu Beginn des Leiharbeitsver-

hältnisses mit dem Verleiher zulässig, sofern nicht zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher bestanden hatte (Einzelheiten dazu s. Kap. 6 Rz. 32 ff.). Ein vorheriges Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher schadet zwar grundsätzlich nicht.53 Allerdings kann bei Hinzutreten weiterer Umstände eine missbräuchliche Befristung vorliegen, wenn ein Leiharbeitnehmer an seinen bisherigen Arbeitgeber entliehen wird.54 Sachgrundlos kann das Leiharbeitsverhältnis gem. § 14 Abs. 2 TzBfG nur bis zur Dauer von zwei Jahren befristet werden.55

Die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 5 TzBfG setzt voraus, dass die Tätigkeit mit Wissen des Vertragsarbeitgebers – also des Verleihers – fortgesetzt wird. Das Wissen des Entleihers reicht nur aus, wenn der Verleiher ihn zum Abschluss von Arbeitsverträgen bevollmächtigt hat oder wenn dem Entleiher das Handeln des Verleihers nach den Grundsätzen der Duldungs- oder anscheinsvollmacht zurechenbar ist.56

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verpflichtet. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber, so dass beide als Gesamtschuldner haften, § 28e Abs. 2 SGB IV. Zur Darlegungs- und Beweislast, Francken, NZA 2014, 1064. BAG v. 15.5.2013 – 7 AZR 525/11, NZA 2013, 1214 Rz. 19; hierzu Greiner, NZA 2014, 284; Lembke, NZA 2013, 815; zur Befristung allgemein Kap. 6 Rz. 1 ff. Schüren/Hamann/Schüren, § 3 AÜG Rz. 90; Sandmann/Marschall, § 9 AÜG Rz. 3a. Düwell/Dahl, NZA 2007, 889, 891; Schüren/Hamann/Schüren, § 3 AÜG Rz. 90; Werthebach, NZA 2005, 1044, 1045; aA Frik, NZA 2005, 386. Düwell/Dahl, NZA 2007, 889, 891; Schüren/Hamann/Schüren, § 3 AÜG Rz. 99. Düwell/Dahl, NZA 2007, 889, 890; Schüren/Hamann/Schüren, § 3 AÜG Rz. 100. BAG v. 9.3.2011 – 7 AZR 657/09, NZA 2011, 1147, 1149 Rz. 16; v. 18.10.2006 – 7 AZR 145/06, BB 2007, 943. BAG v. 15.5.2013 – 7 AZR 525/11, NZA 2013, 1214 Rz. 16, 20 ff.; v. 9.3.2011 – 7 AZR 657/09, NZA 2011, 1147 Rz. 16. Zu beachten ist zudem die „Drehtürklausel“ nach § 8 Abs. 3 AÜG (dazu Rz. 17). Davon kann grundsätzlich durch Tarifvertrag abgewichen werden (§ 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG), vgl. zB die Manteltarifverträge des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister (BAP) für die Leiharbeit. BAG v. 28.9.2016 – 7 AZR 337/14, NZA 2017, 55, m. Anm. Krol, DB 2017, 1273.

476 | Lingemann

Arbeitnehmerüberlassung | Rz. 17 Kap. 10

9. Gleichstellungsgrundsatz Gem. § 8 Abs. 1 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz).57 Das maßgebliche Vergleichsentgelt richtet sich nicht nach den zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer vereinbarten Vertragsbedingungen, sondern nach den beim Entleiher geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Daher ist für das Vergleichsentgelt nach § 10 AÜG die Tätigkeit maßgeblich, die der Entleiher dem Leiharbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent durch Billigung oder Duldung zugewiesen hat.58

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Die Gleichstellung gilt grundsätzlich ab dem ersten Tag der Beschäftigung, nicht jedoch während verleihfreier Zeiten, vgl. § 8 Abs. 1 AÜG.59 Durch Tarifvertrag oder arbeitsvertraglich vereinbarte Anwendung eines solchen Tarifvertrages (Bezugnahmeklausel)60 kann zu Ungunsten eines Leiharbeitnehmers vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden, § 8 Abs. 2 Satz 1, § 3 AÜG. Das gilt allerdings nur, wenn der fachlich, räumlich und zeitlich einschlägige Tarifvertrag – vollständig und nicht nur teilweise61 – in Bezug genommen wird, § 8 Abs. 2 Satz 1–3 AÜG.62 Auch können die Parteien dazu keinen fremden Haustarifvertrag oder firmenbezogenen Verbandstarifvertrag in Bezug nehmen.63 Hinsichtlich des Arbeitsentgelts kann ein solcher Tarifvertrag nur für die ersten neun Monate einer Überlassung an den Entleiher vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, § 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG. Eine Abweichung hinsichtlich des Arbeitsentgelts64 ist durch Branchenzuschlagstarifvertrag65 zulässig, wenn nach spätestens 15 Monaten der Überlassung ein mit dem tariflichen Arbeitsentgelt gleichwertiges Entgelt erreicht wird und die stufenweise Heranführung des Arbeitsentgelts spätestens nach einer Einarbeitungszeit von sechs Wochen einsetzt, § 8 Abs. 4 Satz 2 AÜG.

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Durch Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz allerdings nicht abgewichen werden, wenn der Leiharbeitnehmer in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis mit diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern nach

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57 Diese Vorschriften sind verfassungsgemäß, BVerfG v. 29.12.2004 – 1 BvR 2582/03, 1 BvR 2283/03, 1 BvR 2504/03, NZA 2005, 153; zur Beweislast: BAG v. 13.3.2013, AP AÜG § 10 Nr. 29 Rz. 27 ff. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, so ist unerheblich, ob er tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt. Die Differenzvergütung berechnet sich dann aufgrund einer fiktiven Eingruppierung des Leiharbeitnehmers beim Entleiher, s. dazu BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 254/13 Rz. 31, AP AÜG § 10 Nr. 46. 58 BAG v. 23.11.2016 -5 AZR 53/16, AP AÜG § 10 Nr. 55. 59 Zu den Auswirkungen bei der betrieblichen Altersversorgung Giese/Orth, BB 2017, 693. Für verleihfreie Zeiten darf der Verleiher als Vertragsarbeitgeber daher den Lohn mit dem Arbeitnehmer frei vereinbaren, wenn kein Tarifvertrag gilt. Untergrenze ist nach § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG der § 615 Satz 1 BGB, wonach der Verleiher das Beschäftigungsrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, ErfK/ Wank, § 11 AÜG Rz. 16 f. Daher muss der Arbeitnehmer auch dann eine Vergütung erhalten, wenn er nicht verliehen ist. Zudem darf die vereinbarte Vergütung – auch wenn sie durch Tarifvertrag festgelegt wird – nicht eine ggf. nach § 3a AÜG festgesetzte Lohnuntergrenze unterschreiten, vgl. dazu näher oben Rz. 6. Vgl. auch FW AÜG 8.5 Nr. 6, Stand 1.8.2019. 60 Einzelvertraglich kann nicht vom Equal Pay Gebot abgewichen werden. Zulässig ist aber ein Verzicht im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs; eine allgemeine Ausgleichsklausel erfasst auch den Equal Pay Anspruch: BAG v. 27.5.2015 – 5 AZAR 137/14, NZA 2015, 1125. 61 BAG v. 16.10.2019 – 4 AZR 66/18, NZA 2020, 260, Anm. Bauer, ArbR Aktuell 2019, 532. 62 Schüren/Hamann/Schüren, § 9 AÜG Rz. 151; zur Frage, ob auch nachwirkende Tarifverträge vom Gleichstellungsgrundsatz befreien können, Bayreuther, BB 2010, 309. 63 Bissels/Mehnert/Weidner, BB 2019, 2996. 64 Die strengen Voraussetzungen gelten nicht für die übrigen Elemente des equal treatment, Scharff, BB 2018, 1140. 65 Zur Umsetzung Scharff, BB 2018, 1140.

Lingemann | 477

Kap. 10 Rz. 17 | Arbeitnehmerüberlassung § 18 AktG bildet, ausgeschieden ist (Drehtürklausel), § 8 Abs. 3 AÜG.66 Dadurch soll verhindert werden, dass Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheiden und anschließend über eine Zeitarbeitsfirma oder eine konzerneigene Personalgestellungsgesellschaft zu den Arbeitsbedingungen der Zeitarbeit wieder auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt werden. Leiharbeitnehmer, die vor der Überlassung in einem Ausbildungsverhältnis zum Einsatzunternehmen gestanden haben, sind nicht erfasst.67

18 Eine etwaige Lohnuntergrenze nach § 3a AÜG (dazu näher Rz. 6) begrenzt den Gleichstellungs-

grundsatz ebenfalls. Auch durch Tarifvertrag kann nur insoweit vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden, wie die geregelten Tarife nicht eine Lohnuntergrenze nach § 3a AÜG unterschreiten, § 8 Abs. 2 Satz 1, 4 AÜG. Bei Unterschreitung gilt nicht die Lohnuntergrenze, sondern der Gleichstellungsgrundsatz, § 8 Abs. 2 Satz 4 AÜG (Rz. 6).

19 Bei Anwendung des Gleichstellungsgrundsatzes richten sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen

des Leiharbeitnehmers nach denen vergleichbarer Arbeitnehmer68 im Betrieb des Entleihers. Leiharbeitnehmer sind zunächst mit solchen Arbeitnehmern des Entleihers vergleichbar, die dieselbe oder zumindest ähnliche Tätigkeiten ausführen.69 Zudem kommt es auf persönliche Merkmale wie Berufserfahrung, Qualifikation, Kompetenz, Arbeitsort sowie Lage und Dauer der Arbeitszeit an, wenn daran die Gewährung bestimmter Arbeitsbedingungen geknüpft ist.70 Fehlt es an einem vergleichbaren Arbeitnehmer beim Entleiher, ist auf einen hypothetischen Vergleichsarbeitnehmer abzustellen.71 Fehlt dieser, ist auf die üblichen Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer vergleichbarer Betriebe abzustellen und/oder ein Tarifvertrag heranzuziehen.72

20 Die Gleichstellung erstreckt sich gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG auf alle wesentlichen Arbeitsbedin-

gungen einschließlich des Arbeitsentgelts. Art. 3 Abs. 1 lit. f der Leiharbeitsrichtlinie nennt als wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen die Dauer der Arbeitszeit,73 Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub, arbeitsfreie Tage und Arbeitsentgelt. Die Aufzählung ist abschließend und auch für das AÜG maßgebend.74 Arbeitsentgelt ist im weiteren Sinn zu verstehen, umfasst also nicht nur das laufende Entgelt, sondern auch Zuschläge, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung und Sozialleistungen und andere Lohnbestandteile.75 Der Günstigkeitsvergleich ist zwischen den Arbeitsbedingungen des Verleihers mit dem Leiharbeitnehmer auf der einen Seite und den im Entleiherbetrieb für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden Arbeitsbedingungen auf der anderen Seite durchzuführen.76 Dabei kommt es weder auf einen Gesamtvergleich der beiden Regelungen noch auf einen Einzelvergleich einzelner Arbeitsbedingungen an; vielmehr ist ein Sachgruppenvergleich maßgeblich, bei dem Regelungen zu einer Gruppe zusammengefasst werden, die in einer 66 Für Verleiher ist es daher in Zukunft wichtig, Auskunft über die vorherigen Arbeitgeber seiner Leiharbeitnehmer und deren konzernrechtliche Einbindung zu haben. Hierzu könnte eine entsprechende Auskunftsklausel in den Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aufgenommen werden, nach der der Leiharbeitnehmer mitteilen muss, bei welchen Arbeitgebern er wann innerhalb der letzten sechs Monate aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, vgl. Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 467; BT-Drucks. 17/4804, S. 9 (s. M 10.2, § 9). 67 BT-Drucks. 17/3807, S. 34. 68 Zur Vergleichbarkeit vgl. auch FW AÜG 8.1. Abs. 5, Stand 1.8.2019. 69 BT-Drucks. 15/25, S. 38; Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 104. 70 Thüsing/Pelzner/Kock, § 3 AÜG Rz. 80; Thüsing/Stiebert, ZESAR 2012, 199, 202; aA Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 105. 71 BAG v. 19.2.2014 – 5 AZR 1047/12, NZA 2014, 915 Rz. 34, 44; FW AÜG 8.1 Abs. 5, Stand 1.8.2019. 72 Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 111; ErfK/Wank, § 3 AÜG Rz. 16. 73 Dazu BAG v. 16.4.2014 – 5 AZR 483/12, NZA 2014, 1262. 74 BAG v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, NZA 2011, 850; ErfK/Wank, § 8 AÜG Rz. 5. 75 Nach Art. 3 Abs. 2 der Leiharbeitsrichtlinie richtet sich der Begriff des Arbeitsentgelts nach den nationalen Bestimmungen, so dass die bisherige Auslegung davon unberührt bleibt; Sandmann/Marschall, § 3 AÜG Rz. 21d; Thüsing/Mengel, § 9 AÜG Rz. 31; Ulber, § 9 AÜG Rz. 46 ff.; Röder/Krieger, DB 2006, 2122. 76 Ulber, § 9 AÜG Rz. 55; Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 144; Thüsing/Stiebert, ZESAR 2012, 199, 204; Bauer/Krets, NJW 2003, 537, 538; aA ErfK/Wank, § 3 AÜG Rz. 19.

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Arbeitnehmerüberlassung | Rz. 22 Kap. 10

sachlichen Einheit zueinander stehen.77 Das maßgebliche Tätigkeitsentgelt beim Entleiher ist tätigkeitsbezogen zu bestimmen. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Arbeitnehmer.78 Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, so wird vermutet, dass er hinsichtlich des Arbeitsentgelts gleichgestellt ist, § 8 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Werden in dem Entleiherbetrieb Sachbezüge gewährt, so können diese auch in Euro ausgeglichen werden, § 8 Abs. 1 Satz 3 AÜG. In einem nachträglichen Aufhebungsvertrag kann der Arbeitnehmer auf die aufgrund des Gleichstellungsgrundsatzes entstandenen Ansprüche verzichten.79 Der Leiharbeitnehmer hat nach § 13 AÜG einen Auskunftsanspruch gegen den Entleiher auf Mitteilung der wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts für im Entleiherbetrieb tätige vergleichbare Arbeitnehmer. Beschäftigt der Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, gehört zur ordnungsgemäßen Auskunft auch die fiktive Beurteilung, wie der Entleiher die dem Leiharbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit im Arbeitsverhältnis vergütet hätte.80 Für die Schlüssigkeit einer Klage auf Gewährung der vergleichbaren Arbeitsbedingungen reicht es aus, wenn der Leiharbeitnehmer den Inhalt der Auskunft mitteilt.81

21

Wird der Gleichstellungsgrundsatz nicht beachtet, führt dies u.a. zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung mit dem Leiharbeitnehmer, § 9 Abs. 1 Nr. 2 AÜG iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG. Zudem kann der Leiharbeitnehmer nach § 8 Abs. 1 AÜG statt der unwirksamen Arbeitsbedingungen diejenigen eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers des Entleihers verlangen.82 Dabei muss er im Entleiherbetrieb geltende Ausschlussfristen nicht beachten.83

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Dass § 10 Abs. 1 AÜG anders als die bisherige Regelung den gesamten § 9 in Bezug nimmt, könnte dafür sprechen, dass die Fiktion des § 10 Abs. 1 AÜG auf alle Unwirksamkeitstatbestände des § 9 Abs. 1 AÜG erstreckt werden soll. Allerdings geht die Literatur – soweit ersichtlich – einhellig davon aus, dass die Fiktion des § 10 Abs. 1 AÜG nur die Tatbestände der Nr. 1 bis 1b des § 9 Abs. 1 AÜG umfasst.84 U.E. zu Recht: Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 AÜG spricht nur von einem nach § 9 AÜG unwirksamen „Vertrag“. „Verträge“ sind in § 9 Abs. 1 AÜG aber nur in den Nr. 1 bis 1b genannt, 77 Thüsing/Stiebert, ZESAR 2012, 199, 204; Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 148; Thüsing/Pelzner/Kock, § 3 AÜG Rz. 65. 78 BAG v. 21.10.2015 – 5 AZR 604/14, NZA 2016, 422. 79 BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 258/14, NZA 2016, 762, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2016, 317 zu Ansprüchen auf equal pay. 80 BAG v. 23.11.2016 – 5 AZR 53/16, AP AÜG § 10 Nr. 55. 81 BAG v. 19.2.2014 – 5 AZR 1047/12, NZA 2014, 915 Rz. 39; v. 13.3.2013 – 5 AZR 146/12, NZA 2013, 782 Rz. 22; v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, NZA 2011, 850. Somit ist die Darlegungs- und Beweislast abgestuft. Bestreitet der Verleiher die maßgeblichen Umstände der Auskunft substantiiert, muss der Leiharbeitnehmer die Vergleichbarkeit und die wesentlichen Arbeitsbedingungen darlegen und beweisen; BAG v. 23.10.2013 – 5 AZR 556/12, NZA 2014, 313 Rz. 25: Der Arbeitnehmer muss hingegen von § 13 AÜG nicht Gebrauch machen, sondern kann die Umstände auch anders darlegen und beweisen. Rz. 27 f.: Die Darlegungspflicht umfasst auch die Darlegung des Gesamtvergleichs und die Berechnung der Differenzvergütung. 82 Dazu Sandmann/Marschall, § 10 AÜG Rz. 30 ff.; BAG v. 19.2.2014 – 5 AZR 1047/12, NZA 2014, 915. Dies gilt auch für Auslandseinsätze, wenn deutsches Recht anwendbar ist: BAG v. 28.5.2014 – 5 AZR 422/12, NZA 2014, 1264. Der Anspruch unterliegt der Regelverjährung von drei Jahren gem. § 195 BGB, BAG v. 20.11.2013, ArbR 2014, 102. 83 BAG v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, NZA 2011, 850, 853 Rz. 29; dazu krit. Anm. Ulber, AP Nr. 23 zu § 10 AÜG. 84 Neighbour/Schröder, BB 2016, 2869, 2872; Olbertz/Groth, GWR 2016, 371, 374; Siebert/Novak, ArbRAktuell 2016, 391, 394; Seel, öAT 2016, 27, 29.

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Kap. 10 Rz. 22 | Arbeitnehmerüberlassung die Nr. 2 ff. sprechen demgegenüber von „Vereinbarungen.“ Vor allem aber ist auch nur in den Fällen des § 9 Nr. 1 bis 1b AÜG und nicht in den Fällen der Nr. 2 ff. des § 9 AÜG ein letztlich aus Art. 12 GG resultierendes Widerspruchsrecht und damit eine Festhaltenserklärung vorgesehen.85

23 Bei Verstößen kann ein Bußgeld verhängt werden, § 16 Abs. 1 Nr. 7a, Abs. 2 AÜG (zu weiteren Rechtsfolgen von Verstößen Rz. 41).

10. Offenlegung und Konkretisierung 24 Gem. § 11 Abs. 2 AÜG ist der Verleiher nicht nur verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer bei Vertragsschluss ein Merkblatt der Erlaubnisbehörde über den wesentlichen Inhalt dieses Gesetzes auszuhändigen, auf Verlangen in der Muttersprache des Arbeitnehmers, sondern er muss ihn nach der Neuregelung in § 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG auch vor jeder Überlassung darüber informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG müssen Verleiher und Entleiher ferner die Überlassung ausdrücklich im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag als solche bezeichnen (offenlegen), bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen und tätig werden lassen; zudem müssen sie vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag konkretisieren, § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG. Geschieht das nicht, sind auch hier gem. § 9 Nr. 1a AÜG die Arbeitsverträge mit den jeweiligen Leiharbeitnehmern unwirksam, und gem. § 10 Abs. 1 AÜG wird ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher fingiert. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG kann der Leiharbeitnehmer auch hier den Übergang auf den Entleiher durch Festhaltenserklärung verhindern, wenn er schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält. Die in Rz. 9 aufgeführten weiteren formalen Anforderungen gelten auch für diese Festhaltenserklärung. Zu Bußgeld- und Schadensersatzfolgen s. Rz. 41.

11. Formerfordernisse 25 Der Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher bedarf der Schriftform, § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG.

Nach FW AÜG 1.1.6.7, Abs. 2 umfasst das Schriftformerfordernis den gesamten Überlassungsvertrag einschließlich aller Nebenabreden. Je nachdem, wie Ver- und Entleiher den Überlassungsvertrag ausgestalten, kann auch die namentliche Benennung der zu überlassenden Arbeitnehmer und damit die Konkretisierung der Schriftform unterliegen. Das soll nach Auffassung der BA86 zB. dann gelten, wenn die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer (zB. besonderer Experten) wesentlicher Inhalt der vertraglichen Abrede ist.

Kommt es den Vertragsparteien hingegen nicht darauf an, welche konkreten Personen überlassen werden, können sie nach Ansicht der BA87 ohne Bezug auf die Einzelpersonen die Überlassung von Leiharbeitnehmern mit bestimmten Merkmalen vereinbaren. Der Verleiher ist dann verpflichtet, fachlich geeignete Leiharbeitnehmer zu überlassen. Die Benennung der einzelnen Leiharbeitnehmer stellt dann keine vertragliche Nebenabrede dar. Daher unterliegt, so die BA, die Konkretisierung in diesem Fall nicht der Schriftform des Überlassungsvertrages, hat jedoch in Bezug auf den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu erfolgen. Für die Konkretisierung des Leiharbeitnehmers ist ein geeigneter Nachweis zB in Textform zu den Geschäftsunterlagen zu nehmen.

25a Allerdings ist nicht geklärt, ob das auch gilt, wenn ein Rahmenarbeitnehmerüberlassungsvertrag vereinbart wird, der noch keine beiderseitigen Überlassungs- bzw. Zahlungspflichten begründet (s. M 10.3). Zweifel bestehen, weil die BA in Ziff. 12 Abs. 2 FW AÜG verlangt, dass der Vertrag eine

85 Vgl. dazu, dass die Widerspruchsmöglichkeit den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 10 AÜG Rechnung tragen soll, Brors, NZA 2016, 672; Hennecke, NZA 2016, 1309. 86 FW AÜG 1.1.6.7, Abs. 2 Stand 1.8.2019. 87 FW AÜG 1.1.6.7, Abs. 3, Stand 1.8.2019.

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Arbeitnehmerüberlassung | Rz. 27 Kap. 10

rechtlich verbindlich eingegangene Pflicht des Verleihers zur Überlassung von Arbeitnehmern und die rechtlich verbindlich eingegangene Pflicht des Entleihers zur Vergütungszahlung verlangt, die ein Rahmenvertrag aber typischerweise noch nicht enthält.88 Nach § 11 Abs. 1 AÜG gelten ferner die Vorschriften des Nachweisgesetzes89, ergänzt durch die für das Leiharbeitsverhältnis spezifischen Angaben der Nummern 1 und 2. Der Verleiher muss dem Leiharbeitnehmer daher zu Beginn des Arbeitsverhältnisses, spätestens jedoch einen Monat danach, die wesentlichen Vertragsbedingungen iSd. § 2 Abs. 1 NachwG schriftlich und unterzeichnet aushändigen. Schwierigkeiten, die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG zu erfüllen, ergeben sich durch § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG: Soweit kein Tarifvertrag Anwendung findet, hat der Leiharbeitnehmer während der Zeit der Überlassung Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das im Entleiherbetrieb gezahlt wird.90 Bei jedem Wechsel des Entleihers ändert sich daher das vom Verleiher zu zahlende Mindestentgelt. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ist aber noch nicht absehbar, welche Mindestvergütung der Leiharbeitnehmer jeweils verlangen kann. Eine Verpflichtung des Verleihers, die Entgelthöhe der Stammarbeitnehmer des Entleihers gegenüber dem Leiharbeitnehmer nachzuweisen, ergibt sich weder aus dem AÜG noch aus dem NachwG.91 Sowohl NachwG als auch AÜG verlangen allein, dass die wesentlichen Arbeitsbedingungen beim Verleiher, nicht hingegen die beim Entleiher nachzuweisen sind. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 AÜG sind ferner Art und Höhe der Leistung für Zeiten anzugeben, in denen der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist.

25b

Findet ein Tarifvertrag Anwendung, der den Gleichstellungsgrundsatz gem. § 8 Abs. 2, 4 AÜG abbedingt, so genügt für § 2 Abs. 1 Nr. 6 NachwG – sowohl für die Zeit des Verleihs als auch für verleihfreie Zeiten – ein Verweis auf die Regelung im Tarifvertrag.92

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12. Betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung Betriebsverfassungsrechtlich bleiben Leiharbeitnehmer auch während ihrer Überlassung dem Betrieb des Verleihers zugeordnet, § 14 Abs. 1 AÜG93, so dass dieser grundsätzlich beteiligungspflichtig ist. Für die Eingruppierung eines Leiharbeitnehmers ist allein der Verleiherbetrieb zuständig.94 § 14 AÜG regelt darüber hinaus jedoch betriebsverfassungsrechtliche Besonderheiten, die sich aus dem Schutzbedürfnis bei Eingliederung der Leiharbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers ergeben: Vor Übernahme eines Leiharbeitnehmers – also der tatsächlichen Arbeitsaufnahme95 – ist 88 Zum Ganzen Bissels/Falter, DB 2019, 2128. 89 Zur Ablösung durch die Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie bis zum 1.8.2022 vgl. Kap. 2 Rz. 144. 90 Ablehnend Ulber, AP Nr. 23 zu § 10 AÜG. 91 BAG v. 25.3.2015 – 5 AZR 368/13, NZA 2015, 877 Rz. 35; vgl. auch BAG v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, NZA 2011, 850 Rz. 18. 92 ErfK/Wank, § 11 AÜG Rz. 6; Sandmann/Marschall, § 11 AÜG Rz. 8; Schüren/Hamann/Schüren, § 11 AÜG Rz. 48, 63; aA Ulber, § 11 AÜG Rz. 74. 93 Der Betriebsrat beim Verleiher hat aber kein Zugangsrecht zum Betrieb des Entleihers nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, denn aus der gesetzlichen Zuordnung nach § 14 Abs. 1 AÜG folgt nicht zwingend die Zuständigkeit des Verleiherbetriebsrates in allen betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten, BAG v. 15.10.2014 – 7 ABR 74/12, NZA 2015, 560. 94 BAG v. 17.6.2008, NZA 2009, 112; v. 14.8.2007 – 9 AZR 167/07, NZA 2008, 236; Schüren/Hamann/Hamann, § 14 AÜG Rz. 326. 95 BAG v. 9.3.2011 – 7 ABR 137/09, NZA 2011, 871, 872 Rz. 26. Das ist insb. von Relevanz für die sog. Arbeitnehmer-Pools, bei denen der Verleiher einen bestimmten Personalpool auf Abruf dem Entleiher bereitstellt. In diesem Fall hat der Betriebsrat erst vor jedem Kurzeinsatz mitzubestimmen und nicht bereits einmalig bei der Aufnahme eines Mitarbeiters in den Pool, vgl. BAG v. 23.1.2008 – 1 ABR 74/ 06, NZA 2008, 603, 605 Rz. 24, 26. Bei fehlender Kooperationsbereitschaft des Betriebsrates bleibt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit, nach § 100 BetrVG vorzugehen, vgl. dazu auch Kap. 42.

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Kap. 10 Rz. 27 | Arbeitnehmerüberlassung der Betriebsrat des Entleiherbetriebes nach § 99 BetrVG zu beteiligen, § 14 Abs. 3 AÜG.96 Dieser Betriebsrat ist dementsprechend unter Vorlage der Erklärung des Verleihers, über eine Überlassungserlaubnis zu verfügen, vgl. § 14 Abs. 3 Satz 2 AÜG, über den Namen des zu überlassenden Leiharbeitnehmers, sowie u.a. über Einsatzdauer, den vorgesehenen Arbeitsplatz und die Art der Tätigkeit zu unterrichten.97 Das Zustimmungsverweigerungsrecht besteht nur hinsichtlich der Einstellung an sich. Dem Betriebsrat des Entleihers kann ein Zustimmungsverweigerungsrecht ua. zukommen bei fehlender Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, bei Verstoß gegen die Prüfund Meldepflichten nach § 164 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IX,98 wenn der Leiharbeitnehmer länger als nur vorübergehend beschäftigt wird,99 oder wenn die nach § 93 BetrVG erforderliche innerbetriebliche Ausschreibung unterblieben ist,100 jedoch nicht bei einem Verstoß gegen das Gleichstellungsgebot101 oder bei Beendigung des Einsatzes des Leiharbeitnehmers infolge Kündigung des ihn betreffenden Personalüberlassungsvertrages.102 Die Zuständigkeit des Betriebsrat im Verleiher- und Entleiherbetrieb für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in Bezug auf Leiharbeitnehmer bestimmt sich nach dem Gegenstand des geltend gemachten Mitbestimmungsrechts und der darauf bezogenen Entscheidungsmacht des Verleihers oder des Entleihers.103 Weitere Beteiligungsrechte des Betriebsrates beim Entleiher können sich daher aus § 80 Abs. 2 Satz 1, 3, §§ 81, 82 Abs. 1, §§ 84–86, § 89 Abs. 2104 und § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergeben. Auch hat der Betriebsrat des Verleihers kein Mitbestimmungsrecht bei Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften beim Entleiher, zB hinsichtlich der Anforderungen an die Schutzkleidung beim Entleiher.105

28 Maßgeblich dafür, ob der Betriebsrat des Verleiherbetriebes oder derjenige des Entleiherbetriebes

nach § 87 BetrVG mitzubestimmen hat, ist letztlich, ob der Verleiher oder der Entleiher die mitbestimmungspflichtige Entscheidung trifft.106 So kann der Betriebsrat des Entleiherbetriebs zB das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG für die im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer ausüben.107 96 Str. ist, ob § 14 Abs. 3 AÜG als Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung auf § 99 BetrVG verweist. Bei einer Rechtsfolgenverweisung wäre der Entleiherbetriebsrat auch zu beteiligen, wenn im Entleiherbetrieb in der Regel weniger als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind (dafür ErfK/Wank, § 14 AÜG Rz. 18 mwN. zum Meinungsstand). 97 BAG v. 9.3.2011 – 7 ABR 137/09, NZA 2011, 871 Rz. 29, m. Anm. Boemke, AP Nr. 63 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung: Der Entleiher kann sich nicht auf Unkenntnis berufen, da es ihm zumutbar ist, beim Verleiher auf Auswahl der Leiharbeitnehmer und Mitteilung ihrer Namen zu drängen, um seiner Unterrichtungspflicht nachzukommen. 98 Die nF bezeichnet die ab 1.1.2018 geltende neue Nummerierung im SGB IX gem. dem Bundesteilhabegesetz. 99 BAG v. 30.9.2014 – 1 ABR 79/12, NZA 2015, 240; v. 10.7.2013 – 7 ABR 91/11, NZA 2013, 1296 Rz. 24; das dürfte dann auch bei einem Verstoß gegen die Höchstüberlassungdauer gelten. 100 BAG v. 15.10.2013 – 1 ABR 25/12, NZA 2014, 214 Rz. 21. 101 BAG v. 21.7.2009 – 1 ABR 35/08, NZA 2009, 1156 Rz. 28. Ausführlich dazu Düwell/Dahl, NZA-RR 2011, 1 und auch Linsenmaier/Kiel, RdA 2014, 135; zur Frage, ob ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats bei einer nicht „vorübergehenden“ Überlassung vorliegt, vgl. Einf. Rz. 27. 102 BAG v. 17.2.2015 – 1 ABR 45/13, NZA 2015, 762 Rz. 27, 29. 103 BAG v. 22.10.2019 – 1 ABR 17/18, NZA 2020, 123; v. 24.8.2016 – 7 ABR 2/15, NZA 2017, 269. 104 BAG v. 12.3.2019 – 1 ABR 48/17, NZA 2019, 850: Der Betriebsrat hat Anspruch auf Information über Unfälle von Fremdpersonal im Betrieb. 105 BAG v. 7.6.2016 – 1 ABR 25/14, NZA 2016, 1420. 106 BAG v. 19.6.2001 – 1 ABR 43/00, DB 2001, 2301 Rz. 27: Die Entsendung von Leiharbeitnehmern in Betriebe, deren betriebsübliche Arbeitszeit die vom Leiharbeitnehmer vertraglich geschuldete Arbeitszeit übersteigt, ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig, sofern die Entsendung für eine entsprechend verlängerte Arbeitszeit erfolgt. Das Mitbestimmungsrecht steht dem beim Verleiher gebildeten Betriebsrat zu; s. auch Linsenmaier/Kiel, RdA 2014, 135, 149. 107 BAG v. 22.10.2019 – 1 ABR 17/18, NZA 2020, 123; v. 15.12.1992 – 1 ABR 38/92, DB 1993, 888; Boemke/Lembke/Boemke, § 14 AÜG Rz. 124.

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Arbeitnehmerüberlassung | Rz. 36 Kap. 10

Leiharbeitnehmer, die voraussichtlich länger als drei Monate beim Entleiher eingesetzt werden,108 sind nach § 7 Satz 2 BetrVG aktiv wahlberechtigt bei der Betriebsratswahl im Entleiherbetrieb, ebenso wie bei Aufsichtsratswahlen im mitbestimmten Entleiherunternehmen, § 10 Abs. 2 Satz 2 MitBestG bzw. § 5 Abs. 2 Satz 2 DrittelbG. Ein passives Wahlrecht besteht für Leiharbeitnehmer bei Betriebsratswahlen im Entleiherbetrieb allerdings nicht, § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG. Gem. § 14 Abs. 2 Satz 4 ff. AÜG „zählen“ Leiharbeitnehmer im Rahmen des BetrVG (Ausnahme: § 112a BetrVG), EBRG bzw. der Wahlordnungen im Entleiherbetrieb mit, soweit ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Anzahl an Arbeitnehmern vorausgesetzt wird.

29

Bei einem (echten) Dienst- oder Werkvertrag bestehen im Regelfall mangels Eingliederung in den Entleiherbetrieb keine Mitbestimmungsrechte des dortigen Betriebsrates.109

30

Leiharbeitnehmer sind auch bei den Schwellenwerten der Unternehmensmitbestimmung nach den Mitbestimmungsgesetzen, insbesondere dem MitbestG und dem DrittelbG, mitzuzählen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt, § 14 Abs. 2 Satz 5 AÜG.

31

§ 14 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 AÜG gelten sinngemäß auch für die Anwendung des Bundespersonalvertretungsgesetzes.110

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Einstweilen frei.

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13. Kündigungsschutz Kündigungsschutzrechtlich sind Leiharbeitnehmer für die Berechnung der Schwellenwerte nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG und damit für die Prüfung der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf den Betrieb mitzuzählen, soweit ihr Einsatz auf einem in der Regel vorhandenen Personalbedarf beruht, sie also aufgrund eines regelmäßigen und nicht eines für den Betrieb „in der Regel“ nicht kennzeichnenden Geschäftsanfalls beschäftigt sind.111

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Ferner wirkt sich der Einsatz von Leiharbeitnehmern im von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Entleiherbetrieb wie folgt aus: Beschäftigt der Entleiher Leiharbeitnehmer, um mit ihnen ein nicht schwankendes, ständig vorhandenes (Sockel-)Arbeitsvolumen abzudecken, kann von einer anderweitigen freien Beschäftigungsmöglichkeit im Entleiherunternehmen auszugehen sein, die vorrangig für sonst zur Kündigung anstehende Stammarbeitnehmer genutzt werden muss.112 Etwas anderes kann hingegen gelten, wenn Leiharbeitnehmer lediglich zur Abdeckung von „Auftragsspitzen“ oder als „Personalreserve“ zur Abdeckung von Vertretungsbedarf beschäftigt werden.

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14. Freie Arbeitsplätze beim Entleiher Nach § 13a AÜG ist der Entleiher verpflichtet, den Leiharbeitnehmer über Arbeitsplätze des Entleihers, die besetzt werden sollen, zu informieren. Das gilt nicht nur für freie Arbeitsplätze in dem Betrieb, in dem der Leiharbeitnehmer eingesetzt ist, sondern unternehmensweit.113 Die Information kann durch allgemeine Bekanntgabe an einer geeigneten, dem Leiharbeitnehmer ungehindert zugänglichen Stelle im Betrieb oder Unternehmen erfolgen, § 13a Satz 2 AÜG. Eine Pflicht zur bevorzugten Einstel108 Aufgrund des Wortlauts „eingesetzt werden“ und nicht „eingesetzt wurden“ wird zT davon ausgegangen, dass das Wahlrecht bereits bei Beginn der Überlassung besteht, sofern eine dreimonatige Überlassung prognostiziert werden kann, Düwell/Dahl, NZA-RR 2011, 1, 2. In diese Richtung auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/5741, S. 36 zu Nr. 7. 109 BAG v. 8.11.2016 – 1 ABR 57/14, NZA-RR 2017, 134, m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2017, 102. 110 Dazu BVerwG v. 7.4.2010, NZA-RR 2010, 389. 111 BAG v. 24.1.2013 – 2 AZR 140/12, NZA 2013, 726 Rz. 10, 20, 24. 112 BAG v. 15.12.2011 – 2 AZR 42/10, NZA 2012, 1044 Rz. 30. 113 Forst, AuR 2012, 97; Boemke/Lembke/Lembke, § 13a AÜG Rz. 10.

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Kap. 10 Rz. 36 | Arbeitnehmerüberlassung lung des sich bewerbenden Leiharbeitnehmers wird dadurch jedoch nicht begründet.114 Möglicherweise besteht ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, wenn der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nach § 13a AÜG nicht nachgekommen ist.115

15. Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten 37 Der Entleiher ist zudem verpflichtet, Leiharbeitnehmern Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen

und -diensten im Unternehmen zu den gleichen Bedingungen zu gewähren wie vergleichbaren Mitarbeitern in dem Betrieb, in dem der Leiharbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, § 13b AÜG.116 Gem. § 13b Satz 2 AÜG sind Gemeinschaftseinrichtungen oder -dienste insbesondere Kinderbetreuungseinrichtungen, Gemeinschaftsverpflegung und Beförderungsmittel; nicht erfasst sind hingegen Geldleistungen, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung oder Geldsurrogate wie Gutscheine.117 Eine unterschiedliche Behandlung zwischen Leiharbeitnehmern und Mitarbeitern des Entleiherbetriebs hinsichtlich des Zugangs zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten kann aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein: Das kann nach der Gesetzesbegründung dann zulässig sein, wenn der Zugang gemessen an der individuellen Einsatzdauer einen unverhältnismäßig hohen Organisations- bzw. Verwaltungsaufwand erfordert.118

16. Kein Einstellungsverbot 38 Der Verleiher kann dem Entleiher nicht untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht, § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG.119 Auch entsprechende Vereinbarungen zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer sind unwirksam, § 9 Abs. 1 Nr. 4 AÜG. Schließlich kann der Leiharbeitnehmer nicht wirksam zur Zahlung einer Vermittlungsvergütung120 an den Verleiher verpflichtet werden, § 9 Abs. 1 Nr. 5 AÜG. Entgegen dem zu weit geratenen Wortlaut des § 10 Abs. 1 AÜG schließt sich an die Nr. 3 ff. des § 9 Abs. 1 AÜG keine Fiktion eines Arbeitgeberwechsels an, vgl. dazu näher bereits Rz. 22.

17. Einsatz bei Arbeitskampf 39 Der Entleiher darf nach § 11 Abs. 5 Satz 1 AÜG121 den Leiharbeitnehmer nicht mehr tätig werden

lassen, wenn sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist.122 Eine Ausnahme 114 Hamann, RdA 2011, 321, 334; Kock, BB 2012, 323; Zimmermann, ArbR 2011, 264, 265. 115 Dafür unter Hinweis auf die BAG-Rechtsprechung zum Zustimmungsverweigerungsrecht bei Verstoß gegen die Prüf- und Konsultationspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IX: Hamann, RdA 2011, 321, 335; Kock, BB 2012, 323, 324; Lembke, NZA 2011, 319, 322; dagegen Zimmermann, ArbR 2011, 264, 265. 116 Dazu im Einzelnen Vielmeier, NZA 2012, 535; Kock, BB 2012, 323, 324 ff. 117 Huke/Neufeld/Luickhardt, BB 2012, 961, 968; Kock, BB 2012, 323, 325. 118 BT-Drucks. 17/4804, S. 10. Der Rechtfertigungsgrund sollte vorsichtig verwendet werden, da der Gesetzgeber weiter ausführt, es sei im Weiteren zu prüfen, inwieweit die Bedingungen für den Zugang von Leiharbeitnehmern so ausgestaltet werden können, dass ihnen der Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten ermöglicht wird (BT-Drucks. 17/4804, S. 10; aA Kock, BB 2012, 323, 326; Vielmeier, NZA 2012, 535, 540, unter Hinweis darauf, dass eine solche Prüfpflicht keinen Ausdruck im Gesetzeswortlaut gefunden hat). 119 § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG erfasst wohl nur den Fall, dass der Entleiher den Leiharbeitnehmer selbst einstellt. Will er den Leiharbeitnehmer an einen anderen Verleiher vermitteln (zB weil er nun mit diesem zusammenarbeitet), gilt § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG wohl nicht, Ziegelmayer/Bissels, DB 2015, 1659, 1660 f. 120 Zur Vereinbarung einer Vermittlungsprovision zwischen Verleiher und Entleiher vgl. M 10.2 § 14. 121 Krit. Bauer/Haußmann, NZA 2016, 803 zu Anwendungsfolgen und zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung. 122 Die Regelung ist verfassungsgemäß, BVerfG v. 19.6.2020 – 1 BvR 842/17, NZA 2020, 1186.

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Arbeitnehmerüberlassung | Rz. 41 Kap. 10

gilt gem. Satz 2 nur dann, wenn der Entleiher sicherstellt, dass Leiharbeitnehmer keine Tätigkeiten übernehmen, die bisher von Arbeitnehmern erledigt wurden, die sich entweder selbst im Arbeitskampf befinden oder die ihrerseits Tätigkeiten von Arbeitnehmern übernommen haben, die sich im Arbeitskampf befinden. Nicht vom Verbot umfasst sind nach der Gesetzesbegründung ferner Sachverhalte, in denen Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer, die bereits vor Beginn des Arbeitskampfs im Betrieb des Entleihers tätig waren, während des Arbeitskampfs ihre bisherigen Tätigkeiten fortführen. Das gilt auch für erst nach Beginn des Arbeitskampfes hinzukommende Leiharbeitskräfte, deren Tätigkeiten ausschließlich abseits des Arbeitskampfes erfolgen.123 Gem. § 11 Abs. 5 Satz 3 AÜG besteht ferner weiterhin ein Leistungsverweigerungsrecht für den Leiharbeitnehmer: Er ist nicht verpflichtet, bei einem Entleiher tätig zu sein, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. Auf dieses Recht muss der Verleiher ihn hinweisen, § 11 Abs. 5 Satz 4 AÜG.124 Teilweise enthalten Tarifverträge Einsatzverbote für Leiharbeitnehmer in bestreikten Betrieben (sog. Streikklauseln). Ob diese normativ oder schuldrechtlich wirken, ist nicht geklärt.125

18. Rechtsweg Für Rechtsstreitigkeiten zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher aus der Überlassung ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG gegeben.126 Dies betrifft ua Ansprüche des Leiharbeitnehmers nach § 13a und § 13b AÜG. Nicht zuständig sind die Arbeitsgerichte hingegen für Ansprüche des Leiharbeitnehmers gegen den Entleiher.127

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19. Sanktionen Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ff. AÜG stellen zahlreiche Verstöße gegen das AÜG bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten dar.128 Zusätzlich können durch die Verstöße entstandene wirtschaftliche Vorteile nach § 17 Abs. 4 OWiG abgeschöpft werden, wobei auch ein angedrohtes Höchstmaß des Bußgeldes überschritten werden kann.129 Soweit nach §§ 9, 10 AÜG der Arbeitsvertrag mit dem Verleiher unwirksam ist, besteht nach § 10 Abs. 2 AÜG ferner ein Schadensersatzanspruch des Leiharbeitnehmers gegen den Verleiher auf Ersatz des Schadens, den dieser dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut, es sei denn, ihm war der Grund der Unwirksamkeit bekannt.130 Verstöße können zudem zum Widerruf oder der Rücknahme der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis führen.

123 BT-Drucks. 18/9232, S. 28. 124 Zu den Anforderungen an die Hinweispflicht Boemke/Lembke, § 11 AÜG Rz. 138, wonach ein allgemeiner Hinweis bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht ausreicht, sondern vielmehr jeweils ein konkreter Hinweis erforderlich ist, wenn der Entleiher von einem Arbeitskampf bereits betroffen ist, bzw. sobald er beginnt. 125 Zur Problematik mwN. Boemke/Sachadae, DB 2015, 1467 und BB 2015, 1781. 126 BAG v. 15.3.2011 – 10 AZB 49/10, NZA 2011, 653 Rz. 12. 127 BAG v. 24.4.2018 – 9 AZR 62/17, juris, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 323. 128 Zum Nichtgewährend tariflicher Arbeitsbedingungen Boemke, BB 2016, 2741. 129 Zu den Risiken einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung Deich, AuA 2009, 412, 415; Timmermann, BB 2012, 1729. 130 Regelmäßig liegt in der Praxis, wenn der Verleiher das geschuldete Arbeitsentgelt zahlt, allerdings kein Schaden des Leiharbeitnehmers vor, vgl. Schüren/Hamann/Schüren, § 10 AÜG Rz. 145.

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Kap. 10 M 10.1.1 | Arbeitnehmerüberlassung

II. Muster M 10.1.1 Anstellungsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher

ohne Bezugnahme auf einen Tarifvertrag

Anstellungsvertrag zwischen der Firma […] Anschrift […]1 (im Folgenden: Firma) und Herrn/Frau […]2 wohnhaft in […]

Vorbemerkung3 Unternehmensgegenstand der Firma ist ua. […]. Die Firma stellt außerdem ihren Kunden zur Erledigung von Aufgaben vorübergehend, vorwiegend aushilfsweise, Personal zur Verfügung.4 Die Firma ist seit dem […]5 im Besitz der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – AÜG). Die Erlaubnis wurde von der [Erlaubnisbehörde] […] am […] erteilt.6 Die Firma beabsichtigt, Herrn/Frau […] je nach Auftragslage entweder im eigenen Bereich […] oder im Wege der Arbeitnehmerüberlassung7 als Leiharbeitnehmer bei Kunden (= Entleihern) einzusetzen.8 Dies vorausgeschickt wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen: 1 Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AÜG ist neben der Firma auch die Anschrift des Verleihers anzugeben. 2 Im Muster wurde auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Vertragspartners in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls wäre die gewünschte Bezeichnung abzustimmen oder man könnte sich an den genderneutralen Formulierungen in Kapitel 1, M 1.2.1 und M 1.2.2, orientieren. 3 Gem. § 11 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbedingungen des Leiharbeitsverhältnisses entsprechend § 2 Abs. 1 NachwG in die Niederschrift aufzunehmen. Der Vertrag enthält vorsorglich zahlreiche Regelungen, die sich auch aus den gesetzlichen Vorschriften bereits ergeben. Bei den jeweiligen vertraglichen Regelungen wird auf die zugrunde liegende Bestimmung verwiesen. Der Vertrag bedarf zwingend der Schriftform, wenn das Arbeitsverhältnis befristet eingegangen wird (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Im Übrigen sehen auch die Manteltarifverträge den Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages vor. Nimmt der Leiharbeitsvertrag nicht Bezug auf einen einschlägigen Tarifvertrag der Zeitarbeit, gilt der Gleichstellungsgrundsatz im Leiharbeitsverhältnis, dazu Einf. Rz. 15 ff. 4 Für die Abgrenzung der Leiharbeit von anderen Formen der Fremdfirmenarbeit vgl. die fachliche Weisungen AÜG der Bundesagentur für Arbeit, zuletzt Stand: 8/2019, S. 8 ff., abrufbar unter www.arbeitsagen tur.de (Suchtext: „Fachliche Weisungen Arbeitnehmerüberlassung“) https://www.arbeitsagentur.de/datei/ fw-aueg_ba016586.pdf; zusammenfassende Stellungnahme zu den Änderungen der fachlichen Weisungen AÜG per 1.8.2019 von Bissels/Falter, DB 2019, 2128. Demnach liegt trotz entsprechender Vereinbarung kein Werkvertrag vor, wenn von vornherein eine nicht „werkvertragsfähige“ Leistung vereinbart wird, das Werk zu unpräzise beschrieben wird, die Vergütung nicht erfolgs- oder projektbezogen erfolgt, die Fremdleistungen nicht hinreichend klar von den Aufgaben des Einsatzbetriebs abgegrenzt sind und die maßgebliche Personalhoheit in der Praxis auf das Einsatzunternehmen übergegangen ist. 5 Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AÜG. 6 In dem Vertrag muss die Erlaubnisbehörde angegeben werden, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AÜG. 7 Gem. § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG haben Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Nach dem Gesetzeswortlaut bedarf es dieser Angabe nur im Vertrag zwischen Ver- und Entleiher, sie ist hier daher wohl entbehrlich, gleichwohl aber unschädlich und ratsam, sofern nur Arbeitnehmerüberlassung als Fremdeinsatz in Betracht kommt. Davon unberührt bleibt die

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.1.1 Kap. 10

I. Allgemeine Regelungen des Arbeitsverhältnisses § 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses9 (1) Das Arbeitsverhältnis beginnt am […]. evtl. (2) Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. oder (2) Das Arbeitsverhältnis wird befristet abgeschlossen bis zum […].10

§ 2 Tätigkeit11 (1) Herr/Frau […] wird als […] eingestellt. (2) Die Firma behält sich vor, unter Wahrung der Interessen des/der Herrn/Frau […], das jeweilige Arbeitsgebiet zu ändern, Herrn/Frau […] auch eine andere gleichwertige und zumutbare, seiner/ihrer Vorbildung und seinen/ihren Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen, sowie ihn/sie auch an auswärtigen Arbeitsplätzen der Firma einzusetzen.12 Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Arbeitsgebiete.13 (3) Herr/Frau […] ist verpflichtet, die Belange der Firma zu wahren und die ihm/ihr übertragenen Aufgaben gewissenhaft und nach bestem Können auszuführen.14 (4) Herr/Frau […] ist verpflichtet, auch bei Kunden (= Entleihern) der Firma als […] tätig zu werden. Diese Verpflichtung gilt auch für Einsätze außerhalb von […]. Die Firma wird Herrn/Frau […] vor jeder Überlassung an Kunden darüber informieren, dass er/sie als Leiharbeitnehmer tätig wird.15 (5) Die Firma ist berechtigt, Herrn/Frau […] nach Maßgabe dieses Vertrages jederzeit von seinem/ihrem Einsatzort beim Kunden abzuberufen und anderweitig einzusetzen.16 Solange Herr/Frau […] im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei Kunden der Firma eingesetzt ist, unterliegt er/sie im Übrigen dem Weisungsrecht des Kunden, jedoch nur im Rahmen dieses Vertrages. (6) Herr/Frau […] ist nicht verpflichtet, bei einem Kunden tätig zu werden, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist.17

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Verpflichtung des Arbeitgebers, gem. § 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird, vgl. § 2 (4) Satz 3 des Musters. Dieser Hinweis auf den Einsatz sowohl im eigenen als auch im Kundenbetrieb ist bei Mischunternehmen zu empfehlen, wenn die Mitarbeiter sowohl als eigene Arbeitnehmer als auch als Leiharbeitnehmer tätig werden sollen. Anzugeben ist der Beginn des Arbeitsverhältnisses, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NachwG. Für eine Befristung gilt das TzBfG, s. Rz. 13. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Nr. 3 NachwG ist die vorhersehbare Dauer der Befristung anzugeben. Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NachwG ist im Vertrag eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der von dem Leiharbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit anzugeben. Vgl. im Einzelnen Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und „Versetzungsklausel“, sowie M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. Vgl. im Einzelnen Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und „Versetzungsklausel“, sowie M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. Zur Haftung des Leiharbeitnehmers Schwab, NZA-RR 2017, 517. Vgl. § 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG. Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 NachwG. § 11 Abs. 5 Satz 3 und 4 AÜG. § 11 Abs. 5 Satz 1 verbietet weitgehend den Einsatz des Leiharbeitnehmers als Streikbrecher, Satz 2 regelt Ausnahmen dazu, näher Rz. 39. Die Regelung ist verfassungsgemäß, BVerfG v. 19.6.2020 – 1 BvR 842/17, NZA 2020, 1186. Über diesen allgemeinen Hinweis hinaus muss der Leiharbeitnehmer im konkreten Fall erneut durch den Verleiher informiert werden. Wenn der Entleiherbetrieb bereits von einem Arbeitskampf betroffen ist, hat dies vor dem geplanten Arbeitseinsatz zu geschehen. Beginnt der Arbeitskampf erst während des Einsatzes, muss unverzüglich bei Beginn der Arbeitskampfmaßnahme informiert werden. Das Leistungsverweigerungsrecht gem. Satz 3 und die Hinweispflicht gem. Satz 4 gilt aber fort.

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Kap. 10 M 10.1.1 | Arbeitnehmerüberlassung § 3 Arbeitszeit18 (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt […] Stunden wöchentlich. (2) Die derzeitige Lage und Verteilung der Arbeitszeit ist bekannt gemacht worden. Die Firma ist berechtigt, aus betrieblichen Gründen die Lage und Verteilung der täglichen Arbeitszeit und der Pausen einseitig zu ändern. (3) Wird Herr/Frau […] bei Kunden eingesetzt, muss er/sie die dort geltenden Arbeits- und Pausenzeiten einhalten. (4) Herr/Frau […] ist verpflichtet,19 auf Anordnung des Arbeitgebers Mehrarbeits- und Überstunden bis zu […] Stunden/Monat, höchstens jedoch in gesetzlich zulässigem Umfang, zu leisten. Darüber hinaus ist er/ sie verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Nacht-, Schicht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in gesetzlich zulässigem Umfang zu leisten. Das gilt auch für Geschäftsreisen.20

§ 4 Vergütung21 (1) Herr/Frau […] erhält für seine/ihre vertragliche Tätigkeit für Zeiten, während derer er/sie nicht verliehen ist, einen Stundenlohn von Euro […] brutto.22 (2) Die Vergütung ist jeweils am […] fällig. Die Auszahlung erfolgt bargeldlos.

§ 5 Weihnachtsgratifikation23 (1) Die Firma gewährt eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von Euro […]. Zweck der Weihnachtsgratifikation ist ausschließlich die Honorierung bisheriger Betriebstreue und der Anreiz zu weiterer Betriebstreue.24 (2) Die Firma behält sich vor, die übertarifliche Zulage bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu widerrufen.25 Sachliche Gründe sind a) eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens oder a) wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr), b) eine um mindestens […] % unterdurchschnittliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin über einen Zeitraum von […] Monaten, c) eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin oder d) eine Umgestaltung des Entgeltsystems. 18 Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG. 19 Einzelheiten und Alternativen zur Anordnungsbefugnis s. Kap. 2 Rz. 112, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Mehrarbeitsklausel/Überstundenpauschale“, sowie M 2.1a Ziff. 4 m. Anm. 20 Einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeitkonten, die eine Verrechnung der Plusstunden während der verleihfreien Zeiten zulassen, sind unzulässig BAG v. 16.4.2014 – 5 AZR 483/12, NZA 2014, 1262 Rz. 22; Schüren, BB 2012, 1411; Ulber, NZA 2009, 232; aA Thüsing/Pötters, BB 2012, 317. Arbeitszeitkonten sind ohnehin nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 der 4. VO über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung wirksam. Danach ist insb. eine tarifliche Regelung erforderlich, sonst ist der Mindestlohn am 15. Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Inhaltlich hat sich zu der VorgängerVO nichts verändert. 21 Anzugeben ist die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgelts und der Fälligkeit, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG. 22 Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AÜG sind im Arbeitsvertrag anzugeben Art und Höhe der Leistungen für Zeiten, in denen der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist. 23 Zu Einzelheiten s. M 12.15.2 iVm. M 12.15.1 m. Anm. 24 Die Klarstellung des Zwecks ist ratsam, da eine Stichtagsklausel wie in Abs. 3 nicht wirksam wäre, wenn die Gratifikation auch Vergütungszwecken diente. Zu Einzelheiten s. M 12.15.2 iVm. M 12.15.1 m. Anm. 25 Einzelheiten zu den Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt s. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff., weitere Formulierungsvorschläge s. M 2.2 Ziff. 4 (2) sowie M 12.7.2.

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.1.1 Kap. 10 Das tarifliche Entgelt und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei unangetastet. Der widerrufliche Teil umfasst höchstens 24,5 % der Gesamtvergütung. (3) Die Weihnachtsgratifikation wird mit dem Novembergehalt ausgezahlt (Stichtag). Die Auszahlung ist ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag endet. (4) Eine Auszahlung der Weihnachtsgratifikation ist ferner ausgeschlossen, wenn sich das Arbeitsverhältnis am Stichtag in gekündigtem Zustand befindet. Dies gilt unabhängig davon, in wessen Sphäre der Grund für die Kündigung liegt. Diese Regelung gilt sinngemäß für Aufhebungsvereinbarungen.26 (5) Anteilige Zahlungen werden nicht gewährt. evtl.27 (6) Eine nach den Vertragsbedingungen des Kunden gewährte Gratifikation wird auf den Anspruch angerechnet.28

§ 6 Sonstige Leistungen29 (1) Die Firma gewährt jeweils im Juli ein Urlaubsgeld in Höhe von Euro […]. (2) Die Firma gewährt vermögenswirksame Leistungen nach den jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen in Höhe von monatlich Euro […]. (3) Herr/Frau […] erhält einen Zuschuss zu den ihm/ihr durch die Ausübung seiner/ihrer Aufgaben im Rahmen dieses Vertrages entstehenden Aufwendungen gemäß den jeweiligen30 betriebsüblichen Sätzen. Die derzeit gültige betriebliche Spesenregelung ist diesem Vertrag als Anlage […] beigefügt.

§ 7 Arbeitsverhinderung/Entgeltfortzahlung (1) Herr/Frau […] ist verpflichtet, der Firma jede Arbeitsverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich, spätestens jedoch bis […] Uhr, anzuzeigen. Die Benachrichtigung muss auf dem schnellsten Beförderungswege, notfalls fernmündlich, per Telefax oder per E-Mail erfolgen. Diese Verpflichtung gilt auch, wenn aus Gründen, die der Mitarbeiter nicht zu vertreten hat, die von der Firma mit dem Kunden vereinbarte Einsatzzeit nicht oder nicht voll abgeleistet werden kann, zB weil der Kunde keinen oder nur einen kürzeren Einsatz ermöglicht. (2) Im Falle einer Erkrankung ist Herr/Frau […] außerdem verpflichtet, diese spätestens bis zum Ablauf des dritten Tages durch ein ärztliches Attest nachzuweisen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, so ist Herr/Frau […] verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung innerhalb von drei weiteren Kalendertagen vorzulegen. 26 Eine solche Stichtagsregelung ist nur zulässig, wenn es sich nicht um Arbeitsvergütung handelt, sondern um eine von der Arbeitsleistung unabhängige Sonderzahlung des Arbeitgebers, Einzelheiten s. Kap. 2 Rz. 100, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklausel“. 27 Die Anrechnungsklausel könnte die Stichtagsklausel in Abs. 3 jedenfalls dann gefährden, wenn die anzurechnende Gratifikation des Kunden auch Vergütungszweck hätte. Sie sollte ggf. nur alternativ zur Stichtagsklausel verwendet werden. 28 Anrechnungsklausel nach Preis/Preis, III B 48 in § 8 Abs. 3. 29 Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG. Dem Leiharbeitnehmer darf nicht untersagt werden, Gemeinschaftseinrichtungen und – dienste des Entleihers zu nutzen, da § 13b AÜG als eine zwingende Regelung nicht im Arbeitsvertrag mit dem Leiharbeitnehmer abbedungen werden kann. Eine entgegenstehende vertragliche Regelung ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2a AÜG unwirksam. Dagegen wird es nicht zweckmäßig sein, den Leiharbeitnehmer zur Mitteilung der für Besteuerung des Dritteinkommens notwendigen Kennzahlen (Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen nach § 13b AÜG) zu verpflichten, da er diese regelmäßig nicht kennen wird (Kock, BB 2012, 323, 326). Vgl. daher M 10.2 § 12. 30 Eine solche dynamische Inbezugnahme eines einseitig vom Arbeitgeber vorgegebenen Regelungswerkes kann unwirksam sein, sofern darin nicht die Voraussetzungen für einen Widerruf im Einzelnen geregelt sind, vgl. BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; sie gilt dann nur statisch, Einzelheiten bei Kap. 2 Rz. 98 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“.

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Kap. 10 M 10.1.1 | Arbeitnehmerüberlassung (3) Durch Nichteinsatz wird der Vergütungsanspruch des Mitarbeiters nach § 4 Abs. 1 nicht berührt, sofern Herr/Frau […] seine/ihre Arbeitskraft rechtzeitig anbietet und der Firma während der üblichen Arbeitszeit zur Verfügung steht.31 § 615 Satz 2 BGB bleibt unberührt.32

§ 8 Urlaub33 (1) Herr/Frau […] hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung der Bezüge. Der Jahresurlaub beträgt […] Werktage.34 (2) Der Zeitpunkt des Jahresurlaubes wird nach den Wünschen des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse von der Firma festgelegt. (3) Herr/Frau […] erhält für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des ihm zustehenden Jahresurlaubes. Der Anspruch auf den vollen Jahresurlaub entsteht erstmals nach sechsmonatiger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit. (4) Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraumes oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgeltes außer Betracht.

II. Regelungen für die Zeiten, in denen Herr/Frau … verliehen ist (Verleihzeiten) Für die Zeiten, in denen Herr/Frau […] verliehen ist, werden jeweils gesondert nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 Nr. 2 AÜG die wesentlichen Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers vereinbart. [Evtl: Herr/Frau […] erhält dazu jeweils einen gesonderten Nachweis gemäß Anlage 1.35] Dies gilt nicht, soweit beim Entleiher für Herrn/Frau […] schlechtere Arbeitsbedingungen als gemäß oben I. bei der Firma gelten.

III. Sonstige Bestimmungen des Arbeitsverhältnisses36 § 1 Geheimhaltung37 (1) Der Arbeitnehmer wird sich vertrauliche Informationen einschließlich Geschäftsgeheimnissen38 des Kunden oder der Firma nicht aneignen außer zu vertraglichen Zwecken. Er wird sie ferner dritten Personen, 31 § 615 BGB kann nicht ausgeschlossen werden, § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG, denn das Beschäftigungsrisiko darf in verleihfreien Zeiten nicht vom Verleiher auf den Leiharbeitnehmer verlagert werden, vgl. Ulber, NZA 2009, 232, 233. 32 Öffentlich-rechtliche Leistungen zB aufgrund Arbeitslosigkeit sind dagegen anders als bei § 11 Nr. 3 KSchG nicht anzurechnen; daher kommt es zum gesetzlichen Forderungsübergang des Vergütungsanspruchs auf den Leistungsträger. 33 Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 NachwG. 34 Zu Einzelheiten Kap. 2 Rz. 127a ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Urlaub“; zu weiteren Formulierungsvorschlägen insbesondere auch im Hinblick auf den Verfall übergesetzlicher Urlaubsansprüche bei Langzeiterkrankung s. M 2.1a Ziff. 7 m. Anm. 35 Grds. muss der Verleiher als Arbeitgeber dem Leiharbeitnehmer den Nachweis gem. § 11 AÜG iVm. § 2 Abs. 1 NachwG erbringen. Allerdings muss der Verleiher nur die bei ihm geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen nachweisen, nicht hingegen diejenigen beim Entleiher (BAG v. 25.3.2015 – 5 AZR 368/13, NZA 2015, 877 Rz. 35). Hierfür gilt nur § 13 AÜG (BAG v. 24.4.2014 – 8 AZR 1081/12, NZA 2014, 968). Ein gesonderter Nachweis dürfte daher nicht erforderlich sein; näher Rz. 25. 36 Der Gleichstellungsgrundsatz gilt gem. § 8 Abs. 1 AÜG nur für „wesentliche Arbeitsbedingungen“, im Einzelnen Einf. Rz. 15 ff. Demnach dürfte er für die unter III. gefassten Regelungen nicht gelten. 37 Diese Regelung ist nach dem AÜG nicht vorgeschrieben, kann aber in den Vertrag aufgenommen werden. Zur Geheimhaltungsklausel nach Inkrafttreten des GeschGehG s.o. Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b sowie zu einer ausführlicheren Klausel sowie Einzelheiten und Alternativen M 3.1, § 5. 38 Mit Inkrafttreten des GeschGehG am 26.4.2019 findet sich die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG.

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.1.1 Kap. 10 einschließlich anderen Arbeitnehmern des Kunden oder der Firma, nicht ohne vorherige Zustimmung des Kunden oder der Firma39 offenlegen und wird sie ausschließlich für Zwecke des Arbeitsverhältnisses nutzen. Ferner wird er Geheimhaltungsmaßnahmen entsprechend den Weisungen des Kunden oder der Firma ergreifen40 (Pflichten nach diesem Abs. 1 insgesamt „Geheimhaltungspflicht“). (2) Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Soweit der Arbeitnehmer durch die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beeinträchtigt wird, kann er vom Arbeitgeber die Befreiung von dieser Pflicht verlangen. (3) Vertrauliche Informationen sind Geschäftsgeheimnisse und alle wesentlichen Informationen, die als vertraulich gekennzeichnet sind oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt. Dazu zählen insbesondere: Geschäftsstrategien wirtschaftliche Planungen, Preiskalkulationen und -gestaltungen, Wettbewerbsmarktanalysen, Umsatz- und Absatzzahlen, Personaldaten, Personalrestrukturierungskonzepte, Produktspezifikationen, Erfindungen, technische Verfahren und Abläufe, die nicht öffentlich bekannt sind und einen wirtschaftlichen Wert für das Unternehmen darstellen, Kundendaten, Lieferantendaten, Passwörter, Zugangskennungen, […] (4) Bei Zweifeln, ob es sich um eine vertrauliche Information handelt, wird der Arbeitnehmer unverzüglich eine Weisung des Kunden oder der Firma einholen. (5) Die Geheimhaltungspflicht gilt nicht in den in den Fällen des § 5 GeschGehG.

§ 2 Nebenbeschäftigung41 (1) Einer Nebenbeschäftigung während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses darf Herr/Frau […] nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung der Firma nachgehen. Zeigt Herr/Frau […] die beabsichtigte Nebentätigkeit unter Angabe von Art, Ort und Dauer an und stehen der Ausübung der Nebentätigkeit keine sachlichen Gründe entgegen, muss die Firma ihre Zustimmung unverzüglich erteilen. Sie kann ihre Zustimmung auch befristet oder mit Widerrufsvorbehalt zu erteilen. (2) Das Zustimmungserfordernis entfällt bei karitativen, konfessionellen oder politischen Nebentätigkeiten, sofern diese die Tätigkeit des/der Herrn/Frau […] nach Maßgabe dieses Vertrages nicht beeinträchtigen.

§ 3 Beendigung des Arbeitsverhältnisses42 (1) Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (zZt. Vollendung des 67. Lebensjahres).43 (2) Die beiderseitige Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen. Jede Verlängerung der Kündigungsfrist gilt für beide Vertragsparteien. Jede Kündigung bedarf der Schriftform. 39 Beim Geschäftsführer wäre stattdessen einzufügen: „nur im Rahmen seiner Befugnisse zum Wohle des Unternehmers offenzulegen und zu nutzen.“ 40 Damit wird klargestellt, dass insb. die Geheimhaltungsmaßnahmen nach § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG (die der Arbeitgeber festlegen muss), tatsächlich umgesetzt werden. 41 Diese Regelung ist nach dem AÜG nicht vorgeschrieben, kann aber in die Urkunde aufgenommen werden. Zur arbeitsvertraglichen Beschränkung von Nebentätigkeiten Gaul/Khanian, MDR 2006, 68. Vgl. dazu auch schon Einf. Kap. 2 Rz. 115 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Nebentätigkeitsverbot“, sowie M 2.1a Ziff. 9. 42 Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 NachwG sind die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gem. III. § 3 Abs. 2 des Musters anzugeben. Zu den Anforderungen an eine betriebsbedingte Kündigung eines Leiharbeitnehmers BAG v. 18.5.2006 – 2 AZR 412/05, DB 2006, 1962; Dahl, DB 2006, 2519. Zu beachten ist auch, dass dem Leiharbeitnehmer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 AÜG nicht untersagt werden kann, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Verleiher ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher aufzunehmen (Einf. Rz. 38). Ebenso kann der Leiharbeitnehmer nicht zur Zahlung einer Vermittlungsvergütung an den Verleiher verpflichtet werden, § 9 Abs. 1 Nr. 5 AÜG (Einf. Rz. 38). Mit dem Leiharbeitnehmer kann aber ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden. Allerdings bietet sich dies regelmäßig nicht an, da der Leiharbeitnehmer seinem bisherigen Arbeitgeber (Verleiher) nur dann Wettbewerb macht, wenn er selbst als Verleiher tätig wird. 43 Vgl. im Einzelnen Kap. 2 Rz. 86, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Altersgrenze“ sowie M 2.1a Ziff. 2.

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Kap. 10 M 10.1.1 | Arbeitnehmerüberlassung (3) Zur Kündigung bevollmächtigt sind die jeweils zuständigen Regionalleiter, Niederlassungsleiter und […].44 Diese werden jeweils durch Aushang [alternativ: im Intranet der Firma] namentlich bekanntgegeben.45 (4) Die Firma ist berechtigt, Herrn/Frau […] nach Ausspruch einer Kündigung, gleich durch welche Vertragspartei, unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freizustellen.46 Ein Weiterbeschäftigungsanspruch ist insoweit ausgeschlossen.

§ 4 Rückgabepflicht Auf Verlangen der Firma, spätestens aber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind sämtliche der Firma zustehenden Gegenstände sowie Firmenunterlagen nebst Kopien und handschriftlichen Aufzeichnungen zu betrieblichen Vorgängen herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht.

§ 5 Ärztliche Untersuchung47 Herr/Frau […] erklärt sich bereit, sich auf Verlangen der Firma ärztlich untersuchen zu lassen. Die hierdurch anfallenden Kosten trägt die Firma. Herr/Frau […] befreit den untersuchenden Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht, soweit das Untersuchungsergebnis Einfluss auf seine/ihre Einsatzfähigkeit haben kann.

§ 6 Merkblatt/Informationsschrift Herr/Frau […] bestätigt, das Merkblatt für Leiharbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit in seiner/ihrer Muttersprache,48 und zwar der […] Sprache, sowie ein von der Firma unterschriebenes Exemplar dieses Anstellungsvertrages [ggf.: ebenfalls in dieser Sprache] erhalten zu haben.49

§ 7 Unfallverhütung50 Herr/Frau […] ist zur Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet. Die wichtigsten Unfallverhütungsvorschriften hängen […] aus. Weitere im Kundenbetrieb geltende Unfallverhütungsvorschriften liegen dort zur Einsicht aus. Herr/Frau […] hat sich über die Gefahren seines/ihres Arbeitsplatzes durch einen entsprechend qualifizierten Mitarbeiter des Kunden zu informieren. 44 Auch wenn der Arbeitsvertrag regelt, dass der jeweilige Niederlassungsleiter kündigen darf, muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung die kündigende Person dieser im Arbeitsvertrag genannten Stelle des Kündigungsberechtigten zuordnen oder zumindest einen Weg aufzeigen, auf dem der Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigung unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist (BAG v. 9.6.2011 – 6 AZR 687/09, NZA 2011, 847). 45 Ob eine solche Bekanntgabe ausreicht, ist nicht geklärt. Auf das Intranet sollte nur verwiesen werden, wenn die Arbeitnehmer auch problemlos Zugang dorthin haben. 46 Zur Freistellungsklausel vgl. im Einzelnen Kap. 2 Rz. 103, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freistellungsklausel“ sowie M 2.1a Ziff. 3 Abs. 3 m. Anm. 47 Diese Klausel ist möglicherweise ein Indiz gem. § 22 AGG für eine Benachteiligung wegen einer Behinderung, des Alters oder des Geschlechts (Schwangerschaft). Zulässig ist eine solche Klausel daher nur, sofern ein gewisser Gesundheitszustand zwingende Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit ist. Zu Einzelheiten Einf. Kap. 1 sowie M 1.3.1 unter II m. Anm. 48 Gem. § 11 Abs. 2 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer auf dessen Verlangen hin bei Vertragsschluss das Merkblatt der Erlaubnisbehörde in der Muttersprache des Leiharbeitnehmers auf Kosten des Verleihers zu übergeben. Das Merkblatt ist ua abrufbar auf der Website der Bundesagentur für Arbeit. 49 Gem. § 11 Abs. 1 AÜG iVm. § 2 NachwG hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer den Nachweis über die Vertragsbedingungen auszuhändigen. Auf Verlangen muss dies ebenfalls in der Muttersprache erfolgen. 50 Gem. § 11 Abs. 6 Satz 2 AÜG hat der Entleiher den Leiharbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung und bei Veränderungen in seinem Arbeitsbereich über Gefahren für Sicherheit und Gesundheit, denen er bei der Arbeit ausgesetzt sein kann, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren zu unterrichten. Er hat den Leiharbeitnehmer gem. § 11 Abs. 6 Satz 3 AÜG zusätzlich über die Notwendigkeit besonderer Qualifikationen oder beruflicher Fähigkeiten oder einer besonderen ärztlichen Überwachung sowie über erhöhte besondere Gefahren des Arbeitsplatzes zu unterrichten.

492 | Lingemann

Arbeitnehmerüberlassung | M 10.1.1 Kap. 10

§ 8 Auskunftspflichten des Arbeitnehmers (1) Herr/Frau […] wird im Hinblick auf § 1 Abs. 1b Satz 2 AÜG die Firma vor Überlassung an einen Kunden informieren, sofern er/sie innerhalb der letzten drei Monate vor der Überlassung über einen anderen Verleiher an denselben Kunden überlassen wurde. (2) Herr/Frau […] ist verpflichtet, sämtliche Änderungen seiner/ihrer Anschrift umgehend der Firma mitzuteilen.

§ 9 Vertragsstrafe51 (1) Nimmt Herr/Frau […] vorsätzlich oder fahrlässig die Arbeit nicht oder verspätet auf oder verlässt er/sie den Arbeitsplatz vorsätzlich oder fahrlässig vertragswidrig, so hat er/sie an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe zu zahlen.52 (2) Für den Fall des Nichtantritts der Arbeit beträgt die Vertragsstrafe das Bruttoarbeitsentgelt, welches Herr/Frau […] bei Einhaltung der Mindestkündigungsfrist erhalten hätte.53 (3) Für den Fall des Verlassens des Arbeitsplatzes beträgt die Vertragsstrafe für jeden Fehlarbeitstag das auf einen Arbeitstag entfallende Bruttoentgelt. Eine Fehlzeit von drei Stunden oder mehr gilt als ein Fehlarbeitstag. Maximal beträgt die Vertragsstrafe das Bruttoarbeitsentgelt, welches Herr/Frau […] bei Einhaltung der Mindestkündigungsfrist erhalten würde. (4) Das Recht der Firma, einen weiter gehenden Schaden geltend zu machen, bleibt unberührt.54

§ 10 Ausschlussfristen55 (1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden. evtl. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird. (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen. (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).

51 Eine Vertragsstrafe ist in Leiharbeitsverträgen durchaus verbreitet. Zu Einzelheiten vgl. Kap. 2 Rz. 130 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“. 52 Die Vertragsstrafe sichert die Erfüllung und erleichtert gleichzeitig die Durchsetzung von Schadensersatz in ihrer Höhe. 53 Die Höhe muss feststehen und billigem Ermessen entsprechen. Eine entgegen § 307 BGB in Formularverträgen zu hoch bemessene Vertragsstrafe kann nicht gem. § 343 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Betrag gerichtlich herabgesetzt werden und führt zur Nichtigkeit der gesamten Klausel gem. § 306 BGB (BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727). Einzelheiten Kap. 2 Rz. 103, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Vertragsstrafe“. 54 Vgl. § 340 Abs. 2, § 341 Abs. 2 BGB; die Regelung gibt nur deklaratorisch die Gesetzeslage wieder. 55 Zu Einzelheiten und Alternativen vgl. die Anm. zu M 2.1a Ziff. 10 und Kap. 2 Rz. 92 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“.

Lingemann | 493

Kap. 10 M 10.1.1 | Arbeitnehmerüberlassung § 11 Vertragsänderungen, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.56 (2) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung als unwirksam erweisen, werden die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung dadurch nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.57 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Herr/Frau […])

Anlage 1 Wesentliche Arbeitsbedingungen beim Entleiher […] (Name und Anschrift des Entleihers) für eine Tätigkeit als […]58 Arbeitsbedingungen59 – Vergütung/h: – Zuschläge: – Sonderzahlungen:60 – Arbeitszeit: – […] Ggf. Anwendbarer Tarifvertrag Anwendbare Betriebsvereinbarungen 56 Vgl. zur Schriftformklausel Kap. 2 Rz. 17 ff., Kap. 2 Rz. 124 f., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, sowie M 2.1a Ziff. 14 m. Anm. 57 S. M 3.1, § 26 m. Anm. 58 Zur Gruppenbildung vgl. Schüren/Hamann/Schüren, § 9 AÜG Rz. 121 ff. 59 Ein gesonderter Nachweis über Arbeitsbedingungen beim Entleiher ist nach der neuen BAG-Rspr. nicht mehr erforderlich. Vgl. auch M 10.1.1, Ziff. II. m. Anm. Die Anlage 1 kann dem Arbeitnehmer aber freiwillig ausgehändigt werden. 60 Diese sind nur zu zahlen, wenn sie auch einem im Entleiherbetrieb entsprechend befristet Beschäftigten gewährt würden, vgl. Schüren/Hamann/Schüren, § 9 AÜG Rz. 132 ff.

M 10.1.2 Anstellungsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher

mit Bezugnahme auf Tarifvertrag

Anstellungsvertrag zwischen der Firma […] Anschrift […]1 (im Folgenden: Firma) 1 Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AÜG ist neben der Firma auch die Anschrift des Verleihers anzugeben.

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.1.2 Kap. 10 und Herrn/Frau […]2 wohnhaft in […]

Vorbemerkung3 Unternehmensgegenstand der Firma ist ua. […] Die Firma stellt außerdem ihren Kunden zur Erledigung von Aufgaben vorübergehend, vorwiegend aushilfsweise, Personal zur Verfügung.4 Die Firma ist seit dem […]5 im Besitz der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – AÜG). Die Erlaubnis wurde von der der [Erlaubnisbehörde] […] am […] erteilt.6 Die Firma beabsichtigt, Herrn/Frau […] je nach Auftragslage entweder im eigenen Bereich […] oder im Wege der Arbeitnehmerüberlassung7 als Leiharbeitnehmer bei Kunden (= Entleihern) einzusetzen.8 Dies vorausgeschickt wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen:

§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses9 (1) Das Arbeitsverhältnis beginnt am […] evtl. (2) Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. 2 Im Muster wurde auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Vertragspartners in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls wäre die gewünschte Bezeichnung abzustimmen oder man könnte sich an den genderneutralen Formulierungen in Kapitel 1, M 1.2.1 und M 1.2.2, orientieren. 3 Gem. § 11 Abs. 1 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbedingungen des Leiharbeitsverhältnisses entsprechend § 2 Abs. 1 NachwG in die Niederschrift aufzunehmen. Durch Tarifvertrag kann in den Grenzen von § 8 Abs. 2 AÜG auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich lediglich arbeitsvertraglich in Bezug genommen wird. Es gilt allerdings nur, wenn dieser umfassend und nicht nur teilweise in Bezug genommen wird, bei nur teilweiser Anwendung gehen die gesetzlichen Regelungen und damit der Gleichstellungsgrundsatz vor (BAG v. 16.10.2019 – 4 AZR 66/18, NZA 2020, 260, m. Anm. Bauer, ArbR Aktuell 2019, 532). Der Arbeitsvertrag darf daher keinerlei für den Arbeitnehmer nachteilige Abweichungen von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag enthalten (BAG aaO.). Je nach dem Inhalt des Tarifvertrages kommen also zwar zusätzliche Regelungen gem. M 10.1.1 in Betracht, diese sollten allerdings sorgfältig mit den Regelungen des jeweils einschlägigen Tarifvertrages abgeglichen werden, damit sie nicht zu Lasten des Arbeitnehmers davon abweichen. 4 Für die Abgrenzung der Leiharbeit von anderen Formen der Fremdfirmenarbeit vgl. FW AÜG 1.1.6 ff., Stand 1.8.2019 sowie Baeck/Winzer, NZA 2015, 269, 270; Deich, AuA 2009, 412. Demnach liegt trotz entsprechender Vereinbarung kein Werkvertrag vor, wenn von vornherein eine nicht „werkvertragsfähige“ Leistung vereinbart wird, das Werk zu unpräzise beschrieben wird, die Vergütung nicht erfolgs- oder projektbezogen erfolgt, die Fremdleistungen nicht hinreichend klar von den Aufgaben des Einsatzbetriebs abgegrenzt sind und die maßgebliche Personalhoheit in der Praxis auf das Einsatzunternehmen übergegangen ist. 5 Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AÜG. 6 In dem Vertrag muss die Erlaubnisbehörde angegeben werden, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AÜG. 7 Gem. § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG haben Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Nach dem Gesetzeswortlaut bedarf es dieser Angabe nur im Vertrag zwischen Ver- und Entleiher, sie ist hier daher wohl entbehrlich, gleichwohl aber unschädlich und ratsam, sofern nur Arbeitnehmerüberlassung als Fremdeinsatz in Betracht kommt. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung des Arbeitgebers, gem. § 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird (vgl. I § 2 (4) Satz 3 des Musters). 8 Dieser Hinweis auf den Einsatz sowohl im eigenen als auch im Kundenbetrieb ist bei Mischunternehmen zu empfehlen, wenn die Mitarbeiter sowohl als eigener Arbeitnehmer als auch als Leiharbeitnehmer tätig werden sollen. 9 Anzugeben ist der Beginn des Arbeitsverhältnisses, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NachwG.

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Kap. 10 M 10.1.2 | Arbeitnehmerüberlassung oder (2) Das Arbeitsverhältnis wird befristet abgeschlossen bis zum […]10

§ 2 Tätigkeit11 (1) Herr/Frau […] wird als […] eingestellt. (2) Die Firma behält sich vor, unter Wahrung der Interessen des/der Herrn/Frau […], das jeweilige Arbeitsgebiet zu ändern, Herrn/Frau […] auch eine andere gleichwertige und zumutbare, seiner/ihrer Vorbildung und seinen/ihren Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen sowie ihn/sie auch an auswärtigen Arbeitsplätzen der Firma einzusetzen.12 Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Arbeitsgebiete.13 (3) Herr/Frau […] ist verpflichtet, die Belange der Firma zu wahren und die ihm/ihr übertragenen Aufgaben gewissenhaft und nach bestem Können auszuführen. (4) Herr/Frau […] ist verpflichtet, auch bei Kunden (= Entleihern) der Firma als […] tätig zu werden. Diese Verpflichtung gilt auch für Einsätze außerhalb von […] Die Firma wird Herrn/Frau […] vor jeder Überlassung an Kunden darüber informieren, dass er/sie als Leiharbeitnehmer tätig wird.14 (5) Die Firma ist berechtigt, Herrn/Frau […] nach Maßgabe dieses Vertrages jederzeit von seinem/ihrem Einsatzort beim Kunden abzuberufen und anderweitig einzusetzen.15 Solange Herr/Frau […] im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei Kunden der Firma eingesetzt ist, unterliegt er/sie im Übrigen dem Weisungsrecht des Kunden, jedoch nur im Rahmen dieses Vertrages. (6) Herr/Frau […] ist nicht verpflichtet, bei einem Kunden tätig zu werden, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist.16

§ 3 Tarifgeltung (1) Im Übrigen sind für Zeiten, in denen Herr/Frau […] verliehen ist17, die Tarifverträge einschließlich Branchenzuschlagstarifverträgen, bestehend aus18 […] und abgeschlossen zwischen […] und […]19 sowie 10 Für eine Befristung gilt das TzBfG, s. Rz. 13. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Nr. 3 NachwG ist die vorhersehbare Dauer der Befristung anzugeben. 11 Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NachwG ist im Vertrag eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der von dem Leiharbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit anzugeben. 12 Vgl. im Einzelnen Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und „Versetzungsklausel“, sowie M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. 13 Vgl. im Einzelnen Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und „Versetzungsklausel“, sowie M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. 14 Vgl. § 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG. 15 Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 NachwG. 16 Vgl. § 11 Abs. 5 Satz 3 und 4 AÜG. Über diesen allgemeinen Hinweis hinaus muss der Leiharbeitnehmer im konkreten Fall erneut durch den Verleiher informiert werden. Wenn der Entleiherbetrieb bereits von einem Arbeitskampf betroffen ist, hat dies vor dem geplanten Arbeitseinsatz zu geschehen. Beginnt der Arbeitskampf erst während des Einsatzes, muss unverzüglich bei Beginn der Arbeitskampfmaßnahme informiert werden (ErfK/Wank, § 11 AÜG Rz. 21). 17 Die Unterteilung in Einsatzzeiten (Abs. 1) und Nichteinsatzzeiten (Abs. 2) ist verbreitet. Insbesondere nach BSG (v. 12.10.2016 – B 11 AL 6/15 R) können auch Mischbetriebe zur Abweichung vom Gleichstellungszweck auf Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche Bezug nehmen. Sofern Tarifverträge allerdings sowohl Einsatzzeiten als auch Nichteinsatzzeiten regeln, müssen diese nach Auffassung der BA auch vollständig, d.h. für beide Zeiten in Bezug genommen werden (FW AÜG Ziffer 8.2 Abs. 3, Stand 1.8.2019; krit. Bissels/Falter, DB 2019, 2128). Dann müsste die Klausel ohne Unterscheidung nur auf diese Tarifverträge Bezug nehmen. 18 Zur Befreiung vom Equal Pay Gebot muss das Tarifwerk vollständig übernommen werden, die Aufzählung muss daher vollständig sein (BAG v. 16.10.2019 – 4 AZR 66/18, NZA 2020, 260, Anm. Bauer, ArbR Aktuell 2019, 532). Auch ein Verweis lediglich auf die Entgelttarifverträge unter Auslassung der Branchenzuschlagstarifverträge dürfte nicht zur Befreiung vom Gleichstellungsgrundsatz führen (Bayreuther, NZA Beilage 4/2012, 115, 116; Nießen/Fabritius, BB 2013, 375, 377); hierzu auch Einf. Rz. 16. Dasselbe gilt wohl für die Inbezugnahme eines nicht einschlägigen Branchenzuschlagstarifvertrages (Bissels/Mehnert/Weid-

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.1.2 Kap. 10 etwaige ergänzende oder ersetzende Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Die tariflichen Regelungen haben Vorrang vor Regelungen dieses Vertrages, die davon zu Lasten des Arbeitnehmers abweichen, soweit nicht der Tarifvertrag solche Abweichungen zulässt.20 (2) Für Zeiten, in denen Herr/Frau […] nicht verliehen ist, sind die Tarifverträge, bestehend aus […] und abgeschlossen zwischen […] und […] sowie etwaige ergänzende oder ersetzende Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

§ 4 Arbeitszeit21 (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt […] Stunden wöchentlich. (2) Die derzeitige Lage und Verteilung der Arbeitszeit ist bekannt gemacht worden. Die Firma ist berechtigt, aus betrieblichen Gründen die Lage und Verteilung der täglichen Arbeitszeit und der Pausen einseitig zu ändern. (3) Wird Herr/Frau […] bei Kunden eingesetzt, muss er/sie die dort geltenden Arbeits- und Pausenzeiten einhalten. (4) Herr/Frau […] ist verpflichtet,22 auf Anordnung des Arbeitgebers Mehrarbeits- und Überstunden bis zu […] Stunden/Monat, höchstens jedoch in gesetzlich zulässigem Umfang, zu leisten. Darüber hinaus ist er/ sie verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Nacht-, Schicht-, Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in gesetzlich zulässigem Umfang zu leisten. Das gilt auch für Geschäftsreisen.23

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ner, BB 2019, 2996). Sofern der Branchenzuschlag mit etwaigen übertariflichen Zulagen verrechnet werden soll, müsste eine Verrechnungsklausel aufgenommen werden. Zu Einzelheiten und weiteren Formulierungsvorschlägen für Bezugnahmeklauseln allgemein s. M 2.2 Ziff. 5 m. Anm. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag kann intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein, wenn sich für den Arbeitnehmer nicht ersehen lässt, welches der tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll (BAG v. 13.3.2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, 680, dazu für Tarifverträge des DGB: Müntefering, NZA 2015, 711; Schindele/Söhl NZA 2014, 1049). Das Muster sieht vor, dass der Arbeitnehmer nur in eine Branche überlassen wird, so dass die Tarifverträge bezeichnet werden können. Kommen mehrere Branchen in Betracht, wird zT eine gestaffelte Bezugnahme vorgeschlagen, je nachdem, in welcher Branche der Arbeitnehmer jeweils eingesetzt wird, also zB „für die Zeit der Überlassung in Betriebe der X-Industrie gelten die Tarifverträge …, bestehend aus …, abgeschlossen zwischen … und …, für die Zeit der Überlassung in Betriebe der Y-Industrie gelten [usw.].“ (vgl. Preis/Greiner, II V 40 Rz. 96). Ergänzt werden könnte bei einer Bezugnahme auf Tarifverträge mehrerer Branchen auch eine abstrakte Beschreibung des jeweils anwendbaren Tarifvertrages, zB „Anwendbar sind jeweils die Tarifverträge, die bei Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der tarifzuständigen Gewerkschaft und Mitgliedschaft des Arbeitgebers im zuständigen Arbeitgeberverband im jeweiligen Betrieb gelten würden.“ (ähnlich Liebers/Lembke/Fellner, Formularbuch des Fachanwalts, 5. Aufl. 2019, S. 468; krit. zur bloß abstrakten Beschreibung jedoch Preis/Greiner, II V 40 Rz. 94, 95). Da der Tarifvertrag vollständig in Bezug genommen werden muss (s. vorherige Fußnote), sind Regelungen im Vertrag nur unschädlich, soweit der Tarifvertrag dazu keine Regelungen enthält oder sie zugunsten des Arbeitnehmers von der in Bezug genommenen tariflichen Regelung abweichen. Ziel der Klausel ist es, derartige Abweichungen zu vermeiden. Gleichwohl ist es ratsam, diese im Vertrag erst gar nicht vorzusehen. Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG. Regelungen dazu sollten nur aufgenommen werden, soweit der Tarifvertrag dazu keine Regelungen enthält oder die Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers ist. Anderenfalls wäre der Gleichstellungsgrundsatz trotz Bezugnahme auf den Tarifvertrag wieder anwendbar (BAG v. 16.10.2019 – 4 AZR 66/18, NZA 2020, 260, Anm. Bauer, ArbR Aktuell 2019, 532), Einzelheiten s. Anm. zu § 3 Abs. 1. Einzelheiten und Alternativen zur Anordnungsbefugnis s. Kap. 2 Rz. 112, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Mehrarbeitsklausel/Überstundenpauschale“, sowie M 2.1a Ziff. 4 m. Anm. Einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeitkonten, die eine Verrechnung der Plusstunden während der verleihfreien Zeiten zulassen, sind unzulässig (BAG v. 16.4.2014 – 5 AZR 483/12, NZA 2014, 1262 Rz. 22). Arbeitszeitkonten sind ohnehin nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 der 4. VO über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung möglich. Danach ist insb. eine tarifliche Regelung erforderlich, sonst ist der Mindestlohn am 15. Bankarbeitstag des Folgemonats fällig.

Lingemann | 497

Kap. 10 M 10.1.2 | Arbeitnehmerüberlassung § 5 Vergütung24 (1) Die Vergütung richtet sich nach den in § 3 genannten Tarifverträgen. Herr/Frau […] wird in die Tarifgruppe […] eingruppiert. (2) Die Vergütung ist jeweils am […] fällig. Die Auszahlung erfolgt bargeldlos.

§ 6 Merkblatt/Informationsschrift Herr/Frau […] bestätigt, das Merkblatt für Leiharbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit in seiner/ihrer Muttersprache,25 und zwar der […] Sprache, sowie ein von der Firma unterschriebenes Exemplar des Mitarbeitervertrages [ggf.: ebenfalls in dieser Sprache] erhalten zu haben.26

Evtl: Sonstige Regelungen gem. M 10.1.1, I § 5 ff.; II, III.27 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Firma)

(Herr/Frau […])

24 Regelungen dazu finden sich meist in den bereits in Bezug genommenen Tarifverträgen. Sie sollten daher nur aufgenommen werden, soweit der Tarifvertrag dazu keine Regelungen enthält oder die Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers ist. Anderenfalls wäre der Gleichstellungsgrundsatz trotz Bezugnahme auf den Tarifvertrag wieder anwendbar (BAG v. 16.10.2019 – 4 AZR 66/18, NZA 2020, 260, Anm. Bauer, ArbR Aktuell 2019, 532), Einzelheiten s. Anm. zu § 3 Abs. 1. 25 Gem. § 11 Abs. 2 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer auf dessen Verlangen hin bei Vertragsschluss das Merkblatt der Erlaubnisbehörde in der Muttersprache des Leiharbeitnehmers auf Kosten des Verleihers zu übergeben. Das Merkblatt ist abrufbar auf der Website der Bundesagentur für Arbeit. 26 Gem. § 11 Abs. 2 AÜG iVm. § 2 Abs. 1 NachwG hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer den Nachweis über die Vertragsbedingungen auszuhändigen, auf Verlangen muss dies ebenfalls in der Muttersprache erfolgen. 27 Regelungen dazu finde sich meist bereits in den in Bezug genommenen Tarifverträgen. Sie sollten nur aufgenommen werden, soweit der Tarifvertrag dazu keine Regelungen enthält oder die Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers ist. Anderenfalls wäre der Gleichstellungsgrundsatz trotz Bezugnahme auf den Tarifvertrag wieder anwendbar (BAG v. 16.10.2019 – 4 AZR 66/18, NZA 2020, 260, Anm. Bauer, ArbR Aktuell 2019, 532.), Einzelheiten s. Anm. zu § 3 Abs. 1 des Musters.

M 10.2 Arbeitnehmerüberlassungsvertrag – Vertrag zwischen Verleiher

und Entleiher

Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen der Firma […] (im Folgenden: Verleiher) und der Firma […] (im Folgenden: Entleiher)

498 | Lingemann

Arbeitnehmerüberlassung | M 10.2 Kap. 10

§ 1 Verleihererklärung1 (1) Der Verleiher erklärt, dass er die unbefristete Erlaubnis2 zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 1 AÜG besitzt.3 Eine Kopie der Erlaubnisurkunde der zuständigen [Erlaubnisbehörde] ist diesem Vertrag als Anlage 1 beigefügt. oder (1) Der Verleiher hat die befristete Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 1 AÜG. Diese Erlaubnis wurde von der […] [Erlaubnisbehörde] am […] ausgestellt und ist zunächst befristet bis zum […]. Eine Kopie der Erlaubnisurkunde ist diesem Vertrag als Anlage 1 beigefügt. Der Verleiher wird den Entleiher spätestens drei Monate vor Ablauf der Erlaubnis darüber informieren, ob er fristgemäß den Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 4 AÜG gestellt hat. Der Verleiher wird dem Entleiher unverzüglich nach Erhalt die Verlängerung der Erlaubnis in Kopie zusenden. (2) Der Verleiher verpflichtet sich, den Wegfall4 und alle Änderungen der Erlaubnis sowie bei Nichtverlängerung, Rücknahme oder Widerruf der Erlaubnis auch das voraussichtliche Ende der Abwicklung und die gesetzliche Abwicklungsfrist nach § 12 Abs. 2 AÜG dem Entleiher unverzüglich schriftlich anzuzeigen. (3) Der Verleiher erklärt, dass auf das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und den nach § 2 zu überlassenden Arbeitnehmern gem. § 8 Abs. 2 AÜG die Tarifverträge – in ihrer jeweils aktuellen Fassung – zwischen […] und […] Anwendung finden und er die beim Entleiher eingesetzten Leiharbeitnehmer nach diesem Tarifvertrag vergütet, so dass der Gleichstellungsgrundsatz nach § 8 Abs. 2 AÜG nicht greift.5 Der Verleiher trägt dafür Sorge, dass die gesetzlichen und/oder tariflichen Entgeltuntergrenzen nicht unterschritten werden.6 (4) Vorbehaltlich der Geltung eines Tarifvertrages gem. Abs. (3) gewährt der Verleiher den überlassenen Arbeitnehmern die im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen gem. § 8 AÜG. Er stellt den Entleiher von etwaigen Ansprüchen Dritter, die sich aus einer Verletzung dieser Pflicht ergeben, frei; das gilt nicht, soweit der Entleiher gegen seine Auskunftspflichten gem. § 12 verstößt. (5) Der Verleiher versichert, dass zwischen ihm und den gem. § 2 überlassenen Arbeitnehmern ein Arbeitsverhältnis besteht.7 1 Der Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher bedarf der Schriftform, § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG (dazu iE. Einf. Rz. 25). Nach FW AÜG 1.1.6.7, Abs. 2 umfasst das Schriftformerfordernis den gesamten Überlassungsvertrag einschließlich aller Nebenabreden. Je nachdem, wie Ver- und Entleiher den Überlassungsvertrag ausgestalten, kann auch die namentliche Benennung der zu überlassenden Arbeitnehmer und damit die Konkretisierung der Schriftform unterliegen. Das gilt nach Auffassung der BA zB dann, wenn die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer (zB besonderer Experten) wesentlicher Inhalt der vertraglichen Abrede ist. Gem. Ziffer 9 Abs. 5 FW AÜG bestimmen § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG das Pflichtprogramm, welches vor Einsatz des Leiharbeitnehmers zu erfüllen ist. So ist der Vertrag zwischen Ver- und Entleiher ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu bezeichnen und die Leiharbeitskraft zu konkretisieren. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG sind Arbeitsverträge mit Leiharbeitskräften unwirksam, wenn dieses Pflichtenprogramm nicht vollständig erfüllt ist. Sofern wiederholte Überlassungen zwischen Verleiher und Entleiher geplant sind, könnte sich auch der Abschluss eines Rahmenvertrages anbieten, in dem die Bedingungen für eine Mehrzahl von Überlassungen geregelt sind, vgl. dazu M 10.3. 2 Die Verleiherlaubnis wird zunächst auf ein Jahr befristet erteilt, § 2 Abs. 4 Satz 1 AÜG. Sie kann dann im weiteren Verlauf unbefristet erteilt werden, wenn der Verleiher drei aufeinanderfolgende Jahre lang durchgehend als Verleiher tätig war, § 2 Abs. 5 Satz 1 AÜG. 3 In der Vertragsurkunde hat der Verleiher zu erklären, ob er die Erlaubnis nach § 1 AÜG besitzt, § 12 Abs. 1 Satz 3 AÜG. 4 Gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 AÜG muss der Verleiher den Entleiher unverzüglich über den Zeitpunkt des Wegfalls der Erlaubnis unterrichten. 5 Vgl. Schneider, Handbuch Zeitarbeit Rz. 378. Findet auf das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers kein den Gleichstellungsgrundsatz ausschließender Tarifvertrag der Zeitarbeit Anwendung, ist der Entleiher verpflichtet, im Verleihvertrag Angaben zu wesentlichen Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers zu machen, § 12 Abs. 1 Satz 4 AÜG. 6 Vgl. Spieler/Pollert, AuA 2011, 270, 271. Die weite Formulierung erfasst neben der Lohnuntergrenze nach § 3a AÜG auch die Mindestlöhne nach dem AEntG und MiLoG, vgl. dazu Rz. 4 ff. 7 Gem. § 1 Abs. 1 AÜG darf kein Ketten-/Zwischen-/Weiterverleih stattfinden.

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Kap. 10 M 10.2 | Arbeitnehmerüberlassung § 2 Gegenstand des Vertrages8 Der Verleiher verpflichtet sich, dem Entleiher die nachfolgend genannten Arbeitnehmer zur nachstehend näher bezeichneten Arbeitsleistung vorübergehend, maximal jedoch für die Dauer von 18 aufeinander folgenden Monaten seit Beginn der Überlassung, somit bis zum […], in seinem Betrieb zu überlassen. Dabei handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung gem. §§ 1 ff. AÜG.9 […] (Name) […] (Adresse) […] (Tätigkeit, ggf. besondere Merkmale) […] (Qualifikation) von […] bis […] (Einsatzzeit)10 oder Der Verleiher verpflichtet sich, dem Entleiher die in der Anlage 2 zu diesem Vertrag namentlich aufgeführten Arbeitnehmer11 (ggf: „die überlassenen Arbeitnehmer“) bis zu dem dort jeweils genannten Zeitpunkt12 vorübergehend, maximal jedoch für die Dauer von 18 aufeinander folgenden Monaten seit Beginn der Überlassung zur Arbeitsleistung13 zu überlassen. Dabei handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung gemäß §§ 1 ff. AÜG.14 oder Der Verleiher verpflichtet sich, dem Entleiher Arbeitnehmer mit den Qualifikationen und für die Tätigkeiten, die in der Anlage 2 zu diesem Vertrag aufgeführt sind, vorübergehend, maximal jedoch bis zum […],15 8 In der Urkunde muss der Entleiher auch erklären, welche besonderen Merkmale die für den Leiharbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist, § 12 Abs. 1 Satz 4 AÜG. 9 Gem. § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG haben Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Schon wegen der drastischen Rechtsfolgen – u.a. Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a iVm. § 10 Abs. 1 AÜG – empfiehlt es sich, den Hinweis ausdrücklich aufzunehmen. 10 Die Angabe ist ratsam zur Einhaltung der Höchstüberlassungsdauer von (tarifdispositiv) 18 Monaten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1b AÜG, vgl. Rz. 8 ff. 11 Der Betriebsrat des Entleihers ist vor dem Einsatz der Leiharbeitnehmer ua. auch über deren Namen zu unterrichten. Seine Unkenntnis schützt den Entleiher nicht; er sollte im Überlassungsvertrag entweder die zu überlassenden Leiharbeitnehmer namentlich aufführen oder regeln, dass der Verleiher die Namen rechtzeitig, mindestens eine Woche, vor der Überlassung übermittelt, damit er den Betriebsrat rechtzeitig vor Beginn der Überlassung nach § 99 BetrVG informieren kann. 12 Die Angabe ist ratsam zur Einhaltung der Höchstüberlassungsdauer von (tarifdispositiv) 18 Monaten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1b AÜG, vgl. Rz. 8 ff. 13 Da die Verpflichtung zur Zahlung von Branchenzuschlägen nicht für sämtliche Branchen gilt, in denen Leiharbeitnehmer eingesetzt werden, werden Verleiher von Entleihern zukünftig Auskunft über die Branchenzugehörigkeit des Entleiherbetriebs verlangen, sofern die geplante Dauer der Überlassung die Zahlung von Branchenzuschlägen auslösen könnte. Eine verbindliche Auskunft des Entleihers könnte allerdings zu dessen Haftung führen, wenn sie fehlerhaft ist und ein Branchenzuschlagstarifvertrag tatsächlich Anwendung findet. 14 Gem. § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG haben Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Schon wegen der drastischen Rechtsfolgen – ua Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a iVm. § 10 Abs. 1 AÜG – empfiehlt es sich, den Hinweis ausdrücklich aufzunehmen. Dabei sollte die Aufnahme im Vertrag ausreichen, wobei unterstellt wird, dass dieser vor Einsatzbeginn geschlossen wird, vgl. Seel, öAT 2016, 27 (28); Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins durch den Ausschuss Arbeitsrecht zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze, RdA 2016, 173, 174/175. Die Begriffe „überlassen oder tätig werden lassen“ in § 1 Abs. 1 Nr. 5 AÜG nF beziehen sich auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Tätigwerdens, eine Konkretisierung des einzelnen Leiharbeitnehmers iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 AÜG nF muss spätestens bei Einsatzbeginn vorliegen, Zimmermann, BB 2016, 53, 55. 15 Soweit die Überlassungsdauer nicht im Vertrag oder in der Anlage bei dem jeweiligen Arbeitnehmer festgehalten ist, wie in den beiden vorstehenden Alternativen, sollte sie jedenfalls hier angegeben wer-

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.2 Kap. 10 [maximal für die Dauer von 18 aufeinander folgenden Monaten seit Beginn der Überlassung] zur Arbeitsleistung zu überlassen. Dabei handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung gem. §§ 1 ff. AÜG.16 Der Verleiher wird dem Entleiher die Namen der überlassenen Arbeitnehmer spätestens 10 Tage vor dem Einsatzbeginn schriftlich unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diesen Vertrag mitteilen.17 Sollte der Einsatz vor Ablauf der im Satz 3 genannten Frist erfolgen, ist der Verleiher verpflichtet, die Namen unverzüglich sowie vor der Überlassung mitzuteilen. Kommt der Verleiher dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Entleiher berechtigt, den Einsatz der betreffenden Arbeitnehmer abzulehnen.

§ 3 Beginn und Dauer der Arbeitnehmerüberlassung, Vertragslaufzeit (1) Die Arbeitnehmerüberlassung beginnt und endet zu den für jeden Arbeitnehmer in der Anlage 2 angeführten Zeitpunkten. oder (1) Die Arbeitnehmerüberlassung beginnt und endet zu den in § 2 genannten Zeitpunkten. Krankheit und Urlaub von zu überlassenden Arbeitnehmern verlängern die Überlassungsdauer nicht. (2) Jede Seite ist berechtigt, diesen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende zu kündigen. Der Entleiher ist berechtigt, den Vertrag auch hinsichtlich einzelner überlassener Arbeitnehmer mit einer Frist von […] Tagen zu kündigen. (3) Die Parteien sind sich einig, dass ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages für den Entleiher insbesondere besteht, wenn die Erlaubnis des Verleihers gemäß § 1 Abs. 1 AÜG ihre Gültigkeit verliert.18

§ 4 Arbeitsumfang (1) Die in der Anlage 2 aufgezählten/in § 2 genannten Arbeitnehmer haben in der Zeit vom […] bis […] eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von […] Stunden (tägliche Normalarbeitszeit von […] Stunden) an den Wochentagen Montag bis Freitag. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit kann zwischen 6.30 Uhr und 20.15 Uhr abgeleistet werden. (2) Der Verleiher kann pro Woche bis zu […] Überstunden anordnen. Zu darüber hinausgehenden Überstunden, zu Arbeitszeiten außerhalb des genannten Zeitkorridors und/oder zur Arbeit in Wechselschicht müssen die Arbeitnehmer nur dann zur Verfügung stehen, wenn und soweit dies in der Anlage 2 ausdrücklich aufgeführt ist.

den zum Nachweis der Einhaltung der Höchstüberlassungsdauer von (tarifdispositiv) 18 Monaten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1b AÜG, vgl. Rz. 8 ff. 16 S. M 10.2 Fn. 14. 17 Verleiher und Entleiher müssen vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag konkretisieren, § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG. Das kann entweder in dem Vertrag (s. Ausgangsvariante) oder einer Anlage dazu geschehen (s. Alt. 1) oder durch gesonderte Erklärung, wie in dieser Variante; diese muss dann gem. § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG allerdings ausdrücklich auf den Vertrag Bezug nehmen. Ob sie schriftlich erfolgen muss, ist nicht geklärt; § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG schreibt die Bezugnahme, nicht aber Schriftform vor. Zumindest Textform sollte daher zulässig sein. Die BA verlangt die Einhaltung der Schriftform jedoch zumindest dann, wenn die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer wesentlicher Inhalt der vertraglichen Abrede ist (FW AÜG Ziff. 1.1.6.7, Stand 1.8.2019). Soweit für die Einhaltung der Schriftform durch beiderseitige Unterschrift keine Zeit bleibt, sind denkbare Alternativen der Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB, die Bevollmächtigung des Entleihers nach § 181 BGB zur Unterzeichnung auch für den Verleiher oder der Abschluss eines Überlassungsvertrages unter Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes gem. § 315 BGB für den Entleiher, Einzelheiten bei Scharff, BB 2018, 1140 und Bissels/Falter, DB 2019, 2128. 18 Die Regelung soll dem Risiko vorbeugen, dass der Verleih ohne Verleiherlaubnis erfolgt, da in diesem Fall ein fingiertes Arbeitsverhältnis zum Entleiher nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 AÜG entsteht.

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Kap. 10 M 10.2 | Arbeitnehmerüberlassung § 5 Vergütung und Abrechnungsmodus (1) Der Entleiher verpflichtet sich, dem Verleiher für jeden überlassenen Arbeitnehmer die aus der Anlage 2 ersichtliche Vergütung pro Arbeitsstunde zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer zu zahlen.19 (2) Die Vergütung nach Absatz 1 erhöht sich entsprechend der prozentualen Staffelung in dem in § 1 Abs. 3 genannten Tarifvertrag über die Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassung, wenn die dort jeweils genannten Voraussetzungen vorliegen, unter denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf den Branchenzuschlag hat.20 (3) Die Vergütung wird monatlich aufgrund der Arbeitsnachweise der eingesetzten Arbeitnehmer für den jeweils zurückliegenden Monat abgerechnet. Der Zeitaufwand ist mit Hilfe von Zeiterfassungsbelegen auf vom Entleiher zur Verfügung gestellten Formularen nachzuweisen. (4) Die Vergütung wird am 25. des der Arbeitsleistung folgenden Monats gezahlt, wenn die Rechnung zusammen mit den vom Entleiher bestätigten Arbeitsnachweisen spätestens am fünften Arbeitstag dieses Monats bei der Rechnungsprüfung des Werkes des Entleihers vorliegt, welches den Verleiher beauftragt hat. Der Entleiher stellt sicher, dass die Arbeitsnachweise des abzurechnenden Monats dem Verleiher spätestens am ersten Arbeitstag (ab 13.00 Uhr) des der Arbeitsleistung folgenden Monats zur Verfügung stehen. (5) Der Arbeitnehmer ist nicht zur Entgegennahme von Vorschüssen oder sonstigen Zahlungen berechtigt. evtl. (6) Die Einarbeitung neuer Arbeitnehmer wird mit 50 % der Stundenvergütung berechnet. Als Einarbeitung gelten nur Zeiten, bei denen die Arbeitnehmer des Verleihers durch Mitarbeiter des Entleihers angeleitet werden. (7) Im Falle eines berechtigten Austauschverlangens gemäß § 9 Abs. 5 dieses Vertrages werden dem Entleiher die ersten […] Stunden nicht in Rechnung gestellt.

§ 6 Weisungsbefugnis und Fürsorgepflicht des Entleihers (1) Der Entleiher darf die überlassenen Arbeitnehmer im Rahmen der in der Anlage 2 zu diesem Vertrag/in § 2 vereinbarten Tätigkeiten beschäftigen. Der Verleiher tritt dem Entleiher insoweit seine Ansprüche auf Arbeitsleistung gegen die überlassenen Arbeitnehmer ab. Es ist dem Entleiher untersagt, ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verleihers den Arbeitnehmer mit der Beförderung, mit dem Umgang oder mit dem Inkasso von Geld und anderen Zahlungsmitteln zu beauftragen. (2) Der Entleiher ist berechtigt, den überlassenen Arbeitnehmern wegen der Arbeitsausführung Weisungen zu erteilen und die Arbeitsausführung zu überwachen. (3) Der Entleiher verpflichtet sich, die sich aus dem Einsatz der überlassenen Arbeitnehmer in seinem Betrieb ergebenden gesetzlichen Fürsorgepflichten zu erfüllen. (4) Der Verleiher gewährleistet, dass die überlassenen Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des Betriebes des Entleihers integriert werden können.

19 Die Vergütung inklusive etwaiger Zuschläge ist umfassend in der Anlage aufzunehmen. Verleiher sollten bei der Kalkulation auch beachten, dass sich die Vergütung der zu überlassenden Leiharbeitnehmer während der Vertragslaufzeit zB aufgrund Erhöhung des Tariflohns verändern könnte. Sofern die Erhöhung auf den Entleiher ohne Vertragsänderung umgelegt werden soll, müsste eine entsprechende Anpassungsklausel in den Vertrag aufgenommen werden. 20 Vgl. Schneider, Handbuch Zeitarbeit, Rz. 378. Sind nach dem jeweiligen Tarifvertrag Branchenzuschläge an die Leiharbeitnehmer zu zahlen, können diese auf zwei Wegen gegenüber dem Entleiher verrechnet werden: Entweder kann in Anlehnung an die Zuschläge ein zeitgestaffelter Zuschlag beim Verrechnungssatz angesetzt werden oder es wird auf Basis der prognostizierten Gesamtdauer der Überlassung ein Durchschnittswert gebildet, so dass der Ansatz eines einheitlichen durchgängigen Verrechnungssatzes möglich ist (Nießen/Fabritius, BB 2013, 375, 379).

502 | Lingemann

Arbeitnehmerüberlassung | M 10.2 Kap. 10

§ 7 Arbeitsschutz21 (1) Nach § 11 Abs. 6 AÜG unterliegt die Tätigkeit der überlassenen Arbeitnehmer den für den Betrieb des Entleihers geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Arbeitsschutzes. Die sich hieraus ergebenden Pflichten für den Arbeitgeber obliegen dem Entleiher unbeschadet der Pflichten des Verleihers. (2) Der Entleiher wird die überlassenen Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung und bei Veränderungen in seinem Arbeitsbereich über Gefahren für Sicherheit und Gesundheit, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sein können, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren unterrichten.22 evtl. (3) Die überlassenen Arbeitnehmer benötigen für die in der Anlage 2/in § 2 genannten Tätigkeiten die folgende persönliche Schutzausrüstung: […] Diese wird vom Verleiher [alternativ: Entleiher] gestellt. Sollten weitere persönliche Schutzausrüstungen notwendig sein, werden diese vom Entleiher gestellt.23

§ 8 Unfallmeldepflicht (1) Der Entleiher wird dem Verleiher einen Arbeitsunfall der überlassenen Arbeitnehmer unverzüglich melden. (2) Ein meldepflichtiger Arbeitsunfall ist gemeinsam zu untersuchen. Der Entleiher gewährt dem Verleiher freien Zutritt zu den Arbeitsplätzen/Bereichen, in denen Arbeitnehmer nach der Anlage 2/§ 2 eingesetzt werden.24

§ 9 Auswahl und Abberufung von Arbeitnehmern (1)25 Der Entleiher verpflichtet sich, unverzüglich zu prüfen, ob der jeweils zu überlassende Arbeitnehmer in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung aus einem Arbeitsverhältnis bei ihm oder einem Arbeitgeber, der mit ihm einen Konzern im Sinne von § 18 AktG bildet, ausgeschieden ist; er wird das Ergebnis der Prüfung unverzüglich, jedenfalls vor dem geplanten Beginn der Überlassung, dem Verleiher mitteilen.26 (2) Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers beim Entleiher, der in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung aus einem Arbeitsverhältnis bei dem Entleiher oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne von § 18 AktG bildet, ausgeschieden ist, ist nur mit vorheriger Zustimmung des Verleihers zulässig. (3) Verstößt der Entleiher gegen die Pflichten gemäß Abs. (1) und (2), hat er dem Verleiher den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.27 (4) Der Entleiher versichert im Hinblick auf § 1 Abs. 1b Satz 2 AÜG, dass die überlassenen Arbeitnehmer in den 3 Monaten vor dem Beginn der Überlassung nicht bei ihm eingesetzt waren. oder (4) Vor Beginn der Überlassung wird der Entleiher den Verleiher im Hinblick auf § 1 Abs. 1b Satz 2 AÜG informieren, ob der Leiharbeitnehmer in den 3 Monaten vor dem Beginn der Überlassung bei dem Entleiher eingesetzt war. (5) Der Entleiher kann einen überlassenen Arbeitnehmer binnen […] Stunden nach Beginn der Überlassung durch schriftliche Erklärung zurückweisen, wenn dieser nicht für die vorgesehene Tätigkeit geeignet ist. Der Verleiher ist zur sofortigen Gestellung einer geeigneten Ersatzkraft verpflichtet. 21 Sofern notwendig, könnte hier auch eine Regelung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge getroffen werden. 22 Vgl. § 11 Abs. 6 Satz 2 AÜG. 23 Die Risikoverteilung zwischen Verleiher und Entleiher kann auch – je nach Zweckdienlichkeit – anders geregelt werden. 24 Da der Verleiher ebenfalls für die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften verantwortlich ist, sollte er sich ein Zutrittsrecht zum Arbeitsplatz vertraglich vorbehalten. Entleiher, die dies nicht zulassen möchten, sollten diesen Absatz streichen. 25 S. „Drehtürklausel“ in § 8 Abs. 3 AÜG, vgl. Rz. 17. 26 Klausel nach Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 468; für Details s. Rz. 17. 27 Klausel nach Boemke/Lembke, § 9 AÜG Rz. 468; für Details s. Rz. 17.

Lingemann | 503

Kap. 10 M 10.2 | Arbeitnehmerüberlassung (6) Zu einem späteren Zeitpunkt kann der Entleiher vom Verleiher die Abberufung eines überlassenen Arbeitnehmers für den nächsten Arbeitstag durch schriftliche Erklärung verlangen, wenn der Entleiher dessen Weiterbeschäftigung aus leistungs-, personen- oder verhaltensbedingten Gründen28 ablehnt. (7) Der Entleiher kann einen überlassenen Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Verleiher zurückweisen, wenn ein Grund vorliegt, der den Arbeitgeber zu einer außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) berechtigen würde. In diesem Fall ist der Verleiher zur sofortigen Gestellung einer geeigneten Ersatzkraft verpflichtet. (8) In den Fällen des entschuldigten oder unentschuldigten Fehlens eines überlassenen Arbeitnehmers hat der Verleiher auf Anforderung des Entleihers sofort geeigneten Ersatz zu stellen. (9) Kommt der Verleiher dem Verlangen nach Stellung einer Ersatzkraft entsprechend den vorherigen Absätzen nicht nach, kann der Entleiher den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag über den betreffenden überlassenen Arbeitnehmer fristlos kündigen. Etwaige Schadensersatzansprüche des Entleihers bleiben unberührt.

§ 10 Austausch von Arbeitnehmern Der Verleiher ist berechtigt, aus innerbetrieblichen, organisatorischen oder gesetzlichen Gründen den überlassenen Arbeitnehmer auszutauschen und einen fachlich gleichwertigen Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Der Verleiher wird dabei die besonderen Interessen und Verhältnisse im Betrieb des Entleihers berücksichtigen.29

§ 11 Pflichten des Verleihers (1) Der Verleiher steht dafür ein, dass die überlassenen Arbeitnehmer die notwendige Qualifikation für die Ausführung der in der Anlage 2 zu diesem Vertrag/in § 2 näher bezeichneten Tätigkeiten besitzen. Auf Verlangen ist der Verleiher zur Vorlage von Zeugnissen oder sonstigen Qualifikationsnachweisen der überlassenen Arbeitnehmer verpflichtet. (2) Der Verleiher hat die überlassenen Arbeitnehmer auf die Wahrung der Firmeninteressen des Entleihers zu verpflichten, soweit nicht berechtigte Interessen des Verleihers entgegenstehen. Dies gilt insbesondere für die Verpflichtung zur Verschwiegenheit über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowohl während der Dauer der Tätigkeit im Betrieb des Entleihers als auch nach deren Beendigung. (3) Der Verleiher sichert zu, dass zu überlassende nicht-deutsche Arbeitnehmer, die der Arbeitserlaubnis bedürfen, die jeweils gültige Arbeitserlaubnis sowie – soweit erforderlich – die entsprechende Aufenthaltserlaubnis gemäß § 4 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz besitzen und legt diese auf Verlangen vor.30 Er ersetzt dem Entleiher allen aus einer Verletzung von Satz 1 resultierenden Schaden und stellt ihn von entsprechenden Ansprüchen Dritter frei. (4) Bei Streik, Aussperrung, vorübergehender Betriebsstilllegung und während der Dauer von Betriebsversammlungen kann der Entleiher verlangen, dass die Vertragspflichten ruhen. Der Verleiher verpflichtet sich, 28 Verleiher sollten die Ablehnung auf solche Gründe beschränken, die einen Arbeitgeber nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes zu einer personen- und/oder verhaltensbedingten Kündigung berechtigen würde. 29 Vgl. Schneider, Handbuch Zeitarbeit, Rz. 387. Der Verleiher ist ohne vertragliche Regelung nicht ohne weiteres zum Austausch von Leiharbeitnehmern berechtigt; insb. wenn die zu überlassenden Leiharbeitnehmer bereits im Vertrag benannt sind. Verleiher sollten sich daher vorsorglich ein Austauschrecht einräumen lassen; dies kann aber den Interessen des Entleihers zuwiderlaufen, wenn der Leiharbeitnehmer bereits gut eingearbeitet ist. Zudem sollten Verleiher bei Vereinbarung des Austauschrechts beachten, dass daraus auch eine Austauschverpflichtung folgen kann, wenn vergleichbare Leiharbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt werden sollen und eine Sozialauswahl durchzuführen ist (vgl. Schneider, Handbuch Zeitarbeit, Rz. 394). 30 Die Überlassung eines ausländischen Arbeitnehmers ohne eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung, die zur Ausübung der Beschäftigung berechtigen, oder ohne die Genehmigung nach § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist gem. § 15 Abs. 1 AÜG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht, in besonders schweren Fällen sogar mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

504 | Lingemann

Arbeitnehmerüberlassung | M 10.2 Kap. 10 im Falle des § 11 Abs. 5 Satz 3 AÜG die überlassenen Arbeitnehmer auf ihr Arbeitsverweigerungsrecht hinzuweisen.31 (5) Der Verleiher verpflichtet sich, auf Verlangen des Entleihers mit Rücksicht auf die nach §§ 28e SGB IV bzw. 42d EStG bestehende Haftung des Entleihers für die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer der überlassenen Arbeitnehmer auf Verlangen unverzüglich entweder Bürgschaftserklärungen oder Garantieerklärungen (Avalkredite) beizubringen.32 (6) Der Entleiher kann vom Verleiher jederzeit die Vorlage von Bescheinigungen über die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer für die überlassenen Arbeitnehmer an die zuständigen Einzugsstellen bzw. das Finanzamt verlangen. (7) Wird der Entleiher gemäß §§ 28e SGB IV bzw. 42d EStG von der zuständigen Einzugsstelle bzw. dem Finanzamt in Anspruch genommen, ist er berechtigt, die dem Verleiher geschuldete Vergütung in Höhe der von der jeweiligen Einzugsstelle bzw. dem Finanzamt geltend gemachten Forderungen einzubehalten, bis der Verleiher nachweist, dass er die Beiträge bzw. die Lohnsteuer ordnungsgemäß abgeführt hat.

§ 12 Pflichten des Entleihers (1) Der Entleiher informiert den Verleiher über die nach dem Gleichstellungsgrundsatz einzuhaltenden Arbeitsbedingungen. (2) Der Entleiher informiert den Verleiher darüber, ob und zu welchen Gemeinschaftseinrichtungen/-diensten im Sinne des § 13b AÜG die überlassenen Arbeitnehmer Zugang erhalten. Er wird dem Verleiher die für die Lohnbesteuerung erforderlichen Kennzahlen für den den überlassenen Arbeitnehmern nach § 13b AÜG gewährten Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen/-diensten auf Anfrage übermitteln.33 (3) Der Entleiher ist nach § 17c Abs. 1 AÜG verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der überlassenen Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren.34 (4) Der Entleiher ist auf Verlangen des Verleihers verpflichtet, diesem Ablichtungen seiner Aufzeichnungen nach Absatz 2 zur Verfügung zu stellen.35 Die Kosten der Ablichtungen werden vom Verleiher getragen. evtl.36 (4) Der Entleiher gibt in der Anlage 3 an, welche besonderen Merkmale die für die überlassenen Arbeitnehmer nach Anlage 2/§ 2 vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforder-

31 Das Leistungsverweigerungsrecht gem. § 11 Abs. 5 Satz 3 AÜG besteht weiterhin für den Leiharbeitnehmer, er ist nicht verpflichtet, bei einem Entleiher tätig zu sein, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. Auf dieses Recht muss der Verleiher ihn nach wie vor hinweisen, § 11 Abs. 5 Satz 4 AÜG., vgl. Rz. 39. 32 Die Sozialversicherungsträger können den Entleiher im Rahmen seiner gesetzlich angeordneten Bürgenhaftung in Anspruch nehmen, wenn der Verleiher keine oder zu geringe Sozialversicherungsbeiträge für den betreffenden Leiharbeitnehmer abführt, § 28e Abs. 2 SGB IV. Der Entleiher haftet zudem nach § 42d EStG für die Abführung der Lohnsteuer, wenn der Verleiher über keine Verleiherlaubnis verfügt; die Haftung ist ausgeschlossen, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte. 33 Der Verleiher ist darauf angewiesen, vom Entleiher die für die Lohnbesteuerung erforderlichen Daten zu erhalten; die Übermittlung wird aber regelmäßig nicht kostenlos erfolgen (Kock, BB 2012, 323, 326); der Zugang der Leiharbeitnehmer zu den Gemeinschaftseinrichtungen darf wegen § 9 Abs. 1 Nr. 2a iVm. § 13b AÜG nicht vertraglich ausgeschlossen werden. 34 Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann mit einem Bußgeld geahndet werden, § 16 Abs. 1 Nr. 17 AÜG. 35 Vgl. § 17c Abs. 2 AÜG. 36 Diese Regelung soll den Verleiher vor dem Risiko einer Fehlkalkulation schützen, wenn er unerwartet eine höhere Vergütung zahlen muss, weil es besser bezahlte vergleichbare Arbeitnehmer beim Entleiher gibt, vgl. § 12 Abs. 1 AÜG. Das gilt auch bei Tarifbindung des Verleihers jedenfalls nach Ablauf der Fristen des § 8 Abs. 4 AÜG (9 bzw. 15 Monate). Bleibt bei Tarifbindung die Überlassungsdauer dahinter zurück, bedarf es der Klausel nicht, anderenfalls könnte die Klausel auf die Zeit nach Ablauf dieser Fristen beschränkt werden.

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Kap. 10 M 10.2 | Arbeitnehmerüberlassung lich ist sowie welche wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts im Betrieb des Entleihers für alle vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers gelten.37 Der Entleiher unterrichtet den Verleiher während der Laufzeit dieses Vertrages ständig schriftlich über Veränderungen der Angaben nach Satz 1. (5) Der Entleiher stellt den Verleiher von allen Ansprüchen der aufgrund dieses Vertrages überlassenen Arbeitnehmer frei, die diese über die bei Beginn der Überlassung festgesetzte Vergütung hinausgehend deshalb erlangen, weil die Angaben nach Absatz 1[-4]38 unvollständig oder unzutreffend sind oder waren.

§ 13 Haftung Haftungsbeschränkung des Verleihers:39 (1) Der Verleiher haftet nicht für die Ausführung der Arbeiten durch den überlassenen Arbeitnehmer sowie für Schäden, die dieser in Ausübung seiner Tätigkeit verursacht. Der Entleiher ist verpflichtet, den Verleiher von allen Ansprüchen freizustellen, die Dritte im Zusammenhang mit der Ausführung und der Verrichtung der dem überlassenen Arbeitnehmer übertragenen Tätigkeiten erheben. (2) Für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit haftet der Verleiher bei eigenem Verschulden oder bei Verschulden seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen nach den gesetzlichen Bestimmungen. (3) Für alle sonstigen Schäden haftet der Verleiher bei eigenem Verschulden oder bei Verschulden seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Die Haftung für leichte und normale Fahrlässigkeit ist ausgeschlossen. Dies gilt sowohl für die Haftung für die sorgfältige Auswahl des Arbeitnehmers als auch für alle anderen Fälle (Verzug, Unmöglichkeit, positive Vertragsverletzung, Verschuldung bei Vertragsschluss, etc.). (4) Verletzt der Verleiher eine Pflicht aus diesem Vertrag, hat der Entleiher darzulegen und zu beweisen, dass die Pflichtverletzung durch den Verleiher zu vertreten ist. Alternativ: Haftungsbeschränkung des Entleihers: (1) Die Haftung des Entleihers gegenüber dem Verleiher ist bei Sach- und Vermögensschäden auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Die Haftung für schuldloses Handeln wird auch bei Personenschäden ausgeschlossen. (2) Haftet der Entleiher gegenüber Dritten auf Schadensersatz infolge von rechts- oder vertragswidrigen Handlungen des Verleihers oder seiner Leiharbeitnehmer, wird ihn der Verleiher von dieser Haftung gegenüber Dritten freistellen. (3) Der Verleiher wird den Entleiher sowie dessen Erfüllungsgehilfen von Schadensersatzansprüchen der überlassenen Leiharbeitnehmer des Verleihers freistellen. Dies gilt nicht, soweit vorsätzliches Handeln des Entleihers oder des Erfüllungsgehilfen gegeben ist oder soweit ein Versicherungsträger für den Schaden eintritt.

§ 14 Vermittlungsprovision40 (1) Übernimmt der Entleiher den Arbeitnehmer aus dem Überlassungsvertrag, so gilt dies als Vermittlung. 37 38 39 40

Zur Auskunftspflicht s. § 12 Abs. 1 Satz 4 AÜG. Dies wäre je nach beabsichtigter Reichweite anzupassen. Formulierungsvorschläge nach Schneider, Handbuch Zeitarbeit Rz. 387 ff. Vereinbarungen von Vermittlungshonoraren sind für Verleiher insbesondere dann wichtig, wenn auf dem Arbeitsmarkt gefragte Leiharbeitnehmer überlassen werden. Der Verleiher kann sich damit seine Vermittlungsleistung – Vermittlung unter Erprobungsbedingungen – vergüten lassen. Die Höhe der Vermittlungsprovision darf allerdings nicht den sozialpolitisch erwünschten Wechsel des Leiharbeitnehmers zum Entleiher erschweren und muss sich insofern an § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB messen lassen (BGH v. 7.12.2006 – III ZR 82/06, NJW 2007, 764: Euro 3.000,– für eine Vermittlung nach einer Überlassung von bis zu drei Monaten wurde als angemessen erachtet; vgl. auch Küpperfahrenberg/Lagardère, BB 2012, 2952; Lembke/Fesenmeyer, DB 2007, 801; Rieble, LMK 2007, 213295).

506 | Lingemann

Arbeitnehmerüberlassung | M 10.2 Kap. 10 (2) Für diese Vermittlung gilt ein Vermittlungshonorar gemäß nachstehender Tabelle als vereinbart:41 – Überlassung bis zu drei Monaten Euro […] (zB 3.000)42 – Überlassung von bis zu sechs Monaten Euro […] (zB 2.000), jeweils zzgl. gesetzlicher MwSt. (3) Nach einer Überlassungsdauer von mehr als sechs Monaten wird kein Honorar mehr berechnet. (4) Das jeweilige Honorar ist fällig mit Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher.

§ 15 Einhaltung des AGG43 (1) Der Verleiher sichert zu, dass alle überlassenen Arbeitnehmer nach § 12 AGG hinreichend geschult sind. (2) Der Entleiher stellt sicher, dass die überlassenen Arbeitnehmer von ihm und seinen Arbeitnehmern nach Maßgabe des AGG behandelt werden. (3) Im Falle eines Verstoßes durch den Entleiher oder seine Arbeitnehmer gegen die Pflichten gemäß Abs. 2 gilt Folgendes: a) Der Entleiher ist verpflichtet, den Verleiher unverzüglich von dem Verstoß zu unterrichten. b) Der Verleiher ist berechtigt, den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag hinsichtlich des betroffenen überlassenen Arbeitnehmers fristlos zu kündigen; er ist nicht zur Stellung eines Ersatzes verpflichtet, Schäden aufgrund der vorzeitigen Beendigung hat der Entleiher zu ersetzen. c) Der Entleiher stellt den Verleiher von allen Ansprüchen des betroffenen überlassenen Arbeitnehmers nach dem AGG frei. d) Der Entleiher ersetzt dem Verleiher durch den vorzeitigen Abbruch des Vertrages entstandene Schäden.

§ 16 Geheimhaltung Der Verleiher steht dafür ein, dass die zu überlassenden Arbeitnehmer unverzüglich auf Verlangen des Entleihers übliche Geheimhaltungserklärungen/Geheimhaltungserklärungen gemäß Anlage […]44 unterzeichnen. 41 Für die Höhe des Honorars sind drei Kriterien maßgeblich, nämlich (1) die Dauer des vorangegangenen Verleihs, (2) die Höhe des vom Entleiher für den Verleih bereits gezahlten Entgelts und (3) der Aufwand für die Gewinnung eines vergleichbaren Arbeitnehmers (BT-Drucks. 15/1749, S. 29; BT-Drucks. 15/6008, S. 11; BAG v. 11.3.2010, BB 2010, 1478 m. Anm. Ulrici). Das BAG hat eine Klausel gem. diesem Muster in der Entscheidung v. 7.12.2006, BB 2007, 332, 333, gebilligt (strenger aber zB Lembke/Fesenmeyer, DB 2007, 801, 803). Da die Klausel bereits nach der Verleihdauer differenziert, muss bei der Vereinbarung der Provision – im Beispiel Euro 3.000 bzw. Euro 2.000 – für jede Vereinbarung noch jeweils das Entgelt und der Aufwand für die Gewinnung eines vergleichbaren Arbeitnehmers einbezogen werden. Insbesondere bei einfachen Tätigkeiten kann die Vereinbarung einer Vermittlungsprovision unangemessen hoch sein und den Entleiher damit von der Übernahme des Leiharbeitnehmers abhalten (Küpperfahrenberg/Lagardère, BB 2012, 2952, 2954); anders BGH v. 10.11.2011, NZA-RR 2012, 67 Rz. 14 ff., wenn die Höhe der Provision an das Entgelt anknüpft, wodurch in aller Regel ein stimmiges Verhältnis zur Qualifikation und Tätigkeit des betroffenen Arbeitnehmers sowie zum „Marktwert“ seiner Arbeitsleistung und einer hierauf bezogenen Personalvermittlung hergestellt wird. Die Vereinbarung eines nicht nach der Dauer gestaffelten Fixbetrages ist nicht zulässig (BAG v. 11.3.2010, BB 2010, 1478 m. Anm. Ulrici). 42 In der Literatur werden Provisionen zwischen einem und drei Bruttomonatsgehältern diskutiert (Benkert, BB 2004, 998; Schüren/Hamann/Schüren, § 9 AÜG Rz. 82). Der BGH hielt eine Provision iHv. 1,8 Bruttomonatsgehältern für eine Übernahme nach bis zu dreimonatiger Überlassungsdauer für angemessen (BGH v. 10.11.2011, NZA-RR 2012, 67 Rz. 16 ff.). Die Provision sollte daher vorsorglich nicht mehr als zwei Bruttomonatsgehälter betragen. 43 Der Leiharbeitnehmer kann Verstöße des Entleihers gegen das AGG vor den Arbeitsgerichten geltend machen (BAG v. 15.3.2011 – 10 AZB 49/10, NZA 2011, 653). 44 Die Anlage kann sich orientieren an M 10.1.1, III § 1.

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Kap. 10 M 10.2 | Arbeitnehmerüberlassung § 17 Schriftform Änderungen und/oder Ergänzungen zu diesem Vertrag durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam, soweit nicht gesetzlich Schriftform vorgeschrieben ist45. Im Übrigen bedürfen Änderungen und/ oder Ergänzungen dieses Vertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das gilt auch für die Änderung des Schriftformerfordernisses.46

§ 18 Sonstige Vereinbarungen (1) Die Einkaufsbedingungen und die Liefervorschriften des Entleihers [alternativ: die Allgemeinen Verleihbedingungen des Verleihers] sind Bestandteile dieses Vertrages und finden sinngemäß Anwendung. (2) Dieser Vertrag ersetzt alle früheren Verträge zwischen den Parteien in Bezug auf Arbeitnehmerüberlassung. (3) Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages nichtig sein oder werden oder dem AÜG nicht entsprechen, so sind Verleiher und Entleiher verpflichtet, die nichtige Bestimmung durch eine neue, dem Sinn und Zweck des Vertrages entsprechende Bestimmung schriftlich zu ersetzen. Die übrigen Vertragsteile werden dadurch nicht berührt. (4) Gerichtsstand ist für beide Teile […] […]

[…]

(Ort, Datum)

(Ort, Datum)

[…]

[…]

(Verleiher)

(Entleiher)

Anlage 1 zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen […] und […] vom […]47 (Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis) Anlage 2 zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen […] und […] vom […]48 Konkretisierung der Leiharbeitnehmer nach diesem Vertrag gem. § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG Name, Vorname: Anschrift: 45 Die Einschränkung folgt daraus, dass § 12 AÜG für eine Reihe von Vertragsbestandteilen gesetzliche Schriftform verlangt. 46 Vgl. zur Schriftformklausel Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14 m. Anm. 47 Da der Überlassungsvertrag die Schriftform wahren muss, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG, müssen die Anlagen vorsorglich hinreichend deutlich auf den Vertrag Bezug nehmen. 48 Verleiher und Entleiher müssen vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag konkretisieren, § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG. Das kann entweder in dem Vertrag (s. § 2, Ausgangsvariante) oder, wie hier, in einer Anlage dazu geschehen (s. § 2, 2. Variante) oder durch gesonderte Erklärung (§ 2 Var. 3). Gem. § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG ist die „Bezugnahme auf diesen Vertrag“ erforderlich. Daher ist es ratsam, ausdrücklich darauf Bezug zu nehmen. S. ferner § 2 des Vertrages m. Anm. Die BA verlangt die Einhaltung der Schriftform jedenfalls dann, wenn die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer wesentlicher Inhalt der vertraglichen Abrede ist (FW AÜG Ziff. 1.1.6.7, Stand 1.8.2019). Soweit für die Einhaltung der Schriftform durch beiderseitige Unterschrift keine Zeit bleibt, sind denkbare Alternativen der Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB, der Abschluss eines Überlassungsvertrages unter Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes gem. § 315 BGB für den Entleiher oder die Bevollmächtigung des Entleihers nach § 181 BGB zur Unterzeichnung auch für den Verleiher; Einzelheiten bei Scharff, BB 2018, 1140. Sofern für den Einsatz beim Entleiher besondere Voraussetzungen erforderlich sind, bspw. Führungszeugnis ohne Eintragung, sollte dies ebenfalls in der Anlage 2 aufgenommen werden.

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.3 Kap. 10 Tätigkeit, ggf. besondere Merkmale: Qualifikation: Einsatzzeit:49 Krankenkasse: Vergütung: ggf.: Tarif: Arbeitszeit: Anlage 3 zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen […] und […] vom […] Wesentliche Arbeitsbedingungen beim Entleiher50 […] (Name und Anschrift des Entleihers) für eine Tätigkeit als […]51 Vergütung – Lohn/h: – Zuschläge: – Sonderzahlungen:52 Arbeitszeit: Ggf.: Anwendbarer Tarifvertrag Anwendbare Betriebsvereinbarungen 49 Die Angabe ist ratsam zur Einhaltung der Höchstüberlassungsdauer von (tarifdispositiv) 18 Monaten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1b AÜG, vgl. Rz. 8 ff., soweit sie sich nicht schon im Vertrag befindet. 50 Zur Frage, welche Bedingungen wesentlich sind, vgl. Röder/Krieger, DB 2006, 2122; Schüren/Hamann/ Schüren, § 9 AÜG Rz. 121 ff. 51 Zur Gruppenbildung vgl. Schüren/Hamann/Schüren, § 9 AÜG Rz. 121 ff. 52 Diese sind nur zu zahlen, wenn sie auch einem im Entleiherbetrieb entsprechend befristet Beschäftigten gewährt würden, vgl. Schüren/Hamann/Schüren, § 9 AÜG Rz. 132 ff.

M 10.3 Rahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher

und Entleiher

Rahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung zwischen der Firma […] (im Folgenden: Verleiher) und der Firma […] (im Folgenden: Entleiher)

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Kap. 10 M 10.3 | Arbeitnehmerüberlassung § 1 Verleihererklärung1 (1) Der Verleiher hat die unbefristete Erlaubnis2 zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 1 AÜG.3 Diese Erlaubnis wurde von der […] [Erlaubnisbehörde] am […] ausgestellt. Eine Kopie der Erlaubnisurkunde ist diesem Vertrag als Anlage 1 beigefügt. oder (1) Der Verleiher hat die befristete Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 1 AÜG. Diese Erlaubnis wurde von der [Erlaubnisbehörde] am […] ausgestellt und ist zunächst befristet bis zum […]. Eine Kopie der Erlaubnisurkunde ist diesem Vertrag als Anlage 1 beigefügt. Der Verleiher wird den Entleiher spätestens drei Monate vor Ablauf der Erlaubnis darüber informieren, ob er fristgemäß den Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 4 AÜG gestellt hat. Der Verleiher wird dem Entleiher unverzüglich nach Erhalt die Verlängerung der Erlaubnis in Kopie zusenden. (2) Der Verleiher verpflichtet sich, den Wegfall4 und alle Änderungen der Erlaubnis sowie bei Nichtverlängerung, Rücknahme oder Widerruf der Erlaubnis auch das voraussichtliche Ende der Abwicklung und die gesetzliche Abwicklungsfrist nach § 12 Abs. 2 AÜG dem Entleiher unverzüglich schriftlich anzuzeigen. (3) Der Verleiher erklärt, dass auf das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und den nach § 2 zu überlassenden Arbeitnehmern gem. § 8 Abs. 2 AÜG die Tarifverträge – in ihrer jeweils aktuellen Fassung – zwischen […] und […] Anwendung finden.5 Der Verleiher trägt dafür Sorge, dass die gesetzlichen und/oder tariflichen Entgeltuntergrenzen nicht unterschritten werden.6 (4) Vorbehaltlich der Geltung eines Tarifvertrages gem. Abs. 3 gewährt der Verleiher den überlassenen Arbeitnehmern die im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen gem. § 8 AÜG. Er stellt den Entleiher von etwaigen Ansprüchen Dritter, die sich aus einer Verletzung dieser Pflicht ergeben, frei; das gilt nicht, soweit der Entleiher gegen seine Auskunftspflichten gem. § 12 verstößt. (5) Der Verleiher versichert, dass zwischen ihm und den gem. § 2 überlassenen Arbeitnehmern ein Arbeitsverhältnis besteht.7

§ 2 Gegenstand des Vertrages (1) Vertragsgegenstand ist die entgeltliche vorübergehende Überlassung von Arbeitnehmern des Verleihers an den Entleiher auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in der jeweils gültigen Fassung, maximal für die Dauer von 18 aufeinander folgenden Monaten seit Beginn der Überlassung. (2) Durch diesen Rahmenvertrag wird keine Verpflichtung8 des Entleihers begründet, Arbeitnehmer beim Verleiher zu entleihen. Der konkrete Abruf von Arbeitnehmern ist gesonderten Personalanforderungen gemäß § 4 vorbehalten. 1 Der Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher bedarf der Schriftform, § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Sofern nur eine einmalige Überlassung zwischen Verleiher und Entleiher geplant ist, kann das Vertragsmuster M 10.2 verwendet werden. 2 Die Verleiherlaubnis wird zunächst auf ein Jahr befristet erteilt, § 2 Abs. 4 Satz 1 AÜG. Sie kann dann im weiteren Verlauf unbefristet erteilt werden, wenn der Verleiher drei aufeinanderfolgende Jahre lang durchgehend als Verleiher tätig war (§ 2 Abs. 5 Satz 1 AÜG). 3 In der Vertragsurkunde hat der Verleiher zu erklären, ob er die Erlaubnis nach § 1 AÜG hat, § 12 Abs. 1 Satz 3 AÜG nF. 4 Gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 AÜG muss der Verleiher den Entleiher unverzüglich über den Zeitpunkt des Wegfalls der Erlaubnis unterrichten. 5 Vgl. Schneider, Handbuch Zeitarbeit, Rz. 378. Findet auf das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers kein den Gleichstellungsgrundsatz ausschließender Tarifvertrag der Zeitarbeit Anwendung, ist der Entleiher verpflichtet, im Verleihvertrag Angaben zu wesentlichen Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers zu machen, § 12 Abs. 1 Satz 3 AÜG. 6 Vgl. Spieler/Pollert, AuA 2011, 270, 271. Die weite Formulierung erfasst neben einer etwaigen Lohnuntergrenze nach § 3a AÜG, dazu Rz. 6, auch die Mindestentgelte nach dem AEntG und MiLoG, vgl. dazu Rz. 4 ff. 7 Gem. § 1 Abs. 1 AÜG darf kein Ketten-/Zwischen-/Weiterverleih stattfinden. 8 ZT. werden die FW AÜG, Stand 1.8.2019, Ziff. 1.1.6.7 Satz 3 iVm. Ziff. 12 Abs. 2 dahin verstanden, dass nach Auffassung der BA Rahmenverträge nicht dem Schriftformerfordernis für Arbeitnehmerüberlassungsver-

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Arbeitnehmerüberlassung | M 10.3 Kap. 10

§ 3 Beginn und Dauer des Vertrages (1) Dieser Rahmenvertrag tritt zum […] in Kraft und endet am […]. Die Laufzeit verlängert sich jeweils um […], sofern der Vertrag nicht von einer Vertragspartei bis spätestens […] vor Laufzeitende gekündigt wird.9 (2) Beide Parteien können diesen Rahmenvertrag mit einer Frist von […] kündigen. (3) Beide Vertragsparteien können diesen Vertrag jederzeit aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen. Die Parteien sind sich einig, dass ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung für den Entleiher insbesondere besteht, wenn die Erlaubnis des Verleihers zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern ihre Gültigkeit verliert. (4) Die Kündigung ist schriftlich zu erklären.

§ 4 Personalanforderung; Benennung der zu überlassenden Arbeitnehmer (1) Über die konkrete Arbeitnehmerüberlassung werden separate Verträge geschlossen (nachfolgend: „Personalanforderung“). Für die Personalanforderung gelten die Bedingungen dieses Rahmenvertrages, sofern keine abweichenden Regelungen getroffen werden. (2) Der Verleiher verpflichtet sich, dem Entleiher Arbeitnehmer mit den Qualifikationen und für die Tätigkeiten, die in der Anlage 2 zu diesem Vertrag aufgeführt sind, zur Arbeitsleistung zu überlassen. (3) Die Personalanforderung wird im Regelfall durch eine Anfrage des Entleihers per E-Mail eingeleitet, die noch keine rechtliche Bindung erzeugt. (4) Der Verleiher fertigt eine schriftliche Personalanforderung und sendet diese mit Originalunterschrift unverzüglich per Post an den Entleiher. Der Entleiher zeichnet vor der Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers auf derselben Urkunde gegen. Der Verleiher verzichtet gemäß § 151 Satz 1 BGB auf den Zugang dieser Annahmeerklärung.10 (5) In den Personalanforderungen sind insbesondere anzugeben: – die Bezugnahme auf ein in der Anlage 2 zu diesem Rahmenvertrag niedergelegtes Tätigkeitsprofil; wird hiervon abgewichen, ist konkret anzugeben, welche besonderen Merkmale die für den Arbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist, – die Anzahl der benötigten Arbeitnehmer sowie – Beginn und voraussichtliches Ende der vorgesehenen Tätigkeit, Überlassung nur vorübergehend, maximal jedoch für die Dauer von 18 aufeinander folgenden Monaten seit Beginn der Überlassung. (6) Der Verleiher wird dem Entleiher die Namen der zu überlassenden Arbeitnehmer spätestens zehn Tage vor dem Einsatzbeginn [schriftlich] unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diesen Vertrag mitteilen.11 Sollte träge gem. § 12 AÜG genügen, weil sie keine rechtsverbindliche Verpflichtung zur Arbeitnehmerüberlassung und im Gegenzug zur Zahlung der Vergütung enthalten (so Bissels/Falter, DB 2019, 2128). Dann bedürfte jede Arbeitnehmerüberlassung in Umsetzung des Rahmenvertrages der gesetzlichen Schriftform. Soweit für die Einhaltung der Schriftform durch beiderseitige Unterschrift keine Zeit bleibt, sind denkbare Alternativen der Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB, die Bevollmächtigung des Entleihers nach § 181 BGB zur Unterzeichnung auch für den Verleiher oder der Abschluss eines Überlassungsvertrages unter Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes gem. § 315 BGB für den Entleiher, Einzelheiten bei Scharff, BB 2018, 1140, Bissels/Falter, DB 2019, 2128. 9 Die Laufzeit kann auch abweichend von den im Muster genannten Zeiten geregelt werden. 10 Diese Auftragserteilung dient der Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG. 11 Verleiher und Entleiher müssen vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag konkretisieren, § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG. Das kann entweder in dem Vertrag (s. Ausgangsvariante) oder einer Anlage dazu geschehen (s. Alt. 1) oder durch gesonderte Erklärung, wie in dieser Variante; diese muss dann gem. § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG allerdings ausdrücklich auf den Vertrag Bezug nehmen. Zur Frage der Schriftform s. M 10.2 Anm. zu § 2 sowie Einf. Rz. 25. Die BA verlangt die Einhaltung der Schriftform jedenfalls dann, wenn die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer wesentlicher Inhalt der vertraglichen Abrede ist (FW AÜG 1.1.6.7, Stand 1.8.2019). ZT. werden die FW AÜG aber auch so verstanden, dass Rahmenvereinbarungen per se für die Einhaltung der Schriftform nicht ausreichen und daher in jedem Fall durch eine schriftliche Arbeitnehmerüberlassungsvereinbarung

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Kap. 10 M 10.3 | Arbeitnehmerüberlassung der Einsatz vor Ablauf der in Satz 1 genannten Frist erfolgen, ist der Verleiher verpflichtet, die Namen unverzüglich sowie vor der Überlassung mitzuteilen. Kommt der Verleiher dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Entleiher berechtigt, den Einsatz der betreffenden Arbeitnehmer abzulehnen. (7) Unverzüglich nach Erhalt der Mitteilung nach Abs. 6 prüft der Entleiher, ob zu überlassende Arbeitnehmer (a) in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung bei ihm oder einem mit ihm iSv. § 18 AktG konzernverbundenen Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind (b) oder in den letzten drei Monaten an ihn überlassen wurden. Der Entleiher teilt dem Verleiher das Ergebnis unverzüglich, jedenfalls aber vor Beginn der Überlassung, mit. Liegt einer der Fälle (a) oder (b) vor, so bedarf die Überlassung der Zustimmung des Verleihers. Der Entleiher kann verlangen, dass der zu überlassende Arbeitnehmer binnen 24 Stunden durch einen anderen Arbeitnehmer ersetzt wird.

§§ 5 ff. s. M 10.2, §§ 5 ff.

Für Anlage 1 und 2 s. M 10.2. (vgl. M 10.2 Anlage 1 und 2) umgesetzt werden müssen (Bissels/Falter, DB 2019, 2128). Soweit für die Einhaltung der Schriftform durch beiderseitige Unterschrift keine Zeit bleibt, sind denkbare Alternativen der Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB, die Bevollmächtigung des Entleihers nach § 181 BGB zur Unterzeichnung auch für den Verleiher oder der Abschluss eines Überlassungsvertrages unter Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes gem. § 315 BGB für den Entleiher, Einzelheiten bei Scharff, BB 2018, 1140; Bissels/Falter, DB 2019, 2128.

Kapitel 11 Auslandseinsatz I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. a) b) c) d)

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . Nachweispflichten . . . . . . . . . . . Anwendbares Individualarbeitsrecht und Gerichtsstand . . . . . . . . . . . Betriebliche Altersversorgung . . . . Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . Tarifverträge . . . . . . . . . . . . . . . Sozialversicherungsrecht . . . . . . . Rechtsvorschriften der EU . . . . . . (Bilaterale) Sozialversicherungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . Ausstrahlung gem. § 4 SGB IV . . . Versorgungslücke im Krankenversicherungsrecht . . . . . . . . . . .

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__ _ __ __ __ __ _ 1 1 2

3 8 12 13 14 15 16 17 24

e) Freiwillige Versicherung/ Versicherung auf Antrag . . 8. Steuerrecht . . . . . . . . . . . a) Einkommensteuerpflicht . . b) Abführung von Lohnsteuer c) Betriebsausgabenabzug . . . 9. Arbeitnehmerüberlassung .

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__ __ __ 27 34 34 41 44 45

II. Muster Entsendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 11.1 Versetzung Auslandsvertrag – Anstellungsvertrag mit dem ausländischen Tochterunternehmen . . . . . . . . . . . .M 11.2.1 Versetzung Stammhausbindungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .M 11.2.2

Literatur: Arbeitsrecht: Behrendt/Weyhing, Compliance mit dem AÜG bei Auslandsentsendungen, BB 2017, 2485; Böhm/Klein, bAV bei Entsendungen ins Ausland, AuA 2015, 172; Braun, Änderung des ArbeitnehmerEntsendegesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/957, BB 2020, 1780; Brors, Arbeitnehmerüberlassung und Territorialitätsprinzip, DB 2013, 2097; Diller/Beck, Konzernzusagen – ohne die Fesseln des BetrAVG, NZA 2015, 274; Edenfeld, Haftung und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei Auslandsent-

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Kap. 10 M 10.3 | Arbeitnehmerüberlassung der Einsatz vor Ablauf der in Satz 1 genannten Frist erfolgen, ist der Verleiher verpflichtet, die Namen unverzüglich sowie vor der Überlassung mitzuteilen. Kommt der Verleiher dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Entleiher berechtigt, den Einsatz der betreffenden Arbeitnehmer abzulehnen. (7) Unverzüglich nach Erhalt der Mitteilung nach Abs. 6 prüft der Entleiher, ob zu überlassende Arbeitnehmer (a) in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung bei ihm oder einem mit ihm iSv. § 18 AktG konzernverbundenen Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind (b) oder in den letzten drei Monaten an ihn überlassen wurden. Der Entleiher teilt dem Verleiher das Ergebnis unverzüglich, jedenfalls aber vor Beginn der Überlassung, mit. Liegt einer der Fälle (a) oder (b) vor, so bedarf die Überlassung der Zustimmung des Verleihers. Der Entleiher kann verlangen, dass der zu überlassende Arbeitnehmer binnen 24 Stunden durch einen anderen Arbeitnehmer ersetzt wird.

§§ 5 ff. s. M 10.2, §§ 5 ff.

Für Anlage 1 und 2 s. M 10.2. (vgl. M 10.2 Anlage 1 und 2) umgesetzt werden müssen (Bissels/Falter, DB 2019, 2128). Soweit für die Einhaltung der Schriftform durch beiderseitige Unterschrift keine Zeit bleibt, sind denkbare Alternativen der Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB, die Bevollmächtigung des Entleihers nach § 181 BGB zur Unterzeichnung auch für den Verleiher oder der Abschluss eines Überlassungsvertrages unter Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes gem. § 315 BGB für den Entleiher, Einzelheiten bei Scharff, BB 2018, 1140; Bissels/Falter, DB 2019, 2128.

Kapitel 11 Auslandseinsatz I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. a) b) c) d)

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . Nachweispflichten . . . . . . . . . . . Anwendbares Individualarbeitsrecht und Gerichtsstand . . . . . . . . . . . Betriebliche Altersversorgung . . . . Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . Tarifverträge . . . . . . . . . . . . . . . Sozialversicherungsrecht . . . . . . . Rechtsvorschriften der EU . . . . . . (Bilaterale) Sozialversicherungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . Ausstrahlung gem. § 4 SGB IV . . . Versorgungslücke im Krankenversicherungsrecht . . . . . . . . . . .

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3 8 12 13 14 15 16 17 24

e) Freiwillige Versicherung/ Versicherung auf Antrag . . 8. Steuerrecht . . . . . . . . . . . a) Einkommensteuerpflicht . . b) Abführung von Lohnsteuer c) Betriebsausgabenabzug . . . 9. Arbeitnehmerüberlassung .

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II. Muster Entsendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 11.1 Versetzung Auslandsvertrag – Anstellungsvertrag mit dem ausländischen Tochterunternehmen . . . . . . . . . . . .M 11.2.1 Versetzung Stammhausbindungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .M 11.2.2

Literatur: Arbeitsrecht: Behrendt/Weyhing, Compliance mit dem AÜG bei Auslandsentsendungen, BB 2017, 2485; Böhm/Klein, bAV bei Entsendungen ins Ausland, AuA 2015, 172; Braun, Änderung des ArbeitnehmerEntsendegesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/957, BB 2020, 1780; Brors, Arbeitnehmerüberlassung und Territorialitätsprinzip, DB 2013, 2097; Diller/Beck, Konzernzusagen – ohne die Fesseln des BetrAVG, NZA 2015, 274; Edenfeld, Haftung und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei Auslandsent-

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Auslandseinsatz | Kap. 11 sendungen, DB 2017, 2803; Eisenbeis, Auslandseinsatz und Kündigungsschutz, FA 2011, 357; Emmert/ Widhammer, Multinationale Arbeitsverhältnisse in Europa – Welches Arbeitsvertrags- und Sozialversicherungsrecht gilt?, ArbRAktuell 2010, 214; Franzen, Die geänderte Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie, EuZA 2019, 3; Gemmel/Gosch, Das EuGH-Urteil ‚Petersen und Petersen‘ und seine Konsequenzen für den Auslandstätigkeitserlass und die öffentliche Entwicklungshilfe, IStR 2013, 325; Günther/Pfister, Arbeitsverträge mit internationalen Bezügen – Teil 1: Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarungen, ArbRAktuell 2014, 215; Günther/Pfister, Teil 2: Entsendungen, ArbRAktuell 2014, 346; Günther/Pfister, Teil 3: Anwendbares Arbeitsrecht bei Arbeitsverhältnissen besonderer Arbeitnehmergruppen, ArbRAktuell 2014, 451; Günther/Pfister, Teil 4: Kündigungsschutz, ArbRAktuell 2014, 532; Günther/Pfister, Teil 5: Equal-PayGrundsatz beim Einsatz von Leiharbeitnehmern im Ausland, ArbRAktuell 2014, 601; Gumnior/Pfaffenberger, Kündigungsrechtliche Herausforderungen bei grenzüberschreitenden Arbeitsverträgen, NZA 2019, 1326; Hantel, Der Schutz arbeitsrechtlicher Mindeststandards bei einem grenzüberschreitenden Arbeitnehmereinsatz innerhalb der EU (Teil I), ZESAR 2014, 261; Hoch, Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung, BB 2015, 1717; Hoffmann, Mitarbeiterentsendungen ins Ausland – Rechtliche Rahmenbedingungen und vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten, DB 2019, 1737; Klapp, Das neue ArbeitnehmerEntsendegesetz – Umsetzung der revidierten Entsenderichtlinie, Soziale Sicherheit 2020, 272; Lindemann, Vorzeitige Rückkehr von entsandten Arbeitnehmern aus Krisenregionen – Rechte und Pflichten von Unternehmen und Mitarbeitern, ArbRAktuell 2011, 133; Kettenberger, Entsendung von Arbeitnehmern nach Frankreich, BB 2017, 117–123; Klumpp, Ablöseverbot gilt auch bei Entsendung durch verschiedene Arbeitgeber, DB 2018, 2504; Lingemann/von Steinau-Steinrück, Konzernversetzung und Kündigungsschutz, DB 1999, 2161; Martiny, Europäisches Internationales Schuldrecht – Rom I – und Rom II-Verordnungen in der Bewährung, ZEuP 2015, 838; Mauer, Personaleinsatz im Ausland, schnellbrief Arbeitsrecht 2015, 92; Mauer, Personaleinsatz im Ausland, 3. Aufl. 2019; Moderegger, Häufige Fehlerquellen bei Auslandsentsendungen, ArbRB 2017, 245; Neuhoff, Rundum abgesichert? – Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Gestaltungsfragen bei Auslandsbeschäftigung außerhalb der EU, BB 2018, 2740; Nowak/Bollin, Leistungspflicht des Arbeitgebers bei Beschäftigung von privat krankenversicherten Arbeitnehmern im Ausland, NZS 2010, 668; Oberthür, Kündigungsschutz im internationalen Kontext – Rechtswahlvereinbarungen auf dem Prüfstand, ArbRB 2020, 162; Ott/Goette, Zur Frage der Berücksichtigung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern bei Ermittlung der mitbestimmungsrechtlichen Schwellenwerte, NZG 2018, 281; Portner, Arbeitnehmerentsendungen – Gleichbehandlung von Arbeitgeberbeiträgen zur betrieblichen Altersversorgung, DStR 2010, 2011; Portner, Irrungen und Wirrungen beim Auslandseinsatz von Arbeitnehmern, IStR 2014, 435; Raspels/Elert, Praxishandbuch Auslandseinsatz von Mitarbeitern, 2013; Reichel/Spieler, Vertragsgestaltung bei internationalem Arbeitseinsatz, BB 2011, 2741; Reiter, Entsendung zu Tochtergesellschaften im In- und Ausland; NZA-Beilage 2014, 22; Schipp, Die Rechtsstellung von Arbeitnehmern bei Entsendung nach Deutschland, ArbRB 2010, 247; Schaflitzl/Hulde, Arbeitnehmerentsendung – Grundlagen und Praxisfälle, IStR 2014, 317; Schüren/Wilde, Die neue Entsendebescheinigung A1 und die Voraussetzungen ihrer Erteilung, NZS 2011, 121; Schwab/Engelmann/Tischler-Kolbe, Entsendung von Mitarbeitern in das Ausland, NWB 26/2010, 2063 und NWB 4/2011, 299; Seel, Grenzüberschreitende Arbeitnehmerentsendung – Ein Überblick über arbeits-, sozial- und steuerrechtliche Fragen, MDR 2011, 5; Straube, AGB-Kontrolle von Entsendungsverträgen, DB 2012, 2808; Wilde, Illegale Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland mit A-1 Bescheinigung, NZS 2016, 48; Winzer/Kramer, Geltung des Kündigungsschutzgesetzes für im Ausland tätige Mitarbeiter, FS v. Hoyningen-Huene, S. 595; Zieglmeier, Das reformierte Arbeitnehmer-Entsendegesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/957, DStR 2020, 1923. Sozialversicherungsrecht: Kuhn/Scupra, Auslandsentsendungen innerhalb der EU-Praxisfragen zur A1Bescheinigung, DB 2018, 2054; Marburger, Versicherungspflicht zur Rentenversicherung bei Ausstrahlung deutscher Beschäftigungsverhältnisse ins Ausland, rv 2015, 110; Ricken, Versicherungsrechtliche Bewertung kurzfristiger Auslandsentsendungen in Konzernunternehmen, NZA 2012, 198; Sagan/Hübner, Die Sozialversicherungspflicht von Vorstandsmitgliedern in- und ausländischer Aktiengesellschaften, AG 2011, 852. Steuerrecht: Becker/Bohn, Doppelbesteuerungsrisiken bei Dienstleistungserbringung im Ausland, DB 2013, 1195; Jochimsen/Gradl, Normhierarchische Einordnung von Treaty Overrides – und Abgleich konkreter Beispiele mit aktuellen DBA sowie der DBA-Verhandlungsgrundlage, IStR 2015, 236; Lüdicke, Subject-to-tax-Klauseln nach den DBA – Bemerkungen zum BMF-Schreiben vom 20.6.2013, IStR 2013, 721; Schmitt/Meyen, Mitarbeiterentsendung: Freistellung des Arbeitslohns nach neueren DBA, DB 2014, 1450; Ziesecke/Gelsheimer/Meyen, Steuerberatungskosten als Arbeitslohn bei Tätigkeit im Ausland und Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung, IStR 2010, 770.

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Kap. 11 Rz. 1 | Auslandseinsatz

I. Einführung 1. Vertragstypen 1

Beim Auslandseinsatz von Arbeitnehmern ist zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Vertragstypen1 zu unterscheiden, der (hier so genannten) Entsendung und der Versetzung. Bei der Entsendung bleibt der ursprüngliche Anstellungsvertrag mit dem Stammhaus bestehen.2 Die Besonderheiten des Auslandseinsatzes werden in einem gesonderten Entsendevertrag – oft auch in Form eines bestätigten Entsendeschreibens – vereinbart, der nur für die Zeit des Auslandseinsatzes gilt. IdR kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig kraft Direktionsrecht oder arbeitsvertraglicher Versetzungsklausel ins Ausland versetzen.3 Demgegenüber schließt der Mitarbeiter bei der Versetzung einen Anstellungsvertrag mit dem Tochterunternehmen oder der Niederlassung im Ausland. Der Anstellungsvertrag mit dem Inlandsunternehmen ruht für die Zeit der Entsendung. An seine Stelle tritt ein Stammhausbindungsvertrag, der Verpflichtungen des Stammhauses während des Auslandseinsatzes regelt. Wird der Arbeitnehmer nur kurzfristig ins Ausland entsandt – zB für eine Montage –, so spricht man auch von einer Abordnung. Wird die vertragliche Verbindung zum Stammhaus vollständig gelöst und besteht nur noch eine Verbindung zum ausländischen Unternehmen, so spricht man von Übertritt. Dargestellt werden hier die Entsendung und Versetzung als häufigste vertragliche Regelung.

2. Nachweispflichten 2

§ 2 Abs. 2 NachwG enthält Mindestanforderungen an die Vereinbarungen für einen Auslandseinsatz.4 Sofern der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung mehr als einen Monat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen hat, muss ihm vor seiner Abreise die Niederschrift ausgehändigt werden. Über den Anstellungsvertrag hinaus muss diese zusätzliche Angaben enthalten über – die Dauer der im Ausland auszuübenden Tätigkeit; – die Währung, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird; – ein zusätzliches mit dem Auslandsaufenthalt verbundenes Arbeitsentgelt und damit verbundene Sachleistungen; – die vereinbarten Bedingungen für die Rückkehr des Arbeitnehmers.5 – Bis zum 1.8.2022 ist die Arbeitsbedingungenrichtlinie umzusetzen. Sie erweitert die Unterrichtungspflichten ggü. ins Ausland entsandten Arbeitnehmern. Neu ist auch die für entsandte Arbeitnehmer vorgeschriebene Information über den Link zur „einzigen offiziellen nationalen Website“, die der Aufnahmestaat einzurichten hat; sie soll über die Arbeitsbedingungen informieren, die im Rahmen von Art. 3 Entsenderichtlinie auf dorthin entsandte Arbeitnehmer anzuwenden sind.6

1 Vgl. zu den einzelnen Vertragsgestaltungen auch Reiter, NZA-Beilage 2014, 22; Seel, MDR 2011, 5. 2 War dieses Arbeitsverhältnis einem inzwischen auf einen Betriebserwerber übergegangenen Betriebsteil zugeordnet, so ist der Betriebserwerber nach Auslaufen des Auslandsarbeitsverhältnisses alleiniger Arbeitgeber gem. § 613a BGB, BAG v. 14.7.2005 – 8 AZR 392/02, NZA 2005, 1411. 3 Ausdrücklich offengelassen: BAG v. 13.4.2010, NZG 2010, 1181, m. Anm. Baeck/Winzer. 4 Rspr.-Übersicht zum NachwG: Melms, RdA 2006, 171. 5 Zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes vgl. Einf. Kap. 2 Rz. 148. 6 Zum Ganzen Maul-Sartori, NZA 2019, 1161.

514 | Lingemann

Auslandseinsatz | Rz. 3 Kap. 11

3. Anwendbares Individualarbeitsrecht und Gerichtsstand Für das anwendbare Individualarbeitsrecht und den Gerichtsstand gilt Folgendes:7 Nach europäischem internationalem Privatrecht8 unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht, Art. 3 Rom-I-VO. Dabei können die Parteien die Rechtswahl für den ganzen Vertrag oder nur für einen Teil treffen. Die Rechtswahl kann auch konkludent erfolgen, etwa durch Verweis auf deutsches Recht im Arbeitsvertrag oder Inbezugnahme deutscher Tarifverträge.9 Dieser Grundsatz der freien Rechtswahl wird allerdings eingeschränkt durch Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom-I-VO.10 Danach darf die Rechtswahl bei Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das gem. Art. 8 Abs. 2, 3 und 4 Rom-I-VO mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre. Zu den zwingenden Vorschriften deutschen Rechts zählen alle nicht dispositiven Normen, insbesondere der Kündigungsschutz nach §§ 1 ff. KSchG,11 die Kündigungsfristen, § 613a BGB, §§ 74 ff. HGB,12 das EFZG, der Equal Pay Grundsatz des § 8 AÜG13 sowie das Arbeitnehmererfindungsgesetz. Im Regelfall ist von einer Rechtswahl abzuraten. Wenn ein Recht gewählt wird, das nicht identisch ist mit dem mangels Rechtswahl anwendbaren Recht, müssen zwei Rechtsordnungen parallel angewendet werden. Der Arbeitnehmer könnte sich nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom-I-VO jeweils auf das für das für ihn günstigere Recht berufen. Mangels Rechtswahl findet auf den Arbeitsvertrag grundsätzlich das Recht des gewöhnlichen Verrichtungsorts Anwendung, Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom-I-VO. Bei nur vorübergehender Entsendung aus Deutschland bleibt deutsches Recht aber anwendbar, Art. 8 Abs. 2 Satz 2 Rom-I-VO. Bei einer nicht nur vorübergehenden Entsendung ist demgegenüber nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom-I-VO das Recht des Einsatzlandes anwendbar.14 Eine Entsendung ist vorübergehend, wenn von dem Arbeitnehmer erwartet wird, dass er nach seiner Rückkehr seine Tätigkeit beim entsendenden Arbeitgeber wieder aufnimmt.15 Bis zum 30.7.2020 mussten die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der neu gefassten Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/95716 umsetzen.17 Art. 3 Abs. 1a UAbs. 1 der Richtlinie schreibt die Anwendung sämtlicher Arbeits- und Geschäftsbedingungen des Aufnahmestaates auf den ent7 Dazu eingehend Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 346. 8 Die Art. 27–37 EGBGB gelten nicht für Verträge, die nach dem 17.12.2009 geschlossen wurden. Für diese Verträge gilt vielmehr die Rom-I-VO, die auch hier zugrunde gelegt wird. Die Rom-I-VO gilt für Verträge, die zwar vor dem 17.12.2009 geschlossen wurden, aber später durch Konsens der Parteien verändert wurden, nur, wenn das Arbeitsverhältnis durch gegenseitiges Einvernehmen der Parteien, das sich ab diesem Zeitpunkt manifestiert hat, in einem solchen Umfang geändert wurde, dass davon auszugehen ist, dass ab diesem Zeitpunkt ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen wurde, EuGH v. 18.10. 2016 – C 135/15, ABl. EU 2016 Nr. C 475, 4 = NZA 2016, 1389; s. auch Martiny, ZEuP 2015, 838, 841. 9 BAG v. 28.5.2014 – 5 AZR 422/12, NZA 2014, 1264 m. Anm. Krieger, FD-ArbR 2014, 360675. 10 PWW/Lingemann, Art. 8 Rom-I-VO Rz. 1 ff. 11 BAG 10.4.2014, ArbRAktuell 2014, 515 m. Anm. Merten; vgl. auch Reiter, NZA 2004, 1246. 12 LAG Hessen v. 14.8.2000, IPRspr. 2000, Nr. 40, S. 82; vgl. auch Thomas/Weidmann, Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote in Fällen mit Auslandsbezug, DB 2004, 2694. 13 BAG v. 28.5.2014, ArbRAktuell 383 m. Anm. Krieger; Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 601, 602. 14 Die Änderung der Entsenderichtlinie 96/71/EG führt zu einer Anwendung des Rechtes des Aufnahmestaates in dem beschriebenen Umfang, wenn der Aufenthalt des Arbeitnehmers dort 12 bzw. 18 Monate übersteigt, vgl. Art. 3 Abs. 1a UAbs. 1 RL 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 15 Erwägungsgrund 36 der Rom-I-VO. Die neue Durchsetzungsrichtlinie 2014/67/EU zur Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 enthält in ihrem Art. 4 Abs. 3 Indizien, die bei der Feststellung einer tatsächlichen Entsendung heranzuziehen sind. Außerdem soll es nach ihrem 12. Erwägungsgrund gegen das Vorliegen einer vorübergehenden Entsendung sprechen, wenn keine Entsendebescheinigung A-1 (dazu Rz. 15) ausgestellt wurde. Der Begriff der Entsendung iSd. Durchsetzungsrichtlinie ist zwar nicht deckungsgleich mit dem der Rom-I-VO; es ist aber möglich, dass der Gerichtshof auf die dort genannten Kriterien zurückgreifen wird. 16 Amtsblatt der Europäischen Union v. 9.7.2018, L 173/16. 17 Zum Stand der Umsetzung s. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/NIM/?uri=CELEX:32018L0957.

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3

Kap. 11 Rz. 3 | Auslandseinsatz sandten Arbeitnehmer nach 12 bzw. 18 Monaten vor, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder durch auf die entsandten Arbeitnehmer anzuwendende Tarifverträge vorgeschrieben sind. Das gilt unabhängig vom gewählten Recht. Die Rechtswahl wird bereits nach kurzer Entsendezeit durch den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer auf einem Arbeitsmarkt zurückgedrängt. Ausgenommen sind lediglich die in Art. 3 Abs. 1a UAbs. 2 genannten Bestimmungen über Abschluss und Beendigung der Arbeitsverträge, Wettbewerbsverbote und betriebliche Altersversorgungssysteme. Alle anzuwendenden Bedingungen sind gem. Art. 3 Abs. 1 UAbs. 4 der Richtlinie auf einer offiziellen nationalen Website von den Mitgliedstaaten zu veröffentlichen. Die Anwendung von für den entsandten Arbeitnehmer günstigeren Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen soll die Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1–6 der Richtlinie aber nicht verhindern (vgl. Art. 3 Abs. 7 RL 96/71/EG, – neu RL (EU) 2018/957)

3a Bei einer Versetzung gilt für den ruhenden deutschen Anstellungsvertrag regelmäßig deutsches

Recht; für den Vertrag mit der ausländischen Niederlassung oder Tochtergesellschaft hingegen regelmäßig das Recht des Einsatzlandes;18 der Stammhausbindungsvertrag wiederum unterliegt in der Regel deutschem Recht, jedenfalls weil sich in der Regel gem. Art. 8 Abs. 4 Rom-I-VO aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis die engsten Verbindungen zum deutschen Recht aufweist. Die Parteien sind deutsch, die Sprache ist deutsch, die Leistungen aus dem Stammhausbindungsvertrag werden regelmäßig in deutscher Währung erbracht, Ort des Vertragsschlusses ist regelmäßig Deutschland, ebenso der Sitz des Arbeitgebers.

3b

Im Hinblick auf Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit in mehreren Vertragsstaaten ausüben (Monteure, Arbeitnehmer im transportierenden Gewerbe, Seeleute), hat der EuGH19 entschieden, dass das Kriterium „Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet“, weit auszulegen sei. Erfasst sei auch der Ort, von dem aus der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübe, sog. Einsatzbasis oder base rule. Das Kriterium der „Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat“, Art. 8 Abs. 3 Rom-I-VO, könne demgegenüber nur zur Anwendung kommen, wenn das angerufene Gericht weder einen Staat, in dem, noch einen Staat, von dem aus der Arbeitnehmer seine Tätigkeit gewöhnlich verrichtet, ermitteln kann. Diese Rechtsprechung des EuGH ergibt sich inzwischen direkt aus Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom-I-VO. Es bleiben damit wenige Fälle, in denen das anwendbare Recht anhand der einstellenden Niederlassung nach Art. 8 Abs. 3 Rom-I-VO ermittelt wird (in Einzelfällen zB Seeleute20). Sofern der Vertrag in diesen Fällen mit der deutschen Niederlassung oder dem deutschen Stammhaus geschlossen wurde, gilt deutsches Recht. Das Kriterium „Niederlassung, … die den Arbeitnehmer eingestellt hat“ zielt allein auf den formalen Abschluss des Arbeitsvertrags ab,21 auf tatsächliche Umstände, wie etwa die Eingliederung in einen Betrieb, kommt es regelmäßig22 nicht an.23 Dabei umfasst die „Niederlassung“ jede dauerhafte Struktur eines Unternehmens (zB Tochtergesellschaften, Zweigstellen, Büros eines Unternehmens).24

3c

Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für Leiharbeitnehmer. Wenn ein Leiharbeitnehmer nur vorübergehend ins Ausland überlassen wird, bleibt sein gewöhnlicher Arbeitsort in der Regel in sei18 Erwägungsgrund 36 Satz 2 der Rom-I-VO; BAG v. 21.1.1999 – 2 AZR 648/97, DB 1999, 806; Reiter, NZA-Beilage 2014, 22, 26; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 9 Eingriffsnormen Rz. 15; aA Mauer, Personaleinsatz im Ausland, schnellbrief Arbeitsrecht 2015, 92. 19 EuGH v. 15.3.2011 – C-29/10, NJW 2011, 1578 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2011, 192. 20 Palandt/Thorn, (IPR) Rom I Art. 8 Rz. 12. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern (v. 19.3.2014 – 2 Sa 172/13, juris) stellt bei Seeleuten nur auf die engste Verbindung nach Art. 8 Abs. 4 Rom-I-VO; ausf. zur Anknüpfung von Seearbeitsverhältnissen: Günter/Pfister, ArbRAktuell 451, 452. 21 EuGH v. 15.12.2011 – C-384/10, NZA 2012, 227. 22 Einzig, wenn das einstellende Unternehmen nur im Namen und auf Rechnung eines anderen Unternehmens tätig geworden ist (etwa bei sog. Briefkastenfirmen), gilt das letzte Unternehmen als einstellende Niederlassung, EuGH v. 15.12.2011 – C-384/10, NZA 2012, 227. 23 EuGH v. 15.12.2011 – C-384/10, NZA 2012, 227. 24 EuGH v. 15.12.2011 – C-384/10, NZA 2012, 227.

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Auslandseinsatz | Rz. 4 Kap. 11

nem Heimatstaat. Es findet das Heimatrecht Anwendung.25 Der Begriff „vorübergehend“ iSd. RomI-VO ist wahrscheinlich nicht völlig deckungsgleich mit dem Begriff „vorübergehend“ oder der Einhaltung des Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten gem. § 1 Abs. 1b AÜG, da die Rom-I-VO den Begriff danach bestimmt, ob die Rückkehr des Arbeitnehmers beabsichtigt ist,26 während § 1 Abs. 1b AÜG ihn rein zeitlich an der Einsatzdauer beim selben Entleiher ausrichtet. Ist der Auslandseinsatz des Leiharbeitnehmers danach nicht vorübergehend iSd. Rom-I-VO, gilt während des Auslandseinsatzes das Recht des Einsatzstaates. Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Vertrag eine engere Verbindung zu einem anderen Staat als dem des gewöhnlichen Verrichtungsorts oder der einstellenden Niederlassung ausweist, ist das Recht dieses Staates anzuwenden, Art. 8 Abs. 4 Rom-I-VO. Eine engere Verbindung zu einem anderen Staat kann sich etwa daraus ergeben, dass der Arbeitnehmer dort Steuern und Sozialabgaben entrichtet27 und das Gehalt zB in der Währung dieses Staates ausgezahlt wird. Selbst wenn ausländisches Recht anwendbar und/oder vereinbart ist, gelten gem. Art. 9 Abs. 2 RomI-VO die Eingriffsnormen, also die Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln, wenn ein deutsches Gericht angerufen ist. Es bleibt also bei der Anwendung ausländischen Rechts, das lediglich partiell durch deutsches Recht überlagert wird. Art. 9 der Rom-I-VO ist eng auszulegen. Die bloße Unabdingbarkeit einer Norm nach deutschem Recht reicht nicht aus.28 Die Norm darf nicht nur Arbeitnehmerinteressen schützen, sondern muss auch Interessen der Allgemeinheit dienen.29 Das KSchG (§§ 1–14),30 § 613a BGB, § 8 TzBfG31 und § 2 EFZG32 zählen nicht dazu,33 wohl aber § 17 KSchG,34 Mindestkündigungsfristen, auch öffentlich-rechtliche Erlaubnisvorbehalte für Kündigungen nach SGB IX, MuSchG und BEEG,35 der Mindestlohn,36 außerdem die in § 2 AEntG genannten Arbeitsbedingungen (Mindestentgeltsätze, Mindesturlaub, ArbZG, die individualrechtlichen Vorschriften des AÜG,37 Sicherheits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz; MuSchG; Nichtdiskriminierung).38 Nach § 3 AEntG sind auch allgemeinverbindliche Tarifverträge oder durch Rechtsverordnung nach § 7 AEntG erstreckte Tarifverträge international zwingende Normen. § 3 EFZG ist Eingriffsnorm, wenn der Arbeitnehmer in Deutschland sozialversicherungspflichtig ist.39 Nach Art. 9 Abs. 3 der Rom-I-VO kann ein deutsches Gericht umgekehrt auch die Eingriffsnormen desjenigen Staates anwenden, in den der Arbeitnehmer entsandt war, auch wenn für den Vertrag ansonsten deutsches Recht gilt. Ob Art. 9 Abs. 3 Rom-I-VO abschließend ist, oder auch die Anwendung von Eingriffsnormen eines anderen Staates als des Entsendestaats erlaubt, war Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH.40 Dieser lehnte die Befugnis, andere Eingriffs25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 451, 452; Hoch, BB 2015, 1717, 1718; Wilde, NZS 2016, 48, 50. Erwägungsgrund 36 der Rom-I-VO. EuGH v. 12.9.2013 – C-64/12 – Schlecker, NZA 2013, 1163. BAG v. 24.8.1989 – 2 AZR 3/89, DB 1990, 1666. BAG v. 18.4.2012 – 10 AZR 200/11, NZA 2012, 1152. BAG v. 1.7.2010, RIW 2011, 167. BAG v. 13.11.2007 – 9 AZR 134/07, NZA 2008, 761. BAG v. 18.4.2012 – 10 AZR 200/11, NZA 2012, 1152. BAG v. 29.10.1992 – 2 AZR 267/92, DB 1993, 637; v. 24.8.1989 – 2 AZR 3/89, DB 1990, 1666. BAG v. 24.8.1989 – 2 AZR 3/89, NZA 1990, 841. BAG v. 12.12.2001 – 5 AZR 255/00, NZA 2002, 734; v. 24.8.1989 – 2 AZR 3/89, DB 1990, 1666; zum Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG; zur Lohnwucherrechtsprechung des BAG vgl. Bayreuther, NZA 2010, 1157; Schipp, ArbRB 2010, 247. S. § 20 MiLoG, dh. jeder in Deutschland eingesetzte Arbeitnehmer hat Anspruch auf den Mindestlohn. Nach hM sind jedenfalls die §§ 9 und 10 AÜG Eingriffsnormen, BSG v. 29.6.2016 – B 12 R 8/14 R, juris; Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 601, 602; Hoch, BB 2015, 1717, 1718; Ulber, ZESAR 2015, 3, 5 f. mwN. BAG v. 18.4.2012 – 10 AZR 200/11, NZA 2012, 1152; Zieglmeier, DStR 2020, 1923. BAG v. 18.4.2012 – 10 AZR 200/11, NZA 2012, 1152. EuGH v. 18.10.2016 – C-135/15, ABl. EU 2016 Nr. C 475, 4 = NZA 2016, 1389.

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Kap. 11 Rz. 4 | Auslandseinsatz normen anwenden zu dürfen, ab, stellte aber klar, dass es den Gerichten nicht verwehrt sei, andere Eingriffsnormen als tatsächliche Umstände zu berücksichtigen, soweit das nationale Recht dies vorsieht. Art. 21 Rom-I-VO enthält eine weitere Schranke für die freie Rechtswahl. Wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts, insb. Grundrechte und Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Ordnung, sind unabhängig vom sonst anwendbaren Recht zwingend zu beachten.41

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Ist deutsches Arbeitsrecht – im Regelfall kraft Vereinbarung – anwendbar, so gilt deutsches Individualarbeitsrecht umfassend. Der Arbeitnehmer genießt Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.42 Allerdings werden im Rahmen der Kleinbetriebsklausel des § 23 KSchG Auslandsmitarbeiter nicht hinzugerechnet.43 Etwas anderes gilt möglicherweise, wenn deren Arbeitsverträge deutschem Arbeitsrecht unterliegen.44 Daneben gelten das BUrlG,45 das EFZG etc. Die AGB-Kontrolle gilt für Entsendeverträge nur, soweit sie deutschem Recht unterliegen. Sie greift also nicht, wenn wirksam die Anwendung anderen Rechtes vereinbart wird. In der Sache spielt sie insbesondere eine Rolle bei der Bezugnahme auf allgemeine Entsenderichtlinien, namentlich, wenn diese dynamisch erfolgt, bei der Rückrufklausel und bei der Regelung zum Wegfall der Kostenerstattung im Falle eines vom Arbeitnehmer zu vertretenden Rückrufs.46

6

Soweit Sonderkündigungsschutz behördliches Tätigwerden vor Ausspruch der Kündigung voraussetzt – insb. nach dem SGB IX und dem Mutterschutzgesetz – ist er nicht Gegenstand vertraglicher Vereinbarung, sondern unterliegt dem Territorialitätsprinzip. Daher soll die Beteiligung der öffentlich-rechtlichen Stellen vor Kündigung von Mitarbeitern bei einem Auslandseinsatz nicht erforderlich sein, wenn die Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts der einzige Berührungspunkt mit der Bundesrepublik ist.47

7

Für den Gerichtsstand gilt im Geltungsbereich der EuGVVO (auch Brüssel Ia-VO)48 Folgendes: Der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber in dessen Wohnsitzstaat verklagen (Art. 21 Abs. 1 lit. a 41 Reichel/Spieler, BB 2011, 2741. 42 BAG v. 21.1.1999, DB 1999, 807; einschränkend Winzer/Kramer, FS v. Hoyningen-Huene, S. 595, 604. 43 Das KSchG gilt nur für Betriebe, die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG erfüllen. Auslandsmitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht dem deutschen Recht unterliegen, zählen nicht bei der Berechnung des Schwellenwerts, wenn sie nicht in die betriebliche Struktur des inländischen Betriebs eingebunden sind, BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 468/15, NZA 2016, 1196; auch reicht es nicht aus, wenn die ausländische Arbeitsstätte mit der deutschen einen Gemeinschaftsbetrieb bildet, BAG v. 26.3.2009, DB 2009, 1409; s. auch Anm. Arnold, FD-ArbR 2009, 284, 649 sowie Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 532; Otto/Mückl, BB 2009, 1926. Der Betriebsbegriff des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt auch für § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b KSchG, sodass sich ein Arbeitnehmer nicht auf einen freien Arbeitsplatz im Ausland berufen kann, BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 809/12, NZA 2014, 730, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 496. Unklar ist, ob der Arbeitnehmer sich auf freie Arbeitsplätze im Ausland berufen kann, wenn sein Arbeitsvertrag eine Konzernversetzungsklausel enthält; s. auch Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 532, 533. Für die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG sind demgegenüber Beschäftigungszeiten in demselben Betrieb auch dann relevant, wenn das Arbeitsverhältnis zeitweise ausländischem Recht unterlag, BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 12/10, NZA 2012, 148. 44 LAG Hessen v. 7.5.2015 – 9 Sa 1036/14, juris; (im Revisionsverfahren BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 468/ 15, NZA 2016, 1196 nicht entschieden, da nicht entscheidungserheblich): Auslandsmitarbeiter sind zu berücksichtigten, wenn auf ihren Vertrag deutsches Recht Anwendung findet; nicht aber, wenn deutsches Recht nur partiell im Wege des Günstigkeitsvergleichs nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom-I-VO Anwendung findet; s. auch Reichel/Spieler, Vertragsgestaltung bei internationalem Arbeitseinsatz, BB 2011, 2741, 2744. 45 BAG v. 21.3.1985, NZA 1986, 25. 46 Vgl. zB M 11.1, § 5 (1), § 11 (3), ferner Straube, DB 2012, 2808, 2809. 47 BAG v. 24.8.1989 – 2 AZR 3/89, DB 1990, 1666; BAG v. 30.4.1987 – 2 AZR 192/86, DB 1987, 1897. 48 VO (EU) Nr. 1215/2012; abgedruckt im Schönfelder, Ergänzungsband unter Nr. 103; die Entscheidung des BAG v. 9.10.2002, NZA 2003, 339 betraf diese nicht.

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Auslandseinsatz | Rz. 7a Kap. 11

EuGVVO). Wenn der Arbeitgeber im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates zwar keinen Wohnsitz, wohl aber eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung hat, kann der Arbeitnehmer vor den Gerichten dieses Mitgliedstaates klagen (Art. 20 Abs. 2 iVm. Art. 21 Nr. 1 EuGVVO). Wahlweise kann er jedoch auch vor dem Gericht des Ortes klagen, an dem er gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat (Art. 21 Nr. 2 lit. b (i) EuGVVO)49 oder, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet oder verrichtet hat, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, befindet bzw. befand (Art. 21 Abs. 1 lit. b (ii) EuGVVO). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber keinen Wohnsitz in der EU hat (Art. 21 Abs. 2 EuGVVO). Insoweit enthält die EuGVVO für nahezu alle Konstellationen, in denen der Arbeitgeber nicht in der EU wohnt, einen Gerichtsstand.50 Außerdem kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber gemeinsam mit einem anderen Beklagten an dessen Wohnsitz verklagen, wenn die Klagen konnex sind (Art. 20 Abs. 1 iVm. Art. 8 Abs. 1 EuGVVO). Ausschließliche Gerichtsstandsklauseln, die die internationale Zuständigkeit abweichend begründen und die zwingend die Gerichtsstände der Art. 21–28 EuGVVO derogieren wollen, sind nach Art. 21 in Verbindung mit 23 Abs. 5 EuGVVO a.F. unzulässig.51 Im Fall einer Versetzung kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber des ruhenden Arbeitsvertrags oder des Stammhausbindungsvertrags auch vor den Gerichten seines Tätigkeitsstaates verklagen.52 Demgegenüber sind die Gerichtsstände für Klagen des Arbeitgebers eingeschränkt. Er kann nur vor Gerichten des Mitgliedstaates klagen, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat (Art. 22 Abs. 1 EuGVVO); nur eine Widerklage kann er auch vor dem Gericht erheben, bei dem der Arbeitnehmer geklagt hat. Abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wenn sie nach Entstehen der Streitigkeit getroffen werden oder wenn sie dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumen, andere als die in der EuGVVO angeführten Gerichte anzurufen. Die Vereinbarung von Gerichtsständen, die die Zuständigkeiten nach EuGVVO einschränken, ist damit zu Lasten des Arbeitnehmers nur nach Entstehen der Streitigkeit zulässig.53 Dafür muss ein Gerichtsverfahren unmittelbar oder in Kürze bevorstehen.54 Finden auf ein Arbeitsverhältnis hingegen weder die EuGVVO noch andere internationale Verträge oder Übereinkommen Anwendung, so wird die internationale Zuständigkeit idR durch die örtliche Zuständigkeit indiziert.55 Örtlich zuständig ist damit für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis gem. § 29 Abs. 1 ZPO das Gericht des Ortes, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.56 Die Bestimmung des Erfüllungsortes richtet sich bei Arbeitsverhältnissen mit ausländischen Arbeitgebern nach dem gem. Art. 3 ff. Rom-I-VO anwendbaren Recht.57 Dabei ist zur Bestimmung des Erfüllungsortes bei Arbeitsverhältnissen in der Regel von einem einheitlichen (gemeinsamen) Erfüllungsort auszugehen, nämlich dem Ort, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zu erbringen 49 BAG v. 27.1.2011 – 2 AZR 646/09, NZA 2011, 1309, wonach der gewöhnliche Arbeitsort iSd. Art. 21 Nr. 2 lit. b (i) EuGVVO der Ort ist, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag erfüllt; dem Urteil des BAG folgend: LAG Köln v. 19.9.2011 – 2 Sa 415/11. 50 Alio, NJW 2014, 2395, 2398. 51 EuGH v. 14.9.2017 – C-168/16 und C-169/16 – Nogueira, NZA 2017, 1477, Anm. Temming, NZA 2017, 1437. 52 EuGH v. 10.4.2003 – C-437/00, NZA 2003, 711. 53 Vgl. Art. 23 Nr. 1 und 2 EuGVVO. Dies gilt wohl auch für Tarifverträge, so dass auch dort keine Regelung zu Lasten des Arbeitnehmers vor Entstehen der Streitigkeit getroffen werden kann (Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 215, 216). 54 BAG v. 8.12.2010, NZA-RR 2012, 320. 55 BAG v. 13.11.2007, EzA Art. 30 EGBGB Nr. 9; v. 9.10.2002, NZA 2003, 339; v. 17.7.1997 – 8 AZR 328/ 95, NZA 1997, 1182. 56 Den Parteien bleibt es jedoch auch im Arbeitsrecht unbenommen, die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 Satz 1 ZPO abweichend von § 29 ZPO zu vereinbaren (LAG Berlin-Brandenburg v. 27.2.2009 – 13 Sa 2192/08). 57 Vgl. BAG v. 9.10.2002, NZA 2003, 339; v. 12.12.2001 – 5 AZR 255/00, NZA 2002, 734.

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7a

Kap. 11 Rz. 7a | Auslandseinsatz hat, an dem somit der tatsächliche Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit liegt.58 Arbeitsrechtliche Streitigkeiten unterliegen dann nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, wenn ein hoheitliches Handeln eines anderen Staates betroffen ist.59

4. Betriebliche Altersversorgung 8

Für das der betrieblichen Altersversorgung zugrundeliegende Versorgungsverhältnis kann eine eigenständige Rechtswahl unabhängig vom übrigen Arbeitsvertrag getroffen werden.60 Die Rechtswahl unterliegt den gleichen Schranken wie die Wahl des auf den gesamten Arbeitsvertrag anwendbaren Rechts, insb. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 und Art. 9 Rom-I-VO. Die Novelle der Entsenderichtlinie (vgl. dazu Rz. 3) gilt nicht für zusätzliche betriebliche Altersversorgungssysteme.61 Wird keine Rechtswahl getroffen, gilt Folgendes: Die betriebliche Altersversorgung des Stammhauses erfasst den Auslandsmitarbeiter dann, wenn es sich nur um eine Entsendung handelt, er also nach wie vor dem Stammhaus zuzuordnen ist und für sein Arbeitsverhältnis deswegen deutsches Recht gilt. Die Versorgungszusage richtet sich in dem Fall ebenfalls nach deutschem Recht.62 Die Auslandszeiten zählen also sowohl für die Dauer der Betriebszugehörigkeit als auch für die Zusagedauer als Voraussetzung für die Unverfallbarkeit nach § 1b BetrAVG. Es besteht auch gleichermaßen Insolvenzschutz.63 Der Arbeitgeber darf ins Ausland entsandte Arbeitnehmer nicht wegen ihres Auslandseinsatzes von der Versorgung ausnehmen.64

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Schwieriger ist die Rechtslage bei der Versetzung. Zwar sollen maßgebend für den Geltungsbereich des BetrAVG der Sitz des Versorgungsschuldners und das Recht sein, dem das Versorgungsverhältnis unterliegt.65 Insoweit steht der Anwendung des BetrAVG nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer in einem ausländischen Arbeitsverhältnis steht und im Ausland die Arbeitsleistung erbringt.66 Allerdings kann die Versorgungszusage nicht an das ausländische Arbeitsverhältnis anknüpfen, da dieses, wie dargelegt, nicht deutschem Recht unterliegt.67 Anknüpfungspunkt könnte daher nur das ruhende inländische Arbeitsverhältnis oder der Stammhausbindungsvertrag sein. Es genügt insoweit für die Fortgeltung des BetrAVG, wenn die Versorgungszusage von der inländischen Konzernmutter erteilt wurde, während der Arbeitnehmer bei ihr im Inland angestellt war und der Auslandseinsatz Teil der vertraglichen Verpflichtung (auch aus dem ruhenden Arbeitsvertrag) gegenüber dem inländischen Arbeitgeber ist.68 Der Wechsel zu einer Konzerntochter ins Ausland hat dann insbesondere keine Auswirkungen auf die Insolvenzsicherung.69 Wenn die inländische Konzernmutter die Versorgungszusage aber erteilt, während der Arbeitnehmer bei der ausländischen Konzerntochter angestellt ist, fällt die Zusage nicht unter das BetrAVG und ist insbesondere nicht insolvenzgeschützt.70 Es fehlt am nach § 1 BetrAVG erforderlichen Arbeitsverhältnis zwischen dem Zusagenden und dem Empfänger. Es empfiehlt sich deswegen, im Stammhausbindungsvertrag zu vereinbaren, dass die im 58 EuGH v. 9.1.1997 – C-383/95, NZA 1997, 225; st. Rspr.; BAG v. 9.10.2002, NZA 2003, 339; v. 3.11.1993, NZA 1994, 479; zur Bestimmung des Erfüllungsortes für Betriebsrentenansprüche vgl. BAG v. 20.4. 2004 – 3 AZR 301/03, DB 2004, 2483. 59 EuGH v. 19.7.2012 – C-154/11, NZA 2012, 935; vgl. Majer, NZA 2010, 1395. 60 BAG v. 20.4.2004, NZA 2005, 797. 61 Vgl. etwa Philipp, EuZW 2018, 475. 62 Böhm/Klein, AuA 2015, 172. 63 Pensionssicherungsverein, Merkblatt 300/M 7, 12.10, Ziff. 2 64 EuGH v. 10.3.2011 – C-379/09, NZA 2011, 561. 65 BAG v. 6.8.1985 – 3 AZR 185/83, DB 1986, 131. 66 BAG v. 6.8.1985 – 3 AZR 185/83, DB 1986, 131. 67 BAG v. 21.1.1999 – 2 AZR 648/97, DB 1999, 806, 808. 68 Pensionssicherungsverein, Merkblatt 300/M 7, 12.10, Ziff. 2.2.1; Böhm/Klein, AuA 2015, 172, 173. 69 Vgl. BAG v. 25.10.1988, AP Nr. 46 zu § 7 BetrAVG; LAG Köln v. 31.5.2006 – 8 Sa 1586/05 Rz. 101; Diller/Beck, NZA 2015, 274. 70 BAG v. 20.5.2014 – 3 AZR 1094/12, NZA 2015, 225; m. Anm. Diller/Beck, NZA 2015, 274.

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Auslandseinsatz | Rz. 12 Kap. 11

Ausland verbrachte Zeit bei der Ermittlung der Unverfallbarkeitsfristen und bei der Höhe einer unverfallbaren Anwartschaft berücksichtigt wird.71 Insolvenzschutz kann auch bspw. über die Verpfändung von Rückdeckungsversicherungen oder durch CTAs (Contractual Trust Arrangements) erreicht werden.72 Die Frage, ob Auslandszulagen oder ausländische Sozialversicherungsrenten auch auf die betriebliche Altersversorgung anzurechnen sind, beantwortet sich nach der jeweiligen Versorgungsordnung.

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Hinzuweisen ist schließlich auf zwei europäische Richtlinien zum Schutz der Betriebsrenten eines Arbeitnehmers, der ins Ausland wechselt. Die RL 98/49/EG73 verlangt eine Gleichstellung bei der Unverfallbarkeit der Altersversorgung der ins Ausland wechselnden Versorgungsberechtigten mit den im Inland verbleibenden. Der deutsche Gesetzgeber hat zur Umsetzung § 1b BetrAVG eingeführt. Zudem ermöglicht das Gesetz eine weitere Entrichtung der Beiträge, wodurch eine Doppelbezahlung im Entsendeland und im Einsatzland vermieden wird. Erfasst sind in erster Linie jedoch entsandte Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis weiterhin den Rechtsvorschriften des entsendenden Mitgliedstaates unterliegt. Insbesondere für die Versetzung sind also unverändert vertragliche Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung im Stammhausbindungsvertrag74 anzuraten. Weitere Regelungen zur Verbesserung des Erwerbs und der Wahrung von Zusatzrentenansprüchen enthält die Mobilitäts-Richtlinie75, deren Umsetzung größtenteils am 1.1.2018 in Kraft getreten ist. Das Gesetz enthält nur eine spezielle Regelung für ins Ausland wechselnde Arbeitnehmer: Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG nF dürfen Kleinstanwartschaften nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers abgefunden werden, wenn dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein neues Arbeitsverhältnis im europäischen Ausland aufnimmt und dies innerhalb von drei Monaten seinem Arbeitgeber mitteilt. Die übrigen Änderungen, die die Mobilitätsrichtlinie verlangt, hat der Gesetzgeber überschießend für alle Arbeitnehmer unabhängig von deren Auslandseinsatz umgesetzt.76

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Ein Tarifvertrag, der Dienstjahre nicht berücksichtigt, die ein Arbeitnehmer beim selben Arbeitgeber in einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Betriebsstätte zurückgelegt hat, verstößt gegen Art. 45 AEUV.77 Dies gilt ebenso, wenn der Tarifvertrag die Versetzung eines Arbeitnehmers in eine in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Betriebstätte dieses Arbeitgebers einem freiwilligen Verlassen des Arbeitgebers gleichsetzt.78

5. Betriebsverfassungsrecht Für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes gilt grundsätzlich das Territorialitätsprinzip.79 Der Betriebsrat ist nur zuständig, wenn der Sitz des Betriebes im Inland liegt. Allerdings können einzelne Auslandsmitarbeiter im Einzelfall nach wie vor dem Inlandsbetrieb zuzuordnen sein.80 Wichtige Indizien dafür sind der Fortbestand von Weisungsrechten des inländischen Unternehmens, ein 71 Klauselvorschlag in M 11.2.2, § 15. 72 Diller/Beck, NZA 2015, 274. 73 Richtlinie 98/49/EG des Rates v. 29.6.1998 zur Wahrung ergänzender Ansprüche von Arbeitnehmern und Selbständigen, die innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu- und abwandern. 74 Klauselvorschlag in M 11.2.2, § 15. 75 Richtlinie 2014/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.4.2014 über Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten durch Verbesserung des Erwerbs und der Wahrung von Zusatzrentenansprüchen. 76 Insb.: Verkürzung der Unverfallbarkeitsfristen; Wahrung von Anwartschaften und Benachteiligungsverbot bei Arbeitgeberwechsel; neue Informationsansprüche des Arbeitnehmers; mehr Flexibilität bei Pensionsfonds als Durchführungsweg; vgl. Kap. 26. 77 EuGH v. 10.3.2011 – C-379/09, NZA 2011, 561. 78 EuGH v. 10.3.2011 – C-379/09, NZA 2011, 561. 79 BAG v. 20.2.2001 – 1 ABR 30/00, NZA 2001, 1033; v. 22.3.2000 – 7 ABR 34/98, NZA 2000, 1119; v. 7.12.1989 – 2 AZR 228/89, DB 1990, 992. 80 Vgl. BAG v. 20.2.2001 – 1 ABR 30/00, NZA 2001, 1033; v. 7.12.1989 – 2 AZR 228/89, DB 1990, 992.

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Kap. 11 Rz. 12 | Auslandseinsatz nur vorübergehender Auslandseinsatz, insb. ein Rückrufrecht des Stammhauses;81 dagegen spricht jedoch insbesondere eine Einstellung des Arbeitnehmers nur für die Auslandstätigkeit.82 Sofern der Betriebsrat für den einzelnen Mitarbeiter zuständig ist, hat der Auslandsmitarbeiter wohl ein aktives Wahlrecht.83 Ob auch ein passives Wahlrecht besteht, ist umstritten.84 Die Betriebsratsmitglieder sind nicht berechtigt, die Arbeitnehmer im Ausland aufzusuchen .85 Auch Betriebsversammlungen im Ausland können nicht verlangt werden.86 Allerdings umfasst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten auch die Auslandsmitarbeiter; so gilt ua. für Auslandszulagen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.87 Dasselbe gilt für personelle Angelegenheiten: Entsendung und Rückruf sind in der Regel Versetzungen iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG, § 99 BetrVG, so dass es dazu der Zustimmung des Betriebsrates bedarf; auch vor Kündigungen des Auslandsmitarbeiters ist der Betriebsrat nach § 102 BetrVG anzuhören.88

6. Tarifverträge 13 Tarifverträge gelten auch für die ausländischen Mitarbeiter, wenn diese unverändert dem inländi-

schen Betrieb zuzuordnen sind und dementsprechend deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet.89 Eine nur vorübergehende Entsendung in das Ausland reicht für einen Austritt aus der einmal begründeten Geltung eines Tarifvertrages nicht aus.90 Ob Tarifverträge auch Arbeitsverhältnisse erfassen können, auf die kein deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet, ist umstritten. Das BAG hat dies verneint.91

7. Sozialversicherungsrecht 14 Gem. § 3 Nr. 1 SGB IV gilt deutsches Sozialversicherungsrecht im Arbeitsverhältnis für alle Per-

sonen, die im Geltungsbereich des SGB IV beschäftigt sind (Territorialitätsprinzip).92 Gem. § 4 SGB IV bleibt der deutsche Sozialversicherungsschutz für die Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung sowie für die Arbeitslosenversicherung für den ins Ausland entsandten Arbeitnehmer jedoch bestehen, wenn der Auslandseinsatz im Voraus der Natur der Sache nach oder aufgrund des Vertrages zeitlich begrenzt ist93 („Ausstrahlung“); vgl. Rz. 17. Andernfalls richtet sich die Versiche81 BAG v. 20.2.2001 – 1 ABR 30/00, NZA 2001, 1033; v. 7.12.1989 – 2 AZR 228/89, DB 1990, 992; v. 21.10. 1980 – 6 AZR 640/79, DB 1981, 696; v. 20.2.2001, NZA 2001, 1033; Kramer/Winzer, FS v. HoyningenHuene, S. 595, 600. 82 BAG v. 21.10.1980 – 6 AZR 640/79, DB 1981, 696; LAG München v. 8.7.2009 – 11 TaBV 114/08. 83 Vgl. ErfK/Koch, § 7 BetrVG Rz. 5; Küttner/Kreitner, Nr. 80 Auslandstätigkeit Rz. 17. 84 Bejahend Richardi, BetrVG, Einleitung Rz. 80. 85 AA Däubler, ArbuR 1990, 1; Küttner/Kreitner, Nr. 80 Auslandstätigkeit Rz. 17; LAG München v. 7.7. 2010 – 5 TaBV 18/09. 86 BAG v. 27.5.1982, DB 1982, 2519. 87 BAG v. 30.1.1990 – 1 ABR 2/89, NZA 1990, 571. Darüber hinaus ist der Betriebsrat bei der Gestaltung von Richtlinien für internationale Einsätze (sog. Expat-Guidelines oder International Mobility Policies) zu beteiligen, Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 346; Mauer, AuA 2009, 334, 336. 88 BAG v. 7.12.1989 – 2 AZR 228/89, DB 1990, 992. 89 Däubler/Däubler, TVG, Einl. Rz. 625; Mauer/Lindemann, Personaleinsatz im Ausland, Rz. 538. 90 LAG Rh.-Pf. v. 23.11.2010 – 3 Sa 319/10; für entsandte Arbeitnehmer gelten neben den im Aufnahmestaat für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen durch die Neuerungen in Art. 3 Abs. 8 UAbs. 2 der Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 ab dem 30.7.2020 auch die Bestimmungen der Tarifverträge, die „allgemein wirksam“ oder von „repräsentativen Organisationen“ geschlossen wurden und im gesamten Aufnahmestaat Anwendung finden. 91 BAG v. 20.8.2003, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 245; v. 9.7.2003, RdA 2004, 175; Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 346, 347; aA. Däubler/Däubler, TVG, Einl. Rz. 613 ff.; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 9 Eingriffsnormen Rz. 34. 92 Vgl. zum angestellten Geschäftsführer LSG BW v. 17.2.2012 – L 4 R 617/10. 93 Vgl. zur Fortzahlung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung bei Auslandsschuldienst eines Angestellten BAG v. 15.11.2005, NZA 2006, 502.

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Auslandseinsatz | Rz. 15 Kap. 11

rungspflicht nach den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates. Gem. § 6 SGB IV haben jedoch multilaterale (Rz. 15) oder bilaterale (Rz. 16) Vereinbarungen (Sozialversicherungsabkommen) Vorrang. Durch die Novellierung der Entsenderichtlinie (Rz. 3) ändern sich die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgrundlagen nicht. a) Rechtsvorschriften der EU Für die EU-Länder (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Zypern) sowie inzwischen für Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz sind seit dem 1.5.2010 die Verordnungen (EG) Nr. 883/04 und (EG) Nr. 987/09 maßgebend, sofern es sich um die Entsendung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates in einen anderen Mitgliedstaat handelt. Für Drittstaatenangehörige finden über die Verordnung (EU) Nr. 1231/10 die Verordnungen (EG) Nr. 883/04 und Nr. 987/09 Anwendung. Die Verordnung 1231/10 gilt nicht für die EWR-Staaten, die Schweiz, Großbritannien und Dänemark. Drittstaatenangehörige sind in Fällen, die das Vereinigte Königreich betreffen, weiterhin durch die Verordnung Nr. 859/03 (in Verbindung mit der Verordnung Nr. 1408/71) geschützt. Die Auswirkungen des Brexit waren bei Drucklegung noch offen. Der Arbeitnehmer unterliegt grundsätzlich den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften desjenigen Staates, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, Art. 11 Abs. 3a VO (EG) Nr. 883/ 2004. Deutsches Recht findet bei einer Beschäftigung außerhalb Deutschlands nur Anwendung, wenn die Verordnung eine Ausnahme zu dem vorgenannten Beschäftigungslandprinzip enthält, insbesondere wenn der Arbeitnehmer entsandt iSv. Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ist. Eine Entsendung in diesem Sinne hat folgende Voraussetzungen: – Der Arbeitnehmer muss in einem Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen im Herkunftsstaat stehen und von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden. Der Arbeitnehmer muss sich also auf Anweisung seines Arbeitgebers vom In- ins Ausland begeben. Werden am Einsatzort Ortskräfte rekrutiert, liegt keine Entsendung vor. Nicht zwingend erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer vor und/oder nach dem Auslandseinsatz beim entsendenden Arbeitgeber im Inland arbeitet. Auch eine Einstellung nur zum Zweck der Entsendung kann die Voraussetzungen erfüllen, wenn der entsandte Arbeitnehmer vor der Entsendung aus anderen Gründen dem Sozialversicherungsrecht des Herkunftsstaates unterlag.94 Es kommt letztendlich nur darauf an, dass während des Auslandseinsatzes eine ernsthafte arbeitsrechtliche Bindung zwischen Arbeitgeber und entsandtem Arbeitnehmer fortbesteht,95 dafür ist bspw. die Ausübung des Weisungsrechts, die Gewährung von Urlaub oder die Entscheidung über die Kündigung relevant.96 Eine Entsendung liegt regelmäßig nicht mehr vor, wenn der Arbeitnehmer vom aufnehmenden Unternehmen weiter entsandt wird (sog. Kettenentsendung).97 – Der entsendende Arbeitgeber muss gewöhnlich im Herkunftsstaat tätig sein. Diese Voraussetzung dient dazu, die Rekrutierung von Arbeitnehmern durch sog. Briefkastenfirmen zu verhindern. Der Beschluss Nr. A 2 der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer nennt die Kriterien, nach denen sich die ernsthafte Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers im Herkunftsstaat feststellen lässt.98 94 Art. 14 Abs. 1 VO 987/2009; regelmäßig genügt dafür ein Zeitraum von einem Monat, vgl. Art. 1 des Beschlusses Nr. A 2 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit. 95 Art. 1 des Beschlusses Nr. A 2 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit. 96 Praktischer Leitfaden der EU-Kommission zum anwendbaren Recht; abrufbar unter dvka.de. 97 Zu den Einzelfällen der Kettenentsendung: Art. 4 des Beschluss Nr. A 2 der Verwaltungskommission für die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. 98 Zu berücksichtigen sind dabei der Ort, an dem das Unternehmen seinen Sitz und seine Verwaltung hat, die Zahl der im Mitgliedstaat seiner Betriebsstätte bzw. in den anderen Mitgliedstaaten in der Ver-

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Kap. 11 Rz. 15 | Auslandseinsatz – Die voraussichtliche Dauer der Entsendung überschreitet 24 Monate nicht. Die Entsendungshöchstdauer kann überschritten werden, wenn der Herkunfts- und der Tätigkeitsstaat eine Ausnahme vereinbaren, Art. 16 VO 883/2004.99 Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung.100 – Der Arbeitnehmer löst keinen anderen Arbeitnehmer ab.101 Seit dem 1.5.2010 liegt dem Wortlaut nach bei jeder Ablösung eines Arbeitskollegen schon keine Entsendung mehr vor, unabhängig davon, ob dessen Entsendungshöchstdauer abgelaufen ist. Eine Ausnahme dazu soll nach Ansicht der DVKA gelten, wenn der Arbeitskollege die Entsendung unplanmäßig, zB wegen Krankheit, frühzeitig abbrechen musste.102 Auch Leiharbeitnehmer sind regelmäßig entsandt iSd. VO, so dass sie während einer Überlassung ins Ausland weiter in ihrem Heimatstaat sozialversichert bleiben. Voraussetzung ist aber auch hier, dass der Arbeitgeber (= Verleiher) in dem jeweiligen Herkunftsstaat gewöhnlich tätig ist. Diese Voraussetzung ist wohl nur erfüllt, wenn der Verleiher auch im Herkunftsstaat Arbeitnehmer überlässt. Wenn die Arbeitnehmerüberlassung allerdings ohne Erlaubnis erfolgt und deswegen illegal ist, wird nach § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zum (ausländischen) Entleiher fingiert.103 Das inländische Beschäftigungsverhältnis zum heimischen Verleiher ist nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam, so dass keine Entsendung mehr vorliegt. Der Leiharbeitnehmer unterliegt dann uneingeschränkt der ausländischen Sozialversicherung, die Sozialversicherungsbeiträge müssen idR. rückwirkend entrichtet werden.104

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waltung Beschäftigten, der Ort, an dem die entsandten Arbeitnehmer eingestellt werden, der Ort, an dem der Großteil der Verträge mit den Kunden geschlossen wird, das Recht, dem die Verträge unterliegen, die das Unternehmen mit seinen Arbeitnehmer bzw. mit seinen Kunden schließt, der während eines hinreichend charakteristischen Zeitraums im jeweiligen Mitgliedstaat erzielte Umsatz sowie die Zahl der im entsendenden Staat geschlossenen Verträge. Diese Aufzählung ist nicht erschöpfend, da die Auswahl der Kriterien vom jeweiligen Einzelfall abhängt, und auch die Art der Tätigkeit, die das Unternehmen im Staat der Niederlassung ausübt, zu berücksichtigen ist. Beispiele zur Ermittlung der gewöhnlichen Tätigkeit des Arbeitsgebers im Herkunftsstaats finden sich im Praktischen Leitfaden der EU-Kommission zum anwendbaren Recht; abrufbar unter dvka.de. Dies gilt gem. Art. 11 Abs. 3 lit. c der Verordnung auch für erwerbstätige Personen mit Wohnsitz in der Union und Arbeitsverhältnis mit einem Mitgliedsstaat, wenn er auf einem unter der Flagge eines Drittstaats fahrenden und außerhalb des Gebiets der europäischen Union kreuzenden Schiff arbeitet, EuGH v. 8.5.2019 – C-631/17, juris. Die Mitgliedstaaten erteilen die Ausnahmegenehmigung nur, wenn sie im Interesse des Arbeitnehmers ist, mindestens ein ruhendes Arbeitsverhältnis im Herkunftsstaat besteht, bestimmte Nebenpflichten gegenüber dem heimischen Arbeitgeber während des Auslandseinsatzes fortbestehen und das heimische Arbeitsverhältnis nach der Rückkehr voll wieder auflebt. Auch wenn diese Voraussetzungen vorliegen, besteht kein Anspruch auf die Erteilung der Ausnahmegenehmigung. Die Verlängerung wird idR für maximal fünf Jahre erteilt. In seltenen Ausnahmefällen kann danach nochmal um drei Jahre, also auf insgesamt acht Jahre, verlängert werden. (Vgl. die Merkblätter zur Entsendung („Arbeiten in …“), S. 7 f., unter www.dvka.de). Das Ablöseverbot gilt auch bei einer Entsendung durch verschiedene Arbeitgeber zur Besetzung des selben Arbeitsplatzes, EuGH v. 6.9.2018 – C-527/16 – Alpenrind II, dazu Klopstock/Rittweger, NZA 2018, 1247; dazu Klumpp, DB 2018, 2504. Vgl. die Merkblätter zur Entsendung („Arbeiten in …“) unter www.dvka.de, großzügiger: Praktischer Leitfaden der EU-Kommission zum anwendbaren Recht, S. 13; abrufbar unter www.dvka.de. Auch Schüren/Wilde, NZS 2011, 121, 123; wonach die Ablösung einer anderen Person immer schon dann zulässig ist, wenn die nacheinander entsandten Arbeitnehmer zusammen nicht die Entsendungshöchstdauer überschreiten. Vgl. zur Gewährung von Kindergeld durch den nicht zuständigen Mitgliedstaat: Schlussantrag des GA v. 16.2.2012 – C 611/10, C 612/10. Die gilt unabhängig vom anwendbaren Arbeitsrecht, § 10 AÜG ist Eingriffsnorm iSd. Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO, s. dazu Rz. 4. Im umgekehrten Fall, der illegalen Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland nach Deutschland, sind rückwirkend Sozialabgaben zur deutschen Sozialversicherung zu entrichten (BSG v. 29.6.2016 – B 12 R 8/14 R, juris); krit. Hamann, jurisPR-ArbR 34/2014 Anm. 2; Ulber, ZESAR 2015, 442; Wilde, NZS 2016, 48, 50 f.; zust. Tuengerthal/Geißer, BB 2014, 2874.

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Auslandseinsatz | Rz. 15b Kap. 11

Dass eine Entsendung vorliegt und damit heimisches Sozialversicherungsrecht anwendbar ist, kann sich der Arbeitnehmer durch die zuständige Behörde105 in seinem Heimatstaat bescheinigen lassen, sog. A-1 Bescheinigung (ehemals E-101 Bescheinigung).106 Die A-1 Bescheinigung bindet alle Behörden anderer Mitgliedstaaten hinsichtlich des anwendbaren Sozialversicherungsrechts.107 Wenn der Heimatstaat eine A-1 Bescheinigung ausgestellt hat, darf, solange diese Bescheinigung nicht zurückgenommen wurde, kein anderer Mitgliedstaat sein Sozialversicherungsrecht anwenden. Dies gilt allerdings nicht in Fällen von Betrug oder Rechtsmissbrauch.108 Eine A-1 Bescheinigung schützt auch vor einer Strafbarkeit wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen.109 Seit dem 1.1.2019 ist die Nutzung des elektronischen Verfahrens für Arbeitgeber zur Anforderung einer A-1-Bescheinigung verpflichtend. Führt der entsandte Arbeitnehmer keine A-1-Bescheinigung mit, können die zuständigen Behörden im Ausland empfindliche Buß- oder Verwarnungsgelder bis in fünfstellige Höhe verhängen.110

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Sofern der Auslandsaufenthalt länger als 24 Monate dauert, kann der Verbleib in der deutschen Sozialversicherung über eine „Ausnahmevereinbarung“ gem. Art. 16 Abs. 1 (EG) Nr. 883/04 beantragt werden. Allerdings soll gem. Ziff. 3 lit c des Beschlusses Nr. A 2 v. 12.6.2009111 zwischen zwei Entsendungen in denselben Mitgliedstaat eine Pause von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangegangenen Entsendezeitraums einzuhalten sein.

15b

Wenn ein Arbeitnehmer dauerhaft in zwei oder mehr Mitgliedstaaten gewöhnlich tätig ist, unterfällt er dem Sozialversicherungsrecht seines Wohnsitzstaates, wenn er dort einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausübt (idR 25 % seines Verdienstes und 25 % der Arbeitszeit, Art. 14 Abs. 8 VO (EG) 987/2009).112 Das heimische Sozialversicherungsrecht kann auch bei Auslandseinsatz eines Selbständigen weitergelten, wenn dieser in einem Mitgliedstaat eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt und diese Tätigkeit bis zu 24 Monate in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, Art. 12 Abs. 2 VO (EG) 883/2004. Auch in den beiden vorgenannten Konstellationen wird das anwendbare Sozialversicherungsrecht durch eine A-1 Bescheinigung bindend festgestellt. In diesen Konstellationen ist dafür in Deutschland die DVKA zuständig. Wenn nach der VO (EG) 883/2004 deutsches Sozialversicherungsrecht während des Auslandseinsatzes anwendbar bleibt, hat der Arbeitnehmer auch im Ausland Ansprüche gegen die deutsche Sozialversicherung. Insbesondere ist sein Krankenversicherungsschutz nach den Art. 17 ff. der Verordnung gewährleistet.

105 In Deutschland sind die gesetzlichen Krankenkassen, bei Privatversicherten die Rentenversicherungen, zuständig. 106 Der Vordruck zur Beantragung einer A-1 Bescheinigung kann auf den Seiten der DVKA heruntergeladen werden. Die Bescheinigung ist nicht erst ab einer bestimmten Entsendungsdauer zu beantragen, sondern auch bei bloß kurzen Geschäftsreisen, Kuhn/Scupra, DB 2018, 2054 zu Praxisfragen der A-1 Bescheinigung. Insoweit besteht auch die Möglichkeit einer zeitlich befristeten „A-1-Dauerbescheinigung“. 107 Art. 5 VO (EG) Nr. 987/2009. EuGH v. 6.9.2018 – C-527/16, NZA 2018, 1253 (Alpenrind II); dazu Klopstock/Rittweger, NZA 2018, 1247. 108 EuGH v. 6.9.2018 – C-527/16; NZA 2018, 1253 (Alpenrind II); dazu Klopstock/Rittweger, NZA 2018, 1247. 109 BGH v. 24.10.2006 – 1 StR 44/06, NJW 2007, 233. 110 Kuhn/Scupra, DB 2018, 2054. 111 ABl. EU C 106/02. 112 Einzelheiten dazu im Praktischen Leitfaden der EU-Kommission zum anwendbaren Recht; S. 23; abrufbar unter www.dvka.de.

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Kap. 11 Rz. 16 | Auslandseinsatz b) (Bilaterale) Sozialversicherungsabkommen

16 Wird der Arbeitnehmer in einen Staat entsandt, mit dem ein (bilaterales) Sozialversicherungs-

abkommen besteht,113 gelten die Regelungen dieses Sozialversicherungsabkommens. Meist bestimmen diese bei einer vorübergehenden Entsendung von Arbeitnehmern in den jeweiligen Abkommensstaat weiterhin die Geltung deutscher Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit. Dabei sind in den einzelnen Abkommen zeitliche Grenzen vorgesehen, die auf Antrag verlängert werden können. Sofern Arbeitnehmer von der Verordnung (EG) 883/04 bzw. 1408/71 erfasst sind, finden Vorschriften bilateraler Abkommen jedoch nur Anwendung, soweit sie im Anhang der jeweiligen Verordnung aufgeführt sind. Bilaterale Abkommen sehen häufig der europäischen A-1 Bescheinigung vergleichbare Bescheinigungen vor. Anders als die A-1 Bescheinigung haben die Bescheinigungen aufgrund bilateraler Abkommen jedoch keine absolute Bindungswirkung für die Behörden anderer Staaten. Jedenfalls wenn die Bescheinigung evident falsch ist, sind andere Staaten nicht daran gebunden.114 c) Ausstrahlung gem. § 4 SGB IV

17 Wird der Arbeitnehmer in einen Staat entsandt, mit dem weder eine mehrseitige Vereinbarung be-

steht, noch ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen, bedarf es eines Rückgriffes auf das innerstaatliche Kollisionsrecht. Für die Versicherungs- und Beitragspflicht gilt nach deutschem Recht § 4 SGB IV, der für die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung direkt und auch für die Arbeitslosenversicherung Anwendung findet.115 Demnach bleiben die deutschen Rechtsvorschriften über die Sozialversicherung maßgebend (Grundsatz der „Ausstrahlung“),116 wenn folgende Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 SGB IV kumulativ vorliegen:

18 aa) Es muss sich um eine Entsendung im Rahmen eines im Inland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses handeln:

19 Entsendung bedeutet, dass sich ein Beschäftigter auf Weisung eines inländischen Arbeitgebers von

der Bundesrepublik Deutschland ins Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber auszuüben. Das ist auch dann der Fall, wenn der Beschäftigte eigens für den Auslandseinsatz eingestellt wurde, sofern er einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. In jedem Fall muss nach dem Auslandseinsatz eine Wieder- oder Weiterbeschäftigung beim entsendenden Arbeitgeber gewährleistet sein.117 Es bedarf insoweit, wenn nicht vertraglicher, so doch konkreter Absprachen, wie sich eine weitere Tätigkeit gestalten sollte, und dies bereits zu Beginn der Entsendung.118 Dabei genügt es nicht, wenn im Arbeitsvertrag für den Fall der Beendigung des Auslandseinsatzes die Rückkehr ins Inland oder alternativ der Einsatz an einem neuen Einsatzort vorgesehen ist.119 Keine Entsendung iSv. § 4 Abs. 1 SGB IV liegt vor, wenn der Arbeitnehmer schon im Ausland lebt und von dort eine Beschäftigung für einen inländischen Arbeitgeber beginnt. Auch fehlt es an einer Entsendung, wenn der Arbeitnehmer im anderen Staat eingestellt und von dort in einen Drittstaat entsandt wird. 113 Überblick zu den zurzeit geltenden Sozialversicherungsabkommen bei der Deutschen Rentenversicherung, abrufbar unter: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/2_Rente_Reha/ 01_rente/01_grundwissen/05_rente_und_ausland/01a_grundlagen/01_02_grundlagen_sozialversabkom men.html#doc222336bodyText1. 114 BGH v. 24.10.2007 – 1 StR 160/07, NJW 2008, 595; LSG NRW v. 3.7.2013 – L 17 U 235/08. 115 Zu Besonderheiten bei der Berechnung des Beitrages für die Rentenversicherung Figge, DB 2002, 2532, 2547. 116 Zum Anspruch auf Kindergeld bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft LAG Niedersachsen v. 21.9. 2011 – L 2 EG 3/11. 117 LSG Hessen v. 20.9.2011 – L 3 U 170/07. 118 LSG Hessen v. 20.9.2011 – L 3 U 170/07. 119 LSG Hessen v. 5.12.2011 – L 3 U 174/10.

526 | Lingemann

Auslandseinsatz | Rz. 26 Kap. 11

Das inländische Beschäftigungsverhältnis besteht fort, wenn der Entsandte organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt oder wird. Die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen (zB Entscheidungen über die Begründung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, Entsendung und Rückkehr, Art und Ort der Tätigkeit) müssen dem inländischen Arbeitgeber zustehen. Als Indiz für das Vorliegen des inländischen Beschäftigungsverhältnisses kann dabei ua. die Einbeziehung in das inländische Lohn- und Gehaltsabrechnungsverfahren und die Bezahlung vom inländischen Unternehmen120 dienen. Wird der Arbeitnehmer bei einer ausländischen Tochter beschäftigt, fehlt es am Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses, wenn er in die Binnenstruktur des Tochterunternehmens eingegliedert ist. Ein erneuter Einsatz in einem Konzernunternehmen löst die Ausstrahlung nach § 4 SGB IV aus, wenn seit dem letzten Einsatz mehr als zwei Monate vergangen sind.121

20

bb) Der Auslandseinsatz muss nach der Natur der Sache oder durch Arbeitsvertrag im Voraus zeitlich begrenzt sein:122

21

Die vertragliche Begrenzung kann sich aus der vertraglichen Beschränkung auf ein naturgemäß begrenztes Vorhaben (zB Bau eines Flughafens) oder aus der fest vereinbarten Beschäftigungsdauer ergeben. Es genügt aber auch, wenn sich ohne jede Vereinbarung aus den Gesamtumständen ergibt, dass die ausländische Beschäftigung zeitlich begrenzt ist. Entscheidend ist, dass die Gesamtdauer der Entsendung bei Beginn feststeht. Eine Höchstdauer für ausländische Beschäftigung gilt nicht. Allerdings wird empfohlen, die Entsendung auf max. zwei bis drei Jahre zu beschränken. Die bloße Vereinbarung eines Rückrufrechtes stellt keine zeitliche Befristung dar.

22

Auch wenn nach § 4 SGB IV infolge der Ausstrahlung deutsches Sozialversicherungsrecht anwendbar bleibt, schließt dies eine Versicherungspflicht nach den jeweiligen Vorschriften des Einsatzlandes nicht aus. Es besteht also die Gefahr einer Doppelversicherung.

23

d) Versorgungslücke im Krankenversicherungsrecht Auch wenn deutsches Sozialversicherungsrecht nach § 4 SGB IV für den entsandten Mitarbeiter anwendbar ist, besteht eine Versorgungslücke im Krankenversicherungsrecht.

24

Grundsätzlich ruht, soweit nicht über- oder zwischenstaatliche Vereinbarungen bestehen, nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Leistungsanspruch des Krankenversicherten, der sich im Ausland aufhält, gleichgültig, ob der Aufenthalt nur kurzfristig oder von längerer Dauer ist. Ruhen bedeutet dabei, dass die Leistungsansprüche zwar dem Grunde nach zur Entstehung kommen, jedoch von der Krankenkasse nicht zu erfüllen sind. Die Beitragspflicht hingegen besteht fort. Als Folge hat der Versicherte die Kosten allein zu tragen.

25

Jedoch hat der Versicherte nach § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB V einen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber.123 Nach § 17 Abs. 2 SGB V ist die Krankenkasse verpflichtet, diesem die Kosten bis zu der Höhe zu ersetzen, in der sie im Inland entstanden wären. Hier entsteht jedoch eine Versorgungslücke, da die Kosten im Ausland deutlich über den im Inland zu ersetzenden Kosten liegen können. Der Arbeitgeber sollte diese durch eine private Zusatzversicherung decken.124

26

120 BSG v. 7.11.1996, BSGE 79, 214; LSG Hessen v. 1.10.2010 – L 7 AL 73/07 ZVW; Marburger, rv 2015, 110, 111. 121 Ricken, NZA 2012, 198. 122 Die zeitliche Grenze des § 4 SGB IV kann einen sachlichen Grund für eine Befristung des Auslandsarbeitsverhältnisses iSd. § 14 TzBfG darstellen; BAG v. 14.7.2005 – 8 AZR 392/02, NZA 2005, 1411. 123 § 17 SGB V findet keine Anwendung auf privat Versicherte. Der Arbeitgeber muss jedoch aufgrund der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ein vergleichbares Sicherungsniveau gewährleisten (Nowak/Bollin, NZS 2010, 668). 124 Neuhoff, BB 2018, 2740, 2741.

Lingemann | 527

Kap. 11 Rz. 27 | Auslandseinsatz e) Freiwillige Versicherung/Versicherung auf Antrag

27 Unterfällt ein Arbeitnehmer weder nach § 4 SGB IV (Ausstrahlung, Entsendung) noch nach den über- bzw. zwischenstaatlichen Vereinbarungen der deutschen Sozialversicherung, bleibt ihm dennoch der Weg in den deutschen Versicherungsschutz offen.125

28 In der deutschen Rentenversicherung kann eine Pflichtversicherung auf Antrag nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI beantragt werden, sofern die Beschäftigung im Ausland zeitlich begrenzt ist und der entsandte Arbeitnehmer Deutscher ist oder Bürger eines EU-/EWR-Staates oder der Schweiz; ist der Auslandseinsatz nicht zeitlich begrenzt, so bleibt die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung nach § 7 Abs. 1 SGB VI.126

29 In der Arbeitslosenversicherung besteht gem. § 28a SGB III die Möglichkeit, durch Antragstellung

des Berechtigten ein Versicherungspflichtverhältnis zu begründen (Pflichtversicherung auf Antrag). Zum berechtigten Personenkreis zählen nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III auch im Ausland Beschäftigte, soweit sie außerhalb der EU/dem EWR und der Schweiz beschäftigt sind. Ansonsten gilt das vorrangige EU-Recht.

30 In der Krankenversicherung ist eine freiwillige Versicherung oder Anwartschaftsversicherung zur

Sicherung der späteren Wiederaufnahme möglich, vgl. § 9 SGB V.127 Zu beachten ist wiederum die Form der Leistungsgewährung nach § 17 SGB V.

31 Auch die soziale Pflegeversicherung ermöglicht nach § 26 Abs. 2 SGB XI eine Fortführung als freiwillige Versicherung. Den Beitrag trägt der Versicherte gem. § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI allein.128

32 Soweit Unfallversicherungsträger eine besondere Auslandsunfallversicherung eingerichtet haben,

können über Gruppenversicherungen des Unternehmens höhere Versicherungssummen erzielt werden. Eine freiwillige Versicherung für im Ausland Tätige sieht das Gesetz jedoch nicht vor, vgl. § 6 SGB VII, so dass hier nur eine private Unfallversicherung verbleibt.

33 § 1 Satz 3 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III, die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft

von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung ausnehmen, sind nach Ansicht des BSG129 auf Mitglieder der Leitungsorgane ausländischer Aktiengesellschaften nur anwendbar, wenn eine gesetzliche Äquivalenzregelung sie einer deutschen Aktiengesellschaft gleichstelle.130 Im Hinblick auf in Deutschland beschäftigte Mitglieder eines USBoard of Directors einer US-Kapitalgesellschaft fehle eine Äquivalenzregelung, sodass die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung nicht nach § 1 Satz 3 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III ausgenommen sei.

8. Steuerrecht a) Einkommensteuerpflicht

34 Steuerrechtlich gelten folgende Grundsätze:131 125 Vgl. Raspels/Elert/Buschermöhle, S. 250 ff.; Schwab/Engelmann/Tischler-Kolbe, NWB 26/2010, 2063. 126 Die Zahlung freiwilliger Beiträge hat gegenüber der Pflichtversicherung auf Antrag den Vorteil größerer Flexibilität bei der Höhe der Beiträge sowie der Beendigung der Beitragszahlung. Die Beiträge werden jedoch gem. § 171 SGB VI von dem Versicherten allein getragen, Neuhoff, BB 2018, 2740, 2741. 127 Zur Beitragsberechnung nach § 240 Abs. 4a SGB V s. Figge, DB 2002, 2532, 2547. 128 Neuhoff, BB 2018, 2740, 2743. 129 BSG v. 12.1.2011 – B 12 KR 17/09 R, DB 2011, 1759. 130 Dazu kritisch Sagan/Hübner, AG 2011, 852. 131 Wir danken unserem Partner in der Kanzlei Gleiss Lutz, Dr. Johann Wagner, Rechtsanwalt und Steuerberater, für die Bearbeitung des steuerrechtlichen Teils.

528 | Lingemann

Auslandseinsatz | Rz. 35 Kap. 11

Hat der im Ausland eingesetzte Arbeitnehmer einen Wohnsitz (vgl. § 8 AO) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. § 9 AO) im Inland, unterliegt er nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Bundesrepublik Deutschland der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht, wird also grundsätzlich mit seinem Welteinkommen besteuert (Welteinkommensprinzip). Sofern ein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Staat, in dem der Arbeitnehmer tätig wird, besteht,132 ist jedoch das Besteuerungsrecht für die Vergütungen aus unselbständiger Arbeit nach Maßgabe von Art. 15 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens idR nicht dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers, sondern dem Tätigkeitsstaat zugeordnet (Arbeitsortprinzip).133 In einem solchen Fall vermeidet Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers eine Doppelbesteuerung regelmäßig durch Freistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend Art. 23 A des OECDMusterabkommens. Nach § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ist die Freistellung in Deutschland allerdings davon abhängig, dass der Steuerpflichtige den Nachweis erbringt, dass die in dem Tätigkeitsstaat festgesetzten Steuern entrichtet wurden oder dass der Tätigkeitsstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat.134 Eine durch diese Regelung bewirkte einseitige Überschreibung eines Doppelbesteuerungsabkommens (sog. Treaty Override) stellt keinen Verstoß gegen das Grundgesetz dar.135 Daneben kommt eine Freistellung auch dann nicht in Betracht, wenn die Einkünfte infolge eines Qualifikationskonfliktes zwischen den Vertragsstaaten (zB aufgrund einer unterschiedlichen Auslegung der Abkommensbestimmungen) im Ausland nicht oder zu niedrig besteuert werden (vgl. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder mangels Einbeziehung in die beschränkte Steuerpflicht im Ausland unversteuert bleiben (vgl. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG).136

34a

Abweichend von Art. 15 Abs. 1 OECD-Musterabkommen steht das Besteuerungsrecht für Vergütungen aus der im Ausland ausgeübten unselbständigen Arbeit gemäß Art. 15 Abs. 2 OECD-Musterabkommen ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zu, wenn

35

– sich der Arbeitnehmer im anderen Vertragsstaat (Tätigkeitsstaat) insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten (der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet) aufhält137 und

132 Zum Stand der von Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen und der Abkommensverhandlungen zum 1.1.2020 vgl. BMF-Schreiben v. 15.1.2020, BStBl. I 2020, 162. 133 Dazu insbesondere BMF-Schreiben v. 3.5.2018, BStBl. I 2018, 643 Tz. 16; Becker/Bohn, DB 2013, 1195; Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 346; Schaflitzl/Hulde, IStR 2014, 317. 134 Hierzu BMF-Schreiben v. 3.5.2018, BStBl. I 2018, 643. Nach Tz. 2.3.4.2 dieses Schreibens ist eine Freistellung aus Vereinfachungsgründen auch ohne das Erbringen von Nachweisen zu gewähren, wenn der nach deutschem Recht ermittelte Arbeitslohn in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum nicht mehr als 10.000 Euro beträgt (Bagatellgrenze). – Neuere von Deutschland geschlossene Doppelbesteuerungsabkommen gewähren die Freistellung regelmäßig ohnehin nur dann, wenn die entsprechenden Einkünfte tatsächlich im ausländischen Staat besteuert werden (zB DBA-Niederlande v. 12.4.2012, dort Art. 22 Abs. 1 lit. a). Vgl. hierzu Lüdicke, IStR 2013, 721; Schmitt/Meyen, DB 2014, 1450. 135 BVerfG v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, DStR 2016, 359. 136 Vgl. BMF-Schreiben v. 3.5.2018, BStBl. I 2018, 643, Tz. 2.4 ff. Der BFH hält § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG für verfassungswidrig, soweit hierdurch ein Treaty Override bewirkt wird, und hat die Regelung dem BVerfG vorgelegt (Az. 2 BvL 21/14); vgl. BFH v. 20.8.2014 – I R 86/13, BStBl. II 2015, 18. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, DStR 2016, 359, zu § 50 Abs. 8 EStG ist anzunehmen, dass das BVerfG auch § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG für verfassungskonform erachten wird. 137 Den Arbeitgeber trifft bei Abschluss eines Arbeitsvertrages, der einen Einsatz des Arbeitnehmers im Ausland vorsieht, grds. keine Hinweispflicht, dass ab einer bestimmten Aufenthaltsdauer in einem ausländischen Staat dort eine Verpflichtung zur Abführung von Einkommens-/Lohnsteuer entstehen kann, LAG Rh.-Pf. v. 17.11.2011 – 10 Sa 350/11. Eine solche folgt auch nicht aus § 2 Abs. 2 NachwG, vgl. BAG v. 22.1.2009, DStR 2009, 987.

Lingemann | 529

Kap. 11 Rz. 35 | Auslandseinsatz – die Vergütungen von einem Arbeitgeber138 oder für einen Arbeitgeber bezahlt werden, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist, und – die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat. Nur wenn diese drei Voraussetzungen zusammen vorliegen, wird das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zugewiesen.

36 Für den Aufenthalt iSd. genannten 183-Tage-Frist kommt es allein auf die Tage der physischen Anwesenheit an, wobei auch Tage, an denen der Arbeitnehmer im Tätigkeitsstaat nur kurze Zeit oder stundeweise anwesend ist, als voller Aufenthaltstag berücksichtigt werden.139

37 Demgegenüber zählen bei der Berechnung der Dauer des Aufenthalts im Tätigkeitsstaat volle Tage

außerhalb dieses Staates einschließlich der Tage des Transits in einem Durchreisestaat nicht mit, wohl aber der Ankunfts- und Abreisetag und alle übrigen Tage der Anwesenheit im Tätigkeitsstaat unmittelbar vor, während und nach der Tätigkeit (einschließlich Feiertagen, Ferientagen sowie Krankheitstagen, es sei denn, die Krankheit steht der Abreise des Arbeitnehmers entgegen).140

38 Gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen die durch ein Doppelbesteuerungsabkommen von der

deutschen Einkommensteuer freigestellten ausländischen Einkünfte dem Progressionsvorbehalt.141 Die ausländischen Einkünfte erhöhen also den anwendbaren Steuersatz für das zu versteuernde Einkommen, welches sich ohne die ausländischen Einkünfte ergibt.

39 Besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen bzw. kein Doppelbesteuerungsabkommen, in das Ein-

künfte aus nichtselbständiger Arbeit einbezogen sind, so können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach dem auf § 34c Abs. 5 EStG beruhenden Auslandstätigkeitserlass142 von der Einkommensteuer freigestellt sein. Voraussetzung für die Anwendung des Auslandstätigkeitserlasses ist, dass ein Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers143 Arbeitslohn aufgrund eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses für eine begünstigte Auslandstätigkeit iSd. Erlasses144 erhält. Zudem muss diese Auslandstätigkeit ununterbrochen für mindestens drei Monate ausgeübt werden, wobei Unterbrechungen aufgrund Urlaubs oder Krankheit unschädlich sind. Da die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf ein Tätigwerden für einen inländischen Arbeitgeber nach Auffassung des EuGH einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 AEUV darstellt,145 gewährt die Finanzverwaltung die Steuerfreistellung nach dem Auslandstätigkeitserlass mittlerweile auch dann, wenn der Arbeitnehmer für einen Arbeitgeber mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder einem EWR-Staat tätig wird und die übrigen Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses erfüllt sind.146 138 Zur Bestimmung des Arbeitgebers im DBA-Sinne bei Mitarbeiterentsendungen vgl. BFH v. 23.2.2005 – I R 46/03, BB 2005, 1482 sowie BMF-Schreiben v. 3.5.2018, BStBl. I 2018, 643 Tz. 4.3.1 ff.; vgl. auch Portner, IStR 2014, 435 zu den Besonderheiten beim Einsatz von Leiharbeitnehmern. 139 Vgl. BFH v. 10.7.1996 – I R 4/96, BStBl. II 1997, 15; v. 12.10.2011 – I R 15/11, BStBl. II 2012, 548. 140 Vgl. zur 183-Tage-Frist im Einzelnen v. 3.5.2018, BStBl. I 2018, 643, Tz. 4.1 ff., ausführlich mit zahlreichen Beispielen. 141 Im Ausland gezahlte Sozialversicherungsbeiträge wirken sich im Rahmen des Progressionsvorbehalts hingegen nicht aus. Es kommt insofern nur auf die ausländischen Einkünfte an, § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG. Diese Nichtberücksichtigung begegnet weder verfassungs- noch europarechtlichen Bedenken, FG Saarland v. 17.7.2008, EFG 2008, 1708. 142 BMF v. 31.10.1983, BStBl. I 1983, 470. 143 S. dazu H 38.3 LStH 2016 „Inländischer Arbeitgeber“. 144 ZB eine Tätigkeit im Ausland für einen inländischen Lieferanten, Hersteller oder Auftragnehmer im Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder Wartung von Fabriken, Bauwerken, ortsgebundenen großen Maschinen oder ähnlichen Anlagen. 145 EuGH v. 28.2.2013 – C 544/11, BStBl. II 2013, 847. 146 Vgl. OFD NRW, Vfg. v. 5.12.2013, DB 2013, 2892. Zum Konflikt einer solchen Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Auslandstätigkeitserlasses mit dem Verfassungsrecht vgl. Gosch, IStR 2013, 325.

530 | Lingemann

Auslandseinsatz | Rz. 43 Kap. 11

Nach dem Auslandstätigkeitserlass von der deutschen Einkommensteuer freigestellte Einkünfte unterliegen ebenfalls dem Progressionsvorbehalt.147 Besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen und sind die Voraussetzungen für den Auslandstätigkeitserlass nicht gegeben, so kann eine Doppelbesteuerung nach Maßgabe von § 34c EStG im Wege der Anrechnung vermieden bzw. vermindert werden.

40

b) Abführung von Lohnsteuer Von der Frage der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Arbeitnehmers und der Zuweisung des Besteuerungsrechts nach einem Doppelbesteuerungsabkommen zu trennen ist die Frage, ob der Arbeitgeber in Bezug auf den Arbeitslohn zum Einbehalt von Lohnsteuer verpflichtet ist. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegt grundsätzlich jeder von einem inländischen Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn der Lohnsteuer. Der Begriff des inländischen Arbeitgebers umfasst jeden Arbeitgeber, der im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter iSd. §§ 8 bis 13 AO hat (vgl. § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Im Fall der Arbeitnehmerentsendung nach Deutschland ist gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, inländischer Arbeitgeber, ohne dass es darauf ankäme, dass dieses Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.148 Im Fall der Arbeitnehmerentsendung ins Ausland kommt es darauf an, ob der Arbeitslohn weiterhin von einem inländischen Arbeitgeber gezahlt wird.

41

Auch wenn das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn nach Maßgabe eines Doppelbesteuerungsabkommens dem Tätigkeitsstaat zugeordnet ist und daher insoweit keine Einkommensteuerpflicht des Arbeitnehmers in Deutschland besteht, sollte der Arbeitgeber aus Haftungsgründen (vgl. § 42d EStG) auf den Lohnsteuerabzug erst dann verzichten, wenn ihm eine Freistellungsbescheinigung des Betriebsstättenfinanzamtes nach § 39b Abs. 6 EStG aF vorliegt.149 Diese Bescheinigung wird auf Antrag des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers erteilt, wenn der von einem inländischen Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Lohnsteuer bzw. Einkommensteuer freigestellt ist. Die in § 39 Abs. 4 Nr. 5 EStG im Rahmen des Verfahrens zur Bildung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) vorgesehene elektronische Mitteilung an den Arbeitgeber, dass vom Arbeitslohn aufgrund einer Steuerfreistellung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen keine Lohnsteuer einzubehalten ist, wird erst im Rahmen einer zukünftigen weiteren programmtechnischen Ausbaustufe des ELStAM-Verfahrens zur Verfügung stehen (vgl. § 52 Abs. 36 EStG).150 Bis dahin soll das Betriebsstättenfinanzamt weiterhin eine Bescheinigung nach § 39b Abs. 6 EStG aF im Papierverfahren ausstellen.151 Der Arbeitgeber hat diese Freistellungsbescheinigung als Beleg zum Lohnkonto des Arbeitnehmers aufzubewahren.

42

Liegen die Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses vor, darf der Arbeitgeber ebenfalls erst vom Lohnsteuerabzug absehen, nachdem auf Antrag des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers vom Betriebsstättenfinanzamt eine Freistellungsbescheinigung erteilt wurde, die vom Arbeitgeber als Beleg zum Lohnkonto des Arbeitnehmers zu nehmen ist.152 Sofern der Auslandstätigkeitserlass aufgrund europarechtskonformer Auslegung auf die Auslandstätigkeit für einen ausländischen, nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichteten Arbeitgeber Anwendung findet, muss der Arbeitnehmer die Steuerfreistellung ggf. selbst im Rahmen des Einkommensteuerveranlagungsverfahrens geltend machen.

43

147 148 149 150 151 152

Vgl. BMF v. 31.10.1983, BStBl. I 1983, 470, Abschn. IV. Vgl. hierzu auch R 38.3 Abs. 5 LStR 2015. Näher R 39b.10 LStR 2015. Vgl. BT-Drucks. 17/6263, S. 51; Herrmann/Heuer/Raupach/Becht, EStG/KStG, § 39b EStG Rz. 66. Vgl. BT-Drucks. 17/6263, S. 51, 53. Vgl. BMF v. 31.10.1983, BStBl. I 1983, 470, Abschn. VI.

Lingemann | 531

Kap. 11 Rz. 44 | Auslandseinsatz c) Betriebsausgabenabzug

44 Für den Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung bei verbundenen Unternehmen kommt es grundsätzlich darauf an, ob die Entsendung im Interesse des entsendenden oder des aufnehmenden Unternehmens erfolgt.153

9. Arbeitnehmerüberlassung 45 Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist nicht nur auf Arbeitnehmerüberlassungen im In-

land anwendbar, sondern grds. auch auf die Arbeitnehmerüberlassung in das Ausland, denn jedenfalls der inländische Verleiher ist auch Adressat des Gesetzes (Territorialprinzip).154 Allerdings finden die Regelungen des AÜG weitgehend keine Anwendung auf Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird (Konzernprivileg).155 Dies dürfte für die Entsendung zu einem verbundenen Unternehmen ins Ausland meist greifen. Kaum lösbar dürfte allerdings die Entsendung an nur wirtschaftlich verbundene, aber nicht unter das Konzernprivileg fallende Auslandsgesellschaften sein.156 Hier wäre eine Versetzung der Entsendung vorzuziehen. 153 154 155 156

Näher BMF-Schreiben v. 9.11.2001, BStBl. I 2001, 796; Schaflitzl/Hulde, IStR 2014, 317. Behrendt/Weyhing, BB 2017, 2485; Ulrici, AÜG, 2017, Einl. Rz. 32. Näher Kap. 10 Rz. 11. Behrendt/Weyhing, BB 2017, 2485.

II. Muster M 11.1 Entsendung Absender: Stammhaus An Herrn/Frau […]1 Sehr geehrte(r) […], in Ergänzung zu Ihrem Anstellungsvertrag vom […] vereinbaren wir für die Dauer Ihrer Tätigkeit bei […] (Auslandsunternehmen) Folgendes.

§ 1 Aufgabengebiet (1) Sie werden zu dem Unternehmen […] (Auslandsunternehmen) in […] (Einsatzland) als […] entsandt. Sie werden dort folgende Aufgabe übernehmen […] (2) Sie sind Herrn/Frau […] unterstellt. Sie berichten gleichzeitig Herrn/Frau […] in Deutschland bei auftretenden Schwierigkeiten und Problemen. (3) Wir behalten uns vor, Ihnen, unter Wahrung Ihrer Interessen, auch eine andere gleichwertige und zumutbare, Ihrer Vorbildung und Ihren Fähigkeiten entsprechende Aufgabe zu übertragen. Der Vorbehalt gilt auch für künftige übertragene Aufgaben.2 (4) Sie bleiben für die Dauer des Auslandseinsatzes Angestellte(r) unserer Gesellschaft.3 1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen zB. in Kapitel 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Eine Änderungsklausel stellt nur dann keine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, wenn die Zuweisung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand hat. Vgl. im Ein-

532 | Lingemann

Auslandseinsatz | M 11.1 Kap. 11

§ 2 Dauer der Entsendung Die Tätigkeit beginnt am […] Sie ist für ein Jahr vorgesehen. Sie kann im gegenseitigen Einvernehmen um […] verlängert werden. Sie endet spätestens sechs Monate nach Abschluss der Aufgabe gemäß § 1 Abs. 1.4

§ 3 Vergütung5 (1) Sie erhalten Ihre Vergütung unverändert. An Gehaltssteigerungen im Inland nehmen Sie wie bisher teil. (2) Zusätzlich erhalten Sie für die Dauer der Tätigkeit gemäß § 1 eine Auslandszulage in Höhe von 50 % des Inlandsgehalts. Diese Auslandszulage gilt alle vorhersehbaren zusätzlichen Erschwernisse, die mit dem Auslandsaufenthalt verbunden sind, ab. oder (2) Sie erhalten für die Dauer des Auslandsaufenthalts folgende zusätzlichen Leistungen: Schulgebühren pro schulpflichtigem Kind

[…]

Sprachkurse (für Sie und ihre Familie)

[…]

Bekleidungszuschuss

[…]

Einrichtungsbeihilfe

[…]

(3) Wir werden Verhandlungen über eine Anpassung des Gehaltes für den Fall führen, dass der Wechselkurs sich um mehr als […] % gegenüber dem Wechselkurs zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ändert. zelnen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ und in diesem Zusammenhang auch „Versetzungsklausel“, Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129 sowie M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. 3 Es liegt im Wesen des Entsendevertrages, dass gleichzeitig das Anstellungsverhältnis mit dem Stammhaus bestehen bleibt. Im Entsendevertrag sollte dies ausdrücklich festgelegt werden zur Klarstellung, dass der Entsendevertrag nicht an die Stelle des Anstellungsvertrages mit dem Stammhaus tritt, sondern diesen nur ergänzt. 4 Eine Befristung auf nicht mehr als zwei Jahre ist bei einer Entsendung innerhalb der Europäischen Union im Hinblick auf die Entsendungshöchstdauer des Art. 12 Abs. 1 der VO (EG) 883/2004 geboten (vgl. Rz. 15); auch bei einer Entsendung in Staaten außerhalb der Europäischen Union ist die Befristung der Entsendung nach § 4 SGB IV zur Erhaltung des deutschen Sozialversicherungsschutzes idR geboten (vgl. Rz. 21); ab dem 30.7.2020 führt die Neufassung der Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 allerdings schon bei einer Entsendung für mehr als 12 bzw. 18 Monate zur Anwendung aller Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die im Aufnahmestaat durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder allgemein gültige Tarifverträge vorgeschrieben sind (vgl. Rz. 3). 5 Regelmäßig wird die Inlandsvergütung beibehalten. Hinzu kommen Auslandszulagen und zusätzliche Sachleistungen (Wohnung pp.). Nicht abschließend geklärt ist, ob Reisekosten, besondere Kosten am Arbeitsort, Kosten für die doppelte Haushaltsführung etc. vom Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht ohnehin weitestgehend übernommen werden müssen, auch wenn dies nicht vertraglich geregelt ist. Vorherrschend ist diese Auffassung wohl nicht. Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für die Hinund Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten (BAG v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17, NZA 2019, 159). Eventuelle Zahlungsansprüche können auch in ausländischer Währung vor einem deutschen Gericht geltend gemacht werden (BAG v. 26.7.1995, DB 1996, 533); treffen die Parteien keine Vergütungsregelung, so schuldet der Arbeitgeber nach § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung. Maßgeblich ist dann die übliche Vergütung eines von einem inländischen Arbeitgeber vorübergehend ins Ausland entsandten Arbeitnehmers und nicht die übliche Vergütung eines im Ausland beim dort ansässigen Arbeitgeber angestellten Arbeitnehmers (BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 171/10, NZA 2011, 1173). Nach der Änderung der Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 spricht Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c nicht mehr von „Mindestlohnsätzen“, sondern von „Entgelt“. Diese Neuerung erweitert den Regelungsbereich der Bestimmung und führt ab dem 30.7.2020 dazu, dass alle Entgeltbestandteile, die durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder allgemein gültige Tarifverträge im Aufnahmestaat zwingend verbindlich sind (vgl. Art. 3 Abs. 1 UAbs. 3 RL 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957), ab einer Entsendung für mehr als 12 bzw. 18 Monate auf den entsandten Arbeitnehmer anzuwenden sind.

Lingemann | 533

Kap. 11 M 11.1 | Auslandseinsatz (4) Die Dauer der Tätigkeit wird auf die Betriebszugehörigkeit und alle daraus resultierenden Ansprüche angerechnet. (5) Das Auslandsgehalt nimmt für die Dauer des Auslandseinsatzes an etwaigen allgemeinen Gehaltsänderungen teil. Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung richten sich nach dem Inlandsgehalt. (6) Die Erstattung von Reisekosten und Spesen richtet sich nach den Richtlinien des ausländischen Unternehmens, soweit dieser Vertrag keine abweichenden Regelungen enthält.6 (7) Zahlungen7 leisten wir auf Ihr bisheriges Gehaltskonto, sofern Sie nicht mindestens sechs Wochen vor der nächsten fälligen Zahlung ein anderes Konto im Einsatzland mitteilen. Die Zahlung erfolgt in Euro. Die Kosten des Transfers tragen Sie/wir.

§ 4 Arbeitsbedingungen8 (1) Für den Auslandseinsatz gelten die Arbeitsbedingungen, insbesondere die Arbeitszeit- und Feiertagsregelungen des Einsatzlandes. Ostersonntag und Pfingstsonntag sowie 1. und 2. Weihnachtstag gelten in jedem Fall als Feiertag. (2) Für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gelten die Bestimmungen des Inlandsarbeitsvertrages. (3) Sie nehmen an dem von uns angebotenen Sprachkurs und Cultural Training teil.9 (4) Die Urlaubsdauer richtet sich nach dem Inlandsarbeitsvertrag. Überschreitet die Entsendung ein Jahr, erhalten Sie zwei Wochen zusätzlichen Urlaub. (5) Die Abwesenheit von dem Auslandsunternehmen soll sechs Wochen nicht überschreiten. (6) Urlaubsansprüche aus vorangegangenen Jahren, die während des Auslandseinsatzes erworben werden, verfallen erst mit Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes und sind unmittelbar nach Ende des Auslandsaufenthaltes zu gewähren und zu nehmen.

§ 5 Reisekosten10 (1) Wir übernehmen die Reisekosten der Hin- und Rückreise und Familienheimreisen per Flugzeug in der […] Klasse inkl. Übergepäck bis zu 100 kg, der Kosten für den Transport des Hausrates, der dafür erforderlichen Reiseversicherungen, Zoll und der für die Umzugsperiode anfallenden Hotelkosten auf Nachweis bis zu Euro […] Das Stammhaus nimmt die Buchungen unmittelbar vor. Sofern Sie auf eigenen Wunsch vor 6 Solche finden sich insb. in § 5. 7 Da das Arbeitsverhältnis zum Stammhaus fortbesteht, wird von dort idR auch die Vergütung gezahlt. Die Zahlung erfolgt regelmäßig auf ein deutsches Konto, auf das der Mitarbeiter aus dem Ausland Zugriff nimmt. Die Übernahme der entstehenden Kosten ist Verhandlungssache. Sie sind meist in der Auslandszulage enthalten. 8 Regelungen sind nur erforderlich, soweit sie von dem Anstellungsvertrag abweichen. Dies kann für Arbeitszeit- und Feiertagsregelungen sowie Urlaubsregelungen der Fall sein. Insbesondere bietet es sich an, Urlaubsansprüche über den 31.3. des Folgejahres hinaus zu erhalten (§ 4 Abs. 5 des Musters) und eine Regelung zu treffen, nach der nur Feiertage des Einsatzlandes anerkannt werden (§ 4 Abs. 1 des Musters). Die Neufassung der Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 führt ab dem 30.7.2020 zur Anwendung aller Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die im Aufnahmestaat durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder allgemein gültige Tarifverträge vorgeschrieben sind, wenn die Entsendungsdauer 12 bzw. 18 Monate übersteigt (vgl. Rz. 3). 9 Das wäre mit den Zusatzleistungen gem. § 3 Abs. 2 Var. 2 abzustimmen, das Cultural Training und der Sprachkurs wären an einer dieser beiden Stellen zu streichen. 10 Reisekosten werden regelmäßig vom Arbeitgeber übernommen. Soweit zusätzliche Kosten wegen übergewichtigen Gepäcks nicht übernommen werden sollen, muss dies geregelt werden. Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für die Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten (BAG v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17, NZA 2019, 159). Zu beachten ist die Erweiterung im Rahmen der Neuregelung der Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 (dazu Rz. 3) in Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 lit. i, die ab dem 30.7.2020 im Rahmen der Umsetzung auch die Erstattung von Reise- und Unterbringungskosten den Bestimmungen in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und den allgemein gültigen Tarifverträgen des Aufnahmestaates unterstellt.

534 | Lingemann

Auslandseinsatz | M 11.1 Kap. 11 Beendigung des vertraglich vereinbarten Auslandeinsatzes aus unseren Diensten ausscheiden, besteht kein Anspruch auf Übernahme der Rückreisekosten, es sei denn, wir haben den Kündigungsgrund zu vertreten.11 Im Falle einer außerordentlichen Kündigung aufgrund eines von Ihnen zu vertretenden wichtigen Grundes besteht kein Anspruch auf Zahlung der Rückreisekosten/ tragen Sie die Rückreisekosten bis zur Höhe einer Monatsvergütung selbst.12 (2) Die Hin- und Rückreisetage gelten als Arbeitstage.13 (3) Bei einem Notfall (zB lebensbedrohliche Erkrankung, Erkrankung von mehr als drei Wochen oder schwere Erkrankung oder Todesfall in der unmittelbaren Familie [Eltern, Geschwister, Ehefrau, eingetragener Lebenspartner,14 Kinder]) übernehmen wir die Kosten eines Rücktransports, ggf. Krankentransports nach Deutschland. (4) Wir übernehmen die Reisekosten der Hin- und Rückreise für eine Besuchsreise Ihrer Familie einmal jährlich.

§ 6 Wohnung15 und Dienstfahrzeug16 (1) Wir stellen Ihnen am Einsatzort eine möblierte Zweizimmerwohnung in gehobener Ausführung zur Verfügung. oder (1) Wir übernehmen die Kosten für eine möblierte Zweizimmerwohnung in gehobener Ausführung bis zur Höhe von Euro […] pro Monat. (2) Wir stellen Ihnen am Einsatzort ein Dienstfahrzeug, Typ […] oder vergleichbar, auch zur privaten Nutzung zur Verfügung.17 Die Firma behält sich vor, bei Vorliegen eines sachlichen Grundes die Rückgabe des Fahrzeugs zu verlangen. Sachlicher Grund ist insbesondere: 11 Hier wird man zur Vermeidung der AGB-Widrigkeit solche Gründe auszunehmen haben, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, wie in der Rechtsprechung zu Rückzahlungsklauseln bei Ausbildungsverträgen bereits ständige Rechtsprechung, dazu AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Rückzahlung von Ausbildungskosten“, Kap. 2 Rz. 122 ff.; vgl. auch Straube, DB 2012, 2808, 2809. 12 Zum Teil wird eine Begrenzung der Beteiligung des Arbeitnehmers an den Rückreisekosten in Anlehnung an BAG v. 24.2.1975, DB 1975, 1083 auf eine Monatsvergütung vorgeschlagen, vgl. Straube, DB 2012, 2808, 2809 mwN. Kumulativ könnte auch vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer bestimmte im Einzelnen zu definierende und anzugebende Kosten bei Beendigungen, die nicht in seiner Sphäre begründet sind, selbst trägt. Hier wird man sich an den Regelungen zur Rückzahlung von Fortbildungskosten orientieren müssen (dazu M 8.6). Hier wie dort wird die Rückzahlung nur pro rata im Verhältnis der noch nicht verstrichenen zu der geplanten Zeit des Aufenthalts vereinbart werden können, wobei die Praxis von einem maximalen Bindungszeitraum von drei Jahren ausgeht. Auch wenn der Auslandsaufenthalt für einen längeren Zeitraum geplant war, können demnach maximal 1/36 pro noch nicht verstrichenem Monat zurückverlangt werden. 13 Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für die Hinund Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten (BAG v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17, NZA 2019, 159). 14 Die Ungleichbehandlung von Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern bei Zahlung eines Auslandszuschlags ist verfassungswidrig (BAG v. 18.3.2010, NZA-RR 2010, 664). Gleiches könnte auch für die hier vorgesehenen Leistungen gelten. 15 Als Gestaltung kommt in Betracht entweder die Übernahme von Hotelkosten, die Gestellung einer Wohnung oder die Zahlung eines Mietzuschlags am Einsatzort oder die Zahlung eines Zuschusses für den Fortbestand der Wohnung am Stammsitz. Vgl. auch M 11.2.1 § 4. Im Zuge der Neuregelung der Entsenderichtlinie 96/71/EG – neu RL (EU) 2018/957 (Rz. 3) ist Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 um lit. h erweitert worden, der seit dem 30.7.2020 im Rahmen der Umsetzung die Bedingungen für vom Arbeitgeber gestellte Unterkünfte den Bestimmungen in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und den allgemein gültigen Tarifverträgen des Aufnahmestaates unterstellt. 16 Für die Überlassung eines Dienstfahrzeugs gelten die allgemeinen Regeln, vgl. M 12.21. 17 Bei einem zulässigen Einsatz des Arbeitnehmers im Ausland besteht kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung wegen Vorenthaltung der privaten Nutzung des Dienstwagens im Inland, wenn dem Arbeitnehmer der überlassene und ins Ausland mitgeführte Dienstwagen dort auch zur Privatnutzung zur

Lingemann | 535

Kap. 11 M 11.1 | Auslandseinsatz – eine Erkrankung von Ihnen, soweit diese über den gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraum hinausgeht; – der Ausspruch der Kündigung; – die Freistellung von der Arbeitsleistung. Die Rückgabepflicht gilt nur, sofern der geldwerte Vorteil des Dienstwagens weniger als 25 % Ihrer Gesamtvergütung ausmacht.18 Bei Beendigung des Anstellungsvertrages oder bei Ende des Auslandsaufenthalts geben Sie das Fahrzeug unverzüglich zurück. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht. (3) Etwaige auf vorgenannte Sachleistungen entfallende Einkommensteuer tragen Sie.

§ 7 Familienheimreisen Je Monat haben Sie Anspruch auf eine Familienheimreise von drei Arbeitstagen, wobei Reisetage nicht mitgezählt werden.

§ 8 Versicherungen19 (1) Wir sehen Ihren Auslandseinsatz als Entsendung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne an und zahlen während des Auslandseinsatzes die Beiträge zur deutschen Sozialversicherung weiter. Wir werden gemeinsam mit Ihnen für den Auslandseinsatz die Entsendebescheinigung A-1/die Entsendebescheinigung nach dem Sozialversicherungsabkommen der Bundesrepublik Deutschland mit […] beantragen. (2) Wir schließen für Sie eine private Auslandszusatzkrankenversicherung für die Zeit des Auslandsaufenthaltes zur Deckung der Differenz zwischen den tatsächlich entstehenden Kosten und der Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkasse ab. (3) Wir übernehmen die Kosten für eine Reisegepäckversicherung bis zu einer Deckungssumme von Euro […] (4) Wir schließen für Sie eine Unfallversicherung ab für berufliche und außerberufliche Unfälle weltweit mit einer Versicherungssumme von Euro 200.000,– für den Todesfall und Euro 400.000,– für den Fall der Invalidität. Der Versicherungsschutz beginnt mit der Ausreise und endet mit der Beendigung der Entsendung.

§ 9 Steuern20 (1) Sie werden die steuerrechtlichen Vorschriften des Einsatzlandes beachten und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen erfüllen. Verfügung steht und die abgeschlossene Vereinbarung den Arbeitgeber nicht zur Überlassung eines weiteren Fahrzeugs im Inland zum Zwecke einer reinen Privatnutzung verpflichtet (LAG Rh.-Pf. v. 31.1.2012 – 3 Sa 552/11). 18 Heranzuziehen sind möglicherweise die Grundsätze über den Widerrufsvorbehalt. Dann müssen die sachlichen Gründe in der Klausel genannt werden, die zu einem Widerruf berechtigen, und der Widerruf ist nur wirksam, wenn der geldwerte Vorteil des Dienstwagens weniger als 25 % des Gesamtverdienstes beträgt. Sofern der Wert der Nutzung des Dienstwagens im Verhältnis zum Gesamtverdienst nur unbedeutend ist, kann eine Rückforderungsklausel möglicherweise auch ohne Angabe sachlicher Gründe wirksam sein (so offenbar LAG Hessen v. 20.7.2004 – 13 Sa 1992/03, MDR 2005, 459; der Wert der Nutzung des Pkw lag dort im Verhältnis zur restlichen Vergütung nur bei 2,62 %). Vgl. im Einzelnen Kap. 2, AGBKlauselkontrolle von A–Z, „Dienstwagenrückforderung“ und „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 100k, Kap. 2 Rz. 138 ff. sowie Kap. 12 Rz. 42 ff. 19 Anhand der sozialversicherungsrechtlichen Situation (s. im Einzelnen Rz. 14 ff.) ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Zusatzversicherungen erforderlich sind. Dabei ist immer darauf zu achten, dass Unterschiede zwischen der Versicherungspflicht und dem tatsächlichen Versicherungsschutz bestehen können. Als weitere Versicherungen kommen in Betracht: private Lebensversicherung, Reisegepäckversicherung, private Haftpflichtversicherung für den Auslandsaufenthalt, Kraftfahrzeugversicherungen, die Mitnahme des eigenen Fahrzeugs, Hausratsversicherung für Hausrat im Ausland, Versicherung für Umzugsgut. 20 Vgl. Rz. 34 ff.

536 | Lingemann

Auslandseinsatz | M 11.1 Kap. 11 (2) Aufgrund des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Einsatzland bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens21 ist die Vergütung von der deutschen Besteuerung freigestellt. Sobald uns eine entsprechende Freistellungsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes vorliegt, werden wir daher vom Lohnsteuereinbehalt absehen. Eventuell im Ausland zu entrichtende Steuern gehen zu Ihren Lasten.

§ 10 Einreisebestimmungen (1) Sie werden unverzüglich die zur Einreise und Arbeitsaufnahme erforderlichen behördlichen Genehmigungen im Einsatzland beantragen.22 (2) Sie werden ferner auf unsere Kosten unverzüglich eine Bescheinigung des Hausarztes über die körperliche Eignung für den Auslandseinsatz beibringen und gegebenenfalls erforderliche Schutzimpfungen durchführen lassen. (3) Bei Fehlen einer behördlichen Genehmigung oder des ärztlichen Nachweises behalten wir uns Ihren Rückruf23 und die Zuweisung einer Tätigkeit im Inland vor.

§ 11 Beendigung des Auslandseinsatzes (1) Bei vorzeitiger Beendigung des Auslandseinsatzes aus Gründen, die Sie nicht zu vertreten haben, werden Sie unmittelbar in das Unternehmen im Inland wieder eingegliedert. (2) Keine Vertragspartei ist während des Auslandseinsatzes zur ordentlichen Kündigung24 berechtigt.25 (3) Wir behalten uns vor, Sie in folgenden Fällen nach billigem Ermessen mit einer Ankündigungsfrist von drei26 Monaten zurückzurufen:27 […] – Bei vorzeitiger Beendigung des Auslandsprojektes […] – Bei einem dringenden betrieblichen Erfordernis, Sie im Stammhaus einzusetzen. – Bei Gefahr für Sie durch politische Unruhen, Naturkatastrophen oder Anschläge an Ihrem Arbeitsort für die Dauer der Krisensituation.28 – Sofern Sie schwerwiegend gegen Ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen.29

21 Zum Stand der von Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen und der Abkommensverhandlungen zum 1.1.2020 vgl. BMF-Schreiben v. 15.1.2020, BStBl. I 2020, 162. 22 Die Nichteinhaltung der Einreisebestimmungen ist in der Praxis ein häufiges Problem. Regelmäßig müssen diese vor Einreise in das Einsatzland erfüllt sein. 23 Alternativ käme eine auflösende Bedingung des Entsendevertrages in Betracht, die dann aber an exponierter Stelle aufgenommen werden sollte. 24 Einzelheiten zur kündigungsrechtlichen Stellung des Auslandsmitarbeiters: Günther/Pfister, ArbRAktuell 2014, 532. 25 Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung kann ratsam sein, wenn der Mitarbeiter in einem konkreten Projekt tätig ist und dessen Durchführung nicht gefährdet werden soll. 26 Zum Teil werden auch zwei Monate als ausreichend angesehen, nicht aber ein fristloser Widerruf, Straube, DB 2012, 2808, 2810. 27 Sofern dies nicht ausdrücklich im Anstellungsvertrag geregelt ist, ist die Entsendung ins Ausland nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst. Daher bedarf auch der Rückruf einer vertraglichen Regelung. Um im Hinblick auf § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam zu sein, müssen sich sowohl Rückrufklausel als auch die Ausübung des Rückrufrechts innerhalb der Grenzen des Angemessenen und Zumutbaren halten. Dies erfordert möglicherweise die Vereinbarung einer Frist zur Ausübung sowie eine Abwägung der betrieblichen Belange mit den persönlichen Belangen des Arbeitnehmers. Möglicherweise müssen auch die Voraussetzungen für einen Rückruf in der Klausel genannt werden (Reiter, NZA-Beil. 2014, 22, 26 – in dem Rückruf liege gleichzeitig ein Widerruf der Auslandszulage). Die für Widerrufsvorbehalte geltende Obergrenze von 25 % der Gesamtvergütung (AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff.) greift hier uE. aber nicht, weil die Zulage als Ausgleich für Erschwernisse gezahlt wird, die mit dem Rückruf in das Heimatland entfallen (ebenso Straube, DB 2012, 2808, 2810). 28 Vgl. Lindemann, ArbRAktuell 2011, 133; Raspels/Elert/Preiss/Moissa, S. 40 ff.; Straube, DB 2012, 2808, 2810. 29 Vgl. Straube, DB 2012, 2808, 2810.

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Kap. 11 M 11.1 | Auslandseinsatz – Sofern Sie grob gegen die Verhaltensanforderungen des Einsatzlandes verstoßen. – ([…]) (4) Bei vorzeitigem Abbruch des Auslandseinsatzes aus Gründen, die Sie zu vertreten haben, zahlen Sie uns einen pauschalierten Schadensersatz in Höhe eines Bruttomonatsgehalts.30 Es bleibt Ihnen jedoch der Nachweis gestattet, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder wesentlich geringer ist als die Pauschale.31 (5) Nach Beendigung des Auslandseinsatzes erhalten Sie eine Stellung, die hinsichtlich Verantwortungsbereich, Einkommen und Anforderungen Ihren im In- und Ausland gesammelten Erfahrungen und Leistungen entspricht (Re-entry-Garantie). oder (5) Nach Beendigung des Auslandseinsatzes erhalten Sie eine Stellung, die hinsichtlich Verantwortungsbereich, Einkommen und Anforderungen der Stellung entspricht, die Sie vor dem Auslandseinsatz hatten. Eine höherwertige Tätigkeit im Ausland begründet keinen Anspruch auf eine vergleichbare Tätigkeit nach Rückkehr ins Inland.32

§ 12 Ausschlussfristen33 (1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden. evtl. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird. (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen. (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG). 30 Ob der Mitarbeiter wirksam verpflichtet werden kann, pauschalierten Schadensersatz zu zahlen, wenn er seinen Auslandseinsatz aus Gründen abbricht, die er selbst zu vertreten hat, ist nicht geklärt. Dafür spricht jedoch, dass das Unternehmen mit der Entsendung erhebliche Kosten und Einarbeitungszeiten im Ausland auf sich genommen hat, die dadurch wertlos werden, ohne dass der Arbeitgeber dies zu vertreten hat. Berücksichtigt man weiter die regelmäßig erhöhte Vergütung im Ausland, so erscheint eine solche Vertragsstrafeklausel angemessen. Nach einer Entscheidung des LAG Hessen sollen die Ansprüche des Arbeitgebers jedoch auf einen Monatsverdienst beschränkt sein (LAG Hessen v. 22.6.1981 – 11 Sa 548/80, DB 1982, 656). 31 Aufgrund der Geltung der AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge gem. § 310 Abs. 4 BGB sollte dieser Vorbehalt aufgenommen werden (§ 309 Nr. 5b BGB). 32 Die Re-entry-Garantie enthält einen gewissen Prüfstein des Mitarbeiters für das Unternehmen. Ohne eine solche Garantie kann der Mitarbeiter sich meist nicht auf einen Auslandsaufenthalt einlassen. Er müsste dann befürchten, dorthin „abgeschoben“ zu werden. Die Rechtswirkungen einer solchen Garantie sind ungeklärt. Man wird sie mindestens dahin auslegen müssen, dass eine betriebsbedingte Kündigung jedenfalls nicht deshalb ausgesprochen werden kann, weil infolge der Rückkehr des Mitarbeiters ins Inland ein Personalüberhang besteht und dem Mitarbeiter auch nach der Sozialauswahl infolgedessen eigentlich gekündigt werden könnte. Ein Kündigungsrecht aus anderen Gründen bleibt unberührt. In der hier geregelten verbindlichen Form entstehen auch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers, wenn er keine vergleichbare Stelle erhält. Als Alternative käme eine weniger verbindliche „Verhandlungsklausel“ in Betracht. Diese dürfte allerdings die Motivation für den Auslandseinsatz schwächen. 33 Zu Einzelheiten und Alternativvorschlägen, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Kap. 2 Rz. 92 ff. und M 2.1a Ziff. 10 m. Anm.

538 | Lingemann

Auslandseinsatz | M 11.2.1 Kap. 11

§ 13 Vertragslaufzeit Der Vertrag tritt mit dem Tag Ihrer Ausreise in Kraft. Er endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit dem Ende Ihrer Rückreise in die Bundesrepublik Deutschland.

§ 14 Fortgeltung des Arbeitsvertrages Ergänzend gelten die Vereinbarungen des Arbeitsvertrages vom […].

§ 15 Rechtswahl – Gerichtsstandsvereinbarung Für diesen Vertrag gilt deutsches Recht.34 Gerichtsstand ist […].35

§ 16 Nebenabreden, Schriftformklausel, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.36

§ 17 Salvatorische Klausel37 Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.38 Wir bitten Sie, uns zum Zeichen Ihres Einverständnisses anliegende im Original unterschriebene Zweitschrift dieser Vereinbarung gegengezeichnet bis zum […] zurück zu schicken. 34 Von einer Rechtswahl ist idR. abzuraten, vgl. Rz. 3. 35 Vgl. Art. 20 bis 22 EuGVVO: Die Gerichtsstandsvereinbarung schließt andere Gerichtsstände im Geltungsbereich des EuGVVO nicht aus, Näheres unter Rz. 7. 36 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 37 Zur salvatorischen Klausel s. M 3.1 § 26 m. Anm. 38 S. M 3.1 § 26 m. Anm.

M 11.2.1 Versetzung Auslandsvertrag – Anstellungsvertrag mit dem ausländischen

Tochterunternehmen

Absender: Stammhaus An Herrn/Frau […]1 Sehr geehrte(r) […], in Vertretung der Gesellschaft […] (ausländische Tochter) (im Folgenden: „Auslandsgesellschaft“) vereinbaren wir für die Dauer Ihrer Tätigkeit als Angestellter der Auslandsgesellschaft2 Folgendes: 1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen zB. in Kapitel 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Der Vertrag mit dem ausländischen Unternehmen ist ein Standardvertrag nach dortigem Recht (vgl. Rz. 1).

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Kap. 11 M 11.2.1 | Auslandseinsatz § 1 Aufgabengebiet (1) Sie beginnen Ihre Tätigkeit am […]. Sie sind zuständig für […]. (2) Sie sind unmittelbar dem Geschäftsführer unterstellt. Die Auslandsgesellschaft behält sich vor, Ihnen, unter Wahrung Ihrer Interessen, auch eine andere gleichwertige und zumutbare, Ihrer Vorbildung und Ihren Fähigkeiten entsprechende Aufgabe zu übertragen. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Aufgaben.3 (3) Sie stellen Ihre volle Arbeitskraft der Auslandsgesellschaft zur Verfügung. Sie werden die Ziele des Unternehmens unter Wahrung der Interessen des Konzerns eigenverantwortlich verfolgen.

§ 2 Vertragsdauer4 Der Vertrag wird fest für die Zeit vom […] bis zum […] geschlossen. Er verlängert sich um jeweils […] Jahr(e), sofern der Verlängerung nicht von einer der Vertragsparteien mit einer Frist von […] Monaten zum Ende der Laufzeit widersprochen wird. Er endet spätestens nach […] Jahren.

§ 3 Vergütung5 (1) Sie erhalten eine Vergütung in Höhe von Euro […] brutto jährlich, zahlbar in zwölf gleichen monatlichen Teilbeträgen jeweils zum Monatsende. (2) Ferner erhalten Sie einen erfolgsabhängigen Bonus wie folgt […]. (3) Die Vergütung wird jeweils zum Jahresbeginn überprüft. (4) Die Vergütung wird in Euro/US-Dollar/[…] gezahlt.

§ 4 Wohnung6 (1) Die Auslandsgesellschaft stellt Ihnen und Ihrer Familie für Ihre Einsatzzeit eine angemessene Wohnung mietfrei zur Verfügung. Sie übernimmt auch die Mietnebenkosten sowie die Kosten für Versicherung, Kaution und Instandhaltung. Die Angemessenheit der Wohnung stimmen Sie mit der Geschäftsführung der Auslandsgesellschaft ab. oder (1) Sie erhalten einen Mietzuschuss in der einen Mietpreis von umgerechnet Euro […] übersteigenden Höhe, bis zur Höhe eines Zuschusses von Euro […]. Die Auslandsgesellschaft trägt ferner die Kosten für Makler, Kaution, Instandhaltungs- oder Schönheitsreparaturen für eine Wohnung. oder (1) Die Auslandsgesellschaft zahlt einen Zuschuss in Höhe von […] % der Kosten der Miete, soweit die Miete den Betrag von […] % des Bruttoeinkommens in Euro übersteigt. 3 Vgl. zur Zulässigkeit von Versetzungsklauseln AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Änderungsklausel“ bzw. „Versetzungsklausel“, Kap. 2 Rz. 82a f., Kap. 2 Rz. 129 und M 2.1a Ziff. 1 m. Anm. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 10 BGB dürfte nicht vorliegen, da die Auslandsgesellschaft im Muster ja Vertragspartner ist und durch die Inlandsgesellschaft nur vertreten wird. 4 Die Regelung sollte der entsprechenden Regelung im Vertrag mit dem Stammhaus entsprechen (vgl. M 11.2.2 § 2). 5 Hier wird häufig die Vergütung gesplittet zwischen einem in Deutschland auszuzahlenden Bestandteil und dem von der ausländischen Gesellschaft zu leistenden. Durch die Inlandszahlung kann insbesondere der Wechselkursausgleich und Kaufkraftausgleich gegenüber dem Einsatzland weitgehend vermieden werden. Auch werden die die ortsübliche Vergütung im Einsatzland oft deutlich übersteigenden Gehaltsanteile bei Auszahlung im Inland für Ortskräfte der ausländischen Tochtergesellschaft nicht transparent. 6 Die Frage, ob die Wohnung vom Unternehmen gestellt oder nur deren Kosten getragen werden, entscheidet sich regelmäßig nach steuerlichen Gesichtspunkten; die Gestellung einer Wohnung kann weitaus günstiger sein, wenn diese nicht oder nur zum Teil als geldwerter Vorteil zu versteuern ist.

540 | Lingemann

Auslandseinsatz | M 11.2.1 Kap. 11 (2) Die Auslandsgesellschaft übernimmt Maklerkosten für die erstmalige Anmietung einer Wohnung am Auslandssitz sowie Kosten doppelter Mietzahlung auf Nachweis bis zu Euro […]. Sie beauftragt den Makler unmittelbar.

§ 5 Schulgeld Die Auslandsgesellschaft zahlt für Ihre schulpflichtigen Kinder ein Schulgeld bis zur Höhe von Euro […] pro Monat sowie Transportkosten für den Schulbesuch bis zu Euro […] pro Monat. Wir behalten uns vor, das Schulgeld unmittelbar an die Schule zu zahlen.

§ 6 Urlaub Sie haben Anspruch auf […] Arbeitstage Urlaub pro Jahr. Während des Urlaubsjahres nicht genommener Urlaub wird automatisch auf das Folgejahr übertragen.7

§ 7 Entgeltfortzahlung8 (1) Sie haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für […] Wochen/Monate. Soweit aufgrund des die Krankheit begründenden Ereignisses Ansprüche auf Erstattung von Entgeltausfall gegenüber Dritten bestehen, treten Sie diese hiermit an die Auslandsgesellschaft ab. (2) Im Falle Ihres Todes erhalten Ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen für die dem Sterbemonat folgenden drei Monate die Fixbezüge gemäß § 3 Abs. 1 weiter.9

§ 8 Nebentätigkeit10 (1) Die Aufnahme einer anderweitigen entgeltlichen Tätigkeit ist Ihnen nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung der Auslandsgesellschaft gestattet. Haben Sie der Auslandsgesellschaft schriftlich die beabsichtigte Tätigkeit unter Angabe von Art, Ort und Dauer angezeigt und stehen sachliche Gründe der Aufnahme der Tätigkeit nicht entgegen, hat die Auslandsgesellschaft unverzüglich zuzustimmen. Sie kann ihre Zustimmung auch befristet oder unter einem Widerrufsvorbehalt erteilen. (2) Das Zustimmungserfordernis gemäß Abs. 1 besteht nicht für die Aufnahme karitativer, konfessioneller oder politischer Tätigkeiten, sofern sie Ihre Tätigkeit nach Maßgabe dieses Vertrags nicht beeinträchtigen.

§ 9 Erfindungen11 Für Arbeitnehmererfindungen gilt das deutsche Arbeitnehmererfindungsgesetz.

7 Die vertraglich vereinbarte Urlaubsdauer wird länderspezifisch geregelt. Sie richtet sich nach den lokalen Gepflogenheiten. Hinzu kommt idR ein – im gesonderten Vertrag mit dem Stammhaus (M 11.2.2) zu vereinbarender – Heimaturlaub. In Verbindung mit dem Heimaturlaub sollte das Gesamtvolumen nicht geringer sein als der im Stammhaus übliche Urlaub. Zu alternativen und umfangreicheren Formulierungen zum Urlaubsanspruch nach deutschem Recht s. M 2.1a Ziffer 7 m. Anm. 8 Die Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sollte den Regelungen für vergleichbare Positionen im Stammhaus entsprechen. 9 Im Falle eines Auslandseinsatzes kann die vertragliche Vereinbarung der Gehaltsfortzahlung über den Tod hinaus (Sterbegeld) sachgerecht sein, da die Familie voraussichtlich die hohen Kosten bis zum Rückumzug in das Heimatland zu tragen hat. Im Vertrag ist zu berücksichtigen, ob lediglich das Grundgehalt oder auch die erfolgsabhängige Tantieme/Bonus fortbezahlt werden soll. 10 Vgl. im Einzelnen AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Nebentätigkeitsverbot“, Kap. 2 Rz. 115 ff. sowie M 2.1a Ziff. 9. 11 Sofern der Auslandsvertrag – wie meist – nicht deutschem Recht unterliegt (§ 11 enthält allerdings eine entsprechende Rechtswahlklausel), müsste die Geltung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes gesondert vereinbart werden. Die Aufnahme empfiehlt sich jedoch nur bei Angestellten im technisch-wissenschaftlichen Bereich.

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Kap. 11 M 11.2.1 | Auslandseinsatz § 10 Dienstfahrzeug12 Die Auslandsgesellschaft stellt Ihnen ein Dienstfahrzeug, Typ […] oder vergleichbar, auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Auf den geldwerten Vorteil entfallende Steuern tragen Sie. Die Auslandsgesellschaft behält sich vor, bei Vorliegen eines sachlichen Grundes die Rückgabe des Fahrzeugs zu verlangen. Sachlicher Grund ist insbesondere: – eine Erkrankung von Ihnen, soweit diese über den gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraum hinausgeht; – der Ausspruch der Kündigung; – die Freistellung von der Arbeitsleistung. Die Rückgabepflicht gilt nur, sofern der geldwerte Vorteil des Dienstwagens weniger als 25 % Ihrer Gesamtvergütung ausmacht.13 Bei Beendigung des Anstellungsvertrages ist das Fahrzeug unverzüglich an die Auslandsgesellschaft zurückzugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht.

§ 11 Ausschlussfristen14 (1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden. evtl. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird. (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit diesem Vertrag in Verbindung stehen. (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG). oder (3) Ausgenommen von den vorstehenden Ausschlussfristen sind Ansprüche, die auf vorsätzlichem sowie grob fahrlässigem Verhalten beruhen sowie unabdingbare gesetzliche Ansprüche.

§ 12 Rechtswahl, Gerichtsstand15 (1) Der Vertrag unterliegt deutschem Recht, sofern nicht zwingende Vorschriften des Landes, in dem die Auslandsgesellschaft ihren Sitz hat, vorgehen. 12 Auch diese Regelung muss letztlich mit dem ausländischen Recht abgestimmt werden. Das Muster erfasst übliche Problemfälle. 13 Heranzuziehen sind möglicherweise die Grundsätze über den Widerrufsvorbehalt, so dass insbesondere die sachlichen Gründe in der Klausel genannt werden müssen, die zu einem Widerruf berechtigen, und der geldwerte Vorteil des Dienstwagens weniger als 25 % des Gesamtverdienstes betragen darf. Vgl. im Einzelnen AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Dienstwagenrückforderung“ und „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 100, Kap. 2 Rz. 138 ff. sowie M 12.21 § 7. 14 Zu Einzelheiten und Alternativvorschlägen AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Kap. 2 Rz. 92 ff. und M 2.1a Ziff. 10 m. Anm. 15 Zwar kann dieser Vertrag deutschem Recht unterstellt werden. Das Muster sieht dies vor. Allerdings muss damit gerechnet werden, dass zwingende Arbeitnehmerschutzvorschriften des Einsatzlandes gleichfalls gelten. Der Arbeitnehmer kann dann jeweils die günstigste Regelung wählen.

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Auslandseinsatz | M 11.2.2 Kap. 11 (2) Soweit Sie im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben, wird der Sitz der Auslandsgesellschaft in […] als Gerichtsstand vereinbart.

§ 13 Nebenabreden, Schriftformklausel, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.16

§ 14 Salvatorische Klausel17 Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.18 Wir bitten Sie, uns zum Zeichen Ihres Einverständnisses anliegende im Original unterschriebene Zweitschrift dieser Vereinbarung gegengezeichnet bis zum […] zurück zu schicken. 16 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 17 Zur salvatorischen Klausel s. M 3.1 § 26 m. Anm. 18 S. M 3.1 § 26 m. Anm.

M 11.2.2 Versetzung – Stammhausbindungsvertrag Absender: Stammhaus An Herrn/Frau […]1 Sehr geehrte(r) […], in Ergänzung zu Ihrem Anstellungsvertrag vom […] vereinbaren wir für die Dauer Ihrer Tätigkeit bei […] (Auslandsgesellschaft) Folgendes. Sie werden ab […] einen Auslandsauftrag bei der Gesellschaft […] (Auslandsgesellschaft) in […] (Einsatzland) übernehmen. Die Auslandsgesellschaft wird mit Ihnen einen gesonderten Anstellungsvertrag schließen. Während der Laufzeit des Vertrages mit der Auslandsgesellschaft ruht ihr Anstellungsvertrag vom […] mit dem Stammhaus.2 Diese Ruhenszeit wird auf die Betriebszugehörigkeit mit dem Stammhaus angerechnet.3 Ergänzend vereinbaren wir Folgendes:

1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen zB. in Kapitel 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Durch den Stammhausbindungsvertrag können die Problembereiche der Sozialversicherung, ferner Umzugs- und Reisekosten sowie das fortbestehende, aber ruhende Arbeitsverhältnis, die betriebliche Altersversorgung und die Reintegration geregelt werden. Im Dienstvertrag mit dem Auslandsunternehmen wären entsprechende Vereinbarungen ein Fremdkörper. 3 Vgl. Schneider, NZA 2010, 1380, 1384.

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Kap. 11 M 11.2.2 | Auslandseinsatz § 1 Bindung an das Stammhaus (1) Sie bleiben organisatorisch der Personalabteilung des Stammhauses zugeordnet. (2) Bei Ihrer Tätigkeit unterliegen sie den Weisungen der Geschäftsleitung der Auslandsgesellschaft.4 (3) Auf Anforderung erstatten Sie dem Stammhaus Bericht über Ihre Tätigkeit und Vorgänge des Auslandsunternehmens.5

§ 2 Dauer des Auslandseinsatzes6 Ihr Auslandseinsatz hat eine feste Dauer bis zum […]. Er verlängert sich um jeweils […] Jahr(e), sofern der Verlängerung nicht von einer der Vertragsparteien mit einer Frist von […] Monaten zum Ende der Laufzeit widersprochen wird. Er endet spätestens nach […] Jahren.

§ 3 Vergütung (1) Ihre Vergütung richtet sich nach der mit der Auslandsgesellschaft getroffenen Vereinbarung. (2) Soweit die dortige Vergütung über Ihrem zuletzt bezogenen Jahreseinkommen liegt, handelt es sich um eine Auslandszulage, die nach Rückkehr in das Stammhaus entfällt.7 oder – insbesondere soweit der Vertrag mit dem Auslandsunternehmen keine Regelung enthält – (1) Für die Dauer Ihres Auslandseinsatzes erhalten Sie eine Vergütung von monatlich Euro […] netto jährlich, zahlbar in zwölf gleichen monatlichen Teilbeträgen jeweils zum Monatsende. Das Stammhaus zahlt Ihnen ferner zusätzlich für diese Zeit eine Auslandszulage von Euro […] monatlich. (2) Von den in Abs. 1 genannten Bezügen erhalten Sie von der Auslandsgesellschaft ein monatliches Bruttogehalt in Landeswährung entsprechend Euro […] Die Differenz zahlt das Stammhaus im Auftrag und zu Lasten der Auslandsgesellschaft in gleichen monatlichen Raten auf ihr Konto in Deutschland. Gemäß den Richtlinien der Auslandsgesellschaft wird dieses Gehalt zu Beginn eines jeden Jahres überprüft. Ferner zahlt das Stammhaus als Zuschuss 50 % Ihrer Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Rentenversicherung nach den geltenden Regelungen, soweit diese Versicherungen vereinbarungsgemäß oder kraft Gesetzes fortgeführt werden. (3) Sie werden die steuerrechtlichen Vorschriften des Einsatzlandes beachten und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen erfüllen.8 Das Stammhaus übernimmt die Kosten einer fachkundigen steuerlichen Beratung einmal jährlich, auf ihren Wunsch auch durch Berater des Stammhauses selbst.9 Ergibt sich aufgrund der Versteuerung im Einsatzland eine höhere Gesamtsteuerbelastung als sich bei Zahlung der gleichen Gesamtbezüge in Deutschland nach der deutschen Steuergesetzgebung ergeben würde, so zahlt das Stammhaus Ihnen jährlich einen Nettoausgleich. 4 Da die Auslandsgesellschaft namentlich genannt ist, dürfte die Klausel nicht gegen § 309 Nr. 10a BGB verstoßen. 5 Eine Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung des versetzten Mitarbeiters kann nur begründet werden, wenn eine direkte vertragliche Beziehung zum Stammhaus besteht. Auch aus diesem Grunde ist der Abschluss eines Zusatzvertrages neben dem Dienstvertrag mit dem ausländischen Unternehmen zu empfehlen. 6 Die Regelung sollte der im Auslandsvertrag entsprechen, vgl. M 11.2.1 § 2. 7 Die für Widerrufsvorbehalte geltende Obergrenze von 25 % der Gesamtvergütung (AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff.) greift hier mE. nicht, weil die Zulage als Ausgleich für Erschwernisse gezahlt wird, die mit dem Rückruf in das Heimatland entfallen, ebenso Straube, DB 2012, 2808, 2810. 8 Vgl. Rz. 34 ff. 9 Gem. BFH v. 21.1.2010 – VI R 2/08, DB 2010, 706 handelt es sich bei der Übernahme der Steuerberaterkosten um Arbeitslohn, wenn, wie meist, insoweit eine Nettolohnvereinbarung getroffen wird; dagegen zu Recht Hasbargen/Höreth, DStR 2010, 1169; Retzlaff/Preising, DB 2010, 980; Ziesecke/Gelsheimer/Meyen, IStR 2010, 770.

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Auslandseinsatz | M 11.2.2 Kap. 11 (4) Die Bezüge für Ihren Auslandseinsatz sind im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Einsatzland von der deutschen Lohnsteuer freigestellt. Sobald uns eine entsprechende Freistellungsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes vorliegt, werden wir daher vom Lohnsteuereinbehalt absehen. Sie sind mit Ihrem Welteinkommen in […] steuerpflichtig. Die dort anfallenden Steuern gehen insgesamt zu Ihren Lasten. Oder evtl., soweit kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht (4) […] sind gemäß Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes […] von der Lohnsteuer freigestellt […].

§ 4 Gehaltssicherung10 (1) Ihr bisheriges Inlandsgehalt in Höhe von zuletzt Euro […] wird mit den Gehältern vergleichbarer Mitarbeiter des Unternehmens jeweils angepasst und nach Rückkehr in der angepassten Höhe gezahlt (fortgeschriebenes Inlandsgehalt). (2) Das fortgeschriebene Inlandsgehalt dient als Bemessungsgrundlage für die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung und inländischen Sozialversicherung, soweit vereinbarungsgemäß oder kraft Gesetzes Beiträge an diese abzuführen sind.

§ 5 Kaufkraftausgleich11 (1) Falls die „Warenkorb-Kosten“ am Sitz der Auslandsgesellschaft höher sind als in Deutschland, erhalten Sie eine Zulage, die den Mehraufwand auf Basis eines Zwei-Personen-Haushaltes abdeckt. Maßgebend sind die Erhebungen der […] Consulting. Die Zulage wird zu Beginn eines jeden Quartals überprüft. oder (1) Sofern der hier zugrunde gelegte […] Index für […] (Köln = 100 %) einen Wert über 105 % annimmt, wird ein entsprechender Kaufkraftausgleich festgelegt und gezahlt. (2) 60 % ihres garantierten Einkommens werden in diesen Kaufkraftausgleich einbezogen. oder (2) Das Gehalt wird in dem Maße angepasst wie die Einkünfte von bei der Auslandsgesellschaft tariflich geführten Angestellten der höchsten Tarifgruppe der Branche […].

§ 6 Wechselkursausgleich12 (1) Das Stammhaus gewährleistet, dass Ihr Jahreseinkommen dem Gegenwert von Euro […] entspricht. (2) Die Anpassung erfolgt vierteljährlich; dabei wird jeweils die Wechselkursschwankung vom letzten Banktag des Vormonats bis zum letzten Banktag des Regulierungsmonats zugrunde gelegt.

§ 7 Wohnung Die Auslandsgesellschaft stellt Ihnen und Ihrer Familie für Ihre Einsatzzeit eine angemessene Wohnung mietfrei nach Maßgabe Ihrer Vereinbarung mit der Auslandsgesellschaft zur Verfügung.

10 Die Fortschreibung des Inlandsgehaltes („Schattengehalt“) dient der Berechnung gem. § 4 Abs. 2 des Musters sowie der Reintegration des Auslandsmitarbeiters. Der Mitarbeiter soll seine Situation im Verhältnis zu vergleichbaren Stammhausmitarbeitern jederzeit beurteilen können. 11 Dieser kann gem. § 3 Nr. 64 EStG unter Umständen steuerfrei sein, vgl. BMF-Schreiben zur Steuerbefreiung des Kaufkraftausgleichs und Gesamtübersicht der Kaufkraftzuschläge, per 1.1.2017, Stand 29.12.2016 – IV C 5 - S 2341/16/10001, DOK: 2016/1194145; jeweils aktualisiert unter www.bundesfinanzministeri um.de 12 Findet eine Einkommensgarantie zum jeweiligen Euro-Wechselkurs nicht statt, so könnte sich möglicherweise das Gehalt des Mitarbeiters, trotz Anpassung an inflationäre Entwicklungen des Einsatzlandes in der Währung des Einsatzlandes (Kaufkraftausgleich), auf Euro-Basis verringern.

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Kap. 11 M 11.2.2 | Auslandseinsatz § 8 Hin- und Rückreise13 – Heimflug – Zusatzurlaub (1) Das Stammhaus trägt die Reisekosten der Hin- und Rückreise für Sie und Ihre Familie in der […] Klasse inkl. Übergepäck bis zu 100 kg, der Kosten für den Transport des Hausrates, der dafür erforderlichen Reiseversicherungen, Zoll und der für die Umzugsperiode anfallenden Hotelkosten auf Nachweis bis zu Euro […] Das Stammhaus nimmt die Buchungen unmittelbar vor. Sofern Sie auf eigenen Wunsch vor Beendigung des vertraglich vereinbarten Auslandseinsatzes aus unseren Diensten ausscheiden, besteht kein Anspruch auf Übernahme der Rückreisekosten. (2) Sie haben nach Ablauf von jeweils einem Jahr des Auslandseinsatzes einen Anspruch auf einen Heimflug in der […] Klasse mit Ehepartner/eingetragenem Lebenspartner14 und Kindern nach Deutschland. Das Stammhaus trägt die Kosten der Hin- und Rückreise und bucht diese unmittelbar. Sie haben für diesen Deutschlandaufenthalt einen zusätzlichen Urlaub von drei Wochen. Reisezeit bis zu […] Tagen wird auf diesen Zusatzurlaub nicht angerechnet. Unmittelbar vor Beginn und unmittelbar nach Ende dieses Urlaubs stehen Sie für […] Tage/Wochen für Besprechungen in Deutschland zur Verfügung. (3) Die Lage des Deutschland-Urlaubs stimmen Sie mit der Geschäftsführung der Auslandsgesellschaft und der in § 1 genannten Abteilung des Stammhauses ab.

§ 9 Dienstfahrzeug (1) Die Auslandsgesellschaft stellt Ihnen ein Dienstfahrzeug nach Maßgabe ihrer Vereinbarung mit Ihnen zur Verfügung. (2) Soweit Sie Ihr Fahrzeug in Deutschland vor Antritt des Auslandseinsatzes nur mit Verlust veräußern können, übernimmt das Stammhaus […] % der Differenz zwischen dem Schätzwert nach DAT und dem Verkaufserlös, maximal jedoch Euro […].

§ 10 Sprachunterricht (1) Das Stammhaus übernimmt Kosten für folgenden Sprachunterricht […] für Sie, Ihren Ehepartner/[eingetragenen] Lebenspartner15 und Ihre Kinder. (2) An etwa erforderlichem Nachhilfeunterricht für Ihre Kinder nach Rückkehr nach Deutschland beteiligt sich das Stammhaus mit Euro […].

§ 11 Sonstige Zuschüsse (1) Sie erhalten einen Bekleidungszuschuss in Höhe von Euro […] für sich, von Euro […] für Ihren Ehepartner sowie Euro […] je Kind. (2) Sie erhalten eine Einrichtungsbeihilfe in Höhe von Euro […] sowie Erstattung von Einlagerungskosten auf Nachweis bis zu Euro […].

§ 12 Entgeltfortzahlung (1) Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall richtet sich nach Ihrer Vereinbarung mit der Auslandsgesellschaft. 13 Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für die Hinund Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten (BAG v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17, NZA 2019, 159). 14 Die Ungleichbehandlung von Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern bei Zahlung eines Auslandszuschlags ist verfassungswidrig (BAG v. 18.3.2010, NZA-RR 2010, 664). Gleiches könnte auch für die hier vorgesehenen Leistungen gelten. 15 Die Ungleichbehandlung von Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern bei Zahlung eines Auslandszuschlags ist verfassungswidrig (BAG v. 18.3.2010, NZA-RR 2010, 664). Gleiches könnte auch für die hier vorgesehenen Leistungen gelten.

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Auslandseinsatz | M 11.2.2 Kap. 11 (2) Werden Sie krankheitsbedingt nach Deutschland zurückgerufen, so erhalten Sie dort Entgeltfortzahlung für […] Wochen in Höhe des Inlandgehalts.

§ 13 Krankenversicherung Sie erhalten von dem Stammhaus einen Zuschuss zur privaten Auslandskrankenversicherung für Sie und Ihre Familie in Höhe von […] %, soweit nicht die Auslandsgesellschaft nach den nationalen gesetzlichen Bestimmungen des Einsatzlandes einen entsprechenden Zuschuss gewährt.16 Der Versicherungsschutz beginnt mit der Ausreise aus Deutschland und endet mit der Beendigung des Auslandseinsatzes. Das Stammhaus zahlt Ruhensbeiträge zur Aufrechterhaltung der bestehenden privaten Krankenversicherung (Inland) für Sie und Ihre Familie. oder, soweit der Versicherungsschutz bei derselben Gesellschaft nur erweitert wird Ihre Mitgliedschaft bei der privaten Krankenversicherung […] erhalten Sie aufrecht. Darüber hinaus übernimmt das Stammhaus […] % der Kosten einer Zusatz-Auslandskrankenversicherung bei dieser Krankenversicherung für Sie und Ihre Familie.

§ 14 Gesetzliche Rentenversicherung17 (1) Wir sehen Ihren Auslandseinsatz sozialversicherungsrechtlich nicht als Ausstrahlung an. Daher führen wir die Mitgliedschaft in der Rentenversicherung nicht fort. (2) Rentenversicherungsbeiträge, die Sie aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Aufnahmestaats leisten müssen, tragen Sie/übernehmen wir nur, wenn wir dazu aufgrund des Rechts des Aufnahmestaats verpflichtet sind/übernehmen wir bis zur Höhe von […]/übernehmen wir vollständig. Evtl.18 (3) Sie werden während des Auslandseinsatzes pflichtversichert auf Antrag.19 Das Stammhaus trägt einen Arbeitgeberanteil in Höhe von 50 % der insgesamt zu zahlenden Beiträge. Sie tragen den Arbeitnehmeranteil in gleicher Höhe, der von Ihren Auslandsbezügen einbehalten wird. Das Stammhaus führt den Gesamtbetrag an den zuständigen Sozialversicherungsträger ab. (4) Bemessungsgrundlage für den Versorgungsaufwand ist Ihr fortgeschriebenes Inlandsgehalt, begrenzt durch die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze. oder20 (3) Sie haben die Möglichkeit, Ihre freiwillige Versicherung beim Rentenversicherungsträger für die Zeit Ihres Auslandseinsatzes zu beantragen. 16 Da der Mitarbeiter in die Organisation des ausländischen Unternehmens eingegliedert wird, fehlt es idR an einer Ausstrahlung iSd. Sozialversicherungsrechts (§ 4 Abs. 1 SGB IV). Als Folge unterliegt der Auslandsmitarbeiter weder der Versicherungspflicht in Deutschland, noch kann er Leistungsansprüche geltend machen. Es bedarf einer gesonderten Auslandskrankenversicherung (vgl. Rz. 14 ff.). 17 Es bleibt die Möglichkeit einer Pflichtversicherung auf Antrag gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, sofern die Beschäftigung im Ausland zeitlich begrenzt ist. Fehlt es an einer zeitlichen Begrenzung der Beschäftigung im Ausland, ist eine freiwillige Versicherung nach § 7 Abs. 1 SGB VI möglich, vgl. Rz. 27 f. Sofern gewünscht, kann auch eine Regelung gem. der ersten Alternative von § 14 des Musters für die Arbeitslosenversicherung aufgenommen werden, Einzelheiten s. Rz. 29, § 28a SGB III. 18 Wenn der Arbeitnehmer in der deutschen Rentenversicherung verbleiben soll, entweder zusätzlich oder weil es keine oder keine ausreichende Rentenversicherung im Einsatzland gibt. 19 Die Pflichtversicherung auf Antrag ist nur möglich, wenn 1. der Arbeitnehmer Deutscher oder Bürger eines EU-, EWR-Staates oder der Schweiz ist und 2. der Auslandseinsatz von vornherein zeitlich begrenzt ist. Hier gilt nicht die Zwei-Jahres-Frist des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004. Ausreichend ist, dass der Auslandseinsatz überhaupt begrenzt ist. Eine Pflichtversicherung auf Antrag ist auch bei einem mehrjährigen Auslandseinsatz möglich. Vgl. dazu § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI und Rz. 27 f. 20 Insb., wenn eine Pflichtversicherung auf Antrag nicht möglich ist, vgl. Rz. 14 ff.

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Kap. 11 M 11.2.2 | Auslandseinsatz (4) Während Ihres Auslandseinsatzes überweist das Stammhaus Ihnen 50 % der jeweiligen Höchstbeiträge zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung auf Ihr deutsches Konto. Sie überweisen die Beiträge an den Versicherungsträger unmittelbar.

§ 15 Betriebliche Altersversorgung21 Ihre Ansprüche aus Ihrer Versorgungszusage/der Versorgungsordnung des Stammhauses bleiben durch den Auslandseinsatz unberührt. Als Grundlage für die Rentenberechnung im Versorgungsfall gilt das fortgeschriebene Inlandsgehalt gemäß § 4 Abs. 1. Bei der Ermittlung der Unverfallbarkeitsfristen und der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft werden die Zeiten des Auslandseinsatzes berücksichtigt.

§ 16 Unfallversicherung (1) Leistungen im Rahmen der Auslandsunfallversicherung der Berufsgenossenschaft richten sich nach dem fortgeschriebenen Inlandsgehalt. (2) Das Stammhaus schließt für Sie für die Dauer Ihrer Tätigkeit im Ausland eine private Unfallversicherung in Höhe von Euro 250.000,– für den Todesfall sowie Euro 500.000,– für den Fall der Invalidität ab. Im Leistungsfall werden Leistungen aus von der Auslandsgesellschaft für Sie abgeschlossenen Unfallversicherungen angerechnet.

§ 17 Abgangsentschädigung (1) Soweit Sie einen durch die Beendigung des Auslandseinsatzes entstehenden Zahlungsanspruch gegen das Auslandsunternehmen haben (zB Abfindungsanspruch), werden Sie diesen nicht geltend machen, oder, sofern Sie zur Geltendmachung verpflichtet sind, den Betrag an das Stammhaus abführen. (2) Das Stammhaus ist berechtigt, gegen den Abführungsanspruch mit Gehaltsansprüchen aufzurechnen.

§ 18 Status (1) Sie bleiben auch während Ihres Auslandseinsatzes nach Maßgabe dieses Vertrages Mitarbeiter des Stammhauses. (2) Die Dauer des Auslandseinsatzes wird auf Ihre Betriebszugehörigkeit voll angerechnet. (3) Das Stammhaus gewährleistet die Erfüllung der aus dem Dienstvertrag mit der Auslandsgesellschaft gewährten Leistungen sowie aller Leistungen aus diesem Vertrag.

§ 19 Re-entry clause22 (1) Nach Ablauf des Anstellungsvertrages mit der Auslandsgesellschaft lebt der ruhend gestellte Anstellungsvertrag vom […] mit dem Stammhaus wieder auf. Das Stammhaus wird Ihnen eine Ihrer bisherigen Position hinsichtlich Funktion, Qualifikation und Vergütung gleichwertige Position anbieten (Re-entry clause). evtl. (2) Abs. 1 gilt nicht, wenn Sie den Anstellungsvertrag mit der Auslandsgesellschaft vorzeitig kündigen.23

21 Vgl. Rz. 8 ff. 22 Vgl. auch den Klauselvorschlag von Schneider, NZA 2010, 1380. Die Initiativlast für eine solche Einstellung liegt beim Arbeitnehmer. Um nicht den Anspruch auf Annahmeverzugslohn für die Dauer einer streitigen Auseinandersetzung über das Rückkehrrecht zu verlieren, muss der Arbeitnehmer daher rechtzeitig ein entsprechendes Vertragsangebot unterbreiten, BAG v. 27.1.2016 – 5 AZR 9/15, NZA 2016, 691 Rz. 27 ff. 23 Durch diese Klausel soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer die Wiedereingliederung vorzeitig durch Eigenkündigung auslösen kann. Alternative wäre ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung im Auslandsvertrag, soweit das nach dem dortigen Recht zulässig wäre. Beide Regelungen erhöhen allerdings die Akzeptanz des Vertrages bei dem Arbeitnehmer naturgemäß nicht.

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Auslandseinsatz | M 11.2.2 Kap. 11

§ 20 Rückrufrecht Das Stammhaus ist berechtigt, Sie in folgenden Fällen nach billigem Ermessen mit einer Ankündigungsfrist von […] Wochen zurückrufen: […]24 – Bei vorzeitiger Beendigung des Auslandsprojektes […] – Bei einem dringenden betrieblichen Erfordernis, Sie im Stammhaus einzusetzen. – Bei Gefahr für Sie durch politische Unruhen, Naturkatastrophen, Pandemien oder Anschläge an Ihrem Arbeitsort für die Dauer der Krisensituation.25 – Sofern Sie schwerwiegend gegen Ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen.26 – Sofern Sie grob gegen die Verhaltensanforderungen des Einsatzlandes verstoßen. […] Sie werden in diesem Falle zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Rückrufes Ihren Anstellungsvertrag mit der Auslandsgesellschaft lösen.

§ 21 Koppelung der Verträge (1) Sofern Sie den Anstellungsvertrag mit der Auslandsgesellschaft lösen, ohne dass dies durch einen Rückruf gem. § 20, den Ablauf der Befristung oder in sonstiger Weise durch uns oder die Auslandsgesellschaft veranlasst ist, bedeutet dies gleichzeitig auch die Lösung des vorliegenden Vertrages und des ruhenden Arbeitsvertrages mit dem Stammhaus.27 (2) Sofern die Auslandsgesellschaft Ihren Anstellungsvertrag aus einem von Ihnen zu vertretenden Grund, der auch nach deutschem Recht eine Kündigung rechtfertigen würde, kündigt, endet auch der vorliegende Vertrag und der ruhende Arbeitsvertrag mit dem Stammhaus.28

§ 22 Ausschlussfristen29 (1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden.

24 Um im Hinblick auf § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam zu sein, müssen sich sowohl Rückrufklausel als auch die Ausübung des Rückrufrechts innerhalb der Grenzen des Angemessenen und Zumutbaren halten. Dies erfordert möglicherweise die Vereinbarung einer Frist zur Ausübung sowie bei der Ausübung eine Abwägung der betrieblichen Belange mit den persönlichen Belangen des Arbeitnehmers. Sicherheitshalber sollten die Voraussetzungen für einen Rückruf in der Klausel genannt werden. 25 Vgl. Lindemann, ArbRAktuell 2011, 133; Straube, DB 2012, 2808, 2810. Hier besteht aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers möglicherweise sogar eine Rückrufpflicht. 26 Vgl. Straube, DB 2012, 2808, 2810. 27 Die Regelung stellt letztlich eine auflösende Bedingung iSv. § 21 TzBfG dar, welche nur unter den Voraussetzungen des § 14 TzBfG zulässig ist. Eine der Fallgruppen des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist zwar nicht erfüllt, der Katalog ist jedoch nicht abschließend („insbesondere“). Der sachliche Grund für die Verknüpfung der Verträge liegt uE. darin, dass der Arbeitnehmer sich ansonsten weitgehend risikofrei aus dem Auslandsanstellungsverhältnis lösen könnte und ein sinnentleertes Anstellungsverhältnis mit dem Stammhaus verbliebe. Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Klausel steht jedoch aus. Vgl. auch Lindemann, ArbRAktuell 2011, 133. 28 Wichtig: Ob eine solche Koppelung der Verträge wirksam ist, ist offen (vgl. Seel, MDR 2011, 5). Eine Koppelung des ruhenden Arbeitsverhältnisses an die Beendigung des Auslandsarbeitsverhältnisses wird zwar für Fälle vorgeschlagen, in denen der Beendigungsgrund auch nach deutschem Recht zu einer Kündigung berechtigen würde (Schwab/Engelmann/Tischler-Kolbe, NWB 4/2011, S. 299). Es ist jedoch dringend zu raten, etwaige Kündigungen für jeden Vertrag gesondert auszusprechen (Reiter, NZA-Beilage 2014, 22, 23). 29 Zu Einzelheiten und Alternativvorschlägen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist“, Kap. 2 Rz. 92 ff. und M 2.1a Ziff. 10 m. Anm.

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Kap. 11 M 11.2.2 | Auslandseinsatz evtl. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird. (2) Abs. 1 gilt auch für Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen. (3) Abs. 1 und 2 gelten nicht (a) für Ansprüche des Arbeitnehmers aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (b) für Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, sowie (c) für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (zB. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG). oder (1) Ausgenommen von den vorstehenden Ausschlussfristen sind Ansprüche, die auf vorsätzlichem sowie grob fahrlässigem Verhalten beruhen sowie unabdingbare gesetzliche Ansprüche.

§ 23 Nebenabreden, Schriftformklausel, Ausschluss betrieblicher Übung (1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.30

§ 24 Salvatorische Klausel31 Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.32 Wir bitten Sie, uns zum Zeichen Ihres Einverständnisses anliegende im Original unterschriebene Zweitschrift dieser Vereinbarung gegengezeichnet bis zum […] zurück zu schicken. 30 Zur Schriftformklausel im Einzelnen Kap. 2 Rz. 17 ff., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 124 ff. sowie M 2.1a Ziff. 14. 31 Zur salvatorischen Klausel s. M 3.1 § 26 m. Anm. 32 S. M 3.1, § 26 m. Anm.

550 | Lingemann

Vergütung | Kap. 12

Kapitel 12 Vergütung I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freiwilligkeit, Widerruflichkeit und Anrechenbarkeit der Vergütung . . . 3. Zulagen/Zuschläge (M 12.7 und M 12.8.1/M 12.8.2) . . . . . . . . . . . . 4. Tantiemen (M 12.10) . . . . . . . . . . 5. Provisionsvereinbarung für einen angestellten Handelsvertreter (M 12.11) 6. Akkordvergütung (M 12.13) . . . . . . 7. Prämien (M 12.14) . . . . . . . . . . . . 8. Gratifikationen (M 12.15) . . . . . . . 9. Vermögenswirksame Leistungen (M 12.20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Aufwendungsersatz und Auslagen (M 12.21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Dienstwagen (M 12.22.1) . . . . . . . . 12. Dienstfahrrad (M 12.22.2) . . . . . . . 13. Dienstwohnung (M 12.23) . . . . . . . 14. Arbeitgeberdarlehen (M 12.24) . . . . 15. Pfändung/Abtretung (M 12.25) . . . . 16. Ausschluss der Aufrechnung/ Zurückbehaltung (M 12.26) . . . . . . 17. Zielvereinbarungen (M 12.27) . . . . . 18. Aktienoptionspläne (M 12.28) . . . . . II. Muster 1. Festvergütung Gewerbliche Arbeitnehmer ohne Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerbliche Arbeitnehmer mit Tarifbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angestellte ohne Tarifbindung . . . . . Angestellte mit Tarifbindung . . . . . . Organmitglieder oder leitende Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Gehaltszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehaltsklage bei zu niedriger Eingruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungsklage bei zweistufiger Ausschlussfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehaltsklage wegen Ungleichbehandlung/Diskriminierung . . . . . . . . . . . Klage im Urkundenprozess auf Geschäftsführervergütung nach fristloser Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulagen Übertarifliche Zulage . . . . . . . . . . . Widerrufs- und Anrechnungsvorbehalt für die übertarifliche Zulage . . . . . . . Erschwerniszulage . . . . . . . . . . . . . Wechselschichtzulage . . . . . . . . . . . Auslandszulage . . . . . . . . . . . . . . .

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__ _ __ __ __ _ __ __ __ __ _ 1 1 5

11 14 16 18 25 26 37

39 42 45a 46 50 53 55 58 64

.M 12.1.1

.M 12.1.2 .M 12.1.3 .M 12.1.4 .M 12.1.5 . M 12.2

. M 12.3

. M 12.4

. M 12.5 . M 12.6

.M 12.7.1 .M 12.7.2 .M 12.7.3 .M 12.7.4 .M 12.7.5

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Leistungszulage . . . . . . . . . . . . . . . .M 12.7.6 Sozialzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . .M 12.7.7 3. Zuschläge Überstundenzuschläge . . . . . . . . . . . .M 12.8.1 Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .M 12.8.2 Klage auf Überstundenvergütung . . . . . M 12.9 4. Tantieme Tantieme/Bonus für leitenden Angestellten oder Geschäftsführer einer GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.10.1 Ermessenstantieme für einen leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . . M . 12.10.2 Klage auf Ermessenstantieme/ Ermessensbonus . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.10.3 Tantieme/Bonus für Vorstand einer Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . M . 12.10.4 Provisionsvereinbarung für einen angestellten Handelsvertreter . . . . . . . M 12.11 Stufenklage wegen Abrechnung und Zahlung von Provision . . . . . . . . . . . M 12.12 5. Akkordvergütung Zeitakkord . . . . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.13.1 Geldakkord . . . . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.13.2 6. Prämien Anwesenheitsprämie . . . . . . . . . . . . M . 12.14.1 Leistungsprämie . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.14.2 Treueprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.14.3 Halteprämie/Retention Bonus . . . . . . M . 12.14.4 7. Sonderzuwendungen (Gratifikationen) Sonderzuwendung mit Freiwilligkeitsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.15.1 Sonderzuwendung und Bindungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M . 12.15.2 Sonderzuwendung nach Ermessen (Ermessensgratifikation) . . . . . . . . . . M 12.16 Klage auf Sondervergütung wegen Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten . M 12.17 Klage auf Ausgabe von Belegschaftsaktien wegen betrieblicher Übung . . . . M 12.18 Klage wegen Widerrufs/Teilkündigung von Sonderleistungen . . . . . . . . . . . . M 12.19 Vermögenswirksame Leistungen . . . . . M 12.20 Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . M 12.21 8. Dienstfahrzeuge/Dienstwohnung Dienstwagenüberlassungsvertrag . . . . M . 12.22.1 Dienstfahrradüberlassungsvertrag . . . . M . 12.22.2 Dienstwohnung . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.23 9. Darlehen Arbeitgeberdarlehen . . . . . . . . . . . . . M 12.24 10. Pfändung/Abtretung Pfändung/Abtretung von Entgeltansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.25

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Kap. 12 | Vergütung

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11. Ausschluss der Aufrechnung/ Zurückbehaltung Ausschluss der Aufrechnung . . . . . . . M . 12.26.1 Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts . M . 12.26.2 Rahmenvereinbarung für eine Zielvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 12.27

Aktienoptionen . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf künftige Vergütung . . . . . . Klage des Arbeitnehmers auf Gehaltserhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Vergütung . . . . .

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. M 12.28 . M 12.29 . M 12.30 . M 12.31

Literatur: Akkordvergütung: Boegl, Mitbestimmungsrechte des Personal- bzw. Betriebsrats bei Einführung der leistungsorientierten Bezahlung, ZfPR 2007, 22; Fratschner, Flexible Leistungs- und Vergütungssysteme, AuA 2005, 294; von Hören, Leistungsorientierte Vergütung, KH 2005, 691; Schwab, Das Recht der Arbeit im Leistungslohn (Akkord und Prämie) AR-Blattei Akkordarbeit I und SD 40; Schwab, Rechtsprobleme der Arbeit im Leistungslohn, NZA-RR 2009, 1 und 57. Aktienoptionen: Baeck/Diller, Arbeitsrechtliche Probleme bei Aktienoptionen und Belegschaftsaktien, DB 1998, 1405; Bauer/Göpfert/von Steinau-Steinrück, Aktienoptionen bei Betriebsübergang, ZIP 2001, 1129; Busch, Zufluss von Arbeitslohn bei handelbaren Optionsrechten, DStR 2009, 898; Dörr, Kein Betriebsausgabenabzug bei unentgeltlicher Einräumung von Stock Options an Mitarbeiter, NWB 2011, 350; Häfer/ Burger, Restricted Stock Units und Aktienoptionen – Aktuelle Entwicklungen bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, NZA 2020, 143; Hornung, Virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen: Leaver- und Vesting-Klauseln und das AGG, DB 2019, 1566; Kutsch/Kersting, Mitarbeiterbeteiligung zur Finanzierung und Sanierung, BB 2011, 373; Lingemann/Diller/Mengel, Aktienoptionen im internationalen Konzern – ein arbeitsrechtsfreier Raum?, NZA 2000, 1191; Otto/Mückl, Grenzen der Mitbestimmung des Betriebsrats bei Aktienoptionsplänen, DB 2009, 1594; Reiserer/Fallenstein, Mitarbeiterbindung und leistungsabhängige Bonussysteme: Ein Widerspruch oder zulässige Praxis? (Teil II), DStR 2011, 1624; Reiter/Sura, die Beteiligung des Betriebsrates bei Aktienoptionsprogrammen im internationalen Konzern, ZIP 2020, 251; Schniepp/Giesecke, Virtuelle Anteile und AGB, 2017, 128; Staake, Der Verfall von Aktienoptionen bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, NJOZ 2010, 2494; Sura, Zulässige mehrjährige Bindungsfrist für Arbeitnehmer bei der Gewährung von Aktienoptionen, DB 2018, 2878. Anrechnung: Bayreuther, Änderung der Rechtsprechung zu Aufstockung und Anrechnung übertariflicher Zulagen? NZA 2019, 517. Arbeitgeberdarlehen: Hermann, Geldwerter Vorteil bei zinsgünstigen Arbeitgeberdarlehen, NWB direkt Nr. 26/2007, 7; Kleinebrink, Vertragliche Gestaltung eines Arbeitgeberdarlehens, ArbRB 2010, 382; Loritz, Aufklärungspflicht – Belegschaftsaktien – Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 42; Seifert, Vergünstigte Arbeitgeberdarlehen: Zinsvorteile als „Geschenk“ für gute Mitarbeiter, GStB 2009, 81. Aufrechnung und Zurückbehaltung: Blank, Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an seiner Arbeitsleistung bei Betriebsfortführung durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter trotz Sicherstellung des Lohnanspruchs über das demnächst zu erwartende Insolvenzgeld (§ 273 BGB)?, ZInsO 2007, 426; Hergenröder, Das Zurückbehaltungsrecht an Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis, AR-Blattei SD 1880; Laber, Zurückbehaltungsrechte im Arbeitsverhältnis, ArbRB 2009, 309. Aufwendungsersatz: Henkel, Erstattung von Reisekosten, AuA 2009, 273; Kleinebrink, Die Dienstreisezeit, ArbRB 2011, 26; Thomas, Verpflegungspauschalen und Mahlzeitgestellung nach dem Reisekostenänderungsgesetz, SPA 2014, 149; Wulff, Wenn Arbeitnehmer und Betriebsräte eine Reise tun, AiB 2009, 91. Bonus und Tantiemen: Bauer/Göpfert/Siegrist, Abberufung von Organmitgliedern: Wegfall der variablen Vergütung?, DB 2006, 1774; Ekkenga/Schirrmacher, Bonuszusagen für Arbeitnehmer: Eine Gratwanderung zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht, BB 2017, 2549; Fröhlich, Zur Zulässigkeit der Kürzung von Bonuszahlungen, ArbRB 2012, 85; Lakies, Neue Rechtsprechung zu Flexibilisierung bei Sonderzuwendungen, ArbRAktuell 2013, 251; Pfrogner, Flexibilität und Risikominimierung durch Ermessensbonus, BB 2018, 757; Salamon/Wessels, variable Vergütung aufgrund einseitiger Leistungsbestimmung in der Praxis, BB 2017, 885; Simon/Hidalgo/Koschker, Flexibilisierung von Bonusregelungen – eine unlösbare Aufgabe?, NZA 2012, 1071. Dienstfahrzeug: Bruschke, Geldwerter Vorteil bei der Überlassung von Firmenfahrzeugen, DStZ 2009, 408; Dimsic, Ersatz von Unfallschäden bei dienstlichen Einsatz des Privat-Kfz, BB 2018, 376; Fröhlich, Herausgabe des Dienstwagens bei Kündigung und Freistellung, ArbRB 2011, 253; Geserich, 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, NWB 2012, 114; Heinrich, Arbeitsverhältnisse unter Ange-

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Vergütung | Kap. 12 hörigen – Überlassung von Dienstwagen, NWB 2011, 3050; Höser, Die Dienstwagennutzung bei Arbeitsunfähigkeit – Rechtssicherheit durch das BAG? –, BB 2012, 573; Hunold, Dienstreise- und Wegezeit, Rechtsfragen um Dienst- und Privatfahrzeuge des Arbeitnehmers, AR-Blattei SD 590; Hunold, AGB-Kontrolle: Widerruf der Gestellung eines Dienstwagens, NZA 2010, 1276; Insam/Hilbert/Heumann, Dienstwagenregelungen des Arbeitgebers aus arbeitsrechtlicher und lohnsteuerlicher Sicht, BBK 2011, 522; Intemann, Private Nutzung eines Dienstwagens, NZA 2012, 492; Kappus, Dienstfahrzeugunfall und Führerscheinentzug beim Arbeitnehmer, NJW 2015, 387; Keilich, Dienstwagen – Von der Überlassung bis zum Widerruf, AuA 2009, 264; Moll/Roebers, Mitbestimmung des Betriebsrats beim Dienstwagen, DB 2010, 2672; Oelkers, Mitbestimmung bei Dienstwagenregelungen, NJW-Spezial 2009, 514; Sandmaier, Reform des Reisekostenrechts – Gestaltungsoptionen zur „ersten Tätigkeitsstätte“, SPA 2014, 65; Stoffels, Die Überlassung von Dienstwagen, FA 2009, 329; Windeln/Matthaei, Dienst Fahrrad statt Dienstwagen – rechtliche Rahmenbedingungen und Fallstricke, ArbRB 2019, 22. Dienstwohnung: Bruns, Die Werkmietwohnung, NZM 2014, 535; Riecke, Werkdienst- oder Werkmietwohnung?, IMR 2013, 177; Schmidt-Futterer/Blank, Die betriebseigene Werkwohnung, AR-Blattei Werkwohnung I. Gratifikationen: Baeck/Winzer, Neuere Entwicklungen im Arbeitsrecht – Stichtagsklauseln – was geht noch?, NZG 2012, 657; Bayreuther, Freiwilligkeitsvorbehalte: Zulässig, aber überflüssig?, BB 2009, 102; Diller/ Beck, Konzernzusagen – ohne die Fesseln des BetrAVG?, NZA 2015, 274; Fleddermann, Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, ArbRAktuell 2015, 367, 392; Grimm/Freh, Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte, ArbRB 2011, 285; Groeger, Arbeitsvertragliche Vereinbarungen über Sondervergütungen, ArbRB 2010, 156; Hromadka, Die ablösende Betriebsvereinbarung ist wieder da!, NZA 2013, 1061; Hromadka, Was bleibt vom vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt?, DB 2012, 1037; Hunold, Vertragsänderung durch bloßen Zeitablauf?, DB 2012, 1096; Korinth, Betriebliche Wirklichkeit und betriebliche Übung, ArbRB 2015, 147; Leder, Aktuelles zur Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen, RdA 2010, 93; Lingemann/Pfister/Otte, Ermessen bei Gratifikation und Vergütung als Alternative zum Freiwilligkeitsvorbehalt, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, Bonuszahlungen und Freiwilligkeitsvorbehalt – Die Gewichte verschieben sich, NJW 2014, 2400; Lingemann/Gotham, Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers – es gibt sie noch, DB 2008, 2307; Lingemann/Gotham, Freiwilligkeits-, Stichtags- und Rückzahlungsregelungen bei Bonusvereinbarungen – was geht noch?, NZA 2008, 509; Lingemann/Gotham, Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers – gibt es sie noch?, DB 2007, 1754; Lunk/Leder, Mitbestimmung der Betriebsräte bei freiwilligen Leistungen, NZA 2011, 249; Maaß, Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalt – Welche Formulierung genügt dem Transparenzgebot?, ArbRAktuell 2011, 59; Preis/Sagan, Der Freiwilligkeitsvorbehalt im Fadenkreuz der Rechtsgeschäftslehre – Chronik eines angekündigten Todes, NZA 2012, 697; Preis/Ulber, Die Wiederbelebung des Ablösungs- und Ordnungsprinzips?, NZA 2014, 6; Reinartz, Einige Fragen und Lösungsvorschläge zu § 4a EFZG, NZA 2015, 83; Reinfelder, Leistungsgerechtes Entgelt – Gestaltung und Umgestaltung, NZA-Beilage 2014, 10; Roeder, Zweierlei Maß oder das Ende der gegenläufigen betrieblichen Übung, NZA 2009, 883; Sura, Arbeits- und tarifvertragliche Unterschiede bei Stichtagsvorbehalten für Sonderleistungen, DB 2019, 847; Wank, Änderung von Arbeitsbedingungen NZA-Beilage 2012, 41; Willemsen/ Jansen, Die Befristung von Entgeltbestandteilen als Alternative zu Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalten, RdA 2010, 1. Mindestlohn: Lakies, Drei Jahre allgemeiner Mindestlohn: Stagnation und Konsolidierung, AuR 2018, 74; Sura, Anrechnungsmöglichkeiten und Berechnungsgrundlagen von anderweitigen Entgeltelementen bei Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns, BB 2018, 437; Weigert, die Anrechenbarkeit von Vergütungsbestandteilen auf den gesetzlichen Mindestlohn, NZA 2017, 745. Prämien: Bauer/Lingemann, Probleme der Entgeltfortzahlung nach neuem Recht, BB Beilage 17/1996, 8; Kock, „Meine Meilen, Deine Meilen“: Dienstlich erlangte Bonuspunkte aus Kundenbindungsprogrammen, DB 2007, 462; Reinecke, Neue Regeln für Sonderzuwendungen, BB 2013, 437. Provisionen: Franzen, Urlaubsentgelt, Provisionen und andere unregelmäßig anfallende Vergütungssysteme, NZA 2014, 647; Gründel/Butz, Provisionen bei Fehlzeiten eines Arbeitnehmers, BB 2014, 1210; Thume, Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters: Grenzen der Vertragsgestaltung, BB 2012, 975; Zorn, Provision im Arbeitsvertrag, AuA 2007, 658. Widerrufsvorbehalt: Stoffels, Neues zu Widerrufsvorbehalten in Arbeitsverträgen, NZA 2017, 1217. Vermögenswirksame Leistungen: Jungblut, Vermögensbildung der Arbeitnehmer, NWB Fach 6, 4981 (47/2008); Kutsch/Kersting; Mitarbeiterbeteiligung zur Finanzierung und Sanierung, BB 2011, 373; Sieg, Renaissance der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, NZA 2015, 784.

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Kap. 12 Rz. 1 | Vergütung Zielvereinbarungen: Bauer/Diller/Göpfert, Zielvereinbarungen auf dem arbeitsrechtlichen Prüfstand, BB 2002, 882; Behrens/Rinsdorf, Am Ende nicht am Ziel? – Probleme mit der Zielvereinbarung nach einer Kündigung, NZA 2006, 830; Gaul/Rauf, Bonusanspruch trotz unterlassener Zielvereinbarung, DB 2008, 869; Gehlhaar, Rechtsfolgen unterbliebener Zielvereinbarungen und Zielvorgaben – eine Übersicht, NZA-RR 2007, 113; Hägele, Unterlassene Zielvereinbarung – ein unterschätztes Risiko für den Arbeitgeber?, GmbHR 2014, R321; Heiden, Unterjährige Zielanpassung und Feststellung der Zielerreichung bei entgeltrelevanten Zielvereinbarungen, DB 2009, 2714; Heiden, Entgeltvariabilisierung durch Zielvereinbarungen, DB 2009, 1705; Horcher, Inhaltskontrolle von Zielvereinbarungen, BB 2007, 2065; Laber/ Reinartz, Flexibilität und Zielvereinbarung, ArbRB 2008, 125; Lembke, Die Gestaltung von Vergütungsvereinbarungen, NJW 2010, 321; Lingemann/Gotham, Freiwilligkeits-, Stichtags- und Rückzahlungsregelungen bei Bonusvereinbarungen – was geht noch? NZA 2008, 509; Moderegger, Variable Entgeltgestaltung durch zielorientierte Vergütung, ArbRB 2017, 129; Mohnke, Effektive Ausgestaltung von Zielvereinbarungen, AuA 2008, 343; Reiserer, Zielvereinbarung – ein Instrument der Mitarbeiterführung, NJW 2008, 609; Reiserer/Fallenstein, Mitarbeiterbindung und leistungsabhängige Bonussysteme: ein Widerspruch oder zulässige Praxis?, DStR 2011, 1572, 1624; Röder, Fallstricke bei der Gestaltung zielvereinbarungsgestützter Vergütungssysteme, FS 25 Jahre ARGE Arbeitsrecht im DAV, 2006, S. 139; Salamon, Einseitige Leistungsbestimmungsrechte bei variablen Entgelten, NZA 2014, 465; Salamon, Mitarbeitersteuerung durch erfolgs- und bestandsabhängige Gestaltung von Vergütungsbestandteilen, NZA 2010, 314; Schönhoft, Zur Frage der Initiativlast bei unterbliebenen Zielvereinbarungen, BB 2013, 1529; Ullrich, Bonuszahlung bei unterbliebener Zielvereinbarung: Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers, SAE 2008, 316. Zulagen: Kammerer/Mass, Der tarifungebundene Arbeitgeber – Regelungsmacht und Regelungsgrenzen in Vergütungsfragen, DB 2015, 1043; Lingemann, Widerruf von übertariflichen Leistungen des Arbeitgebers, NJW 2007, 539; Lingemann/Chakrabarti, Zur Gleichbehandlung von Arbeitnehmern mit unterschiedlichen Arbeitsbedingungen bei der Entgelterhöhung und zum anzustellenden Gesamtvergleich, RdA 2016, 114; Lingemann/Gotham, Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers – gibt es sie noch?, DB 2007, 1754; Moderegger, Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Anrechnung übertariflicher Zulagen, ArbRB 2009, 142. Zuschläge: Feichtinger/Malkmus, Zur Zahlung von Feiertagszuschlägen bei Erkrankung des Arbeitnehmers, EWiR 2005, 347; Fischer/Hoberg, Steuer- und sozialabgabenfreie Zuschläge – Optimierungspotenzial für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, DB 2006, 1333; Foerster, SFN-Zuschläge und Beiträge, AuA 2006, Nr. 9, 548; Ilbertz, Mitbestimmung bei Ausgleich für Nachtarbeit, ZBVR 2005, 109; Lakies, Vergütung der Nachtarbeit und Grenzen der Vertragsgestaltung, ArbRAktuell 2012, 521.

I. Einführung 1. Allgemeines 1

Die Vergütung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ist Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers.1 Der Anspruch ergibt sich meist aus der Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder aus Tarifvertrag.2 Auch eine Betriebsvereinbarung kann Anspruchsgrundlage sein.3 Daneben kommen in Betracht arbeitsvertragliche Einheitsregelung und Gesamtzusage4 sowie als ungeschriebene Anspruchs1 Zum Arbeitslohn durch Vorteilsgewährung von dritter Seite vgl. BFH v. 20.5.2010, DStRE 2010, 1002 m. Anm. Hilbert, NWB 2010, 3031. Eine zu geringe Vergütung für geleistete Arbeitsstunden begründet einen Anspruch auf Zahlung der Vergütungsdifferenz, nicht aber einen Anspruch auf Gutschrift dieser Arbeitsstunden auf einem Arbeitszeitkonto als Mehrarbeit, vgl. BAG v. 17.11.2011 – 5 AZR 681/09, juris. 2 Kollisionen sind nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) aufzulösen; verbleiben Zweifel über die Günstigkeit, greift § 4 Abs. 3 TVG nicht, BAG v. 10.12.2014 – 4 AZR 503/12, NZA 2015, 946. 3 Vgl. Kammerer/Mass, DB 2015, 1043; Kleinebrink, ArbRB 2010, 161; Entgeltregelungen in Betriebsvereinbarungen werden allerdings häufig an der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG scheitern, vgl. BAG v. 23.3.2011, AP Nr. 101 zu § 77 BetrVG 1972. 4 Zur AGB-Kontrolle einer Gesamtzusage vgl. Soiné, ZTR 2006, 465 ff.

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Vergütung | Rz. 1a Kap. 12

grundlagen betriebliche Übung5 und Gleichbehandlungsgrundsatz6. Fehlt eine Vereinbarung oder ist diese – zB wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB7 – unwirksam, so ist gem. § 612 Abs. 2 Alt. 2 BGB regelmäßig die übliche Vergütung geschuldet.8 Gem. § 108 GewO ist der Arbeitgeber verpflichtet, über die Vergütung in Textform abzurechnen. Zum Teil wurde aus § 310 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB eine Angemessenheitskontrolle der Vergütungshöhe in vorformulierten Arbeitsverträgen anhand von Tarifverträgen gefordert.9 Eine solche „Preiskontrolle“ lässt sich jedoch schon aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften nicht herleiten; auch verstieße sie gegen die negative Koalitionsfreiheit.10 Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn11 gilt seit dem 1.1.2015 flächendeckend und für alle Berufe – mit Einschränkungen bei Praktikanten, § 22 MiLoG12. Der Mindestlohn darf nicht unterschritten werden, § 3 MiLoG, dh. abweichende Regelungen sind unwirksam.13 Darüber hinaus ist eine Nichtoder verspätete Zahlung bußgeldbewehrt, §§ 20, 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG.14 Gleichzeitig wird der Anspruch über eine Generalunternehmerhaftung abgesichert, § 13 MiLoG iVm. § 14 AEntG.15 Der Mindestlohn gilt auch für Bereitschaftszeiten.16 Zugrunde zu legen ist eine Monatsbetrachtung.17 Neben dem Mindestlohn nach dem MiLoG bestehen die bereits früher in einigen Branchen 5 Vgl. zur betrieblichen Übung hinsichtlich der Nutzung von auf Dienstreisen erworbenen Bonusmeilen BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 500/05, BB 2006, 2137, 2138 f. sowie BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 571/11, NZA 2013, 40 zur betrieblichen Übung bei irrtümlicher Leistungsgewährung. Eine betriebliche Übung zur Erhöhung der Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung wird man bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern jedoch nur in Ausnahmefällen annehmen können, vgl. BAG v. 19.10.2011, NZA-RR 2012, 344, 345 f. m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2011, 664. 6 Vgl. BAG v. 23.2.2011 – 5 AZR 84/10, NZA 2011, 693. Zur Analyse der betrieblichen Entgeltungleichheit vgl. Schmidt, DB 2010, 957. 7 Lohnwucher gem. § 138 BGB, vgl. hierzu BAG v. 18.11.2015 – 5 AZR 814/14, NJW 2016, 2359: Maßstab ist nicht der gesetzliche Mindestlohn, sondern die übliche Vergütung. Ist der Wert der Arbeitsleistung (mindestens) doppelt so hoch wie der Wert der Vergütung, lässt dies den tatsächlichen Schluss auf die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu. Vgl. auch BAG v. 18.11.2015 – 5 AZR 751/13, NZA 2016, 487; v. 17.12.2014 – 5 AZR 663/13, NZA 2015, 608, m. Anm. Winzer, FD-ArbR 2015, 369186; v. 27.6.2012, AP BGB § 138 Nr. 67; v. 16.5.2012 – 5 AZR 268/11, NZA 2012, 974, m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2012, 401; Bayreuther, NZA 2010, 1157; Böggemann, NZA 2011, 493; Perreng, FA 2010, 258; Sasse/Häcker, ArbRB 2012, 350, mangels Angemessenheit iSv § 17 Abs. 1 BBiG, vgl. hierzu BAG v. 29.4.2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384 oder bei fehlerhaftem (faktischem) Arbeitsverhältnis, vgl. BAG v. 27.7.2010 – 3 AZR 317/08, BB 2011, 572 m. Anm. Sagan. Die Vereinbarung von Unentgeltlichkeit ist hingegen zulässig, wenn eine Vergütung, wie bei ehrenamtlicher Tätigkeit, nicht zu erwarten ist; es handelt sich dann jedoch nicht um ein Arbeitsverhältnis, vgl. BAG v. 29.8.2012, NZA 2013, 1433. 8 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 171/10, NZA 2011, 1173. 9 Vgl. Däubler, NZA 2001, 1335; Lakies, NZA-RR 2002, 337. 10 Vgl. im Einzelnen Kap. 2 Rz. 60 ff. mwN; Lingemann, NZA 2002, 181, 188 f. 11 Bayreuther, NZA 2014, 865; Wank, RdA 2015, 88; Ausnahmen bestehen aber für vereinzelte Gruppen nach § 22 und § 24 MiLoG, zB Auszubildende, vgl. hierzu auch Kap. 8 Einf. Dazu auch: Picker, RdA 2014, 25. Über die Höhe entscheidet eine Kommission, § 9 MiLoG. 12 Vgl. BAG v. 20.1.2019 – 5 AZR 556/17, NJW 2019, 1765, m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2019, 120. 13 Henssler, RdA 2015, 43. Das gilt auch für Tariflohn, dazu Wank, RdA 2015, 88, 93. Vgl. auch § 1 Abs. 3 MiLoG. Der Arbeitsvertrag bleibt aber im Übrigen wirksam („insoweit“), anstelle der unwirksamen Vergütungsabrede tritt § 612 BGB, dazu Bayreuther, NZA 2014, 865 f. Darüber hinaus ist auch bei Ausschlussfristen bzw. -klauseln § 3 MiLoG zu beachten. Auch ein Verzicht ist grundsätzlich nicht möglich. 14 Dazu Bayreuther, NZA 2014, 865. Daneben kommt so auch eine Strafbarkeit nach § 266a StGB in Betracht, vgl. Ramming, NZA-Beil. 2014, 149. 15 Dazu Kap. 9 Einf., M 9.1.1 § 3 ff. mit umfangreichen Nachweisen. 16 BAG v. 11.10.2017 – 5 AZR 591/16, juris, m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2018, 13; v. 29.6.2016 – 5 AZR 716/15, BB 2016, 2877. 17 BAG v. 29.6.2016 – 5 AZR 716/15, BB 2016, 2877; v. 25.5.2016 – 5 AZR 135/16, BB 2016, 2621.

Lingemann | 555

1a

Kap. 12 Rz. 1a | Vergütung geltenden Mindestentgelte weiter.18 Auch kann ein nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärter oder in seiner Wirkung nach § 7 AEntG 2009 auf bisher nicht an ihn gebundene Arbeitsverhältnisse erstreckter Tarifvertrag Mindestentgelte festlegen.19 Für die Frage, ob der Arbeitgeber diesen Anspruch auf Mindestlohn durch anderweitige Leistungen erfüllt hat, kommt es darauf an, welchen Zweck die anderen Leistungen haben. Sie sind dann als funktional gleichwertig zum Mindestlohn anzusehen, wenn sie dazu dienen, die nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag vorausgesetzte „Normalleistung“ abzugelten, nicht jedoch, wenn sie über die vom Tarifvertrag vorausgesetzte Verpflichtung hinaus geleistete Arbeitsstunden oder unter demgegenüber besonderen Erschwernissen geleistete Arbeit vergüten sollen.20 Mindestlohnwirksam und damit nicht zusätzlich zum Mindestlohn zu vergüten sind nur Zahlungen, die dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben,21 also nicht unter Freiwilligkeits-, Widerrufsvorbehalt oder Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln stehen.22 Mindestlohnwirksam sind unter dieser Prämisse Anwesenheitsprämien23, idR. Jahressonderzahlungen,24 Leistungsprämien,25 Leistungszulagen,26 Schichtzulagen,27 Sonn- und Feiertagszuschläge28 und Besitzstandszulagen zum Ausgleich dieser Zuschläge29 sowie Treuprämien,30 nicht aber Jubiläumszahlungen,31 (tarifliches) Urlaubsgeld32 und vermögenswirksame Leistungen.33

1b

Einschränkungen bei der Festlegung der Vergütung folgen auch aus der Instituts-Vergütungsverordnung für Kreditinstitute34 sowie der Versicherungs-Vergütungsverordnung für Versicherungskonzerne, die Anforderungen an Vergütungssysteme insb. für Geschäftsleiter/innen festlegen.

1c

Die vereinbarte Vergütung stellt im Regelfall eine Bruttovergütung dar.35 Auch im Falle einer Schwarzgeldabrede ist nicht von einer Nettolohnabrede36 auszugehen, weil die Arbeitsvertragsparteien mit der Schwarzgeldabrede die Hinterziehung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 18 Wank, RdA 2015, 88, 93. 19 Vgl. zu den Voraussetzungen der Allgemeinverbindlicherklärung LAG Berlin-Brandenburg v. 4.8.2015 – 7 BVL 5007/14, 7 BVL 5008/14, rkr. gem. BAG PM 65/16; ferner Wolf, NWB 2011, 1800; gem. dem 2011 eingeführten § 3a AÜG und der zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Mindeststundenentgeltverordnung in der Arbeitnehmerüberlassung gilt auch in der Leiharbeit ein Mindestlohn. Dieser geht dem MiLoG vor, soweit die Höhe der dortigen Mindestlöhne die Höhe des Lohns nach MiLoG nicht unterschreitet, § 1 Abs. 3 MiLoG. 20 BAG v. 18.4.2012 – 4 AZR 139/10, DB 2013, 69 („Verkehrsmittelzulage“). 21 BAG v. 25.5.2016 – 5 AZR 135/16, juris; v. 21.12.2016 – 5 AZR 374/16, juris; v. 22.3.2017 – 5 AZR 424/ 16, NZA 2018, 1073. 22 Im Einzelnen Sura, BB 2018, 437, Weigert, NZA 2017, 745. 23 BAG v. 6.12.2017 – 5 AZR 864/16, NZA 2018, 525, m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 233; v. 8.11.2017 – 5 AZR 692/16, juris. 24 BAG v. 11.10.2017 – 5 AZR 621/16, juris; v. 25.5.2016 – 5 AZR 135/16, BB 2016, 2621. 25 BAG v. 21.12.2016 – 5 AZR 374/16, NZA 2017, 378. 26 BAG v. 6.9.2017 – 5 AZR 317/16, NZA 2017, 1463. 27 BAG v. 22.3.2017 – 5 AZR 242/16, NZA 2017, 1073. 28 BAG v. 17.1.2018 – 5 AZF 69/17, NZA 2018, 781; v. 24.5.2017 – 5 AZR 431/16, NZA 2017, 1387. 29 BAG v. 6.12.2017 – 5 AZR 699/16, NZA 18, 582, m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2018, 228. 30 BAG v. 22.3.2017 – 5 AZR 424/16, juris. 31 Vgl. BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NZA 2013, 1013, 1015. 32 BAG v. 20.9.2017 – 10 AZR 171/16, NZA 2018, 53. 33 BAG v. 18.4.2012 – 4 AZR 139/10, DB 2013, 69. 34 Dazu Reufels/Volmari, ArbRB 2019, 26. 35 Dabei trifft den Arbeitgeber keine Informationspflicht im Hinblick auf Vor- oder Nachteile für den Arbeitnehmer bei bestehenden Alternativen individueller Besteuerungsarten, vgl. BAG v. 13.11.2014 – 8 AZR 817/13, NZA 2015, 166. 36 Zur Nettolohnabrede und ihrer steuerlichen Behandlung vgl. Peetz, DStZ 2010, 809.

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Vergütung | Rz. 2 Kap. 12

bezweckt haben, nicht jedoch deren Übernahme durch den Arbeitgeber.37 Allerdings bestehen in diesem Fall schon keine gegenseitigen Ansprüche.38 Bei der Vergütung ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Dieser kann einzelvertraglichen Vergütungsregeln vorgehen, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Gewährt der Arbeitgeber freiwillige Sonderzahlungen, so darf er nicht einzelne Arbeitnehmer aus unsachlichen Gründen von einer solchen Zahlung ausschließen.39 Der Zweck, bestehende Vergütungsunterschiede auszugleichen, kann eine Ungleichbehandlung bei der Entgelterhöhung rechtfertigen.40 Auch darf der Arbeitgeber differenzieren zwischen Arbeitnehmern, die Nachteile in Kauf genommen haben und solchen, bei denen das nicht der Fall ist.41 Dies darf aber nicht zu einer Überkompensation führen, die das BAG nunmehr konkret auf den einzelnen Arbeitnehmer bezogen ermittelt.42 Die rein nominale Berechnung des BAG zu Ermittlung einer Überkompensation ist allerdings abzulehnen, vielmehr ist auch das Risiko der Arbeitnehmer, die Nachteile in Kauf genommen haben, angemessen zu berücksichtigen.43

1d

Dem Ziel der Entgeltgleichbehandlung dient das Entgelttransparenzgesetz.44 Darauf gehen wir im Einzelnen ein Kap. 13 Rz. 32 ff. Als mögliches Flexibilisierungsinstrument kommen im Zusammenhang mit der Vergütung auch Bedingungs- und Befristungsabreden in Betracht.45 Im Grundsatz unterliegt weder die Befristung noch die Bedingung einzelner Arbeitsbedingungen unter Verwendung von AGB den Regeln des TzBfG,46 anderes gilt jedoch bei erheblichen Veränderungen des Synallagma.47 Die Bestimmungen müssen jedoch der Inhaltskontrolle des § 307 BGB standhalten, dürfen also insb. den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.48 Es wird in diesem Zusammenhang vertreten, dass der bedingte/befristete Teil des Arbeitsentgelts – wie in den Fällen des Widerrufsvorbehalts – unter 25/30 % des Gesamtverdienstes liegen muss.49

1e

Vergütung kann in verschiedenen Formen geleistet werden, die untereinander kombinierbar sind. Die häufigste Vergütungsform ist die Festvergütung (Vergütung nach Stunden, Wochen, Monaten oder auch Jahren) (M 12.1.1 ff.). Sie ist unabhängig vom Erfolg der Tätigkeit innerhalb des Zeitrau-

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37 BAG v. 17.3.2010 – 5 AZR 301/09, NZA 2010, 881. 38 BGH v. 10.4.2014 – VII ZR 241/13, NZA 2014, 784. 39 BAG v. 3.9.2014 – 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222 Rz. 18; v. 13.4.2011 – 10 AZR 88/10, NZA 2011, 1047; krit.: Lingemann/Chakrabarti, RdA 2016, 114. 40 BAG v. 12.1.2011, NZA-RR 2011, 574; v. 17.3.2010 – 5 AZR 168/09, NZA 2010, 696; vgl. auch BAG v. 3.9.2014 – 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222 Rz. 25. 41 BAG v. 5.8.2009 – 10 AZR 666/08, NZA 2009, 1135. 42 BAG v. 3.9.2014 – 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222 Rz. 25 f., 29 und Ls. 4–6; dazu Lingemann/Chakrabarti, RdA 2016, 114, 115. 43 Lingemann/Chakrabarti, RdA 2016, 114, 115. Die Berücksichtigung von Nachteilen hält das BAG nunmehr auch für zulässig (BAG v. 20.9.2017 – 10 AZR 610/15, NZA 2018, 670). 44 Dazu Bauer/Krieger/Günther, AGG EntgTranspG, 5. Aufl. 2018. 45 Dazu Fleddermann, ArbRAktuell 2015, 367; Fleddermann, ArbRAktuell 2015, 392. 46 BAG v. 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 29; v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674 Rz. 18; v. 14.1.2004 – 7 AZR 213/03, NZA 2004, 719, 722. 47 Zu Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Befristung einzelner Vertragsbedingungen“, Kap. 2 Rz. 96. 48 BAG v. 1.10.2014 – 7 AZR 1009/12, NZA 2015, 811 Rz. 29; v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674 Rz. 18; v. 18.5.2011 – 10 AZR 206/10, NZA 2011, 1289; v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, NZA 2008, 229. Zu Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Befristung einzelner Vertragsbedingungen“, Kap. 2 Rz. 96. 49 Fleddermann, ArbRAktuell 2015, 392; Wank, NZA-Beil. 2012, 41; Willemsen/Jansen, RdA 2010, 1, 5; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rz. 76.

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Kap. 12 Rz. 2 | Vergütung mes geschuldet.50 Im Gegensatz dazu steht die Akkordvergütung, die sich allein nach der erbrachten Leistung bestimmt. Typischer Anwendungsfall ist der Akkordlohn (berechnet nach Arbeitsmengeneinheiten, zB Stückzahl, Gewicht (Geldakkord), oder nach festen Vorgabezeiten als Verrechnungsfaktor (Zeitakkord)) (M 12.13.1). Leistungsbezogen sind Prämien, die sich allerdings auch nach bestimmten zeitlichen Leistungen richten können (M 12.14.1 und M 12.14.2), oder Provisionen (M 12.11).

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Neben der Grundvergütung kommen insb. in Betracht übertarifliche Zulagen (M 12.7.1 ff.), Zuschläge (M 12.8.1 f.), Tantiemen (M 12.10.1 ff.), Prämien (M 12.14.1 ff.), Gratifikationen (M 12.15.1 f.), Dienstwagen (M 12.22.1), Dienstfahrrad (M 12.22.2), Dienstwohnung (M 12.23), Arbeitgeberdarlehen (M 12.24), Zielvereinbarungen (M 12.27), Aktienoptionen (M 12.28).

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Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bestehen gem. § 87 BetrVG, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht (gem. § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG). Anders als bei § 77 Abs. 3 BetrVG sperrt die bloße Tarifüblichkeit Betriebsvereinbarungen insoweit nicht.51 Gegenstand des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist insb. die Wahl der jeweiligen Vergütungsform (s. Rz. 2 f.) und die Erstellung von Kriterien zur Verteilung bestimmter Zulagen auf die Arbeitnehmer. Die Höhe der Vergütung oder den Dotierungsrahmen für etwaige Zulagen kann der Arbeitgeber hingegen mitbestimmungsfrei vorgeben.52 Nur bei leistungsbezogenen Vergütungsbestandteilen hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG ein erweitertes Mitbestimmungsrecht, das auch die Höhe der leistungsbezogenen Entgelte umfasst. Zur Prüfung der Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht, kann der Betriebsrat einen Anspruch auf Information nach § 80 Abs. 2 BetrVG auch dann haben, wenn umstritten ist, ob ein Mitbestimmungstatbestand für die Vergütungsfragen überhaupt eingreift. Voraussetzung ist allerdings, dass zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe des Betriebsrats besteht und die begehrte Auskunft zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist.53

2. Freiwilligkeit, Widerruflichkeit und Anrechenbarkeit der Vergütung 5

Zur Zulässigkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten verweisen wir auf Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff.

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Ansprüche aus betrieblicher Übung können wegen § 308 Nr. 5 BGB nicht (mehr) durch eine negative betriebliche Übung aufgehoben werden, also dadurch, dass der Arbeitgeber im Nachhinein erklärt, die Zahlung der Sonderzahlung sei eine freiwillige Leistung und begründe keinen Rechtsanspruch für die Zukunft, und der Arbeitnehmer der neuen Handhabung über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg nicht widerspricht.54 Der bereits entstandene Anspruch des Arbeitnehmers kann folglich nur noch durch (Änderungs-)Kündigung oder Vereinbarung beseitigt oder abgeändert werden. Auch eine ablösende Betriebsvereinbarung kann in Betracht kommen.55 50 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 200/10, NZA 2011, 917. 51 BAG v. 18.3.2020 – 5 AZR 36/19, NZA 2020, 868; v. 5.3.1997 – 4 AZR 532/95, NZA 1997, 951, 954. 52 BAG v. 18.10.2011 – 1 AZR 376/10, DB 2012, 356; v. 26.8.2008 – 1 AZR 354/07, NZA 2008, 1426, 1428. Soweit über verschiedene Entgeltfragen eine Betriebsvereinbarung zustande kommt, sollten mitbestimmungspflichtige und nicht mitbestimmungspflichtige Regelungen in verschiedenen Vereinbarungen getroffen werden, um eine Nachwirkung auch bzgl. der mitbestimmungsfreien Entgeltregelungen auszuschließen, vgl. Kleinebrink, ArbRB 2010, 161, 162 f. Zum Mitbestimmungsrecht bei Gehaltsanpassungen vgl. Brugger/Mosch, NJW-Spezial 2010, 690. 53 BAG v. 27.10.2010, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 133; BAG v. 10.10.2006 – 1 ABR 68/05, NZA 2007, 99. Zur Mitbestimmung bei freiwilligen Leistungen allgemein und der Zuständigkeit des Gesamt- oder Konzernbetriebsrates vgl. Lunk/Leder, NZA 2011, 249. 54 BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, NZA 2009, 601 unter Aufgabe von BAG v. 4.5.1999, NZA 1999, 1162. 55 zur Betriebsvereinbarungsoffenheit von AGB in Arbeitsverträgen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Betriebsvereinbarungsvorbehalt/Betriebsvereinbarungsoffenheit“, Kap. 2 Rz. 96c.

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Vergütung | Rz. 9 Kap. 12

Ein Widerrufsvorbehalt,56 der das Recht des Arbeitgebers begründen soll, bereits entstandene Ansprüche einseitig zu ändern, ist insb. an § 308 Nr. 4 BGB zu messen. Er muss zudem die Widerrufsgründe möglichst konkret nennen.57 Der bloße Hinweis, dass eine Leistung aus „wirtschaftlichen Gründen“ widerrufen werden kann, reicht nicht aus.58 Eine beispielhafte Aufzählung, in der die wichtigsten Fälle mit „insbesondere“ bezeichnet werden, dürfte aber zulässig sein.59 Die Regelung kann aber auf eine wirtschaftliche Notlage abstellen.60 Für Widerrufsvorbehalte in Arbeitsverträgen, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden, kommt bei fehlender Nennung von Widerrufsgründen eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht; das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht bis zur Übergangsfrist (31.12.2002) eine Anpassung der Klausel angeboten hatte.61

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Darüber hinaus muss der widerrufliche Teil unter 25/30 % des Gesamtverdiensts liegen und der Tariflohn darf nicht unterschritten werden.62 Auch der gesetzliche Mindestlohn darf durch den Widerruf nicht unterschritten werden.63 Diese Grundsätze gelten auch für arbeitsvertragliche Klauseln, die auf eine bestimmte Fassung eines einseitig vom Arbeitgeber vorgegebenen Regelwerks Bezug nehmen und gleichzeitig die jeweilige Fassung dieses Regelwerks für anwendbar erklären. Ein solcher Vorbehalt ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn hierdurch nahezu sämtliche Arbeitsbedingungen einseitig abänderbar werden und keinerlei Gründe für eine mögliche Verschlechterung genannt sind.64 Bei der Formulierung von Widerrufsvorbehalten ist das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu beachten.65

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Die Anrechnung von Tariferhöhungen auf allgemeine übertarifliche Zulagen ist grundsätzlich auch ohne ausdrücklichen vertraglichen Anrechnungsvorbehalt66 zulässig.67 Das gilt weiterhin auch

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56 Vgl. auch detailliert Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. sowie M 2.2 Ziff. 4 Abs. 2; Stoffels, NZA 2017, 1217. 57 BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann. 58 Vgl. BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, wonach die Klausel, die Überlassung des Dienstwagens könne „aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen werden“, unwirksam ist, weil sie einen Widerruf auch bei einer unwirtschaftlichen Nutzung ermöglichen würde. UE müssten „wirtschaftliche Schwierigkeiten des Arbeitgebers“ als Widerrufsgrund insb. bei finanziellen Sonderzuwendungen des Arbeitgebers noch ausreichen, da sie eine solche missbräuchliche Deutung nicht zulassen. Wer das Risiko vermindern möchte, sollte die „wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ durch die Nennung einzelner Voraussetzungen konkret benennen, vgl. hierzu M 2.2 Ziff. 4 Abs. 2. 59 So etwa in BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, zu einer Widerrufsklausel im Dienstwagenvertrag, die lautete: „Die Gesellschaft behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird.“ (Hervorhebung von uns). 60 BAG v. 24.1.2017 – 1 AZR 772/14, NZA 2017, 931; enger noch BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; ferner Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Kap. 2 Rz. 99c. 61 BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796. 62 BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465. Nur wenn der widerrufliche Teil im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, muss er unter 25 % liegen, ansonsten kann er sich auf bis zu 30 % erhöhen, BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann. 63 Der Mindestlohn sollte daher ausdrücklich vom Widerrufsvorbehalt ausgenommen werden, s. Kap. 2, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“ Kap. 2 Rz. 92. 64 BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428. 65 Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. sowie M 2.2 Ziff. 4 Abs. 2; Stoffels, NZA 2017, 1217. 66 Vgl. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Anrechnungsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 87 f. 67 BAG v. 3.9.2014, NJOZ 2015, 1063; v. 23.9.2009, AP TVG § 4 Übertarifl. Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 44; v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49; v. 1.3.2006 – 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688; v. 9.12.1997 – 1 AZR 319/97, NZA 1998, 661. Soll auf die übertarifliche Zulage jedoch auch angerechnet

Lingemann | 559

Kap. 12 Rz. 9 | Vergütung unter der AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen,68 denn Vereinbarungen über die Zahlung einer übertariflichen Vergütung, die keinem besonderen Zweck dient, sind Bruttolohnabreden, die wegen der Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB nur am Maßstab des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu prüfen sind.69 Die allgemeine Zulage soll lediglich den Tariflohn an das tatsächliche Leistungsniveau anpassen. Diese Zielsetzung entfällt, wenn der Tariflohn erhöht wird. Die Anrechenbarkeit ergibt sich in solchen Fällen bereits aus der Vereinbarung einer „übertariflichen Zulage“ und entspricht damit auch dem Transparenzgebot.70 Eine rückwirkende Anrechnung ist ebenfalls zulässig.71 Die Zulage ist nur dann „tariffest“, wenn ein Anrechnungsverbot – ggf. auch konkludent – vereinbart wurde.72 Der Arbeitgeber ist bei der Anrechnung an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden.73 Ein konkludentes Anrechnungsverbot wird angenommen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass die Zulage einem besonderen Zweck dient und dem Arbeitnehmer trotz Erhöhung als selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zustehen soll.74 In Betracht kommt etwa eine Erschwernis-, Schicht- oder Auslandszulage (vgl. M 12.7.3–M 12.7.5). Denn in diesen Fällen ändert die Tariflohnerhöhung nichts an der besonderen Belastung, die der Arbeitgeber durch die Zulage ausgleichen will. Möglich bleibt dann nur der ausdrückliche Anrechnungsvorbehalt.75 Ein konkludentes Anrechnungsverbot kann sich auch aus betrieblicher Übung ergeben.76 Zur Sicherheit sollte daher stets eine entsprechende Anrechnungsvereinbarung getroffen werden.

10 Dem Betriebsrat steht bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf Zulagen grundsätzlich

ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu. Voraussetzung ist zum einen, dass – wie meist – ein kollektiver Tatbestand vorliegt, zum anderen, dass die Anrechnung zu einer Änderung der Verteilungsgrundsätze führt und für eine anderweitige Verteilung ein Regelungsspielraum der Betriebsparteien verbleibt.77 Eine Änderung der Verteilungsgrundsätze nimmt das BAG an, wenn sich aufgrund der Anrechnung das Verhältnis der Zulagen zueinander ändert.78 Dies trifft in den meisten Fällen zu.79 Unverändert bleibt die Verteilung jedoch, wenn eine prozentual zum jeweiligen Tariflohn gleiche Zulage gezahlt wurde und diese auch im gleichen prozentualen Umfang gekürzt wird.80 Ein Regelungsspielraum setzt ferner voraus, dass das Zulagenvo-

68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80

werden, wenn sich die tarifliche Arbeitszeit verkürzt, so muss dies ausdrücklich vereinbart werden, vgl. BAG v. 3.6.1998, AuA 1999, 571. Vgl. Kap. 2 Rz. 87; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rz. 65; Lingemann, NZA 2002, 181, 190; Schnitker/ Grau, BB 2002, 2120, 2124; Groeger, ArbRB 2010, 156, 160; krit. Franke, NZA 2009, 245. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52; v. 1.3.2006 – 5 AZR 540/05, NZA 2006, 688, 689 mwN. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746, 749; aA ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rz. 65. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 51. BAG v. 3.12.1991 – GS 2/90, NZA 1992, 749. BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 540/05, DB 2006, 1276; v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, DB 2006, 1377, 1378; vgl. Kap. 2 Rz. 87. LAG Köln v. 25.1.2001, NZA-RR 2001, 487, 488; ähnl. BAG v. 23.9.2009, ArbRAktuell 2010, 10; v. 27.8. 2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 50; ergibt sich jedoch, dass die Zulage dieselbe Leistung abgelten soll wie die Tariferhöhung, ist eine Anrechnung zulässig, BAG v. 18.4.2012 – 4 AZR 139/10, DB 2013, 69. BAG v. 9.12.1997 – 1 AZR 319/97, NZA 1998, 661; v. 23.3.1993 – 1 AZR 520/92, NZA 1993, 806. BAG v. 14.8.2018 – 2 AZR 287/17, NZA 2019, 106, m. Anm. Bayreuther, NZA 2019, 517. Vgl. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52; v. 30.5.2006 – 1 AZR 111/05, NZA 2006, 1170, 1171. BAG v. 26.8.2008 – 1 AZR 354/07, NZA 2008, 1426 Rz. 21, wonach sich die Gesamtvergütung nicht in einzelne, voneinander unabhängige Bestandteile aufspalten lässt. Ändert sich einer der Bestandteile (Erhöhung, Streichung, Verminderung), ändert sich zugleich die Gesamtvergütung. BAG v. 3.6.2003, BuW 2004, 260; v. 14.2.1995 – 1 AZR 565/94, DB 1995, 1917. Anders aber möglicherweise, wenn für jede Leistung eine gesonderte Betriebsvereinbarung geschlossen wird. Vgl. BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52; v. 26.8.2008 – 1 AZR 354/07, NZA 2008, 1426 Rz. 17 f.; v. 3.12.1991 – GS 2/90, NZA 1992, 749 mit zahlreichen Rechenbeispielen.

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Vergütung | Rz. 12 Kap. 12

lumen durch die Anrechnung nicht vollständig aufgezehrt wird. Fällt die Zulage durch die Anrechnung hingegen vollständig weg, bleibt keine Möglichkeit für eine Mitwirkung des Betriebsrats; unabhängig davon, ob sich die Verteilungsgrundsätze geändert haben, steht dem Betriebsrat dann kein Mitbestimmungsrecht zu.81 Versuchen des Betriebsrates, sein Mitbestimmungsrecht durch Mitbestimmung auch zur Höhe zu überschreiten, darf der Arbeitgeber mit der Ankündigung, die Zulage vollständig und gleichmäßig und damit mitbestimmungsfrei zu streichen, begegnen.82

3. Zulagen/Zuschläge (M 12.7 und M 12.8.1/M 12.8.2) → S. M 12.7.1 Übertarifliche Zulage; M 12.7.2 Widerrufs- und Anrechnungsvorbehalt; M 12.7.3 Erschwerniszulage; M 12.7.4 Wechselschichtzulage; M 12.7.5 Auslandszulage; M 12.7.6 Leistungszulage; M 12.7.7 Sozialzulage. → S. M 12.8.1 Überstundenzuschläge; M 12.8.2 Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge. Zulagen werden neben der Grundvergütung geleistet. Sie können einen besonderen Zweck verfolgen, beispielsweise den Ausgleich besonderer Erschwernisse oder der Arbeitsleistung zu ungünstigen Zeiten (Nachtarbeit, Spätarbeit, Sonn- oder Feiertagsarbeit, Schichtarbeit83), oder sie dienen ohne einen besonderen Zweck nur dazu, die Vergütung über das als zu niedrig angesehene Tariflohnniveau hinaus zu erhöhen. Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen iSv. § 850 Nr. 3 ZPO und damit unpfändbar. Für Schicht- und Samstagszulagen gilt das nicht.84

11

Rechtsgrundlage von Zulagen können Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder einzelvertragliche Vereinbarungen sein. § 17 Abs. 3 BBiG schreibt bei Überstunden Auszubildender Zulagen vor. Für Nachtarbeit ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG Nachtarbeitnehmern (§ 2 Abs. 5 ArbZG) ein angemessener Zuschlag zu zahlen, wenn kein Ausgleich durch zusätzliche Freizeit erfolgt.85 Daneben gibt es „übertarifliche“ Zulagen, die an einen tariflichen Regelungsgegenstand anknüpfen, jedoch über die tariflich normierten Mindestbedingungen hinausgehen. Davon zu unterscheiden sind „außertarifliche“ Zulagen; sie betreffen Regelungsgegenstände, die in den einschlägigen tariflichen Bestimmungen nicht vorgesehen sind.86

12

Bei der Gewährung von Zulagen ist der Arbeitgeber an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden.87 Teilzeitbeschäftigte haben gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG grundsätzlich Anspruch auf dieselben 81 BAG v. 30.5.2006 – 1 AZR 111/05, NZA 2006, 1170, 1171; v. 3.3.1993 – 10 AZR 42/92, NZA 1993, 805; v. 27.10.1992 – 1 ABR 17/92, NZA 1993, 561; v. 22.9.1992 – 1 AZR 405/90, NZA 1993, 668; vgl. hierzu Lunk/Leder, NZA 2011, 249, 250. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates kann auch aus einer Regelungsabrede außerhalb der gesetzlichen Mitbestimmungsrechte folgen. Dessen Missachtung führt jedoch nicht zu einer Unwirksamkeit gegenüber dem Arbeitnehmer, BAG v. 14.8.2001, DB 2002, 902. 82 BAG v. 26.5.1998, NZA 1998, 1293; vgl. auch BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 540/05, DB 2006, 1276; v. 1.3. 2006 – 5 AZR 363/05, DB 2006, 1377. 83 Zum Anspruch auf Zulage für ständige Wechselschichtarbeit bei Unterbrechung durch Bereitschaftsdienst vgl. BAG v. 18.5.2011, NJOZ 2011, 1702. Zu den Voraussetzungen einer Zulage für Schicht- und Wechselschichtarbeit bei nur unregelmäßiger Einbeziehung in das Schichtsystem vgl. BAG v. 13.6.2012 – 10 AZR 351/11, NZA 2012, 1301. 84 BAG v. 23.8.2017 – 10 AZR 859/16, NZA 2017, 1548. 85 Die in § 11 Abs. 2 ArbZG enthaltende Verweisung auf § 6 Abs. 5 ArbZG hat lediglich zur Folge, dass ein Arbeitnehmer, der an Sonn- und Feiertagen Nachtarbeit leistet, einen Anspruch auf eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder auf einen Zuschlag für die geleistete Nachtarbeit hat. Dagegen entsteht kein Anspruch auf einen gesetzlichen Sonn- und Feiertagszuschlag, vielmehr hat der Arbeitnehmer bei Sonn- und Feiertagsarbeit, die keine Nachtarbeit ist, nur nach § 11 Abs. 3 ArbZG einen Anspruch auf einen Ersatzruhetag (BAG v. 11.1.2006 – 5 AZR 97/05, NZA 2006, 372). 86 BAG v. 7.2.2007 – 5 AZR 41/06, NZA 2007, 934; dazu Hunold, NZA 2007, 912. 87 Eine Präklusion des Arbeitgebers mit Differenzierungsgründen tritt im Prozess nicht ein, der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Gründe für die Differenzierung daher nicht zwingend schon vorprozessual mitteilen, vgl. BAG v. 23.2.2011 – 5 AZR 82/10, juris.

Lingemann | 561

Kap. 12 Rz. 12 | Vergütung Zulagen wie Vollzeitbeschäftigte, soweit diese nicht mit der Vollzeitbeschäftigung zusammenhängen.88 Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz findet gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG bei Entgeltregelungen Anwendung. Es verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts,89 der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (§ 1 AGG). Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot führt bei Vermögensschäden des Arbeitnehmers zu einem Schadensersatzanspruch gem. § 15 Abs. 1 AGG und bei immateriellen Beeinträchtigungen ggf. zusätzlich zu einem Entschädigungsanspruch gem. § 15 Abs. 2 AGG.90

13 Auch bei der Gewährung von Zulagen hat der Betriebsrat gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzube-

stimmen, allerdings nur über den Verteilungsmodus, nicht über den vom Arbeitgeber insgesamt zur Verfügung gestellten Zulagenbetrag.91

4. Tantiemen (M 12.10) → S. M 12.10.1 Leitender Angestellter/GmbH-Geschäftsführer; M 12.10.2 Ermessenstantieme; M 12.10.3 Klage auf Ermessenstantieme/Ermessensbonus; M 12.10.4 Vorstand einer AG.

14 Die Tantieme wird regelmäßig neben der Festvergütung vereinbart. Sie beteiligt den Mitarbeiter am

Erfolg des Unternehmens92 häufig unabhängig davon, ob dieser Erfolg auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist. Dennoch gehört sie zu den Vergütungsbestandteilen, die in das Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn“ einbezogen sind.93 Sie wird meist mit Führungskräften vereinbart.

15 Eine Tantieme wird als Erfolgsbeteiligung häufig prozentual nach dem Jahresgewinn (EBT, EBIT, EBITDA) des Unternehmens berechnet.

Soweit der Arbeitgeber sich das Recht vorbehält, jedes Jahr über die Höhe einer Tantieme zu bestimmen, ist diese Bestimmung eine zulässige Leistungsbestimmung iSv. § 315 BGB.94 Hat der Arbeitgeber das Gesamtvolumen in einer bestimmten Höhe festgelegt, muss er dieses Gesamtvolumen als wesentlichen Umstand bei der Berechnung der individuellen Tantieme berücksichtigen, wenngleich auch die Bestimmung des Gesamtvolumens noch keine Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts darstellt. Sie führt jedoch dazu, dass der Arbeitgeber nur bei Vorliegen besonderer Umstände (zB außergewöhnlich hohe Verluste) berechtigt ist, von dem vorher festgelegten Gesamtvolumen abzuweichen.95 88 Vgl. hierzu BAG v. 17.8.2011, ZTR 2011, 727; v. 5.8.2009, ZTR 2009, 646; v. 22.10.2008 – EzA TzBfG § 4 Nr. 16. 89 Insb. das Erlöschen von Ansprüchen in dem Zeitpunkt, in dem Arbeitnehmer eine vorgezogene Altersrente beanspruchen können, stellt eine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar, soweit diese früher als Männer zum Bezug einer Altersrente gegen Abschläge berechtigt sind, vgl. BAG v. 15.2.2011 – 9 AZR 340/08, juris. 90 Näher zum AGG Kap. 13 Rz. 1 ff. sowie Kap. 1 Rz. 5 ff. 91 ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rz. 108; Kammerer/Mass, DB 2015, 1043, 1047. 92 Zu gesellschaftsrechtlichen Implikationen, insb. der Qualifizierung als im Handelsregister eintragungspflichtige Teilgewinnabführung Ekkenga/Schirrmacher, BB 2017, 2549. 93 BAG v. 8.9.1998, DB 1999, 696; dagegen ist die Erfolgsbeteiligung im Rahmen eines Carried-InterestModells idR keine Tantieme, BAG v. 3.5.2006 – 10 AZR 310/05, DB 2006, 1499, 1502. Zur Möglichkeit von Bindungsklauseln auch bei leistungsabhängigen Bonussystemen vgl. Reiserer/Fallenstein, DStR 2011, 1572, 1575. 94 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499; vgl. auch BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595, Rz. 32, 40; v. 15.5.2013, NJW-Spezial 2013, 563; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NZA 2013, 1013, Rz. 13, 29; v. 12.10.2011 – 10 AZR 746/10, NZA 2012, 450, Rz. 25; LAG BW v. 14.1.2013, NZARR 2013, 118. Dazu detailliert Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400. 95 BAG v. 12.10.2011 – 10 AZR 746/10, DB 2012, 351 m. Anm. Fröhlich, ArbRB 2012, 85.

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Vergütung | Rz. 17 Kap. 12

Ist die Gewährung einer Tantieme durch Betriebsvereinbarung geregelt, die dem Arbeitgeber das Recht einräumt, das Gesamtvolumen für einen bestimmten Zeitraum in Abhängigkeit vom Geschäftsergebnis festzulegen, kann der Arbeitgeber ein einmal festgelegtes Gesamtvolumen hingegen auch bei Vorliegen besonderer Umstände für diesen Zeitraum nicht mehr einseitig ohne Zustimmung des Betriebsrates ändern oder reduzieren; er bleibt an die Festlegung des Gesamtvolumens unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung gebunden.96 Die Tantieme kann auch von der Ausschüttung einer Dividende abhängig gemacht werden.97 Auch dies stellt keine unangemessene Benachteiligung dar. Die Bedingung braucht – anders als ein Freiwilligkeitsvorbehalt – auch nicht bei jeder Zahlung wiederholt zu werden.98 Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei darin, unterschiedliche Tantiemen bzw. Boni zu gewähren, die an die Tätigkeit oder den Marktwert der Arbeitsleistung des jeweiligen Arbeitnehmers anknüpfen. Er kann insb. einigen Arbeitnehmern zusätzliche Leistungen gewähren, um erhebliche Vergütungsunterschiede oder finanzielle Nachteile, die zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen bestehen, abzumildern oder auszugleichen. Ein Anspruch der übrigen Arbeitnehmer aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgt daraus nicht.99

15a

Eine konkludente Zusage künftiger Bonuszahlungen kommt auch bei wechselnder Höhe der Bonuszahlungen dem Grunde nach in Betracht, weil die Höhe der Bonuszahlung aufgrund der Anknüpfung an ein Betriebsergebnis häufig schwankt. Die Höhe ist dann ggf. durch den Arbeitgeber nach § 315 BGB zu bestimmen.100

15b

5. Provisionsvereinbarung für einen angestellten Handelsvertreter (M 12.11) → S. M 12.11. Anders als die Tantieme knüpft die Provision an die eigene Tätigkeit des Mitarbeiters an. Sie wird regelmäßig als Vergütung für die Vermittlung oder den Abschluss von Verträgen mit dem Unternehmen gezahlt.101 Rechtsgrundlagen sind die §§ 87 bis 87c HGB für Handelsvertreter.102 Gem. § 65 HGB sind diese für Arbeitnehmer auf Provisionsbasis entsprechend anwendbar, mit Ausnahme der Vorschriften über die Bezirksvertretung (§ 87 Abs. 2 HGB) und die Inkassoprovision (§ 87 Abs. 4 HGB). Auch ohne ausdrückliche Regelung im Vertrag darf der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden.103

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Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank, so hat er Anspruch auf Provision für die Geschäfte, die er geschlossen oder vermittelt hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig gewesen wäre. Das Lohnausfallprinzip gilt insoweit auch für die Vergütungsbestandteile, die nur auf das Ergebnis der Arbeit abstellen (vgl. § 4 Abs. 1a Satz 2 EFZG). Maßgeblich ist der Provisionsdurchschnitt eines längeren vor der

17

96 BAG v. 12.10.2011 – 10 AZR 746/10, DB 2012, 351; v. 12.10.2011 – 10 AZR 649/10, ZIP 2012, 745 m. Anm. Fröhlich, ArbRB 2012, 85; aber auch die Beseitigung eines individualvertraglichen Anspruches stellt eine mitbestimmungspflichtige Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze dar, BAG v. 14.1. 2014 – 1 ABR 57/12, NZA 2014, 922. 97 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499. 98 BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499. 99 BAG v. 12.10.2011 – 10 AZR 510/10, NZA 2012, 680 m. Anm. Emmert/Woerz, ArbRAktuell 2012, 146. 100 Vgl. BAG v. 21.4.2010 – 10 AZR 163/09, NZA 2010, 808, 809 f. 101 Vgl. hierzu MüKo-HGB/von Hoyningen-Huene, § 65 HGB Rz. 1 ff.; keine Provision stellt die Erfolgsbeteiligung im Rahmen eines Carried-Interest-Modells dar, BAG v. 3.5.2006 – 10 AZR 310/05, DB 2006, 1499, 1501. 102 Es besteht jedoch kein Anspruch des Handelsvertreters auf eine bestimmte Ausgestaltung des Vertriebssystems, die ihm die höchsten Provisionen ermöglicht, vgl. BAG v. 16.2.2012, AP HGB § 87 Nr. 14. 103 Vgl. etwa ErfK/Franzen, § 1 MiLoG Rz. 10; Küttner/Griese, Personalbuch, Rz. 3 zu „Provision“.

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Kap. 12 Rz. 17 | Vergütung Krankheit liegenden Zeitraums.104 Die Urlaubsvergütung richtet sich gem. § 11 BUrlG nach dem Provisionsdurchschnitt der letzten abgerechneten 13 Wochen vor Urlaubsantritt.105

6. Akkordvergütung (M 12.13) → S. M 12.13.1 Zeitakkord; M 12.13.2 Geldakkord.

18 Die Akkordvergütung ist streng leistungsbezogen. Ihre Höhe richtet sich nach der Menge der geleisteten Arbeit. Anders als bei der Prämienvergütung ist Bezugsgröße nur die Menge der geleisteten Arbeit, nicht also Arbeitsqualität, Materialeinsatz und ähnliche Faktoren.

19 Sofern der Arbeitsvertrag nicht die Leistung von Akkordlohn vorsieht, kann der Arbeitgeber diese nicht einseitig im Wege des Direktionsrechtes dem Arbeitnehmer auferlegen. Umgekehrt ist ein Akkordlohnarbeiter zur Leistung gegen Zeitlohn nur vorübergehend verpflichtet, wobei er auch dann Anspruch auf den Akkordlohndurchschnittsverdienst hat.106 Nicht zulässig ist Akkordarbeit bei Schwangeren (§ 4 Abs. 3 MuSchG), Jugendlichen (§ 23 JArbSchG) und bei Fahrpersonal (§ 3 Abs. 1 FPersG).

20 Besondere Probleme bereitet die Akkordvergütung bei Arbeitsausfall. Hier gilt im Rahmen des

EFZG das Lohnausfallprinzip, wobei regelmäßig die letzten vier Wochen als Referenzzeitraum zugrunde gelegt werden.107 Im Anwendungsbereich des Referenzprinzips (§ 11 MuSchG, Urlaubsentgelt) wird auf die letzten 13 Wochen bzw. drei Monate abgestellt. Beim Gruppenakkord kommt es der Bestimmung des tatsächlichen Entgeltausfalls am nächsten, auf den Verdienst der weiterarbeitenden Akkordgruppenmitglieder abzustellen.108

21 Zu unterscheiden ist zwischen Zeitakkord und Geldakkord.109 Beim Geldakkord wird für eine be-

stimmte Leistungseinheit ein bestimmter Geldbetrag vergütet. Beispielhaft zu nennen sind der Stückakkord (nach der erbrachten Stückzahl), der Flächenakkord (nach der bearbeiteten Fläche), der Gewichtsakkord (nach dem Gewicht der erbrachten Leistung), der Maßakkord (zB nach der Länge einer bestimmten Leistung) sowie der Pauschalakkord (ein Leistungsbündel wird zu einer Leistungseinheit zusammengefasst). Die Vergütung ergibt sich jeweils unmittelbar als Produkt aus Leistungseinheit (Stückzahl) und Geldbetrag.

22 Beim Zeitakkord wird demgegenüber für die Erbringung einer bestimmten Leistungseinheit (ein-

schließlich Vorbereitungs-, Tätigkeits- und Erholungszeit) eine bestimmte Zeit (Vorgabezeit) als Berechnungsfaktor vorgegeben. Diese Zeit erhält der Arbeitnehmer auch dann vergütet, wenn er die Leistung in kürzerer oder längerer Zeit erbringt. Die Vergütung berechnet sich idR pro Minute der Vorgabezeit (Geldfaktor). Die Höhe der Akkordvergütung ist also das Produkt aus der Vorgabezeit, den erbrachten Leistungseinheiten und dem Geldfaktor. Diese Berechnung hat gegenüber dem Stückakkord den Vorteil, dass die Vorgabezeiten für die einzelnen Arbeitsschritte einschließlich der Vorbereitungszeit genauer zu erfassen und Änderungen der tariflichen Vergütung leichter zu ermitteln und umzusetzen sind.

23 Der Akkordrichtsatz wird regelmäßig in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen festgelegt und bestimmt, welche Stundenvergütung der Arbeitnehmer bei Erbringung der Normalleistung eines eingearbeiteten durchschnittlichen Arbeitnehmers erhält. Basis ist regelmäßig die tarifliche Grund-

104 Vgl. BAG v. 5.6.1985 – 5 AZR 459/83, DB 1985, 2695. 105 BAG v. 11.4.2000 – 9 AZR 266/99, NZA 2001, 153, 154; v. 26.6.1986 – 8 AZR 589/83, DB 1986, 2291; dies dürfte europarechtskonform sein, vgl. EuGH v. 22.5.2014 – C-539/12 – Lock, NZA 2014, 593 m. Anm. Schrader, GWR 2014, 308. 106 BAG v. 27.1.1988, DB 1988, 1119. 107 So im Ergebnis BAG v. 26.2.2003, AP EntgeltFG § 4 Nr. 64; Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 57 f. 108 BAG v. 26.2.2003, AP EntgeltFG § 4 Nr. 64; BAG v. 22.10.1980 – 5 AZR 438/78, DB 1981, 480. 109 Vgl. zum Ganzen ausf. Schwab, NZA-RR 2009, 1 ff. und 57 ff.

564 | Lingemann

Vergütung | Rz. 25a Kap. 12

vergütung, der ein Akkordrichtsatzzuschlag zwischen 10 und 20 % hinzugesetzt wird. Davon zu unterscheiden ist die Akkordvorgabe. Sie bestimmt die Anforderungen an den Arbeitnehmer. Sie kann auf wissenschaftlichen Messungen beruhen (dann kann sie sich aufgrund neuer Erkenntnisse jederzeit ändern), aber auch tariflich, durch Betriebsvereinbarung oder auch individualvertraglich (dann gilt billiges Ermessen, § 315 BGB) vereinbart werden. Dann ist sie nach Maßgabe der jeweiligen Rechtsgrundlage bindend. Bei Akkordlohnvereinbarungen muss eine Mindestlohngarantie aufgenommen werden, die gewährleistet, dass auch bei unterdurchschnittlicher Leistung das Einkommen des Arbeitnehmers nicht unter den vereinbarten Mindestlohn absinkt.110 Sofern aufgrund von Versäumnissen des Arbeitgebers die Akkordleistung nicht erbracht werden kann, hat der Arbeitnehmer nach § 615 BGB gleichwohl Anspruch auf die Akkordvergütung und nicht nur auf den Mindestlohn. Allerdings kann der Arbeitnehmer nicht verlangen, dass der Arbeitgeber ihm Arbeitsmengen über die Normalleistung hinaus zuweist, so dass er durch Leistungssteigerung ein Arbeitsentgelt über den Akkordrichtsatz hinaus erzielen kann.

24

Der Übergang von Zeit- auf Akkordlohn und umgekehrt unterliegt gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats.111 Stellt der Arbeitgeber die Entlohnungsart um, ohne den Betriebsrat zu beteiligen, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Vergütung in bisheriger Höhe.112

7. Prämien (M 12.14) → S. M 12.14.1 Anwesenheitsprämie; M 12.14.2 Leistungsprämie; M 12.14.3 Treueprämie; M 12.14.4 Halteprämie/Retention Bonus. Hauptanwendungsfall der Prämien sind die Anwesenheitsprämien, die geleistet werden bei Unterschreitung einer bestimmten Anzahl von Fehltagen pro Jahr, und die Treueprämien, die Zeiten der Betriebszugehörigkeit honorieren. Häufig werden die Anwesenheitsprämien jedoch mit den Gratifikationen (vgl. Rz. 26 ff.) verknüpft, indem Abzüge von Gratifikationen für Fehlzeiten vereinbart werden. Die Zulässigkeit derartiger Kürzungen wird daher unter Rz. 34 ff. im Einzelnen dargestellt.

25

Eine große Rolle spielen Halteprämien (Retention Boni). Damit möchte der Arbeitgeber zukünftige Betriebstreue honorieren und dem Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz für den Verbleib im Arbeitsverhältnis setzen. Häufig werden Halteprämien in der Krise oder im Vorfeld einer Unternehmenstransaktion oder Betriebsänderung ausgelobt, um begehrte Fachkräfte an Bord zu halten.

25a

Bei Halteprämien sind Ausnahmen von den strengen Anforderungen an Stichtagsklauseln (Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklauseln“, Kap. 2 Rz. 100b ff., Kap. 2 Rz. 100h) geboten. Zunächst sind Halteprämien – als Stichtagsregelungen – nur wirksam, wenn sie allein für den Verbleib des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis gezahlt werden.113 Sie dürfen also kein (verkapptes) Arbeitsentgelt darstellen und daher nicht zusätzlich an das Erreichen bestimmter qualitativer oder quantitativer Ziele anknüpfen.114 Die Besonderheit liegt aber darin, dass gerade Halteprämien oft an Führungskräfte in einer Höhe gezahlt werden, die deutlich mehr als nur einen unwesentlichen Teil der Vergütung ausmacht. Soweit sie aber einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung ausmachen, sich also nicht mehr im übli110 BAG v. 28.6.1991, AP BGB § 611 Akkordlohn Nr. 15, natürlich darf er auch nicht unter den gesetzlichen Mindestlohn sinken. 111 BAG v. 23.6.2009 – 1 AZR 214/08, NZA 2009, 1159, 1160; v. 24.8.2004 – 1 AZR 419/03, NZA 2005, 51, 53; zu weiteren Mitbestimmungstatbeständen vgl. Schwab, NZA-RR 2009, 57, 60 ff. 112 BAG v. 2.3.2004 – 1 AZR 271/03, NZA 2004, 852, 856; LAG Hamm v. 17.6.2009 – 19 Sa 392/09. 113 BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 980/11, AP InsO § 133 Nr. 1 Rz. 27; BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 Rz. 28; BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 Rz. 14. 114 BAG v. 14.11.2012 – 10 AZR 3/12, NZA 2013, 327 Rz. 20; BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 980/11, AP InsO § 133 Nr. 1 Rz. 27.

Lingemann | 565

Kap. 12 Rz. 25a | Vergütung chen Rahmen reiner Treue- und Weihnachtsgratifikationen bewegen, könnten sie nach der – insoweit allerdings abzulehnenden115 – Rechtsprechung des BAG als Vergütung angesehen werden mit der Folge, dass die Bindung des Arbeitnehmers bis zu einem bestimmten Stichtag unwirksam wäre.116 Dass auch für die Treueprämie Obergrenzen gelten, hat die Rechtsprechung explizit noch nicht entschieden.117 Vielmehr hat das BAG den Treuezweck einer Halteprämie auch bei hohen Summen nicht in Zweifel gezogen: So zB für die Zahlung einer fixen Jahresvergütung bei einem Verbleib für weitere elf Monate.118 Zu Recht, denn die besondere Betriebstreue in einer Krisensituation erfordert auch eine besondere Belohnung. Hier wird im Übrigen deutlich, dass es nicht sachgerecht ist, den Vergütungszweck daran festzumachen, ob die Sonderzahlung einen wesentlichen oder unwesentlichen Teil der Vergütung ausmacht. Vielmehr muss abweichend von der Rechtsprechung des BAG generell gelten: je höher die Sonderzahlung, desto länger die zumutbare Bindung des Arbeitnehmers.

8. Gratifikationen (M 12.15) → S. zu Gratifikationen mit Freiwilligkeitsvorbehalt M 12.15.1; mit Widerrufsvorbehalt und Bindungsklausel M 12.15.2.

26 Gratifikationen sind Sonderleistungen, die der Arbeitgeber über das für die Arbeitsleistung gezahlte

Entgelt hinaus erbringt. Kennzeichnend ist insb., dass sie zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt gewährt werden, wie dies auch für die Möglichkeit der Kürzung von Sonderzahlungen nach § 4a EFZG Voraussetzung ist.119

27 a) Ein Anspruch auf Gratifikation besteht nur aufgrund gesonderter Rechtsgrundlage (Tarifvertrag,

Betriebsvereinbarung, Individualvertrag, betriebliche Übung,120 vertragliche Einheitsregelung, Gesamtzusage) oder, soweit der Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund von der anderen Arbeitnehmern nach einem generalisierenden Prinzip gewährten Gratifikation ausgeschlossen wird, aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.121 Insb. der vollständige Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten von der Gratifikation ist gleichheitswidrig, § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.122 Gratifikationen können in Formularverträgen mit einem Widerrufsvorbehalt versehen werden, während bei Freiwilligkeitsvorbehalten nach der neueren Rechtsprechung Zurückhaltung geboten ist (vgl. hierzu Rz. 6 ff.).

28 b) Zweck einer Gratifikation kann die Belohnung erbrachter und/oder ein Anreiz für künftige Be-

triebstreue (so typischerweise bei Wartefristen oder Mindestbeschäftigungszeiten), der Ausgleich zusätzlicher Aufwendungen für Weihnachtsgeschenke oder die (zusätzliche) Vergütung von Arbeitsleistung sein (Indiz: Bezeichnung als „13. Monatsgehalt“).123 Die zuletzt genannten Sonderzahlungen 115 Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklauseln“, Kap. 2 Rz. 100b ff., Kap. 2 Rz. 100h. 116 Einzelheiten zu diesen Voraussetzungen bei Einf. Kap. 2 Rz. 100h; BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2012, 249; v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221; Baeck/Winzer, NZG 2012, 657, 658. 117 Dies mag daran liegen, dass der überwiegende Teil der Entscheidungen zu Halteprämien aus insolvenzrechtlichem Kontext stammt und vom 6. Senat des BAG entschieden wurde, während in sonstigen Fällen der 10. Senat über Fragen der Stichtagsklauseln entscheidet. 118 BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 980/11, AP InsO § 133 Nr. 1 Rz. 27. 119 BAG v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173, 1178. 120 Wobei eine Leistungsgewährung in jährlich unterschiedlicher Höhe der Entstehung einer betrieblichen Übung nicht mehr entgegensteht, vgl. BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992 unter Aufgabe von BAG v. 28.2.1996 – 10 AZR 516/95, NZA 1996, 758; überholt insoweit Korinth, ArbRB 2015, 147. 121 Vgl. hierzu Reiserer/Fallenstein, DStR 2011, 1624 ff. 122 Vgl. BAG v. 22.5.1996 – 10 AZR 618/95, NZA 1996, 938; v. 6.12.1990 – 6 AZR 159/89, NZA 1991, 350. 123 BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 513; v. 18.1. 2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221; v. 28.3.2007 – 10 AZR 261/06, NZA 2007, 687, 688; v. 24.10.1990 – 6 AZR 156/89, NZA 1991, 318.

566 | Lingemann

Vergütung | Rz. 31 Kap. 12

werden als Vergütungsbestandteile in den jeweiligen Abrechnungsmonaten verdient, jedoch aufgespart und dann erst am vereinbarten Fälligkeitstermin einmalig ausgezahlt.124 Die Ziele kommen auch gleichzeitig vor, sog. Gratifikation mit Mischcharakter.125 Nach früherer Rechtsprechung des BAG war eine Unterscheidung nach dem Zweck der Gratifikation insb. dann vorzunehmen, wenn der Arbeitsvertrag keine Regelung für vorzeitiges Ausscheiden und/oder Fehlzeiten (zB Elternzeit) enthielt. Sollte nur die geleistete Arbeit zusätzlich vergütet werden, so war bei vorzeitigem Ausscheiden pro rata temporis zu zahlen.126 Ging es demgegenüber nur um die Belohnung von Betriebstreue, so schied eine Zahlung jedenfalls dann aus, wenn der Arbeitnehmer zum Stichtag – regelmäßig dem Auszahlungszeitpunkt – bereits ausgeschieden war.127 Bei Gratifikationen mit Mischcharakter entfiel der Anspruch gleichfalls bei Ausscheiden vor dem Stichtag.128 Diese Rechtsprechung ist überholt.129

29

Nunmehr muss der Zweck der Leistung ermittelt werden, um festzustellen, ob und ggf. in welchem Umfang Bindungsklauseln, also Stichtags- und ggf. Rückzahlungsklauseln zulässig sind.130

30

Aus dem Zweck der Gratifikation ergibt sich ferner, ob ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt.131 Die unterschiedliche Gewährung an verschiedene Gruppen muss nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt sein; das BAG überprüft die Gruppenbildung.132 Nach dem Zweck der Weihnachtsgratifikation darf insoweit zB nicht ohne weiteres zwischen Arbeitern und Angestellten unterschieden werden.133 Die Begünstigung einer hierarchisch abgegrenzten Gruppe oder solcher Kräfte, an denen ein Mangel herrscht, kann hingegen mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein.134 c) In Grenzen kann die Zahlung der Gratifikation vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses bei Auszahlung abhängig gemacht werden (Stichtagsklausel),135 oder im Arbeitsvertrag vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer die Gratifikation zurückzuzahlen hat, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt ausscheidet (Rückzahlungsklausel).136 Die neuere Rechtsprechung hat die Möglichkeiten zur Vereinbarung von Stichtags- und Rückzahlungsklauseln erheblich eingeschränkt. Zu den Einzelheiten und den Anforderungen an die Stichtags- und Rückzahlungsklauseln s. Einf. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklauseln“, Kap. 2 Rz. 100 ff.

124 BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 15/08, NZA 2009, 322, 323 (dort auch zur Auslegung des Begriffes „Weihnachtsgeld“). 125 BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992; v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, ZIP 2012, 938; v. 30.7.2008 – 10 AZR 459/07, NZA 2009, 747, 749; v. 7.11.1991 – 6 AZR 489/89, BB 1992, 142. 126 BAG v. 24.10.1990 – 6 AZR 156/89, NZA 1991, 318, 319. 127 Vgl. BAG v. 23.5.2007, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 24. 128 BAG v. 10.2.1993 – 10 AZR 207/91, NZA 1993, 803. 129 Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklauseln“, Kap. 2 Rz. 100c. 130 S. auch Rz. 31; zu Einzelheiten ferner Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklauseln“, Kap. 2 Rz. 100 ff. 131 Vgl. dazu BAG v. 13.4.2011 – 10 AZR 88/10, NZA 2011, 1047; v. 1.4.2009 – 10 AZR 353/08, NZA 2009, 1409 mwN; v. 28.3.2007 – 10 AZR 261/06, NZA 2007, 687. 132 Vgl. etwa BAG v. 13.4.2011 – 10 AZR 88/10, NZA 2011, 1047, 1048; v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535, 537; v. 10.12.2008 – 10 AZR 15/08, NZA 2009, 322, 323; v. 30.7.2008 – 10 AZR 497/ 07, NZA 2008, 1412, 1414 f.; v. 26.9.2007 – 10 AZR 569/06, NZA 2007, 1424; v. 14.2.2007 – 10 AZR 181/06, NZA 2007, 558, 559. 133 Vgl. BAG v. 12.10.2005 – 10 AZR 640/04, NZA 2005, 1418; v. 19.3.2003, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 248; v. 30.3.1994 – 10 AZR 681/92, NZA 1994, 786; v. 25.1.1984 – 5 AZR 89/82, DB 1984, 2251; v. 5.3.1980 – 5 AZR 881/78, NJW 1980, 2374. 134 Vgl. Reiserer/Fallenstein, DStR 2011, 1624, 1625 ff. 135 Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklausel“, Kap. 2 Rz. 100 ff. 136 Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklausel“, Kap. 2 Rz. 100 ff.

Lingemann | 567

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Kap. 12 Rz. 32 | Vergütung

32 Sonderleistungen können auch in einer nach billigem Ermessen zu bestimmenden Höhe gewährt

werden, eine solche Regelung ist nicht AGB-widrig und stellt uE. eine sinnvolle Alternative insb. zu Freiwilligkeitsvorbehalten dar.137

33 Einstweilen frei. 34 d) Zulässig sind Vereinbarungen, die Abzüge von Sonderzuwendungen für Fehlzeiten festlegen.138 35 Nach § 4a EFZG kann eine Kürzung wegen Krankheitszeiten für jede Geldleistung vereinbart wer-

den, die nicht dem laufenden Arbeitsentgelt zuzurechnen ist.139 Erfasst sind alle krankheitsbedingten Fehlzeiten, auch wenn ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht. Das jahresdurchschnittliche Arbeitsentgelt errechnet sich unter Einschluss der Sondervergütung selbst; maßgeblich ist nicht das Kalenderjahr, sondern der Zeitraum von zwölf Monaten vor dem Monat, in dem der Anspruch auf Auszahlung der Sondervergütung besteht. Kürzungen gem. § 4a EFZG müssen jedoch ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden.140 Wird eine Sondervergütung monatlich im Rhythmus der Zahlungen des laufenden Arbeitsentgelts geleistet, muss durch Auslegung der jeweiligen Vereinbarung ermittelt werden, ob es sich um laufendes Arbeitsentgelt handelt, das als Entgeltfortzahlung unabdingbar ist, oder um eine Sondervergütung iSd. § 4a Satz 1 EFZG. Dabei spricht die Leistung der Zahlung im Rhythmus des laufenden Arbeitsentgelts regelmäßig für die Einordnung als laufendes und damit nicht kürzbares Entgelt.141

36 Soweit es sich um eine freiwillige Leistung handelt, kann die Leistung auch für Ruhezeiten aus-

geschlossen werden.142 Ob und ggf. inwieweit die nunmehr restriktive Rechtsprechung zu Freiwilligkeitsvorbehalten143 daran etwas ändert, ist ungeklärt.

9. Vermögenswirksame Leistungen (M 12.20) → S. M 12.20.

37 Vermögenswirksame Leistungen fördern die Anlage finanzieller Mittel in bestimmte Anlageformen

durch die Gewährung von Prämien durch den Staat. Rechtsgrundlage können sowohl tarifvertragliche Regelungen als auch (freiwillige) Betriebsvereinbarungen (§ 10 Abs. 1 5. VermBG iVm. § 88

137 Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ermessensgratifikation“, Kap. 2 Rz. 101 ff.; vgl. insb. BAG v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020 sowie Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400. 138 Vgl. BAG v. 25.9.2013 – 10 AZR 400/12, juris, Rz. 11; LAG Rheinland-Pfalz, v. 26.8.2014 – 6 Sa 84/14, juris; v. 14.10.2014 – 7 Sa 85/14, juris; BAG v. 6.12.1995 – 10 AZR 123/95, BB 1996, 1383; v. 19.4.1995 – 10 AZR 136/94, NZA 1996, 133 (jeweils Betriebsvereinbarung, 13. Monatsgehalt); v. 15.2.1990 – 6 AZR 381/88, BB 1990, 1275 (einzelvertragliche Abrede Weihnachtsgratifikation); zu Einzelheiten vgl. Bauer/Lingemann, BB Beilage 17/1996, 8 ff., 14 mwN. und Beispielsrechnungen. Vgl. auch ausf. Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 45 ff. 139 BAG v. 20.1.2010 – 5 AZR 53/09, NZA 2010, 455; vgl. zum Begriff der Sondervergütung BAG v. 20.1. 2009, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 283; LAG München v. 6.8.2008 – 9 Sa 173/08. 140 BAG v. 7.8.2002 – 10 AZR 709/01, NZA 2002, 1284 v. 15.12.1999 – 10 AZR 626/98, NZA 2000, 1062, 1063; LAG München v. 6.8.2009 – 9 Sa 173/08. 141 So für eine regelmäßig gewährte Anwesenheitsprämie BAG v. 21.1.2009, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 283; LAG München v. 11.8.2009 – 8 Sa 131/09, LAGE § 4a EntgeltfortzG Nr. 2; vgl. hierzu auch M 12.14.1 Ziff. 1 m. Anm. 142 Vgl. BAG v. 4.12.2002, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 245, diff. aber LAG Saarland v. 22.4.2015 – 2 Sa 103/14, juris, Rz. 33. Näheres bei M 12.15.1 Ziff. 4 m. Anm. 143 BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595; v. 20.3.2013 – 10 AZR 8/12, NZA 2013, 970; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; dazu; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400; Salamon, NZA 2014, 465; Reinfelder, NZA-Beilage 2014, 10; Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff.

568 | Lingemann

Vergütung | Rz. 40 Kap. 12

Nr. 3 BetrVG) oder Individualvertrag (zu den Nachweispflichten § 2 Abs. 7 5. VermBG iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 6 NachwG) sein. Gem. § 11 Abs. 1 des 5. VermBG kann der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber schriftlich den Abschluss eines Vertrages über vermögenswirksame Leistungen verlangen. Zu unterscheiden ist nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG) zwischen einerseits der Anlage vermögenswirksamer Leistungen in Form von Bausparen mit einem maximalen Anlagevolumen von Euro 470,– mit einer Sparzulage von 9 % (§ 13 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5 5. VermBG), andererseits der Anlage innerbetrieblicher oder außerbetrieblicher Beteiligungen144 mit einem maximalen Anlagevolumen von Euro 400,– und einer Sparzulage von 20 % (§ 13 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 1–3, Abs. 2–4 5. VermBG). Auf Antrag setzt das für die Besteuerung des Arbeitnehmers nach dem Einkommen zuständige Finanzamt die Arbeitnehmersparzulage fest (Einzelheiten § 14 Abs. 1 und 4 5. VermBG). Während die vermögenswirksamen Leistungen arbeitsrechtlich Bestandteil des Lohns oder Gehalts sind, gilt dies für die Arbeitnehmersparzulage nicht (§ 13 Abs. 3 Halbs. 2 5. VermBG). Zulagenberechtigt sind vermögenswirksame Leistungen nur, wenn eine der unter § 2 Abs. 1 Nr. 1–5, Abs. 2–4 5. VermBG aufgeführten Anlageformen gewählt worden ist (§ 13 Abs. 2 5. VermBG).

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10. Aufwendungsersatz und Auslagen (M 12.21) → S. M 12.21. Analog § 670 BGB ist der Arbeitgeber grundsätzlich zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet, die der Arbeitnehmer zur Erfüllung des Arbeitsvertrages für erforderlich halten durfte und die nicht durch die Arbeitsvergütung abgegolten sind.145 Dies gilt zum einen für freiwillige Vermögensopfer (Auslagen) des Arbeitnehmers, aber auch für unfreiwillige Einbußen, also insb. Sachund Vermögensschäden, die der Arbeitnehmer bei Erfüllung des Arbeitsvertrages erleidet.

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Sofern der Arbeitnehmer daher Schäden – beispielsweise an seinem Pkw146 – im Betätigungsbereich des Arbeitgebers erleidet, sind diese Schäden zu ersetzen, soweit sie betrieblich veranlasst sind, der Arbeitgeber also ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeuges ein eigenes Fahrzeug hätte einsetzen müssen.147 Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer eine Auslagenpauschale erhält, die das Schadensrisiko von vornherein mit abdeckt.148 Mitverschulden des Arbeitnehmers führt nach den Grundsätzen der Haftungsmilderung für betriebliche Tätigkeit149 bei mittlerer Fahrlässigkeit zu einer anteiligen Schadenstragung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz trägt der Arbeitnehmer den Schaden allein,150 bei einfacher Fahrlässigkeit der Arbeitgeber.151

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144 Vgl. hierzu Kutsch/Kersting, BB 2011, 373 f. 145 BAG v. 12.3.2013, ArbRAktuell 2013, 334; v. 16.10.2012 – 9 AZR 183/11, NZA 2013, 42; v. 12.4.2011 – 9 AZR 14/10, NZA 2012, 97; v. 16.10.2007 – 9 AZR 170/07, NZA 2008, 1012, 1014 mwN.; ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 553 ff. 146 Dazu eingehend Dimsic, BB 2018, 376. 147 BAG v. 22.6.2011 – 8 AZR 102/10, NZA 2012, 91, 92; v. 12.4.2011 – 9 AZR 14/10, NZA 2012, 97; v. 23.11.2006 – 8 AZR 701/05, NZA 2007, 870; v. 14.12.1995, ArbuR 1996, 147. 148 BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 406. 149 BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 406. 150 BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 406. 151 Gem. BAG v. 18.4.2002, NZA 2003, 37 führt ein vorsätzlicher Pflichtverstoß allerdings nur dann zur vollen Haftung des Arbeitnehmers, wenn auch der Schaden vom Vorsatz erfasst ist. Fehlt es an diesem Vorsatz, so führt dies zur Schadensquotelung. Auch bei grober Fahrlässigkeit kommt eine Quotelung des Schadens insb. bei deutlichem Missverhältnis zwischen Verdienst und Höhe des Schadens in Betracht, so etwa wenn die Existenz des Arbeitnehmers bei voller Inanspruchnahme bedroht wäre (BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 418/09, NZA 2011, 345, 348; v. 23.1.1997 – 8 AZR 58/96, NZA 1998, 140 mwN). Dazu Schwab, NZA-RR 2016, 173.

Lingemann | 569

Kap. 12 Rz. 41 | Vergütung

41 Auslagen sind erstattungsfähig, soweit sie der Arbeitsausführung selbst dienen. Dazu zählen Dienst-

fahrten152, ggf. Vorstellungskosten (vgl. Kap. 1) sowie Verpflegungsmehraufwendungen153, ferner die Nutzung von privaten Räumlichkeiten zur Erfüllung der Arbeitspflicht.154 Ohne gesonderte Vereinbarung nicht erstattungsfähig sind Kosten der allgemeinen Lebensführung sowie Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte155 und Verpflegungs- und Kleidungskosten, soweit es sich nicht um spezifische Schutzkleidung handelt, zu deren Anschaffung der Arbeitgeber gem. § 618 BGB verpflichtet ist.156 In der Praxis werden für Sachauslagen häufig die konkreten Aufwendungen zugrunde gelegt, auch Pauschalierungen können aber sinnvoll sein.

11. Dienstwagen (M 12.22.1) → S. zum Überlassungsvertrag M 12.22.1

42 Soweit der Arbeitnehmer sein eigenes Fahrzeug für Dienstaufgaben verwendet, ist der Arbeitgeber

zum Ersatz der damit verbundenen Aufwendungen verpflichtet (dazu oben Rz. 39). Umgekehrt kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen oder auch ein Dienstfahrrad157 zur Verfügung stellen. Die Verwendung auch für private Zwecke, wozu auch Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte (vgl. Rz. 41) zählen, bedarf gesonderter Vereinbarung. Sie ist dann Vertragsbestandteil und steuerlich geldwerter Vorteil in Form des Sachbezuges.158 Versteuert der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil mit dem pauschalen Steuersatz nach § 40 Abs. 2 EStG, so ist dieser gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung nicht sozialabgabenpflichtig. Soweit der Dienstwagen Teil des Entgelts ist159 und keine Widerruflichkeit vereinbart wird, besteht der Nutzungsanspruch auch während der Zeiten eines Beschäftigungsverbotes und der Schutzfristen nach dem MuSchG160 sowie der Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG fort.161 Gleiches gilt für Urlaubszeiten. Ein nach § 37 Abs. 2 BetrVG freigestelltes Betriebsratsmitglied hat insofern Anspruch auf Überlassung eines Firmenfahrzeugs auch zur privaten Nutzung, wenn ihm dieses vor seiner Freistellung auch für die private Nutzung zur Verfügung gestellt wurde.162 Bei Beschädigung des Dienstwagens auf Dienstfahrten gelten die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs (vgl. Rz. 40).163 Bei mittlerer Fahrlässigkeit beschränkt sich die Haftung allerdings regelmäßig auf

152 Vgl. hierzu Kleinebrink, ArbRB 2011, 26. 153 Vgl. Thomas, SPA 2014, 149. 154 BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 657/02, NZA 2004, 604; einschränkend BAG v. 12.4.2011 – 9 AZR 14/10, NZA 2012, 97, 98 ff. 155 Zum nunmehr maßgeblichen Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ im Gegensatz zur „regelmäßigen Arbeitsstätte“ vgl. Sandmaier, SPA 2014, 65. 156 BAG v. 19.5.1998 – 9 AZR 307/96, NZA 1999, 38; v. 21.8.1985 – 7 AZR 199/83, NZA 1986, 324; zusätzlich zu vergüten ist hingegen die für das Abholen der Dienstkleidung erforderliche Zeit, wenn bei verstetigter Zahlung eines Monatsentgeltes der Arbeitnehmer bereits im Umfang der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit Arbeitsleistungen erbracht hat, BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 954/12, NZA 2014, 787 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2014, 387. 157 Zur Vertragsgestaltung beim Dienstfahrrad s. unten Rz. 45a sowie M 12.22.2. 158 Vgl. BFH v. 3.12.1987, BB 1988, 324; BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NZA 2011, 569 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2011, 245. 159 Ob die Entlohnung bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen auch ausschließlich in der Überlassung eines Dienstwagens bestehen kann, ist unklar, vgl. Heinrich, NWB 2011, 3050. 160 BAG v. 11.10.2000, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 13. 161 Vgl. BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NZA 2011, 569 m. Anm. Höser, BB 2012, 573 und Bauer, ArbRAktuell 2011, 245. 162 BAG v. 23.6.2004 – 7 AZR 514/03, DB 2004, 2702. 163 BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 406 Rz. 33 ff.; v. 5.2.2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649 (II.2.a); v. 12.11.1998 – 8 AZR 221/97, NZA 1999, 263 (II.3.); zur Haftungsverteilung im Arbeitsverhältnis allgemein Schwab, NZA-RR 2016, 173, Schwab, NZA-RR 2016, 230.

570 | Lingemann

Vergütung | Rz. 44 Kap. 12

die übliche Selbstbeteiligung.164 Ereignet sich ein Unfall während des privaten Gebrauchs, so haftet der Arbeitnehmer voll.165 Verlangt der Arbeitgeber die Rückgabe, so ist zu unterscheiden: Bei nur dienstlicher Nutzung ist das Fahrzeug jederzeit zurückzugeben (vgl. Rz. 57), bei Überlassung auch zur Privatnutzung nur, wenn die Dienstwagenüberlassung widerruflich gestaltet wurde oder der Zweck der Dienstwagenüberlassung weggefallen ist.166 Auf den Widerruf anzuwenden sind die Grundsätze über den Widerrufsvorbehalt, so dass insb. die Gründe für einen Widerruf in der Klausel aufgelistet sein müssen und der geldwerte Vorteil des Dienstwagens nicht mehr als 25 % des Gesamtverdienstes betragen darf.167 Die Klausel, die Überlassung des Dienstwagens könne „aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen werden“, reicht nicht aus, weil sie einen Widerruf auch bei einer unwirtschaftlichen Nutzung ermöglichen würde.168 Einen Widerruf nach Freistellung des Arbeitnehmers hingegen kann sich der Arbeitgeber grundsätzlich wirksam vorbehalten.169 Ist der Wert der Nutzung im Verhältnis zur restlichen Vergütung nur unbedeutend, kann möglicherweise auf die Angabe von Widerrufsgründen in der Klausel verzichtet werden.170 Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung kann hingegen nicht (mehr) unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden, weil es sich hierbei in der Regel um einen laufend erbrachten Entgeltbestandteil handelt.171

43

Gibt der Arbeitnehmer das Fahrzeug auf ein unberechtigtes Herausgabeverlangen hin zurück, so hat er Anspruch auf Nutzungsentschädigung, die in der Regel der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzung des Dienstwagens gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG entspricht.172 Soweit das Herausgabeverlangen berechtigt war, steht dem Arbeitnehmer kein Anspruch auf Zahlung einer solchen Nutzungsentschädigung zu, auch nicht, wenn das Herausgabeverlangen ohne ausreichende Ankündigungsfrist

44

164 Küttner/Griese, Dienstwagen, Nr. 142, Rz. 7; ebenso für ein betrieblich genutztes Privatfahrzeug BAG v. 28.10.2010, NZA 2011. 165 LAG Köln v. 15.9.1998 – 13 Sa 367/98, NZA 1999, 991; Insam/Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 538 f.; in diese Richtung auch BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649; aA. LAG Frankfurt v. 24.5.2006 – 8 Sa 1729/05, juris. 166 Im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers endet das Recht zur Privatnutzung – vorbehaltlich einer abweichenden Parteivereinbarung – mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums, vgl. BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NZA 2011, 569 m. Anm. Höser, BB 2012, 573 und Bauer, ArbRAktuell 2011, 245; LAG Baden-Württemberg v. 27.7.2009, ZTR 2009, 547; aA LAG Berlin-Brandenburg v. 19.2.2007 – 10 Sa 2171/06, AE 2007, 223. 167 BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, 617; v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; LAG Berlin-Brandenburg v. 24.11.2008, LAGE § 308 BGB 2002 Nr. 5; LAG Niedersachsen v. 17.1. 2006, NZA-RR 2006, 289. Allgemein zum Widerrufsvorbehalt BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465. Vgl. auch Rz. 7 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. 168 BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, 459 f.; uE. müssten „wirtschaftliche Schwierigkeiten des Arbeitgebers“ als Widerrufsgrund noch ausreichen, da sie eine solche missbräuchliche Deutung nicht zulassen. Nach der Entscheidung des Senats ist allerdings auch darauf abzustellen, ob der Dienstwagen für die auszuübende Tätigkeit gebraucht wird. Vgl. auch Fröhlich, ArbRB 2011, 253, 255. 169 BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616 f. m. Anm. Söhl, ArbRAktuell 2012, 278. 170 So offenbar LAG Hessen v. 20.7.2004 – 13 Sa 1992/03, MDR 2005, 459 (der Wert der Nutzung lag lediglich bei 2,62 % der restlichen Vergütung); Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754; Hunold, NZA 2010, 1276; vgl. schon Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Dienstwagenrückforderung“, Kap. 2 Rz. 100k. 171 BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NZA 2011, 569 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2011, 245; LAG BW v. 27.7.2009, ZTR 2009, 547; vgl. allgemein BAG v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, NZA 2007, 853; dazu im Einzelnen Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754; vgl. auch Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff. 172 BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; v. 27.5.1999 – 9 AZR 415/98, BB 1999, 1660, 1661. Dogmatisch ist diese Nutzungsentschädigung Schadensersatz statt der Leistung nach § 283 BGB, vgl. BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939.

Lingemann | 571

Kap. 12 Rz. 44 | Vergütung erfolgt ist. In diesem Fall besteht allenfalls ein Anspruch auf Ersatz des „Verfrühungsschadens“, soweit der Arbeitnehmer sich nicht rechtzeitig auf den Nutzungsentzug hat einstellen können und daher Taxi- oder Mietwagenkosten entstanden sind.173

45 Klauseln, nach denen der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrages in einen Leasingvertrag über den Dienstwagen eintreten muss, stellen eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, wenn der Arbeitnehmer durch die Übernahmeverpflichtung übermäßig belastet wird. Der Arbeitgeber wälzt dann das ihm obliegende Risiko, das Arbeitsmittel Kraftfahrzeug uU nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht mehr verwenden zu können, ab und erschwert so unzulässig dessen Kündigungsmöglichkeit und Arbeitsplatzwahl.174

12. Dienstfahrrad (M 12.22.2) → S. zum Überlassungsvertrag M 12.22.2.

45a Alternativ zum Dienstwagen kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Dienstfahrrad zur Ver-

fügung stellen.175 Dieses kann ein normales Fahrrad, ein E-Bike (Geschwindigkeit bis max. 25 km/h; Fahrrad ohne Kfz-Charakter) sowie ein Pedelec (Geschwindigkeit über 25 km/h; Fahrrad mit KfzCharakter) sein.176 Auch für das Dienstfahrrad gilt, dass die Verwendung für private Zwecke, wozu auch Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte (vgl. Rz. 41) zählen, einer gesonderten Vereinbarung bedarf.177 Soweit das Dienstfahrrad Teil des Entgelts ist und keine Widerruflichkeit vereinbart wird, besteht der Nutzungsanspruch auch während der Zeiten eines Beschäftigungsverbotes, der Schutzfristen nach dem MuSchG178, der Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG sowie in Urlaubszeiten fort, wenn das Dienstfahrrad dem Arbeitnehmer vor der Arbeitsabwesenheit auch für die private Nutzung zur Verfügung gestellt wurde.179 Bei Beschädigung des Dienstfahrrads auf Dienstfahrten gelten die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs (vgl. Rz. 40).180 Bei mittlerer Fahrlässigkeit muss der Arbeitgeber sich so behandeln lassen, als habe er eine übliche und zumutbare Versicherung abgeschlossen.181 Die Haftung des Arbeitnehmers beschränkt sich daher regelmäßig auf die übliche Selbstbeteiligung. Ereignet sich ein Unfall während des privaten Gebrauchs, so haftet der Arbeitnehmer voll.182

45b

Ist die Verwendung des Dienstfahrrads auch für private Zwecke vereinbart, handelt es sich dabei um einen steuerlich geldwerten Vorteil in Form des Sachbezugs.183 Während das Dienstfahrrad dem 173 Vgl. BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NJW 2011, 1469 m. Anm. Höser, BB 2012, 573 und Bauer, ArbRAktuell 2011, 245; Fröhlich, ArbRB 2011, 253, 255 f. 174 LAG München v. 30.5.2001, FA 2002, 117; vgl. auch LAG Köln v. 10.3.2008 – 14 Sa 1331/07; LAG Berlin-Brandenburg v. 5.12.2007 – 21 Sa 1770/07. 175 Nach Handelsblatt v. 30.7.2020, S. 13 bieten derzeit bereits mehr als 50.000 Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Dienstfahrräder an. Die Fahrräder werden meist für drei Jahre geleast, danach übernehmen 95 Prozent der Nutzer das Bike für 15 bis 17 Prozent des Anschaffungspreises. 176 Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 1. 177 Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 2. 178 Zum Dienstwagen: BAG v. 11.10.2000, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 13. 179 Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 2; vgl. zum Dienstwagen: BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/ 09, NZA 2011, 569 m. Anm. Höser, BB 2012, 573 und Bauer, ArbRAktuell 2011, 245. 180 Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 4; vgl. zum Dienstwagen: BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/ 09, NZA 2011, 406 Rz. 33 ff.; v. 5.2.2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649 (II.2.a); v. 12.11.1998 – 8 AZR 221/97, NZA 1999, 263 (II.3.); zur Haftungsverteilung im Arbeitsverhältnis allgemein Schwab, NZA-RR 2016, 173, Schwab, NZA-RR 2016, 230. 181 Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 4. 182 Zum Dienstwagen: LAG Köln v. 15.9.1998 – 13 Sa 367/98, NZA 1999, 991; Insam/Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 538 f.; in diese Richtung auch BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649; aA. LAG Frankfurt v. 24.5.2006 – 8 Sa 1729/05, juris. 183 Windeln/Matthaei, ArbRB 2019, 22, 23.

572 | Lingemann

Vergütung | Rz. 45e Kap. 12

Dienstwagen 2012 steuerrechtlich weitestgehend gleichgestellt wurde, gelten nunmehr steuerrechtliche Begünstigungen für Dienstfahrräder. Gem. § 3 Nr. 37 EStG sind Dienstfahrräder seit 2019 gänzlich steuerbefreit. Dies gilt jedoch nur, wenn das Dienstfahrrad nicht im Wege der Gehaltsumwandlung finanziert wird.184 Zudem ist stets zwischen Dienstfahrrädern ohne Kfz-Charakter und solchen mit Kfz-Charakter zu differenzieren.185 Seit 1.1.2020 hat der Arbeitnehmer in den Fällen der Gehaltsumwandlung für die private Nutzung monatlich 1 % von einem Viertel des Listenpreises des Fahrrads als geldwerten Vorteil zu versteuern, also 0,25 % des Listenpreises.186 Dies setzt voraus, dass das Dienstfahrrad wirtschaftlich dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, was teilweise verneint wird, wenn der Überlassungsvertrag bereits eine feste Kaufoption für den Arbeitnehmer nach Ende der Leasinglaufzeit vorsieht. Sofern der Arbeitnehmer das Dienstfahrrad nach Leasingende zu einem Kaufpreis erwirbt, der niedriger ist als der Marktpreis, muss dieser Preisvorteil als Arbeitslohn versteuert werden.187 Anders als beim Dienstwagen entfällt die Besteuerung der Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.188 Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung richtet sich grundsätzlich nach der lohnsteuerlichen Behandlung. Soweit für das Dienstfahrrad die Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 37 EStG greift, ergibt sich die Beitragsfreiheit aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV).189 Versteuert der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil mit dem pauschalen Steuersatz nach § 40 Abs. 2 EStG, so ist dieser gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 SvEV nicht sozialabgabenpflichtig.

45c

Verlangt der Arbeitgeber die Rückgabe, so ist – gleichlaufend zum Dienstwagen – zu unterscheiden: Bei nur dienstlicher Nutzung ist das Fahrrad jederzeit zurückzugeben (vgl. Rz. 43), bei Überlassung auch zur Privatnutzung nur, wenn die Dienstfahrradüberlassung widerruflich gestaltet wurde oder der Zweck der Dienstfahrradüberlassung weggefallen ist.190 Auf den Widerruf anzuwenden sind die Grundsätze über den Widerrufsvorbehalt, so dass insb. die Gründe für einen Widerruf in der Klausel aufgelistet sein müssen und der geldwerte Vorteil des Dienstfahrrads unter 25 % des Gesamtverdienstes liegen muss.

45d

Klauseln, nach denen der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrages in einen Leasingvertrag über das Dienstfahrrad eintreten muss, stellen wie beim Dienstfahrzeug eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, wenn der Arbeitnehmer durch die Übernahmeverpflichtung übermäßig belastet wird. Der Arbeitgeber wälzt dann das ihm obliegende wirtschaftliche Risiko auf den Arbeitnehmer ab. Soweit es allerdings beim Dienstfahrrad keine dienstliche Notwendigkeit für die Nutzungsüberlassung gibt, und das Dienstfahrrad auf Verlangen des Arbeitnehmers geleast wird, liegt wohl keine übermäßige Belastung des Arbeitnehmers durch die Übernahme-

45e

184 Windeln/Matthaei, ArbRB 2019, 22, 23 f. 185 Küttner/Thomas, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 11 ff. 186 Die obersten Finanzbehörden der Länder haben mit Zustimmung des BMF auf der Grundlage des § 8 Abs. 2 Satz 10 EStG für Dienstfahrräder monatliche Durchschnittswerte festgelegt. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das betriebliche Fahrrad erstmals nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1. 2031, ist dieser monatliche Durchschnittswert der privaten Nutzung für das Jahr 2019 1 % der Hälfte vom Brutto-Listenpreis und ab 1.1.2020 1 % des Viertels vom Brutto-Listenpreis. Dies gilt für alle Fahrräder ohne Kfz-Charakter (max. Geschwindigkeit von 25 km/h). Für Elektrofahrräder mit KfzCharakter ist für die Bewertung des geldwerten Vorteils § 8 Abs. 2 Satz 2–5 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anzuwenden. 187 Rinker, BC 2019, 106, 109. 188 Windeln/Matthaei, ArbRB 2019, 22, 23; Tumat, SPA 2018, 17, 18. 189 Küttner/Schlegel, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 20 f. 190 Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 5; im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers endet das Recht zur Privatnutzung – vorbehaltlich einer abweichenden Parteivereinbarung – mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums, vgl. jeweils zum Dienstwagen: BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NZA 2011, 569 m. Anm. Höser, BB 2012, 573 und Bauer, ArbRAktuell 2011, 245; LAG BW v. 27.7. 2009, ZTR 2009, 547; aA. LAG Berlin-Brandenburg v. 19.2.2007 – 10 Sa 2171/06, AE 2007, 223.

Lingemann | 573

Kap. 12 Rz. 45e | Vergütung verpflichtung vor. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers oder eine eigenverantwortliche Kündigung des Arbeitnehmers endet, für die der Arbeitgeber keinen Anlass geschaffen hat.191

13. Dienstwohnung (M 12.23) → S. M 12.23.

46 Bei Werkdienstwohnungen (§ 576b BGB) besteht ein einheitlicher Vertrag über die Arbeitsleistung und die Überlassung von Wohnraum.192 Die Nutzung der Werkdienstwohnung stellt einen Teil der Vergütung dar. Es handelt sich um einen gemischten bzw. doppeltypischen Vertrag. Davon zu unterscheiden ist die Werkmietwohnung (§§ 576, 576a BGB), über deren Nutzung ein gegenüber dem Arbeitsvertrag selbstständiger Mietvertrag geschlossen wird.193 Das Mietverhältnis wird dann zwar im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis begründet, ist aber nicht Vertrags- und Vergütungsbestandteil.

47 Die Unterscheidung wirkt sich insb. bei der Beendigung des Mietverhältnisses aus. Das Mietver-

hältnis über eine Werkdienstwohnung können die Vertragsparteien nicht isoliert von dem Arbeitsverhältnis kündigen, da ein einheitlicher Vertrag vorliegt und die Teilkündigung unzulässig ist.194 Das Nutzungsrecht an der Wohnung endet gemeinsam mit dem Arbeitsverhältnis, dessen Bestandteil es bildet. Eine Einschränkung gilt gem. § 576b BGB dann, wenn der Arbeitnehmer die Wohnung überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner Familie oder anderen Personen einen auf Dauer angelegten eigenen Hausstand führt. In diesem Fall sind die Vorschriften über den Kündigungsschutz von funktionsgebundenen Werkmietwohnungen (§ 576 Abs. 1 BGB) entsprechend anwendbar.

48 Für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Werkdienstwohnungen sind die Arbeitsgerichte zuständig.195

49 Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats über die Werkdienstwohnung aus § 87 Abs. 1 Nr. 9

BetrVG besteht nicht, da kein besonderer Mietvertrag, sondern lediglich der gemischte Arbeitsvertrag geschlossen wird.196 Dem Betriebsrat kann allenfalls ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehen, da die Überlassung der Wohnung Vergütungsbestandteil ist.197

14. Arbeitgeberdarlehen (M 12.24) → S. M 12.24.

50 Arbeitgeberdarlehen198 sind normale Darlehensverträge nach §§ 488 ff. BGB. Sie sind grundsätz-

lich unabhängig von gegenwärtigen oder künftigen Entgeltansprüchen. Demgegenüber werden Abschlagszahlungen auf das bereits verdiente Entgelt geleistet und Vorschüsse auf das künftig zu verdienende Entgelt.

191 Windeln/Matthaei, ArbRB 2019, 22, 25; anders zum Dienstwagen: LAG München v. 30.5.2001, FA 2002, 117. 192 Gaßner, AcP 186 (1986), 325. 193 Vgl. zur Unterscheidung BAG v. 28.11.2007 – 5 AZB 44/07, NZA 2008, 843, 844; LAG Köln v. 4.3. 2008, ZMR 2008, 963. 194 BAG v. 23.8.1989 – 5 AZR 569/88, NZA 1990, 191. 195 BAG v. 2.11.1999 – 5 AZB 18/99, NZA 2000, 277. 196 BAG v. 28.7.1992 – 1 ABR 22/92, NZA 1993, 272, 273; v. 3.6.1975, DB 1975, 1752; Fitting, § 87 BetrVG Rz. 385. 197 BAG v. 3.6.1975, DB 1975, 1752; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rz. 822. 198 Vgl. Kleinebrink, ArbRB 2010, 382.

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Vergütung | Rz. 53 Kap. 12

51

Folgende Besonderheiten bestehen: Gem. § 488 BGB hat der Arbeitgeber Anspruch auf Zinszahlung nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist. Besonders günstige Zinsen müssen nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz allen Arbeitnehmern, insb. auch Teilzeitkräften, zur Verfügung gestellt werden.199 Eine Ungleichbehandlung kann auch ein Indiz für eine Benachteiligung wegen eines Merkmals gem. § 1 AGG darstellen, bei Vermögensschäden des Arbeitnehmers steht diesem ein Schadensersatzanspruch gem. § 15 Abs. 1 AGG oder ein Anspruch200 auf den günstigeren Zins zu.201 Die Kreditierung eigener Waren ist gem. § 107 Abs. 2 Satz 2 GewO unzulässig. Die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB (Verbraucherdarlehen) und die §§ 305 ff. BGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) gelten auch für Arbeitgeberdarlehen, wie sich insb. aus § 491 Abs. 2 Nr. 2 BGB ergibt.202 Ohne abweichende Vereinbarung besteht der Darlehensvertrag auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus fort. Kündigungsklauseln, welche die weitere Gewährung des Arbeitgeberdarlehens an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses knüpfen, sind zwar zulässig. Unwirksam ist aber eine Klausel, die den Arbeitgeber zur Kündigung des Darlehensvertrages in allen Fällen berechtigt, in denen das Arbeitsverhältnis vor vollständiger Rückzahlung des Darlehens beendet wird.203 Sofern der Rückzahlungsanspruch an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geknüpft wird, kann dies den Arbeitnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wenn die Klausel auch Fallgestaltungen einer Arbeitgeberkündigung oder eine vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung erfasst.204 Bei Eigenkündigungen des Arbeitnehmers und Darlehensverpflichtungen über das monatliche Entgelt des Arbeitnehmers hinaus verlangt die Rechtsprechung in Anlehnung an § 307 BGB eine langfristige Tilgungsvereinbarung.205 Zinsvergünstigungen können ab diesem Zeitpunkt allerdings, wenn dies zuvor vereinbart war, wegfallen.206 Eine Ausgleichsklausel in einer Aufhebungsvereinbarung erfasst die Zins- und Rückzahlungsansprüche eines Arbeitgebers gegen seinen Arbeitnehmer aus einem gewährten Arbeitgeberdarlehen in der Regel nicht.207 Als Sachbezug zu versteuern sind Zinsvorteile nur, wenn am Ende des Entgeltzahlungszeitraums der Restdarlehensbetrag Euro 2.600,– übersteigt.208

52

15. Pfändung/Abtretung (M 12.25) → S. M 12.25. Die Abtretung von Lohnforderungen kann nach § 399 Var. 2 BGB wirksam ausgeschlossen werden mit der Folge, dass sie auch gegenüber dem Abtretungsempfänger (absolut) unwirksam ist. Dann ist auch eine Verpfändung unwirksam (§ 1274 Abs. 2 BGB). Zahlreiche Lohnpfändungen oder Abtretungen können eine Kündigung rechtfertigen, wenn sie einen derartigen Arbeitsaufwand des Arbeitgebers verursachen, dass sie bei objektiver Beurteilung wesentliche Störungen im Arbeitsablauf – etwa 199 BAG v. 27.7.1994 – 10 AZR 538/93, DB 1994, 2348; LAG Hamm v. 19.3.1993, BB 1993, 1593. 200 Zum Anspruch auf Leistung bei Ungleichbehandlung vgl. BAG v. 11.12.2007 – 3 AZR 249/06, NZA 2008, 532, 536; bestätigt durch BAG v. 15.9.2009 – 3 AZR 294/09, NZA 2010, 216, 218. 201 Vgl. näher zum AGG in Kap. 13 Rz. 1 ff. sowie in Kap. 1 Rz. 5 ff. 202 Vgl. BAG v. 23.9.1992 – 5 AZR 569/91, BB 1993, 1438; Kutsch/Kersting, BB 2011, 373, 375 f. für den umgekehrten Fall. 203 BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, NZA 2014, 905. 204 BAG v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, juris. 205 Vgl. LAG Hamm v. 19.2.1993 – 10 Sa 1397/92, DB 1994, 1243. 206 BAG v. 23.2.1999 – 9 AZR 737/97, NZA 1999, 1212. 207 BAG v. 19.1.2011, NZA 2011, 1159 zu einer Klausel, wonach „mit diesem Vertrag sämtliche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche … geregelt und abgegolten sind“. 208 Vgl. Nr. 2, Rz. 4, 12 des BMF-Schreiben v. 19.5.2015, VV DEU BMF 2015-05-19 IV C 5 - S 2334/07/ 0009. Aufgrund der Entscheidung des BFH v. 4.5.2006 – VI R 28/05, NZA-RR 2006, 589 legt die Finanzverwaltung nicht mehr selbst den insoweit zugrunde zu legenden Zins fest, sondern verweist auf die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Effektivzinssätze.

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53

Kap. 12 Rz. 53 | Vergütung in der Lohnbuchhaltung oder Rechtsabteilung – oder in der betrieblichen Organisation zur Folge haben.209 Zuvor muss der Arbeitnehmer jedoch abgemahnt worden sein.210 Bei besonderer Vertrauensstellung (zB Kassierer, Buchhalter) kann auch bei geringeren Beeinträchtigungen eine Kündigung in Betracht kommen.211

54 Auch wenn die Abtretung und Verpfändung vertraglich ausgeschlossen ist, hindert dies die Gläu-

biger nicht, im Wege der Lohnpfändung auf das Arbeitseinkommen zurückzugreifen. Daher empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, zumindest für diesen Fall eine Kostenregelung zu treffen. Ohne ausdrückliche vertragliche Regelung besteht kein Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung der aufgrund von Gehaltspfändungen entstehenden Kosten, der Anspruch kann auch nicht durch freiwillige Betriebsvereinbarung begründet werden.212 Dabei kann vereinbart werden, dass entsprechende Kosten für jeden Bearbeitungsvorgang von der Vergütung einbehalten werden. Da der Arbeitsaufwand letztlich nicht von der gepfändeten Summe abhängt, empfiehlt sich wegen § 307 Abs. 1 BGB eine pauschalierte Anknüpfung an die tatsächlich entstehenden Kosten. Auch sollte wegen § 309 Nr. 5b BGB dem Arbeitnehmer ausdrücklich der Nachweis gestattet sein, dass ein Schaden überhaupt nicht oder in wesentlich niedrigerer Höhe als die Pauschale entstanden ist.

16. Ausschluss der Aufrechnung/Zurückbehaltung (M 12.26) → S. zum Aufrechnungsausschluss M 12.26.1; zum Zurückbehaltungsrecht M 12.26.2.

55 Bei Formulararbeitsverträgen ist nach § 309 Nr. 3 BGB das Verbot, mit einer unbestrittenen und

rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen, unwirksam. Über § 242 BGB gilt Ähnliches für Individualverträge: Ein Aufrechnungsverbot greift insb. gegenüber rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen nicht.213 Dasselbe gilt gegenüber Ansprüchen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Aufrechnungsgegners, es sei denn, diese erforderte eine umfangreiche Beweisaufnahme.214 § 394 Satz 1 BGB schließt eine Aufrechnung gegen eine Forderung aus, soweit diese nicht der Pfändung unterworfen ist. Danach ist etwa eine Vereinbarung, in der dem Arbeitgeber die Befugnis eingeräumt wird, eine monatliche Beteiligung des Arbeitnehmers an der Reinigung und Pflege der Berufskleidung mit dem monatlichen Nettoentgelt ohne Rücksicht auf Pfändungsfreigrenzen zu „verrechnen“, unwirksam.215

56 Anrechnungen werden durch ein Aufrechnungsverbot nicht ausgeschlossen, namentlich die Anrechnung anderweitigen Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB. Denn bei der Anrechnung stehen sich nicht zwei selbstständige Forderungen, sondern unselbstständige Rechnungsposten gegenüber.216 Auch der Ausgleich eines negativen Arbeitszeitkontos bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt keinen Fall der Aufrechnung dar.217 Ein Anrechnungsverbot kann sich allerdings aus § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO ergeben. Danach ist die Anrechnung eines Sachbezugs auf das Arbeitseinkommen unzulässig, wenn die in Geld geleistete Nettovergütung und der Sachbezug in ihrer Summe nach § 850c Abs. 1, § 850e Nr. 3 ZPO unpfändbar sind.218

209 BAG v. 4.11.1981, EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 9; LAG Hamm v. 21.9.1977, DB 1977, 2237; vgl. zu den Problemen im Einzelnen Reifelsberger/Kopp, NZA 2013, 641. 210 LAG Hamm v. 21.9.1977, DB 1977, 2237; Brill, DB 1976, 1816, 1818. 211 LAG Rheinland-Pfalz v. 18.12.1978, EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 5; LAG Hamm v. 21.9.1977, DB 1977, 2237. 212 BAG v. 18.7.2006 – 1 AZR 578/05, DB 2007, 227. 213 BGH v. 1.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657; v. 6.3.1975, WM 1975, 614; v. 29.11.1971, WM 1972, 72. 214 Vgl. BGH v. 7.3.1985 – III ZR 90/83, ZIP 1985, 921, 926. 215 BAG v. 17.2.2009, BB 2009, 1303. 216 Palandt/Grüneberg, § 387 BGB Rz. 2. 217 BAG v. 13.12.2000 – 5 AZR 334/99, BB 2001, 1585. 218 BAG v. 24.3.2009 – 9 AZR 733/07, NZA 2009, 861; dazu ausf. Reifelsberger/Kopp, NZA 2013, 641, 644 ff.

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Vergütung | Rz. 59 Kap. 12

Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechtes ist vor allem bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Rückgabe der Unterlagen, Pkw etc. des Arbeitgebers von erheblicher Bedeutung. Ansonsten kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zB durch Zurückbehaltung von Unterlagen219 oder Dienstfahrzeug faktisch erheblich unter Druck setzen, zB wegen als unzureichend empfundener Formulierungen im Zeugnis. Wegen § 309 Nr. 2b BGB ist der Ausschluss oder die Einschränkung eines Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers in Formularverträgen grundsätzlich unwirksam.220 Der wirksame Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts kann sich im Einzelfall jedoch aus der Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB ergeben. Solche Besonderheiten können jedenfalls bestehen, wenn der Arbeitgeber ein aus der spezifischen Struktur der Arbeitsbeziehung resultierendes berechtigtes Interesse am Ausschluss des Zurückbehaltungsrechtes hat, zB weil die weitere Besitzüberlassung eine Gefahr für Betriebsgeheimnisse darstellt,221 was typischerweise beim Laptop der Fall ist. An den Arbeitsgeräten und Dienstwagen besteht schon gar kein Zurückbehaltungsrecht, soweit der Arbeitnehmer sie nur dienstlich nutzen darf; er ist dann nur Besitzdiener (§ 855 BGB) und hat daher keinen unmittelbaren Besitz.222 Anders ist dies jedoch bei einem – viel häufigeren – Recht auch zur privaten Nutzung zB des Dienstfahrzeuges.223 Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers wiederum an den Arbeitspapieren besteht von vornherein nicht.224

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17. Zielvereinbarungen (M 12.27) → S. zur Rahmenvereinbarung M 12.27. Zielvereinbarungen geben dem Mitarbeiter bestimmte Ziele vor; am Grad der Zielerreichung zum Ende einer bestimmten Beurteilungsperiode orientiert sich häufig ein erheblicher Teil der Vergütung, oder es hängen davon Sonderleistungen des Unternehmens an den Arbeitnehmer ab, so insb. Boni. Die Ziele sind je nach dem Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers unterschiedlich. Im Vertrieb sind es regelmäßig bestimmte Erfolgskennzahlen;225 bei Mitarbeitern in der Verwaltung demgegenüber häufig Organisationsziele und – beispielsweise im Personalbereich – auch Ziele sozialer Kompetenz.

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Rechtliche Schranken ergeben sich jedenfalls aus Gesetz und anwendbaren Tarifverträgen; der variable Anteil an der Gesamtvergütung muss so ausgestaltet sein, dass die gesetzliche und die tarifliche Mindestvergütung nicht unterschritten wird. Besteht keine Tarifbindung, so muss der Arbeitnehmer bei normalem Einsatz seiner Arbeitskraft durch die variable Vergütung ein angemessenes Gehalt erzielen können.226

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Hängt die Vergütung von dem Erreichen zu vereinbarender Ziele ab und versäumt es der Arbeitgeber, die Vereinbarung zu treffen, kann er verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer wegen der entgangenen Vergütung Schadensersatz zu leisten.227 Entscheidend ist hierbei, wer nach den vertraglichen 219 Zum Bestehen eines Zurückbehaltungsrechtes des Whistleblowers an Geschäftsunterlagen vgl. BAG v. 14.12.2011 – 10 AZR 283/10, NZA 2012, 501: Ein Zurückbehaltungsrecht an Geschäftsunterlagen soll jedenfalls dann nicht bestehen, wenn der Whistleblower die Unterlagen bereits an die zuständigen Behörden übermittelt hat. 220 Küttner/Griese, Zurückbehaltungsrecht, Rz. 6; Schuster, AiB 2002, 274, 278. 221 So namentlich Annuß, BB 2002, 458, 463; Grobys, DStR 2002, 1002, 1007; krit. Hümmerich, NZA 2003, 753, 763. 222 Vgl. BAG v. 25.10.1984, EzA BGB § 273 Nr. 3; LAG Düsseldorf v. 4.7.1975, DB 1975, 2040. 223 Vgl. OLG Düsseldorf v. 12.2.1986 – 11 U 76/85, NJW 1986, 2513. 224 BAG v. 20.12.1958, EzA BGB § 817 Nr. 2; Preis/Sagan, II Z 20, Rz. 16. 225 Hier ist von der Provision abzugrenzen, die an einen bestimmten einzelnen Erfolg anknüpft. 226 LAG Berlin v. 3.11.1986, AP HGB § 65 Nr. 14. 227 BAG v. 12.5.2010 – 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009; v. 10.12.2008 – 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256; v. 12.12.2007 – 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 (dort auch die ausführliche Auseinandersetzung mit den bisher vertretenen Gegenpositionen); vgl. hierzu auch Gehlhaar, NZA-RR 2007, 113, Lembke, NJW 2010, 321, 325.

Lingemann | 577

Kap. 12 Rz. 59 | Vergütung Abreden die Initiative zur Führung eines Gesprächs über eine Zielvereinbarung zu ergreifen hat.228 Obliegt sie allein dem Arbeitgeber, so steht dem Arbeitnehmer auch ohne vorherige Aufforderung zur Gesprächsführung grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu. Nach Ablauf der Zielperiode kann der Arbeitnehmer daher nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB statt der Festlegung von Zielen Schadensersatz verlangen. Kann eine alleinige Initiativlast des Arbeitgebers nicht festgestellt werden, besteht nur dann ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers, wenn dieser den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Zielvereinbarung aufgefordert hat.229 Zur Vermeidung dieser Risiken aus einer unterlassenen Zielvereinbarung könnte sich die Vereinbarung einer Ermessensvergütung anbieten.230 Grundlage der Schadensermittlung ist der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus.231 Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die vereinbarten Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen.232 Allerdings muss hierbei ein Mitverschulden des Arbeitnehmers am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung angemessen berücksichtigt werden, so dass der Ersatzanspruch entsprechend den Verschuldensanteilen zu kürzen ist.233 Durch wirksame Ausschlussfristen kann die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eingeschränkt werden.234 Kürzungen der variablen Vergütung bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses sind nur bei einer dahingehenden Vereinbarung möglich. Wegen des zwingenden Charakters des Entgeltfortzahlungsanspruchs sind Vereinbarungen über Kürzungen während des Zeitraums der Entgeltfortzahlung wohl unwirksam.235 Zwar eröffnet § 4a EFZG die Möglichkeit, Sondervergütungen in diesem Zeitraum zu kürzen.236 Allerdings ist unklar, ob Zielvereinbarungen Sondervergütungen im Sinne der Norm darstellen237 Jedenfalls soweit Zielvereinbarungen ausschließlich auf die individuelle Leistung des Arbeitnehmers abstellen, sollen sie aufgrund ihres (laufenden) Entgeltcharakters nicht § 4a EFZG unterfallen.238 Tendenziell könnten sich weitere Einschränkungen zudem aus der neueren Rechtsprechung des BAG zu Stichtagsklauseln und Freiwilligkeitsvorbehalten ergeben.239

60 In Formulararbeitsverträgen sind wegen der Kontrollsperre des § 307 Abs. 3 BGB (vgl. dazu ausf.

Kap. 2 Rz. 42 ff.). Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung von der Inhalts-

228 Dazu Schönhöft, BB 2013, 1529. 229 Zum Ganzen BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256, 257; v. 12.12.2007, NZA 2008, 415. Eine alleinige Initiativlast des Arbeitgebers besteht insb. bei Zielvorgaben, bei denen der Arbeitgeber die Ziele in Ausübung seines Direktionsrechts einseitig bestimmt. 230 Pfrogner, BB 2018, 757. 231 BAG v. 12.5.2010 – 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009, 1011; v. 10.12.2008 – 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256, 258; v. 12.12.2007 – 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409, 415; LAG Schl.-Holst. v. 22.7.2014 – 1 Sa 49/ 14, NZA-RR 2015, 16 (Ls.) = LAGE § 280 BGB 2002 Nr. 11. 232 BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256, 258; LAG Köln v. 17.7.2014 – 7 Sa 83/14, BeckRS 2015, 65279. 233 BAG v. 12.12.2007 – 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409, 416. Bei Alleinverschulden des Arbeitnehmers am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung ist der Anspruch somit ausgeschlossen. 234 So zumindest Hägele, GmbHR 2014, R321; vgl. zu Ausschlussfristen Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausschlussfrist/Ausschlussklausel“, Kap. 2 Rz. 92 ff. 235 Im Einzelnen: Annuß, NZA 2007, 290, 294 mwN; Mauer, NZA 2002, 540, 544. 236 Allgemein zur Anwendung und Funktionsweise des § 4a EFZG Reinartz, NZA 2015, 83. 237 Dafür könnte sprechen BAG v. 24.10.2007, NZA 2008, 43. Weitere Urteile wie BAG v. 6.5.2009 – 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783, 784 sind hier undeutlicher. Dafür MüKoBGB/Müller-Glöge, § 4a EFZG Rz. 7. Dagegen Bordet/Raif, ArbRAktuell 2011, 607, 609; ErfK/Reinhard, 16. Aufl. 2016, § 4a EFZG Rz. 8; Reiserer, NJW 2008, 609, 611; Ricken in BeckOK Arbeitsrecht, 39. Ed. 2016, § 4a EFZG Rz. 4; Riesenhuber, NZA 2007, 290, 293. Zweifelnd Annuß, NZA 2007, 290, 293. 238 Annuß, NZA 2007, 290, 293; allgemeiner zu Zielvereinbarungen Hergenröder, RdA 2014, 47, wonach auch bei einer Kumulation persönlicher Ziele mit unternehmerischen Erfolgen ein laufendes Entgelt anzunehmen ist. 239 Vgl. Rz. 28 und Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklauseln“, Kap. 2 Rz. 100 ff.

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Vergütung | Rz. 60 Kap. 12

kontrolle gem. §§ 307–309 BGB zwar ausgenommen; jedenfalls das Äquivalenzverhältnis der Zielvereinbarung kann damit einer Inhaltskontrolle nicht unterzogen werden.240 Zielvereinbarungen in Formularverträgen müssen die Voraussetzungen und die Höhe eines Anspruchs jedoch benennen, um dem Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu genügen.241 Dabei ist es auch zulässig, das Bonusvolumen insgesamt in das billige Ermessen des Vorstands/der Geschäftsführung zu stellen.242 Ob ein erfolgsorientierter Bonus, der im Rahmen einer Zielvereinbarung gewährt wird, einem Freiwilligkeitsvorbehalt unterstellt werden kann, ist zweifelhaft, uE aber in engen Grenzen möglich.243 Das BAG hat früher solche Leistungen in Abgrenzung zu laufenden Entgelten ausdrücklich als Sonderleistungen qualifiziert.244 Auf den Zweck und die Höhe der Sonderzahlung komme es nicht an.245 Allerdings dürfte ein Freiwilligkeitsvorbehalt im Vertrag nicht mehr ausreichen, er muss vielmehr bei jeder Zahlung ausdrücklich erklärt werden.246 Freiwilligkeitsvorbehalte bei Zielvereinbarungen unterliegen einer strengen Transparenzkontrolle. Hierbei ist zu beachten, dass Vereinbarungen über erfolgsorientierte Sonderzahlungen regelmäßig in zwei Stufen getroffen werden. – Auf der ersten Stufe sieht der Arbeitsvertrag den Abschluss einer Zielvereinbarung oder die Teilnahme des Arbeitnehmers an einem zielorientierten Bonusplan des Unternehmens vor (Rahmenvereinbarung). – Auf der zweiten Stufe wird das konkrete Ziel vereinbart, bei dessen Erreichen der Bonus gezahlt werden soll. Für die Wirksamkeit eines Freiwilligkeitsvorbehalts ist uE. daher zu unterscheiden: Auf der ersten Stufe, dh. für zukünftige Bezugszeiträume, für die die gegenseitigen Leistungspflichten noch nicht konkretisiert sind, kann die Teilnahme an dem Bonusprogramm uE. wirksam einem Freiwilligkeitsvorbehalt unterstellt werden.247 Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer nicht durch die Aussicht auf einen Bonus zu Leistungen angespornt wird, und ihm der Bonus dann mittels Freiwilligkeitsvorbehalt doch nicht ausgezahlt wird. Der Vorrang der Individualabrede ist in den Vertrag aufzunehmen (Rz. 5 ff.).248 240 BAG v. 12.12.2007 – 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409, 410; vgl. auch Annuß, NZA 2007, 290. 241 Vgl. Horcher, BB 2007, 2065, 2066 mit Beispielen. 242 In der Regel ist der Bonus entsprechend der Zielvereinbarung bzw. -erreichung zu gewähren, in Ausnahmefällen (zB Bankenkrise 2008/2009) ist aber auch eine vollständige Versagung des Bonus zulässig: BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595, Ls. 7, Rz. 43 ff.; v. 15.5.2013 – 10 AZR 679/ 12, NJW-Spezial 2013, 563 Rz. 38; v. 17.10.2012; AP Nr. 106 zu § 315 BGB; v. 29.8.2012 – 10 AZR 385/11, NZA 2013, 148; LAG BW v. 14.1.2013, NZA-RR 2013, 118; vgl. auch allgemein BAG v. 18.1. 2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499; v. 12.10.2011 – 10 AZR 746/10, NZA 2012, 450 Rz. 25. Dazu Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400. 243 Vgl. Lingemann/Gotham, NZA 2008, 509, 510; Lingemann/Gotham, DB 2008, 2307, 2310; aA ErfK/ Preis, § 611 BGB Rz. 504; Riesenhuber/von Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 792. Zur Möglichkeit von Bindungsklauseln vgl. Reiserer/Fallenstein, DStR 2011, 1572, 1575. Zur Kürzungsmöglichkeit nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks vgl. BAG v. 19.1.2011, NJOZ 2011, 1185. 244 BAG v. 6.5.2009 – 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783, 784; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40, 43. 245 BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535, 536. 246 Vgl. BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180; Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff. 247 Vgl. auch Simon/Hidalgo/Koschker, NZA 2012, 1071; im Ergebnis ebenso: Salamon, NZA 2014, 465; aA Bordet/Reif, ArbRAktuell 2011, 607; Riesenhuber/Steinau/Steinrück, NZA 2005, 785. Sollte ein Freiwilligkeitsvorbehalt unwirksam sein, so würde an seine Stelle wahrscheinlich eine Ermessensentscheidung des Arbeitgebers gem. § 315 Abs. 1 BGB treten, vgl. BAG NZA 2014, 595; 2016, 1334; er müsste dann iR. billigen Ermessens entscheiden, ob er im Folgejahr wieder eine Zielvereinbarung anbietet. 248 Vgl. BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81.

Lingemann | 579

Kap. 12 Rz. 60 | Vergütung Hingegen dürften Freiwilligkeitsvorbehalte auf der zweiten Stufe regelmäßig gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein, denn auf dieser Stufe würde der Arbeitnehmer ja im Hinblick auf den Bonus gerade Leistungen erbringen, dann kann ihm der Bonus aber nicht mehr mittels Freiwilligkeitsvorbehalt vorenthalten werden.249 Nach Auffassung des BAG ist es widersprüchlich, eine Sonderleistung, die nach Umfang und Höhe präzisiert ist und die das Verhalten des Arbeitnehmers steuern und beeinflussen soll, an einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu binden (vgl. hierzu Rz. 5 ff.).250 Bei Vereinbarung der ersten Stufe halten wir hinsichtlich künftiger Zielvereinbarungszeiträume jedenfalls einen Widerrufsvorbehalt für zulässig (vgl. hierzu Rz. 7).251 Ein Widerrufsvorbehalt dürfte auch bezüglich der zweiten Stufe noch zulässig sein. In jedem Falle müssen die sachlichen Gründe für einen Widerruf in der Klausel aber genannt sein,252 außerdem muss der widerrufliche Teil der Zielvereinbarung weniger als 25 % des Gesamtverdienstes ausmachen.253

61 Zu unterscheiden ist zwischen Zielvereinbarungen innerhalb und außerhalb des Direktions-

rechts.254 Ist der Inhalt einer Zielvereinbarung bereits durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt, so ist sie für den Arbeitnehmer bindend. Allerdings unterliegt sie der gerichtlichen Kontrolle am Maßstab des § 315 BGB.255 Geht der Inhalt über das bereits nach dem Arbeitsvertrag Geschuldete hinaus, so ist der Arbeitnehmer hinsichtlich des Abschlusses einer solchen Vereinbarung frei; nach Abschluss ist er gleichwohl gebunden. In diesem Fall liegt eine vertragliche Vergütungsvereinbarung vor, und für eine gerichtliche Kontrolle finden die Grundsätze über eine freie Entgeltvereinbarung Anwendung.256

62 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates kommen in Betracht, soweit es sich um die Einführung

eines neuen betrieblichen Beurteilungssystems handelt nach § 94 Abs. 2 BetrVG, soweit diese elektronisch verarbeitet werden ferner nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und, soweit sie gleichzeitig eine Regelung des Verhaltens der Arbeitnehmer enthalten, nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.257 Handelt es sich um eine Vergütungsregelung mit kollektivem Bezug, so sind auch die Mitbestimmungstatbestände des § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG berührt.258

63 Unter Umständen kann auch eine Verpflichtung zur Anpassung einer Zielvereinbarung an ver-

änderte Umstände entsprechend § 313 BGB bestehen. Das ist insb. der Fall, wenn sich die Leistungsbedingungen während der Zielvereinbarungsperiode so verändern, dass die vereinbarten Ziele nicht mehr erreicht werden können. Allerdings besteht diese Pflicht nur, wenn die Veränderung nicht in der Sphäre einer Partei liegt.259

249 Vgl. dazu auch BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. 250 BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, NZA 2013, 1015 Rz. 17; v. 10.12.2008 – 10 AZR 35/08, NZA 2009, 258 Rz. 11; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173, Ls. 4, Rz. 39; auch knapp in BAG v. 14.9. 2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81 Rz. 20, 30. Hierzu auch Lingemann/Gotham, DB 2008, 2307, 2310; Salamon, NZA 2014, 465. 251 Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754, 1756. 252 Wobei in diesem Falle sicherlich hohe Anforderungen an die Widerrufsgründe zu stellen sind, Lingemann/Gotham, DB 2007, 1754, 1756. 253 BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, 617; v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465; der widerrufliche Teil kann sich bis auf 30 % erhöhen, sofern er nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis steht; vgl. ausf. Rz. 7 und Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. 254 Köppen, DB 2002, 374 f. 255 Bauer/Diller/Göpfert, BB 2002, 882, 884. 256 BAG v. 21.6.2000 – 5 AZR 806/98, DB 2000, 1920. 257 Annuß, NZA 2007, 290, 296; Geffken, NZA 2000, 1033, 1037. 258 Annuß, NZA 2007, 290, 296; vgl. auch Reiserer/Fallenstein, DStR 2011, 1624, 1628. 259 Bauer/Diller/Göpfert, BB 2002, 882, 884; aA Köppen, DB 2002, 374, 379.

580 | Lingemann

Vergütung | Rz. 66 Kap. 12

18. Aktienoptionspläne (M 12.28) → S. M 12.28. Aktienoptionen können dem Mitarbeiter aufgrund einer bindenden Vereinbarung als einklagbarer Entgeltbestandteil gewährt werden.260 Die einzelvertragliche Ausgestaltung von Aktienoptionen findet sich regelmäßig nicht im Arbeitsvertrag, sondern in dem separaten Gewährungsvertrag (vgl. M 12.28). Mit der Aktienoption erhält der Mitarbeiter mittelbare oder unmittelbare Bezugsrechte für Aktien seines Arbeitgebers oder eines anderen Unternehmens im Konzern. Meist ist die Vereinbarung von Aktienoptionen auf einen bestimmten Mitarbeiterkreis, idR Führungskräfte, beschränkt.

64

Das Prinzip der Aktienoptionen besteht darin, dass der Ausübungspreis für die Aktien, die der Mitarbeiter erwerben kann, in der Gewährungsvereinbarung festgelegt wird. Eine Steigerung des Aktienkurses über den Ausübungspreis hinaus kommt daher ganz oder zT dem Mitarbeiter zugute. Typischerweise sieht die Gewährungsvereinbarung eine Wartefrist vor, nach deren Ablauf die Option erst ausgeübt werden kann. Wartefristen sind grundsätzlich zulässig; dies folgt unmittelbar aus § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG, danach muss die Wartefrist mindestens vier Jahre betragen. Auch wird die Ausübung jeweils auf bestimmte Zeiten beschränkt bzw. für bestimmte Zeiten ausgeschlossen. Dies dient dazu, Insiderhandel zu verhindern und ist daher arbeitsrechtlich zulässig. Auch wird die Übertragung oder Veräußerung der Aktienoptionen jeweils (schuldrechtlich) ausgeschlossen, was jedenfalls für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren als zulässig angesehen wird.261 Die Aktienoptionspläne sehen in der Regel vor, dass die Optionsrechte insb. nach einem Ausscheiden des Mitarbeiters verfallen. Das BAG hat den Verfall der Bezugsrechte bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auch gemessen an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, für wirksam erklärt. Der Verfall kann sowohl bei Beendigung oder Erklärung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Wartezeit als auch nach Ablauf der Wartezeit angeordnet werden. Es ist auch nicht danach zu differenzieren, ob nach Ablauf der Wartezeit eine Ausübungsmöglichkeit bestanden hat oder nicht. Das gilt selbst im Fall der betriebsbedingten Kündigung.262 Unproblematisch in der Abwicklung ist der Verfall der Aktienoptionen insb. dann, wenn diese unentgeltlich gewährt wurden. Soweit der Arbeitnehmer für die Option eine Gegenleistung zahlen musste, hat der Arbeitgeber diese bei Verfall der Option zu erstatten.263 Die Erstattungspflicht sollte dann mit Blick auf die AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB ausdrücklich vereinbart werden, ansonsten könnte die Verfallregelung insgesamt wegen Intransparenz gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB oder wegen unangemessener Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB unwirksam sein.264

65

Werden Aktienoptionen in Formularverträgen als Sondervergütung zusätzlich zum laufenden Entgelt gezahlt, kann uE. die Leistung grundsätzlich zur Vermeidung einer betrieblichen Übung einem Freiwilligkeitsvorbehalt unterstellt werden.265 Nach der restriktiven Rechtsprechung des BAG zu Freiwilligkeitsvorbehalten ist die Zulässigkeit dieser Gestaltung aber offen.266 In jedem Falle bedarf es des Hinweises auf die Freiwilligkeit der Leistung bei jeder Gewährung. Alternativ hierzu besteht die Möglichkeit, einen Widerrufsvorbehalt aufzunehmen. Zu beachten ist aber auch hier das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. hierzu Rz. 7 f.).

66

260 Zu Aktienoptionen und deren steuerlicher Behandlung vgl. Kutsch/Kersting, BB 2011, 373, 378 f. 261 Vgl. Baeck/Diller, DB 1998, 1405, 1407; Küttner/Röller, Aktienoptionen, Rz. 12; Lingemann/Diller/ Mengel, NZA 2000, 1191, 1195 mwN. 262 BAG v. 28.5.2008, AP BGB § 305 Nr. 12 m. zust. Anm. Lingemann/Gotham. 263 Vgl. Legerlotz/Laber, DStR 1999, 1658, 1664; Staake, NJOZ 2010, 2494, 2499 (VI.3.). 264 Vgl. ausf. zur AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB unter Kap. 2 Rz. 2 ff.; s. auch Reim, ZIP 2006, 1075. 265 Lingemann/Gotham, Anm. zu BAG v. 23.5.2008, AP BGB § 305 Nr. 12; Lingemann/Gotham, DB 2008, 2307, 2310. 266 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81 sowie oben Rz. 5 ff.; vgl. zum Urteil Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400 und allgemein auch BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595; v. 20.3.2013 – 10 AZR 8/12, NZA 2013, 970.

Lingemann | 581

Kap. 12 Rz. 66 | Vergütung Bei der Gewährung von Aktienoptionen ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, sofern der Gewährung – wie meistens – ein generalisierendes Prinzip zugrunde liegt.267 Allerdings gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur unternehmensweit, nicht konzernweit. Bei der Gewährung von Aktienoptionen durch die – ggf. auch ausländische268 – Konzernobergesellschaft greift dieser also nicht.269 Soweit eine Option von der ausländischen Muttergesellschaft gewährt wird, ist auf den Gewährungsvertrag deutsches Arbeitsrecht wohl ohnehin nicht anwendbar.270

67 Besteuert wird die Option nicht schon im Zeitpunkt der Gewährung, sondern erst im Zeitpunkt der

Ausübung.271 Geldwerter Vorteil ist dann die Differenz zwischen dem Ausübungspreis und dem Aktienkurs zu diesem Zeitpunkt.272 Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber die Aktien tatsächlich verbilligt an den Mitarbeiter veräußert, mithin der Wert der Aktien den vereinbarten Kaufpreis übersteigt. Ob der Mitarbeiter verbilligt erwirbt oder sich Leistung und Gegenleistung entsprechen, ist grundsätzlich anhand der Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts zu bestimmen.273 Die weitere Versteuerung der so erworbenen Aktien richtet sich nach den allgemeinen Regeln.

68 Besteht ein Betriebsrat und handelt es sich bei den Berechtigten nicht ausschließlich um Organe und

leitende Angestellte iSv. § 5 BetrVG, so kommt ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht und es besteht ein Informationsrecht nach § 80 BetrVG.274 Das Mitbestimmungsrecht besteht zwar nicht für die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang Aktienoptionen zur Verfügung gestellt werden sollen, wohl aber für die Einzelheiten der Verteilung, insb. der Aufteilung des Volumens auf einzelne Arbeitnehmergruppen oder Arbeitnehmer. Allerdings dürften die Vorgaben der Hauptversammlung zum Aktienoptionsplan mitbestimmungsfrei sein, da nicht diese, sondern nur der Vorstand als Arbeitgeber Verhandlungspartner des Betriebsrates sein kann. Insoweit wird der Bereich der mitbestimmungsfreien Entscheidungen bei Aktienoptionen durch §§ 192, 193 Abs. 2 AktG auf die Vorgaben der Hauptversammlung erweitert. Das gilt uE auch für solche Vorgaben, die aktienrechtlich nicht zwingend sind, gleichwohl aber im Beschluss der Hauptversammlung festgelegt werden.275 Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates besteht bei Aktienoptionen, die nicht von der Arbeitgeberin, sondern von der Konzernobergesellschaft gewährt werden,276 namentlich, wenn diese im Ausland ansässig ist.277

267 BAG v. 21.10.2009 – 10 AZR 664/08, BB 2010, 252; vgl. dazu im Einzelnen Baeck/Diller, DB 1998, 1402, 1408 ff.; Legerlotz/Laber, DStR 1999, 1658, 1660 ff. Gleichzeitig ist nicht auszuschließen, dass eine ungleiche Gewährung von Aktienoptionen ein Indiz für eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale darstellt; bei einem Vermögensschaden des Arbeitnehmers kommt dann möglicherweise ein Schadensersatzanspruch gem. § 15 Abs. 1 AGG in Betracht; vgl. zum AGG unter Kap. 13 Rz. 1 ff. sowie Kap. 1 Rz. 5 ff. 268 Vgl. BAG v. 12.2.2003, AP BGB § 613 Nr. 243; LAG Hessen v. 19.11.2001, DB 2002, 794. 269 Lingemann/Diller/Mengel, NZA 2000, 1191. Zum anwendbaren ausländischen Recht Häferer/Burger, NZA 2020, 143. 270 Darauf deutet hin die Entscheidung des BAG v. 12.2.2003, AP BGB § 613a Nr. 243 (m. zust. Anm. Lingemann), nach der von der ausländischen Konzernobergesellschaft gewährte Aktienoptionen bei Betriebsübergang der deutschen Tochtergesellschaft nicht auf den Erwerber übergehen und ausschließlich im Verhältnis zu der gewährenden Konzernobergesellschaft zu verfolgen sind; vgl. auch BAG v. 16.1.2008 – 7 AZR 887/06, NZA 2008, 836, 838. 271 Zur bilanzrechtlichen Beurteilung vgl. Dörr, NWB 2011, 350. 272 BFH v. 24.1.2001 – I R 119/98, BB 2001, 1180; v. 23.7.1999 – VI B 116/99, DStR 1999, 1524; Zusammenfassung des Sachstandes bei Küttner/Thomas, Aktienoptionen, Rz. 21 ff.; zu alternativen Gestaltungen Mutter/Mikus, ZIP 2007, 1949 ff. 273 BFH v. 7.5.2014, NZA-RR 2014, 485. 274 LAG Nürnberg v. 22.1.2002, ArbuR 2002, 151. 275 Im Ergebnis ähnlich Baeck/Diller, DB 1998, 1402, 1410 ff.; vgl. auch Kau/Kukat, BB 1999, 2505, 2507. 276 BAG v. 20.3.2018 – 1 ABR 15/17, NZA 2018, 1017. 277 BAG v. 12.6.2019 – 1 ABR 57/17, GWR 2019, 408.

582 | Lingemann

Vergütung | M 12.2 Kap. 12

II. Muster 1. Festvergütung M 12.1.1 Gewerbliche Arbeitnehmer ohne Tarifbindung […] erhält einen Lohn in Höhe von Euro […]/h/Woche/Monat.

M 12.1.2 Gewerbliche Arbeitnehmer mit Tarifbindung […] wird in die tarifliche Lohngruppe […] eingruppiert: Tariflohn (zurzeit): Euro […]

M 12.1.3 Angestellte ohne Tarifbindung […] erhält ein Gehalt von monatlich Euro […], das am Ende eines jeden Monats gezahlt wird.

M 12.1.4 Angestellte mit Tarifbindung […] erhält ein Gehalt nach der tariflichen Gehaltsgruppe […], dh. von zurzeit Euro […]/Monat.

M 12.1.5 Organmitglieder oder leitende Angestellte […] erhält ein festes Jahresgehalt von Euro […], zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von Euro […] jeweils am Monatsende.

M 12.2 Einstweilige Verfügung auf Gehaltszahlung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Antragsteller. Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen2 wir:

1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Wie so häufig im arbeitsrechtlichen einstweiligen Rechtsschutz gehen auch bei der einstweiligen Verfügung auf Lohnzahlung die Auffassungen der Landesarbeitsgerichte in fast allen Punkten weit auseinander. Hier

Lingemann und Diller | 583

Kap. 12 M 12.2 | Vergütung 1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein – aufgegeben, dem Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens, Az. […], als Abschlag auf seine Lohnansprüche monatlich3 Euro […]4 zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen. 2. Hilfsweise, die beantragte einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfristen zu erlassen.

Begründung: Der ASt. ist seit dem […] bei der AGg. als […] im Betrieb in […] zu einem Bruttolohn von Euro […] monatlich beschäftigt. Drei Tage vor Ablauf der Probezeit, am […], kündigte die AGg. das Anstellungsverhältnis fristgemäß zum […] Mündlich wurde dem ASt. erklärt, man sei mit seinem Verhalten gegenüber Vorgesetzten nicht zufrieden und wolle deshalb das Anstellungsverhältnis nicht fortsetzen. Die Kündigung vom […] war offensichtlich unwirksam. Die AGg. beschäftigt 50 Arbeitnehmer, bei ihr besteht ein Betriebsrat. Der Betriebsrat ist nicht gemäß § 102 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung gehört worden. Mündlich hat die AGg. erklärt, bei einer Kündigung während der Probezeit sei eine Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG nicht erforderlich, da ja auch keine Kündigungsgründe erforderlich seien. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach ständiger Rechtsprechung ist gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 102 BetrVG vor „jeder“ Kündigung der Betriebsrat zu hören, auch vor einer Kündigung während der Probezeit (BAG v. 18.5.1994 – 2 AZR 920/93, NZA 1995, 24). Eine ohne Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG erklärte Kündigung ist nichtig. Die AGg. hat auch keine Möglichkeit, aus den von ihr vorgebrachten Gründen nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats kurzfristig eine neue Kündigung auszusprechen. Da das Anstellungsverhältnis mittlerweile mehr als sechs Monate dauert, genießt der ASt. nunmehr Kündigungsschutz. Eine erneute Kündigung wegen angeblich unangemessenen Verhaltens gegenüber Vorgesetzten würde schon daran scheitern, dass der ASt. nie abgemahnt worden ist. Darüber hinaus war sein Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten immer völlig einwandfrei. zeigt sich besonders deutlich, welche nachteiligen Folgen für die Rechtspflege das Fehlen der ordnenden Hand einer einheitlichen obergerichtlichen Rspr. hat (umfassend zur einstweiligen Verfügung auf Lohn- und Gehaltszahlung Eich, DB 1976, Beilage 10; Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 48 ff.). Erste Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung auf Lohn- und Gehaltszahlung ist eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Vergütungsanspruch tatsächlich besteht. Verweigert der Arbeitgeber die Zahlung unter Berufung auf eine ausgesprochene Kündigung, setzt der Erlass der Verfügung deshalb voraus, dass diese Kündigung offensichtlich unwirksam ist (zB LAG Hamburg v. 6.5.1986 – 1 Ta 7/86, DB 1986, 1629; LAG BW v. 24.11.1967, DB 1968, 536) und der Arbeitnehmer entsprechende Hauptsacheklage erhoben hat. Einstweilige Verfügungen auf Lohnund Gehaltszahlung haben in den vergangenen Jahrzehnten erheblich an Bedeutung verloren, da meist die Sozialleistungen für die Deckung des notwendigen Lebensunterhalts sorgen (insb. die „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts“ nach SGB II, „Hartz IV“). Wegen des Subsidiaritätsprinzips des SGB II kann der Antrag des Arbeitnehmers auf Erlass der einstweiligen Verfügung allerdings nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Arbeitnehmer könnte stattdessen Leistungen nach SGB II in Anspruch nehmen (LAG Köln v. 28.2.2014 – 4 Ta 28/14, BeckRS 2014, 67646; Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 49). Nicht subsidiär ist dagegen der Anspruch auf Arbeitslosengeld, weshalb die beantragte einstweilige Verfügung grds. nicht in Betracht kommt, wenn Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht (LAG Schleswig-Holstein v. 26.8.1958, AP Nr. 1 zu § 940 ZPO; LAG BW v. 24.11.1967, DB 1968, 536). Nimmt der Arbeitnehmer dagegen bereits Leistungen nach SGB II in Anspruch, fehlt es am Verfügungsgrund (Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 49). 3 Da die einstweilige Verfügung Sicherungsfunktion hat, soll nach hA Zahlung nur für die Zukunft beantragt werden können, nicht jedoch hinsichtlich der Vergangenheit (ausf. Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 51). Für welchen Zeitraum die Zahlung verlangt werden kann, ist ebenfalls umstritten. Selbstverständlich kann die Zahlung nicht mehr verlangt werden, sobald (aus welchen Gründen auch immer) die Notlage behoben ist. Umstritten ist allerdings, ob die Zahlung nur bis zum Erlass einer vorläufig vollstreckbaren Entscheidung im Hauptsacheverfahren (so Eich, DB 1976, Beilage 10, 10) oder bis zur rechtskräftigen Beendigung des Hauptsacheverfahrens verlangt werden kann. 4 In welcher Höhe der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht kommt, ist umstritten. Einigkeit besteht nur insoweit, als eine Verurteilung zur Zahlung der vollen vertraglichen Vergütung nicht in Betracht kommt. Überwiegend wird auf die Pfändungsfreigrenze abgestellt (LAG Bremen v. 5.12.1997 – 4 Sa 258/ 97, DB 1998, 1624), wogegen andere auf die Höhe des fiktiven Arbeitslosengeldes abstellen (Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 50). Zinsen können nicht verlangt werden.

584 | Diller

Vergütung | M 12.3 Kap. 12 Der ASt. hat gegen die unwirksame Kündigung vom […] am […] Klage erhoben, die beim Arbeitsgericht unter dem Az. […] geführt wird. Die Güteverhandlung hat am […] stattgefunden und blieb erfolglos. Die AGg. beharrt auf ihrem Standpunkt, eine Betriebsratsanhörung sei nicht erforderlich gewesen. Aufgrund der Überlastung der zuständigen Kammer wurde Kammertermin erst auf den […] bestimmt. Zur Glaubhaftmachung: Beiziehung der Akten des Verfahrens […] Der ASt. ist in einer existenziellen Notlage. Der ASt. ist […] Kindern und einer nicht erwerbstätigen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig. Die Familie verfügt über keinerlei liquides Vermögen, welches sie zur Sicherung des Lebensunterhalts einsetzen könnte. Das Girokonto des Klägers weist ein „Soll“ auf. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat der ASt. wegen Nicht-Erfüllung der Anwartschaftszeit gemäß §§ 142 ff. SGB III nicht. Zur Glaubhaftmachung für alles Vorstehende: Eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage […] Es ist anerkannt, dass in Notfällen eine einstweilige Verfügung auf Fortzahlung der Vergütung zulässig ist, und zwar mindestens in Höhe des pfändungsfreien Einkommens. Der mit dem Antrag begehrte monatliche Zahlbetrag entspricht genau dem pfändungsfreien Einkommen des ASt. (wird ausgeführt). […] (Unterschrift)5 5 Der Streitwert entspricht den geltend gemachten Bruttobeträgen für die (zu schätzende) Zeit bis zum Erlass der erstinstanzlichen Hauptsacheentscheidung. Wegen der Erfüllungswirkung der einstweiligen Verfügung ist kein Abschlag zu machen (Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 58). Umstritten ist auch die Vollstreckung. Bei einer auf wiederkehrende Leistung gerichteten einstweiligen Verfügung fordert die hA zusätzlich zur Zustellung von Amts wegen noch eine Zustellung im Parteibetrieb innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO (statt aller: OLG Celle v. 2.8.1984, FamRZ 1984, 1249). Nach der Gegenauffassung reicht es, wenn zusätzlich zur Amtszustellung innerhalb der Monatsfrist die Zwangsvollstreckung eingeleitet wird (BGH v. 25.10.1990, WM 1990, 2090). Ist die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt, ist weiter fraglich, ob innerhalb der Monatsfrist auch mit der tatsächlichen Vollstreckung begonnen sein muss (dazu OLG Hamm v. 25.1.1991, FamRZ 1991, 583).

M 12.3 Gehaltsklage bei zu niedriger Eingruppierung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6. […]2 an den Kläger zu zahlen.3 2. Es wird festgestellt, dass der Kläger in die Tarifgruppe K 5 des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I für Arbeiter und Angestellte der […]industrie Baden-Württemberg einzugruppieren ist.4 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 In den meisten Eingruppierungsfällen fehlt es an einem Verschulden des Arbeitgebers für die fehlerhafte Eingruppierung, so dass Verzugszinsen nicht geltend gemacht werden können und nur die Zinsen seit Rechtshängigkeit zugesprochen werden. Wegen des fehlenden Kostenrisikos schadet es aber nichts, Verzugszinsen geltend zu machen (s. M 101.3 Fn. 7, dazu BAG v. 11.6.1997 – 10 AZR 613/96, DB 1998, 86; Diller, FA 2004, 300). 3 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 4 Nach hA ist die sog. Eingruppierungsfeststellungsklage ausreichend, so dass auf einen gesonderten Zahlungsantrag (hier Klageantrag Ziff. 1) an sich verzichtet werden kann. Das besondere Feststellungsinte-

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Kap. 12 M 12.3 | Vergütung Begründung: Die Bekl. ist ein Unternehmen der […]industrie mit 500 Beschäftigten, sie ist Mitglied des Verbands der […]industrie Baden-Württemberg. Der Kl. ist seit mehr als 20 Jahren als Lagerverwalter bei der Bekl. beschäftigt. Er ist Mitglied der IG […] Aufgrund beiderseitiger Tarifbindung findet zwischen den Parteien der Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I für Arbeiter und Angestellte der […]industrie Baden-Württemberg Anwendung. Die Bekl. hat den Kl. in die Gehaltsgruppe K 4 eingruppiert5 und zahlt ihm ein monatliches Grundgehalt von Euro […] (Tarifgehalt ab dem vierten Beschäftigungsjahr). Richtigerweise wäre der Kl. jedoch in Tarifgruppe K 5 mit einem Grundgehalt von Euro […] einzugruppieren, weil6 […] Der Kl. hat mit Anwaltsschreiben vom 15.5. […] eine Höhergruppierung sowie Zahlung des Gehalts gemäß Tarifgruppe K 5 verlangt. Beweis: Schreiben des Unterzeichners vom 15.5. […], Anlage K 1 Auf das Schreiben hat die Bekl. jedoch nicht reagiert, weshalb Klage geboten ist. Mit dem Klageantrag Ziff. 1 wird die Differenz zwischen der monatlichen tariflichen Grundvergütung der Tarifgruppen K 4 und K 5 für den Monat Mai […] geltend gemacht. Eine Klageerweiterung um die Differenz für weitere Monate bleibt vorbehalten.7 […] (Unterschrift)8

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resse wird von der Rspr. auch in der Privatwirtschaft bejaht (BAG v. 20.6.1984 – 4 AZR 208/82, BB 1985, 54). Die Kombination mit einem Zahlungsantrag hat allerdings den Vorteil, dass nach einem stattgebenden Urteil erster Instanz für die Zeit bis dahin vollstreckt werden kann. Die in der Praxis nicht selten anzutreffenden Leistungsklagen, wonach der Arbeitgeber verpflichtet werden soll, den Arbeitnehmer in eine bestimmte Vergütungsgruppe „einzugruppieren“, sind sinnlos. Der Vergütungsanspruch entsteht nicht aufgrund eines bestimmten Handelns des Arbeitgebers, sondern ergibt sich schlicht aus den tariflichen Bestimmungen („Tarifautomatik“, BAG v. 16.10.1974 – 4 AZR 1/74, AP Nr. 81 zu §§ 22, 23 BAT). Zwar hat der Betriebsrat nach § 99 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Eingruppierung. Dieses Recht dient jedoch der Richtigkeitskontrolle und hat keine konstitutive Bedeutung. Folglich ist über die Eingruppierungsklage unabhängig davon zu entscheiden, ob und mit welchem Ergebnis die Mitbestimmung des Betriebsrats durchgeführt worden ist (BAG v. 6.8.1997 – 4 AZR 195/96, NZA 1998, 263). Deshalb muss in der Klageschrift dazu auch nichts vorgetragen werden. Die Beweislast für die begehrte Eingruppierung trägt in vollem Umfang der Arbeitnehmer. Zu den Problemen einer Klage auf zukünftige Vergütung s. M 12.29. Hinsichtlich des Streitwerts gilt § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG, der dreijährige Unterschiedsbetrag zwischen der aktuellen und der begehrten Tarifgruppe ist anzusetzen. Gem. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG werden die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge in Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten (anders beim Landgericht!) dem Streitwert nicht hinzugerechnet. Angesichts des klaren Wortlauts des § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG ist für einen Abschlag beim Streitwert kein Raum.

M 12.4 Zahlungsklage bei zweistufiger Ausschlussfrist An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1 S. M 101.1 und M 101.2.

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Vergütung | M 12.4 Kap. 12 Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5. […] an den Kläger zu zahlen.2, 3

Begründung: Die Bekl. ist ein Bauunternehmen, der Kl. ist bei der Bekl. seit […] als Maurer tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) Anwendung. Der Tarifvertrag ist allgemeinverbindlich. Dem Kl. war unstreitig eine Prämie in Höhe von Euro […] für den Fall zugesagt worden, dass die Bauarbeiten am U-Bahnhof […] termingerecht bis zum 31.3. […] fertig würden. Die Fertigstellung ist rechtzeitig erfolgt. Die Bekl. verweigert jedoch die Zahlung der Prämie mit der Begründung, die Ansprüche des Kl. seien gemäß der zweistufigen Ausschlussfrist des § 14 BRTV-Bau verfallen. Die Auffassung der Bekl. ist unrichtig. Der Kl. hat zunächst seinen Anspruch, wie von § 14 BRTV-Bau verlangt, schriftlich innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht. Die Geltendmachung erfolgte mit Einschreiben vom 15.5. […], das die Bekl. unstreitig am 18.5. […] erhalten hat. Beweis: Einschreiben des Kl. vom 15.5. […], Anlage K 1 Die Bekl. hat dem Kl. mit Schreiben vom 3.6. […] mitgeteilt, sie erkenne den mit Schreiben vom 15.5. […] geltend gemachten Anspruch nicht an. Zwar habe der Kl. eine Zusage über die Prämie gehabt, und die betreffende Baustelle sei auch fristgerecht fertig geworden. Der Kl. habe den Anspruch jedoch nicht unter Wahrung der Frist des § 14 BRTV-Bau geltend gemacht. Er habe in dem Schreiben vom 15.5. […] nur pauschal „Zahlung von Prämie wegen U-Bahnhof […]“ verlangt, den Anspruch aber nicht beziffert. Beweis: Schreiben der Bekl. vom 3.6. […], Anlage K 2 Die Bekl. übersieht, dass die Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung tariflicher Ausschlussfristen nicht voraussetzt, dass der Anspruch summenmäßig beziffert wird, wenn der Gegenseite klar ist, um welche Forderung es geht und wie sich die Forderung berechnet (BAG v. 16.6.1976, AP Nr. 56 zu § 4 TVG Ausschlussfrist). So lag es hier.4 Da eine erneute mündliche außergerichtliche Geltendmachung der Forderung erfolglos blieb, ist Klage geboten.5 Die zweistufige Ausschlussfrist des § 14 BRTV-Bau verlangt, dass binnen zwei Monaten nach schriftlicher Ablehnung eines Anspruchs Klage erhoben wird. Die schriftliche Ablehnung des Anspruchs erfolgte mit dem Schreiben der Bekl. vom 3.6. […], so dass die Klagefrist gewahrt ist. […] (Unterschrift)6 2 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 3 Bei tariflichen Ausschlussfristen kann die einmalige ordnungsgemäße Geltendmachung eines Anspruchs für einen bestimmten Zeitraum ausreichend sein, um auch künftige Ansprüche vor dem Verfall zu schützen, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann (BAG v. 19.2.2014, NZA-RR 2014, 386; v. 16.1.2013, NZA 2013, 975). 4 Da Ausschlussfristen von Amts wegen zu beachten sind (BAG v. 13.5.1970, AP Nr. 56 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers), muss der Kläger in der Klageschrift zur Einhaltung der Ausschlussfrist(en) vortragen. Sonst ist die Klage unschlüssig. 5 Zur Wirksamkeit von (zweistufigen) Ausschlussfristen s. die Erläuterungen in M 2.1a zu § 10. 6 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

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Kap. 12 M 12.5 | Vergütung M 12.5 Gehaltsklage wegen Ungleichbehandlung/Diskriminierung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir die Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage2 und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem3 […] an die Klägerin zu zahlen.4 2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin künftig Anspruch auf Vergütung nach der innerbetrieblichen Vergütungsgruppe V der Beklagten hat.5

1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Das allgemeine Gleichbehandlungsgebot zwischen Männern und Frauen ergibt sich aus §§ 1, 7 AGG. Das Gebot, Männern und Frauen für gleiche Arbeit gleiche Vergütung zu zahlen, ergibt sich aus Art. 157 AEUV und §§ 3, 7 EntgTranspG. Das AGG verbietet in § 3 zunächst eine unmittelbare Diskriminierung. Darunter versteht man eine Diskriminierung, die unmittelbar an das Geschlecht anknüpft oder an Merkmale, die regelmäßig nur von Personen eines Geschlechts erfüllt werden. Eine unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung ist heute praktisch nur noch bei Einstellung und Beförderung anzutreffen, aber nicht mehr bei der Vergütung. In diesem Bereich hat jedoch die „mittelbare Diskriminierung“ (§ 3 Abs. 2 AGG) eine große Rolle erlangt. Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Regelung eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern bevorzugt oder benachteiligt, durch diese Regelung wesentlich mehr Personen des einen als des anderen Geschlechts betroffen werden, und die Benachteiligung oder Bevorzugung mit dem Geschlecht oder der Geschlechterrolle erklärbar ist. Wichtig bei der Klage auf Vergütungszahlung ist die Beweislastumkehr nach § 22 AGG. Nach st. Rspr. des EuGH (v. 17.10.1989 – C-109/88, NZA 1990, 772) und des BAG (v. 23.9.1992, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Diskriminierung) ist eine Klage auf Zahlung einer höheren Vergütung wegen mittelbarer Geschlechtsdiskriminierung bereits dann erfolgreich, wenn männliche und weibliche Arbeitnehmer mit im Wesentlichen gleicher Arbeit beschäftigt sind, der Arbeitgeber die männlichen Arbeitnehmer im Durchschnitt erheblich höher bezahlt, und die höhere Entlohnung der männlichen Arbeitnehmer nicht durch Gründe gerechtfertigt ist, die nicht auf das Geschlecht bezogen sind. Die Beweislastumkehr des § 22 AGG tritt bereits dann ein, wenn die Zahlenverhältnisse auf eine ungleiche Behandlung der Geschlechter schließen lassen und die Kriterien für die Entlohnungspraxis des Arbeitgebers für die Arbeitnehmer nicht durchschaubar sind. Es ist dann Sache des Arbeitgebers darzulegen, dass die unterschiedliche Vergütung auf nicht geschlechtsspezifischen Gründen beruht. 3 In den meisten Eingruppierungsfällen fehlt es an einem Verschulden des Arbeitgebers für die fehlerhafte Eingruppierung, so dass Verzugszinsen nicht geltend gemacht werden können und nur die Zinsen seit Rechtshängigkeit zugesprochen werden. Wegen des fehlenden Kostenrisikos schadet es aber nichts, Verzugszinsen geltend zu machen (s. M 101.3 Fn. 7, dazu BAG v. 11.6.1997 – 10 AZR 613/96, DB 1998, 86; Diller, FA 2004, 300). 4 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 5 Nach hA ist die sog. Eingruppierungsfeststellungsklage ausreichend, so dass auf einen gesonderten Zahlungsantrag (hier Klageantrag Ziff. 1) an sich verzichtet werden kann. Das besondere Feststellungsinteresse wird von der Rspr. auch in der Privatwirtschaft mittlerweile grundlegend bejaht (BAG v. 20.6.1984 – 4 AZR 208/82, BB 1985, 54). Die Kombination mit einem Zahlungsantrag hat allerdings den Vorteil, dass nach einem stattgebenden Urteil erster Instanz für die Zeit bis dahin vollstreckt werden kann. Die in der Praxis nicht selten anzutreffenden Leistungsklagen, wonach der Arbeitgeber verpflichtet werden soll, den Arbeitnehmer in eine bestimmte Vergütungsgruppe „einzugruppieren“, sind sinnlos. Der Vergütungsanspruch entsteht nicht aufgrund eines bestimmten Handelns des Arbeitgebers, sondern ergibt sich schlicht aus den tariflichen Bestimmungen („Tarifautomatik“, BAG v. 16.10.1974 – 4 AZR 1/74, AP Nr. 81 zu §§ 22, 23 BAT).

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Vergütung | M 12.6 Kap. 12

Begründung: Mit der Klage macht die Kl. den Unterschiedsbetrag zwischen den innerbetrieblichen Vergütungsgruppen IV und V für den Monat […] geltend. Die Bekl. hat die Kl. in Vergütungsgruppe IV eingruppiert. Die Kl. ist der Auffassung, dass sie (mindestens) in Vergütungsgruppe V einzugruppieren wäre. Die Kl. ist bei der Bekl. im Lager tätig. Neben ihr sind ca. 100 weitere Mitarbeiter im Lager tätig, zur Hälfte Männer und Frauen. Alle verrichten im Wesentlichen die gleiche Arbeit. Die Vergütung erfolgt bei der Bekl. anhand eines innerbetrieblichen Vergütungssystems. Mindestens 75 % der männlichen Lagerarbeiter sind in die Vergütungsgruppen V und höher eingruppiert. Dagegen sind nur ca. 10 % der im Lager beschäftigten Frauen in den Vergütungsgruppen V oder höher eingruppiert. Beweis: Zeugnis des Personalleiters […], zu laden über die Bekl. Ein Grund für die Zahlung einer höheren Vergütung an die männlichen Lagerarbeiter ist nicht ersichtlich, da alle Lagerarbeiter im Wesentlichen die gleiche Tätigkeit verrichten. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Kl. – wie die übrigen weiblichen Lagerarbeiterinnen – wegen ihres Geschlechts benachteiligt wird, was gegen §§ 1, 3, 7 AGG und §§ 3, 7 EntgTranspG verstößt. Rechtsfolge dieses Verstoßes ist ein Anspruch der benachteiligten Arbeitnehmer auf diejenigen Leistungen, die der bevorzugten Gruppe gewährt werden. Folglich steht der Kl. Bezahlung mindestens nach der Vergütungsgruppe V zu, so dass sie Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen Vergütungsgruppe IV und V hat. Dieser Anspruch wird für die vergangenen Monate […] bis […] mit der Leistungsklage Ziff. 1 geltend gemacht. Die Feststellungsklage Ziff. 2 richtet sich auf die künftigen Differenzbeträge. Die Zwei-Monats-Frist zur Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 AGG ist eingehalten (wird ausgeführt).6 […] (Unterschrift)7 6 Wichtig: § 15 Abs. 4 AGG sieht eine Geltendmachungsfrist von zwei Monaten für Ansprüche aus dem AGG vor, flankiert wird die Regelung durch die zusätzliche Klagefrist nach Anspruchsablehnung gem. § 61b ArbGG. Da sich das Gebot der Lohngleichheit von Mann und Frau nicht unmittelbar aus dem AGG ergibt, ist fraglich, ob § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 2 ArbGG auch hier gelten (das wäre insb. zu bejahen, wenn man den Anspruch auf die Lohndifferenz als Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG versteht; aA LAG Rheinland-Pfalz v. 13.5.2015, NZA-RR 2015, 517!). Vorsorglich sollten die Fristen auf jeden Fall eingehalten werden. Die Fristen sind europarechtskonform (EuGH v. 8.7.2010 – C-246/09, NZA 2010, 869 – Bulicke; BAG v. 21.6.2012 – 8 AZR 188/11, NZA 2012, 1211. 7 Hinsichtlich des Streitwerts gilt § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG, der dreijährige Unterschiedsbetrag zwischen der aktuellen und der begehrten Tarifgruppe ist anzusetzen. Gem. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG werden die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge in Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten (anders beim Landgericht!) dem Streitwert nicht hinzugerechnet. Angesichts des klaren Wortlauts des § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG ist für einen Abschlag beim Streitwert kein Raum.

M 12.6 Klage im Urkundenprozess auf Geschäftsführervergütung nach fristloser

Kündigung

An das Landgericht/Kammer für Handelssachen1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. 1 Der Kläger hat die Wahl, ob er vor der Zivilkammer oder der Kammer für Handelssachen (vgl. § 95 GVG) Klage erhebt. Die KfH ist regelmäßig sachkundiger, aber nicht unbedingt schneller. 2 S. M 101.1 und M 101.2.

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Kap. 12 M 12.6 | Vergütung Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage im Urkundenprozess3 und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz4 seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.5 2. Die Beklagte wird verurteilt, künftig an jedem Monatsersten, beginnend mit dem 1.7. […], an den Kläger Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.6

Begründung: Mit der Klage verfolgt der Kl. im Urkundenprozess seine Vergütungsansprüche gegen die Bekl. für die Monate Januar und Februar […] Zwischen den Parteien besteht ein Anstellungsvertrag vom […] Der Vertrag war gemäß seinem § 12 auf drei Jahre unkündbar ab dem 1.7. […] abgeschlossen, also bis zum 30.6. […] Dem Kl. war eine Brutto-Monatsvergütung von Euro […] zugesagt worden (§ 2 des Vertrages). Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 3 Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist der Urkundenprozess gem. § 46 Abs. 2 ArbGG ausgeschlossen. Für Arbeitnehmer besteht daher die Möglichkeit nicht, nach einer Kündigung Gehaltsansprüche im Wege des Urkundenprozesses einzuklagen. Umso bedeutsamer ist diese Möglichkeit bei der Kündigung von Geschäftsführern oder Vorständen, da diese nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht unter das ArbGG fallen. Praxistipp: Bei Streitigkeiten um die wirksame Kündigung von Organmitgliedern sind Urkundenklagen auf Vergütungsfortzahlung eine beliebte taktische Waffe (dazu Fröhlich, ArbRB 2007, 282). Sie haben eine gewisse „Schockwirkung“, weil das Verfahren recht schnell geht und das Unternehmen praktisch wehrlos ist (s. M 12.6 Fn. 8). Das erhöht mitunter die Vergleichsbereitschaft auf Seiten des Unternehmens ganz erheblich (ausf. zu den taktischen Erwägungen Pesch, NZA 2002, 957). Eine Aussetzung der Gehaltsklage nach § 148 ZPO, bis über die Wirksamkeit der Kündigung entschieden ist, kommt regelmäßig nicht in Betracht, weil dies der Beschleunigungswirkung des Urkundenverfahrens diametral zuwiderlaufen würde (Seidel/ Schönhöft, GmbHR 2005, 1113 mwN). Oft wird die Urkundenklage auch deshalb erhoben, um dem Organmitglied während eines langen Kündigungsrechtsstreits Liquidität zu verschaffen. Dieses Ziel kann allerdings regelmäßig nicht erreicht werden, da auch bei einem Urteil im Urkundenprozess das Unternehmen die Abwendungsbefugnis des § 711 ZPO hat und dadurch die Vollstreckung vereiteln kann. Zwar kann das Organmitglied die Abwendungsbefugnis gem. § 711 Satz 1 ZPO durchkreuzen, indem es selbst Sicherheit leistet. Aber dazu braucht es wiederum Liquidität, zumal die Sicherheitsleistung nicht nur in Höhe der Nettovergütung erfolgen muss, sondern in Höhe der Bruttovergütung zzgl. der Verfahrenskosten. Wenn nicht gerade das Eigenheim mit einer Hypothek belastet werden soll, bringt deshalb die vorläufige Vollstreckung des erstinstanzlichen Urkundstitels gar nichts (s. auch M 12.6 Fn. 10). Überdies behandeln viele Landgerichte eine Urkundenklage keineswegs zügiger als normale Klagen. Praxistipp: Legt das Unternehmen mangels Erfolgsaussichten keine Berufung gegen das erstinstanzliche Vorbehaltsurteil ein, wird das Urteil rechtskräftig und ist deshalb – trotz des bestehenbleibenden Vorbehalts! – ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In einer aufsehenerregenden Entscheidung hat das OLG Düsseldorf (v. 2.3.2005 – I-3 U 3/05, GmbHR 2005, 991 m. ablehnender Anm. Lelley) eine Urkundenklage für unzulässig gehalten, wenn sie auf Zahlung eines Bruttobetrages gerichtet sei. Das Urteil betraf eine Klage auf Zahlung einer Abfindung, würde aber für Gehaltsklagen entsprechend gelten. Das OLG war der Auffassung, dass ein Urkundenprozess voraussetze, dass sich die tatsächlich auszuzahlenden Beträge aus einer Urkunde ergäben, was nicht der Fall sei, wenn die gesetzlichen Abzüge erst durch steuerliche Berechnungen ermittelt werden müssten. Das Urteil entspricht nicht der Spruchpraxis anderer OLG-Bezirke, zB OLG Celle v. 11.3.2009 – 9 U 138/08, ZIP 2009, 2172. Gem. § 593 ZPO muss die Klageschrift die ausdrückliche Erklärung enthalten, dass im Urkundenprozess geklagt wird. 4 Die allgemeinen Verzugszinsen betragen gem. § 288 Abs. 1 BGB 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der EZB. Bei Rechtsgeschäften, bei denen ein „Verbraucher“ iSd. § 13 BGB nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz 9 Prozentpunkte statt 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Nach der Rspr. des BAG sind Arbeitnehmer „Verbraucher“ iSd. § 13 BGB, so dass bei Gehaltsklagen von Arbeitnehmern stets nur 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz verlangt werden können (ausf. M 101.3 Fn. 5–7 mwN). Dasselbe gilt nach Auffassung des BGH auch für Organmitglieder (BGH v. 8.11.2005 – XI ZR 34/05, NJW 2006, 431). 5 Ebenso wie bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bedarf es auch im Prozess vor den ordentlichen Gerichten keiner Anträge zu den Kosten und der vorläufigen Vollstreckbarkeit, da über beide von Amts wegen zu entscheiden ist. S. M 101.3 Fn. 2. 6 Zur Klage auf künftige Vergütung s. ausf. M 12.29.

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Vergütung | M 12.6 Kap. 12 Die Bekl. hat mit Schreiben vom 31.12. […], dem Kl. am gleichen Tage übergeben, den Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund fristlos gekündigt und den Kl. als Geschäftsführer abberufen. Der Kl. hat mit Schreiben vom gleichen Tag der Kündigung widersprochen und seine Dienste angeboten, so dass die Bekl. sich in Annahmeverzug (§ 615 BGB) befindet. Beweis: Kündigungsschreiben der Bekl. vom 31.12. […] sowie Schreiben des Kl. vom 3.1. […], Anlagen K 2 und K 3 Die Klage ist im Urkundenprozess zulässig und begründet. Der Anspruch des Kl. auf die eingeklagte Monatsvergütung für die Monate Januar und Februar […] ergibt sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden Anstellungsvertrag. Gemäß § 592 Satz 1 ZPO kann ein Anspruch, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat, im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Das ist vorliegend der Fall. Der Anspruch des Kl. ergibt sich nach Grund und Höhe aus dem Vertrag. Das Original des Vertrages werden wir im Termin vorlegen.7 Die fristlose Kündigung war unberechtigt. Wichtige Gründe im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten, lagen nicht vor. Selbst wenn wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung vorlägen, könnte die Bekl. diese im vorliegenden Verfahren den eingeklagten Ansprüchen nicht entgegenhalten, da diese Einwendungen nicht durch Urkunden bewiesen werden könnten.8 Die Klage auf künftige Vergütungszahlung (Antrag Ziff. 2) ist neben der Klage auf rückständige Vergütung (Antrag Ziff. 1) zulässig (wird ausgeführt).9 Da die Angelegenheit für den Kl. existenzielle Bedeutung hat, bitten wir um kurzfristige Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung. Gerichtskosten zahlen wir per Verrechnungsscheck ein.10 […] (Unterschrift)11 7 Gem. § 593 Abs. 2 ZPO müssen der Klageschrift Kopien der Urkunden beigefügt werden, auf die der Kl. sich stützt. Wichtig: Die Kopien müssen grundsätzlich nicht beglaubigt sein! § 593 Abs. 2 ZPO soll es der Gegenseite ermöglichen, sich auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten. Bestreitet der Bekl. die Tatsachen, die der Kl. durch Urkunden belegen will, muss im Termin die Beweisaufnahme allerdings anhand der Originale erfolgen (§ 595 Abs. 3 ZPO). Abschriften reichen dann nicht, auch nicht beglaubigte. Wichtig: Nach verbreiteter Auffassung (OLG Frankfurt v. 31.8.1995 – 16 U 111/94; OLG Düsseldorf v. 21.1. 1988 – 10 U 181/87, AnwBl. 1988, 411) muss allerdings mindestens eine Urkunde im Original oder in beglaubigter Kopie mit der Klageschrift vorgelegt werden, ansonsten sei die Klage im Urkundenprozess nicht statthaft. 8 Kündigungsgründe kann das Unternehmen so gut wie nie durch Urkunden beweisen. Zwar mögen einzelne Urkunden existieren, die die Kündigungsvorwürfe stützen (zB Auszahlungsbelege bei Unterschlagungen). Regelmäßig werden sich aber nur einzelne Aspekte des Kündigungsvorwurfs durch Urkunden belegen lassen, nur sehr selten dagegen der gesamte Vorwurf in vollem Umfang. Deswegen ist gegen Gehaltsklagen im Urkundenprozess praktisch „kein Kraut gewachsen“. 9 S. im Einzelnen M 12.29. 10 Ein stattgebendes Urteil ist gem. § 708 Nr. 4 ZPO ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Allerdings hat das Gericht gem. § 711 ZPO auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Zu den daraus folgenden praktischen Problemen s. M 12.6 Fn. 3. Obsiegt der Kl. im Urkundenverfahren, schließt sich das Nachverfahren gem. § 600 ZPO an, es sei denn der Bekl. widerspricht dem eingeklagten Anspruch nicht. Das Nachverfahren folgt den allgemeinen Prozessgrundsätzen der ZPO für das ordentliche Verfahren. Das Gericht muss das Nachverfahren von Amts wegen durch Terminbestimmung betreiben, Anträge des Beklagten sind insoweit nicht erforderlich. In der Praxis ist allerdings oft zu beobachten, dass das Gericht das Nachverfahren nicht aktiv betreibt. Irgendwelche Fristen für die Beklagtenseite laufen nicht. 11 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

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Kap. 12 M 12.7.1 | Vergütung 2. Zulagen M 12.7.1 Übertarifliche Zulage […] erhält neben seinem Tariflohn/seinem Tarifgehalt eine übertarifliche Zulage in Höhe von Euro […]/h/ Woche/Monat.1 1 Die übertarifliche Zulage wird bei Tariflohnvereinbarung ohne weitere Voraussetzungen über den Tariflohn hinaus gezahlt. Sie ist im Zweifel bei Tariflohnerhöhungen anrechenbar (BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52; v. 23.9.2009, NJOZ 2010, 799, 800). Vgl. im Einzelnen Rz. 9 f.

M 12.7.2 Widerrufs- und Anrechnungsvorbehalt für die übertarifliche Zulage (1) Der Arbeitgeber behält sich vor, die übertarifliche Zulage bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu widerrufen.1 Sachliche Gründe sind2 a) eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens3 oder a) wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere4 ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr), b) eine um mindestens […] % unterdurchschnittliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin über einen Zeitraum von […] Monaten, c) eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin oder d) eine Umgestaltung des Entgeltsystems.5 Das tarifliche Entgelt und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei unangetastet. Der widerrufliche Teil umfasst höchstens 24,5 % der Gesamtvergütung.6 1 Der Widerrufsvorbehalt muss insb. die sachlichen Gründe für einen möglichen Widerruf benennen. Vgl. ausf. und zu den weiteren Anforderungen Rz. 7 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. und M 2.2 Ziff. 4 Abs. 2 m. Anm. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt ist hingegen nicht möglich, wenn die Zulage laufend neben dem eigentlichen Tariflohn gezahlt wird, vgl. Rz. 6. 2 Der bloße Hinweis, dass eine Leistung aus „wirtschaftlichen Gründen“ widerrufen werden kann, reicht nicht mehr aus, vgl. BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, 460 sowie Rz. 7. Aus der Klausel muss in groben Zügen hervorgehen, in welchen Fällen ein Widerruf möglich sein soll (BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616 Rz. 16; v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796 Rz. 13; v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457, 459; v. 12.1. 2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 f.; v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536, m. Anm. Lingemann). 3 Diesen Widerrufsgrund hat das BAG gebilligt, BAG v. 24.1.2017 – 1 AZR 772/14, NZA 2017, 931; enger noch BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; ferner Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138. 4 Dieser Widerrufsgrund stellt einen weiterreichenden Widerrufsgrund dar gegenüber der wirtschaftlichen Notlage in der Ausgangsformulierung zu a), deren Wirksamkeit nicht geklärt ist. Es ist auch nicht abschließend geklärt, ob solche nur beispielhaften Aufzählungen zulässig sind. In der Entscheidung v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616, hat das BAG sie bei Widerruf einer Dienstwagenüberlassung jedoch gebilligt. Ähnlich auch BAG v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310 zum Freiwilligkeitsvorbehalt; das Urteil ist jedoch hinsichtlich des Freiwilligkeitsvorbehaltes überholt (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81, 82 f.). 5 Vorschlag von Stoffels, NZA 2017, 1217, 1224, um ggf. eine Neuordnung von Sonderleistungen zu ermöglichen. 6 Nur wenn der widerrufliche Teil im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, muss er unter 25 % liegen, ansonsten kann er sich auf bis zu 30 % erhöhen, BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann; vgl. auch; Maaß, ArbRAktuell 2011, 59; Bauer/Heimann, NZA-Beilage 2014, 114, 116; Lunk/Leder, NJW 2015, 3766, 3767.

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Vergütung | M 12.7.4 Kap. 12 (2) Der Tariflohn kann auf die übertarifliche Zulage angerechnet werden7, d.h. die Zulage vermindert sich, soweit sich der Tariflohn infolge von Tariferhöhungen oder infolge einer Umgruppierung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin erhöht. Dasselbe gilt bei einer Verkürzung der Arbeitszeit.8 Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit von einer Verrechnung abgesehen hat.9 7 Häufig wird – uE. nicht ganz zutreffend – umgekehrt formuliert, dass die Zulage auf Tariflohnerhöhungen angerechnet wird, gemeint ist aber in beiden Fällen, dass sich die Zulage entsprechend der Tariflohnerhöhung vermindert. Das ist in der Klausel ergänzend klargestellt. Der Anrechnungsvorbehalt ist grds. AGBfest, vgl. Rz. 9; Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Anrechnungsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 87. Allerdings begründet die Entscheidung des BAG v. 14.8.2018 – 2 AZR 287/17, NZA 2019, 106, Anm. Bayreuther, NZA 2019, 517 hier Zweifel, die jedenfalls ein Anrechnungsverbot durch betriebliche Übung bejaht hat. Satz 2 soll diese vermeiden. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sind jedoch zu beachten, es sei denn, die Anrechnung erfolgt vollständig und gleichmäßig, vgl. Rz. 10. 8 Die Anrechenbarkeit in diesen Fällen folgt bereits aus der Benennung der Zulage als „übertariflich“ (BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49, 52). Dennoch kann zur Klarstellung ein ausdrücklicher Anrechnungsvorbehalt aufgenommen werden. Vgl. auch Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Anrechnungsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 87 f. 9 Formulierungsvorschlag in Anlehnung an Bayreuther, NZA 2019, 517.

M 12.7.3 Erschwerniszulage (1) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält, solange er/sie in der Gießerei tätig ist, neben seinem/ihrem Lohn eine Erschwerniszulage in Höhe von Euro […]/h/Woche/Monat.1 oder Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält, solange er/sie in der Gießerei tätig ist, anstelle einer Erschwerniszulage nach Stunden eine zusätzliche Vergütung in Höhe von pauschal Euro […]/Monat. (2) Diese Nebenabrede kann mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsschluss gekündigt werden.2 1 Auf die Erschwerniszulage können Tariferhöhungen nur angerechnet werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist (BAG v. 23.3.1993, AP BetrVG 1972 § 87 Tarifvorrang Nr. 26). Der Widerruf der Erschwerniszulage ist nur zulässig, wenn die Erschwernis wegfällt, der Wegfall der Erschwernis als Sachgrund in der Widerrufsklausel aufgeführt ist und die weiteren Voraussetzungen einer wirksamen Widerrufsklausel erfüllt sind (vgl. Rz. 7 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff.). 2 Das BAG hat die Vereinbarung eines solchen Teilkündigungsrechtes bezogen auf die pauschale Vergütungserhöhung anstelle einzelner Zuschläge als wirksam angesehen, BAG v. 18.5.2017 – 2 AZR 721/16, NZA 2018, 589.

M 12.7.4 Wechselschichtzulage Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält, solange er/sie in Wechselschicht tätig ist, neben dem Lohn eine Zulage in Höhe von Euro […]/h/Woche/Monat.1 1 Auch der Widerruf einer Wechselschichtzulage dürfte nur unter den allgemeinen Voraussetzungen möglich sein, vgl. Rz. 7 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff.

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Kap. 12 M 12.7.5 | Vergütung M 12.7.5 Auslandszulage (1) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält für die Dauer seiner/ihrer Tätigkeit in […] neben seiner/ihrer Grundvergütung eine Auslandszulage in Höhe von 50 % des Inlandsgehalts. Diese Auslandszulage deckt alle vorhersehbaren zusätzlichen Erschwernisse, die mit dem Auslandsaufenthalt verbunden sind, ab.1 (2) Der Anspruch auf diese Zulage entfällt mit dem Ende des Monats, in dem der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nach Beendigung seines/ihres Aufenthaltes wieder in Deutschland ist. 1 Vgl. weitere Gestaltungsvorschläge in M 11.1 § 3.

M 12.7.6 Leistungszulage Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält, solange die Leistung seiner/ihrer Schicht […] Einheiten/Tag übersteigt, eine Leistungszulage in Höhe von Euro […]/h/Woche/Monat.

M 12.7.7 Sozialzulage Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält für jedes unterhaltsberechtigte Kind eine Sozialzulage in Höhe von Euro […]/h/Woche/Monat. Der Umfang seiner/ihrer Unterhaltsverpflichtung richtet sich nach der Eintragung auf seiner/ihrer Lohnsteuerkarte. [evtl. Widerrufs- und/oder Anrechnungsvorbehalt gem. M 12.7.2]

3. Zuschläge M 12.8.1 Überstundenzuschläge Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin1 erhält für jede auf Anordnung2 des Arbeitgebers geleistete Überoder Mehrarbeitsstunde3 einen Zuschlag von 25 % zu dem Arbeitsentgelt. 1 Nach § 17 Abs. 3 BBiG ist eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen. Darüber hinaus besteht ohne gesonderte vertragliche Grundlage kein Anspruch auf Zuschläge für Überstunden oder Mehrarbeit; auch ein vereinbarter Freizeitausgleich erhöht sich dann nicht. Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass ein bestimmter Überstundenzuschlag im Betrieb üblich ist. Der Anspruch des Arbeitnehmers ergibt sich dann aus § 612 BGB. Zur pauschalen Abgeltung von Überstunden vgl. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Pauschalabgeltung“, Kap. 2 Rz. 118 und „Überstundenklausel“, Kap. 2 Rz. 127. 2 Der Anspruch auf Überstundenvergütung und -zuschlag besteht auch, wenn der Arbeitgeber die Überstundenleistung zwar nicht angeordnet, wohl aber gebilligt hat (vgl. BAG v. 15.6.1961, AP ZPO § 253 Nr. 7; v. 17.4. 2002 – 5 AZR 644/00, NZA 2002, 1340, 1344), wobei streitig ist, ob schon die bloße Kenntnis als Billigung ausreicht. Die Beweislast für die Anordnung oder Billigung trägt der Arbeitnehmer (BAG v. 15.6.1961, AP ZPO § 253 Nr. 7), allerdings kommen ihm Beweiserleichterungen zugute (BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 347/11, NZA 2012, 939). Dem Betriebsrat steht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei allen mit der Anordnung und Lage von Überstunden verknüpften Fragen zu. Voraussetzung ist zwar ein kollektiver Tatbestand. Dieser wird bei betrieblicher Veranlassung jedoch regelmäßig bejaht und scheitert letztlich nur, wenn es um die Berücksichtigung individueller Wünsche einzelner Arbeitnehmer geht (vgl. BAG v. 11.11.1986 – 1 ABR 17/85, DB 1987, 336). Auf die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer kommt es nicht an (BAG v. 11.11.1986, DB 1987, 336). 3 Die Begriffe werden weitgehend synonym verwendet, nachdem die Differenzierung im früheren § 15 AZO mit Inkrafttreten des ArbZG entfallen ist. Nach traditioneller Diktion bedeutet Mehrarbeit die Überschrei-

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Vergütung | M 12.9 Kap. 12 tung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit, Überstunden überschreiten demgegenüber nur die Arbeitszeit, die regelmäßig (gem. Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) im Betrieb gilt.

M 12.8.2 Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge (1) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält Zuschläge für – Nachtarbeit in Höhe von […] % pro Stunde, wobei Nachtarbeit die zwischen 23.00 und 6.00 Uhr geleistete Arbeit ist.1 – Arbeit an Sonn- und Feiertagen in Höhe von […] % pro Stunde.2 – Arbeit an Samstagen in Höhe von […] % pro Stunde. (2) Treffen mehrere Zuschläge zusammen, wird nur der höchste Zuschlag gezahlt. oder (2) Neben dem Nachtarbeitszuschlag wird von den weiteren Zuschlägen die Hälfte gezahlt. 1 Nachtzeit ist gem. § 2 Abs. 3 ArbZG die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr, Nachtarbeit gem. § 2 Abs. 4 ArbZG ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst. In Tarifverträgen kann Abweichendes vereinbart werden. Gem. § 6 Abs. 5 ArbZG besteht für Nachtarbeit und gem. § 11 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 5 ArbZG für Nachtarbeit (vgl. BAG v. 11.1.2006 – 5 AZR 97/05, NZA 2006, 372) an Sonn- und Feiertagen die Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Zuschlags auf das Bruttoarbeitsentgelt, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen. Angemessen ist idR. ein Zuschlag von 25 % sowie bei Dauernachtarbeit von 30 % (BAG v. 9.12.2015 – 10 AZR 423/14, NZA 2016, 426; v. 9.12.2015 – 10 AZR 156/ 15, NZA 2016, 1021. 2 Ein gesetzlicher Anspruch auf einen Zuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit besteht nicht, Arbeitnehmer haben nur Anspruch auf einen Ersatzruhetag gem. § 11 Abs. 3 ArbZG (BAG v. 11.1.2006 – 5 AZR 97/05, NZA 2006, 372). Ein solcher Anspruch kann aber vertraglich vereinbart werden.

M 12.9 Klage auf Überstundenvergütung An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. 1 Nur wenige Klagen haben vor dem Arbeitsgericht so selten Erfolg wie Klagen auf Überstundenvergütung. Die Rspr. stellt an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers außerordentlich hohe Anforderungen, die oft kaum zu erfüllen sind. Der Arbeitnehmer muss zunächst darlegen und beweisen, dass er die fraglichen Überstunden zusätzlich zu seiner Regelarbeitszeit tatsächlich erbracht hat. Der Arbeitgeber kann dies mit Nichtwissen bestreiten. Dann muss der Arbeitnehmer für jede einzelne Stunde Beweis antreten (zB durch Zeugnis seiner Arbeitskollegen). Dabei reicht es nicht aus, nur die bloße Anwesenheit im Betrieb zu beweisen (zB durch Vorlage von Stempelkarten). Vielmehr muss der Arbeitnehmer auch – bei Bestreiten des Arbeitgebers sogar für jede einzelne Stunde – darlegen und beweisen, was er in dieser Stunde gemacht hat (BAG v. 29.5.2002, EzA § 611 BGB Mehrarbeit Nr. 10). Hat allerdings der Arbeitgeber elektronisch erstellte Arbeitszeitnachweise abgezeichnet, muss er im Prozess darlegen und ggf. beweisen, dass die geltend gemachten Stunden tatsächlich nicht erbracht wurden (BAG v. 26.6.2019 – 5 AZR 452/18, NZA 2019, 1361). Allerdings kann in Einzelfällen eine Schätzung der angefallenen Stunden nach § 287 ZPO in Betracht kommen, wenn feststeht, dass die Arbeitsaufgabe innerhalb der vertraglich vereinbarten Arbeits-

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Kap. 12 M 12.9 | Vergütung Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, Euro 200,– nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.3

Begründung: Die Bekl. ist ein metallverarbeitendes Industrieunternehmen. Der Kl. ist seit mehr als zehn Jahren bei der Bekl. als Dreher beschäftigt. Beide Parteien sind nicht tarifgebunden. Die Arbeitszeit im Betrieb beträgt kraft vertraglicher Vereinbarung wöchentlich 40 Stunden. Am 16.2. […], einem Dienstag, sprach der Vorgesetzte des Kl., der Meister A, den Kl. an seinem Arbeitsplatz an und erklärte ihm, der Auftrag für die Firma X GmbH müsse unbedingt bis Freitag, 14.00 Uhr fertig sein. Ansonsten drohe eine hohe Vertragsstrafe. Der Kl. erklärte dem Meister A, in dieser kurzen Zeit sei der Auftrag nur mit erheblichen Überstunden zu schaffen. Der Meister entgegnete, wenn Überstunden notwendig seien, dann müssten sie halt gemacht werden. Der Termin habe oberste Priorität. Beweis: Zeugnis des Meisters A, zu laden über die Bekl. Der Kl. hat üblicherweise eine tägliche Arbeitszeit von 7.00 Uhr bis 15.45 Uhr, bestehend aus acht Arbeitsstunden, einer 15-minütigen Frühstückspause und einer 30-minütigen Mittagspause. Ausweislich der als Anlagen K 1 bis K 3 beigefügten Stempelkarten für den 16., 17. und 18.2. […] arbeitete der Kl. an diesen drei Tagen insgesamt acht Stunden länger als üblich, nämlich zwei Stunden am 16.2. sowie jeweils drei Stunden am 17.2. und 18.2.4 Alle acht Stunden entfielen ausschließlich auf den eiligen Auftrag, dessen Erledigung der Meister A ausdrücklich angewiesen hatte.5 Beweis: wie vor Trotz Mahnung verweigert die Bekl. die Bezahlung der acht Überstunden. Zur Begründung hat sie gemeint, geringfügige Überstunden seien üblicherweise mit dem Gehalt abgegolten. Der Meister A habe dem Kl. auch nicht ausnahmsweise die Vergütung der Überstunden ausdrücklich zugesagt. Nicht nachvollziehbar sei auch der vom Kl. geltend gemachte Überstundenzuschlag von 25 %. Die Einwendungen der Bekl. sind unerheblich. Überstunden sind zu vergüten, wenn sie im betrieblichen Interesse erfolgten und angeordnet oder zumindest betriebsnotwendig waren. Niemand ist verpflichtet, über die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus ohne Zusatzvergütung Überstunden zu leisten. Folglich hat die Bekl. zunächst die Überstunden mit dem üblichen Stundensatz des Kl. zu vergüten. Der Stundenlohn des Kl. beträgt Euro 20,–. Beweis: Gehaltsabrechnung des Kl. vom Februar […], Anlage K 4 Der Kl. hat somit zunächst Anspruch auf Überstundenvergütung von 8 × Euro 20,– = Euro 160,–. Der Kl. hat aber auch Anspruch darauf, dass die Bekl. einen Überstundenzuschlag von 25 % zahlt. Zwar sind die Parteien nicht tarifgebunden. Die Anwendung des Tarifvertrages für die Metallindustrie Baden-Württem-

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zeit nicht zu erbringen war (BAG v. 25.3.2015 – 5 AZR 602/13, NZA 2015, 1002) oder nur ein geringer Teil der eingeklagten Stunden streitig ist (BAG v. 26.6.2019 – 5 AZR 452/18). Auch kommt in Betracht, im Wege der Stufenklage (s. M 12.12) zunächst vom Arbeitgeber Auskunft über die nach § 16 Abs. 2 ArbZG aufgezeichneten Überstunden zu verlangen (BAG v. 28.8.2019 – 5 AZR 425/18, NZA 2019, 1645). S. M 101.1 und M 101.2. Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. Es reicht nicht, pauschal eine bestimmte Anzahl von Stunden geltend zu machen. Vielmehr muss jede einzelne Stunde nach Tag und Uhrzeit separat aufgeführt sein (BAG v. 5.9.1995 – 3 AZR 58/95, NZA 1996, 266). Die Darlegungslast kann nicht durch Stufenklage mit vorgeschaltetem Auskunftsanspruch (s. M 12.12) umgangen werden (LAG Köln v. 3.6.2013 – 1 Ta 92/13, juris). Der Arbeitnehmer muss – bei Bestreiten des Arbeitgebers sogar für jede einzelne Stunde – darlegen, dass die Überstunden auf Anordnung oder zumindest mit Duldung oder Billigung des Arbeitgebers geleistet worden sind oder dass jedenfalls die Arbeitsaufgabe bewusst so ausgestaltet war, dass sie in der betriebsüblichen Arbeitszeit nicht zu schaffen war (BAG v. 15.6.1961, AP Nr. 7 zu § 253 ZPO; v. 25.11.1993 – 2 AZR 517/93, NZA 1994, 837; zur Darlegungs- und Beweislast BAG v. 10.4.2013 – 5 AZR 122/12, NZA 2013, 1100). Letzteres ist häufig unmöglich.

596 | Diller

Vergütung | M 12.10.1 Kap. 12 berg ist jedoch betriebsüblich. Die Bekl. richtet sich in allen Punkten – mit Ausnahme der Arbeitszeit und der Lohnhöhe – nach den Tarifverträgen der Metallindustrie. Beweis: Zeugnis des Personalleiters B, zu laden über die Bekl. Der Manteltarifvertrag für die Metallindustrie Baden-Württemberg sieht einen 25 %igen Überstundenzuschlag vor. Folglich hat der Kl. kraft betrieblicher Übung Anspruch auf zusätzliche Zahlung von 25 % von Euro 160,– = Euro 40,–. Euro 160,– zzgl. Euro 40,– ergeben die eingeklagten Euro 200,–. […] (Unterschrift)6 6 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

4. Tantieme M 12.10.1 Tantieme/Bonus für leitenden Angestellten oder Geschäftsführer einer

GmbH

[…] erhält1 über die Bezüge gemäß § […] hinaus a) eine jährliche Tantieme, die der Arbeitgeber/die Gesellschafterversammlung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Ergebnisse des Geschäftsjahres nach Feststellung des Jahresabschlusses festsetzt.2 oder a) eine jährliche Tantieme in Höhe von […] % des Jahresüberschusses nach Handelsbilanz3 vor Abzug der Tantiemen für die (leitenden Angestellten und) Geschäftsführer. oder a) eine jährliche Tantieme in Höhe von […] % des Gewinns vor Steuern (EBT)/des Gewinns vor Steuern und Zinsen (EBIT) und vor Abzug der Tantiemen für die (leitenden Angestellten und) Geschäftsführer. oder a) eine Tantieme von […] % des Jahresgewinns vor Abzug der Tantieme für die (leitenden Angestellten und) Geschäftsführer und der Körperschaftsteuer sowie nach Abzug der Gewerbesteuer und nach Verrechnung mit Verlustvorträgen. Rückstellungen, steuerliche Sonderabschreibungen oder sonstige Steuervergünstigungen, welche den Gewinn unmittelbar beeinflussen und betriebswirtschaftlich nicht geboten sind, mindern die Berechnungsgrundlage nicht. Ebenso bleibt die spätere gewinnerhöhende Auflösung von Rücklagen oder anderen Bilanz-Positionen, deren Bildung auf die Berechnungsgrundlage keinen Einfluss hatte, unberücksichtigt.4 1 Die Formulierung „erhält“ begründet nach Auffassung des BAG einen Anspruch auf die Tantieme (BAG v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173, 1177; v. 10.12.2008, NZA-RR 2009, 576; ähnlich der Vorschlag bei Simon/Hidalgo/Koschker, NZA 2012, 1071, 1072; vgl. hierzu Rz. 8), was idR auch gewollt ist. Wird diese Vorgehensweise gewählt, so kann die Tantieme nicht gleichzeitig wirksam unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Zum Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen vgl. M 12.15.1. 2 Entspricht die Bestimmung der Ermessenstantieme durch die Gesellschaft nicht der Billigkeit, so kann gerichtlich eine andere Höhe bestimmt werden, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Zur Bestimmung durch Urteil nach § 315 BGB vgl. BGH v. 9.5.1994, DB 1994, 1351. Diese schon bisher gebräuchliche Vereinbarung einer Ermessenstantieme dürfte der AGB-Kontrolle standhalten, vgl. BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 32, 40; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NZA 2013, 1013 Rz. 13, 29; v. 12.10.2011 – 10 AZR 746/10, NZA 2012, 450 Rz. 25; LAG BW v. 14.1.2013, NZA-RR 2013, 118. Vgl. Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65, 67; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400. Will man hier Risiken vermeiden, müsste man von einer Ermessentantieme absehen und nur aus bestimmten Bezugsgrößen fest berechenbare Tantiemen vereinbaren. 3 Bezugsgröße der Tantieme ist häufig der Gewinn bzw. Jahresüberschuss vor Steuern („EBT“) oder vor Zinsen und Steuern („EBIT“), wie in den nächsten beiden Varianten dargestellt. Zulässig, jedoch die Ausnahme, ist auch eine am Umsatz orientierte Tantieme. Zu Einzelheiten vgl. M 4.1a § 4 Abs. 1 m. Anm. 4 Vgl. zu Einzelheiten und Alternativen M 4.1a § 4 Abs. 1 m. Anm.

Diller und Lingemann | 597

Kap. 12 M 12.10.1 | Vergütung evtl. Für die Zeit bis zum […] wird eine Tantieme von Euro […]/Jahr, zahlbar jeweils am […], garantiert.5 b) Die Tantieme wird mit Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig. oder b) Die Tantieme wird am Ende des Monats fällig, in dem der Jahresabschluss festgestellt wird. c) Endet der Vertrag im Laufe des Jahres, so wird die Tantieme pro rata temporis gezahlt. Kündigt die Gesellschaft den Anstellungsvertrag jedoch aus wichtigem Grund, den […] zu vertreten hat,6 so entfällt für das Jahr, in dem die Kündigung wirksam wird, der Anspruch auf die Tantieme.7 oder8 a) […] nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem der Gesellschaft für Führungskräfte über einen kalenderjährlichen Bonus teil. b) Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen an die Führungskräfte der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und […] die Voraussetzungen für die Auszahlung erfüllt. c) Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. 5 Eine garantierte Tantieme ist in Turn-around-Situationen empfehlenswert, allerdings nur, wie im Muster, zeitlich befristet. Vgl. hierzu auch Kutsch/Kersting, BB 2011, 373, 375. 6 Ob dieser Ausschluss, der sich in der Praxis häufig findet, wirksam ist, ist offen. 7 Zu Alternativen vgl. M 4.1a § 4 Abs. 1. 8 Die nachstehende Formulierung hat das BAG mit Urteil v. 3.8.2016 – 10 AZR 710/14, NZA 2016, 1334 als zulässigen Ermessenbonus angesehen.

M 12.10.2 Ermessenstantieme für einen leitenden Angestellten […] erhält eine Tantieme, deren Höhe im billigen Ermessen der Gesellschaft liegt.1 Sie kommt nur zur Auszahlung, wenn die Gesellschaft ihren Aktionären eine Dividende ausschüttet und […] sich zum Zeitpunkt der Fälligkeit im ungekündigten Dienstverhältnis befindet.2 1 Das BAG beurteilt Vergütungen, deren Höhe zT in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt wird, deutlich weniger kritisch als Freiwilligkeitsvorbehalte (Einzelheiten bei Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65, 67 und Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400). Das gilt sowohl für Ermessentantiemen (BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595 Rz. 32, 40; v. 17.4.2013, NJOZ 2013, 1705; v. 14.11.2012, NJW Spezial 2013, 82 zu einer sehr aufwändigen Partnerregelung in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; v. 12.10.2011 – 10 AZR 746/10, NZA 2012, 450 Rz. 25; v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499 – dazu nachfolgendes Muster) als auch für Ermessengratifikationen (BAG v. 16.1.2013, NJW 2013, 100 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180 und M 12.16). Zur eingeschränkten Prüfung in der Revision BAG v. 24.10.2018 – 10 AZR 285/16, NZA 2019, 387, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 96. 2 Das BAG (v. 18.1.2012 – 10 AZR 670/10, NZA 2012, 499) hat diese Formulierung gebilligt, sie sei weder intransparent noch stelle sie eine unangemessene Benachteiligung dar. Auch die Tatsache, dass die Gesellschaft mehrere Jahre lang den Zahlungen keinen Hinweis auf den Dividendenvorbehalt beigefügt hatte, hielt der 10. Senat für unschädlich: die Mitteilung der Anspruchsvoraussetzung bei einer Leistung sei rechtsgeschäftlich ohne Bedeutung. Insofern ist genau zu differenzieren zwischen einem Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeweils bei jeder Zahlung erklärt werden muss und einer solchen rechtsgeschäftlichen Bedingung, bei der die Aufnahme im Vertrag ausreicht (vgl. dazu BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81 und nachfolgend BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992; v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/ 13, NZA 2014, 595; v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NZA 2013, 1013).

598 | Lingemann

Vergütung | M 12.10.3 Kap. 12

M 12.10.3 Klage auf Ermessenstantieme/Ermessensbonus An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, Euro […]2 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.2. […]3 an den Kläger zu zahlen.4

Begründung: Der Kl. war bei der Bekl. seit über zehn Jahren im Bereich Investmentbanking tätig, er ist aufgrund fristgemäßer Eigenkündigung zum 31.12. des vergangenen Jahres ausgeschieden. § 4 seines Anstellungsvertrages hat folgenden Wortlaut: „§ 4 Ermessenstantieme Der Arbeitgeber entscheidet am Ende eines jeden Geschäftsjahrs gemäß billigem Ermessen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Mitarbeiter eine Tantieme erhält.“ Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Am 15.2. […] hat die Bekl. dem Kl. mitgeteilt, er erhalte für das abgelaufene Geschäftsjahr keine Ermessenstantieme. Auf Nachfrage des Klägers erklärte der Personalleiter P der Bekl. am 16.2. […], es sei bei der Bekl. gängige Praxis, ausscheidenden Mitarbeitern für das letzte Jahr keinen Bonus mehr zu zahlen. Diese Mitarbeiter bräuchten keine Leistungsanreize mehr. Beweis: Zeugnis des Personalleiters P, zu laden über die Bekl. Die Parteien haben in § 4 des Anstellungsvertrages eine Ermessenstantieme vereinbart, so dass gemäß § 315 BGB die Bekl. grundsätzlich das Recht, aber auch die Pflicht hatte, die Höhe der Tantieme nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Bestimmung dahingehend, dass der Kl. überhaupt keine Tantieme erhal1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Ist die Ermittlung der Höhe einer Tantieme oder eines Bonus nicht mathematisch definiert, obliegt es regelmäßig dem Arbeitgeber, die Höhe nach billigem Ermessen gem. § 315 BGB festzusetzen. Unterbleibt die Festsetzung oder ist die vom Arbeitgeber getroffene Festsetzung unbillig, erfolgt gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die „Bestimmung durch Urteil“. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bedeutet also zum einen, dass eine Klage gegen den Arbeitgeber auf erstmalige Festsetzung bzw. auf Korrektur der Festsetzung der Leistung nicht notwendig ist. Deshalb ist auch zweifelhaft, ob für solche Klagen überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis bestünde. Möglich ist es, im Klageantrag die Höhe der begehrten Zahlung offenzulassen und diese in das Ermessen des Gerichts zu stellen (wie beim Schmerzensgeld oder bei Entschädigungen nach dem AGG üblich), wobei dann stets ein Mindestbetrag angegeben werden sollte, um im Fall einer sehr niedrigen Festsetzung eine Beschwer für die Berufung zu haben. In diesem Fall wäre also die Klage zu richten auf „Zahlung einer Tantieme/eines Bonus, die/der vom Gericht nach billigem Ermessen festzusetzen ist, aber Euro … nicht unterschreiten sollte“. Letztlich sind solche Umwege aber unnötig. Denn nach der Rspr. kann der Arbeitnehmer unmittelbar Leistungsklage auf den ihm angemessen erscheinenden Betrag erheben (BGH v. 2.4.1964, BGHZ 41, 271, 280; v. 24.11.1995 – V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; v. 7.4.2000 – V ZR 36/99, NJW 2000, 2986). In dem stattgebenden Urteil liegt dann inzidenter die Gestaltung durch das Gericht (BAG v. 17.8.2004, AP 55 zu § 16 BetrAVG). 3 Die Frage, ab wann bei einer nach § 315 BGB festzusetzenden Leistung Verzugszinsen laufen, ist umstritten. Mangels Kostenrisiko (s. M 101.3 Fn. 7) sollten Zinsen stets ab dem denkbar frühesten Termin eingeklagt werden. 4 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3.

Diller | 599

Kap. 12 M 12.10.3 | Vergütung ten soll, ist evident ermessensfehlerhaft. Die Tantieme ist funktional eine zusätzliche Vergütung für die geleisteten Dienste und hat mit der zukünftigen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses nicht das Geringste zu tun. Der Kl. hat im abgelaufenen Kalenderjahr/Geschäftsjahr erstklassige Leistungen erbracht, insbesondere (wird ausgeführt). In den beiden vorangegangenen Jahren hatte die Bekl. dem Kl. Tantiemen in Höhe von Euro […] bzw. Euro […] festgesetzt und ausgezahlt. Da die Leistungen des Kl. im abgelaufenen Geschäftsjahr jedenfalls nicht schlechter waren als in den Vorjahren, hätte es billigem Ermessen entsprochen, jedenfalls den Durchschnittswert der Tantiemen der letzten beiden vorangegangenen Jahre auch für das abgelaufene Geschäftsjahr festzusetzen. Dieser Betrag wird deshalb hiermit eingeklagt. […] (Unterschrift)5 5 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

M 12.10.4 Tantieme/Bonus für Vorstand einer Aktiengesellschaft (1) Das Vorstandsmitglied erhält neben dem Jahresgrundgehalt einen vom Grad der Erfüllung persönlicher und unternehmensbezogener Ziele abhängigen Bonus von bis zu Euro […] (in Worten: Euro […]) brutto/ Geschäftsjahr.1 Die persönlichen und unternehmensbezogenen Ziele und das Verhältnis Zielerfüllung und Bonushöhe vereinbart der Aufsichtsrat mit dem Vorstandsmitglied jeweils im 4. Quartal für das folgende Geschäftsjahr. (2) Der Bonus ist wie folgt fällig: a) In Höhe eines Drittels einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat; b) in Höhe eines weiteren Drittels einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses für das folgende Geschäftsjahr; c) in Höhe eines weiteren Drittels einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses für das darauffolgende Geschäftsjahr. d) Die Zahlungen nach b) und c) werden entsprechend der weiteren Entwicklung des Unternehmenserfolges wie folgt angepasst: aa) Erhöht sich das EBIT2 für das dem Fälligkeitszeitpunkt vorausgehende Geschäftsjahr gegenüber dem vorangegangenen Geschäftsjahr, so erhöht sich die Zahlung um den entsprechenden Prozentsatz, höchstens aber um 50 %. bb) Verringert sich das EBIT für das dem Fälligkeitszeitpunkt unmittelbar vorausgehende Geschäftsjahr gegenüber dem vorangegangenen Geschäftsjahr, so reduziert sich die Zahlung um den entsprechenden Prozentsatz. cc) Nach billigem Ermessen des Aufsichtsrates kann die Bezugsgröße EBIT durch die Bezugsgröße EBT ersetzt werden. Eine solche Änderung teilt der Aufsichtsrat dem Vorstandsmitglied bis zum Ende des 3. Quartals jeweils für das folgende Jahr mit. e) Bei Ausscheiden des Vorstandsmitglieds wird der Bonus in voller Höhe fällig nach Feststellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat für das Jahr des Ausscheidens.3 Ziffern a)-d) gelten nicht. 1 Das Muster ist auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft ausgerichtet. Zu Einzelheiten und Besonderheiten bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft s. Einf. Kap. 5 Rz. 14–25, Formulierungsvorschlag in M 5.1 § 3 Abs. 2 ff. m. Anm. 2 EBIT = earnings before interest and taxes. 3 Diese Klausel, nach der die Bonuszahlung bei Beendigung voll auszuzahlen ist, ist möglicherweise bei börsennotierten Aktiengesellschaften nicht zulässig, weil sie der Aufgabe des AG-Vorstands, eine Nachhaltigkeit der Bonuszahlungen zu sichern, widersprechen könnte.

600 | Diller und Lingemann

Vergütung | M 12.11 Kap. 12 oder e) Der Bonus ist auch dann zu zahlen, wenn das Dienstverhältnis zum Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr besteht. (3) Bei Beginn oder Ende des Vorstandsvertrages [oder: des Vorstandsamtes] im laufenden Jahr wird der Bonus zeitanteilig gewährt.4 4 Formulierungsvorschlag für eine Öffnungsklausel bei besonderen Leistungen s. M 5.1 § 3 Abs. (6).

M 12.11

Provisionsvereinbarung für einen angestellten Handelsvertreter

§ 1 Vergütung (1) Die Bezüge des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) setzen sich aus Grundgehalt, Provision und Aufwendungsersatz zusammen. (2) Das Grundgehalt beträgt Euro […]1 (3) Aufwendungen werden wie folgt ersetzt: […]

§ 2 Provisionspflichtige Geschäfte, Änderungsvorbehalt (1) Für seine/ihre Vermittlungstätigkeit erhält der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin für alle provisionspflichtigen Geschäfte eine Vermittlungsprovision, deren Höhe sich aus der diesem Vertrag als Anlage […] beigefügten Provisionstabelle ergibt. Der Arbeitgeber behält sich vor, die Provisionstabelle bei Vorliegen eines sachlichen Grundes abzuändern.2 Sachliche Gründe sind a) eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens 1 Der Mindestlohn darf nicht unterschritten werden, wobei auch die Provisionen auf den Mindestlohn anzurechnen sind. Das gilt jedenfalls, solange sie im Fälligkeitszeitraum gem. § 2 Abs. 1 MiLoG gezahlt werden, vgl. HWK/Sittard, § 1 MiLoG Rz. 20. Falls Tarifbindung besteht, muss das monatliche Grundgehalt des angestellten Handelsvertreters mindestens dem Tarifgehalt entsprechen. Dabei ist allerdings unerheblich, ob dieser Mindestbetrag durch ein monatliches Grundgehalt, eine feste Garantieprovision oder eine Kombination von beiden sichergestellt wird (BAG v. 29.10.1987, AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 14; v. 19.1.2000 – 4 AZR 814/98, NZA 2000, 1300 f.). Besteht keine Tarifbindung, kann die Provision grundsätzlich auch als einziger Vergütungsbestandteil vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung ist aber nur dann zulässig, wenn es dem angestellten Handelsvertreter überhaupt möglich ist, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften (vgl. LAG Berlin v. 3.11.1986, AP HGB § 65 Nr. 14; LAG Köln v. 16.2.2009 – 2 Sa 824/08; MüKoHGB/von Hoyningen-Huene, § 65 HGB Rz. 11 mwN). Das tarifliche Entgelt und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei unangetastet. Der widerrufliche Teil umfasst höchstens 24,5 % der Gesamtvergütung. 2 Der Änderungsvorbehalt folgt im Grundsatz den Regeln für eine Widerrufsvorbehalt, Einzelheiten dazu s. M 12.7.2 m. Anm. Gem. § 308 Nr. 4 BGB kann ein solcher Änderungsvorbehalt nur dann wirksam vereinbart werden, wenn das Ausübungsrecht auf sachliche Änderungsgründe begrenzt wird und diese ausdrücklich in der Klausel benannt sind. Erforderlich ist somit, dass die Voraussetzungen und der Umfang des Rechts tatbestandlich hinreichend konkretisiert sind, vgl. Rz. 7. Ferner gilt auch hier die 25 %-Grenze, so dass Provisionssätze nicht beliebig angepasst werden können (so etwa LAG Berlin-Brandenburg v. 31.8. 2010 – 16 Sa 491/10; LAG Hessen v. 3.7.2008 – 14 Sa 1863/07; LAG München v. 22.8.2007 – 11 Sa 1168/06; ferner OLG München v. 6.2.2008, NJW-RR 2009, 458, 460 f. für den freien Versicherungsvertreter; allgemein BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 m. Anm. Lingemann – grundsätzlich liegt die Grenze bei 25 %, Zahlungen des Arbeitgebers, die nicht eine unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellen, sondern Ersatz für Aufwendungen, die an sich der Arbeitnehmer selbst tragen muss, sind aber auf bis zu 30 % des Gesamtverdienstes widerruflich (vgl. Schwarze, RdA 2012, 321, 328; HWK/Diller, § 65 HGB

Lingemann | 601

Kap. 12 M 12.11 | Vergütung oder a) wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr), b) eine um mindestens […] % unterdurchschnittliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin über einen Zeitraum von […] Monaten, c) eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin, d) eine Neustrukturierung der Vertriebswege, der Vertriebsarten oder der vertriebenen Produkte oder e) eine Umgestaltung des Entgeltsystems. Das Tarifgehalt/Grundgehalt nach Ziff. […] und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei jeweils unangetastet. Zudem umfasst der zu Lasten des Arbeitnehmers abänderbare Teil des Provisionssatzes höchstens 24,5 % der Gesamtvergütung. (2) Provisionspflichtig sind alle Kundengeschäfte, die während des bestehenden Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden und auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zurückzuführen sind.3 Dies gilt auch dann, wenn die Geschäfte erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgeführt werden.4 Vor Beginn dieses Vertrages zustande gekommene Geschäfte sind auch dann nicht provisionspflichtig, wenn sie erst nach Vertragsbeginn ausgeführt werden. (3) Nachvertragliche Geschäfte, die innerhalb von drei Monaten nach der Vertragsbeendigung abgeschlossen werden, sind nur dann provisionspflichtig, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin diese Geschäfte vermittelt oder eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der nachvertragliche Abschluss überwiegend auf seine/ ihre Tätigkeit zurückzuführen ist oder wenn das Angebot des Dritten zum Abschluss eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter Anspruch auf Provision hat, dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitgeber vor Beendigung des Vertragsverhältnisses zugegangen ist.5 Der nachvertragliche Provisionsanspruch besteht nicht, wenn ein Nachfolger des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin für das Geschäft einen Provisionsanspruch erworben hat, es sei denn, dass eine Teilung der Provision der Billigkeit entsprechen würde.6 Der Provisionsanspruch entfällt, wenn der Geschäftsabschluss auch maßgeblich auf die Tätigkeit des Nachfolgers zurückzuführen ist oder der Nachfolger an der Abwicklung des Geschäfts nicht unerheblich mitgewirkt hat.

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Rz. 4; MüKoHGB/von Hoyningen-Huene, § 65 HGB Rz. 15 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Provision einzige Vergütung des angestellten Handelsvertreters ist. Aber auch bei einer Kombination von Grundgehalt und Provision muss die 25 %-Grenze uE. Anwendung finden, dh. die Provisionssätze sind variabel, sofern dem Arbeitnehmer dadurch nicht mehr als 25 % der Gesamtvergütung gekürzt werden. Möglich ist auch, die Provisionsvereinbarung als solche für die Zukunft widerruflich auszugestalten, sofern der durch die Provisionen durchschnittlich erwirtschaftete Anteil 25 % nicht überschreitet. Die Regelung entspricht § 87 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB. Die in Satz 1 Alt. 2 vorgesehene Provisionspflicht für Geschäfte mit Dritten (dh. ohne direkte Mitwirkung des Handelsvertreters), die der Handelsvertreter zuvor als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat, ist hingegen abdingbar (ErfK/Oetker, § 87 HGB Rz. 11). Sog. überhängende Provisionen, dh. erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ausführung des Geschäfts entstehende Provisionen, dürfen in AGB nicht pauschal auf die Hälfte der vereinbarten Provision vermindert oder gänzlich ausgeschlossen werden. Eine solche Klausel wäre nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (BAG v. 20.2.2008 – 10 AZR 125/07, NZA 2008, 1124; v. 21.10.2009, NJW 2010, 298 f.). Allerdings kann uE. immerhin eine Staffelung vereinbart werden, s. dazu § 4 Abs. 3 dieses Musters. Die Regelung entspricht § 87 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB. Der ersatzlose Ausschluss der nachvertraglichen Provision ist bei dem angestellten Handelsvertreter gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig. Anders als der freie Handelsvertreter, der bei Ausschluss des § 87 Abs. 3 HGB ggf. einen gesetzlichen Ausgleich nach § 89b HGB erlangt, steht dem angestellten Handelsvertreter dieser Anspruch ohne eine besondere Vereinbarung nicht zu. Die Rspr. stellt daher an eine Klausel, die den nachvertraglichen Provisionsanspruch eines angestellten Handelsvertreters ausschließt, hohe Anforderungen. Zum einen muss ein solcher Ausschluss klar und eindeutig vereinbart sein. Zum anderen ist wegen der Unanwendbarkeit des § 89b HGB eine andere Kompensation oder eine sonstige ausgleichende Regelung zu fordern. Außerdem sind sachliche Gründe für die Abbedingung notwendig (vgl. zum Ganzen BAG v. 20.2.2008 – 10 AZR 125/ 07, NZA 2008, 1124; v. 20.8.1996 – 9 AZR 471/95, NZA 1996, 1151, 1153; HWK/Diller, § 65 HGB Rz. 10; Thume, BB 2012, 975). Die Teilung der Provision unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit entspricht der Wertung des § 87 Abs. 3 Satz 2 HGB.

602 | Lingemann

Vergütung | M 12.11 Kap. 12 (4) Kommt ein Geschäft nicht allein durch die Vermittlungsbemühungen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zustande, waren vielmehr ein oder mehrere andere Außendienst-Mitarbeiter des Arbeitgebers am Geschäftsabschluss mitursächlich beteiligt, entsteht der Provisionsanspruch für dieses Geschäft nur in Höhe einer einfachen Provision. Diese Provision ist auf die beteiligten Außendienst-Mitarbeiter zu verteilen.7 Die anteilige Festlegung des jeweiligen Provisionsanspruchs erfolgt unter Wahrung billigen Ermessens durch den Arbeitgeber; dabei ist insbesondere der jeweilige Beitrag der Arbeitnehmer am Zustandekommen und Abwicklung des provisionspflichtigen Geschäfts zu berücksichtigen.8

§ 3 Entstehung und Fälligkeit des Provisionsanspruchs (1) Der Provisionsanspruch entsteht, sobald und soweit der Arbeitgeber das Geschäft ausführt oder die Ausführung des Geschäfts nach den mit dem Kunden getroffenen Vereinbarungen erfolgen müsste. (2) Ist der Kunde vorleistungspflichtig, entsteht der Provisionsanspruch bereits dann, wenn und soweit der Kunde seiner Vorleistungspflicht genügt. (3) Der Provisionsanspruch wird in dem Zeitpunkt fällig, in dem gemäß § 6 spätestens über die Provision abzurechnen ist. oder (1) Der Provisionsanspruch entsteht, sobald und soweit der Kunde den Kaufpreis bezahlt hat.9 (2) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin hat jedoch – unabhängig von der Zahlung durch den Kunden – einen Anspruch auf Provisionsvorschuss, wenn der Arbeitgeber das abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat.10 Der Provisionsvorschuss beträgt 50 % derjenigen Provision, die dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin für dieses Geschäft insgesamt zusteht.11 (3) Die Entstehung des Provisionsanspruchs ist ausgeschlossen, sofern die in § 5 Abs. 1 und 2 niedergelegten Tatbestände erfüllt sind. (4) Der Anspruch auf Provisionsvorschuss wird am letzten Tag des Monats fällig, der der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer folgt; der Provisionsanspruch im Übrigen wird in dem Zeitpunkt fällig, in dem gemäß § 6 spätestens über die Provision abzurechnen ist.

§ 4 Berechnung und Höhe des Provisionsanspruchs (1) Die Provision, auf die der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nach § 2 Anspruch hat, errechnet sich aus dem in Rechnung gestellten Waren-Netto-Wert.

7 Eine Provisionsteilungsvereinbarung empfiehlt sich stets, wenn die Möglichkeit einer Provisionskonkurrenz zwischen mehreren Vertretern besteht. Andernfalls kann es dazu kommen, dass das vertretene Unternehmen die Provision mehrmals zahlen muss (MüKoHGB/von Hoyningen-Huene, § 87 HGB Rz. 55 ff.). Wesentlich ist, dass eine solche Vereinbarung mit allen Vertretern geschlossen wird. 8 Die Ausübung des billigen Ermessens unterliegt gem. § 315 Abs. 3 BGB der gerichtlichen Kontrolle, bei AGB könnte § 308 Nr. 4 oder § 307 BGB entgegenstehen. 9 Diese Vereinbarung weicht von dem Gesetzeswortlaut des § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB ab, ist aber in der Praxis üblich. Die gesetzliche Regelung ist gem. § 87a Abs. 1 Satz 2 HGB abdingbar unter der zwingenden Voraussetzung, dass dem Vertreter ein Vorschuss gewährt wird, Abs. 2 des Musters. 10 Der Anspruch auf den Vorschuss wird am letzten Tag des auf die Ausführung des Geschäfts folgenden Monats fällig (§ 87a Abs. 1 Satz 2 HGB). 11 Der Vorschuss muss „angemessen“ sein. Die Höhe von 50 % ist lediglich ein Vorschlag. Aus der Begründung des Gesetzes ergeben sich für die Bestimmung der angemessenen Höhe verschiedene Gesichtspunkte: Je ferner der Zeitpunkt liegt, in dem der Abnehmer voraussichtlich erfüllen wird, und je größer die Gefahr ist, dass der Abnehmer nicht oder nur teilweise leisten wird, umso niedriger wird der Vorschuss sein. Zu berücksichtigen ist ferner die wirtschaftliche Lage des Handelsvertreters. Der Vorschuss soll ihm Deckung der laufenden Verbindlichkeiten ermöglichen. Bei der Bemessung des Vorschusses ist auch darauf zu achten, dass die Gewährung des Vorschusses nicht zu einer Schädigung des Unternehmens führt.

Lingemann | 603

Kap. 12 M 12.11 | Vergütung (2) Dem Kunden vom Arbeitgeber nachträglich gewährte Nachlässe (Skonti, Mengen- und Treuerabatte etc.) sind für die Provisionsrechnung vom Netto-Rechnungsbetrag abzuziehen. Sie gelten nicht als Teil des provisionspflichtigen Entgelts.12 (3) Für ein provisionspflichtiges Geschäft, das binnen der ersten drei Monate nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis ausgeführt wird, erhält der Arbeitnehmer die Provision in voller Höhe. Wird das provisionspflichtige Geschäft innerhalb des vierten bis sechsten Monats nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis ausgeführt, erhält der Arbeitnehmer die Provision zur Hälfte. Weitere Ansprüche auf Provisionen bestehen nicht.13 (4) Nebenkosten (zB für Fracht, Porto, Zoll, Steuer etc.) führen nur dann zu einer Minderung der Provision, wenn sie dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt werden. oder (4) Der Netto-Waren-Wert als Bemessungsgrundlage für die Provision ist um […] % zu kürzen, wenn im Rechnungsbetrag Nebenkosten enthalten sind.14

§ 5 Wegfall des Provisionsanspruchs (1) Der Provisionsanspruch entfällt,15 wenn und soweit die Ausführung des abgeschlossenen Geschäfts aus Gründen unterbleibt, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat.16 (2) Steht fest, dass der Dritte nicht leistet,17 so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurück zu gewähren und werden mit fälligen Provisionsansprüchen verrechnet. (3) Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur gerichtlichen Geltendmachung und Vollstreckung seines Erfüllungsanspruchs gegenüber dem Kunden besteht nur, wenn diese Maßnahmen Aussicht auf Erfolg bieten.18 12 Die Regelung in § 87b Abs. 2 Satz 2 HGB hierzu ist dispositiv. In AGB-Verträgen kann eine abweichende Regelung den angestellten Handelsvertreter im Einzelfall aber unangemessen benachteiligen (Baumbach/Hopt/Hopt, § 87b HGB Rz. 2, 18). 13 S. dazu auch Klausel § 2 Abs. 2 Satz 2 dieses Musters mwN. 14 Diese Gestaltung weicht von der gesetzlichen Regelung in § 87b Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 HGB ab. Diese Vorschrift ist abdingbar, MüKoHGB/von Hoyningen-Huene, § 87b HGB Rz. 45 ff. 15 Diese Regelung entspricht § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB. Sie kann aber zur Klarstellung in den Vertragstext übernommen werden. 16 Vgl. § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB. Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Ausführung des Geschäfts ist nicht erforderlich (so aber § 87a Abs. 3 HGB aF). Der Unternehmer hat für alle ihm zurechenbaren Risiken einzustehen (vgl. BGH v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, NJW 2014, 930 Rz. 13; v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, WM 2008, 923). Hier wird ein strenger Maßstab angelegt. Der Unternehmer hat danach etwa zu vertreten: Schwierigkeiten in der Beschaffung von Rohstoffen, im Ablauf des eigenen Betriebes und in der Finanzierung, Verschulden von Erfüllungsgehilfen (mwN s. MüKoHGB/von Hoyningen-Huene, 4. Aufl. 2016, § 87a HGB Rz. 54). Nicht zu vertreten hat er hingegen staatliche Eingriffe (zB Transport-, Export-, Importsperren nach Vertragsschluss, soweit diese nicht vorhersehbar oder vermeidbar sind (OLG München v. 3.5.1995 – 7 U 6148/93, BB 1995, 1559; mwN s. auch MüKoHGB/von Hoyningen-Huene, 4. Aufl. 2016, § 87a HGB Rz. 55), Streiks im eigenen Betrieb und höhere Gewalt (Baumbach/Hopt/Hopt, § 87a HGB Rz. 28). Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass er die Nichtausführung des Geschäfts nicht zu vertreten hat. Der die Provision trotz Nichtausführung begehrende Arbeitnehmer muss nur dartun, dass die Nichtausführung feststeht (Baumbach/Hopt/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 87a HGB Rz. 30). Dazu auch Thume, BB 2012, 975. 17 Gem. § 87a Abs. 2 HGB muss objektiv feststehen, dass der Dritte nicht leistet. Abweichende Vereinbarungen zu Lasten des Vertreters sind unwirksam, § 87a Abs. 5 HGB. Die Bestimmung des § 87a Abs. 2 HGB kommt allerdings dann nicht zur Anwendung, wenn die Nichtleistung des Dritten darauf zurückzuführen ist, dass der Unternehmer seinerseits das Geschäft nicht ausführt, oder wenn die Nichtleistung des Dritten auf vom Unternehmer zu vertretenden Gründen beruht; in solchen Fällen hat die Regelung des § 87a Abs. 3 HGB Vorrang vor § 87a Abs. 2 HGB (BGH v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, WM 2008, 923). 18 Dem Unternehmer kann nicht zugemutet werden, den Anspruch in jedem Fall zunächst einzuklagen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Vollstreckung aufgrund der finanziellen Situation des Dritten erfolglos sein wird (OLG Köln v. 27.11.1992 – 20 U 89/92, BB 1993, 606; Baumbach/Hopt/Hopt, § 87a HGB Rz. 15).

604 | Lingemann

Vergütung | M 12.12 Kap. 12

§ 6 Provisionsabrechnung (1) Der Arbeitgeber hat über die Provision, auf die der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin Anspruch hat, monatlich, und zwar spätestens bis zum 10. des Monats abzurechnen, der der Auslieferung/Kundenzahlung folgt.19 Die Provision wird mit der Abrechnung fällig und zusammen mit dem Gehalt jeweils am Ende des Monats gezahlt. (2) In der Provisionsabrechnung sind die dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin zustehenden Provisionen getrennt danach aufzuschlüsseln, ob sie auf Geschäften beruhen, die auf eine unmittelbare und ursächliche Tätigkeit des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zurückzuführen sind oder auf sog. Direktgeschäfte, für deren Abschluss der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nicht unmittelbar tätig geworden ist. (3) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin hat die erteilte Provisionsabrechnung unverzüglich zu prüfen und die ihm/ihr übersandte Abrechnungs-Zweitschrift mit seinem/ihrem Anerkenntnisvermerk dem Arbeitgeber jeweils bis zum 20. des Abrechnungsmonats zurückzusenden. (4) Der Anspruch des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin auf Provision und Provisionsvorschuss verjährt in zwei Jahren nach dem Ende des Jahres, in dem die Provision bzw. der Vorschuss fällig wird. Der Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung von Provision oder Vorschuss verjährt in zwei Jahren ab Kenntnis der Umstände, die den Rückzahlungsanspruch rechtfertigen.20 19 Der Abrechnungszeitraum kann davon abweichend gem. § 87c Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 HGB auf höchstens drei Monate erstreckt werden. 20 Für die Verjährung gelten die allgemeinen Regeln des BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gem. § 195 BGB drei Jahre. Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, § 199 Abs. 1 BGB. Die Vorschrift ist jedoch grds. in den Grenzen des § 202 BGB und des AGB-Rechts dispositiv (PWW/Deppenkemper, § 195 BGB Rz. 2; Oetker/Busche, 6. Aufl. 2019, § 87 HGB Rz. 36), so dass die Verjährungsfrist vertraglich verkürzt werden kann. Wird eine abweichende Vereinbarung getroffen, ist auf die Gleichbehandlung beider Vertragsteile zu achten. Eine einseitige Abkürzung zu Lasten des Vertreters ist daher unzulässig (BGH v. 12.2.2003 – VIII ZR 284/01, NJW 2003, 1670; v. 10.5.1990 – I ZR 175/88, BB 1990, 2066; v. 12.10.1979, BB 1980, 12). Ein anerkennenswertes Interesse an der Verkürzung ergibt sich aus dem Ziel, Rückforderungen zu einem Zeitpunkt auszuschließen, zu dem sie nicht mehr oder nur noch unter Schwierigkeiten nachprüfbar sind.

M 12.12

Stufenklage wegen Abrechnung und Zahlung von Provision

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. 1 Die Stufenklage nach § 254 ZPO ist eine Form der objektiven Klagehäufung, die sich im Laufe der Jahrzehnte aus Gründen der Prozessökonomie durchgesetzt hat. Das Wesen der Stufenklage ist, dass bereits eine Vielzahl von Anträgen angekündigt werden, das Gericht jedoch zunächst nur über die vorgreiflichen Anträge verhandelt und entscheidet. Erst wenn die Entscheidung über die vorgreiflichen Anträge rechtskräftig geworden ist, wird das Verfahren mit der Verhandlung und Entscheidung über die weiteren Anträge fortgesetzt. Die weiteren Anträge (zB auf Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Betrages) müssen hinsichtlich ihrer Bestimmtheit nicht den scharfen Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen. Ist allerdings das erstinstanzliche Gericht der Auffassung, dass sämtliche angekündigten Anträge unbegründet sind und sein werden (zB wenn im vorliegenden Fall das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass überhaupt keine wirksame Provisionsvereinbarung vorliegt), kann das Gericht unmittelbar alle Stufen abweisen. Der Kl./Berufungskläger muss dann darauf achten, dass er sich in den Berufungsanträgen und der Berufungsbegründung auf alle Klageanträge bezieht (Vorsicht Falle, s. dazu LAG Thüringen v. 28.3.

Lingemann und Diller | 605

Kap. 12 M 12.12 | Vergütung Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger für seine Tätigkeit in den Monaten Januar bis Juni […] zustehenden Provisionen abzurechnen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die in der Zeit von Januar bis Juni […] verdienten Provisionen einen Buchauszug3 zu erteilen. 3. Die Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit des Buchauszugs gemäß Ziff. 2 an Eides statt zu versichern.4 4. Die Beklagte wird verurteilt, die sich aus der Abrechnung ergebenden Provisionen an den Kläger zu zahlen.5

Begründung: Der Kl. war bei der Bekl. als Vertriebsmitarbeiter beschäftigt. Beide Parteien sind nicht tarifgebunden. Grundlage des Anstellungsverhältnisses war der Arbeitsvertrag vom […] Ziff. 1 des Arbeitsvertrages bestimmt, dass dem Kl. für alle von ihm getätigten Umsätze eine Provision von 2,5 % zusteht. Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Durch Eigenkündigung vom 15.1. […] schied der Kl. fristgemäß zum 30.6. […] aus. Bis zur rechtlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses war der Kl. unverändert im Außendienst tätig und hat dort auch weiterhin für die Bekl. Umsätze gemacht. Die Bekl. hat die Abrechnung und Zahlung von Provisionen für die Zeit nach der Kündigung trotz mehrfacher Mahnung abgelehnt. Als Begründung hat sie angeführt, der Kl. habe unter Verstoß gegen § 60 HGB bereits unmittelbar nach Ausspruch seiner Kündigung damit begonnen, für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu sein. Dadurch seien der Bekl. erhebliche Schäden entstanden, die die möglicherweise entstandenen Provisionsansprüche des Kl. bei weitem übersteigen. Die Einwände der Bekl. sind falsch. Der Kl. ist nicht vertragswidrig für ein Konkurrenzunternehmen tätig geworden. Da der Bekl. somit keine Schadensersatzansprüche zustehen können, hat sie die dem Kl. zustehenden Provisionen in vollem Umfang zu zahlen.

2 3 4

5

2018 – 6 Sa 344/17, BeckRS 2018, 10961). Weist die erste Instanz die Klage insgesamt ab, dringt der Kl. aber in der Berufungsinstanz mit seinem vorgreiflichen Anspruch (zB auf Auskunftserteilung oder Abrechnung) durch, so ist das Verfahren hinsichtlich der weiteren Stufen an die erste Instanz zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO). S. M 101.1 und M 101.2. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges ergibt sich aus §§ 65, 87c Abs. 2 HGB. Eine Detaillierung, wie der Buchauszug inhaltlich gestaltet sein soll, kann richtigerweise nicht verlangt werden (aA OLG Saarland v. 15.6.2001, NJW-RR 2002, 34). Der allgemeine Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach den § 259 Abs. 2, § 260 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass eine erteilte Auskunft unrichtig ist oder substantiiert darzulegende Verdachtsmomente gegen die Richtigkeit bestehen. Soweit es um Provisionsabrechnungen geht, sehen indes §§ 65, 87c Abs. 4 HGB vor, dass zunächst Bucheinsicht zu gewähren ist, und zwar nach Wahl des Arbeitgebers entweder dem Provisionsberechtigten oder einem von diesem zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen. Erst wenn die Einsicht erfolglos bleibt oder keine einsehbaren Bücher existieren, besteht der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (BGH v. 16.5.1960, BGHZ 32, 305; OLG Celle v. 27.8.1962, BB 1962, 1017). Es schadet jedoch nicht, den entsprechenden Antrag im Wege der Stufenklage bereits auf einer nachgeordneten Stufe anzukündigen. Erübrigt sich mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Antrag, wird er im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr verlesen, so dass auch nicht über ihn entschieden wird. Der Anspruch ist in der gestellten Form mangels hinreichender Bestimmtheit gem. § 253 ZPO eigentlich unzulässig. Bei einer Stufenklage akzeptiert die Praxis jedoch solche Anträge. Sie sind sinnvoll, um Verjährungs- und Verfallfristen zu unterbrechen (BAG v. 23.2.1977, AP Nr. 58 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; zu den strengen Anforderungen an die Unzumutbarkeit einer die Verjährung hemmenden Klageerhebung vgl. BAG v. 17.12.2014, NZA 2015, 479 m. Anm. Merten, FD-ArbR 2015, 368362). Der Anspruch wird mit der Klageerhebung und Zustellung rechtshängig, auch wenn über ihn zunächst nicht entschieden wird. Ist allerdings nach entsprechender Verurteilung gem. den vorgreiflichen Auskunfts- und Rechenschaftsansprüchen der sich daraus ergebende Zahlungsanspruch bezifferbar, muss er vor Verlesung beziffert werden, da ansonsten die Klage insoweit im weiteren Verlauf des Verfahrens abgewiesen wird.

606 | Diller

Vergütung | M 12.13.2 Kap. 12 […] (Unterschrift)6 6 Hinsichtlich des Streitwerts gilt die Sondervorschrift des § 44 GKG. Danach ist nur der höchste der verbundenen Ansprüche maßgebend. Das ist regelmäßig der (angestrebte) Zahlungsanspruch (zB OLG Bamberg v. 10.4.1986, JurBüro 1986, 1062). Für die vorbereitenden Anträge auf Buchauszug, Abrechnung und eidesstattliche Versicherung fällt deshalb kein zusätzlicher Wert an. Bei der Maßgeblichkeit der angestrebten Zahlung für die Festlegung des Streitwerts bleibt es auch bei der „stecken gebliebenen“ Stufenklage, bei der der Kläger nach Auskunftserteilung oder Abgabe der eidesstattlichen Versicherung den ursprünglich angekündigten Zahlungsantrag nicht weiter verfolgt, zB weil die Auskunft ergeben hat, dass keine weiteren Ansprüche bestehen (im Einzelnen Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl. 2016, Stichwort „Stufenklage“). Der Wert der anwaltlichen Terminsgebühr bemisst sich dagegen nach dem Wert der Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen.

5. Akkordvergütung M 12.13.1 Zeitakkord Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält Akkordlohn nach der Lohngruppe […] des Tarifvertrages.1 Der Akkordrichtsatz beträgt zurzeit Euro […] Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält jedoch mindestens den gesetzlichen Mindestlohn nach MiLoG.2 1 Vgl. Rz. 18 ff. 2 Der Mindestlohnanspruch ist gem. § 3 Satz 1 MiLoG unabdingbar, er darf also durch eine Akkordlohnvereinbarung nicht unterschritten werden, sondern muss gewährleistet sein, vgl. BT-Drs. 18/1558, S. 34 und dazu Riechert/Nimmerjahn, 2. Aufl. 2017, § 3 MiLoG Rz. 10.

M 12.13.2 Geldakkord Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält im Akkordlohn1 […] (Stückakkord) pro gefertigtem Werkstück oder (Flächenakkord) pro verputztem qm […] Euro […] oder (Maßakkord) pro lfd. Meter eingebrachter Dehnungsfuge Euro […] oder (Flächenakkord, Pauschalakkord) pro saniertem und mit Wärmedämmung versehenem qm […] Euro […] oder (Gewichtsakkord) pro verarbeitetem kg […] Euro […]. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält jedoch mindestens den gesetzlichen Mindestlohn nach dem MiLoG.2 1 Vgl. Rz. 18 ff. 2 S. M 12.13.1 Fn. 1 Zeitakkord.

Diller und Lingemann | 607

Kap. 12 M 12.14.1 | Vergütung 6. Prämien M 12.14.1 Anwesenheitsprämie (1) Der Arbeitgeber kann eine Anwesenheitsprämie1 in Höhe von Euro […] erbringen. Für Fehltage aufgrund von Erkrankung oder sonstiger Abwesenheit, für die kein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung besteht, wird von der Anwesenheitsprämie pro Fehltag 1/ 30 des monatlichen Prämienbetrages abgezogen.2 oder (1) Der Arbeitgeber kann mit dem Novembergehalt zusätzlich eine Anwesenheitsprämie in Höhe von Euro […] erbringen, die jedoch bei Fehlzeiten innerhalb des Kalenderjahres für jeden Fehltag um ein Viertel eines Tagesarbeitsentgelts gekürzt wird.3 Das Tagesarbeitsentgelt errechnet sich aus der Summe der letzten 12 Gehaltsabrechnungen vor dem Monat November abzüglich der Jahresleistungen, des Aufwendungsersatzes sowie geleisteter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und des Urlaubsentgelts, geteilt durch die Zahl der tatsächlich geleisteten Arbeitstage der 12 Monate.

1 Die Anwesenheitsprämie ist ein besonderer Vergütungsbestandteil, den der Arbeitnehmer nur für den Zeitraum erhalten soll, in dem er tatsächlich gearbeitet hat, um seine Anwesenheit zu honorieren. Gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Da es sich um eine freiwillige Leistung handelt, kann der Arbeitgeber den Zweck und das Prämienvolumen vorgeben, die Verteilung ist jedoch mitbestimmungspflichtig. 2 Hier handelt es sich um eine laufende Anwesenheitsprämie, die als Zuschlag zur laufenden Vergütung regelmäßig gezahlt wird. Eine solche Prämie kann wirksam vereinbart werden. Fehlt der Arbeitnehmer allerdings wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, ergibt sich aus § 4 EFZG, dass ihm die Prämie als Bestandteil des fortzuzahlenden Entgelts gewährt werden muss (BAG v. 4.10.1978, DB 1979, 797). Besteht hingegen kein Entgeltfortzahlungsanspruch, etwa nach Ablauf der sechs Wochen gem. § 3 Abs. 1 EFZG oder wegen schuldhafter Herbeiführung der Krankheit, so entfällt auch der Anspruch auf die Prämie (BAG v. 23.5.1984 – 5 AZR 500/81, DB 1984, 2410). Dies stellt der zweite Satz klar. Die Kürzungsmöglichkeit des § 4a EFZG ist wahrscheinlich auf laufende Anwesenheitsprämien nicht anwendbar und daher hier auch nicht vorgesehen. Werden Anwesenheitsprämien im Rhythmus des laufenden Arbeitsentgelts monatlich geleistet, muss zwar stets durch Auslegung der jeweiligen Vereinbarung ermittelt werden, ob es sich um laufendes Arbeitsentgelt handelt oder um eine Sondervergütung. Allerdings ist die monatliche Zahlungsweise ein starkes Indiz für die Einordnung als laufendes und damit (bei Bestehen eines Entgeltfortzahlungsanspruchs) nicht kürzbares Entgelt (BAG v. 21.1.2009, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 283; LAG München v. 11.8.2009 – 8 Sa 131/09, LAGE § 4a EntgeltfortzG Nr. 2). Eine Kürzungsmöglichkeit besteht aber weiterhin, sofern die Anwesenheitsprämie etwa quartalsweise (BAG v. 25.7. 2001, AP EntgeltFG § 4a Nr. 1; v. 21.1.2009, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 283) oder jährlich gewährt wird (vgl. hierzu Var. 2). § 4a EFZG ist ferner nicht auf die Kürzung von Sondervergütungen aus anderen als aus krankheitsbedingten Gründen anwendbar (Müller/Berenz, § 4a EFZG Rz. 5; Marienhagen/Künzl, § 4a EFZG Rz. 7 f.). Insofern muss die Anwesenheitsprämie trotz Abwesenheit während der Mutterschutzfrist (§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG) bezahlt werden; eine Kürzung wäre nicht mit dem Schutzzweck des MuSchG vereinbar (BAG v. 12.5.1993, DB 1993, 2339; v. 8.10.1986 – 5 AZR 582/85, DB 1987, 795) und wäre auch nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Auch während des Urlaubs (§ 11 BUrlG) besteht ein zwingender Entgeltanspruch. Eine Kürzung der Prämie ist allerdings dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer ohne Entgeltanspruch fehlt. Dies ist etwa der Fall bei unberechtigtem Fehlen und bei Abwesenheit wegen Elternzeit (vgl. hierzu Springer/Kamppeter, BB 2010, 2960, 2962), unbezahltem Urlaub oder Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes. 3 Dies ist eine einmalige Anwesenheitsprämie, die für einen längeren Zeitraum, häufig ein Jahr oder ein Quartal, vereinbart wird. Eine solche Prämie fällt als Sondervergütung in den Anwendungsbereich des § 4a EFZG (BAG v. 21.1.2009, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 283; LAG München v. 11.8.2009 – 8 Sa 131/09, LAGE § 4a EntgeltfortzG Nr. 2; etwas restriktiver aber LAG Rh.-Pf. v. 26.8.2014 – 6 Sa 84/14, juris). Nach § 4a EFZG kann eine Kürzung wegen Krankheitszeiten für jede Geldleistung vereinbart werden, die nicht dem laufenden Arbeitsentgelt zuzurechnen ist. Erfasst sind alle krankheitsbedingten Fehlzeiten, auch wenn ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht (vgl. allgemein Reinartz, NZA 2015, 83). Kürzungen gem. § 4a EFZG müssen jedoch ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden (BAG v. 7.8.2002 – 10 AZR 709/01, NZA 2002, 1284; v. 15.12.1999 – 10 AZR 626/98, NZA 2000, 1062, 1063; LAG München v. 6.8.2009 – 9 Sa 173/08, nv.) und in dem dort genannten Rahmen erfolgen.

608 | Lingemann

Vergütung | M 12.14.2 Kap. 12 (2) Wird eine Anwesenheitsprämie erbracht, begründet dies keinen Rechtsanspruch auf Erbringung in den folgenden Kalenderjahren. Der Arbeitgeber behält sich vor, vor Beginn eines jeden Kalenderjahres neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine Anwesenheitsprämie für das jeweilige Kalenderjahr erbracht wird. Der Vorrang individueller Vertragsabreden im Sinne des § 305b BGB bleibt hiervon unberührt.4 oder [Widerrufsvorbehalt gem. M 12.7.2] 4 Wie die rechtssichere Formulierung einer freiwilligen Leistung und eines Freiwilligkeitsvorbehaltes aussieht, ist mehr denn je ungeklärt. Das BAG hat bei Freiwilligkeitsvorbehalten, nach denen dem Arbeitnehmer eine Leistung „gezahlt/gewährt“ wird oder der Arbeitnehmer eine Leistung „erhält“, Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB angenommen (BAG v. 20.2.2013, BB 2013, 1203; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, BB 2008, 2465). Ob die hier vorgeschlagene Klausel einer AGB-Kontrolle durch das BAG standhalten wird, kann nicht abgesehen werden. Wir verweisen ergänzend auf M 3.1 § 4 Abs. 1 m. Anm. sowie Kap. 2, AGBKlauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 104 ff. Zur Verwendung des Verbs „erbringen“ vgl. auch den Klauselvorschlag von Preis/Sagan, NZA 2012, 697. Wird im Arbeitsvertrag zB bei unwirksamem Freiwilligkeitsvorbehalt ein Anspruch begründet, so ändert daran auch ein bei jeder Zahlung ausgesprochener Freiwilligkeitsvorbehalt nichts, denn dieser würde nur eine betriebliche Übung verhindern, nicht aber einen im Arbeitsvertrag begründeten Anspruch beseitigen (BAG v. 20.2.2013, BB 2013, 1203). Angesichts der Unsicherheit darüber, wie ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt ausgestaltet sein muss, kann es ratsam sein, im Vertrag die freiwillige Leistung und damit den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu regeln und stattdessen bei jeder Zahlung den Freiwilligkeitsvorbehalt ausdrücklich zu erklären. Ob hier ein Freiwilligkeitsvorbehalt noch vereinbart werden kann, ist fraglich. Es handelt sich letztlich wohl um Vergütung für eine erbrachte Leistung, so dass jedenfalls mit Beginn des Bezugszeitraums ein solcher Vorbehalt ausscheidet. Wie bei der Zielvereinbarung (dazu Rz. 58) kann daher letztlich nur die Entscheidung, ob für die Zukunft eine solche Prämie gewährt wird, einem Freiwilligkeitsvorbehalt unterstellt werden, aber nicht die Prämiengewährung nach Beginn des Zeitraums. Das Muster trägt dem durch die Formulierung „vor Beginn eines jeden Kalenderjahres“ Rechnung. Problematisch ist auch, dass die Voraussetzungen für die Gewährung genau angegeben sind, was einem Freiwilligkeitsvorbehalt entgegenstehen könnte (BAG v. 20.2.2013, BB 2013, 1203; v. 10.12.2008, NZA-RR 2009, 576, 577; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173, 1177; Rz. 6). Bei laufend gewährten Anwesenheitsprämien ist ein solcher Vorbehalt ohnehin nicht zulässig. Dann kann nur ein Widerrufsvorbehalt vereinbart werden, s. Formulierungsvorschlag in der Var. 2 zu (3). Allerdings liegt laufendes Entgelt wohl dann nicht vor, wenn die Anwesenheitsprämie einmal jährlich gezahlt wird, vgl. Var. 1. In jedem Fall muss bei jeder einzelnen Gewährung der Freiwilligkeitsvorbehalt nochmals ausdrücklich wiederholt werden (vgl. Kap. 2 Rz. 104 ff.). Zudem ist zu beachten, dass trotz vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalts bei einer wiederholten und dauerhaften Gewährung die Rspr. eine vorrangige Individualvereinbarung annehmen könnte, so dass insgesamt die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts rechtssicherer erscheint.

M 12.14.2 Leistungsprämie Dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin wird zu seinem/ihrem monatlichen Grundgehalt eine Leistungsprämie in Höhe von Euro […] pro Tag freiwillig geleistet, wenn er/sie seine/ihre festgelegte Tagesleistung um […] Stücke überschreitet. Bei Fehlzeiten innerhalb des Kalenderjahres wird die Prämie um ein Viertel eines Tagesarbeitsentgelts gekürzt.1 An Fehltagen aufgrund von Erkrankung oder sonstiger Abwesenheit, für die kein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung besteht, wird die Leistungsprämie nicht geleistet. 1 Bei dieser Regelung stellen sich dieselben Probleme zu §§ 4, 4a EFZG wie in M 12.14.1, da die Leistungsprämie nicht nur einmalig, sondern regelmäßig und damit laufend gewährt wird. Damit stellt sich auch hier die Frage, ob die laufend gewährte Leistungsprämie als Sondervergütung eingeordnet werden kann und damit die Kürzungsmöglichkeit des § 4a EFZG eröffnet ist (Einzelheiten bei M 12.14.1). UE. handelt es sich bei der hier geregelten Leistungsprämie jedoch trotz der regelmäßigen Auszahlung (= Indizwirkung) um eine Sondervergütung iSv. § 4a EFZG. Die Leistungsprämie ist mit der in M 12.14.1 Var. 1 geregelten laufenden Anwesenheitsprämie nicht vergleichbar. Die laufende Anwesenheitsprämie wird unabhängig von einer konkreten Leistung des Arbeitnehmers gezahlt. Hingegen setzt die hier geregelte (Tages)Prämie ein Überschreiten der durchschnittlichen Stückzahl, dh. eine körperliche Anwesenheit und konkrete Leistung des Arbeitnehmers, voraus. Diese Auslegung spricht für die Einordnung als Sondervergütung. Ordnet man diese Prämie aufgrund der Indizwirkung der regelmäßigen Auszahlung hingegen als laufen-

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Kap. 12 M 12.14.2 | Vergütung des und damit fortzahlungspflichtiges Entgelt iSv. § 4 EFZG ein, so kann eine Kürzung nur für diejenigen Fehltage geregelt werden, in denen kein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung besteht (vgl. für die laufende Anwesenheitsprämie die Var. 1). Im Übrigen erhält der Arbeitnehmer seine Prämie weiterhin ausgezahlt. Diese richtet sich nach dem Durchschnitt der in den letzten 12 Monaten gezahlten Tagesprämien. Offen: BAG v. 26.4.2005 – 1 AZR 76/04, NZA 2005, 892; LAG Hamm v. 7.3.2007, NZA-RR 2007, 629.

M 12.14.3 Treueprämie Der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin erhält eine Treueprämie in folgender Höhe: Bei ununterbrochener Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren in Höhe von Euro […] 20 Jahren in Höhe von Euro […] 30 Jahren in Höhe von Euro […] 35 Jahren in Höhe von Euro […] 40 Jahren in Höhe von Euro […] Die Prämie setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis bei Erreichen der jeweiligen Betriebszugehörigkeit ungekündigt ist. Dies gilt unabhängig davon, in wessen Sphäre der Grund für die Kündigung liegt.1 1 Eine Beschränkung auf die Fälle, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründen beruht, die aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammen, dürfte hier nicht erforderlich sein. Das BAG hat für Stichtagsklauseln bei Leistungen, die nicht der Vergütung für geleistete Arbeit dienen, entschieden, dass diese nicht nach den Gründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenzieren müssen (BAG v. 13.5. 2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992; v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 513; v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368; v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221). Einzelheiten bei Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklausel“, Kap. 2 Rz. 100 ff.

M 12.14.4 Halteprämie/Retention Bonus Guten Tag, […], wir freuen uns, dass wir Ihnen heute, 1.12.2020, einen einmaligen Betrag in Höhe einer Jahresfestvergütung zum 30.9.2021 zusagen können. Die Auszahlung des Betrages setzt voraus, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit uns nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt mit der nächsten Gehaltsabrechnung.1 oder Guten Tag […], als Anreiz für ihre aktive Mitwirkung und Unterstützung in den nächsten Monaten während des Laufs Ihrer Kündigungsfrist bieten wir Ihnen die Zahlung eines Retention Bonus zu folgenden Konditionen an: – Der Retention Bonus beläuft sich auf einen Betrag von Euro […].2 1 Diese Klausel hat der 6. Senat 2013 in einer Insolvenzsituation als wirksam angesehen, BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 913/11, AP InsO § 134 Nr. 1. Die Arbeitnehmerin sollte nach dem Verbleib im Arbeitsverhältnis für etwas mehr als elf Monate rund ein garantiertes Jahresgehalt als Halteprämie erhalten. Dies beeinträchtige sie in ihrer Kündigungsfreiheit nicht. 2 Anders als bei Stichtagsklauseln kann der Bonus auch höher als eine Monatsvergütung sein, wenn er keine Vergütung für geleistete Arbeit ist. Bei der vorliegenden Konstellation ist das aber zweifelhaft, weil der Bonus gerade auf die weitere Mitarbeit abgestellt. Insoweit ist ratsam, keinen über ein Monatsgehalt hinausgehenden Bonus vorzusehen.

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Vergütung | M 12.15.1 Kap. 12 – Sie scheiden nicht vor dem Ablauf ihrer Kündigungsfrist aus anderen Gründen aus dem Arbeitsverhältnis aus. – [evtl.]3 Sie setzen sich auch weiterhin aktiv für die erfolgreiche Erledigung ihrer Aufgaben ein, das bedeutet, Sie kommen während der Kündigungsfrist – soweit wir Sie nicht von der Pflicht zur Arbeitsleistung freistellen – Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten wie bisher nach [evtl.]4 und haben im Zeitraum vom 1.12.2020 bis zum 30.9.2021 nicht mehr als sechs krankheitsbedingte Fehltage. – Sind die vorstehenden Voraussetzungen erfüllt, wird der Retention Bonus mit der letzten Gehaltsabrechnung abgerechnet und ausgezahlt. Für Einsatz danken wir schon jetzt ganz herzlich Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 3 Aufgrund dieser Klausel könnte der Bonus nicht nur als Honorierung von Betriebstreue, sondern zumindest auch als Vergütung ausgelegt werden, was dazu führen kann, dass die Bindung nicht wirksam ist (dazu Einf. Rz. 25a). Die Anforderung, dass der Arbeitnehmer sich weiterhin aktiv einsetzt, gibt uE. aber nur eine Selbstverständlichkeit wieder und sollte daher unschädlich sein. 4 Bei der Limitierung krankheitsbedingter Fehltage halten wir das Risiko, dass die Klausel einen Entgeltzweck indiziert, für größer; insoweit kann es ratsam sein, jedenfalls diese – durchaus verbreitete – Anforderung zu streichen.

7. Sonderzuwendungen (Gratifikationen) M 12.15.1 Sonderzuwendung mit Freiwilligkeitsvorbehalt (1) Der Arbeitgeber kann1 eine jährliche Sonderzuwendung erbringen.2 Die Sonderzuwendung dient ausschließlich als Honorierung von Betriebstreue und als Anreiz für künftige Betriebstreue.3 Wird die Sonderzuwendung erbracht, wird hierdurch ein Rechtsanspruch auf Erbringung in den folgenden Kalenderjahren nicht begründet. Der Arbeitgeber behält sich vor, vor Beginn eines jeden Jahres neu zu ent1 Zu Freiwilligkeitsklauseln im Einzelnen s. Rz. 6 ff. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104 ff. Die Zulässigkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten ist insgesamt fraglich, so dass in jedem Fall zu empfehlen ist, bei jeder Zahlung den Freiwilligkeitsvorbehalt ausdrücklich zu wiederholen. Auch ist der Vorrang der Individualabrede zu beachten. Soll die Sonderzuwendung freiwillig, widerruflich oder rückzahlbar gestaltet werden, so sollte sie nicht unter „Vergütung“ geregelt werden, sondern eine eigene Überschrift erhalten. Sonst besteht die Gefahr eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, vgl. dazu Rz. 6 ff. sowie Kap. 2 Rz. 50 ff. 2 Wie die rechtssichere Formulierung einer freiwilligen Leistung und eines Freiwilligkeitsvorbehaltes aussieht, ist weiterhin ungeklärt. Formulierungen wie „der Angestellte erhält“ (BAG v. 7.6.2011 – 1 AZR 807/ 09, NZA 2011, 1234) oder „zur Zeit werden gewährt“ (BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, NZA 2013, 1015, Rz. 17) sollten vermieden werden, da diese Formulierungen nach dem BAG einen Anspruch begründen sollen und daher widersprüchlich und intransparent sind. Nur „Erbringen“ und „leisten“ gehört, soweit ersichtlich, noch nicht dazu. Vgl. zu noch möglichen Formulierungen im Detail Kap. 2 Rz. 105b mwN. Wir verweisen ergänzend auf M 3.1 § 4 Abs. 1 sowie M 12.14.1 Abs. 3 jeweils m. Anm. sowie detailliert in Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 104 ff. 3 Diese Angabe ist im Vertrag erforderlich, damit die Zuwendung nicht als Vergütung ausgelegt wird (vgl. BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992; v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2013, 597; v. 18.1.2012, NZA 2012 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 211). Der Honorierung erbrachter Betriebstreue dient typischerweise eine Stichtagsklausel mit Stichtag im Bezugszeitraum, auf die Honorierung künftiger Betriebstreue gerichtet ist eine Regelung mit Stichtag nach Ablauf des Bezugszeitraumes und damit insb. eine Rückzahlungsklausel. Zumindest Letztere dürfte nur noch zulässig sein bei einer Zuwendung ohne Vergütungscharakter, Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklausel“, Kap. 2 Rz. 100 ff.

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Kap. 12 M 12.15.1 | Vergütung scheiden, ob und in welcher Höhe eine Sonderzuwendung erbracht wird.4 Der Vorrang individueller Vertragsabreden im Sinne des § 305b BGB bleibt hiervon unberührt. oder (1) Erbringt der Arbeitgeber eine Sonderzuwendung, geschieht dies freiwillig, ein Rechtsanspruch besteht nicht.5 Die Sonderzuwendung dient ausschließlich als Honorierung von Betriebstreue und als Anreiz für künftige Betriebstreue.6 Der Arbeitgeber entscheidet jedes Jahr neu, ob und in welcher Höhe er eine Sonderzuwendung erbringt. Aus der Erbringung einer Sonderzuwendung kann für die Zukunft kein Anspruch abgeleitet werden. Das gilt auch dann, wenn die Sonderzuwendung wiederholt erbracht wird. Der Vorrang individueller Vertragsabreden im Sinne des § 305b BGB bleibt hiervon unberührt. 4 Sonderzuwendungen können im Grundsatz unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit gestellt werden (BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, NZA 2014, 595; v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, NZA 2013, 1015; v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81; v. 5.8.2009 – 10 AZR 483/08, NZA 2009, 1105, 1107; v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NZA 2009, 535; v. 21.1.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310; v. 10.12.2008, NZA-RR 2009, 576; v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173), vgl. im Einzelnen Kap. 2 – AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 104 ff. – „Freiwilligkeitsvorbehalt“. Der Vorbehalt muss allerdings dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen, dh. klar und verständlich abgefasst sein. Auch ist mittlerweile insgesamt fraglich, inwieweit Freiwilligkeitsvorbehalte im Formularvertrag in Zukunft noch wirksam sind, da das BAG angedeutet hat, dass mehrfache Zahlungen ohne weitere Vorbehalte einen an sich wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag zu Fall bringen können. Zudem ist in jedem Fall der Vorrang der Individualabrede zu beachten und aufzunehmen (vgl. BAG v. 14.9.2011, NZA 2012, 81; Hunold, DB 2012, 1096; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400; ähnlich auch der Klauselvorschlag bei Lakies, ArbRAktuell 2013, 251). Ob die hier vorgeschlagene Klausel einer AGB-Kontrolle durch das BAG standhalten wird, kann nicht abgesehen werden. Wir verweisen ergänzend auf M 3.1 § 4 Abs. 1 und M 12.14.1 Abs. 3 jeweils m. Anm. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 104 ff. 5 S.o. M 12.15.1 Fn. 2. 6 S.o. M 12.15.1 Fn. 3.

M 12.15.2 Sonderzuwendung und Bindungsklausel (1) […] erhält1 jedes Jahr eine Sonderzuwendung in Höhe von Euro […]. Die Sonderzuwendung dient ausschließlich als Honorierung von Betriebstreue und als Anreiz für künftige Betriebstreue.2 (2)3 Für die Auszahlung der Sonderzuwendung gilt Folgendes:4 a) Die Sonderzuwendung wird mit dem Dezembergehalt ausgezahlt (Stichtag). Die Auszahlung ist ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag endet. Anteilige Zahlungen erfolgen nicht.5

1 Mit dem Terminus „erhält“ wird ein Anspruch begründet, so dass die Leistung nicht gleichzeitig unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden kann, ein Widerrufsvorbehalt ist aber im Grundsatz zulässig, vgl. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 104. 2 Diese Angabe ist im Vertrag erforderlich, damit die Zuwendung nicht als Vergütung ausgelegt wird (vgl. BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992; v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2013, 597; v. 18.1.2012, NZA 2012 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 211). Der Honorierung erbrachter Betriebstreue dient typischerweise eine Stichtagsklausel mit Stichtag im Bezugszeitraum. Auf die Honorierung künftiger Betriebstreue gerichtet ist eine Regelung mit Stichtag nach Ablauf des Bezugszeitraumes und damit insb. eine Rückzahlungsklausel. Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklausel“, Kap. 2 Rz. 100 ff. 3 Vgl. zu den Voraussetzungen und dem Umfang einer Bindungsklausel Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklauseln“, Kap. 2 Rz. 100 ff. 4 Wir meinen, dass Abs. 2 – Widerrufsvorbehalt – und Abs. 3 – Bindungsklausel – an unterschiedliche Tatbestände anknüpfen, nämlich der Widerrufsvorbehalt an besondere sachliche Gründe, die nicht im Zusammenhang mit der Betriebstreue stehen, und die Bindungsklausel an die Betriebstreue, so dass sie auch kumulativ vereinbart werden können. Die Frage ist aber nicht höchstrichterlich entschieden. 5 Vgl. auch BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620.

612 | Lingemann

Vergütung | M 12.15.2 Kap. 12 b) Eine Auszahlung der Sonderzuwendung ist ferner ausgeschlossen, wenn sich das Arbeitsverhältnis am Stichtag in gekündigtem6 Zustand befindet. Dies gilt unabhängig davon, in wessen Sphäre der Grund für die Kündigung liegt.7 Diese Regelung gilt sinngemäß für Aufhebungsvereinbarungen.8 c) Eine geleistete Sonderzuwendung ist zurückzuzahlen,9 wenn […] vor dem 31.3. des auf den Stichtag folgenden Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Beträgt die Sonderzuwendung ein Monatsgehalt oder mehr, so ist sie zurückzuzahlen, wenn […] vor dem 30.6. des auf den Stichtag folgenden Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.10 Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht nicht, wenn die Sonderzuwendung Euro 100,– oder weniger beträgt11 oder wenn […] aus Gründen, die […] nicht zu vertreten hat, insbesondere aus betriebsbedingten Gründen,12 ausscheidet. Diese Regelung gilt sinngemäß für Aufhebungsvereinbarungen. Die Gesellschaft ist berechtigt, mit ihrer Rückzahlungsforderung gegen rückständige oder nach der Kündigung oder Aufhebungsvereinbarung fällig werdende Vergütungsansprüche im Rahmen der gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften aufzurechnen. oder13 (3) Für die Zeit des Ruhens14 des Arbeitsverhältnisses besteht kein Anspruch auf eine Sonderzuwendung nach Absatz 1. 6 Erfasst wird nur die wirksame Kündigung; hat eine Kündigungsschutzklage daher Erfolg, so entfällt die Sonderzuwendung naturgemäß nicht, auch dann nicht, wenn das Arbeitsverhältnis dann auf einen hilfsweisen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG hin aufgelöst wird (BAG v. 7.12.1989 – 6 AZR 324/88, NZA 1990, 490). 7 Die Zulässigkeit einer solchen Stichtagsklausel hat das BAG für Sonderleistungen, die – wie hier – nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dienen, bejaht (BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, NZA 2015, 992; v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 513; v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, NZA 2014, 368 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2013, 597; v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 221; vgl. auch Baeck/Winzer, NZG 2012, 657). 8 Ohne diese Regelung würde der Anspruch auf Sonderzuwendung fortbestehen, wenn zur Vermeidung einer Kündigung bereits vor dem Stichtag eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen wurde, die das Arbeitsverhältnis jedoch erst für einen Zeitpunkt nach dem Stichtag beendet (BAG v. 7.10.1992 – 10 AZR 186/91, NZA 1993, 948). 9 Zu Wirksamkeit und Grenzen von Rückzahlungsklauseln bei Sonderzuwendungen vgl. Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 100 ff. – „Bindungsklauseln“. Die hier vorgeschlagene Klausel orientiert sich an Kündigungsfristen zum Quartal. 10 Bei nicht quartalsmäßigen Kündigungsfristen wäre zu ergänzen: „Liegt der nächstzulässige Kündigungstermin nach dem 31.3. des folgenden Kalenderjahres allerdings vor dem 30.6., so ist die Sonderzahlung nur dann zurückzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer vor diesem nächstzulässigen Kündigungstermin ausscheidet.“ Vgl. BAG v. 28.4.2004 – 10 AZR 356/03, NZA 2004, 924. 11 Vgl. Kap. 2 Rz. 100 ff.; zur Vermeidung einer Unangemessenheit und damit eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB muss diese Einschränkung aufgenommen werden, sofern nicht feststeht, dass die Sonderzuwendung höher als Euro 100,– ist (BAG v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875; v. 21.5.2003 – 10 AZR 390/02, NZA 2003, 1032, 1033). Eine geltungserhaltende Reduktion käme nicht in Betracht, § 306 Abs. 2 BGB. 12 Ob die neuere Rspr. des BAG (BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, NZA 2012, 620 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 211), nach der bei Stichtagsklauseln bzgl. Sonderleistungen, die nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dienen, nicht nach dem Grund der Beendigung differenziert werden muss, auch für Rückzahlungsklauseln gilt, ist offen. Insoweit sollte bei Rückzahlungsklauseln vorsorglich nach dem Grund des Ausscheidens differenziert werden (vgl. Kap. 2 Rz. 100 ff.). Wird eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, scheidet gem. § 306 Abs. 2 BGB eine geltungserhaltende Reduktion grundsätzlich aus (vgl. allgemein BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042, 1045; v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40, 44; v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738, 740 f.). 13 Die Kürzung von Sonderzahlungen für Ruhenszeiten ist möglicherweise nur zulässig, wenn die Sonderzahlung Vergütungszweck hat (Küttner/Griese, Einmalzahlungen, Nr. 154, Rz. 12 ff. mwN.). Dann kann sie aber nicht von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag abhängig gemacht werden, wie in der ersten Alternative von Abs. 3. Die Regelungen sollten daher vorsorglich nur alternativ verwendet werden. 14 Ruhen bedeutet, dass die wechselseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert sind, also weder ein Anspruch auf Arbeitsleistung noch ein Anspruch auf Vergütung besteht, gleichwohl aber die vertraglichen Nebenpflichten unberührt bleiben (BAG v. 10.5.1989, DB 1989, 2127 f.; v. 7.6.1990 –

Lingemann | 613

Kap. 12 M 12.15.2 | Vergütung Als Ruhen des Arbeitsverhältnisses gelten15 a) Zeiten des freiwilligen Wehrdienstes und des Ersatzdienstes,16 b) über einen Monat hinaus andauernder unbezahlter Urlaub, c) Elternzeit,17 d) Beteiligung von […] an einem rechtmäßigen Streik.18 Dabei ist es unerheblich, ob das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes oder kraft Vereinbarung ruht.

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18

6 AZR 52/89, DB 1990, 1971), zB bei freiwilligem Wehrdienst und entsprechenden Übungen (§§ 1, 10 ArbPlSchG, 78 ZDG, 1 EignungsübungsG), der Inanspruchnahme von Elternzeit (§ 16 BEEG; BAG v. 12.1. 2000 – 10 AZR 840/98, NZA 2000, 944; v. 24.5.1995 – 10 AZR 619/94, NZA 1996, 31), der Vereinbarung unbezahlten Sonderurlaubs, beispielsweise zu Ausbildungszwecken oder zur Erledigung von Privatangelegenheiten (zB Beerdigung, Hochzeit) sowie der Beteiligung des Arbeitnehmers an einem rechtmäßigen Streik (BAG v. 30.8.1994 – 1 AZR 765/93, BB 1994, 2280 f.; v. 3.8.1999, DB 2000, 677); nicht aber bei Abwesenheit während der Mutterschutzzeiten der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG (vgl. Satz 3; BAG v. 7.9.1989, NZA 1990, 497) und Arbeitsunfähigkeit (dazu § 4a EFZG im Einzelnen Rz. 29, 34 f.). Vgl. BAG v. 4.12.2002, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 245. Es ist offen, ob diese Einschränkung mit dem Diskriminierungsverbot des § 7 AGG noch vereinbar ist. So wird etwa die Frage nach dem freiwilligen Wehrdienst beim Vorstellungsgespräch teilweise als unzulässig angesehen, vgl. hierzu Kap. 1 Rz. 3 ff. Weder der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz noch das europarechtliche Lohngleichheitsgebot für Männer und Frauen verbieten es, bei der Gewährung einer Sonderzuwendung Arbeitnehmer auszunehmen, deren Arbeitsverhältnisse wegen Erziehungsurlaubs (heute Elternzeit) ruhen (BAG v. 12.1. 2000 – 10 AZR 840/98, NZA 2000, 944; im Ergebnis wohl auch BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 35/08, NZA 2009, 258, 259; krit. Feldhoff, AiB 2001, 188; vgl. auch Boemke, JuS 2001, 95; BAG v. 4.12.2002, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 245). Auch scheidet uE. eine Benachteiligung wegen des Geschlechts nach dem AGG aus, da die Elternzeit von Angehörigen jeglichen Geschlechts in Anspruch genommen werden kann, BKG, § 1 AGG Rz. 57. Zur Zulässigkeit einer solchen Kürzung jedenfalls in Tarifverträgen BAG v. 13.2.2007 – 9 AZR 374/06, NZA 2007, 573 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 213940; weitergehend Schilling, SPA 2015, 105.

M 12.16

Sonderzuwendung nach Ermessen (Ermessensgratifikation)

(1) Die Weihnachtsgratifikation beträgt1 50 % bei einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 6 Monaten 100 % bei einer Betriebszugehörigkeit von 12 Monaten von der vom Arbeitgeber jeweils pro Jahr festgelegten Höhe der Weihnachtsgratifikation. (2) Sie wird zusammen mit dem Novembergehalt im jeweiligen Jahr ausgezahlt. (3) Endet das Arbeitsverhältnis vor dem 31.3. des folgenden Jahres durch Kündigung des Arbeitnehmers, sind jegliche – auch anteilige – Ansprüche auf die Weihnachtsgratifikation ausgeschlossen. Eine Aufhebungsvereinbarung oder ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses stehen einer Kündigung gleich.2 1 Formulierung in Anlehnung an BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180. Der 10. Senat hat die Regelung gebilligt, insb. auch deshalb, weil die Festlegung billigem Ermessen gem. § 315 BGB entsprechen muss und damit auch gerichtlicher Kontrolle unterliegt, Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ermessensgratifikation“, Kap. 2 Rz. 101. Diese Gestaltung stellt uE eine sinnvolle Alternative zum Freiwilligkeitsvorbehalt dar, da sie gerade in schwierigen Zeiten für das Unternehmen – nach billigem Ermessen – eine Absenkung erlaubt (Lingemann/Pfister/Otte, NZA 2015, 65; Lingemann/Otte, NJW 2014, 2400). 2 Diese Stichtagsklausel hat das BAG im Urteil v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 180 gleichfalls gebilligt (Rz. 14). Das ist deshalb überraschend, weil die Regelung zur Gratifikation unter der Überschrift „Vergütung“ stand und bei Sonderzahlungen, die zumindest auch Ver-

614 | Lingemann

Vergütung | M 12.17 Kap. 12 oder (1) Zusätzlich zum Grundgehalt wird als freiwillige Leistung eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekannt gegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt. (2) Sofern das Arbeitsverhältnis vor dem 1. April eines Jahres begonnen hat, soll auf die vorstehende Gratifikation im Juni dieses Jahres ein Vorschuss in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt ausgezahlt werden.3 oder Zusätzlich zum Grundgehalt wird eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekannt gegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.4 gütungscharakter haben, ein Stichtag außerhalb des Bezugszeitraumes nicht wirksam vereinbart werden kann, dazu Einzelheiten Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bindungsklausel“, Kap. 2 Rz. 100 ff. Hier bestehen also Unsicherheiten. 3 Diese Klausel hat das BAG mit Urteil v. 23.8.2017 – 10 AZR 376/16, NZA 2017, 1595 als in zulässiger Weise vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers iSv. § 315 BGB angesehen. Auch die gleichbleibende Ausübung des Bestimmungsrechtes über einen längeren Zeitraum – im konkreten Fall fast 30 Jahre – führe nicht dazu, dass eine andere Ausübung des Ermessens nicht mehr billig sei. Damit verbleibt auch bei Unwirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehaltes jedenfalls eine Ermessensgratifikation. 4 Diese Klausel hat das BAG mit Urteil v. 23.8.2017 – 10 AZR 97/17, juris, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 15, gebilligt; sie enthielt noch einen unwirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt, den das Muster nicht mehr wiedergibt.

M 12.17

Klage auf Sondervergütung wegen Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir die Klägerin.2 Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem […] zu zahlen.3

Begründung: Die Kl. ist bei der Bekl. seit mehr als zehn Jahren als […] tätig. Seit der Geburt ihres Kindes im Jahre […] ist die Kl. bei der Bekl. nur noch als Halbtagskraft beschäftigt. Die Bekl. hat im […] ihr 25-jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Aus Anlass des Jubiläums erhielt jeder vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter eine einmalige Jubiläumszuwendung von Euro […] Die Kl. erhielt keine Zahlung. Auf Nachfrage bei der Personalabteilung wurde ihr erklärt, Teilzeitbeschäftigte seien von der Jubiläumszahlung grundsätzlich ausgenommen. Ziel der Jubiläumszuwendung sei es, die vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter an den Betrieb zu binden und ihren hohen Arbeitseinsatz in der Vergangenheit zu belohnen. Teilzeitbeschäftigte hätten typischerweise eine geringere Bindung an den Betrieb, insbesondere teilzeitbeschäftigte Mütter würden nach der Geburt weiterer Kinder regelmäßig aus dem Unternehmen ausscheiden. 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Zum Problem der Geschlechtsdiskriminierung s. allgemein M 12.5. 3 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3.

Lingemann und Diller | 615

Kap. 12 M 12.17 | Vergütung Nach § 4 TzBfG ist eine Ungleichbehandlung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nur dann zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Solche Gründe sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Selbstverständlich war der Arbeitseinsatz der Kl. nicht so hoch wie der Arbeitseinsatz der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter in der Vergangenheit. Die Kl. macht aber auch nur eine anteilige Zahlung der Jubiläumszuwendung geltend. Im Rahmen ihrer reduzierten Arbeitszeit hat die Kl. sich genauso eingesetzt wie die vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter. Die Bekl. kann die Verweigerung der Zahlung auch nicht auf den Gesichtspunkt der verringerten Betriebstreue stützen. Es ist eine blanke Vermutung der Bekl., dass teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter eine höhere Fluktuation aufweisen als vollzeitbeschäftigte. Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse hierzu gibt es nicht. Gemäß § 4 TzBfG hätte die Bekl. folglich zumindest Anspruch auf eine anteilige Jubiläumszuwendung gehabt. Die Verweigerung der Zuwendung verstößt im Übrigen auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Mann und Frau gemäß Art. 157 AEUV sowie gegen das AGG. Die Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter ist nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BAG eine mittelbare Geschlechtsdiskriminierung, da Frauen unter den Teilzeitbeschäftigten weit überrepräsentiert sind (wird ausgeführt). […] (Unterschrift)4 4 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

M 12.18

Klage auf Ausgabe von Belegschaftsaktien wegen betrieblicher Übung

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Aktie der Beklagten zum Nennwert von Euro 100,– Zug um Zug gegen Zahlung von Euro 328,50 zu übergeben und zu übereignen.

Begründung: Die Bekl. ist eine große Publikums-Aktiengesellschaft. Seit mindestens 15 Jahren bot die Bekl. jedes Jahr am 15.6. Mitarbeitern, die seit mehr als zehn Jahren im Unternehmen sind, je eine „Belegschaftsaktie“ im Nennwert von Euro 100,– zum Kauf an. Der Kaufpreis lag jeweils um genau Euro 15,– unter dem aktuellen Mittelkurs der Aktie an der Frankfurter Börse am Ausgabe-Stichtag. Das Angebot erfolgte jeweils am schwarzen Brett, im Intranet sowie in gleichlautenden Mitteilungsschreiben, die den Gehaltsabrechnungen für den Monat Mai beigefügt waren. Beweis: Zeugnis des Personalleiters […] der Bekl., zu laden über diese Im Juni dieses Jahres hat die Bekl. der Belegschaft erstmals keine Belegschaftsaktien angeboten. Zur Begründung hieß es, man arbeite derzeit an einem grundlegend neuen Vergütungssystem, das in Kürze vorgestellt werden solle. Beweis: wie vor Der Kl. ist seit mehr als 30 Jahren bei der Bekl. beschäftigt. Ihm wurde in den letzten fünfzehn Jahren jeweils zum 15.6. das Angebot einer Belegschaftsaktie gemacht, er hat dieses Angebot auch jeweils an1 S. M 101.1 und M 101.2.

616 | Diller

Vergütung | M 12.19 Kap. 12 genommen. Durch die Verhaltensweise der Bekl. ist beim Kl. ein Vertrauen darauf entstanden, dass die Bekl. auch künftig in jedem Juni eine Belegschaftsaktie pro Mitarbeiter anbieten wird. Die Bekl. hat nie erklärt, sie wolle sich für die Zukunft nicht binden und werde jedes Jahr neu entscheiden, ob die bisherige Praxis fortgesetzt werde. Vielmehr musste bei allen Mitarbeitern der Eindruck entstehen, die jahrzehntelange Praxis werde unverändert weitergeführt, jedenfalls solange nicht in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ein anderes vergleichbares Anreizsystem geschaffen wird. Auf jeden Fall rechtfertigt die bloße Ankündigung, an einem alternativen Vergütungsmodell zu arbeiten, nicht die entschädigungslose Einstellung einer langjährigen betrieblichen Übung. Folglich ist die Bekl. verpflichtet, dem Kl. auch in diesem Jahr eine Belegschaftsaktie zu verschaffen, und zwar wie in den Vorjahren zum Kurs von Euro 15,– unter dem aktuellen Tageskurs. Am 15.6. […] lag der amtliche Mittelkurs an der Frankfurter Börse bei Euro 343,50. […] (Unterschrift)2 2 Der Streitwert entspricht dem Unterschied zwischen dem aktuellen Börsenkurs im Zeitpunkt des Urteils und dem Überlassungspreis.

M 12.19

Klage wegen Widerrufs/Teilkündigung von Sonderleistungen

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12. […] an den Kläger zu zahlen.2 2. Es wird festgestellt,3 dass der Widerruf der Beklagten vom 15.11. […] bezüglich des Weihnachtsgeldanspruchs unwirksam ist und der Kläger auch weiterhin gemäß § […] seines Anstellungsvertrages Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgelds von Euro […] an jedem 1.12. eines Kalenderjahres hat.

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. seit dem […] als […] tätig. Der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vom […] sieht in § […] den Anspruch auf ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe von Euro […] vor, zahlbar jeweils zum 1.12. In § […] des Anstellungsvertrages ist geregelt, dass sämtliche zusätzlich zum Gehalt gezahlten Leistungen freiwillig sind und jederzeit widerrufen werden können. Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Mit Schreiben vom 15.11. […] erklärte die Bekl. gegenüber dem Kl., sie „widerrufe mit sofortiger Wirkung“ den Anspruch auf das jährliche Weihnachtsgeld aus § […] des Anstellungsvertrages. Beweis: Schreiben der Bekl. vom 15.11. […], Anlage K 2 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 3 Die Feststellungsklage ist zulässig, da sie sich – anders als der Leistungsantrag Ziff. 1 – auch auf die Folgejahre bezieht. Eine Klage auf künftige Leistungen gem. § 259 ZPO (s. M 12.29) erscheint nicht möglich, da noch nicht feststeht, ob in den Folgejahren Ansprüche bestehen werden. Denkbar wäre zB, dass die Bekl. erneut – und diesmal wirksam – einen Widerruf erklärt.

Diller | 617

Kap. 12 M 12.19 | Vergütung Die Bekl. war trotz des vertraglichen Widerrufsvorbehalts nicht berechtigt, den Weihnachtsgeldanspruch einseitig zu widerrufen.4 Der vertragliche Widerrufsvorbehalt war wegen Verstoßes gegen §§ 305 ff. BGB unwirksam (wird ausgeführt). Überdies war der Widerruf offenbar ein Racheakt. Der Kl. hat sich zwei Tage vor dem Widerruf, am 13.11. […], geweigert, einer Anweisung des Geschäftsführers Folge zu leisten. Der Geschäftsführer hatte von ihm verlangt, eine rechtswidrige Buchung vorzunehmen, um die Bilanz „zu schönen“. Der Kl. ist auch der einzige Mitarbeiter, bei dem der Anspruch auf Weihnachtsgeld widerrufen wurde. Der Widerruf verstieß deshalb gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Beweis: Zeugnis des Personalleiters […], zu laden über die Bekl. Ein Widerruf von Gehaltsbestandteilen kann im Übrigen allenfalls nach Maßgabe von § 315 BGB zulässig sein. Im vorliegenden Fall sind die Grenzen billigen Ermessens allerdings weit überschritten (wird ausgeführt). […] (Unterschrift)5 4 Ob und unter welchen Voraussetzungen ein einseitiger Widerruf vorbehalten werden kann, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Auf jeden Fall dürfen nur Nebenleistungen unter Widerrufsvorbehalt gestellt werden, da ansonsten der Kündigungsschutz des KSchG umgangen würde. Außerdem ist der Widerruf stets an § 315 BGB zu messen (BAG v. 9.6.1965 und v. 7.1.1971, AP Nr. 10 und 12 zu § 315 BGB). Im Übrigen unterliegen Widerrufsklauseln einer weit gehenden AGB-Kontrolle (s. Kap. 2 Rz. 138 sowie Kap. 12 Rz. 26 ff. und die Erl. zu M 12.15.2). 5 Der Streitwert beträgt gem. § 42 Abs. 1 GKG den dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistung (Klagantrag Ziff. 2). Die Rückstände (Klagantrag Ziff. 1) werden gem. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG dem Streitwert nicht hinzugerechnet.

M 12.20

Vermögenswirksame Leistungen

[…] erhält vermögenswirksame Leistungen1 nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz in Höhe von monatlich Euro […], sofern er/sie einen entsprechenden Vertrag nachweist.2 1 Vgl. im Einzelnen Rz. 37 f. 2 Hier besteht ein Anspruch auf die Leistung, wie aus der Formulierung „erhält“ ersichtlich. Da der Arbeitnehmer nach § 11 Abs. 1 5. VermBG vom Arbeitgeber den Abschluss eines Vertrages über vermögenswirksame Leistungen schriftlich verlangen kann, dürfte ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zulässig sein, s. Rz. 6.

M 12.21

Aufwendungsersatz

1. Alternative Aufwendungen von […], die bei Erfüllung der vertraglichen Pflichten anfallen, werden wie folgt ersetzt:

1. Reisekosten1 a) für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs pro gefahrenem Kilometer Euro […]2 oder 1 Ohne gesonderte Vereinbarung besteht ein Anspruch auf Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten, bei Verwendung eines Pkw also regelmäßig nur der tatsächlich aufgewendeten Treibstoffkosten. Weitergehende Erstattungsansprüche können sich allerdings aus betrieblicher Übung oder – wie im Muster – aus vertraglicher Vereinbarung ergeben. 2 Die Pauschalierung der Reisekosten vereinfacht natürlich die Abrechnung.

618 | Diller und Lingemann

Vergütung | M 12.21 Kap. 12 a) für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs pro gefahrenem Kilometer die steuerlich zulässige lohnsteuerfreie Kilometerpauschale3 oder a) für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs eine Benzinkostenpauschale von Euro […] pro Monat oder a) für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs die tatsächlich entstandenen Treibstoffkosten auf Nachweis oder a) Reisekostenersatz bis zur Höhe einer Bahnfahrt der Klasse […]4 b) Wird […] ein firmeneigenes Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt, gelten stattdessen die Bestimmungen des Kraftfahrzeug-Überlassungsvertrags, der diesem Vertrag als Anlage […] beigefügt ist.

2. Verpflegungsaufwand Für jeden Reisetag eine Pauschale in Höhe von Euro […]5

3. Übernachtungskosten Für jede nachgewiesene Übernachtung eine Pauschale6 in Höhe von Euro […] zur Deckung aller damit verbundenen Kosten oder die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Kosten bis zur Höhe von Euro […]

4. Telefonspesen Für betrieblich geführte Telefongespräche eine monatliche Pauschale in Höhe von Euro […] oder die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Kosten bis zur Höhe von Euro […]

5. Umzugskosten a) Die Gesellschaft verpflichtet sich, die Umzugskosten von […] nach […] gegen Vorlage der Belege bis zur Höhe von Euro […] zu erstatten. b) Die Erteilung des Umzugsauftrages darf nur im Einverständnis mit der Gesellschaft erfolgen. Vorher sind die Angebote von mindestens […] Möbelspediteuren beizubringen. c) Scheidet […] vor Ablauf von drei Jahren nach dem Umzugstermin aufgrund einer Eigenkündigung aus von ihm zu vertretenden Gründen aus dem Arbeitsverhältnis aus oder beruht eine Kündigung der Gesellschaft innerhalb dieses Zeitraums auf Gründen, die […] zu vertreten hat, so ist […] verpflichtet, die Umzugskosten zurückzuzahlen, wobei pro Monat der Betriebszugehörigkeit seit dem Umzug 1/36 der Umzugskosten als getilgt gelten.7 3 Die Zahlung der Kilometerpauschale von zurzeit Euro 0,30 (R 9.5 LStR 2011) deckt alle Aufwendungen für den Betrieb des Pkw ab. Auch der Verlust des Schadensfreiheitsrabatts im Falle eines Unfalls ist dann nicht vom Arbeitgeber zu tragen (BAG v. 30.4.1992 – 8 AZR 409/91, BB 1992, 2363; ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 557). 4 Bei dieser Formulierung kann der Arbeitgeber sich auf etwaige Ermäßigungen durch BahnCard grundsätzlich nicht berufen (BAG v. 7.2.1995 – 3 AZR 776/94, NZA 1995, 842). Sofern keine zwingenden tarifvertraglichen Regelungen entgegenstehen, kann der Arbeitgeber den Aufwendungsersatz auch auf die tatsächlich entstandenen Reisekosten (vgl. § 670 BGB) beschränken und damit auch einen BahnCard-Rabatt berücksichtigen. 5 Die steuerliche Verpflegungspauschale für Dienstreisen im Inland beträgt gem. § 9 Abs. 4a EStG iVm. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 EStG jeweils 14 € für den An- und Abreisetag, 14 € für jeden Aufenthalt, der länger als acht Stunden dauert und 28 € für jeden Aufenthalt, der 24 Stunden übersteigt. 6 Das pauschale Übernachtungsgeld, das der Arbeitgeber steuerfrei zuwenden darf, beträgt Euro 20,– (R 9.7 Abs. 3 LStR). 7 Der Arbeitnehmer ist nur zur Rückzahlung verpflichtet, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Rückzahlungsvereinbarungen unterliegen einer strengen Wirksamkeitskontrolle, da sie zu einer übermäßigen

Lingemann | 619

Kap. 12 M 12.21 | Vergütung 6. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln […] erhält zusätzlich zur Vergütung einen Zuschuss zu seinen/ihren Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr bis zur Höhe von Euro […] pro Monat, sofern er/sie entsprechende Aufwendungen nachweist.8 Die Erstattung der Aufwendungen setzt tatsächlich entstandene Aufwendungen voraus. Während Urlaubs, Krankheit oder sonstiger Freistellung von der Arbeitsleistung besteht daher kein Anspruch auf Aufwendungsersatz.9

2. Alternative […] erhält Aufwendungsersatz bis zu den jeweiligen steuerlichen Höchstsätzen. oder […] erhält Aufwendungsersatz für […] (zB Übernachtungskosten) in Höhe der jeweiligen steuerlichen Pauschbeträge. oder […] erhält Aufwendungsersatz nach den jeweiligen10 Reisekostenrichtlinien des Arbeitgebers. oder […] erhält Aufwendungsersatz nach den Reisekostenrichtlinien des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber behält sich vor, die Reisekostenrichtlinie bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu ändern. Sachliche Gründe sind:11 – wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr),

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9 10

11

Einschränkung der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers führen können (BAG v. 23.2.1983 – 5 AZR 531/80, DB 1983, 1210). Daher darf der zu ersetzende Betrag idR ein Monatsgehalt nicht überschreiten (BAG v. 24.2. 1975, BB 1975, 702) und muss sich mit fortschreitender Dauer des Arbeitsverhältnisses angemessen vermindern (hier bei dreijähriger Laufzeit um 1/36 pro Monat, möglich ist auch 1/3 pro Jahr, BAG v. 23.4.1986, DB 1986, 2135). Es dürften hier die vom BAG zur Rückzahlung von Fort- und Ausbildungskosten entwickelten Grundsätze und die sehr engen Voraussetzungen gelten (dazu im Einzelnen M 8.6 § 3 m. Anm.). Die höchstmögliche zeitliche Bindung beträgt danach drei Jahre (BAG v. 23.2.1983, DB 1983, 1210), im Einzelfall kann sie jedoch auch auf fünf Jahre ausgedehnt werden (BAG v. 14.1.2009, NZA 2009, 666, 668), wobei allerdings erhebliche Zweifel bestehen, ob dies auch für die Umzugsregelung gilt. Zudem muss der Umzug zumindest auch im Interesse des Arbeitnehmers erfolgt sein (BAG v. 24.2.1975, BB 1975, 702). Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte sind Teil der privaten Lebensführung und daher vom Arbeitnehmer zu tragen (BAG v. 28.8.1991 – 7 ABR 46/90, DB 1991, 2594). Gewährt der Arbeitgeber freiwillig Fahrtkostenzuschüsse, so hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, zwar nicht bei der Frage, ob ein solcher Zuschuss eingeführt wird, wohl aber bei der Verteilung (BAG v. 9.7.1985 – 1 AZR 631/80, DB 1986, 230). Ein Initiativrecht des Betriebsrates besteht allerdings nicht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist zu beachten. Ob ohne eine solche Regelung ein Anspruch auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung entstehen könnte, ist eine Frage der Auslegung (vgl. ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 557). Bei der Entgeltfortzahlung ist Aufwendungsersatz im Zweifel nicht zu berücksichtigen (vgl. Bauer/Röder/Lingemann, S. 57 f.). Eine dynamische Bezugnahme auf die „jeweiligen“ Reisekostenrichtlinien wäre wahrscheinlich unwirksam, wenn keine Gründe für eine etwaige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen genannt oder erkennbar sind (BAG v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428; vgl. auch Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Bezugnahmeklausel“, Kap. 2 Rz. 98 ff.). Dann würde die bei Vertragsschluss geltende Richtlinie fortgelten. Will man die Klausel daher flexibilisieren, muss man wohl einen Änderungsvorbehalt aufnehmen, wie in Satz 2 ff. der Alternative vorgesehen. Für den Änderungsvorbehalt dürften die Anforderungen wie beim Widerrufsvorbehalt gelten (hierzu im Einzelnen M 12.7.2 m. Anm., ferner Rz. 7 und Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 139). Wir meinen allerdings, dass bei einer Änderung der Reisekostenrichtlinie nicht die strengen Anforderungen gelten wie bei einer Änderung/einem Widerruf von Vergütungsbestandteilen und haben hier weniger gravierende Gründe vorgesehen. Folgt man dem nicht, müsste man sich an den Widerrufsgründen in M 12.7.2 orientieren.

620 | Lingemann

Vergütung | M 12.22.1 Kap. 12 – eine Änderung der Tätigkeit von […], – die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, – veränderte Vorgaben zur Nutzung von Verkehrsmitteln oder Übernachtungsmöglichkeiten.

8. Dienstfahrzeuge/Dienstwohnung M 12.22.1 Dienstwagenüberlassungsvertrag §1 (1) Die Gesellschaft überlässt dem Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) das Kraftfahrzeug Marke […], polizeiliches Kennzeichen […], Fahrgestellnummer […] […] zur Benutzung.1 (2) Die Gesellschaft ist berechtigt, das Fahrzeug durch ein gleichwertiges Modell zu ersetzen. In diesem Fall gilt dieser Vertrag entsprechend.

§2 (1) Das Kraftfahrzeug darf ausschließlich von dem Arbeitnehmer gefahren werden. (2) Der Arbeitnehmer ist berechtigt, das Kraftfahrzeug auch zu Privatfahrten zu benutzen.2 Die Privatkilometer sind im Fahrtenbuch und in der Reisekostenabrechnung zu vermerken. (3) Privatfahrten ins Ausland müssen in jedem Einzelfall vorher schriftlich von der Gesellschaft genehmigt werden. Vor jeder Auslandsfahrt ist eine […] (zB ADAC)-Auslandsschutzbrief-Versicherung abzuschließen.

§3 (1) Die Gesellschaft trägt die Kosten des Betriebes sowie für Reparaturen und Wartung des Fahrzeuges. Sie unterhält eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von Euro […] und eine Teilkaskoversicherung/Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von […] von Euro […] pro Schadensfall, eine Insassenunfallversicherung und eine Rechtsschutzversicherung. oder – bei Leasingfahrzeugen im Vollleasing (1) Die Gesellschaft trägt die Kosten des Betriebes sowie die Miete des Fahrzeuges. Kosten für Reparaturen und Wartung des Fahrzeuges trägt die Leasingfirma. Rechnungen sind auf ihren Namen auszustellen. (2) Treibstoffkosten werden gegen Vorlage der Belege ersetzt. Evtl. Treibstoffkosten für Privatfahrten trägt der Arbeitnehmer selbst. (3) Aufwendungen aus Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgeldern trägt der Arbeitnehmer. Dies gilt insbesondere bei Verstößen gegen die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO). 1 Dem Betriebsrat steht bei der Auswahl des Dienstwagens kein Mitbestimmungsrecht zu, vgl. Moll/Roebers, DB 2010, 2672; allgemein zur Mitbestimmung des Betriebsrates bei Dienstwagenregelungen Insam/ Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 535 f. 2 Das dem Arbeitnehmer eingeräumte Recht zur privaten Nutzung eines Kraftfahrzeugs stellt regelmäßig einen Sachbezug dar und ist Teil der Vergütung. Im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers endet das Recht zur Privatnutzung – vorbehaltlich einer abweichenden Parteivereinbarung – mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums (vgl. BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, NZA 2011, 569 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2011, 245; LAG Baden-Württemberg v. 27.7.2009, ZTR 2009, 547; LAG Köln v. 29.11.1995 – 2 Sa 843/95, NZA 1996, 986; aA LAG Berlin-Brandenburg v. 19.2.2007 – 10 Sa 2171/06, AE 2007, 223).

Lingemann | 621

Kap. 12 M 12.22.1 | Vergütung §4 (1) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, a) die aus dem Betrieb und der Haltung des Fahrzeugs folgenden gesetzlichen Vorgaben des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) sowie sonstige Straßenverkehrsvorschriften einzuhalten. Diese Verpflichtungen gelten auch gegenüber der Gesellschaft.3 b) den Kfz-Schein und die grüne Versicherungskarte bei Fahrten mitzuführen und ansonsten sorgfältig zu verwahren; c) ein Fahrtenbuch zu führen; d) für rechtzeitige und ordnungsgemäße Pflege und Wartung des Fahrzeuges zu sorgen und die Wartungsintervalle nach dem Kundendienstheft einzuhalten; sämtliche Arbeiten sind ausschließlich in Vertragswerkstätten des Herstellers durchzuführen; e) den Wagen stets sorgfältig zu fahren. (2) Nach Alkoholgenuss ist die Benutzung des Wagens, auch zu Privatfahrten, nicht gestattet.

§5 (1) Unfälle, Verluste und Beschädigungen des Kraftfahrzeuges hat der Arbeitnehmer unverzüglich der Gesellschaft zu melden. Reparaturen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschaft. oder – bei Leasingfahrzeugen im Vollleasing (1) Unfälle, Verluste und Beschädigungen des Kraftfahrzeuges hat der Arbeitnehmer unverzüglich der Leasingfirma zu melden. Reparaturen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Leasingfirma. (2) Bei Kraftfahrzeugunfällen, bei denen der Schaden voraussichtlich mehr als Euro […] beträgt, sowie bei Unfällen mit Personenschaden ist in jedem Fall die Polizei hinzuzuziehen, auch wenn der Unfall von dem Arbeitnehmer selbst verschuldet worden ist. Der Arbeitnehmer wird der Gesellschaft nach jedem Unfall unverzüglich einen schriftlichen Bericht über den Unfallablauf und etwaige Erklärungen der Beteiligten nach dem Unfall übergeben.

§6 (1) Der Arbeitnehmer haftet im Rahmen betrieblich veranlasster Tätigkeiten für alle vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Beschädigungen und Wertminderungen des Kraftfahrzeuges sowie für Schädigungen Dritter auf vollen Schadensersatz.4 Bei anderen fahrlässig verursachten Schäden ist er verpflichtet, sich nach dem Grad seines Verschuldens am Ersatz des Schadens zu beteiligen.

3 Der Arbeitnehmer wird hierdurch gegenüber dem Arbeitgeber schuldrechtlich zur Einhaltung der entsprechenden Vorgaben verpflichtet. 4 Dazu Rz. 42. Die Abstufung nach dem Grad des Verschuldens entspricht den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs, die auch bei einer betrieblich veranlassten Beschädigung eines Dienstwagens Anwendung finden (vgl. BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 406 Rz. 33 ff.; v. 5.2. 2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649 (II.2.a) mwN.; v. 12.11.1998 – 8 AZR 221/97, NZA 1999, 263 (II.3.); zur Haftungsverteilung im Arbeitsverhältnis allgemein Schwab, NZA-RR 2016, 173; Schwab, NZA-RR 2016, 230). Gem. BAG v. 15.11.2012, NJOZ 2013, 709 Rz. 20; v. 18.1.2007 – 8 AZR 250/06, NZA 2007, 1230; v. 18.4.2002, NZA 2003, 37 führt ein vorsätzlicher Pflichtverstoß allerdings nur dann zur vollen Haftung des Arbeitnehmers, wenn auch der Schaden vom Vorsatz erfasst ist. Fehlt es an diesem Vorsatz, so führt dies zur Schadensquotelung. Auch bei grober Fahrlässigkeit ist eine Haftungserleichterung nicht generell ausgeschlossen. Eine Quotelung des Schadens kommt insb. bei deutlichem Missverhältnis zwischen Verdienst und Höhe des Schadens in Betracht, so etwa wenn die Existenz des Arbeitnehmers bei voller Inanspruchnahme bedroht wäre (BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 418/09, NZA 2011, 345, 348; v. 23.1.1997 – 8 AZR 58/96, NZA 1998, 140 mwN). Dazu Schwab, NZA-RR 2016, 173.

622 | Lingemann

Vergütung | M 12.22.1 Kap. 12 (2) Für auf Privatfahrten entstehende Schäden und darauf beruhende Wertminderungen des Fahrzeugs oder Schädigungen Dritter haftet der Arbeitnehmer in jedem Fall und unabhängig vom Grad seines Verschuldens uneingeschränkt.5 (3) Für Schäden oder Wertminderungen, die durch Verstoß gegen § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 sowie § 10 entstehen, haftet der Arbeitnehmer für jedes Verschulden uneingeschränkt. (4) Der Arbeitnehmer haftet nicht, soweit der Schaden durch eine Versicherung abgedeckt wird und die Versicherung hierfür auch nicht beim Arbeitgeber Rückgriff nimmt. Soweit eine Vollkaskoversicherung besteht und eintrittspflichtig ist, haftet er in Höhe der Selbstbeteiligung. Auch trägt er den Verlust von einem Schadensfreiheitsrabatt. (5) Der Arbeitnehmer stellt im Rahmen seiner/ihrer Haftung nach den Absätzen 1 bis 3 die Gesellschaft von allen Haftpflichtansprüchen Dritter frei, soweit diese nicht durch die Haftpflichtversicherung gedeckt sind.

§7 (1) Die Gesellschaft behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, a) wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke von dem Arbeitnehmer nicht benötigt wird; das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird b) wenn der Arbeitnehmer gegen die Bestimmungen dieses Überlassungsvertrages verstößt c) im Fall einer wirtschaftlichen Notlage der Gesellschaft. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch die Gesellschaft ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.6 Das Widerrufsrecht gilt nur, sofern der geldwerte Vorteil des Dienstwagens weniger als 25 % der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmacht.7 (2) Verlangt die Gesellschaft die Rückgabe des Fahrzeugs, so ist das Fahrzeug am darauffolgenden Arbeitstag am Sitz der Gesellschaft mit allen Papieren und Schlüsseln an einen Bevollmächtigten der Gesellschaft zu übergeben.8 (3) Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – insbesondere durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung, Aufhebung, Ablauf der Befristung, Anfechtung oder gerichtliche Entscheidung – ist der Arbeitnehmer 5 Vgl. Insam/Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 538 f.; Kappus, NJW 2015, 387. 6 Diese Widerrufsklausel hat das BAG ausdrücklich gebilligt (BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616), obwohl die Widerrufsgründe hier auch nur in sehr allgemeiner Form angegeben sind. Auch einer Ankündigungsfrist bedarf es nicht, sie ist aber ggf. im Rahmen der Ausübungskontrolle zu beachten. 7 Zu den Anforderungen, die die Rspr. nach Geltung der AGB-Kontrolle für die Dienstwagenrückforderung aufstellt, vgl. BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457; v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; LAG Berlin-Brandenburg v. 24.11.2008, LAGE § 308 BGB 2002 Nr. 5; LAG Niedersachsen v. 17.1.2006, NZA-RR 2006, 289, ferner Rz. 43 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. Nur wenn der Wert der Nutzung des Dienstwagens im Verhältnis zur Gesamtvergütung des Arbeitnehmers vollkommen unbedeutend ist, kann möglicherweise auf die strengen Voraussetzungen verzichtet werden (LAG Hessen v. 20.7.2004, MDR 2005, 495). Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung kann hingegen nach Auffassung des LAG BW nicht unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden, weil es sich hierbei idR um einen laufend erbrachten Entgeltbestandteil handelt (LAG BW v. 27.7.2009, ZTR 2009, 547; vgl. allgemein BAG v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, DB 2007, 1757 sowie Lingemann/Gotham, DB 2008, 2307, 2309 f.; Hunold, NZA 2010, 1276). 8 Wenn eine Widerrufsklausel fehlt oder unwirksam ist und der Dienstwagen widerrechtlich entzogen bzw. vorenthalten wird, kann der Arbeitnehmer unter Umständen die Herausgabe des Fahrzeugs mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung erreichen. Auch Schadensersatzansprüche kommen in Betracht (LAG Köln v. 5.11.2002 – 2 Ta 330/02, NZA-RR 2003, 300, 301). Wenn dabei von dem steuerlichen Sachbezugswert ausgegangen wird, ist dies nicht zu beanstanden (BAG v. 27.5.1999 – 9 AZR 415/98, BB 1999, 1660, 1661). Möglicherweise entfällt der Anspruch, wenn der Arbeitnehmer während der Zeit, für die Schadensersatz zu leisten ist, seinen gleichwertigen privaten Pkw statt des auch zu privaten Zwecken überlassenen Dienstwagens für seine Privatfahrten benutzt hat (BAG v. 16.11.1995 – 8 AZR 240/95, NZA 1996, 415).

Lingemann | 623

Kap. 12 M 12.22.1 | Vergütung verpflichtet, das Fahrzeug spätestens zum Beendigungsdatum an den Arbeitgeber am Sitz des Unternehmens/auf dem Firmengelände in […] zurückzugeben. Dies gilt auch dann, wenn bezüglich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Rechtsstreit anhängig ist. (4) Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers ist ausgeschlossen.9

§8 Der Arbeitnehmer wird den Führerschein vor Übernahme des Fahrzeuges und danach in jährlichem Abstand der Gesellschaft vorlegen. Er ist verpflichtet, bei Entzug der Fahrerlaubnis oder einem Fahrverbot unverzüglich die Gesellschaft zu unterrichten.

§9 (1) Lohnsteuerrechtlich10 wird die Privatnutzung nach den jeweils maßgeblichen steuerlichen Vorschriften pauschal versteuert. Danach sind zurzeit (R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 LStR 2011) zu versteuern monatlich 1 % vom Brutto-Listenpreis sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusätzlich 0,03 % vom BruttoListenpreis pro Entfernungskilometer.11 oder (1) Lohnsteuerrechtlich12 wird die Privatnutzung nach den jeweils maßgeblichen steuerlichen Vorschriften auf Einzelnachweis versteuert. Danach ist zurzeit (R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 LStR 2011) die gesamte Nutzung des Fahrzeuges durch Fahrtenbuch an jedem Abend fest zu halten nach – Datum, – km-Stand, – zurückgelegter Strecke – getrennt nach beruflichen und privaten Fahrten, – Reiseziel, – Reiseroute, – Zweck der Reise, so dass dienstliche und private Veranlassung genau zu unterscheiden sind, – aufgesuchtem Geschäftspartner; – Auslagen für Betriebskosten wie Treibstoff, Öl, Reparaturen, Wartungsarbeiten etc. jeweils mit Belegen. (2) Die Steuer für den geldwerten Vorteil der Privatnutzung trägt der Arbeitnehmer.

§ 10 Dem Arbeitnehmer ist die Mitnahme Dritter in dem Fahrzeug nicht gestattet, es sei denn, dass hierfür ein geschäftliches Interesse besteht. In häuslicher Gemeinschaft lebende Familienangehörige oder Lebenspartner dürfen mitgenommen werden, soweit sie jeweils eine Haftungsausschlusserklärung zu Gunsten der Ge9 Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts ist wegen § 309 Nr. 2b BGB in Formulararbeitsverträgen nicht wirksam, näher dazu Rz. 57. Ein Zurückbehaltungsrecht kann dem Arbeitnehmer allerdings ohnehin nur dann zustehen, wenn er nicht lediglich Besitzdiener (§ 855 BGB), sondern selbst Besitzer des Dienstwagens ist. Das ist nur der Fall, wenn er, wie im vorliegenden Muster, vertraglich auch zur Privatnutzung des Wagens berechtigt ist (Becker-Schaffner, DB 1993, 2078). 10 Die lohnsteuerliche Behandlung aus der Gestellung von Kraftfahrzeugen wegen Sachbezugs ist in R 8.1 Abs. 9 LStR geregelt. Hinsichtlich des geldwerten Vorteils, der zum steuerlichen Einkommen gehört und damit steuerpflichtig ist, gibt es zwei Bewertungsmöglichkeiten, und zwar den Einzelnachweis anhand eines Fahrtenbuchs (R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 LStR) oder die Nutzungspauschale von 1 % des Bruttokaufpreises (R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 LStR). Die 1 %-Pauschalregelung ist die in der betrieblichen Praxis am meisten verbreitete Methode. Zu Einzelheiten BMF-Schreiben vom 4.4.2018, IV C 5-S 2334/18/10001. 11 Dadurch soll die Einzelnachweismethode ausgeschlossen werden, die bei der Lohnsteuerabführung einen erheblichen Mehraufwand verursachen würde, vgl. auch Insam/Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 526. 12 Vgl. die Anm. zu Var. 1.

624 | Lingemann

Vergütung | M 12.22.2 Kap. 12 sellschaft nach anliegendem Muster unterzeichnen.13 Dritten darf die Führung des Fahrzeuges nicht überlassen werden.

§ 1114 Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.

§ 12 Sind einzelne Bestimmungen des Vertrages unwirksam, so wird hiervon die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt.15 Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.16 13 Vorformulierte Ausschlusserklärungen müssen den Vorgaben des § 309 Nr. 7 BGB entsprechen. Gegenüber Verbrauchern kann danach die persönliche Haftung des Verwenders in AGB für Tötung und Körperverletzung durch den Verwender nicht mehr (§ 309 Nr. 7a BGB) und für andere Fälle nur noch für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 7b BGB). Ein Muster des ADAC kann im Internet abgerufen werden unter der Adresse: http://www.drive2day.de/hb.pdf. 14 Vgl. hierzu Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 17 ff., Kap. 2 Rz. 124 ff. mwN sowie M 2.1a Ziff. 14 m. Anm. 15 Die Regelung in Satz 1 entspricht der gesetzlichen Regelung in § 306 Abs. 1 BGB. 16 Vgl. dazu die Hinweise bei M 3.1 § 27.

M 12.22.2 Dienstfahrradüberlassungsvertrag §1 (1) Die Gesellschaft überlässt dem Arbeitnehmer (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) das (Elektro-)Fahrrad Marke […], Fahrgestellnummer […] […] zur Benutzung (das „Dienstfahrrad“).1 (2) Die Gesellschaft ist berechtigt, das Dienstfahrrad durch ein gleichwertiges Modell zu ersetzen. In diesem Fall gilt dieser Vertrag entsprechend.

§2 (1) Das Dienstfahrrad darf ausschließlich von dem Arbeitnehmer gefahren werden.2 (2) Der Arbeitnehmer ist berechtigt, das Dienstfahrrad auch zu Privatfahrten zu benutzen.3 1 Dem Betriebsrat steht bei der Auswahl des Dienstfahrrads kein Mitbestimmungsrecht zu; Windeln/Matthaei, ArbRB 2019, 22, 24; zum Dienstwagen: Moll/Roebers, DB 2010, 2672; allgemein zur Mitbestimmung des Betriebsrates bei Dienstwagenregelungen Insam/Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 535 f. 2 Zum Dienstwagen: Insam/Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 526 f. 3 Das dem Arbeitnehmer eingeräumte Recht zur privaten Nutzung eines Dienstfahrrads stellt regelmäßig einen Sachbezug dar und ist Teil der Vergütung. Im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers endet das Recht zur Privatnutzung – vorbehaltlich einer abweichenden Parteivereinbarung – mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums (Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 2; vgl. zum Dienstwagen: BAG v. 14.12. 2010 – 9 AZR 631/09, NZA 2011, 569 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2011, 245; LAG BW v. 27.7.2009, ZTR 2009, 547; LAG Köln v. 29.11.1995 – 2 Sa 843/95, NZA 1996, 986; aA LAG Berlin-Brandenburg v. 19.2.2007 – 10 Sa 2171/06, AE 2007, 223).

Lingemann | 625

Kap. 12 M 12.22.2 | Vergütung §3 (1) Die Gesellschaft trägt die Kosten des Betriebes sowie für Reparaturen und Wartung des Dienstfahrrads. Sie unterhält eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von Euro […] und eine Teilkaskoversicherung/Vollkaskoversicherung/Diebstahlschutzversicherung mit einer Selbstbeteiligung von […] von Euro […] pro Schadensfall/ohne Selbstbeteiligung und eine Rechtsschutzversicherung. oder – bei Leasingfahrrädern im Vollleasing (1) Die Gesellschaft trägt die Kosten des Betriebes sowie die Miete des Dienstfahrrads. Kosten für Reparaturen und Wartung des Dienstfahrrads trägt die Leasingfirma. Rechnungen sind auf ihren Namen auszustellen. evtl. (2) Kosten für das Aufladen des Elektromotors werden gegen Vorlage der Nachweise von der Gesellschaft ersetzt. [Evtl.] Für Privatfahrten trägt der Arbeitnehmer diese Kosten selbst. (3) Aufwendungen aus Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgeldern trägt der Arbeitnehmer. Dies gilt insbesondere bei Verstößen gegen die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO).

§4 (1) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, a) die aus dem Betrieb des Dienstfahrrads folgenden gesetzlichen Vorgaben des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) sowie sonstige Straßenverkehrsvorschriften einzuhalten. Diese Verpflichtungen gelten auch gegenüber der Gesellschaft.4 b) für rechtzeitige und ordnungsgemäße Pflege und Wartung des Dienstfahrrads zu sorgen und die Wartungsintervalle nach dem Kundendienstheft einzuhalten; sämtliche Arbeiten sind ausschließlich in Vertragswerkstätten des Herstellers [oder: von der Gesellschaft freigegebene Werkstätten] durchzuführen; c) das Dienstfahrrad stets sorgfältig zu fahren. (2) Nach Alkoholgenuss ist die Benutzung des Dienstfahrrads, auch zu Privatfahrten, nicht gestattet.

§5 (1) Unfälle, Verluste und Beschädigungen des Dienstfahrrads hat der Arbeitnehmer unverzüglich der Gesellschaft zu melden. Reparaturen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschaft. oder – bei Leasingfahrrädern im Vollleasing (1) Unfälle, Verluste und Beschädigungen des Dienstfahrrads hat der Arbeitnehmer unverzüglich der Leasingfirma zu melden. Reparaturen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Leasingfirma. (2) Bei Fahrradunfällen, bei denen der Schaden voraussichtlich mehr als Euro […] beträgt, sowie bei Unfällen mit Personenschaden ist in jedem Fall die Polizei hinzuzuziehen, auch wenn der Unfall von dem Arbeitnehmer selbst verschuldet worden ist. Der Arbeitnehmer wird der Gesellschaft nach jedem Unfall unverzüglich einen schriftlichen Bericht über den Unfallablauf und etwaige Erklärungen der Beteiligten nach dem Unfall übergeben.

§6 (1) Der Arbeitnehmer haftet im Rahmen betrieblich veranlasster Tätigkeiten für alle vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Beschädigungen und Wertminderungen des Dienstfahrrads sowie für Schädigun4 Der Arbeitnehmer wird hierdurch gegenüber dem Arbeitgeber schuldrechtlich zur Einhaltung der entsprechenden Vorgaben verpflichtet.

626 | Lingemann

Vergütung | M 12.22.2 Kap. 12 gen Dritter auf vollen Schadensersatz.5 Bei anderen fahrlässig verursachten Schäden ist er verpflichtet, sich nach dem Grad seines Verschuldens am Ersatz des Schadens zu beteiligen. (2) Für auf Privatfahrten entstehende Schäden und darauf beruhende Wertminderungen des Dienstfahrrads oder Schädigungen Dritter haftet der Arbeitnehmer in jedem Fall und unabhängig vom Grad seines Verschuldens uneingeschränkt.6 (3) Für Schäden oder Wertminderungen, die durch Verstoß gegen § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 2 sowie § 9 entstehen, haftet der Arbeitnehmer für jedes Verschulden uneingeschränkt. (4) Der Arbeitnehmer haftet nicht, soweit der Schaden durch eine Versicherung abgedeckt wird und die Versicherung hierfür auch nicht beim Arbeitgeber Rückgriff nimmt. Soweit eine Vollkaskoversicherung besteht und eintrittspflichtig ist, haftet er in Höhe der Selbstbeteiligung, soweit eine solche besteht. Auch trägt er den Verlust von einem Schadensfreiheitsrabatt. (5) Der Arbeitnehmer stellt im Rahmen seiner/ihrer Haftung nach den Absätzen 1 bis 3 die Gesellschaft von allen Haftpflichtansprüchen Dritter frei, soweit diese nicht durch die Haftpflichtversicherung gedeckt sind.

§7 (1) Die Gesellschaft behält sich vor, die Überlassung des Dienstfahrrads zu widerrufen, a) wenn und solange das Dienstfahrrad für dienstliche Zwecke von dem Arbeitnehmer nicht benötigt wird; das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird; b) wenn der Arbeitnehmer gegen die Bestimmungen dieses Überlassungsvertrages verstößt; c) im Fall einer wirtschaftlichen Notlage der Gesellschaft. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch die Gesellschaft ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.7 Das Widerrufsrecht gilt nur, sofern der geldwerte Vorteil des Dienstfahrrads weniger als 25 % der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmacht.8 (2) Verlangt die Gesellschaft die Rückgabe des Fahrzeugs, so ist das Fahrzeug am darauffolgenden Arbeitstag am Sitz des Unternehmens/auf dem Firmengelände mit allen Schlüsseln und Schlössern an einen Bevollmächtigten der Gesellschaft zu übergeben.9 5 Dazu Einf. Rz. 45a. Die Abstufung nach dem Grad des Verschuldens entspricht den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs, die auch bei einer betrieblich veranlassten Beschädigung eines Dienstfahrrads Anwendung finden (Küttner/Griese, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 4; vgl. zum Dienstwagen M 12.22.1, § 6 (1) m. Anm.). 6 Zum Dienstwagen: Insam/Hilbert/Heumann, BBK 2011, 522, 538 f.; Kappus, NJW 2015, 387. 7 Diese Widerrufsklausel hat das BAG für den Dienstwagen ausdrücklich gebilligt (BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 616), obwohl die Widerrufsgründe hier auch nur in sehr allgemeiner Form angegeben sind. Auch einer Ankündigungsfrist bedarf es nicht, sie ist aber ggf. im Rahmen der Ausübungskontrolle zu beachten. 8 Zum Dienstwagen: Zu den Anforderungen, die die Rspr. nach Geltung der AGB-Kontrolle für die Dienstwagenrückforderung aufstellt, vgl. BAG v. 13.4.2010, NZA-RR 2010, 457; v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; LAG Berlin-Brandenburg v. 24.11.2008, LAGE § 308 BGB 2002 Nr. 5; LAG Niedersachsen v. 17.1. 2006, NZA-RR 2006, 289, ferner Rz. 43 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff. Nur wenn der Wert der Nutzung des Dienstwagens im Verhältnis zur Gesamtvergütung des Arbeitnehmers vollkommen unbedeutend ist, kann möglicherweise auf die strengen Voraussetzungen verzichtet werden (LAG Hessen v. 20.7.2004, MDR 2005, 495). Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung kann hingegen nach Auffassung des LAG BW nicht unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden, weil es sich hierbei idR um einen laufend erbrachten Entgeltbestandteil handelt (LAG BW v. 27.7.2009, ZTR 2009, 547; vgl. allgemein BAG v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, DB 2007, 1757 sowie Lingemann/Gotham, DB 2008, 2307, 2309 f.; Hunold, NZA 2010, 1276). 9 Zum Dienstwagen wurde entschieden: Wenn eine Widerrufsklausel fehlt oder unwirksam ist und der Dienstwagen widerrechtlich entzogen bzw. vorenthalten wird, kann der Arbeitnehmer unter Umständen die Herausgabe des Fahrzeugs mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung erreichen. Auch Schadensersatz-

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Kap. 12 M 12.22.2 | Vergütung (3) Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – insbesondere durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung, Aufhebung, Ablauf der Befristung, Anfechtung oder gerichtliche Entscheidung – ist der Arbeitnehmer verpflichtet, das Dienstfahrrad spätestens zum Beendigungsdatum an die Gesellschaft am Sitz des Unternehmens/auf dem Firmengelände in […] zurückzugeben. Dies gilt auch dann, wenn bezüglich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Rechtsstreit anhängig ist. (4) Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers ist ausgeschlossen.10 Evtl. bei Leasingfahrrädern (5) Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Leasinglaufzeit aufgrund einer verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitgebers oder einer eigenverantwortlichen Kündigung des Arbeitnehmers, für welche der Arbeitgeber keine Veranlassung geschaffen hat, beendet, übernimmt der Arbeitnehmer – auf Verlangen der Gesellschaft – das Leasingverhältnis zwischen Arbeitgeber und Leasinggeber bezüglich des Dienstfahrrads.11

§8 (1) Lohnsteuerrechtlich12 wird die Privatnutzung nach den jeweils maßgeblichen steuerlichen Vorschriften pauschal versteuert. Danach sind zurzeit (§ 8 Abs. 1 Satz 10 EStG i.V.m. Steuererlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.1.2020) zu versteuern monatlich 1 % eines Viertels vom Brutto-Listenpreis. (2) Die Steuer für den geldwerten Vorteil der Privatnutzung trägt der Arbeitnehmer.

§9 Dem Arbeitnehmer ist die Mitnahme von dritten Personen auf/mit dem Dienstfahrrad nicht gestattet.

§ 1013 Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Das bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.

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ansprüche kommen in Betracht (LAG Köln v. 5.11.2002 – 2 Ta 330/02, NZA-RR 2003, 300, 301). Wenn dabei von dem steuerlichen Sachbezugswert ausgegangen wird, ist dies nicht zu beanstanden (BAG v. 27.5. 1999 – 9 AZR 415/98, BB 1999, 1660, 1661). Möglicherweise entfällt der Anspruch, wenn der Arbeitnehmer während der Zeit, für die Schadensersatz zu leisten ist, seinen gleichwertigen privaten Pkw statt des auch zu privaten Zwecken überlassenen Dienstwagens für seine Privatfahrten benutzt hat (BAG v. 16.11. 1995 – 8 AZR 240/95, NZA 1996, 415). Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts ist wegen § 309 Nr. 2b BGB in Formulararbeitsverträgen nicht wirksam, näher dazu Rz. 57. Ein Zurückbehaltungsrecht kann dem Arbeitnehmer allerdings ohnehin nur dann zustehen, wenn er nicht lediglich Besitzdiener (§ 855 BGB), sondern selbst Besitzer des Dienstfahrrads ist. Das ist nur der Fall, wenn er, wie im vorliegenden Muster, vertraglich auch zur Privatnutzung des Fahrrads berechtigt ist (zum Dienstwagen: Becker-Schaffner, DB 1993, 2078). Sofern keine dienstliche Notwendigkeit für die Nutzungsüberlassung besteht, das Dienstfahrrad daher auf Verlangen des Arbeitnehmers geleast wird, liegt wohl keine übermäßige Belastung des Arbeitnehmers durch die Übernahmeverpflichtung vor. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers oder eine eigenverantwortliche Kündigung des Arbeitnehmers endet, für die der Arbeitgeber keinen Anlass geschaffen hat (Windeln/Matthaei, ArbRB 2019, 22, 25, näher dazu Rz. 51). Die obersten Finanzbehörden der Länder haben mit Zustimmung des BMF auf der Grundlage des § 8 Abs. 2 Satz 10 EStG für Dienstfahrräder monatliche Durchschnittswerte festgelegt. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das betriebliche Fahrrad erstmals nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031, ist dieser monatliche Durchschnittswert der privaten Nutzung für das Jahr 2019 1 % der Hälfte vom Brutto-Listenpreis und ab 1.1.2020 1 % des Viertels vom Brutto-Listenpreis. Dies gilt für alle Fahrräder ohne Kfz-Charakter (max. Geschwindigkeit von 25 km/h). Für Elektrofahrräder mit Kfz-Charakter ist für die Bewertung des geldwerten Vorteils § 8 Abs. 2 Satz 2–5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anzuwenden, näher dazu Einf. Rz. 45b. Krit. zur Möglichkeit eines Einzelnachweises in Form eines Fahrtenbuches (Küttner/Thomas, Dienstfahrrad, Nr. 141, Rz. 13). Vgl. hierzu Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 17 ff., Kap. 2 Rz. 124 ff. mwN sowie M 2.1a Ziffer 14 m. Anm.

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Vergütung | M 12.24 Kap. 12

§ 11 Sind einzelne Bestimmungen des Vertrages unwirksam, so wird hiervon die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt.14 Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.15 14 Die Regelung in Satz 1 entspricht der gesetzlichen Regelung in § 306 Abs. 1 BGB. 15 Vgl. dazu die Hinweise bei M 3.1 § 26.

M 12.23

Dienstwohnung

(1) Die Gesellschaft stellt dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) eine Werkdienstwohnung zur Verfügung. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, die ihm/ihr zugewiesene Werkdienstwohnung für die Dauer dieses Vertrages1 zu beziehen. (2) Für die Überlassung der Werkdienstwohnung gelten die gesetzlichen Bestimmungen.2 (3) Über die Berechnung der Miete sowie der mit ihr zusammenhängenden Nebenleistungen, zB Heizung und Strom, erhält der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin eine besondere Mitteilung mit näherer Angabe der Wohnräume und ihrer Größe, desgleichen bei allen späteren Änderungen. Die Bewertung der Werkdienstwohnung wird in den Vergütungsrichtlinien geregelt.3 (4) Die Untervermietung (mit oder ohne Entgelt) ist nicht gestattet. (5) Während der letzten sechs Dienstmonate vor Beginn des Rentenfalls verzichtet die Gesellschaft auf Antrag des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin auf die Berechnung der Miete für die Werkdienstwohnung. Voraussetzung ist der Nachweis, dass dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin während dieser sechs Monate bereits Mietkosten bzw. Mietausfall für eine zukünftige eigene Wohnung entstehen. 1 Besteht eine Verpflichtung zur Nutzung der Wohnung aus betrieblichen Gründen, kann dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber ein Anspruch auf Erstattung der Umzugskosten zustehen. Grundlage ist dann der Aufwendungsersatzanspruch des § 670 BGB oder eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag (vgl. M 12.21). Zum Begriff der Werkdienstwohnung und der Abgrenzung zur Werkmietwohnung vgl. BAG v. 28.11.2007 – 5 AZB 44/07, NZA 2008, 843, 844; LAG Köln v. 4.3.2008, ZMR 2008, 963. 2 Dies ist in erster Linie § 576b BGB mit dem Verweis auf die Vorschriften über die Kündigung funktionsgebundener Werkmietwohnungen (§ 576 BGB). 3 Da die Überlassung der Wohnung Vergütungsbestandteil ist, führt eine Erhöhung des zu Grunde liegenden Wertes der Nutzung zugleich zu einer Änderung des Arbeitsentgelts. Dies setzt nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen einen einvernehmlichen Änderungsvertrag oder eine Änderungskündigung voraus (ArbG Hannover v. 14.11.1990 – 10 Ca 379/90, BB 1991, 554).

9. Darlehen M 12.24

Arbeitgeberdarlehen

Zwischen der Gesellschaft und dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin (die Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin“ innerhalb dieses Vertrages umfasst alle Geschlechter und dient der besseren Lesbarkeit) wird mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis Folgendes vereinbart:1 1 Wichtig: Bei einem Anspruch aus einem Darlehen kann durchaus umstritten sein, ob es sich um einen „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ handelt. Sollen deshalb solche Ansprüche auch im Rahmen einer allgemeinen Ausgleichsklausel mit erledigt werden, sollten sie ausdrücklich aufgenommen werden (vgl. BAG v. 19.1.2011, NZA 2011, 1159).

Lingemann | 629

Kap. 12 M 12.24 | Vergütung (1) Die Gesellschaft gewährt dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin ein Darlehen2 in Höhe von Euro […], das mit […] % ab dem […] zu verzinsen ist.3 Die Zinsen werden kalenderjährlich berechnet. (2) Das Darlehen ist in monatlichen Raten in Höhe von […] ab dem […] zurückzuzahlen. Die kalendervierteljährlich errechneten Zinsen sind in dem auf die Errechnung folgenden Monat neben den Rückzahlungsraten zu zahlen. Die Gesellschaft ist berechtigt, an den Fälligkeitstagen gewährte Vergütungsansprüche mit den Rückzahlungsverpflichtungen zu verrechnen.4 (3) Endet das Arbeitsverhältnis, so wird der noch offenstehende Restbetrag des Darlehens sofort und auf einmal fällig. Das gilt nicht bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung, deren Gründe nicht im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder bei einer vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung des Arbeitnehmers.5 (4) Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tritt der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin seine/ ihre jeweils pfändbaren Vergütungsansprüche gegen etwaige spätere Arbeitgeber an die Gesellschaft ab. Die Gesellschaft wird die Abtretung nur offenlegen, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin seinen/ihren etwa beim Ausscheiden eingeräumten Ratenzahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Von der Abtretung wird nur bis zur Höhe des Restdarlehens Gebrauch gemacht. (5) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, jede Änderung seiner/ihrer Anschrift unverzüglich anzuzeigen, es sei denn, das Arbeitsverhältnis wäre beendet und sämtliche Schulden aus dieser Vereinbarung wären getilgt. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, eine Pfändung, Verpfändung oder Abtretung seiner/ihrer Vergütungsansprüche unverzüglich anzuzeigen.6 Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jede Anschriftenänderung sowie Name und Anschrift seines/ihres jeweiligen Arbeitgebers unverzüglich anzuzeigen, es sei denn, sämtliche Schulden aus der vorliegenden Vereinbarung wären getilgt. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erklärt, dass seine/ihre Vergütungsansprüche wie folgt gepfändet, verpfändet oder abgetreten sind […] evtl.7 (6) Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin übereignet dem Arbeitgeber zur Sicherung des Darlehens den Pkw Marke […] Fahrgestellnummer […] Motornummer […] mit dem polizeilichen Kennzeichen […] und übergibt den Kraftfahrzeugbrief. Der Arbeitgeber überlässt den Pkw dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin zur Leihe. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, Steuern und Haftpflichtversicherung sowie die Unterhaltskosten zu bezahlen und ferner das Kraftfahrzeug Teilkasko/Vollkasko zu versichern und die Versicherungsprämien zu bezahlen. Nach vollständiger Tilgung des Darlehens wird der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin das Kraftfahrzeug wieder übereignen und den Kraftfahrzeugbrief herausgeben. (7) Wird das Darlehen bei Fälligkeit und Nachfristsetzung von mindestens einem Monat nicht getilgt, so ist der Arbeitgeber berechtigt, das Kraftfahrzeug freihändig zu verkaufen, wobei der Preis, den ein vereidigter 2 Vgl. auch Meyer, AR-Blattei, D Darlehen; Kleinebrink, ArbRB 2010, 382. 3 Dem Arbeitgeber bleibt es natürlich unbenommen, auch ein zinsloses Darlehen zu gewähren. Jedenfalls bei einer Gewährung von Zinsen, die unter den marktüblichen Sätzen liegen, finden gem. § 491 Abs. 2 Nr. 4 BGB die Vorschriften über Verbraucherdarlehensverträge keine Anwendung. Die Gewährung eines zinslosen oder zinsverbilligten Darlehens kann jedoch zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führen. Danach sind Zinsvorteile als Sachbezüge zu versteuern, wenn die Summe der noch nicht getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeitraumes Euro 2.600,– übersteigt (vgl. Nr. 2 [Rz. 4, 12] des Schreibens des BMF v. 19.5.2015 – IV C 5-S 2334/07/0009, FMNR226000015). Zinsvorteile sind nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht anzunehmen, soweit der Effektivzins für ein Darlehen den jeweiligen von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Effektivzinssatz nicht unterschreitet (vgl. zur Berechnung Nr. 2.1.2 des Schreibens des BMF v. 19.5.2015 – IV C 5-S 2334/07/0009, FMNR226000015 mit Rechenbeispielen). Werden zinsgünstige Darlehen vergeben, handelt es sich zudem um eine Frage der betrieblichen Lohngestaltung, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist (BAG v. 9.12.1980 – 1 ABR 80/77, DB 1981, 996). 4 Es handelt sich um eine Aufrechnung, so dass die Pfändungsgrenze des § 394 BGB zu beachten ist. Die Klausel dient der Sicherung gegenüber Vorpfändungen und etwaigen früheren Lohnabtretungen (vgl. BAG v. 10.10.1966, BB 1967, 35; Kleinebrink, ArbRB 2010, 382 f.). 5 So die Formulierung des BAG zu Ausnahmetatbeständen, in denen kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer sofortigen Fälligkeit besteht, im Urteil v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589 Rz. 32. Jedenfalls diese Fälle müssen von der sofortigen Fälligkeit ausgenommen werden. 6 Alternative: M 12.25 ff. 7 Bei größeren Darlehen könnte an weitere Sicherungen (Hypotheken, Grundschulden, Bürgschaften usw.) gedacht werden.

630 | Lingemann

Vergütung | M 12.26.2 Kap. 12 Sachverständiger festgesetzt hat, nicht unterschritten werden darf. Die Tax- oder Schätzkosten trägt der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, den Kraftwagen zur Schätzung und zum Verkauf auf Verlangen herauszugeben.

10. Pfändung/Abtretung M 12.25

Pfändung/Abtretung von Entgeltansprüchen

(1) Ansprüche auf Arbeitsentgelt können nicht abgetreten oder verpfändet werden. Für die Bearbeitung jeder Pfändung werden Euro 2,50 Bearbeitungskosten, ferner Euro 2,50 für jedes zusätzliche Schreiben sowie Euro 1,– je Überweisung vom Lohn einbehalten.1 (2) Dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin bleibt der Nachweis gestattet, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger ist als die vorstehend genannten Bearbeitungskosten. 1 Vgl. M 2.1a Ziff. 5 Abs. 5 m. Anm. Die mit der Bearbeitung von Lohn- oder Gehaltspfändungen verbundenen Kosten des Arbeitgebers fallen ohne eine entsprechende Vereinbarung diesem selbst zur Last. Er hat weder einen gesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitnehmer noch kann ein solcher Anspruch durch (freiwillige) Betriebsvereinbarung begründet werden (BAG v. 18.7.2006 – 1 AZR 578/05, DB 2007, 227).

11. Ausschluss der Aufrechnung/Zurückbehaltung M 12.26.1 Ausschluss der Aufrechnung Die Aufrechnung gegenüber Ansprüchen des Arbeitgebers/Arbeitnehmers ist ausgeschlossen. Das gilt nicht für die Aufrechnung mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung.1 1 Der Zusatz ist in Formulararbeitsverträgen wegen § 309 Nr. 3 BGB erforderlich.

M 12.26.2 Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts Beidseitig1 Zurückbehaltungsrechte zwischen den Parteien sind ausgeschlossen.2 oder einseitig Zurückbehaltungsrechte gegenüber Ansprüchen des Arbeitgebers/Arbeitnehmers sind ausgeschlossen.3 oder konkret im Zusammenhang mit entsprechenden Herausgabeklauseln Ein Zurückbehaltungsrecht an den Schlüsseln/dem Dienstwagen/dem Laptop besteht nicht.4 1 Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts ist in Formulararbeitsverträgen wegen § 309 Nr. 2b BGB problematisch, näher Rz. 55. Er sollte nach Möglichkeit individualvertraglich vereinbart werden. 2 Möglicherweise ist der beiderseitige Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechtes noch mit § 309 Nr. 2b BGB vereinbar. Auch bei einem Zurückbehaltungsrecht ist die Pfändungsfreigrenze zu beachten, § 394 BGB analog. 3 Ein einseitiger Ausschluss dürfte wegen § 309 Nr. 2b BGB in Formulararbeitsverträgen wohl nicht mehr zu Lasten des Arbeitnehmers wirksam sein. 4 Möglicherweise rechtfertigen Besonderheiten des Arbeitsrechtes iSv. § 310 Satz 4 BGB den Ausschluss des Zurückbehaltungsrechtes an diesen besonders wesentlichen Gegenständen, bei deren Zurückbehaltung

Lingemann | 631

Kap. 12 M 12.26.2 | Vergütung im Arbeitsverhältnis ein besonders hoher Schaden droht; die Rechtslage ist jedoch offen, vgl. Rz. 57. Sofern die Gegenstände (zB Arbeitsgeräte oder Dienstwagen) vom Arbeitnehmer ohnehin nur dienstlich genutzt werden dürfen, ist er in der Regel nur Besitzdiener (§ 855 BGB) und hat daher keinen unmittelbaren Besitz (vgl. BAG v. 25.10.1984, EzA BGB § 273 Nr. 3; LAG Düsseldorf v. 4.7.1975, DB 1975, 2040). Anders ist dies jedoch bei einem – häufigen – Recht auch zur privaten Nutzung zB des Dienstfahrzeuges (vgl. OLG Düsseldorf v. 12.2.1986 – 11 U 76/85, NJW 1986, 2513). Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers an den Arbeitspapieren besteht von vornherein nicht (BAG v. 20.12.1958, EzA BGB § 817 Nr. 2; Preis/Sagan, II Z 20, Rz. 16).

M 12.27

Rahmenvereinbarung für eine Zielvereinbarung

§ 1 Gegenstand der Zielvereinbarung1 (1) Der Zielerfolg bestimmt sich aus einer auf das Ergebnis aus laufender Geschäftstätigkeit bezogenen Komponente (ergebnisabhängiger Teil) und einer individuellen Komponente (individueller Teil). (2) Die Prämie wird zu mindestens 50 % durch die ergebnisabhängige Komponente bestimmt. Die Gewichtung der beiden Komponenten ist in der jährlichen Zielvereinbarung jeweils festzulegen. (3) Maßgeblich für den ergebnisabhängigen Teil ist der Unternehmensbereich, für den der Mitarbeiter/ die Mitarbeiterin überwiegend tätig ist. Dieser Unternehmensbereich wird in jeder Zielvereinbarung bestimmt. (4) Die individuelle Komponente kann quantitative und qualitative Ziele enthalten. Diese und ihre Gewichtung sind in der Zielvereinbarung zu definieren.

§ 2 Ermittlung der Höhe der Prämie (1) Bei 100 %iger Zielerreichung beträgt die Prämie 100 % der Zielprämie. Die Prämie verändert sich im gleichen prozentualen Verhältnis, in dem das festgestellte Ergebnis vom Zielergebnis abweicht. Bei einer Zielerreichung unter 60 % wird keine Prämie gezahlt. (2) Soweit der individuelle Teil nicht messbar ist, wird der Erfüllungsgrad nach pflichtgemäßem Ermessen durch den zuständigen Geschäftsführer ermittelt und festgelegt. (3) Der ergebnisabhängige Teil kann höchstens 200 % der anteiligen Zielprämie betragen, der individuelle Teil höchstens 150 %.

§ 3 Verfahren zur Zielvereinbarung (1) Die Zielvereinbarung zwischen dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin und der Unternehmensleitung wird unverzüglich nach Fertigstellung der Jahresplanung für die nächste Abrechnungsperiode getroffen. (2) Die Unternehmensleitung und der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin sind gleichermaßen berechtigt, die Verhandlungen über die Zielvereinbarungen einzuleiten. oder (2) Die Unternehmensleitung wird dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin bis spätestens 30.11. des jeweiligen Kalenderjahres einen Vorschlag für eine Zielvereinbarung für die nächste Abrechnungsperiode unterbreiten und den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin zur Verhandlung über diesen Vorschlag auffordern. 1 Die Zielvorgabe selbst und die Höhe der Zielprämie sind regelmäßig einer alljährlich neu zu treffenden Vereinbarung vorbehalten, da sie sich nach der jeweiligen Sachlage ausrichten. Daher empfiehlt es sich, für die grundsätzliche Handhabung der Zielvereinbarung eine entsprechende Rahmenvereinbarung zu treffen, die durch die Zielvereinbarungen dann jeweils ausgefüllt wird. Dazu dient M 12.27.

632 | Lingemann

Vergütung | M 12.28 Kap. 12 (3) Wird aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, bis zum 31.12. eine Zielvereinbarung für die nächste Abrechnungsperiode nicht getroffen, so gilt die zuletzt geschlossene Zielvereinbarung fort, bis eine neue Zielvereinbarung getroffen wird.2

§ 4 Fälligkeit Die Prämie ist innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres auf Basis der Zielvereinbarung abzurechnen und über die Gehaltsabrechnung auszuzahlen.

§ 5 Vorzeitiges Ausscheiden Scheidet der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin unterjährig aus, so wird die Prämie pro rata temporis gezahlt.3

§ 6 Widerruflichkeit (1) Der Arbeitgeber behält sich vor, die Prämie Zulage bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu widerrufen.4 Sachliche Gründe sind: a) eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens oder a) wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens (insbesondere ein Umsatzrückgang von mehr als […] % oder wirtschaftliche Verluste von mehr als […] im letzten Geschäftsjahr), b) eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin. Das tarifliche Entgelt und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei unangetastet. Der widerrufliche Teil umfasst höchstens 24,5 % der Gesamtvergütung. 2 Hängt die Vergütung von dem Erreichen zu vereinbarender Ziele ab und versäumt der Arbeitgeber, die Vereinbarung zu treffen, kann er verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer wegen der entgangenen Vergütung Schadensersatz zu leisten (BAG v. 12.12.2007 – 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409; v. 10.12.2008 – 10 AZR 889/ 07, NZA 2009, 256; v. 12.5.2010 – 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009). Entscheidend ist hierbei, wer nach den vertraglichen Abreden die Initiative zur Führung eines Gesprächs über eine Zielvereinbarung zu ergreifen hat; vgl. hierzu Rz. 59 sowie Lembke, NJW 2010, 321, 325, der eine ausdrückliche Regelung des Initiativrechts empfiehlt, sowie Mues, ArbRB 2012, 87. 3 Vgl. Rz. 29. 4 Zu Alternativen und Einzelheiten M 12.7.2 m. Anm., zu den Anforderungen allgemein Rz. 7 sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Widerrufsvorbehalt“, Kap. 2 Rz. 138 ff.

M 12.28

Aktienoptionen

Optionsrechtsvereinbarung1 zwischen […] Aktiengesellschaft (im Folgenden: AG) und […] 1 Häufig wird keine ausführliche Optionsrechtsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer geschlossen, sondern der Arbeitnehmer wird durch eine kurze Vereinbarung in den Aktienoptionsplan einbezogen, der dann die detaillierten Bedingungen enthält. M 12.28 enthält eine umfangreichere Optionsrechtsvereinbarung mit dem Mitarbeiter.

Lingemann | 633

Kap. 12 M 12.28 | Vergütung § 1 Einräumung der Optionsrechte (1) […] erhält das Recht, […] Stück auf den Namen lautender Aktien der AG im Nennbetrag von jeweils Euro […] (im Folgenden: Aktien) zum jeweiligen Ausübungspreis zu erwerben (im Folgenden: Optionsrechte). (2) Der Ausübungspreis für die einzelnen Tranchen ist die Summe aus dem Referenzpreis und dem Aufschlag. Er bestimmt sich wie folgt: a) Referenzpreis ist der Durchschnittswert des Eröffnungskurses und des Schlussauktionspreises der Aktien der AG im Xetra-Handel an der Wertpapierbörse Frankfurt/Main an dem Tag, der vor der im ersten Quartal eines jeden Jahres stattfindenden Sitzung des Aufsichtsrates der AG liegt, in der über den aktienpreisgebundenen Teil der Vergütung der Mitglieder des Vorstandes der AG entschieden wird, mindestens aber der auf eine Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals; b) der Aufschlag beträgt 20 % auf den Referenzpreis als Erfolgsziel.2 oder (2) Ausübungspreis für die einzelnen Tranchen ist 120 % des ungewichteten durchschnittlichen Schlusskurses der Aktie der AG im XETRA-Handel an den zehn Börsenhandelstagen in Frankfurt am Main vor dem Ausgabetag. Mindestausübungspreis ist der auf eine Aktie entfallende Betrag des Grundkapitals. oder (2) Ausübungspreis für die einzelnen Tranchen ist der Börsenkurs der Aktie am Tag der heutigen Vertragsunterzeichnung in Höhe von Euro […] oder – bei Indexierung3 (2) Der Ausübungspreis ist das Produkt aus dem Referenzpreis und dem Faktor. a) Referenzpreis ist der Börsenkurs der Aktie am Tag der heutigen Vertragsunterzeichnung in Höhe von Euro […] b) Faktor ist der Quotient aus dem Stand des Deutschen Aktienindex DAX zum Zeitpunkt der Ausübung der Option und dem Stand des Deutschen Aktienindex DAX zum Zeitpunkt der Einräumung der Option. oder b) Faktor ist der Quotient aus dem Stand des Branchenindex […] zum Zeitpunkt der Ausübung der Option und dem Stand des Branchenindex […] zum Zeitpunkt der Einräumung der Option. (3) Die Vertragsparteien schließen hiermit einen Kaufvertrag über […] Aktien gemäß § 1 Abs. 1 zum Ausübungspreis. Der Kaufvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung der Ausübung der Optionsrechte durch […] (4) […] darf die Optionsrechte ganz oder in Teilen nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften ausüben.

§ 2 Unentgeltlichkeit Die Einräumung der Optionsrechte erfolgt unentgeltlich.4

2 Das Erfolgsziel führt zu einem erhöhten Erfolgsanreiz, da die Aktienoption sinnvollerweise nur ausgeübt werden kann, wenn das Management eine nennenswerte Kurssteigerung bewirkt. 3 Die Indexierung dient dazu, nur solche Wertsteigerungen der Aktie zu honorieren, die über die allgemeine konjunkturelle Steigerung gem. dem Aktienindex (bzw. – wie in der 3. Alt. – die branchenübliche Steigerung bei Verwendung des Branchenindex) hinausgeht. 4 Ein geldwerter Vorteil entsteht erst im Zeitpunkt der Ausübung in Höhe der Differenz zwischen dem Ausübungspreis und dem aktuellen Aktienkurs. Die Steuerpflicht bei Verkauf der Aktien richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, vgl. Rz. 67.

634 | Lingemann

Vergütung | M 12.28 Kap. 12

§ 3 Wartezeiten und Ausübungszeiträume (1) […] kann die Optionsrechte wie folgt ausüben:5 a) […] % der Optionsrechte frühestens am […], b) weitere […] % der Optionsrechte frühestens am […], c) die verbleibenden […] % der Optionsrechte frühestens am […]. (2) Auch nach Ablauf der Wartezeiten gem. Abs (1) können die Optionsrechte nicht innerhalb folgender Zeiträume6 ausgeübt werden: a) vom 15.12. bis 31.12. eines jeden Jahres, b) in der Zeit ab dem letzten Tag, an dem sich Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung der AG anmelden können, bis zum dritten Bankarbeitstag in Frankfurt/Main nach dieser Hauptversammlung, c) in der Zeit ab dem Tag der Veröffentlichung eines Bezugsangebotes auf neue Aktien oder auf Schuldverschreibungen mit Wandel- und/oder Optionsrechten auf Aktien der AG in einem Pflichtblatt der Wertpapierbörse Frankfurt/Main bis zum Tage, an dem die Bezugsfrist endet. Bei einer entsprechenden Adhoc-Mitteilung beginnt der Zeitraum mit dieser. (3) Gesetzliche Ausübungsverbote (zB. Insiderregeln) bleiben unberührt.

§ 4 Ausübungserklärung (1) Die Ausübung erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber der AG auf dem von der AG vorgegebenen Formular. Sie kann nur durch den Optionsberechtigten selbst ausgeübt werden. (2) Die Erklärung hat anzugeben, für wie viele Aktien Optionsrechte ausgeübt werden. (3) Mit wirksamer Ausübung entfällt im Umfang der ausgeübten Optionsrechte die aufschiebende Bedingung des Kaufvertrages gemäß § 1 Abs. 3. (4) Binnen […] Wochen nach Zugang der Ausübungserklärung wird die AG […] die der ausgeübten Zahl an Optionsrechten entsprechende Zahl an Aktien Zug-um-Zug gegen die Zahlung des Kaufpreises übertragen. (5) Die AG ist berechtigt, an Stelle der Aktien einen Barausgleich zu leisten. Ein Anspruch von […] auf Zahlung eines Barausgleichs besteht jedoch nicht.

§ 5 Veräußerungsbeschränkungen […] darf die in Ausübung des Optionsrechtes erworbenen Aktien frühestens […] Monate nach Ausübung der Option weiter veräußern.7

§ 6 Unübertragbarkeit (1) Die unter § 1 gewährten Optionsrechte sind zu Lebzeiten des Optionsberechtigten nicht übertragbar. (2) Auch jegliche anderweitige Verfügung über die Optionsrechte, die Gewährung einer Unterbeteiligung oder die Errichtung einer Treuhand daran sind unzulässig. Auch die Eingehung von Short-Positionen durch Einräumung von den nach § 1 Abs. 1 eingeräumten Optionsrechten an Dritte sowie vergleichbare Glattstellungsgeschäfte, die wirtschaftlich zu einer Veräußerung der Optionsrechte führen, sind […] nicht gestattet. Verstöße gegen diese Vorschriften führen zum Verfall der Optionsrechte. 5 § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG regelt für Optionen aufgrund von Beschlüssen nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG eine Mindestwartezeit von vier Jahren. 6 Die Zeiträume, in denen die Optionen nicht ausgeübt werden können, dienen insb. auch dazu, schon den ersten Anschein von Insiderhandel zu vermeiden. 7 Die Beschränkung der Übertragbarkeit hat nur schuldrechtliche Wirkung, vgl. Rz. 64. Die Wirksamkeit der Veräußerung richtet sich nach § 68 AktG.

Lingemann | 635

Kap. 12 M 12.28 | Vergütung (3) Die unter § 1 gewährten Optionsrechte sind vererblich. Im Falle des Todes von […] endet das Recht zur Ausübung der Option jedoch spätestens achtundvierzig (48) Monate nach dem Zeitpunkt des Todes. § 10 bleibt unberührt. oder (3) Die unter § 1 gewährten Optionsrechte sind nicht vererblich.

§ 7 Verfall (1) Die Optionsrechte verfallen, wenn das Anstellungsverhältnis mit der AG vor Ablauf von […] Jahren nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung endet.8 (2) Tritt […] in den Ruhestand, so endet das Optionsrecht spätestens mit Ablauf von zwölf (12) Monaten nach seinem/ihrem Ausscheiden bei der AG. (3) § 10 bleibt unberührt.

§ 8 Anpassung der Optionsrechte/Verwässerungsschutz (1) Im Falle einer Verschmelzung der AG auf eine andere Gesellschaft, deren Umwandlung, einer Kapitalerhöhung aus Eigenmitteln (Gratisaktien), einer Veränderung des Nennbetrages der Aktien oder vergleichbarer Maßnahmen, die die Rechte von […] durch Untergang oder Veränderung der Aktien nach diesem Vertrag beeinträchtigen, ist der Vorstand berechtigt, […] wirtschaftlich gleichzustellen. Dazu kann die Gesellschaft den Ausübungspreis entsprechend der aus der Maßnahme resultierenden Wertveränderung anpassen, und/oder anstelle des Rechts nach § 1 Abs. 1 das Recht gewähren, zum – ggf. zusätzlich angepassten – Ausübungspreis eine zur wirtschaftlichen Gleichstellung erforderliche zusätzliche Anzahl von Aktien, Geschäftsanteilen oder sonst an die Stelle der Aktien der AG tretenden Beteiligungsrechten an der AG oder deren Rechtsnachfolgerin zu erwerben. Im Übrigen finden die Vorschriften dieser Vereinbarung Anwendung. Ein Anspruch von […] auf eine entsprechende Gleichstellung besteht nicht. (2) Im Übrigen sind Anpassungen oder Änderungen dieser Bedingungen, insbesondere der Erfolgsziele, ausgeschlossen.9 (3) Bis zur Ausübung der Optionsrechte stehen […] keine Rechte auf Dividenden oder sonstige Ausschüttungen aus den Optionsrechten unterliegenden Aktien zu.

§ 9 Besteuerung10 (1) […] ist bekannt, dass die Gewährung der Optionsrechte an […] sowie deren Ausübung zu steuerpflichtigen geldwerten Vorteilen bei […] führen kann. 8 Der Verfall während der Wartezeit dürfte zulässig sein (BAG v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066; Maschmann, Total compensation, 2. Aufl. 2019, II – Aktienbasierte Vergütung). Auch eine Bindungsdauer von bis zu fünf Jahren ist entsprechend § 624 BGB wohl zulässig, da durch § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG (Mindestwartezeit von vier Jahren) eine langfristige Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen bereits gesetzlich vorgeschrieben ist (in diese Richtung auch LAG München v. 17.4.2018 – 7 Sa 752/17, juris (Wartezeit dort war 3 Jahre und 4 Monate); zust. Sura, DB 2018, 2878). Das BAG hat den Verfall der Bezugsrechte bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch gemessen an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für wirksam erklärt (BAG v. 23.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008. 1066; m. zust. Anm. Lingemann/Gotham; vgl. auch Rz. 65). Der Verfall stellt demnach keine unangemessene Benachteiligung dar. Er kann sowohl bei Beendigung oder Erklärung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Wartezeit als auch nach Ablauf der Wartezeit angeordnet werden. Es ist auch nicht danach zu differenzieren, ob nach Ablauf der Wartezeit eine Ausübungsmöglichkeit bestanden hat oder nicht. Das gilt auch im Fall der betriebsbedingten Kündigung. Ob das auch gilt, wenn die Einräumung der Optionsrechte nicht, wie hier (§ 2), unentgeltlich erfolgt, ist offen. Zu Leaver und Vesting-Klauseln bei virtuellen Beteiligungen, insb. Phantom Stocks und Stock apprecitation rights Hornung, DB 2019, 1566, allgemein zu virtuelle Anteilen Schniepp/ Giesecke, NZG 2017, 128. 9 Vgl. Deutscher Corporate Governance Kodex idF v. 16.12.2019, Ziff. G.8. 10 Vgl. dazu Rz. 67.

636 | Lingemann

Vergütung | M 12.28 Kap. 12 (2) Die AG wird die hierauf entfallende Lohnsteuer einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag an das Finanzamt sowie evtl. hierauf entfallende Sozialversicherungsabgaben entsprechend den gesetzlichen Vorschriften abführen. […] ist jedoch verpflichtet, der AG diese zu erstatten. Der jeweilige Arbeitgeber von […] ist berechtigt, hierzu entsprechende Beträge vom Gehalt von […] einzubehalten. Der einbehaltene Betrag darf jedoch […] % der Festvergütung von […] nicht überschreiten. (3) Die Vertragsparteien werden im Übrigen geeignete Vereinbarungen über eine Stundung oder anderweitige Finanzierung der Lohnsteuer-Erstattungsverpflichtung von […] treffen, soweit […] nicht im Stande ist, den Erstattungsbetrag im Wege einer Einmalzahlung an die AG abzuführen.

§ 10 Dauer, Kündigung11 (1) Diese Vereinbarung gilt bis zum […] (2) Werden die Optionsrechte von […] nicht bis zu diesem Zeitpunkt ausgeübt, verfallen sie. (3) Die Gesellschaft kann diese Vereinbarung mit einer Frist von einem Monat kündigen: a) wenn von einem Gläubiger von […] die Zwangsvollstreckung in seine/ihre Rechte nach diesem Vertrag betrieben wird; b) wenn über das Vermögen von […] ein Insolvenzverfahren eröffnet wird oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird; c) wenn […] wesentliche Pflichten nach dem Gesetz, der Satzung, seinem/ihrem Anstellungsvertrag oder dieser Vereinbarung verletzt. (4) Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Mit Zugang der Kündigungserklärung erlöschen die nach diesem Vertrag gewährten Optionsrechte.

§ 11 Schriftform12 Änderungen des Vertrages durch individuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform; das gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede. Dies bedeutet, dass keine Ansprüche aus betrieblicher Übung entstehen.

§ 12 Salvatorische Klausel Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nicht wirksam sein, so wird dadurch die Gültigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.13 […]

[…]

([…])

(AG)

11 Eine Kündigung ist möglich, soweit es sich bei den gewährten Optionen um Gratifikationen handelt, Lembke, BB 2001, 1469, 1475. 12 Vgl. zur Schriftformklausel im Einzelnen Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268; Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Schriftformklausel“, Kap. 2 Rz. 17 ff., Kap. 2 Rz. 124 ff. mwN sowie M 2.1a Ziff. 14 m. Anm. 13 Vgl. dazu die Hinweise bei M 3.1 § 26.

Lingemann | 637

Kap. 12 M 12.29 | Vergütung

M 12.29

Klage auf künftige Vergütung

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage3 und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6. […] an den Kläger zu zahlen.4 2. Die Beklagte wird verurteilt, künftig an jedem Monatsersten, beginnend mit dem 1.7. […], Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an den Kläger zu zahlen, soweit der Kläger arbeitsfähig ist, die Gehaltsansprüche nicht wegen längerer Krankheit entfallen, der Kläger nicht unbezahlten Urlaub hat, er leistungswillig bleibt und auch tatsächlich arbeitet und das Arbeitsverhältnis nicht ende.

Begründung: Die Bekl. ist ein metallverarbeitendes Industrieunternehmen mit 500 Beschäftigten. Der Kl. ist seit mehr als 30 Jahren als Lagerarbeiter bei der Bekl. beschäftigt und aufgrund der einschlägigen Tarifverträge altersgesichert. Am 15.5. […] kam es zum Streit zwischen dem Kl. und seinem Vorgesetzten. Daraufhin erklärte der Vorgesetzte des Kl., der Kl. sei ab sofort freigestellt und werde auch keine Vergütung mehr bekommen. Man werde bei der Bekl. noch sorgfältig überlegen, was weiter geschehen solle. Tatsächlich hat die Bekl. seit dem 1.6. […] dem Kl. kein Gehalt mehr gezahlt. Ausweislich der letzten Gehaltsabrechnung vom Mai […] verdiente der Kl. zuletzt Euro […] Beweis: Gehaltsabrechnung Mai […], Anlage K 1 1 Praxistipp: Die Zulässigkeit von Klagen auf zukünftige Gehaltszahlung war lange umstritten. In einer älteren Entscheidung v. 18.12.1974 (DB 1975, 892) hatte das BAG eine Klage auf Lohnzahlung für die nächsten 30 Jahre (!) als unzulässig angesehen, weil die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers Voraussetzung des Zahlungsanspruchs sei (§ 320 BGB), aber nicht für alle Zeit feststehe. Demgegenüber hielt die untergerichtliche Judikatur Klagen auf zukünftige Gehaltszahlung überwiegend für zulässig (zB LAG Köln v. 27.11.1996, AE 1997, Nr. 33; ausf. Heimann, ArbuR 2002, 441). Nach der Grundsatzentscheidung des BAG v. 13.3.2002 (NZA 2002, 1232) sollten jedoch Klagen auf künftige Gehaltszahlungen uneingeschränkt zulässig sein. Allerdings ist nach Auffassung des BAG erforderlich, dass naheliegende Fälle, in denen der Vergütungsanspruch entfällt, als Einschränkung in den Klageantrag mitaufgenommen werden. Dies betrifft beispielsweise die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, längere Krankheit, unbezahlten Urlaub oder unentschuldigte Fehlzeiten. Diese Linie hat das BAG mittlerweile in zwei weiteren Entscheidungen (v. 9.4.2008 – 4 AZR 104/07, NZA 2008, 1257 und v. 28.1.2009, NZA 2009, 445) zwar im Grundsatz bestätigt, gleichzeitig jedoch die Anforderungen an die in den Klagantrag aufzunehmenden Ausnahmen derart nach oben geschraubt, dass es kaum noch möglich erscheint, eine zulässige Klage zu formulieren. So hat das BAG beispielsweise in der Entscheidung v. 9.4.2008 gefordert, auch den Nichtwegfall des Vergütungsanspruchs durch Mutterschutz (bei Frauen) sowie bei Elternzeit und Pflegezeit in den Antrag aufzunehmen. Überdies hat das BAG in der Entscheidung v. 9.4.2008 erwogen, bei reinen Eingruppierungsstreitigkeiten grundsätzlich einen Vorrang der Eingruppierungsfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO (s. M 12.3) vor der Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 BGB anzunehmen. 2 S. M 101.1 und M 101.2. 3 Praxistipp: Wegen der extrem hohen Anforderungen an den Klagantrag (s. M 12.29 Fn. 1) sowie der praktisch unmöglichen Vollstreckung (M 12.29 Fn. 7) kann die Erhebung einer Klage auf künftige Vergütung in der Praxis regelmäßig nicht mehr empfohlen werden. 4 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3.

638 | Diller

Vergütung | M 12.30 Kap. 12 Mit dem Klageantrag Ziffer 1 wird zunächst die rückständige Vergütung für den Monat Juni […] geltend gemacht. Mit dem Klageantrag Ziffer 2 begehrt der Kl. die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung der künftig an jedem Monatsersten fällig werdenden Gehälter. Der Kl. ist arbeitsfähig und arbeitswillig und hat in der Zeit nach dem 15.5. […] seine Arbeitskraft auch mehrfach der Bekl. angeboten.5 Beweis: Angebotsschreiben des Kl. vom 18.5., 25.5. und 3.6. […] Anlagen K 2 bis K 4 Die Klage auf zukünftige Leistung ist gemäß §§ 257, 259 ZPO zulässig (wird ausgeführt).6, 7 […] (Unterschrift)8 5 Ist der Arbeitnehmer nach erfolgter Verurteilung nicht mehr leistungsfähig oder leistungswillig oder endet das Arbeitsverhältnis, muss der Arbeitgeber dies durch Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend machen (ausf. Heimann, ArbuR 2002, 441). 6 Die Klage setzt die Besorgnis voraus, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Das ist in Kündigungssachen immer gegeben, da praktisch kein Arbeitgeber auf ein Feststellungsurteil nach §§ 4, 7 KSchG hin sofort die Vergütung nachzahlt; in aller Regel geht der Arbeitgeber in Berufung. 7 Schwierig ist die Vollstreckung. Gem. § 726 Abs. 1 ZPO ist vor Erteilung der Vollstreckungsklausel zu prüfen, ob die für die künftigen Vergütungsansprüche maßgeblichen Bedingungen (noch) vorliegen. Das kann regelmäßig nicht urkundlich nachgewiesen werden, so dass gem. § 731 ZPO beim Prozessgericht des ersten Rechtszugs auf Erteilung der Vollstreckungsklausel geklagt werden muss, wenn der Arbeitgeber den Eintritt der Bedingungen bestreitet. In diesem Fall hat der Kläger mit der zunächst erfolgreichen Klage nach § 259 ZPO nichts gewonnen, sondern er muss vor der Vollstreckung doch wieder zurück in ein Erkenntnisverfahren. Plastisch hat das BAG in seiner Entscheidung v. 9.4.2008 – 4 AZR 104/07, NZA 2008, 1257, davon gesprochen, dass die Vollstreckung aus einem Urteil nach § 259 ZPO „im praktischen Ergebnis letztlich unmöglich“ ist (Berkowsky, RdA 2006, 77). 8 Streitig ist, wie die Klage auf künftige Gehaltszahlung beim Streitwert zu berücksichtigen ist. Das LAG Nürnberg (v. 27.11.2003 – 9 Ta 190/03) will den Wert entsprechend § 42 Abs. 2 GKG auf einen Vierteljahresbezug begrenzen.

M 12.30

Klage des Arbeitnehmers auf Gehaltserhöhung

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6. […]2 an den Kläger zu zahlen.3 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger ein Gehalt von monatlich Euro […] zu zahlen hat.4 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Bei Klagen auf Gehaltserhöhung fehlt es meist an einem Verschulden des Arbeitgebers, so dass Verzugszinsen nicht geltend gemacht werden können und nur die Zinsen seit Rechtshängigkeit zugesprochen werden. Wegen des fehlenden Kostenrisikos (s. M 101.3 Fn. 7) schadet es aber nichts, Verzugszinsen geltend zu machen (BAG v. 11.6.1997 – 10 AZR 613/96, DB 1998, 86; Diller, FA 2004, 300). 3 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 4 Entsprechend der hA zur Eingruppierungsfeststellungsklage ist der Feststellungsantrag (hier Ziff. 2) ausreichend, so dass auf einen gesonderten Zahlungsantrag (hier Klageantrag Ziff. 1) an sich verzichtet werden kann. Das besondere Feststellungsinteresse wird von der Rspr. auch in der Privatwirtschaft mittler-

Diller | 639

Kap. 12 M 12.30 | Vergütung Begründung: Die Bekl. ist ein metallverarbeitendes Industrieunternehmen mit 500 Beschäftigten. Der Kl. ist seit mehr als zehn Jahren als Abteilungsleiter beschäftigt. Seine letzte Vergütung betrug Euro […] Die Bekl. hat per […] das Gehalt aller Abteilungsleiter um 3 % erhöht. Von der Erhöhung ausgenommen war lediglich der Kl. Gegenüber allen Abteilungsleitern hat die Bekl. die Gehaltserhöhung mit der Steigerung der Lebenshaltungskosten begründet. Beweis: Schreiben der Bekl. an den Abteilungsleiter X vom […], Anlage K 1 Der Kl. ist der einzige Abteilungsleiter des Unternehmens, der ein solches Schreiben nicht erhalten hat. Der Kl. hat Anspruch auf Gehaltserhöhung bereits auf der Grundlage des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Nach der Rechtsprechung des BAG (v. 11.9.1985 – 7 AZR 371/83, NZA 1987, 156) spricht eine Vermutung dafür, dass in flächendeckenden Gehaltserhöhungen zumindest ein Grundbetrag zum Zwecke des Kaufkraftausgleichs enthalten ist. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz darf der Arbeitgeber dann nicht einen einzelnen Arbeitnehmer von einem solchen Kaufkraftausgleich ohne sachlichen Grund herausnehmen (wird ausgeführt). Im Übrigen ergibt sich ein Anspruch des Kl. auf Gehaltserhöhung auch schon aus § 315 BGB. Der Kl. verkennt nicht, dass es ohne entsprechende Vertragsgrundlage keine Pflicht des Arbeitgebers gibt, in regelmäßigen Abständen gemäß § 315 BGB über Vergütungserhöhungen zu entscheiden (BAG v. 4.9.1985 – 7 AZR 262/83, NZA 1986, 521). Im vorliegenden Fall heißt es in § 7 des Anstellungsvertrages des Kl. jedoch ausdrücklich: „Das Unternehmen wird in regelmäßigen Abständen, spätestens jeweils nach Ablauf von zwei Kalenderjahren, nach billigem Ermessen über eine Anpassung der Vergütung entscheiden“. Die letzte Gehaltserhöhung des Kl. liegt auch mehr als zwei Jahre zurück (wird ausgeführt).5 Im Übrigen ergibt sich der Anspruch des Kl. auch aus § 612a BGB (Maßregelungsverbot). Der Kl. hat nämlich 14 Tage vor der Entscheidung der Bekl. über die Gehaltserhöhung und die Herausnahme des Kl. aus dieser Gehaltserhöhung durch Rundschreiben an seine Kollegen versucht, Mitstreiter für die Errichtung eines Betriebsrats zu gewinnen. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 2 Offenbar war die Herausnahme des Kl. von der allgemeinen Gehaltserhöhung eine Maßregelung als Reaktion auf diesen Vorstoß. […] (Unterschrift)6 weile grundlegend bejaht (BAG v. 20.6.1984 – 4 AZR 208/82, BB 1985, 54). Die Kombination mit einem Zahlungsantrag hat allerdings den Vorteil, dass nach einem stattgegebenen Urteil erster Instanz für die Zeit bis dahin vollstreckt werden kann. 5 In der Praxis ist immer wieder umstritten, welche Bedeutung Überprüfungs- oder Anpassungsklauseln rechtlich haben. Nach dem Urteil des BAG v. 27.2.2019 – 10 AZR 341/18, NZA 2019, 914 begründen solche Klauseln typischerweise keine rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erhöhung von Leistungen; für eine solche Erhöhungspflicht müssen ergänzende Anhaltspunkte bestehen. Diesbezüglich weist das BAG – zutreffend – darauf hin, dass eine Überprüfungs- oder Anpassungsklausel ohne Erhöhungspflicht nicht sinnlos ist. Denn zum einen wird durch eine solche Klausel sichergestellt, dass die Überprüfung bzw. Anpassungsentscheidung nicht vergessen wird, sondern sie eingefordert werden kann. Überdies bewirken solche Klauseln einen gewissen Legitimations- und Begründungsdruck des Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitern. 6 Hinsichtlich des Streitwerts gilt § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG, der dreijährige Betrag der begehrten Gehaltserhöhung ist anzusetzen. Gem. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG werden die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge in Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten (anders beim Landgericht!) dem Streitwert nicht hinzugerechnet.

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Vergütung | M 12.31 Kap. 12

M 12.31

Klage des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Vergütung

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir die Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage und beantragen: Der Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2 […] an die Klägerin zu zahlen.3

Begründung: Die Kl. ist ein metallverarbeitendes Industrieunternehmen mit 500 Beschäftigten. Der Bekl. war bei der Kl. bis 30.6. […] als Lagerarbeiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung. Wie sich herausgesellt hat, hat die Personalbuchhaltung der Kl. dem Bekl. irrtümlich das Gehalt für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses (Juni) doppelt überwiesen. Der zu viel überwiesene Bruttobetrag wird mit der Klage geltend gemacht.4, 5 […] (Unterschrift)6 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Nach der Entscheidung des BAG v. 19.2.2004 – 6 AZR 664/02, NZA 2004, 1120 wird der Anspruch nur dann bereits mit der Überzahlung fällig, wenn der Arbeitgeber die Umstände kennt oder hätte kennen müssen, aus denen sich die Überzahlung ergab. Werden die Umstände dagegen erst später für den Arbeitgeber erkennbar, entsteht der Rückzahlungsanspruch erst zu diesem Zeitpunkt. Die genaue Bestimmung der Anspruchsentstehung ist insb. für das Eingreifen einzelvertraglicher oder tariflicher Ausschlussfristen wichtig. Auf Arbeitgeberseite wird häufig verkannt, dass Ausschlussfristen beidseitig gelten, also auch für Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers. 3 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 4 Der Anspruch ergibt sich aus § 812 BGB. Der Anspruch kann jedoch wegen Wegfalls der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) entfallen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür liegt beim Arbeitnehmer, wobei allerdings bei einer nur geringfügigen Überzahlung die Grundsätze des Anscheinsbeweises in Betracht kommen (BAG v. 23.5.2001 – 5 AZR 374/99, DB 2001, 2251). In der Falschberechnung des Arbeitgebers kann eine Verletzung der Fürsorgepflicht liegen, die zu Schadensersatzansprüchen führt (BAG v. 8.2.1964, DB 1964, 662). Allein die Tatsache der Rückzahlungspflicht ist allerdings kein Schaden des Arbeitnehmers, mit dem dieser gegen den Rückzahlungsanspruch aufrechnen könnte. 5 Das zentrale Problem des Rückforderungsanspruchs ist die Frage, ob der Bruttobetrag oder nur der Nettobetrag zurückgefordert werden kann, wenn der Arbeitgeber bereits Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. Nach der Entscheidung des BAG v. 19.2.2004 – 6 AZR 664/02, NZA 2004, 1120, richtet sich der Rückzahlungsanspruch grds. auf den Bruttobetrag, da der Arbeitnehmer nicht nur den ihm netto zugeflossenen Geldbetrag erlangt hat, sondern auch Befreiung von einer Steuerschuld sowie einen sozialversicherungsrechtlichen Erstattungsanspruch (§ 26 SGB IV). Deshalb kann mit der Klage je nach Sachverhalt die Abtretung des Erstattungsanspruchs nach § 26 SGB IV oder – falls dieser bereits realisiert ist – unmittelbar Zahlung geltend gemacht werden. 6 Der Streitwert entspricht dem geltend gemachten Bruttobetrag.

Diller | 641

Kap. 13 Rz. 1 | AGG, EntgTranspG

Kapitel 13 AGG, EntgTranspG I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) . . . . . . . . . . . . . a) Struktur und Geltungsbereich . . . b) Benachteiligungsverbot . . . . . . . c) Organisationspflichten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beweislastverteilung . . . . . . . . . e) Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrecht . . . . . . . . . . f) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . g) Folgen für die betriebliche Praxis . h) Folgen für die Vertragsgestaltung i) Missbräuchliche Klagen . . . . . . . 2. EntgTranspG . . . . . . . . . . . . . a) Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . b) Verpflichtung zur Erstellung eines Entgelttransparenzberichts, § 21 EntgTranspG . . . . . . . . . . . . .

.. .. .. .. .. .. . . . . . . .

. . . . . . .

..

_ __ _ __ __ __ __ _ _ 1 1 2 5

13 17 20 22 28 30 31 32 32

II. Muster Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung bei der Einstellung . . Gehaltsklage wegen Ungleichbehandlung/Diskriminierung . . . . . . . . . . . Klage wegen berechtigter Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers . . . . Auskunftsverlangen nach EntgTranspG Auskunft nach EntgTranspG des tarifgebundenen/tarifanwendenden Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft nach EntgTranspG des tariffreien Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . Auskunftsverweigerung des Arbeitgebers nach EntgTranspG . . . . . . . . Entgelttransparenzbericht . . . . . . . . .

34

_ _ __ _ _ __

.M 13.1.1 .M 13.1.2

.M 13.1.3 .M 13.2.1 .M 13.2.2

.M 13.2.3

.M 13.2.4 .M 13.2.5

Literatur: Zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG): s. Literaturübersicht Kap. 1 „AGG“. Zum Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG): Kocher, Das Entgelttransparenzgesetz: ein Gesetz (nur) für Betriebsräte?, ArbuR 2018, 8; Richter, Die Rolle des Betriebsrats im Entgelttransparenzrecht, ArbR Aktuell 2018, 570; Schlegel/Helbig, Die Anwendung des Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen im öffentlichen Dienst der Länder, ZTR 2018, 508

I. Einführung 1. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 1

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gilt seit dem 18.8.2006.1 Insb. der Arbeitgeber wird in die Pflicht genommen. a) Struktur und Geltungsbereich

2

Ziel des Gesetzes ist gem. § 1 AGG, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität2 zu verhindern oder zu beseitigen.

3

Geschützt sind alle Beschäftigten, das sind nach § 6 Abs. 1 AGG Arbeitnehmer, Auszubildende und Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind, somit auch in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte.3 Als Beschäf1 BGBl. I 2006, 1897. Umgesetzt wurden damit die Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG, 2000/73/EG und 2004/113/EG. 2 Auch die Transsexualität wird von § 1 AGG erfasst, BAG v. 17.12.2015 – 8 AZR 421/14, NJW 2016, 2443 m. Anm. Bauer/Krieger, ArbRAktuell 2016, 277. 3 Zur Anwendbarkeit des AGG auf Franchiseverträge s. Giesler/Güntzel, ZIP 2008, 11. AGG-Probleme im Zusammenhang mit vertretungsberechtigten Organmitgliedern behandeln Lingemann/Weingarth, DB 2012, 2325; Bauer/Arnold, ZIP 2008, 993.

642 | Diller

AGG, EntgTranspG | Rz. 4 Kap. 13

tigte gelten weiter Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis und die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist. Bei Leiharbeitnehmern müssen Verleiher und Entleiher das Benachteiligungsverbot des AGG beachten, § 6 Abs. 2 AGG. Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften des 2. Abschnitts des AGG auch für Selbständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer4 und Vorstandsmitglieder, entsprechend. In Anknüpfung an die „Danosa“-Entscheidung des EuGH5 gilt aus europarechtlichen Gründen das AGG für Geschäftsführer auch über § 6 Abs. 3 AGG hinaus für die Beendigung des Anstellungsvertrages6, also nicht nur bei Entscheidungen über die Neubestellung und Verlängerung des Anstellungsvertrages.7 Gegenstand des Diskriminierungsschutzes sind gem. § 2 Abs. 1 AGG insb. die Zugangsbedingungen zur Erwerbstätigkeit, die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, der berufliche Aufstieg, das Arbeitsentgelt8 und die Entlassungsbedingungen. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt zwar gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG weiterhin das Betriebsrentengesetz. Diese Regelung enthält nach Ansicht des BAG jedoch keine Bereichsausnahme, stellt stattdessen vielmehr eine Kollisionsregel dar. Trifft das BetrAVG daher Aussagen hinsichtlich bestimmter Unterscheidungen, die einen Bezug zu den in § 1 AGG angeführten Merkmalen haben, genießt es Vorrang vor dem AGG.9 Auch hat das BAG die bestehenden Zweifel an der Europarechtskonformität des § 2 Abs. 4 AGG10 zum ausschließlichen Geltungsvorrang des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes nicht aufgegriffen und stattdessen eine Verzahnung der Vorschriften dahingehend vorgenommen, dass die Diskriminierungsverbote des AGG bei der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes als Konkretisierung des Begriffs der Sozialwidrigkeit herangezogen werden.11 Das AGG ist auch bei Kündigungen im Kleinstbetrieb zu beachten.12 4 Zur Anwendbarkeit des AGG auf Geschäftsführer BGH v. 26.3.2019 – II ZR 244/17, NJW 2019, 2086; anders noch BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, NZA 2012, 797. 5 EuGH v. 11.11.2010 – C-232/09 – Danosa, NZA 2011, 143; bestätigt in EuGH v. 9.7.2015 – C-229/14 – Balkaya, NZA 2015, 861. Danach sind Geschäftsführer einer GmbH dann als Arbeitnehmer iSd. Unionsrechts zu qualifizieren, wenn zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer ein Unterordnungsverhältnis besteht, das sich insb. durch Weisungsrechte der Gesellschaft und eine jederzeitige Abberufungsmöglichkeit auszeichnet. 6 BGH v. 26.3.2019 – II ZR 244/17, NJW 2019, 2086. 7 BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/10, NZA 2012, 797. 8 Daneben ist der Entgeltgleichheitsgrundsatz des Art. 157 AEUV zu beachten, der als primäres Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalen Vorschriften genießt. Erfasst sind auch hier neben unmittelbaren ebenso mittelbare Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, zB im Rahmen von Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen, vgl. etwa EuGH v. 6.12.2007 – C-300/06, NZA 2008, 31, 32. 9 BAG v. 17.4.2012 – 3 AZR 481/10, NZA 2012, 929; v. 19.7.2011 – 3 AZR 434/09, NZA 2012, 155; v. 11.12.2007 – 3 AZR 249/06, NZA 2008, 532, 534 f. 10 Gaul/Naumann, ArbRB 2006, 225; zu Einzelheiten Bertelsmann, NZA 2016, 855; Diller/Krieger/Arnold, NZA 2006, 887, 888; Löwisch, BB 2006, 2189, 2190. 11 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 664/13, NZA 2015, 931 Rz. 57; v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361 Rz. 34 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2009, 278338. Eine Kündigung, die gegen ein Diskriminierungsverbot verstößt, kann daher sozialwidrig und damit unwirksam sein. Zur Berücksichtigung des Alters bei der Sozialauswahl und bei der Bildung von Altersgruppen vgl. BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 478/13, NZA 2015, 1122; v. 19.12.2013, NZA-RR 2014, 185 Rz. 32. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters findet ihre Rechtfertigung in § 10 Satz 1, 2 AGG. Dies ist bei Altersgruppenbildungen regelmäßig dann der Fall, wenn sie bei Massenkündigungen aufgrund einer Betriebsänderung erfolgen. Die Beteiligung der einzelnen Altersgruppen an dem Personalabbau hat jedoch stets streng proportional zu erfolgen, BAG v. 26.3.2015, NZA 2015, 1122 Rz. 22. Krit. dazu Lingemann/Otte, NZA 2016, 65. Zur Frage, ob die Dreiwochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG auch auf diskriminierende Kündigungen Anwendung finden kann Bertelsmann, NZA 2016, 855. 12 BAG v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, NZA 2015, 1380 Rz. 23 speziell für den Fall der Altersdiskriminierung, v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372 Rz. 14 ff. Dazu auch Bauer/v. Medem, NJW 2016, 210.

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Kap. 13 Rz. 5 | AGG, EntgTranspG b) Benachteiligungsverbot

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Gem. § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines der in § 1 AGG genannten acht Gründe benachteiligt werden. Neben dem Verbot der Geschlechterdiskriminierung bereitet der Praxis vor allem das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters Probleme.13

6

Gem. § 3 AGG sind mittelbare und unmittelbare Benachteiligungen verboten. Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung dann vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

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Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können (§ 3 Abs. 2 AGG). Klassisches Beispiel ist die Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten, da es sich bei Teilzeitbeschäftigten überwiegend um Frauen handelt.14 Denkbar ist jedoch auch, dass ein Abstellen auf das Kriterium der „Berufserfahrung“ mittelbar wegen des Alters diskriminiert,15 die Voraussetzung „guter Deutschkenntnisse“ eine mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft darstellt16, eine Mindestkörpergröße als Einstellungskriterium bei Piloten eine mittelbare Diskriminierung von Frauen ist17 und Feiertagsregelungen und Kleidungsvorschriften Beschäftigte mit einer bestimmten Religionszugehörigkeit mittelbar benachteiligen.18

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Nach § 3 Abs. 3 und 4 AGG sind auch Belästigungen, insbesondere sexuelle Belästigungen, Benachteiligungen iSd. AGG und damit verboten.19

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Nicht jede Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Diskriminierungsmerkmals ist jedoch eine unzulässige Benachteiligung. Gem. § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung schon dann nicht vor, wenn sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind. Die §§ 8–10 AGG regeln Tatbestände, bei denen auch eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines Diskriminierungsmerkmals ausnahmsweise gerechtfertigt sein kann.

10 § 8 AGG erlaubt als ein allgemeiner Ausnahmetatbestand die unterschiedliche Behandlung wegen

eines Diskriminierungsmerkmals, wenn es sich bei dem Merkmal um eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung handelt.20 Daher ist eine Ungleichbehandlung behinderter 13 Stümper, öAT 2015, 72; Tempelmann/Stenslik, DStR 2011, 1183; Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663. 14 Vgl. etwa die Entscheidung des EuGH v. 6.12.2007 – C-300/06 – Voß, NZA 2008, 31, zur mittelbaren Diskriminierung teilzeitbeschäftigter beamteter Lehrerinnen bei Mehrarbeit; BGH v. 15.2.2011 – 9 AZR 584/09, AP TVG zu § 1 Vorruhestand Nr. 36, zur mittelbaren Diskriminierung bei Inanspruchnahme eines Übergangsgeldes. Ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für Teilzeitbeschäftigte enthält mittlerweile § 4 Abs. 1 TzBfG. 15 BAG v. 24.1.2013 – 8 AZR 429/11, NZA 2013, 498; Bauer, ArbRAktuell 2013, 75. 16 Anders jedoch ArbG Berlin v. 26.9.2007 – 14 Ca 10356/07, BB 2008, 115 m. Anm. Greßlin. 17 LAG Köln v. 25.6.2014 – 5 Sa 75/14. 18 EuGH v. 14.3.2017 – C-157/15 u. C-188/15 – Bougnaoui; EGMR v. 15.1.2013, ECHR 012 (2013). 19 Diese Belästigungen müssen, um für das Umfeld kennzeichnend zu sein, eine für das Arbeitsverhältnis prägende Bedeutung entfalten. Einmalige Tathandlungen rechtfertigen, selbst wenn sie fortwirken, regelmäßig nicht die Annahme einer solchen prägenden Bedeutung, BAG v. 24.9.2009 – 8 AZR 705/08, NZA 2010, 387; vgl. auch BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294. Anders zum „Straining“ Jansen/Hartmann, NJW 2012, 1540. 20 Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte an Schulen verletzt dagegen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit. Ein Verbot erfordert die konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität, BVerfG v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10, NJW 2015, 1359. In privaten Arbeitsverhältnissen kann ein generelles Kopftuchverbot möglicherweise auch mit geschäftlichen Interessen gerechtfertigt werden; EuGH v. 14.3.2017 – C-188/15 – Bougnaoui, Rz. 100; dazu auch Novara, NZA 2015,

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AGG, EntgTranspG | Rz. 13 Kap. 13

Menschen dann zulässig, wenn das Fehlen dieser Behinderung eine wesentliche und entscheidende Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit ist.21 Gem. der Religionsklausel des § 9 AGG gilt das Verbot der unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion nicht, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.22 Auf der Grundlage dieser Regelung können Religionsgemeinschaften und die ihnen zugeordneten Einrichtungen wohl auch künftig eine Auswahl ihrer Beschäftigten nach dem Kriterium der Religion durchführen. Allerdings können die Kirchen nicht frei entscheiden, für welche Stellen sie eine Konfessionszugehörigkeit verlangen, sondern es ist nach objektiven Kriterien zu prüfen, ob die Konfessionszugehörigkeit für die konkrete Stelle erforderlich ist (Putzfrau im Gemeindehaus).23

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Schließlich ist nach § 10 AGG eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.24 Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Hier besteht große Rechtsunsicherheit.25 § 10 Satz 3 Nr. 1–6 AGG enthält Beispielsfälle, bei denen eine unterschiedliche Behandlung zulässig sein soll. Dies gilt insbesondere für die Festsetzung von Altersgrenzen in Pensionssystemen (§ 10 Satz 3 Nr. 4 AGG),26 die Befristung des Arbeitsvertrages auf den Zeitpunkt der Rentenberechtigung (§ 10 Satz 3 Nr. 5 AGG)27 und Differenzierung von Leistungen in Sozialplänen nach Alter oder Betriebszugehörigkeit, sofern dabei die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplanes ausgeschlossen werden, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind (§ 10 Satz 3 Nr. 6 AGG).28 Auch eine beamtenrechtliche Vorschrift, wonach eine Verbeamtung nur bis zur Vollendung des 42. Lebensjahres erfolgen kann, ist nicht zu beanstanden.29

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c) Organisationspflichten des Arbeitgebers Der Arbeitgeber haftet für eigene Verstöße, ferner nach § 31 BGB für Verstöße seiner Organmitglieder und nach § 278 BGB seiner Erfüllungsgehilfen, das sind Mitarbeiter mit Vorgesetztenfunktion.30 Für letztere haftet er uE jedoch nur für Pflichtverletzungen in Ausübung dieser Funktion und

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22 23 24 25

26 27 28 29 30

142. Anders liegt der Fall jedoch, wenn das Kopftuchverbot auf das Prinzip der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gestützt wird, GA Kokott v. 31.5.2016 – C-157/15 – Achbita, Rz. 87 ff. m. Anm. Sfinis, DB 2016, 2001. Wobei der Arbeitgeber auch angemessene Vorkehrungen iSd. Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. i, Art. 2 UAbs. 4 des Übereinkommens der Vereinten Nationen v. 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ergreifen muss. Der Begriff „angemessene Vorkehrungen“ soll umfassen die Beseitigung der verschiedenen Barrieren, die die volle und wirksame Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, behindern, BAG v. 22.5.2014 – 8 AZR 662/13, NZA 2014, 924 Rz. 42. Vgl. dazu BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 611/12, NZA 2014, 1407 Rz. 57, 67. EuGH v. 17.4.2018 – C-414/16, NZA 2018, 569. Vgl. zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG EuGH v. 13.9.2011 – C-447/09 – Prigge, NJW 2011, 3209; v. 5.3.2009 – C-388/07 – Age Concern, NZA 2009, 305. Grds. verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Ermessenspielraum bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, EuGH v. 18.6.2009 – C-88/ 08 – Hütter, NZA 2009, 891; eine Übersicht zur uneinheitlichen Rspr. des BAG findet sich bei Brors, RdA 2012, 346; Straube/Hilgenstock, ArbRAktuell 2010, 567. Dazu BAG v. 12.2.2013 – 3 AZR 100/11, NZA 2013, 733. BAG v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NZA 2015, 1066 zur Zulässigkeit in Einzelarbeitsverträgen; BAG v. 13.10.2015 – 1 AZR 853/13, NZA 2016, 54 zur Befristung in Betriebsvereinbarungen. BAG v. 12.4.2011 m. Anm. Lingemann, ArbR 2011, 250. BVerwG v. 11.10.2016 – 2 C 11.15, zum Beamtengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. BAG v. 17.12.1968, DB 1969, 446.

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Kap. 13 Rz. 13 | AGG, EntgTranspG nicht nur bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit.31 Auch in den Fällen, in denen das Handeln des Mitarbeiters dem Arbeitnehmer nicht unmittelbar zugerechnet werden kann, kommt jedoch eine Haftung aus Organisationsverschulden in Betracht. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber die Reaktions- und Schulungspflichten nach § 12 Abs. 1–4 AGG nicht erfüllt (vgl. Rz. 15). Kommt es zu Eingriffen in absolute Rechte, so haftet der Arbeitgeber auch deliktisch nach § 823 Abs. 1 BGB oder bei Verstößen gegen Schutzgesetze nach § 823 Abs. 2 BGB.32

14 Gem. § 11 AGG darf der Arbeitgeber Stellen nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausschrei-

ben.33 Stellenausschreibungen sind daher so zu formulieren, dass sie sich ausschließlich auf die Tätigkeit selbst beziehen und nur solche Anforderungskriterien darstellen, die für die ausgeschriebene Stelle erforderlich sind.34

15 Nach § 12 AGG muss der Arbeitgeber zudem die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Be-

nachteiligungen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes treffen. Dazu sollen auch vorbeugende Maßnahmen gehören. Welche Maßnahmen im Einzelfall erforderlich sind, richtet sich nach der Gesetzesbegründung nach objektiven Gesichtspunkten und kann je nach der Größe des Betriebes unterschiedlich zu beurteilen sein.35 Der Arbeitgeber kann diese in § 12 AGG genannte Pflicht insbesondere durch eine Schulung seiner Arbeitnehmer erfüllen. Je nach Größe des Betriebes variieren die Anforderungen an Art, Umfang und Häufigkeit der Schulung, von Großunternehmen können weiter gehende Maßnahmen verlangt werden als von Kleinbetrieben.36 Auch Führungsrichtlinien37 und Ethikkodizes38 sowie Compliance-Richtlinien39 können zur Haftungsentlastung vorteilhaft sein. Rechtsprechung dazu liegt jedoch noch nicht vor.

16 Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot, so muss der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen (zB Abmahnung, Kündigung, Umsetzung oder Versetzung) zur Unterbindung der Benachteiligung ergreifen, § 12 Abs. 3 AGG.40 Er muss zudem dafür Sorge tragen, dass die Beschäftigten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit vor der Benachteiligung durch Dritte (zB Kunden oder Lieferanten) geschützt sind, § 12 Abs. 4 AGG.41

31 BKG, § 15 AGG Rz. 21; PWW/Lingemann, § 15 AGG Rz. 2. 32 Die Schutzgesetzqualität von §§ 7, 11, 16, 19 AGG ist umstritten; offengelassen von BAG v. 21.6.2012, NZA 2012, 2011 Rz. 48; ablehnend BKG, § 7 AGG Rz. 7; PWW/Lingemann, § 7 AGG Rz. 2; MüKoBGB/Thüsing, § 15 AGG Rz. 52; aA Maier-Reimer, NJW 2006, 2577, 2582; BeckOK ArbR/Roloff, § 15 AGG Rz. 18. 33 Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters stellen Stellengesuche nach einem „jungen Mitarbeiter“ (BAG v. 19.8.2010 – 8 AZR 530/09, NZA 2010, 1412), Mitarbeiter für ein „junges Team“ (LAG Kiel v. 29.10.2013 – 1 Sa 142/13) oder „Berufsanfänger“ (BAG v. 24.1.2013 – 8 AZR 429/11, NZA 2013, 498) bzw. „Young Professionals“ (BAG v. 24.1.2013, NZA 2013, 498; diff. LAG Nürnberg v. 27.11.2015 – 3 Sa 99/15) dar. Die Bezeichnung „Junior Consultant“ bzw. „Berufsanfänger“ ist hingegen nicht zu beanstanden, LAG Baden-Württemberg v. 19.11.2015 – 6 Sa 68/14. Ausf. Kap. 1 Rz. 10. So kann etwa die Begrenzung einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung auf Arbeitnehmer im ersten Berufsjahr eine nach § 3 Abs. 2 AGG unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters sein, BAG v. 18.8.2009 – 1 ABR 47/08, DB 2010, 284; eine Stellenausschreibung als „Junior Consultant“ muss nicht altersdiskriminierend sein, LAG Rh.-Pf. v. 10.2.2014 – 3 Sa 27/13, ebenso eine Stellenausschreibung für ein „dynamisches Team“, LAG Hamm v. 4.2.2014, NZA-RR 2014, 412, 416; zu Trainee-Stellen für Berufsanfänger BAG v. 24.1.2013 – 8 AZR 429/11. Ausf. Burkard-Pötter, NJW-Spezial 2012, 242 f. 34 Einzelheiten Kap. 1 Rz. 6. 35 § 12 Abs. 4 AGG kann sogar eine Pflicht des Arbeitgebers begründen, einem Arbeitnehmer zu kündigen, um andere Arbeitnehmer zu schützen, Haußmann/Merten, NZA 2015, 258. 36 Einzelheiten zur Schulung bei BKG, § 12 AGG Rz. 16 ff.; PWW/Lingemann, § 12 AGG Rz. 3 ff.; Grobys, NJW 2006, 2950, 2952; Wisskirchen, DB 2006, 1491, 1497. 37 Grobys, NJW 2006, 2950, 2952. 38 Schneider/Sittard, NZA 2007, 654. 39 Mengel/Hagemeister, BB 2006, 2466, 2468; Müller-Bonanni/Sagan, BB-Special 5/2008, 28. 40 Oberthür, ArbRB 2012, 180, 181. 41 Dazu Wobst, NZA-RR 2016, 508 ff.

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AGG, EntgTranspG | Rz. 19 Kap. 13

d) Beweislastverteilung § 22 AGG kehrt die Beweislast zu Lasten des Arbeitgebers um, sobald der Arbeitnehmer Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen.42

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Der Arbeitnehmer muss jeweils Indizien beweisen, die auf seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals schließen lassen. Aufgrund der dargelegten und ggf. bewiesenen Hilfstatsachen muss bei Nachweis dieser Tatsachen nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung sprechen.43 Es ist dabei zunächst Sache des Arbeitnehmers, diese überwiegende Wahrscheinlichkeit darzulegen. Erst dann trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass eine diskriminierende Benachteiligung nicht vorlag. Um diesen Beweis führen zu können, sollte der Arbeitgeber eine hinreichende Dokumentation vorweisen können.

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Indizien für eine Diskriminierung können vielfältig sein. Typisch ist insbesondere eine nicht § 7 Abs. 1 AGG entsprechende Ausschreibung oder Stellenanzeige.44 Auch ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zum Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer und Bewerber kann leicht ein Indiz begründen: Bei der Besetzung freier Arbeitsplätze hat der Arbeitgeber gem. § 164 Abs. 1 SGB IX zu prüfen, ob sie mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen sind. Dazu hat er frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Kontakt aufzunehmen und die Schwerbehindertenvertretung über etwaige Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen zu unterrichten. Verletzt der Arbeitgeber die Pflichten nach § 164 Abs. 1 SGB IX, so kann dies die Vermutung für eine Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter wegen ihrer Behinderung gem. §§ 1, 7, 22 AGG begründen.45 Ein schwerbehinderter Bewerber muss im Bereich des öffentlichen Dienstes (nicht aber in der privaten Wirtschaft!) nach § 165 Abs. 2 SGB IX grds. auch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.46 Als weitere Indi-

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42 Einzelheiten bei BKG, § 22 AGG Rz. 6 ff.; PWW/Lingemann, § 22 AGG Rz. 2 ff.; Palandt/Grüneberg, § 22 AGG Rz. 1 ff.; Stein, NZA 2016, 849 ff.; Grobys, NZA 2006, 902 ff.; Windel, ZGS 2007, 60 ff. 43 Der Beschäftigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Aus den Indizien muss lediglich der Schluss gezogen werden können, dass ein Benachteiligungsgrund für eine Benachteiligung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kausal geworden ist, vgl. BAG v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, NZA 2015, 1380 Rz. 25; v. 26.6.2014, NJOZ 2015, 1065 Rz. 39 mwN; v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, NZA 2012, 34; v. 22.7.2010 – 8 AZR 1012/ 08, NZA 2011, 93, 98 f.; BKG, § 22 AGG Rz. 4. Für das Vorliegen der Tatsachen, die das Indiz begründen, trifft den Beschäftigten die volle Beweislast, Vermutungen reichen hier nicht. 44 BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540, 543. Eine Stellenausschreibung mit den Anforderungen „flexibel und belastbar“ stellt für sich genommen aber noch kein Indiz für eine Benachteiligung behinderter Bewerber dar, LAG Nürnberg v. 19.2.2008 – 6 Sa 675/07, NZA 2009, 148. Zur Frage der Altersdiskriminierung bei Stellenausschreibungen vgl. Rz. 14. 45 BAG v. 13.10.2011, AP AGG § 15 Nr. 9 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2011, 561; v. 12.9.2006 – 9 AZR 807/05, NZA 2007, 507. Zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung BAG v. 22.8.2013 – 8 AZR 574/12; v. 17.8.2010, NZA 2011, 153, 156. Unerheblich soll dabei sein, ob der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers hatte, BAG v. 13.10.2011, EzA § 15 AGG Nr. 16. Ausführlicher s. Kap. 16 Rz. 3. Eine Diskriminierung wegen der Behinderung liegt hingegen dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber vor der Kündigung eines Schwerbehinderten kein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchführt, BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 402/14, NZA 2016, 1131 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 274. 46 Abweichendes hat jedoch dann zu gelten, wenn der Bewerber für die Stelle offensichtlich ungeeignet ist oder überqualifiziert ist, § 165 Satz 3 SGB IX. Zu dieser Thematik auch BAG v. 20.1.2016 – 8 AZR 194/ 14, NZA 2016, 681 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 321; v. 11.8.2016 – 8 AZR 375/15, BB 2017, 250 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2016, 433. Ein Entschädigungsanspruch besteht zudem dann nicht, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der benachteiligenden Maßnahme die Schwerbehinderung des Bewerbers nicht bekannt war und auch nicht hätte bekannt sein müssen, BAG v. 22.10.2015 – 8 AZR 384/14, NZA 2016, 625 Rz. 30.

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Kap. 13 Rz. 19 | AGG, EntgTranspG zien kommen die Erteilung einer Falschauskunft oder wechselnde Begründungen für eine Absage,47 die Einladung zum Bewerbungsgespräch mit der Mitteilung, nach den Bewerbungsunterlagen bestünde nur eine geringe Erfolgsaussicht48 oder die Frage nach Diskriminierungsmerkmalen (§ 1 AGG) im Bewerbungsgespräch oder Einstellungsfragebogen (dazu Kap. 1 Rz. 3 ff., Rz. 10 ff.) in Betracht. Auch eine öffentliche Äußerung des Arbeitgebers kann ein Indiz für eine unmittelbare Diskriminierung sein.49 Eine Kündigung wegen häufiger Krankheit ist kein Indiz für eine Diskriminierung wegen Behinderung.50 Statistische Daten können grundsätzlich Indizien für eine geschlechtsbezogene Diskriminierung sein. Eine Vermutung für ein diskriminierendes Verhalten des Arbeitgebers kann sich aus statistischen Daten aber nur dann ergeben, wenn sie sich konkret auf den betreffenden Arbeitgeber beziehen und im Hinblick auf dessen Verhalten aussagekräftig sind.51 Allein das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Gesamtbelegschaft und dem in oberen Führungspositionen lässt einen Rückschluss auf die Ungleichbehandlung von Frauen beim beruflichen Aufstieg in bestimmte Hierarchieebenen eines Unternehmens nicht zu.52 Die bloße Unterrepräsentation einer Gruppe von Beschäftigten ist nicht zwingend ein Indiz für eine diskriminierende Personalpolitik.53 e) Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrecht

20 Die Beschäftigten haben gem. § 13 AGG das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebes,

des Unternehmens oder der Dienststelle zu beschweren, wenn sie sich im Zusammenhang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt fühlen (Beschwerderecht).54

21 Bei einer Belästigung am Arbeitsplatz kann der Beschäftigte, wenn der Arbeitgeber keine oder offen-

sichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Belästigung oder sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz ergreift, die Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgeltes einstellen, § 14 AGG (Leistungsverweigerungsrecht).

47 BAG v. 21.6.2012 – 8 AZR 364/11; evtl. auch das Unterlassen jeder Auskunft, EuGH v. 19.4.2012, NZA 2012, 493 – Meister. Vgl. dazu Gola, NZA 2013, 360. 48 LAG BW v. 3.11.2014, NZA-RR 2015, 163. 49 EuGH v. 25.4.2013 – C-81/12; v. 10.7.2008 – C-54/07, NZA 2008, 929; BGH v. 23.4.2012 – II ZR 163/ 10, NZA 2012, 797; krit. Lingemann/Weingarth, DB 2012, 2325. 50 Krankheit ist grds. keine Behinderung, EuGH v. 11.7.2006 – C-13/05 – Chacón Navas, NZA 2006, 839 Rz. 44; BAG v. 20.6.2013, NZA-RR 2013, 662 Rz. 45. Allerdings kann eine Einschränkungen mit sich bringende Krankheit einer Behinderung gleichzustellen sein, EuGH v. 11.4.2013, NZA 2013, 553. Adipositas kann hingegen eine Behinderung sein, wenn sie unter bestimmten Umständen eine Einschränkung mit sich bringt, die den Arbeitnehmer an der gleichberechtigten Teilhabe am Berufsleben hindert, EuGH v. 18.12.2014 – C-354/13, NZA 2015, 33; eine symptomlose HIV-Infektion ist eine Behinderung, BAG v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372. 51 BAG v. 18.9.2014 – 8 AZR 753/13, BB 2015, 506 Rz. 38, 44; dazu auch Bauer/Krieger, NZA 2016, 1041, 1042. 52 BAG v. 22.7.2010 – 8 AZR 1012/08, NZA 2011, 93. 53 BAG v. 21.6.2012 – 8 AZR 364/11. 54 Dem zuständigen Betriebsrat steht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Ausgestaltung eines Beschwerdeverfahrens zu. Dieses umfasst jedoch nicht die organisatorischen Entscheidungen hinsichtlich des Ortes und der personellen Besetzung der Beschwerdestelle (BAG v. 21.7.2009, NZA 2009, 1045). Zur Erforderlichkeit von Betriebsratsschulungen im Zusammenhang mit dem AGG vgl. LAG Hessen v. 25.10.2007, AuA 2008, 442; speziell zum Mobbing BAG v. 14.1.2015 – 7 ABR 95/12, NZA 2015, 632. Der Arbeitgeber hat Beschwerden auch dann nachzugehen, wenn diese anonym erfolgt sind, dazu Zimmermann, AuR 2016, 226.

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AGG, EntgTranspG | Rz. 26 Kap. 13

f) Rechtsfolgen Gem. § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, unwirksam. Das führt im Regelfall zu einer „Anpassung nach oben“.55 Der EuGH hat diesen Grundsatz allerdings aufgeweicht und hält eine „Anpassung nach oben“ nicht für europarechtlich zwingend.56 Da das AGG keine Übergangsregelungen enthält, ist es seit dem 18.8.2006 auf die bestehenden individual- und kollektivrechtlichen Regelungen anwendbar.

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§ 15 Abs. 6 AGG stellt klar, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg begründet. Insoweit entsteht also kein Kontrahierungszwang für den Arbeitgeber.57

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Gem. § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber jedoch verpflichtet, dem Beschäftigten den durch einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entstandenen Schaden zu ersetzen. § 15 Abs. 1 AGG betrifft nur den Ersatz des materiellen Schadens. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten hat.

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Gem. § 15 Abs. 2 AGG besteht zudem ein Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist.58 Dieser Anspruch ist im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch (Rz. 24) nicht von einem Verschulden des Arbeitgebers abhängig.59 Eine Obergrenze für die Entschädigung regelt das AGG nicht.60 Nach § 15 Abs. 2 AGG ist die Entschädigung nur dann auf drei Monatsgehälter begrenzt, wenn der Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Enthält eine Stellenausschreibung den Hinweis, dass Mitarbeiter eines bestimmten Alters gesucht werden, so scheitert der Anspruch eines nicht eingestellten älteren Bewerbers auf eine Entschädigung nicht allein daran, dass der Arbeitgeber keinen anderen neuen Mitarbeiter eingestellt hat61 (s. die Entschädigungsklage M 1.9).

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Schadensersatz und Entschädigung müssen gem. § 15 Abs. 4 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden,62 sofern tarifvertraglich nicht etwas anderes bestimmt ist. Die Zweimonatsfrist gilt auch für deliktische Ansprüche, die auf den gleichen Lebenssachverhalt wie § 15 Abs. 4 AGG gestützt werden.63 Die Frist beginnt gem. § 15 Abs. 4 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der (auch konkludenten) Ablehnung und

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55 BAG v. 10.11.2011, NZA-RR 2012, 100 in Umsetzung der Entscheidung des EuGH v. 28.1.2015 – C417/13 – Starjakob, NZA 2015, 217; v. 8.9.2011, NZA 2011, 1100 – Hennigs; speziell zu kollektivrechtlichen Vereinbarungen Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663, 666 ff.; allgemein Bauer/Krieger, NZA 2016, 1041, 1045. 56 EuGH v. 19.6.2014, NZA 2014, 606, wonach es gerechtfertigt ist, wenn sich die Überleitung und Eingruppierung in ein neues tarifliches Vergütungssystem sich nach der ursprünglichen Eingruppierung in das unwirksame Vergütungssystem richtet und die Benachteiligung so perpetuiert wird; Lingemann, NZA 2014, 827. 57 Zum Kontrahierungszwang im zivilrechtlichen Teil des AGG vgl. ua. Thüsing/v. Hoff, NJW 2007, 21, sowie Armbrüster, NJW 2007, 1494. 58 Vgl. ausf. Walker, NZA 2009, 5. 59 BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 838/12, NZA 2014, 722. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung einer Strafschadensersatzvorschrift hat der EuGH hingegen abgelehnt, EuGH v. 17.12.2015 – C-407/14 – Auxiliadora Arjona Camacho, NZA 2016, 471 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 214. 60 Für eine Obergrenze BKG, § 15 AGG Rz. 27 ff.; PWW/Lingemann, § 15 AGG Rz. 5. 61 BAG v. 23.8.2012 – 8 AZR 285/11, NZA 2013, 37. 62 Die Frist ist europarechtskonform, vgl. EuGH v. 8.7.2010, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 – Bulicke; BAG v. 21.6.2012 – 8 AZR 188/11, NZA 2012, 1211; v. 15.3.2012, ArbRAktuell 2012, 167. Eine Bezifferung des Anspruchs ist hingegen nicht erforderlich, wenn die Forderung hinreichend spezifiziert wurde, BAG v. 18.2.2016 – 6 AZR 628/14, NZA-RR 2016, 330 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2016, 240. 63 BAG v. 21.6.2012 – 8 AZR 188/11, NJW 2013, 555.

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Kap. 13 Rz. 26 | AGG, EntgTranspG in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.64 Für die Wahrung der Frist genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird (vgl. § 167 ZPO).65 Ab Geltendmachung läuft zudem für alle Ansprüche wegen verbotener Benachteiligung iSv. § 7 Abs. 1 AGG66 gem. § 61b ArbGG die weitere Frist von drei Monaten für die Klageerhebung.

27 Bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen ist der Arbeitgeber gem. § 15 Abs. 3 AGG nur zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.67 Dieses Haftungsprivileg gilt wohl auch gegenüber Ansprüchen auf Schadensersatz68 – die höhere Richtigkeitsgewähr kollektiver Regelungen gilt hier gleichermaßen. Es kann insoweit für den Arbeitgeber von erheblichem Vorteil sein, wenn er zB Einstellungsfragebögen eine entsprechende Betriebsvereinbarung zugrunde legt (vgl. Kap. 1 Rz. 13, 17 ff. sowie Erläuterungen zu M 1.3.1 und M 1.3.2). g) Folgen für die betriebliche Praxis

28 Um eine Benachteiligung und entsprechende Ansprüche zu vermeiden, sollte der Arbeitgeber die

weisungsbefugten Beschäftigten sowie Mitarbeiter der Personalabteilungen über das AGG informieren und schulen. Im Anschluss daran sollten alle anderen Beschäftigten geschult und ihre Teilnahme dokumentiert werden.

29 Weiterhin sollte das gesamte Bewerbungsverfahren auf eventuelle Benachteiligungen untersucht

werden. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass Stellenanzeigen benachteiligungsfreie Anforderungsprofile enthalten und die Bewerberauslese sorgfältig dokumentiert wird, um später nachweisen zu können, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG vorlag.69 h) Folgen für die Vertragsgestaltung

30 Zum AGG sind noch viele Rechtsfragen offen. Bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen und kol-

lektiven Regelungen ist insbesondere auf Folgendes zu achten (in alphabetischer Reihenfolge nach Kernbegriff):70 – Vorsicht ist bei der Vereinbarung von Abfindungsregelungen geboten. Oft werden im Rahmen solcher Regelungen Mindestaltersgrenzen vorgegeben und die Abfindungshöhe in Abhängigkeit vom Alter berechnet. Für den Arbeitgeber besteht das Risiko, dass diese Regelungen unwirksam sind und Mitarbeiter unabhängig vom Alter den vollen Abfindungsanspruch erwerben.71 Entsprechende Regelungen müssen daher der tatsächlichen Lage am Arbeitsmarkt Rechnung tragen.72 64 BAG v. 15.3.2012 – 8 AZR 37/11, NZA 2012, 910. Die Unkenntnis der Rechtslage hat auf den Beginn der Ausschlussfrist keinen Einfluss, BAG v. 18.2.2016 – 6 AZR 628/14, NZA-RR 2016, 330. 65 BAG v. 22.5.2014 – 8 AZR 662/13, NZA 2014, 924. 66 BKG, § 15 AGG Rz. 57. 67 Einzelheiten bei Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663, 666 ff. 68 Vgl. BT-Drucks. 16/1780, S. 38. 69 Der abgelehnte Bewerber hat keinen Anspruch auf Auskunft darüber, ob der Arbeitgeber einen anderen Bewerber eingestellt hat und wenn ja, aufgrund welcher Kriterien diese Einstellung erfolgt ist, EuGH v. 19.4.2012, NZA 2012, 493 – Meister; BAG v. 25.4.2013 – 8 AZR 287/08. Eine unterlassene Auskunft kann aber ein Indiz für eine Benachteiligung gem. § 22 AGG sein, vgl. Rz. 19. Ausf. zu diskriminierungsrechtlichen Problemen bei Stellenausschreibungen s. Kap. 1 Rz. 6. 70 Einzelheiten bei Lingemann/Müller, BB 2007, 2006 ff. 71 Eine nationale Regelung, die dem Arbeitnehmer eine Entlassungsentschädigung versagt, wenn er vorzeitig eine Rente wegen des Alters beziehen kann, stellt einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung dar. Die nationale Norm muss auch in Privatrechtsstreitigkeiten unangewendet bleiben, EuGH v. 19.4.2016 – C-441/14 – Rasmussen, NZA 2016, 537 Rz. 27 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2016, 305. 72 Einzelheiten bei BKG, § 10 AGG Rz. 51 ff.; PWW/Lingemann, § 10 AGG Rz. 16 ff.; Willemsen/Schweibert, NJW 2006, 2583, 2587; Annuß, BB 2006, 1629, 1634; zu kollektiven Regelungen Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663, 664; zu Arbeits- und Aufhebungsverträgen Lingemann/Müller, BB 2007, 2006, 2008.

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AGG, EntgTranspG | Rz. 30 Kap. 13

Für Sozialpläne sieht § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG73 ausdrücklich die Möglichkeit einer nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelten Abfindungsregelung vor. Die übliche Staffelung der Sozialplanabfindung nach Alter ist weiter zulässig.74 Auch die lineare Steigerung nach Betriebszugehörigkeit oder Alter ist zulässig,75 ebenso die lineare Steigerung nach Alter und Betriebszugehörigkeit (reine Divisorformel: Alter × Betriebszugehörigkeit × Bruttomonatsgehalt/Divisor).76 Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 Alt. 2 AGG kann auch eine Verringerung der Abfindungshöhe bei der Inanspruchnahmemöglichkeit vorzeitiger Altersrente vereinbart werden.77 Die Verringerung der Rente wegen der Möglichkeit des Bezugs einer vorzeitigen Rente wegen Schwerbehinderung ist aber eine unzulässige Diskriminierung Behinderter.78 – Zulässig ist die Vereinbarung von Altersgrenzen auf den Bezug von Regelaltersrente im Arbeitsvertrag, § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG.79 Der EuGH hat eine tarifvertragliche Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr gebilligt, sofern die Regelung objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, das in Beziehung zur Beschäftigungspolitik und zum Arbeitsmarkt steht, gerechtfertigt ist und die Mittel, die zur Erreichung dieses im Allgemeininteresse liegenden Ziels eingesetzt werden, nicht als dafür unangemessen und nicht erforderlich erscheinen,80 wobei der EuGH den Mitgliedstaaten im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ausdrücklich einen weiten Ermessensspielraum zugebilligt hat. Zu bejahen ist die Zulässigkeit von Altersgrenzen auch, wenn sich der Zweck der Beschäftigungsförderung nicht aus konkreten Regelungen ergibt und wenn sie nur individualvertraglich geregelt sind. Ein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung liegt auch dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lediglich ein Angebot dahingehend macht, dass das Arbeitsverhältnis bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres enden solle.81 73 Zur Gemeinschaftsrechtskonformität der Vorschrift vgl. BAG v. 26.5.2009 – 1 AZR 198/08, NZA 2009, 849, 852. 74 BAG v. 12.4.2011 – 1 AZR 764/09, NZA 2011, 988; v. 26.5.2009 – 1 AZR 198/08, NZA 2009, 849. 75 BAG v. 26.5.2009 – 1 AZR 198/08, NZA 2009, 849. 76 BAG v. 12.4.2011 – 1 AZR 764/09, NZA 2011, 988; BKG, § 10 AGG Rz. 45l; krit. Lingemann/Gotham, NZA 2007, 664. 77 So nun auch EuGH v. 26.2.2015 – C-515/13 – Landin, NZA 2015, 473; BAG v. 9.12.2014 – 1 AZR 102/ 13, NZA 2015, 365 Rz. 29 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2015, 127 lässt sogar den Ausschluss von Arbeitnehmern von Sozialplanleistungen zu, wenn diese nach dem Bezug von ALG I direkt Altersrente in Anspruch nehmen können. Zu dieser Thematik auch Krieger/Arnold, NZA 2008, 1153. Die diesbezüglichen Stichtagsregelungen sind im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen, wenn sich die Grenzziehung am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist (BAG v. 9.12.2014, NZA 2015, 365 Rz. 29; v. 26.5.2009 – 1 AZR 198/08, NZA 2009, 849, 855; v. 11.11.2008 – 1 AZR 475/07, NZA 2009, 210, 213; v. 30.9.2008 – 1 AZR 684/07, NZA 2009, 386, 390). 78 EuGH v. 6.12.2012 – C-152/11 – Odar, NZA 2012, 1435. Eine Diskriminierung wegen der Behinderung liegt zudem vor, wenn Schwerbehinderte lediglich eine Abfindungspauschale erhalten, wohingegen den übrigen Arbeitnehmer eine individuelle Abfindung gewährt wird, BAG v. 17.11.2015 – 1 AZR 938/13, NZA 2016, 501 Rz. 14 ff. m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 579. 79 Diese Grenze ist jedoch nach der Anhebung der Regelaltersrente dahingehend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Vollendung des für den Bezug einer Regelaltersrente maßgeblichen Lebensalters enden soll, BAG v. 9.12.2015 – 7 AZR 68/14, DB 2016, 961; anders noch BAG v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/ 12, NZA 2013, 916. Zur Vereinbarung in Individualarbeitsverträgen vgl. Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663, 666; Lingemann/Müller, BB 2007, 2006. Eine dynamische Auslegung ist auch bei Betriebsvereinbarungen geboten, BAG v. 13.10.2015 – 1 AZR 853/13, NZA 2016, 54. Zu kollektivrechtlichen Regelungen vgl. auch PWW/Lingemann, § 10 AGG Rz. 15. 80 EuGH v. 16.10.2007 – C-411/05, NJW 2007, 3339 – Felix Palacios de La Villa gegen Cortefiel Servicios SA; nicht akzeptiert hat der EuGH eine Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten (EuGH v. 13.9.2011 – C-447/09 – Prigge, NZA 2011, 1039), da nicht bewiesen sei, dass in dem Alter die erforderlichen körperlichen Fähigkeiten nicht mehr vorlägen. Zur Rechtfertigung von Altersgrenzen auch Bauer/v. Medem, NZA 2012, 945; Brors, RdA 2012, 346. 81 BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 677/14, juris Rz. 35 zum Konzept „60+ für Führungskräfte“.

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Kap. 13 Rz. 30 | AGG, EntgTranspG – Bei der Altersteilzeit ist die Regelung, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet, sobald der Arbeitnehmer eine abschlagsfreie Rente wegen Alters in Anspruch nehmen kann, unmittelbar diskriminierend, wenn sie dazu führt, dass die Freistellungsphase eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erheblich kürzer ist als die Arbeitsphase (verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung). Der schwerbehinderte Arbeitnehmer hat dann einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit nicht behinderten Arbeitnehmern.82 – Eine Diskriminierung wegen der Religion kann in Bekleidungsregelungen liegen. Das Tragen eines Kopftuches kann der Arbeitgeber untersagen, wenn weltanschauliche Zeichen im Unternehmen generell verboten sind und es gute Gründe gibt.83 Ebenso können Bekleidungsvorschriften eine Diskriminierung wegen des Geschlechts sein.84 – Regelungen, nach denen Elternzeit bei Entgeltbestandteilen, die auf das aktive Arbeitsverhältnis abstellen, anspruchsmindernd berücksichtigt wird, stellen keine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Arbeitnehmer, die aufgrund der Elternzeit freigestellt sind, sind schon nicht mit regulär tätig werdenden Arbeitnehmern vergleichbar sind, da sie während der Zeit der Freistellung keine Berufserfahrung sammeln.85 – Die Staffelung der Kündigungsfristen nach dem Dienstalter ist keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Zur Erreichung des Ziels, länger beschäftigten und damit betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern durch längere Kündigungsfristen einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren, ist die gesetzliche Regelung angemessen und erforderlich.86 – Unkündbarkeitsregelungen sind mit dem AGG nicht vereinbar, soweit sie ausschließlich auf das Alter abstellen. Zulässig dürften jedoch Regelungen sein, die in angemessenem Verhältnis sowohl das Alter als auch die Betriebszugehörigkeit berücksichtigen.87 – Gewährt der Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern mehr Urlaubstage als jüngeren Arbeitnehmern, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zum Schutz der älteren Arbeitnehmer nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt sein. Die Rechtsprechung hält die Annahme des Erfahrungssatzes, dass bei körperlich belastenden Berufen das Erholungsbedürfnis im höheren Alter steigt, für unbedenklich.88

82 BAG v. 12.11.2013, NZA 2014, 632. 83 EuGH v. 14.3.2017 – C-157/15, C-188/15 – Bougnaoui; nach BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 611/12, NZA 2014, 1407 Rz. 36 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2015, 13 können kirchliche Arbeitgeber das Tragen eines Kopftuchs während der Arbeitszeit untersagen. BVerfG v. 27.1.2015, NJW 2015, 1359 zum religiösen Bekundungsverbot im Schuldienst. Danach ist ein pauschales Kopftuchverbot allerdings nicht zulässig. Zur Anweisung zum Verdecken religiöser Symbole EGMR v. 15.1.2013, ECHR 012 (2013). 84 Die Ausgestaltung der Dienstkleidung für verschiedene Personengruppen unterliegt dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Unterschiedliche Tragepflichten verstoßen gegen § 7 Abs. 1 AGG und sind nur gerechtfertigt, wenn für diese ein sachlicher Grund besteht, BAG v. 30.9.2014 – 1 AZR 1083/12, NZA 2015, 121. 85 BAG v. 21.11.2013 – 6 AZR 89/12, NZA 2014, 672. 86 BAG v. 18.9.2014 – 6 AZR 636/13, NZA 2014, 1400. 87 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 295/12, NZA 2014, 208. Danach verstoßen tarifliche Regelungen, die für ältere Arbeitnehmer ein Verbot der ordentlichen Kündigung enthalten, grundsätzlich nicht gegen das Diskriminierungsverbot. Eine Ausnahme ist nur im Falle von betriebsbedingten Kündigungen zu machen, wenn der Ausschluss älterer Arbeitnehmer zu einer grob fehlerhaften Sozialauswahl führen würde. Dazu auch Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663, 665 Lingemann/Müller, BB 2007, 2006 zu Arbeitsverträgen. 88 BAG v. 21.10.2014 – 9 AZR 956/12, NZA 2015, 297. Eine tarifliche Regelung, wonach Mitarbeitern, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ein um mindestens drei Tage kürzerer Urlaub zu gewähren ist als älteren Arbeitnehmern, ist jedoch unzulässig, BAG v. 12.4.2016 – 9 AZR 659/14, NZARR 2016, 438 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2016, 310.

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AGG, EntgTranspG | Rz. 30 Kap. 13

– Bei Vergütungsregelungen war früher die Vereinbarung von Altersstufen durchaus üblich. Derartige Altersentgeltregelungen stellen jedoch eine nicht durch § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG gerechtfertigte Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer dar,89 so dass stattdessen die Vergütung an das Dienstalter gebunden werden sollte.90 Ebenfalls eine Diskriminierung wegen des Alters liegt grundsätzlich dann vor, wenn bei der Berechnung von Entgeltbestandteilen, die auf der Erreichung bestimmter Dienstzeiten basieren, Beschäftigungszeiten vor dem 18. Lebensjahr nicht berücksichtigt werden.91 Gleiches gilt für tarifliche Regelungen, die den Erhalt einer Übergangsversorgung an einen bestimmten Stichtag koppeln.92 – Zusätzliche Vergütungs- oder Abfindungsleistungen speziell für verheiratete Mitarbeiter sind nach verbreiteter, aber abzulehnender Ansicht keine mittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung.93 Hielte man solche Leistungen hingegen für diskriminierend, hätten alle Mitarbeiter einen Anspruch auf die zusätzlichen Vergütungsbestandteile. Mit Beschluss v. 20.9. 200794 hat das BVerfG mangels Verstoßes gegen den Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG eine Verfassungsbeschwerde gegen die Gewährung eines Verheiratetenzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG nicht zur Entscheidung angenommen und die Auffassung des BVerwG, es liege auch kein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG vor, ausdrücklich als vertretbar bezeichnet. Mittlerweile gibt es aber eine recht starke Tendenz gegen die Beschränkung zusätzlicher Leistungen auf verheiratete Mitarbeiter. So haben eingetragene Lebenspartner in vergleichbarer Situation gleichermaßen wie Ehegatten Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung.95 Gleiches gilt für einen Auslandszuschlag nach dem TVöD.96 – Eine Diskriminierung wegen des Alters stellt die Bestimmung in einer Versorgungsordnung dar, nach der ein Anspruch auf eine betriebliche Altersrente nicht besteht, wenn der Arbeitnehmer bei Erfüllung der nach der Versorgungsordnung vorgesehenen zehnjährigen Wartezeit das 55. Lebensjahr vollendet hat.97 Unbedenklich ist dagegen die Begrenzung der Gesamtversorgung auf einen Höchstsatz, wenn diese Grenze nicht an das Lebensalter anknüpft.98 Eine Versorgungsordnung kann zulässigerweise vorsehen, dass bei der Inanspruchnahme der Betriebsrente vor Erreichen der üblichen „festen Altersgrenze“ ein Abschlag vorzunehmen ist. Darin liegt keine Diskriminierung von Schwerbehinderten.99 Hingegen ist eine tarifliche Regelung, die für die Anrechnung von 89 Vgl. EuGH v. 8.9.2011, NZA 2011, 1100 – Hennings und Mai; BAG v. 10.11.2011, NZA-RR 2012, 100; LAG Hessen v. 22.4.2009, NZA 2009, 799, 802; LAG Berlin-Brandenburg v. 11.9.2008, NZA-RR 2009, 378, 381. Eine Diskriminierung wegen des Alters liegt auch dann vor, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach dem Lebensalter gestaffelt wird, ohne dass das bisherige Entgelt reduziert wird, BAG v. 22.10.2015 – 8 AZR 168/14, NZA 2016, 1081 Rz. 17 ff. m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2016, 221. 90 BAG v. 8.12.2011 – 6 AZR 319/09, NZA 2012, 275; BKG, § 10 AGG Rz. 30; Lingemann/Gotham, NZA 2007, 663, 666 zu kollektiven Regelungen; Lingemann/Müller, BB 2007, 2006, 2007 zu Arbeitsverträgen; Löwisch, DB 2006, 1729, 1730; vgl. auch EuGH v. 3.10.2006 – C-17/05 – Cadman, DB 2006, 2350. 91 EuGH v. 28.1.2015 – C-417/13 – Starjakob, NZA 2015, 217. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist im Bereich der Beamtenversorgung zu machen, EuGH v. 16.6.2016 – C-159/15 – Lesar, NZA 2016, 879. 92 Diese Regelung stellt eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters dar, BAG v. 9.12.2015 – 4 AZR 684/12, NZA 2016, 897 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2016, 355. 93 Ebenso: BKG, Einleitung AGG, Rz. 27; Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, Rz. 354; aA Däubler/Bertzbach/Mahlmann, § 24 AGG Rz. 50; wohl auch Wisskirchen, AGG, S. 38. Eine solche Differenzierung hält jedenfalls für zulässig auch BGH v. 14.2.2007, BGH Report 2007, 602. 94 BVerfG v. 20.9.2007 – 2 BvR 855/06, NJW 2008, 209. 95 EuGH v. 1.4.2008 – C-267/06 – Maruko, NZA 2008, 459; BAG v. 14.1.2009, NZA 2009, 489; auch BVerfG v. 7.7.2009 – 1 BvR 1164/07, DB 2009, 2441. 96 BAG v. 18.3.2010, NZA-RR 2010, 664. 97 BAG v. 18.3.2014 – 3 AZR 69/12, NZA 2014, 606. Allgemein zu dieser Thematik Ahrendt, RdA 2016, 129 ff. 98 BAG v. 18.2.2014 – 3 AZR 833/12, NZA 2014, 1217, 1222 Rz. 41. 99 BAG v. 13.10.2016 – 3 AZR 439/15.

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Kap. 13 Rz. 30 | AGG, EntgTranspG Einkommenserhöhungen auf eine tariflich gewährte Einkommenssicherungszulage nach dem Lebensalter differenziert, unzulässig.100 i) Missbräuchliche Klagen

31 S. die ausführlichen Erläuterungen zu M 1.9.

2. EntgTranspG a) Auskunftsanspruch

32 Das EntgTranspG gilt seit dem 6.7.2017. Es zielt auf den Abbau (tatsächlicher oder vermeintlicher)

Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen. Sein Anwendungsbereich ist also viel enger als der des AGG, welches ja auch unterschiedliche Entgelte je nach Alter, ethnischer Herkunft etc. verbietet. Das EntgTranspG enthält als zentrale Neuerung erstmals einen individuellen und anlasslosen Auskunftsanspruch bezüglich der Bezahlung von Vergleichstätigkeiten (s. M 13.2.1). Der Schutz vor Ungleichbehandlung in Bezug auf das Entgelt ergab sich zwar bislang schon aus dem AGG sowie, bei Maßnahmen mit kollektivem Bezug, aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein anlassloser Auskunftsanspruch jedoch fehlte, sodass das Vorliegen einer Diskriminierung in der Gefahr stand, unentdeckt zu bleiben.101 Im Gegensatz zu anderen Teilen des Gesetzes ist die Mindestvoraussetzung für den Auskunftsanspruch, dass es sich um einen Betrieb handelt, in dem bei demselben Arbeitgeber mindestens 200 Personen beschäftigt sind. Auszugehen ist demnach von etwa 14 Mio. Anspruchsberechtigten.102 Allerdings geht der Gesetzgeber selbst davon aus, dass nur etwa 1 % der Berechtigten auch tatsächlich eine entsprechende Auskunft verlangen werden.103 Insofern darf die Durchschlagskraft des § 10 EntgTranspG im Hinblick auf das Ziel der Entgelttransparenz bezweifelt werden.104 Überdies ist die Auskunft, wonach erhebliche Entgeltunterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen, nicht automatisch Indiz für eine Diskriminierung nach § 22 AGG.105

33 Bezüglich der Antwort des Arbeitgebers ist zwischen der Situation eines tarifgebundenen/tarif-

anwendenden Arbeitgebers (M 13.2.2) und der eines tariffreien Arbeitgebers (M 13.2.3) zu unterscheiden. Letztere hält eine ungleich größere Variationsbreite der Antwortmöglichkeiten bereit, da zunächst beurteilt werden muss, ob die vom Arbeitnehmer in seiner Anfrage bezeichnete Vergleichstätigkeit nach den Grundsätzen des § 4 EntgTransG tatsächlich als vergleichbar angesehen wird oder aber die Vergleichbarkeit und somit die Auskunft abgelehnt wird. Dann muss sie aber hinsichtlich einer – nach Einschätzung des Arbeitgebers – vergleichbaren Tätigkeit erteilt werden (M 13.2.4). Sowohl im Fall des tarifgebundenen/tarifanwendenden Arbeitgebers als auch im Fall des tariffreien Arbeitgebers kann sich die Situation ergeben, dass die Vergleichsgruppe weniger als sechs Personen betrifft.

100 Für die Vergangenheit kann nach Auffassung des BAG die Beseitigung der Diskriminierung nur durch die Leistung einer unverringerten persönlichen Zulage erfolgen. Eine Differenzierung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit ist hingegen nicht zu beanstanden, BAG v. 18.2.2016 – 6 AZR 700/ 14, NZA 2016, 709 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 113. 101 Insb. ergab sich ein Auskunftsanspruch auch nicht aus § 242 BGB. Der allgemeine Auskunftsanspruch setzt einen „dem Grunde nach bestehenden Leistungsanspruch“ voraus (s. hierzu MüKoBGB/Krüger, § 260 BGB Rz. 15). 102 BT-Drucks. 18/11133, S. 30. 103 Prognostiziert werden in der Privatwirtschaft mithin 70.275 Auskunftsverlangen im Jahr, s. BTDrucks. 18/11133, S. 30. 104 So auch BKG, Einl. EntgTranspG Rz. 11. 105 LAG Niedersachen v. 1.8.2019 – 5 Sa 196/19, NZA-RR 2019, 629.

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AGG, EntgTranspG | M 13.1.3 Kap. 13

b) Verpflichtung zur Erstellung eines Entgelttransparenzberichts, § 21 EntgTranspG → s. M 13.2.5 § 21 EntgTranspG verpflichtet Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit zu erstellen, wenn sie nach §§ 264 und 289 HGB zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet sind. Der Beschäftigtenbegriff bestimmt sich nach § 5 Abs. 2 EntgTranspG. Maßgeblich für die Berechnung der regelmäßig Beschäftigten ist die Anzahl der Beschäftigten des im regelmäßigen Gang befindlichen Betriebs.106 Der Bericht ist gem. § 22 Abs. 4 EntgTranspG dem nächsten Lagebericht als Anlage anzufügen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Von tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgebern gem. § 5 Abs. 4, 5 EntgTranspG ist der Entgelttransparenzbericht alle fünf Jahre, von allen anderen Arbeitgebern iSd § 21 EntgTranspG alle drei Jahre zu erstellen.

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Der Bericht hat nach § 21 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG die Maßnahmen des Arbeitgebers zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Herstellung von Entgeltgleichheit zu enthalten. Führen Arbeitgeber solche Maßnahmen nicht durch, haben sie dies nach § 21 Abs. 1 Satz 2 EntgTranspG in ihrem Bericht zu begründen. Weiterhin hat der Arbeitgeber die durchschnittliche Gesamtzahl der Beschäftigten sowie die durchschnittliche Zahl der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten anzugeben, jeweils aufgeschlüsselt nach Geschlecht (§ 21 Abs. 2 EntgTranspG). Die statistischen Angaben nach Abs. 2 beziehen sich dabei jeweils nur auf das letzte Jahr im Berichtszeitraum. Ab dem zweiten Bericht sind für diese Angaben auch die Veränderungen im Vergleich zum letzten Bericht anzugeben (§ 22 Abs. 3 EntgTranspG).

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106 BT-Drucks. 18/11133, S. 72; ErfK/Schlachter, § 21 EntgTranspG Rz. 1.

II. Muster M 13.1.1 Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung bei der Einstellung S. M 1.9.

M 13.1.2 Gehaltsklage wegen Ungleichbehandlung/Diskriminierung S. M 12.5.

M 13.1.3 Klage wegen berechtigter Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers An das Arbeitsgericht […] In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1

1 S. M 101.1 und M 101.2.

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Kap. 13 M 13.1.3 | AGG, EntgTranspG vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage2 und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, seine Arbeitsleistung so lange zurückzuhalten, bis die Beklagte die sexuellen Belästigungen des Klägers seitens seiner Kollegen, insbesondere seitens der Kollegen X und Y, wirksam unterbunden hat.3 2. Die Beklagte wird verurteilt,4 dem Kläger Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem […] zu zahlen.5 3. Die Beklagte wird verurteilt, künftig an jedem Monatsersten, beginnend mit dem […], Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an den Kläger zu zahlen, soweit der Kläger arbeitsfähig ist, die Gehaltsansprüche nicht wegen längerer Krankheit entfallen, der Kläger nicht unbezahlten Urlaub hat, er leistungswillig bleibt und auch tatsächlich arbeitet und das Arbeitsverhältnis nicht endet.6

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl., einem Autozulieferer mit 500 Arbeitnehmern, als Lagerarbeiter beschäftigt. Der Kl. bekennt sich offen zu seiner Homosexualität. Er ist deshalb im Betrieb vielfältigen Anfeindungen ausgesetzt, insbesondere seitens seiner Kollegen X und Y (wird ausgeführt). Der Kl. hat von der Bekl. wiederholt, nämlich schriftlich am […], am […] und am […] verlangt, dass diese wirksam gegen die Belästigungen des Kl. vorgeht. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], vom […] und vom […], Anlagenkonvolut K 1 Auch der Betriebsratsvorsitzende A hat sich mehrfach, nämlich mit Schreiben vom […] und […] für einen wirksamen Schutz des Kl. eingesetzt. Geschehen ist jedoch nichts. Ganz im Gegenteil hat der Kl. den Eindruck, dass der Geschäftsführer der Bekl., Herr B, die Vorurteile gegen den Kl. teilt und die Kollegen des Kl. geradezu ermuntert, diesen weiter wegen seiner Homosexualität zu belästigen. Da die Bekl. trotz Mahnungen beharrlich ihren Schutzpflichten nach § 12 AGG nicht nachkommt, hat der Kl. nach § 14 AGG ein Zurückbehaltungsrecht. Der Kl. hat mit Schreiben vom […] gegenüber dem Geschäftsführer B angekündigt, von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, sofern die Bekl. nicht bis spätestens […] wirksame Abwehrmaßnahmen zu Gunsten des Kl. ergriffen hat. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 2 Da nichts geschehen ist, hat der Kl. mit Schreiben vom […] dem Geschäftsführer B mitgeteilt, dass er ab Montag, den […] nicht mehr zur Arbeit erscheine, solange keine wirksamen Abwehrmaßnahmen getroffen sind. Beweis: Schreiben des Kl. vom […], Anlage K 3 2 Unter bestimmten (sehr eingeschränkten) Voraussetzungen kann auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht kommen (dazu Wickler, DB 2002, 477, 483; LAG Thüringen v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/00, BB 2001, 1358, LS 7–9). 3 Praxistipp: Es muss sorgfältig überlegt werden, ob eine solche Feststellungsklage taktisch zweckmäßig ist. Sie hat keinen vollstreckbaren Inhalt. Zwar klärt ihre rechtskräftige Entscheidung, ob tatsächlich ein Zurückbehaltungsrecht bestand. Erfahrungsgemäß warten die Parteien aber so lange nicht, sondern entweder der Arbeitnehmer kündigt und macht Schadensersatz nach § 628 BGB geltend oder (häufiger) der Arbeitgeber stellt die Lohnzahlung ein und/oder kündigt außerordentlich wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. In diesen Fällen werden dann – schon wegen der Vollstreckbarkeit – rasch Leistungsklagen erhoben und das Bestehen/Nichtbestehen eines Leistungsverweigerungsrechts wird dann inzidenter geprüft. Sinnvoll kann die Feststellungsklage allerdings sein, wenn sie – wie im Muster – mit einer Leistungsklage verbunden wird. Die Berechtigung der Leistungsverweigerung wird zwar inzidenter auch im Rahmen der Zahlungsklage geprüft, die diesbezügliche Feststellung erwächst aber nicht in Rechtskraft. Zur Herbeiführung von Rechtskraft bedarf es einer separaten Feststellungsklage. 4 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 5 Mit diesem Antrag werden die bis zum Kammertermin rückständigen Gehälter eingeklagt. S. dazu allgemein M 101.3. 6 Zur Problematik der Klage auf künftige Vergütung s. ausf. M 12.29.

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AGG, EntgTranspG | M 13.2.1 Kap. 13 Auf dieses Schreiben hat der Geschäftsführer B mit Schreiben vom […] geantwortet, dass der Kl. offensichtlich eine „Mimose“ sei und die Konsequenzen selbst zu tragen habe, wenn er sich offen zu seiner Homosexualität bekenne. Die Bekl. beabsichtige nicht, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Insbesondere mit den Hänseleien von X und Y müsse der Kl. „halt leben“. Falls der Kl. wie angekündigt von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch mache, werde die Bekl. die Lohnzahlung sofort einstellen. Beweis: Schreiben des B vom […], Anlage K 4 Der Kl. hat daraufhin mit Wirkung ab Montag, den […] seine Tätigkeit für die Bekl. eingestellt. Daraufhin hat die Bekl. sofort die Lohnzahlung an den Kl. gestoppt. Mit dem Klageantrag Ziff. 1 begehrt die Kl. die Feststellung, dass er zur Verweigerung der Arbeitsleistung nach §§ 320, 273 BGB7 berechtigt ist. Zwar ist die Berechtigung der Leistungsverweigerung auch Voraussetzung für die mit den Klaganträgen Ziff. 2 und 3 geltend gemachten Zahlungsansprüche. Der Kl. hat jedoch ein Interesse daran, unabhängig davon die Berechtigung seiner Leistungsverweigerung feststellen zu lassen. Denn daraus können sich weitere Rechtsfolgen ergeben, beispielsweise ein Anspruch auf Entfernung der ihm erteilten Abmahnungen aus der Personalakte etc. Mit dem Klageantrag Ziff. 2 werden die bis zum Kammertermin rückständigen Lohnzahlungen geltend gemacht, mit dem Klageantrag Ziff. 3 begehrt der Kl. die Verpflichtung der Bekl. zur Lohnzahlung auch über den Kammertermin hinaus. […] (Unterschrift)8 7 Es ist unklar, ob die Schutzpflichten des Arbeitgebers aus dem AGG in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Pflicht des Arbeitnehmers zur Erbringung seiner Arbeitskraft stehen. Je nachdem folgt das Recht auf Zurückbehaltung bzw. Leistungsverweigerung aus § 273 BGB oder aus § 320 BGB. Im Ergebnis ergibt sich hinsichtlich der Rechtsfolgen kein Unterschied. 8 Hinsichtlich des Streitwerts ist der Wert der Zahlungsansprüche (für Antrag Ziff. 2 der Bruttobetrag, bei Antrag Ziff. 3 s. M 12.29) zu addieren mit dem Wert der Feststellungsklage. Es erscheint sachgerecht, deren Wert mit maximal einem Bruttomonatsgehalt anzusetzen.

M 13.2.1 Auskunftsverlangen nach EntgTranspG Firma […] z.Hd. der Personalabteilung1 (Ort, Datum) […] Sehr geehrte/r Herr/Frau […], ich stelle hiermit den Antrag auf Feststellung von Entgelt und Entgeltbestandteilen nach dem Entgelttransparenzgesetz. Ich bin im Betrieb des Unternehmens […] in […] als […]2 beschäftigt.3 Das Unternehmen beschäftigt in diesem Betrieb als Arbeitgeber in der Regel mehr als 200 Personen.4 Mein Auskunftsverlangen betrifft Per1 Sofern ein Betriebsrat besteht, ist dieser richtiger Adressat des Auskunftsverlangens. Er leitet das Verlangen in anonymisierter Form an den Arbeitgeber weiter, vgl. § 14 Abs. 1 EntgTranspG, § 15 Abs. 2 EntgTranspG. Ist dies nicht der Fall, wendet sich der Beschäftigte direkt an den Arbeitgeber, vgl. § 14 Abs. 3 EntgTranspG, § 15 Abs. 1 EntgTranspG. 2 Möglichst genaue Angabe der Tätigkeit, bspw. „Industriemechaniker in Halle 3“. 3 Zur Definition des Beschäftigten s. § 5 Abs. 2 EntgTranspG. Nicht umfasst sind trotz anderer Bestrebungen im Referentenentwurf u.a. Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb und arbeitnehmerähnliche Personen. Nach § 16 EntgTranspG umfasst sind jedoch Beschäftigte im öffentlichen Dienst. 4 Ausgenommen sind damit Kleinbetriebe oder Unternehmensstrukturen mit vielen kleinen Standorten (Einzelhandel). Zur Definition des Arbeitgebers s. § 5 Abs. 3 EntgTranspG. Die Betriebsdefinition folgt derjenigen des § 1 BetrVG.

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Kap. 13 M 13.2.1 | AGG, EntgTranspG sonen des […] Geschlechts,5 die im Betrieb als […] bei Ihnen tätig sind.6 Diese Tätigkeit entspricht meiner eigenen Tätigkeit (oder: ist mit meiner eigenen Tätigkeit vergleichbar).7 Im Einzelnen begehre ich Auskunft, 1. wie hoch der statistische Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts der angegebenen Tätigkeit ist (Vergleichsentgelt), 2. welche Kriterien und Verfahren bei der Entgeltfindung zugrunde gelegt werden und8 3. wie sich das Entgelt zusammensetzt aus […] und […] (Entgeltbestandteile).9 Obwohl mein letztes Auskunftsverlangen keine zwei10 Kalenderjahre zurückliegt, verlange ich hiermit erneut Auskunft, weil sich die Voraussetzungen wesentlich geändert haben. Ich bin nämlich per […] vom Abteilungsleiter zum Bereichsleiter mit Prokura befördert worden.11 (Vor- und Nachname) […] (Unterschrift) 5 Der Anspruch besteht nach dem Willen des Gesetzgebers nur bezüglich des jeweils anderen Geschlechts, vgl. BT-Drucks. 18/11133, S. 58. Dies wird deutlich durch die Bezugnahme auf das Entgeltgleichheitsgebot des § 3 EntgTranspG in § 10 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG. Eine Anfrage bezüglich desselben Geschlechts muss der Arbeitgeber nicht beantworten. 6 Kein wirksames Auskunftsverlangen liegt idR vor, wenn der Antragsteller eine konkrete Person benennt. 7 Die gleiche oder vergleichbare Tätigkeit muss in zumutbarer Weise möglichst konkret benannt werden. Wegen der Unzugänglichkeit vieler Informationen gelten keine besonders strengen Anforderungen. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht auskunftsverpflichtet, wenn eine offensichtlich falsche Vergleichstätigkeit genannt wird (Beispiel: Pförtner erfragt Gehalt von Abteilungsleiter). Zugrunde zu legen ist § 4 EntgTranspG. 8 Möglich ist auch, Auskunft ausschließlich über die Entgeltbestandteile zu verlangen, der Gesetzeswortlaut ist insoweit missverständlich. 9 Bspw. „Dienstwagen“, „Leistungszulagen“ oder auch pauschal „übertarifliche Zulagen“, wobei Letzteres nicht zu einer im einzelnen aufgeschlüsselten Auskunft, sondern nur zu einer Gesamtantwort führt. 10 S. § 10 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG. Für den Fall, dass der Antrag erstmals innerhalb von drei Kalenderjahren seit dem 6.7.2017 gestellt wird, gilt gem. § 25 Abs. 1 Satz 2 EntgTranspG zunächst eine Ausschlussfrist von drei Jahren. 11 Solche wesentlichen Änderungen können arbeitgeberseitig bedingt (zB Wechsel der Entgeltsystematik) oder mitarbeiterbezogen sein (zB Beförderung, Stellenwechsel). Hintergrund der Ausschlussfrist ist jedoch der Schutz vor unnötigen bürokratischen Lasten, sodass die Vorschrift restriktiv auszulegen ist; unwesentliche Änderungen reichen schon nach dem Wortlaut nicht aus.

M 13.2.2 Auskunft nach EntgTranspG des tarifgebundenen/tarifanwendenden

Arbeitgebers

(Ort, Datum) […] Sehr geehrte/r Herr/Frau […] bezugnehmend auf Ihr Auskunftsverlangen1 vom […]2 möchten wir3 Ihnen das Folgende mitteilen: Sie arbeiten in unserem Betrieb als […] und sind durch den Tarifvertrag […] in die Entgeltgruppe … eingruppiert. 1 S. M 13.2.1. 2 Die Auskunft muss unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten nach Zugang des Auskunftsverlangens erfolgen, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG. Ausdrücklich geregelt ist die Frist nur für die Auskunft eines tariffreien Arbeitgebers (§ 15 EntgTranspG). Gründe, aus denen tarifgebundene/-anwendende Arbeitgeber an keinerlei Frist gebunden sein sollen, sind jedoch nicht ersichtlich. Demnach wird man die Frist aus § 15

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AGG, EntgTranspG | M 13.2.3 Kap. 13 Dementsprechend beantworten wir Ihre Frage nach dem Vergleichsentgelt4 bezogen auf die Beschäftigten des […] Geschlechts,5 die ebenfalls in Ihre Entgeltgruppe eingruppiert sind (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 EntgTranspG). Der statistische Median des vollzeitäquivalenten durchschnittlichen Bruttomonatsarbeitsentgelts6 der genannten Gruppe beträgt Euro […]7 bezogen auf das Kalenderjahr […]. Bezüglich der von Ihnen erfragten Kriterien und Verfahren, welche wir bei der Entgeltfindung zugrunde legen, verweisen wir Sie auf den Tarifvertrag […], der an folgendem Ort für Sie einsehbar ist […].8 Wie Ihrer Anfrage zu entnehmen ist, begehren Sie zudem Auskunft darüber, in welchem Umfang sich das Vergleichsentgelt aus den Entgeltbestandteilen […] und […] zusammensetzt. Bezüglich des Bestandteils […] teilen wir Ihnen gerne mit, dass der Median dieses Entgeltbestandteils für das Kalenderjahr […] bei Euro […] lag.9 Beim Bestandteil […] lag der Median für dasselbe Jahr bei Euro […]. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift

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Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG hier entsprechend anwenden müssen (BKG, § 14 Rz. 53; BeckOK/Roloff, § 10 EntgTranspG Rz. 38; aA wohl Oberthür, NJW 2017, 2228 (2232)). Hinsichtlich der Zuständigkeit ist zwischen dem Adressaten des Auskunftsverlangens und dem Auskunftsschuldner zu unterscheiden. Nach § 14 EntgTranspG ist eine Vielzahl von Varianten (Betriebsrat, Arbeitgeber, Vertreter der zuständigen Tarifvertragsparteien) denkbar, die sich betriebsspezifisch unterscheiden. Der Entgeltbegriff wird durch § 5 Abs. 1 EntgTranspG legaldefiniert. Unter den Begriff des Bruttomonatsentgelts fallen nicht nur das Grundgehalt, sondern auch alle zusätzlichen Entgeltbestandteile, also zB Überstundenzuschläge, Weihnachtsgeld oder Fahrtkosen (Bauer/Romero, NZA 2017, 409 (411)). Sachleistungen werden entsprechend ihrem Wert (angelehnt an den steuerrechtlichen „geldwerten Vorteil“) einbezogen (BDA Leitfaden, 19; BKG, § 11 Rz. 58). Anzugeben ist gem. § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EntgTranspG das jeweils andere Geschlecht. Für die Ermittlung des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts der Beschäftigten ist in einem ersten Schritt das Jahresbruttoentgelt zugrunde zu legen. Bei Teilzeitbeschäftigten ist ein vollzeitäquivalentes Entgelt heranzuziehen, also eine Hochrechnung auf eine Vollzeittätigkeit vorzunehmen. Der so gefundene Betrag wird durch zwölf geteilt. Ist eine Person im Referenzzeitraum weniger als zwölf Monate beschäftigt, so wird der Betrag anhand der tatsächlichen Beschäftigungsdauer berechnet. Dasselbe gilt für den Fall, dass die Hauptleistungspflichten im Referenzzeitraum vorrübergehend ruhten (BKG, § 11 Rz. 65 f.). Der zu ermittelnde Median ist der Wert, der in der Mitte der Zahlenreihe steht, wenn die durchschnittlichen Bruttomonatsentgelte der Vergleichsgruppe der Höhe nach angeordnet wurden. Für gerade Zahlen ergibt er sich aus der Hälfte der Summe der beiden mittleren Werte (s. Bauer/Romero, NZA 2017, 409 (411)). Beruhen die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung auf Gesetz oder Tarifvertrag, so genügt der Verweis auf die Regelung unter Nennung der Fundstelle, vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG. Wichtig ist, dass zur Berechnung alle Beschäftigten der Vergleichsgruppe herangezogen werden und nicht etwa nur diejenigen, die den angefragten Bestandteil auch tatsächlich erhalten (BKG, § 11 Rz. 72).

M 13.2.3 Auskunft nach EntgTranspG des tariffreien Arbeitgebers (Ort, Datum) […] Sehr geehrte/r Herr/Frau […], bezugnehmend auf Ihr Auskunftsverlangen1 vom […]2 möchten wir3 Ihnen das Folgende mitteilen: 1 S. M 13.2.1. 2 Die Auskunft muss unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten nach Zugang des Auskunftsverlangens erfolgen, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG. Auch wenn die Auskunft erhebliche Entgeltunterschiede zwischen den Geschlechtern offenbart, ist sie nicht automatisch Judiz für eine Diskriminierung nach § 22 AGG (LAG Niedersachsen v. 1.8.2019 – 5 Sa 196/19, NZA-RR 2019, 629). 3 Hinsichtlich der Zuständigkeit ist zwischen dem Adressaten des Auskunftsverlangens und dem Auskunftsschuldner zu unterscheiden. Nach § 14 EntgTranspG ist eine Vielzahl von Varianten (Betriebsrat, Arbeitgeber, Vertreter der zuständigen Tarifvertragsparteien) denkbar, die sich betriebsspezifisch unterscheiden.

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Kap. 13 M 13.2.3 | AGG, EntgTranspG Sie arbeiten in unserem Betrieb als […]. Sie begehren individuelle Auskunft bezüglich der Vergütungsstruktur bezogen auf das […] Geschlecht. Weiter ergibt sich aus Ihrer Anfrage, dass sie Auskünfte bezüglich der von Ihnen selbst ausgeführten Tätigkeit (oder: bezüglich der Tätigkeit als […]) begehren, die Sie als vergleichbar einschätzen. Dementsprechend4 teilen wir Ihnen gerne mit, dass der statistische Median des vollzeitäquivalenten durchschnittlichen Bruttomonatsarbeitsentgelts5 der genannten Gruppe Euro […] bezogen auf das Kalenderjahr […] beträgt.6 Diese Tätigkeit wird zu […] % durch Personen des […] Geschlechts ausgeführt.7 Daneben begehren Sie Auskunft darüber, in welchem Umfang sich das Vergleichsentgelt aus den Entgeltbestandteilen […] und […] zusammensetzt. Bezüglich des Entgeltbestandteils […] teilen wir Ihnen gerne mit, dass der statistische Median für das Kalenderjahr […] bei Euro […] lag. Was den Entgeltbestandteil […] angeht, so lag der Median für dasselbe Jahr bei Euro […]. Schließlich erfragen Sie die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung bezüglich Ihrer und der Vergleichstätigkeit. Diese erläutern wir Ihnen gerne wie folgt:8 Entgeltbestandteil

Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung Anfragender

Vergleichsgruppe

Durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt

[detaillierte Erläuterungen]

[detaillierte Erläuterungen]

Entgeltbestandteil 1

[detaillierte Erläuterungen]

[detaillierte Erläuterungen]

Entgeltbestandteil 2

[detaillierte Erläuterungen]

[detaillierte Erläuterungen]

Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 4 Diese Var. betrifft den Fall, dass die Einschätzung des Beschäftigten bezüglich der vergleichbaren Tätigkeit geteilt wird oder der Beschäftigte die von ihm selbst ausgeführte Tätigkeit in Bezug genommen hat. Ansonsten s. M 13.2.4. 5 Zum Begriff des Bruttomonatsentgelts s. M 13.2.2. 6 Zur Berechnung des Medians s. M 13.2.2. 7 Der tariffreie Arbeitgeber muss nach § 15 Abs. 4 Satz 1 EntgTranspG angeben, „inwieweit“ die genannte Tätigkeit „überwiegend“ von Beschäftigten des anderen Geschlechts ausgeübt wird. Unklar ist dabei, ob es sich um eine prozentuale Angabe handeln muss (BKG, § 15 Rz. 23; BDA Leitfaden, 46) oder ob die Angabe ausreicht, die Tätigkeit werde überwiegend von einem Geschlecht ausgeübt (BeckOK ArbR/Roloff, § 10 EntgTranspG Rz. 22). 8 Das Gesetz enthält keine konkreten Anforderungen an die Erläuterung bezüglich Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung. Praxistauglich dürfte es sein, an dieser Stelle die relevanten Passagen einer ggf. vorhandenen Betriebsvereinbarung zu wiederholen (BDA Leitfaden, 27).

M 13.2.4 Auskunftsverweigerung des Arbeitgebers nach EntgTranspG (Ort, Datum) […] Sehr geehrter Herr/Frau […], bezugnehmend auf Ihr Auskunftsverlangen (s. M 13.2.1) vom […]1 möchten wir2 Ihnen das Folgende mitteilen: 1 Die Auskunft muss unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten nach Zugang des Auskunftsverlangens erfolgen, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG. Ausdrücklich geregelt ist die Frist nur für Auskunft eines tariffreien Arbeitgebers (§ 15 EntgTranspG). Gründe, aus denen tarifgebundene/-anwendende Arbeitgeber

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AGG, EntgTranspG | M 13.2.5 Kap. 13 Sie arbeiten in unserem Betrieb als […] Ihr Auskunftsverlangen betrifft die Tätigkeit als […], die Sie als vergleichbar mit Ihrer eigenen Tätigkeit einschätzen. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir diese Einschätzung nicht teilen3 und Ihnen bezogen auf die genannte Gruppe keine Auskunft erteilen können.4 Um die Entscheidung für Sie nachvollziehbar zu machen, erläutern wir Ihnen gerne, warum die genannte Tätigkeit nach unserer Einschätzung nicht mit Ihrer verglichen werden kann.5 – [detaillierte Erläuterung zur Unvergleichbarkeit]6 Gleichwohl möchten wir Ihnen die Auskunft gerne bezogen auf die von Ihnen selbst ausgeübte Tätigkeit geben (s. M 13.2.2 bzw. M 13.2.3).7 Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift

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an keinerlei Frist gebunden sein sollen, sind jedoch nicht ersichtlich. Demnach wird man die Frist aus § 15 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG hier entsprechend anwenden müssen (BKG, § 14 Rz. 53; BeckOK/Roloff, § 10 EntgTranspG Rz. 38; aA wohl Oberthür, NJW 2017, 2228 (2232)). Hinsichtlich der Zuständigkeit ist zwischen dem Adressaten des Auskunftsverlangens und dem Auskunftsschuldner zu unterscheiden. Nach § 14 EntgTranspG ist eine Vielzahl von Varianten (Betriebsrat, Arbeitgeber, Vertreter der zuständigen Tarifvertragsparteien) denkbar, die sich betriebsspezifisch unterscheiden. Vor einer Auskunftsverweigerung hat der Arbeitgeber stets besonders sorgfältig zu prüfen, ob diese gerechtfertigt ist. Das Risiko einer ungerechtfertigten Auskunftsverweigerung besteht in der Beweislastumkehr nach § 15 Abs. 5 EntgTranspG. Die Verweigerung der Auskunft ist auch dann zwingend, wenn in der angefragten Vergleichsgruppe weniger als sechs Mitarbeiter beschäftigt sind (§ 12 Abs. 3 EntgTranspG), insoweit geht der Datenschutz vor. Gem. § 15 Abs. 4 EntgTranspG muss der Arbeitgeber im Fall der Auskunftsverweigerung anhand der im Betrieb angewendeten Maßstäbe nachvollziehbar begründen, warum es sich nicht um eine vergleichbare Tätigkeit handelt. Dabei sind die Kriterien des § 4 EntgTranspG zu berücksichtigen. Entsprechend § 4 Abs. 2 EntgTranspG muss dargelegt werden, warum die beiden Tätigkeiten unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren als nicht in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können. Faktoren sind dabei (nicht abschließend): Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen und Arbeitsbedingungen. Gem. § 15 Abs. 4 Satz 4 EntgTranspG muss der Arbeitgeber im Fall der Unvergleichbarkeit seine Auskunft auf die gleiche oder seines Erachtens nach vergleichbare Tätigkeit beziehen. Das Auskunftsverlangen kann nicht etwa unbeantwortet bleiben.

M 13.2.5 Entgelttransparenzbericht Entgelttransparenzbericht der X AG Präambel Das EntgTranspG verfolgt das Ziel, gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen. Um dieses Ziel auf Unternehmensebene zu erreichen, verpflichtet § 21 EntgTranspG nach dem HGB lageberichtspflichtige Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten zur Erstellung eines Berichts zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit. Mit der vorliegenden Veröffentlichung wird diese Berichtspflicht für die X AG erfüllt. Da es sich bei der X AG um ein tarifgebundenes oder tarifanwendendes Unternehmen handelt, wird es den Bericht gem. § 22 Abs. 1 EntgTranspG alle fünf Jahre veröffentlichen.1 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der X AG werden nachfolgend unter dem Plural „Mitarbeiter“ zusammengefasst. 1 Ohne Tarifbindung/-anwendung ist der Bericht gem. § 22 Abs. 2 EntgTranspG alle drei Jahre zu veröffentlichen.

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Kap. 13 M 13.2.5 | AGG, EntgTranspG 1. Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung2 Die X AG hat ihre langjährigen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen im Geschäftsjahr […] fortgesetzt. Dabei steht für die X AG insbesondere das Ziel einer erleichterten Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Fokus, um Frauen neue Karriereoptionen bieten zu können. Zudem soll durch diese Maßnahmen der Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöht werden. Ziel 1: Erleichterte Vereinbarkeit von Beruf und Familie – Angebote zur Kinderbetreuung: Regelkinderbetreuung, Ferienbetreuung, Kindernotfallbetreuung und Eltern-Kind-Büro, Engpassbetreuung – Teilzeitlösungen – Mobiles Arbeiten: Home-Office und Telearbeit – Berufliche Auszeit – Wiedereinstieg nach Elternzeit verbessern durch Weiterbildungsangebote während der Elternzeit und Teilzeitlösungen während der Elternzeit Diese Maßnahmen zielen auf eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie ab. Dadurch soll zum einen eine verstärkte Inanspruchnahme von Elternzeit durch Väter gefördert werden. Zum anderen kann im Fall einer einfacheren Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Bereitschaft von Frauen zur Übernahme von Frauen gestärkt werden. Ziel 2: Erhöhung des Frauenanteils im Management – Angepasste Rekrutierungsstrategie; mindestens eine Frau in der finalen Auswahlrunde zur Besetzung von Führungskräften – AGG-Schulungen für Führungskräfte zu Geschlechtergleichstellung – Zielgrößen für Frauen im Management – Shared Leadership – Spezielle Seminare für Frauen – Frauennetzwerke, regelmäßige Veranstaltungen für Frauen – Mentoring-Programme für Frauen Der Erfolg unserer Bemühungen wird insbesondere daran sichtbar, dass die X AG mittlerweile […] Prozent Frauen in Führungspositionen beschäftigt. 2. Maßnahmen zur Herstellung von Entgeltgleichheit Die Höhe des Entgelts richtet sich bei der X AG nach den Aufgaben und Leistungen der Mitarbeiter sowie nach ihrer Qualifikation und Erfahrung. Das Geschlecht ist kein Differenzierungskriterium bei der Entgeltfindung. Im Bereich der Tarifmitarbeiter gilt gem. § 4 Abs. 5 EntgTranspG eine Angemessenheitsvermutung. Für Mitarbeiter, die nach einem Tarifvertrag vergütet werden, definieren diese geschlechtsunabhängige Kriterien zur Vergütung. Andere grundlegende Entgeltregelungen – Kriterien für die Eingruppierung in Karrierestufen: identische Anforderungen für Frauen und Männer – Interner und externer Vergleich Arbeitsbewertungsverfahren3 2 Führt der Arbeitgeber keine Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung und Entgeltgleichheit durch, muss er dies in seinem Bericht begründen. Die Begründung darf nicht formelhaft sein, sondern muss nachvollziehbar darlegen, warum es dem Arbeitgeber im Berichtszeitraum nicht möglich war, Maßnahmen zu ergreifen (BT-Drucks. 18/11133). 3 Grundlegende Entgeltregelungen und Arbeitsbewertungsverfahren können nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/11133, S. 72) Inhalt des Berichts sein, da sie maßgeblich für eine faire und transparente Entlohnung der Beschäftigten seien.

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Urlaub | Kap. 14 3. Statistische Angaben: Bei der X AG waren zum […] insgesamt […] Mitarbeiter beschäftigt. Frauen

Männer

Vollzeit Teilzeit gesamt

Kapitel 14 Urlaub I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster Urlaubsantrag und -bewilligung (Formular) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführliche Bewilligung von bezahltem und unbezahltem Urlaub (Brief) . . . . . Urlaubsbescheinigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . Antrag auf Übertragung des Teilurlaubs vor Erfüllung der Wartezeit in das Folgejahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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M 14.1 M 14.2 M 14.3

Erklärung über die Kürzung des Urlaubsanspruches während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 BEEG . . . Hinweis- und Aufforderungsschreiben zum Verfall von Urlaubstagen bei Nichtinanspruchnahme . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Urlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Urlaubsabgeltung . . . . . . .

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. M 14.5 . M 14.6 . M 14.7 . M 14.8

M 14.4

Literatur: Allgemein: Anton-Dyck/Böhm, Haftungsfalle Urlaubsabgeltungsanspruch, ArbRB 2015, 385– 388; Arnold/Zeh, Der EuGH und das deutsche Urlaubsrecht – schon wieder Neues aus Luxemburg!, NZA 2019, 1; Bayreuther, Urlaubsrecht – finalisiert, NZA 2019, 945; Bonanni/Niklas, Die neue Hinweispflicht des Arbeitgebers auf bestehende Urlaubsansprüche, ArbRB 2019, 208; Corts, Einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung, NZA 1998, 357; Fenski, Urlaubsrecht im Umbruch?, DB 2007, 686; Fröhlich, Weitere aktuelle Entwicklungen im Urlaubsrecht, ArbRB 2016, 86; Günther/Salomon-Hengst, Neues zum Urlaubsrecht, AuA 2016, 90–93; Hock/Hock, Irrungen und Wirrungen des Urlaubsrechts aufgrund der Rechtsprechung des EuGH und BAG und deren Umsetzung in der Praxis, ZTR 2015, 253; Kleinebrink, Urlaubsdauer bei Teilzeitbeschäftigung und flexibler Arbeitszeit, ArbRB 2015, 22; Neumann/Fenski, Bundesurlaubsgesetz, Kommentar, 11. Aufl. 2015; Schönhöft/Oelze, Sonderurlaub – Die Entstehung des Urlaubsanspruchs bei Doppelarbeitsverhältnissen und dessen Anrechnungsmöglichkeiten, NZA 2016, 868; Seel, Rückruf aus dem Urlaub – Ist dies möglich?, MDR 2013, 1385; Seel, Urlaubsrecht in der Rechtsprechung, NWB 2016, 715; Weigert/Zeising, Die Berechnung von Urlaubsansprüchen bei Veränderungen der Arbeitszeit, NZA 2016, 862; Wulfers, Urlaubsabgeltung und tarifliche Ausschlussfrist, ZTR 2010, 180. Arbeitsunfähigkeit: Bauer/Arnold, Urlaubsabgeltung bei Arbeitsunfähigkeit, AP BUrlG § 7 Nr. 39; Bauer/ von Medem, Von Schultz-Hoff zu Schulte – der EuGH erweist sich als lernfähig, NZA 2012, 113; Bufalica, Urlaubsansprüche als Kündigungsgrund? – Auswirkungen der „Schultz-Hoff“-Entscheidung auf die personenbedingte Kündigung bei Langzeiterkrankungen, ArbR 2010, 133; Dornbusch/Ahner, Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltung bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, NZA 2009, 180; Gaul/Josten/Strauf, Urlaubsanspruch trotz Dauerkrankheit, BB 2009, 497; Grobys, Urlaub und Krankheit – Die Karten sind neu gemischt, NJW 2009, 2177; Kamanabrou, Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach der Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH, SAE 2009, 233; Kamanabrou, Urlaubsanspruch nach Langzeiterkrankung – ein Gebot des Gemeinschaftsrechts?, SAE 2009, 121; Krieger/Arnold, Urlaub 1.+2. Klasse – Das BAG folgt der Schultz-Hoff-Entscheidung, NZA 2009, 530. Elternzeit: Bruns, Erholungsurlaub und Elternzeit, NZA 2019, 1403. Insolvenz: Düwell/Pulz, Urlaubsansprüche in der Insolvenz, NZA 2008, 786; Krings, Urlaubsansprüche in der Arbeitgeberinsolvenz, DB 2019, 790.

Diller und Lingemann/Diller | 663

Urlaub | Kap. 14 3. Statistische Angaben: Bei der X AG waren zum […] insgesamt […] Mitarbeiter beschäftigt. Frauen

Männer

Vollzeit Teilzeit gesamt

Kapitel 14 Urlaub I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster Urlaubsantrag und -bewilligung (Formular) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführliche Bewilligung von bezahltem und unbezahltem Urlaub (Brief) . . . . . Urlaubsbescheinigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . Antrag auf Übertragung des Teilurlaubs vor Erfüllung der Wartezeit in das Folgejahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

_ 1

_ _ _ _

M 14.1 M 14.2 M 14.3

Erklärung über die Kürzung des Urlaubsanspruches während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 BEEG . . . Hinweis- und Aufforderungsschreiben zum Verfall von Urlaubstagen bei Nichtinanspruchnahme . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Urlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Urlaubsabgeltung . . . . . . .

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. M 14.5 . M 14.6 . M 14.7 . M 14.8

M 14.4

Literatur: Allgemein: Anton-Dyck/Böhm, Haftungsfalle Urlaubsabgeltungsanspruch, ArbRB 2015, 385– 388; Arnold/Zeh, Der EuGH und das deutsche Urlaubsrecht – schon wieder Neues aus Luxemburg!, NZA 2019, 1; Bayreuther, Urlaubsrecht – finalisiert, NZA 2019, 945; Bonanni/Niklas, Die neue Hinweispflicht des Arbeitgebers auf bestehende Urlaubsansprüche, ArbRB 2019, 208; Corts, Einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung, NZA 1998, 357; Fenski, Urlaubsrecht im Umbruch?, DB 2007, 686; Fröhlich, Weitere aktuelle Entwicklungen im Urlaubsrecht, ArbRB 2016, 86; Günther/Salomon-Hengst, Neues zum Urlaubsrecht, AuA 2016, 90–93; Hock/Hock, Irrungen und Wirrungen des Urlaubsrechts aufgrund der Rechtsprechung des EuGH und BAG und deren Umsetzung in der Praxis, ZTR 2015, 253; Kleinebrink, Urlaubsdauer bei Teilzeitbeschäftigung und flexibler Arbeitszeit, ArbRB 2015, 22; Neumann/Fenski, Bundesurlaubsgesetz, Kommentar, 11. Aufl. 2015; Schönhöft/Oelze, Sonderurlaub – Die Entstehung des Urlaubsanspruchs bei Doppelarbeitsverhältnissen und dessen Anrechnungsmöglichkeiten, NZA 2016, 868; Seel, Rückruf aus dem Urlaub – Ist dies möglich?, MDR 2013, 1385; Seel, Urlaubsrecht in der Rechtsprechung, NWB 2016, 715; Weigert/Zeising, Die Berechnung von Urlaubsansprüchen bei Veränderungen der Arbeitszeit, NZA 2016, 862; Wulfers, Urlaubsabgeltung und tarifliche Ausschlussfrist, ZTR 2010, 180. Arbeitsunfähigkeit: Bauer/Arnold, Urlaubsabgeltung bei Arbeitsunfähigkeit, AP BUrlG § 7 Nr. 39; Bauer/ von Medem, Von Schultz-Hoff zu Schulte – der EuGH erweist sich als lernfähig, NZA 2012, 113; Bufalica, Urlaubsansprüche als Kündigungsgrund? – Auswirkungen der „Schultz-Hoff“-Entscheidung auf die personenbedingte Kündigung bei Langzeiterkrankungen, ArbR 2010, 133; Dornbusch/Ahner, Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltung bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, NZA 2009, 180; Gaul/Josten/Strauf, Urlaubsanspruch trotz Dauerkrankheit, BB 2009, 497; Grobys, Urlaub und Krankheit – Die Karten sind neu gemischt, NJW 2009, 2177; Kamanabrou, Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach der Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH, SAE 2009, 233; Kamanabrou, Urlaubsanspruch nach Langzeiterkrankung – ein Gebot des Gemeinschaftsrechts?, SAE 2009, 121; Krieger/Arnold, Urlaub 1.+2. Klasse – Das BAG folgt der Schultz-Hoff-Entscheidung, NZA 2009, 530. Elternzeit: Bruns, Erholungsurlaub und Elternzeit, NZA 2019, 1403. Insolvenz: Düwell/Pulz, Urlaubsansprüche in der Insolvenz, NZA 2008, 786; Krings, Urlaubsansprüche in der Arbeitgeberinsolvenz, DB 2019, 790.

Diller und Lingemann/Diller | 663

Kap. 14 Rz. 1 | Urlaub Kurzarbeit: Bauer/Kern, Wechselwirkung zwischen Kurzarbeit und Urlaub, NZA 2009, 925; Bayreuther, Kurzarbeit, Urlaub und der EuGH, DB 2012, 2748; Drosdeck/Schilling, § 13 BUrlG ist europarechtswidrig: Kurzarbeit darf das Urlaubsentgelt nicht verringern – kein Vertrauensschutz für Arbeitgeber, DB 2019, 195; Groeger, Kurzarbeit und Urlaubsansprüche, ArbRB 2010, 119; Kortmann, Kurzarbeit und Urlaubsansprüche, ArbR 2010, 29; Leuchten/Klapper, Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit, ZESAR 2013, 114; Walker, Verhältnis zwischen Kurzarbeit und Urlaub, SAE 2010, 70. Ruhendes Arbeitsverhältnis: Fieberg, Urlaubsanspruch bei ruhendem Arbeitsverhältnis, NZA 2009, 929; Heilmann/Koch, Urlaub und Altersteilzeit – eine wundersame Vermehrung von Urlaubsansprüchen?, NZA-RR 2018, 8; Heither/Witkowski, Entstehen und Abgeltung von Urlaubsansprüchen bei Altersteilzeit im Blockmodell, NZA 2018, 909. Vererblichkeit: Schipper/Polzer, Die Vererblichkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs – Die Rechtsprechung im Wandel?, NZA 2011, 80.

I. Einführung 1

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die jährliche Gewährung von Urlaub.1 Der Arbeitgeber hat ihn zeitweilig von seinen vertraglichen Arbeitspflichten unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen. Maßgeblich ist das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage (§ 3 Abs. 1 BUrlG) berechnet auf Basis von sechs Werktagen/Woche, somit vier Wochen. Darüber hinaus wird meist zusätzlicher Urlaub (Mehrurlaub) gewährt. Zwar kann älteren Beschäftigten zu ihrem Schutz auch ein erhöhter Mehrurlaub gewährt werden, allerdings nur in den engen Grenzen von § 10 Abs. 3 Nr. 1 AGG;2 dabei stellt das BAG erhebliche Anforderungen an den Nachweis der Rechtfertigung eines solchen erhöhten Mehrurlaubs.3 Bei der Umrechnung von Werktagen auf Arbeitstage ist die Zahl der Urlaubswerktage durch sechs zu teilen und mit der Zahl der Arbeitstage (bei Vollzeittätigkeit regelmäßig fünf, bei Teilzeittätigkeit entsprechend weniger) zu multiplizieren.4 Beträgt der Urlaub bei einer regelmäßig auf fünf Arbeitstage verteilten Arbeitszeit 30 Arbeitstage, ist für die Umrechnung des Urlaubs eines Teilzeitbeschäftigten, der mit dem Arbeitgeber eine Jahresarbeitszeit vereinbart hat, auf die im Kalenderjahr möglichen Arbeitstage abzustellen. Der Urlaub des Teilzeitbeschäftigten verringert sich entsprechend.5 Bei Wechsel innerhalb eines Jahres von Vollzeit in Teilzeit ist der Gesamtjahresurlaubsanspruch für das betreffende Kalenderjahr unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung umzurechnen.6

2

Abweichende einzel- oder tarifvertragliche Regelungen sind für den gesetzlichen Mindesturlaub nur in den Grenzen des § 13 BUrlG möglich. Soweit der Mehrurlaub für Krankheitszeiten gekürzt werden soll, bedarf es einer eindeutigen Regelung.7 Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub, ein negatives Schuldanerkenntnis etc. wäre nicht wirksam, solange das Arbeitsverhältnis besteht.8 Nur Tatsachenvergleiche, nach denen Urlaub in natura gewährt wurde, sind zulässig. Nach Beendigung kann allerdings auch auf den gesetzlichen Mindesturlaub verzichtet werden, etwa durch eine allgemeine Ausgleichsklausel.9 1 Ein solcher Anspruch steht gem. § 2 BUrlG auch arbeitnehmerähnlichen Personen zu; vgl. auch BAG v. 15.11.2005, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 12. 2 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 161/18, NZA 2019, 634; v. 18.10.2016 – 9 AZR 123/16, NJW 2017, 1340, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 94; v. 21.10.2014 – 9 AZR 956/12, NZA 2015, 297. 3 BAG v. 12.4.2016 – 9 AZR 659/14, NZA-RR 2016, 438 – ablehnend für Mehrurlaub ab dem 50. Lebensjahr. 4 BAG v. 14.1.1992 – 9 AZR 148/91, DB 1992, 1889. 5 BAG v. 5.9.2002 – 9 AZR 244/01, NZA 2003, 726; zur Umrechnung vgl. auch BAG v. 30.10.2001, NZA 2002, 815. In der Freistellungsphase im Blockmodell der Altersteilzeit entsteht kein Urlaubsanspruch (BAG v. 3.12.2019 – 9 AZR 33/19, NZA 2020, 789; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2020, 200). 6 BAG v. 21.5.2019 – 9 AZR 259/18, NZA 2019, 1365. 7 BAG v. 15.10.2013 – 9 AZR 374/12, NZA-RR 2014, 234. 8 Auch die vertragliche Vereinbarung von Ausschlussfristen zur Geltendmachung des gesetzlichen Mindesturlaubs ist mit § 13 Abs. 1 BUrlG unvereinbar, BAG v. 18.11.2003 – 9 AZR 95/03, DB 2004, 1267. 9 BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 669/12, AP BUrlG § 7 Nr. 72.

664 | Lingemann/Diller und Lingemann

Urlaub | Rz. 5 Kap. 14

Arbeitsleistung und Urlaubsanspruch stehen nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis, so dass der Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf Urlaubsgewährung hat, wenn er in dem Kalenderjahr und im Übertragungszeitraum nach § 7 Abs. 3 BUrlG arbeitsunfähig war (im Einzelnen dazu Rz. 8 ff.).10 Das Urlaubsverlangen ist in diesem Fall nicht rechtsmissbräuchlich.11 Für Zeiten unbezahlten Sonderurlaubs entsteht kein Urlaubsanspruch, da die Parteien die Hauptleistungspflichten vorübergehend ausgesetzt haben.12 Im Gegensatz dazu entsteht der gesetzliche Urlaubsanspruch auch für den Zeitraum der Elternzeit.13 Der Urlaubsanspruch kann allerdings vom Arbeitgeber durch Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer (M 14.5) nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG, die nur im laufenden Arbeitsverhältnis wirksam abgegeben werden kann, gekürzt werden.14 Das ist unionsrechtlich zulässig, da der Urlaubsanspruch voraussetzt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich – mit Ausnahme von Krankheit und Mutterschaftsurlaub – gearbeitet hat.15

3

Der Urlaubsanspruch ist höchstpersönlich und kann daher nicht verpfändet oder abgetreten werden.16 Der Urlaubsanspruch ist vererblich dergestalt, dass für die Erben ein entsprechender Zahlungsanspruch entsteht,17 der für den vertraglichen Mehrurlaub abbedungen werden kann.18 Vererblich ist auch der Urlaubsabgeltungsanspruch.19 Er fällt den Erben so an, wie er dem Erblasser entstanden wäre, kann also auch vertraglichen oder tariflichen Ausschlussfristen unterliegen.20 Zweck des Urlaubs ist zum einen die Erholung des Arbeitnehmers und zum anderen, dem Arbeitnehmer einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu gewähren.21 Er darf daher im Urlaub keine diesem Zweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten (§ 8 BUrlG). Ein Verstoß hiergegen stellt eine Pflichtverletzung dar, die eine verhaltensbedingte Kündigung im Rahmen des KSchG rechtfertigen kann. Dem Arbeitgeber steht ferner ein Anspruch auf Schadensersatz und Unterlassung der Erwerbstätigkeit zu. Der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts bleibt von der verbotswidrigen Erwerbstätigkeit allerdings unberührt.22

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Der Anspruch auf Urlaubsgewährung entsteht gem. § 4 BUrlG erstmalig nach Ablauf einer Wartezeit von sechs Monaten, die mit dem Tag der Arbeitsaufnahme beginnt. Es kommt nur auf den recht-

5

10 EuGH v. 20.1.2009 – C-350/06, C-520/06 – Schultz-Hoff, NZA 2009, 135; BAG v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538. 11 EuGH v. 20.1.2009 – C-350/06, C-520/06 – Schultz-Hoff, NZA 2009, 135; BAG v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538. St. Rspr. seit BAG v. 28.1.1982 – 6 AZR 571/79, DB 1982, 1065; v. 18.3.2003, AP BUrlG § 3 Rechtsmissbrauch Nr. 17. 12 BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 406/17, NZA 2019, 1435; v. 19.3.2019 – 9 AZR 315/17, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 174, unter Aufgabe von BAG v. 6.5.2014 – 9 AZR 678/12, NZA 2014, 959. 13 BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 362/18, NZA 2019, 1141 Rz. 10, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2019, 173; BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420; v. 19.5.2015 – 9 AZR 725/13, NZA 2015, 989; Bruns, NZA 2019, 1403. 14 Erforderlich ist eine empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung, ein Realakt reicht nicht aus (BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 362/18, NZA 2019, 1141 Rz. 30). 15 EuGH v. 4.10.2018 – C-12/17 – Dicu, NJW 2019, 825 Rz. 28; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2018, 524; BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 362/18, NZA 2019, 1141. 16 BAG v. 13.11.1985 – 4 AZR 269/84, NZA 1986, 437; v. 20.9.2011 – 9 AZR 416/10, NJW 2012, 634. 17 EuGH v. 12.6.2014 – C-118/13, NZA 2014, 651 – Bolacke; EuGH v. 6.11.2018 – C-569/16, C-570/16 – Bauer und Wilmeroth, NZA 2018, 1467 Rz. 48 ff., 60 ff.; BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 45/16, NZA 2019, 829, Anm. Merten, FD-ArbR 2019, 418663; v. 22.1.2019 – 9 AZR 149/17, NZA 2019, 985; v. 22.1.2019 – 9 AZR 328/16, NJW 2019, 2052. 18 BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 45/16, NZA 2019, 829, Anm. Merten, FD-ArbR 2019, 418663; v. 22.1.2019 – 9 AZR 149/17, NZA 2019, 985. 19 BAG v. 22.9.2015 – 9 AZR 170/14, NZA 2016, 37. 20 Bayreuther, NZA 2019, 945, 949. 21 EuGH v. 20.1.2009 – C-350/06, C-520/06 – Schultz-Hoff, NZA 2009, 135; BAG v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538. 22 BAG v. 25.2.1988 – 8 AZR 596/85, NZA 1988, 607.

Lingemann | 665

Kap. 14 Rz. 5 | Urlaub lichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an, nicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung.23 Scheidet der Arbeitnehmer nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte des Kalenderjahres oder vor erfüllter Wartezeit aus, so hat er nur einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, § 5 Abs. 1 lit. b und lit. c BUrlG. Das Gleiche gilt für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt, § 5 Abs. 1 lit. a BUrlG. Scheidet er jedoch nach Erfüllung der Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte aus, so hat er Anspruch auf den vollen gesetzlichen Jahresurlaub24 Wird das Arbeitsverhältnis daher am 1.7. eines Jahres begründet,25 oder zum 30.6. eines Jahres beendet,26 kann der Arbeitnehmer in diesem Jahr keinen Vollurlaubsanspruch mehr erwerben.

6

Bei Teilzeit ist der Urlaub pro rata zu gewähren, bei einem Wechsel auf eine Teilzeit mit weniger Wochentagen muss der Urlaub aus der Vollzeit aber noch in vollen Arbeitstagen gewährt werden.27 Auch bei einem Wechsel von Teilzeit in Vollzeit ist der Urlaub für jeden Zeitraum gesondert zu berechnen.28

7

Der Urlaubsanspruch ist grundsätzlich an das Kalenderjahr gebunden, § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG.29 Er erlischt daher mit dem Ende des Urlaubsjahres, sofern er nicht vom Arbeitnehmer so rechtzeitig geltend gemacht wird, dass er noch vorher vom Arbeitgeber erfüllt werden kann.30 Allerdings gilt dies nur, sofern der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten31 nachkommt, indem er dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnet, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen und ihn notfalls förmlich32 zur Inanspruchnahme des Urlaubs auffordert, mit dem Hinweis, dass nicht genommener Urlaub ansonsten verfällt.33 Seiner Initiativlast und seinen Mitwirkungs23 Eine nur kurze Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses kann unschädlich sein, BAG v. 20.10.2015 – 9 AZR 224/14, NZA 2016, 159; Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 525. 24 BAG v. 20.1.2009 – 9 AZR 650/07, AP Nr. 91 zu § 7 BUrlG Abgeltung; v. 14.3.1989 – 8 AZR 435/87, DB 1989, 1730. Zur Zwölftelung durch Tarifvertrag BAG v. 9.8.2016 – 9 AZR 51/16, NZA-RR 2016, 615 Rz. 14 ff. 25 BAG v. 17.11.2015 – 9 AZR 179/15, NZA 2016, 309; Anm. Arnold, FD-ArbR 2016, 376053. 26 BAG v. 17.11.2015 – 9 AZR 179/15, NZA 2016, 309; Anm. Arnold, FD-ArbR 2016, 376053. 27 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 159/18, NZA 2019, 262, Anm. Merten, ArbRAktuell 2019, 43; EuGH v. 13.6. 2013 – C-415/12 – Brandes, NZA 2013, 775: Regelungen, die die Zahl der Tage des bezahlten Jahresurlaubs, die ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht in Anspruch nehmen konnte, in dem Verhältnis kürzen, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit reduziert hat, widersprechen dem Unionsrecht (BAG v. 10.2.2015 – 9 AZR 53/14, NZA 2015, 1005 Rz. 15); danach gilt das wohl unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer den Urlaub hätte nehmen können oder nicht (s. auch EuGH v. 22.4.2010 – C-486/08, NZA 2010, 557 – Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols. Dazu Weigert/Zeising, NZA 2016, 862; Schönhöft/Oelze, NZA 2016, 868). 28 BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 406/17, NZA 2019, 1435; EuGH v. 11.11.2015 – C-219/14, NZA 2015, 1501 Rz. 32, 35 – Greenfield. 29 Eine Urlaubsgewährung im Vorgriff auf das nächste Urlaubsjahr ist daher ebenso unzulässig wie eine Anrechnung zu viel gewährter Freizeit des Vorjahres auf den Urlaubsanspruch des nächsten Jahres, BAG v. 11.7.2006 – 9 AZR 535/05, AuA 2007, 52. 30 BAG v. 18.9.2001 – 9 AZR 570/00, NZA 2002, 895. 31 Einem Urlaubsverfall ohne Mitwirkung des Arbeitgebers, wie ihn § 7 Abs. 1, 3 BurlG nach dem Wortlaut vorsieht, stehen laut EuGH Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta entgegen (EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 61). 32 Der Arbeitgeber trägt die Beweislast sowohl für die Tatsache, dass er den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, den Urlaub in Anspruch zu nehmen als auch für den Hinweis des Urlaubsverfalls bei fehlender Inanspruchnahme (EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 45 f.; BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 40; v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 42; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119). Ein förmlicher Hinweis ist daher unumgänglich. 33 EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 45; EuGH v. 6.11.2018 – C-619/16 – Kreuziger, NZA 2018, 1612; BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 41 ff.; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119; v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 39 ff.; der Arbeitgeber eröffnet dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit, den Urlaub in Anspruch zu nehmen, wenn er sich weigert,

666 | Lingemann

Urlaub | Rz. 8 Kap. 14

obliegenheiten kann der Arbeitgeber dadurch nachkommen, dass er dem Arbeitnehmer jedes Jahr zu Jahresbeginn schriftlich mitteilt (zu Einzelheiten M 14.6 m. Anm.), wie viele Urlaubstage ihm im aktuellen Kalenderjahr zustehen, mit Hinweis darauf, dass sie bei Nichtinanspruchnahme zum Jahresende verfallen.34 Abstrakte Hinweise im Arbeitsvertrag, in Merkblättern oder in Kollektivvereinbarungen genügen nicht.35 Der Arbeitgeber ist allerdings auch nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Urlaub „aufzuzwingen“.36 Die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bestehen auch im Kündigungsschutzverfahren (s. Rz. 16).37 Bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern soll während der Dauer der Erkrankung keine Hinweispflicht bestehen.38 Diese Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers gelten für den gesetzlichen Urlaub. Für einen vertraglichen Mehrurlaub gelten sie jedenfalls dann nicht, wenn der Vertrag abweichende Regelungen zum Verfall dieses Urlaubs enthält.39 Vertrauensschutz für nicht genommenen Urlaub aus der Zeit vor der Entscheidung des EuGH besteht wohl nicht.40 Die Frage, ob bei Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers der Urlaubsanspruch nach 15 Monaten oder später verfällt, hat das BAG dem EuGH vorgelegt.41 Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ist eine Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Betriebliche Gründe sind Umstände wie die Auftragslage, vorrangige Urlaubswünsche (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG) oder krankheitsbedingte Fehlzeiten anderer Arbeitnehmer, Betriebsorganisation, Arbeitsablauf etc. Liegt einer der genannten Gründe vor, wird der Urlaubsanspruch kraft Gesetzes, also ohne eine Erklärung der Beteiligten, auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen) § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG).42 Für den Fall, dass der Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit den Urlaub bis zum 31.3. des Folgejahres nicht nehmen konnte, widerspricht das Fristenregime des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG jedoch europarechtlichen Grundsätzen, so dass bei Langzeiterkrankten der gesetzliche

34 35 36 37 38

39 40 41 42

den Jahresurlaub zu vergüten (vgl. EuGH v. 29.11.2017 – C-214/16 – King, NZA 2017, 1591, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2017, 619). So ist es möglich, dass sich insb. im Bereich der Scheinselbstständigkeit über Jahre Urlaubsansprüche anhäufen, welche nicht verfallen. BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 43; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119; v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 41. BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 44; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119; v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 42. EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 44, 56; EuGH v. 6.11.2018 – C-619/16 – Kreuziger, NZA 2018, 1612 Rz. 51; BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 13; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119. BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 321/16, NZA 2019, 1043 Rz. 55 f. LAG Hamm v. 24.7.2019 – 5 Sa 676/19, NZA-RR 2019, 584, Das LAG Hamm begründet dies damit, dass eine Belehrung nur Sinn ergibt, wenn der Arbeitnehmer auch in der Lage ist, den Urlaub tatsächlich wahrzunehmen, was bei Krankheit nicht der Fall ist; außerdem wäre eine Belehrung nach den Vorgaben des BAG falsch, da der Urlaub bei längerfristiger Erkrankung des Arbeitnehmers erst 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres verfällt (s. Rz. 8); Nach Genesung des Arbeitnehmers sind die aufgrund von Krankheit übertragenen Urlaubsansprüche aber in der Belehrung für das aktuelle Kalenderjahr zu berücksichtigen. BAG v. 25.6.2019 – 9 AZR 546/17, NZA 2019, 1577; Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 586; Bayreuther, NZA 2019, 945, 948. BAG v. 7.7.2020 – 9 AZR 401/19; PM 20/20, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2020, 388; v. 7.7.2020 – 9 AZR 245/19, PM 21/20, Anm. Zeh, ArbRAktuell 2020, 389; v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 34; Bayreuther, NZA 2019, 945, 948. BAG v. 7.7.2020 – 9 AZR 401/19; PM 20/20, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2020, 388; v. 7.7.2020 – 9 AZR 245/19, PM 21/20, Anm. Zeh, ArbRAktuell 2020, 389. Die Arbeitsvertragsparteien können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer Urlaub ohne Rücksicht auf das Bestehen gesetzlicher oder tariflicher Übertragungsgründe auch während des gesamten Folgejahres beanspruchen kann. Eine derartige Übertragungsregelung kann auch Gegenstand einer betrieblichen Übung sein (BAG v. 21.6.2005, NZA 2006, 232).

Lingemann | 667

8

Kap. 14 Rz. 8 | Urlaub Mindesturlaub entgegen dem Wortlaut auch über den 31.3. des Folgejahres hinaus nicht verfällt,43 sondern erst 15 Monate nach dem Ende des Kalenderjahres.44 Das soll auch gelten, wenn der Arbeitnehmer mit dem Ende des Übertragungszeitraums ausscheidet.45 Für Mehrurlaub können vertraglich eigenständige Regelungen und Fristen zur Übertragung und zum Verfall bei anhaltender Arbeitsunfähigkeit getroffen werden.46

9

Einstweilen frei.

10 Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, muss er dies mit einer Arbeitsunfähigkeits-

bescheinigung nachweisen, wenn er sich den Anspruch auf die ausgefallenen Urlaubstage erhalten möchte (§ 9 BUrlG).47

11 Auch während des gesetzlichen Mutterschutzes (vgl. § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG) kann der Urlaubsanspruch nicht erfüllt werden. Gem. § 17 Satz 2 MuSchG wird der Urlaubsanspruch vollständig in das Folgejahr übertragen. Dies gilt auch bei individuellen ärztlichen (§ 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 MuSchG) und arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsverboten (§ 4 MuSchG).48

12 Im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung lässt das BAG auch eine Übertragung des Urlaubs über mehrere Elternzeiten hinweg zu.49

13 Die Erklärung des Arbeitgebers, er gewähre einem Arbeitnehmer Erholungsurlaub, ist im Regelfall Erfüllungs-, nicht aber Verpflichtungshandlung. Nur unter besonderen Umständen kann daher angenommen werden, dass der Arbeitgeber durch die Zusicherung von Urlaub bereits verfallene Urlaubsansprüche neu begründen möchte.50

14 Voraussetzung für die Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber ist der Urlaubsantrag und damit

ein Leistungsverlangen des Arbeitnehmers.51 Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 BUrlG). Urlaub wird meist auf Formularen vorwiegend elektronisch beantragt und bewilligt (M 14.1, M 14.2), auch individuelle Schreiben kommen jedoch vor. Entspricht der Arbeitgeber dem Verlangen nicht, kommt eine einstweilige Ver43 EuGH v. 20.1.2009 – C-350/06, C-520/06 – Schultz-Hoff, NZA 2009, 135, Im Hinblick auf übergesetzlich gewährten Urlaub kann der Arbeitgeber abweichende Regelungen treffen, vgl. Rz. 29. 44 BAG v. 22.9.2015 – 9 AZR 170/14, NZA 2016, 37; v. 12.11.2013, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 100; v. 15.10.2013, AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 102 Rz. 11; v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, NZA 2012, 1216. Dazu Thüsing/Pötters/Stiebert, RdA 2012, 281, 286; ErfK/Gallner, § 7 BUrlG Rz. 34. S. auch Lingemann/Sy, KrV 2012, 106, 108; Bauer/von Medem, NZA 2012, 113, 115. Dasselbe Fristenregime – 15 Monate – gilt bei gem. § 17 Abs. 2 BEEG übertragenem Urlaubsanspruch, BAG v. 15.12.2015 – 9 AZR 52/15, NZA 2016, 433, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2016, 168. 45 BAG v. 15.10.2013 – 9 AZR 302/12, AP BurlG § 7 Abgeltung Nr. 102. 46 Vgl. BAG v. 14.2.2017 – 9 AZR 386/16, NZA 2017, 655; v. 20.1.2015 – 9 AZR 585/13, NZA-RR 2015, 399; v. 5.8.2014 – 9 AZR 77/13, NZA 2015, 625; v. 18.2.2014 – 9 AZR 765/12, ArbRAktuell 2014, 416; v. 12.11.2013 – 9 AZR 551/12, NZA 2014, 383 Rz. 10, 12; v. 12.3.2013 – 9 AZR 292/11, NZA 2014, 51. 47 Die Arbeitsvertragsparteien können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer Urlaub ohne Rücksicht auf das Bestehen gesetzlicher oder tariflicher Übertragungsgründe auch während des gesamten Folgejahres beanspruchen kann. Eine derartige Übertragungsregelung kann auch Gegenstand einer betrieblichen Übung sein, BAG v. 21.6.2005 – 9 AZR 200/04, NZA 2006, 232. 48 BAG v. 9.8.2016 – 9 AZR 575/15, NJW 2016, 3740, Anm. Günther, ArbRAktuell 2016, 575; LAG Rh.Pf. v. 29.1.2009 – 11 Sa 547/08. 49 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 219/07, NZA 2008, 1237: Übertragung des Urlaubsanspruchs bei zweiter Elternzeit gem. § 17 Abs. 2 BErzGG (jetzt: BEEG) in das Folgejahr. 50 BAG v. 12.11.2013 – 9 AZR 551/12, NZA 2014, 383 Rz. 14, Anm. Schuster, ArbR 2014, 128. 51 BAG v. 15.9.2011 – 8 AZR 846/09, NZA 2012, 377; v. 28.11.1990, NZA 1991, 423; aA LAG Berlin-Brandenburg v. 12.6.2014 – 21 Sa 221/14, DB 2014, 2114.

668 | Lingemann

Urlaub | Rz. 17 Kap. 14

fügung und/oder Leistungsklage in Betracht52 (M 14.7). Eine Selbstbeurlaubung53 oder eigenmächtige Urlaubsverlängerung54 hingegen gibt – jedenfalls nach Abmahnung – dem Arbeitgeber ein Recht zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 626 BGB. Im gekündigten Arbeitsverhältnis ist der Urlaub bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beantragen und zu gewähren, es sei denn, überwiegende Interessen des Arbeitnehmers stehen ausnahmsweise entgegen.55 Durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben wird nur dann wirksam Urlaub gewährt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.56

15

Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage hat regelmäßig nicht die Geltendmachung von Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers zum Inhalt.57 Die Ungewissheit, ob das Arbeitsverhältnis im Urlaubsjahr fortbestanden hat, ist kein gesetzlicher Übertragungsgrund iSv. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG. Der Arbeitnehmer sollte Urlaubsansprüche daher auch im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses rechtzeitig geltend machen, um einen möglichen Verfall gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zu vermeiden.58 Stellt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung in Abrede, so hat er in der Kündigung oder während des Kündigungsschutzverfahrens darauf hinzuweisen, dass er bereit ist, dem Arbeitnehmer bezahlten Urlaub zu gewähren.59 Fehlt es an einem solchen Hinweis, kann der Arbeitnehmer nicht annehmen, dass der Arbeitgeber bereit ist, ihm bezahlten Urlaub zu gewähren.60 Das hat zur Folge, dass der Urlaubsanspruch nicht verfällt, da der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen ist.61 Die neue Ansicht des BAG deckt sich mit jener des EuGH, nach der der Verfall von Urlaubsansprüchen nur eintreten kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, den Urlaub in Anspruch zu nehmen.62 Will der Arbeitgeber Schadensersatzansprüche vermeiden, muss er demnach nach Ausspruch der Kündigung dem Arbeitnehmer Urlaub gewähren oder unbedingt zusagen.

16

Ein Anspruch auf Urlaub besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer bereits für das laufende Kalenderjahr von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt wurde (§ 6 Abs. 1 BUrlG). Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für eine solche Anrechnung nicht vorliegen, trägt der Arbeitnehmer, wobei die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gelten.63 Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer eine Urlaubsbescheinigung (M 14.3) auszustellen, die über bereits gewährten oder abgegoltenen Urlaub Rechenschaft gibt (§ 6 Abs. 2 BUrlG). Zweck der Bescheinigung ist es sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer den ihm im Kalenderjahr zustehenden Urlaub nicht doppelt beansprucht. Kürzen kann den Urlaubsanspruch allerdings nur der neue Arbeit-

17

52 53 54 55

56 57 58 59 60 61 62 63

Vgl. Corts, NZA 1998, 357, Einzelheiten M 14.7 m. Anm. LAG Hamm v. 17.10.2007 – 2 Sa 43/07, NZA-RR 2008, 294; Lingemann, Kündigungsschutz, S. 220. LAG Düsseldorf v. 26.3.1985 – 3 Sa 1688/84, NZA 1985, 779; Lingemann, Kündigungsschutz, S. 220. Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers durch Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllen. Seine Erklärung muss dazu aber hinreichend deutlich erkennen lassen, dass durch die Freistellung der Urlaubsanspruch erfüllt werden soll (BAG v. 17.5.2011 – 9 AZR 189/10, NZA 2011, 1032). Die Erklärung muss sich auf einen künftigen Zeitraum beziehen, eine nachträgliche Festlegung für Zeiten, während denen der Arbeitnehmer schon aus anderen Gründen freigestellt war, ist nicht möglich (BAG v. 14.8.2007 – 9 AZR 934/06, NZA 2008, 473; ebenso bereits BAG v. 1.10.1991 – 9 AZR 290/90, AP § 7 BUrlG Nr. 12 = DB 1992, 1992). BAG v. 10.2.2015 – 9 AZR 455/13, NZA 2015, 998 Rz. 21: Für die Gewährung von Urlaub ist es nicht nur erforderlich, dass der Arbeitnehmer von der Arbeit freigestellt wird, sondern auch dass die Freistellung von der Arbeit bezahlt ist. BAG v. 18.9.2001 – 9 AZR 571/00; BAG v. 13.12.2011, AP BUrlG § 7 Nr. 57. BAG v. 18.9.2001 – 9 AZR 570/00, NZA 2002, 895. BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 321/16, NZA 2019, 1043. BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 321/16, NZA 2019, 1043. BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 321/16, NZA 2019, 1043. EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474. BAG v. 16.12.2014 – 9 AZR 295/13, NZA 2015, 827.

Lingemann | 669

Kap. 14 Rz. 17 | Urlaub geber, nicht der alte.64 Der Arbeitnehmer kann die Urlaubsbescheinigung gegen seinen alten Arbeitgeber auch gerichtlich durchsetzen. Ist der alte Arbeitgeber mit der Erteilung im Verzug, schuldet er ggf. Schadensersatz.

18 In einem vom Arbeitgeber unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis bleiben die Urlaubsansprü-

che während des Kündigungsschutzprozesses bestehen und der Arbeitnehmer muss sie geltend machen, damit sie nicht verfallen (s. Rz. 16). Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer im Verlauf des Kündigungsschutzprozesses ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist. In entsprechender Anwendung von § 11 KSchG und § 615 BGB muss der Arbeitnehmer sich ferner die Urlaubszeiten anrechnen lassen, die ihm bereits vom neuen Arbeitgeber gewährt wurden.65 Dies soll zumindest dann gelten, wenn der Arbeitnehmer nicht gleichzeitig seine arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber dem alten und neuen Arbeitgeber hätte erfüllen können, da der Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses nicht besser oder schlechter gestellt werden soll, als wenn keine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden hätte.66

19 Als finanzielle Leistungen während des Urlaubs kommen Urlaubsentgelt (Rz. 20–22) und Urlaubsgeld (Rz. 23–24) in Betracht, und an Stelle des Urlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Urlaubsabgeltung (Rz. 25–28):

20 Während des Urlaubs ist als Vergütung das Urlaubsentgelt zu zahlen. Es bemisst sich gem. § 11 Abs. 1

BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat (Referenzprinzip).67 Der Arbeitnehmer ist also aufgrund einer hypothetischen Betrachtungsweise so zu stellen, wie er für gewöhnlich bei tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung stünde.68 Ein Urlaubsanspruch, der vor einer Verringerung der Arbeitszeit erworben wurde, aber nach einer Reduzierung des Beschäftigungsumfangs angetreten wurde, darf nicht mit einem reduzierten Urlaubsentgelt vergütet werden.69 Nach Vorgaben des EuGH müssen als Urlaubsentgelt solche Entgeltbestandteile gewährt werden, die untrennbar mit der Arbeitsleistung verbunden sind.70 Die Berechnungsformel bei einer Sechs-Tage-Woche lautet: Arbeitsverdienst der letz64 65 66 67

BAG v. 28.2.1991 – 8 AZR 196/90, DB 1991, 1987. BAG v. 21.2.2012 – 9 AZR 487/10, NZA 2012, 793. BAG v. 21.2.2012 – 9 AZR 487/10, NZA 2012, 793. Mindestens geschuldet ist der Mindestlohn (BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 191/14). Die Tarifvertragsparteien dürfen für die Bemessung des Urlaubsentgeltes allerdings auch den konkreten Lohnausfall heranziehen. Ebenso dürfen sie regeln, dass Urlaubsentgelt nach dem Durchschnitt der letzten vor der Urlaubsgewährung abgerechneten zwölf Kalendermonate zu bemessen ist. Das gilt auch für den gesetzlichen Mindesturlaub. Die Tarifparteien dürfen dem Arbeitgeber auch die Auswahl zwischen beiden Berechnungsmethoden überlassen. Bei der Ausübung dieses Wahlrechts hat der Betriebsrat dann allerdings ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (BAG v. 3.12.2002 – 9 AZR 535/ 01, NZA 2003, 1219). 68 Pötters/Stiebert, NJW 2012, 1034, 1036. 69 BAG v. 20.3.2018 – 9 AZR 486/17, NZA 2018, 851. 70 EuGH v. 15.9.2011 – C-155/10 – Williams, NZA 2011, 1167. Der EuGH argumentiert, dass finanzielle Leistungen, die in einem „inneren Zusammenhang“ mit der arbeitsvertraglich zu erfüllenden Tätigkeit stehen, Teil der regelmäßigen Vergütung sind. Daraus lässt sich schließen, dass solche Zuschläge für Arbeitsleistungen, zu denen sich der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet hat (wie Flugzeitzulagen, Schichtzulagen oder Prämien), als Teil des Urlaubsentgelts zu vergüten sind, Zuschläge für zusätzlich erbrachte Leistungen wie idR Überstunden hingegen nicht (Pötters/Stiebert, NJW 2012, 1034, 1036). Vergütung für Überstunden ist nach der Entscheidung des EuGH vom 13.12.2018 – C-385/17 – Hein, NZA 2019, 47, zwar im Grundsatz nicht einzurechnen, wohl aber, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet ist, Überstunden zu leisten und das für gewöhnlich auch geschieht. Dies schlägt aber nicht unmittelbar auf die Rechtslage in Deutschland durch, weil § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG einer entsprechenden richtlinienkonformen Auslegung wohl nicht zugänglich ist (Bayreuther, NZA 2019, 945, 948). Überstundenvergütung ist daher nur bei der Bestimmung des Zeitfaktors zu berücksichtigen (Bayreuther, NZA 2019, 945, 948).

670 | Lingemann

Urlaub | Rz. 26 Kap. 14

ten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn (abzüglich Mehrarbeitsvergütung), geteilt durch 78 Arbeitstage = Urlaubsentgelt je Urlaubstag. Bei der Fünf-Tage-Woche ist der Divisor 65. Bei Teilzeittätigkeit empfiehlt sich eine Berechnung auf Stundenbasis; das gilt auch bei flexibel variabler Arbeitszeit, wobei sich das Urlaubsentgelt dort nach den tatsächlich infolge der Urlaubsgewährung ausgefallenen Stunden bestimmt.71 Ist eine tarifliche Mehrarbeitszulage vom tatsächlich geleisteten Monatssoll abhängig, so steht die Urlaubszeit nicht der tatsächlichen Arbeitsleistung gleich.72 Eine solche Mehrarbeitszulage wird somit im Urlaub nicht gezahlt. Auch wenn ein Tarifvertrag den Urlaubsanspruch auch an Mehrarbeitsstunden knüpft, gilt das nicht, soweit Mehrarbeit durch Freizeit ausgeglichen wird.73 Die Tarifvertragsparteien dürfen gem. § 13 Abs. 1 BurlG auch zum Nachteil der Arbeitnehmer von den Bemessungsregelungen des § 11 Abs. 1 BUrlG abweichen. Es muss jedoch sichergestellt bleiben, dass der Arbeitnehmer während des gesetzlichen Mindesturlaubs (§ 3 Abs. 1 BurlG) so viel Entgelt erhält, wie er bei Weiterarbeit ohne Urlaubsgewährung erhalten hätte. Entgegenstehende tarifliche Regelungen sind unwirksam.74

21

Fällig ist das Urlaubsentgelt vor Antritt des Urlaubs, § 11 Abs. 2 BUrlG.

22

Davon zu unterscheiden ist das Urlaubsgeld, das eine Sonderleistung des Arbeitgebers aus Anlass des Urlaubs darstellt75 und daher zB auch Stichtagsregelungen unterfallen kann.76

23

Wenn Urlaub nicht verfällt, weil er krankheitsbedingt nicht genommen werden kann (s. Rz. 8), wird auch der Anspruch auf Urlaubsgeld für die entsprechenden Jahre nicht fällig. Das Urlaubsgeld ist erst zu zahlen, wenn Urlaub nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit gewährt wird oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub abgegolten wird.77

24

Urlaubsabgeltung (M 14.8) ist nur zu leisten, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, § 7 Abs. 4 BUrlG.78 Die bisherige Rechtsprechung des BAG sah den Urlaubsabgeltungsanspruch als ein Surrogat des Urlaubsanspruchs und nicht als einen Abfindungsanspruch an und lehnte folglich einen Urlaubsabgeltungsanspruch ab, wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und danach bis zum Ende des Übertragungszeitraumes arbeitsunfähig krank war.79 Der EuGH hält demgegenüber Regelungen im nationalen Recht für europarechtswidrig, „nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte“.80

25

Das BAG folgt dem EuGH unter Aufgabe der Surrogationstheorie, so dass die Fristen des § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BUrlG auch für den Abgeltungsanspruch nicht mehr gelten.81 Der Anspruch

26

71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81

BAG v. 7.7.1988 – 8 AZR 472/86 u. 198, 199, 242/88, DB 1988, 1498, 2315. BAG v. 11.6.2008 – 5 AZR 389/07, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 19. BAG v. 15.12.2015 – 9 AZR 611/14, NZA 2016, 772. BAG v. 15.12.2009 – 9 AZR 887/08, AuR 2010, 48. Verweist ein Arbeitsvertrag für den Urlaub auf die Geltung einer tariflichen Regelung, so umfasst dies regelmäßig eine Bezugnahme auf den gesamten Regelungskomplex „Urlaub“, wozu dann ggf. auch ein zusätzliches tarifliches Urlaubsgeld gehört (BAG v. 17.1.2006 – 9 AZR 41/05, NZA 2006, 923). BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136. BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 477/07, DB 2009, 2051. Vgl. auch BAG v. 14.3.2006 – 9 AZR 312/05, DB 2007, 465. Beginnt für den Arbeitnehmer in Altersteilzeit die Blockfreizeit, so bedeutet dies noch nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG v. 15.3. 2005, DB 2005, 1858). BAG v. 21.6.2005 – 9 AZR 200/04, EzA § 7 BUrlG Nr. 114; v. 10.5.2005 – 9 AZR 253/04, EzA § 7 BUrlG Abgeltung Nr. 13; v. 13.5.1982 – 6 AZR 360/80, BAGE 39, 53 Rz. 46. EuGH v. 20.1.2009 – C-350/06, C-520/06 – Schultz-Hoff, NZA 2009, 135. BAG v. 19.6.2012 – 9 AZR 652/10, NZA 2012, 1087. Krit. ErfK/Gallner, § 7 BUrlG Rz. 79 f.

Lingemann | 671

Kap. 14 Rz. 26 | Urlaub wird mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig82 (vgl. § 271 Abs. 1 BGB) und unterliegt, da es sich um einen reinen Geldanspruch handelt, tariflichen und vertraglichen Ausschlussfristen83, die auch in einem Formularvertrag geregelt sein können.84 Auf den bereits entstandenen Abgeltungsanspruch kann der Arbeitnehmer auch verzichten.85

27 Der Urlaubsabgeltungsanspruch kann jedoch nur in dem Umfang geltend gemacht werden, wie auch

ein Urlaubsanspruch bestanden hätte.86 Dieser verfällt zum Ende des Übertragungszeitraumes (s. Rz. 7); danach kommt nur noch ein Schadensersatzanspruch in Betracht, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt (§ 275 Abs. 1, Abs. 4, § 280 Abs. 1, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 BGB), oder wenn der Arbeitgeber den Urlaub während des Kündigungsrechtsstreits nicht gewährt und die Kündigung unwirksam ist.87 Kann der Urlaub aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden, beträgt der Übertragungszeitraum nunmehr 15 Monate (s. Rz. 8), erst mit deren Ablauf verfällt er.88 Die Aufgabe der Surrogationstheorie führt auch dazu, dass der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für die Elternzeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gem. § 17 Abs. 1 BEEG kürzen kann89 (s. M 14.5).

28 Die Höhe der Abgeltung entspricht dem Urlaubsentgelt, das im Falle der Urlaubsgewährung hätte

gezahlt werden müssen. Auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist in Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubs (§§ 1, 3 BUrlG) unabdingbar (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Bruchteile von Arbeitstagen werden ab einem halben Urlaubstag aufgerundet und vollständig (§ 5 Abs. 2 BUrlG), Bruchteile unterhalb einem halben Arbeitstag anteilsmäßig abgegolten.90

29 Die Unabdingbarkeit und die strengen Regeln für den Verfall gelten nur für den gesetzlichen Min-

desturlaub.91 Für übergesetzlichen Urlaub (Mehrurlaub) können die Parteien andere Verfallsregelungen vereinbaren. Es muss allerdings ein klarer Regelungswille der Parteien dahingehend erkennbar sein, zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen vertraglichen Ansprüchen unterscheiden zu wollen.92 Für den Arbeitgeber ist es daher ratsam, zukünftig eine Unterscheidung von gesetzlichem Mindesturlaub und übergesetzlichem Urlaub vorzunehmen und eine entsprechende Verfallsregelung für übergesetzlichen Urlaub zu treffen (M 2.1a Ziff. 7 m. Anm.). 82 BAG v. 8.4.2014 – 9 AZR 550/12, NZA 2014, 852. 83 BAG v. 8.4.2014 – 9 AZR 550/12, NZA 2014, 852; v. 10.12.2013, NZA 2014, 1104; v. 10.12.2013, NZA 2014, 1104; v. 18.9.2012 – 9 AZR 1/11, NZA 2013, 216; v. 13.12.2011 – 9 AZR 399/10, NZA 2012, 514; v. 9.8.2011 – 9 AZR 365/10, NZA 2011, 1421. 84 BAG v. 16.12.2014 – 9 AZR 295/13, NZA 2015, 827. 85 BAG v. 14.5.2013 – 9 AZR 844/11, NZA 2013, 1098. 86 BAG v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, NZA 2012, 1216. War der Arbeitnehmer beispielsweise über das gesamte Kalenderjahr 2015 und 2016 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 31.3.2017 arbeitsunfähig erkrankt, bestünde ein Abgeltungsanspruch für den nicht genommenen Urlaub aus dem Jahr 2015, 2016 und anteilig 2017. Scheidet er hingegen erst zum 31.7.2017 aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist eine Abgeltung für das Kalenderjahr 2015 nicht mehr möglich, da auch der Urlaubsanspruch aufgrund der richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG nach 15 Monaten verfallen gewesen wäre. 87 BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 956/11, NZA 2014, 545; EuGH v. 30.6.2016 – C-178/15, NZA 2016, 877 – Sobczyszyn. 88 BAG v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, NZA 2012, 1216. 89 BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136 Rz. 32, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420; BAG v. 19.5.2015 – 9 AZR 725/13, NZA 2015, 989 Rz. 16 ff., Anm. Arnold, FD-ArbR 2015, 371998. 90 BAG v. 23.1.2018 – 9 AZR 200/17, NZA 2018, 653. 91 Vgl. BAG v. 12.11.2013 – 9 AZR 551/12, NZA 2014, 383; v. 12.3.2013, ZTR 2013, 316; v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538; dazu Bauer/Arnold, NJW 2009, 631; Grobys, NJW 2009, 2177 mit Hinweis auf die sozialrechtlichen Folgen. 92 BAG v. 23.3.2010 – 9 AZR 128/09, NZA 2010, 810; v. 12.4.2011 – 9 AZR 80/10, NZA 2011, 1050. Die Abweichung ist auch in Tarifverträgen zulässig, BAG v. 19.1.2016 – 9 AZR 507/14.

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Urlaub | Rz. 33 Kap. 14

In der Praxis kann sich die Frage stellen, ob vorrangig der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch oder der zusätzlich gewährte Urlaub abgegolten wird, wenn der Arbeitgeber insofern keine Tilgungsbestimmung getroffen hat. Von Bedeutung ist dies vor allem dann, wenn hinsichtlich des zusätzlich gewährten Urlaubs eine kürzere Verfallsfrist vereinbart wurde (s. Rz. 29). Nach der Rechtsprechung soll dann mangels Leistungsbestimmung des Arbeitgebers zunächst der gesetzliche Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers abgegolten sein.93 Denn § 366 Abs. 2 BGB enthalte einen allgemeinen Rechtsgedanken dahin, dass die Tilgungsreihenfolge nach einem vernünftigen Parteiwillen zu erfolgen habe. Aufgrund seiner Unabdingbarkeit sei der gesetzliche Mindesturlaub daher vorrangig abzugelten. Es empfiehlt sich, vorsorglich entweder schon im Arbeitsvertrag oder bei Bewilligung des Urlaubs deutlich zu machen, auf welchen Teil des Urlaubsanspruchs geleistet werden soll (M 2.1a Ziff. 7 m. Anm.).

30

Bei der Urlaubsgewährung ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG zu beachten, soweit allgemeine Urlaubsgrundsätze festgelegt oder Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Gewährung des Urlaubs bestehen. Obwohl es sich bei dem Urlaubsanspruch um einen Individualanspruch des einzelnen Arbeitnehmers handelt, entscheidet bei Streitigkeiten über die Lage des Urlaubs die Einigungsstelle (§ 87 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 BetrVG). Vereinbart der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung, Betriebsferien einzuführen, so steht diese individuellen Urlaubsansprüchen der Arbeitnehmer entgegen.94 In einem betriebsratslosen Betrieb kann der Arbeitgeber Betriebsferien kraft des ihm obliegenden Direktionsrechtes einführen; erst dann treten individuelle Urlaubswünsche gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zurück.95 Mindestens die Hälfte des Urlaubsanspruchs soll (Faustregel) den Arbeitnehmern jedoch zur freien Verfügung stehen.96 Den Urlaub des kommenden Jahres können die Parteien nicht im Vorgriff für Betriebsferien nutzen.

31

Ist ein Arbeitnehmer während der Betriebsferien krank, so kann er den Urlaub später nachholen. Entgegenstehende Regelungen sind unwirksam.97

32

Das Verhältnis zwischen Kurzarbeit und Urlaub ist noch nicht vollständig geklärt. Wird in einem Betrieb durch eine Betriebsvereinbarung „Kurzarbeit null“ eingeführt, ruht das Arbeitsverhältnis und die gegenseitigen Leistungspflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden suspendiert. Nach der Rechtsprechung des BAG entstehen in ruhenden Arbeitsverhältnissen aufgrund der Aussetzung der Hauptleistungspflichten keine Urlaubsansprüche.98 Nach dem EuGH ist zwischen der Urlaubsvergütung und dem Anspruch auf Jahresurlaub zu differenzieren.99 Der Arbeitnehmer hat trotz Kurzarbeit einen Anspruch auf sein volles Urlaubsentgelt, da der Arbeitnehmer ein Urlaubsentgelt erhalten soll, welches mit dem Arbeitsentgelt im Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung vergleichbar ist.100 Ein Urlaubsentgelt, welches nicht mit dem Arbeitsentgelt bei tatsächlicher Leistung vergleichbar ist, halte den Arbeitnehmer von einer Inanspruchnahme seines Urlaubsanspruches ab.101 Die Reduzierung der Arbeitszeit im Rahmen von Kurzarbeit könne jedoch bei der Berechnung des Jahresurlaubs berücksichtigt werden, welcher voraussetze, dass tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht worden sei.102 Somit entstehen bei „Kurzarbeit null“ laut dem EuGH grundsätzlich keine unionsrechtlichen Urlaubsansprüche.

33

93 BAG v. 12.1.1989 – 8 AZR 404/87, NZA 1989, 758; v. 22.1.2002 – 9 AZR 601/00, NZA 2002, 1041; ArbG Berlin v. 22.4.2009, NZA-RR 2009, 441. 94 BAG v. 28.7.1981 – 1 ABR 79/79, AP BetrVG 1972 § 87 Urlaub Nr. 2 = NJW 1982, 959. 95 LAG Düsseldorf v. 20.6.2002 – 11 Sa 378/02, BB 2003, 156. 96 HWK/Schinz, § 7 BUrlG Rz. 29. 97 EuGH v. 10.9.2009 – C-277/08, NZA 2009, 1133 – Vicente Perdeda; vorher schon LAG Niedersachsen v. 21.11.2008 – 10 Sa 289/08. 98 BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 315/17, AP BurlG § 7 Nr. 87, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 174, unter Aufgabe von BAG v. 6.5.2014 – 9 AZR 678/12, NZA 2014, 959. 99 EuGH v. 13.12.2018 – C-385/17 – Hein, NZA 2019, 47. 100 EuGH v. 13.12.2018 – C-385/17 – Hein, NZA 2019, 47 Rz. 33, 36. 101 EuGH v. 13.12.2018 – C-385/17 – Hein, NZA 2019, 47 Rz. 44. 102 EuGH v. 13.12.2018 – C-385/17 – Hein, NZA 2019, 47 Rz. 24 ff.

Lingemann | 673

Kap. 14 Rz. 34 | Urlaub

34 Im Fall der Insolvenz wird der Insolvenzverwalter Schuldner des Freistellungsanspruchs. Für die mit

dem Urlaub zusammenhängenden Zahlungsansprüche, also Urlaubsgeld, Urlaubsentgelt und Urlaubsabgeltung, gelten die §§ 35 ff. InsO.

II. Muster M 14.1 Urlaubsantrag und -bewilligung (Formular) Name: […] Vorname: […] Anschrift: […] Personalnummer: […] Antrag auf Bewilligung von Urlaub von […] bis […] Urlaubsanschrift:1 […] Zur Kenntnisnahme von Meister/Abteilungsleiter Betriebsleiter Urlaub bewilligt von […] bis […]2 abgelehnt, weil3 […] 1 Abgesehen von § 5 Abs. 2 EFZG (Erkrankung im Ausland) ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, seine Urlaubsanschrift mitzuteilen (BAG v. 16.12.1980 – 7 AZR 1148/78, DB 1981, 999). Während der Urlaubsabwesenheit an die Heimatadresse geschickte Willenserklärungen des Arbeitgebers (zB eine Kündigung) gehen dem Arbeitnehmer dennoch grundsätzlich wirksam zu (vgl. BAG v. 24.6.2004 – 2 AZR 461/03, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22). Jedoch besteht in diesen Fällen die Möglichkeit einer nachträglichen Zulassung der Klage gem. § 5 KSchG. 2 Der Arbeitgeber erfüllt den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nur durch eine unwiderrufliche Befreiung von der Arbeitspflicht. Hierzu genügt es, wenn der Arbeitgeber hinreichend deutlich erklärt, dass die Arbeitsbefreiung zur Erfüllung des noch offenen Urlaubsanspruchs erfolgt (BAG v. 14.3.2006 – 9 AZR 11/ 05, ArbRB 2006, 291). 3 Der Arbeitgeber kann nicht beliebig oder nach billigem Ermessen, sondern nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Halbs. 2 BUrlG den Urlaub auf einen anderen als den vom Arbeitnehmer gewünschten Termin legen. Verweigert der Arbeitgeber den Urlaub ohne ausreichenden Grund, kann der Arbeitnehmer Leistungsklage auf „Gewährung von Urlaub vom … bis …“ erheben. In Betracht kommt auch eine einstweilige Verfügung, wenn sonst der Urlaubsanspruch wegen Zeitablaufs nicht durchgesetzt werden kann. Dies gilt, obwohl die einstweilige Verfügung zur Vorwegnahme der Hauptsache führt, da der Anspruch endgültig erfüllt wird (im Einzelnen M 14.7).

M 14.2 Ausführliche Bewilligung von bezahltem und unbezahltem Urlaub (Brief) Sehr geehrte(r) Herr/Frau1 […], auf Ihren Antrag vom […] wird Ihnen Erholungsurlaub für die Zeit vom […] bis […] bewilligt.2 [Evtl.: Dabei handelt es sich in der Zeit vom […] bis […] um gesetzlichen Urlaub und in der Zeit vom […] bis […] um darüber hinaus gehenden übergesetzlichen Urlaub.]3 1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des

674 | Lingemann

Urlaub | M 14.4 Kap. 14 Ferner wird Ihnen unbezahlter Urlaub für die Zeit vom […] bis […] bewilligt. Es besteht Einigkeit darüber, dass der unbezahlte Urlaub anderen als Erholungszwecken dient. Für den Zeitraum des unbezahlten Urlaubs ruht das Arbeitsverhältnis. Ihr erster Arbeitstag nach dem Urlaub ist am […]4 Erkranken Sie während des Urlaubs, so müssen Sie die Erkrankung unverzüglich unter Beifügung einer ärztlichen Bescheinigung der Firma anzeigen. Dauert die Erkrankung länger als in der ärztlichen Bescheinigung angegeben, so ist eine neue zu übersenden. Der Urlaub verlängert sich nicht um die in der ärztlichen Bescheinigung angegebenen Tage. Vielmehr wird der Urlaub durch eine Erkrankung unterbrochen. Der Resturlaub muss neu beantragt und erteilt werden. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kap. 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Der Arbeitgeber kann das Urlaubsverlangen des Arbeitnehmers auch dadurch erfüllen, dass er ihm das Recht einräumt, die konkrete Lage des Urlaubs innerhalb eines bestimmten Zeitraums, namentlich der Kündigungsfrist, selbst zu bestimmen. Widerspricht der Arbeitnehmer nicht unverzüglich, so kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer die Urlaubszeit innerhalb dieser Frist selbst festlegt. Ein späteres Urlaubsabgeltungsverlangen wäre dann rechtsmissbräuchlich (vgl. BAG v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, DB 2006, 2583). 3 Die Differenzierung ist sinnvoll, wenn der Arbeitgeber vermeiden will, dass bei Langzeiterkrankung Resturlaubsansprüche über den 31.3. des Folgejahres hinaus bis zum 31.3. des übernächsten Jahres geltend gemacht werden können, denn dieser erweiterte Zeitraum gilt nur für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub, vgl. Rz. 29. 4 Im Zusammenhang mit dem Urlaub ausländischer Arbeitnehmer finden sich gelegentlich Klauseln, dass das Arbeitsverhältnis als beendet gilt, wenn der Arbeitnehmer nicht pünktlich aus dem Urlaub zurückkehren sollte. Solche Bedingungen sind unwirksam (BAG v. 25.6.1987 – 2 AZR 541/86, NZA 1988, 391).

M 14.3 Urlaubsbescheinigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Herr/Frau […] war im Urlaubsjahr […] von […] bis […] bei uns beschäftigt. Gemäß Tarifvertrag […]/Arbeitsvertrag beträgt der gesamte Jahresurlaub […] Arbeitstage. Für das Urlaubsjahr […] wurden […] Tage gewährt und […] Arbeitstage abgegolten. Das sind […]/12 des gesamten Jahresurlaubs. […] (Unterschrift)

M 14.4 Antrag auf Übertragung des Teilurlaubs vor Erfüllung der Wartezeit

in das Folgejahr

Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], am […] habe ich mein Arbeitsverhältnis bei Ihnen begonnen. Ich beantrage, meinen Anspruch auf Teilurlaub gemäß § 5 Abs. 1 lit. a BUrlG in das Folgejahr zu übertragen. Mit freundlichen Grüßen […] Mit der Übertragung sind wir einverstanden.

Lingemann | 675

Kap. 14 M 14.4 | Urlaub […] (Unterschrift)

M 14.5 Erklärung über die Kürzung des Urlaubsanspruches

während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 BEEG

Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], im Jahr 20 […] hatten sie in der Zeit vom […] bis […] Elternzeit. Ihr Jahresurlaub1 beträgt […] Tage. Gem. § 17 Abs. 1 BEEG wird dieser entsprechend der Anzahl der von Ihnen in Anspruch genommen Monate Elternzeit um […]/12 gekürzt, so dass Ihnen ein Jahresurlaubsanspruch von […] Tagen für das Jahr 20[…] verbleibt.2 Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 1 § 17 BEEG erfasst den Jahresurlaub unabhängig von der Rechtsgrundlage und bezieht sich damit auch auf Urlaubsansprüche auf vertraglicher oder tarifvertraglicher Grundlage (ErfK/Gallner, § 17 BEEG Rz. 2). 2 Die Kürzung kann nur im laufenden Arbeitsverhältnis erfolgen, nicht mehr nach Beendigung, BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420; v. 19.5.2015 – 9 AZR 725/ 13, NZA 2015, 989 Rz. 16 ff. Anm. Arnold, FD-ArbR 2015, 371998; vgl. auch Bruns, NZA 2019, 1403.

M 14.6 Hinweis- und Aufforderungsschreiben zum Verfall von Urlaubstagen bei

Nichtinanspruchnahme

Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], zu1 Ihren2 Urlaubsansprüchen teile ich Ihnen folgendes mit: Für das aktuelle3 Kalenderjahr […]4 haben Sie einen Urlaubsanspruch von […] Tagen. 1 Ohne ein solches Schreiben verfällt nicht genommener Urlaub nicht mehr und kann möglicherweise bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortgeschrieben werden. Der dann entstehende Abgeltungsanspruch würde allerdings Verjährungs- und ggf. Ausschlussfristen unterliegen (Bayreuther, NZA 2019, 945, 947). Der Arbeitgeber kann das uneingeschränkte Kumulieren aus mehreren Jahren jedoch dadurch vermeiden, dass er seine Mitwirkungsobliegenheiten für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt. Nimmt der Arbeitnehmer dann den kumulierten Urlaubsanspruch im laufenden Urlaubsjahr nicht wahr, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres bzw. eines (zulässigen) Übertragungszeitraums (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 44). Eine bestimmte Form ist zwar nicht vorgeschrieben. Der Arbeitgeber trägt aber die Beweislast sowohl für die Tatsache, dass er den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, den Urlaub in Anspruch zu nehmen, als auch für den Hinweis auf den Urlaubsverfall bei fehlender Inanspruchnahme (EuGH v. 6.11.2018 – C-684/ 16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 45 f.; BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 40; v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 42, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119). Daher ist ein förmlicher Hinweis – mindestens in Textform (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 40; v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119; Bayreuther, NZA 2019, 945) – dringend anzuraten. EuGH und BAG (aaO.) verlangen zudem „völlige Transparenz“, daher ist davon abzuraten, die Mitteilung mit anderen Inhalten zu vermengen. Ein Hinweis auf der Gehaltsabrechnung könnte allerdings ausreichen, wenn er drucktechnisch hervorgehoben ist (Bayreuther, NZA 2019, 945).

676 | Lingemann

Urlaub | M 14.6 Kap. 14 Ihr Urlaubsanspruch verfällt5 grundsätzlich am 31.12. diesen Jahres, wenn Sie in der Lage sind, Ihren Urlaub in diesem Kalenderjahr zu nehmen, ihn aber nicht beantragen.6 [Evtl.:]7 Nur wenn dringende betriebliche Belange oder in Ihrer Person liegende Gründe (wie z.B. Krankheit) eine Inanspruchnahme Ihres Urlaubs verhindern8, wird Ihr Urlaub auf das nächste Kalenderjahr übertragen. Er muss dann in den ersten drei Monaten9 des neuen Kalenderjahres genommen werden, sonst verfällt er. Aus dem vorherigen Kalenderjahr [evtl: aus den Jahren […] bis […]10] steht Ihnen darüber hinaus noch ein Resturlaub von […] Tagen zu.11 Dieser muss in den ersten drei Monaten12 diesen Jahres genommen werden, sonst verfällt er. 2 Da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer „konkret und in völliger Transparenz“ über dessen Urlaubsanspruch und den möglichen Verfall zu unterrichten hat (EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 52), muss der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch individuell anhand der betrieblichen und vertraglichen Gegebenheiten angeben. Abstrakte Angaben etwa im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt oder in einer Kollektivvereinbarung reichen nicht aus (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 44, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119; v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 42; Bayreuther, NZA 2019, 945). 3 Eine Mitteilung zu Beginn des Jahres dürfte ausreichen, eine ständige Aktualisierung, etwa anlässlich jeder Änderung des Urlaubsanspruchs, ist nicht erforderlich (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 42). Etwas Anderes soll indes gelten, wenn der Arbeitgeber sich in Widerspruch zu seinen Erklärungen setzt, indem er etwa einen Urlaubsantrag aus anderen als den in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG genannten Gründen ablehnt oder anderweitig eine Situation erzeugt, die geeignet ist, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, seinen Urlaub zu beantragen. Dann entfällt die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG und der Arbeitgeber muss seine Mitwirkungshandlungen erneut vornehmen (BAG v. 19.2. 2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 44). Auch könnten ergänzende Mitteilungen vor Jahresende erforderlich sein, wenn wegen eines unregelmäßigen Arbeitsverhältnisses zu Jahresbeginn der Urlaubsanspruch nur schwer prognostizierbar ist (Bayreuther, NZA 2019, 945). Dass der Hinweis in der zweiten Jahreshälfte – dann idealerweise wohl zu Beginn des 3. Quartals – wiederholt werden muss, wenn der Arbeitnehmer bis dahin keinen Urlaub genommen hat (in diese Richtung Bayreuther, NZA 2019, 945), ergibt sich aus der Rechtsprechung nicht. Vielmehr führt das BAG aus, dass der Urlaubsanspruch nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßen Hinweises seinen Urlaub nicht verlangt (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 43). 4 Die Mitteilung muss in jedem Kalenderjahr neu erfolgen (Bayreuther, NZA 2019, 945). 5 Der Hinweis auf den Verfall ist erforderlich (vgl. EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Shimizu, NZA 2018, 1474 Rz. 45; EuGH v. 6.11.2018 – C-619/16 – Kreuziger, NZA 2018, 1612; BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 41 ff., Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119; v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 39 ff.). 6 So wörtlich der Formulierungsvorschlag des BAG (v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 41). 7 Die Notwendigkeit dieses weiteren Hinweises auf übertragenen Urlaub ergibt sich aus den Entscheidungen des BAG vom 19.2.2019 nicht (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 541/15, NZA 2019, 982 Rz. 41 ff., Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 119; v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 39 ff.). Wir halten es daher für gut vertretbar, diesen Absatz auch zu streichen. Denn der Arbeitnehmer wird nicht dadurch gehindert, seinen Urlaub im laufenden Jahr zu nehmen, dass der Arbeitgeber auf die Möglichkeit der Übertragung nicht hinweist. Im Gegenteil: dadurch wird der Arbeitnehmer zusätzlich motiviert, den Urlaub auch wirklich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. 8 Es können sich auch weitere tarifliche Übertragungsgründe ergeben, welche der Arbeitgeber berücksichtigen muss (vgl. Einf. Rz. 8). 9 So der Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG. 10 Der Hinweis kann und sollte auch noch bestehende Urlaubsansprüche aus weiteren vorangegangenen Jahren umfassen, sofern für diese damals kein ordnungsgemäßer Hinweis erteilt wurde, so dass sie noch nicht verfallen sind. Bei ordnungsgemäßem Hinweis würden diese dann auch mit Ende des Übertragungszeitraums verfallen (M 14.6 Fn. 1, BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 44). 11 Der übertragene Urlaub kann nur dann mit Ablauf des Übertragungszeitraums untergehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, seinen Urlaub noch innerhalb des Übertragungszeitraums zu nehmen, und ihn darauf hinweist, dass der Urlaubsanspruch anderenfalls erlischt (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977 Rz. 43; Bayreuther, NZA 2019, 945). 12 So der Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG. Aus tariflichen oder vertraglichen Vereinbarungen kann sich ein Datum ergeben, welches von den Vorschriften des § 7 Abs. 3 BurlG abweicht (vgl. Rz. 8).

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Kap. 14 M 14.6 | Urlaub Damit Sie Ihren Urlaub noch im laufenden Kalenderjahr nehmen können und um eine verlässliche Urlaubsplanung zu ermöglichen, bitten wir Sie, Ihren Urlaub frühzeitig zu beantragen. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift

M 14.7 Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Urlaub An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Antragsteller. Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir: Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung2 – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein, ansonsten unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfristen – aufgegeben, dem Antragsteller in der Zeit vom […] bis zum 31.3. […] Urlaub zu gewähren.3 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Allgemein zur einstweiligen Verfügung vor dem Arbeitsgericht s. Kap. 107. An die Durchsetzung des Urlaubsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung stellen die Gerichte außerordentlich hohe Anforderungen, da regelmäßig die Hauptsache vorweggenommen wird. Die Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO sind in aller Regel nur dann gegeben, wenn die Urlaubsgewährung für einen im Antrag genannten bestimmten Zeitraum begehrt wird. Ein Verfügungsgrund liegt nicht schon dann vor, wenn wegen des Ablaufs des Urlaubsjahres (31.12.) oder des Übertragungszeitraums (31.3. des Folgejahres) der Verfall der Urlaubsansprüche droht. Denn bei unbegründeter Weigerung des Arbeitgebers, beantragten Urlaub vor Ablauf der Verfallfristen zu gewähren, tritt an die Stelle des Urlaubsanspruchs ein Schadensersatzanspruch, der sich gem. § 249 BGB wiederum auf Freizeitgewährung richtet (BAG v. 7.11.1985, DB 1986, 973 und v. 7.11.1985 – 6 AZR 62/84, DB 1986, 757). Ein endgültiger Verlust von Rechten tritt beim Arbeitnehmer also nicht ein, so dass kein Anlass für den Erlass einer einstweiligen Verfügung besteht (LAG Hamm v. 2.1.1990 – 3 Sa 1900/89, MDR 1990, 657; Baur in Dunkl/Moeller, S. 243). Für einen ausreichenden Verfügungsgrund müssen also weitere Umstände (zB Buchung einer teuren Urlaubsreise) hinzukommen. Aber selbst in solchen Fällen wird das Arbeitsgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung ablehnen, wenn der Arbeitgeber sich auf betriebliche Belange berufen kann, die der Urlaubsgewährung zu dem begehrten Zeitpunkt entgegenstehen, und er sich auch zur Übernahme der Stornierungskosten für die Urlaubsreise bereit erklärt. Dass wegen Überarbeitung oder sonstiger körperlicher Erschöpfung der Urlaub dringend erforderlich ist, mag einen ausreichenden Verfügungsgrund darstellen, wird sich aber nur selten darlegen lassen. 3 Nach hA muss der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch im Wege der Leistungsklage durchsetzen (BAG v. 11.3.1971 – 5 AZR 398/70, AP BUrlG § 10 Schonzeit Nr. 10), nicht durch Gestaltungsklage. Macht der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch im ordentlichen Verfahren geltend, muss er keinen bestimmten Zeitraum nennen, sondern kann abstrakt die Verurteilung des Arbeitgebers zur Gewährung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen beantragen. Ein Antrag auf „Gutschrift von Urlaubstagen auf dem Urlaubskonto“ kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber ein solches Konto mit feststehenden Regeln führt (BAG v. 17.11.2015 – 9 AZR 547/14, NZA 2016, 308). Corts (NZA 1998, 358) schlägt vor, statt des Antrags im Muster den Antrag darauf zu richten, dass dem Arbeitnehmer „gestattet wird, von … bis … seiner Tätigkeit fernzubleiben“. Die Klageschrift muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sein, dabei darf das Urlaubsverlangen insb. nicht von unzulässigen Bedingungen abhängig gemacht werden (BAG v. 27.6. 2017 – 9 AZR 120/16, NZA 2017, 1215, Anm. Reif, ArbRAktuell 2017, 461). Diese Antragstellung bedarf (außer der Zustellung) keiner weiteren Vollstreckung, hat aber den Nachteil, dass die Frage der Vergütungs-

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Urlaub | M 14.7 Kap. 14

Begründung: Der ASt. ist bei der AGg. seit […] als Buchhalter tätig. Gemäß § 7 seines Anstellungsvertrages hat er Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen auf der Basis einer Fünf-Tage-Woche. Zur Glaubhaftmachung: Anstellungsvertrag vom […], Anlage AS 1 Der ASt. hat im Jahr […] lediglich sieben Tage Urlaub genommen. Zur Glaubhaftmachung: Vorlage der Urlaubskarte für […], Anlage AS 2 Ende November […] beantragte der ASt. bei der Personalabteilung, ihm den restlichen Urlaub von 23 Arbeitstagen bis zum 31.12. […] zu gewähren. Dies wurde jedoch abgelehnt, da unbedingt Arbeiten zum Jahresabschluss gemacht werden müssten, für die der ASt. unverzichtbar sei. Mit Einverständnis des ASt. wurde daraufhin die Übertragung des Resturlaubsanspruchs in das erste Quartal […] vereinbart. Die Vereinbarung wurde von der Personalabteilung am […] auf Drängen des ASt. schriftlich bestätigt. Zur Glaubhaftmachung: Schreiben der Personalabteilung vom […], Anlage AS 3 Im Februar […] beantragte der ASt. daraufhin bei der Personalabteilung, ihm seinen restlichen Urlaubsanspruch von 23 Tagen in der Zeit vom […] bis 31.3. […] zu gewähren. Die Personalabteilung lehnte dies jedoch ab mit der Begründung, ein anderer Kollege des ASt. sei überraschend ausgefallen. Der Quartalsabschluss per 31.3. […] sei nur dann ordnungsgemäß fertig zu stellen, wenn der ASt. auf seinen Urlaubsanspruch verzichte. Stattdessen sei die AGg. bereit, per 31.3. […] alle verfallenden Urlaubstage auszuzahlen. Zur Glaubhaftmachung: Vermerk der Personalabteilung vom […], Anlage AS 4 Dem ASt. ist im Januar […] mündlich vom Personalleiter zugesichert worden, er könne den Resturlaub im März […] nehmen. Zur Glaubhaftmachung: Zeugnis des Personalleiters der AGg., zu laden über diese Der ASt. hat daraufhin für die Zeit vom […] bis 31.3. […] mit seiner Familie eine Urlaubsreise in die Karibik zum Preis von insgesamt Euro 11.000,– fest gebucht. Müsste er jetzt von der Reise zurücktreten, wäre nach den Bedingungen des Reiseveranstalters der volle Reisepreis verfallen. Zur Glaubhaftmachung: Vorlage der Reisedokumente, Anlagenkonvolut AS 5 […] (Unterschrift)4 pflicht ebenso offen bleibt wie die Anrechnung der Freistellung auf den Jahresurlaub, so dass Folgeverfahren programmiert sind. Für den einstweiligen Rechtsschutz spielen diese filigranen dogmatischen Überlegungen keine Rolle (aA ArbG Berlin v. 10.12.2014 – 20 Ga 17148/14, AE 2015, 99, wonach der Antrag auf „Gewährung von Urlaub“ im Verfügungsverfahren unzulässig sei, weil eine Vollstreckung nach § 894 ZPO im Verfügungsverfahren nicht möglich sei; richtigerweise sei der Verfügungsantrag auf „Duldung der Abwesenheit“ zu richten). Umstritten ist, auf welche Weise die Vollstreckung eines Titels auf Urlaubsgewährung erfolgt. Nach früherer Auffassung sollte die Vollstreckung nach § 894 ZPO erfolgen (BAG v. 12.10. 1961 und v. 19.1.1962, AP Nr. 83, 86 zu § 611 BGB Urlaubsrecht). Dementsprechend galt der Urlaub erst mit Rechtskraft der einstweiligen Verfügung gem. § 894 ZPO als „erteilt“. Nach neuerer Auffassung des BAG (v. 18.12.1986, AP Nr. 10 zu § 7 BUrlG) ist die Gewährung des Urlaubs durch den Arbeitgeber dagegen eine einseitige Erklärung, so dass nur die Vollstreckung nach § 888 ZPO in Betracht kommt (Baur in Dunkl/ Moeller, S. 245; ausf. Corts, NZA 1998, 358). 4 Als Streitwert ist die Höhe der Urlaubsvergütung (Urlaubsentgelt und zusätzliches Urlaubsgeld) für die Zahl der begehrten Urlaubstage anzusetzen (LAG Bremen v. 22.10.2008, AE 2009, Nr. 232). Der ansonsten bei einstweiligen Verfügungen übliche Abschlag vom Wert der Hauptforderung erscheint nicht angemessen, wenn das Verfügungsverfahren die Hauptsache vorwegnimmt und erledigt.

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Kap. 14 M 14.8 | Urlaub M 14.8 Klage auf Urlaubsabgeltung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.3. […] an den Kläger zu zahlen.2

Begründung: Der Kl. war seit […] bei der Bekl. als […] tätig. Gemäß § 3 seines Arbeitsvertrages hatte er einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen/Kalenderjahr. Beweis: Arbeitsvertrag vom […], Anlage K 1 Am 27.4. […] erlitt der Kl. einen schweren Verkehrsunfall, bei dem er sich lebensgefährliche Verletzungen zuzog. Das Arbeitsverhältnis endete am 30.9. […] durch Aufhebungsvertrag. In der Zeit zwischen dem Verkehrsunfall und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Kl. durchgehend als arbeitsunfähig krankgeschrieben. Als der Kl. den Unfall erlitt, hatte er für das Jahr […] noch keinen Tag Urlaub genommen. Mit Schreiben vom […] forderte der Kl. die Bekl. zur Zahlung von Urlaubsabgeltung auf. Die Bekl. lehnte jedoch jegliche Zahlung ab. Beweis: Ablehnungsschreiben der Bekl. vom […], Anlage K 2 Dem Kl. steht eine Urlaubsabgeltung für 30 Urlaubstage zu. Der Urlaubsanspruch für das Jahr […] ist unstreitig entstanden, und zwar trotz der Vertragsbeendigung zum 30.9. […] in Höhe der vollen 30 Urlaubstage. § 5 BUrlG sieht nur bei Ausscheiden in den ersten sechs Monaten des Kalenderjahres eine anteilige Kürzung des Gesamt-Urlaubsanspruchs vor, nicht aber bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte. Dass der Kl. fast ein halbes Jahr lang arbeitsunfähig war, hatte auf den Urlaubsanspruch keine Auswirkungen. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG besteht der Urlaubsanspruch für ein Kalenderjahr sogar dann, wenn der Arbeitnehmer in diesem Jahr keinen einzigen Tag gearbeitet hat. Der Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen hat sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.9. […] gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt. Der Anspruch beträgt rechnerisch Euro […] (wird ausgeführt […]). Die Bekl. hat außergerichtlich eingewendet, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei deshalb nicht gegeben, weil der Kl. durchgehend bis zum 31.3. des Folgejahres arbeitsunfähig gewesen sei, also auch bei Verbleiben im Unternehmen den Urlaub bis zum 31.3. des Folgejahres nicht hätte nehmen können. Folglich sei der Urlaubsabgeltungsanspruch gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG verfallen. Die Bekl. übersieht jedoch, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (v. 20.1.2009 – C-350/06 – Schultz-Hoff, NZA 2009, 135) und des BAG (v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538) der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unabhängig davon ist, ob und wann der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist. Dadurch ist die frühere Rechtsprechung des BAG überholt, nach der nur dann ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestand, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls bis zum 31.3. des Folgejahres wieder arbeitsfähig geworden war. Folglich ist der Urlaubsanspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. […] (Unterschrift)3 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 3 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

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Krankheit | Kap. 15

Kapitel 15 Krankheit I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Muster Anzeige der Arbeitsunfähigkeit . . . Weisung zum Nachweis einer ärztlichen Bescheinigung . . . . . . . . . . Ergänzung zum Arbeitsvertrag zur Kürzung von Sonderleistungen im Krankheitsfall . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Entgeltfortzahlung . . . . .

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. . . M 15.1 . . . M 15.2 . . . M 15.3 . . . M 15.4

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Einladung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 167 Abs. 2 SGB IX . . . . . M 15.5 Formlose Antwort des Arbeitnehmers auf die Einladung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 167 Abs. 2 SGB IX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 15.6

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Literatur: Allgemein: Aszmons/Lackschwesitz, Fallstricke beim Umgang mit erkranken Arbeitnehmern, NJW 2016, 2070; Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, 3. Aufl. 2006; Arbeitsunfähigkeit: Freudenberg, Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt, B+P 2020, 205; Heider, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per WhatsApp, NZA 2019, 288; Kleinebrink, Das Ende des hohen Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch Krankschreibungen „per Knopfdruck“? – Zu den Auswirkungen neuer telemedizinischer Möglichkeiten, ArbRB 2019, 147; Kleinebrink, Betriebsvereinbarungen zur Regelung des Verhaltens bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, ArbRB 2012, 247; Kleinebrink, Die neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ihre materielle Bedeutung, ArbRB 2016, 47; Kleinebrink, Die prozessuale Bedeutung der neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ArbRB 2016, 93; Kühn, Die Vermeidung prozessualer Risiken bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit, NZA 2012, 1249; Müller, Krankschreibungen per WhatsApp bzw. Videosprechstunde in der arbeitsrechtlichen Praxis, BB 2019, 2292; Schulte/Tisch, Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im digitalen Umbruch, NZA 2020, 761; Schulte/Karlsfeld, Anzeige- und Nachweispflichten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, ArbRB 2011, 341; Subatzus, Melde- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit, DB 2013, 578; Vossen, Rechte des Arbeitgebers bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, DB 2017, 187. Betriebliches Eingliederungsmanagement: Beck, Betriebliches Eingliederungsmanagement – eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren Rechtsprechung des BAG, NZA 2017, 81; Bissels/Falter, Ablauf und Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements, DB 2018, 1405; Düwell, Neues zur stufenweisen Wiedereingliederung, NZA 2020, 767; Edenfeld, Betriebliches Eingliederungsmanagement rechtssicher gestalten – Betriebsvereinbarung und Mustervorlagen, DB 2019, 1268; Hoffmann-Remy, Weniger ist oft mehr – Neues vom BAG zu bEM und Präventionsverfahren, NZA 2016, 1261; Horcher, BEM und Kündigungsschutzprozess – noch offene Fragen, AbRAktuell 2017, 239; Lorenz/Kissel, Mindestanforderungen eines ordnungsgemäßen betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX, ArbRB 2008, 382; Oberthür, Die anderweitige Verwertung von Erkenntnissen aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement – DSGVO und BDSG setzen enge Grenzen, ArbRB 2018, 301; Rupp, Das betriebliche Eingliederungsmanagement im Kündigungsschutzprozess, NZA 2017, 361; Schiefer, Das betriebliche Eingliederungsmanagement (bEM), RdA 2016, 196; Schmidt, Betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) – § 84 Abs. 2 SGB IX – aktueller Überblick, AE 2012, 202; Schmidt, Gestaltung und Durchführung des bEM, 2014; vom Stein, Die krankheitsbedingte Kündigung im Licht des betrieblichen Eingliederungsmanagements, NZA 2020, 753; Vossen, Das ordnungsgemäße Angebot eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements – Überblick und Leitfaden zur Erstellung von vorschriftsmäßigen Einladungsscheiben, DB 2016, 1814; Wortmann, Wirksames betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) unter Beteiligung des Betriebsrats – Umfang der Mitwirkungsrechte, Wirksamkeitsanforderungen und Folgen bei Verstößen, ArbRB 2018, 304. Entgeltfortzahlung: Butz/Preedy, Boni trotz Fehlzeiten?, AuA 2010, 578; Franzen, Zeitliche Begrenzung der Urlaubsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer, NZA 2011, 1403; Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Loseblatt; Greiner, Krankengeld und Entgeltfortzahlung bei Organ- oder Gewebespende, NZS 2013, 241; Greiner/Strippelmann, Zum Verhältnis von Mindestlohnanspruch und Entgeltfortzahlung, BB 2015, 949; Höser, Die Dienstwagennutzung bei Arbeitsunfähigkeit, BB 2012, 573; Knorr, Organlebendspende und Entgeltfortzahlung, NZA 2012, 1132; Knorr, „Zuungunsten des Arbeitnehmers“ entgeltfortzahlungsrechtliche Zweifelsfragen, NZA 2018, 1449; Kunz/Wedde, Entgeltfortzahlungsrecht, Kommentar, 5. Aufl. 2020; Plocher, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Handlungsoptionen bei Zweifeln an der Arbeits(un)fähigkeit, DB 2015, 1597; Zimmermann/Olbrich, Entgeltfortzahlung während eines Arbeitskampfes, juris-PRArbR 2/2013, Anm. 3.

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Kap. 15 Rz. 1 | Krankheit Kündigung: Lepke, Kündigung bei Krankheit, 16. Aufl. 2018; Lingemann/Ludwig, Die krankheitsbedingte Kündigung, ArbRAktuell 2010, 385, 409; Willemsen/Fritzsche, Krankheitsbedingte Kündigung – (zumeist) hoffnungslos bei „Blaumachern“, DB 2012, 860.

I. Einführung 1

Bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers steht die Frage der Entgeltfortzahlung und, wenn das Austauschverhältnis durch die Erkrankung nachhaltig gestört ist, der personenbedingten Kündigung im Zentrum (dazu im Einzelnen Kap. 22 Rz. 74 ff.).1 Eine Krankheit ist grundsätzlich nicht gleichzusetzen mit einer Behinderung iSd. Antidiskriminierungsrichtlinie und damit iSv. § 1 AGG.2 Eine besondere Einschränkungen mit sich bringende Krankheit kann jedoch einer Behinderung gleichzustellen sein.3

2

Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung gehindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG.4

3

Krankheit ist jeder „regelwidrige körperliche oder geistige Zustand“.5 Die Arbeitsunfähigkeit muss auf der Krankheit beruhen, der Arbeitnehmer also infolge der Krankheit seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen können.6 Darüber hinaus muss die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein (Monokausalität).7 Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt also voraus, dass der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit einen Vergütungsanspruch gehabt hätte.8 Daran fehlt es beispielsweise, wenn streikbedingt der Betrieb zu völligem Stillstand kommt,9 bei Elternzeit10 oder auch bei fehlender Arbeitserlaubnis, sofern diese nicht bei Antragstellung sofort antragsgemäß erteilt worden wäre.11 Bei einer Freistellung des Arbeitnehmers nach krankheitsbedingter Kündigung bis zum Ende der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Vergütung bedarf es einer ausdrücklichen Regelung, wenn über die gesetzlichen Regelun1 Zu Rechten des Arbeitgebers bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers Vossen, DB 2017, 187. 2 EuGH v. 11.7.2006 – C-13/05 – Chacón Navas, NZA 2006, 839; dazu Bauer/Röder/Lingemann, S. 109; Kock, ArbRB 2006, 343; BAG v. 22.9.2009, NZA 2010, 280. 3 EuGH v. 11.4.2013 – C-335/11 u. C-337/11. 4 Sechs Wochen entsprechen 42 Tagen, an denen Arbeitsunfähigkeit besteht, BAG v. 22.8.2001 – 5 AZR 699/99, BB 2002, 943. 5 BAG v. 7.8.1991 – 5 AZR 410/90, NZA 1992, 69. Insofern stellt zB eine Schwangerschaft, die ohne Komplikationen verläuft, keine Krankheit dar, Alkohol- und Drogenabhängigkeit hingegen schon. 6 BAG v. 7.8.1991 – 5 AZR 410/90, NZA 1992, 69; ErfK/Reinhard, § 3 EFZG Rz. 9 mwN. Eine Arbeitsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit nur eingeschränkt einsetzbar ist, aber davon abgesehen die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung voll erbringen kann. Ist der Arbeitnehmer nicht in der Lage, der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen im Rahmen des § 106 GewO gerecht zu werden, muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit und billigem Ermessen Rücksicht nehmen (BAG v. 9.4.2014 – 10 AZR 637/ 13, NZA 2014, 719, wonach eine Krankenschwester, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist Nachtschicht zu arbeiten, aber in allen übrigen Schichten voll eingesetzt werden kann, nicht arbeitsunfähig krank ist). 7 Das ist nicht der Fall, wenn die Arbeitspflicht bereits aus einem anderen Grunde aufgehoben ist, etwa wegen Streik oder suspendierender Betriebsstilllegung, BAG v. 13.12.2011 – 1 AZR 495/10, NZA 2012, 995, oder aufgrund der Vereinbarung einer Betriebsruhe, BAG v. 28.1.2004, AP Nr. 21 zu § 3 EFZG. 8 BAG v. 13.12.2011 – 1 AZR 495/10, NZA 2012, 995; v. 4.12.2002, NZA 2003, 632 zur Entgeltfortzahlung nach Widerspruch gegen einen Betriebsübergang. 9 Bei teilweisem Stillstand vgl. BAG v. 1.10.1991 – 1 AZR 147/91, NZA 1992, 163; LAG Rh. Pf. v. 26.7. 2012 – 10 Sa 137/12; Zimmermann/Olbrich, juris-PR ArbR 2/2013, Anm. 3. 10 BAG v. 22.6.1988 – 5 AZR 526/87, NZA 1989, 13. 11 BAG v. 26.6.1996 – 5 AZR 872/94, DB 1996, 2133.

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Krankheit | Rz. 7 Kap. 15

gen hinaus Entgeltansprüche begründet werden sollen.12 Von dem in § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG angelegten Grundsatz, dass für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung die Arbeit allein aufgrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausgefallen sein muss, kann durch Tarifvertrag abgewichen werden, beispielsweise indem für die Entgeltfortzahlung nicht die krankheitsbedingten Ausfalltage, sondern die Kalendertage der Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegt werden.13 Nur die unverschuldete Krankheit führt zur Entgeltfortzahlung. Schuldhaft iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG handelt der Arbeitnehmer, der gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt.14 Das ist zB der Fall bei grob fahrlässiger Missachtung von Unfallverhütungs- oder betrieblichen Sicherheitsvorschriften15 oder Überfahren einer Rotlicht zeigenden Ampel.16 Nicht verschuldet sind die Behandlung einer Unfruchtbarkeit mit Hormonen17 oder auch – nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse – die Arbeitsunfähigkeit infolge einer Alkoholabhängigkeit des Arbeitnehmers.18 Wird durch eine In-vitro-Fertilisation willentlich und vorhersehbar eine Arbeitsunfähigkeit bedingende Erkrankung herbeigeführt, so liegt ein Verschulden vor.19 Nach Organ- oder Gewebespende hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3a EFZG.20

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Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses, § 3 Abs. 3 EFZG. Besteht zwischen einem beendeten und einem neu begründeten Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang, so gilt dies nicht als Unterbrechung.21

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Der Anspruch entsteht ferner mit jeder neuen Erkrankung neu bis zur Dauer von sechs Wochen, bei Folgeerkrankungen hingegen nur, wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zwölf-Monats-Frist erneut arbeitsunfähig wird. Demgegenüber besteht kein Anspruch, wenn der Arbeitnehmer schon vorher erneut arbeitsunfähig wird und die Arbeitsunfähigkeit über den Ablauf der Zwölf-Monats-Frist hinaus bestehen bleibt.22 Es gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Bestreitet der Arbeitgeber, dass eine neue Erkrankung vorliegt, hat der Arbeitnehmer Tatsachen vorzutragen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung bestanden. Hierzu hat er den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Folgen der Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung hat der Arbeitgeber zu tragen.23 Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Erkrankung mit Arbeitsunfähigkeit hinzu, ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gleichwohl auf sechs Wochen beschränkt („Einheit der Verhinderungsfalles“). Das ist insbesondere bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen erster und weiterer Arbeitsunfähigkeit indiziert.24 Die Beweislast für den Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit trägt hier der Arbeitnehmer.25

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Die Höhe der Entgeltfortzahlung richtet sich nach der für den Arbeitnehmer maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit, § 4 Abs. 1 EFZG. Bei Leistungsvergütung kommt es auf den für den Arbeit-

7

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

BAG v. 23.1.2008 – 5 AZR 393/07, NZA 2008, 595. BAG v. 9.10.2002, NZA-RR 2003, 978. LAG Hamm v. 7.3.2007 – 18 Sa 1839/06. LAG Berlin v. 31.3.1981 – 3 Sa 54/80, DB 1982, 707. BGH v. 8.7.1992 – IV ZR 223/91, NJW 1992, 2418; zahlreiche weitere Beispiele bei Bauer/Röder/Lingemann, S. 13 ff. LAG Hessen v. 26.11.2008 – 6/18 Sa 740/08. BAG v. 18.3.2015 – 10 AZR 99/14, NZA 2015, 801; vgl. dazu auch Plocher, DB 2015, 1597. BAG v. 26.10.2016 – 5 AZR 167/16, NZA 2017, 240. Das BAG hatte diesen Anspruch vor Einfügung des § 3a EFZG abgelehnt, BAG v. 6.8.1986 – 5 AZR 607/85, NZA 1987, 487; vgl. auch Greiner, NZS 2013, 241; Knorr, NZA 2012, 1132. BAG v. 22.8.2001 – 5 AZR 699/99, BB 2002, 943. BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 514/06, DB 2007, 1360. BAG v. 10.9.2014 – 10 AZR 651/12, NZA 2014, 1139; v. 13.7.2005, BAGE 115, 206. BAG v. 11.12.2019 – 5 AZR 505/18, NZA 2020, 446. BAG v. 25.5.2016 – 5 AZR 318/15, NZA 2016, 1076.

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Kap. 15 Rz. 7 | Krankheit nehmer in dieser Zeit erzielbaren Durchschnittsverdienst an, § 4 Abs. 1a Satz 2 EFZG. Danach ist auch beim Leistungslohn das Entgeltausfallprinzip maßgebend. Beim Akkordlohn muss somit der Lohn weitergezahlt werden, den der Akkordarbeiter erzielt hätte, wenn er nicht krank geworden wäre.26 Beim Gruppenakkord ist demgegenüber auf den Verdienst der weiterarbeitenden Akkordgruppenmitglieder abzustellen.27 Im Schichtdienst sind Freischichten im Referenzzeitraum im Divisor zu berücksichtigen, dh. sie reduzieren die rechnerisch pro Tag geleisteten Arbeitsstunden.28 § 4 Abs. 1 EFZG legt der Entgeltfortzahlung allerdings ein modifiziertes Lohnausfallprinzip zugrunde. Bei Schwankungen der individuellen Arbeitszeit ist zur Bestimmung der „regelmäßigen“ Arbeitszeit eine vergangenheitsbezogene Betrachtung zulässig und geboten. Maßgebend ist der Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate.29 Wenn ein Arbeitnehmer ein festes Monatsentgelt erhält, das auch die Vergütung für eine bestimmte, arbeitsvertraglich vereinbarte Zahl von Mehrarbeitsstunden einschließlich tariflicher Überstundenzuschläge umfasst, ist bei der Entgeltfortzahlung der Überstundenzuschlag für die vereinbarten Mehrarbeitsstunden aus dem Monatsentgelt herauszurechnen.30 Einzubeziehen sind jedoch Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, wenn der Arbeitnehmer eingeteilt war und die Arbeit ausschließlich wegen Krankheit nicht erbracht wurde.31 Nicht einzubeziehen sind Überstundenvergütungen und Aufwendungsersatz, soweit er die Entstehung der konkreten Aufwendungen voraussetzt. Gegenstand eines Entgeltfortzahlungsanspruchs kann auch ein Anspruch auf Zeitgutschrift sein, da ein Arbeitszeitkonto ebenfalls einen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers darstellt.32 Von den gesetzlichen Vorschriften der §§ 1–11 EFZG über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kann – mit Ausnahme des § 4 Abs. 4 iVm. § 4 Abs. 1–3 EFZG, also der Regelung über die Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts – grundsätzlich nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden § 12 EFZG. Abweichungen sind allerdings nicht nur zugunsten des Arbeitnehmers möglich, sondern auch neutral.33 Ferner kann durch Tarifvertrag kann eine von § 4 Abs. 1, 1a und 3 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden.34 Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags kann auch zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall vereinbart werden, § 4 Abs. 4 EFZG. Da der Arbeitnehmer im Falle der Arbeitsunfähigkeit so zu stellen ist, als hätte er gearbeitet, steht ihm gem. § 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG Entgeltfortzahlung mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns (§ 1 MiLoG) zu.35 Davon zu Lasten des Arbeitnehmers abweichende Vereinbarungen sind unwirksam; das gilt auch für arbeitsvertragliche und tarifliche Ausschlussfristen.36

8

Nach § 4a EFZG kann die Kürzung von Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt, für krankheitsbedingte Fehlzeiten vereinbart werden (dazu Einzelheiten Kap. 12 Rz. 35).

9

Gem. § 5 EFZG hat der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliches Ende unverzüglich mitzuteilen. Die Dauer hat er nach seinem subjektiven Kenntnisstand zu erklären. Eine 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

BAG v. 26.2.2003, NZA 2003, 992. BAG v. 26.2.2003, NZA 2003, 992. BAG v. 10.7.1996 – 5 AZR 284/95, BB 1997, 48. BAG v. 21.11.2001, DB 2002, 845; v. 26.6.2002, DB 2002, 2439; zu Zahlungen von vereinbarten Boni Butz/Preedy, AuA 2010, 578. BAG v. 21.11.2001, AP Nr. 56 zu § 4 EFZG; v. 26.6.2002 – 5 AZR 153/01, BB 2003, 55. Eine im monatlichen Rhythmus des laufenden Arbeitsentgelts geleistete Anwesenheitsprämie ist idR als nicht kürzbares Entgelt anzusehen, LAG München v. 11.8.2009, EzA-SD 2009, Nr. 20, 8. BAG v. 14.1.2009, DB 2009, 909. BAG v. 28.1.2004, AP Nr. 21 zu § 3 EFZG. BAG v. 6.12.2017 – 5 AZR 118/17, NZA 2018, 597, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2018, 234. BAG v. 18.11.2009, AP Nr. 70 zu § 4 EFZG. BAG v. 20.6.2018 – 5 AZR 377/17, NJW 2018, 3472. BAG v. 20.6.2018 – 5 AZR 377/17, NJW 2018, 3472.

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Krankheit | Rz. 10 Kap. 15

Anzeige durch beauftragte Familienangehörige oder Arbeitskollegen reicht aus. Eine briefliche Anzeige wird wegen der Postverzögerung im Regelfall zu spät kommen,37 eine mündliche oder telefonische Anzeige oder eine Anzeige per Telefax oder E-Mail ist erforderlich, aber auch ausreichend. „Unverzüglich“, dh. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB) ist die Mitteilung nur, wenn sie dem Arbeitgeber in den ersten Arbeitsstunden am ersten Tag der Erkrankung zugeht.38 Auch eine Anzeige gegenüber üblicherweise dazu berechtigten Personen, also dem Personalleiter oder Dienstvorgesetzten, reicht aus. Unterlässt der Arbeitnehmer die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit jedoch ganz, stellt dies eine arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung dar, die grundsätzlich geeignet ist – ggf. nach erfolgloser Abmahnung – eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.39 Unter den Voraussetzungen des § 7 EFZG kann der Arbeitgeber zudem die Fortzahlung des Arbeitsentgelts verweigern, bis der Arbeitnehmer den Anzeige- und Nachweispflichten aus § 5 EFZG nachkommt. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, so hat der Arbeitnehmer überdies eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung)40 sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen bzw. zu übermitteln, § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG. Für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen – nicht für privat Versicherte – gelten künftig folgende Erleichterungen: Ab dem 1.1.2021 sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch an die Krankenkassen zu übermitteln (§ 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V).41 Ab 1.1.2022 sollen die Krankenkassen dann auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen elektronisch an die Arbeitgeber übermitteln (§ 109 SGB IV nF.),42 der erkrankte Arbeitnehmer muss sie dem Arbeitgeber also nicht mehr vorlegen. Die Verpflichtung der Ärzte zur Ausstellung einer analogen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Arbeitnehmer bleibt von den neuen Vorschriften unberührt, vgl. § 109 Abs. 1 Satz 5 SGB IV; sie kann zur Beweiszwecken dienen, wenn die elektronische Übermittlung scheitert.43 Die Nachweispflicht besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat oder nicht. Für die Berechnung der drei Krankheitstage gilt § 187 Abs. 1 BGB nicht. Die Vorlagepflicht setzt somit am vierten Tag ein. Eine kürzere Frist kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart werden. Auch kann der Arbeitgeber gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG den Arbeitnehmer anweisen, schon vor Ablauf der Drei-Tages-Frist eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen. Eine solche Anweisung bedarf in den Grenzen der Willkür und des Rechtsmissbrauchs keines besonderen Grundes (vgl. M 15.3),44 ist aber, sofern kollektive Maßnahme, mitbestimmungspflichtig gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.45 Die an den Arbeitgeber gerichtete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss die voraussichtliche Dauer und den Vermerk enthalten, dass den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung eine weitere Bescheinigung mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird, § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG. Nur die Bescheinigung an die gesetzliche Krankenkasse enthält Angaben über den Krankheitsbefund. Eine Rückdatierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nur nach einer gewissenhaften Untersuchung und höchs37 38 39 40 41 42 43 44 45

BAG v. 31.8.1989 – 2 AZR 13/89, NZA 1990, 433. BAG v. 31.8.1989 – 2 AZR 13/89, NZA 1990, 433. BAG v. 31.8.1989 – 2 AZR 13/89, NZA 1990, 433; LAG Köln v. 26.11.2009 – 7 Sa 714/09. Zu Neuerungen aufgrund des per 1.1.2016 geänderten Vordruckes Kleinebrink; ArbRB 2016, 47 ff.; 93 ff. Art. 2 Nr. 3 des TGVG v. 6.5.2019, BGBl I Nr. 18 2019, S. 646; § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 n.F. ab 1.1. 2021; Freudenberg, B+P 2020, 205. Art. 11 Nr. 3 iVm. Art. 16 des Gesetzes v. 22.11.2019, BGBl I Nr. 42 2019, S. 1746; § 109 SGB IV nF ab 1.1.2022; Filges, NZS 2020, 201, 205; Freudenberg, B+P 2020, 205. Freudenberg, B+P 2020, 205. BAG v. 14.11.2012 – 5 AZR 886/11, DB 2013, 464; dazu Subatzus, DB 2013, 578; nach HWK/Schliemann, § 5 EFZG Rz. 36 und MünchArbR/Schlachter, § 75 Rz. 20 muss sich eine solche Weisung des Arbeitgebers hingegen in den Grenzen billigen Ermessens halten. BAG v. 23.8.2016 – 1 ABR 43/14, NZA 2016, 1483, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2016, 585.

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10

Kap. 15 Rz. 10 | Krankheit tens für zwei Tage zulässig. Bestehen insb. aufgrund neuer telemedizinischer Möglichkeiten46 Zweifel an einer körperlichen Untersuchung des Arbeitnehmers, trifft ihn die Beweislast dafür, dass eine solche oder eine gleichwertige Untersuchung stattgefunden hat.47

11 Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der ersten ärztlichen Bescheinigung angegeben, so muss

unverzüglich eine neue ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden, § 5 Abs. 1 Satz 4 EFZG.48 Auch hier gilt die Drei-Tages-Frist. Auch die Folgebescheinigung ist unabhängig davon vorzulegen, ob der Arbeitnehmer noch Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat oder nicht.49

12 Grundsätzlich gelten die Anzeige- und Nachweispflichten gleichermaßen bei Auslandsaufenthalten.

Gem. § 5 Abs. 2 EFZG muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitteilen. Das EFZG verlangt die Mitteilung der Adresse, damit der Arbeitgeber notfalls eine Untersuchung des Arbeitnehmers am Aufenthaltsort durch einen Arzt veranlassen kann, der das Vertrauen des Arbeitgebers genießt.50

13 Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit trägt zwar grundsätzlich

der Arbeitnehmer. Eine ordnungsgemäß ausgestellte ärztliche Bescheinigung begründet jedoch idR den Beweis dafür, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist.51 Der Arbeitgeber muss dann Tatsachen vortragen, die geeignet sind, ernstliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu begründen, um den hohen Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung zu erschüttern.52 Gelingt ihm das, ist es nunmehr Aufgabe des Arbeitnehmers, seine Erkrankung unter Beweis zu stellen. Anhaltspunkte, die gegen eine tatsächliche Erkrankung des Arbeitnehmers sprechen, können eine fehlende ärztliche Untersuchung sein, eine Rückdatierung der Bescheinigung, körperliche Tätigkeiten des Arbeitnehmers während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder auch die Ankündigung einer Krankheit.53 Nach der Lockerung des Fernbehandlungsverbotes54 dürfte der Beweiswert auch für Diagnosen im Rahmen einer Videosprechstunde gelten, nicht aber für Bescheinigungen, die auf formularmäßige Angabe von Symptomen im Internet oder auf Schilderung per Telefon hin55 erteilt werden.56 46 Vgl. § 7 Abs. 4 Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) in der Fassung des Beschlusses des Vorstands der Bundesärztekammer am 14.12.2018, Deutsches Ärzteblatt v. 1.2.2019, A 1 ff.; Heider; NZA 2019, 288. 47 Kleinebrink, ArbRB 2019, 147. 48 BAG v. 3.11.2011 – 2 AZR 748/10, NZA 2012, 607. 49 LAG Sachsen-Anhalt v. 24.4.1996, BB 1996, 2307. 50 Vgl. EuGH v. 3.6.1992 – C-45/90 – Paletta I, NZA 1992, 735; BAG v. 19.2.1997, BB 1997, 522. 51 Vgl. BAG v. 26.2.2003 – 5 AZR 112/02, DB 2003, 1395, st. Rspr. v. 19.2.1997, BAGE 85, 167; v. 1.10. 1997, BAGE 86, 357; v. 15.7.1992, NZA 1993, 24. Maßstab ist die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zu stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V idF. V. 14.11.2013, zuletzt geändert am 26.6.2020 (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie), insb. § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2, sowie § 7 Abs. 4 MBO-Ä und ggf. § 25 MBO-Ä; im Einzelnen Schulte/Tisch, NZA 2020, 761. 52 Im Zusammenhang mit der Observation eines Arbeitnehmers, um dessen Arbeitsunfähigkeit widerlegen zu können vgl. BAG v. 19.2.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994 Rz. 25, m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2015, 151; allgemein zu der Entkräftung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Prozess Kühn, NZA 2012, 1249. 53 Vgl. auch Rz. 10 zum Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Zahlreiche weitere Beispiele bei Bauer/Röder/Lingemann, S. 79 ff. Ausführlich zu Handlungsoptionen des Arbeitgebers bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit Plocher, DB 2015, 1597. 54 Vgl. § 7 Abs. 4 Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) in der Fassung des Beschlusses des Vorstands der Bundesärztekammer am 14.12.2018, Deutsches Ärzteblatt v. 1.2.2019, A 1 ff.; Heider; NZA 2019, 288. 55 BAG v. 11.8.1976 – 5 AZR 422/5, NJW 1077, 350; BSG v. 16.12.2014 – B 1 KR 25/14 R, juris. Zur temporären Ausnahme im Rahmen der Corona Pandemie s. § 4 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. 56 Müller, BB 2019, 2292; Schulte/Tisch, NZA 2020, 761, 763.

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Krankheit | Rz. 19 Kap. 15

Bescheinigungen ausländischer Ärzte innerhalb der EU haben grundsätzlich den gleichen Beweiswert wie solche, die im Inland ausgestellt wurden.57 Anders als bei Inlandssachverhalten genügen ernstliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers jedoch nicht, um der ausländischen Bescheinigung die Beweiskraft absprechen zu können.58 Der Arbeitgeber muss vielmehr den vollen Gegenbeweis antreten, hat also „Nachweise zu erbringen, anhand deren das nationale Gericht gegebenenfalls feststellen kann, dass der Arbeitnehmer missbräuchlich oder betrügerisch eine Arbeitsunfähigkeit gemeldet hat, ohne krank gewesen zu sein“.59

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Kann der Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher Vorschriften von einem Dritten Schadensersatz wegen des Verdienstausfalls beanspruchen, der ihm durch die Arbeitsunfähigkeit entstanden ist, so geht dieser Anspruch insoweit auf den Arbeitgeber über, als dieser dem Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung geleistet hat, § 6 Abs. 1 EFZG. Einer gesonderten Abtretungserklärung bedarf es nicht.

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Die Krankheit eines Arbeitnehmers lässt den Urlaubsanspruch grundsätzlich unberührt. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr keine oder nur geringfügige Arbeitsleistungen erbracht hat. Bleibt der Arbeitnehmer über das Kalenderjahr hinweg arbeitsunfähig krank, so gilt aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten ab dem Ende des Kalenderjahres. Danach erlischt der gesetzliche Urlaubsanspruch.60 Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet, § 9 BUrlG. Das Gleiche gilt für Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation, § 10 BUrlG.61

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Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung62 gem. § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX.

17

Während der Wiedereingliederungsphase ist der Arbeitnehmer weiterhin arbeitsunfähig krank. Das Arbeitsverhältnis ruht wegen einer Leistungsstörung (§ 275 BGB). Eine teilweise Arbeitsunfähigkeit kennt das deutsche Recht nicht. Daher besteht zwar kein Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den Arbeitgeber, häufig jedoch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse. Eine Pflicht des Arbeitgebers zur Mitwirkung an einer stufenweisen Wiedereingliederung bei nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern besteht nicht.63

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Gem. § 167 Abs. 2 SGB IX muss der Arbeitgeber für alle Arbeitnehmer, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig gewesen sind – nicht nur für schwerbehinderte64 Menschen – ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durch-

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57 Vgl. EuGH v. 2.5.1996 – C-206/94 – Paletta II, NZA 1996, 635. Allerdings muss auch der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unterscheiden können, also mit den Begriffen des deutschen Urlaubsrechts vertraut sein. 58 EuGH v. 3.6.1992 – C-45/90 – Paletta I, NZA 1992, 735. 59 EuGH v. 2.5.1996 – C-206/94, NZA 1996, 635, s. auch Schlussurteil in dieser Sache „Paletta“, LAG BW v. 9.5.2000, NZA-RR 2000, 514. 60 EuGH v. 22.11.2011 – C-214/10 – KHS, NZA 2011, 1333; BAG v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10, NZA 2012, 1216; EuGH v. 20.1.2009 – C-350/06, C-520/06 – Schultz-Hoff, NZA 2009, 135; BAG v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538; dazu Franzen, NZA 2011, 1403; s. dazu ausführlich Kap. 14 Rz. 8 ff., Kap. 14 Rz. 27 ff. Kann Urlaub wegen Krankheit im laufenden Kalenderjahr nicht genommen werden und hatte der Arbeitgeber vorher nicht zur Urlaubnahme aufgefordert, ist offen, ob der Urlaubsanspruch nach 15 Monaten oder später verfällt. Die Frage hat das BAG dem EuGH vorgelegt (BAG v. 7.7.2020 – 9 AZR 401/19, PM 20/20, Anm. Arnold, ArbRAktuell 2020, 388). 61 Eine solche Maßnahme liegt nur vor, wenn sie keinen „urlaubsmäßigen Zuschnitt“ hat, BAG v. 25.5. 2016 – 5 AZR 298/14, NZA 2016, 1028. 62 BAG v. 16.5.2019 – 8 AZR 530/17, NZA 2019, 1348; v. 13.6.2006 – 9 AZR 229/05, NZA 2007, 91; Einzelheiten bei Düwell, NZA 2020, 767. 63 Nebe, DB 2008, 1801. 64 BAG v. 12.7.2007 – 2 AZR 716/06, NZA 2008, 173.

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Kap. 15 Rz. 19 | Krankheit führen65, sofern die betroffene Person zustimmt. Ein entsprechendes Aufforderungsschreiben ist das Muster M 15.5. Die Initiative zur Durchführung des bEM muss vom Arbeitgeber ausgehen.66 Mit dem bEM sollen die Möglichkeiten geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Bei der Ausgestaltung besteht ein großer Spielraum.67 Das bEM setzt auch nicht die Aufstellung einer Verfahrensordnung voraus.68 Bei der Ausgestaltung der „Klärung von Möglichkeiten“ eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach der Rahmenvorschrift des § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durch generelle Verfahrensregelungen steht dem Betriebsrat69 ein Initiativrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu. Dieses umfasst aber nur die „Klärung von Möglichkeiten“, nicht die anschließende Umsetzung.70 Auch kann der Betriebsrat gem. § 80 Abs. 2 BetrVG iVm. § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX verlangen, dass ihm der Arbeitgeber quartalsweise die Namen der Arbeitnehmer mitteilt, die vom bEM betroffen sind.71 Zunehmend werden Betriebsvereinbarungen zur Durchführung geschlossen, die aber von den gesetzlichen Regelungen nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer abweichen dürfen.72 Die Anforderungen an den Inhalt des bEM sind hoch: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM sowie Art und Umfang der dabei erhobenen Daten hinweisen. Der Hinweis erfordert eine Darstellung der Ziele, die sich inhaltlich nicht nur auf eine Bezugnahme auf § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX beschränkt. Dazu gehört die Klärung, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie das Arbeitsverhältnis erhalten werden kann. Der Arbeitgeber soll dem Arbeitnehmer deutlich machen, dass das Verfahren ergebnisoffen über die Grundlagen seiner Weiterbeschäftigung geführt wird und der Arbeitnehmer auch selber Vorschläge einbringen kann. Zudem muss der Arbeitnehmer darauf hingewiesen werden, dass Daten nur soweit erhoben und verarbeitet werden, wie es erforderlich ist, um ein zielführendes bEM durchführen zu können, das der Genesung und Gesunderhaltung des betroffenen Arbeitnehmers dient. Ferner muss dem Arbeitnehmer mitgeteilt werden, welche Krankheitsdaten als sensible Daten iSv Art. 9 Abs. 1 DSGVO verarbeitet und inwieweit und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden.73

20 Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) nach § 167 Abs. 2 SGB

IX (zur Aufforderung und Durchführung des bEM s. Rz. 15, M 15.5 und M 15.6) ist zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung. Im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat die Nichtdurchführung eines bEM – es ist Sache des Arbeitgebers,

65 Zu Ablauf und Durchführung auch Bissels/Falter, DB 2018, 1405; umfassend zum bEM Beck, NZA 2017, 81. 66 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612, 615 Rz. 31; v. 7.2.2012, BAGE 140, 350 = NZA 2012, 744; v. 24.3.2011 – 2 AZR 170/03. 67 Ausführlich dazu B. Schmidt, AE 2012, 202 ff.; Lorenz/Kissel, ArbRB 2008, 382; Nebe, DB 2008, 1801. 68 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 198/09, NZA 2010, 639. 69 Zu den Beteiligungsrechten von Betriebs- und Personalrat Hoffmann-Remy, NZA 2016, 2161; Wortmann, ArbRB 2018, 304. 70 BAG v. 22.3.2016 – 1 ABR 14/14, NZA 2016, 1283: Im Rahmen des Klärungsprozesses nach § 167 Abs. 2 SGB IX kann der Betriebsrat seine Unterrichtung und eine Beratung mit dem Ziel der Verständigung über die Möglichkeiten eines betrieblichen Eingliederungsmanagements verlangen. Eine Einigungsstelle kann jedoch nicht durch Spruch ein Anwesenheitsrecht des Betriebsrats oder eines von ihm benannten Vertreters bei den Gesprächen des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmer regelt oder das Verfahren über die „Klärung von Möglichkeiten“ eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsrat auf ein Gremium übertragen. 71 Dieser Auskunftsanspruch besteht unabhängig von einer Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer, da einem solchen Verlangen keine datenschutzrechtlichen Bedenken oder Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer entgegenstehen (BAG v. 7.2.2012 – 1 ABR 46/10, NZA 2012, 744). 72 Vorlagen bei Edenfeld, DB 2019, 1267 ff. 73 Zu den Vorgängervorschriften des BDSG a.F. BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 Rz. 32 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 251.

688 | Lingemann

Krankheit | M 15.1 Kap. 15

die Initiative zur Durchführung eines bEM zu ergreifen74 – aber gravierende Folgen für die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers.75 Ein unterlassenes bEM steht der Kündigung nur nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfalle beweist, dass die Durchführung eines bEM objektiv nutzlos gewesen wäre. Dazu muss er umfassend und detailliert vortragen, warum weder ein weiterer Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung möglich gewesen ist und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können76, warum also ein bEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten.77 Dazu gehört auch der Nachweis, dass künftige Fehlzeiten auch nicht durch Leistungen der beteiligten Rehabilitationsträger hätten vermieden werden können.78 Genügt der Arbeitgeber dieser Darlegungs- und Beweislast nicht, ist die Kündigung wegen Unverhältnismäßigkeit unwirksam. Die Durchführung des bEM ist auch nicht materielle oder formelle Voraussetzung für die Ausübung des Direktionsrechtes, auch wenn diese auch auf gesundheitliche Gründe gestützt wird. Konnten aufgrund des fehlenden bEM aber bestimmte Abwägungsgesichtspunkte bei der Ausübung billigen Ermessens durch den Arbeitgeber nicht berücksichtigt werden, kann die Weisung rechtswidrig sein.79 Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, während einer Arbeitsunfähigkeit an einem Personalgespräch teilzunehmen.80 Er ist auch frei darin, ein bEM abzulehnen. Die Durchführung ist dann allerdings nur entbehrlich, wenn der Arbeitgeber ordnungsgemäß eingeladen hatte.81 Wegen dieser hohen Anforderungen an die Entbehrlichkeit des bEM ist Arbeitgebern die Durchführung des bEM zu raten. 74 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 251; v. 7.2. 2012 – 1 ABR 46/10, NZA 2012, 744 Rz. 9. 75 Zur Bedeutung im Kündigungsschutzprozess eingehend auch Horcher, ArbRAktuell 2017, 239; Rupp, NZA 2017, 361; vom Stein, NZA 2020, 753. 76 BAG v. 17.4.2019 – 7 AZR 292/17, NZA 2019, 1355: Der Arbeitgeber hat von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer bereits genannte Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen eine Weiterbeschäftigung nicht in Betracht kommt. 77 BAG v. 17.4.2019 – 7 AZR 292/17, NZA 2019, 1355; v. 21.22.2018 – 7 AZR 394/17, NZA 2019, 309; v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 251. 78 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 251. 79 BAG v. 18.10.2017 – 10 AZR 47/17, NZA 2018, 162. 80 BAG v. 2.11.2016 – 10 AZR 596/15, NZA 2017, 183. 81 Vgl. auch LAG Schl.-Holst. v. 22.9.2015 – 1 Sa 48 a/15, NZA-RR 2016, 250.

II. Muster M 15.1 Anzeige der Arbeitsunfähigkeit An die Firma […] Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], aufgrund einer Erkrankung kann ich heute bis voraussichtlich zum […] nicht zur Arbeit erscheinen. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reiche ich fristgemäß nach. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitnehmers)

Lingemann | 689

21

Kap. 15 M 15.2 | Krankheit M 15.2 Weisung zum Nachweis einer ärztlichen Bescheinigung Sehr geehrte(r) Herr/Frau1 […], in den letzten Monaten/Jahren waren Sie vermehrt arbeitsunfähig erkrankt, sodass Sie Ihre Arbeitsleistung nicht erbringen konnten. Entsprechend § 5 Abs. 1 Satz 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes fordern wir Sie auf, zukünftig bei jeder Neuerkrankung, gleich welcher Dauer, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Bitte reichen Sie die ärztliche Bescheinigung am ersten Arbeitstag Ihrer Erkrankung bei unserer Personalabteilung ein. Sie soll Angaben über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit enthalten. Sollte Ihre Erkrankung wider Erwarten länger dauern als in der ärztlichen Bescheinigung angegeben, so legen Sie bitte unverzüglich eine neue Bescheinigung Ihres behandelnden Arztes vor. evtl. Der Betriebsrat wurde über unser Vorgehen informiert.2 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift)

1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kapitel 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Grds. besteht keine Pflicht, den Betriebsrat bezüglich derartiger Maßnahmen zu beteiligen. Werden allerdings betriebliche Maßnahmen darüber getroffen, dass Arbeitnehmer im Betrieb generell eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG vorzulegen haben, können Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG entstehen (BAG v. 25.1.2000 – 1 ABR 3/99, NZA 2000, 665).

M 15.3 Ergänzung zum Arbeitsvertrag zur Kürzung von Sonderleistungen im

Krankheitsfall

Ergänzung zum Arbeitsvertrag: Hiermit vereinbaren Herr/Frau […] (Arbeitnehmer/in) und die […] (Arbeitgeber), dass Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt (Sondervergütungen), für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit pro Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit entsprechend § 4a EFZG um […] gekürzt werden.1 1 Die Kürzung darf ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten (§ 4a Satz 2 EFZG).

M 15.4 Klage auf Entgeltfortzahlung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. 1 S. M 101.1 und M 101.2.

690 | Lingemann und Diller

Krankheit | M 15.4 Kap. 15 Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen2: Die Beklagte wird verurteilt, Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.3

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. seit mehr als zehn Jahren4 als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Beide Parteien sind nicht tarifgebunden. Ab Sonntag, dem 15.2. […], litt der Kl. an einer schweren Grippe. Am Montag, dem 16.2. […], informierte er morgens bei Dienstbeginn telefonisch seinen Vorgesetzten, den Abteilungsleiter […], von seiner Erkrankung und der daraus folgenden Arbeitsunfähigkeit. Beweis: Zeugnis des Herrn […], zu laden über die Bekl. Nachdem sich der Gesundheitszustand des Kl. am Montag und Dienstag nicht gebessert hatte, ging er am Mittwoch, dem 18.2. […], zu seinem Hausarzt. Dieser schrieb ihn bis einschließlich 25.2. […] krank. Beweis: Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. med. […] vom 18.2. […], Anlage K 1 Noch am gleichen Tag bat der Kl. seine Ehefrau, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Bekl. abzugeben. Aus unerfindlichen Gründen vergaß sie dies jedoch. Erst nachdem das Versehen am darauf folgenden Wochenende aufgefallen war, brachte die Ehefrau des Kl. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am Montag, dem 23.2. […], bei der Bekl. vorbei. Beweis: Zeugnis der Ehefrau des Kl., zu laden über diesen Die Bekl. hat die Fortzahlung des Gehalts für die Zeit vom 16. bis zum 23.2. […] abgelehnt. Sie hat behauptet, der Kl. sei gar nicht krank gewesen, sondern habe „blau gemacht“. Dies lasse sich schon daraus schließen, dass der Kl. nicht rechtzeitig ein ärztliches Attest vorgelegt habe. Für die Zeit vom 18. bis 23.2. […] habe der Kl. auch schon wegen § 5 EFZG keine Ansprüche, weil er entgegen dieser Vorschrift nicht rechtzeitig ein ärztliches Attest eingereicht habe. Die Auffassung der Bekl. ist unrichtig. Wenn sich der Arbeitgeber mit der Vorlage eines Attestes am dritten Arbeitstag begnügt und nicht schon gemäß § 5 EFZG am ersten Arbeitstag die Attestvorlage verlangt, dann muss er sich in den ersten drei Krankheitstagen mit der mündlichen Auskunft des Arbeitnehmers über dessen Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich zufrieden geben. Nur wenn der Arbeitgeber konkrete Tatsachen vorbringen kann, die gravierende Zweifel an der Richtigkeit der angezeigten Arbeitsunfähigkeit begründen, obliegt es dem Arbeitnehmer, weiteren Beweis für die Erkrankung anzutreten. Die Bekl. hat keine Gründe vorgebracht, die geeignet wären, Zweifel an der Richtigkeit der mitgeteilten Arbeitsunfähigkeit zu wecken. Die bloße Tatsache, dass das am dritten Tag beizubringende Attest verspätet eingereicht wurde, begründet noch keine hinreichenden Zweifel an der Richtigkeit der angezeigten Arbeitsunfähigkeit. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, weil es plausible Gründe für die verspätete Attesteinreichung gab. Die Bekl. ist auch nicht für die Zeit vom 18. bis zum 23.2. […] von der Pflicht zur Entgeltfortzahlung befreit. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 7 EFZG lässt die verspätete Einreichung des ärztlichen Attests den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht entfallen, sondern begründet nur ein Leistungsverweigerungsrecht. Reicht der Arbeitnehmer die Bescheinigung nach, ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung fällig. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich aus der nachgereichten ärztlichen Bescheinigung zweifelsfrei ergibt, dass die Krankheit schon in der Zeit davor vorlag. Das steht im vorliegenden Fall aufgrund der am 18.2. […] ausgestellten ärztlichen Bescheinigung fest. 2 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 3 Praxistipp: Unrichtig ist der mitunter anzutreffende Antrag auf Zahlung des fortzuzahlenden Entgelts „abzüglich des erhaltenen Krankengeldes“. Erhält der erkrankte Arbeitnehmer Krankengeld der gesetzlichen oder privaten Krankenkasse, so geht dadurch der Lohnanspruch nicht unter. Vielmehr findet allenfalls ein Forderungsübergang statt, der jedoch (mangels Anzeige gegenüber dem Arbeitgeber) die Geltendmachung des vollen Fortzahlungsanspruchs durch den Arbeitnehmer nicht hindert. 4 Da der Anspruch auf Entgeltfortzahlung erst nach der vierwöchigen Wartezeit des § 3 Abs. 3 EFZG entsteht, gehört die Darlegung der Betriebszugehörigkeit zur Schlüssigkeit der Klage.

Diller | 691

Kap. 15 M 15.4 | Krankheit Aufgrund der nicht anerkannten Krankheitszeiten hat die Bekl. das monatliche Entgelt des Kl. von normalerweise Euro […] um Euro […] gekürzt. Beweis: Schreiben der Bekl. vom […], Anlage K 2 Dieser Betrag wird mit der Klage geltend gemacht. […] (Unterschrift)5 5 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Bruttobetrag.

M 15.5 Einladung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungs-

managements gem. § 167 Abs. 2 SGB IX

An Herrn/Frau […]1 Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], in dem vergangenen Jahr waren Sie länger als sechs Wochen arbeitsunfähig.2 Aufgrund dessen gehören Sie zu dem Personenkreis, für den in § 167 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) vorgesehen ist. Gemäß § 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX sind wir verpflichtet, Sie auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Dem kommen wir hiermit gerne nach:

1) Ziele des bEM Ziel des bEM ist es, unter Einbeziehung aller Beteiligten die Möglichkeiten zu klären, wie Ihre Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und Ihr Arbeitsverhältnis erhalten werden kann. Mit dem bEM soll also insbesondere auch festgestellt werden, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den bisherigen Ausfallzeiten gekommen ist, und es soll herausgefunden werden, ob und ggf. welche Möglichkeiten bestehen, sie durch bestimmte Veränderungen künftig zu verringern, um so eine Kündigung zu vermeiden.3 Es geht also um die Grundlagen Ihrer Weiterbeschäftigung. Das bEM ist ergebnisoffen, Sie können also jederzeit gerne in das Verfahren auch Ihre eigenen Vorschläge einbringen.4 Auch ist die Durchführung des bEM für Sie freiwillig und von Ihrer Zustimmung abhängig. Sie können die Zustimmung jederzeit widerrufen, in diesem Fall wird das bEM nicht durchgeführt bzw. nicht fortgesetzt. 1 Wir danken insb. Rechtsanwalt Dr. Christian Hamann aus unserer Kanzlei Gleiss Lutz, spezialisiert auf Datenschutz, für die Bearbeitung des datenschutzrechtlichen Teils. 2 Die Initiativlast für die Durchführung eines bEM trägt der Arbeitgeber (BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612, 615 Rz. 31; v. 7.2.2012, BAGE 140, 350; v. 24.3.2011, NZA 2011, 993 Rz. 23). Kommt es darauf an, ob er eine solche Initiative ergriffen hat, kann davon nur ausgegangen werden, wenn er den Arbeitnehmer nach § 167 Abs. 2 SGB IX auf die Ziele des bEM sowie Art und Umfang der dabei erhobenen Daten hingewiesen hat (BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 612; v. 24.3.2011 – 2 AZR 170/10 Rz. 23). Der Hinweis erfordert eine Darstellung der Ziele, die inhaltlich über eine bloße Bezugnahme auf die Vorschrift des § 167 Abs. 2 SGB IX hinausgeht (BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 612). Zu diesen Zielen rechnet die Klärung, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie das Arbeitsverhältnis erhalten werden kann (BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 612 mwN). Dem Arbeitnehmer muss verdeutlicht werden, dass es um die Grundlagen seiner Weiterbeschäftigung geht und dazu ein ergebnisoffenes Verfahren durchgeführt werden soll, in das auch er Vorschläge einbringen kann (BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 612; Schmidt, Gestaltung und Durchführung des bEM, S. 24). 3 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 Rz. 30; v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08 Rz. 20. 4 Hinweis nach BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 Rz. 32.

692 | Diller und Lingemann

Krankheit | M 15.5 Kap. 15

2) Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten Zum Zweck des bEM5 werden die Angaben, die im Rahmen des bEM erhoben und verwendet werden, den am Prozess Beteiligten bekannt gemacht. Es werden allerdings nur solche Daten erhoben und verwendet, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Genesung und Gesundhaltung dienendes bEM durchführen zu können.6 Die in diesem Gespräch erhobenen Informationen werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nicht für andere Zwecke verwendet. Ärztliche Angaben zu Krankheitsdiagnosen werden nicht in die Personalakte übernommen. Schriftstücke werden in einer gesonderten, von der Personalakte getrennten, speziellen Akte aufbewahrt. Die mit der Durchführung des bEM betrauten Personen wurden auf das Datengeheimnis verpflichtet. Im bEM Gespräch, bei der darauffolgenden Planung und Durchführung von Eingliederungsmaßnahmen im Rahmen eines individuellen Maßnahmenplans sowie bei der anschließenden Durchführung des Maßnahmenplans werden soweit erforderlich vom Arbeitgeber die nachfolgend genannten personenbezogenen Daten erhoben und verwendet: – Personaldaten, insbesondere: Namen, Geburtsdatum, Beschäftigungsdauer, Schwerbehinderung/Gleichstellung, Familienstand etc., – Daten zu Fehlzeiten, insbesondere: Anzahl und Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage in den letzten zwölf Monaten und in vorangegangenen Zeiträumen, Arbeitsunfälle, – Gesundheitsdaten, insbesondere: bestehende Leistungspotenziale, gesundheits- oder schwerbehinderungsbedingte Leistungseinschränkungen, Gesundheitsstand, Kuren, Heilbehandlungen, Diagnosen, Krankheitsursachen, ärztliche Atteste, – Tätigkeitsdaten: insbesondere ausgeübte Tätigkeit, Arbeitsplatz- und Tätigkeitsanalysen, Gefährdungsbeurteilungen, Arbeitsschutzdaten, berufliche Qualifizierung, – Ablaufdaten: insbesondere Verläufe und Ergebnisse von bEM-Verfahren, von Arbeitsversuchen und von Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung sowie sonstiger arbeitsplatzbezogener Maßnahmen, innerbetriebliche Umsetzung, Anpassungen des Arbeitsplatzes oder der Arbeitsbedingungen. Die Daten werden vertraulich und unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen behandelt und nur für die nachstehend genannten Zwecke erhoben und verwendet:7 – Zur Beratung, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann. – Zur Feststellung, welche arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen ergriffen werden können, zur Zusammenfassung dieser Maßnahmen in einem Maßnahmenplan und zur Durchführung dieses Maßnahmenplans. – Zur Feststellung, inwieweit der Maßnahmenplan durchgeführt wurde und inwieweit das bEM erfolgreich war. Nur nach Ihrer vorherigen Zustimmung werden Dritte (zB Rehabilitationsträger) an dem bEM beteiligt, an die in diesem Fall Ihre Daten weitergegeben werden, soweit das für die Erfüllung der Aufgaben dieser Dritten erforderlich ist. Rechtsgrundlage für die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten im Rahmen des bEM ist § 26 Abs. 1, 3 iVm. § 167 Abs. 2 SGB IX8. Die Daten werden im Regelfall innerhalb von [sechs] Monaten nach Abschluss des bEM gelöscht, soweit ihre weitere Verarbeitung nicht für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich oder der Arbeit5 Zur Verwendung der Daten für andere Zwecke Oberthür, ArbRB 2018, 301. 6 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612. 7 Der Versuch der ordnungsgemäßen Durchführung eine bEM setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer mitgeteilt wird, welche Krankheitsdaten – als sensible Daten iSv Art. 9 Abs. 1 DSGVO – erhoben und gespeichert und inwieweit und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden (zur Vorgängernorm des § 3 Abs. 9 BDSG a.F. BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 Rz. 32). 8 Pflichtangabe gem. Art. 13 Abs. 1 lit. c DSGVO.

Lingemann | 693

Kap. 15 M 15.5 | Krankheit geber aufgrund gesetzlicher Vorschriften zu einer längeren Speicherung verpflichtet oder berechtigt ist. Sie haben einen Anspruch auf Auskunft über die vom Arbeitgeber gespeicherten personenbezogenen Daten und bei Vorliegen der jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Bereitstellung, Berichtigung und Löschung der Daten und auf Einschränkung der Verarbeitung. Sie können sich außerdem mit Beschwerden an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden.9

3) Bitte um Zustimmung Wir bitten Sie, uns bis zum […] mitzuteilen, ob Sie mit der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements einverstanden sind. Bitte teilen Sie bis dahin auch mit, ob sie mit der Teilnahme eines/r Vertreter/in der Schwerbehindertenvertretung und eines/r Vertreter/in des Betriebsrates einverstanden sind. Sie können der Durchführung des bEM auch zustimmen, ohne mit der Beteiligung eines/r Vertreter/in der Schwerbehindertenvertretung und/ oder eines/r Vertreter/in des Betriebsrates einverstanden zu sein.10 Das bEM wird dann ohne diese durchgeführt. Wir werden dann mit den Beteiligten zunächst einen Termin für ein erstes Eingliederungsgespräch abstimmen. Ob darüber hinaus die Hinzuziehung des Betriebsarztes erforderlich ist, sollten wir gemeinsam klären.

4) Bitte um ergänzende Informationen Bitte lassen Sie uns auch wissen, ob nach Ihrer Ansicht Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben gemäß § 167 Abs. 2 Satz 4, § 49 Abs. 1 SGB IX in Betracht kommen. In diesem Fall würden wir – Ihr Einverständnis vorausgesetzt – das Integrationsamt zu den Terminen hinzuziehen. Gemäß § 49 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.

5) Rückantwortbogen Sie können für Ihre Rückantwort gerne anliegende Kopie dieses Schreibens11 mit dem darauf befindlichen Rückantwortbogen verwenden. Bitte kreuzen Sie dann die jeweils zutreffenden Felder an und schicken Sie ihn uns unterschrieben zurück. Sollten wir bis zum […] keine Antwort von Ihnen erhalten, gehen wir davon aus, dass Sie der Durchführung des bEM nicht zustimmen. Das bEM würde dann nicht durchgeführt. Ihrer Nachricht sehen wir gerne entgegen. Mit freundlichen Grüßen […]

[…]

Ort, Datum

Name

9 Wenn der Arbeitgeber an anderer Stelle (zB im Intranet, durch eine Anlage zum Arbeitsvertrag oder am schwarzen Brett) über die Dauer der Datenspeicherung und die Datenschutzrechte der Beschäftigten informiert, kann der Absatz auch durch einen Verweis auf diese Datenschutzinformationen ersetzt werden, zB: „Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten und zu Ihren Datenschutzrechten finden Sie im Intranet unter […].“ 10 Der Beschäftigte ist zu informieren, dass er auch unter der Maßgabe zustimmen kann, den Betriebsrat und/oder die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen; abweichende Regelungen im Spruch einer Einigungsstelle sind unwirksam (BAG v. 22.10.2019 – 1 ABR 36/18, NZA 2020, 389; v. 17.4.2019 – 7 AZR 292/17, NZA 2019, 1355; v. 11.12.2018 – 1 ABR 12/17, NZA 2019, 480). 11 Es ist ratsam, dass der Rückantwortbogen mit dem Schreiben eine Einheit bildet, damit deutlich wird, worauf sich die Erklärungen, insb. die Datenschutzerklärung, beziehen.

694 | Lingemann

Krankheit | M 15.6 Kap. 15 Rückantwortbogen Mit der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) bin ich



einverstanden



einverstanden



einverstanden



in Betracht



hinzuzuziehen



nicht einverstanden.



nicht einverstanden.



nicht einverstanden.



nicht in Betracht.



nicht hinzuzuziehen.

Mit der Teilnahme eines Mitgliedes des Betriebsrates bin ich Mit der Teilnahme eines Mitgliedes der Schwerbehindertenvertretung bin ich Leistungen zur Teilhabe im Arbeitsleben kommen bei mir Ich bitte, eine/n Vertreter/in des Integrationsamtes zu den Gesprächen

Mit ist bekannt, dass ich die vorstehenden Erklärungen jederzeit widerrufen kann. […]

[…]

Ort, Datum

Name

M 15.6 Formlose Antwort des Arbeitnehmers auf die Einladung

zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 167 Abs. 2 SGB IX

Mit der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) bin ich einverstanden. Ihrem Anruf zur Vereinbarung eines Termins für ein erstes Eingliederungsgespräch sehe ich gerne entgegen. Ich bin auch damit einverstanden, wenn – ein Mitglied des Betriebsrates und – ein Mitglied der Schwerbehindertenvertretung an diesem Gespräch teilnehmen. Leistungen zur Teilhabe im Arbeitsleben kommen nicht in Betracht/kommen in Betracht. Daher bitte ich, eine/n Vertreter/in des Integrationsamtes zu den Gesprächen hinzuzuziehen. oder Ich halte die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht für erforderlich und stimme Ihrem Vorschlag daher nicht zu. Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift)

Lingemann | 695

Kap. 16 | Schwerbehinderte Menschen

Kapitel 16 Schwerbehinderte Menschen I. 1. 2. 3. 4. a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . Schwerbehinderung . . . . . . . . . Pflichten des Arbeitgebers . . . . . Sonderkündigungsschutz . . . . . . Verfahren bei Kündigung . . . . . Formerfordernisse . . . . . . . . . . Rechtsfolgen eines fehlenden Antrages . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsfrist . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungsfrist . . . . . . . . . . Prüfung des Integrationsamtes . . Anhörung des Betriebsrates und Beteiligung des Integrationsamtes (M 16.2, M 16.3) . . . . . . . . . . . Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung (M 16.1) . . . . . Einvernehmliche Beendigung vor dem Integrationsamt . . . . . . . . . Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungserklärungsfrist . . . . . Anfechtung des Vertrages . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

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. . . .

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. . . .

II. Muster Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung zur außerordentlich fristlosen

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17a

18 19 20 22

sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Verdachtskündigung gem. § 178 Abs. 2 SGB IX . . . . . . . . . Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Verdachtskündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen/gleichgestellten behinderten Menschen . . . . . . . . . . . Widerspruch gegen die Zustimmung des Integrationsamtes . . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitgebers gegen die Versagung der Zustimmung des Integrationsamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen Täuschung über die Schwerbehinderteneigenschaft . . . . . . . . . . . Klage des Arbeitnehmers auf Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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M 16.1

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M 16.2

M 16.3 M 16.4 M 16.5 M 16.6 M 16.7

Literatur: Bayreuther, Der neue Kündigungsschutz schwerbehinderter Arbeitnehmer nach § 95 II SGB IX, NZA 2017, 87; Boecken, Die Pflicht zur behindertengerechten Beschäftigung, RdA 2012, 2010; Dau/ Düwell/Joussen, Sozialgesetzbuch IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 5. Aufl. 2019; Deinert, Kündigungsprävention und betriebliches Eingliederungsmanagement, NZA 2010, 969; Düwell, Schwerbehindertenkündigung und Beteiligungsverfahren, BB 2011, 2485; Feldes/Helbig ua., Schwerbehindertenrecht, Basiskommentar, 15. Aufl. 2020; Gehlhaar, Neue Regeln für die Anzeige der Schwerbehinderung nach einer Kündigung, NZA 2011, 673; Grimm/Freh, Wichtige Neuerungen im Schwerbehindertenrecht, ArbRB 2017, 16; Greiner/Hagedorn, Der Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer zwischen Pflichtarbeitsplatzquote, Beschäftigungsanspruch und Bestandsschutz, NJW 2019, 3483; Gröninger/Thomas, Schwerbehindertengesetz, Loseblatt; Großmann ua., Gemeinschaftskommentar zum SGB IX, Loseblatt; Husemann, Die Information über die Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis, RdA 2014, 16; Kleinebrink, Bundesteilhabegesetz: Stärkung der Rechte der Schwerbehindertenvertretung, DB 2017, 126; Klinkhammer, Kündigungen gegenüber schwerbehinderten Arbeitnehmern bei Unkenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft, ArbRAktuell 2017, 559; Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, Kommentar, 4. Aufl. 2015; Laskawy/Lomb, Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei Kündigungen, DB 2019, 1510; Lingemann/Steinhauser, Fallen beim Ausspruch von Kündigungen – Anhörung der Schwerbehindertenvertretung, NJW 2017, 1369; Moderegger, Die Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung – ein Wegweiser – mit allen wichtigen Schutzvorgaben und Fördermöglichkeiten im Überblick, ArbRB 2019, 314; Mrozynski/Müller-Wenner/Schorn, Kommentar SGB IX Teil 1, 2. Aufl. 2011; Neumann, Kündigungsschutz Schwerbehinderter, AR-Blattei Schwerbehinderte II und SD 1440.2; Neumann/ Pahlen ua., Sozialgesetzbuch IX, Kommentar, 14. Aufl. 2020; Schmidt, Betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) – § 84 Abs. 2 SGB IX – aktueller Überblick, AE 2012, 202; Schmitt, Aktuelle Rechtsfragen bei der Kündigung schwerbehinderter Menschen, BB 2017, 2293; Schrader/Siebert, Die Frage nach der Schwerbehinderung, ArbRAktuell 2012, 157; Zaumseil, Ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und notwendige Einladung zum Vorstellungsgespräch, DB 2020, 1016.

696 | Lingemann/Diller

Schwerbehinderte Menschen | Rz. 3 Kap. 16

I. Einführung 1. Schwerbehinderung §§ 151 ff. SGB IX regeln das Schwerbehindertenrecht. Sie gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen, § 151 Abs. 1 SGB IX, nicht für von Behinderung bedrohte Menschen. Menschen mit Behinderung sind gem. § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungsund umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt vor, wenn der Körper-und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung in diesem Sinne zu erwarten ist.

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Menschen sind im Sinne dieser Regelung jedoch nur schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iSd. § 156 SGB IX rechtmäßig im Bundesgebiet haben, § 2 Abs. 2 SGB IX. Es reicht aus, wenn die Behinderung tatsächlich vorliegt; auf die behördliche Anerkennung kommt es nicht an. Da der Arbeitnehmer jedoch darlegungs- und beweispflichtig ist, wenn er sich auf die Schwerbehinderteneigenschaft beruft, stellt das zuständige Versorgungsamt am Wohnsitz des Behinderten auf seinen Antrag hin (der Arbeitgeber ist nicht antragsberechtigt) die Behinderung und den GdB fest, § 152 SGB IX. Gleichgestellt sind nach § 2 Abs. 3 SGB IX Personen mit einem GdB zwischen 30 und 49, wenn die Gleichstellung durch die Agentur für Arbeit festgestellt wird. Dies erfolgt, wenn die Person infolge einer durch das Versorgungsamt festgestellten Behinderung des genannten Grads (§ 152 SGB IX) einen geeigneten Arbeitsplatz iSv. § 156 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten kann.

2. Pflichten des Arbeitgebers Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen haben auf wenigstens 5 % der Stellen schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. In die Berechnung sind grundsätzlich alle Arbeitsplätze einzubeziehen, auf denen Arbeiter, Angestellte, Beamte, Richter sowie Auszubildende und zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden, § 154 Abs. 1 SGB IX. Die Stellen, die nicht als Arbeitsplätze gelten, sind in § 73 Abs. 2 und 3 SGB IX/§156 Abs. 2 und 3 SGB IX aufgeführt. Stellen der Auszubildenden sind von der Berechnung der Mindestzahl von Arbeitsplätzen ausgenommen, § 157 SGB IX. Kommt der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nicht in vollem Umfang nach, muss er gem. § 160 SGB IX für jeden unbesetzten Pflichtplatz eine monatliche Ausgleichsabgabe entrichten.1 Die genaue Höhe richtet sich danach, in welchem Umfang die in § 154 Abs. 1 und 2 SGB IX bestimmte Pflichtquote unterschritten wird, § 160 Abs. 1 und 2 SGB IX. Die Ausgleichsabgabe erhöht sich gem. § 160 Abs. 3 SGB IX in Anlehnung an die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Der Arbeitgeber hat der für seinen Sitz zuständigen Arbeitsagentur jeweils bis zum 31. März des Folgejahres die Zahl der Arbeitsplätze im Betrieb, der dort beschäftigten schwerbehinderten Menschen und gleichgestellten behinderten Menschen sowie der sonstigen anrechnungsfähigen Personen und der Mehrfachanrechnungen sowie den Gesamtbetrag der geschuldeten Ausgleichsabgabe mitzuteilen, § 163 Abs. 2 SGB IX. Zudem hat er ein Verzeichnis der bei ihm beschäftigten schwerbehinderten Menschen, gleichgestellten behinderten Menschen und sonstigen anrechnungsfähigen Personen zu führen und dies auf Verlangen des Integrationsamtes und der Agentur für Arbeit vorzulegen, § 163 Abs. 1 SGB IX.

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Bei der Besetzung freier Arbeitsplätze hat der Arbeitgeber gem. § 164 Abs. 1 SGB IX zu prüfen, ob sie mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen sind. Dazu hat er frühzeitig mit der Agentur für

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1 Die Pflichten des Arbeitgebers zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen und zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe sind mit der Verfassung vereinbar (BVerfG v. 1.10.2004 – 1 BvR 2221/03, NZA 2005, 102).

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Kap. 16 Rz. 3 | Schwerbehinderte Menschen Arbeit Kontakt aufzunehmen und die Schwerbehindertenvertretung über etwaige Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit zu unterrichten. Verletzt ein Arbeitgeber seine Pflichten nach § 164 Abs. 1 SGB IX, so kann dies die Vermutung für eine Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter wegen ihrer Behinderung gem. §§ 1, 7, 22 AGG begründen.2 Besonders zu erwähnen ist das Einsichtsrecht der Schwerbehindertenvertretung in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen aller Bewerber sowie das Recht auf Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen, soweit die Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen auf eine Stelle vorliegt, § 164 Abs. 1 Satz 6, § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX.3 Gem. § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX sind alle Beteiligten zudem vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Auch die fehlende Unterrichtung des Arbeitnehmers über die Gründe für die Absage kann eine Vermutungstatsache gem. § 22 AGG für eine Benachteiligung gem. §§ 1, 7 AGG sein.4 Außerdem kann der Betriebsrat gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG seine Zustimmung verweigern, wenn der Arbeitgeber im Rahmen seiner Prüfpflicht die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt hat und ein nicht behinderter Bewerber eingestellt werden soll.5

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§ 164 Abs. 3 SGB IX enthält die Verpflichtung des Arbeitgebers, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Die Reichweite und Durchsetzbarkeit dieser Verpflichtung ist jedoch unklar; eine Verpflichtung, bestimmte Bewerber einzustellen, entsteht dadurch nicht.6 § 164 Abs. 4 SGB IX enthält die Kernpflichten des Arbeitgebers gegenüber schwerbehinderten Menschen im bestehenden Arbeitsverhältnis. Danach haben die schwerbehinderten Menschen gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf (1) Beschäftigung,7 bei der sie ihre Fähigkeiten und 2 BAG v. 23.1.2020 – 8 AZR 484/18, NZA 2020, 851; v. 23.1.2020 – 8 AZR 484/18, NZA 2020, 851, Anm. Krieger, FD-ArbR 2020, 430408; v. 22.8.2013, AP SGB IX § 81 Nr. 21, Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 81; v. 17.8.2010 – 9 AZR 839/08, NZA 2011, 153, 156; v. 21.7.2009 – 9 AZR 431/08, NZA 2009, 1087. Unerheblich soll dabei sein, ob der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers hatte (BAG v. 13.10.2011, EzA § 15 AGG Nr. 16). 3 Die Schwerbehindertenvertretung ist auch zuständig für die Vertretung der Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, obwohl diese keine Arbeitnehmer iSd. Betriebsverfassungsgesetzes sind (BAG v. 16.4.2003 – 7 ABR 27/02, NZA 2003, 1105). 4 Vgl. EuGH v. 19.4.2012, NZA 2012, 493 – Meister; BAG v. 21.2.2013 – 8 AZR 180/12, NZA 2013, 840, m. Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2013, 156; dies gilt allerdings nur, wenn der Arbeitgeber der Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nach § 154 SGB IX nachgekommen ist; im Einzelnen unten Rz. 5. 5 BAG v. 17.6.2008 – 1 ABR 20/07, NZA 2008, 1139; LAG Hamm v. 23.1.2015 – 13 TaBV 44/14 Rz. 76; Kleinebrink, ArbRB 2012, 161, 162. Möglich wäre somit auch der Widerspruch des Betriebsrats gegen die Einstellung eines Leiharbeitnehmers, gestützt auf die Verletzung der Prüf- und Konsultationspflicht des § 164 Abs. 1 SGB IX (BAG v. 23.6.2010 – 7 ABR 3/09, NZA 2010, 1361). Der Arbeitgeber muss darüber hinaus Arbeitsplätze, die mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen, gem. § 93 BetrVG innerbetrieblich ausschreiben, um einen möglicherweise vorrangigen Anspruch auf die Beschäftigung auf dem zugedachten Arbeitsplatz eines Schwerbehinderten oder ihm Gleichgestellten gem. § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX sicherzustellen. Unterlässt der Arbeitgeber dies, kann der Betriebsrat gem. § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG die Zustimmung verweigern (BAG v. 15.10.2013 – 1 ABR 25/12, NZA 2014, 214 Rz. 19 ff.). 6 Ein einklagbarer individueller Anspruch ergibt sich hieraus somit nicht. Solche Ansprüche finden sich in § 164 Abs. 4 und 5 SGB IX, die insoweit Abs. 3 konkretisieren. 7 Kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer seine arbeitsvertragliche Tätigkeit wegen der Behinderung nicht mehr wahrnehmen, so kann er Anspruch auf eine anderweitige Beschäftigung haben, wobei, soweit erforderlich, auch ein Anspruch auf Vertragsänderung (auch durch eine Änderungskündigung) in Betracht kommt (BAG v. 15.10.2013 – 1 ABR 25/12, NZA 2014, 214 Rz. 24; v. 1.2.2011 – 1 ABR 79/09, NZA 2011, 703 Rz. 23; v. 21.9.2006 – 2 AZR 607/05, NZA 2007, 431; v. 14.3.2006 – 9 AZR 411/05, NZA 2006, 1214). Dabei hat der Arbeitnehmer die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Anspruch aus

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Schwerbehinderte Menschen | Rz. 4 Kap. 16

Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,8 (2) bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens, (3) Erleichterungen in zumutbarem Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung, (4) behinderungsgerechte Einrichtungen und Unterhaltungen der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr, (5) Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen, jeweils unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Der unter (1) genannte schwerbehindertenrechtliche Beschäftigungsanspruch lässt Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG unberührt. Soweit für die Erfüllung dieses Anspruchs eine Versetzung erforderlich ist, hat der schwerbehinderte Mensch einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die Zustimmung nach § 99 BetrVG beim Betriebsrat einholt. Wird diese verweigert und steht nicht fest, dass dem Betriebsrat objektiv Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG zustehen, hat der schwerbehinderte Mensch auch einen Anspruch auf Durchführung des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG. Führt der Arbeitgeber das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren schuldhaft unzureichend durch, kann das einen Schadensersatzanspruch begründen.9 Gem. § 164 Abs. 5 SGB IX hat der Arbeitgeber die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen zu fördern; schwerbehinderte Menschen haben gem. § 164 Abs. 5 Satz 3 SGB IX auch einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist. Gem. § 207 SGB IX sind schwerbehinderte Menschen auf ihr Verlangen auch von Mehrarbeit freizustellen. Da Mehrarbeit lediglich die Arbeit ist, die die gesetzliche werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden gem. § 3 Satz 1 ArbZG überschreitet, begründet dies jedoch – vorbehaltlich § 164 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX – keinen Anspruch auf Einhaltung der Fünf-Tage-Woche und/oder Befreiung von Nachtarbeit.10 Schwerbehinderte Menschen haben gem. § 208 SGB IX Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen/Urlaubsjahr.11

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§ 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX darzulegen (BAG v. 13.6.2006 – 9 AZR 229/05, NZA 2007, 91; v. 10.5. 2005 – 9 AZR 230/04, NZA 2006, 155). Der Arbeitgeber hingegen hat die anspruchshindernden Umstände (v.a. Unzumutbarkeit der Beschäftigung) vorzutragen (BAG v. 14.3.2006, NZA 2006, 1214; LAG Hamburg v. 15.4.2015 – 5 Sa 107/12, juris Rz. 25). Der Anspruch aus § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX hindert aber organisatorische Entscheidungen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen, nicht (BAG v. 16.5.2019 – 6 AZR 329/18, NZA 2019, 1198 m. Anm. Schuster, ArbRAktuell 2019, 278). Ausführlich zum Anspruch auf behindertengerechte Beschäftigung Moderegger, ArbRB 2019, 314. Ebenfalls aus § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX ergibt sich ein Anspruch des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf stufenweise Wiedereingliederung iSd. § 74 SGB V. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer hat im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, die auch einen Wiedereingliederungsplan über die aus ärztlicher Sicht zulässige Arbeit enthält, sowie eine Prognose, ob und wann mit einer Wiederherstellung der vollen oder teilweisen Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist (BAG v. 13.6.2006 – 9 AZR 229/05, NZA 2007, 91). Der Arbeitgeber kann die Wiedereingliederung jedoch ablehnen, wenn die begründete Befürchtung besteht, dass der Gesundheitszustand des schwerbehinderten Menschen eine Beschäftigung entsprechend diesem Plan nicht zulässt (BAG v. 16.5.2019 – 8 AZR 530/17, NZA 2019, 1348 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2019, 487). BAG v. 3.12.2002 – 9 AZR 481/01, DB 2003, 1230. BAG v. 3.12.2002, AP Nr. 1 zu § 124 SGB IX. Seit dem 1.1.2004 gilt auch der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit. Diese ist somit auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit iSd. § 3 Satz 1 ArbZG anzurechnen (BAG v. 21.11.2006 – 9 AZR 176/06, NZA 2007, 446). Dabei erhöht sich nicht nur der gesetzliche Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG, sondern auch ein höherer vertraglicher Urlaub (BAG v. 24.10.2006 – 9 AZR 669/05, NZA 2007, 330).

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Kap. 16 Rz. 4 | Schwerbehinderte Menschen § 166 SGB IX regelt ferner die Möglichkeit einer Inklusionsvereinbarung (früher: Integrationsvereinbarung) zwischen Arbeitgeber und Schwerbehindertenvertretung sowie dem Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers (§ 181 SGB IX), die Regelungen im Zusammenhang mit der Eingliederung schwerbehinderter Menschen enthält, insb. zur Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfelds, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit sowie Regelungen über die Durchführung in den Betrieben und Dienststellen.12 Gleichzeitig kann die Bundesagentur für Arbeit Integrationsfachdienste gem. § 192 ff. SGB IX einrichten, die die Eingliederung Schwerbehinderter durch Beratung, Betreuung und Fortbildung erleichtern sollen.

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§ 164 Abs. 2 SGB IX verweist zur Klarstellung auf das Benachteiligungsverbot für behinderte Menschen in Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnissen im AGG. Dem Arbeitgeber ist nach dem AGG sowohl die mittelbare wie die unmittelbare Diskriminierung aus Gründen einer Behinderung verboten, § 7 Abs. 1 AGG.13 Nach dem AGG geschützt sind allerdings nicht nur Schwerbehinderte und Gleichgestellte iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX,14 sondern weitergehend behinderte Menschen iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Der vom EuGH gem. der Richtlinie 2000/87/EG geprägte Begriff der Behinderung – „eine Einschränkung, die unter anderem auf langfristige physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die den Betreffenden in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können“15 – ist enger als der des BAG, das nicht nur auf die Einschränkung der beruflichen, sondern allgemein der gesellschaftlichen Teilhabe abstellt: Danach sind Menschen behindert iSd. AGG, wenn ihre „körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Alter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist“.16 Jedenfalls aber gelten die Regelungen des AGG erst recht für schwerbehinderte Menschen gem. § 2 Abs. 2 SGB IX und diesen Gleichgestellte gem. § 2 Abs. 3 SGB IX (vgl. Rz. 1 ff.).

5a Geschützt sind insoweit nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Einstellungsbewerber, § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG; das sind nach dem weiten formalen Bewerberbegriff des BAG diejenigen, die eine Bewerbung beim Arbeitgeber eingereicht haben.17 Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, sind gem. § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht zwar nicht, § 15 Abs. 6 AGG, jedoch hat der Arbeit-

12 Arbeitshilfen zur Vorbereitung einer solchen Vereinbarung finden sich unter www.integrationsaemter.de. 13 Eine verdeckte mittelbare Benachteiligung liegt zB vor, wenn eine Regelung in einem Tarifvertrag zur Altersteilzeit, nach der das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit der Möglichkeit zum Bezug einer abschlagsfreien Altersrente endet, dazu führt, dass sich die Freistellungsphase bei der Altersteilzeit im Blockmodell für einen schwerbehinderten Arbeitnehmer erheblich verkürzt, Rechtsfolge der Ungleichbehandlung ist der Anspruch auf Behandlung wie ein nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer (BAG v. 12.11.2013, NJOZ 2014, 815). 14 Vgl. BT-Drucks. 16/1780, S. 31; BAG v. 18.11.2008 – 9 AZR 643/07, NZA 2009, 728: Ab einem GdB von 30 % kommen Entschädigungsansprüche in Betracht. Der Arbeitgeber muss eine Behinderung nicht berücksichtigen, wenn sie nach Ablauf der Bewerbungsfrist mitgeteilt wird und zu diesem Zeitpunkt die Entscheidung bereits getroffen ist. 15 EuGH v. 1.12.2016 – C-395/15, EuZW 2017, 263; v. 18.12.2014 – C-354/13, NZA 2015, 33 Rz. 53, m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 45; v. 11.4.2013 – C-335/11, NZA 2013, 553; BAG v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372 Rz. 57 f., m. Anm. Günther, ArbRAktuell 2014, 150; enger noch EuGH v. 11.7.2006 – C-13/05 – Navas, NZA 2006, 839. Nicht erforderlich ist, dass die Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Behinderung unmöglich ist. Vielmehr reicht bereits aus, dass der Arbeitnehmer in der Ausübung der Tätigkeit beeinträchtigt ist (EuGH v. 18.12.2014, NZA 2015, 33 Rz. 54, m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 45). 16 BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08, NZA 2010, 280; v. 17.12.2009, 8 AZR 670/08, NZA 2010, 383. 17 BAG v. 23.1.2020 – 8 AZR 484/18, NZA 2020, 851, Anm. Krieger, FD-ArbR 2020, 430408; v. 19.5.2016 – 8 AZR 470/14, NZA 2016, 1394.

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Schwerbehinderte Menschen | Rz. 6 Kap. 16

geber nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG, § 280 BGB Ersatz des Vermögensschadens zu leisten, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Daneben kommt ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG in Betracht. Die Ansprüche sind vorbehaltlich abweichender tariflicher Regelungen nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung schriftlich beim Arbeitgeber geltend zu machen. Nach § 61b Abs. 1 ArbGG gilt zusätzlich eine dreimonatige Klagefrist nach schriftlicher Geltendmachung des Anspruchs. Im Streitfall genügt es, wenn der Anspruchsteller Indizien beweist, die eine Benachteiligung vermuten lassen.18 Dann trifft den Anspruchsgegner die volle Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Kausalität eines Benachteiligungsgrundes, das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes oder das fehlende Vertretenmüssen, § 22 AGG. Vermutungstatsache (s. dazu auch Rz. 3) kann insb. sein19 die Absage gegenüber einem schwerbehinderten Bewerber ohne Einhaltung der Pflichten zur Beteiligung der Agentur für Arbeit gem. § 164 Abs. 1 Satz 2, § 165 SGB IX,20 eine nicht unverzügliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung entgegen § 164 Abs. 1 Satz 4 und 6 SGB IX bei der Bewerberauswahl oder Besetzung von Arbeitsplätzen21 oder auch die Nichtangabe von Gründen im Absageschreiben entgegen § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX gegenüber behinderten Bewerbern, wenn gleichzeitig die Quote nach § 154 SGB IX nicht erfüllt ist22, sowie beim öffentlichen Arbeitgeber die Nichteinladung eines schwerbehinderten Menschen entgegen § 165 Satz 2 SGB IX23. Im Regelfall keine verbotene Diskriminierung ist die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderteneigenschaft seines Beschäftigten, nachdem dieser gem. §§ 168 ff. SGB IX Sonderkündigungsschutz erlangt hat.24 Denn die Frage nach der Schwerbehinderung dient dann dem berechtigten Ziel, den gesetzlich angeordneten besonderen Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer verwirklichen zu können. Nach § 178 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber in allen Angelegenheiten, die einen schwerbehinderten Menschen25 oder schwerbehinderte Menschen als Gruppe berühren, die Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Ferner hat er ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen, § 178 Abs. 2 Satz 1, letzter Halbs. SGB IX. Dies gilt für personelle Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen, Umsetzungen,26 Ein- bzw. Umgruppierungen, Abmahnungen oder Kündigungen. Keine Entscheidung iSd. Norm ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages.27 oder die bloße Umsetzung einer an anderer Stelle verbindlich getroffenen Entscheidung.28 18 BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, NZA 2012, 34. 19 Einzelheiten bei PWW/Lingemann, § 22 AGG Rz. 1 ff., 5 f. 20 BAG v. 24.1.2013 – 8 AZR 188/12, NZA 2013, 896; v. 12.9.2006, EzA § 81 SGB IX Nr. 14. Die Indizwirkung soll nach der Rspr. des BAG selbst dann greifen, wenn der Bewerber seinen Behindertenstatus bei der Bewerbung nicht offenbart hat (BAG v. 13.10.2011, EzA § 15 AGG Nr. 16). 21 BAG v. 20.1.2016 – 8 AZR 194/14 m Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 321; v. 22.8.2013 AP SGB IX § 81 Nr. 21, Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 81; v. 15.2.2005, BB 2005, 2816. 22 BAG v. 21.2.2013 – 8 AZR 180/12, NZA 2013, 840 m. Anm. Haußmann, ArbRAktuell 2013, 156. 23 BAG v. 25.6.2020 – 8 AZR 75/19, juris, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2020, 349; v. 23.1.2020 – 8 AZR 484/ 18, NZA 2020, 851, Anm. Krieger, FD-ArbR 2020, 430408; v. 16.5.2019 – 8 AZR 315/08, NZA 2019, 3801; v. 11.8.2016 – 8 AZR 375/15, BB 2017, 250; v. 20.1.2016 – 8 AZR 194/14 m Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 321; v. 26.6.2014, AP Nr. 10 zu § 22 AGG Rz. 45; v. 16.2.2012, AP Nr 21 zu § 81 SGB IX. Dabei genügt die Angabe einer Schwerbehinderung im Bewerbungsschreiben, der GdB muss nicht angegeben werden (BAG v. 22.10.2015 – 8 AZR 384/14, NZA 2016, 625). Die Verpflichtung besteht nur, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderung hat oder diese kennen müsste, weil der schwerbehinderte Mensch in der Bewerbung darauf hingewiesen hat. Lädt der öffentliche Arbeitgeber gleichwohl nicht ein, kann die Vermutungswirkung nur entkräftet werden, wenn der Arbeitgeber dartun kann, dass dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, § 165 Satz 3 SGB IX. Dies sollte er dann zur Begründung der Absage schon ausführen. 24 BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555. 25 Beim Gleichstellungsantrag kommt es auf den Gleichstellungsbescheid an, vorher besteht kein Beteiligungsrecht zB bei einer Umsetzung (BAG v. 22.1.2020 – 7 ABR 18/18, NZA 2020, 783). 26 BAG v. 22.1.2020 – 7 ABR 18/18, NZA 2020, 783. 27 BAG v. 14.3.2012, EzA § 95 SGB IX Nr. 4. 28 BAG v. 20.6.2018 – 7 ABR 39/16, NZA 2019, 54.

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Kap. 16 Rz. 6 | Schwerbehinderte Menschen Die Pflicht entfällt ausnahmsweise, wenn die Angelegenheit behinderte wie nicht behinderte Arbeitnehmer in gleicher Weise berührt.29 Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nach, ist die jeweilige Maßnahme auf Antrag der Schwerbehindertenvertretung gem. § 187 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auszusetzen, sofern sie noch nicht vollzogen wurde.30 Gem. § 187 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ist die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine entsprechende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, unwirksam (M 16.1). Allerdings führt die fehlende Mitteilung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX allein noch nicht zur Unwirksamkeit.31 Gem. § 167 Abs. 1 SGB IX schaltet der Arbeitgeber bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis, die zur Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 SGB IX genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann. Die Durchführung dieses allgemeinen Präventionsverfahrens nach § 167 Abs. 1 SGB IX ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung bei der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, stellt jedoch eine Konkretisierung des kündigungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Allerdings findet das Unterlassen des Verfahrens32 nur dann bei der Bewertung des Kündigungsgrundes zu Lasten des Arbeitgebers Berücksichtigung, wenn die Durchführung des Verfahrens erfolgversprechend war, im Arbeitsverhältnis des Schwerbehinderten auftretende Schwierigkeiten zu beseitigen.33 Auch in diesem Fall kann die Unterlassung aber Entschädigungsansprüche nach dem AGG begründen.34

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§ 167 Abs. 2 SGB IX sieht darüber hinaus ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) vor (Einzelheiten s. Kap. 15 Rz. 19 ff. sowie M 15.5 ff. m. Anm.).35 Wenn – auch nicht behinderte – Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung § 176 SGB IX, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Personen die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann. Das bEM ist allgemein im Vorfeld der krankheitsbedingten Kündigung und damit auch bei der krankheitsbedingten Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer zu beachten. § 167 Abs. 2 SGB IX konkretisiert das dem Kündigungsschutz immanente Ultima-Ratio-Prinzip, mit der Folge, dass dem Arbeitgeber im Falle der Nichtdurchführung eine deutlich erhöhte Darlegungsund Beweislast obliegt.36 Ein betriebliches Eingliederungsmanagement ist demnach nicht erforder29 BAG v. 17.8.2010 – 9 ABR 83/09, NZA 2010, 1431. Ohne Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen bedarf die Besetzung einer Führungsposition demnach nur dann der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, wenn die Führungskraft besondere schwerbehindertenspezifische Aufgaben bewältigen muss wie zB die behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen. 30 Vollzieht der Arbeitgeber Maßnahmen des § 178 Abs. 2 SGB IX ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit gem. § 238 Abs. 1 Nr. 8 SGB IX dar. 31 BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 378/18, NZA 2019, 305. 32 In den ersten sechs Monaten ist es allerdings nicht erforderlich, das Unterlassen begründet auch keine Vermutung nach § 22 AGG für eine Diskriminierung (BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 402/14, NZA 2016, 1131). 33 BAG v. 7.12.2006 – 2 AZR 182/06, NZA 2007, 617. 34 Vgl. BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 402/14, NZA 2016, 1131. 35 Zu Einzelheiten s. Kap. 22 Rz. 78 ff. Das Fehlen eines ordnungsgemäß durchgeführten bEM hat allerdings keine Indizwirkung für eine Diskriminierung nach dem AGG (BAG v. 28.4.2011 – 8 AZR 515/ 10, NJW 2011, 2458). 36 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979: Der Arbeitgeber muss nicht nur darlegen und beweisen, dass keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, sondern auch, dass die Durchführung eines bEM objektiv nutzlos gewesen wäre. Vgl. auch Kap. 15 Rz. 19 ff.

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Schwerbehinderte Menschen | Rz. 9 Kap. 16

lich und steht einer Kündigung nur dann nicht entgegen, wenn es nachweislich objektiv nutzlos gewesen wäre.37 Zwingend einzuschalten ist bei Kündigung von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen jedoch das Integrationsamt (dazu Rz. 9 f.), zu unterrichten sind ferner Schwerbehindertenvertretung, § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX (M 16.1) und der Betriebsrat, §§ 102 ff. BetrVG (M 16.2). Blieb ein ordnungsgemäß durchgeführtes bEM ohne Erfolg, kann der Arbeitgeber darauf im Prozess verweisen. Der gekündigte Arbeitnehmer kann sich dann nicht mehr auf Alternativen berufen, die schon im bEM behandelt und verworfen wurden.38 Praxistipp: Dem Arbeitgeber ist dringend zu raten, vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung im Falle des Einverständnisses des Mitarbeiters die in § 167 Abs. 2 SGB IX geforderten Schritte zu unternehmen. Der Arbeitgeber muss die Initiative zur Durchführung des bEM ergreifen.39 Erteilt der Arbeitnehmer nach ordnungsgemäßer Einladung seine Zustimmung zum beM nicht, kann auf die Durchführung des bEM verzichtet werden; es empfiehlt sich, dies schriftlich festzuhalten.

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3. Sonderkündigungsschutz Jede Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, auch die außerordentliche oder die Änderungskündigung, kann nach § 168 SGB IX erst wirksam ausgesprochen werden, nachdem das zuständige Integrationsamt der beabsichtigten Kündigung zugestimmt hat (M 16.3).40 Eigenkündigungen des Arbeitnehmers und eine einvernehmliche Beendigung bedürfen hingegen keiner Zustimmung des Integrationsamtes. Dasselbe gilt für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen, die noch nicht länger als sechs Monate bestehen, § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX,41 und für die weiteren in § 173 SGB IX genannten Arbeitnehmergruppen. Zur Einholung der Zustimmung muss der Arbeitgeber einen Antrag an das für seinen Sitz zuständige Integrationsamt richten (M 16.1). Das Integrationsamt prüft allerdings nicht die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der Kündigung, sondern nur die Notwendigkeit der Gewährung von Sonderkündigungsschutz.42 Bei der außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber gem. § 174 Abs. 2 SGB IX die Zustimmung innerhalb von zwei Wochen ab Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgeblichen Gründe beantragen.43 Stimmt das Integrationsamt der Kündigung zu, kann der Arbeitgeber die ordentliche Kündigung nur innerhalb eines Monats44 (§ 171 Abs. 3 SGB IX), die außerordentliche nur unverzüg37 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979. 38 Vgl. BAG v. 10.12.2009, NZA 2010, 265; krit. Deinert, NZA 2010, 969, 974. 39 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612, m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 251. Bei einer Kündigung muss der Arbeitgeber, wenn er die Initiative nicht ergriffen hat, darlegen, dass künftige Fehlzeiten ebenso wenig durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden werden können und dass arbeitsplatzbezogener Maßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG objektiv nutzlos sind (BAG aaO, Rz. 39, 50). 40 Kommt es zwischen Antragsstellung und Entscheidung des Integrationsamtes zu einem Betriebsübergang, ist der Zustimmungsbescheid an den Erwerber als neuen Arbeitgeber zu richten. Eine Mitteilung gegenüber dem alten Arbeitgeber geht demgegenüber ins Leere (BAG v. 15.11.2012, NZA 2013, 504). 41 Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber sind jedoch anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht. Maßgeblich für die Beurteilung ist insb. der Anlass und die Dauer der Unterbrechung sowie die Art der Weiterbeschäftigung (BAG v. 19.6.2007 – 2 AZR 94/06, NZA 2007, 1103). 42 Vgl. VGH Baden-Württemberg v. 4.3.2002, DB 2002, 1784. 43 § 174 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verdrängt jedoch nicht die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Mit der bestandskräftigen Zustimmung durch das Integrationsamt steht auch nur fest, dass die Frist des § 174 Abs. 2 SGB IX eingehalten ist, nicht aber auch, dass die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB eingehalten wurde. Vielmehr haben die Arbeitsgerichte die Einhaltung dieser Frist eigenständig zu prüfen (BAG v. 2.3.2006 – 2 AZR 46/05, NZA 2006, 1211). 44 Soweit die Zustimmung des Integrationsamtes dem Arbeitgeber zugestellt wird, liegt Zugang nach dem maßgeblichen VwZG des Landes frühestens am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post vor. Eine Kündigung, welche der Arbeitgeber vor Ablauf dieser Drei-Tages-Frist ausspricht, ist unwirksam (LAG Ba-

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Kap. 16 Rz. 9 | Schwerbehinderte Menschen lich45 (§ 174 Abs. 5 SGB IX) nach Zustellung aussprechen (dazu näher ab Rz. 20). Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer innerhalb der Frist zugehen.46 Ein Arbeitnehmer, der aus dem Verfahren vor dem Integrationsamt weiß, dass ihm eine fristlose Kündigung zugehen wird, kann sich allerdings je nach den Umständen nach Treu und Glauben auf einen verspäteten Zugang des Kündigungsschreibens nicht berufen, wenn er dieses nicht oder nicht zeitnah bei der Postdienststelle abgeholt hat, obwohl ihm ein Benachrichtigungsschreiben der Post zugegangen ist.47 Die Kündigungsfrist bei ordentlicher Kündigung beträgt nach § 169 SGB IX mindestens vier Wochen.

10 Der Arbeitnehmer kann den Sonderkündigungsschutz des § 168 SGB IX nur in Anspruch nehmen,

wenn er im Zeitpunkt der Kündigung bereits als Schwerbehinderter anerkannt ist oder den Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt hat, § 173 Abs. 3 SGB IX.48 Gleiches gilt für Arbeitnehmer, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind.49 Der Sonderkündigungsschutz greift bei Arbeitnehmern, die mit einem Grad von weniger als 50 behindert sind, nur bei einer Gleichstellung mit schwerbehinderten Arbeitnehmern. Bei ihnen wird der Sonderkündigungsschutz durch die Gleichstellung erst begründet. Die Gleichstellung wird gem. § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB lX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam.

Hatte der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung weder Kenntnis noch fahrlässige Unkenntnis von der Schwerbehinderung, kann sich der Arbeitnehmer innerhalb der Drei Wochen-Frist des § 4 KSchG zzgl. einer Zeitspanne, innerhalb derer der Arbeitnehmer den Zugang der Mitteilung beim Arbeitgeber bewirken kann, unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf den Sonderkündigungsschutz berufen, ohne dass dies rechtsmissbräuchlich wäre.50 Hat der Arbeitgeber jedoch während des Arbeitsverhältnisses berechtigterweise nach der Schwerbehinderteneigenschaft seines Arbeitnehmers gefragt (vgl. dazu Rz. 5 aE) und hat dieser die Frage wahrheitswidrig verneint, kann sich der schwerbehinderte Arbeitnehmer in einem nachfolgenden Prozess nicht mehr auf den Sonderkündigungsschutz des § 168 Abs. 1 SGB IX berufen.51 Beim Betriebsübergang muss sich der Erwerber die Kenntnis des Betriebsveräußerers von der Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers zurechnen lassen.52

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den-Württemberg v. 22.9.2006, DÖD 2007, 96); mehrere Kündigungen innerhalb der Monatsfrist, die wegen formeller Bedenken ausgesprochen werden, führen nicht zum Verbrauch des Kündigungsrechts (BAG v. 8.11.2007 – 2 AZR 425/06, NZA 2008, 471). Liegt die Zustimmung des Integrationsamts allerdings bereits vor Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB vor, so kann der Arbeitgeber diese Kündigungserklärungsfrist ausschöpfen und muss nicht unverzüglich kündigen (BAG v. 15.11.2001, NZA 2002, 971). Bei der unverzüglichen Erklärung der außerordentlichen Kündigung nach Erteilung der Zustimmung gem. § 174 Abs. 5 SGB IX beginnt die Frist bereits mit sicherer Kenntnis des Arbeitgebers von der Zustimmung, wofür auch die mündliche Bekanntgabe ausreicht. Dies gilt auch für die Zustimmung durch den Widerspruchsausschuss (BAG v. 21.4.2005 – 2 AZR 255/04, DB 2005, 2028). BAG v. 16.10.1991 – 2 AZR 332/91, NZA 1992, 503. BAG v. 7.11.2002 – 2 AZR 475/01, DB 2003, 833. BAG v. 16.1.2018 – 7 AZR 622/15, NZA 2018, 925; v. 9.6.2011, NZA-RR 2011, 516. BAG v. 1.3.2007 – 2 AZR 217/06, DB 2007, 1702). Anders noch LAG Düsseldorf v. 29.3.2006 – 17 Sa 1321/05, DB 2006, 2244 (aufgehoben durch BAG v. 29.11.2007 – 2 AZR 613/06, NZA 2008, 361); ebenso BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 324/06, NZA 2008, 407: Die frühere Rspr. des BAG zur treuwidrigen Kündigung nach Ankündigung der Antragstellung beim Integrationsamt (BAG v. 7.3.2002 – 2 AZR 612/00, NZA 2002, 1145) ist damit überholt. BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 700/15, NZA 2017, 304, Anm. Günther, ArbRAktuell 2017, 95; v. 9.6.2011, NZA-RR 2011, 516; v. 23.2.2010, NZA 2011, 411; Einzelheiten bei Klinkhammer, ArbRAkttuell 2017, 559. Praxistipp: § 167 ZPO gilt für die Mitteilung des Arbeitnehmers nicht (BAG 22.9.2016 – 2 AZR 700/ 15, NZA 2017, 304, Anm. Günther, ArbRAktuell 2017, 95). Daher ist dringend zu raten, die Mitteilung dem Arbeitgeber unmittelbar innerhalb der Dreiwochenfrist und nicht über die Klageschrift zukommen zu lassen. BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555. BAG v. 11.12.2008 – 2 AZR 395/07, NZA 2009, 556.

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Schwerbehinderte Menschen | Rz. 15 Kap. 16

Erfährt der Arbeitgeber innerhalb der dreiwöchigen Frist von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, so muss er zur Vorbereitung einer neuen Kündigung zunächst die Zustimmung des Integrationsamtes einholen und kann die weitere Kündigung erst nach der Zustimmung aussprechen. Bei der außerordentlichen Kündigung beginnt die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB ab dem Zugang der Mitteilung des Arbeitnehmers von seiner Schwerbehinderung erneut zu laufen, so dass also – nach Zustimmung des Integrationsamtes – noch einmal außerordentlich gekündigt werden kann.

4. Verfahren bei Kündigung a) Formerfordernisse Für den Antrag an das Integrationsamt (s. M 16.3) gibt es keine behördlichen Formulare. Es gibt auch keinen zwingenden Mindestinhalt des Antrags. Benötigt das Integrationsamt weitere Informationen, werden diese üblicherweise formlos angefordert. Die Beifügung von Stellungnahmen des Betriebsrats/Personalrats sowie der Schwerbehindertenvertretung ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung des Antrags, diese Unterlagen werden ggf. vom Integrationsamt selbst angefordert, § 170 Abs. 2 SGB IX.

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b) Rechtsfolgen eines fehlenden Antrages Nach §§ 168 ff. SGB IX ist die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen unwirksam, wenn das Integrationsamt nicht vorher zugestimmt hat. Ist eine Kündigung also ohne Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen worden, ist sie nichtig und kann durch nachträgliche Zustimmung des Integrationsamtes nicht mehr geheilt werden. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG beginnt in diesem Fall gem. § 4 Satz 4 KSchG nicht zu laufen, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderung seines Arbeitnehmers hatte oder hätte haben müssen.53 Über § 2 Abs. 3 SGB IX gelten die §§ 168 ff. SGB IX auch für gleichgestellte behinderte Menschen (Rz. 1).

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c) Antragsfrist Der Zustimmungsantrag nach §§ 168 ff. SGB IX ist bei der ordentlichen Kündigung nicht fristgebunden, bei der außerordentlichen Kündigung muss er innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis vom Kündigungssachverhalt gestellt werden, § 174 Abs. 2 SGB IX. Die Frist des § 174 Abs. 2 SGB IX verdrängt nicht die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Läuft während des Zustimmungsverfahrens die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ab, ist dies aber nicht schädlich, wenn die Kündigung dann unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung durch das Integrationsamt erklärt wird, § 174 Abs. 5 SGB IX (s. dazu auch Rz. 21).

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d) Entscheidungsfrist Die Entscheidung des Integrationsamtes zu einer ordentlichen Kündigung ist nicht fristgebunden. Ist die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung beantragt, soll das Integrationsamt die Entscheidung „innerhalb eines Monats vom Tage des Eingangs des Antrags treffen“, § 171 Abs. 1 SGB IX. Eine Überschreitung dieser Frist hat jedoch keine Auswirkungen. Nicht selten ziehen sich die Verfahren über Monate hin.

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Fristgebunden ist allerdings die Entscheidung des Integrationsamtes, soweit es um eine außerordentliche Kündigung geht. Das Integrationsamt hat hier binnen zwei Wochen zu entscheiden; die Zustimmung gilt mit Fristablauf als erteilt, sofern sie nicht vorher abgelehnt wurde, § 174 Abs. 3

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53 BAG v. 13.2.2008 – 2 AZR 864/06, NZA 2008, 1055. Dies gilt auch für einen Befristungs- oder Bedingungskontrollantrag nach §§ 17, 21 TzBfG. Insoweit ist § 4 Satz 4 KSchG analog anzuwenden (BAG v. 9.2.2011 – 7 AZR 221/10, NZA 2011, 854, m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2011, 414).

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Kap. 16 Rz. 15 | Schwerbehinderte Menschen SGB IX. Das Zustimmungsverfahren bei ordentlichen Kündigungen lässt sich mitunter dadurch beschleunigen, dass in erster Linie die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung und nur hilfsweise zu einer ordentlichen Kündigung beantragt wird. Viele Integrationsämter bemühen sich dann, innerhalb der 14-Tages-Frist des § 174 Abs. 3 SGB IX nicht nur über die außerordentliche, sondern auch gleich über die ordentliche Kündigung zu entscheiden. Allerdings ist das Integrationsamt nicht gehindert, zunächst nur über die außerordentliche Kündigung zu entscheiden und sich mit der Entscheidung über die ordentliche Kündigung Zeit zu lassen. e) Prüfung des Integrationsamtes

16 Nach § 174 Abs. 4 SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung zu einer außerordentlichen

Kündigung erteilen, wenn die Kündigungsgründe mit der Behinderung nicht in Zusammenhang stehen. Viele Integrationsämter wenden richtigerweise diesen Grundsatz auch auf ordentliche Kündigungen an. Trotz Zustimmung des Integrationsamtes ist der Arbeitnehmer in solchen Fällen ja nicht gehindert, die Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen geltend zu machen und Kündigungsschutzklage zu erheben, §§ 4, 13 KSchG. f) Anhörung des Betriebsrates und Beteiligung des Integrationsamtes (M 16.2, M 16.3) → Zur Anhörung s. M 16.2, zum Antrag des Arbeitgebers M 16.3.

17 Bedarf es für die Kündigung neben der Zustimmung des Integrationsamtes auch einer Betriebsrat-

sanhörung, § 102 BetrVG, hat der Arbeitgeber die Wahl, welche Instanz er zuerst anhört. Er kann den Betriebsrat schon vor, während oder erst nach dem behördlichen Zustimmungsverfahren anhören.54 Dies gilt auch für die außerordentliche Kündigung. Erforderlich ist aber, dass das Verfahren nach § 102 BetrVG unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes (Rechtsgedanke des § 174 Abs. 5 SGB IX) durchgeführt wird.55 g) Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung (M 16.1) → S. M 16.1.

17a Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung ist ferner die Unterrichtung und Anhörung der

Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX vor der Entscheidung.56 Ferner hat der Arbeitgeber der Schwerbehindertenvertretung die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen (dazu Rz. 6 sowie M 16.1). h) Einvernehmliche Beendigung vor dem Integrationsamt

18 Nach § 170 Abs. 3 SGB IX hat das Integrationsamt in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche

Einigung hinzuwirken. Viele Zustimmungsverfahren nach §§ 168 ff. SGB IX enden deshalb mit einem Abfindungsvergleich. ZT. verhängen Arbeitsagenturen keine Sperrfristen (§ 159 SGB III), wenn das Integrationsamt den Vergleich befürwortet hat. Sind sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über einen Abfindungsvergleich einig, empfiehlt es sich also, den Vergleich in der mündlichen Verhandlung vor dem Integrationsamt (§ 171 Abs. 1 SGB IX) zu schließen und in dem Vergleich zu vermerken, dass dieser auf Anraten oder jedenfalls mit Zustimmung des Integrationsamtes zustande gekommen ist. Auf den Lauf der Fristen der §§ 171, 174 Abs. 2 SGB IX haben Vergleichsverhandlungen allerdings keine Auswirkung. 54 BAG v. 24.11.2011 – 2 AZR 429/10, NZA 2012, 610 Rz. 32 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2012, 288. 55 BAG v. 24.11.2011 – 2 AZR 429/10, NZA 2012, 610 Rz. 33 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2012, 288; LAG Hamm v. 31.7.2014 – 8 Sa 1457/13, juris Rz. 38. 56 Einzelheiten bei Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 1369.

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Schwerbehinderte Menschen | Rz. 22 Kap. 16

i) Gebühren Der Antrag ist nach § 64 SGB X gebührenfrei. Die im Widerspruchsverfahren entstehenden Kosten sind nach § 63 SGB X erstattungsfähig. Zum Widerspruchsverfahren s. M 16.2.

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j) Kündigungserklärungsfrist Erteilt das Integrationsamt die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung, so kann sie der Arbeitgeber nur binnen einem Monat nach Zustellung der Zustimmungsentscheidung erklären, § 171 Abs. 3 SGB IX. Versäumt er diese Frist, muss er einen erneuten Antrag stellen. Eine Ausnahme besteht, wenn die ordentliche Kündigung eines schwerbehinderten Menschen noch weiterer behördlicher Erlaubnisse (zB nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG) bedarf. Hat der Arbeitgeber diese rechtzeitig, dh. bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 171 Abs. 3 SGB IX, beantragt, so ist eine verspätet erklärte Kündigung nicht unwirksam, wenn die weitere Erlaubnis bei Fristablauf nicht vorlag.57 Der Arbeitgeber muss dann aber die Kündigung unverzüglich nach Erhalt der weiteren Erlaubnis aussprechen.58

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Bei Erteilung der Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung muss diese gem. § 174 Abs. 5 SGB IX „unverzüglich“ ausgesprochen werden. Dabei braucht (und darf!) der Arbeitgeber – anders als bei der Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung – nicht die förmliche Zustellung der Entscheidung abzuwarten. Vielmehr reicht hier die formlose Mitteilung (telefonisch, per Fax etc.). Der Arbeitgeber muss also sehr schnell handeln, sobald er sichere Kenntnis von der Zustimmung hat, beispielsweise auch durch mündliche Bekanntgabe im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Integrationsamt oder dem Widerspruchsausschuss.59 Hier ist dringend zu empfehlen, die Kündigung innerhalb von 2–3 Tagen nach Kenntnis zuzustellen.60 Umgekehrt muss der Arbeitgeber den Ablauf der Frist des § 174 Abs. 3 Satz 1 SGB IX abwarten, wenn das Integrationsamt nur ankündigt, es sei beabsichtigt, diese Frist verstreichen zu lassen.61

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5. Anfechtung des Vertrages Die unrichtige Beantwortung einer zulässigen Frage bei der Einstellung kann die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB rechtfertigen, sofern die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrages ursächlich war.62 Allerdings ist die Frage nach der Schwerbehinderung vor der Einstellung grundsätzlich unzulässig;63 sie ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Behinderung die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit einschränkt oder ausschließt und deshalb ihr Fehlen eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung gem. § 8 Abs. 1 AGG darstellt,64 oder wenn sie dazu dient, eine positive Maßnahme nach § 5 AGG umzusetzen.65 Für die Anfechtung ist weder die Beteiligung des Integrationsamtes noch eine Betriebsratsanhörung erforderlich (M 16.3).66 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66

BAG v. 24.11.2011 – 2 AZR 429/10, NZA 2012, 610 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2012, 288. BAG v. 24.11.2011 – 2 AZR 429/10, NZA 2012, 610 m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2012, 288. BAG v. 21.4.2005, AP Nr. 4 zu § 91 SGB IX. Powietzka, BB 2007, 2118, 2125; nach mehr als einer Woche ist ohne das Vorliegen besonderer Umstände keine „Unverzüglichkeit“ mehr gegeben (BAG v. 27.2.2020 – 2 AZR 390/19, NJW 2020, 1835, Anm. Ernst, FD-ArbR 2020, 429833). BAG v. 19.6.2007, DB 2007, 2268. BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, NZA 2012, 34; eingehend zur Anfechtung des Arbeitsvertrages Einf. Kap. 1 Rz. 26 ff. sowie M 1.11 und M 1.12. BAG v. 18.9.2014 – 8 AZR 759/13, juris, Rz. 40 „kein grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers“; Kort, NZA-Beilage 2016, 62, 68; Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 587 ff. Pauken, ArbRAktuell 2016, 129, 131; Kort, NZA-Beil. 2016, 62, 69. Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611 BGB Rz. 590; Joussen, NZA 2007, 174, 177 f.; aA. Künzl, ArbR 2012, 235. BAG v. 3.12.1998 – 2 AZR 754/97, NZA 1999, 584; LAG Hamm v. 6.11.2003 – 8 (16) Sa 1072/03, juris.

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Kap. 16 M 16.1 | Schwerbehinderte Menschen

II. Muster M 16.1 Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung zur außerordentlich

fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Verdachtskündigung gem. § 178 Abs. 2 SGB IX

An die Schwerbehindertenvertretung,1 z. Hd. […] Sehr geehrte Damen und Herren, wir beabsichtigen, Herrn […] verhaltensbedingt außerordentlich sowie hilfsweise mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von […]2 zum nächstmöglichen Zeitpunkt ordentlich zu kündigen. Gemäß § 178 Abs. 2 SGB IX unterrichten wir Sie hiermit davon und hören Sie dazu an. Herr […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Eintrittsdatum in unser Unternehmen […] Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […] Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. Er erhält zurzeit eine Vergütung von Euro […] und ist als […] tätig. Zur näheren Begründung verweisen wir auf den als Anlage 1 beigefügten Entwurf eines Antrages an das Integrationsamt, in dem die Kündigungsgründe sowie der Stand unserer Kenntnis von dem Status von Herrn […] als behinderter Mensch im Einzelnen beschrieben sind. Gleichzeitig hören wir gem. § 102 BetrVG mit gleicher Post den Betriebsrat zu der beabsichtigen außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung an. Die Frist zur Stellungnahme des Betriebsrates läuft 1 Gem. § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ist die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die ohne die erforderliche Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung erklärt wird, unwirksam. Die Aussetzung der Durchführung oder Vollziehung gem. § 182 Abs. 2 Satz 2 SGB IX greift zusätzlich. Die Anforderungen an die Unterrichtung entsprechen inhaltlich denen einer Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG (BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 378/18, NZA 2019, 305; Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 1369). Ist die Vertrauensperson der Schwerbehinderten gleichzeitig Betriebsratsmitglied, so ist offen, ob es ausreicht, wenn in der Betriebsratsanhörung mitgeteilt wird, dass die Information zugleich für die Schwerbehindertenvertretung erfolgt (dafür Düwell, 4. Aufl. 2014, § 95 SGB IX Rz. 49; vgl. auch LAG München v. 30.9.1989 – 5 Sa 419/89, NZA 1990, 28; krit. aber BAG v. 15.2.2005, NZA 2005, 870, 872 f.). Eine gesonderte Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung ist daher ratsam. Die Schwerbehindertenvertretung muss nicht schon unterrichtet werden, bevor der Betriebsrat beteiligt oder das Integrationsamt um Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung ersucht wird (BAG v. 13.12. 2018 – 2 AZR 378/18, NZA 2019, 305; Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 1369). Das Muster sieht eine gleichzeitige Unterrichtung vor. Die Schwerbehindertenvertretung sollte nicht später als der Betriebsrat unterrichtet werden (Grimm/Freh, ArbRB 2017, 16, 17 ff.). Wird der Antrag an das Integrationsamt ohne vorherige Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung gestellt, hat das Integrationsamt das Zustimmungsverfahren gem. § 182 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auszusetzen und der Arbeitgeber die Beteiligung innerhalb von 7 Tagen nachzuholen. Unberührt bleibt die Verpflichtung des Integrationsamtes, seinerseits gem. § 170 Abs. 2 SGB IX eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung einzuholen. 2 Bei Ausspruch einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist in der Kündigung nicht angeben (BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117). Gleichwohl wird man sie in der Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung zu der außerordentlichen sowie hilfsweise ordentlichen Kündigung wohl weiterhin angeben müssen, zumal die Länge der Kündigungsfrist bei der Frage, ob die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB wirksam ist, eine wesentliche Rolle spielt.

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Schwerbehinderte Menschen | M 16.2 Kap. 16 daher für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung am […] und für die beabsichtigte hilfsweise ordentliche Kündigung am […] ab. Wir bitten Sie, uns Ihre Stellungnahme gleichfalls innerhalb dieser Fristen zukommen zu lassen.3 Bitte nehmen Sie auch dazu Stellung, ob der Schutz des schwerbehinderten Menschen oder Gleichgestellten der beabsichtigten Kündigung entgegensteht.4 Sobald wir unsere Entscheidung getroffen haben, teilen wir sie Ihnen unverzüglich mit.5 Sofern wir uns für die beabsichtigten Kündigungen entscheiden, werden wir unverzüglich die Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung nach §§ 168 ff., 174 SGB IX und zur hilfsweisen ordentlichen Kündigung nach §§ 168 ff., 171 SGB IX beantragen. Sobald uns die Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung vorliegt oder sie nach § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX als erteilt gilt, werden wir unverzüglich die außerordentliche Kündigung aussprechen. Sobald uns die Zustimmung des Integrationsamtes zur hilfsweisen ordentlichen Kündigung vorliegt, werden wir gem. § 171 Abs. 3 SGB IX innerhalb eines Monats die hilfsweise ordentliche Kündigung aussprechen. Wir bitten um Ihre Stellungnahme. […] (Unterschrift) 3 § 178 Abs. 2 SGB IX regelt im Gegensatz zur § 102 BetrVG keine Fristen, innerhalb derer die Schwerbehindertenvertretung Stellung nehmen muss. Es gilt das Fristenregime des § 102 BetrVG, einer Fristsetzung durch den Arbeitgeber bedarf es nicht (BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 378/18, NZA 2019, 305). Das Verfahren ist abgeschlossen, wenn die Frist zur Stellungnahme durch die Schwerbehindertenvertretung abgelaufen ist oder eine das Verfahren abschließende Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung vorliegt (BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 378/18, NZA 2019, 305). 4 Diese konkrete Frage verlangen Hessischer VGH v. 11.7.1990 – 1 UR 1287/89, juris mwN; Knittel, 10. Aufl. 2017, § 95 SGB IX Rz. 66. 5 § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.

M 16.2 Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise

ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Verdachtskündigung gem. § 102 BetrVG

An den Betriebsrat1 z. Hd. des/der Betriebsratsvorsitzenden im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], wir beabsichtigen, Herrn […] verhaltensbedingt außerordentlich sowie hilfsweise mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von […]2 zum nächstmöglichen Zeitpunkt ordentlich zu kündigen. Beabsichtigt ist eine Verdachtskündigung. Gemäß § 102 BetrVG unterrichten wir Sie hiermit davon und hören Sie dazu an. Herr […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Eintrittsdatum in unser Unternehmen […]

1 Im Einzelnen zur Betriebsratsanhörung Kap. 22 Rz. 29 ff. 2 Bei Ausspruch einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist in der Kündigung nicht angeben (BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117). Gleichwohl wird man sie in der Betriebsratsanhörung zu der außerordentlichen sowie hilfsweise ordentlichen Kündigung wohl weiterhin angeben müssen, zumal die Länge der Kündigungsfrist bei der Frage, ob die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB wirksam ist, eine wesentliche Rolle spielt.

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Kap. 16 M 16.2 | Schwerbehinderte Menschen Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […] Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. Er erhält zurzeit eine Vergütung von Euro […] und ist als […] tätig. Zur näheren Begründung verweisen wir auf den als Anlage 1 beigefügten Entwurf eines Antrages an das Integrationsamt, in dem die Kündigungsgründe sowie der Stand unserer Kenntnis von dem Status von Herrn […] als behinderter Mensch im Einzelnen beschrieben sind. Gleichzeitig haben wir die Schwerbehindertenvertretung zu der beabsichtigten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung gemäß § 178 Abs. 2 SGB IX beteiligt. Sofern wir uns für die beabsichtigten Kündigungen entscheiden, werden wir unverzüglich die Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung nach §§ 168 ff., 174 SGB IX und zur hilfsweisen ordentlichen Kündigung nach §§ 168 ff., 171 SGB IX beantragen. Sobald uns die jeweilige Zustimmung des Integrationsamtes vorliegt, werden wir unverzüglich die entsprechende Kündigung aussprechen. Wir bitten um Ihre Stellungnahme. […] (Unterschrift)

M 16.3 Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Kündigung eines schwerbe-

hinderten Menschen/gleichgestellten behinderten Menschen

An das Integrationsamt1 Sehr geehrte Damen und Herren, wir vertreten die Firma […] (im Folgenden: ASt.). Eine Vollmacht ist als Anlage AS 1 beigefügt. Namens und im Auftrag der ASt. beantragen wir die Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Mitarbeiters […], geboren am […] Nach unserer Kenntnis ist Herr […] verheiratet und hat […] unterhaltsberechtigte Kinder. Herr […] ist seit dem […] bei der ASt. als […] beschäftigt.2 Herr […] ist mit einem GdB von 60 % schwerbehindert. [Variante: Vor ca. einem Jahr hat Herr […] der ASt. mitgeteilt, er sei mit einem Behinderungsgrad von 30 % als schwerbehindert anerkannt. Einen Schwerbehindertenausweis hat er nicht vorgelegt.3] 1 Soll der Antrag als Entwurf zunächst der Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung – M 16.1 – und der Betriebsratsanhörung – M 16.2 – beigefügt werden, so müsste er als Entwurf gekennzeichnet werden. Auch müssten die Passagen zur Reaktion des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung natürlich noch offenbleiben, da diese ja noch nicht feststehen. Der letzte Absatz enthält mit der bereits ausgesprochenen Kündigung und den nunmehr beabsichtigten weiteren Kündigungen eine zusätzliche Komplikation, die in den Mustern M 16.1 und M 16.2 aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mit abgebildet ist. 2 Während der ersten sechs Monate des Anstellungsverhältnisses gilt der besondere Kündigungsschutz der §§ 168 ff. SGB IX nicht (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), vgl. im Einzelnen Rz. 9. 3 Es ist nicht abschließend geklärt, ob die Schwerbehinderung iSv. § 173 Abs. 3 Alt. 1 SGB IX bereits „nachgewiesen“ ist, wenn sie nur objektiv vorliegt (dafür Lorenz, FA 2007, 198, in diese Richtung wohl auch BAG v. 1.3.2007 – 2 AZR 217/06, DB 2007, 1702; aA Bauer/Powietzka, NZA-RR 2004, 505, 507 sowie Powietzka, BB 2007, 2118, 2123 mwN). Als nachgewiesen gilt die Behinderung jedenfalls, wenn sie offenkundig ist (BAG v. 13.2.2008 – 2 AZR 864/06, NZA 2008, 1055). Gem. § 151 Abs. 2 SGB IX erfolgt die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen aufgrund einer Feststellung nach § 152 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird gem. § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Die erst nach Zugang einer Kündigung beantragte Gleichstellung hat für die Wirksamkeit der Kündigung keine Bedeutung mehr (BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NJW 2014, 3533).

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Schwerbehinderte Menschen | M 16.3 Kap. 16 Beabsichtigt ist eine Verdachtskündigung. Es besteht der dringende Verdacht, dass Herr […] am […] versucht hat, einen Diamant-Trennschleifer im Wert von ca. Euro 500,– bei der ASt. zu entwenden. Bei einer routinemäßigen Torkontrolle durch den Werkschutz der ASt., die mit dem Betriebsrat abgestimmt war, wurde Herr […] beim Verlassen des Werksgeländes nach Schichtende aufgefordert, seine Tasche zu öffnen. Darin fand sich der Trennschleifer. Herr […] hat in der Anhörung vom […] angegeben, er habe sich den Trennschleifer nur für einige Tage ausleihen wollen, um an seinem Haus Reparaturen vorzunehmen. Diese Einlassung ist jedoch nicht glaubhaft. Es ist bei der ASt. seit Jahren üblich und mit dem Betriebsrat abgesprochen, dass Werkzeuge kurzfristig an die Mitarbeiter ausgeliehen werden können, wenn Eigenbedarf besteht. Dazu muss ein schriftlicher Antrag eingereicht und vom Vorgesetzten abgezeichnet werden. Hätte Herr […] das Gerät wirklich nur ausleihen wollen, hätte er das dafür vorgeschriebene Verfahren einhalten können. Dass er es nicht getan hat, begründet zumindest den massiven Verdacht dafür, dass er das Gerät entwenden wollte. Ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ende der unten genannten ordentlichen Kündigungsfrist ist uns nicht zumutbar. Die Schwerbehindertenvertretung ist am […] gemäß § 178 Abs. 2 SGB IX zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung von Herrn […] unterrichtet und angehört worden. Sie hat am […] Stellung genommen (Anlage AS 2). Sie hat mitgeteilt, die Verdachtsmomente reichten für eine Verdachtskündigung nicht aus. Wir haben ihr unsere Entscheidung, die Kündigung auszusprechen, am […] mitgeteilt. Der Betriebsrat ist am […] gemäß § 102 BetrVG zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung von Herrn […] angehört worden. Die Stellungnahme des Betriebsrats ging gestern bei der ASt. ein (Anlage AS 3). Der Betriebsrat hat Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung geäußert, und zwar gleichfalls mit der Begründung, die Verdachtsmomente reichten für eine Verdachtskündigung nicht aus. Nach unserer Auffassung reichen die Verdachtsmomente sehr wohl aus, denn […] [Variante: Zugleich hat der Betriebsrat mitgeteilt, dass Herr […] ihm gegenüber erklärt habe, er habe vor wenigen Tagen einen Antrag auf Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX gestellt.4 Da die ASt. weder weiß, ob Herr […] tatsächlich einen Gleichstellungsantrag gestellt hat, noch, ob dieser erfolgreich sein wird, wurde Herrn […] gestern eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen.] Die ASt. bittet [Variante: jedoch vorsorglich] um Zustimmung zu der [Variante: vorsorglichen erneuten] außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung. Die hilfsweise ordentliche Kündigung soll mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von […]5 zum nächstmöglichen Zeitpunkt erfolgen.6 4 Nach st. Rspr. setzt der besondere Kündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX nicht voraus, dass der schwerbehinderte Mensch/gleichgestellte behinderte Menschen bereits bei Ausspruch der Kündigung anerkannt war. Erforderlich ist jedoch, dass der Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung gestellt wurde (BAG v. 9.6.2011, NZA-RR 2011, 516 Rz. 18; v. 1.3.2007 – 2 AZR 217/06, DB 2007, 1702). Auch verliert der Arbeitnehmer den Schutz der §§ 168 ff. SGB IX, wenn er dem Arbeitgeber nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung bzw. spätestens durch Erhebung der Kündigungsschutzklage seine Schwerbehinderteneigenschaft mitteilt, sofern dieser keine Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis davon hatte (BAG v. 24.9.2015 – 2 AZR 347/14, NZA 2016, 351 Rz. 34; v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555 Rz. 10, m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2012, 116; v. 9.6.2011, NZA-RR 2011, 516 Rz. 22; v. 23.2.2010, NZA 2011, 411; v. 13.2.2008 – 2 AZR 864/06, NZA 2008, 1055; v. 12.1.2006 – 2 AZR 539/05, NZA 2006, 1035). Wichtig: Mitunter weigert sich das Integrationsamt, vorsorgliche Zustimmungsanträge zu bearbeiten, solange die Anerkennung des schwerbehinderten Menschen noch nicht erfolgt ist. Diese Praxis führt zu unvertretbaren Härten für den Arbeitgeber, da die Anerkennungsverfahren häufig außerordentlich lange dauern. Der Arbeitgeber sollte hier auf rasche Entscheidung drängen und gegen eine eventuelle Ablehnung des Antrags Widerspruch einlegen. 5 Bei Ausspruch einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist in der Kündigung nicht angeben (BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117). Gleichwohl wird man sie in dem Antrag an das Integrationsamt zu der außerordentlichen sowie hilfsweise ordentlichen Kündigung wohl weiterhin angeben müssen, zumal die Länge der Kündigungsfrist bei der Frage, ob die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB wirksam ist, eine wesentliche Rolle spielt. 6 Nach BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117, muss in der Kündigung die Frist für die hilfsweise ordentliche Kündigung nicht genannt werden, entsprechendes dürfte dann auch für die Anhörung von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung und den Antrag an das Integrationsamt gelten.

Lingemann | 711

Kap. 16 M 16.3 | Schwerbehinderte Menschen Die ASt. beschäftigt insgesamt 250 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, davon sind 20 als schwerbehindert anerkannt. […] (Unterschrift)

M 16.4 Widerspruch gegen die Zustimmung des Integrationsamtes An das Integrationsamt1 – Widerspruchsstelle2 – In Sachen […]/[…] (Az. […]) legen wir gegen den Bescheid des Integrationsamtes vom […]

Widerspruch3 ein.4 Die Entscheidung ist uns am […] zugestellt worden. Eine Kopie der Entscheidung ist beigefügt. 1 Gegen eine (zustimmende oder ablehnende) Entscheidung des Integrationsamtes über einen Zustimmungsantrag nach §§ 168 ff. SGB IX kann binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Eingelegt wird der Widerspruch beim Integrationsamt selbst. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren kann Klage zum Verwaltungsgericht erhoben werden. 2 Hat das Integrationsamt den Zustimmungsantrag abgelehnt, kann der Arbeitgeber Widerspruch einlegen und nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Verpflichtungsklage erheben. Ändert der Widerspruchsausschuss die Entscheidung des Integrationsamts und stimmt der Kündigung zu, muss sie binnen einem Monat ausgesprochen werden, § 171 Abs. 3 SGB IX. Der Arbeitnehmer kann dann zwar Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben, diese hat dann aber nach § 171 Abs. 4 SGB IX keine aufschiebende Wirkung. Lehnt dagegen auch die Widerspruchsstelle die Zustimmung ab und erhebt der Arbeitgeber daraufhin Verpflichtungsklage, muss er mit dem Ausspruch der Kündigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens warten. 3 Die Widerspruchsschrift muss keinen bestimmten Antrag enthalten, selbst das Wort „Widerspruch“ muss nicht verwendet werden. Es reicht aus, wenn klar ersichtlich ist, dass sich die Beschwerdepartei mit der Entscheidung nicht abfinden wird. 4 Nach § 171 Abs. 4 SGB IX haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamtes keine aufschiebende Wirkung. Hat das Integrationsamt zugestimmt, kann der Arbeitgeber die Kündigung also aussprechen, auch wenn der Arbeitnehmer bereits Widerspruch eingelegt hat oder später Widerspruch einlegt. Die Kündigung bleibt wirksam, wenn Widerspruchs- und Klageverfahren erfolglos bleiben. Wird allerdings der Zustimmungsbescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben, wird die Kündigung rückwirkend unwirksam. Praxistipp: Der Arbeitnehmer ist gut beraten, im Falle der Zustimmung durch das Integrationsamt parallel zum Widerspruchsverfahren auch noch Kündigungsschutzklage nach §§ 4, 13 KSchG zu erheben. Denn die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 4, 7 KSchG wird durch ein Widerspruchsverfahren gegen den Zustimmungsbescheid nicht gehemmt. ZT. setzen Arbeitsgerichte anhängige Kündigungsschutzverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Widerspruchs-/Klageverfahrens gegen den Zustimmungsbescheid aus. Diese Aussetzung führt dazu, dass die Verfahren sich jahrelang hinziehen können. Richtigerweise kommt die Aussetzung nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass die Kündigung ansonsten wirksam ist und ein erfolgreiches Widerspruchs-/Klageverfahren gegen den Zustimmungsbescheid der einzige Grund ist, der die Kündigung noch zu Fall bringen könnte. Diese Feststellung setzt voraus, dass das Arbeitsgericht den Sachverhalt zunächst umfassend aufklärt und sich ein vorläufiges Urteil über die Wirksamkeit/Unwirksamkeit der Kündigung bildet. Ist die Kündigung schon unabhängig vom Erfolg des Widerspruchs-/Anfechtungsverfahrens gegen den Zustimmungsbescheid unwirksam (zB wegen mangelhafter Betriebsratsanhörung, fehlender Kündigungsgründe), so muss das Arbeitsgericht der Klage ohne Aussetzung des Verfahrens stattgeben (zur Beschwerde gegen gleichwohl ergangene Aussetzungsbeschlüsse s. M 101.9).

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Schwerbehinderte Menschen | M 16.5 Kap. 16

Begründung:5 Das Integrationsamt hat dem Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung unter Hinweis auf § 174 Abs. 4 SGB IX stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kündigungsgrund stehe nicht im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung. Die Prüfung, ob die Kündigungsgründe für eine außerordentliche/ordentliche Kündigung ausreichen, müsse dem Arbeitsgericht vorbehalten sein. Das Integrationsamt hat übersehen, dass die beabsichtigte Kündigung sehr wohl im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung steht. Als Anlage AG 1 legen wir eine eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters der ASt., Herrn X, vor. Herr X schildert darin ein Gespräch mit dem Personalleiter […] der ASt. In diesem Gespräch hat der Personalleiter […] Herrn X gegenüber geäußert, man sei es leid, den Schwerbehinderten […] mit seinen mangelhaften Leistungen weiter „mit durchzuschleppen“. Die Firma sei sich darüber im Klaren, dass man Herrn […] wegen seiner Schwerbehinderung auf normalem Wege nicht „losbekomme“. Es gebe aber Mittel und Wege, kurzfristig hieb- und stichfeste Kündigungsgründe zu „produzieren“. Das Problem „[…]“ werde in den nächsten zehn Tagen gelöst. Das Gespräch zwischen dem Personalleiter […] und Herrn X fand sechs Tage vor der Torkontrolle statt, bei der man den Trennschleifer in der Aktentasche des Antragsgegners fand. Offensichtlich ist dem Antragsgegner eine Falle gestellt worden. Der Antragsgegner hat sowohl bei der Anhörung durch den Betriebsrat als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Integrationsamt erklärt, er wisse nicht, wie der Trennschleifer in seine Aktentasche gekommen sei. Die Aktentasche habe an dem Tag stundenlang unbeobachtet in einem Pausenraum gestanden. […] (Unterschrift) 5 Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erforderlich, aber zweckmäßig. Im Widerspruchsverfahren können beide Parteien sich auch auf Umstände berufen, die im Ausgangsverfahren nicht zur Sprache gekommen waren. Eine Zurückweisung neuen Vortrags als verspätet gibt es nicht.

M 16.5 Klage des Arbeitgebers gegen die Versagung der Zustimmung des

Integrationsamtes

An das Verwaltungsgericht1 In Sachen […]/Land […] vertreten durch das Integrationsamt […] vertreten wir die Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage und beantragen, das beklagte Land unter Aufhebung2 des Bescheides vom […] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides3 zu verpflichten, die beantragte Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers […] zu erteilen.4 1 Obwohl das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen im SGB IX/SGB IX geregelt ist, gilt für Widerspruch und Klage gegen die Bescheide des Integrationsamts nicht das SGG, sondern die VwGO (vgl. § 201 SGB IX). 2 Dieser Aufhebungsantrag ist üblich, aber nicht erforderlich, da im Zweifel stillschweigend in dem Verpflichtungsurteil mit enthalten (BVerwG v. 28.11.1989, NVwZ 1990, 985). 3 Das Widerspruchsverfahren richtet sich gem. § 201 SGB IX nach den Vorschriften der VwGO, die zuständige Widerspruchsbehörde ist der Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt (§ 202 SGB IX). Eine Klage ohne vorhergegangenes Widerspruchsverfahren ist nach den allgemeinen Regeln der VwGO unzulässig. 4 Es handelt sich um eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Verpflichtungsklage ist eine Unterart der Leistungsklage und auf Verurteilung

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Kap. 16 M 16.5 | Schwerbehinderte Menschen Begründung: Die Kl. hat mit Antrag vom […] beim Integrationsamt in […] die Zustimmung zur ordentlichen betriebsbedingten Kündigung des Mitarbeiters […] gemäß §§ 168, 170 SGB IX beantragt. Der Mitarbeiter […] ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Behinderungsgrad von 80 % anerkannt. Das Integrationsamt hat mit Bescheid vom […] die Erteilung der Zustimmung abgelehnt. Beweis: Bescheid vom […], Anlage K 1 Gegen den Bescheid hat die Kl. fristgerecht am […] gemäß § 171 Abs. 4 SGB IX Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom […] zurückgewiesen worden. Beweis: Vorlage des Widerspruchsbescheids vom […], Anlage K 2 Die Klage ist begründet, da der Kl. ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Zustimmung zusteht5 und die Ablehnung der Zustimmung6 die Kl. deshalb in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO (wird ausgeführt).7 […] (Unterschrift)8

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zum Erlass eines abgelehnten Verwaltungsaktes gerichtet, § 42 Abs. 1 VwGO. Das Problem einer solchen Verpflichtungsklage ist, dass der klagende Arbeitgeber bis zur Rechtskraft im Verwaltungsgerichtsverfahren mit der Kündigung warten muss. Weder kann er nach Obsiegen im erstinstanzlichen Verfahren die Kündigung aussprechen, wenn die Behörde in Berufung geht, noch kann er Anträge im einstweiligen Rechtsschutz stellen, um die Kündigung vorläufig aussprechen zu können. Zu beachten ist, dass Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht die Frage ist, ob die Behörde zum damaligen Zeitpunkt richtig entschieden hat. Vielmehr prüft das Verwaltungsgericht, wie zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist. Haben sich also die Umstände, die den Arbeitgeber zu seinem Kündigungsentschluss bewogen haben, mittlerweile geändert, sind die geänderten Umstände vom Verwaltungsgericht der Entscheidung zugrunde zu legen. Das Problem einer solchen Verpflichtungsklage ist, dass der klagende Arbeitgeber bis zur Rechtskraft im Verwaltungsgerichtsverfahren mit der Kündigung warten muss. Weder kann er nach Obsiegen im erstinstanzlichen Verfahren die Kündigung aussprechen, wenn die Behörde in Berufung geht, noch kann er Anträge im einstweiligen Rechtsschutz stellen, um die Kündigung vorläufig aussprechen zu können. Hat die Klage Erfolg, so gilt nicht nach § 894 ZPO der Verwaltungsakt als erteilt, vielmehr muss der Kläger ggf. nach § 172 VwGO vollstrecken. Der Streitwert richtet sich gem. § 52 Abs. 1 GKG nach der wirtschaftlichen Bedeutung des begehrten Verwaltungsakts für die Klägerin. Da es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht, erscheint die analoge Anwendung von § 42 Abs. 2 GKG (Vierteljahresbezug) geboten (AG Bingen v. 23.10.2007, AE 2008, Nr. 59).

M 16.6 Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen Täuschung über

Schwerbehinderteneigenschaft

Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], wir fechten hiermit den mit Ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag an.1

Begründung: Sie haben uns über Ihre Schwerbehinderteneigenschaft getäuscht. In dem Einstellungsfragebogen vom […] haben Sie mitgeteilt, nicht schwerbehindert zu sein. Tatsächlich waren Sie zu diesem Zeitpunkt einem Schwerbehinderten gleichgestellt mit einem Grad der Behinderung von 30 % aufgrund einer stark eingeschränkten Beweglichkeit des linken Armes. 1 Zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen anderer arglistiger Täuschung s. auch Kapitel 1, M 1.11.

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Schwerbehinderte Menschen | M 16.7 Kap. 16 Hätten wir dies gewusst, hätten wir Sie nicht eingestellt, denn die uneingeschränkte Beweglichkeit beider Arme ist wesentliche und entscheidende Voraussetzung für die vorgesehene Tätigkeit als begleitender Personenschützer.2 Für die Ihnen übertragene Tätigkeit waren Sie aufgrund der Schwerbehinderung nicht einsetzbar, was für Sie auch erkennbar war. Hilfsweise und vorsorglich kündigen wir den Vertrag mit Ihnen auch fristlos. Das Integrationsamt hat der fristlosen Kündigung mit Bescheid vom […] zugestimmt. oder Das Integrationsamt hat innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 174 Abs. 3 Satz 1 SGB IX keine Entscheidung getroffen. Damit gilt gemäß § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX die Zustimmung als erteilt. Auch der Betriebsrat wurde zu der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt und hat zugestimmt. oder Der Betriebsrat wurde zu der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt und hat nicht widersprochen. oder Der Betriebsrat wurde zu der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt und hat die Bedenken gemäß Anlage geltend gemacht; wir halten die Bedenken jedoch nicht für berechtigt. Wir weisen Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Sie sind verpflichtet, sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Zur Wahrung der Frist reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen. […] (Unterschrift Firma) 2 Die Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung über das Bestehen einer Behinderung kommt nach der Einführung des § 164 Abs. 2 SGB IX nur noch in Betracht, wenn die Frage danach zulässig war, das Fehlen der Behinderung also wesentliche und entscheidende Voraussetzung für die Tätigkeit ist; bei der Konstellation im Muster dürfte dies der Fall sein (s. Rz. 22). Die Anfechtung kann allerdings nur Erfolg haben, wenn die fehlende Beweglichkeit des linken Armes nicht offensichtlich war.

M 16.7 Klage des Arbeitnehmers auf Zuweisung eines leidensgerechten

Arbeitsplatzes

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen2: Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bei unveränderter Vergütung als Sachbearbeiter in der Poststelle zu beschäftigen.

1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Der Antrag wäre gem. § 888 ZPO zu vollstrecken (BAG v. 19.9.1997, AP Nr. 2 zu § 11 SchwbG aF).

Lingemann und Diller | 715

Kap. 16 M 16.7 | Schwerbehinderte Menschen Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl., einem Autozulieferer mit 1.200 Beschäftigten, als Lagerarbeiter beschäftigt. Bei seiner Tätigkeit hat er ständig schwere Lasten zu heben, zu transportieren und abzusenken. Der Kl. ist wegen eines Rücken-/Bandscheibenschadens mit einem Grad der Behinderung von 80 % als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Die Tätigkeit als Lagerarbeiter bereitet dem Kl. aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen zunehmend Probleme. Im vergangenen Jahr war der Kl. insbesondere wegen Rückenproblemen an mehr als 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt, in den Jahren davor war die Krankheitsquote ähnlich. Bei der Bekl. ist aktuell ein Arbeitsplatz in der Poststelle frei.3 Die Arbeiten dort erfordern – wie die Arbeit im Lager – keine nennenswerten Vorkenntnisse, sondern nur gründliche Einarbeitung, die nicht länger als drei Wochen dauern kann. Der Kl. könnte diese Tätigkeit, die genauso eingruppiert4 ist wie seine derzeitige Tätigkeit im Lager, also ohne Weiteres ausfüllen. Die Bekl. hat den freien Arbeitsplatz in der Poststelle mit Aushang vom […] betriebsintern ausgeschrieben. Beweis: Aushang vom […], Anlage K 1 Der Kl. hat sich mit Schreiben vom […] auf die Stelle beworben. Beweis: Bewerbungsschreiben des Kl. vom […], Anlage K 2 Die Bekl. hat dem Kl. jedoch mit Schreiben vom […] mitgeteilt, dass er für die ausgeschriebene Stelle in der Poststelle nicht in Betracht komme. Denn aufgrund der vielen Korrespondenz mit ausländischen Kunden und ausländischen Konzerngesellschaften sei für die Arbeit in der Poststelle die ausreichende Beherrschung der englischen Sprache Voraussetzung. Dabei hat die Bekl. jedoch übersehen, dass der Kl. vielleicht nicht fließend Englisch spricht, aber doch so gut, dass er ohne Weiteres englische Korrespondenz zuordnen kann. So hat der Kl. beispielsweise in seinem Schulabgangszeugnis der mittleren Reife im Fach Englisch die Note „sehr gut“ erzielt. Überdies ist der Kl., was er der Bekl. auch mitgeteilt hat, gerne bereit, auf eigene Kosten5 in Volkshochschulkursen sein Englisch aufzubessern. Der Kl. hält dies allerdings nicht für erforderlich, da bei der Arbeit in der Poststelle Englisch nur eine untergeordnete Rolle spielt. Gemäß § 164 Abs. 4 SGB IX hat der Kl. Anspruch auf Zuweisung des Arbeitsplatzes in der Poststelle. Es ist bereits jetzt absehbar, dass der Kl. seinen aktuellen Arbeitsplatz im Lager nicht auf Dauer behalten kann, da seine gesundheitlichen Einschränkungen aufgrund seiner Wirbelsäulenerkrankung zunehmen werden. Wenn der Kl. jetzt nicht leidensgerecht auf dem freien Arbeitsplatz in der Poststelle beschäftigt wird, droht ihm langfristig der Verlust des Arbeitsplatzes und damit die Arbeitslosigkeit. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer Anspruch auf Zuweisung eines „leidensgerechten Arbeitsplatzes“ hat (wird ausgeführt). […] (Unterschrift)6 3 Beim Anspruch auf Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes muss der Arbeitnehmer zunächst Beschäftigungsmöglichkeiten aufzeigen, die seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen. Der Arbeitgeber hat dann substantiiert darzulegen, warum die Beschäftigung des schwerbehinderten Menschen auf der gewünschten Stelle nicht in Betracht kommt (ausf. BAG v. 10.5.2005 – 9 AZR 230/04, NZA 2006, 155). Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes schuldhaft nicht nach, kann dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung (abzgl. Krankengeld) zustehen (LAG Köln v. 18.6.2020 – 8 Sa 27/18, juris). 4 Einen allgemeinen Beförderungsanspruch schwerbehinderter Menschen gibt es nicht, ein solcher ergibt sich auch nicht aus § 164 Abs. 4 SGB IX (BAG v. 28.3.1973, AP Nr. 2 zu § 319 BGB; dazu LAG Hamm v. 23.3. 2009 – 8 Sa 313/08). 5 Grds. ergibt sich aus § 164 Abs. 4 SGB IX kein Anspruch des Arbeitnehmers, dass der Arbeitgeber Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen bezahlt. Gem. § 164 Abs. 4 Nr. 2 SGB IX besteht lediglich ein Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen. 6 Der Streitwert wird ähnlich zu bemessen sein wie bei einer Klage auf tatsächliche Beschäftigung, dh. mit ein bis maximal zwei Bruttomonatsgehältern. Der Antrag ist gem. § 888 ZPO zu vollstrecken (BAG v. 19.9. 1997, AP Nr. 2 zu § 11 SchwbG aF).

716 | Diller

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Kap. 17

Kapitel 17 Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit I. 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung . . . . . . . . . . . . Mutterschutz . . . . . . . . . . . . Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . Elterngeld und Elterngeld Plus Pflegezeit . . . . . . . . . . . . . . Familienpflegezeit . . . . . . . .

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II. Muster Mitteilung der Schwangerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 MuSchG . . . . . . . . . Informationsschreiben des Arbeitgebers an die schwangere Mitarbeiterin . . . . . Antrag auf Ausnahmebewilligung vom Nachtarbeitsverbot . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Elternzeit . . . . . . . . . . . . . Antwortschreiben des Arbeitgebers . . . Antrag auf Zustimmung zur Kündigung in der Elternzeit . . . . . . . . . . . .

__ __ __ 1 1 11 43 56 77

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M 17.1 M 17.2 M 17.3 M 17.4 M 17.5 M 17.6

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Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.7 Ablehnung des Antrags auf Teilzeit während Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . M 17.8 Einstweilige Verfügung auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit . . M 17.9 Antrag auf Pflegezeit/Pflegeteilzeit . . . . M 17.10 Ablehnung des Antrags auf Pflegeteilzeit M 17.11 Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Pflegezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . M 17.12 Vereinbarung über eine Teilzeittätigkeit während der Pflegezeit . . . . . . . . . . . M 17.13 Antrag auf Familienpflegezeit . . . . . . . M 17.14 Vereinbarung zur Familienpflegezeit . . . M 17.15 Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Familienpflegezeit . . . . . . . . . . . . M 17.16 Antrag auf Zustimmung zur Kündigung in der Familienpflegezeit . . . . . . . . . . M 17.17

Literatur: Zum Mutterschutz: Aligbe, Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Mutterschutzgesetz, ArbRAktuell 2018, 62; Grobys/Panzer-Heermeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Aufl., Edition 9, Stand 2019; Gröninger/Thomas, Mutterschutzgesetz, Loseblatt; Hahn/Pfeiffer/Schubert, Arbeitszeitrecht, 2. Aufl. 2018; Howald, Der arbeitsrechtliche Schutz Schwangerer, FA 2012, 263; Humberg, Mutterschutzrechtlicher Sonderkündigungsschutz bei künstlicher Befruchtung, NJW 2015, 3410; Karb, Das neue Mutterschutzgesetz 2018, öAT 2018, 8; Nebe/Graue, Die Reform des Mutterschutzgesetzes, ArbuR 2017, 437; Rancke, Mutterschutz – Elterngeld – Elternzeit – Betreuungsgeld, 5. Aufl. 2018; Springer/Kamppeter, Schwanger – und jetzt? Ein Leitfaden für Arbeitgeber, BB 2010, 2960. Zur Elternzeit: Brose, Das erkrankte Kind des Arbeitnehmers im Arbeits- und Sozialrecht, NZA 2011, 719; Buschbaum/Rosak, Ausgewählte Probleme der „Elternteilzeit“ im Sinne von § 15 VI BEEG, NZA-RR 2014, 337; Fecker/Scheffzek, Elternzeit – ungeklärte (Rechts)Fragen aus der Praxis, NZA 2015, 778; Forst, Mehr Zeit und Geld für den Nachwuchs, DB 2015, 68; Graue/Diers, Verfassungs- und europarechtliche Probleme bei der Berechnung von Elterngeld, NZS 2015, 777; Kamanabrou, Die Kürzung des Jahresurlaubs für Zeiten der Elternzeit, RdA 2014, 321; Niklas, Vorzeitige Beendigung und Verlängerung der Elternzeit nach dem BEEG, BB 2013, 951; Röhl, Zwischenbilanz und erste Rechtsprechung zum Elterngeld und BEEG. Der Gesetzgeber als „Sozialingenieur“, NJW 2010, 1418; Schmidt, Elterngeld in der Beratungspraxis, NWB 2011, 1866; Sowka, Novellierung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, DB 2012, 2936; Wiebauer, Elternzeit und beabsichtigte Betriebsstilllegung, NZA 2011, 177. Zur Pflegezeit: Joussen, Streitfragen aus dem Pflegezeitgesetz, NZA 2009, 69; Liebscher, Rechte und Pflichten aus dem Pflegezeitgesetz, ArbRAktuell 2011, 189; Müller, Änderungen im (Familien-)Pflegezeitrecht 2016/2017, BB 2016, 1338; Oberthür/Becker, Streitfall „Pflege“ – Ausgewählte Problemstellungen des Pflegezeitgesetzes, ArbRB 2009, 77. Zur Familienpflegezeit: Barkow von Creytz, Das Familienpflegezeitgesetz, DStR 2012, 191; Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Das neue Familienpflegezeitgesetz – Hinweise für die Praxis, BDA März 2012, 1; Glatzel, Das neue Familienpflegezeitgesetz, NJW 2012, 1175; Göttling/Neumann, Das neue Familienpflegezeitgesetz, NZA 2012, 119; Kleinebrink, Arbeitsbefreiung zur Betreuung eines Kindes, DB 2020, 952; Müller, Die Änderungen im Familien- und Pflegezeitrecht, BB 2014, 3125; Oelkers/ Rosenau, Das Familienpflegezeitgesetz, NJW-Spezial 2011, 754; Sandmaier, Familienpflegezeitgesetz (1) – Arbeitsrechtliche Grundlagen, Schnellbrief Arbeitsrecht 6/2012, 5; Sasse, Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, DB 2015, 310; Sasse, Familienpflegezeit – Darstellung der neuen gesetzlichen Regelungen, DB 2011, 2660; Schiefer/Worzalla, Familienpflegezeitgesetz, DB 2012, 516; Stüben/v. Schwanenflügel, Die rechtliche Stärkung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, NJW 2015, 577; Thüsing/ Pötters, Das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, BB 2015, 181.

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Kap. 17 Rz. 1 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit

I. Einführung 1. Mutterschutz 1

Werdende Mütter unterliegen dem besonderen Schutz des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Dieses wurde zuletzt durch das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechtes v. 30.3.2017 umfassend reformiert. Ziel der Reform war es, das bisherige MuSchG an die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen anzupassen und insb. eine weitgehende Teilhabe der schwangeren und stillenden Frau am Berufsleben zu erreichen. Hierzu wurden insb. zahlreiche Regelungen, die bisher in der MuSchArbV verankert waren, in das MuSchG aufgenommen, um einen benachteiligungsfreien Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen zu erreichen.1 Darüber hinaus wurde der persönliche Anwendungsbereich deutlich erweitert und knüpft nun an das Bestehen eines „Beschäftigungsverhältnisses“ iSd. § 7 Abs. 1 SGB IV an, statt wie bisher an ein bestehendes „Arbeitsverhältnis“. Weiterhin zählt § 1 Abs. 2 MuSchG nun anders als in der alten Fassung eine Reihe von Frauengruppen auf, für die das MuSchG davon unabhängig anwendbar ist, insb. auf Schülerinnen und Studentinnen. Gem. § 16 MuSchG dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben und Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Insb. in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung gilt gem. § 3 Abs. 1 MuSchG (Schutzfrist vor der Entbindung) ein Beschäftigungsverbot, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären; diese Erklärung kann jederzeit widerrufen werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 MuSchG).2 Daneben gibt es für werdende Mütter unzulässige Tätigkeiten nach Maßgabe von § 11 MuSchG.3 Der Beweiswert einer ärztlichen Bescheinigung, aus der sich ein allgemein gehaltenes Beschäftigungsverbot ergibt, ist jedoch erschüttert, wenn die Arbeitnehmerin trotz Aufforderung des Arbeitgebers keinen Nachweis vorlegt, der angibt, welche konkreten Arbeitseinschränkungen für die Schwangere bestehen, denn nur dann kann der Arbeitgeber die Zuweisung anderer Arbeiten prüfen, die einem Beschäftigungsverbot nicht entgegenstehen.4

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Gem. § 15 MuSchG sollen werdende Mütter dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag der Niederkunft mitteilen, sobald ihnen ihr Zustand bekannt ist (M 17.1). Der Arbeitgeber hat die Aufsichtsbehörde unverzüglich von der Mitteilung der werdenden Mutter zu benachrichtigen. Unbefugte Mitteilungen an Dritte müssen jedoch unterbleiben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Nach der Entbindung darf die junge Mutter (Wöchnerin) bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden (Schutzfrist nach der Entbindung). Bei Frühund Mehrlingsgeburten sowie in Fällen, in denen innerhalb der ersten acht Wochen bei dem Kind eine Behinderung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 des SGB IX festgestellt wird, verlängert sich die Frist auf zwölf Wochen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 MuSchG) – im letzten Fall allerdings nur, soweit die Frau dies beantragt. Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängert sich der Zeitraum zusätzlich um das nicht nach § 3 Abs. 2 Satz 3, Abs. 1 Satz 4 MuSchG in Anspruch genommene Beschäftigungsverbot. Bei Tod des Kindes kann die Mutter auch auf ihr Verlangen hin nicht sofort wieder beschäftigt werden, sondern eine zweiwöchige Schutzfrist ist zwingend einzuhalten (§ 3 Abs. 4 Satz 1 MuSchG). Für stillende Mütter ist die Ausübung der in § 12 MuSchG aufgezählten Tätigkeiten unzulässig, ohne dass diese Unzulässigkeit ein Beschäftigungsverbot iSd. § 2 Abs. 3 Satz 1 MuSchG begründet. 1 Nebe, jurisPR-ArbR 25/2017, Anm. 1. 2 Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beschäftigung wird hierdurch zwar grds. nicht begründet, eine Weigerung des Arbeitgebers wird vor dem Hintergrund des Ziels aus § 1 Abs. 1 Satz 2 MuSchG und § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3, der weitest möglichen Teilhabe der schwangeren Frau, jedoch nur in Ausnahmefällen zulässig sein (ErfK/Schlachter, § 3 MuSchG Rz. 6). 3 Die Regelungen aus § 4 MuSchG aF wurden nun unter der Überschrift „Betrieblicher Gesundheitsschutz“ in die § 9 ff. MuSchG nF übernommen. Statt der bisherigen „Beschäftigungsverbote“ werden dort nun „unzulässige Tätigkeiten“ aufgeführt. Eine dem § 4 Abs. 2 MuSchG aF entsprechende Aufzählung enthält nun § 6 Abs. 5 MuSchG nF. 4 BAG v. 7.11.2007 – 5 AZR 883/06, NZA 2008, 551.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 4 Kap. 17

Weiterhin besteht für den Arbeitgeber die besondere Verpflichtung, stillenden Müttern auf ihr Verlangen die zum Stillen erforderliche Zeit freizugeben (§ 7 Abs. 2 MuSchG). Werdende und stillende Mütter dürfen überdies nicht mit Mehrarbeit,5 grds. nicht in der Nacht zwischen 20.00 und 6.00 Uhr und nicht an Sonn- und Feiertagen nach Maßgabe von §§ 4–6 MuSchG beschäftigt werden.6 Gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 28 Abs. 1 MuSchG darf eine werdende oder stillende Mutter abweichend hiervon bis 22.00 Uhr beschäftigt werden, wenn der Arbeitgeber dies bei der Aufsichtsbehörde beantragt, die Frau sich ausdrücklich dazu bereit erklärt hat, nach ärztlichem Zeugnis nichts gegen diese längere Beschäftigung spricht und eine unverantwortliche Gefährdung für Mutter und Kind durch Alleinarbeit iSd. § 2 Abs. 4 MuSchG ausgeschlossen ist. Die Einverständniserklärung der Frau ist auch hier gem. § 28 Abs. 1 Satz 3 MuSchG jederzeit widerruflich. Solange die Behörde den Antrag des Arbeitgebers nicht abgelehnt oder die Beschäftigung zwischen 20.00 und 22.00 Uhr nicht untersagt hat, darf der Arbeitgeber die werdende oder stillende Mutter gem. § 28 Abs. 2 MuSchG weiterbeschäftigen, soweit die Voraussetzungen nach § 28 Abs. 1 MuSchG vorliegen. Lehnt die Aufsichtsbehörde den Antrag des Arbeitgebers nicht innerhalb von sechs Wochen ab, tritt nach § 28 Abs. 3 Satz 1 MuSchG eine Genehmigungsfiktion ein. Unter ähnlichen Voraussetzungen (ohne das Erfordernis der aufsichtsbehördlichen Genehmigung) darf der Arbeitgeber eine schwangere oder stillende Frau auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Für Schülerinnen und Studentinnen, die gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 MuSchG in den Anwendungsbereich des MuSchG fallen, gelten für Ausnahmen vom Verbot der Nachtarbeit und der Sonn- und Feiertagsarbeit ähnliche Vorgaben gem. § 5 Abs. 2 MuSchG und § 6 Abs. 2 MuSchG. Den Arbeitgeber treffen in all diesen Ausnahmefällen Mitteilungspflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a) und b) MuSchG.

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Die §§ 9 ff. MuSchG regeln die Pflichten des Arbeitgebers zum Schutz der physischen und psychischen Gesundheit der schwangeren oder stillenden Frauen und ihrer Kinder vor unverantwortlichen Gefährdungen. Grundlage hierfür ist die nach § 10 MuSchG erforderliche Gefährdungsbeurteilung. Einzelheiten hierzu ergeben sich aus §§ 9 ff. MuSchG. Daneben besteht Sonderkündigungsschutz für werdende Mütter. Während der Schwangerschaft, bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und bis zum Ende der Schutzfrist, mindestens jedoch ebenfalls bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung,7 darf der Arbeitgeber nicht kündigen.8 Dies gilt, wenn ihm zurzeit der Kündigung die Schwangerschaft, Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder Entbindung bekannt war oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird (§ 17 Abs. 1 MuSchG).9 Das Überschreiten dieser Frist ist allerdings unschädlich, wenn dies auf einem 5 Mehrarbeit ist dabei jede Arbeit, die von Frauen unter 18 Jahren über 8 Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche und von sonstigen Frauen über 8 1/ 2 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche geleistet wird (§ 4 Abs. 1 MuSchG). 6 Nachtarbeit ist hier wegen des europarechtlichen Hintergrundes durch die Mutterschutzrichtlinie (RL 92/85/EWG) im Sinne des Art. 2 Abs. 3 der Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) auszulegen, sodass damit jede in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegte Zeitspanne von mindestens sieben Stunden, welche auf jeden Fall die Zeit zwischen 24:00 Uhr und 05:00 Uhr umfasst, gemeint ist (EuGH v. 19.9.2018 – C-41/17, NZA 2018, 1391 Rz. 47). 7 Eine Entbindung liegt dann vor, wenn sich das Kind bereits bis zu einem Stadium entwickelt hat, in dem es zu einem selbständigen Leben grds. fähig ist. Dabei steht eine medizinisch indizierte vorzeitige Einleitung der Geburt der Annahme einer Entbindung iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MuSchG nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 2 PStV gegeben sind (BAG v. 15.12.2005 – 2 AZR 462/04, NZA 2006, 994). 8 Das gilt auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Arbeitsaufnahme (BAG v. 27.2.2020 – 2 AZR 498/19, NJW 2020, 1986). 9 Der Sonderkündigungsschutz bezieht sich nicht nur auf die Mitteilung der Kündigungsentscheidung selbst, sondern verbietet auch Maßnahmen, die in Vorbereitung der Kündigung während der Schutzzeit getroffen werden (§ 17 Abs. 1 Satz 3 MuSchG), dies dürfte auch unter der neuen Rechtslage insb. für die

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Kap. 17 Rz. 4 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit von der Schwangeren nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). „Zu vertreten“ wäre nur ein gröblicher Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse billigerweise zu erwartende Verhalten („Verschulden gegen sich selbst“); daher ist es unschädlich, wenn die Schwangere die Bescheinigung über die Schwangerschaft mit normaler Post an den Arbeitgeber versendet und der Brief dann aus ungeklärter Ursache verloren geht.10 „Unverzüglich“ bedeutet regelmäßig nicht mehr als eine Woche.11 Nur „in besonderen Fällen“ kann der Arbeitgeber gleichwohl mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde kündigen. Ein solcher besonderer Fall wird bei personenbedingten Gründen erst bejaht, wenn die wirtschaftliche Belastung den Arbeitgeber in die Nähe der Existenzgefährdung rückt. Verhaltensbedingte Gründe werden nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen anerkannt. Als betriebliche Gründe sind namentlich die Betriebsverlegung oder -stilllegung bei Wegfall jeglicher Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu nennen. Gegen den ablehnenden Bescheid der Behörde kann der Arbeitgeber, gegen den zustimmenden die Arbeitnehmerin, Widerspruch bzw. Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht erheben.12 Unabhängig von der Richtigkeit des Bescheides kann die Arbeitnehmerin beim Arbeitsgericht die arbeitsrechtliche Wirksamkeit der Kündigung (zB soziale Rechtfertigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG) prüfen lassen. Die Kündigung des Arbeitgebers bedarf gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG der Schriftform und der schriftlichen Angabe der Gründe.

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Schwangerschaft iSd. § 17 MuSchG liegt zwar nicht vor bei einer künstlichen Befruchtung, bei der die befruchtete Eizelle noch nicht in die Gebärmutter eingesetzt wurde, wohl aber nach Einsetzen des Embryos.13 Eine Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin im vorgerückten Stadium einer In-vitro-Fertilisation ist unwirksam, da sie gegen das in der Richtlinie 76/207/EWG sowie in § 7 AGG verankerte Gebot der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung verstößt.14

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Soweit die Frau aufgrund eines Beschäftigungsverbotes außerhalb der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung (teilweise) nicht beschäftigt werden darf, erhält sie vom Arbeitgeber Mutterschutzlohn (§ 18 MuSchG). Für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Entbindung (§ 3 MuSchG), erhält die Frau Mutterschaftsgeld als Leistung der Sozialversicherungsträger (§ 19 MuSchG), zu dem der Arbeitgeber nach Maßgabe des § 20 MuSchG einen Zuschuss leistet. Der Mutterschutzlohnanspruch gegen den Arbeitgeber besteht nur, wenn die Mutter wegen eines Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG nicht arbeiten konnte. Dies ist nicht der Fall, wenn lediglich die Fahrt zum Arbeitsplatz eine Gefahr für die Schwangere darstellt, nicht jedoch die Arbeitstätigkeit selbst.15 Das Beschäftigungsverbot entsteht erst mit der Ausstellung eines ärztlichen Attes-

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Suche nach einer endgültigen Ersatzarbeitskraft gelten, vgl. EuGH v. 11.10.2007 – C-460/06, NZA 2007, 1271 zur Schaltung einer Stellenanzeige zur endgültigen Neubesetzung der Position der Schwangeren schon während der Schutzzeit. BAG v. 16.5.2002 – 2 AZR 730/00, NZA 2003, 217. Vgl. BAG v. 26.9.2002, DB 2003, 1448. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann es jedoch noch als unverzüglich angesehen werden, wenn zwischen Kenntniserlangung der Arbeitnehmerin von der Schwangerschaft und Mitteilung an den Arbeitgeber 13 Kalendertage liegen (LAG Hamm v. 17.10.2006 – 9 Sa 1503/05, LAGE § 9 MuSchG Nr. 26). Die Zustimmungserklärung der zuständigen Behörde zur Kündigung nach § 17 Abs. 2 MuSchG muss im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorliegen. Bestandskraft ist jedoch nicht erforderlich (BAG v. 25.3.2004 – 2 AZR 295/03, AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 36 Rz. 17 ff.; v. 17.6.2003 – 2 AZR 245/ 02, NZA 2003, 1329). BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 237/14, NZA 2015, 734 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 222. EuGH v. 26.2.2008 – C-506/06, NZA 2008, 345; BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 237/14, NZA 2015, 734 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 222. LAG Hessen v. 14.4.2008 – 17 Sa 1855/07 für den Einsatz einer schwangeren Flugbegleiterin als Bodenmitarbeiterin unter Hinweis darauf, dass auch ein kranker Arbeitnehmer, bei dem die Krankheit nicht zur Arbeitsunfähigkeit führt, das Wegerisiko zum Arbeitsplatz zu tragen habe.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 8 Kap. 17

tes.16 Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit schließt den Anspruch aus § 18 MuSchG grundsätzlich aus.17 Dies gilt nicht, wenn bei einer bestehenden Krankheit eine Verschlechterung, die bei Fortführung der Beschäftigung zur Arbeitsunfähigkeit führt, ihre Ursache ausschließlich in der Schwangerschaft hat.18 Im Rahmen billigen Ermessens kann der Arbeitgeber der Mutter eine andere zumutbare und nicht verbotene Tätigkeit zuweisen und den Anspruch so entfallen lassen.19 Zumutbar sind dabei unter Umständen auch Tätigkeiten, die im Übrigen nicht mit dem Direktionsrecht des Arbeitsgebers zugewiesen werden könnten. Praxistipp: Die Zuweisung muss möglichst konkret sein. Eine Beurteilung von Direktionsmaßnahmen, die gar nicht ausgesprochen oder nicht konkret genug sind, wird im Rechtsstreit stets zu Lasten des Arbeitgebers ausfallen.

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Die Höhe des Mutterschutzlohns richtet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist.20 Gem. § 21 MuSchG sind während dieses Berechnungszeitraums oder des anschließenden Mutterschutzes sowohl dauernde Erhöhungen als auch Verringerungen des Verdienstes zu berücksichtigen, sofern diese Veränderung nicht durch ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot veranlasst sind, vgl. § 18 Satz 3 MuSchG. Sind im Mutterschutzlohn Zuschläge für tatsächlich nicht geleistete Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit enthalten, so sind diese nicht nach § 3b EStG steuerfrei, da nach Sinn und Zweck der Vorschrift Steuerfreiheit nur bei tatsächlichen Erschwernissen gewährt werden soll.21 Soweit nach § 19 MuSchG ein Anspruch gegen die Sozialversicherungsträger auf Mutterschaftsgeld besteht, muss der Arbeitgeber gem. § 20 MuSchG22 für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 MuSchG sowie für den Entbindungstag einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Euro 13,– und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt zum Mutterschaftsgeld zahlen.23 Der Anspruch entfällt jedoch nach § 22

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16 BAG v. 17.10.2013 – 8 AZR 742/12, NZA 2014, 303; v. 21.3.2001 – 5 AZR 352/99, NZA 2001, 1017, 1018. Jedoch kann ein solches Attest in seinem Beweiswert erschüttert werden. 17 LAG Berlin-Brandenburg v. 13.7.2017 – 10 Sa 491/17, juris, Rz. 34; BAG v. 17.10.2013 – 8 AZR 742/12, NZA 2014, 303; v. 9.10.2002 – 5 AZR 443/01, AP MuSchG 1968 § 11 Nr. 23. 18 BAG v. 13.2.2002 – 5 AZR 588/00, NZA 2002, 738, 739. Vgl. auch LSG Hessen v. 20.8.2007 – L 9 AL 35/04: bei Vorliegen einer Risikoschwangerschaft ist ebenfalls danach zu differenzieren, ob das Risiko tatsächlich auf einer Erkrankung beruht oder seinen Grund in der Schwangerschaft selbst hat. 19 BAG v. 15.11.2000 – 5 AZR 365/99, NZA 2001, 386. Für die neue Rechtslage ergibt sich dies möglicherweise schon unmittelbar aus § 13 MuSchG und § 9 Abs. 1 Satz 3 MuSchG, wonach ein Beschäftigungsverbot nur verhängt werden darf, wenn die Gefährdung nicht durch einen Arbeitsplatzwechsel beseitigt werden kann. Danach hätte der Arbeitgeber sogar die Pflicht, der Mutter eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen (vgl. auch ErfK/Schlachter, MuSchG § 13 Rz 2). 20 Nach § 2 Abs. 5 MuSchG ist der sozialversicherungsrechtliche Arbeitsentgeltbegriff aus § 14 SGB IV maßgeblich. Dem Gesetzeszweck entsprechend sind Provisionen auch unter der neuen Gesetzeslage (ggf. anteilig) zu berücksichtigen, wenn sie im Bemessungszeitraum entstanden sind (Rancke, Mutterschutz – Elterngeld – Elternzeit – Betreuungsgeld, § 18 MuSchG Rz. 37; vgl. zur alten Rechtslage: BAG v. 14.12.2011 – 5 AZR 439/10, NJW 2012, 1900 Rz. 21). Eine Auffangregelung zur Bemessung des Durchschnittsgehalts enthält § 21 Abs. 3 MuSchG. 21 BFH v. 27.5.2009 – VI B 69/08, NZA 2009, 836. 22 Das BVerfG hatte die vor der Reform geltende, im Wesentlichen mit der heutigen Regelung übereinstimmende Regelung zum Arbeitgeberzuschuss als mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar erklärt (BVerfG v. 18.11.2003 – 1 BvR 302/96, NJW 2004, 146), und dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31.12. 2005 zur Änderung aufgegeben. Dem ist der Gesetzgeber mit dem „Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze“ nachgekommen, welches eine Neuregelung der Umlageverfahren und eine Einbeziehung sämtlicher Arbeitgeber in das Umlageverfahren für Mutterschaftsleistungen des Arbeitgebers vorsieht. Vgl. hierzu ausf. Düwell, FA 2006, 44. 23 Für den Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld kommt es nicht auf die tatsächliche Zahlung von Mutterschutzgeld durch die Krankenkasse, sondern auf das Bestehen des sozialrechtlichen Anspruchs auf Mutterschaftsgeld an (BAG v. 25.2.2004 – 5 AZR 160/03, NZA 2004, 537).

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Kap. 17 Rz. 8 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit MuSchG für die Zeit, in der Frauen Elternzeit in Anspruch nehmen, soweit sie nicht eine zulässige Teilzeitarbeit leisten (§ 22 Satz 2 MuSchG).24 Ruhte das Arbeitsverhältnis nur zu Beginn der Schutzfrist wegen Elternzeit, schließt dies den Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht für den gesamten Zeitraum der Schutzfrist aus.25

9

§ 24 Satz 1 MuSchG bestimmt, dass die mutterschutzrechtlichen Ausfallzeiten bei der Berechnung des Urlaubs wie Beschäftigungszeiten zählen. § 24 Satz 2 MuSchG gestattet darüber hinaus eine Übertragung des Erholungsurlaubs in das nächste Urlaubsjahr unabhängig von § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 BUrlG. Gem. § 24 Satz 2 MuSchG kann eine Arbeitnehmerin, die ihren Erholungsurlaub vor Beginn der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten hat, den verbleibenden Erholungsurlaub nach Ablauf der Schutzfristen noch im laufenden oder nächsten Kalenderjahr beanspruchen.26 Dies gilt auch dann, wenn der Urlaub vor Erteilung eines Beschäftigungsverbotes bereits verbindlich festgelegt war.27 Die Regelung ist insoweit an § 17 Abs. 2 BEEG angepasst und geht über die Übertragungsmöglichkeiten des § 7 Abs. 3 BUrlG hinaus. Erkrankt die Arbeitnehmerin dauerhaft nach dem Ende ihres Mutterschutzes bzw. ihrer Elternzeit, so verfallen die gem. § 24 Satz 2 MuSchG oder § 17 Abs. 2 BEEG übertragenen Urlaubsansprüche erst 15 Monate nach dem Ende des Folgejahres, in dem die Arbeitnehmerin aus dem Mutterschutz bzw. der Elternzeit zurückkehrt.28

10 Soweit Ansprüche auf Gratifikation vertraglich davon abhängig gemacht werden, dass sich der Ar-

beitnehmer zum Zeitpunkt der Gewährung im aktiven Beschäftigungsverhältnis befindet, kann der Anspruch für Zeiten des Mutterschutzes gleichwohl nicht ausgeschlossen werden, da dies gegen Art. 157 AEUV29 und gegen die in Art. 6 Abs. 4 GG festgelegte Schutzpflicht30 verstieße. Die gesetzlich vorgeschriebenen mutterschutzrechtlichen Ausfallzeiten dürfen auch nicht dazu führen, dass die Arbeitnehmerin von beruflichen Aufstiegschancen ausgeschlossen wird.31 Bereits die Vereitelung der Chance, bei Eintritt weiterer Voraussetzungen einen beruflichen Aufstieg machen zu können, stellt eine Benachteiligung der Arbeitnehmerin dar und fällt unter das Diskriminierungsverbot.32 Art. 6 der EU-Elternzeitrichtlinie (2010/18/EU), durch den Teilzeitbegehren von Arbeitnehmerinnen im Rahmen einer Elternzeit gefördert werden sollen, ist jedoch nicht auf Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz anwendbar.33 24 BAG v. 22.8.2012 – 5 AZR 652/11, NZA 2012, 1277; v. 29.1.2003 – 5 AZR 701/01, NZA 2003, 1055; nach Ansicht des EuGH ist die Regelung in § 14 Abs. 4 MuSchG aF. allerdings europarechtswidrig, soweit die Arbeitnehmerin während einer unbezahlten Elternzeit schwanger wird und den Anspruch auf Mutterschaftsgeld geltend macht EuGH v. 13.2.2014 – C-512/11, C-513/11, NZA 2014, 316, dieses Problem wurde nun durch § 21 Abs. 2 Nr. 3 MuSchG gelöst (vgl. ErfK/Schlachter, § 21 MuSchG Rz. 4). 25 BAG v. 22.8.2012 – 5 AZR 652/11, NZA 2012, 1277 Rz. 17 ff. 26 Dies gilt sowohl für Urlaubsansprüche, die während der gesetzlichen Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 MuSchG entstanden sind, als auch für Urlaubsansprüche, die während der Zeiten eines individuellen arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsverbots erworben wurden (LAG RheinlandPfalz v. 29.1.2009 – 11 Sa 547/08). 27 BAG v. 9.8.2016 – 9 AZR 575/15, NZA 2016, 1392. 28 LAG Düsseldorf v. 26.11.2014 – 12 Sa 982/14; grds. bestätigend BAG v. 15.12.2015 – 9 AZR 52/15, NZA 2016, 433. 29 EuGH v. 21.10.1999 – C-333/97, EuGHE I-1999, 7266; BAG v. 4.12.2002 – 10 AZR 138/02, AP BGB § 611 Nr. 245 Gratifikation. 30 BAG v. 20.8.2002 – 9 AZR 353/01, DB 2003, 342. 31 EuGH v. 6.3.2014 – C-595/12, NZA 2014, 715, vgl. auch Gesetzeszweck aus § 1 Abs. 1 Satz 2 MuSchG. 32 EuGH v. 6.3.2014 – C-595/12, NZA 2014, 715 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2014, 225. 33 EuGH v. 16.6.2016 – C-351/14, NZA 2016, 935: Grund hierfür ist der unterschiedliche Schutzzweck der Regelungen. Während die Elternzeit gewährt wird, damit Eltern sich um ihr Kind kümmern können, schützt der Mutterschutz die Gesundheit der Frau und die besondere Beziehung zwischen Mutter und Kind nach der Entbindung. Sie soll nicht durch die Doppelbelastung aufgrund der gleichzeitigen Ausübung eines Berufs gestört werden.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 16 Kap. 17

2. Elternzeit Seit dem 1.1.2007 ist das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) in Kraft. Soweit die Regelungen zur Elternzeit und zur Elternteilzeit aus §§ 15 ff. BErzGG im Wesentlichen inhaltsgleich übernommen wurden, kann weitestgehend auf die Rechtsprechung und Literatur zum BErzGG zurückgegriffen werden.

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Zum 1.1.2015 wurde das BEEG durch das Gesetz zum Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexiblen Elternzeit im Bundeseltern- und Elternteilzeitgesetz34 reformiert. Das Gesetz verlängert das Elterngeld (Elterngeld Plus), erlaubt eine flexiblere Gestaltung der Elternzeit und verbessert die Möglichkeit beider Eltern, in Elternteilzeit zu arbeiten.

12

Die Novellierung gilt uneingeschränkt für ab dem 1.7.2015 geborene Kinder. Für Kinder, die bis zum 30.6.2015 geboren sind, gilt entsprechend der Übergangsvorschrift in § 27 BEEG nF das BEEG aF.35

13

Die Elternzeit soll berufstätigen Eltern die Betreuung und Erziehung ihres Kindes ermöglichen und erleichtern. Der Anspruch auf Elternzeit ist privatrechtlicher Art und unabdingbar (§ 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG). Anspruchsgegner ist der Arbeitgeber, Anspruchsinhalt die unbezahlte Freistellung für den in § 15 Abs. 2 und 3 BEEG bestimmten Zeitraum. Ergänzend gelten die allgemeinen Urlaubsvorschriften entsprechend. Das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung gem. § 3 Abs. 1 MuSchG bleibt unberührt.

14

Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 15 Abs. 1 BEEG), zur Berufsausbildung Beschäftigte (§ 20 Abs. 1 BEEG) sowie Heimarbeiter und Gleichgestellte, soweit sie am Stück mitarbeiten (§ 20 Abs. 2 BEEG). Erforderlich ist eine enge personale Beziehung zu dem Kind. Sie liegt ua. vor, wenn die Anspruchsberechtigten (vgl. § 15 Abs. 1 BEEG)

15

1. a) mit ihrem Kind, b) mit einem Kind, für das sie die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 3 oder 4 BEEG erfüllen, oder c) mit einem Kind, das sie in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII aufgenommen haben, in einem Haushalt leben und 2. dieses Kind selbst betreuen und erziehen.36 Auch für Großeltern, die Arbeitnehmer sind, besteht in gleichem Umfang wie für die Eltern die Möglichkeit zur Elternzeit; dies setzt allerdings voraus, dass sie mit dem zu betreuenden Enkelkind in einem Haushalt leben und zudem ein Elternteil minderjährig ist oder sich noch in einer schon vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen Ausbildung befindet (§ 15 Abs. 1a BEEG). Der Anspruch auf Großelternzeit besteht nur subsidiär zu einer bereits durch die Eltern genommenen Elternzeit (§ 15 Abs. 1a Satz 2 BEEG) und richtet sich nicht auf die Gewährung von Elterngeld, das weiterhin an die Eltern ausgezahlt wird.37 Sonderkündigungsschutz besteht daher für den Großelternteil nur nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BEEG.

34 BGBl. I 2014, 2325. 35 Die Übergangsregelungen des BEEG aF haben für bis zum 30.6.2015 geborene Kinder noch praktische Relevanz. Insoweit wird auf die 6. Aufl. dieses Buchs unter Kapitel 17 I. 2. verwiesen, worin die Rechtslage sowohl nach BEEG aF als auch nach BEEG nF beschrieben ist. 36 Die Betreuung wird durch vorübergehende Abwesenheit oder Verhinderung nicht unterbrochen. 37 Auch ein in der Ausbildung befindlicher Elternteil hat Anspruch auf Elterngeld (§ 1 Abs. 6 BEEG).

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16

Kap. 17 Rz. 17 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit

17 Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes38 (§ 15

Abs. 2 Satz 1 BEEG).39 Die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 MuSchG wird auf die Begrenzung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG und auch auf die Begrenzung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BEEG angerechnet (§ 15 Abs. 2 Satz 3).

18 Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BEEG kann ein Anteil von bis zu 24 Monaten zwischen dem 3. Geburts-

tag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Die neue Gesetzeslage verdoppelt die mögliche Elternzeit zwischen dem vollendeten 3. und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes. Während für Kinder, die bis zum 30.6.2015 geboren wurden, nur 12 Monate der Elternzeit zwischen dem 3. und dem vollendeten 8. Lebensjahr genommen werden können, sind dies für ab dem 1.7.2015 geborene Kinder nun 24 Monate. Nach altem Recht ist die Übertragung von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig; nicht jedoch nach neuem Recht: Hier kann der Arbeitgeber lediglich einem dritten Abschnitt der Elternzeit zwischen dem 3. und dem 8. Lebensjahr innerhalb von 8 Wochen nach Zugang des Antrags widersprechen, soweit dringende betriebliche Gründe dem Antrag entgegenstehen (§ 16 Abs. 1 Satz 7 BEEG). Dies dürfte allerdings die Ausnahme bleiben.40 Eine schriftliche Begründung der Ablehnung durch den Arbeitgeber sieht der Gesetzeswortlaut zwar nicht vor. In Anlehnung an § 15 Abs. 7 Satz 4 BEEG und zu Beweiszwecken ist jedoch zu einer schriftlichen Ablehnung zu raten. Hat der Arbeitgeber der Elternzeit fristgemäß widersprochen, kann und muss der Arbeitnehmer Klage beim Arbeitsgericht erheben. Abgesehen davon ist keine Zustimmung des Arbeitgebers zur Elternzeit mehr erforderlich.

19 Die Elternzeit kann, auch anteilig, von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden.

20 Der Arbeitnehmer hat zweimal während der Elternzeit einen Anspruch auf Verringerung seiner

Arbeitszeit für jeweils mindestens zwei Monate auf 15 bis 30 Wochenstunden (§ 15 Abs. 6 iVm. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BEEG), außer in Kleinunternehmen und während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 BEEG). Einvernehmliche Regelungen über eine Verminderung sind darauf jedoch nicht anzurechnen.41 Dem Arbeitnehmer steht ein Wahlrecht zwischen § 15 Abs. 7 BEEG und dem allgemeinen Teilzeitanspruch aus § 8 Abs. 4 TzBfG zu.42 Jedoch ist regelmäßig der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach dem BEEG günstiger für den Arbeitnehmer, schon weil er einen befristeten Teilzeitanspruch gewährt und nur wegen dringender betrieblicher Gründe abgelehnt werden kann (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG).43 Eine Verringerung der Arbeitszeit nach § 15 Abs. 5–7 BEEG ist auch dann zulässig, wenn zunächst nur die völlige Freistellung von der vertraglichen Arbeit in Anspruch genommen wurde und keine bloße Verringerung der Arbeitszeit beantragt worden war.44 38 Eltern können die Elternzeit von vornherein bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes nehmen. Dem steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer nach § 16 Abs. 1 BEEG gleichzeitig zu erklären hat, für welchen Zeitraum „innerhalb von zwei Jahren“ er Elternzeit nehmen will, denn diese Vorschrift beschränkt nicht die Möglichkeit, den darüber hinausgehenden materiell-rechtlichen Anspruch sofort geltend zu machen (BAG v. 27.4.2004 – 9 AZR 21/04, NZA 2004, 1039). 39 Nicht erforderlich ist daher, dass das Kind bereits etwa während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses geboren wurde. 40 Nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend müssen die dringenden betrieblichen Gründe „nahezu zwingend“ und „unabweisbar“ sein (BT-Drucks. 18/3086, S. 13; Forst, DB 2015, 68). 41 BAG v. 19.2.2013 – 9 AZR 461/11, NZA 2013, 907 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2013, 127. 42 BAG v. 8.5.2007 – 9 AZR 1112/06, NJW 2007, 3661. 43 Vgl. Bruns, BB 2008, 330, 333. 44 BAG v. 5.6.2007 – 9 AZR 82/07, NZA 2007, 1352; zur Vorgängerregelung des § 15 Abs. 5–7 BErzGG schon BAG v. 19.4.2005 – 9 AZR 233/04, NZA 2005, 1354; v. 9.5.2006 – 9 AZR 278/05, NZA 2006, 1413; Düwell, FA 2007, 44, 46.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 26 Kap. 17

Der Antrag auf Verringerung kann allerdings erst gestellt werden, wenn der Arbeitnehmer verbindlich festgelegt hat, für welche Zeiträume Elternzeit verlangt wird (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG).45

21

Nach § 15 Abs. 7 Nr. 5 lit. a BEEG gilt die 7-Wochen-Frist für den schriftlichen Antrag (M 17.7) nur bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes. Im Zeitraum zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes muss die Mitteilung schriftlich 13 Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit mitgeteilt werden (§ 15 Abs. 7 Nr. 5 lit. b BEEG).

22

Auch im BEEG fehlt ebenso wie in der Vorgängervorschrift ein Gleichlauf von Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit. Jedoch geht das BAG davon aus, dass der Arbeitgeber die Verteilung der Arbeitszeit nur nach billigem Ermessen festlegen kann, wobei eine Abweichung vom Wunsch des Arbeitnehmers nur bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe möglich sein soll.46 Dringende betriebliche Gründe iSd. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG stehen dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers entgegen, wenn keine freie Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb des Arbeitgebers besteht;47 oder wenn die Elternteilzeit unvereinbar ist mit einem Organisationskonzept des Arbeitgebers, welches sich allerdings nicht allein darin erschöpfen darf, dass der Arbeitgeber die Aufgaben nach seiner unternehmerischen Zielsetzung von einer Vollzeitkraft erledigen lassen will.48 Die dringenden betrieblichen Gründe müssen keine unüberwindbaren, aber doch besonders gewichtige Hindernisse für die beantragte Verkürzung und Umverteilung der Arbeitszeit sein.49 Insofern sind höhere Anforderungen als für die Ablehnung des allgemeinen Teilzeitanspruchs nach TzBfG zu stellen, der auch nicht dringende entgegenstehende betriebliche Gründe ausreichen lässt.

23

Will der Arbeitgeber die Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit ablehnen, muss er das innerhalb von 4 Wochen nach dem Antrag des Arbeitnehmers mit schriftlicher Begründung tun. Bei einer Elternzeit zwischen dem vollendeten 3. und dem 8. Lebensjahr des Kindes beträgt die Frist 8 Wochen nach dem Antrag (§ 15 Abs. 7 Satz 4 BEEG). Auch hier gilt die strenge Schriftform nach § 126 BGB.50 Werden die Fristen versäumt, gilt die Zustimmung des Arbeitgebers als erteilt (§ 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG).

24

Lehnt der Arbeitgeber den Antrag auf Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit rechtzeitig ab, muss der Arbeitnehmer Klage hiergegen erheben.51 Der Arbeitgeber darf sich bei dem folgenden Prozess für die Darlegung dringender betrieblicher Gründe nur auf solche Gründe stützen, die er auch in seinem nach § 15 Abs. 7 Satz 4 BEEG erforderlichen form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben genannt hat.52

25

Während der Elternzeit darf keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt werden. Erlaubt ist lediglich eine Erwerbstätigkeit, bei der die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit auf 30 Stunden beschränkt ist (§ 15 Abs. 4 BEEG). Die Teilzeittätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbständiger bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers (§ 15 Abs. 4 Satz 3 BEEG),53 die er nur aus dringenden be-

26

45 BAG v. 5.6.2007 – 9 AZR 82/07, NZA 2007, 1352. 46 BAG v. 8.5.2007 – 9 AZR 1112/06, NJW 2007, 3661; zur alten Rechtslage nach BErzGG schon BAG v. 9.5.2006 – 9 AZR 278/05, NZA 2006, 1413. 47 Nur freie Arbeitsplätze sind zu berücksichtigen (BAG v. 15.4.2008 – 9 AZR 380/07, NZA 2008, 998). 48 BAG v. 15.12.2009 – 9 AZR 72/09, NZA 2010, 447. 49 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 298/18, NZA 2019, 616; BAG v. 15.12.2009 – 9 AZR 72/09, NZA 2010, 447. 50 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 298/18, NZA 2019, 616; Forst, DB 2015, 68. 51 Nach ständiger Rechtsprechung fehlt einer solchen Klage nicht allein deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Zeitraum, für den Elternzeit begehrt wird, bereits abgelaufen ist. Dem Kläger/der Klägerin könnte im Fall einer unberechtigten Ablehnung ihres Gesuchs nämlich ein Anspruch aus § 611a Abs. 2, § 326 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 iVm. § 275 Abs. 1 BGB zustehen, für den die Frage nach der Berechtigung der Zustimmungsablehnung eine materiell-rechtliche Vorfrage ist, vgl. BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 298/18; NZA 2019, 616. 52 BAG v. 11.12.2018 – 9 AZR 298/18, NZA 2019, 616. 53 BAG v. 26.6.1997 – 8 AZR 506/95, NZA 1997, 1156.

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Kap. 17 Rz. 26 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit trieblichen Gründen und nur binnen 4 Wochen schriftlich verweigern kann (§ 15 Abs. 4 Satz 4 BEEG).

27 Nach § 16 BEEG hängt die Anmeldefrist der Elternzeit davon ab, welcher Zeitabschnitt der Eltern-

zeit beantragt wird. Gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG muss die Anmeldung für den Zeitraum bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes spätestens 7 Wochen vor Beginn der Elternzeit erfolgen; für den Zeitraum zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes spätestens 13 Wochen vorher (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BEEG). Können Arbeitnehmerinnen aus einem von ihnen nicht zu vertretenden Grund eine sich unmittelbar an die Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 MuSchG anschließende Elternzeit nicht rechtzeitig verlangen, können sie dies innerhalb einer Woche nach Wegfall des Grundes nachholen (§ 16 Abs. 2 MuSchG).

28 Die Einhaltung der Schriftform bei der Antragstellung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die In-

anspruchnahme der Elternzeit und für die Auslösung des Sonderkündigungsschutzes.54 Es gilt die strenge Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB. Ein Fax oder eine E-Mail mit dem Antrag auf Elternzeit reicht nicht aus.55 Die Frist kann bei dringenden Gründen verkürzt werden (§ 16 Abs. 1 Satz 3 BEEG); nach § 16 Abs. 2 BEEG kann die Erklärung innerhalb einer Woche nach Wegfall eines nicht zu vertretenden Hinderungsgrundes nachgeholt werden.

29 Die Zeit der Mutterschutzfrist und die Zeit eines sich ggf. daran anschließenden Erholungsurlaubs werden auf die Elternzeit angerechnet, wenn die Mutter die Elternzeit im Anschluss an die gesetzliche Mutterschutzfrist beantragt (§ 16 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 BEEG).

30 Die Elternzeit darf auf bis zu drei Zeitabschnitte verteilt werden (§ 16 Abs. 1 Satz 6 BEEG (zur genauen Aufteilung der Zeitabschnitte vgl. Rz. 18)). Eine Verteilung auf weitere Zeitabschnitte bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers (§ 16 Abs. 1 Satz 6 Halbs. 2 BEEG). Der Antrag muss schriftlich gestellt werden (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Es handelt sich um eine einseitige, empfangsbedürftige, rechtsgestaltende Willenserklärung, die bereits mit Zugang beim Arbeitgeber wirksam ist.

31 Der Arbeitnehmer kann und muss ab dem in dem ordnungsgemäßen Antrag genannten Zeitpunkt der Arbeit fernbleiben.56 Das Verlangen ist nicht widerruflich. Nachträgliche Änderungen der Planung der Elternzeit sind nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich (§ 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG). Die vorzeitige Beendigung wegen der Geburt eines weiteren Kindes oder wegen eines besonderen Härtefalles kann der Arbeitgeber nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen (§ 16 Abs. 3 Satz 2 BEEG).57

32 Gem. § 16 Abs. 3 Satz 3 BEEG kann die Mutter zur Inanspruchnahme von Mutterschutzfristen we-

gen der Geburt58 eines weiteren Kindes die Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig beenden.59 Die Mutter soll die vorzeitige Beendigung dem Arbeitgeber rechtzeitig mitteilen.

33 Eine Verlängerung kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel der Anspruchsberechti-

gung aus wichtigem Grund nicht erfolgen kann (§ 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG). Im Übrigen bedürfen

54 Die Berufung des Arbeitgebers auf die Nichteinhaltung der Schriftform kann jedoch im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, vgl. BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 145/15, NZA 2016, 1137. 55 BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 145/15, NZA 2016, 1137. 56 BAG v. 19.4.2005 – 9 AZR 233/04, NZA 2005, 1354. 57 Die vorzeitige Beendigung der Elternzeit tritt nicht während der Schwangerschaft mit einem weiteren Kind ein, sondern erst nach der Entbindung des weiteren Kindes (BAG v. 8.5.2018 – 9 AZR 8/18, NZA 2018, 1195 m. Anm. Zeh, ArbRAktuell 2018, 477). 58 Die Norm setzt die Entbindung voraus, die Beendigungswirkung kann nicht schon während der Schwangerschaft herbeigeführt werden (BAG v. 8.5.2018 – 9 AZR 8/18, NZW 2018, 3053). 59 Vgl. aber EuGH v. 20.9.2007 – C-116/06, NZA 2007, 1274, wonach eine Arbeitnehmerin den Zeitraum ihres Erziehungsurlaubs auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers ändern kann, um bei einer erneuten Schwangerschaft ihre Rechte auf Mutterschaftsurlaub wahrzunehmen.

726 | Lingemann

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 36 Kap. 17

Verlängerungen der Zustimmung des Arbeitgebers (§ 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG). Der Arbeitgeber hat über die Verlängerung nach billigem Ermessen zu entscheiden.60 Die Anmeldefristen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG gelten nicht für das Verlängerungsbegehren nach § 16 Abs. 3 BEEG.61 Während der Elternzeit sind die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert. Nebenleistungen sind nur dann fortzuzahlen, wenn sich durch Auslegung der Vereinbarung ergibt, dass diese vom Ruhen des Arbeitsverhältnisses unabhängig sein sollen. Ein Anspruch auf Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall besteht nicht. Den Anspruch auf Urlaub kann der Arbeitgeber für jeden vollen Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer Elternzeit nimmt, um ein Zwölftel des Jahresurlaubs kürzen,62 es sei denn, der Arbeitnehmer leistet während der Elternzeit bei seinem Arbeitgeber Teilzeitarbeit (§ 17 Abs. 1 BEEG).63 Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch aber nicht mehr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kürzen (vgl. M 17.5)64. Gem. § 17 Abs. 3 BEEG iVm. § 7 Abs. 4 BurlG wandelt sich der Urlaubsanspruch dann in einen Geldanspruch auf Urlaubsabgeltung um, auf den § 17 Abs. 1 BEEG nicht angewendet werden kann.65

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Abgrenzungsfragen zum Urlaub beim Übergang in die oder aus der Elternzeit und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln § 17 Abs. 2–4 BEEG. Der vor Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig genommene Urlaub ist übertragbar auf das laufende oder nächste Urlaubsjahr, das der Elternzeit nachfolgt; dies gilt auch dann, wenn sich an die erste eine weitere Elternzeit unmittelbar anschließt. In diesem Fall besteht der vor der ersten Elternzeit entstandene Urlaubsanspruch auch nach der zweiten Elternzeit fort.66 Der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG entstandene Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers verfällt während der Elternzeit nicht gem. § 7 Abs. 3 BurlG mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums, da die Sonderregeln des § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2. insoweit vorgehen.67

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Für Ansprüche auf Gratifikation kann, soweit sie auf die tatsächliche Beschäftigung abstellen, anders als für Zeiten des Mutterschutzes (vgl. Rz. 10) vereinbart werden, dass sie für Zeiten der Elternzeit nicht bestehen.68 Demgegenüber sind bei Sozialplanregelungen, die für die Höhe der Abfindung auch auf die Dauer der Beschäftigung abstellen, keine Abzüge wegen Elternzeit zulässig.69 Auch Zu-

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60 BAG v. 18.10.2011 – 9 AZR 315/10, NZA 2012, 262. Vgl. zur vorzeitigen Beendigung und Verlängerung der Elternzeit auch Niklas, BB 2013, 951. 61 BAG v. 18.10.2011 – 9 AZR 315/10, NZA 2012, 262. 62 BAG v. 19.5.2015 – 9 AZR 725/13, NZA 2015, 989; v. 17.5.2011 – 9 AZR 197/10, DB 2012, 182; keine Kürzung bei angefangenen Monaten, wenn Beginn und Ende der Elternzeit in den Lauf eines Monats fallen (LAG Berlin v. 15.6.2018 – 3 Sa 42/18); das Kürzungsrecht ist europarechtskonform (BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420); auch der EuGH hat zumindest eine anspruchsmindernde Berücksichtigung der Elternzeit bei der Berechnung des Jahresurlaubs im rumänischen Recht für europarechtskonform erklärt (EuGH v. 4.10.2018 – C-12/17, NZA 2018, 1323). 63 Dazu, ob die Kürzung auch das Urlaubsentgelt erfasst, Bruns, BB 2008, 386, 387. 64 BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420. 65 BAG v. 19.5.2015 – 9 AZR 725/13, NZA 2015, 989; zur Urlaubsabgeltung im Einzelnen Kap. 14 Rz. 25 ff. 66 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 219/07, NZA 2008, 1237 noch zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 17 Abs. 2, 3 BErzGG. 67 BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420. 68 BAG v. 4.12.2002 – 10 AZR 138/02, AP BGB § 611 Nr. 245 Gratifikation für den zulässigen Ausschluss des Anspruchs auf Weihnachtsgeld. Bestimmt der Arbeitsvertrag, dass ein Anspruch auf die Gratifikation nicht besteht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so gilt der Anspruchsausschluss nicht bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit (BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 35/08, NZA 2009, 258). 69 BAG v. 12.11.2002 – 1 AZR 58/02, NZA 2003, 1287; vgl. auch EuGH v. 22.10.2009 – C-116/08, ArbRAktuell 2009, 159 – Meerts/Proost m. Anm. Lingemann. Sind Eltern in Elternteilzeit beschäftigt, so ist eine Entlassungsentschädigung auf Grundlage des Gehalts für die Vollzeitarbeitsleistung zu berechnen und nicht auf Grundlage des verringerten Elternteilzeitgehaltes (EuGH v. 8.5.2019 – C 486/18, NZA

Lingemann | 727

Kap. 17 Rz. 36 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit lagen, die als Entgeltbestandteil gewährt werden, stehen Arbeitnehmern in Elternzeit in gleichem Umfang zu.70

37 Während der Elternzeit besteht Sonderkündigungsschutz (§ 18 BEEG). Der Arbeitgeber darf das

Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt wurde, höchstens aber acht Wochen vor Beginn der Elternzeit, und während deren Dauer nicht kündigen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG beginnt der Kündigungsschutz frühestens acht Wochen vor Beginn einer Elternzeit bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes (Nr. 1) und frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes (Nr. 2).

38 Der Kündigungsschutz bezieht sich auf das Arbeitsverhältnis, das zu Beginn der Elternzeit bestanden

hat, und auf das durch Vereinbarung von Teilzeitarbeit umgestaltete (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 BEEG). Gem. § 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG besteht Sonderkündigungsschutz, wenn der Arbeitnehmer, ohne Elternzeit in Anspruch zu nehmen, Teilzeitarbeit leistet und Anspruch auf Elterngeld nach § 1 BEEG während des Bezugszeitraums nach § 4 Abs. 1 BEEG hat. Auch derjenige Arbeitnehmer hat Sonderkündigungsschutz, der bei einem anderen Arbeitgeber während der Elternzeit Teilzeitarbeit verrichtet.71 Dies gilt jedoch nur für das der Elternzeit zugrunde liegende Arbeitsverhältnis und nicht für das in der Elternzeit neu begründete Teilzeitarbeitsverhältnis mit dem Dritten72. In „besonderen Fällen“ kann der Arbeitgeber mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde kündigen (§ 18 Abs. 1 Satz 4 bis 6 BEEG (M 17.6)). Aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 18 Abs. 1 Satz 6 BEEG bestehen „Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Kündigungsschutz bei Elternzeit“ vom 3.1.2007.73 Gem. deren Ziff. 2.1.1 und 2.1.3 gilt insb. die Betriebsverlegung oder -stilllegung bei Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit als ein „besonderer Fall“.74 Diese Verwaltungsvorschrift bindet die Gerichte zwar formal nicht, ist aber für die Praxis gleichwohl der zentrale Leitfaden. Die Zustimmung wegen Betriebsstilllegung kann auch wirksam erteilt werden „für den Fall, dass kein Betriebsübergang stattgefunden hat“.75 Eine erteilte Zustimmung löst keine Frist aus, innerhalb derer die Kündigung erklärt werden muss.76 Die Zustimmung der zuständigen Behörde zur außerordentlichen Kündigung kann in der Regel nicht in eine Zustimmung zur ordentlichen Kündigung umgedeutet werden.77 Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsver-

70 71 72 73 74 75 76

77

2019, 1131 (auch zur entsprechenden Berechnungsgrundlage für Zuwendungen für einen Wiedereingliederungsurlaub) und EuGH v. 27.2.2014 – C-588/12, NZA 2014, 359). Soweit eine Sozialplanabfindung allein auf das Bruttogehalt eines einzelnen Referenzmonats abstellt, in welchem der Arbeitnehmer Elternteilzeit geleistet hat, ist für die Berechnung der Abfindung das Bruttomonatsgehalt maßgeblich, welches ihm in dieser Zeit für die vertragliche Vollbeschäftigung ohne Teilzeitarbeit zugestanden hätte – wenn entsprechendes auch für Arbeitnehmer geregelt ist, deren Arbeitsverhältnis aufgrund von genommener Elternzeit vollständig ruht (BAG v. 15.5.2018 – 1 AZR 20/17, NZA 2018, 1198 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2018, 476). Ein Ausschluss der Arbeitnehmer in Elternzeit von einer tariflichen Zulage ist eine gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG verstoßende unzulässige Gruppenbildung (BAG v. 18.12.2008 – 6 AZR 287/07, NZA 2009, 391). BAG v. 2.2.2006 – 2 AZR 596/04, NZA 2006, 678; Bruns, BB 2008, 386, 388; Fröhlich, ArbRB 2007, 54, 57. BAG v. 2.2.2006 – 2 AZR 596/04, NZA 2006, 678. Abgedruckt bei Nipperdey, Textsammlung Arbeitsrecht, Nr. 401b. Vgl. auch Wiebauer, NZA 2011, 177 zur bedingten Zulässigkeitserklärung bei nur beabsichtigter Stilllegung und einem etwaigen Wiedereinstellungsanspruch aufgrund nicht durchgeführter Stilllegung. BAG v. 22.6.2011 – 8 AZR 107/10, NZA-RR 2012, 119 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2011, 538. BAG v. 22.6.2011 – 8 AZR 107/10, NZA-RR 2012, 119 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2011, 538; allerdings wird eine nach der Zustimmung ausgesprochene Kündigung, die allein deshalb außerhalb des 30-Tages-Zeitraums des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG zugeht, weil zunächst das behördliches Zustimmungsverfahren durchzuführen war, so behandelt wie die Kündigungen, für die die Regeln des Massenentlassungsschutzes gelten (BVerfG v. 8.6.2016 – 1 BvR 3634/13, NZA 2016, 939). So zur Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers (BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 372/13, NZA 2014, 895 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 388).

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 45 Kap. 17

hältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen (§ 19 BEEG), oder zu einem anderen Zeitpunkt mit der gesetzlichen bzw. vertraglichen Kündigungsfrist. Wird zur Vertretung des Arbeitnehmers in Elternzeit ein anderer Arbeitnehmer befristet bzw. auflösend bedingt eingestellt, so ist die Befristung bzw. auflösende Bedingung für die Dauer der Vertretung und einer angemessenen Einarbeitung sachlich gerechtfertigt (§ 21 BEEG). Dasselbe gilt für Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach dem MuSchG. Allerdings muss die Befristung entweder kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar oder dem Vertretungszweck zu entnehmen sein (Zweckbefristung), vgl. § 21 Abs. 3 BEEG.

39

Praxistipp: Da der Elternteil in Elternzeit jederzeit die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung nach § 15 Abs. 6 und 7 BEEG verlangen kann, sollte für eine befristet einzustellende Vertretung stets die Zweckbefristung gewählt oder eine Kündigungsmöglichkeit vereinbart werden. Eine Kündigung ist bei einem zeitbefristeten Vertrag nicht nach § 21 Abs. 4 BEEG möglich, da die Elternzeit durch die Ausübung einer zulässigen Teilzeit nicht vorzeitig endet.

40

Bei einer Zweckbefristung besteht auch keine strenge Bindung an den Umfang der angemeldeten Elternzeit, so dass der Befristungsgrund „Wegfall des Bedarfs“ auch mehrere ununterbrochen aufeinander folgende Elternzeiten deckt.78 Bei arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die auf die Zahl der Beschäftigten abstellen, sind die in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmer nicht mitzuzählen, sofern für sie ein Vertreter befristet eingestellt wurde (§ 21 Abs. 7 BEEG).

41

Endet die Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig oder kann der Arbeitgeber die vorzeitige Beendigung wegen § 16 Abs. 3 Satz 2 BEEG nicht ablehnen, und hat der Arbeitnehmer die Beendigung auch mitgeteilt, so kann der Arbeitgeber das Vertretungsarbeitsverhältnis mit einer Frist von drei Wochen frühestens zum Ende der Elternzeit kündigen (§ 21 Abs. 4 BEEG).79 Für diese Kündigung gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht (§ 21 Abs. 5 BEEG).

42

3. Elterngeld und Elterngeld Plus Für Eltern von seit dem 1.1.2007 geborenen oder zur Adoption angenommenen Kinder besteht nach Maßgabe der §§ 1 ff. BEEG Anspruch auf Elterngeld.80 Für die vor dem Stichtag geborenen oder zur Adoption angenommenen Kinder bleiben der Erste und der Dritte Abschnitt des BErzGG anwendbar.81

43

Anspruch auf Elterngeld haben nach § 1 Abs. 1 BEEG grundsätzlich Mütter und Väter, die ihre Kinder nach der Geburt selbst betreuen und erziehen, mit ihren Kindern in einem Haushalt leben, nicht mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sind und einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Daneben kommen auch andere Personen unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 bis 4 BEEG als Anspruchsberechtigte in Betracht.

44

Das Elterngeld ist als Entgeltersatzleistung konzipiert und richtet sich daher gem. § 2 BEEG nach dem bisherigen Einkommen. Es beträgt 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Nettoeinkommens, höchstens jedoch Euro 1.800,–/ Monat. Die Ermittlung des zu berücksichtigenden Erwerbseinkommens erfolgt für Eltern seit dem 1.1.2013 geborener Kinder pauschal und richtet sich nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 Satz 3 sowie

45

78 LAG Nürnberg v. 2.8.2007 – 5 Sa 564/06, BB 2007, 2076. 79 Nach der Gesetzesbegründung gilt das Kündigungsrecht auch für eine Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer (vgl. Bruns, BB 2008, 386, 387, der dies jedoch ablehnt). 80 Hierzu ausf. Röhl, NJW 2010, 1418; Brosius-Gersdorf, FPR 2007, 334 und Schramm, FPR 2007, 342. 81 Die Stichtagsregelung ist verfassungsgemäß, BSG v. 23.1.2008, NJOZ 2008, 4267.

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Kap. 17 Rz. 45 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit §§ 2c–2f BEEG.82 Ein während der Schwangerschaft erfolgter Wechsel der Steuerklasse ist bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen und nicht rechtsmissbräuchlich,83 allerdings zählt für Eltern seit dem 1.1.2013 geborener Kinder nur die Lohnsteuerklasse, die in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums Bestand hatte (§ 2c Abs. 3 BEEG). Dies ist die Lohnsteuerklasse, die in mehr Monaten gegolten hat, als jede andere Steuerklasse im Bezugszeitraum. Soweit ein mehrmaliger Wechsel stattgefunden hat, muss die zu Grunde zu legende Steuerklasse also nicht mehr als die Hälfte der gesamten Bezugsmonate gegolten haben. Dies gilt auch dann, wenn eine absolute Betrachtungsweise für den Arbeitnehmer vorteilhafter gewesen wäre.84 Die wechselseitige Anrechnung anderer Leistungen (Mutterschaftsgeld, Sozialleitungen) auf das Elterngeld regeln § 3 und § 10 BEEG.

46 Das Elterngeld beträgt auch für nicht erwerbstätige Elternteile mindestens Euro 300,– monatlich

(§ 2 Abs. 4 BEEG). Zugleich werden Berechtigte mit niedrigem Einkommen besser gestellt, indem der prozentuale Anteil bei zu berücksichtigendem Einkommen unter Euro 1.000,– stufenweise erhöht wird, (§ 2 Abs. 2 BEEG).

47 Teilzeitarbeit steht dem Anspruch auf Elterngeld nicht entgegen, solange sie nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt eines Monats beträgt. Das Einkommen der Teilzeitarbeit ist jedoch in die Berechnung des Elterngeldes mit einzubeziehen. Der Anspruchsberechtigte erhält 67 % der Differenz zwischen dem vor und dem nach der Geburt zu berücksichtigenden Einkommen (§ 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG). Als bereinigtes Nettoeinkommen vor der Geburt gilt höchstens ein Betrag von Euro 2.770,– (§ 2 Abs. 3 Satz 2 BEEG).

48 Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das zu berücksichtigende Einkommen um je Euro 300,– für das

zweite und jedes weitere Kind (§ 2a Abs. 4 BEEG). Bei Familien mit mehr als einem Kind erhöht sich das nach den allgemeinen Regeln zustehende Elterngeld um 10 %, mindestens aber Euro 75,– im Monat bei einem Geschwisterkind unter drei Jahren oder bei zwei Geschwisterkindern unter sechs Jahren (§ 2a Abs. 1 BEEG).

49 Basiselterngeld§ 4 BEEG wurde neu gefasst und differenziert zwischen dem Basiselterngeld und dem neu eingeführten Elterngeld Plus. § 4 Abs. 2 BEEG regelt den Begriff und die Bezugsmodalitäten des Basiselterngeldes.

50 Das Basiselterngeld wird in Monatsbeiträgen für die Lebensmonate des Kindes gezahlt (§ 4 Abs. 2

Satz 1 BEEG), und wird nach den §§ 2 und 3 BEEG berechnet. Es stellt damit das frühere Elterngeld dar. Bei Bezug des Basiselterngeldes können die Eltern insgesamt 12 Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen (§ 4 Abs. 2 Satz 4 BEEG). Bei gleichzeitiger Inanspruchnahme des Elterngeldes verkürzt sich der Bezugszeitraum entsprechend.85 In § 4 Abs. 4 BEEG sind statt wie bisher in Abs. 2 die sog. Partnermonate geregelt. Dies sind bis zu zwei zusätzliche Monatsbeträge, wenn beide Elternteile vom Angebot des Elterngeldes Gebrauch machen möchten (§ 4 BEEG, § 4 Abs. 4 Satz 2 BEEG). Hier kann sich daher das Basiselterngeld von 12 auf 14 Monate verlängern.

51 § 4 Abs. 3 BEEG regelt das Elterngeld Plus. Dieses sieht eine Verdoppelung des Zeitraums des Ba-

siselterngelds vor bei Halbierung der Höhe des monatlichen Elterngelds. Das bedeutet, dass sich der Bezugszeitraum von 12 Monaten Basiselterngelt auf 24 Monate Elterngeld Plus verdoppelt. Statt eines Monats, in dem Basiselterngeld bezogen wird, kann die berechtigte Person also jeweils zwei Mo82 Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldbezugs (BGBl. I 2012, 1878); unberücksichtigt bei der Bemessung bleiben dabei ua. Zeiten, in denen Mutterschaftsgeld bezogen wurde, sowie Zeiten des Wehroder Zivildienstes (§ 2b BEEG). 83 BSG v. 25.6.2009 – B 10 EG 3/08 R, NJW 2010, 1485 und B 10 EG 4/08 R, FamRZ 2009, 1749 unter Hinweis darauf, dass im BEEG bewusst keine Regelung zum Steuerklassenwechsel aufgenommen worden sei und eine solche Regelung auch nicht dem Schutzzweck des BEEG widerspreche. 84 BSG v. 28.3.2019 – B 10 EG 8/17 R, NZS 2019, 714. 85 BT-Drucks. 16/1889, S. 23.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 55a Kap. 17

nate lang ein Elterngeld beziehen, das nach den §§ 2 bis 3 und den zusätzlichen Vorgaben der Sätze 2 und 3 ermittelt wird (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG). Auf diese Weise verlängert sich der Auszahlungszeitraum. Die Eltern können zwischen dem Bezug von zwei Monaten Elterngeld Plus oder einem Monat Basiselterngeld wählen. Elterngeld Plus kann nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BEEG auch nach dem 14. Lebensmonat bezogen werden, solange es ab dem 15. Lebensmonat in aufeinander folgenden Lebensmonaten von zumindest einem Elternteil in Anspruch genommen wird. Der Unterschied zwischen dem Elterngeld Plus und einem Bezug des Basiselterngeldes liegt in der Berechnung, die dazu führt, dass unter Elterngeld Plus bei Teilzeitarbeit ein höherer Betrag bezogen werden kann als bei Bezug des Basiselterngeldes. Das Elterngeld Plus fördert damit eine Teilzeittätigkeit der Eltern während der Elternzeit.

52

Nach § 4 Abs. 4 Satz 3 BEEG kann jeder Elternteil vier zusätzliche Monate Elterngeld Plus erhalten, dh bei Bezug von 24 Monaten Elterngeld Plus insgesamt 28 Monate. Voraussetzung ist, dass beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Monaten gleichzeitig zwischen 15 Wochenstunden und 30 Wochenstunden im Durchschnitt im Monat erwerbstätig sind (sog. Partnerschaftsbonus). Damit soll zur partnerschaftlichen Arbeitsteilung beigetragen werden.86 Partnermonate nach § 4 Abs. 4 Satz 1 BEEG können demgegenüber nur während des Bezugs von Basiselterngeld beansprucht werden.

53

Beide Eltern können Basiselterngeld und Elterngeld Plus kombinieren, soweit jeder Elternteil für mindestens zwei aufeinanderfolgende Monate Elterngeld in Anspruch nimmt (§ 4 Abs. 5 Satz 2 BEEG).87

54

Das Elterngeld ist schriftlich zu beantragen und kann rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet werden, in dem der Antrag auf Elterngeld eingegangen ist (§ 7 Abs. 1 BEEG). In dem Antrag ist anzugeben, für welche Monate Elterngeld beantragt wird. Es ist zudem anzugeben, für welche Monate Basiselterngeld oder Elterngeld Plus beantragt wird (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BEEG). Der Antrag ist von beiden Anspruchsberechtigten zu unterzeichnen (§ 7 Abs. 3 BEEG). Auch während des Bezugs von Elterngeld kann durch neuen Antrag von Basiselterngeld auf Elterngeld Plus oder umgekehrt gewechselt werden.88

55

Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie wurde am 20.5.2020 das „Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ vom Bundestag beschlossen.89 Durch die zeitlich befristete Änderung des BEEG soll die finanzielle Stabilität von Familien während und nach der COVID-19-Pandemie abgesichert werden.90

55a

Vielen Elternteilen war und ist es während der Pandemie nicht möglich, die Elternzeitmonate in Anspruch zu nehmen, weil sie in systemrelevanten Berufen tätig sind und ihre Arbeitskraft während der Krise notwendig war. Um die hieraus resultierende zeitliche Verzögerung abzufangen und den betroffenen Elternteilen keinen Nachteil entstehen zu lassen, wurde ein neuer § 27 im BEEG eingefügt, welcher regelt, dass der Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 31.3.2020 bis 31.12.2020 aufgeschoben werden kann, sofern der Elternteil in einem systemrelevanten Beruf tätig ist. Durch diese Regelung kann auch das Basiselterngeld abweichend von § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG nach Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Der verschobene Elterngeldbezug ist bis spätestens 30.6.2021 anzutreten. 86 BT-Drucks. 17/2583, S. 28; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies, § 4 BEEG Rz. 20. 87 Leitfaden „Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Stand 2.6.2020). 88 Leitfaden „Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Stand 2.6.2020). 89 BGBl. I 2020, Nr. 24 v. 28.5.2020, 1061. 90 BT-Drs. 19/18698; BR-Drs. 217/20 (Beschluss).

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Kap. 17 Rz. 55a | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit Auch wenn nur ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf angestellt ist, kann der Partnerschaftsbonus verschoben werden. Aus dem bisherigen § 27 BEEG wurde § 28 BEEG.

55b

Für alle elterngeldberechtigen Arbeitnehmer gilt: Bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes bleiben diejenigen Monate außer Betracht, in denen aufgrund der COVID-19-Pandemie eine Arbeitslosigkeit eingetreten ist oder Kurzarbeitergeld bezogen wurde. Diesbezüglich wurde in § 2b Abs. 1 BEEG ein entsprechender Ausschluss eingefügt.

4. Pflegezeit 56 Das PflegeZG verbessert die rechtliche Situation für Arbeitnehmer bei der Pflege eines nahen Ange-

hörigen durch die Gewährung eines Leistungsverweigerungsrechtes bzw. Freistellungsanspruches sowie Sonderkündigungsschutz. Hierdurch werden die früher allein aus § 616 BGB und individualbzw. tarifvertraglichen Bestimmungen ableitbaren Ansprüche auf Freistellung von der Arbeitspflicht erheblich erweitert. Gesetzgeberische Intention ist es, einerseits den Wünschen der Pflegebedürftigen nach einer möglichst langen Pflegeperiode in vertrauter Umgebung Rechnung zu tragen, andererseits die Pflegeversicherung durch Stärkung der ambulanten Pflege durch Angehörige zu entlasten (vgl. § 1 PflegeZG).

57 Das PflegeZG wurde zum 1.1.2015 durch das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf v. 23.12.2014 reformiert.91

58 § 7 Abs. 3 PflegeZG fasst den Begriff des nahen Angehörigen dabei bewusst weit: nahe Angehörige

iSd. PflegeZG sind sowohl Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Kinder als auch Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer ehe- oder lebenspartnerähnlichen Lebensgemeinschaft, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister eines Ehegatten oder Lebenspartner als auch leibliche, Adoptiv- und Pflegekinder (auch des Ehegatten oder Lebenspartners, nicht jedoch des Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft), Schwieger- und Enkelkinder.92 Pflegebedürftigkeit iSd. § 7 Abs. 4 PflegeZG liegt bei einer Einstufung in die Pflegegrade I-V nach §§ 14, 15 SGB XI vor. Auch zur Berufsbildung Beschäftigte93 sowie arbeitnehmerähnliche Personen94 gelten gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 und 3 PflegeZG als Arbeitnehmer iSd. PflegeZG, so dass nicht nur §§ 2 und 3 PflegeZG für sie Anwendung finden, sondern sie ebenfalls den Kündigungsschutz nach § 5 PflegeZG genießen.

59 Das Gesetz unterscheidet zwischen der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG und

der Pflegezeit nach § 3 PflegeZG. Nach § 2 PflegeZG können Arbeitnehmer unabhängig von der Größe des Unternehmens bei einer akut auftretenden Pflegesituation bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben, dh. die Arbeitsleistung verweigern, wenn dies erforderlich ist, um für einen nahen Angehörigen eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Der akut auftretende Pflegefall setzt eine Plötzlichkeit voraus, dh. der Pflegefall darf weder schon bestanden haben noch absehbar gewesen sein.95 Letzteres ist zB der Fall, wenn schon längere Zeit vor Beendigung eines Krankenhausaufenthaltes feststeht, dass Pflegebedürftigkeit eintreten wird.96 Ein akut auftretender Pflegefall kann auch dann vorkommen, wenn bei häuslicher 91 BGBl. I 2014, 2462. 92 Die Aufzählung im PflegeZG soll nach der Gesetzesbegründung abschließend sein; eine Analogie scheidet damit aus (Liebscher, ArbRAktuell 2011, 189). 93 Der Begriff der Berufsbildung umfasst nicht nur Berufsausbildungsverhältnisse nach § 1 Abs. 3 BBiG, sondern auch andere der Erlernung beruflicher Fertigkeiten dienende Vertragsverhältnisse gem. § 26 BBiG, vgl. Kap. 8 Rz. 1 ff. 94 ErfK/Gallner, § 7 PflegeZG Rz. 1; Preis/Nehring, NZA 2008, 729, 732. 95 BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 348/10, NZA 2012, 323, 325 Rz. 44. 96 Zu dieser Voraussetzung Glatzel, NJW 2009, 1377, 1378.

732 | Lingemann

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 62 Kap. 17

Pflege die Pflegekraft vorübergehend ausfällt. Die vorausgesetzte Erforderlichkeit bezieht sich nicht nur auf das „ob“ der Freistellung, sondern auch auf die jeweilige Dauer.97 Die Pflegezeit nach § 3 PflegeZG kann nur einmal pro Angehörigem in Anspruch genommen werden.98 Neben der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen kann ein Beschäftigter nach neuer Rechtslage vollständig und teilweise für eine begrenzte Zeit (Rz. 62, 66) freigestellt werden, um einen minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung, also außerhäuslich, zu betreuen (§ 3 Abs. 5 Satz 1 PflegeZG). Der Betreuungsbegriff ist dabei weiter gefasst als der Pflegebegriff und umfasst ebenfalls die Begleitung eines minderjährigen Angehörigen während eines langen Krankenhausaufenthalts (vgl. Rz. 90 zur Familienpflegezeit). Eine Minderjährigenbetreuung hat im Wesentlichen die gleichen Rechtsfolgen wie eine Pflegezeit iSv. § 3 Abs. 1 PflegeZG.99 Außerdem kann zur Begleitung eines nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase die vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung erfolgen (§ 3 Abs. 6 PflegeZG).

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Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Arbeitsverhinderung und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber unverzüglich (auch formlos)100 mitzuteilen sowie auf Verlangen eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit und die Erforderlichkeit von Pflegemaßnahmen vorzulegen (§ 2 Abs. 2 PflegeZG).101 Verletzt er diese Pflichten, behält er zwar sein Leistungsverweigerungsrecht, riskiert aber Schadensersatzansprüche bzw. eine Abmahnung; auch der Sonderkündigungsschutz besteht erst ab diesem Zeitpunkt.102 Das zeitlich unbegrenzte Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB tritt neben die Regelung des § 2 PflegeZG; soweit jedoch die Voraussetzungen gem. § 2 PflegeZG vorliegen, besteht für eine Anwendbarkeit des § 275 Abs. 3 BGB regelmäßig kein Bedarf mehr.103

61

Zur Milderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ist es gem. § 9 Abs. 1 PflegeZG104 ab dem 23.5.2020 bis ursprünglich einschließlich 30.9.2020 abweichend von § 2 Abs. 1 PflegeZG möglich, 20 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn die akute Pflegesituation iSd. § 2 Abs. 1 PflegeZG aufgrund der COVID-19-Pandemie auftrat, wobei der Zusammenhang vermutet wird. § 9 PflegeZG wurde erneut mit Verabschiedung des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) eingefügt.105 Die Regelung des § 9 Abs. 1 PflegeZG gilt nun bis – Stand Drucklegung – einschließlich 31.12.2020 und tritt zum 1.1.2021 außer Kraft.

61a

Gem. §§ 3, 4 PflegeZG besteht in Unternehmen mit mehr als fünfzehn Beschäftigten106 für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen ein einmaliger107 Anspruch auf Pflegezeit von bis zu sechs

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97 98 99 100 101 102 103

104 105 106 107

ErfK/Gallner, § 2 PflegeZG Rz. 2. BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 348/10, NZA 2012, 323 Rz. 31. Müller, BB 2014, 3125. Wegen der Möglichkeit der formlosen Mitteilung wurde auf die Aufnahme eines Musterformulars verzichtet. Hinsichtlich des Beweiswertes dieser ärztlichen Bescheinigung dürfte dasselbe gelten wie für den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die einen Anscheinsbeweis begründet (vgl. Preis/ Nehring, NZA 2008, 729, 730; ErfK/Gallner, § 3 PflegeZG Rz. 3). Einzelheiten bei Kap. 15 Rz. 13. Müller, BB 2008, 1058, 1060. Zutreffend Preis/Nehring, NZA 2008, 729, 731 mit dem Hinweis, dass § 275 Abs. 3 BGB einerseits eine Interessenabwägung verlangt, die nicht unbedingt zu Gunsten des Angehörigen eines Pflegebedürftigen ausfallen muss, jedoch andererseits keine Höchstdauer der Verhinderung vorsieht und auch nicht auf Fälle der Pflegebedürftigkeit iSd. § 7 Abs. 4 PflegeZG beschränkt ist, so dass sich an ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 2 PflegeZG ein Weigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB anschließen kann. BGBl. I 2020 v. 19.5.2020, 1018. BGBl. I 2020 v. 28.10.2020, 2219. Ein Vergleich mit der Kleinbetriebsklausel des § 23 KSchG ergibt, dass bei der Ermittlung der Zahl der Beschäftigten auch Auszubildende und arbeitnehmerähnliche Beschäftigte mitzuzählen sind und eine Zählung nach Köpfen erfolgt (vgl. Glatzel, NJW 2009, 1377 sowie Liebscher, ArbRAktuell 2011, 189). BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 348/10, NZA 2012, 323 Rz. 31.

Lingemann | 733

Kap. 17 Rz. 62 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit Monaten, wobei auch die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung eröffnet wird. Bei der Begleitung eines nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase nach § 3 Abs. 6 PflegeZG gilt eine Höchstdauer von 3 Monaten je nahem Angehörigen. Anders als bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG muss die die Pflegezeit beanspruchende Person den nahen Angehörigen selbst pflegen bzw. zukünftig eine ernsthafte Pflegeabsicht für die Zukunft besitzen, und zwar in häuslicher Umgebung, dh. entweder im eigenen Haushalt, dem der pflegebedürftigen Person oder auch im Haushalt eines anderen Privaten.108 Eine Ausnahme besteht für die Pflege von minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Diese können nach § 3 Abs. 5 Satz 1 PflegeZG auch außerhäuslich betreut werden. Des Weiteren enthält auch das Recht auf Sterbebegleitung nach § 3 Abs. 6 PflegeZG keine örtliche Einschränkung.109 Eine Mindestpflegedauer pro Tag sieht das PflegeZG nicht vor, dh. bei vorliegender Pflegebedürftigkeit kann der Pflegebedürftige auch gleichzeitig ambulante Pflegeleistungen in Anspruch nehmen.110 Auch ist die Freistellung von der Arbeitspflicht nicht gestaffelt an die Eingruppierung in einen bestimmten Pflegegrad gebunden; auch wer einen Angehörigen mit Pflegegrad I pflegt, kann vollständig von der Arbeit freigestellt werden, ohne dass es einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf.

63 Die geplante Pflegezeit sowie deren Dauer muss dem Arbeitgeber spätestens zehn Tage im Voraus schriftlich mitgeteilt werden (§ 3 Abs. 3 Satz 1 PflegeZG). Die Ankündigung muss sowohl den Umfang der Freistellung als auch bei nur teilweiser Befreiung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben (M 17.10). Enthält die Ankündigung keine eindeutige Festlegung, ob der Beschäftigte Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen will, und liegen die Voraussetzungen beider Freistellungsansprüche vor, gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit (§ 3 Abs. 3 Satz 3 PflegeZG und § 2a Abs. 1 Satz 3 FPfZG). Bei Versäumung dieser Ankündigungsfrist verschiebt sich der Beginn der Pflegezeit entsprechend nach hinten; wird die erforderliche Form nicht gewahrt, so ist die Pflegezeit nicht wirksam beantragt.111 Die Pflegebedürftigkeit muss zwingend durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des medizinischen Dienstes der Krankenkasse bzw. einer privaten Pflegeversicherung nachgewiesen werden (3 Abs. 2 PflegeZG). Auch wenn der Gesetzgeber für die Vorlage des Nachweises keine Frist vorgesehen hat, so liegt es im eigenen Interesse des Arbeitnehmers, die Pflegebedürftigkeit möglichst frühzeitig nachzuweisen.112

63a Auch die Regelung zur Pflegezeit nach § 3 PflegeZG wurden in Folge der COVID-19-Pandemie an-

gepasst. So war es zunächst befristet bis zum 30.9.2020 möglich, die Mitteilung der geplanten Pflegezeit abweichend von § 3 Abs. 3 Satz 1 PflegeZG in Text- statt in Schriftform zu verfassen, vgl. § 9 Abs. 3 PflegeZG. Auch für die nach § 3 Abs. 4 Satz 1 PflegeZG vorgesehene Schriftform für eine Vereinbarung über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit gilt gem. § 9 Abs. 6 PflegeZG für den genannten Zeitraum die Textform. § 9 PflegeZG wurde erneut mit Verabschiedung des KHZG113 eingefügt. Die Regelung des § 9 Abs. 3 und Abs. 6 PflegeZG gilt nun bis – Stand Drucklegung – einschließlich 31.12.2020 und tritt zum 1.1.2021 außer Kraft.

64 Anders als etwa § 16 Abs. 1 Satz 5 BEEG für die Elternzeit sieht das PflegeZG keine Aufteilung der

Pflegezeit auf zwei Zeitabschnitte vor. Dies spricht dafür, dass die Pflegezeit einheitlich zu nehmen 108 Joussen, NZA 2009, 69, 72; BeckOK ArbR/Joussen, § 3 PflegeZG Rz. 6. 109 Müller, BB 2014, 3125. 110 Die Gesetzesmaterialien zum Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) deuten darauf hin, dass eine eigene Pflegetätigkeit des Beschäftigten von mindestens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, erforderlich sein kann (BT-Drucks. 18/5926, S. 117, 118; ablehnend Müller, BB 2016, 1338, 1339). 111 Müller, BB 2008, 1058, 1061; Liebscher, ArbRAktuell 2011, 189; a.A. wohl Preis/Nehring, NZA 2008, 729, 733. 112 Der Nachweis ist keine Anspruchsvoraussetzung; bei Verletzung dieser Nachweispflicht riskiert der Arbeitnehmer aber ebenso wie bei § 2 Abs. 2 PflegeZG Schadensersatzansprüche oder kündigungsrechtliche Konsequenzen (Müller, BB 2008, 1058, 1063). 113 BGBl. I 2020 v. 28.10.2020, 2219.

734 | Lingemann

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 67 Kap. 17

ist, es besteht lediglich die Möglichkeit einer Verlängerung bis zur Höchstdauer nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG.114 Möglich ist auch, dass mehrere Angehörige nacheinander dieselbe Person pflegen. Für die gleichzeitige Pflege einer Person durch verschiedene Angehörige trifft das PflegeZG keine Regelung. Nach der geltenden Rechtslage dürfte wohl auch diese Konstellation vom PflegeZG erfasst sein.115 Auch vor dem Hintergrund, dass die durchschnittliche Pflegedauer mindestens drei Jahre beträgt, erscheint dies gesetzgeberisch gewollt.116

65

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer an den von ihm angekündigten Pflegezeitraum gebunden. Eine spätere Verlängerung bis zur Höchstdauer von sechs Monaten ist zulässig bei Zustimmung des Arbeitgebers oder wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus wichtigem Grund nicht erfolgen kann (§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 PflegeZG). Pflegezeit und Familienpflegezeit nach § 2 Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) dürfen gemeinsam die Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahen Angehörigen nicht überschreiten (§4 Abs. 1 Satz 4 PflegeZG). Beansprucht der Arbeitnehmer nach der Pflegezeit Familienpflegezeit oder eine Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG zur Pflege bzw. Betreuung desselben pflegebedürftigen Angehörigen, muss sich die Familienpflegezeit oder die Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG unmittelbar an die Pflegezeit anschließen. Dann muss der Arbeitnehmer spätestens drei Monate vor Beginn der Familienpflegezeit ankündigen, ob er im Anschluss Familienpflegezeit oder eine Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG in Anspruch nimmt (§ 3 Abs. 3 Satz 5 PflegeZG). Die Pflegezeit endet ausnahmsweise gem. § 4 Abs. 2 PflegeZG vorzeitig, wenn der Angehörige nicht mehr pflegebedürftig ist oder der Pflegeperson die Pflege unmöglich oder unzumutbar ist, worüber der Arbeitgeber unverzüglich zu unterrichten ist. Im Übrigen kann die Pflegezeit vorzeitig nur mit Zustimmung des Arbeitgebers beendet werden.

66

Der unmittelbare Anschluss der Familienpflegezeit oder der Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG ist gem. § 9 Abs. 4 PflegeZG und gem. § 16 Abs. 3 FPfZG aufgrund von COVID-19 nicht mehr notwendig, wenn der Arbeitgeber zustimmt, die Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahmen Angehörigen nach § 4 Abs. 1 Satz 4 PflegeZG bzw. § 2 Abs. 2 FPfZG nicht überschritten wird und die Familienpflegezeit oder die Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG zunächst spätestens mit Ablauf des 30.9.2020 endet. Dies gilt auch anders herum für den Fall, dass zunächst Familienpflegezeit genommen wurde und im zweiten Schritt die Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 5 PflegeZG genommen wird. Die Ankündigung muss jeweils spätestens zehn Tage vor Beginn der jeweiligen Pflegezeit erfolgen (§ 9 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG). Der ursprünglich nur bis zum 30.9.2020 geltende § 9 PflegeZG wurde erneut mit Verabschiedung des KHZG117 eingefügt. Die Regelung des § 9 Abs. 4 PflegeZG gilt nun – Stand Drucklegung – für Familienpflegezeiten oder Freistellungen, die spätestens mit Ablauf des 31.12.2020 enden. Die Regelung tritt – Stand Drucklegung – zum 1.1.2021 außer Kraft.

66a

Will der pflegende Angehörige während der Pflegezeit nur Teilzeit arbeiten, so muss er dies mit dem Arbeitgeber schriftlich vereinbaren (§ 3 Abs. 4 PflegeZG). Ähnlich wie bei § 8 Abs. 3 TzBfG hat eine Verhandlungslösung Vorrang; eine Fiktionswirkung wie § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG kennt das PflegeZG nicht. Es besteht keine Obliegenheit des Arbeitgebers, die gewünschte Reduzierung sowie

67

114 In diesem Sinne auch Preis/Nehring, NZA 2008, 729, 734 sowie Glatzel, NJW 2009, 1377, 1379 und Müller, BB 2018, 249, 250; anders Joussen, NZA 2009, 69, 72, der eine Aufteilungsmöglichkeit in den Grenzen der Zumutbarkeit für den Arbeitgeber gewähren will; offengelassen von BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 348/10, NZA 2012, 323 Rz. 31; gegen eine Aufteilung der Pflegezeit in mehrere getrennte Abschnitte LAG Baden-Württemberg v. 31.3.2010 – 20 Sa 87/09, BB 2010, 1541 unter Gründen II. 2. 115 Müller, BB 2008, 1058, 1061; ebenso Preis/Nehring, NZA 2008, 729, 734 mit dem zutreffenden Hinweis darauf, dass dies zwar Missbrauchsmöglichkeiten im Hinblick auf die Erlangung des umfangreichen Kündigungsschutzes gem. § 5 PflegeZG eröffnet, jedoch § 3 PflegeZG anders als § 2 PflegeZG eine Erforderlichkeit der Pflege gerade nicht verlangt. 116 Glatzel, NJW 2009, 1377, 1378. 117 BGBl. I 2020 v. 28.10.2020, 2219.

Lingemann | 735

Kap. 17 Rz. 67 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit Verteilung der Arbeitszeit innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich abzulehnen.118 Der Arbeitgeber hat dem Teilzeitwunsch des Beschäftigten zu entsprechen, sofern er nicht der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit entgegenstehende dringende betriebliche Gründe darlegt. Da das PflegeZG selbst die dringenden betrieblichen Gründe nicht definiert, kann auf die zu § 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden, zumal sich nur der Rechtsgrund für den Teilzeitanspruch unterscheidet.119 Allerdings sieht das PflegeZG auch keine Möglichkeit des Arbeitgebers vor, bei überwiegenden betrieblichen Gründen die einmal vorgenommene Verteilung wieder nachträglich zu ändern. Kommt eine Einigung nicht zustande, so hat der Arbeitnehmer ein einklagbares Recht auf die Teilzeitbeschäftigung, wenn seinem Wunsch keine vom Arbeitgeber darzulegenden dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Ggf. kann er dieses Recht auch im Wege einer einstweiligen Verfügung nach § 940 ZPO durchsetzen, wenn er auf die Teilzeitbeschäftigung dringend angewiesen ist.120 Ob mit der erforderlichen Schriftlichkeit in § 3 Abs. 4 PflegeZG wirklich auf das Schriftformerfordernis des § 126 BGB und die Nichtigkeitsfolge des § 125 BGB Bezug genommen werden sollte oder ob ggf. auch die Textform des § 126b BGB ausreicht, ist fraglich.121 Im Zweifelsfall sollte ein entsprechendes Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers stets schriftlich angebracht werden. Anders als beim Teilzeitanspruch nach dem TzBfG setzt der Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit nach dem PflegeZG weder einen § 8 Abs. 1 TzBfG vergleichbaren rechtlichen Mindestbestand des Arbeitsverhältnisses noch eine dem § 8 Abs. 2 TzBfG entsprechende gesonderte Frist für die Geltendmachung voraus. Er besteht daher unter erleichterten Voraussetzungen.

68 Der Anspruch auf unbezahlte Freistellung im Umfang von zehn Tagen bei Erkrankung eines Kin-

des nach § 45 Abs. 3 bzw. 5 SGB V, den der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber unabhängig vom Anspruch auf Krankengeld – ein solcher besteht nur bei gesetzlich Krankenversicherten – hat, tritt alternativ neben die Freistellung nach dem PflegeZG. Es gilt hierfür aber die engere Voraussetzung, dass das Kind im Haushalt des Versicherten leben muss und keine andere in diesem Haushalt lebende Person das Kind pflegen kann.

69 Einen Entgeltschutz sieht das PflegeZG nicht vor, dh. es besteht während der Kurz- oder Langzeit-

pflege kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, sofern sich ein solcher Anspruch nicht aus anderen gesetzlichen Vorschriften (insb.§ 616 BGB und § 19 Abs. 1 Nr. 2b BBiG) oder einer Vereinbarung ergibt (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 PflegeZG). Allerdings kann nach neuer Rechtslage für die Zeit der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung ein Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung beantragt werden (§ 2 Abs. 3 Satz 2 PflegeZG iVm. § 44a Absatz 3 SGB XI). Das Pflegeunterstützungsgeld wird für eine pflegebedürftige Person nur einmal für bis zu 10 Arbeitstage gezahlt. Es wird nur auf Antrag des Arbeitnehmers gewährt. Der Antrag ist unverzüglich bei der Pflegekasse oder dem Versicherungsunternehmen des nahen Angehörigen zu stellen (§ 44a Abs. 3 Satz 3 SGB XI). Ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gegen den Arbeitgeber schließt das Pflegeunterstützungsgeld aus.122

69a Im Zuge der Änderungen des PflegeZG aufgrund der COVID-19-Pandemie bestand zunächst bis

einschließlich 30.9.2020 gem. § 150 Abs. 5d SGB XI iVm. § 9 Abs. 2 PflegeZG abweichend von § 44a Abs. 3 Satz 1 SGB XI ein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für die Dauer von 20 Arbeitstagen,

118 Als M 17.11 ist ein Muster für eine Ablehnung vorgesehen, rechtlich bedarf es einer solchen ausdrücklichen Ablehnung jedoch nicht. Da die Vereinbarung spätestens bei Beginn der Pflegezeit vorliegen muss, bleibt dem Arbeitnehmer im Zweifel nur die Möglichkeit, seinen Teilzeitwunsch mittels einer einstweiligen Verfügung (s. M 17.12) durchzusetzen. 119 Der Arbeitgeber muss daher zunächst alle Möglichkeiten einer betrieblichen Umorganisation prüfen, Joussen, NZA 2009, 69, 73; NK-ArbR/Müller § 3 PflegeZG Rz. 37 und oben Rz. 23. 120 Vgl. M 17.9. 121 Offengelassen von Preis/Nehring, NZA 2008, 729, 735; gegen das konstitutive Schriftformerfordernis im Hinblick auf die Gesetzesbegründung LAG München v. 20.4.2016 – 11 Sa 698/15, BeckRS 2016, 124696 unter II 2 b) der Entscheidungsgründe und Joussen, NZA 2009, 69, 73; für das konstitutive Schriftformerfordernis wohl Müller, BB 2018, 249, 251f. 122 Stüben/v.Schwanenflügel, NJW 2015, 577, 578.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 74 Kap. 17

sofern glaubhaft dargelegt werden kann, dass die Pflege oder Organisation der Pflege aufgrund der COVID-19-Pandemie notwendig wurde, kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht und die häusliche Pflege nicht anderweitig sichergestellt werden kann. § 9 PflegeZG wurde erneut mit Verabschiedung des KHZG123 eingefügt. Die Regelung des § 9 Abs. 2 PflegeZG gilt nun bis – Stand Drucklegung – einschließlich 31.12.2020 und tritt zum 1.1.2021 außer Kraft. § 616 BGB gewährt Entgeltfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist.124 Die Pflege naher Angehöriger ist als ein solcher Verhinderungsgrund anerkannt.125 Bei längerer Verhinderung entfällt der Vergütungsanspruch ganz, da die verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit auch Tatbestandsvoraussetzung ist.126 Da die Pflegezeit nach § 3 PflegeZG über eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit – in der Regel bis zu einer Woche127 – hinausgeht, hat § 616 BGB nur Relevanz für die kurzfristige Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG. Bislang galt ein Zeitraum bis zu fünf Tagen als Grenze, sofern es sich nicht um die Pflege eines kranken Kindes handelte.

70

Praxistipp: Um entsprechenden Unsicherheiten vorzubeugen, kann es für Arbeitgeber sinnvoll sein (§ 616 BGB) individual- oder tarifvertraglich zulässigerweise abzubedingen durch Festlegung des maximalen Zeitraums der bezahlten Arbeitsfreistellung.128

71

Nach neuer Rechtslage können Beschäftige in Pflegezeit zur Finanzierung der unbezahlten Freistellung ein zinsloses Darlehen in Anspruch nehmen (§ 3 Abs. 7 PflegeZG). Für die Voraussetzungen und Modalitäten der Förderung verweist das PflegeZG auf die §§ 3 bis 10 FPfZG (Rz. 87 f.).

72

Nach alter Rechtslage war im PflegeZG eine Kürzung des Urlaubsanspruches für die Dauer der Freistellung während der Pflegezeit anders als § 17 Abs. 1 BEEG nicht vorgesehen. Nach der Neufassung kann der Arbeitgeber gem. § 4 Abs. 4 PflegeZG den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung um ein Zwölftel kürzen. Es fehlt aber weiterhin an einer § 17 Abs. 2 und 3 BEEG entsprechenden Möglichkeit zur Übertragung bzw. Abgeltung des nach einer Kürzung gem. § 4 Abs. 4 PflegeZG verbliebenen Resturlaubs, der infolge der Pflegezeit nicht genommen werden konnte.

73

Ein besonderer Kündigungsschutz besteht nach § 5 PflegeZG für die sich in kurzfristiger Arbeitsverhinderung oder Pflegezeit befindlichen Arbeitnehmer und sogar für arbeitnehmerähnliche Personen, die nach der Systematik des deutschen Arbeitsrechts sonst keinen Kündigungsschutz genießen.129 Dieser Sonderkündigungsschutz gilt nach dem Gesetzeswortlaut ab Ankündigung der kurzfristigen Arbeitsverhinderung oder Inanspruchnahme der Pflegezeit, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn. Voraussetzung ist, dass ein naher Angehöriger pflegebedürftig iSd. PflegeZG ist. Eine Wartezeit im Sinne einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses kennt § 5 PflegeZG nicht, so dass der Sonderkündigungsschutz schon während der Probezeit greift. Ausnahmsweise kann die für Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde die Kündigung für zulässig erklären (§ 5 Abs. 2 PflegeZG). Weiterhin kann im Einzelfall die Berufung auf den Sonderkündigungsschutz durch den Arbeitnehmer rechtsmissbräuchlich und damit nach § 242 BGB ausgeschlossen sein.130

74

123 124 125 126 127 128

BGBl. I 2020 v. 28.10.2020, 2219. PWW/Lingemann, § 616 BGB Rz. 1 ff. ErfK/Preis, § 616 BGB Rz. 8. ErfK/Preis § 616 BGB Rz. 10. Linck, BB 2008, 2738, 2741; PWW/Lingemann, § 616 BGB Rz. 1. Ob ein solcher Ausschluss auch im Formularvertrag zulässig ist, ist noch nicht abschließend geklärt, dafür Kleinebrink, DB 2020, 952. 129 Hierzu ausf. Rose/Dörstling, DB 2008, 2137; ErfK/Gallner, § 5 PflegeZG Rz. 1. 130 Der Arbeitgeber muss dazu aber entsprechende objektive Anhaltspunkte darlegen und beweisen können (LAG Thüringen v. 2.10.2014 – 6 Sa 345/13, BeckRS 2015, 65421). Eine zeitliche Nähe zwischen in Aussicht gestellter Kündigung und Ankündigung der Pflegezeit indiziert nicht per se einen Rechtsmissbrauch (LAG Hamm v. 28.12.2016 – 6 SaGa 17/16, NZA-RR 2017, 176).

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Kap. 17 Rz. 75 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit

75 Zudem stellt die Vertretung eines Arbeitnehmers während dessen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung

oder Freistellung nach § 3 PflegeZG einen speziellen Sachgrund für eine Befristung gem. § 6 PflegeZG dar.131 Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Verlängerung der Vertretungsbefristung für Zwecke der Einarbeitung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 PflegeZG). Im Fall der vorzeitigen Beendigung der Freistellung hat der Arbeitgeber ein Sonderkündigungsrecht gegenüber der Vertretungskraft (§ 6 Abs. 3 PflegeZG).

76 Der pflegende Angehörige ist Pflegeperson iSd. § 19 SGB XI. Sozialversicherungsrechtlich bestehen

Besonderheiten, da die Pflegeperson während der Pflegezeit kein Entgelt erhält und auch eine Beschäftigung nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 SGB IV als fortbestehend fingiert wird. In der Krankenund Pflegeversicherung muss sich der Arbeitnehmer daher freiwillig versichern, wobei § 44a SGB XI Beitragszuschüsse regelt, deren Höhe den Mindestbeiträgen freiwillig gesetzlich Kranken- und Pflegversicherter entspricht. Versicherungspflicht besteht in der Arbeitslosenversicherung nach § 26 Abs. 2b SGB III. Rentenversicherungspflichtig ist nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI, wer einen Pflegebedürftigen mindestens 14 Stunden in der Woche in häuslicher Umgebung pflegt. In diesem Fall werden die Beiträge zur Rentenversicherung von den Pflegekassen gem. § 44 SGB XI übernommen. Wenn die pflegende Person neben der Pflege noch regelmäßig mehr als 30 Wochenstunden erwerbstätig ist, richtet sich die Versicherungspflicht nach den allgemeinen Vorschriften (§ 3 Satz 3 SGB VI. Unfallversicherungsschutz besteht nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII.

5. Familienpflegezeit 77 Zum 1.1.2012 ist das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) in Kraft getreten. Es soll flexible Arbeitszeit-

modelle fördern, die eine gleichzeitige Ausübung von Erwerbstätigkeit und Pflege ermöglichen, um die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern (§ 1 FPfZG) und dadurch pflegebedingte Erwerbsunterbrechungen vermeiden. Allerdings wurde das FPfZG in seinen ersten Jahren kaum in Anspruch genommen. Daher hat der Gesetzgeber die Familienpflegezeit durch das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf v. 23.12.2014132 umfassend geändert.133 Das alte FPfZG findet weiterhin auf alle Fälle Anwendung, in denen die Voraussetzungen für die Gewährung eines Darlehens nach § 3 Abs. 1 iVm. § 12 Abs. 1 Satz 1 FPfZG bis einschließlich zum 31.12.2014 vorlagen (§ 15 FPfZG). Gleichwohl können auch diese Arbeitnehmer ihre neuen Rechte nach dem neuen FPfZG geltend machen.

78 Angesichts der demografischen Entwicklung und der stetig wachsenden Zahl pflegebedürftiger Men-

schen ist ein erheblicher Bedarf nach Vereinbarkeit von Beruf und häuslicher Pflege entstanden.134 Zu diesem Zweck erweitert das FPfZG die bereits in §§ 2, 3 und 4 PflegeZG (Rz. 56 ff.) vorgesehenen Möglichkeiten, die arbeitsvertraglichen Pflichten im Zusammenhang mit einem Pflegefall unter nahen Angehörigen der Pflegesituation anzupassen.135 Während nach dem PflegeZG nur eine maximal sechsmonatige Pflegezeit für Akutphasen in Anspruch genommen werden kann, räumt das FPfZG den Beschäftigten die Möglichkeit ein, für maximal zwei Jahre ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Nach neuer Rechtslage hat der Beschäftigte gem. § 2 Abs. 1 FPfZG zudem einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit in Teilzeit. So können die Beschäftigten dem häuslichen Pflegebedarf angemessen Rechnung tragen und zugleich im Beruf bleiben – zur Absicherung des Lebensunterhalts gibt es während der Pflegezeit einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen (§ 3 FPfZG). Das Darlehen wird auf Antrag vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BFzA) in monatlichen Raten gewährt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 FPfZG). Die Aufstockung des Gehaltes über eine Wertguthabenver131 Diese Bestimmung orientiert sich an § 21 BEEG, vgl. Rz. 39; daher sind die zu § 21 BEEG entwickelten Grundsätze übertragbar (Müller, BB 2008, 1058, 1064). 132 BGBl. I 2014, 2462. 133 BeckOK/Joussen, § 1 FPfZG Rz. 3a; Stüben/v.Schwanenflügel, NJW 2015, 577, 578. 134 S. Sandmaier, schnellbrief Arbeitsrecht 6/2012, 5. 135 S. Sandmaier, schnellbrief Arbeitsrecht 6/2012, 5.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | Rz. 82 Kap. 17

einbarung mit dem Arbeitgeber und der Abschluss einer Familienpflegeversicherung sind nach der neuen Rechtslage nicht mehr vorgesehen. Trotzdem bleibt es möglich, das Arbeitsentgelt durch eine Wertguthabenvereinbarung aufzustocken.136 Familienpflegezeit und Pflegezeit dürfen zusammen 24 Monate je pflegebedürftigem Angehörigen nicht überschreiten (§ 2 Abs. 2 FPfZG und § 4 Abs. 1 Satz 4 PflegeZG). Beide Zeiten schließen sich nicht aus, sondern können miteinander verbunden werden. Unterschiede bestehen aber in den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen.137

79

Im Einzelnen gilt Folgendes: Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Familienpflegezeit ist eine entsprechende schriftliche Mitteilung des Arbeitnehmers, der einen nahen Angehörigen pflegen möchte, an den Arbeitgeber, die 8 Wochen vor dem gewünschten Beginn erfolgen muss. In dieser schriftlichen Ankündigung ist anzugeben, in welchem Zeitraum und in welchem Umfang innerhalb der Gesamtdauer von 24 Monaten die Freistellung von der Arbeitszeit in Anspruch genommen werden soll (§ 2a Abs. 1 Satz 1 FPfZG). Dabei ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben (§ 2a Abs. 1 Satz 2 FPfZG). Über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung zu treffen (§ 2a Abs. 2 Satz 1 FPfZG).138 Dabei muss der Arbeitgeber, soweit keine dringenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen, den Wünschen des Arbeitnehmers entsprechen (§ 2a Abs. 2 Satz 2 FPfZG, M 17.15). Einigen sich die Parteien nicht über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit, muss der Beschäftigte sein Recht auf Familienpflegezeit mit einer Leistungsklage geltend machen. Ggf. kann er dieses Recht auch im Wege einer einstweiligen Verfügung nach § 940 ZPO durchsetzen (M 17.16).139 Voraussetzung hierfür ist ein Verfügungsgrund. Der Arbeitnehmer muss glaubhaft machen, dass er auf die Familienpflegezeit dringend angewiesen ist, um die Pflege des Angehörigen zu gewährleisten.140

80

Die Ankündigung der Familienpflegezeit muss schriftlich iSv. § 126 BGB erfolgen.141 Ein Fax oder eine E-Mail reicht nicht aus.

81

Dieses Formerfordernis wurde im Rahmen der gesetzlichen Neuerungen aufgrund der COVID-19Pandemie ebenfalls gelockert. Nach § 16 Abs. 2 FPfZG kann die Ankündigung der Familienpflegzeit, welche spätestens am 1.9.2020 beginnt, auch in Textform erfolgen. Die Ankündigung hat in diesem Zeitraum auch lediglich zehn Arbeitstage, statt acht Wochen vor dem gewünschten Beginn zu erfolgen. Allerdings trat auch diese coronabedingte Gesetzesänderung zunächst mit dem 30.9.2020 wieder außer Kraft. Auch die Regelung des § 16 Abs. 2 FPfZG wurde mit dem KHZG142 erneut eingefügt und tritt nun – Stand Drucklegung – zum 31.12.2020 außer Kraft. Danach muss die Familienpflegezeit bis spätestens 1.12.2020 beginnen.

81a

Der Anspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 FPfZG besteht nur gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel mehr als 25 Beschäftigten ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 2 Abs. 1 Satz 4 FPfZG). Bezüglich der Begriffe Arbeitgeber, Beschäftigter, naher Angehöriger und pflegebedürftig verweist § 2 Abs. 3 FPfZG auf § 7 PflegeZG (vgl. Rz. 58). Ob Teilzeitbeschäftigte von vornherein aus dem Anwendungsbereich fallen, ist noch offen.143

82

136 Stüben/v.Schwanenflügel, NJW 2015, 577, 579. 137 Müller, BB 2014, 3125. 138 Zur Frage, ob die Schriftform konstitutiv ist, s. Rz. 67, die Überlegungen zu § 3 Abs. 4 PflegeZG sind übertragbar. 139 Sasse, DB 2015, 310; Müller, BB 2014, 3125. 140 Vgl. Müller, BB 2014, 3125. 141 Müller, BB 2014. 3125. 142 BGBl. I 2020 v. 28.10.2020, 2218. 143 BeckOK/Joussen, § 2 FPfZG Rz. 8.

Lingemann | 739

Kap. 17 Rz. 83 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit

83 Inhaltlich kann sich die Familienpflegezeit gem. § 2 Abs. 1 FPfZG auf eine Dauer von längstens

24 Monaten erstrecken.144 Die verringerte Arbeitszeit muss wöchentlich mindestens 15 Stunden betragen; bei unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten oder einer unterschiedlichen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit darf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Zeitraum von bis zu einem Jahr 15 Stunden nicht unterschreiten (§ 2 Abs. 1 FPfZG).145 Dies ermöglicht eine Familienzeit im „Blockmodell“.

83a Auch hier hatte das FPfZG eine Lockerung durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Folgen der COVID-19-Pandemie erfahren. Nach § 16 Abs. 1 FPfZG durfte abweichend von § 2 Abs. 1 FPfZG zunächst bis zum 30.9.2020 eine Unterschreitung der 15 Wochenstunden längstens für die Dauer von einem Monat erfolgen. § 16 Abs. 1 FPfZG wurde mit dem KHZG146 erneut eingefügt und tritt – Stand Drucklegung – zum 31.12.2020 außer Kraft.

84 Die Familienpflegezeit kann nur vorzeitig beendet werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt (§ 2a

Abs. 5 Satz 3 FPfZG). Eine Ausnahme gilt, wenn die oder der Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege des Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist. In diesem Fall endet die Familienpflegezeit vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände (§ 2a Abs. 5 Satz 1 FPfZG). Der Arbeitgeber ist darüber unverzüglich zu unterrichten (§ 2a Abs. 5 Satz 2 FPfZG). Einer gesonderten Zustimmung des Arbeitgebers zur vorzeitigen Beendigung der Familienpflegezeit bedarf es in diesem Fall nicht.

85 Eine Verlängerung der Familienpflegezeit bis zur Höchstgrenze von 24 Monaten ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich (§ 2a Abs. 3 Satz 1 FPfZG). Sie kann jedoch verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person der oder des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann (§ 2a Abs. 3 Satz 2 FPfZG).

86 Der Arbeitnehmer hat die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen durch eine Bescheinigung der Pflege-

kasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse nachzuweisen (§ 2a Abs. 4 Satz 1 FPfZG). Angaben zum Umfang und der voraussichtlichen Dauer der Pflegebedürftigkeit sind nicht zu machen.147 Bei in der privaten Pflege-Pflichtversicherung versicherten Pflegebedürftigen ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen. Der Anspruch auf Familienpflegezeit besteht zwar unabhängig von dem Nachweis der Pflegebedürftigkeit.148 Der Arbeitnehmer riskiert jedoch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers nach § 280 Abs. 1 BGB, sollte er den Nachweis nicht erbringen. Des Weiteren kann nach vorangegangener Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden.149

87 Für die Dauer der pflegebedingten Freistellung nach § 2 FPfZG kann von der BFzA zur Finanzierung

ein zinsloses Darlehen in Anspruch genommen werden.150 Die monatlichen Darlehensraten werden in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den pauschalierten monatlichen Nettoentgelten vor und während der Freistellung gewährt (§ 3 Abs. 2 FPfZG). Das pauschalierte monatliche Nettoentgelt

144 Die Berechnung erfolgt taggenau und nicht nach Kalendermonaten (BeckOK/Joussen, § 2 FPfZG Rz. 3). 145 Nach dem Wortlaut problematisch ist der Fall, wenn sich die Familienpflegezeit unmittelbar an eine Pflegezeit mit teilweiser Freistellung anschließt. In diesem Fall liegt schon keine Verringerung im Verhältnis zu der bereits vorher reduzierten Arbeitszeit vor. Ebenso verringert sich das Entgelt nicht unmittelbar. Allerdings zielt das FPfZG auf eine Verringerung hinsichtlich der ursprünglich arbeitsvertraglich geregelten Arbeitszeit, so dass das Wort „Verringerung“ nur in Bezug auf die ursprüngliche Arbeitszeit von Bedeutung sein dürfte (MünchArbR/Moll, § 28 Rz. 57). Weiterhin wird vorgeschlagen, in Ausnahmefällen das Gesetz dahin auszulegen, dass auf die letzten 12 Monate vor der Inanspruchnahme der Familienpflegezeit und eventuell vorangehender Pflegezeit abzustellen ist (Sasse, DB 2011, 2660). 146 BGBl. I 2020 v. 28.10.2020, 2218. 147 Müller, BB 2014, 3125. 148 Müller, BB 2014, 3125; zu § 3 PflegeZG ErfK/Gallner, § 3 PflegeZG Rz. 3. 149 Müller, BB 2014, 3125; zu § 3 PflegeZG ErfK/Gallner, § 3 PflegeZG Rz. 3. 150 Die notwendigen Bestandteile des Antrags auf das zinslose Darlehen bei der BFzA sind in § 8 Abs. 3 FPfZG genannt.

740 | Lingemann

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.1 Kap. 17

wird nach § 3 Abs. 3 FPfZG bestimmt und richtet sich nach dem jeweils maßgeblichen Entgelt der im jeweiligen Kalenderjahr geltenden Verordnung über die pauschalierten Nettoentgelte für das Kurzarbeitergeld.151 Zum Schutz vor zu hohen Rückzahlungsforderungen soll die höchstmögliche Darlehensrate in der Pflegezeit den Betrag nicht übersteigen, der sich ergäbe, wenn die oder der Beschäftigte Familienpflegezeit mit der Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden beanspruchen würde (§ 3 Abs. 4 FPfZG).152 Im Anschluss an die Freistellung nach § 3 Abs. 1 FPfZG ist die Darlehnsnehmerin oder der Darlehensnehmer verpflichtet, das Darlehen innerhalb von 48 Monaten nach Beginn der Freistellung zurückzuzahlen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 FPfZG). Die Rückzahlung beginnt in dem Monat, der auf das Ende der Förderung der Freistellung nach § 3 Absatz 1 folgt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FPfZG).

88

Das FPfZG nimmt in § 2 Abs. 3 FPfZG Bezug auf den Sonderkündigungsschutz in § 5 PflegeZG. In einzelnen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden (§ 5 Abs. 2 PflegeZG, M 17.17).153 Die Zulässigkeitserklärung wird durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle erteilt (§ 2 Abs. 3 FPfZG i.V.m. § 5 PflegeZG). Ferner gelten die im Pflegezeitgesetz getroffenen Regelungen zu den aus Vertretungsgründen geschlossenen befristeten Verträgen entsprechend für die Familienpflegezeit (§ 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 6 PflegeZG). Zur Vertretung eines Arbeitnehmers während der Familienpflegezeit kann zulässigerweise ein befristetes Arbeitsverhältnis geschlossen werden. Dieses ist unter Einhaltung einer zweiwöchigen Frist kündbar, wenn die Pflegezeit vorzeitig endet.154

89

Wahlweise können Beschäftigte statt des Anspruchs auf Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 FPfZG einen Anspruch auf teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung zur Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung geltend machen (§ 2 Abs. 5 Satz 1 FPfZG, zum Begriff der Minderjährigenbetreuung vgl. Rz. 60). Die Inanspruchnahme dieser Freistellung ist jederzeit im Wechsel mit der Freistellung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 FPfZG im Rahmen der 24-monatigen Gesamtdauer möglich (§ 2 Abs. 5 Satz 2 FPfZG).

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151 Im Internet hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen (Familien-) Pflegezeitrechner zur Verfügung gestellt: www.wege-zur-pflege.de/familienpflegezeit/rechner.html. 152 Stüben/v. Schwanenflügel, NJW 2015, 577, 579. 153 In welchen Fällen dies möglich ist, ist bislang nicht geklärt. Das Gesetz spricht nur vom Vorliegen eines „besonderen Falles“. Hiervon ist wohl auszugehen bei einer Betriebsstilllegung oder bei besonders schweren Pflichtverstößen des Arbeitnehmers (BeckOK/Joussen, § 5 PflegeZG Rz. 7 f.). 154 Barkow von Creytz, DStR 2012, 191, 192.

II. Muster M 17.1 Mitteilung der Schwangerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 MuSchG An die Firma […] Sehr geehrte Damen und Herren, wie mir mein Arzt am […] mitteilte, bin ich im […] Monat schwanger. Tag der Entbindung wird voraussichtlich der […] sein. Ein ärztliches Zeugnis füge ich bei. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift

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Kap. 17 M 17.2 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit M 17.2 Informationsschreiben des Arbeitgebers an die schwangere

Mitarbeiterin

An Frau […] Sehr geehrte Frau […], vielen Dank für Ihre Mitteilung vom […] Wir wünschen Ihnen und Ihrem Baby für die noch vor Ihnen liegende Zeit der Schwangerschaft alles Gute. Wir freuen uns, wenn Sie uns nach der Geburt möglichst bald unterrichten. Um Ihnen und Ihrem Baby den größtmöglichen Schutz vor Gesundheitsgefährdungen während der nächsten Zeit zu bieten, lassen Sie uns gern baldmöglichst einen Gesprächstermin vereinbaren. Dort können wir gemeinsam überlegen, wie wir Ihre Arbeitsbedingungen über die schon bestehenden Schutzmaßnahmen hinaus optimal an Ihre Schwangerschaft anpassen können.1 Sie haben Anspruch auf Arbeitsbefreiung für die Dauer von sechs Wochen vor dem von Ihrem Arzt errechneten Geburtstermin. Nach der Geburt besteht eine weitere Schutzfrist von acht Wochen, die sich bei Frühund Mehrlingsgeburten oder wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX festgestellt wird auf zwölf Wochen erhöht.2 Während dieser Zeit erhalten Sie weiterhin Ihre Bezüge, können sich jedoch voll um Ihr Baby kümmern. Bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres Ihres Kindes können Sie und/oder der Vater des Kindes Elternzeit in Anspruch nehmen. Bitte teilen Sie uns sieben Wochen vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Elternzeit schriftlich mit, wie lange Sie und/oder der Vater Elternzeit nehmen möchten. Sie und der Vater des Kindes können Ihre Elternzeit jeweils in bis zu drei Zeitabschnitte aufteilen. Sofern Sie wünschen, können Sie einen Anteil der Elternzeit von 24 Monaten auch zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes nehmen. Teilen Sie uns einen entsprechenden Wunsch bitte spätestens 13 Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich mit. Soweit es sich bei diesem Abschnitt der Elternzeit um den dritten Zeitabschnitt Ihrer Elternzeit handelt, besteht jedoch die Möglichkeit, dass wir den Antrag ablehnen müssen, wenn zu diesem Zeitpunkt dringende betriebliche Gründe einer Elternzeit entgegenstehen.3 Sie können während der Elternzeit bis zu 30 Wochenstunden entgeltlich arbeiten. Bitte teilen Sie mit, ob Sie an einer entsprechenden Tätigkeit in unserem Hause interessiert sind. Sofern Sie während der Elternzeit nicht bei uns im Hause tätig werden möchten, würden wir eine Vertretung einstellen. Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie uns innerhalb von drei Wochen nach der Geburt wissen lassen, ob Sie nach der Inanspruchnahme der Elternzeit das Arbeitsverhältnis fortsetzen möchten. Wir würden dies bei der Einstellung der Ersatzkraft dann selbstverständlich berücksichtigen. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 1 Das Erfordernis von Schutzmaßnahmen und des Gespräches ergibt sich aus § 10 Abs. 2 MuSchG. 2 Schutzfristen ergeben sich aus § 3 MuSchG; vgl. Rz. 1. 3 Dies ergibt sich aus §§ 15, 16 BEEG; vgl. Rz. 17 f.

M 17.3 Antrag auf Ausnahmebewilligung vom Nachtarbeitsverbot An die zuständige Aufsichtsbehörde1 […]

1 Die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt sich nach § 29 MuSchG.

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.4 Kap. 17 Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit beantragen2 wir für unsere Arbeitnehmerin […], geboren am […] die Bewilligung einer Ausnahme vom geltenden Nachtarbeitsverbot für den Zeitraum vom […] bis […] gem. § 28 Abs. 1 MuSchG. Frau […] hat uns am […] mitgeteilt, schwanger [oder stillend] zu sein. Im ausdrücklichen Einverständnis mit Frau […] möchten wir sie gerne trotz ihrer Schwangerschaft [oder Stillzeit] bis längstens zum Beginn ihrer Schonfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG weiterhin von 14 – 22 Uhr auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz beschäftigen. Nach der uns vorliegenden ärztlichen Bescheinigung vom […] ist eine solche Beschäftigung unbedenklich. Frau […] arbeitet regelmäßig während ihrer Arbeitszeit mit […] KollegInnen in räumlicher Nähe zusammen. Eine Alleinarbeit iSd. § 2 Abs. 4 MuSchG ist also ausgeschlossen, da sie bei Bedarf jederzeit ihre Arbeit unterbrechen oder sich Hilfe holen kann. Weiterhin ist gemäß der Gefährdungsbeurteilung iSd. § 14 Abs. 1 iVm. § 10 Abs. 1 MuSchG vom […] keine unverantwortliche Gefährdung von Frau […] oder ihrem Kind aufgrund der Arbeitsumstände zu befürchten. Die ausdrückliche Einverständniserklärung unserer Arbeitnehmerin […], die ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung und die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung fügen wir diesem Antrag bei. Bitte bestätigen Sie uns den Eingang dieses Antrages und bescheinigen Sie uns nach Ablauf der gesetzlichen Frist den Eintritt der gesetzlichen Genehmigungsfiktion nach § 28 Abs. 3 MuSchG. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 2 Ähnlich: Rancke/Pepping, § 28 MuSchG Rz. 27.

M 17.4 Antrag auf Elternzeit An die Firma […]1 Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin am […] von einem Kind entbunden worden. Die Schutzfrist nach § 6 MuSchG endet am […]2 Ich beantrage gemäß § 16 BEEG fristgemäß sieben Wochen im Voraus die Gewährung von Elternzeit unmittelbar im Anschluss an die Mutterschutzfrist für die Zeit vom […] bis […] Ich beabsichtige, das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Elternzeit fortzusetzen/zu kündigen. oder – vor der Entbindung ich werde voraussichtlich am […] von meinem Kind entbunden werden. Die Schutzfrist nach § 3 Abs 2 MuSchG endet dann voraussichtlich am […]3 Ich beantrage gemäß § 16 BEEG fristgemäß sieben Wochen im Voraus die Gewährung von Elternzeit, beginnend mit dem Ende der Mutterschutzfrist bis zu dem Zeitpunkt, an dem mein Kind zwei Jahre alt wird.4 1 Die Einhaltung der Schriftform gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Elternzeit, vgl. Rz. 28. Hält dagegen der Elternzeitberechtigte lediglich die Ankündigungsfrist von 7 Wochen bzw. 13 Wochen nicht ein, so verschiebt sich der Beginn der Teilzeitbeschäftigung nach hinten, vgl. Bruns, BB 2008, 331, 334. 2 Die Frist beträgt acht Wochen bzw. bei Früh- und Mehrlingsgeburten oder festgestellter Behinderung des Kindes zwölf Wochen ab der Geburt (§ 3 Abs. 2 MuSchG). 3 S. vorherige Fn. 4 Eltern können die Elternzeit von vornherein bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes nehmen. Dem steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer nach § 16 Abs. 1 BEEG gleichzeitig zu erklären hat, für welchen Zeitraum „innerhalb von zwei Jahren“ er Elternzeit nehmen will, denn diese Vorschrift beschränkt nicht die Möglichkeit, den darüber hinausgehenden materiell-rechtlichen Anspruch sofort geltend zu machen (BAG v. 27.4.2004 – 9 AZR 21/04, NZA 2004, 1039).

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Kap. 17 M 17.4 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit Ich beabsichtige, das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Elternzeit fortzusetzen/zu kündigen. oder – für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes: Ich bin am […] von einem Kind entbunden worden. Ich beantrage gemäß § 16 BEEG fristgemäß 13 Wochen im Voraus die Gewährung von Elternzeit für die Zeit vom […] bis […]5 Ich beabsichtige, das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Elternzeit fortzusetzen/zu kündigen. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 5 Die genaue Zeitangabe ist nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG wohl nicht zwingend.

M 17.5 Antwortschreiben des Arbeitgebers Sehr geehrte Frau […],1 zu der Geburt Ihrer Tochter […]/Ihres Sohnes […] gratulieren wir Ihnen ganz herzlich. Sie teilten uns mit, dass Sie bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres Ihres Kindes, dh. bis zum […] Elternzeit nehmen. Während der Elternzeit können Sie einer Teilzeittätigkeit von nicht mehr als 30 Wochenstunden gegen Entgelt nachgehen. Wenn Sie an einer solchen Tätigkeit in unserem Hause interessiert sind, bitten wir Sie, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Evtl. Wir bitten um Verständnis dafür, dass Ihr Erholungsurlaub für die Zeit der Elternzeit gem. § 17 BEEG wie folgt gekürzt wird: Erholungsurlaub für das Jahr 2019: […] Kürzung um […]/12 Anzahl der verbleibenden Tage: […] Erholungsurlaub für das Jahr 2020: […] Kürzung um […]/12 Anzahl der verbleibenden Tage: […] Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 1 Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Elternzeit. Gleichwohl empfiehlt sich eine schriftliche Bestätigung der Elternzeit durch den Arbeitgeber. Sofern gewollt, kann darin oder zeitnah auch schon die Kürzung des Erholungsurlaubs nach § 17 BEEG vorgenommen werden. Der Arbeitgeber kann die Kürzung zwar auch noch nach der Elternzeit vornehmen (BAG v. 28.7.1992 – 9 AZR 340/91, NZA 1994, 27), jedoch nicht mehr nach Ende des Arbeitsverhältnisses (BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2019, 420; ferner oben Rz. 34).

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.7 Kap. 17

M 17.6 Antrag auf Zustimmung zur Kündigung in der Elternzeit An das Landesamt für Arbeitsschutz und technische Sicherheit1 Ort, Datum […] Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des/der […] (Name, Vorname, Geburtsdatum, Familienstand, Anschrift) Sehr geehrte Damen und Herren, wir beabsichtigen, Herrn/Frau2 […] ordentlich zu kündigen. Wir bitten Sie um Ihre Zustimmung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 und 5 BEEG (für ab dem 1.7.2015 geborene Kinder). Dies begründen wir wie folgt: Herr/Frau […] ist bei uns als […] seit […] beschäftigt. Er/sie verdient zurzeit Euro […] brutto monatlich. Die Kündigung ist vorgesehen am […] Die gesetzliche/vertragliche/tarifvertragliche Kündigungsfrist beträgt […] Herr/Frau […] ist seit dem […] und noch bis zum […] in Elternzeit. Die Kündigung ist aus folgenden Gründen beabsichtigt: Unsere Gesellschaft hat nur den Betrieb in […]. Der Betrieb wird zum […] stillgelegt, die Gesellschaft wird liquidiert. Alle Arbeitnehmer werden spätestens zu diesem Zeitpunkt entlassen. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht nicht. Daher liegt nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit ein „besonderer Fall“ iSv. § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG vor. Wir bitten daher, der beabsichtigten Kündigung zuzustimmen. Die Stellungnahmen des Betriebsrates3 sowie den mit dem Betriebsrat geschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan fügen wir bei. Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 1 Der Antrag kann in gleicher Weise auch während des Mutterschutzes nach § 17 Abs. 2 MuSchG gestellt werden. Zuständig ist allerdings nicht überall dieselbe Behörde. Eine aktuelle Liste der je nach Bundesland zuständigen Behörde findet sich im Internet unter www.bmfsfj.de unter dem Suchbegriff „Aufsichtsbehörden“. Jedenfalls bei einer Betriebsstilllegung dürfte die Zustimmung zu erteilen sein. 2 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kap. 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 3 Der Betriebsrat kann nach § 102 BetrVG schon vor Einholung der Zustimmung der Behörde angehört werden. In der Anhörung muss aber klar zum Ausdruck kommen, dass die Kündigung erst nach Zustimmung der Behörde ausgesprochen werden soll.

M 17.7 Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit An die Firma […] Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie wissen, habe ich nach der Geburt meines Kindes am […] Elternzeit in Anspruch genommen. Die Elternzeit wird noch bis […] dauern. Ich beantrage1 hiermit, 1 Zumindest der Antrag nach § 15 Abs. 7 BEEG unterliegt der Schriftform gem. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG. Es gilt die Schriftform nach § 126 BGB (Forst, DB 2015, 68; vgl. BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 145/15, NZA 2016,

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Kap. 17 M 17.7 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit meine Arbeitszeit von bisher 40 Stunden pro Woche ab dem […]2 um […] Stunden pro Woche auf […] Stunden pro Woche herabzusetzen. Die Herabsetzung soll bis zum Ende meiner Elternzeit dauern.3 Als Verteilung der reduzierten Arbeitszeit bevorzuge ich Montags bis Donnerstags von […] bis […] und Freitags von […] bis […]4 Einer Verringerung meiner Arbeitszeit stimme ich nur unter der Bedingung zu, dass es zu der von mir gewünschten Arbeitszeitverteilung kommt.5 Ich hoffe, mit Ihnen baldmöglichst eine Vereinbarung über die verkürzte Arbeitszeit und deren Verteilung treffen zu können.6 oder Ich hoffe, mit Ihnen baldmöglichst eine Vereinbarung über die verkürzte Arbeitszeit und deren Verteilung treffen zu können.7 Zu Gesprächen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift)

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1137 zur Parallelvorschrift des § 16 Abs. 1 BEEG). Ein Fax oder eine E-Mail reicht nicht aus. Der Antrag nach § 15 Abs. 5 BEEG kann wie hier mit dem schriftlichen Antrag nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG verbunden werden. Nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG beträgt die Ankündigungsfrist sieben Wochen für den Zeitraum bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes 7 Wochen und für den Zeitraum zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes 13 Wochen (vgl. Rz. 21 f.). Nach § 15 Abs. 7 Satz 2 BEEG muss nicht nur der Umfang der verringerten Arbeitszeit angegeben werden, sondern auch der Beginn. Gem. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BEEG muss die Herabsetzung für mind. zwei Monate erfolgen und die Arbeitszeit muss auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringert werden. Anträge, die diesen Anforderungen nicht genügen, kann der Arbeitgeber freiwillig annehmen, eine Pflicht dazu gem. § 15 BEEG besteht aber nicht. Die Angabe der gewünschten Verteilung der verringerten Arbeitszeit ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung, der Verteilwunsch soll lediglich angegeben werden (§ 15 Abs. 7 Satz 3 BEEG). Eine solche Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) dürfte zulässig sein. Das wäre ein Antrag nach § 15 Abs. 5 BEEG. Das wäre ein Antrag nach § 15 Abs. 7 BEEG. Da der Antrag nach § 15 Abs. 5 BEEG und der Antrag nach § 15 Abs. 7 BEEG miteinander verbunden werden können, reicht es auch aus, wenn nur letztere Formulierung verwendet wird.

M 17.8 Ablehnung des Antrags auf Teilzeit während Elternzeit (Ort, Datum) […] Herrn/Frau Ihr Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit vom […] Sehr geehrte/r Herr/Frau […], ich nehme Bezug auf ihr Schreiben vom […]1 Sie beantragen darin die Herabsetzung Ihrer Arbeitszeit während der Elternzeit. Wir haben zwischenzeitlich diesen Wunsch mit Ihnen mit dem Ziel erörtert, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Es konnte jedoch innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG 1 Will der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers auf Elternteilzeit ablehnen, so muss er das gem. § 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG innerhalb von 4 Wochen nach dem Antrag des Arbeitnehmers bei einer Elternzeit zwischen der Geburt und dem vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes und innerhalb von 8 Wochen nach Zugang des Antrags bei einer Elternzeit zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes tun. Lehnt er die Verringerung innerhalb dieser Fristen nicht ab, so gilt die Zustimmung als erteilt und die Verringerung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt (§ 15 Abs. 7 Satz 5

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Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.9 Kap. 17 kein Einvernehmen erzielt werden. Zur Fristwahrung teilen wir Ihnen hiermit mit, dass wir Ihren Antrag ablehnen, da dringende betriebliche Gründe (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG) entgegenstehen [wird ausgeführt].2 Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) (vgl. Rz. 23)). Die Ablehnung muss schriftlich erfolgen sowie eine Begründung enthalten. Es gilt die Schriftform des § 126 BGB (Forst, DB 2015, 68; vgl. BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 145/15, NZA 2016, 1137 zur Parallelvorschrift des § 16 Abs. 1 BEEG). 2 Die Erläuterung der Ablehnungsgründe sollte so detailliert wie möglich erfolgen, da das BAG von einer Präklusion ausgeht, dh. der Arbeitgeber ist in einem nachfolgenden Klageverfahren auf diejenigen dringenden betrieblichen Gründe iSv. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG beschränkt, die er im Ablehnungsschreiben vorgebracht hat (BAG v. 24.9.2019 – 9 AZR 435/18, NZA 2020, 340, m. Anm. Krieger, FD-ArbR 2020, 426157; v. 11.12.2018 – 9 AZR 298/18, NZA 2019, 616).

M 17.9 Einstweilige Verfügung auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir die ASt. Namens und im Auftrag der ASt. beantragen wir: Die AGg. wird im Wege der einstweiligen Verfügung2 verpflichtet, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die ASt. mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf Montag bis Freitag, jeweils vier Stunden von 8.00 bis 12.00 Uhr, zu beschäftigen.3

Begründung: Die ASt. ist bei der AGg. seit dem […] beschäftigt.4 Grundlage der Beschäftigung ist der Anstellungsvertrag vom […] Glaubhaftmachung: Anstellungsvertrag vom […], Anlage AS 1 Die AGg. beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer ausschließlich der zur Berufsausbildung Beschäftigten.5 Glaubhaftmachung: Geschäftsbericht der AGg. vom […], Anlage AS 2 1 Zum Rubrum s. M 101.1 und M 101.2, allgemein zur einstweiligen Verfügung s. Kap. 107, insb. M 107.1. 2 Der sonst bei Verfügungsanträgen übliche (s. M 107.1) Antrag auf Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist bei Anträgen auf Arbeitszeitreduzierung fehl am Platze und sollte gleich weggelassen werden; schon wegen § 616 BGB kann die Sache nie so eilbedürftig sein, dass keine Zeit für eine mündliche Verhandlung wäre. 3 Das Bedürfnis für eine einstweilige Regelung besteht auch über eine erstinstanzliche Entscheidung hinaus, da die in der Hauptsache begehrte Abgabe einer Willenserklärung erst mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt. 4 Der Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit besteht nur, wenn das Anstellungsverhältnis seit mehr als sechs Monaten besteht (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BEEG). 5 Diese Mindestgröße des Unternehmens ist Anspruchsvoraussetzung (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BEEG), dazu muss deshalb vorgetragen werden.

Lingemann und Diller | 747

Kap. 17 M 17.9 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit Am […] beantragte die ASt. schriftlich bei der AGg. die Reduzierung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden zum […] Gleichzeitig bat sie um die Festlegung ihrer Arbeitszeit entsprechend dem Antrag. Glaubhaftmachung: Schreiben der ASt. vom […], Anlage AS 3; eidesstattliche Versicherung der ASt., Anlage AS 4 Mit Schreiben vom […] lehnte die AGg. den Antrag mit der Begründung ab, es lägen dringende betriebliche Gründe für die Ablehnung vor. Dies wurde jedoch nicht näher begründet. Glaubhaftmachung: Schreiben der AGg. vom […], Anlage AS 5 Die ASt. ist auf die beantragte Reduzierung ihrer Arbeitszeit existenziell angewiesen. Sie ist allein erziehend. Trotz aller Anstrengungen war es ihr nicht möglich, einen Ganztags-Kindergartenplatz für ihr Kind zu bekommen. Sie hat lediglich einen Kindergartenplatz für das Kind in der Zeit von 7.00 bis 13.00 Uhr. Bislang war die Betreuung des Kindes so geregelt, dass es vormittags im Kindergarten war und nachmittags von der Mutter der ASt. betreut wurde. Die Mutter der ASt. ist jedoch vor zehn Tagen überraschend verstorben. Die ASt. hat keine anderen Verwandten, die sich nachmittags um das Kind kümmern könnten. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der ASt., Anlage AS 4 Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 15 Abs. 7 BEEG. Dringende betriebliche Gründe iSd. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG, die dem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit entgegenstehen könnten, sind weder von der AGg. vorgetragen noch ersichtlich. Der Verfügungsgrund ergibt sich aus der prekären familiären Situation der ASt. Könnte sie nicht in Teilzeit arbeiten, müsste sie die Arbeitsstelle aufgeben, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten, und dann von Leistungen nach „Hartz IV“ leben. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung der ASt., Anlage AS 4 […] (Unterschrift)6 6 Zum Streitwert gibt es höchst unterschiedliche Rechtsprechung. Einige Gerichte setzen den Streitwert mit zwei Monatsgehältern an (zB LAG Baden-Württemberg v. 14.9.2010 – 5 Ta 180/10, ArbRB 2011, 48; LAG Düsseldorf v. 12.11.2001 – 7 Ta 375/01, NZA-RR 2002, 103; LAG Berlin v. 24.11.2000 – 7 Ta 6057/00, MDR 2001, 636), andere Gerichte gehen dagegen grundsätzlich von § 42 Abs. 2 GKG aus (Vierteljahresbezug), machen aber einen Abschlag von 50 % (zB LAG Rheinland-Pfalz v. 26.10.2007 – 1 Ta 242/07, nv.).

M 17.10

Antrag auf Pflegezeit/Pflegeteilzeit

An die Firma (Ort, Datum) […] […] Sehr geehrte Damen und Herren, ich beabsichtige1, gemäß § 3 PflegeZG ab dem […] eine Pflegezeit bis zum […] zur Pflege2 eines nahen Angehörigen, nämlich3 […], in häuslicher Umgebung4 in Anspruch zu nehmen. 1 Die Inanspruchnahme der Pflegezeit erfordert keinen formellen Antrag, sondern ist die Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechts, BAG v. 15.11.2011, NZA 2012, 323. Der Arbeitgeber muss nicht reagieren. Anders ist das bei Pflegeteilzeit, wo § 3 Abs. 4 PflegeZG eine entsprechende schriftliche Vereinbarung verlangt, so dass der Arbeitnehmer streng genommen ein Angebot unterbreitet. Gleichwohl dürfte der Begriff „Antrag“ auf Pflegezeit sich im Sprachgebrauch wohl eher durchsetzen. Die schriftliche Ankündigung der Pflegezeit mindestens zehn Tage vor deren Beginn ist gem. § 3 Abs. 3 Satz 1 PflegeZG erforderlich. Mündliche Ankündigungen oder Mitteilungen per Fax, SMS oder einfacher E-Mail erfüllen die Form nicht. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis macht die Ankündigung nichtig, § 125 Satz 1 BGB. In der An-

748 | Diller und Lingemann

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.11 Kap. 17 Hierfür beantrage ich Pflegezeit unter vollständiger Freistellung von meinen arbeitsvertraglichen Pflichten. oder – bei beabsichtigter Teilzeittätigkeit:5 Ich beantrage für den Zeitraum der Pflegezeit eine teilweise Freistellung von meinen arbeitsvertraglichen Pflichten und eine Reduzierung meiner wöchentlichen Arbeitszeit von […] auf […] Stunden. Die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit soll wie folgt erfolgen: montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […]6 Alternativ schlage ich eine Verteilung auf […] vor. Ich bitte Sie, meinem Wunsch zu der verkürzten Arbeitszeit und ihrer Verteilung zu entsprechen7 und hoffe, mit Ihnen baldmöglich eine Vereinbarung über die verkürzte Arbeitszeit und deren Verteilung treffen zu können.8 Zu Gesprächen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. Eine Bescheinigung der Pflegekasse/des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung9 über die Einstufung in Pflegegrad I/II/III/IV/V füge ich als Anlage bei.10 Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift

2 3 4 5 6

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9 10

kündigung muss gleichzeitig die zu beanspruchende Pflegezeit hinsichtlich Dauer und Umfang der Freistellung konkretisiert werden (vgl. Rz. 63). Zum Inhalt der Ankündigung von Pflegeteilzeit s. ferner Rz. 6. Zur Pflegebedürftigkeit vgl. § 7 Abs. 4 PflegeZG, §§ 14, 15 SGB XI. Zum Kreis der nahen Angehörigen vgl. § 7 Abs. 3 PflegeZG sowie Rz. 58. Die Pflege des Angehörigen kann in der häuslichen Umgebung des Betroffenen oder des Pflegenden erfolgen. Die gesetzgeberische Intention war es, dass Pflegebedürftige durch vertraute Angehörige in vertrauter Umgebung gepflegt werden können, BT-Drucks. 71807, 217. Vgl. auch den Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit M 6.2.2. Ggf. kann der Arbeitnehmer seinen Antrag auf Arbeitszeitverringerung unter die Bedingung stellen, dass es zu der von ihm gewünschten Verteilung der Arbeitszeit kommt. Abweichend von der Elternteilzeit, wo die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit lediglich angegeben werden soll (§ 15 Abs. 7 Satz 3 BEEG), muss bei der Pflegeteilzeit gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 PflegeZG die gewünschte (reduzierte) Arbeitszeitverteilung bereits in dem Antrag angekündigt werden und kann daher nicht nachgereicht werden, ErfK/Gallner, PflegeZG § 3 Rz. 2. So der Wortlaut von § 3 Abs. 4 PflegeZG. Eine Differenzierung zwischen den Anträgen, wie sie in § 15 Abs. 5 BEEG (Verringerung und Verteilung) und § 15 Abs. 7 BEEG (Verringerung) vorgenommen werden, ist im Rahmen von § 3 PflegeZG nicht möglich, da nach § 3 Abs. 4 Satz 1 PflegeZG die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten stets sowohl die Verringerung als auch die Verteilung der Arbeitszeit umfasst. § 3 Abs. 2 PflegeZG bestimmt keine Frist für die Vorlage der Bescheinigung. Diese kann daher sowohl nach der Ankündigung als auch nach Beginn der Pflegezeit noch nachgereicht werden. Auch ist die Erfüllung der Nachweispflicht keine Anspruchsvoraussetzung, vgl. Rz. 63. Pflegebedürftig iSd. § 3 PflegeZG sind nach § 7 Abs. 4 PflegeZG Personen, die die Voraussetzungen gem. §§ 14 und 15 SGB XI erfüllen, vgl. Rz. 58.

M 17.11

Ablehnung des Antrags auf Pflegeteilzeit

Herrn/Frau […] (Ort, Datum) […] Ihre Mitteilung über die Inanspruchnahme der Pflegeteilzeit1 vom […]

1 Die Ankündigung (vollständiger) Pflegezeit kann nicht abgelehnt werden, selbst bei Vorliegen von dringenden betrieblichen Gründen (Nomos-BR/Böhm, 2. Aufl. 2015, PflegeZG, § 3 Rz. 32). § 3 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG gilt nur für die teilweise Freistellung.

Lingemann | 749

Kap. 17 M 17.11 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit Sehr geehrter Herr/Frau […], ich nehme Bezug auf Ihre Mitteilung vom […]2 Sie beantragen darin die Inanspruchnahme von Pflegezeit und für den Zeitraum der Pflegezeit eine teilweise Freistellung von Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten mit einer Reduzierung und Neuverteilung Ihrer Arbeitszeit. Wir können wegen entgegenstehender betrieblicher Gründe Ihren Wünschen nicht entsprechen. Die betrieblichen Gründe liegen darin, dass […] [zB: die ganztägige Erreichbarkeit in Ihrer Funktion für Kunden zwingend notwendig ist, und wir trotz entsprechender Stellenanzeigen und Anfragen bei der zuständigen Agentur für Arbeit keinen Mitarbeiter finden konnten, der die verbleibende Arbeitszeit abdecken würde/ dass aufgrund der projektgebundenen Art der Tätigkeit die Übergabe an einen anderen Arbeitnehmer, der Ihre Funktion in der verbleibenden Zeit übernehmen könnte, mehr als 40 % der Gesamtarbeitszeit ausmachen würde]. Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 2 Vgl. Rz. 67. Anders als nach § 15 BEEG besteht keine Obliegenheit des Arbeitgebers, innerhalb einer bestimmten Frist den Antrag auf Pflegeteilzeit abzulehnen. Die Ablehnung des Teilzeitwunsches innerhalb der zehntägigen Ankündigungsfrist bedarf im Gegensatz zu der Ablehnung nach § 15 Abs. 7 Satz 4 BEEG nicht der Schriftform, wie sich aus dem bewussten Weglassen des Schriftformerfordernisses in § 3 Abs. 4 Satz 1 PflegeZG folgt. Eine solche Erklärung muss auch nicht aus rechtlichen Gründen erfolgen. Da die Vereinbarung über die Pflegeteilzeit jedoch spätestens bei Beginn der Pflegezeit vorliegen muss, bleibt dem Arbeitnehmer im Zweifel nur die Möglichkeit, seinen Teilzeitwunsch mittels einer einstweiligen Verfügung (M 17.12) durchzusetzen. Gleichwohl ist natürlich dazu zu raten, den Arbeitnehmer hier nicht im Unklaren zu lassen.

M 17.12

Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Pflegezeit

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den ASt. Namens und im Auftrag des ASt. beantragen wir: Die AGg. wird im Wege der einstweiligen Verfügung2 verpflichtet, dem ASt. bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache für die drei Wochen vom […] bis […] von der Arbeit freizustellen und in den drei Monaten danach den ASt. mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf Montag bis Freitag, dh. vier Stunden täglich, zu beschäftigen.3

1 Zum Rubrum s. M 101.1 und M 101.2, allgemein zur einstweiligen Verfügung s. Kap. 107, insb. M 107.1. 2 Der sonst bei Verfügungsanträgen übliche (s. M 107.1) Antrag auf Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist bei Anträgen auf Arbeitszeitreduzierung fehl am Platze und sollte gleich weggelassen werden; schon wegen § 616 BGB kann die Sache nie so eilbedürftig sein, dass keine Zeit für eine mündliche Verhandlung wäre. 3 Das Bedürfnis für eine einstweilige Regelung besteht auch über eine erstinstanzliche Entscheidung hinaus, da die in der Hauptsache begehrte Abgabe einer Willenserklärung erst mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt.

750 | Lingemann und Diller

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.12 Kap. 17

Begründung: Der ASt. ist bei der AGg. seit dem […] beschäftigt.4 Grundlage der Beschäftigung ist der Anstellungsvertrag vom […] Glaubhaftmachung: Anstellungsvertrag vom […], Anlage AS 1 Die AGg. beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer.5 Glaubhaftmachung: Geschäftsbericht der AGg. vom […], Anlage AS 2 Am […] beantragte der ASt. schriftlich bei der AGg., ihn für drei Wochen ab dem […] von der Arbeit freizustellen und in den drei Monaten danach nur mit 20 Stunden pro Woche bei gleichmäßiger Verteilung auf die Wochentage zu beschäftigen. Hintergrund war, dass der Vater des ASt. einen Schlaganfall erlitten hatte und ein Pflegefall geworden ist. Glaubhaftmachung: Schreiben des ASt. vom […], Anlage AS 3; Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse über die Pflegebedürftigkeit, Anlage AS 4; eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 5 Mit Schreiben vom […] lehnte die AGg. die Freistellung aus betrieblichen Gründen ab, ohne diese näher zu bezeichnen. Glaubhaftmachung: Schreiben der AGg. vom […], Anlage AS 6 Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 3 PflegeZG. Es ist kein anderer Angehöriger vorhanden, der den Vater des Antragstellers pflegen könnte. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 5 Die Pflege kann auch nicht über einen mobilen Pflegedienst abgedeckt werden (wird ausgeführt). Ein Ablehnungsrecht des Arbeitgebers (wie bei § 8 TzBfG oder § 15 BEEG) sieht das PflegeZG nicht vor, es liegen aber ohnehin keine entgegenstehenden betrieblichen Gründe vor (wird ausgeführt).6 Die Ankündigungsfrist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 PflegeZG ist eingehalten (wird ausgeführt). Die Höchstdauer der Pflegezeit nach § 4 PflegeZG ist nicht überschritten (wird ausgeführt). Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass es dem ASt. nicht gelungen ist, eine anderweitige Pflege zu organisieren. Alle Bemühungen sind vergeblich geblieben. Die Entlassung des Vaters des ASt. aus dem Krankenhaus lässt sich auch nicht weiter hinausschieben (wird ausgeführt). Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 5 […] (Unterschrift)7 4 Anders als beim Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG oder § 15 BEEG ist nach dem PflegeZG eine Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses nicht Anspruchsvoraussetzung, es schadet aber nicht, dazu vorzutragen. 5 Freistellungsansprüche nach dem PflegeZG bestehen nach § 3 Abs. 1 Satz 2 PflegeZG nur in Unternehmen (nicht: Betrieben!) mit mehr als 15 Arbeitnehmern. 6 Solche Ausführungen sind im Rahmen eines Verfügungsverfahrens immer sinnvoll, obwohl sie rechtlich keine Rolle spielen. 7 Zum Streitwert gibt es höchst unterschiedliche Rechtsprechung. Einige Gerichte setzen den Streitwert mit zwei Monatsgehältern an (zB LAG Düsseldorf v. 12.11.2001, NZA-RR 2002, 103; LAG Berlin v. 24.11.2000 – 7 Ta 6057/00, MDR 2001, 636), andere Gerichte gehen dagegen grundsätzlich von § 42 Abs. 2 GKG aus (Vierteljahresbezug), machen aber einen Abschlag von 50 % (zB LAG Rheinland-Pfalz v. 26.10.2007 – 1 Ta 242/ 07, nv.).

Diller | 751

Kap. 17 M 17.13 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit

M 17.13

Vereinbarung über eine Teilzeittätigkeit während der Pflegezeit

Zwischen der Firma […] und Herrn/Frau […] wird Folgendes vereinbart:1

Vorbemerkung Herr/Frau hat bei der Firma am […] um die Reduzierung seiner/ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und deren Neuverteilung während der Pflegezeit gebeten. Nach Erörterung dieses Wunsches vereinbaren die Parteien die folgenden Änderungen zum Arbeitsvertrag vom […]:

§ 1 Arbeitszeit (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ab […] Stunden wöchentlich. (2) Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit wird ab […] folgendermaßen gestaltet: montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […]

§ 2 Vergütung (1) Herr/Frau […] erhält ab […] eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von Euro […] (2) Herr/Frau […] erhält ab […] Urlaubs- und Weihnachtsgratifikation in Höhe von Euro […] bzw. Euro […] (3) Die betriebliche Altersversorgung wird beibehalten, wobei die Zuführungen pro rata gemäß dem Verhältnis der bisherigen zur neu vereinbarten Arbeitszeit gekürzt werden. (4) Die Regelungen über vermögenswirksame Leistungen bleiben unverändert bestehen. (5) Alle übrigen geldwerten Vorteile und Leistungen der Gesellschaft werden ab […] pro rata gemäß dem Verhältnis der bisherigen zur neu vereinbarten Arbeitszeit gekürzt.2

§ 3 Laufzeit der Vereinbarung Diese Vereinbarung beginnt zu dem in § 1 Abs. 1 genannten Zeitpunkt und endet am […] Die gesetzlichen Regelungen zur Verlängerung und Verkürzung der Pflegezeit (§ 4 PflegeZG) bleiben unberührt.3 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

1 Gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 PflegeZG ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit zu treffen, vgl. Rz. 67. 2 Mit dieser Generalklausel lassen sich evtl. leicht zu übersehende Ansprüche aus betrieblicher Übung uÄ. erfassen. 3 § 4 PflegeZG dürfte dieser Befristung vorgehen; will man daher die Gefahr einer Intransparenz in AGB vermindern, sollte man nach den Grundsätzen der Entscheidung des BAG zur doppelten Schriftformklausel (BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233; dazu Lingemann/Gotham, NJW 2009, 268) – die ausdrücklich die Aufnahme eines Vorbehaltes verlangt, der sich aus dem Gesetz ergibt – diesen Vorbehalt anfügen. § 4 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 PflegeZG gilt auch für die einseitige Verlängerung bzw. Verkürzung der vereinbarten Pflegeteilzeitdauer durch den Arbeitnehmer. Im Übrigen setzt die Vorschrift für jede Veränderung der Dauer der Pflegeteilzeit die Zustimmung des Arbeitgebers voraus (vgl. AG Stuttgart v. 24.9.2009 – 12 Ca 1792/09; Kossens, PersR 2009, 195, 198).

752 | Lingemann

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.15 Kap. 17

M 17.14

Antrag auf Familienpflegezeit

An die Firma (Ort, Datum) […] […] Sehr geehrte Damen und Herren, ich beabsichtige1, gemäß § 2 FPfZG ab dem […] eine Familienpflegezeit bis zum […] zur Pflege eines nahen Angehörigen, nämlich2 […], in Anspruch zu nehmen. Ich beantrage für den Zeitraum der Familienpflegezeit eine Reduzierung meiner wöchentlichen Arbeitszeit von […] auf […] Stunden3. Als Verteilung der reduzierten Arbeitszeit bevorzuge ich montags von […] bis […], dienstags von […] bis […], mittwochs von […] bis […], donnerstags von […] bis […] und freitags von […] bis […] Alternativ schlage ich eine Verteilung auf […] vor. Ich hoffe, mit Ihnen baldmöglichst eine Vereinbarung über die verkürzte Arbeitszeit und ihre Verteilung treffen zu können. Zu Gesprächen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. Eine Bescheinigung der Pflegekasse/des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung4 über die Einstufung in Pflegegrad I/II/III/IV/V füge ich als Anlage bei.5 Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 1 Die Inanspruchnahme der Familienpflegezeit erfordert streng genommen keinen Antrag, sondern nur eine Ankündigung. Beide Seiten sollen jedoch nach § 2a Abs. 2 Satz 1 FPfZG eine schriftliche Vereinbarung über die Familienpflegezeit treffen, so dass der Arbeitnehmer letztlich doch ein Angebot unterbreitet. Der Begriff „Antrag“ auf Familienpflegezeit dürfte sich im Sprachgebrauch durchsetzen. Die schriftliche Ankündigung der Familienpflegezeit mindestens 8 Wochen vor deren Beginn ist gem. § 2a Abs. 1 Satz 1 FPfZG erforderlich. In der Ankündigung muss gleichzeitig die zu beanspruchende Familienpflegezeit hinsichtlich Zeitraum und Umfang der Freistellung konkretisiert werden (vgl. Rz. 80). 2 Zum Kreis der nahen Angehörigen (vgl. § 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 7 Abs. 3 PflegeZG sowie Rz. 58). 3 Die verringerte Arbeitszeit muss mindestens 15 Wochenstunden betragen. Bei unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten oder einer unterschiedlichen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit darf die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu einem Jahr 15 Stunden nicht unterschreiten. 4 § 2a Abs. 4 FPfZG bestimmt keine Frist für die Vorlage der Bescheinigung. Diese kann daher sowohl nach der Ankündigung als auch nach Beginn der Pflegezeit noch nachgereicht werden. Auch ist die Erfüllung der Nachweispflicht keine Anspruchsvoraussetzung (vgl. Rz. 86). 5 Pflegebedürftig iSd. § 2 FPfZG sind nach § 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 7 Abs. 4 PflegeZG Personen, die die Voraussetzungen gem. §§ 14 und 15 SGB XI erfüllen (vgl. Rz. 58).

M 17.15

Vereinbarung zur Familienpflegezeit

Zwischen der Firma […] – nachfolgend Arbeitgeber genannt – und

Lingemann | 753

Kap. 17 M 17.15 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit Herrn/Frau […] – nachfolgend Beschäftigte(r) genannt – wird zur Gewährung der Familienpflegezeit Folgendes vereinbart1:

§ 1 Familienpflegezeit (1) In der Zeit vom […] bis […] wird der/dem Beschäftigten Familienpflegezeit2 gemäß § 2 Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) für die häusliche Pflege des folgenden nahen Angehörigen gewährt: a) Name: […] b) Geburtsdatum: […] c) Anschrift: […] d) Angehörigenstatus3 der gepflegten Person: […] (2) Die Pflegebedürftigkeit der/des nahen Angehörigen wird durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse nachgewiesen. oder (2) Die Pflegebedürftigkeit der/des nahen Angehörigen wird durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der privaten Pflege-Pflichtversicherung nachgewiesen. (3) Die vereinbarte Dauer der Familienpflegezeit (Pflegephase) beträgt […] Monate.4 (4) Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt vor der Familienpflegezeit […] Stunden. (5) Während der Familienpflegezeit (Pflegephase) beträgt die wöchentliche Arbeitszeit […] Stunden.5 (6) Nach dem Ende der Familienpflegezeit kehrt die/der Beschäftigte zu der vor Eintritt in die Familienpflegezeit gültigen wöchentlichen Arbeitszeit von […] Stunden zurück. oder (6) Nach dem Ende der Familienpflegezeit arbeitet die/der Beschäftigte mit der vereinbarten höheren wöchentlichen Arbeitszeit von […] Stunden.

§ 2 Ende der Familienpflegezeit (Ende der Pflegephase) (1) Die Familienpflegezeit endet zu dem unter § 1 Ziff. 1 vereinbarten Termin (spätestens nach 24 Monaten). Bei vorzeitiger Beendigung der Pflege, zB durch den Tod oder den Wegfall der Pflegebedürftigkeit der pflegebedürftigen Person, oder bei Unterschreiten der wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Stunden endet die Familienpflegezeit mit dem Ablauf von 4 Wochen nach Beendigung der Pflege oder des Unterschreitens der wöchentlichen Mindestarbeitszeit. Dies gilt auch für die Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit auf unter 15 Stunden aufgrund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Bestimmungen. Die Unterschreitung der wöchentlichen Mindestarbeitszeit aufgrund von Kurzarbeit ist unschädlich. 1 Gem. § 2a Abs. 2 Satz 1 FPfZG ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu treffen, vgl. Rz. 80. 2 Die Familienpflegezeit umfasst den Zeitraum, in dem ein naher Angehöriger/eine nahe Angehörige gepflegt wird. 3 In Betracht kommen: Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, eigene Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder (§ 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 7 Abs. 3 PflegeZG). 4 Maximal 24 Monate; bei Auszubildenden und befristet Beschäftigten ist darauf zu achten, dass die Familienpflegezeit höchstens die Hälfte der restlichen Laufzeit der Beschäftigung ausmacht, vgl. Rz. 83. 5 Die verringerte Arbeitszeit muss mindestens 15 Wochenstunden betragen. Bei unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten oder einer unterschiedlichen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit darf die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu einem Jahr 15 Stunden nicht unterschreiten.

754 | Lingemann

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.16 Kap. 17 (2) Die/der Beschäftigte verpflichtet sich, dem Arbeitgeber die Beendigung der häuslichen Pflege unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Der/dem Beschäftigten ist bekannt, dass ein Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht ordnungsrechtlich mit einer Geldbuße geahndet werden kann.

§ 3 Vergütung (1) Die/der Beschäftigte […] erhält ab […] eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von Euro […] (2) Die/der Beschäftigte […] erhält ab […] Urlaubs- und Weihnachtsgratifikation in Höhe von Euro […] bzw. Euro […] (3) Die betriebliche Altersversorgung wird beibehalten, wobei die Zuführungen pro rata gemäß dem Verhältnis der bisherigen zur neu vereinbarten Arbeitszeit gekürzt werden. (4) Die Regelungen über vermögenswirksame Leistungen bleiben unverändert bestehen. (5) Alle übrigen geldwerten Vorteile und Leistungen der Gesellschaft werden ab […] pro rata gemäß dem Verhältnis der bisherigen zur neu vereinbarten Arbeitszeit gekürzt.

§ 4 Förderung (1) Die/der Beschäftigte kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben Beschäftigten einen Antrag auf ein in monatlichen Raten zu zahlendes zinsloses Darlehen stellen. (2) Der Arbeitgeber wird dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben den Arbeitsumfang sowie das Arbeitsentgelt vor der Freistellung bescheinigen, soweit dies zum Nachweis des Einkommens aus Erwerbstätigkeit oder der wöchentlichen Arbeitszeit erforderlich ist. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

M 17.16

Einstweilige Verfügung auf Gewährung von Familienpflegezeit

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den ASt. Namens und im Auftrag des ASt. beantragen wir: 1. Die AGg. wird im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung und durch den/die Vorsitzende(n) allein2 – verpflichtet, den ASt. bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf Montag bis Freitag, dh. vier Stunden täglich, zu beschäftigen;3

1 Zum Rubrum s. M 101.1 und M 101.2, allgemein zur einstweiligen Verfügung s. Kap. 107, insb. M 107.1 m. Anm. 2 S. M 107.1 Fn. 2, M 107.1 Fn. 6. Liegt auf der Hand, dass eine Verzögerung von ein bis zwei Wochen unproblematisch ist, sollte man von vornherein auf die entsprechenden Anträge zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den/die Vorsitzende(n) allein verzichten, da das Arbeitsgericht dann ohnehin terminieren wird. 3 Das Bedürfnis für eine einstweilige Regelung besteht auch über eine erstinstanzliche Entscheidung hinaus, da die in der Hauptsache begehrte Abgabe einer Willenserklärung erst mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt.

Lingemann und Diller | 755

Kap. 17 M 17.16 | Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit 2. hilfsweise, die beantragte einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung4 unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfrist5 zu erlassen.

Begründung: Der ASt. ist bei der AGg. seit dem […] beschäftigt.6 Grundlage der Beschäftigung ist der Anstellungsvertrag vom […] Glaubhaftmachung: Anstellungsvertrag vom […], Anlage AS 1 Die AGg. beschäftigt regelmäßig mehr als 25 Arbeitnehmer ausschließlich der zur Berufsbildung Beschäftigten.7 Glaubhaftmachung: Geschäftsbericht der AGg. vom […], Anlage AS 2 Am […] beantragte der ASt. schriftlich bei der AGg., ihn ab dem […] nur mit 20 Stunden pro Woche bei gleichmäßiger Verteilung auf die Wochentage zu beschäftigen. Hintergrund war, dass der Vater des ASt. einen Schlaganfall erlitten hatte und ein Pflegefall geworden ist. Glaubhaftmachung: Schreiben des ASt. vom […], Anlage AS 3; Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse über die Pflegebedürftigkeit, Anlage AS 4; eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 5 Mit Schreiben vom […] lehnte die AGg. die Freistellung aus betrieblichen Gründen ab, ohne diese näher zu bezeichnen. Glaubhaftmachung: Schreiben der AGg. vom […], Anlage AS 6 Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 2 FPfZG. Es ist kein anderer Angehöriger vorhanden, der den Vater des Antragstellers pflegen könnte. Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 5 Die Pflege kann auch nicht über einen mobilen Pflegedienst abgedeckt werden (wird ausgeführt). Ein Ablehnungsrecht des Arbeitgebers (wie bei § 8 TzBfG oder § 15 BEEG) sieht das FPfZG nicht vor, es liegen aber ohnehin keine entgegenstehenden betrieblichen Gründe vor (wird ausgeführt).8 Die Ankündigungsfrist nach § 2a Abs. 1 Satz 1 FPfZG ist eingehalten (wird ausgeführt). Die Höchstdauer der Familienpflegezeit nach § 2 FPfZG ist nicht überschritten (wird ausgeführt). Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass es dem ASt. nicht gelungen ist, eine anderweitige Pflege zu organisieren. Alle Bemühungen sind vergeblich geblieben. Die Entlassung des Vaters des ASt. aus dem Krankenhaus lässt sich auch nicht weiter hinausschieben (wird ausgeführt). Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 5 4 Ebenso wenig wie der Erlass der einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung und nur durch den/die Vorsitzende(n) allein beantragt werden muss, ist ein Hilfsantrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nach mündlicher Verhandlung (und damit auch durch die volle Kammer) erforderlich. Will der Richter entgegen dem Begehren des Ast. die Verfügung nicht ohne mündliche Verhandlung erlassen, muss er von Amts wegen die ehrenamtlichen Richter hinzuziehen und/oder eine mündliche Verhandlung anberaumen. Er kann nicht einfach den gestellten Antrag insgesamt zurückweisen. Der Hilfsantrag ist deshalb an sich entbehrlich, aber gleichwohl üblich. 5 Die Verkürzung der Ladungsfrist (§ 217 ZPO: 3 Tage) ist gem. § 226 Abs. 1 ZPO nur auf Antrag möglich (vgl. Kap. 107 Rz. 6). 6 Anders als beim Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG oder § 15 BEEG ist nach dem PflegeZG eine Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses nicht Anspruchsvoraussetzung, es schadet aber nicht, dazu vorzutragen. 7 Freistellungsansprüche nach dem FPfZG bestehen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 FPfZG nur in Unternehmen (nicht: Betrieben!) mit mehr als 25 Arbeitnehmern ausschließlich der zur ihrer Berufsbildung Beschäftigten. 8 Solche Ausführungen sind im Rahmen eines Verfügungsverfahrens immer sinnvoll, obwohl sie rechtlich keine Rolle spielen.

756 | Diller

Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeit | M 17.17 Kap. 17 […] (Unterschrift)9 9 Zum Streitwert gibt es höchst unterschiedliche Rechtsprechung. Einige Gerichte setzen den Streitwert mit zwei Monatsgehältern an (zB LAG Düsseldorf v. 12.11.2001, NZA-RR 2002, 103; LAG Berlin v. 24.11.2000 – 7 Ta 6057/00, MDR 2001, 636), andere Gerichte gehen dagegen grundsätzlich von § 42 Abs. 3 GKG aus (Vierteljahresbezug), machen aber einen Abschlag von 50 % (zB LAG Rheinland-Pfalz v. 26.10.2007 – 1 Ta 242/ 07, nv.).

M 17.17

Antrag auf Zustimmung zur Kündigung in der Familienpflegezeit

An das Landesamt für Arbeitsschutz und technische Sicherheit1 Ort, Datum […] Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des/der […] (Name, Vorname, Geburtsdatum, Familienstand, Anschrift) Sehr geehrte Damen und Herren, wir beabsichtigen, Herrn/Frau […] ordentlich zu kündigen. Wir bitten Sie um Ihre Zustimmung gemäß § 2 Abs. 3 FPfZG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG. Dies begründen wir wie folgt: Herr/Frau […] ist bei uns als […] seit […] beschäftigt. Er/sie verdient zurzeit Euro […] brutto monatlich. Die Kündigung ist vorgesehen am […] Die gesetzliche/vertragliche/tarifvertragliche Kündigungsfrist beträgt […] Herr/Frau […] ist seit dem […] und noch bis zum […] in Familienpflegezeit. Die Pflegephase dauert bis zum […] Die Nachpflegephase dauert bis zum […] Die Kündigung ist aus folgenden Gründen beabsichtigt: Unsere Gesellschaft hat nur den Betrieb in […] Der Betrieb wird zum […] stillgelegt, die Gesellschaft wird liquidiert. Alle Arbeitnehmer werden spätestens zu diesem Zeitpunkt entlassen. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht nicht. Daher liegt ein „besonderer Fall“ iSv. § 2 Abs. 3 FPfZG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG vor.2 Wir bitten daher, der beabsichtigten Kündigung zuzustimmen. Die Stellungnahmen des Betriebsrates3 sowie den mit dem Betriebsrat geschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan fügen wir bei. Mit freundlichen Grüßen […] Unterschrift 1 Vgl. Rz. 89. Die Zulässigkeitserklärung wird von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stellte erteilt (§ 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 5 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG). 2 Rechtsprechung zur Auslegung des Kriteriums „in besonderen Fällen“ liegt bislang nicht vor. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei einer Betriebsstilllegung oder bei besonders schweren Pflichtverstößen des Arbeitnehmers eine Kündigung zulässig ist (BeckOK/Joussen, § 5 PflegeZG Rz. 8; HWK/Lembke, § 5 PflegeZG Rz. 9.). Von einem prinzipiellen Vorrang der Interessen des Arbeitnehmers dürfte nicht auszugehen sein, da eine Benachteiligung des Arbeitnehmers wegen der einvernehmlichen Vereinbarung der Familienpflegezeit nicht zu erwarten ist und eine verhaltensbedingte Kündigung möglicherweise zum Verlust der Rückzahlungsansprüche führt. Ob dies in der Praxis so umgesetzt werden wird, bleibt aber abzuwarten (Sasse, DB 2011, 2660; Sasse, DB 2015, 310). 3 Der Betriebsrat kann nach § 102 BetrVG schon vor Einholung der Zustimmung der Behörde angehört werden. In der Anhörung muss aber klar zum Ausdruck kommen, dass die Kündigung erst nach Zustimmung der Behörde ausgesprochen werden soll.

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Kap. 18 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing

Kapitel 18 Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing I. 1. a) b)

c) 2. 3. 4.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlverhalten des Arbeitnehmers . . Ermahnung . . . . . . . . . . . . . . . . Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Funktionen der Abmahnung . . bb) Wirksamkeitsvoraussetzungen der Abmahnung . . . . . . . . . . Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . Fehlverhalten des Arbeitgebers . . . Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ersatzanspruch des Arbeitnehmers nach § 628 Abs. 2 BGB . . . . . . . . .

II. Muster Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorweggenommene Abmahnung als Erklärung an den Arbeitnehmer . . . . Vorweggenommene Abmahnung als Aushang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage gegen eine Abmahnung und auf Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

__ __ _ ___ _ _ 1 1 3 5 5

8 18 23 27

_ _ _ _

31

. M 18.1 . M 18.2 . M 18.3 . M 18.4

_ _ _ _ _ _ __ _ _

Klage des Arbeitgebers auf Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 18.5 Klage des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf Mankohaftung . . . . . M 18.6 Arrest und Arrestpfändung wegen Unterschlagung . . . . . . . . . . . . . . . . M 18.7 Klage des Arbeitnehmers wegen Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 18.8 Klage des Arbeitgebers wegen Vertragsbruchs auf Schadensersatz und Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 18.9 Einstweilige Verfügung auf Unterlassung von Wettbewerbshandlungen . . . . M 18.10 Klage des Arbeitnehmers auf Freistellung von Ansprüchen Dritter . . . . . . . M 18.11 Deklaratorisches Schuldanerkenntnis . . M 18.12 Klage auf Rückzahlung von Vergütung . M 18.13 Widerklage des Arbeitgebers wegen Geheimnisverrats . . . . . . . . . . . . . . . M 18.14

Literatur: Zum Fehlverhalten des Arbeitnehmers: Bauer/Röder, Taschenbuch zur Kündigung, 2. Aufl. 2000, S. 99 ff.; Becker, Das Urteil des EGMR zum Whistleblowing – Neuer Lösungsweg auch für deutsche Arbeitsgerichte?, DB 2011, 2202; Beckerle, Die Abmahnung, 13. Aufl. 2018; Berkowsky, Was ändert die Reform im Arbeitsrecht?, AuA 2002, 11; Bieder, Einschränkungen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung für leitende Angestellte, DB 2008, 638; Bissels/Lützeler/Wisskirchen, Facebook, Twitter & Co.: Das Web 2.0 als arbeitsrechtliches Problem, BB 2010, 2433; Bissels/Schumacher/Wisskirchen, „Vorweggenommene Abmahnung“ – statt des Mantras der unentbehrlichen Abmahnung, BB 2012, 1473; Braun, Abmahnung im Arbeitsrecht, AuA 2006, 88; Byers/Mößner, Die Nutzung des Web 2.0 am Arbeitsplatz: Fluch und Segen für den Arbeitgeber, BB 2012, 1665; Fuhlrott/Oltmanns, Social Media im Arbeitsverhältnis – Der schmale Grat zwischen Meinungsfreiheit und Pflichtverletzung, NZA 2016, 785; Gabke, Das Haftungsprivileg der Unternehmen bei Arbeitsunfällen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte, FA 2006, 293; Göpfert/Siegrist, Stalking – Nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auch ein Problem für Arbeitgeber?, NZA 2007, 473; Gross/Wesch, Änderungen des Haftungsrechts im Arbeitsverhältnis?, NZA 2008, 849; Haußmann/Kaufmann, Gesetzliche Beschäftigungsverbote, Eignungs-, Zuverlässigkeits- und Integritätsmerkmale und ihre Einordnung im Kündigungsschutzrecht DB 2015, 1223; Haußmann/Merten, Kündigungspflicht und ihre arbeitsrechtliche Umsetzung, NZA 2015, 258; Herbert/ Oberrath, Der Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung der Kosten für die Überwachung des Arbeitnehmers, BB 2011, 2936; Hoppe, Arbeitnehmerhaftung und ihre Auswirkung auf die Nutzung betrieblicher Kommunikationsmittel, ArbRAktuell 2010, 388; Hohmuth, Die arbeitsrechtliche Implementierung von Compliance-Pflichten, BB 2014, 3061; Klasen/Schaefer, Whistleblower, Zeuge und „Beschuldigter“ – Informationsweitergabe im Spannungsfeld grundrechtlicher Positionen, BB 2012, 641; Kleinebrink, Abmahnung und Datenschutz, DB 2012, 1508; Kleinebrink, Die Abmahnung schwerbehinderter Menschen, FA 2012, 194; Kleinebrink, Die Klage des Arbeitnehmers gegen eine schriftliche Abmahnung, FA 2006, 196; Kleinebrink, Zulässigkeit einer betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung gegenüber dem Betriebsrat, DB 2016, 1380; Koch, Rechtsprobleme privater Nutzung betrieblicher elektronischer Kommunikationsmittel, NZA 2008, 911; Kratz/Gubbels, Beweisverwertungsverbote bei privater Internetnutzung am Arbeitsplatz, NZA 2009, 652; Mahnhold, „Global Whistle“ oder „deutsche Pfeife“ – Whistleblowing-Systeme im Jurisdiktionskonflikt, NZA 2008, 737; Melot de Beauregard, Keine Rückgriffsmöglichkeit des Unternehmens bei Kartellstrafen DB 2015, 928; Melot de Beauregard/Baur, Die Haftung des leitenden Angestellten, DB 2016, 1754; Novara/Knierim, Die arbeitsrechtliche Abmahnung nach der „Emmely“Entscheidung, NJW 2011, 1175; Oberthür, Stalking im Arbeitsverhältnis – Schutzpflichten des Arbeitgebers und deren Grenzen, ArbRB 2012, 180; Reich, Die Abmahnung und das Allgemeine Gleichbehand-

758 | Diller

Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | Rz. 1 Kap. 18 lungsgesetz, PersV 2006, 452; Ritter, Das Abmahnungsrecht ist ein unselbstständiger Teil des Kündigungsrechts!, DB 2013, 344; Rudkowski, Die Aufklärung von Compliance-Verstößen durch „Interviews“, NZA 2011, 612; Salamon/Rogge, Funktionen der Abmahnung und Entfernungsanspruch nach „Emmely“, NZA 2013, 363; Schiefer, Die Abmahnung – Aktuelle Brennpunkte, DB 2013, 1785; Schielke, Grundsätze und Rechtsentwicklung der Arbeitnehmerhaftung, ZMV 2009, 61; Schierbaum, Videoüberwachung am Arbeitsplatz, PersR 2008, 180; Schwab, Die Haftung des Arbeitnehmers, AiB 2007, 85; Schwab, Die Schadenshaftung im Arbeitsverhältnis – Eine Übersicht, NZA-RR 2006, 449 und 505; Waltermann, Risikozuweisung nach den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung, RdA 2005, 98; Weber, Zum (richtigen) Umgang mit Low-Performern – Die Kündigung wegen Minderleistung und das Recht des Arbeitnehmers auf eine fähigkeitsgerechte Beschäftigung, DB 2015, 1899; Wisskirchen/Glaser, Unternehmensinterne Untersuchungen, DB 2011, 1392 (Teil I), 1447 (Teil II); Wolf/Mulert, Die Zulässigkeit der Überwachung von E-Mail-Korrespondenz am Arbeitsplatz, BB 2008, 442; Wortmann, Videoüberwachung im Arbeitsverhältnis, ArbRB 2012, 279. Zum Fehlverhalten des Arbeitgebers: Brock, Sicher durch den Paragrafen-Dschungel – Verantwortung für Arbeits- und Gesundheitsschutz, AuA 2009, 416; Göpfert/Wilke, Nutzung privater Smartphones für dienstliche Zwecke, NZA 2012, 765; Krieger/Herzberg, Haftungsrisiken des Arbeitgebers bei der Entsendung von Arbeitnehmern in Krisengebiete, BB 2012, 1089; Legerlotz, (Arbeits-)Unfälle bei betrieblich organisierter Freizeit, ArbRB 2011, 350; Rolfs, Die Neuregelung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerhaftung bei Arbeitsunfällen durch das SGB VII, NJW 1996, 3177; Podehl, Haftung des Arbeitgebers für Stress am Arbeitsplatz, DB 2016, 1695; Salamon/Koch, Die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers bei der Gefährdungshaftung des Arbeitgebers, NZA 2012, 658; Schwab, Die Haftung des Arbeitgebers, AiB 2007, 233; Vogl, Das neue Arbeitsschutzgesetz, NJW 1996, 2753. Zum Mobbing: Abeln/Gaudernack, Mobbing in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte, LAGReport 2005, 225; Brams, Mobbing am Arbeitsplatz: Ein Fall für die Krankentagegeldversicherung, VersR 2009, 744; Hohmann, Rechtliche Voraussetzungen des Mobbingvorwurfs und gerichtlicher Prüfungsumfang, NZA 2006, 530; Jansen/Hartmann, Straining und Mobbing im Lichte des Persönlichkeitsschutzes, NJW 2012, 1540; Kleinsorge, Mobbing am Arbeitsplatz, NWB 2010, 2390; Krieger/Günther, Vorsicht Falle! – Diskriminierungsnachweis durch Testing-Verfahren?, NZA 2015, 262; Lingemann, Diskriminierung in Entgeltsystemen – Ende der Anpassung nach oben?, NZA 2014, 827; Pauken/Biester, Mobbing – so wird es (nicht) gemacht!, ArbAktuell 2013, 350; Sasse, Rechtsprechungsübersicht zum Mobbing, BB 2008, 1450; Schrader, Mobbing am Arbeitsplatz, AiB 2008, 470; Wolmerath, Mobbing im Fokus der betrieblichen Akteure, ArbRAktuell 2015, 118; Zimmermann, Zur Problematik anonymer Arbeitnehmerbeschwerden, ArbuR 2016, 226.

I. Einführung 1. Fehlverhalten des Arbeitnehmers Verstößt der Arbeitnehmer gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten, stehen dem Arbeitgeber zwei Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung1: Er kann eine Ermahnung aussprechen (Rz. 3 f.) oder 1 Eng mit der Frage des Fehlverhaltens verknüpft ist die Frage arbeitgeberseitiger Überwachungsmaßnahmen am Arbeitsplatz. Dabei hat stets eine Güterabwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers andererseits stattzufinden. Besondere Vorsicht ist bei der Überwachung mittels Videokameras geboten, vgl. Schaub/ Linck, ArbR-Hdb., § 153 Rz. 14 f.; Schrader/Mahler, NZA-RR 2016, 57, 58 f. Zur Auswertung von EMails ausgeschiedener Mitarbeiter, Dzida/Klopp, ArbRB 2015, 83. Zur Zulässigkeit einer heimlichen Schrankkontrolle BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 546/12, NZA 2014, 143 m. Anm. Schuster, FD-ArbR 2014, 354958. Zur datenschutzrechtlichen Problematik Lingemann, Kündigungsschutz, S. 291 ff. sowie Kap. 1 Rz. 20. Zudem sind bei Einführung von Kontrollmaßnahmen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten, BAG v. 26.1.2016 – 1 ABR 68/13, NZA 2016, 498, Rz. 21 ff. zur Erstattung der Kosten BAG v. 28.10.2010, NZA-RR 2011, 231; Herbert/Oberrath, BB 2011, 2936; zum Themenkomplex Whistleblowing vgl. Becker, DB 2011, 2202; Klasen/Schaefer, BB 2012, 641; Mahnhold, NZA 2008, 737; Rudkowski, NZA 2011, 612. Zur privaten Nutzung betrieblicher elektronischer Kommunikationsmittel s. Kap. 70.

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1

Kap. 18 Rz. 1 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing den Arbeitnehmer abmahnen (Rz. 5 ff.).2 Dabei bestehen Unterschiede in der Funktion und der Intensität dieser Mittel.

2

Führt der Verstoß zu einem Schaden des Arbeitgebers, können Ersatzansprüche gegen den Arbeitnehmer bestehen (Rz. 18 ff.). a) Ermahnung

3

Die schwächere Sanktion ist die Ermahnung. Mit ihr besteht der Arbeitgeber ohne Androhung von künftigen Rechtsfolgen auf der Einhaltung der vertraglichen Pflichten.3 Sie ist kündigungsrechtlich irrelevant. Ihre Wirkung besteht nur darin, durch Rüge eine Verhaltensänderung herbeizuführen und eine stillschweigende Vertragsänderung durch Duldung des Verhaltens zu verhindern.

4

Wichtig: Wird ein Vertragsverstoß längere Zeit hingenommen, kann dies zu einer konkludenten Änderung des Vertragsinhalts führen. Dies kann durch eine Rüge verhindert werden. Der Arbeitgeber muss zum Ausdruck bringen, dass er das Fehlverhalten nicht duldet.

b) Abmahnung aa) Funktionen der Abmahnung

5

Auch die Abmahnung dient dazu, den Arbeitnehmer zur Vertragserfüllung anzuhalten und eine stillschweigende Vertragsänderung zu verhindern. Darüber hinaus dient sie jedoch hauptsächlich dazu, den Arbeitnehmer vor einer im Wiederholungsfall drohenden verhaltensbedingten Kündigung4 zu warnen. Nach § 314 Abs. 2 BGB5 ist eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung nur nach vorheriger erfolgloser Abmahnung zulässig. Eine Abmahnung kann jedoch dann entbehrlich sein, wenn eine Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigt6 (§ 314 Abs. 2 Satz 2, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB) oder der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertrags2 In Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber auch direkt zur Kündigung greifen, vgl. Kap. 22 Rz. 59 ff. Auf Betriebsbußen (Verwarnung, Verweis, Geldbuße) soll hier nicht eingegangen werden, da diese nicht individualvertragliche, sondern nur Verstöße gegen die kollektivrechtliche Betriebsordnung betreffen. Das Verhalten des Arbeitnehmers kann aber zugleich einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten und eine Störung der betrieblichen Ordnung darstellen. Der Arbeitgeber kann dann mit der Abmahnung eine Verwarnung aussprechen, was allerdings eine Beteiligung des Betriebsrats erfordert. Ob eine Abmahnung auch gegenüber dem Betriebsrat in Betracht kommen kann, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, dazu Kleinebrink, DB 2016, 1380; Sandmaier, SPA 2016, 145 jeweils unter Verweis auf ArbG Solingen v. 18.2.2016 – 3 BV 15/15 lev. Wichtig: Unbedingt zu beachten ist in einem solchen Fall, dass aus dem Text deutlich hervorgehen muss, dass der Arbeitgeber auch mit Nachdruck die Arbeitsvertragsverletzung rügt, da die Abmahnung gegenüber der Verwarnung die weiter reichenden Konsequenzen zur Vorbereitung einer späteren Kündigung hat. 3 Vgl. Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 132 Rz. 1, 2. 4 In Betracht kommt aber auch eine Änderungskündigung oder Versetzung. In diesem Fall gelten die Ausführungen zur Kündigung entsprechend. 5 § 314 Abs. 1 BGB wird durch § 626 Abs. 1 BGB als lex specialis für Dienst- und Arbeitsverhältnisse verdrängt. Weil jedoch eine § 314 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung im Dienstvertragsrecht fehlt, ist diese anzuwenden. 6 Dies ist ua. der Fall bei schwerwiegenden Vertrauensverletzungen; BAG v. 19.11.2015 – 2 AZR 217/15, NZA 2016, 540 Rz. 24; v. 25.10.2012 – 2 AZR 495/11, NZA 2013, 319; v. 1.7.1999, NZA 1999, 1270 ff. Anders ist die Lage, wenn es sich um steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers handelt und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann, BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294 Rz. 22; v. 23.10.2014 – 2 AZR 865/13, NZA 2015, 353 Rz. 46. Eine außerordentliche Kündigung kann auch bei unerlaubter oder missbräuchlicher Nutzung von Social Media in Betracht kommen, dazu Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, 785.

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | Rz. 10 Kap. 18

gemäß zu verhalten7 (§ 314 Abs. 2 Satz 2, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Vorschrift ist entsprechend auch auf die ordentliche Kündigung anzuwenden, denn wenn eine Abmahnung bei besonders schweren Pflichtverletzungen erforderlich ist, dann gilt dies umso mehr bei einfachen.8 Das Abmahnerfordernis ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips, nach dem die Kündigung nur äußerstes Mittel sein darf (Ultima-Ratio-Prinzip). Erst nach einem gleichartigen Wiederholungsfall darf die Kündigung erfolgen.9 Wichtig: Eine ohne vorherige vergebliche Abmahnung ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung ist in der Regel unwirksam.10

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Zum Verhältnis von Abmahnung und Kündigung gilt Folgendes: Spricht der Arbeitgeber eine Abmahnung aus, so verzichtet er konkludent auf ein Kündigungsrecht wegen der Gründe, die Gegenstand der Abmahnung waren.11 Eine Kündigung kann dann nur auf gleich gelagerte Pflichtverletzungen nach Erhalt der Abmahnung gestützt werden oder auf solche, die nachträglich bekannt geworden sind.12 Ein Verzicht auf das Kündigungsrecht liegt allerdings nicht vor, wenn der Abmahnung selbst oder den Umständen zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als „erledigt“ ansieht.13

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bb) Wirksamkeitsvoraussetzungen der Abmahnung Form und Inhalt der Abmahnung sind im Gesetz nicht geregelt. Sie ist daher grds. formfrei, sofern nicht tarifvertraglich Schriftform vorgeschrieben ist. Allerdings empfiehlt sich dringend die Schriftform zur Dokumentation. Die inhaltlichen Voraussetzungen ergeben sich aus der Funktion der Abmahnung als Vorstufe der Kündigung oder ähnlicher Maßnahmen.

8

Aus der Abmahnung muss zweifelsfrei hervorgehen, welche Pflichtwidrigkeit dem Arbeitnehmer genau vorgeworfen wird14 (Dokumentationsfunktion) und welches Verhalten künftig von ihm erwartet wird (Hinweisfunktion). Zudem muss klar zum Ausdruck kommen, dass im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen ist (Warnfunktion).15

9

Grundsätzlich kann jede Pflichtverletzung abgemahnt werden. Die Pflichtverletzung kann sowohl einen Leistungsmangel als auch ein sonstiges Fehlverhalten am Arbeitsplatz betreffen.16 Dies gilt auch bei Verstößen gegen unternehmensinterne Compliance-Regeln.17 Die Abmahnung selbst muss dem

10

7 Eine Abmahnung ist auch dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer zu erkennen gibt, dass er sich ohne Kündigung nicht von einem bestimmten Verhalten abbringen lassen wird, BAG v. 12.1.2006 – 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980. 8 BAG v. 19.11.2015 – 2 AZR 217/15, NZA 2016, 540 Rz. 28. 9 Gleichartig ist ein Wiederholungsfall, wenn er in einem engen Zusammenhang mit der Abmahnung steht. Die Abmahnung muss denselben Bereich wie die Pflichtwidrigkeit betreffen, derentwegen gekündigt wird (BAG v. 16.1.1992 – 2 AZR 412/91, NZA 1992, 1023; v. 16.9.2004 – 2 AZR 406/03, NZA 2005, 459). 10 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294 Rz. 22; v. 25.10.2012 – 2 AZR 495/11, NZA 2013, 319 Rz. 16; v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227. Die unwirksame Kündigung hat die Wirkung einer Abmahnung, sofern die behauptete Pflichtverletzung tatsächlich vorliegt, BAG v. 31.8.1989 – 2 AZR 13/89, NZA 1990, 433, 434. 11 BAG v. 19.11.2015 – 2 AZR 217/15, NZA 2016, 540 Rz. 28; v. 13.5.2015, NJOZ 2015, 1783 Rz. 33. 12 BAG v. 9.6.2011, NZA 2011, 1342 Rz. 31; v. 13.12.2007 – 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589 Rz. 38. 13 BAG v. 19.11.2015 – 2 AZR 217/15, NZA 2016, 540 Rz. 28. 14 Dies erfordert eine detaillierte Angabe des Vorfalls mit Datum und uU Uhrzeit; ausf. Schiefer, DB 2013, 1785. 15 Dazu soll auch die Androhung „arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ genügen können, BAG v. 19.4.2012 – 2 AZR 258/11, NZA-RR 2012, 567. Ratsamer ist es jedoch, ausdrücklich eine Kündigung anzudrohen. 16 Unfreundlichkeit des Arbeitnehmers gegenüber Kunden vor allem in der schriftlichen Korrespondenz kann eine Abmahnung rechtfertigen, LAG Schleswig-Holstein v. 20.5.2014 – 2 Sa 17/14. 17 Allgemein zu Compliance-Richtlinien Hohmuth, BB 2014, 3061.

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Kap. 18 Rz. 10 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.18 Bei lediglich vereinzelten Bagatellverstößen darf sie nicht ausgesprochen werden.

11 Eine Regelausschlussfrist für die Erklärung der Abmahnung gibt es nicht. Es wäre auch praktisch un-

möglich, sich häufende, über einen längeren Zeitraum verteilte Bagatellverstöße innerhalb einer bestimmten Frist zu rügen.19 Gleichwohl kann der Arbeitgeber das Recht zur Abmahnung verwirken, wenn sich der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum vertragstreu verhalten hat und der Arbeitgeber durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass die Verfehlung nicht mehr geahndet werden soll.20

12 Abmahnungsberechtigt ist jeder weisungsbefugte Vorgesetzte.21 13 Die Abmahnung muss zur Erfüllung ihres Zwecks dem betroffenen Arbeitnehmer zugehen. Die Regeln zum Zugang von Willenserklärungen gelten entsprechend (§ 130 Abs. 1 BGB).22

14 Die Abmahnung ist als arbeitsvertragliches Rügerecht mitbestimmungsfrei,23 allerdings sehen mitunter Tarifverträge oder (freiwillige) Betriebsvereinbarungen Mitbestimmungspflichten vor.

15 Die Wirkung der Abmahnung ist zeitlich begrenzt. Es gibt jedoch auch insoweit keine Regelfrist. In

der Praxis war es üblich, die Abmahnung nach zwei bis drei Jahren aus der Personalakte zu entfernen.24 Der Arbeitnehmer kann die Entfernung aber nur verlangen, wenn das gerügte Verhalten bedeutungslos geworden ist.25 Im Hinblick auf die „Emmely“-Entscheidung des BAG26, in der ua. das in 30 Jahren beanstandungsfreier Betriebszugehörigkeit aufgebaute „Vertrauenskapital“ der verhaltensbedingten Kündigung entgegenstand, ist jedoch fraglich, ob eine Abmahnung überhaupt noch bedeutungslos werden kann.27 Denn sie dient dem Nachweis, dass das Arbeitsverhältnis nicht beanstandungsfrei verlaufen ist und somit kein „Vertrauenskapital“ aufgebaut wurde. Das BAG gesteht Arbeitgebern daher ein berechtigtes Interesse auch an länger zurückliegenden Abmahnungen im Hinblick auf eine spätere Interessenabwägung zu.28 Exakte zeitliche Grenzen lassen sich nicht ziehen, vielmehr ist stets eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen.29

16 Zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen, denen keine weiteren Konsequenzen folgen, können die Warnfunktion der Abmahnungen abschwächen. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, dass weitere derartige Pflichtverletzungen nunmehr tatsächlich zum Ausspruch einer Kündigung führen werden.30 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

BAG v. 12.1.2006 – 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980; v. 13.11.1991 – 5 AZR 74/91, DB 1992, 843. BAG v. 14.12.1994 – 5 AZR 137/94, NZA 1995, 676; v. 15.1.1986 – 5 AZR 70/84, DB 1986, 1075. BAG v. 13.10.1988 – 6 AZR 144/85, NZA 1989, 716. BAG v. 18.1.1980 – 7 AZR 75/78, DB 1980, 1351; RA als Bevollmächtigter: BAG v. 15.7.1992 – 7 AZR 466/91, NZA 1993, 221. Bei der deutschen Sprache nicht mächtigen Arbeitnehmern geht die Abmahnung erst nach einer angemessenen Zeitspanne zu, die der Arbeitnehmer benötigt, um die Abmahnung zu übersetzen (LAG Hamm v. 5.1.1979, EzA § 130 BGB Nr. 9; aA aber LAG Köln v. 24.3.1988 – 8 Ta 46/88, NJW 1988, 1870). BAG v. 17.10.1989 – 1 ABR 100/88, NZA 1990, 193; der Betriebsrat hat auch keinen Anspruch darauf, dass ihm alle ausgesprochenen Abmahnungen in anonymisierter Form vorlegt werden, BAG v. 17.9. 2013 – 1 ABR 26/12, NZA 2014, 269. Vgl. LAG Hamm v. 12.7.2007, AuA 2008, 505; krit. Schrader, NJW 2012, 342. BAG v. 19.7.2012 – 2 AZR 782/11, NZA 2013, 91. BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227. Dazu Salamon/Rogge, NZA 2013, 363; Ritter, DB 2013, 344; Novara/Knierim, NJW 2011, 1175; Schiefer, DB 2013, 1785. BAG v. 19.7.2012 – 2 AZR 782/11, NZA 2013, 91. BAG v. 19.7.2012 – 2 AZR 782/11, NZA 2013, 91 Rz. 30. BAG v. 27.9.2012 – 2 AZR 955/11, NZA 2013, 425 Rz. 47; v. 15.11.2001 – 2 AZR 609/00, NZA 2002, 968; v. 16.9.2004 – 2 AZR 406/03, NZA 2005, 459.

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | Rz. 18 Kap. 18

Tarifverträge können vorsehen, dass vor der Übernahme der Abmahnung in die Personalakte31 der Arbeitnehmer anzuhören ist (zB § 3 Abs. 5 TVöD aF).32 Unterlässt der Arbeitgeber dies, ist die Abmahnung formell unwirksam. Zur Vorbereitung einer Kündigung reicht sie jedoch aus, da sie die erforderliche Warnfunktion aufweist und ja auch mündlich hätte ausgesprochen werden können.33

17

Eine vorweggenommene Abmahnung hat die Rechtsprechung bisher nicht anerkannt. Sie wird für besonders schwerwiegende Verstöße gegen Kardinalpflichten des Arbeitsverhältnisses vorgeschlagen.34 In solchen Fällen muss es dem Arbeitgeber möglich sein, bereits nach dem ersten Verstoß ohne weitere Abmahnung zu kündigen, wenn er dies bereits zuvor angedroht hatte. Die vorweggenommene Abmahnung muss auf Kardinalpflichten beschränkt bleiben, da sonst die Gefahr besteht, dass die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung unterlaufen werden. Die Voraussetzungen einer vorweggenommenen Abmahnung entsprechen im Wesentlichen denen einer nachträglichen Abmahnung (dazu Rz. 8 ff.). Da die vorweggenommene Abmahnung aber nicht bereits auf einen konkret eingetretenen Verstoß Bezug nehmen kann, muss die befürchtete Pflichtverletzung so genau wie möglich umschrieben werden, um dem Arbeitnehmer das sanktionierte Verhalten genau vor Augen zu führen. Die vorweggenommene Abmahnung kann als einseitige Erklärung, aber auch in einem Aushang, als Richtlinie oder als persönliche, vom Arbeitnehmer unterschriebene Verpflichtungserklärung ausgestaltet sein.35 Durchgesetzt hat sich das Instrument in der Praxis bisher allerdings nicht.

17a

c) Schadensersatz Dem Arbeitgeber steht bei einem Pflichtverstoß des Arbeitnehmers oder Auszubildenden36, der zu einem Schaden geführt hat, uU ein Anspruch auf Schadensersatz zu.37 Dies kann nach § 823 BGB der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich oder fahrlässig ein absolutes Recht des Arbeitgebers widerrechtlich verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB) oder gegen ein Schutzgesetz verstößt (§ 823 Abs. 2 BGB). Als Anspruchsgrundlage kommen aber auch die § 280 Abs. 1 Satz 1, § 619a, § 241 Abs. 2 BGB (positive Vertragsverletzung)38 in Betracht, wenn der Arbeitnehmer eine vertragliche Nebenpflicht verletzt oder eine Schlechtleistung erbringt, dies vertreten muss (§ 276 BGB), und dies zu einem Schaden des Arbeitgebers führt.39 Alternativ kann auch ein Schadensersatzanspruch aus § 667 Alt. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB bestehen.40 Sofern der Schadensersatzanspruch aus einer unerlaubten oder strafbaren Handlung des Arbeitnehmers resultiert, wird er nicht von einer Ausschlussklausel 31 32 33 34 35 36 37

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39 40

Zu datenschutzrechtlichen Bedenken Kleinebrink, DB 2012, 1508. So noch die Vorgängerregelung § 13 Abs. 2 BAT. BAG v. 21.5.1992 – 2 AZR 551/91, DB 1992, 2143. Wisskirchen/Schumacher/Bissels, BB 2012, 1473. Vgl. Wisskirchen/Schumacher/Bissels, BB 2012, 1473, 1476. Auszubildende, die durch ihr Verhalten bei einem Beschäftigten desselben Betriebs einen Schaden verursachen, haften nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer, BAG v. 19.3.2015 – 8 AZR 67/14, NZA 2015, 1057. Theoretisch kommen auch Schadensersatzansprüche zwischen Arbeitnehmern in Betracht. Das BAG ist hier jedoch zurückhaltend. Kündigt zB ein Arbeitnehmer wegen Beleidigungen oder Nötigungen durch einen Kollegen das Arbeitsverhältnis, so hat er gegen diesen keinen Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls, der infolge der Eigenkündigung eintritt, BAG v. 18.1.2007 – 8 AZR 234/06, AP Nr. 17 zu § 823 BGB. Unter den zu ersetzenden Schaden fallen auch Detektivkosten zur Überwachung des Arbeitnehmers, wenn die ermittelten Tatsachen zum Verdacht einer so schwerwiegenden Pflichtverletzung führen, dass eine deswegen ausgesprochene Kündigung iSe. Verdachtskündigung als begründet angesehen werden muss, BAG v. 26.9.2013 – 8 AZR 1026/12, NZA 2014, 301. Zur Haftung des Arbeitnehmers bei Schäden durch die Nutzung betrieblicher Informations- und Kommunikationstechnik s. Hoppe, ArbRAktuell 2010, 388. Die Beschäftigten sind als Beauftragte verpflichtet, dem Arbeitgeber als Auftraggeber alles, was aus der Geschäftsbesorgung erlangt wurde, herauszugeben oder jedenfalls zu ersetzen, BAG v. 21.8.2014 – 8 AZR 655/13, NZA 2015, 94.

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Kap. 18 Rz. 18 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing im Arbeitsvertrag erfasst.41 In diesem Fall kann der Arbeitgeber mit seiner Forderung auch gegen unpfändbare Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers aufrechnen.42

19 Die Eigenart des Arbeitsverhältnisses bringt es mit sich, dass auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer

im Laufe der Zeit ein Fehler unterlaufen kann. Die Haftungsrisiken in der industriellen Fertigung stehen dabei häufig in keinem äquivalenten Verhältnis zu dem Arbeitsentgelt. Zudem bestimmt der Arbeitgeber die Risikofaktoren innerhalb des Betriebes durch seine Organisationsgewalt und sein Weisungsrecht, während der Arbeitnehmer darauf keinen Einfluss hat. Im Rahmen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs haben sich daher Grundsätze herausgebildet, die die Haftung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten43 angemessen mildern.44 Schädigt der Arbeitnehmer bei der Arbeitsleistung hingegen außenstehende Dritte, ist er im Außenverhältnis zum Schadensersatz verpflichtet.45

20 Danach haftet46 der Arbeitnehmer – bei leichtester Fahrlässigkeit47 überhaupt nicht; – bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig;48 – bei grober Fahrlässigkeit49 und Vorsatz50 unbeschränkt. Allerdings muss sich das Verschulden jeweils auch auf den Schaden beziehen.51 Bei grober Fahrlässigkeit ist auch eine Schadensteilung 41 BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 753/14, NZA 2016, 1271 Rz. 31 m. Anm. Kalck/Lange, ArbRAktuell 2016, 484. Dies gilt auch für den entsprechenden Anspruch aus § 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB. 42 Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet wurde, LAG Sachsen-Anhalt v. 11.4. 2016 – 6 Sa 45/14, juris Rz. 42. 43 Dies sind alle Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer aufgrund seines Arbeitsvertrags schuldet oder von dem Arbeitgeber zugewiesen bekommt. 44 Das BAG stützt den Schadensausgleich auf eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB, vgl. BAG v. 21.5.2015 – 8 AZR 116/14, NZA 2015, 1517 Rz. 25; v. 15.11.2012, NJOZ 2013, 709 Rz. 31. Diese Grundsätze finden grundsätzlich auch auf die leitenden Angestellten des Betriebs Anwendung, Melot de Beauregard/Baur, DB 2016, 1754. 45 Soweit jedoch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber eine Haftungsprivilegierung nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs eingreifen würde, steht dem Arbeitnehmer ein Freistellungsanspruch gegen diesen zu. Dieser Anspruch wird jedenfalls dann fällig, wenn der Arbeitnehmer im Außenverhältnis die Rechtsverteidigung gegen die Verurteilung zum Schadensersatz einstellt, BAG v. 25.6.2009 – 8 AZR 236/08, DB 2009, 2493. 46 Von Bedeutung ist auch das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 SGB VII im Verhältnis der Arbeitnehmer zueinander. Vgl. hierzu BAG v. 19.3.2015 – 8 AZR 67/14, NZA 2015, 1057, Rz. 20; v. 30.4.2013, NZA 2013, 1218 Rz. 13. 47 Leichteste Fahrlässigkeit liegt vor bei geringfügigen und leicht entschuldbaren Pflichtverletzungen, die jedem Arbeitnehmer unterlaufen können. 48 Bei der mittleren Fahrlässigkeit bestimmt sich der Haftungsanteil des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch nach der Versicherbarkeit durch den Arbeitgeber, nach der Höhe des Verdienstes, dem Vorverhalten des Arbeitnehmers sowie seinen sozialen Verhältnissen, BAG v. 18.1.2007, NZA 2007, 1320 Rz. 30; v. 24.11.1987 – 8 AZR 524/82, DB 1988, 1603. Darf ein Arbeitnehmer ein Dienstfahrzeug auch zu privaten Zwecken nutzen und verursacht er hierbei fahrlässig einen Unfall, so ist die Haftung begrenzt auf die Höhe der verkehrsüblichen Selbstbeteiligung einer Vollkaskoversicherung, auch wenn der Arbeitgeber es versäumt hat, eine solche abzuschließen. Eine Unterscheidung zwischen privater Fahrt und Dienstfahrt ist dabei nach – zweifelhafter – Auffassung des LAG Köln nicht geboten, LAG Köln v. 22.12.2004, LAGE § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerhaftung Nr. 1. 49 Grob fahrlässig handelt der Arbeitnehmer, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die jedem eingeleuchtet hätte. 50 Vorsatz setzt das Wissen und Wollen, mindestens aber die billigende Inkaufnahme des Schädigungserfolgs voraus. 51 BAG v. 18.4.2002, NZA 2003, 37; v. 18.1.2007 – 8 AZR 250/06, DB 2007, 973.

764 | Diller

Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | Rz. 22 Kap. 18

nicht ausgeschlossen,52 wenn für den Arbeitnehmer eine existentielle Bedrohung in finanzieller Hinsicht besteht.53 Diese Grundsätze über die Beschränkung der Haftung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht.54 Eine Abweichung zu Lasten des Arbeitnehmers ist weder einzel- noch kollektivvertraglich zulässig. Eine Haftungsverschärfung setzt einen finanziellen Risikoausgleich voraus, der eine ausreichende Kompensation darstellt.55 Die Beweislast im Prozess richtet sich nach § 619a BGB.56 Dieser enthält eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Arbeitnehmers in Abweichung zu § 280 Abs. 1 BGB.57 Der Arbeitgeber muss danach ein Vertretenmüssen des Arbeitnehmers beweisen. Dies gilt auch für Berufsausbildungsverhältnisse, nicht jedoch für arbeitnehmerähnliche Personen, da für diese auch die beschränkte Arbeitnehmerhaftung nicht zur Anwendung kommt.58

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Räumt der Arbeitnehmer seine Pflicht zum Schadensersatz aus einer (vorsätzlichen oder fahrlässigen) Pflichtverletzung ein, stellt sich oft das Problem, dass der Arbeitnehmer mangels liquider Mittel den Schadensersatz nicht sofort zahlen kann. Es bleibt dann nur langfristige Verrechnung mit Gehaltsansprüchen und/oder Ratenzahlung. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber oft die Sorge, der Arbeitnehmer könne später seine Ersatzpflicht doch noch bestreiten, und bis dahin könne sich die Beweislage nachteilig verändert haben. Auch muss der Arbeitgeber an (einzelvertragliche oder tarifliche) Ausschlussfristen sowie an die gesetzliche Verjährung denken. Deshalb liegt nahe, den Arbeitnehmer vorsorglich ein Schuldanerkenntnis unterzeichnen zu lassen. Zur Auswahl stehen entweder ein deklaratorisches oder ein konstitutives („abstraktes“) Schuldanerkenntnis. Prägend für das konstitutive Schuldanerkenntnis ist, dass durch dieses ein neuer selbständiger Schuldgrund geschaffen werden soll. Es ist von seinen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhängen – mit Ausnahme der Bereicherungseinrede vgl. § 812 Abs. 2 BGB – weitestgehend losgelöst.59 Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis hingegen liegt vor, wenn zwischen den Parteien Streit oder Ungewissheit über das bestehende Schuldverhältnis im Ganzen oder über einzelne rechtserhebliche Punkte besteht und die Parteien diese dem Streit entziehen wollen.60 Für den Arbeitgeber vorteilhafter ist – entgegen einer verbreiteten Meinung – das lediglich deklaratorische Anerkenntnis, weil der Arbeitnehmer ein abstraktes Anerkenntnis nach § 812 Abs. 2 BGB kondizieren kann, wenn er später erfolgreich gerichtlich geltend macht, in Wahrheit habe keine Schadensersatzpflicht bestanden.

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52 BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 418/09, NZA 2011, 345 zur Haftungsbegrenzung auf ein Bruttojahresgehalt einer „Mini-Jobberin“ bei grober Fahrlässigkeit. 53 BAG v. 15.11.2012, NJOZ 2013, 709 Rz. 26; v. 28.10.2010 – 8 AZR 418/09, NZA 2011, 345 Rz. 25. Als erster grober Anhaltspunkt für eine existentielle finanzielle Belastung kann die fünfjährige Schadenstilgungsdauer nach §§ 286 ff. InsO dienen, BAG v. 18.4.2002 – 8 AZR 348/01, NZA 2003, 37, 41 f. 54 Eine Berufung leitender Angestellter auf die Grundsätze der privilegierten Arbeitnehmerhaftung soll zumindest bei der Schädigung anderer Mitarbeiter durch Weisungen, die deren Persönlichkeitsrecht verletzen, nicht möglich sein, BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223, 227. Kritisch hierzu Bieder, DB 2008, 638. 55 LAG Hessen v. 5.9.1969, BB 1970, 888. Dies ist allein bei der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens nicht der Fall, BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649. 56 Einzelheiten bei PWW/Lingemann, § 619a BGB Rz. 1 ff. 57 Der Anwendungsbereich der Norm ist jedoch auf Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB und auf den Bereich der Arbeitnehmerhaftung beschränkt, für den auch die Grundsätze der Haftungsbeschränkung gelten, also auf betrieblich veranlasste Tätigkeiten (Oetker, BB 2002, 43, 44). 58 BAG v. 1.2.1963, AP Nr. 28 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die arbeitnehmerähnliche Person wie ein regulärer Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert ist, LAG Hessen v. 2.4.2013, BB 2013, 1726. 59 BGH v. 14.1.2008 – II ZR 245/06, NJW 2008, 1589. 60 BGH v. 24.3.1976 – IV ZR 222/74, NJW 1976, 1259, 1260.

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Kap. 18 Rz. 23 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing

2. Fehlverhalten des Arbeitgebers 23 Neben der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung (vgl.

hierzu Kap. 12) treffen den Arbeitgeber diverse Nebenpflichten. Diese können sich ergeben aus Gesetz (BUrlG, EFZG, ArbSchG, ArbZG, SGB IX, § 612a BGB, etc.61), Kollektivverträgen, einzelvertraglichen Vereinbarungen oder aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Diese Nebenpflichten werden regelmäßig unter dem Begriff der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zusammengefasst.62 Der Arbeitgeber hat ua. für den Schutz von Leben und Gesundheit63 des Arbeitnehmers,64 von dessen Persönlichkeitsbelangen,65 von dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung,66 der von ihm eingebrachten Sachen sowie seiner Vermögensinteressen67 Sorge zu tragen.

24 Bei Verstößen gegen arbeitgeberseitige Nebenpflichten stehen dem Arbeitnehmer neben Erfüllungs-

und Unterlassungsansprüchen auch Zurückbehaltungsrechte sowie Schadensersatzansprüche zur Seite. In Ausnahmefällen kommt auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Dies gilt beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber unrichtige Auskünfte erteilt. Zwar obliegt dem Arbeitgeber keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Erteilt er aber Auskünfte, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Daher kann sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen, wenn er dem Arbeitnehmer eine unrichtige Auskunft darüber erteilt, ob eine Vertragsänderung negative finanzielle Auswirkungen hat, und der Arbeitnehmer aufgrund dieser Auskunft seine Entscheidungen trifft.68 Auch im Bereich der betrieblichen 61 Einen Überblick über wichtige staatliche Regelungen im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes findet sich bei Balikcioglu, NZA 2015, 1424. Speziell zu Telearbeitsplätzen vgl. Aligbe, ArbRAktuell 2016, 132. 62 Zu den Haftungsrisiken des Arbeitgebers bei der Entsendung von Arbeitnehmern in Krisengebiete s. Krieger/Herzberg, BB 2012, 1089. 63 Dabei steht dem Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 ArbSchG iVm. § 618 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Beurteilung der mit der Beschäftigung verbundenen Gefährdung zu. Ein Anspruch auf Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach bestimmten, vom Arbeitnehmer vorgegebenen Kriterien und Methoden besteht hingegen nicht; insoweit räumt § 5 Abs. 1 ArbSchG dem Arbeitgeber einen weiten Beurteilungsund Handlungsspielraum ein (BAG v. 12.8.2008 – 9 AZR 1117/06, DB 2008, 2030). Die Gefährdungsbeurteilung erfasst nach § 5 Abs. 3 Nr. 6 ArbSchG auch psychischen Gefahren, dazu Podehl, DB 2016, 1695. 64 Der Arbeitnehmer hat unter den Voraussetzungen des § 618 Abs. 1 BGB iVm. § 5 Abs. 1 ArbStättV regelmäßig dann einen Anspruch auf Zuweisung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes, wenn der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Bestimmungen zum Nichtraucherschutz verpflichtet ist (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 241/08, NZA 2009, 775). In Betrieben mit Publikumsverkehr besteht indes kein umfassender Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz BAG v. 10.5.2016 – 9 AZR 347/15, NZA 2016, 1134. 65 Vgl. auch die Ausführungen zum Mobbing Rz. 27 ff.; heimliche Videoaufnahmen eines krankgeschriebenen Arbeitnehmers durch einen Detektiv sind rechtswidrig, wenn der Arbeitgeber keinen konkreten Anlass zur Überwachung hatte, BAG v. 19.2.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994. Eine Einwilligung in die Veröffentlichung von Videoaufnahmen, die dem Arbeitgeber zu Werbezwecke dienen, verliert nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses ihre Wirkung. Grundsätzlich ist aber ein Widerruf mit plausiblen Gründen möglich, BAG v. 19.2.2015 – 8 AZR 1007/13, AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 43. 66 Die daraus resultierende Schutz- und Rücksichtnahmepflicht begründet für Arbeitnehmer jedoch nicht das Recht, zur Einsichtnahme in die Personalakte einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Dies gilt jedenfalls in Fällen, in der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, Kopien der in der Personalakte befindlichen Schriftstücke zu fertigen, BAG v. 12.7.2016 – 9 AZR 791/12, juris Rz. 10 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2016, 526. 67 Eine Pflicht auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung gem. § 1a BetrAVG hinzuweisen, trifft den Arbeitgeber nicht, BAG v. 21.1.2014 – 3 AZR 807/11, NZA 2014, 903. 68 BAG v. 21.5.2015 – 6 AZR 349/14, BB 2015, 1914. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der auf seine Veranlassung abgeschlossenen Altersteilzeitvereinbarung schuldhaft und zure-

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | Rz. 26 Kap. 18

Altersversorgung müssen (freiwillig erteilte) Auskünfte grundsätzlich richtig, vollständig und eindeutig sein.69 Dabei können sich Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung (§ 280 BGB)70 und der Deliktshaftung (§§ 823 ff. BGB) ergeben. Hierbei ist jedoch auf arbeitsrechtliche Besonderheiten zu achten: Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist die Haftung des Arbeitgebers für Personenschäden ausgeschlossen, soweit diese auf einem Versicherungsfall iSd. § 7 SGB VII beruhen, der Arbeitgeber den Unfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hat71 und der Unfall nicht auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg72 eingetreten ist.73 Für Sachschäden tritt neben die Verschuldenshaftung aus § 280 Abs. 1 BGB und §§ 823 ff. BGB eine verschuldensunabhängige Haftung unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes aus § 670 BGB, soweit sich dabei ein besonderes, vom Arbeitgeber zu tragendes und nicht abgegoltenes Risiko realisiert hat.74 Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Ersatz für den an seinem Privatfahrzeug entstandenen Unfallschaden verlangt, sofern das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers für berufliche Zwecke eingesetzt worden ist. Der Arbeitnehmer hat dann jedoch darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er den Unfall nicht grob fahrlässig verursacht hat.75 Der Arbeitgeber ist auch dann zum Ersatz eines Unfallschadens des Arbeitnehmers verpflichtet, wenn dieser als Arzt im Rahmen der Rufbereitschaft den Einsatz seines Privatfahrzeugs für erforderlich halten durfte, um rechtzeitig am Arbeitsort zu erscheinen.76

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Das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verbietet die Benachteiligung von Arbeitnehmern durch Vereinbarungen und Maßnahmen, soweit diese ihre Rechte in zulässiger Weise ausüben. Im Ergebnis soll der Arbeitnehmer so gestellt werden, als sei die Benachteiligung nicht erfolgt.77 Auch Schadensersatzansprüche ua. nach § 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB sind denkbar. Bei Wiederholungsgefahr besteht ein Unterlassungsanspruch.78 Ein Anspruch auf Einstellung besteht jedoch nicht.79

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chenbar Auskunfts- und Informationspflichten verletzt und dies letztlich die Unwirksamkeit der Altersteilzeitvereinbarung bewirkt, LAG Nürnberg v. 14.11.2013 – 8 Sa 143/13, BB 2014, 435. BAG v. 18.2.2020 – 3 AZR 206/18, NZA 2020, 860. Der Arbeitgeber kann sich bspw. schadensersatzpflichtig nach § 280 Abs. 1 BGB machen, wenn er im Zusammenhang mit der auf seine Veranlassung abgeschlossenen Altersteilzeitvereinbarung schuldhaft und zurechenbar Auskunfts- und Informationspflichten verletzt und dadurch letztlich die Unwirksamkeit der Altersteilzeitvereinbarung bewirkt, LAG Nürnberg v. 14.11.2013 – 8 Sa 143/13. Auch kann eine Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB bestehen, wenn der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht aus § 618 BGB iVm. § 5 Abs. 1 ArbSchG nicht hinreichend nachkommt und der Arbeitnehmer dadurch einen körperlichen oder seelischen Schaden erleidet, Podehl, DB 2016, 1695. Der Vorsatz muss sich sowohl auf die Verletzungshandlung als auch den Verletzungserfolg beziehen, BAG v. 28.4.2011, NZA-RR 2012, 290 Rz. 50; v. 10.10.2002 – 8 AZR 103/02, NZA 2003, 436; die billigende Inkaufnahme des Schadenseintritts genügt: BAG v. 28.4.2011, NZA-RR 2012, 290 Rz. 50. Organisiert der Arbeitgeber Rücktransporte mit betriebseigenen Fahrzeugen von der Betriebsstätte, handelt es sich nach der Rspr. des BAG um Betriebswege iSd. § 8 Abs. 1 SGB VII; die Haftungsfreistellung des § 104 SGB VII greift mithin ein, BAG v. 19.8.2004 – 8 AZR 349/03, ArbRB 2005, 6. Vgl. zur Verfassungskonformität dieser Vorschrift im Hinblick auf den Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs und die insoweit mangelnde Kompensation durch die gesetzliche Unfallversicherung LAG Hessen v. 14.7.2009 – 13 Sa 2141/08, BeckRS 2009, 69564. BAG v. 22.6.2011 – 8 AZR 102/10, NZA 2012, 91 Rz. 20; v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 406 Rz. 34 zur Ersatzpflicht des Arbeitgebers bei Beschädigung/Verlust von dienstlich genutzten privaten Smartphones s. Göpfert/Wilke, NZA 2012, 765, 768. BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NZA 2011, 406. BAG v. 22.6.2011 – 8 AZR 102/10, NZA 2012, 91. Das Maßregelungsverbot des § 612a BGB setzt voraus, dass eine zulässige Rechtsausübung wesentliches Motiv für die benachteiligende Maßnahme ist. Hierfür ist der klagende Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Das zufällige und unbemerkte Mithören eines Telefonats durch Dritte ohne Beitrag des Beweispflichtigen hat in diesem Zusammenhang kein Beweisverwertungsverbot zur Folge, BAG v. 23.4. 2009 – 6 AZR 189/08, NZA 2009, 974 Rz. 26. S. im Einzelnen PWW/Lingemann, § 612a BGB Rz. 1 ff. BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 150/10, NZA 2012, 317 unter analoger Anwendung des § 15 Abs. 6 AGG.

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Kap. 18 Rz. 27 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing

3. Mobbing 27 „Mobbing“ ist kein eigenständiger juristischer Tatbestand,80 sondern schlicht die Beschreibung eines

in der Praxis nicht selten vorkommenden Phänomens. Mobbing lässt sich beschreiben als fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen am Arbeitsplatz gegenüber einzelnen Mitarbeitern zur Erreichung von Zielen, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt sind und die jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.81 Zum Wesen des Mobbing gehört, dass es nicht um im Einzelnen isolierbare Vorfälle geht, die meist für sich allein keine Anspruchs-, Gestaltungs- oder Abwehrrechte auslösen, sondern um eine Gesamtheit von aneinander gereihten Maßnahmen über einen langen Zeitraum hinweg, die erst in dieser Gesamtheit die Fülle dessen überschreiten, was am Arbeitsplatz tolerierbar ist.82 Erforderlich ist also ein „übergreifendes systematisches Vorgehen“.83 An dieser für das Mobbing typischen, verschiedene einzelne Handlungen zusammenfassenden Systematik kann es fehlen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzten, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinander folgen, kritisiert oder schlecht beurteilt wird.84 Mobbing zeichnet sich dadurch aus, dass die unerwünschten Verhaltensweisen bezwecken, die Würde des Arbeitnehmers zu verletzen und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld zu schaffen. Die Mobbinghandlungen müssen demnach zumindest der Definition des Begriffs der Belästigung nach § 3 Abs. 3 AGG entsprechen.85 Zudem bedarf es in jedem Fall einer Täter-Opfer-Konstellation, so dass Fälle gegenseitigen Anfeindens oder wechselseitiger Eskalation ausscheiden. Eine solche fehlt aber nicht bereits dann, wenn vereinzelte affekthaft begangene sozialinadäquate Verhaltensweisen des Mobbing-Opfers vorliegen, welche auf Provokationen des Mobbing-Täters beruhen.86

28 Mobbing wirft schwierige Rechtsfragen auf. Dies gilt einerseits hinsichtlich der wechselseitigen Darlegungs- und Beweislast, welche nach der wohl überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung den allgemeinen Grundsätzen folgt,87 und der Verantwortung des Arbeitgebers für das Handeln ein-

80 Vgl. BAG v. 23.1.2007 – 9 AZR 557/06, DB 2007, 1420: Der Begriff ist so unbestimmt, dass er nicht Gegenstand eines gerichtlichen Feststellungsantrags sein kann; Jansen/Hartmann, NJW 2012, 1540, 1541. 81 BAG v. 11.12.2014 – 8 AZR 838/13, NZA 2015, 808 Rz. 14; v. 28.10.2010, NZA-RR 2011, 378; v. 24.4. 2008 – 8 AZR 347/07, NJW 2009, 251. 82 Wo diese Grenze liegt, lässt sich nicht allgemein bestimmen. So hat das LAG Nürnberg festgestellt, dass der Arbeitgeber davon ausgehen könne, dass ein Arbeitnehmer ein gewisses Maß an deutlicher Kritik verträgt, solange er ihm nicht deutlich macht, dass er solche Kritik als Angriff auf seine Ehre oder Persönlichkeit empfindet, LAG Nürnberg v. 5.9.2006, LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 13. 83 BAG v. 24.4.2008 – 8 AZR 347/07, NJW 2009, 251; v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, AP Nr. 5 zu § 611 BGB (Mobbing); vgl. auch LAG Köln v. 9.3.2009 – 5 Sa 1405/08; LAG Rheinland-Pfalz v. 16.8.2001 – 6 Sa 415/01, NZA-RR 2002, 121; vgl. LAG Bremen v. 17.10.2002 – 3 Sa 78/02, 3 Sa 232/02, LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 5: neun Vorfälle innerhalb von 3 1/2 Jahren reichen nicht aus. 84 BAG v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1155. 85 BAG v. 15.9.2016 – 8 AZR 351/15; Anm. Merten, ArbRAktuell 2017, 117; v. 24.4.2008 – 8 AZR 347/07, NJW 2009, 251. 86 Thüringer LAG v. 28.6.2005 – 5 Sa 63/04, ArbuR 2006, 31. 87 Es ist also trotz der Schwierigkeiten für das Mobbing-Opfer nicht von einer Änderung der Darlegungsund Beweislast auszugehen, BAG v. 14.11.2013 – 8 AZR 813/12, NZA 2014, 564; v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1155; LAG Düsseldorf v. 16.3.2013 – 17 Sa 602/12; LAG Köln v. 21.4.2006 – 12 (7) Sa 64/06, PflR 2006, 515. Auch eine Beweiserleichterung ist regelmäßig nicht angebracht, LAG Schleswig-Holstein v. 19.3.2002 – 3 Sa 1/02, NZA-RR 2002, 457; aA Thüringer LAG v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/ 2000, NZA-RR 2001, 347; Wickler, DB 2002, 477. Der Arbeitnehmer muss im Prozess die beanstandeten Verhaltensweisen des Arbeitgebers so konkret darlegen und beweisen, dass in jedem Einzelfall beurteilt werden kann, ob der Arbeitgeber sich rechtswidrig und schuldhaft verhalten hat und ob er mit einer Erkrankung des Arbeitnehmers zu rechnen hatte, LAG Berlin v. 15.7.2004 – 16 Sa 2280/03, NZA-RR 2005, 13; eine Verpflichtung zur Parteivernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO besteht nicht, BAG v. 14.11.2013 – 8 AZR 813/12, NZA 2014, 564; ausf. zur Beweislast Pauken/Biester, ArbRAktuell 2013, 350.

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | Rz. 31 Kap. 18

zelner Mitarbeiter gegenüber dem Geschädigten. In der Rechtsprechung wird angenommen, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht den Arbeitnehmer auch vor Gefahren psychischer Art schützen muss. Der Arbeitnehmer hat danach einen Anspruch auf Schutz vor systematischen Anfeindungen und vor schikanösem Verhalten durch Kollegen oder Vorgesetzte.88 Dem Arbeitnehmer stehen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche (§§ 823, 831, 280, 628 Abs. 2 BGB) zu. Hierbei kommt gemäß § 253 Abs. 2 BGB auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht, wobei dessen Höhe nach Ausmaß des Verschuldens, Art und Intensität der Beeinträchtigung zu beurteilen ist.89 Erforderlich für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitgeber ist aber immer ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers oder ihm zurechenbarer Mitarbeiter. Jedenfalls soweit es sich um Mitarbeiter in Leitungsfunktionen handelt, wird deren Verschulden über § 278 BGB dem Arbeitgeber zugerechnet.90 Das Verschulden muss sich nicht nur auf die einzelnen Handlungen beziehen, sondern auch auf die hierdurch verursachte Erkrankung des Mobbing-Opfers.91

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Schadensersatzansprüche wegen Mobbings verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. In Mobbingfällen ist daher der verjährungsrelevante Zeitpunkt regelmäßig auf den Abschluss der zeitlich letzten vorgetragenen Mobbinghandlung festzusetzen.92 Ansprüche wegen vorsätzlicher Mobbinghandlungen unterliegen nicht einer vertraglichen Ausschlussfrist.93 Das MobbingOpfer kann die Entlassung derjenigen Führungskraft, die Mobbing-Handlungen vornimmt, in aller Regel nicht verlangen.94 Die Zuweisung eines Arbeitsplatzes, an dem es Mobbing-Handlungen nicht mehr ausgesetzt ist, kann es nur dann verlangen, wenn ein solcher Arbeitsplatz im Betrieb vorhanden ist.95 Schließlich ist zu beachten, dass den Arbeitnehmer eine Schadensminderungspflicht trifft, in deren Rahmen auch zu prüfen ist, ob es ihm zumutbar war, sich beim Arbeitgeber über MobbingHandlungen zu beschweren und entsprechende Abhilfe zu fordern.96 Wer sich als Arbeitnehmer gemobbt fühlt und kündigt, muss möglicherweise nicht mit einer Sperrzeit rechnen, sofern sein Entschluss, das Arbeitsverhältnis von sich aus zu kündigen, „verständlich und entschuldbar“ ist.97

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4. Ersatzanspruch des Arbeitnehmers nach § 628 Abs. 2 BGB § 628 Abs. 2 BGB bestimmt, dass der Kündigende selbst einen Anspruch auf Ersatz des durch die Vertragsbeendigung entstandenen Schadens hat, wenn seine Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils veranlasst wurde.98 Schadensersatzansprüche können sich dabei auch 88 LAG Niedersachsen v. 3.5.2000 – 16a Sa 1391/99, AuA 2001, 46; LAG Rheinland-Pfalz v. 19.2.2004 – 2 Ta 12/04, NZA-RR 2004, 232. 89 In diesem Zusammenhang kann auch eine bereits gezahlte besonders hohe Abfindung Berücksichtigung finden, LAG Köln v. 13.1.2005 – 6 Sa 1154/04, NZA-RR 2005, 575. 90 BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223, 228. 91 BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223, 227; LAG Schleswig-Holstein v. 28.3.2006, NZARR 2006, 402. 92 BAG v. 11.12.2014 – 8 AZR 838/13, NJW 2015, 2061 Rz. 18, auch zur Frage der Verwirkung des Schmerzensgeldanspruchs. 93 BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 Rz. 21 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2013, 575. Anderes gilt für tarifliche Ausschlussklauseln, BAG v. 18.11.2011, NJOZ 2012, 697 Rz. 33 ff. 94 BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223, 226. 95 BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223, 226 f. In der Entscheidung hat das BAG auf das betreffende Klinikum abgestellt und somit wohl den Betrieb als Maßstab herangezogen. 96 LAG Schleswig-Holstein v. 28.3.2006 – 5 Sa 595/05, NZA-RR 2006, 402. Denkbar ist auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu möglichen Konfliktlösungen, Wolmerath, ArbRAktuell 2015, 118, 120. 97 BSG v. 21.10.2003 – B 7 AL 92/02 R, NZS 2004, 382 Rz. 5. 98 Vergleichbare Regelungen enthalten § 89a Abs. 2 HGB für den Handelsvertreter und § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG für das Berufsausbildungsverhältnis.

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Kap. 18 Rz. 31 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing gegen Arbeitnehmer richten, die zB zu Unrecht einen Verdacht auf den betroffenen Arbeitnehmer gelenkt und dies nicht unverzüglich richtig gestellt haben. § 628 Abs. 2 BGB gilt sowohl für das freie Dienstverhältnis als auch das Arbeitsverhältnis.99 Voraussetzung ist ein Auflösungsverschulden des Arbeitgebers; er muss kausal durch sein vertragswidriges schuldhaftes Verhalten den Anlass für die Vertragsbeendigung gegeben haben.100 Als Auflösungsverschulden kommt auch Mobbing in Betracht.101 Nicht erforderlich ist eine bestimmte Form der Vertragsbeendigung, zB eine fristlose Kündigung, solange nur das Auflösungsverschulden das Gewicht eines wichtigen Grundes hat.102 Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB für die Kündigung ist einzuhalten.103

32 Auch der Arbeitnehmer ist gehalten, bevor er wegen wiederholt verspäteter Lohnzahlungen fristlos

kündigt, den Arbeitgeber abzumahnen.104 Als Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs aus § 628 BGB ist der Arbeitnehmer so zu stellen, wie er bei Fortbestand des Vertragsverhältnisses stünde.105 Die ordentliche Kündigungsfrist oder das Vertragsende bei befristeten Verträgen bildet die zeitliche Grenze des Schadensersatzanspruchs; es wird nur der Verfrühungsschaden ersetzt. Besteht für ein Arbeitsverhältnis Kündigungsschutz, so kann entsprechend §§ 9, 10 KSchG eine angemessene Entschädigung für den Verlust des Bestandsschutzes kumulativ hinzutreten.106

Ein Bestandsschutzinteresse und damit jeglicher Schadensersatzanspruch kann auch vollständig entfallen, wenn auch dem Arbeitgeber im Einzelfall ein Recht zur sofortigen Beendigung des Vertrages zusteht.107 Im Übrigen ist § 254 BGB anwendbar, wenn das Auflösungsverschulden provoziert war.108 99 BAG v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01, NZA 2002, 1323, 1324. 100 Ein Entschädigungsanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB scheidet aus, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Arbeitnehmerkündigung das Arbeitsverhältnis seinerseits hätte kündigen dürfen, BAG v. 21.5. 2008 – 8 AZR 623/07, ArbRB 2008, 298. 101 Thüringer LAG v. 15.2.2001 – 5 Sa 102/2000, NZA-RR 2001, 577, 580. 102 BAG v. 14.12.2011 – 5 AZR 439/10, NJW 2012, 1900; v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01, NZA 2002, 1323, 1325. 103 BAG v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01, NZA 2002, 1323, 1327. 104 BAG v. 26.7.2007 – 8 AZR 796/06, NZA 2007, 1419 Rz. 24; v. 17.1.2002, AuA 2003, 51; Diese ist entbehrlich, wenn keine Aussicht auf Rückkehr des Vertragspartners zu vertragskonformen Verhalten besteht, BAG v. 26.7.2007, NZA 2007, 1419 Rz. 28. 105 BAG v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01, NZA 2002, 1323, 1328; zu einzelnen Schadenspositionen s. KR/Weigand, § 628 BGB Rz. 37 ff. 106 Für Kündigungsschutz nach dem KSchG: BAG v. 26.7.2007 – 8 AZR 796/06, NZA 2007, 1419, 1421; v. 26.7.2001 – 8 AZR 739/00, NZA 2002, 325, 326; KR/Weigand, § 628 BGB Rz. 35. Dabei kommt es nicht darauf an, ob unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände eine Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG gezahlt worden wäre, sondern einzig, ob der Arbeitnehmer in einem durch das Kündigungsschutzgesetz bestandsgeschützten Arbeitsverhältnis gestanden hat. 107 BAG v. 12.5.1966, AP Nr. 9 zu § 70 HGB. 108 Vgl. BAG v. 17.9.1970, AP BGB § 628 Nr. 5; 29.9.1958, AP Nr. 17 zu § 64 ArbGG 1953.

II. Muster M 18.1 Abmahnung Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], leider sehen wir uns gezwungen, Sie aus folgenden Gründen abzumahnen:1 Sie haben am […] zu Ihrem Kollegen […] gesagt: „du dummer […]“. 1 Der Begriff Abmahnung muss nicht verwendet werden; dies empfiehlt sich aber zur Klarheit.

770 | Diller

Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.2 Kap. 18 oder2 Sie sind am […] zum wiederholten Male ohne triftigen Grund zu spät zur Arbeit erschienen, nämlich erst um […] Uhr statt um […] Uhr. oder Sie haben wiederholt wegen mangelnder Sorgfalt fehlerhafte Arbeit geleistet. Am […] und am […] waren von den von Ihnen zu bearbeitenden Produktionsteilen3 […] Teile unbrauchbar. Dadurch haben Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt. Wir fordern Sie auf, künftig Pflichtverletzungen wie oben angeführt oder ähnlicher Art zu unterlassen/ pünktlich zur Arbeit zu erscheinen/Ihre Arbeit sorgfältig zu leisten. Sollte sich eine vergleichbare Pflichtverletzung wiederholen, müssen Sie mit einer Kündigung rechnen.4 Mit freundlichen Grüßen […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitgebers)

Bestätigung des Arbeitnehmers Ich habe die Abmahnung vom […] erhalten.5 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitnehmers)

2 Möglich sind auch sog. Sammelabmahnungen, in denen mehrere Verstöße zusammen gerügt werden. Davon ist jedoch dringend abzuraten, denn Sammelabmahnungen sind insgesamt ungerechtfertigt, wenn nur ein Verstoß nicht zutrifft. Eine teilweise Aufrechterhaltung der Abmahnung ist nicht möglich. Der Arbeitgeber kann nur eine neue Abmahnung aussprechen, die sich auf die zutreffende Pflichtverletzung beschränkt, soweit sie dann noch verhältnismäßig ist (BAG v. 27.11.2008 – 2 AZR 98/07, NZA 2009, 604 Rz. 37; v. 13.3.1991 – 5 AZR 133/90, DB 1991, 1527; Schiefer, DB 2013, 1785). 3 Auch diese sind detailliert anzugeben bzw. zu beschreiben. 4 Nach der Rspr. des BAG ist allerdings auch die Androhung „arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ bereits eine hinreichende Warnung, BAG v. 19.4.2012 – 2 AZR 258/11, NZA-RR 2012, 567. Wir halten es jedoch für sicherer, die Androhung einer Kündigung aufzunehmen, um der Warnfunktion auf jeden Fall zu genügen. 5 Der Arbeitnehmer kann die Beseitigung und Rücknahme einer ungerechtfertigten Abmahnung bzw. ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen (Einzelheiten Rz. 15; M 18.4). Sie wird damit wirkungslos (BAG v. 5.8.1992 – 5 AZR 531/91, DB 1993, 1677). Ungerechtfertigt ist die Abmahnung dann, wenn sie (a) auf unzutreffenden oder vor Gericht nicht nachweisbaren Tatsachen beruht oder (b) unverhältnismäßig ist oder (c) verwirkt ist oder (d) nicht zu billigende Überreaktionen, Ehrverletzungen oder unsachliche Werturteile enthält oder (e) der Arbeitgeber vermeintliche Verstöße rechtlich fehlerhaft gewertet hat oder (f) der Arbeitgeber kein schutzwürdiges Interesse am Fortbestand der Abmahnung mehr hat (BAG v. 30.5.1996 – 6 AZR 537/95, DB 1997, 233).

M 18.2 Vorweggenommene Abmahnung als Erklärung an den Arbeitnehmer Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], Sie haben mit Schreiben am […] Urlaub vom […] bis […] beantragt. Wir haben Ihren Urlaubsantrag mit Schreiben vom […] abgelehnt, weil […] Trotzdem haben Sie mit Schreiben vom […] angekündigt, Ihren Urlaub wie geplant antreten zu wollen.1

1 Nachgebildet nach LAG Berlin-Brandenburg v. 26.11.2010 – 10 Sa 1823/10. Vgl. auch LAG Hamm v. 12.9.1996 – 4 Sa 486/96.

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Kap. 18 M 18.2 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Aus diesem Grund teilen wir Ihnen mit, dass eine Selbstbeurlaubung, wie von Ihnen geplant, nicht zulässig ist und in erheblichem Maß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt.2 Wir fordern Sie daher auf, am […] wie üblich zur Arbeit zu erscheinen.3 Anderenfalls müssen Sie mit einer Kündigung rechnen.4 Mit freundlichen Grüßen […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitgebers)

Bestätigung des Arbeitnehmers Ich habe das Schreiben vom […] erhalten.5 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitnehmers)

2 Ob und in welcher Form eine vorweggenommene Abmahnung zulässig ist, ist bisher nicht ausdrücklich entschieden. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen gegen Kardinalpflichten des Arbeitsverhältnisses muss es dem Arbeitgeber uE aber möglich sein, bereits nach dem ersten Verstoß ohne weitere Abmahnung zu kündigen, wenn er dies bereits zuvor angedroht hat, vgl. Wisskirchen/Schumacher/Bissels, BB 2012, 1473. 3 Die Voraussetzungen einer vorweggenommenen Abmahnung entsprechen im Wesentlichen denen einer nachträglichen Abmahnung, dazu Rz. 8 ff. Da die vorweggenommene Abmahnung aber nicht bereits auf einen konkret eingetretenen Verstoß Bezug nehmen kann, muss die befürchtete Pflichtverletzung so genau wie möglich umschrieben werden, um dem Arbeitnehmer das sanktionierte Verhalten genau vor Augen zu führen. Wie die vorweggenommene Abmahnung ausgestaltet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie kann in einem Aushang, als Richtlinie oder als persönliche, vom Arbeitnehmer unterschriebene Verpflichtungserklärung ausgestaltet sein. Wisskirchen/Schumacher/Bissels, BB 2012, 1473, 1476 weisen darauf hin, dass die Abmahnung regelmäßig wiederholt werden sollte, um ihre Nachhaltigkeit zu sichern. 4 Nach der Rspr. des BAG ist auch die Androhung „arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ bereits eine hinreichende Warnung, BAG v. 19.4.2012 – 2 AZR 258/11, NZA-RR 2012, 567, wobei es auch insoweit Entscheidungen speziell zu einer vorweggenommenen Abmahnung nicht gibt. Wir halten es insbesondere in diesem Kontext für sicherer, die Androhung einer Kündigung aufzunehmen, um der Warnfunktion zu genügen. 5 Eine an den Arbeitnehmer direkt adressierte und von ihm unterschriebene Erklärung hat den höchsten Grad an Nachweisbarkeit für den Arbeitgeber in einem etwaigen Prozess. Zugleich erhöht eine Unterschrift des Arbeitnehmers die Warnfunktion.

M 18.3 Vorweggenommene Abmahnung als Aushang Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,1 am […] und am […] wurde in der […]-Abteilung unberechtigt […] vom Betriebsgelände mitgenommen.2 Aus gegebenem Anlass sehen wir uns daher gezwungen darauf hinzuweisen, dass […] keine unberechtigten Warenentnahmen toleriert werden. Diese unberechtigten Warenentnahmen stellen eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar.3

1 Es ist umstritten, ob ein Aushang, der nicht persönlich adressiert ist, die nötige Dokumentationsfunktion einer Abmahnung erfüllt. Das LAG Köln hat dies im hier nachgebildeten Fall als sog. „Abmahnung an den, den es angeht“ angesehen; soweit der Aushang bestimmt genug sei, sei die Dokumentationsfunktion gewahrt. 2 Nachgebildet LAG Köln v. 6.8.1999 – 11 Sa 1085/98, NZA-RR 2000, 24. 3 Die Beschreibung der möglichen Pflichtverletzung sollte so genau wie möglich erfolgen. Es muss ein bestimmtes, hypothetisches Verhalten der Arbeitnehmer gerügt werden.

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.4 Kap. 18 Zuwiderhandlungen gegen […] werden als Diebstahl geahndet. […] behält sich vor, bei solchen Zuwiderhandlungen entsprechende personelle Maßnahmen bis hin zur Kündigung zu ergreifen.4 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift des Arbeitgebers)

4 Das LAG Köln hat die Androhung „personeller Maßnahmen“ als ausreichend bestimmt angesehen, da der Arbeitgeber bei der vorweggenommenen Abmahnung nicht wissen könne, ob in dem antizipierten Einzelfall eine Kündigung zulässig wäre und er dies zunächst prüfen müsse; vgl. außerdem bereits Einf. Rz. 17a.

M 18.4 Klage gegen eine Abmahnung und auf Widerruf An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom […] aus der Personalakte2 des Klägers zu entfernen.3, 4 2. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber den Mitarbeitern der Abteilung […]5 die in der Abmahnung vom […] aufgestellte Behauptung zu widerrufen, der Kläger habe aus der Kaffeekasse der Abteilung Euro […] entwendet.

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. in der Abteilung […] beschäftigt, sein letztes Monatsgehalt betrug Euro […] Die Mitarbeiter der Abteilung führen eine so genannte „Kaffeekasse“. Jeder Mitarbeiter zahlt auf freiwilliger Basis monatlich einen Betrag von Euro 5,– bis Euro 10,– in die Kasse ein. Aus der Kasse werden aus besonderen 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Der Begriff der „Personalakte“ ist nicht körperlich zu verstehen. Deshalb darf selbstverständlich die aus der Personalakte entfernte Abmahnung nicht an anderer Stelle aufgehoben werden. 3 Der Anspruch auf Entfernung einer inhaltlich unrichtigen Abmahnung aus der Personalakte ist in st. Rspr. anerkannt (BAG v. 30.1.1979, DB 1979, 1511 und v. 7.11.1979, DB 1980, 550). Der in der Praxis häufig gestellte Antrag auf „Rücknahme“ der Abmahnung ist wenig sinnvoll, da unklar bleibt, was der Arbeitnehmer genau will. Es kann die Entfernung aus der Personalakte gemeint sein, aber auch ein Widerruf. Der Antrag auf „Rücknahme“ der Abmahnung ist deshalb – ggf. nach richterlicher Befragung – auszulegen (ArbG Solingen v. 18.2.2016 – 3 BV 15/15 juris). Der häufig gestellte Antrag auf „ersatzlose“ Entfernung der Abmahnung ist regelmäßig unbegründet, weil dem Arbeitgeber nicht pauschal vorgeschrieben werden kann, wie er sich nach Entfernung der Abmahnung zu verhalten hat. Feststellungsklagen, die Unwirksamkeit einer Abmahnung festzustellen, sind wegen Verletzung des Subsidiaritätsgebots unzulässig. 4 Eine Frist zur Geltendmachung des Entfernungsanspruchs besteht nicht. Allerdings greifen tarifvertragliche Verfallklauseln (BAG v. 25.4.1972, DB 1972, 1783 zu § 70 BAT; LAG Hamm v. 21.10.1980, EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 27). Im Übrigen kommt schon nach kurzer Zeit eine Verwirkung des Entfernungsanspruchs in Betracht (str., dazu BAG v. 13.3.1987 – 7 AZR 601/85, NZA 1987, 518). Allerdings bedeutet die Verwirkung des Entfernungsanspruchs keineswegs, dass der Arbeitnehmer sich in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess nicht mehr darauf berufen könnte, die Abmahnung sei zu Unrecht erfolgt. 5 Ein Antrag auf Widerruf muss den Adressatenkreis klar bezeichnen, gegenüber dem widerrufen werden soll. Der Antrag ist begründet, wenn die unwahre Tatsachenbehauptung nicht nur in der Abmahnung enthalten ist, sondern auch noch gegenüber anderen Personen kundgegeben worden und dadurch das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters verletzt worden ist. Der Widerruf von bloßen Werturteilen und Meinungsäußerungen kann grundsätzlich nicht durchgesetzt werden.

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Kap. 18 M 18.4 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Anlässen (Geburtstage, Familienfeste, Trauerfälle) Zuwendungen an einzelne Mitarbeiter der Abteilung gemacht. Am […] machte der Kl., der die Kasse verwaltet, turnusgemäß Kassensturz. Dabei stellte er fest, dass in der Kasse Euro […] fehlten. Der Abteilungsleiter warf daraufhin dem Kl. vor, er habe das Geld selbst entwendet. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Kl. den einzigen Schlüssel für die Kasse verwalte. Die Behauptung, der Kl. habe das Geld entwendet, hat der Abteilungsleiter in einer eigens einberufenen Abteilungsversammlung am […] vor allen Mitarbeitern der […]-abteilung wiederholt. Am nächsten Tag wurde der Kl. wegen des angeblichen Diebstahls schriftlich abgemahnt, die Abmahnung wurde zu den Personalakten genommen. Beweis: Abmahnung vom […], Anlage K 1 Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die Vorwürfe gegenüber dem Kl. unrichtig waren. Ein anderer Mitarbeiter der Abteilung, der über einen Zweitschlüssel verfügte, hat inzwischen gegenüber der Geschäftsleitung den Diebstahl zugegeben. Beweis:6 Zeugnis des Personalleiters, zu laden über die Bekl. Der Kl. hat daraufhin die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte und einen Widerruf der ehrverletzenden Äußerungen gegenüber den anderen Mitarbeitern der Abteilung verlangt. Der Personalleiter der Bekl. hat dies jedoch mit der Begründung verweigert, man könne Schriftstücke, die einmal zu den Personalakten gelangt seien, nicht einfach wieder daraus entfernen. Man habe aber eine Gegendarstellung des Kl. ebenfalls zur Personalakte genommen. Einen Widerruf irgendwelcher Behauptungen gegenüber anderen Mitarbeitern könne der Kl. nicht verlangen. Die Auffassung der Bekl. ist unrichtig. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Arbeitnehmer sich bei einer inhaltlich falschen Abmahnung nicht damit begnügen, eine Gegendarstellung zu den Akten zu erreichen (BAG v. 13.10.1988 – 6 AZR 144/85, NZA 1989, 716). Aufgrund der im besonderen Maß ehrverletzenden Behauptungen steht dem Kl. ausnahmsweise auch ein Anspruch auf Widerruf zu.7 […] (Unterschrift)8 6 Der Arbeitgeber trägt die Beweislast dafür, dass die abgemahnten Vorwürfe zutreffen. Umfasst die Abmahnung mehrere Vorwürfe, so ist der Entfernungsanspruch schon dann begründet, wenn auch nur einer der Vorwürfe falsch ist. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht daran gehindert, die zutreffenden Vorwürfe erneut abzumahnen (statt aller LAG Düsseldorf v. 18.11.1986 – 3 Sa 1387/86, NZA 1987, 354; LAG Köln v. 12.3.1986, LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 3). Im Übrigen kann eine Abmahnung auch dann wegen Unverhältnismäßigkeit aus der Personalakte zu entfernen sein, wenn zwar die Vorwürfe sachlich zutreffen, aber durch abwertende Beurteilungen („Trunkenbold“, „Versager“ etc.) in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingegriffen wurde (LAG Schleswig-Holstein v. 31.7.1986, DB 1987, 236). 7 Die Vollstreckung erfolgt nach § 888 ZPO, da die Entfernung aus der Personalakte eine unvertretbare Handlung ist. Theoretisch wäre zwar denkbar, die Abmahnung durch den Gerichtsvollzieher aus der Akte entnehmen zu lassen. Allerdings enthält das stattgebende Urteil zugleich die Verpflichtung des Arbeitgebers, keine gleichartige neue Abmahnung auszusprechen. Deshalb erscheint die Vollstreckung nach § 888 ZPO zweckmäßiger. Ggf. kann der Entschädigungsantrag nach § 61 Abs. 2 ArbGG gestellt werden (s. M 108.2). Der im Muster mit Antrag Ziff. 2 geltend gemachte Anspruch auf Widerruf ist auf jeden Fall nur nach § 888 ZPO vollstreckbar. 8 Die Rspr. der Instanzgerichte zum Streitwert ist unterschiedlich. Angesetzt werden üblicherweise zwischen einem halben (LAG Rheinland-Pfalz v. 2.7.1982, DB 1982, 2091) und einem vollen Monatsgehalt (LAG Hamm v. 5.7.1984 – 8 Ta 115/84, NZA 1984, 236; LAG Berlin v. 7.2.2006 – 17 Ta (Kost) 6003/06). Treten – wie im Muster – neben dem standardmäßig geltend gemachten Verlangen auf Entfernung der Abmahnung noch zusätzliche Klageanträge hinzu, zB auf Widerruf, kommt eine Erhöhung des Streitwerts um ein weiteres halbes Bruttomonatsgehalt in Betracht (LAG Schleswig-Holstein v. 13.12.2000 – 6 Ta 168/00, NZARR 2001, 496; ArbG Düsseldorf v. 17.10.2000 – 11 Ca 2411/00, AE 2000, Nr. 558). Bei zahlreichen kurz aufeinander folgenden Abmahnungen ist es angemessen, nur für die erste einen Wert von einem Monatsgehalt anzusetzen, für die weiteren nur noch je ein Drittel davon (LAG Rheinland-Pfalz v. 23.4.2009, AE 2009, Nr. 347 und v. 20.4.2007, AE 2007, Nr. 427).

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.5 Kap. 18

M 18.5 Klage des Arbeitgebers auf Schadensersatz An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir die Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage und beantragen: Der Beklagte wird verurteilt, Euro 8.000,– nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.3

Begründung:4 Der Bekl. ist seit ca. fünf Jahren bei der Kl. als Kraftfahrer mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von Euro 2.500,– angestellt. Die Kl. betreibt eine internationale Spedition. 1 Der Fall ist der BAG-Entscheidung v. 12.11.1998 – 8 AZR 221/97 (DB 1999, 288) nachgebildet. 2 S. M 101.1 und M 101.2. 3 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insbesondere zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. Praxistipp: Wird Schadensersatz aus einer Vorsatztat eingeklagt, kann zusätzlich als Ziff. 2 der Antrag auf Feststellung gestellt werden, „dass die zu Ziff. 1 titulierte Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht“. Das sichert das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO. 4 Viele Tätigkeiten, die von Arbeitnehmern ausgeführt werden, sind typischerweise schadens- und haftungsanfällig. Paradebeispiel ist der Berufskraftfahrer. Auch bei Anspannung aller Sorgfalt gelingt es nur wenigen Berufskraftfahrern, ein ganzes Berufsleben ohne verschuldeten Unfall zu überstehen. Schon seit den Zeiten des Reichsgerichts ist anerkannt, dass das Haftungsrecht des BGB auf die Arbeitnehmerhaftung nicht ohne Weiteres angewendet werden kann. Die Einzelheiten waren jedoch immer umstritten. Kaum eine arbeitsrechtliche Materie hat so viele Kehrtwendungen der Rspr. erlebt wie die Arbeitnehmerhaftung, teilweise bedingt durch einen häufigen Wechsel der Zuständigkeiten der BAG-Senate. Zuletzt hat der Große Senat des BAG mit Entscheidung v. 27.9.1994 – GS 1/89 (A), NZA 1994, 1083, den Weg für ein völlig neues Haftungskonzept freigemacht. Bis dahin hatte die Rspr. Haftungserleichterungen grundsätzlich davon abhängig gemacht, dass der Schaden anlässlich einer sog. „gefahrgeneigten Tätigkeit“ entstanden war. Als gefahrgeneigt wurde insbesondere das Autofahren angesehen. Die Beschränkungen der Haftungserleichterungen auf gefahrgeneigte Tätigkeiten führte allerdings zu schweren Unbilligkeiten in solchen Fällen, in denen bei nicht-gefahrgeneigten Tätigkeiten außerordentlich hohe Schäden entstanden (zB BAG v. 12.2.1985, AP Nr. 86 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers: Fallenlassen eines Säuglings durch eine Kinderkrankenschwester). Nach der nunmehr maßgeblichen Entscheidung des Großen Senats des BAG v. 27.9.1994 (GS 1/89 (A), NZA 1994, 1083) haftet der Arbeitnehmer bei jeder betrieblich veranlassten Tätigkeit ohne Rücksicht auf eine Gefahrgeneigtheit bei Vorsatz grundsätzlich voll und bei leichter Fahrlässigkeit überhaupt nicht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit besteht eine anteilige Haftung, die von den meisten Instanzgerichten auf ein halbes bis ein Monatsgehalt begrenzt wird (zB LAG Nürnberg v. 18.4.1990, LAGE § 611 BGB Arbeitnehmerhaftung Nr. 14). Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer im Regelfall voll. Allerdings sind Haftungserleichterungen auch bei grober Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko steht (BAG v. 12.11.1998 – 8 AZR 221/97, DB 1999, 288; v. 12.10.1998, DB 1999, 48). Eine Haftungserleichterung soll nach verbreiteter Auffassung (BAG v. 12.11.1998, DB 1999, 288) insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Schaden drei Bruttomonatsverdienste deutlich übersteigt. Die Schadensverteilung erfolgt unter Würdigung der Gesamtumstände von Schadensanlass und Schadensfolgen nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Bei der Abwägung zu berücksichtigen sind der Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens, die Gefahren der Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes und durch Versicherung abdeckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie die Höhe des Arbeitsentgelts, in dem möglicherweise eine Risikoprämie enthalten ist. Ferner gehören hierzu die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers, die

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Kap. 18 M 18.5 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Am […] war der Bekl. mit einem LKW der Kl. in […] unterwegs. Der LKW ist mit einem Mobilfunktelefon mit Freisprechanlage ausgerüstet. Während der Fahrt hatte der Bekl., der allein fuhr, neben sich auf dem Beifahrersitz wie üblich einen Ordner mit Kundenunterlagen liegen. Gegen 10.10 Uhr befuhr der Kl. mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h in […] die […] Straße, eine zweispurige Ausfallstraße. Als er noch ca. 500 m von der Ampelanlage an der Kreuzung […] Straße entfernt war, klingelte im Fahrzeug das Mobiltelefon. Der Kl. nahm das Telefonat an. Der Anruf kam von einem Arbeitskollegen im Betrieb, der den Bekl. nach bestimmten Kundeninformationen fragte. Um die Frage beantworten zu können, beugte sich der Bekl. bei voller Fahrt zum Beifahrersitz herunter und blätterte in dem dort liegenden Ordner mit Kundenunterlagen. Deshalb übersah der Bekl. das Rotlicht an der Kreuzung […]/[…] Straße. Auf der Kreuzung kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem der LKW erheblich beschädigt wurde. Beweis5 für alles Vorstehende: 1. Polizeibericht, Anlage K 1 2. Schriftliche Einlassung des Bekl., Anlage K 2 An dem LKW entstand ein Schaden von Euro 8.000,–. Beweis: Rechnung der Werkstatt, Anlage K 3 Der Bekl. hat den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Man mag darüber streiten, ob schon die Entgegennahme des Telefonanrufs bei voller Fahrt grob fahrlässig war. Grob fahrlässig war aber jedenfalls das Blättern in den auf dem Beifahrersitz liegenden Unterlagen. Es leuchtet jedem ein, dass man dem Verkehrsgeschehen nicht mehr folgen kann, wenn man Unterlagen studiert. Der Kl. hätte entweder den Anruf von vornherein nicht annehmen dürfen oder seinem anrufenden Arbeitskollegen mitteilen müssen, dass er im Moment nicht in der Lage sei, die Frage zu beantworten. Er hätte ohne weiteres zunächst anhalten und dann zurückrufen können. Ein Mitverschulden6 der Kl. liegt nicht vor. Der anrufende Mitarbeiter konnte nicht wissen, ob der LKW zur Zeit des Anrufs stand oder fuhr. Ihm (und nach § 278 BGB damit auch der Kl.) kann nicht vorgeworfen werden, dass der Kl. während der Fahrt angerufen wurde. Auch die Installation des Mobilfunktelefons im LKW für sich allein begründet noch kein Mitverschulden. Die Haftung des Bekl. ist auch nicht nach den Grundsätzen der eingeschränkten Haftung des Arbeitnehmers gemindert. Bei grob fahrlässig verursachten Schäden haftet der Arbeitnehmer in aller Regel selbst voll. Über eine Haftungsteilung bei grober Fahrlässigkeit könnte man allenfalls dann nachdenken, wenn die Haftungssumme einen Betrag von drei Bruttomonatsgehältern deutlich übersteigen würde. Das ist vorliegend aber nicht der Fall. Der Schaden liegt nur ganz knapp über einem Betrag von drei Bruttomonatsgehältern. […] (Unterschrift)7 Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten (zusammenfassend BAG v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97, DB 1998, 2610). Alle Einzelheiten sind streitig (vgl. nur MünchArbR/Reichold, §§ 51–53). Diese Grundsätze gelten aber bspw. nicht für Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, die im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Social Media begangen wurden, Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, 785, 790. 5 Problematisch ist die wechselseitige Darlegungs- und Beweislast. Nach § 619a BGB ist der Arbeitgeber im Haftungsprozess hinsichtlich des Verschuldens des Arbeitnehmers und insbesondere hinsichtlich des Verschuldensgrads vollumfänglich darlegungs- und beweispflichtig. Allerdings muss der Arbeitnehmer sich im Sinne einer gestuften Darlegungslast substantiiert zu den schadensverursachenden Umständen einlassen, wenn er darüber informiert ist. Insbesondere wenn der Schaden in der Sphäre des Arbeitnehmers eingetreten ist (zB bei Kraftfahrern oder Kassenpersonal), muss der Arbeitnehmer sich zu den konkreten Umständen des Schadensfalles erklären. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, können daraus „entsprechende Schlüsse gezogen werden“. Kommt jedoch der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast nach und bleibt der Sachverhalt streitig, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers. 6 Liegt ein Mitverschulden des Arbeitgebers vor, ist der Schaden kumulativ zu der ohnehin bestehenden Haftungserleichterung für Arbeitnehmer noch nach § 254 BGB anteilig zu verringern (BAG v. 3.11.1970, AP Nr. 61 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). 7 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Betrag.

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.6 Kap. 18

M 18.6 Klage des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf Mankohaftung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir die Klägerin. Namens und im Auftrag der Klägerin erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, Euro 615,38 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.2

Begründung:3 Die Kl. betreibt einen Lebensmittel-Supermarkt. Die Bekl. ist seit ca. fünf Jahren als Kassiererin beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Bekl. enthielt – wie die Arbeitsverträge aller Kassiererinnen der Kl. – in § […] eine Mankoabrede. Danach erhielt die Bekl. ein monatliches Mankogeld von Euro 60,–. Zugleich war vereinbart, dass die Bekl. für Kassenfehlbestände in Höhe von maximal Euro 700,– pro Jahr haften sollte (ausgenommen bei Vorsatz).4 Beweis: Arbeitsvertrag vom […], Anlage K 1 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insbesondere zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 3 Ebenso wie die Rspr. zur allgemeinen Arbeitnehmerhaftung (s. M 18.5) hat sich auch die Rspr. zur Mankohaftung für Kassenfehlbestände im Laufe der Zeit mehrfach geändert (ausf. Schwirtzek, NZA 2005, 437; Krause, RdA 2013, 129). Das BAG hat mit Urteil v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97, DB 1998, 2610, seine Rspr. systematisiert und teilweise auch modifiziert. Nach dieser Entscheidung gelten die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung auch im Zusammenhang mit der Verwahrung und Verwaltung eines dem Arbeitnehmer überlassenen Waren- oder Kassenbestandes. Zwar lässt ein entstandener Fehlbestand darauf schließen, dass eine Pflichtverletzung vorliegt. Auf einen bestimmten Grad des Verschuldens lässt der Eintritt eines Fehlbestandes dagegen nicht schließen. Wenn der Arbeitnehmer – wie im vorliegenden Fall – seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nachgekommen ist oder mangels Kenntnis über den Schadenseintritt nicht nachkommen kann, und sich daraus keine Anhaltspunkte für eine mehr als nur leichte oder mittlere Fahrlässigkeit ergeben, haftet der Arbeitnehmer folglich nicht. Die Beweislastumkehr des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt nach § 619a BGB im Arbeitsrecht grundsätzlich nicht (vgl. M 18.5 Fn. 5). 4 Die vom BAG geschaffenen Regeln über die Haftungsverteilung im Arbeitsrecht sind grundsätzlich zwingendes Recht. Von diesen Regeln kann weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten der Arbeitnehmer abgewichen werden (BAG v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97, DB 1998, 2610). Gleichwohl sind nach dieser Rspr. Mankoabreden, nach denen der Arbeitnehmer für einen aufgetretenen Waren- oder Kassenfehlbestand ohne Rücksicht auf Verschulden haften soll, nicht schlechthin unzulässig. Allerdings setzen solche Mankoabreden zunächst voraus, dass sie sich auf Bereiche beschränken, die der Arbeitnehmer unter Ausschluss anderer Arbeitnehmer kontrollieren kann. Weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Mankoabrede ist, dass der Arbeitnehmer die Chance erhalten muss, durch Aufmerksamkeit einen finanziellen Überschuss zu erzielen. Da eine Mankoabrede notwendigerweise auch Sachverhalte erfasst, in denen der Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen überhaupt nicht (kein Verschulden oder leichte Fahrlässigkeit) oder nur anteilig (mittlere Fahrlässigkeit) haften würde, darf eine Haftung aufgrund einer Mankoabrede die Summe der gezahlten Mankogelder nicht übersteigen. Der Arbeitgeber muss also entweder ein gesondertes Mankogeld oder eine angemessene Gehaltserhöhung gewähren, und zugleich, bezogen auf einen bestimmten Ausgleichszeitraum (zB ein Kalenderjahr), die Mankohaftung des Arbeitnehmers auf einen geringeren Betrag begrenzen. Haftungsfälle wegen vorsätzlichen Verhaltens des Arbeitnehmers können allerdings von der Mankoabrede ausgenommen werden. Im vorliegenden Fall liegt die Haftungshöchstgrenze (Euro 700,–) unterhalb der Jahres-Summe der Mankogelder (Euro 720,–), so dass gegen die Wirksamkeit der Mankoabrede keine Bedenken bestanden.

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Kap. 18 M 18.6 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Am […] übernahm die Bekl. morgens um 9.00 Uhr eine Kasse mit einem Wechselgeldbestand von Euro 1.000,–. Als die Bekl. abends um 17.00 Uhr ihre Schicht beendete und abrechnete, ergab sich unstreitig ein Kassenfehlbetrag von Euro 615,38. Wie ebenfalls unstreitig ist, hatte während des gesamten Tages ausschließlich die Bekl. Zugang zur Kasse. Soweit die Bekl. an dem Tag Pausen machte oder die Arbeit aus sonstigen Gründen kurzfristig unterbrach, schloss sie die Kasse ab und nahm den Schlüssel mit. Die Bekl. hat außergerichtlich die Zahlung des Mankobetrages mit der Begründung verweigert, an dem Fehlbestand treffe sie keine Schuld. Sie habe den ganzen Tag voll konzentriert und aufmerksam die Kasse bedient. Den Fehlbetrag könne sie sich nicht erklären. Möglicherweise sei sie das Opfer eines Trickbetrügers geworden. Im Übrigen könne sie nicht ausschließen, dass während der Pausen ein anderer Mitarbeiter mit seinem Schlüssel die Kasse bedient oder geöffnet habe. Beide Einwände schlagen nicht durch. Aufgrund der Mankoabrede im Arbeitsvertrag hat die Bekl. die volle Haftung ohne Rücksicht auf Verschulden übernommen. Dass während der Abwesenheitszeiten der Bekl. kein anderer Mitarbeiter die Kasse mit seinem Schlüssel geöffnet hat, lässt sich aufgrund der elektronischen Aufzeichnungen des Kassenautomaten belegen. Beweis: Sachverständigengutachten, zu erstatten von […] Die Klage ist erforderlich, da eine Aufrechnung des Fehlbetrages mit Gehaltsansprüchen der Bekl. nicht mehr möglich ist. Die Bekl. ist inzwischen bei der Kl. ausgeschieden, Lohn und Gehalt sind vollständig abgerechnet. […] (Unterschrift)5 5 Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Betrag.

M 18.7 Arrest und Arrestpfändung wegen Unterschlagung An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir die Antragstellerin. Eine Vollmacht ist als Anlage AS 1 beigefügt. Namens und im Auftrag der Antragstellerin beantragen wir – wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein – den Erlass folgenden Arrestbefehls und Arrestpfändungsbeschlusses3: 1 Praxistipp: Es empfiehlt sich, den Antrag persönlich beim Arbeitsgericht abzugeben, sich dort sofort das Aktenzeichen geben zu lassen und dann den Antrag zusammen mit dem Geschäftsstellenbeamten persönlich zu dem zuständigen Richter zu bringen. Mit diesem kann dann sofort das weitere zeitliche Vorgehen erörtert werden. Das ist wichtig, um Vollstreckungsmaßnahmen (insbesondere Zustellung durch den Gerichtsvollzieher) koordinieren zu können. Streitig ist, ob wahlweise auch das Amtsgericht als Arrestgericht zuständig sein kann (bejahend Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 1; aA Koch, NJW 1991, 1858). Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche Vorteile es haben sollte, den Antrag beim Amtsgericht statt beim Arbeitsgericht zu stellen. 2 S. M 101.1 und M 101.2. 3 Gibt das Arbeitsgericht dem Arrestantrag statt, kann der Antragsgegner Widerspruch nach §§ 936, 924 ZPO einlegen. Über die Rechtmäßigkeit des erlassenen Arrestes ist dann nach mündlicher Verhandlung durch Endurteil zu entscheiden (§ 936, § 924 Abs. 2 Satz 2, § 925 Abs. 1 ZPO). Gegen das Endurteil kann die unterliegende Partei nach den allgemeinen Regeln Berufung einlegen. Hat das Arbeitsgericht dagegen den Arrestantrag ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, kann der Antragsteller Beschwerde zum LAG einlegen (§ 78 Abs. 1 ArbGG). Der Antragsteller sollte sich mit der Einlegung von Rechtsbehelfen nach Möglichkeit beeilen. Bei vielen Arbeitsrichtern entstehen massive Zweifel an der

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.7 Kap. 18 1. Wegen einer Forderung der Antragstellerin in Höhe von Euro 428.611,32 wird der dingliche Arrest in das gesamte Vermögen des Antragsgegners angeordnet. 2. Die Vollziehung des Arrests wird durch Hinterlegung durch den Antragsgegner in Höhe von Euro 428.611,32 gehemmt. 3. In Vollziehung des Arrestes werden die Forderungen des Antragsgegners auf Zahlung und Leistung jeglicher Art aus seiner gesamten Geschäftsverbindung mit der Kreissparkasse […] (Adresse), vertreten durch den Vorstand […], insbesondere aus dem Konto Nr. […], bis zum Höchstbetrag von Euro 428.611,32 gepfändet.4 Der Antragsgegner hat sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten. Der Drittschuldner darf an den Antragsgegner nicht mehr leisten.

Begründung: 1. Sachverhalt Der AGg. war bis zum […] kaufmännischer Leiter der ASt. Ihm oblag unter anderem die Prüfung eingehender Rechnungen. Wurden eingehende Rechnungen von ihm als „sachlich und rechnerisch i. O.“ abgezeichnet, wies die Buchhaltung entsprechende Überweisungen an. Zusammen mit seiner Ehefrau hat der AGg. eine Briefkastenfirma mit Namen „XY Technical Services Ltd.“ mit Sitz auf Jersey (Kanalinseln) gegründet. Diese Firma stellte der ASt. in der Zeit zwischen November […] und Januar […] insgesamt fünf Rechnungen über einen Gesamtbetrag von Euro 428.611,32. Diesen Rechnungen lagen keinerlei Leistungen zugrunde. Der AGg. zeichnete die Rechnungen ab und veranlasste deren Überweisung. Die Einzelheiten ergeben sich aus einem umfassenden Geständnis, das der AGg. inzwischen gegenüber der Staatsanwaltschaft abgelegt hat. Beweis: Geständnis des AGg., Anlage AS 2 Den Inhalt des Geständnisses machen wir zum Inhalt unseres Vortrags. Das Anstellungsverhältnis mit dem AGg. wurde unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorfälle fristlos gekündigt. Zugleich hat die ASt. den AGg. zur Wiedergutmachung des Schadens aufgefordert. Der AGg. hat jedoch erklärt, das unterschlagene Geld sei nicht mehr vorhanden, er habe es „in diversen Spielbanken durchgebracht“. Die ASt. hat jedoch große Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben. Gerüchten zufolge soll der AGg. insbesondere ein größeres Wertpapierdepot bei der Kreissparkasse […] haben, dessen Pfändung im Wege des Arrestes hiermit beantragt wird. Zur Glaubhaftmachung für alles Vorstehende überreichen wir als Anlage AS 3 eine eidesstattliche Versicherung des Prokuristen der ASt […]

2. Rechtslage5 Der Arrestanspruch ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 263, 266 StGB. Der AGg. hat veranlasst, dass die ASt. die mit dem Arrestantrag geltend gemachten Beträge auf Luftrechnungen einer Scheinfirma gezahlt hat. Eilbedürftigkeit einer Angelegenheit, wenn der Antragsteller Rechtsmittelfristen voll ausschöpft oder gar verlängern lässt. 4 Die Verbindung von Arrestantrag und Pfändungsantrag ist nach einhelliger Auffassung ohne Weiteres zulässig (Dunkl in Dunkl/Moeller, Rz. A 414; Zöller/Vollkommer, § 930 ZPO Rz. 3). 5 Praxistipp: Arrestverfahren vor dem Arbeitsgericht kommen nur recht selten vor. Deshalb fehlt es insoweit bei vielen, insbesondere jüngeren Arbeitsrichtern an jeglicher Erfahrung. Es empfiehlt sich deshalb, in der Antragsschrift ausführlich nicht nur zum Sachverhalt vorzutragen, sondern vor allem auch zu den prozessualen Einzelheiten (mündliche Verhandlung, Gerichtsstand, Besetzung der Kammer, Verbindung mit Vollstreckungsanträgen etc.). Das erspart zum einen dem Richter unnötige Recherche, zum anderen verringert sich die Wahrscheinlichkeit prozessualer Fehler. Vor allem aber wird ein Richter, der vom Antragsteller „an die Hand genommen“ wird, nicht nach Möglichkeiten suchen, den Antrag wegen irgendwelcher Formalitäten zurückzuweisen und sich dadurch Arbeit zu ersparen.

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Kap. 18 M 18.7 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Ein Arrestgrund ist regelmäßig dann gegeben, wenn der Arrestanspruch – wie im vorliegenden Fall – aus einer gegen den Gläubiger (hier: die ASt.) gerichteten Straftat stammt (BGH v. 24.3.1983 – III ZR 116/82, WM 1983, 614; LAG Hessen v. 12.1.1965, NJW 1965, 989). Hinsichtlich der mit dem Antrag Ziff. 3 beantragten Pfändung ergibt sich der Gerichtsstand aus § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO, wonach für die Pfändung einer Forderung das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht zuständig ist. Gemäß § 922 Abs. 1 ZPO ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich und auch dringend geboten. Gerade die zu arrestierenden Kontoguthaben ließen sich bei Erhalt einer Ladung zu einer mündlichen Verhandlung binnen weniger Minuten in bar abheben oder unerreichbar ins Ausland transferieren. Das Arrestverfahren wäre damit weitgehend sinnlos. Eine Sicherheitsleistung ist gemäß § 921 ZPO nicht anzuordnen. Arrestanspruch und Arrestgrund sind glaubhaft gemacht. Von der bloßen Pfändung des Kontos drohen dem AGg. keine nennenswerten Nachteile. Es wird darum gebeten, drei Ausfertigungen des beantragten Beschlusses zu erteilen, um neben der Zustellung bei der Drittschuldnerin6 auch die Zustellung beim AGg. innerhalb der Wochenfrist des § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu gewährleisten. Im Übrigen wird darum gebeten, mit dem Unterzeichner oder seinem Vertreter Rechtsanwalt […] unter der Tel.-Nr. […] Kontakt aufzunehmen,7 falls das Gericht Bedenken gegen den Antrag haben sollte. Dies gilt insbesondere, wenn das Gericht Arrestanspruch und Arrestgrund für nicht ausreichend halten sollte, Bedenken hinsichtlich der ausreichenden Glaubhaftmachung hat oder sonstige Zweifel an Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags bestehen. Gleiches gilt, falls das Gericht beabsichtigen sollte, Sicherheitsleistungen anzuordnen. […] (Unterschrift)8 6 Erlässt das Arbeitsgericht den beantragten Arrest nebst Arrestpfändung, so ist es zweckmäßig, zunächst den Pfändungsbeschluss beim Drittschuldner zuzustellen und erst danach den Arrestbeschluss beim Antragsgegner. Gerade bei Bankkonten reichen sonst wenige Minuten, um die Vollstreckung zu vereiteln. Hier ist sorgfältige Koordination der beteiligten Gerichtsvollzieher durch den Anwalt erforderlich. Zwischen Zustellung beim Drittschuldner und Zustellung beim Antragsgegner darf allerdings nicht mehr als eine Woche liegen (§ 929 Abs. 3 ZPO). Nach Ablauf eines Monats ist die Vollstreckung des Arrestbefehls nicht mehr zulässig (§ 929 Abs. 2 ZPO). Werden nach Ablauf eines Monats neue Vollstreckungsobjekte bekannt, kann jedoch ohne Weiteres ein neuer Arrest beantragt und dann aus diesem vollstreckt werden. 7 Praxistipp: Die Bitte um telefonische Kontaktaufnahme zur Behebung von Zweifeln an der Begründetheit des Antrags sollte bei einem Arrestantrag nie fehlen. Zum einen ergibt sich dadurch die Möglichkeit, kurzfristig nachzubessern, falls Kleinigkeiten fehlen (zB Glaubhaftmachung, vergessene Anlagen etc.). Zum anderen ergibt sich so die Möglichkeit, den Antrag ggf. zurückzunehmen, wenn der Richter erkennen lässt, dass er ihm nicht stattgeben wird. Die Rücknahme hat den Vorteil, dass keine Kosten anfallen und der Gegner nicht aufgeschreckt wird. 8 Hinsichtlich des Streitwerts ist das Interesse des Antragstellers an der Sicherung seiner Forderung maßgeblich (§ 3 ZPO). Ausgangspunkt ist der Wert der Hauptsache. In der Rspr. wird das Sicherungsinteresse je nach den Umständen des Einzelfalls mit einem Bruchteil zwischen einem Viertel und der Hälfte des Werts der zu sichernden Forderung angesetzt (OLG Frankfurt v. 9.11.1983, AnwBl 1984, 94). Der Streitwert für das Arrestverfahren wird durch die Vollziehung (Pfändung einer Forderung) nicht erhöht. Neben dem Streitwert für das Arrestverfahren hat dann aber die Vollziehung zusätzlich ihren eigenen Wert (§ 25 RVG), der allerdings den Wert der Anordnung nicht übersteigen kann (OLG Köln v. 31.3.1993, JurBüro 1994, 113; ausf. Schneider, JurBüro 1977, 1516).

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.8 Kap. 18

M 18.8 Klage des Arbeitnehmers wegen Mobbing An das Arbeitsgericht […] In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage2 und beantragen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Schadensersatz von Euro […] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.3 2. Die Beklagte wird verurteilt, ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch Euro […] nicht unterschreiten sollte,4 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen. 3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zum Ersatz aller weiteren Schäden und Nachteile verpflichtet ist, die dem Kläger durch die in der nachfolgenden Klagebegründung dargelegten Mobbingaktivitäten der Mitarbeiter der Beklagten X, Y und Z entstanden sind.5 4. Die Beklagte wird verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Mobbinghandlungen der Kollegen X, Y und Z, insbesondere solche, wie sie in der nachfolgenden Klageschrift beschrieben sind, künftig zu verhindern. 5. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, seine Arbeitsleistung zurückzuhalten, solange die Beklagte ihren Verpflichtungen gemäß Klageantrag Ziff. 4 nicht nachkommt.

I. Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl. seit mehr als zehn Jahren als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Im Februar letzten Jahres erhielt er eine verhaltensbedingte Kündigung wegen angeblich mangelhafter Leistungen. Gegen diese Kündigung erhob der Kl. Kündigungsschutzklage. Im Kammertermin im Juli letzten Jahres nahm die Bekl. die Kündigung zurück, nachdem das Arbeitsgericht erläutert hatte, dass es die Kündigung aus verschiedenen Gründen für unwirksam halte. Eine von der Bekl. angebotene Abfindung in Höhe von Euro 50.000,– nahm der Kl. nicht an, vielmehr bestand er auf Weiterbeschäftigung. Offenbar versucht die Bekl. nunmehr, den Kläger durch gezieltes „Mobbing“ aus dem Betrieb herauszuekeln, nachdem sie dies mit der Kündigung nicht erreicht hat. Auf jeden Fall ist festzustellen, dass der Kl. seit Juli vergangenen Jahres ständigen unethischen Angriffen seines Vorgesetzten X sowie seiner beiden Abteilungskollegen Y und Z ausgesetzt ist. Aus der Vielzahl ähnlicher Vorfälle seien nur Folgende herausgegriffen:6 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Unter bestimmten (sehr eingeschränkten) Voraussetzungen kann auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht kommen (dazu Wickler, DB 2002, 477, 483; Thüringer LAG v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/00, BB 2001, 1358, LS 7–9). 3 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insbesondere zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 4 Wichtig: Es ist ein Kunstfehler, Schmerzensgeld in unbestimmter Höhe einzuklagen, ohne eine Mindesthöhe anzugeben. Denn dann fehlt die für eine Berufung erforderliche Beschwer, wenn das Gericht nur einen niedrigen Betrag zuerkennt. 5 Eine Feststellungsklage auf weiteren Schadensersatz muss präzise umschreiben, aus welchen Handlungen sich der Ersatzanspruch ergeben soll. Dies kann durch Verweis auf ausführliche Darlegungen in der Klageschrift geschehen. Nicht ausreichend ist beispielsweise der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht „wegen Mobbingaktionen in den Jahren 1998 bis 2000“ (LAG Rheinland-Pfalz v. 28.8.2001 – 5 Sa 521/01) oder gar nur allgemein „wegen der Mobbing-Übergriffe“ (BAG v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154 Rz. 126). 6 Ein großes Problem bei Mobbingklagen ist die Darlegung des Sachverhalts durch den Kläger. Da Mobbing begrifflich ein fortgesetztes Verhalten voraussetzt, welches sich aus vielen kleinen Einzelaktionen zu-

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Kap. 18 M 18.8 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing a) Am 17.6. vergangenen Jahres kam der Vorgesetzte X in das Zimmer des Kl. und […] (wird ausgeführt). b) Am 19.6. bemerkte der „Kollege“ Y während des mittäglichen Kantinenessens im Vorbeigehen zum Kl.: „[…]“ (wörtliches Zitat). c) […] […] Trotz mehrmaliger mündlicher und schriftlicher Aufforderungen hat die Bekl. nichts getan, um das Verhalten des Vorgesetzten X sowie der Mitarbeiter Y und Z abzustellen (wird ausgeführt).

II. Rechtslage 1. Mit dem Klageantrag Ziff. 1 begehrt der Kl. Schadensersatz wegen Verdienstausfalls. Aufgrund der fortgesetzten Mobbing-Attacken ist er seit dem 15.3. dieses Jahres krankgeschrieben. Nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung gemäß EFZG erhält er Krankengeld von der zuständigen Krankenkasse. Dieses Krankengeld liegt pro Monat um Euro […] unter den letzten vertragsgemäßen Bezügen. Der Differenzbetrag wird mit der Klage für die Monate seit März geltend gemacht, dies ergibt insgesamt den eingeklagten Betrag. Die Bekl. ist insoweit ersatzpflichtig aus dem Gesichtspunkt der Vertragsverletzung (§§ 278, 280 BGB) sowie aus Delikt (§§ 831, 823 BGB). Die oben dargestellten Vorfälle zeigen deutlich, dass X, Y und Z nach einem gemeinsamen Plan mit einem gemeinsamen Ziel vorgehen, welches von der Unternehmensleitung der Bekl. gebilligt wird (wird ausgeführt). Die Voraussetzungen der §§ 278, 831 BGB sind damit gegeben.7 2. Mit dem Klageantrag Ziff. 2 begehrt der Kl. Schmerzensgeld8 wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts, aber auch wegen der durch die Mobbingattacken erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigungen. Ob diese Beeinträchtigungen nur schuldrechtlich als Vertragsverletzung (§§ 278, 280 BGB) oder auch als deliktisch (§§ 831, 823 BGB) anzusehen sind, spielt nach der Reform des Schadensrechts im Jahr 2002 keine Rolle mehr, da gemäß § 253 Abs. 2 BGB nunmehr auch im Fall der Vertragsverletzung Schmerzensgeldansprüche bestehen. sammensetzt, muss der Kläger sich die Mühe machen, zumindest so viele einzelne Vorfälle substantiiert vorzutragen, dass sich daraus das erforderliche Gesamtgeschehen ergibt (dazu instruktiv LAG Bremen v. 17.10.2002, LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 5: Kein Prima-facie-Beweis, wenn der Kläger nur neun Vorfälle innerhalb der letzten 3 1/ 2 Jahre vorträgt). 7 Für eine Haftung des Arbeitgebers nach § 831 BGB reicht nicht aus, dass das Mobbing durch Arbeitskollegen im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stattgefunden hat. Vielmehr setzt § 831 BGB voraus, dass das Handeln der angeblich mobbenden Kollegen in dem ihnen übertragenen Aufgabenkreis nach Zweck und Art objektiv in einem engen oder unmittelbaren inneren (sachlichen) Zusammenhang steht (LAG Rheinland-Pfalz v. 28.8.2001 – 5 Sa 521/01; dazu auch Kerst-Würkner, ArbuR 2001, 258 f.). Im Rahmen des § 278 BGB gelten ohnehin andere Maßstäbe. Macht der Kläger geltend, dass er wegen eines nach § 1 AGG verbotenen Diskriminierungsmerkmals gemobbt worden sei, ist das AGG einschlägig. Dies kann zu einer erweiterten Haftung des Arbeitgebers für Mobbinghandlungen durch Arbeitskollegen führen, insbesondere wenn dem Arbeitgeber ein Organisationsverschulden anzulasten ist, weil er seinen Schulungspflichten nach § 12 AGG nicht nachgekommen ist. 8 Zum Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Mobbings und insbesondere zu dessen Berechnung vgl. Thüringer LAG v. 15.2.2001 – 5 Sa 102/00, DB 2001, 1783 einerseits, LAG Rheinland-Pfalz v. 16.8.2001, NZA-RR 2002, 121 andererseits. Nach zutreffender Auffassung des LAG Rh.-Pf. orientiert sich die Höhe eines eventuellen Schmerzensgeldes nicht am Monatseinkommen des Geschädigten, sondern an dem Gewicht der Handlungen und den Folgen, insbesondere den eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigungen. Unter Würdigung aller Umstände hielt das LAG Rheinland-Pfalz im entschiedenen Fall eine Entschädigung von DM 15.000,– für angemessen. Es hielt zwar die Mobbinghandlungen für außerordentlich schwerwiegend, verneinte aber eine nennenswerte Gesundheitsbeeinträchtigung und hielt im Übrigen eine Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes deshalb nur eingeschränkt für berücksichtigenswert, weil eine gewisse Genugtuung auch schon dadurch eingetreten sei, dass der Kläger diverse Prozesse gegen den Arbeitgeber gewonnen hatte. Beruht das Mobbing auf einem in § 1 AGG genannten Diskriminierungsmerkmal, ist das AGG einschlägig. Statt Schmerzensgeld ist dann Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG einzuklagen. Die Höhe des Anspruchs ist aber typischerweise unabhängig davon, ob diskriminierungsbedingtes Mobbing vorliegt oder nicht.

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.10 Kap. 18 3. Mit dem Klageantrag Ziff. 3 begehrt der Kl. vorsorglich die Feststellung, dass die Bekl. ihm auch alle weiteren Schäden zu ersetzen hat, die er möglicherweise in Zukunft noch durch die Mobbing-Attacken erleidet.9 4. Der Klageantrag Ziff. 4 ist begründet, weil die Bekl. aufgrund ihrer allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzpflichten verpflichtet ist, die Mobbing-Aktivitäten des Vorgesetzen X sowie der Kollegen Y und Z abzustellen (wird ausgeführt).10 5. Der Klageantrag Ziff. 5 ist begründet, weil dem Kl. ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zusteht. Dass Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt, ist unstreitig. Allerdings muss es sich stets um die Nichterfüllung von Pflichten handeln, denen einiges Gewicht zukommt; die Nichterfüllung von Bagatellverpflichtungen löst noch kein Zurückbehaltungsrecht aus. Nach den obigen Darlegungen bedarf es aber keiner weiteren Erläuterungen, dass die Handlungen des Vorgesetzten X sowie der Kollegen Y und Z den Kläger massiv körperlich und seelisch beeinträchtigen, so dass die Verpflichtung der Bekl., solche Übergriffe abzustellen, von außerordentlich großer Bedeutung ist. Die Verletzung dieser Verpflichtung löst deshalb Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB aus.11 […] (Unterschrift)12 9 Für solche Feststellungsanträge besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn ernsthaft in Betracht kommt, dass über die bereits konkret bekannten Schäden hinaus noch weitere eintreten. Das ist bei Gesundheitsverletzungen regelmäßig der Fall. 10 Zum Anspruch des Arbeitnehmers auf Abhilfe statt aller Kerst-Würkner, ArbuR 2001, 258 f.; Wickler, DB 2002, 477. Beruht das Mobbing auf einem nach § 1 AGG verbotenen Diskriminierungsmerkmal, ergibt sich der Abhilfeanspruch unmittelbar aus § 12 Abs. 3 und 4 AGG. 11 Vgl. Thüringer LAG v. 15.2.2001 – 5 Sa 102/00, DB 2001, 1783. 12 Der Streitwert der Anträge Ziff. 1 und 2 entspricht den eingeklagten Bruttobeträgen. Der Streitwert des Antrags Ziff. 3 richtet sich nach der Höhe des zu erwartenden (weiteren) Schadens und der Schadenswahrscheinlichkeit (BGH v. 29.11.1990 – IX ZR 94/90, MDR 1991, 526). Den Antrag Ziff. 4 wird man mit dem Schmerzensgeld ansetzen müssen, das bei Nichtabstellen des Mobbings für die Zukunft geltend gemacht werden könnte, der Antrag Ziff. 5 ist inhaltlich auf das Gleiche gerichtet und dürfte deshalb keinen eigenen Wert haben.

M 18.9 Klage des Arbeitgebers wegen Vertragsbruchs auf Schadensersatz und

Vertragsstrafe

Hier kann auf das Muster M 1.10 verwiesen werden. Bei Ausscheiden des Arbeitnehmers unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist gilt bezüglich Antragstellung, Schadensberechnung und Rechtslage das Gleiche wie bei Nichtantritt der Arbeitsstelle.

M 18.10

Einstweilige Verfügung auf Unterlassung von Wettbewerbshandlungen

Insoweit kann auf das Muster M 25.11 verwiesen werden. Die Durchsetzung der Unterlassungsansprüche bei Verletzung des Wettbewerbsverbots während der Dauer des Arbeitsverhältnisses (egal ob aus § 60 HGB, § 241 BGB oder aus entsprechenden Vertragsklauseln resultierend) richtet sich nach denselben Grundsätzen wie beim Anspruch auf Unterlassung der Verletzung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nach § 110 GewO, §§ 74 ff. HGB.

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Kap. 18 M 18.11 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing

M 18.11

Klage des Arbeitnehmers auf Freistellung von Ansprüchen Dritter

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen Schadensersatzansprüchen2 freizustellen, die gegen ihn im Zusammenhang mit der Entbindung der Frau […] und der Geburt des Kindes […] am […] erhoben werden.3

Begründung: Der Kl. ist Oberarzt am Krankenhaus der Bekl. in […] Am […] betreute er als verantwortlicher Arzt die Entbindung der Frau […] von ihrem Sohn […] Der Sohn ist seit der Geburt geistig behindert. Mit Urteil des Landgerichts […] wurde dem Grunde nach festgestellt, dass der Kl. Frau […] sowie deren Sohn Schadensersatz zu leisten hat, da der Kl. bei der Entbindung einen Kunstfehler begangen habe (wird ausgeführt). Nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen der Haftungserleichterung (vgl. § 619a BGB) hat der Kl. gegenüber der Bekl. als seiner Arbeitgeberin einen Anspruch auf Freistellung von allen Ansprüchen, die aufgrund der Behandlung von […] gegen ihn erhoben werden (wird ausgeführt). Die Bekl. hat jedoch eine Freistel1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Steht der Schaden, von dem der Arbeitnehmer freigestellt werden will, bereits summenmäßig fest, muss der Freistellungsanspruch beziffert werden, ansonsten ist die Klage wegen mangelnder Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unzulässig. Steht dagegen – wie im vorliegenden Fall – die Höhe der Forderung noch nicht fest, kann nur ein Feststellungsantrag gestellt werden, für den das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO gegeben ist (BAG v. 25.6.2009 – 8 AZR 236/08, ZTR 2009, 649, insoweit dort nicht abgedruckt). 3 Da auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer im Laufe seiner Berufstätigkeit Fehler unterlaufen können, begrenzt die Rspr. und inzwischen auch § 619a BGB die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer nur fahrlässig gehandelt hat (ausf. M 18.5). Führt ein fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers dazu, dass dieser Schadensersatzansprüchen Dritter ausgesetzt ist (insbesondere aus Delikt, § 823 BGB), setzt sich die beschränkte Haftung des Arbeitnehmers insoweit fort, als ihm nach den gleichen Grundsätzen ein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Freistellung zusteht. Dabei deckt sich der Umfang des Freistellungsanspruchs mit dem Umfang der Haftungsbeschränkung: Bei leichter Fahrlässigkeit kann der Arbeitnehmer in der Regel volle Freistellung von den Ansprüchen Dritter verlangen, bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit dagegen nur eingeschränkt (zB BAG v. 16.3.1995 – 8 AZR 58/92, BAGE 79, 285; v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, AP Nr. 5 zu § 310 BGB; v. 1.12.1988 – 8 AZR 65/84, AP Nr. 2 zu § 840 BGB). Nach hA entsteht der Befreiungsanspruch nicht schon mit der Geltendmachung der Ansprüche, sondern erst wenn feststeht, dass der schädigende Arbeitnehmer von dem Geschädigten mit Erfolg in Anspruch genommen werden kann (BAG v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, AP Nr. 5 zu § 310 BGB; v. 25.6.2009 – 8 AZR 236/08, ZTR 2009, 649). Macht der Arbeitnehmer daher die Klage auf Freistellung zu einem Zeitpunkt anhängig, in dem seine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Dritten noch nicht feststeht, riskiert er die Abweisung der Klage als zurzeit unbegründet. Praxistipp: Oft übersehen wird, dass der Freistellungsanspruch wie jeder andere Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis einer tariflichen Ausschlussfrist unterliegen kann. Da der Freistellungsanspruch bereits in dem Moment entsteht, in dem die Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem geschädigten Dritten feststeht, läuft eine tarifliche Ausschlussfrist ab diesem Moment (BAG v. 25.6.2009 – 8 AZR 236/ 08, ZTR 2009, 649). Sobald der Arbeitnehmer an den Dritten gezahlt hat oder dieser seinen Schadensersatzanspruch vollstreckt hat, wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch, die Klage muss dann entsprechend umgestellt werden (BGH v. 15.12.1976, VersR 1977, 174). Das Gleiche gilt, wenn der Geschädigte im Wege der Zwangsvollstreckung den Freistellungsanspruch pfändet und sich überweisen lässt (BGH v. 23.9.1965, BGHZ 44, 166; v. 12.12.1963, VersR 1964, 156) oder wenn der Arbeitnehmer den Freistellungsanspruch an den geschädigten Dritten abtritt (BGH v. 13.2.1980 – IV ZR 39/78, VersR 1980, 522).

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Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.12 Kap. 18 lung des Kl. sowie eine Zahlung der Schmerzensgeldansprüche abgelehnt, da der Kl. die fragliche Entbindung nicht als Angestellter der Bekl. ärztlich betreut habe, sondern diese im Rahmen der ihm erlaubten privatärztlichen Tätigkeit vorgenommen habe. Die Auffassung der Bekl. ist jedoch unrichtig. Der Kl. hat die fragliche Entbindung in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer der Bekl. betreut (wird ausgeführt). […] (Unterschrift)

M 18.12

Deklaratorisches Schuldanerkenntnis (Datum, Ort)

§ 1 Parteien Die Parteien des vorliegenden Schuldanerkenntnisses sind als Schuldner Herr/Frau […] wohnhaft in […], geboren am […] und als Gläubigerin die […] GmbH mit Sitz in […].

§ 2 Zugrundeliegender Sachverhalt1 Der Schuldner ist Arbeitnehmer der Gläubigerin und als Kassierer an einer Supermarktkasse eingesetzt. Hintergrund des Schuldanerkenntnisses ist, dass seitens der Gläubigerin am 1.10.2019 ein Fehlbetrag von Euro 8000,– in der Ladenkasse festgestellt wurde, die vom Schuldner zu betreuen ist. Auf den Fehlbetrag angesprochen2, räumte der Schuldner ein, in der Zeit vom 1.8.2018 bis zum heutigen Tage einen Betrag von insgesamt Euro 40.000,– entwendet zu haben. Das vorliegende Schuldanerkenntnis dient dem Zweck, die aus dem Sachverhalt seitens der Gläubigerin erwachsenden Ansprüche gegen den Schuldner außer Streit zu stellen und zugleich die Rückzahlung der entwendeten Beträge zu regeln.

§ 3 Schuldanerkenntnis3 Der Schuldner erkennt an, dass er aus dem zugrundeliegenden Sachverhalt der Gläubigerin i.H.v. Euro 40.000,– zum Schadensersatz verpflichtet ist. Durch das Anerkenntnis soll kein neuer Schuldgrund geschaf1 Sachverhalt angelehnt an Thüringer LAG v. 10.9.1998 – 5 Sa 104/97, NZA-RR 1999, 399. 2 Im Konfrontationsgespräch werden oft Fehler gemacht. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass die Anfechtbarkeit wegen widerrechtlicher Drohung ausgeschlossen wird. Nicht „widerrechtlich“ ist jedenfalls die Drohung mit einer (fristlosen) Kündigung oder mit einer Strafanzeige, sofern der AG sich für dazu berechtigt halten durfte (BAG v. 22.7.2010 – 8 AZR 144/09, NJW 2011, 630, 633). Darüber hinaus ist ein Anerkenntnis sittenwidrig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist. Dies ist aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden relevanten Umstände zu beurteilen (BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14, NZA 2016, 1409). Allein der Umstand, dass der AN mit der Gesamtsumme finanziell überfordert ist, genügt dabei nicht. Kommt jedoch hinzu, dass der ArbG die Geschäftsunerfahrenheit oder die seelische Zwangslage des AN ausnutzt, weist vieles auf eine Sittenwidrigkeit hin. Zwar ist das Anliegen des ArbG, seinen Anspruch durch das Schuldanerkenntnis zusätzlich abzusichern, als solches nicht sittenwidrig. Versucht er jedoch auf diesem Wege überhöhte oder zweifelhafte Schadensersatzforderungen durchzusetzen, kann dies zur Sittenwidrigkeit führen (vgl. BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14, NZA 2016, 1409, 1412). Ratsam ist es, dem AN die Zeit und Möglichkeit zu gewähren, um sich über die Reichweite des Anerkenntnisses klar zu werden. Das LAG Thüringen verlangt zusammenfassend, der ArbG müsse sich bei der Konfrontation an rechtsstaatliche Erfordernisse halten – dies verbiete ihm v.a. jegliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit des AN und gebiete, dem AN auf Wunsch die Konsultation einer Vertrauensperson oder eines Rechtsanwalts zu ermöglichen (vgl. Thüringer LAG v. 10.9.1998 – 5 Sa 104/97, NZA-RR 1999, 399). 3 Die gesetzliche Schriftform gilt zwar nur für ein konstitutives Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB), die Einhaltung ist aber auch beim deklaratorischen Anerkenntnis dringend zu empfehlen.

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Kap. 18 M 18.12 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing fen werden, sondern lediglich die ohnehin zwischen den Parteien bestehenden Ansprüche einem möglichen späteren Streit der Parteien entzogen und endgültig festgestellt werden. Dem Schuldner ist bewusst, dass er mit sämtlichen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen ist, sofern diese ihm zum jetzigen Zeitpunkt bekannt sind oder er mit ihnen rechnet.4, 5

§ 4 Modalitäten der Zahlung6 Der Betrag wird vom Schuldner in … Monatsraten zu je […] Euro getilgt, beginnend ab dem […]. Die Raten werden fällig jeweils zum dritten Werktag des Monats. Kommt der Schuldner mit der Zahlung […] Monate in Verzug, so ist der Betrag als ganzer sofort fällig.

§ 5 Unterwerfungserklärung7 Der Schuldner unterwirft sich bezüglich dieses Schuldanerkenntnisses der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Die Kosten der Errichtung und Ausfertigung der notariellen Urkunde werden vom Schuldner alleine getragen. […] [Unterschrift der Parteien] [ggf. notarielle Beglaubigung] 4 S. BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14, NZA 2016, 1409, 1412. Die Darstellung dieser Grundsätze ist ratsam, um späteren Auslegungszweifeln vorzubeugen. 5 Auch ein Schuldanerkenntnis unterfällt als sog. Einmalbedingung iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB der AGBKontrolle der §§ 305 ff. Zwar stellt ein Schuldanerkenntnis keinen Fall des § 309 Nr. 12 BGB dar (BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03, AP BGB § 781 Nr. 7; v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14, NZA 2016, 1409, 1416) Es kann jedoch eine unangemessene Benachteiligung vorliegen. Dabei muss eine wertende Betrachtung unter Einbeziehung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände vorgenommen werden. Eine unangemessene Benachteiligung ist nicht anzunehmen, wenn der AN den Pflichtverstoß bereits umfassend zugegeben hat, insoweit besteht kein schutzwürdiges Interesse des AN (BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14, NZA 2016, 1409; dazu: Leitmeier, NZA 2017, 227). 6 Wird eine Ratenzahlung vereinbart, muss vermieden werden, dass diese sich als entgeltlichen Zahlungsaufschub iSd. § 506 Abs. 1 BGB darstellt, weil in diesem Zusammenhang ein Einwendungsverzicht nach § 496 Abs. 1 unwirksam ist. 7 Unterwirft sich der AN in einer notariell beglaubigten Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung, stellt diese nach § 794 Nr. 5 ZPO einen Vollstreckungstitel dar. Das BAG hat (mangels notarieller Beurkundung) offengelassen, ob es eine solche Klausel für unangemessen benachteiligend oder sittenwidrig hält. Jedoch fällt – die Unwirksamkeit unterstellt – nicht das Schuldanerkenntnis insgesamt, sondern nur die Unterwerfungsklausel, vgl. § 306 BGB (BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14, NZA 2016, 1409, 1413).

M 18.13

Klage auf Rückzahlung von Vergütung

S. M 12.31

M 18.14

Widerklage des Arbeitgebers wegen Geheimnisverrats

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (Kurzrubrum)

786 | Diller

Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing | M 18.14 Kap. 18 vertreten wir die Beklagte. Namens und im Auftrag der Beklagten beantragen wir: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Im Wege der Widerklage wird der Kläger verurteilt, Euro 50.000,– nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Beklagte zu zahlen. 3. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten sämtlichen Schaden zu ersetzen, der der Beklagten aus dem Verkauf der Rezeptur der „XY-Brause“ durch den Kläger entstanden ist. Weiter beantragen wir, 4. die Informationen über die Zusammensetzung des von der Beklagten produzierten Erfrischungsgetränks „XY-Brause“ als geheimhaltungsbedürftig einzustufen. 5. den Zugang zu von der Beklagten eingereichten Dokumenten betreffend die Zusammensetzung der „XY-Brause“ sowie die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und den Zugang zum Protokoll auf die Mindestteilnahme gem. § 19 Abs. 1 Satz 3 GeschGehG zu beschränken. 6. sofern dem Antrag nach Ziff. 5 stattgegeben wird, die Öffentlichkeit von der mündlichen Verhandlung auszuschließen. 7. der Beklagten die Befugnis zu erteilen, den Urteilstenor auf Kosten des Klägers öffentlich bekanntzumachen.

Begründung: Die Kündigung, gegen die der Kl. die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben hat, erfolgte wegen einer strafrechtlich relevanten unerlaubten Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen i.S.d. GeschGehG. Der Kl. war als Lebensmitteltechniker mit der Herstellung der von der Bekl. vertriebenen „XY-Brause“ befasst. Die „XY-Brause“ ist ein alkoholfreies Erfrischungsgetränk, welches sich insbesondere an Jugendliche wendet und dort im Moment enorm populär ist. Der Umsatz der Bekl. mit der „XY-Brause“ ist in den letzten drei Jahren sprunghaft angestiegen, mittlerweile macht die Bekl. mehr als ein Drittel ihres Umsatzes allein mit diesem einen Getränk. Beweis: Zeugnis des Kaufmännischen Leiters der Bekl. […] In den vergangenen Monaten haben mehrere Konkurrenten versucht, ähnlich schmeckende Erfrischungsgetränke auf den Markt zu bringen. Sie sind jedoch damit erfolglos geblieben, da es ihnen nicht gelungen ist, den Geschmack der „XY-Brause“ nachzuahmen. Beweis: wie vor Wie die Bekl. einem fehlgeleiteten E-Mail des Kl. vom […] entnehmen musste, hat der Kl. die Rezeptur der „XY-Brause“ für eine Zahlung von Euro 50.000,– in bar an den wichtigsten Konkurrenten der Bekl., die Z GmbH, verkauft. Beweis: E-Mail des Kl. vom […], Anlage B 1 Unmittelbar nach Kenntnisnahme von dieser fehlgeleiteten E-Mail hat die Bekl. die streitgegenständliche fristlose Kündigung ausgesprochen. Dass der Verkauf von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen an die Konkurrenz einen außerordentlichen Grund für eine Kündigung nach § 626 BGB darstellt, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Mit dem Klagantrag Ziff. 2 fordert die Bekl. nach § 670 BGB die vom Kl. erhaltenen Euro 50.000,– heraus. Mit dem Klagantrag Ziff. 3 macht die Bekl. Schadenersatz geltend. Die Z GmbH hat vor wenigen Wochen das Konkurrenzprodukt „AB-Brause“ herausgebracht. Wie chemische Untersuchungen der Bekl. ergeben haben, ist die Zusammensetzung der „AB-Brause“ der Z GmbH identisch mit der Zusammensetzung der „XY-Brause“ der Bekl. Offenbar beruht also die Inverkehrbringung der „AB-Brause“ auf dem Geheimnisverrat der Kl. Bei der Rezeptur der „XY-Brause“ handelt es sich um ein Geschäftsgeheimnis i.S.d. GeschGehG. Die Rezeptur der „XY-Brause“ ist den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, nicht allgemein bekannt und auch nicht ohne Weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert (§ 2 Nr. 1a GeschGehG). Die Rezeptur ist auch Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen der Bekl. (§ 2 Nr. 1b GeschGehG). (wird ausgeführt)

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Kap. 18 M 18.14 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Es besteht auch ein berechtigtes Interesse der Bekl. an der Geheimhaltung, da gerade die besondere Geschmacksrichtung den Verkaufserfolg der „XY-Brause“ ausmacht. Beweis: Kundenbefragung vom […], Anlage B 2 Deshalb ist der Antrag Ziff. 4 begründet, das Rezept der „XY-Brause“ gem. § 16 Abs. 1 GeschGehG als geheimhaltungsbedürftig zu erklären. Angesichts der Brisanz des Geschäftsgeheimnisses sind auch die weiteren Anträge nach § 19 Abs. 1 und 2 GeschGehG begründet (wird ausgeführt). Das berechtigte Interesse Bekl. an einer Veröffentlichung der Urteilsformel auf Kosten des Kl. (Antrag Ziff. 7) ergibt sich aus der bezweckten Abschreckungswirkung (wird ausgeführt). Zwar bestimmt § 15 Abs. 1 GeschGehG die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte bei Streitigkeiten aus Geschäftsgeheimnissen und deren Verletzung. Diese Vorschrift gilt nach einhelliger Auffassung jedoch nur innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Zuständigkeiten nach § 2 ArbGG der Arbeitsgerichtsbarkeit bleiben deshalb unberührt. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Zuständigkeit ohne weiteres aus § 2 Abs. 1 Nr. 3b (Bestandsstreitigkeiten) und Nr. 3d (unerlaubte Handlungen) ArbGG. […] (Unterschrift)

Kapitel 19 Versetzung I. 1. 2. a) b) c) d) e)

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Individualarbeitsrecht . . . . . . . . . Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . Betriebsverfassungsrechtlicher Versetzungsbegriff . . . . . . . . . . . Zustimmungsverfahren . . . . . . . . Folgen der fehlenden Zustimmung . Zustimmungsersetzungsverfahren . Vorläufige personelle Maßnahmen .

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II. Muster Ausübung des Direktionsrechts und vorsorgliche Änderungskündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG wegen beabsichtigter Versetzung und Umgruppierung . . . . . Klage gegen Versetzung . . . . . . . . . . . Klage auf Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . .

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M 19.1 M 19.2 M 19.3 M 19.4

Literatur: Bauer, Verbindlichkeit einer unbilligen Weisung zur Versetzung, ArbRAktuell 2017, 487; Benkert, BAG ändert Rechtsprechung zur Befolgung unbilliger Weisungen, NJW Spezial 2017, 690; Boemke, Zustimmungsverweigerung bei Einstellung und Versetzung, AP Nr. 56 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Fey, Einstweilige Verfügung gegen vorläufige Versetzung, ZMV 2009, 321; Engels, Das BAG und die Matrixstruktur, NZA 2020, 699 – zugleich Entgegnung zu Lingemann/Steinhauser, NZA 2020, 87; Fleddermann, Zugang von Zustimmungsverweigerungen beim Arbeitgeber, ArbRAktuell 2018, 105; Fuhlrott/Fabritius, Die Versetzung von Betriebsratsmitgliedern, ArbRAktuell 2012, 418; Hoppe/Marcus, Einstellung und Versetzung in der betrieblichen Praxis: Mitbestimmungsrechte beim Einsatz von Fremdpersonal, ArbRAktuell 2011, 313; Hoppe/ Marcus, Die vorläufige Durchführung personeller Maßnahmen: Das Verfahren gemäß § 100 BetrVG, ArbRAktuell 2011, 367; Hromadka, Zur Auslegung des § 106 GewO, NZA 2012, 233; Hromadka, Unbillige Weisungen, NZA 2017, 601; Hunold, Schreibtischtäter oder Weltenbummler? – Arbeitsort, Dienstreiseziel und das Direktionsrecht des Arbeitgebers, NZA-RR 2018, 63; Joussen, Die Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung bei der Einstellung und Versetzung schwerbehinderter Menschen, ZMV 2009, 6; Kühn, Rechtsfolgen rechtswidriger Weisungen, NZA 2015, 10; Lambrich/Schwab, Betriebsübergreifende Versetzung im Konzern und Mitbestimmung gem. § 99 BetrVG, DB 2012, 1928; Laskawy/Lomb, Arbeitsvertragliche Versetzungsklauseln, DB 2018, 1535; Lingemann, Erfolgloser Arbeitgeberantrag auf Zustimmungsersetzung bei Versetzung, ArbRAktuell 2019, 371; Lingemann/Siemer, Grenzen des arbeitsrechtlichen Direktionsrechts bei Änderung von Inhalt und Ort der Tätigkeit (Teil 1), ArbRAktuell 2015, 494; (Teil 2), ArbRAktuell 2015, 518; Lingemann/Steinhauser, Betriebsverfassungsrechtliche Einstellungen im entgrenzten Betrieb, NZA 2020, 87; Plum, Unterrichtung des Betriebsrats bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern, DB 2011, 2916; Preis,

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Kap. 18 M 18.14 | Fehlverhalten, Schadensersatz, Mobbing Es besteht auch ein berechtigtes Interesse der Bekl. an der Geheimhaltung, da gerade die besondere Geschmacksrichtung den Verkaufserfolg der „XY-Brause“ ausmacht. Beweis: Kundenbefragung vom […], Anlage B 2 Deshalb ist der Antrag Ziff. 4 begründet, das Rezept der „XY-Brause“ gem. § 16 Abs. 1 GeschGehG als geheimhaltungsbedürftig zu erklären. Angesichts der Brisanz des Geschäftsgeheimnisses sind auch die weiteren Anträge nach § 19 Abs. 1 und 2 GeschGehG begründet (wird ausgeführt). Das berechtigte Interesse Bekl. an einer Veröffentlichung der Urteilsformel auf Kosten des Kl. (Antrag Ziff. 7) ergibt sich aus der bezweckten Abschreckungswirkung (wird ausgeführt). Zwar bestimmt § 15 Abs. 1 GeschGehG die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte bei Streitigkeiten aus Geschäftsgeheimnissen und deren Verletzung. Diese Vorschrift gilt nach einhelliger Auffassung jedoch nur innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Zuständigkeiten nach § 2 ArbGG der Arbeitsgerichtsbarkeit bleiben deshalb unberührt. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Zuständigkeit ohne weiteres aus § 2 Abs. 1 Nr. 3b (Bestandsstreitigkeiten) und Nr. 3d (unerlaubte Handlungen) ArbGG. […] (Unterschrift)

Kapitel 19 Versetzung I. 1. 2. a) b) c) d) e)

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Individualarbeitsrecht . . . . . . . . . Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . Betriebsverfassungsrechtlicher Versetzungsbegriff . . . . . . . . . . . Zustimmungsverfahren . . . . . . . . Folgen der fehlenden Zustimmung . Zustimmungsersetzungsverfahren . Vorläufige personelle Maßnahmen .

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II. Muster Ausübung des Direktionsrechts und vorsorgliche Änderungskündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG wegen beabsichtigter Versetzung und Umgruppierung . . . . . Klage gegen Versetzung . . . . . . . . . . . Klage auf Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . .

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M 19.1 M 19.2 M 19.3 M 19.4

Literatur: Bauer, Verbindlichkeit einer unbilligen Weisung zur Versetzung, ArbRAktuell 2017, 487; Benkert, BAG ändert Rechtsprechung zur Befolgung unbilliger Weisungen, NJW Spezial 2017, 690; Boemke, Zustimmungsverweigerung bei Einstellung und Versetzung, AP Nr. 56 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Fey, Einstweilige Verfügung gegen vorläufige Versetzung, ZMV 2009, 321; Engels, Das BAG und die Matrixstruktur, NZA 2020, 699 – zugleich Entgegnung zu Lingemann/Steinhauser, NZA 2020, 87; Fleddermann, Zugang von Zustimmungsverweigerungen beim Arbeitgeber, ArbRAktuell 2018, 105; Fuhlrott/Fabritius, Die Versetzung von Betriebsratsmitgliedern, ArbRAktuell 2012, 418; Hoppe/Marcus, Einstellung und Versetzung in der betrieblichen Praxis: Mitbestimmungsrechte beim Einsatz von Fremdpersonal, ArbRAktuell 2011, 313; Hoppe/ Marcus, Die vorläufige Durchführung personeller Maßnahmen: Das Verfahren gemäß § 100 BetrVG, ArbRAktuell 2011, 367; Hromadka, Zur Auslegung des § 106 GewO, NZA 2012, 233; Hromadka, Unbillige Weisungen, NZA 2017, 601; Hunold, Schreibtischtäter oder Weltenbummler? – Arbeitsort, Dienstreiseziel und das Direktionsrecht des Arbeitgebers, NZA-RR 2018, 63; Joussen, Die Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung bei der Einstellung und Versetzung schwerbehinderter Menschen, ZMV 2009, 6; Kühn, Rechtsfolgen rechtswidriger Weisungen, NZA 2015, 10; Lambrich/Schwab, Betriebsübergreifende Versetzung im Konzern und Mitbestimmung gem. § 99 BetrVG, DB 2012, 1928; Laskawy/Lomb, Arbeitsvertragliche Versetzungsklauseln, DB 2018, 1535; Lingemann, Erfolgloser Arbeitgeberantrag auf Zustimmungsersetzung bei Versetzung, ArbRAktuell 2019, 371; Lingemann/Siemer, Grenzen des arbeitsrechtlichen Direktionsrechts bei Änderung von Inhalt und Ort der Tätigkeit (Teil 1), ArbRAktuell 2015, 494; (Teil 2), ArbRAktuell 2015, 518; Lingemann/Steinhauser, Betriebsverfassungsrechtliche Einstellungen im entgrenzten Betrieb, NZA 2020, 87; Plum, Unterrichtung des Betriebsrats bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern, DB 2011, 2916; Preis,

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Versetzung | Rz. 3 Kap. 19 Unbillige Weisungsrechte und überflüssige Änderungskündigungen, NZA 2015, 1; Preis/Genenger, Die unechte Direktionsrechtserweiterung, NZA 2008, 969; Repey, Kann sich der Arbeitgeber auf die Unwirksamkeit einer Versetzungsklausel berufen?, BB 2009, 1245; Schulze/Häfner, Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, AiB 2006, 372; Schulze/Schreck, Personelle Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG – Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates, ArbRAktuell 2013, 9; Schulze/Weitz, Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates – Verstoß des Arbeitgebers gegen § 81 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB 9 – Versetzung intern beschäftigter Arbeitnehmer – ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens, AiB 2010, 45; Schwab/Weicker, Betriebsübergreifende Versetzung im Unternehmen und Mitbestimmung gem. § 99 BetrVG, DB 2012, 976; Seel, § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG als Verbotsgesetz gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, FA 2012, 360; Seel, Das Direktionsrecht des Arbeitgebers – Anforderungen an Versetzung und Änderungskündigung, MDR 2011, 901; Springer, Hürden bei der Versetzung von Mandatsträgern, DB 2017, 611; Trebeck, Die „Versetzung“ in den Stellenpool zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen, NZA 2009, 513; Vollstädt, Zur Reichweite räumlicher Versetzungsklauseln und Ermessensausübung des Arbeitgebers, DB 2017, 793; Wollwert, Ordnungsgemäße Unterrichtung und Zustimmungsverweigerung bei gebündelten personellen Einzelmaßnahmen, DB 2012, 2518.

I. Einführung 1. Individualarbeitsrecht Arbeitsvertraglich bedeutet Versetzung sowohl den Wechsel des Arbeitsortes als auch die Änderung der Art der ausgeübten Tätigkeit und des Arbeitsumfangs. Gem. § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.1

1

Der Arbeitgeber ist nur dann zur Versetzung berechtigt, wenn und soweit er sich dies im – möglicherweise auslegungsbedürftigen – Arbeitsvertrag wirksam vorbehalten hat.2 Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist dann von seinem Direktionsrecht gedeckt. Eine Versetzungsbefugnis kann sich daneben auch aus Tarifvertrag ergeben, es sei denn, dies ist individualvertraglich ausgeschlossen.3

2

Als einseitige Leistungsbestimmung unterliegt die Ausübung des Direktionsrechts der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.4 Dem Arbeitgeber verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können ihm mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Arbeitsgerichte prüfen, ob der Arbeitgeber die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat.5 Für die Leistungsbestimmung nach

3

1 Macht der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht Gebrauch, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung so erbringen, wie sie durch die wirksame Weisung konkretisiert wurde. Dabei hat eine Weisung so lange Bestand, bis sie durch eine andere (wirksame) Weisung ersetzt wird, BAG v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452. 2 Ist der Arbeitsort im Vertrag nicht festgelegt, richtet sich die Versetzungsmöglichkeit nach § 106 GewO (BAG v. 13.6.2012 – 10 AZR 296/11, NZA 2012, 1154); der Arbeitsort ist auch dann nicht festgelegt, wenn im Arbeitsvertrag neben dem Arbeitsort die Berechtigung des Arbeitgebers zum unternehmensweiten Einsatz des Arbeitnehmers bestimmt ist (BAG v. 26.9.2012, NZA-RR 2013, 403; v. 13.6.2012, NZA 2012, 1154). Der Vorbehalt verhindert auch nach langjähriger unveränderter Tätigkeit die Beschränkung auf einen konkreten Arbeitsort. Der Nichtausübung des Weisungsrechts über einen u.U. sehr langen Zeitraum kommt kein Erklärungswert zu (BAG v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452; v. 30.11.2016 – 10 AZR 11/16, NZA 2017, 1394, DB 2017, 793). 3 Vgl. zB § 16 Abs. 1 LTV der Deutschen Bundesbahn; BAG v. 22.5.1985, AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn. 4 Die Billigkeitskontrolle ist darauf beschränkt, ob der Arbeitgeber den ihm zustehenden Spielraum genutzt hat, BAG v. 26.9.2012, AP Nr. 22 zu § 106 GewO. 5 BAG v. 26.9.2012, AP Nr. 22 zu § 106 GewO; v. 26.9.2012, NZA-RR 2013, 403; v. 13.6.2012 – 10 AZR 296/ 11, NZA 2012, 1154; maßgeblich für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber

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Kap. 19 Rz. 3 | Versetzung billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) sind die wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen.6 Eine Abwägung der Interessen der Beteiligten muss ergeben, dass die Versetzung dem Arbeitnehmer zumutbar und verhältnismäßig ist.7 In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen.8 Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen.9 Unbillig ist die Maßnahme daher etwa bei einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder bei missbilligenswerten Motiven, zB bei einer Versetzung zu disziplinarischen Zielen10 oder zur Maßregelung entgegen § 612a BGB.11 Ebenso ist es etwa unbillig, dem Arbeitnehmer vom einen zum anderen Tag aufzugeben, sich an einem 170 km entfernten Arbeitsort einzufinden.12 Dagegen kann die Zuweisung auf einen Arbeitsplatz, der den Vorgaben des § 618 Abs. 1 BGB iVm. den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen nicht vollumfänglich genügt, bei lediglich geringfügigen oder kurzzeitigen Verstößen billigem Ermessen entsprechen.13 Die Versetzung auf einen geringerwertigen, dh. nach Tätigkeits- oder Berufsbild in der Sozialanschauung geringer bewerteten Arbeitsplatz, ist in der Regel unwirksam.14 Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Beschäftigung auf einer Stelle, die von ihrer Wertigkeit seiner bisherigen Stelle und deren Vergütungsmerkmalen entspricht. Hierzu gehören neben der Vergütung auch der Anspruch auf Privatnutzung des Firmenwagens im bisherigen Umfang.15 Dies gilt sogar dann, wenn dem Arbeitnehmer die Vergütung in der bisherigen Höhe erhalten bleibt.16 Auch die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum kraft Direktionsrechts muss gem. § 315 BGB billigem Ermessen entsprechen.17 Das gilt auch und gerade für die Entscheidung des Arbeitgebers, die höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend und nicht auf Dauer zu übertragen.18 Entspricht sie nicht billigem Ermessen, so erfolgt die Bestimmung der „Leistung“ entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch eine richterliche Entscheidung.19

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

die Ermessensentscheidung zu treffen hatte. Insofern scheitert die Wirksamkeit einer Weisung etwa nicht bereits daran, dass der Arbeitnehmer mangels Anhörung seine Interessen nicht zuvor einbringen konnte. Denn maßgeblich sind nicht die vom Arbeitgeber angestellten Erwägungen, sondern vielmehr, ob die getroffene Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt, BAG v. 24.5.2018 – NZA-RR 2018, 568; v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452; v. 18.10.2017 – 10 AZR 47/17, NZA 2018, 162. BAG v. 26.9.2012, AP Nr. 22 zu § 106 GewO; v. 26.9.2012, NZA-RR 2013, 403. Für die Bestimmung der Zumutbarkeit könnten die Regelungen der § 140 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB III nicht herangezogen werden, da diese sich nur auf eine öffentlich-rechtliche Pflicht des Arbeitslosen gegenüber dem Arbeitsamt beziehen (BAG v. 17.8.2011 – 10 AZR 202/10, NZA 2012, 265). Dies gilt auch dann, wenn die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht. Zwar kommt dieser ein besonderes Gewicht zu – die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers ist dadurch jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen (BAG v. 30.11.2016 – 10 AZR 11/16, NZA 2017, 1394). BAG v. 26.9.2012, AP Nr. 22 zu § 106 GewO; v. 26.9.2012, NZA-RR 2013, 403. BAG v. 30.10.1985, NZA 1986, 713. Einzelheiten bei PWW/Lingemann, § 612a BGB Rz. 2 ff. LAG Berlin-Brandenburg v. 17.11.2017 – 2 Sa 965/17. BAG v. 28.6.2018 – 2 AZR 436/17, NZA 2018, 1259. BAG v. 16.10.2013 – 10 AZR 9/13, NZA 2014, 264; v. 9.5.2006 – 9 AZR 424/05, NZA 2007, 145. LAG BW v. 20.4.2009 – 4 Sa 4/09. Vgl. BAG v. 24.4.1996 – 4 AZR 976/94, NZA 1997, 104; LAG BW v. 24.2.2016 – 2 Sa 51/15. BAG v. 27.1.2016 – 4 AZR 468/14, NZA 2016, 903 zur sog. doppelten Billigkeitsprüfung; v. 18.4.2012 – 10 AZR 134/11, NZA 2012, 927 m. Anm. Göpfert, FD-ArbR 2012, 334270; v. 17.4.2002, AP Nr. 23 zu § 24 BAT. BAG v. 18.4.2012 – 10 AZR 134/11, NZA 2012, 927 m. Anm. Göpfert, FD-ArbR 2012, 334270; v. 17.4. 2002, AP Nr. 23 zu § 24 BAT. BAG v. 27.1.2016 – 4 AZR 468/14, NZA 2016, 903; v. 18.4.2012 – 10 AZR 134/11, NZA 2012, 927 m. Anm. Göpfert, FD-ArbR 2012, 334270.

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Versetzung | Rz. 8 Kap. 19

Fehlt es an einer entsprechenden Versetzungsbefugnis, kann die Maßnahme nur mit Einverständnis des Arbeitnehmers oder durch Änderungskündigung (dazu im Einzelnen Kap. 20) erfolgen. Es bedarf dazu einer Vertragsänderung. Folgt der Arbeitnehmer längere Zeit einer an sich nicht vom Direktionsrecht umfassten Zuweisung eines Arbeitsbereichs, kann dies allerdings eine stillschweigende Vertragsänderung sein.20 Umgekehrt kann auch der Arbeitgeber seine Versetzungsbefugnis verlieren, indem sein Direktionsrecht durch eine langfristige Beschäftigung des Arbeitnehmers mit derselben Tätigkeit auf diese konkretisiert wird. Hinzukommen muss allerdings, dass bestimmte Umstände den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer solle künftig nur noch mit dieser Tätigkeit beschäftigt werden.21

4

Die Umdeutung einer Versetzung in eine Änderungskündigung gem. § 140 BGB scheitert daran, dass die Änderungskündigung – da sie den Vertrag ändert – in ihren rechtlichen Wirkungen weiter reicht als die Versetzung.22 Hat der Arbeitgeber Zweifel, ob die beabsichtigte Maßnahme noch vom Direktionsrecht umfasst ist, so empfiehlt es sich, die Versetzung auszusprechen und hilfsweise auch die Änderungskündigung23 (M 19.1). Bei der Versetzung ist der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen (M 19.2), bei der Änderungskündigung zusätzlich auch nach § 102 BetrVG (M 20.3). Die Wirksamkeit der Änderungskündigung hängt nicht davon ab, dass auch die Zustimmung nach § 99 BetrVG betragt wird,24 ohne die Zustimmung nach § 99 BetrVG kann aber die Versetzung nicht durchgeführt werden.

5

Einer unwirksamen Versetzung durch den Arbeitgeber braucht der Arbeitnehmer nicht Folge zu leisten. Wahrt die Weisung des Arbeitgebers die Grenzen des billigen Ermessens nicht (sog. unbillige Weisung), ist der Arbeitnehmer daran nicht – auch nicht vorläufig – gebunden.25 Für die Beurteilung der Wirksamkeit ist die objektive Rechtslage und nicht die Ansicht des Arbeitnehmers entscheidend.26 Zwar besteht für den Arbeitnehmer keine Bindung an unbillige Weisungen.27 Kommt er der Weisung allerdings nicht nach, und sie stellt sich später als nicht unbillig heraus, muss er infolge der damit einhergehenden (beharrlichen) Arbeitsverweigerung mit einer Abmahnung und ggf. verhaltensbedingten Kündigung rechnen.

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Praxistipp: Zur Vermeidung dieses Risikos empfiehlt es sich für den Arbeitnehmer, der Zuweisung des neuen Arbeitsbereichs unter ausdrücklichem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung nachzukommen. Entstehen ihm durch Befolgung einer unbilligen Weisung Schäden, kann ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen.28

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Die Wirksamkeit der Versetzung kann der Arbeitnehmer im Wege der Feststellungsklage (§ 256 ZPO) vor dem Arbeitsgericht prüfen lassen. Dem steht nicht die Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Leistungsklage entgegen, da schon mit der Feststellung eine umfassende Klärung herbeigeführt wird.29 Alternativ kann er jedoch auch eine Leistungsklage auf Zuweisung des bisherigen Arbeitsplatzes erheben. Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die die Versetzung rechtfertigen. Eine Klagefrist ist nicht einzuhalten; insb. gilt die Drei-Wochen-Frist

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20 BAG v. 26.9.2012 – 10 AZR 311/11, NZA-RR 2013, 403; v. 17.8.2011 – 10 AZR 202/10, NZA 2012, 265, wobei zur bloßen Nichtausübung des Direktionsrechts noch weitere Umstände hinzukommen müssen. 21 BAG v. 29.8.2013, NZA-RR 2013, 403; für den Fall einer örtlichen Versetzung nach 16,5 Jahren ebenso: BAG v. 28.8.2013, NZA-RR 2014, 181; vgl. auch: BAG v. 29.9.2004, NZA-RR 2005, 616. 22 BAG v. 13.8.1987 – 2 AZR 599/86, NJW 1988, 581; LAG Hamm v. 13.5.1982 – 10 Sa 1429/81, BB 1982, 2109. 23 BAG v. 17.12.2015 – 2 AZR 304/15, NJW 2016, 2055 Rz. 16; zur Änderungskündigung s. Kap. 20. 24 BAG v. 22.4.2010 – 2 AZR 491/09, NZA 2010, 1235. 25 BAG v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452; v. 14.9.2017 – 5 AS 7/17, NZA 2017, 1452. Vgl. dazu auch Bauer, ArbRAktuell 2017, 487. 26 BAG v. 19.1.2016 – 2 AZR 449/15, NZA 2016, 1144; v. 29.8.2013, NZA-RR 2014, 181. 27 BAG v. 14.6.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452. 28 BAG v. 28.11.2019 – 8 AZR 125/18, NZA 2020, 589, Anm. Krieger, ArbRAktuell 2019, 613. 29 BAG v. 29.9.2004, NJOZ 2005, 4151.

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Kap. 19 Rz. 8 | Versetzung des § 4 KSchG nicht. Die Klage muss jedoch in den Grenzen der Verwirkung erhoben werden.30 Im Gegensatz dazu gilt für die Klage gegen die uU. vorsorgliche Änderungskündigung die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG.

2. Betriebsverfassungsrecht → S. auch Kap. 42, M 42.7 ff.31 a) Betriebsverfassungsrechtlicher Versetzungsbegriff

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In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig Arbeitnehmern32 bedarf die Versetzung gem. § 99 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats.33 Gem. § 103 Abs. 3 BetrVG bedarf die Versetzung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstandes sowie von Wahlbewerbern der Zustimmung des Betriebsrats, wenn die (betriebsübergreifende) Versetzung zu einem Verlust des Amtes34 oder der Wählbarkeit führen würde35. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist.

10 Unter den betriebsverfassungsrechtlichen Versetzungsbegriff fällt nur diejenige „Zuweisung eines

anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist“, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.36 Anknüpfungspunkt für die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung ist die tatsächliche Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs als Realakt. Maßgeblich sind insofern die tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb.37

11 Sowohl eine räumliche als auch eine funktionale Veränderung kommt in Betracht; sie muss aller-

dings „erheblich“ sein.38 Die Zuweisung eines anderen regelmäßigen Arbeitsortes kann ausreichen.39 Gem. § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG liegt eine Versetzung jedoch nicht vor, wenn der Arbeitnehmer nach der Eigenart des Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt wird (zB im Baugewerbe, in Ausbildungsverhältnissen, bei nicht selbständigen Handelsvertretern usw.). Ebenfalls nicht zu beteiligen ist der Betriebsrat, wenn ein gestellter Arbeitnehmer infolge der Kündigung des ihn betreffenden Personalüberlassungsvertrags vom Einsatz-

30 BAG v. 12.12.2006, NZA 2007, 376. 31 Zu Beteiligungsrechten beim Einsatz von Fremdpersonal Hoppe/Marcus, ArbRAktuell 2011, 313. 32 Auf Versetzungen in einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen mit jeweils weniger als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern, in welchem insgesamt mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist § 99 BetrVG analog anzuwenden. 33 Gem. § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX iVm. § 141 Abs. 1 SGB IX ist ferner bei schwerbehinderten Menschen und diesen gleichgestellten behinderten Menschen die Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten und vor der Entscheidung anzuhören, BAG v. 22.1.2020 – 7 ABR 18/18, AP SGB IX 2018 § 178 Nr. 4. Zur vergleichbaren Anhörung vor einer Kündigung siehe Muster M 16.1. 34 Dies ist gem. § 24 Nr. 4 BetrVG mit der Wählbarkeit gleichzusetzen, dh. der Amtsverlust tritt mit Ende der Betriebszugehörigkeit, also mit Versetzung in einen anderen Betrieb, ein. Eine Versetzung im Betrieb bedeutet keinen Amtsverlust, so dass lediglich die Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG bestehen. 35 Die Versetzung muss aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig sein (BAG v. 27.7.2016 – 7 ABR 55/14, NZA 2017, 200). 36 Besonderheiten gelten bei § 103 BetrVG für vorübergehende Versetzungen von Jugend- und Auszubildendenvertretern, Fitting, § 103 BetrVG Rz. 68. 37 BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 33/17 AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 159; v. 15.2.2015 – 1 ABR 45/13, NZA 2015, 762. 38 BAG v. 8.11.2016 – 1 ABR 56/14, AP BetrVG Nr. 151 zu § 99 BetrVG; Die bloße Verlagerung eines Betriebes oder eines Betriebsteils um wenige Kilometer innerhalb einer politischen Gemeinde ist ohne Hinzutreten zusätzlicher Veränderungen keine Versetzung der davon betroffenen Arbeitnehmer, BAG v. 27.6.2006 – 1 ABR 35/05, NZA 2006, 1289. 39 BAG v. 21.7.2009 – 9 AZR 404/08, NZA 2009, 1369.

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Versetzung | Rz. 16 Kap. 19

arbeitgeber in den Betrieb des Vertragsarbeitgebers zurückkehrt.40 Dagegen ist der Betriebsrat zu beteiligen, wenn ein Arbeitnehmer in eine betriebsinterne Einheit zur Suche nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten versetzt wird.41 Auch die Ernennung eines Mitarbeiters als Vorgesetzten für einen anderen Betrieb, in dem er nicht regelmäßig tätig ist (Matrixorganisation), kann mitbestimmungspflichtig sein.42 Der Mitbestimmung unterliegt nur die tatsächliche Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, nicht die individualvertragliche Regelung, die ihr zugrunde liegt, also insb. die Versetzungsklausel. Der Betriebsrat ist daher auch unabhängig davon zu beteiligen, ob die Versetzung individualrechtlich zulässig ist.43 Andererseits heilt die Zustimmung des Betriebsrats auch keine individualvertraglich unwirksame Versetzung.

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Der Arbeitsbereich wird gem. § 81 Abs. 1 und 2 BetrVG bestimmt durch die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Es geht also um den konkreten Arbeitsplatz und seine Beziehung zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht.44

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Nicht jede Änderung des Arbeitsbereichs iSv. § 81 BetrVG ist jedoch zugleich eine mitbestimmungspflichtige Versetzung. Diese erfordert vielmehr, dass die Veränderung so erheblich ist, dass sich das Gesamtbild der Tätigkeit ändert.45 Maßstab ist dabei, ob sich die Tätigkeiten so voneinander unterscheiden, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden kann.46 Es kann auch ausreichen, wenn für den Arbeitnehmer auf Grund des angeordneten Wechsels ein in seinem konkreten Arbeitsalltag spürbares anderes „Arbeitsregime“ gilt; dazu können neue Arbeitskollegen oder ein neuer unmittelbarer Vorgesetzter gehören.47

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Die Umstände der Arbeitsleistung sind die äußeren Umstände, unter denen die Arbeit tatsächlich zu leisten ist, also Ort, Art und Weise, fachliche Anforderungen etc., nicht hingegen die vertraglichen Gegebenheiten.48

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Abzugrenzen ist die Versetzung von der bloßen Umsetzung, die mitbestimmungsfrei ist. Umsetzung ist die nur vorübergehende, dh. voraussichtlich kürzer als einen Monat währende Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, bei im Wesentlichen gleich bleibenden Arbeitsbedingungen, also zB der Einsatz in Wechsel- statt in Normalschicht.49 Eine Versetzung kann bei Änderungen der Arbeitsumstände selbst dann vorliegen, wenn diese nicht die Dauer eines Monats erreichen, vorausgesetzt, dass sie erheblich im og. Sinne sind.50

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40 BAG v. 17.2.2015 – 1 ABR 45/13, NZA 2015, 762 („Wo für den Arbeitgeber nichts zu entscheiden ist, gibt es für den Betriebsrat nichts mitzubestimmen“). 41 BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 33/17, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 159, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2019, 371; v. 9.4.2019 – 1 ABR 30/17, NZA 2019, 1061, Anm. Schuster, ArbRAktuell 2019, 370. 42 BAG v. 12.6.2019 – 1 ABR 4/18, NZA 2019, 1288; krit.: Lingemann/Steinhauser, NZA 2020, 87, dagegen Engels, NZA 2020, 699. 43 BAG v. 17.2.1998 – 9 AZR 130/97, NZA 1999, 33; Weber/Ehrich, BB 1996, 2246, 2249; allerdings ist bei einer Versetzung in einen anderen Betrieb die Zustimmung des Betriebsrates des abgebenden Betriebes nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist, s. Rz. 21. 44 BAG v. 17.6.2008 – 1 ABR 38/07, AP Nr. 47 zu § 99 BetrVG 1972; v. 27.6.2006, DB 2006, 2468. 45 BAG v. 11.12.2007 – 1 ABR 73/06, AP Nr. 45 zu § 99 BetrVG 1972. 46 BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 33/17, ArbRAktuell 2019, 371; v. 8.11.2016 – 1 ABR 56/14, AP Nr. 151 zu § 99 BetrVG 1972; v. 16.3.2010 – 3 AZR 31/09, NZA 2010, 1028. 47 BAG v. 17.6.2008 – 1 ABR 38/07, DB 2008, 2771; LAG Düsseldorf v. 2.5.2018 – 7 TaBV 9/17. 48 Fitting, § 99 BetrVG Rz. 136 mwN. 49 BAG v. 23.11.1993, AP Nr. 33 zu § 95 BetrVG 1972; LAG Schleswig-Holstein v. 27.2.2007, LAGE § 99 BetrVG 2001 Nr. 3. 50 BAG v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08; v. 13.3.2007, NZA-RR 2007, 581; LAG Niedersachsen v. 29.4.2019 – 12 TaBV 51/18.

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Kap. 19 Rz. 17 | Versetzung b) Zustimmungsverfahren

17 Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen rechtzeitig

und umfassend über die Person des zu versetzenden Arbeitnehmers, den Arbeitsplatz, auf den er versetzt werden soll, und die Auswirkungen der geplanten Maßnahme informieren51 und die Zustimmung des Betriebsrats beantragen (M 19.2).52 Erst dann beginnt die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu laufen. Die Frist ist nach den allgemeinen Regeln des BGB zu berechnen (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Sie kann auch einvernehmlich verlängert werden.53 Lässt der Betriebsrat sie verstreichen, ohne sich zu äußern, gilt die Zustimmung als erteilt, § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Diese Fiktion kann aber nur eintreten, wenn der Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet worden ist. War die Unterrichtung unvollständig, beginnt die Frist nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG schon nicht zu laufen.54 Innerhalb der Frist kann der Betriebsrat die Zustimmung unter Angabe konkreter Tatsachen und Gründe, die sich stets einem der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend55 aufgezählten Tatbestände56 zuordnen lassen müssen, verweigern.57 Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung nicht innerhalb einer Woche nach Unterrichtung schriftlich unter Angabe von Gründen, gilt die Zustimmung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrAVG als erteilt.58 Die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts reicht zur Begründung des Widerspruchs nicht aus. Der Betriebsrat muss allerdings nur über die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung Beschluss fassen59, nicht über die dem Arbeitgeber nach § 99 Abs. 3 Satz 1 mitzuteilenden Zustimmungsverweigerungsgründe.60 Wird die Zustimmung zu mehreren Versetzungen beantragt und bezieht sich die Begründung der Zustimmungsverweigerung nur auf einzelne dieser Maßnahmen, gilt die Zustimmung zu den anderen Versetzungen als erteilt.61 Für die Mitteilung des Betriebsrates über die Verweigerung seiner 51 Maßgeblich ist der Prüfungsmaßstab des Betriebsrates. Eine ordnungsgemäße Information liegt vor, wenn der Betriebsrat aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in der Lage ist zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 33/17, ArbRAktuell 2019, 371; v. 21.2.2017 – 1 ABR 62/12, NZA 2017, 662; v. 14.4.2015 – 1 ABR 58/13, NZA 2015, 1081; v. 1.6.2011 – 7 ABR 117/09, NZA 2011, 1435). 52 Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch bei arbeitskampfbedingten Versetzungen. Der Betriebsrat eines abgebenden Betriebs hat bei einer arbeitskampfbedingten Versetzung arbeitswilliger Arbeitnehmer in einen bestreikten Betrieb des Arbeitgebers nicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen. Das gilt unabhängig davon, ob der abgebende Betrieb in den Arbeitskampf einbezogen ist oder nicht (BAG v. 13.12.2011 – 1 ABR 2/10, NZA 2012, 571). 53 Erforderlich ist, dass das Fristende anhand der getroffenen Abreden eindeutig bestimmbar ist, st. Rspr. BAG v. 23.8.2016 – 1 ABR 22/14, NZA 2017, 194; v. 13.3.2013 – 7 ABR 39/11; v. 5.5.2010 – 7 ABR 70/ 08, NZA 2011, 175. Auch eine Verlängerung von sieben Monaten wäre wirksam, BAG v. 6.10.2010, AP Nr. 45 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung. 54 BAG v. 13.5.2014, NZA-RR 2015, 23 Rz. 18; v. 29.6.2011, NZA-RR 2012, 18; vgl. dazu auch Schulze/ Schreck, ArbRAktuell 2013, 9. 55 Durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung kann jedoch geregelt werden, dass der Betriebsrat für die Verweigerung der Zustimmung auch Gründe anführen kann, die nicht in § 99 Abs. 2 BetrVG genannt sind (BAG v. 23.8.2016 – 1 ABR 22/14, NZA 2017, 194). 56 BAG v. 21.7.2009 – 1 ABR 35/08, NZA 2009, 1156. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch für den Fall einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. In diesem Fall kann der Betriebsrat für die Verweigerung der Zustimmung zu einer Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG auch Gründe anführen, die nicht in § 99 Abs. 2 BetrVG genannt sind. Erforderlich ist jedoch die Angabe konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe, BAG v. 23.8.2016 – 1 ABR 22/14, NZA 2017, 194. 57 BAG v. 17.6.2008 – 1 ABR 20/07, NZA 2008, 1139; st. Rspr., v. 26.1.1988 – 1 AZR 531/86, NZA 1988, 476. 58 BAG v. 13.5.2014, NZA-RR 2015, 23. 59 Ist das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses über die Verweigerung streitig, kommt einer Sitzungsniederschrift nach § 34 BetrVG ein hoher Beweiswert in Bezug auf die darin protokollierte Beschlussfassung zu (BAG v. 30.9.2014 – 1 ABR 32/13, NZA 2015, 370). 60 BAG v. 30.9.2014 – 1 ABR 32/13, NZA 2015, 370. 61 BAG v. 13.5.2014 – 1 ABR 9/12, NZA-RR 2015, 23.

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Versetzung | Rz. 22 Kap. 19

Zustimmung genügt entgegen dem Wortlaut des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG („schriftlich“) Textform nach § 126b BGB.62 Bei der Versetzung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstandes sowie von Wahlbewerbern ist die Zustimmungsverweigerung nicht an besondere Gründe gebunden.

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Besonders praxisrelevant sind die in § 99 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe. Die Zustimmungsverweigerung aufgrund eines Gesetzesverstoßes iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 BetrAVG setzt voraus, dass die personelle Maßnahme selbst gesetzeswidrig ist. Die Verletzung allein der Unterrichtungspflicht des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ist kein Gesetzesverstoß in diesem Sinn.63 Die Benachteiligung eines anderen Arbeitnehmers des Betriebes, § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, ist ua. dann zu besorgen, wenn der Arbeitsplatz des zu versetzenden Arbeitnehmers wegfällt, so dass einem anderen Arbeitnehmer gekündigt werden muss64 oder dieser mit nicht unerheblichen Erschwerungen der Arbeit rechnen muss. Ein unmittelbar von der Maßnahme betroffener Arbeitnehmer wird etwa dann benachteiligt, § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG, wenn seine Versetzung mit einer Verschlechterung der äußeren (zB längere Wegezeiten, schlechtere Räumlichkeiten, Schmutz) oder auch der materiellen (zB Herabstufung in niedrigere Tarifvertragsgruppe) Arbeitsbedingungen einhergeht, nicht aber, wenn er sich frei für die streitige personelle Einzelmaßnahme entschieden hat.65 Der bloße Wegfall einer Beförderungschance hingegen begründet keine Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers. Auch wenn einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden, kann die Maßnahme aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt sein. Dies darzulegen und zu beweisen, obliegt im Zustimmungsersetzungsverfahren (§ 99 Abs. 4 BetrVG) dem Arbeitgeber.

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Der Betriebsrat hat nach § 99 BetrVG nur die Möglichkeit, die Zustimmung zur Einstellung in der vom Arbeitgeber beabsichtigten Form insgesamt zu verweigern. Er kann hingegen nicht über § 99 BetrVG eine Beschäftigung zu anderen iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG normgemäßen Bedingungen durchsetzen.66

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Versetzt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in einen anderen Betrieb des Unternehmens, bestimmt auch der Betriebsrat des neuen Betriebes mit, da es sich aus seiner Sicht um eine „Einstellung“ iSv. § 99 BetrVG handelt. Ist der Arbeitnehmer mit der Versetzung nicht einverstanden, ist auch der Betriebsrat des abgebenden Betriebes nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Bei Einverständnis des Arbeitnehmers hingegen besteht kein Beteiligungsrecht des Betriebsrates im abgebenden Betrieb nach § 99 BetrVG.

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c) Folgen der fehlenden Zustimmung Versetzungen ohne Beteiligung des Betriebsrats sind unwirksam, selbst wenn sie vom Direktionsrecht umfasst oder mit Einverständnis des Arbeitnehmers erfolgt sind.67 Bei Betriebsratsmitgliedern gilt dies jedoch gem. § 103 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BetrVG nicht, wenn das betroffene Betriebsratsmitglied mit der Versetzung einverstanden ist.68 Der Arbeitnehmer braucht der betriebsverfassungswid62 BAG v. 1.6.2011, AP Nr. 39 zu § 99 BetrVG 1972; v. 10.3.2009 – 1 ABR 93/07, NZA 2009, 622; v. 9.12. 2008 – 1 ABR 79/07, NZA 2009, 627. 63 BAG v. 12.1.2011 – 7 ABR 15/09, NZA-RR 2011, 574. 64 BAG v. 15.9.1987 – 1 ABR 29/86, NZA 1988, 624; v. 30.8.1995, AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG Versetzung. 65 LAG BW v. 7.5.2014 – 13 TaBV 1/14, NZA-RR 2014, 542; die bloße Hinnahme reicht allerdings nicht aus, BAG v. 9.10.2013 – 7 ABR 1/12, NZA 2014, 156. 66 LAG Düsseldorf v. 4.10.2001, DB 2002, 328. 67 BAG v. 26.1.1988 – 1 AZR 531/86, NZA 1988, 476. 68 Bei einer betriebsübergreifenden Versetzung eines Mandatsträgers ist die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 3 BetrVG grds. erforderlich. Das Beteiligungsverfahren nach § 103 Abs. 3 BetrVG geht demjenigen nach § 99 Abs. 1 und Abs. 4 BetrVG im abgebenden Betrieb als das speziellere vor. Der Betriebsrat kann die Zustimmung jedoch auch unter Berufung auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten

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Kap. 19 Rz. 22 | Versetzung rigen Weisung des Arbeitgebers nicht Folge zu leisten.69 Verweigert der Betriebsrat nach ordnungsgemäßem Verfahren die Zustimmung, ist eine dennoch durchgeführte Versetzung im Falle des § 103 Abs. 3 BetrVG endgültig unwirksam bzw. im Falle des § 99 BetrVG schwebend unwirksam. Sie wird voll wirksam, sobald das Arbeitsgericht die Zustimmung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt. Andernfalls ist auch sie endgültig unwirksam. Der Betriebsrat hat allerdings an der gerichtlichen Feststellung, ihm habe an einer vom Arbeitgeber bereits endgültig durchgeführten personellen Einzelmaßnahme ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG zugestanden, regelmäßig kein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, er kann nur nach § 101 BetrAVG vorgehen.70

23 Der Arbeitgeber kann nach der Verweigerung der Zustimmung zur vorläufigen Durchführung der Maßnahme gem. § 100 BetrVG berechtigt sein (dazu Rz. 25 f.). d) Zustimmungsersetzungsverfahren

24 Das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG bzw. § 103 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 BetrVG ist vom Arbeitgeber beim Arbeitsgericht einzuleiten.71 Es handelt sich um ein Beschlussverfahren gem. § 2a ArbGG. Der Arbeitgeber hat darzulegen, dass er den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet hat72, und dass die vom Betriebsrat genannten Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 BetrAVG nicht vorliegen, bzw. dass dringende betriebliche Gründe auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers nach § 103 Abs. 3 BetrAVG die Versetzung notwendig machen. Wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat ursprünglich nicht ordentlich unterrichtet hat, kann er im Zustimmungsersetzungsverfahren die Informationen nachholen, wenn für den Betriebsrat erkennbar ist, dass der Arbeitgeber seiner Informationspflicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG nachkommen will.73 Der Betriebsrat trägt die Darlegungs- und Beweislast für den form- und fristgerechten Widerspruch nach § 99 BetrVG74, der Arbeitgeber für die erteilte Zustimmung nach § 103 Abs. 3 BetrVG. Das Arbeitsgericht klärt den Sachverhalt von Amts wegen auf. Der Betriebsrat ist mit Gründen, die er nicht innerhalb der Wochenfrist mitgeteilt hat, ausgeschlossen, kann also während des Zustimmungsersetzungsverfahrens keine weiteren Verweigerungsgründe nachschieben.75

Dem Arbeitgeber ist es grundsätzlich unbenommen, nach rechtskräftigem Unterliegen im Zustimmungsersetzungsverfahren die auf das gleiche Ziel gerichtete personelle Maßnahme erneut nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 BetrVG einzuleiten und erforderlichenfalls gem. § 99 Abs. 4 BetrVG die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zu beantragen.76 Er kann auch ein laufendes

69 70 71

72 73 74 75 76

Gründe verweigern (BAG v. 27.7.2016 – 7 ABR 55/14, NZA 2017, 200). Unberührt davon bleibt bei einer Versetzung in einen anderen Betrieb das Mitbestimmungsrecht des aufnehmenden Betriebes, da es sich aus dessen Sicht um eine mitbestimmungspflichtige Einstellung handelt, s. Rz. 21. Weber/Ehrich, BB 1996, 2249, 2251. BAG v. 15.4.2008 – 1 ABR 14/07, NZA 2008, 1020. Allerdings hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Durchführung eines gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens (BAG v. 21.2.2017 – 1 AZR 367/15, NJW 2017, 1692). Auch eine Pflicht des Arbeitgebers zur Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Verwirklichung des Anspruchs eines schwerbehinderten Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung nach § 81 Abs. 4 SGB IX besteht nur bei Vorliegen besonderer Gründe. Hierzu zählen etwa ein unbegründeter Widerspruch oder kollusives Zusammenwirken zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (BAG v. 22.9. 2005 – 2 AZR 519/04, NZA 2006, 486). BAG v. 14.4.2015 – 1 ABR 58/13, NZA 2015, 1081. BAG v. 29.6.2011 – 7 ABR 24/10, NZA-RR 2012, 18. BAG v. 30.9.2014 – 1 ABR 32/13, NZA 2015, 370 mit vertieften Ausführungen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. BAG v. 23.1.2019 – 4 ABR 56/17, NZA 2019, 647; v. 30.9.2014 – 1 ABR 32/13, NZA 2015, 370; v. 17.11. 2010, NZA-RR 2011, 415; v. 10.8.1993 – 1 ABR 22/93, NZA 1994, 187, 189. BAG v. 18.3.2008 – 1 ABR 81/06, NZA 2008, 832; LAG Köln v. 29.1.2014 – 5 TaBV 74/13, LAGE § 99 BetrAVG 2001, Nr. 13.

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Versetzung | M 19.1 Kap. 19

Zustimmungsersetzungsverfahren um einen zusätzlichen Antrag auf Zustimmungsersetzung erweitern.77 Will er die Maßnahme jedoch nicht mehr umsetzen, so entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag.78 Ebenso besteht hinsichtlich der konkreten Maßnahme kein Feststellungsinteresse für den Betriebsrat mehr, wenn diese durchgeführt ist; ein abstrakter Feststellungsantrag kann dann aber noch zulässig sein.79 e) Vorläufige personelle Maßnahmen Auch vor Ablauf der Äußerungsfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG (dazu Rz. 17), oder wenn der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hat (dazu Rz. 22), kann der Arbeitgeber die Versetzung vorläufig durchführen, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, § 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.80 Dies gilt nicht für Personen nach § 103 BetrVG. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme unterrichtet hat. Sofern der Betriebsrat bestreitet, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, muss er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen. Der Arbeitgeber darf die vorläufige personelle Maßnahme dann nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht neben der Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats auch die Feststellung beantragt hat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, § 100 Abs. 2 BetrVG. Lehnt das Gericht die Ersetzung der Zustimmung ab oder verneint es die Dringlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft dieser Entscheidung, § 100 Abs. 3 BetrVG. Zwar ist der Betriebsrat auch über die Beendigung einer vorläufigen personellen Maßnahme zu informieren.81 Allerdings bedarf es hierzu nicht seiner Zustimmung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Ein gem. § 100 Abs. 1 BetrVG vorläufig versetzter Arbeitnehmer kann also ohne Zustimmung des Betriebsrats nach Beendigung dieser Maßnahme wieder an seinen vorherigen Arbeitsplatz zurückkehren.82

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Sofern der Arbeitgeber sich nicht an das Verfahren zur Durchführung der vorläufigen Maßnahme hält oder ohne Zustimmung des Betriebsrates eine Maßnahme durchführt, kann der Betriebsrat die Aufhebung der personellen Maßnahme bei dem Arbeitsgericht beantragen. Im Falle der weiteren Zuwiderhandlung kann ein Zwangsgeld bis zu Euro 250,– für jeden Tag der Zuwiderhandlung verhängt werden, § 101 BetrVG.

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77 78 79 80

BAG v. 16.1.2007, NZA 2007, 1456. BAG v. 8.12.2010, NZA-RR 2011, 315. BAG v. 22.3.2016 – 1 ABR 19/14, NZA 2016, 909. Zur vorläufigen Durchführung personeller Maßnahmen Hoppe/Marcus, ArbRAktuell 2011, 367; ferner Gillen/Vahle, BB 2010, 761; Matthes, BB 2010, 2109. 81 BAG v. 15.4.2014 – 1 ABR 101/12, NZA 2014, 920. 82 BAG v. 15.4.2014 – 1 ABR 101/12, NZA 2014, 920.

II. Muster M 19.1 Ausübung des Direktionsrechts und vorsorgliche Änderungskündigung

durch den Arbeitgeber

Sehr geehrte(r) Frau/Herr1 […], wir bitten Sie, ab sofort folgende Aufgabe […] in der Abteilung […] zu übernehmen. Ihre Bezüge bleiben davon unberührt. 1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des

Lingemann | 797

Kap. 19 M 19.1 | Versetzung Für den Fall, dass diese Personalmaßnahme wider Erwarten nicht vom Direktionsrecht gedeckt sein sollte, [oder: im Wege des Direktionsrechtes nicht möglich sein sollte]2 sprechen wir vorsorglich folgende Änderungskündigung3 aus: Wir kündigen Ihr Arbeitsverhältnis ordentlich zum […] Gleichzeitig bieten wir Ihnen ab […] eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit folgender Aufgabe […] in der Abteilung […] an. Alle weiteren Regelungen Ihres Arbeitsvertrages bleiben unverändert. Für den Fall, dass Sie die vorsorgliche Änderungskündigung ablehnen, sind Sie nach § 38 Abs. 1 SGB III verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist gemäß den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.4 Der Betriebsrat hat der Versetzung nach § 99 BetrVG und der vorsorglichen Änderungskündigung nach § 102 BetrVG zugestimmt. […] (Firma) Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kap. 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 In diese Richtung die Formulierung des BAG in BAG v. 17.12.2015 – 2 AZR 304/15, NJW 2016, 2055 Rz. 16; im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber nur in dem Versetzungsschreiben angekündigt, dass er „vorsorglich“ ebenfalls „die Änderungskündigung ausgesprochen (habe)“. Das BAG sieht darin eine auflösende Bedingung für den Fall, dass es für die Versetzung einer Änderung der Vertragsbedingungen nicht bedarf. In diesem Fall solle die Kündigung nicht etwa in für die Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechtes unzulässiger Weise von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängen, sondern von der bereits beim Zugang der Kündigungserklärung objektiv bestehenden Rechtslage; die Kündigung ist demnach lediglich an eine auflösende Rechtsbedingung geknüpft, was zulässig ist. 3 Zur Änderungskündigung s. Kap. 20. 4 Auch ein Unterlassen des Hinweises hat allerdings keine Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber zur Folge (BAG v. 29.9.2005 – 8 AZR 571/04, NZA 2005, 1406).

M 19.2 Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG wegen beabsichtigter

Versetzung und Umgruppierung

An den Betriebsrat z. Hd. des Betriebsratsvorsitzenden (Ort, Datum) […] Die Firma beabsichtigt, den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin […] wohnhaft in […] beschäftigt als […] in Abteilung […] mit Wirkung vom […]

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Versetzung | M 19.3 Kap. 19 von der bisherigen Tarifgruppe […] in die neue Tarifgruppe […] umzugruppieren1 und ihn/sie von […] nach […] zu versetzen. Die Umgruppierung soll erfolgen, weil […]2 Die Versetzung soll erfolgen, weil […] Die Personalmaßnahmen sollen ab […] in Kraft treten. Der Betriebsrat wird gebeten, den beabsichtigten Maßnahmen innerhalb einer Woche nach § 99 BetrVG zuzustimmen. […] (Geschäftsleitung) 1 Die Versetzung wird häufig mit einer Umgruppierung einhergehen. So führt die Zuweisung einer neuen Tätigkeit, die den Merkmalen einer anderen Vergütungsgruppe entspricht, zur Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG. In diesem Fall ist zu beachten, dass die Umgruppierung für sich allein auch mitbestimmungspflichtig ist (BAG v. 28.8.2008, NZA 2009, 205; v. 20.3.1990 – 1 ABR 20/89, NZA 1990, 699; vgl. auch BAG v. 12.12.2006 – 1 ABR 13/06, DB 2007, 527). Auch die Zuweisung einer anderen Entgeltstufe innerhalb einer Tarifgruppe fällt unter § 99 BetrVG (BAG v. 6.4.2011, DB 2011, 2207). Insb. gebündelt angeordnete Versetzungen können auch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG auslösen, wenn sie etwa eine Änderung der täglichen Arbeitszeit oder der betrieblichen Lohngestaltung darstellen (LAG Hessen v. 11.8.1987 – 5 TaBVGa 88/87, BB 1988, 68). 2 Es kann ratsam sein, beide Maßnahmen getrennt zu begründen. Das fokussiert die Begründung auf die jeweilige Maßnahme und erleichtert es dem Betriebsrat, zu jeder der Maßnahmen ggf. getrennt Stellung zu nehmen, vgl. Wollwert, DB 2012, 2518.

M 19.3 Klage gegen Versetzung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers2 erheben wir Klage3 und beantragen:4, 5 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger eine Tätigkeit als Pförtner zuzuweisen. 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Praxistipp: Statt selbst aktiv zu werden, kann der Arbeitnehmer bei einer unberechtigten Versetzung auch den Weg gehen, seine Arbeitsleistung gem. §§ 320, 273 BGB zurückzuhalten, also nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Weg ist allerdings höchst riskant. Denn regelmäßig kontert der Arbeitgeber nach erfolgloser Abmahnung mit einer fristlosen Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. Die Wirksamkeit dieser Kündigung hängt dann davon ab, ob die Versetzung berechtigt war oder nicht. Hat der Arbeitnehmer sich geirrt und war die Versetzung wirksam, steht damit sogleich fest, dass die Arbeitsverweigerung widerrechtlich war, was die fristlose Kündigung des Arbeitgebers rechtfertigen kann. Der Arbeitnehmer trägt also das Risiko, dass sich seine Rechtsauffassung als fehlerhaft erweist, grds. selbst (BAG v. 29.8.2013, NZA 2014, 533). Die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung ist also der erheblich weniger riskante Weg und deshalb eindeutig vorzuziehen. 3 Häufig wird versucht, gegen eine Versetzung im Wege der einstweiligen Verfügung vorzugehen. Wegen der gravierenden Folgen einer solchen einstweiligen Verfügung für den Arbeitgeber stellen die Gerichte an den Verfügungsgrund regelmäßig sehr hohe Anforderungen. Verlangt wird üblicherweise, dass die

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Kap. 19 M 19.3 | Versetzung 2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Export-Sachbearbeiter weiter zu beschäftigen.6

Begründung: Der Kl. ist seit […] bei der Bekl. als Export-Sachbearbeiter tätig. Grundlage der Tätigkeit ist der Arbeitsvertrag vom […]. Das Gehalt des Kl. betrug zuletzt Euro […] pro Monat. Die Bekl. hat ca. 100 Arbeitnehmer, es besteht ein Betriebsrat. Der Kl. war von Beginn seiner Tätigkeit an bis zum […] ununterbrochen als Export-Sachbearbeiter tätig, als solcher war er auch ausweislich § 1 seines Anstellungsvertrages eingestellt worden. Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Am […] teilte der Personalleiter der Bekl. dem Kl. mit, er habe ab sofort als Pförtner tätig zu werden. Der bisherige Pförtner sei in den Ruhestand gegangen, einen Nachfolger habe man noch nicht finden können. Der Kl. erklärte sich mündlich bereit, für maximal eine Woche an der Pforte auszuhelfen. Für die Zeit danach bestehe er allerdings auf vertragsgemäßer Beschäftigung als Export-Sachbearbeiter. Beweis: Zeugnis des Personalleiters, zu laden über die Bekl. Nach Ablauf der einen Woche teilte der Personalleiter der Bekl. dem Kl. jedoch mit, er müsse „bis auf weiteres“ an der Pforte weiterarbeiten. Man denke derzeit über eine generelle Reorganisation des Betriebes nach, deshalb habe man zunächst eine Einstellungssperre verfügt. Man werde „zu gegebener Zeit“ auf die Sache wieder zurückkommen. Beweis: wie vor Die Bekl. ist nicht berechtigt,7 den Kl. – bis auf weiteres – als Pförtner einzusetzen. Zwar hat sich die Bekl. gemäß § 1 Satz 2 des Anstellungsvertrages das Recht vorbehalten, dem Kl. „anderweitige zumutbare Tätig-

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dem Arbeitnehmer drohenden Nachteile nicht nur schwer wiegen, sondern „außer Verhältnis stehen“ zu dem Schaden, den der Arbeitgeber erleiden kann (zB LAG Rheinland-Pfalz v. 20.4.2011 – 7 SaGa 1/11). Die richtige Antragstellung bei der Klage gegen eine Versetzung ist seit jeher umstritten (Vgl. BAG v. 25.8. 2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355). Am sichersten und sinnvollsten ist es, wie in dem Muster eine Leistungsklage (Weiterbeschäftigung auf dem früheren Arbeitsplatz, § 259 ZPO) mit einer Feststellungsklage (Unwirksamkeit der Versetzung) zu kombinieren. Nach der Rechtsprechung (BAG v. 12.12.2006, EzA § 242 BGB Verwirkung Nr. 1) ist diese Antragskombination zulässig, wobei die Feststellungsklage als Zwischenfeststellungsklage iSv. § 256 Abs. 2 ZPO behandelt wird. Überholt ist damit die Auffassung des LAG Nürnberg (v. 10.9.2002 – 6 (4) Sa 66/01, nv.), wonach beide Anträge nebeneinander nur zulässig seien, wenn dafür ein besonderes Rechtsschutzinteresse bestehe. Selbstverständlich kann sich der Arbeitnehmer darauf beschränken, statt dessen entweder nur die Unwirksamkeit der Versetzung feststellen zu lassen oder aber nur auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen zu klagen. Die Kombination beider Anträge macht jedoch das Anliegen deutlicher und schafft bessere Vollstreckungsmöglichkeiten. Gebräuchlich ist auch der Antrag, mit dem die Feststellung begehrt wird, dass „die Versetzung auf den Arbeitsplatz X unwirksam ist“. Dies ist ebenso zulässig wie der Antrag festzustellen, dass der Arbeitnehmer „nicht verpflichtet ist, als … tätig zu werden“. Bei einer Versetzung an einen anderen Ort wird üblicherweise die Feststellung beantragt, dass „die Versetzung in die Filiale X unwirksam ist“. Nicht zulässig ist dagegen ein Antrag auf „Zurücknahme der Versetzung“ (LAG Nürnberg v. 10.9.2002 – 6 (4) Sa 66/01, nv.). Dem Weiterbeschäftigungsantrag steht es nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber nach dem Arbeitsvertrag stets berechtigt ist, dem Arbeitnehmer eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen. Der Arbeitgeber ist deshalb nicht daran gehindert, dem Arbeitnehmer nach einem entsprechenden stattgebenden Weiterbeschäftigungsurteil erneut eine – diesmal zumutbare – andere Tätigkeit zuzuweisen. Betreibt der Arbeitnehmer dann aus dem alten Titel Vollstreckung auf die Weiterbeschäftigung auf dem bisherigen Arbeitsplatz, muss der Arbeitgeber sich mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO (ggf. iVm. einer einstweiligen Verfügung nach § 769 ZPO) wehren. Ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer versetzt werden kann, richtet sich nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages. Enthält dieser keine Versetzungsklausel, ist der Arbeitnehmer also für eine bestimmte Tätigkeit eingestellt, ist die Versetzung grundsätzlich ausgeschlossen. Ansonsten ist stets zu prüfen, ob die Versetzungsklausel nach §§ 305 ff. BGB wirksam ist und ob sich die Versetzung als einseitige Leistungsbestimmung des Arbeitgebers gem. § 315 BGB in den Grenzen billigen Ermessens hält. Daran fehlt es insb. bei einer Versetzung an einen weit entfernt liegenden anderen Ort oder bei einer Versetzung auf eine unterwertige Tätigkeit (auch bei Vergütungsfortzahlung).

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Änderungskündigung | Kap. 20 keiten, die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen“, zuzuweisen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Tätigkeit als Pförtner für den Kl. unzumutbar ist. Der Kl. hat eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung. Die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz, der gewöhnlich mit einem ungelernten gewerblichen Arbeitnehmer besetzt wird, stellt eine Diskriminierung dar. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Bekl. dem Kl. zugesagt hat, sein früheres Gehalt unverändert weiterzuzahlen. Im Übrigen ist die Versetzung auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat nicht gemäß § 99 BetrVG ordnungsgemäß angehört worden ist.8 Beweis: Zeugnis des Betriebsratsvorsitzenden […], zu laden über die Bekl. […] (Unterschrift)9 8 Die Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG (nur in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern!) führt zur Unwirksamkeit der Versetzung. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Begriff „Versetzung“ iSd. §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG nicht mit dem individualrechtlichen Begriff der Versetzung deckt. 9 Als Streitwert werden regelmäßig ein bis drei Monatsgehälter angesetzt. Im Regelfall ist ein Bruttomonatsgehalt angemessen (LAG Berlin v. 2.11.2005, AE 2006, Nr. 114).

M 19.4 Klage auf Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz S. M 16.7.

Kapitel 20 Änderungskündigung I. 1. 2. 3. 4. a) b) c) d) e)

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Erklärung . . . . . . . . Form der Erklärung . . . . . . . . Arten der Änderungskündigung Kündigungsgründe und soziale Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . Personenbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Verhaltensbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Betriebsbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Außerordentliche Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Überflüssige Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . .

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5. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Annahme unter Vorbehalt . . . . . . c) Vorbehaltlose Annahme . . . . . . . 6. Beteiligung des Betriebsrates . . . . .

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II. Muster Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . Annahme/Annahme unter Vorbehalt/ Ablehnung der Änderungskündigung . . Anhörung des Betriebsrates zur ordentlichen Änderungskündigung gemäß § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage gegen Änderungskündigung . . . .

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M 20.1 M 20.2 M 20.3 M 20.4 M 20.5

Literatur: Bauer/Günther, Kurzarbeit zur Krisenbewältigung – Einführung durch Änderungskündigung? NZA 2020, 419; Berkowsky, Aktuelle Probleme der Versetzungs-Änderungskündigung: Der Arbeitgeber im Zangengriff von individuellem und kollektivem Arbeitsrecht, NZA 2010, 250; Berkowsky, Was ist bei einer Änderungskündigung, die mit einer Versetzung verbunden ist, zu beachten?, AA 2010, 38; Berkowsky, Änderungskündigung zur Änderung von Nebenabreden, NZA 2003, 1130; Berkowsky, BB-Forum: Zum Entscheidungsmodell der Änderungskündigung, BB 2009, 1867; Berkowsky, Möglichkeiten und Grenzen

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Änderungskündigung | Kap. 20 keiten, die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen“, zuzuweisen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Tätigkeit als Pförtner für den Kl. unzumutbar ist. Der Kl. hat eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung. Die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz, der gewöhnlich mit einem ungelernten gewerblichen Arbeitnehmer besetzt wird, stellt eine Diskriminierung dar. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Bekl. dem Kl. zugesagt hat, sein früheres Gehalt unverändert weiterzuzahlen. Im Übrigen ist die Versetzung auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat nicht gemäß § 99 BetrVG ordnungsgemäß angehört worden ist.8 Beweis: Zeugnis des Betriebsratsvorsitzenden […], zu laden über die Bekl. […] (Unterschrift)9 8 Die Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG (nur in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern!) führt zur Unwirksamkeit der Versetzung. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Begriff „Versetzung“ iSd. §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG nicht mit dem individualrechtlichen Begriff der Versetzung deckt. 9 Als Streitwert werden regelmäßig ein bis drei Monatsgehälter angesetzt. Im Regelfall ist ein Bruttomonatsgehalt angemessen (LAG Berlin v. 2.11.2005, AE 2006, Nr. 114).

M 19.4 Klage auf Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz S. M 16.7.

Kapitel 20 Änderungskündigung I. 1. 2. 3. 4. a) b) c) d) e)

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Erklärung . . . . . . . . Form der Erklärung . . . . . . . . Arten der Änderungskündigung Kündigungsgründe und soziale Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . Personenbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Verhaltensbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Betriebsbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Außerordentliche Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . Überflüssige Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . .

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5. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Annahme unter Vorbehalt . . . . . . c) Vorbehaltlose Annahme . . . . . . . 6. Beteiligung des Betriebsrates . . . . .

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II. Muster Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . Annahme/Annahme unter Vorbehalt/ Ablehnung der Änderungskündigung . . Anhörung des Betriebsrates zur ordentlichen Änderungskündigung gemäß § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage gegen Änderungskündigung . . . .

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M 20.1 M 20.2 M 20.3 M 20.4 M 20.5

Literatur: Bauer/Günther, Kurzarbeit zur Krisenbewältigung – Einführung durch Änderungskündigung? NZA 2020, 419; Berkowsky, Aktuelle Probleme der Versetzungs-Änderungskündigung: Der Arbeitgeber im Zangengriff von individuellem und kollektivem Arbeitsrecht, NZA 2010, 250; Berkowsky, Was ist bei einer Änderungskündigung, die mit einer Versetzung verbunden ist, zu beachten?, AA 2010, 38; Berkowsky, Änderungskündigung zur Änderung von Nebenabreden, NZA 2003, 1130; Berkowsky, BB-Forum: Zum Entscheidungsmodell der Änderungskündigung, BB 2009, 1867; Berkowsky, Möglichkeiten und Grenzen

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Kap. 20 Rz. 1 | Änderungskündigung der Änderungskündigung, NZA Beilage 2/2010, 50; Boewer, Die Bedeutung der Änderungskündigung, FA 2009, 333; Gastell/Hubrich, Änderungskündigung zur Versetzung, AuA 2012, 212; Helml, Direktionsrecht und Änderungskündigung, AiB 2011, 30; Hromadka, Neues zur überflüssigen Änderungskündigung, NZA 2012, 896; Kleinebrink, Die Änderungskündigung bei Betriebsänderungen wegen Personalabbaus, FA 2014, 69, Krois, Die Änderungskündigung zum Zweck der Entgeltsenkung, ZfA 2009, 575; Kühn, Die Auswahlentscheidung bei mehreren möglichen Änderungskündigungen, BB 2011, 1851; Linck, Die Änderungskündigung, AR-Blattei SD 1020.1.1; Lingemann, Kündigungsschutz, 2011, Teil 5 „Änderungskündigung“; Moderegger, Änderungskündigung zur Entgeltsenkung, ArbRB 2009, 42; Preis, Unbillige Weisungsrechte und überflüssige Änderungskündigungen, NZA 2015, 1; Preis, Leichter kündigen als Änderungskündigen?, ArbuR 2011, Sonderheft zum 70. Geburtstag von Michael Kittner, 405; Reiserer/ Powietzka, Änderungskündigung für Entgeltsenkung, BB 2006, 1109; Rid, Die überflüssige Änderungskündigung, AuA 2015, 725; Rieble/Kolbe, Die neue Änderungskündigung, SAE 2008, 241; Röder/Chakrabarti, Update Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld und Restrukturierungen, DB 2020, 1960; Schott, Das Entscheidungsmodell der Änderungskündigung, BB 2009, 1526; Stoffels, Die Abänderung mehrerer Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung, NZA 2016, 581; Wallner, Die „vorsorgliche“ Änderungskündigung – keinesfalls überflüssig!, NZA 2017, 1562.

I. Einführung 1

Die Änderungskündigung ist eine Kündigung verbunden mit dem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen, § 2 KSchG. Sie ist damit ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung kommt als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen.1 Die Änderungskündigung dient einerseits der einseitigen Durchsetzung von Vertragsänderungen, die über das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinausgehen und bei denen die einvernehmliche Neuregelung gescheitert ist. Andererseits stellt die Änderungskündigung ein milderes Mittel im Vergleich zur Beendigungskündigung dar und ist daher vorrangig anzuwenden.2 Ist eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter veränderten Bedingungen möglich, ist die dennoch ausgesprochene Beendigungskündigung unwirksam.3

2

Die Grundsätze der Kündigung gelten auch für die Änderungskündigung. Der Arbeitgeber ist an die Kündigungsfristen des § 622 BGB gebunden. Er muss den Betriebsrat nach § 102 BetrVG anhören. Daneben liegt bei einer Änderungskündigung oft auch eine Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG vor, die der Zustimmung des Betriebsrats bedarf (vgl. Kap. 19). Die fehlende Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG berührt die Wirksamkeit der Änderungskündigung jedoch nicht (dazu Rz. 35). Der Arbeitnehmer kann eine Änderungskündigungsschutzklage nur innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG erheben, falls er in den Anwendungsbereich des KSchG fällt und die Unwirksamkeit rügen möchte. Die Grundsätze über die Unzulässigkeit von Wiederholungskündigungen gelten auch für die Änderungskündigung.4

1. Inhalt der Erklärung → S. zur Änderungskündigung M 20.1.

3

§ 2 KSchG verlangt, dass der Arbeitgeber das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit der Kündigung ausspricht. Das ist der Fall, wenn sich aus den Gesamtumstän1 BAG v. 21.5.2019 – 2 AZR 26/19, NZA 2019, 1143; v. 17.2.2016 – 2 AZR 613/14, NJOZ 2016, 866; v. 20.2.2014 – 2 AZR 346/12, BAGE 147, 237. 2 BAG v. 13.5.2015, NZA 2015, 1249, st. Rspr., vgl. BAG v. 21.4.2005 – 2 AZR 132/04, NZA 2005, 1289. 3 BAG v. 13.5.2015, NZA 2015, 1249, st. Rspr., vgl. BAG v. 26.1.1995 – 2 AZR 428/94, NZA 1995, 628. 4 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 840/12, NZA 2014, 1415. Der Arbeitgeber kann auch eine nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 TzBfG fingierte Teilzeitvereinbarung nicht ohne neue Tatsachen durch Änderungskündigung zurückändern, BAG v. 20.1.2015, NZA 2015, 505.

802 | Lingemann/Diller und Lingemann

Änderungskündigung | Rz. 5 Kap. 20

den zweifelsfrei ergibt, dass der Arbeitgeber in erster Linie die Veränderung der Arbeitsbedingungen bezweckt und nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Änderungsangebot und Kündigung müssen daher auch gleichzeitig zugehen. So kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung nicht durch ein nachträgliches Angebot veränderter Arbeitsbedingungen in eine Änderungskündigung umgestalten.5 Die Änderungskündigung muss zudem hinreichend bestimmt sein. Der Arbeitnehmer muss zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung wissen bzw. hinreichend deutlich erkennen können, welchen konkreten Inhalt das Angebot hat6 und zu welchem Zeitpunkt die Änderungen eintreten sollen.7 Das Angebot des Arbeitgebers muss so konkret sein, dass der Arbeitnehmer es ohne weiteres annehmen kann; ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen.8 Insb. muss für den Arbeitnehmer die Art der Arbeitsleistung(en), die er ab dem Ablauf der Kündigungsfrist schuldet, konkret erkennbar sein.9 Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers.10 Zulässig ist es aber, bei mehreren freien Stellen dem Arbeitnehmer die Wahl zu lassen, welche der freien Stellen er annimmt11 oder dem Arbeitnehmer die Wahl zwischen alternativen Änderungsangeboten zu lassen.12 Unwirksam, weil nicht hinreichend bestimmt, sind hingegen mehrere Änderungskündigungen, die der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer zur selben Zeit erklärt, und die je für sich das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Änderung lediglich einer bestimmten – jeweils anderen – Vertragsbedingung und den Hinweis enthalten, der Arbeitnehmer erhalte zugleich weitere Änderungskündigungen.13 Die Erklärung mehrerer Änderungskündigungen ist jedoch zulässig, wenn sie in einem erkennbaren (hilfsweisen) Stufenverhältnis stehen.14

2. Form der Erklärung Da Kündigung und Angebot eine Einheit bilden, bedarf ebenso wie gem. § 623 BGB die Kündigung auch das Angebot der gesetzlichen Schriftform. Es reicht jedoch aus, wenn der Inhalt des Änderungsangebots im Kündigungsschreiben hinreichenden Anklang gefunden hat.15 Das Änderungsangebot muss auch nur solche Vertragsbedingungen erwähnen, die zukünftig gelten sollen, sich also ändern. Die weiter geltenden Vertragsbedingungen brauchen hingegen nicht zwingend schriftlich angegeben zu werden.16

4

3. Arten der Änderungskündigung Wie bei der Beendigungskündigung kann der Arbeitgeber eine außerordentliche oder eine ordentliche Änderungskündigung aussprechen. Die gesetzlich nicht geregelte außerordentliche Änderungskündigung ist allgemein anerkannt, findet aber selten Anwendung. Typische Anwendungsfälle 5 6 7 8 9 10 11 12

13 14 15 16

Weber/Ehrich, BB 1996, 2251; LAG Rh.-Pf. v. 6.2.1987, DB 1987, 1098 (LS). BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 396/12, NZA 2013, 1409. BAG v. 29.9.2011 – 2 AZR 523/10, NZA 2012, 628. BAG v. 21.5.2019 – 2 AZR 26/19, NZA 2019, 1143; v. 17.2.2016 – 2 AZR 613/14, NJOZ 2016, 866. BAG v. 21.5.2019 – 2 AZR 26/19, NZA 2019, 1143; v. 17.2.2016 – 2 AZR 613/14, NJOZ 2016, 866; v. 26.1.2017 – 2 AZR 68/16, NZA 2017, 499. BAG v. 21.5.2019 – 2 AZR 26/19, NZA 2019, 1143; v. 17.2.2016 – 2 AZR 613/14, NJOZ 2016, 866. LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 27.11.2013 – 3 Sa 146/13, LAGE § 2 KSchG Nr. 72; LAG Hamm v. 7.9.2007, LAGE § 2 KSchG Nr. 60. BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 812/12, NZA 2014, 653 zum Angebot einer geringerwertigen Tätigkeit mit unverändertem Stundenumfang einerseits gegenüber einer zeitlichen Reduzierung der bisherigen Beschäftigung andererseits. Das BAG hielt ersteres für den weitergehenden Eingriff, wies aber ausdrücklich auf die Möglichkeit des alternativen Angebotes hin. BAG v. 10.9.2009 – 2 AZR 822/07, NZA 2010, 333 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2010, 144. BAG v. 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, NZA 2019, 246. BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR 628/03, BB 2005, 946. BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR 628/03, BB 2005, 946, 947.

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5

Kap. 20 Rz. 5 | Änderungskündigung sind die außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist gegenüber tariflich unkündbaren Arbeitnehmern17 und die außerordentliche Kündigung gegenüber Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz, namentlich nach § 15 KSchG.18 § 2 KSchG ist auch auf die außerordentliche Änderungskündigung anwendbar.19 Daher kann der Arbeitnehmer auch hier die Annahme unter Vorbehalt erklären und Änderungsschutzklage erheben (s. Rz. 22 ff.).

4. Kündigungsgründe und soziale Rechtfertigung 6

Der Normalfall ist die ordentliche Änderungskündigung, die, sofern Kündigungsschutz besteht, gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein muss (dazu Rz. 8 ff.). Strengere Anforderungen stellt die außerordentliche Änderungskündigung (dazu Rz. 20 f.).

7

Die Sozialwidrigkeit der ordentlichen Änderungskündigung bemisst sich ausschließlich nach der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen, nicht der Beendigung. Ist nur eine von mehreren Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt, so ist die Änderungskündigung insgesamt unwirksam.20 Wie bei der Beendigungskündigung kommt es darauf an, ob personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen: a) Personenbedingte Änderungskündigung

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Eine personenbedingte Änderungskündigung kommt insb. in Frage, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner bisherigen Tätigkeit gehindert und ein freier leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist.21 Hier muss der Arbeitgeber uU sogar einen adäquaten, aber noch besetzten Arbeitsplatz für den gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitnehmer freimachen, allerdings nur, soweit sein Direktionsrecht dies erlaubt.22 Eine gravierende krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers kann eine Änderungskündigung zur Herabgruppierung rechtfertigen.23 b) Verhaltensbedingte Änderungskündigung

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Die verhaltensbedingte Änderungskündigung setzt – wie die Beendigungskündigung (vgl. dazu Kap. 22 Rz. 53 ff.) – einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten und grundsätzlich eine vorherige Abmahnung24 (zu Ausnahmen Kap. 22 Rz. 58 ff.) voraus.

10 Bei der personen- oder verhaltensbedingten Änderungskündigung muss zudem das Änderungsangebot geeignet und erforderlich sein, die Störung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen.

11 In der Interessenabwägung ist schließlich das Interesse des Arbeitnehmers an einem unveränderten

Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegen dasjenige des Arbeitgebers an einer Änderung der Arbeitsbedingungen abzuwägen. 17 BAG v. 28.10.2010 – 2 AZR 688/09, NZA-RR 2011, 167; v. 18.5.2006, NZA-RR 2007, 272; v. 2.3.2006 – 2 AZR 64/05, NZA 2006, 985. 18 BAG v. 7.10.2004 – 2 AZR 81/04, BB 2005, 334. 19 BAG v. 18.5.2006, NZA-RR 2007, 272; v. 19.6.1986, NZA 1987, 94. 20 BAG v. 5.6.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 40 Rz. 24; v. 28.10.2010 – 2 AZR 688/09, DB 2011, 476; v. 10.9.2009 – 2 AZR 822/07, NZA 2010, 333 Rz. 22; Stoffels, NZA 2016, 581. 21 BAG v. 22.10.2015, EzA-SD 2016, Nr. 8, S. 3–5; v. 5.8.1976, DB 1976, 2307. 22 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 664/13, NZA 2015, 931. Zur Reichweite des Direktionsrechts s. Kap. 19 Rz. 1 ff. 23 BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 550/14, NZA-RR 2016, 243. 24 LAG München v. 13.4.2016 – 5 Sa 990/15, juris; LAG Nürnberg v. 6.8.2012, NZA-RR 2012, 631.

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Änderungskündigung | Rz. 12 Kap. 20

c) Betriebsbedingte Änderungskündigung In der Praxis häufig und schwierig ist die betriebsbedingte Änderungskündigung. Sie ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.25 Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat.26 Ein anerkennenswerter Anlass liegt vor, wenn das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen zum Ende der Kündigungsfrist entfallen sein wird.27 Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Prognose ist der Kündigungszugang.28 Dieser Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses kann auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen, von der auch das Anforderungsprofil der im Betrieb nach Umstrukturierung verbleibenden Arbeitsplätze erfasst werden kann.29 Diese unternehmerische Entscheidung unterliegt nur einer Missbrauchskontrolle daraufhin, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.30 Gegenstand der Unternehmerentscheidung kann zB die Verlagerung eines Betriebsteils31 sein oder auch eine betriebsbedingte Umorganisation, die zu einer anderen zeitlichen Lage und zur Herabsetzung der Dauer der Arbeitszeit führt; insoweit kommt auch die Teilung einer Stelle und Umgestaltung in zwei Teilzeitstellen in Betracht.32 Die unternehmerische Entscheidung kann auch ein Gesamtkonzept betreffen, das den Ausspruch von Beendigungs- und Änderungskündigungen umfasst.33 Ein Missbrauch der unternehmerischen Organisationsfreiheit liegt nicht schon dann vor, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit hätte, auf die Reorganisation zu verzichten, sofern sie dauerhafter Natur und nicht nur vorgeschoben ist.34 Allerdings gelten erhöhte Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers, wenn seine Organisationsentscheidung und der Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind. Beruft sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung auf eine Neubestimmung des Anforderungsprofils, so muss er im Einzelnen darlegen, dass es sich bei der geänderten Anforderung an die Qualifikation des Stelleninhabers nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung“ für die Ausführung der Tätigkeit, sondern um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für die Stellenprofilierung handelt.35 Natürlich ist eine Änderungskündigung zur Maßregelung entgegen § 612a BGB missbräuchlich.36 Dringende betriebliche Erfordernisse können auch auf Umständen beruhen, die einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gleichkommen. Wenn zB arbeitsvertragliche Regelungen zwingenden gesetzlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers widersprechen, die bei Abschluss des Arbeitsvertrages noch nicht bestanden, kann das Festhalten an den gesetzeswidrigen Vertragsbedingungen unzumutbar für den Arbeitgeber sein und eine Änderungskündigung rechtfertigen.37

25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

BAG v. 2.3.2017 – 2 AZR 546/16, NZA 2017, 905, st. Rspr. BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 550/14, NZA-RR 2016, 243 st. Rspr. BAG v. 24.5.2012 – 2 AZR 163/11, NZA-RR 2013, 74; Anm. Günther, ArbRAktuell 2013, 53. BAG v. 29.9.2011, NZA-RR 2012, 158; v. 9.9.2010, AP Nr. 149 zu § 2 KSchG 1969. BAG v. 12.1.2006 – 2 AZR 126/05, BB 2006, 1115, 1116. BAG v. 24.5.2012, NZA-RR 2013, 74; v. 12.8.2010 – 2 AZR 945/08, DB 2011, 597; v. 23.6.2005, DB 2006, 285. BAG v. 27.9.2001, NZA 2002, 696. BAG v. 22.4.2004 – 2 AZR 385/03, BB 2004, 2818 m. Anm. Spirolke/Regh. BAG v. 22.9.2005, NZA 2007, 1320. BAG v. 22.4.2004 – 2 AZR 385/03, BB 2004, 2818, 2820. BAG v. 2.3.2017 – 2 AZR 546/16, NZA 2017, 905. BAG v. 22.4.2004 – 2 AZR 385/03, BB 2004, 2818, 2820; PWW/Lingemann, § 612a BGB Rz. 3. BAG v. 5.6.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 40.

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Kap. 20 Rz. 12 | Änderungskündigung Auch eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit ist zulässig. Sie wird allerdings regelmäßig aufgrund der die Kurzarbeit auslösenden Krise (zB. Corona) nur als außerordentliche Änderungskündigung (unten Rz. 21) ihren Zweck erfüllen können.38

13 Das BAG führt stets eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung durch. Der Arbeitgeber muss sich

darauf beschränken, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.39 Wird durch das Änderungsangebot beispielsweise neben der Tätigkeit (Arbeitsleistungspflicht) auch die Gegenleistung (Vergütung) geändert, so sind beide Elemente des Änderungsangebots am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen.40 Sozial gerechtfertigt ist die Änderung nur, wenn „vom bisherigen Vertragsinhalt lediglich das weggenommen bzw. geändert wird, was weggenommen bzw. geändert werden muss, um den Vertrag aufrecht erhalten zu können.“41 Die angebotenen Änderungen dürfen sich daher vom Inhalt der bisherigen vertraglichen Regelungen nicht weiter entfernen als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich.42 Eine besondere Rechtfertigung der mit der Änderungskündigung verbundenen Vergütungsänderung ist nur dann entbehrlich, wenn sich die geänderte Vergütung aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt43 oder eine Entgeltreduzierung bei geändertem Arbeitsinhalt durch einen evident geringeren Marktwert der neu angebotenen gegenüber der bisherigen Tätigkeit gerechtfertigt ist.44 Ergibt sich die Höhe der Vergütung für die geänderte Tätigkeit nicht aus einer Vergütungsordnung, sondern hat der Arbeitgeber die Gehälter aller vergleichbaren Arbeitnehmer frei ausgehandelt, so gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast.45 Bewegt sich die angebotene Vergütung verglichen mit der der anderen Arbeitnehmer im oberen Bereich, so spricht zunächst eine Vermutung dafür, dass die angebotene Vergütung vom Arbeitnehmer billigerweise hinzunehmen ist.46 Das BAG wendet hier also nicht dieselben strengen Maßstäbe an, die bei einer Änderungskündigung mit dem alleinigen Ziel der Entgeltabsenkung gelten (dazu Rz. 14). Erklärt der Arbeitgeber die Änderungskündigung zur Änderung mehrerer Arbeitsbedingungen, so ist die Änderungskündigung insgesamt unwirksam, wenn auch nur eine der erklärten Änderungen unverhältnismäßig ist.47 Eine künstliche Aufspaltung in mehrere einzelne Änderungskündigungen hilft allerdings auch nicht, solange das Verhältnis der einzelnen Änderungen zueinander nicht klargestellt wird (vgl. Rz. 3).48 Sozial nicht gerechtfertigt ist ebenfalls eine ordentliche Änderungskündigung, die auf eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vor Ablauf der Kündigungsfrist zielt. Eine Auslegung der Kündigung als zum Ablauf der Kündigungsfrist ausgesprochen lehnt das BAG bei der Änderungskündigung – anders als bei der Beendigungskündigung – ab.49

38 Einzelheiten bei Bauer/Günther, NZA 2020, 419; Röder/Chakrabarti, DB 2020, 1960. 39 BAG v. 21.5.2019 – 2 AZR 26/19, NZA 2019, 1143; v. 20.6.2013 – 2 AZR 396/12, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 158. 40 BAG v. 20.6.2013, DB 2014, 190 Rz. 17; v. 3.4.2008 – 2 AZR 500/06, NZA 2008, 812; v. 29.11.2007 – 2 AZR 388/06, NZA 2008, 523; v. 29.3.2007, ArbRB 2007, 228; v. 23.6.2005, DB 2006, 285. 41 BAG v. 24.9.2015 – 2 AZR 680/14, MDR 2016, 398; v. 23.6.2005, DB 2006, 285, 287; st. Rspr. 42 BAG v. 20.10.2017 – 2 AZR 783/16, NZA 2018, 440; v. 24.9.2015 – 2 AZR 680/14, MDR 2016, 398; v. 20.6.2013, DB 2014, 190 Rz. 17; v. 23.2.2012 – 2 AZR 45/11, nv.; v. 28.10.2010 – 2 AZR 688/09, DB 2011, 476; st. Rspr. 43 BAG v. 24.5.2012 – 2 AZR 163/11, NZA-RR 2013, 74; v. 29.11.2007 – 2 AZR 388/06, NZA 2008, 523. 44 BAG v. 29.11.2007 – 2 AZR 388/06, NZA 2008, 523. 45 BAG v. 3.4.2008 – 2 AZR 500/06, NZA 2008, 812. 46 BAG v. 3.4.2008 – 2 AZR 500/06, NZA 2008, 812. 47 BAG v. 28.10.2010 – 2 AZR 688/09, DB 2011, 476; v. 10.9.2009 – 2 AZR 822/07, NZA 2010, 333; v. 21.9.2006 – 2 AZR 120/06, NZA 2007, 435. 48 BAG v. 20.6.2013, DB 2014, 190; v. 10.9.2009 – 2 AZR 822/07, NZA 2010, 333. 49 BAG v. 21.9.2006 – 2 AZR 120/06, NZA 2007, 435. Jedenfalls für den Fall, dass wesentliche Vertragsbedingungen – hier: die Vergütung – vorzeitig geändert werden sollen.

806 | Lingemann

Änderungskündigung | Rz. 15 Kap. 20

Eine Änderungskündigung allein zur Entgeltabsenkung50 ist nur sozial gerechtfertigt, wenn die Rentabilität des Betriebes einer weiteren Beschäftigung zu unveränderten Bedingungen entgegensteht, wenn also durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und soll und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind.51 Dabei ist auf die wirtschaftliche Situation des Gesamtbetriebes und nicht nur die eines unselbständigen Betriebsteils abzustellen.52 Müsste ohne die Entgeltabsenkung ein Insolvenzantrag gestellt werden, so ist die Änderungskündigung gegenüber der sonst zu erwartenden Betriebsschließung regelmäßig das mildere Mittel.53 Auch wenn durch die Aufrechterhaltung der bisherigen Personalstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstünden, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen, kann die Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung begründet sein.54 Das bloße Interesse an einer Vereinheitlichung der Vergütung rechtfertigt eine Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung allerdings auch dann nicht, wenn eine neue gesetzliche Regelung die Möglichkeit vorsieht, durch Parteivereinbarung einen geringeren (tariflichen) Lohn festzulegen, als er dem Arbeitnehmer bisher gesetzlich oder vertraglich zustand.55 Für die Absenkung von Nebenleistungen kann demgegenüber schon eine wesentliche Änderung der äußeren Verhältnisse, die für ihre Vereinbarung maßgebend waren, ausreichen.56

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„Dringend“ sind die betrieblichen Erfordernisse zur Entgeltsenkung nur, wenn der Arbeitgeber einen umfassenden Sanierungsplan vorlegt, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft.57 Als solche milderen Mittel können etwa in Betracht kommen die Senkung von freiwilligen Leistungen, Rationalisierungsmaßnahmen und sonstige Einsparungen, wobei auch die Sanierungsfähigkeit des Betriebs und eigene Sanierungsbeiträge des Arbeitgebers bzw. Dritter (Banken) zu bewerten sein sollen.58 Eine freie Mitarbeit ist gegenüber der Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen als Arbeitnehmer aber kein milderes Mittel.59 Dient die Änderungskündigung zur Vermeidung einer Betriebsstilllegung, so soll sie nur dann sozial gerechtfertigt sein, wenn andernfalls die Beendigungskündigung auf Grund einer Betriebsstilllegung gleichfalls sozial gerechtfertigt wäre.60 Bei einem vorübergehenden Betriebsverlust soll auch nur eine vorübergehende Einkommensminderung sozial gerechtfertigt sein.61 Verändern sich die Umstände, die die Arbeitsvertragsparteien erkennbar einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag zugrunde gelegt hatten – zB einer pauschalen Abgeltung von Überstunden –, so kann auch eine Änderungskündigung bezüglich der Nebenabrede (zB zukünftig vorrangig Freizeitausgleich für Überstunden und genaue Einzelabrechnung) durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt sein.62 50 Reiserer/Powietzka, BB 2006, 1109, wobei die dort beobachtete Tendenz des BAG, eine Flexibilisierung jedenfalls von Nebenabreden zuzulassen, durch die Entscheidung des BAG v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/ 06, NZA 2007, 853 möglicherweise schon wieder überholt ist. 51 BAG v. 10.9.2009 – 2 AZR 822/07, NZA 2010, 333; v. 26.6.2008 – 2 AZR 139/07, NZA 2008, 1182; v. 12.1.2006 – 2 AZR 126/05, BB 2006, 1115, 1116. 52 BAG v. 12.11.1998, NZA 1999, 472. 53 BAG v. 20.6.2013, DB 2014, 190; v. 1.3.2007, ArbRB 2007, 261. 54 BAG v. 20.6.2013, DB 2014, 190; v. 26.6.2008 – 2 AZR 139/07, NZA 2008, 1182. 55 BAG v. 12.1.2006 – 2 AZR 126/05, BB 2006, 1115, 1116 – unzulässig ist daher eine Änderungskündigung auf Entgeltsenkung im Verleiherunternehmen, nachdem dort ein niedrigerer Tarifvertrag in Anwendung von § 9 AÜG geschlossen wurde. 56 BAG v. 20.6.2013, DB 2014, 190 Rz. 26. 57 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 396/12, NZA 2013, 1409, st. Rspr. 58 BAG v. 16.5.2002 – 2 AZR 292/01, NZA 2003, 147; v. 27.9.2001 – 2 AZR 236/00, NZA 2002, 750, 754; v. 20.8.1998 – 2 AZR 84/98, NZA 1999, 255; v. 12.11.1998, NZA 1999, 472. 59 BAG v. 21.2.2002, DB 2002, 2276, 2277. 60 BAG v. 12.11.1998, NZA 1999, 473. 61 BAG v. 20.8.1998 – 2 AZR 84/98, NZA 1999, 255. 62 BAG v. 23.11.2000 – 2 AZR 547/99, BB 2001, 940, 941; ebenso BAG v. 27.3.2003, NZA 2003, 1030 (Bustransfer) m. krit. Anm. Berkowsky, NZA 2003, 1130.

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Kap. 20 Rz. 16 | Änderungskündigung

16 Die Änderungskündigung kann auch mit dem Ziel ausgesprochen werden, das bisher unbefristete

Arbeitsverhältnis nur noch befristet fortzuführen. Sie ist dann sozial gerechtfertigt, wenn die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer entfällt und lediglich solche freien Arbeitsplätze noch vorhanden sind, die von vornherein aus sachlichen Gründen nur befristet eingerichtet sind.63 Auch wenn der Arbeitnehmer gegen eine solche Befristung nicht fristgerecht den Vorbehalt erklärt und Änderungsschutzklage erhoben hat, kann er nach Ablauf der Befristung noch die Entfristungsklage erheben.64

17 Auch bei der betriebsbedingten Änderungskündigung muss eine soziale Auswahl stattfinden, § 2

Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 KSchG. Die Regeln des § 1 Abs. 3 KSchG werden in modifizierter Form angewendet.65 In die Auswahl einzubeziehen sind alle vergleichbaren Arbeitnehmer, dh. diejenigen, die in ihrer bisherigen Tätigkeit und zugleich in ihrer Eignung für den angebotenen Arbeitsplatz austauschbar sind.66 Auszuwählen ist der Arbeitnehmer, dem die Änderung der Arbeitsbedingungen in sozialer Hinsicht am ehesten zugemutet werden kann.67 Dabei sind als Auswahlkriterien ausschließlich Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung heranzuziehen.68 Eine Ergänzung durch weitere Faktoren im Rahmen der Gewichtung der Grunddaten aus § 1 Abs. 3 KSchG kommt nur in Betracht, wenn sie einen unmittelbaren Bezug zu diesen Grunddaten aufweisen.69

18 Da bei einer bloßen Reduzierung des Beschäftigungsvolumens Voll- und Teilzeitbeschäftigte glei-

chermaßen in die Sozialauswahl einzubeziehen sind, muss ggf. auch im Rahmen einer Beendigungskündigung gegenüber der sozial weniger schutzwürdigen Vollzeitkraft eine entsprechende Änderungskündigung auf Teilzeit ausgesprochen werden.70

19 Vereinbaren im Rahmen einer Betriebsänderung Arbeitgeber und Betriebsrat einen Interessenaus-

gleich mit Namensliste gem. § 1 Abs. 5 KSchG (vgl. dazu Kap. 22 Rz. 136), so wird vermutet, dass die Kündigungen durch betriebliche Erfordernisse bedingt sind; im Kündigungsschutzprozess muss dann nicht der Arbeitgeber die Betriebsbedingtheit beweisen, sondern der Arbeitnehmer die Vermutung der Betriebsbedingtheit widerlegen. Die Sozialauswahl kann in diesen Fällen nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Dies gilt nicht nur für Beendigungskündigungen, sondern auch für Änderungskündigungen.71 Auf außerordentliche Änderungskündigungen findet die Regelung allerdings keine Anwendung.72 Änderungskündigungen gelten zudem – unabhängig von der Reaktion des Arbeitnehmers – als Entlassung iSd. § 17 Abs. 1 KSchG und sind daher bei der Berechnung des Schwellenwertes und bei der Anzeige- und Informationspflicht gem. § 17 Abs. 1 und 2 KSchG zu berücksichtigen.73

63 BAG v. 16.12.2010, AP Nr. 150 zu § 2 KSchG 1969 m. Anm. Göpfert, ArbRAktuell 2011, 380; v. 25.4. 1996, AP Nr. 78 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 64 BAG v. 8.7.1998 – 7 AZR 245/97, NZA 1999, 81. 65 BAG v. 18.1.2007 – 2 AZR 796/05, FA 2007, 252; v. 13.6.1986 – 7 AZR 623/84, DB 1987, 335; Einzelheiten bei Kühn, BB 2011, 1851. 66 BAG v. 9.9.2010, AP Nr. 149 zu § 2 KSchG 1969; v. 18.1.2007, DB 2007, 2097; v. 13.6.1986 – 7 AZR 623/84, DB 1987, 335. 67 BAG v. 29.1.2015 – 2 AZR 164/14, NZA 2015, 426; v. 18.1.2007, DB 2007, 2097; v. 13.6.1986 – 7 AZR 623/84, DB 1987, 335. 68 BAG v. 29.1.2015 – 2 AZR 164/14, NZA 2015, 426. 69 BAG v. 29.1.2015 – 2 AZR 164/14, NZA 2015, 426. 70 BAG v. 3.12.1997, AP Nr. 39 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; zustimmend Oetker, RdA 1999, 267; ablehnend Bauer/Klein, BB 1999, 1162. 71 BAG v. 19.6.2007 – 2 AZR 304/06, NZA 2008, 103. 72 BAG v. 28.5.2009 – 2 AZR 844/07, NZA 2009, 954. 73 BAG v. 20.2.2014 – 2 AZR 346/12, NZA 2014, 1069; dazu Kleinebrink, FA 2014, 69.

808 | Lingemann

Änderungskündigung | Rz. 21 Kap. 20

d) Außerordentliche Änderungskündigung Bei einer außerordentlichen fristlosen Änderungskündigung müssen – über die vorstehenden Voraussetzungen der ordentlichen Änderungskündigung hinaus – die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig und die geänderten Bedingungen dem gekündigten Arbeitnehmer zumutbar sein.74

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Auch für eine außerordentliche Änderungskündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers mit sozialer Auslauffrist gelten strengere Voraussetzungen als bei der ordentlichen Änderungskündigung. Wird eine solche Änderungskündigung auf eine Reorganisationsentscheidung gestützt, so ist entscheidend, ob das geänderte unternehmerische Konzept die vorgeschlagene Änderung erzwingt oder ob es im Wesentlichen auch ohne oder mit weniger einschneidenden Änderungen im Arbeitsvertrag des Gekündigten durchsetzbar bleibt.75 Schon bei der Erstellung des unternehmerischen Konzeptes muss der Arbeitgeber die ordentliche Unkündbarkeit des Arbeitnehmers berücksichtigen, im Prozess muss er ferner darlegen, dass er alles Zumutbare unternommen hat, die durch die unternehmerische Entscheidung notwendig gewordenen Anpassungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken.76 Dazu kann auch das Angebot gehören, dem Arbeitnehmer die Fortsetzung seiner Tätigkeit auf einem in einem Interessenausgleich vorgesehenen HomeOffice-Arbeitsplatz zu ermöglichen.77 Stehen allerdings keine anderen Stellen zur Verfügung und können diese auch nicht durch organisatorische Maßnahmen (zB Versetzungen) geschaffen werden, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, Stellen, für die er keinen Bedarf hat, nur deshalb einzurichten oder aufrecht zu erhalten, um einen ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer zu unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigen zu können.78 Der Arbeitgeber ist auch nicht generell verpflichtet, zur Vermeidung einer außerordentlichen Änderungskündigung gegenüber ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern Arbeitsplätze ordentlich kündbarer Arbeitnehmer „frei zu kündigen“; dies gilt erst recht, wenn der unkündbare Arbeitnehmer den frei gekündigten Arbeitsplatz nicht innerhalb der für einen qualifizierten Stellenbewerber ausreichenden Einarbeitungszeit ausfüllen kann.79 Sogar eine außerordentliche Kündigung zur Entgeltabsenkung ist dann, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so schlecht ist, dass der Arbeitgeber ohne die angestrebte Senkung der Personalkosten Insolvenzantrag stellen müsste, gegenüber der sonst befürchteten Betriebsschließung das mildere Mittel.80 In einer derart existenzbedrohenden Situation kann der Arbeitgeber auch von seinen ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern einen Sanierungsbeitrag verlangen und eine Reduzierung der Jahressonderzuwendung durchsetzen.81

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Auch zur Einführung von Kurzarbeit (Rz. 13) ist eine außerordentliche Änderungskündigung zulässig. Aufgrund der notwendig bestehenden Krisensituation sollte das BAG hier deutlich weniger strenge Anforderungen als an die Änderungskündigung zur Entgeltsenkung stellen, schon weil bei Kurzarbeit nicht nur die Vergütung, sondern auch die Arbeitsleistung vermindert wird.82 Eine außerordentliche Änderungskündigung kann auch aus personenbedingten Gründen erklärt werden, so zB wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Umständen, die in seiner Sphäre liegen (hier: körperliche Beschwerden) zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung (hier: Schwimmmeister mit Rettungsaufgaben) auf unabsehbare Dauer nicht mehr in der Lage ist.83 74 BAG v. 20.10.2017 – 2 AZR 783/16, NZA 2018, 440; v. 28.10.2010 – 2 AZR 688/09, DB 2011, 476; v. 18.5.2006, AP Nr. 5 zu § 55 BAT; v. 27.9.2001, NZA 2002, 815. 75 BAG v. 27.11.2008 – 2 AZR 757/07, NZA 2009, 481; v. 18.5.2006, AP Nr. 5 zu § 55 BAT. 76 BAG v. 2.3.2006 – 2 AZR 64/05, NZA 2006, 985. 77 BAG v. 2.3.2006 – 2 AZR 64/05, NZA 2006, 985. 78 BAG v. 18.5.2006, NZA-RR 2007, 272. 79 BAG v. 18.5.2006, AP Nr. 5 zu § 55b AT. 80 BAG v. 1.3.2007 – 2 AZR 580/05, NZA 2007, 1445. 81 BAG v. 1.3.2007 – 2 AZR 580/05, NZA 2007, 1445. 82 Einzelheiten bei Bauer/Günther, NZA 2020, 419; Röder/Chakrabarti, DB 2020, 1960. 83 BAG v. 28.10.2010 – 2 AZR 688/09, DB 2011, 476.

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Kap. 20 Rz. 21a | Änderungskündigung e) Überflüssige Änderungskündigung

21a Kann die vom Arbeitgeber beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen bereits durch die Aus-

übung des Weisungsrechts erreicht werden und spricht er dennoch eine Änderungskündigung aus, so verstößt diese dann „überflüssige“ Änderungskündigung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist deshalb unwirksam.84 Dennoch ist aber eine Änderungsschutzklage unbegründet, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat, da die betreffenden Arbeitsbedingungen im Kündigungszeitpunkt auf anderem Wege bereits eingetreten sind – etwa aufgrund wirksamer Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber oder normativer Wirkung einer Betriebsvereinbarung.85 Die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten also bereits.86 Hat der Arbeitnehmer hingegen das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot ausdrücklich abgelehnt oder nicht fristgemäß unter Vorbehalt angenommen (und damit abgelehnt, Rz. 23), ist auf seinen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.87 Es kann für den Arbeitgeber ratsam sein, die Änderung durch Ausübung des Direktionsrechtes herbeizuführen und nur hilfsweise durch Änderungskündigung.88 Ist die „überflüssige“ Änderungskündigung allerdings nicht mangels sozialer Rechtfertigung, sondern aus anderen, insb. formellen Gründen unwirksam, so hat die Kündigungsschutzklage auch dann Erfolg, wenn der Arbeitnehmer die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen hat.89

5. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers 22 Spricht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aus, stehen dem Arbeitnehmer mehrere Reakti-

onsmöglichkeiten zur Verfügung: Er kann die Ablehnung, die Annahme unter Vorbehalt oder die vorbehaltlose Annahme erklären. a) Ablehnung

23 Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot ab (M 20.2 Alt. 3), wird die Änderungskündigung ohne weite-

res zur Beendigungskündigung. Der Arbeitnehmer kann dann innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG ab Zugang der Änderungskündigung die allgemeine Kündigungsschutzklage erheben. Streitgegenstand ist ausschließlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es ist dem Arbeitnehmer in diesem Fall verwehrt, sich auf die Möglichkeit einer Änderungskündigung als milderes Mittel zu berufen. Die Ablehnung ist endgültig und führt gem. § 146 BGB zum Erlöschen des Angebots.

24 Die soziale Rechtfertigung der Beendigungskündigung richtet sich allerdings nur danach, ob die

Änderung des Arbeitsverhältnisses nach obigen (Rz. 7 ff.) Maßstäben gerechtfertigt gewesen wäre.90 Auf die soziale Rechtfertigung der gleichzeitig ausgesprochenen Beendigung kommt es nicht an, obwohl bei Abweisung der Kündigungsschutzklage das Arbeitsverhältnis nicht nur geändert, sondern beendet ist. Dies beruht aber nicht auf der Erklärung des Arbeitgebers, der die Änderung ja angeboten hat, sondern auf der Ablehnung des Arbeitnehmers. Da der Arbeitnehmer damit den Bestand seines Arbeitsverhältnisses aufs Spiel setzt und überdies riskiert, wegen Ablehnung einer zumutbaren 84 BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 509/15, NZA 2016, 1461, st. Rspr. 85 BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 509/15, NZA 2016, 1461, m. Anm. Wilke, FD ARbR 2016, 284102; v. 19.7. 2012 – 2 AZR 25/11, NZA 2012, 1038; v. 23.2.2012 – 2 AZR 44/11, BB 2012, 2505; v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2012, 325; v. 29.9.2011 – 2 AZR 613/10, KirchE 58, 253; v. 26.8.2008, NZA-RR 2009, 300; insgesamt zur überflüssigen Änderungskündigung Rid, AuA 2015, 725. 86 BAG v. 26.1.2012 – 2 AZR 102/11, NZA 2012, 856 m. Anm. Winzer, ArbRAktuell 2012, 325. 87 BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 509/15, NZA 2016, 1461. 88 BAG v. 17.12.2015 – 2 AZR 304/15, NZA 2016, 568; Formulierungsvorschlag in M 19.1. 89 BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 124/14, NZA 2016, 225. 90 BAG v. 20.1.2015 – 9 AZR 860/13, NZA 2015, 805; v. 20.6.2013 – 2 AZR 396/12, NZA 2013, 1409.

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Änderungskündigung | Rz. 28 Kap. 20

Arbeit keinen oder einen geringeren Verzugslohn zu erhalten,91 ist die Ablehnung der Änderungskündigung in der Praxis selten. b) Annahme unter Vorbehalt Gem, § 2 KSchG kann der Arbeitnehmer das Angebot auch unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen annehmen (M 20.2 Alt. 2). Das ist der bei weitem häufigste Fall. Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter diesem Vorbehalt an, kommt die Änderung des Arbeitsvertrags zustande, die unter der gem. § 8 KSchG auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) der gerichtlich festzustellenden Sozialwidrigkeit steht.92 Der Arbeitnehmer muss diesen Vorbehalt gem. § 2 Satz 2 KSchG, wenn die Kündigungsfrist weniger als drei Wochen beträgt, innerhalb der Kündigungsfrist, ansonsten innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären. Diese Fristen können durch den Arbeitgeber nicht verkürzt werden.93 Die zu kurze Bemessung der Annahmefrist führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.94 Die Annahme des Änderungsangebots (unter Vorbehalt) kann zur Folge haben, dass aus einem „Altvertrag“ ein „Neuvertrag“ iSd. Rechtsprechung des BAG zu Gleichstellungsabreden wird, wenn sich aus dem Änderungsangebot ergibt, dass die Bezugnahmeklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht wird.95

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Wichtig: Erhebt der Arbeitnehmer die Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG, kann dies die konkludente Erklärung des Vorbehalts enthalten. Die Frist ist dann aber nur eingehalten, wenn die Klage vor Fristablauf zugestellt wird; ob § 167 ZPO gilt, ist nicht abschließend geklärt.96 Versäumt der Arbeitnehmer es, den Vorbehalt rechtzeitig zu erklären, kann er nur eine allgemeine Kündigungsschutzklage gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erheben. Die Situation entspricht dann der bei vorbehaltloser Ablehnung des Änderungsangebotes (Rz. 23 f.).

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Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an, muss er zusätzlich die Änderungsschutzklage (M 20.5) erheben, wenn er die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung gerichtlich prüfen lassen will. Die Klagefrist der Änderungsschutzklage beträgt gleichfalls drei Wochen ab Zugang der Änderungskündigung, § 4 Satz 2 KSchG. Wird in diesem Zeitraum nicht Klage erhoben, gilt die Änderung fortan als sozial gerechtfertigt und der Vorbehalt erlischt, § 7 KSchG. Mit der Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG wahrt der Arbeitnehmer zugleich die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG für eine nachfolgende Beendigungskündigung, die vor oder zeitgleich mit dem Änderungstermin der ersten Kündigung wirksam werden soll, wenn er die Unwirksamkeit der Folgekündigung noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung der ersten Instanz gem. § 4 Satz 1 KSchG geltend macht.97

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Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt oder die Änderungskündigung aus anderen Gründen unwirksam ist. Obsiegt der Arbeit-

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91 92 93 94 95 96

BAG v. 26.9.2007 – 5 AZR 870/06, NZA 2008, 1063; v. 11.10.2006 – 5 AZR 754/05, NJW 2007, 2060. BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 208/17, NZA 2018, 1264. BAG v. 18.5.2006 – 2 AZR 230/05, BB 2006, 1803. BAG v. 18.5.2006 – 2 AZR 230/05, NZA 2006, 1092. BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 208/17, NZA 2018, 1264. Dagegen BAG v. 17.6.1998 – 2 AZR 336/97, NZA 1998, 1225. Unklar ist, ob diese Ablehnung weiterhin gilt, nachdem der BGH (v. 17.7.2008 – I ZR 109/05, NJW 2009, 765) und ihm folgend auch das BAG (v. 22.5. 2014 – 8 AZR 662/13, NZA 2014, 924) § 167 ZPO auch in den Fällen für anwendbar erklärt haben, in denen durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden kann. Am 16.3.2016 (4 AZR 421/15, NZA 2016, 1154) hat das BAG die Anwendung von § 167 BGB bei Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist allerdings abgelehnt. Daher ist dem Arbeitnehmer (weiterhin) zu empfehlen, seine Annahme unter Vorbehalt so rechtzeitig zu erklären, dass sie innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 2 Satz 2 KSchG zugeht. Wenn die Kündigungsfrist ausnahmsweise drei Wochen unterschreitet, sollte sich der Arbeitnehmer vorsorglich innerhalb der kürzeren Kündigungsfrist äußern. 97 BAG v. 24.5.2018 – 2 AZR 67/18, NZA 2018, 1127.

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Kap. 20 Rz. 28 | Änderungskündigung nehmer, gilt die Änderungskündigung als von Anfang an rechtsunwirksam (§ 8 KSchG) und das Arbeitsverhältnis besteht zu den ursprünglichen Bedingungen fort. Andernfalls wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt.98 In jedem Fall aber besteht das Arbeitsverhältnis fort, so dass ein Auflösungsantrag des Arbeitnehmers gem. § 9 KSchG unbegründet ist.99

29 Auch wenn er Änderungsschutzklage erhoben hat, muss der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündi-

gungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zunächst unter den geänderten Bedingungen arbeiten. Der Arbeitgeber ist nicht aufgrund des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs verpflichtet, den Arbeitnehmer vorläufig zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.100 Das BAG101 hat aber offengelassen, ob entsprechend § 102 Abs. 5 BetrVG ein Weiterbeschäftigungsanspruch zu den bisherigen Bedingungen besteht, wenn bei einer mit der Änderung der Arbeitsbedingungen verbundenen Maßnahme nach § 99 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrates nicht ersetzt wurde und der Arbeitgeber auch nicht berechtigt ist, die Maßnahmen nach § 100 BetrVG vorläufig durchzuführen. Ein solcher Weiterbeschäftigungsanspruch ist nur dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer die Änderungskündigung abgelehnt hat (Rz. 23 f.), nicht jedoch bei Annahme (Rz. 30) oder vorbehaltloser Annahme (Rz. 25 ff.).102 c) Vorbehaltlose Annahme

30 Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot an (M 20.2 Alt. 1), wird das Arbeitsverhältnis mit den neuen

Bedingungen ab dem Zeitpunkt fortgesetzt, zu dem die Kündigung wirksam geworden wäre. Nicht völlig klar ist, bis wann die Annahmeerklärung dem Arbeitgeber zugehen muss. Das BAG stellt nicht auf die Frist des § 2 Satz 2 KSchG ab, sondern darauf, wann der Arbeitgeber unter regelmäßigen Umständen eine Antwort auf das in seiner Änderungskündigung enthaltene Änderungsangebot erwarten darf, § 147 BGB.103 Sofern der Arbeitgeber nicht gem. § 148 BGB eine längere Frist gesetzt hat, gilt die Frist des § 2 Satz 2 KSchG als gesetzliche Mindestfrist.104 Hat der Arbeitgeber eine kürzere Frist gesetzt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung. An Stelle der zu kurzen Frist gilt dann vielmehr die gesetzliche Mindestfrist des § 2 Satz 2 KSchG.105

31 Praxistipp: Um Planungssicherheit zu haben, sollte der Arbeitgeber für die vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebotes eine angemessene Frist setzen. Setzt der Arbeitgeber eine kürzere Frist als die DreiWochen-Frist des § 2 Satz 2 KSchG, so setzt dies die gesetzliche Annahmefrist des § 2 Satz 2 KSchG in Lauf. Um von vornherein jeden Einwand etwaigen Rechtsmissbrauchs zu vermeiden, sollte die Frist mindestens der Drei-Wochen-Frist des § 2 Satz 2 KSchG entsprechen.

32 Der Arbeitnehmer sollte die vorbehaltlose Annahme zur Vermeidung jeden Risikos innerhalb der Drei-Wochen-Frist erklären.

33 Arbeitet der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den neuen Bedingungen einfach wei-

ter, bedeutet dies idR die Annahme des Angebotes durch schlüssiges Verhalten.106 Das gilt selbst dann, wenn sich das Änderungsangebot des Arbeitgebers nicht in allen Punkten unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis auswirkt, dh. die Folgen der Vertragsänderung nur teilweise sofort hervortreten.107 98 Das BAG nimmt „eine Kontinuität hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses“ an, aber eine Diskontinuität hinsichtlich der Arbeitsverträge, so dass gleichwohl je nach Änderungsangebot die Änderung zu einem „Neuvertrag“ bei der Auslegung von Bezugnahmeklauseln führen kann (BAG v. 27.3.2018 – 4 AZR 208/17, NZA 2018, 1264 Rz. 27). 99 BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 320/13, NZA 2014, 486; LAG Köln v. 16.8.2011, ArbuR 2012, 177. 100 BAG v. 28.5.2009 – 2 AZR 844/07, NZA 2009, 954. 101 BAG v. 18.1.1990 – 2 AZR 183/89, BB 1990, 1843. 102 Ebenso ErfK/Kania, § 102 BetrVG Rz. 32. 103 BAG v. 6.2.2003 – 2 AZR 674/01, NZA 2003, 659; aA noch LAG BW v. 30.1.1990, BB 1991, 69 f. 104 BAG v. 18.5.2006 – 2 AZR 230/05, BB 2006, 1803. 105 BAG v. 1.2.2007 – 2 AZR 44/06, NZA 2007, 925. 106 BAG v. 1.8.2001, NZA 2003, 924; v. 19.6.1986, NZA 1987, 94. 107 BAG v. 1.8.2001, NZA 2003, 924.

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Änderungskündigung | M 20.1 Kap. 20

6. Beteiligung des Betriebsrates Auch bei der Änderungskündigung ist der Betriebsrat nach § 102 BetrVG anzuhören. Bei fehlender oder fehlerhafter Anhörung ist die Änderungskündigung unwirksam, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

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Häufig führt die Änderungskündigung auch zu einer personellen Einzelmaßnahme, die nach § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrates bedarf, so insb. bei einer Umgruppierung oder Versetzung (vgl. Kap. 19). Wurde der Betriebsrat nach § 99 BetrVG nicht beteiligt, so berührt das die soziale Rechtfertigung der mit der Änderungskündigung erstrebten Änderung der Arbeitsbedingungen jedoch nicht.108 Andernfalls wäre der Arbeitnehmer gegen eine Änderung der Arbeitsbedingungen stärker geschützt als gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die ja keiner Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG bedarf, sondern nur einer Anhörung nach § 102 BetrVG. Allerdings kann auch die sozial gerechtfertigte Änderungskündigung erst umgesetzt werden, wenn die Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG vorliegt.109 Diese muss nicht gleichzeitig mit der Änderungskündigung eingeholt werden; ist jedoch mit einem Widerspruch des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 BetrVG zu rechnen, so sollte dies möglichst frühzeitig geschehen.

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108 BAG v. 18.5.2017 – 2 AZR 606/16, BeckRS 2017, 118085, m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 413; BAG v. 22.4.2010, DB 2010, 2285. 109 BAG v. 22.4.2010, DB 2010, 2285.

II. Muster M 20.1 Änderungskündigung Sehr geehrte(r) Frau/Herr […],1 hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum […]. Wir bieten Ihnen gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis ab dem […]2 wie folgt fortzusetzen: Sie werden ab diesem Zeitpunkt in der Abteilung […] als […] zu der Vergütung […] tätig sein;3 im Übrigen bleibt es bei den bisherigen Bedingungen Ihres Arbeitsverhältnisses. Die Änderungskündigung erfolgt aus folgenden Gründen:4[…] Wenn Sie mit der Fortsetzung Ihres Arbeitsverhältnisses zu den vorgenannten geänderten Bedingungen einverstanden sind, bitten wir Sie, uns dies bis spätestens zum […] mitzuteilen.5 1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kap. 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Einzusetzen ist der Ablauf der Kündigungsfrist, s. Rz. 5. 3 Hier müssen die veränderten Arbeitsbedingungen möglichst genau angegeben werden (BAG v. 21.5. 2019 – 2 AZR 26/19, NZA 2019, 1143; v. 17.2.2016 – 2 AZR 613/14, NJOZ 2016, 866). In der Entscheidung vom 21.5.2019 sah das BAG die Bezeichnung als „Servicemitarbeiter“ als nicht konkret genug an, weil dem Änderungsangebot „keinerlei Anhaltspunkte dazu zu entnehmen waren, innerhalb welchen Rahmens sich das Direktionsrecht der Beklagten gegenüber dem Kläger bei einer Beschäftigung als Servicemitarbeiter zu halten hätte“. Erforderlich sei zumindest die Angabe des Berufsbildes, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, oder es muss zu erkennen sein, worin die geschuldete Tätigkeit bestehen soll (BAG aaO., Rz. 33). 4 Eine Begründung ist zur Wirksamkeit der Kündigung im Kündigungsschreiben nicht erforderlich; sie kann aber die Akzeptanz des Änderungsangebotes erhöhen und dadurch ggf. Annahmen unter Vorbehalt und nachfolgende Änderungsschutzklagen vermeiden. 5 Zur Frist für die Ablehnung, Annahme oder Annahme unter Vorbehalt vgl. Rz. 22 ff. Wir halten es für ratsam, die Drei-Wochen-Frist des § 2 Satz 2 KSchG auch für die vorbehaltlose Annahme zu setzen.

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Kap. 20 M 20.1 | Änderungskündigung oder Bitte teilen Sie uns binnen drei Wochen nach Zugang dieses Schreibens mit, ob Sie mit der Fortsetzung Ihres Arbeitsverhältnisses zu den vorgenannten geänderten Bedingungen einverstanden sind, diese ablehnen oder sie unter Vorbehalt (gem. § 2 KSchG) annehmen. [evtl:] Sofern Sie die Fortsetzung Ihres Arbeitsverhältnisses zu den vorgenannten geänderten Bedingungen ablehnen oder sich innerhalb der genannten Frist nicht äußern, endet Ihr Arbeitsverhältnis zum […]. Wir hoffen, dass Sie für diese Maßnahme Verständnis haben. Der Betriebsrat hat der Änderungskündigung nach § 102 BetrVG zugestimmt/Bedenken geäußert/widersprochen/nicht widersprochen. [evtl.:]6 Der Betriebsrat hat ferner der damit verbundenen Versetzung nach § 99 BetrVG zugestimmt/widersprochen/nicht widersprochen.7 Für den Fall, dass Sie die Änderung Ihrer Arbeitsbedingungen ablehnen, sind Sie zur Vermeidung einer Kürzung Ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 38 SGB III verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist nach den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen. […] (Firma) 6 Je nach Dauer der Kündigungsfrist wird der Antrag nach § 99 BetrVG auch erst deutlich später als die Anhörung nach § 120 BetrVG an den Betriebsrat gegeben. Dann wäre dieser Passus hier zu streichen. 7 Widerspricht der Betriebsrat der Versetzung, kann die Zustimmung im Wege des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt werden.

M 20.2 Annahme/Annahme unter Vorbehalt/Ablehnung der Änderungskündigung Firma1 z. Hd. Frau/Herrn […] (Ort, Datum)2 […] Sie haben mir am […] zum […] mit dem Angebot gekündigt, mich zu den dort genannten geänderten Bedingungen weiter zu beschäftigen. Dieses Angebot nehme ich an. oder Dieses Angebot nehme ich unter dem Vorbehalt an, dass diese Änderung nicht sozial ungerechtfertigt ist. oder Dieses Angebot lehne ich ab. […] (Unterschrift) 1 S. zu den Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers Rz. 22 ff. 2 Der Vorbehalt muss innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärt werden, § 2 Satz 2 KSchG, und dem Arbeitgeber zugehen (vgl. Rz. 25 ff.).

814 | Lingemann

Änderungskündigung | M 20.4 Kap. 20

M 20.3 Anhörung des Betriebsrates zur ordentlichen Änderungskündigung

gemäß § 102 BetrVG

An den Betriebsrat1 z. Hd. des/der Betriebsratsvorsitzenden im Hause Anhörung nach § 102 BetrVG Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], wir beabsichtigen, Herrn/Frau […] eine ordentliche Änderungskündigung gemäß anliegendem Entwurf2 auszusprechen. Herr/Frau […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […] Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. […] erhält zurzeit eine Vergütung in Höhe von Euro […] und ist tätig als […] in der Abteilung […] Auf Grund der Ihnen bekannten Stilllegung der Abteilung ist der dortige Arbeitsplatz von Herrn/Frau […] weggefallen. Wir haben jedoch einen freien Arbeitsplatz in der Abteilung […] als […]. Da Herr/Frau […] gegenüber den anderen Mitarbeitern der stillgelegten Abteilung, die auf diesem Arbeitsplatz eingesetzt werden könnten, am sozial schutzwürdigsten ist – eine Liste mit den sozialen Daten der übrigen Mitarbeiter fügen wir bei/liegt Ihnen vor –, beabsichtigen wir die anliegende ordentliche Änderungskündigung zur Weiterbeschäftigung als […] in der Abteilung […]. […] (Unterschrift) 1 S. Rz. 34. 2 Vgl. M 20.1.

M 20.4 Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG An den Betriebsrat1 z. Hd. des/der Betriebsratsvorsitzenden im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], als Anlage erhalten Sie den Entwurf unserer Änderungskündigung und die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG. Die Weiterbeschäftigung von Herrn/Frau […] in der Abteilung stellt eine Versetzung dar. Dazu bitten wir um Ihre Zustimmung gemäß § 99 BetrVG. […] (Unterschrift) 1 S. Rz. 35.

Lingemann | 815

Kap. 20 M 20.5 | Änderungskündigung M 20.5 Klage gegen Änderungskündigung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom […] unwirksam ist.2, 3, 4

Begründung: Die Bekl. ist ein […]-Unternehmen mit 200 Beschäftigten. Der Kl. ist seit dem […] bei der Bekl. als […] in der […]-Abteilung tätig. Sein Gehalt betrug zuletzt Euro […] pro Monat. Gemäß § […] des Arbeitsvertrages vom […] steht dem Kl. im Dezember eines jeden Kalenderjahres ein Weihnachtsgeld in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt zu. Beweis: Anstellungsvertrag vom […], Anlage K 1 Mit Schreiben vom […] hat die Bekl. das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum […] gekündigt.5 Die Kündigung war verbunden mit dem Angebot, die Beschäftigung nahtlos ab […] zu unveränderten Bedingungen, allerdings ohne Anspruch auf Weihnachtsgeld, fortzusetzen. Beweis: Kündigungsschreiben der Bekl. vom […] Anlage K 2 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Der richtige Klageantrag bei einer Änderungskündigung ist ein seit Jahrzehnten diskutiertes Problem. Einfach ist die prozessuale Situation, wenn der Arbeitnehmer das Angebot nicht rechtzeitig unter Vorbehalt annimmt, sondern vorbehaltslos ablehnt oder innerhalb der Annahmefrist (drei Wochen, max. aber die Dauer der Kündigungsfrist) keine Annahme erklärt. In einem solchen Fall ist das Änderungsangebot endgültig abgelehnt mit der Folge, dass nicht mehr über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses gestritten wird, sondern nur noch um seinen Fortbestand. Dann ist der normale Klageantrag wie bei einer Kündigungsschutzklage (vgl. M 22.17) zu stellen. Ist dagegen die Änderung der Arbeitsbedingungen fristgerecht unter Vorbehalt angenommen worden, steht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses außer Streit. Streitig ist nur, zu welchen Konditionen (alte oder neue) es fortgesetzt wird. Die wohl herrschende Meinung will hier die Klage auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen richten (zB Gift/Baur, E Rz. 138). Nach anderer Auffassung soll dagegen die Klage auf Feststellung gerichtet werden, dass die Änderungskündigung unwirksam ist. Wieder andere wollen auf Feststellung klagen, dass das Arbeitsverhältnis über den Kündigungstermin hinaus unverändert fortbesteht (Wenzel, MDR 1969, 977). Letztlich kann dieser Streit dahinstehen. Denn in allen genannten Formulierungen wird das Klagebegehren des Arbeitnehmers hinreichend deutlich. Ein Kunstfehler ist es, die Formulierung durch unkritisches Abschreiben aus § 2 KSchG auf Feststellung zu richten, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Denn dann erfasst der Klageantrag nur mögliche Verstöße gegen § 2 KSchG, nicht aber die Unwirksamkeit der Änderungskündigung aus sonstigen Gründen (zB wegen fehlender Betriebsratsanhörung). 3 Ist zwischen den Parteien die Wirksamkeit der Annahme unter Vorbehalt streitig (zB hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Annahmeerklärung), verbindet der Arbeitnehmer zweckmäßigerweise den Änderungsschutzantrag mit einem Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG als Hilfsantrag (vgl. BAG v. 28.3.1985 – 2 AZR 548/83, DB 1985, 2461; Gift/Baur, E Rz. 139). 4 Bei Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt kommt ein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung auf dem bisherigen Arbeitsplatz nur in Betracht, wenn die Änderungskündigung offensichtlich unwirksam ist (zB wegen fehlender Betriebsratsanhörung). Ansonsten ist der Arbeitnehmer verpflichtet, nach Ablauf der Kündigungsfrist zunächst zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten, bis über die Änderungsschutzklage rechtskräftig entschieden ist (BAG v. 18.1.1990, AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 69). 5 Bei der ordentlichen Änderungskündigung ist die normale vertragliche, tarifliche oder gesetzliche Kündigungsfrist einzuhalten. Je nach den Umständen kommt allerdings auch eine außerordentliche Änderungskündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht, dann ist die Einhaltung einer Frist nicht erforderlich.

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Eigenkündigung des Arbeitnehmers | Rz. 2 Kap. 21 Der Kl. hat mit Einschreiben vom […] das Angebot zur Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses zu den geänderten Bedingungen unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG angenommen. Beweis: Vorlage des Schreibens des Kl. vom […] Anlage K 3 Die Änderungskündigung ist sozial ungerechtfertigt. Es liegen weder ausreichende personen- noch verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe vor. Mündlich hat die Bekl. dem Kl. erläutert, sie habe im letzten Jahr Verluste gemacht und müsse Kosten sparen. Die Behauptung, die Bekl. habe im letzten Jahr Verluste gemacht, wird mit Nichtwissen bestritten. Abgesehen davon wäre dies kein ausreichender Grund, dem Kl. das Weihnachtsgeld zu streichen. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats6 wird mit Nichtwissen bestritten. […] (Unterschrift)7 6 Für die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG gelten die allgemeinen Regeln. Allerdings muss dem Betriebsrat auch das Änderungsangebot in allen Einzelheiten mitgeteilt werden, ebenso wie die Gründe für die angestrebte Änderung. Umfasst das Änderungsangebot eine Versetzung iSd. §§ 95, 99 BetrVG, so ist neben der Anhörung nach § 102 BetrVG auch eine nach § 99 BetrVG erforderlich. Beide können miteinander verbunden werden, es muss aber für den Betriebsrat erkennbar sein, dass es um zwei verschiedene Anhörungen geht. Fehlt die Anhörung nach § 99 BetrVG, macht dies allerdings die Kündigung nicht unwirksam. Der Arbeitgeber ist lediglich gehindert, den Arbeitnehmer zu den geänderten Bedingungen weiter zu beschäftigen (BAG v. 30.9.1993, DB 1994, 637). 7 Streitwert ist bei Annahme des Änderungsangebots der 36fache Wert der Differenz zwischen den alten und den neuen Arbeitsbedingungen (§ 42 Abs. 1 GKG), maximal jedoch ein Vierteljahresbezug (alt) gem. § 42 Abs. 2 GKG (LAG München v. 31.5.1985, AP Nr. 10 zu § 12 ArbGG; LAG BW v. 31.7.2009 – 5 Ta 35/09, NZA-RR 2010, 47).

Kapitel 21 Eigenkündigung des Arbeitnehmers I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Muster Ordentliche Eigenkündigung . . . . . . . M 21.1 Außerordentliche Eigenkündigung . . . . M 21.2 Anfechtung einer Eigenkündigung wegen Drohung . . . . . . . . . . . . . . . . M 21.3

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Klage des Arbeitnehmers wegen unwirksamer Eigenkündigung . . . . . . . M 21.4 Klage des Arbeitnehmers wegen Anfechtung einer Eigenkündigung . . . . M 21.5

Literatur: Fromm, Eigenkündigung und Aufhebungsvertrag im Licht der Kommunikationspsychologie, DB 1994, 2626; Hümmerich/Spirolke, Eigenkündigung des Arbeitnehmers und Sozialplanabfindung, BB 1995, 42; Kleinebrink, Die Folgen einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers, ArbRB 2013, 89; Reufels/Litterscheid, Vertragswidrige Eigenkündigung des Arbeitnehmers, ArbRB 2003, 113.

I. Einführung Auch der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich ordentlich und außerordentlich kündigen. Auf die Eigenkündigung des Arbeitnehmers findet zwar das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Trotzdem unterliegt auch die Kündigung des Arbeitnehmers rechtlichen Vorgaben.

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Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB gilt auch für die Eigenkündigung. Daher muss die Kündigung vom Arbeitnehmer unterzeichnet werden und im Original dem Arbeitgeber zugehen. Die

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Eigenkündigung des Arbeitnehmers | Rz. 2 Kap. 21 Der Kl. hat mit Einschreiben vom […] das Angebot zur Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses zu den geänderten Bedingungen unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG angenommen. Beweis: Vorlage des Schreibens des Kl. vom […] Anlage K 3 Die Änderungskündigung ist sozial ungerechtfertigt. Es liegen weder ausreichende personen- noch verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe vor. Mündlich hat die Bekl. dem Kl. erläutert, sie habe im letzten Jahr Verluste gemacht und müsse Kosten sparen. Die Behauptung, die Bekl. habe im letzten Jahr Verluste gemacht, wird mit Nichtwissen bestritten. Abgesehen davon wäre dies kein ausreichender Grund, dem Kl. das Weihnachtsgeld zu streichen. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats6 wird mit Nichtwissen bestritten. […] (Unterschrift)7 6 Für die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG gelten die allgemeinen Regeln. Allerdings muss dem Betriebsrat auch das Änderungsangebot in allen Einzelheiten mitgeteilt werden, ebenso wie die Gründe für die angestrebte Änderung. Umfasst das Änderungsangebot eine Versetzung iSd. §§ 95, 99 BetrVG, so ist neben der Anhörung nach § 102 BetrVG auch eine nach § 99 BetrVG erforderlich. Beide können miteinander verbunden werden, es muss aber für den Betriebsrat erkennbar sein, dass es um zwei verschiedene Anhörungen geht. Fehlt die Anhörung nach § 99 BetrVG, macht dies allerdings die Kündigung nicht unwirksam. Der Arbeitgeber ist lediglich gehindert, den Arbeitnehmer zu den geänderten Bedingungen weiter zu beschäftigen (BAG v. 30.9.1993, DB 1994, 637). 7 Streitwert ist bei Annahme des Änderungsangebots der 36fache Wert der Differenz zwischen den alten und den neuen Arbeitsbedingungen (§ 42 Abs. 1 GKG), maximal jedoch ein Vierteljahresbezug (alt) gem. § 42 Abs. 2 GKG (LAG München v. 31.5.1985, AP Nr. 10 zu § 12 ArbGG; LAG BW v. 31.7.2009 – 5 Ta 35/09, NZA-RR 2010, 47).

Kapitel 21 Eigenkündigung des Arbeitnehmers I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Muster Ordentliche Eigenkündigung . . . . . . . M 21.1 Außerordentliche Eigenkündigung . . . . M 21.2 Anfechtung einer Eigenkündigung wegen Drohung . . . . . . . . . . . . . . . . M 21.3

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Klage des Arbeitnehmers wegen unwirksamer Eigenkündigung . . . . . . . M 21.4 Klage des Arbeitnehmers wegen Anfechtung einer Eigenkündigung . . . . M 21.5

Literatur: Fromm, Eigenkündigung und Aufhebungsvertrag im Licht der Kommunikationspsychologie, DB 1994, 2626; Hümmerich/Spirolke, Eigenkündigung des Arbeitnehmers und Sozialplanabfindung, BB 1995, 42; Kleinebrink, Die Folgen einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers, ArbRB 2013, 89; Reufels/Litterscheid, Vertragswidrige Eigenkündigung des Arbeitnehmers, ArbRB 2003, 113.

I. Einführung Auch der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich ordentlich und außerordentlich kündigen. Auf die Eigenkündigung des Arbeitnehmers findet zwar das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Trotzdem unterliegt auch die Kündigung des Arbeitnehmers rechtlichen Vorgaben.

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Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB gilt auch für die Eigenkündigung. Daher muss die Kündigung vom Arbeitnehmer unterzeichnet werden und im Original dem Arbeitgeber zugehen. Die

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Kap. 21 Rz. 2 | Eigenkündigung des Arbeitnehmers Beweislast für den Zugang der Kündigung trägt der Arbeitnehmer.1 Die Berufung auf die Formunwirksamkeit der eigenen Kündigung durch den Arbeitnehmer kann je nach den Umständen treuwidrig sein (vgl. dazu M 21.4).

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Auch die außerordentliche Eigenkündigung des Arbeitnehmers bedarf der Voraussetzungen des § 626 BGB. Daher hat auch der Arbeitnehmer die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu beachten.2 An den wichtigen Grund sind dieselben Anforderungen zu stellen wie bei einer Arbeitgeberkündigung.3 Somit hat der außerordentlichen Eigenkündigung aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Regelfall eine Abmahnung vorauszugehen. Eine Abmahnung ist nur ausnahmsweise entbehrlich, etwa wenn nicht damit gerechnet werden kann, dass sich der Arbeitgeber in Zukunft wieder vertragskonform verhalten wird.4

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Nicht selten bereut der Arbeitnehmer später eine spontan erklärte außerordentliche Kündigung und beruft sich auf das Fehlen eines wichtigen Grundes. Die Rechtsprechung ist hier jedoch streng. Dem Arbeitnehmer ist eine Grenze durch Treu und Glauben aus § 242 BGB gezogen.5 § 242 BGB normiert ein Verbot des widersprüchlichen Verhaltens. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung ist dann als treuwidrig anzusehen, wenn der Arbeitgeber von einer ernsthaften Lösungsabsicht des Arbeitnehmers ausgehen durfte und den Arbeitnehmer nicht zur Abgabe der Kündigungserklärung gedrängt hat.6 Der Arbeitgeber kann letztlich frei entscheiden, ob er die Unwirksamkeit der Kündigung akzeptiert oder nicht.

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Es kann für den Arbeitnehmer verschiedene Gründe dafür geben, eine außerordentliche Kündigung auch dann zu erklären, wenn wichtige Gründe nach § 626 BGB nicht vorliegen. Zum einen endet mit der Kündigung das gesetzliche Wettbewerbsverbot aus § 60 HGB, sodass der Arbeitnehmer für die Konkurrenz frei wird. Auch kann sich, im Falle der außerordentlichen Eigenkündigung, der Arbeitnehmer gem. § 75 Abs. 1 HGB von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigungserklärung lösen. Will der Arbeitgeber diese Rechtsfolge verhindern, muss er gerichtlich geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 626 BGB nicht vorlagen und die Eigenkündigung des Arbeitnehmers folglich unwirksam war.

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Unwirksame Eigenkündigungen des Arbeitnehmers stellen den Arbeitgeber regelmäßig vor ein schwer zu lösendes Dilemma, wenn er den Arbeitnehmer nicht halten will. Wenn der Arbeitgeber auf „Nummer sicher“ gehen und die Unsicherheit beenden will, muss er den Arbeitnehmer auf die Zweifel an der Wirksamkeit von dessen Eigenkündigung hinweisen und darum bitten, die Kündigung noch einmal (formwirksam!) zu bestätigen. Dadurch kann aber der Arbeitnehmer überhaupt erst auf die Idee gebracht werden, sich von seiner Eigenkündigung wieder zu lösen (zB wenn sich inzwischen ein geplanter Arbeitsplatzwechsel zerschlagen hat). Belässt es der Arbeitgeber hingegen bei der zweifelhaften Arbeitnehmerkündigung, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer Monate oder ggf. auch Jahre später noch kommt und die Unwirksamkeit der Eigenkündigung geltend macht. Ob und unter welchen Voraussetzungen dann Verwirkung eingetreten ist, ist dann eine Frage des Einzelfalls.

1 Frauke/Biester in Grobys/Panzer-Heemeier, Stichwortkommentar Arbeitsrecht, 3. Aufl., Ed. 10, 2019, Eigenkündigung, Rz. 4. 2 BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 894/07, NZA 2009, 840. 3 BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 894/07, NZA 2009, 840. 4 BAG v. 26.7.2007 – 8 AZR 796/06, NZA 2007, 1419. 5 BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 894/07, NZA 2009, 840. 6 BAG v. 9.6.2011 – 2 AZR 418/10, NZA-RR 2012, 129; v. 12.3.2009 – 2 AZR 894/07, NZA 2009, 840.

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Eigenkündigung des Arbeitnehmers | M 21.2 Kap. 21

II. Muster M 21.1 Ordentliche Eigenkündigung Firma […] z. Hd. der Geschäftsleitung / Personalleitung […] (Ort, Datum) Sehr geehrte Damen und

Herren1,

hiermit kündige ich das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum […], [evtl.] hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.2 Mit freundlichen Grüßen […]3 (Unterschrift) 1 Gem- § 623 BGB muss die Kündigung, um wirksam zu sein, schriftlich erfolgen. Zu den Einzelheiten vgl. Kap. 22 Rz. 9 ff. 2 Details zu dieser Formulierung s. M 22.1. 3 Die Kündigung durch den Arbeitnehmer bedarf keiner Begründung im Kündigungsschreiben.

M 21.2 Außerordentliche Eigenkündigung Firma […] z. Hd. der Geschäftsleitung / Personalleitung […] (Ort, Datum)1 Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit kündige ich das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund.2, 3 Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 1 Auch der Arbeitnehmer muss die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB einhalten, wenn er eine außerordentliche Kündigung ausspricht. 2 Kündigt der Arbeitnehmer nach § 626 BGB, kann er Schadensersatz unter den Voraussetzungen des § 628 Abs. 2 BGB verlangen. Ist seine außerordentliche Kündigung unwirksam, weil in Wahrheit kein wichtiger Grund vorliegt, wird der Arbeitnehmer vertragsbrüchig; er ist zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm die Unwirksamkeit bekannt war oder hätte bekannt sein müssen (BAG v. 15.2.1973, AP Nr. 2 zu § 9 KSchG 1969; v. 24.10.1974, AP Nr. 2 zu § 276 BGB Vertragsverletzung). 3 Auch bei einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht von vornherein die Kündigungsgründe offenlegen. Auf dessen Verlangen hat er sie aber unverzüglich schriftlich mitzuteilen (§ 626 Abs. 2 Satz 3 BGB), ein Verstoß hiergegen kann Schadensersatzansprüche begründen.

Diller | 819

Kap. 21 M 21.3 | Eigenkündigung des Arbeitnehmers M 21.3 Anfechtung einer Eigenkündigung wegen Drohung Firma […] z. Hd. der Geschäftsleitung / Personalleitung […] (Ort, Datum)1 Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit fechte ich meine Kündigung vom […] nach § 119/§ 123 BGB an, weil […]2 Meine Arbeitsleistung biete ich ab sofort wieder an. Außerdem bitte ich Sie, mir bis spätestens […] mitzuteilen, ob Sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses akzeptieren. Sollte die Frist fruchtlos verstreichen, werde ich Klage3 beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Mit freundlichen Grüßen […] (Unterschrift) 1 Auch der Arbeitnehmer muss die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB einhalten, wenn er eine außerordentliche Kündigung ausspricht. 2 Es ist seit langem umstritten, ob sich der Anfechtungsgrund – also etwa Täuschung oder Drohung – und die tatsächlichen Gründe, auf die eine Anfechtung gestützt wird, aus der Erklärung ergeben müssen (MüKoBGB/Busche, § 143 Rz. 7 f.). Sicherheitshalber sollte daher beides angegeben werden. Jedenfalls muss die Anfechtung unzweideutig formuliert sein und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden (Soergel/ Hefermehl, § 143 BGB Rz. 3). 3 Eine Frist für die Einreichung einer solchen Klage läuft nicht. Die Beweislast für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen trägt der Anfechtende. Richtige Klageart ist die Feststellungsklage (s. M 21.4).

M 21.4 Klage des Arbeitnehmers wegen unwirksamer Eigenkündigung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Es wird festgestellt, dass die vom Kläger erklärte Kündigung vom […] unwirksam ist.2

Begründung: Der Kl. ist seit […] bei der Bekl. als Disponent tätig. Die Bekl. ist eine bundesweit tätige Spedition. Die Kündigungsfrist des Kl. beträgt nach dem Arbeitsvertrag vom […] drei Monate zum Monatsende. Beweis: Vorlage des Arbeitsvertrags vom […], Anlage K 1 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Der besondere, für Kündigungsschutzklagen in § 4 KSchG vorgesehenen Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis „durch die Kündigung vom […] nicht aufgelöst wird“, ist eine Besonderheit des KSchG und auf ähnliche Anträge nicht übertragbar, mit denen das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden soll. Falls der Antrag wie in § 4 KSchG formuliert wird, ist er allerdings regelmäßig umzudeuten.

820 | Diller

Eigenkündigung des Arbeitnehmers | M 21.4 Kap. 21 Am […] kam es im Betrieb zu einem Streit zwischen dem Kl. und dessen Vorgesetzten, Herrn […]. Der Kl. legte ihm die monatliche Auswertung der in der betrieblichen Logistik aufgetretenen Fehldispositionen vor. Bei der Erstellung der Auswertung hatte sich der Kl. verrechnet, sodass die Auswertung irrtümlich einen Anstieg der Fehlerquote um 30 % auswies, während tatsächlich die Fehlerquote gegenüber dem Vormonat leicht gesunken war. Der Vorgesetzte des Kl. bemerkte den Rechenfehler sofort und beschimpfte daraufhin den Kl. heftig. Es fielen Ausdrücke wie „Sie Trottel“ bzw. „beherrscht noch nicht einmal die vier Grundrechenarten“. Abschließend meinte der Vorgesetzte, es sei ihm unverständlich, dass man den Kl. nicht schon längst hinausgeworfen habe. Der Kl. war durch die verbalen Attacken seines Vorgesetzten außer sich, er verließ den Betrieb und fuhr nach Hause. Zuhause setzte er ein Schreiben auf, mit dem er das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund kündigte, und faxte dies an den Personalleiter, Herrn […]. Beweis: Kündigungsschreiben, Anlage K 2 Mit Schreiben vom Folgetag bestätigt der Personalleiter den Eingang der Kündigung, kündigte die Einstellung der Lohnzahlung an und forderte den Kl. auf, in den nächsten Tagen seine persönlichen Sachen vom Arbeitsplatz abzuholen.3 Beweis: Schreiben des Personalleiters vom […], Anlage K 3 Schon am nächsten Tag wurde dem Kl. klar, dass er völlig überreagiert hatte. Er rief beim Personalleiter an und teilte mit, die ganze Sache tue ihm leid und er wolle gerne die Arbeit wiederaufnehmen. Der Personalleiter erklärte ihm jedoch, nach Treu und Glauben könne sich der Kl. nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung berufen. Man habe auch kein Interesse mehr an der Zusammenarbeit mit dem Kl. Die vom Kl. erklärte fristlose Kündigung war unwirksam. Es lagen schon keine wichtigen Gründe iSd. § 626 BGB vor, die eine Weiterarbeit des Kl. bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin (31.12.) unzumutbar gemacht hätten. Die verbalen Ausfälle des Vorgesetzten waren zwar nicht schön, so etwas kommt jedoch am Arbeitsplatz vor, insbesondere im berechtigten Zorn über mangelhafte Leistungen des Mitarbeiters. In jedem Fall aber hätte der Kl. vor einer außerordentlichen Kündigung zunächst die Bekl. abmahnen müssen, dafür zu sorgen, dass derartige Verbalattacken nicht mehr vorkommen. Ob die fristlose Kündigung des Kl. umzudeuten ist in eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung, kann dahinstehen. Denn eine ordentliche Kündigung bedarf zwar keiner Gründe, sodass sie allenfalls durch Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB beseitigt werden könnte. Im vorliegenden Fall scheitert eine ordentliche – genauso wie die fristlose – Kündigung jedoch schon an der Schriftform des § 623 BGB. Dort wird für jede Kündigung, egal ob vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ausgesprochen, die gesetzliche Schriftform verlangt, und das bedeutet nach § 126 BGB den Zugang eines original unterzeichneten Schriftstücks. Gefaxte Kündigungsschreiben sind also nicht wirksam. Umstände, die es dem Kl. nach Treu und Glauben verwehren könnten, sich auf die Unwirksamkeit der Eigenkündigung zu berufen, sind nicht ersichtlich. Die Form des § 623 BGB dient auch dem Übereilungsschutz. Nur in ganz ausgewöhnlichen Fällen kann sich bei solchen Formvorschriften die andere Seite darauf berufen, wegen Treuwidrigkeit könne der Formmangel nicht geltend gemacht werden. Soweit es um das Fehlen wichtiger Gründe geht, mag eine Verwirkung nach Treu und Glauben eher in Betracht kommen, insb. wenn der Arbeitnehmer erst nach längerer Zeit seine Meinung ändert und von der eigenen Kündigung nichts mehr wissen will. Im vorliegenden Fall hat der Kl. jedoch bereits am Folgetag alles unternommen, um seine Kündigung ungeschehen zu machen. Bis dahin hatte die Bekl. mit Sicherheit noch keine Dispositionen getroffen, die der Berufung des Kl. auf die Unwirksamkeit der Eigenkündigung entgegenstehen könnten.4 […] (Unterschrift) 3 Generell ist davon abzuraten, proaktiv auf zu erwartende Einwendungen der Gegenseite einzugehen. Prozessual besser ist es regelmäßig, erst einmal abzuwarten, ob und welche Einwendungen die Gegenseite überhaupt bringt und wie sie diese begründet und sich erst dann damit auseinanderzusetzen. Im vorliegenden Fall ist die Rechtslage allerdings so offensichtlich, dass man mit proaktivem Vortrag nichts falsch machen kann. 4 Der Streitwert sollte analog § 42 Abs. 2 GKG mit einem Vierteljahresbezug angesetzt werden.

Diller | 821

Kap. 21 M 21.5 | Eigenkündigung des Arbeitnehmers M 21.5 Klage des Arbeitnehmers wegen Anfechtung einer Eigenkündigung An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass die vom Kläger am […] erklärte Eigenkündigung unwirksam ist. 2. und 3. (s. M 22.16, Ziff. 2 und 3)

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl., die ständig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, seit […] als Abteilungsleiter mit einem Gehalt von zuletzt Euro […] monatlich tätig. Am […] wurde der Kl. überraschend in das Büro des Personalleiters gebeten. Dem Kl. wurde vorgeworfen, er habe hinter dem Rücken der Bekl. eine Beratertätigkeit für das Konkurrenzunternehmen Y-GmbH aufgenommen. Der Kl. bestritt diese Vorwürfe sofort. Der Personalleiter erklärte daraufhin, für das Unternehmen sei die Indizienkette lückenlos. Der Kl. habe aber die Möglichkeit, die Sache „aus der Welt zu schaffen“. Der Personalleiter legte dem Kl. daraufhin den Entwurf einer außerordentlichen Eigenkündigung vor. Als der Kl. sich weigerte, zu unterschreiben, drohte ihm der Personalleiter eine Schadensersatzklage „in Millionenhöhe“ an. Außerdem werde man ansonsten am nächsten Tag die Belegschaft durch Aushang darüber informieren, dass der Kl. ab sofort „wegen gravierender Verstöße gegen seine Treuepflicht“ nicht mehr im Hause tätig sei. Aus Angst, von der Bekl. in ruinöse Schadensersatzprozesse verwickelt zu werden und seinen guten Ruf zu verlieren, unterzeichnete der Kl. daraufhin die Eigenkündigung. Vor Unterzeichnung bat er noch um einen Tag Bedenkzeit, um die Sache in Ruhe überlegen zu können. Daraufhin erwiderte der Personalleiter, wenn der Kl. den Raum verlasse, ohne unterschrieben zu haben, sei das Angebot des Unternehmens vom Tisch und man werde wie angekündigt vorgehen. Beweis:2 Zeugnis des Personalleiters […] der Bekl., zu laden über diese Der Kl. hat die Eigenkündigung am […] mit Anwaltsschreiben vom […] widerrufen und zugleich unter allen denkbaren Gesichtspunkten angefochten. Beweis: Schreiben des Unterzeichners vom […], Anlage K 2 Mit dem Klageantrag Ziff. 1 macht der Kl. die Unwirksamkeit der Eigenkündigung gemäß §§ 123, 142 BGB geltend. Die Anfechtung ist wegen widerrechtlicher Drohung begründet. Der Kl. ist nie für eine Konkurrenzfirma tätig gewesen. Folglich können der Bekl. auch keine Schadensersatzansprüche entstanden sein. Die Bekl. hatte keine vernünftigen Anhaltspunkte, eine Konkurrenztätigkeit des Kl. zu vermuten. Noch weniger Anhaltspunkte hatte sie für das Entstehen eines hohen Schadens. Sie hätte deshalb dem Kl. nicht mit einer Schadensersatzklage in Millionenhöhe drohen dürfen. Noch viel weniger war die Bekl. berechtigt, dem Kl. ein öffentliches „an den Pranger stellen“ anzudrohen. Selbst wenn die Vorwürfe zuträfen und der Kl. tatsächlich für eine Konkurrenzfirma tätig geworden wäre, würde dies nicht eine öffentliche Beschimpfung rechtfertigen. Dass es der Bekl. mit ihrer Vorgehensweise darum ging, den Kl. unter massiven Druck zu setzen und zu überrumpeln, zeigt sich auch daran, dass ihm keine Bedenkzeit eingeräumt wurde. […] (Unterschrift)3 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Für das Vorliegen der Anfechtungsgründe trägt der Arbeitnehmer nach allgemeinen Beweislastregeln die volle Beweislast. Er muss also beweisen, dass der Arbeitgeber ihn widerrechtlich bedroht hat, wobei der Arbeitgeber sich das Verhalten von Vorgesetzten des Arbeitnehmers zurechnen lassen muss, da diese gem. § 278 BGB insoweit seine Erfüllungsgehilfen sind. 3 Der Streitwert sollte analog § 42 Abs. 2 GKG mit einem Vierteljahresbezug angesetzt werden.

822 | Diller

Beendigungskündigung | Kap. 22

Kapitel 22 Beendigungskündigung I. 1. a) b) c) d) e) f) g) 2. 3. a) b) c) 4. a) b) c) d) e) f) g) 5. a) b) c)

d) e) f) g) 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . Arten der Kündigungen . . . . . . . . . Kündigungserklärung . . . . . . . . . . Form der Kündigung . . . . . . . . . . Zugang der Kündigung . . . . . . . . . Kündigungsbefugnis . . . . . . . . . . . Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbarkeit des KSchG . . . . . . Verhaltensbedingte Kündigung . . . Kündigungsgrund . . . . . . . . . . . . Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsbedingte Kündigung . . . . . Personenbedingte Kündigung . . . . Häufige Kurzerkrankungen . . . . . . Kündigung wegen lang anhaltender Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigung wegen krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit . Kündigung wegen dauernder Leistungsminderung . . . . . . . . . . . . . Kündigung wegen Suchterkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsratsanhörung . . . . . . . . . . Verdachtskündigung . . . . . . . . . . . Betriebsbedingte Kündigung . . . . . Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialauswahl . . . . . . . . . . . . . . . aa) Soziale Vergleichbarkeit . . . . . bb) Auswahlkriterien . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen fehlerhafter Sozialauswahl . . . . . . . . . . . . dd) Herausnahme aus der Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG . Darlegungs- und Beweislast . . . . . . Interessenausgleich mit Namensliste . Betriebsratsanhörung . . . . . . . . . . Abfindungsangebot nach § 1a KSchG Außerordentliche Kündigung . . . . Sonderkündigungsschutz . . . . . . . Annahmeverzug . . . . . . . . . . . . . Massenentlassungsanzeige . . . . . . Interessenausgleich und Sozialplan Wiedereinstellungsanspruch . . . . . Hinweis nach § 2, § 38 Abs. 1 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungsschutzklage (M 22.16 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . Auflösungsantrag (M 22.20 und M 22.21) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

__ __ ___ _ __ __ __ __ _ _ _ _ _ __ _ __ __ _ __ __ __ __ __ _ _ _ _ 1 1 2 8 9 16 19 24 29 45 53 53 58 71 74 84 90 94 97

99 101 101a 102 103 113 122 123 129 133 134 135 136 139 143 145 159 166 169 180 181 183 184 188

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II. Muster Ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.1 Ordentliche betriebsbedingte Kündigung nach § 1a KSchG durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.2 Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.3 Außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.4 Außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.5 Außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . M 22.6 Aufforderung zur Mitteilung außerordentlicher Kündigungsgründe . . . . . M 22.7 Kündigungszurückweisung wegen fehlender Vollmachtsvorlage . . . . . . . . M 22.8 Unternehmerentscheidung zur betriebsbedingten Kündigung . . . . . . . . . . . . M 22.9 Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.10 Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen Verdachtskündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . M 22.11 Anhörung des Betriebsrats zur ordentlich fristgemäßen personenbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . M 22.12 Anhörung des Betriebsrats zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . M 22.13 Anhörung des Betriebsrates zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Änderungskündigung sowie alternativ zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Beendigungskündigung gem. § 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.14 Stellungnahme des Betriebsrats zu einem Anhörungsschreiben . . . . . . . . M 22.15 Kündigungsschutzklage mit Weiterbeschäftigungsantrag . . . . . . . . . . . . . M 22.16 Klage gegen Kündigung bei Unanwendbarkeit des KSchG . . . . . . . . . . . . . . M 22.17 Kündigungsschutzklage bei betriebsbedingter Kündigung . . . . . . . . . . . . M 22.18 Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage . . . . . . . . . . . M 22.19 Auflösungsantrag des Arbeitnehmers . . M 22.20

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Lingemann/Diller | 823

Kap. 22 | Beendigungskündigung Auflösungsantrag des Arbeitgebers . . . Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung bei offensichtlich unwirksamer Kündigung . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Beschäftigung während der Kündigungsfrist . . Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung des Arbeitgebers auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . .

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. M 22.21 . M 22.22 . M 22.23 . M 22.24

. M 22.25

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Klage gegen fristlose Kündigung und auf Gehaltszahlung . . . . . . . . . . . . . . M 22.26 Klage wegen falscher Kündigungsfrist . . M 22.27 Gesellschafterbeschluss zur Abberufung und Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.28 Einstweilige Verfügung auf Herausgabe von Arbeitspapieren . . . . . . . . . . . . . M 22.29 Klage auf Wiedereinstellung nach Wegfall des Kündigungsgrundes . . . . . M 22.30 Widerklage des Arbeitgebers auf Herausgabe des Dienstwagens und Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . M 22.31

Literatur: Kündigungsschutz allgemein/Freistellung: Alter, Rechtsprobleme betrieblicher Videoüberwachung, NJW 2015, 2375; Arnold/Fischinger, Kündigungsschutz und § 84 SGB IX – der Nebel lichtet sich!, BB 2007, 1894; Arnold/Schansker, Kein Vertrauensschutz ohne EuGH?, ArbRAktuell 2015, 89; Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 5. Aufl. 2017; Backmeister/Trittin/Mayer, Kündigungsschutzgesetz mit Nebengesetzen, 4. Aufl. 2009; Bauer, „Spielregeln“ für die Freistellung von Arbeitnehmern, NZA 2007, 409; Bauer/Arnold, Kein Kündigungsschutz für „Arbeitnehmer-Geschäftsführer“ – oder doch?, DB 2008, 350; Bauer/Günther, Neue Spielregeln für Klageverzichtsvereinbarungen, NJW 2008, 1617; Bader/Etzel/Fischermeier/Friedrich/Lipke/Pfeiffer/Rost/Spilger/Weigand/Wolff, Gemeinschaftskommentar zum KSchG und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften (KR), 12. Aufl. 2019; Bergwitz/Vollstädt, Druckkündigung – Notstand oder Selbstjustiz?, DB 2015, 2635; Berkowsky, Kündigungsschutz außerhalb des KSchG – Eine Herausforderung für die Praxis, NJW 2009, 113; Berkowsky, Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung, NZA 2006, 697; Binkert, Hände weg vom Kündigungsschutz!, NZA 2010, 433; Blomeyer, Aktuelle Rechtsprobleme in der Probezeit, NJW 2008, 2812; Boemke, Beginn und Ende der Wartezeit des allgemeinen Kündigungsschutzes, BB 2014, 2999; Bonanni, Lockerung des Kündigungsschutzes für Risikoträger, ArbRB 2019, 79; Breucker, Die Druckkündigung im Sport – Arbeitsrechtliche Beurteilung von Trainerentlassungen, NZA 2008, 1046; Däubler/Deinert/Zwanziger, Kündigungsschutzrecht, 11. Aufl. 2020; Deinert, Die Druckkündigung im Lichte der Diskriminierungsverbote, RdA 2007, 275; Diller, „Gesuchte“ Kündigungsgründe, NZA 2006, 569; Diller, § 622 BGB und Quartalskündigungsfristen, NZA 2000, 293; Diller, Kein Schutz mehr vor Schriftsatzkündigungen?, NZA 1994, 830; Dimisc, Wann gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug?, DB 2016, 2175; Dresen, Die Zurechnung des Vertreterverschuldens bei Erhebung der Kündigungsschutzklage – Und es gibt sie doch!, NZA 2009, 769; Eling, Anrechenbare Vorbeschäftigungszeiten auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG, BB 2015, 2169; Fornasier/Werner, Die „anderen Gründe“ für die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung im Rahmen des § 4 S. 1 KSchG, NJW 2007, 2729; Franzen, Europäisches Recht und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen in Deutschland, NZA-Beilage 2015, 77; Fröhlich, Weitere aktuelle Entwicklungen im Urlaubsrecht, ArbRB 2016, 86; Fuhlrott/Balupuri-Beckmann, Voraussetzungen und Folgen der Freistellung von der Arbeitspflicht, ArbRAktuell 2011, 393; Fuhlrott/Oltmanns, Arbeitgeber im Annahmeverzug – Risiken und Handlungsoptionen, BB 2017, 2677; Gallner/Mestwerdt/Nägele, Kündigungsschutzrecht, Handkommentar, 6. Aufl. 2018; Ganz, Die Freistellung des Arbeitnehmers in der Kündigungsfrist – zu Risiken und Nebenwirkungen, ArbRAktuell 2015, 240; Gehlhaar, Die Rechtsprechung zu (ruhenden) Arbeitsverhältnissen von Organen juristischer Personen, NZA-RR 2009, 569; Ginal, Die arbeitsrechtliche Stellung des Fremd-Geschäftsführers, GWR 2014, 408; Gravenhorst, Kündigungsschutz bei Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug, RdA 2007, 283; Günther, Freistellung von der Arbeitspflicht, ArbRAktuell 2009, 127; Hamacher, Neues zur betriebsbedingten Druckkündigung – Bedrückend?, NZA 2014, 134; Howald, Rechtsmissbräuchliche Zurückweisung der Kündigung, FA 2014 Heft 6, 170; Linck/Krause/ Bayreuther, Kündigungsschutzgesetz, 16. Aufl. 2019; Hunold, Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Studenten, NZA 2009, 476; Kramer, Die Kündigung im Arbeitsrecht, 12. Aufl. 2014; Laws, Die Zurückweisung der durch den Personalleiter mit Gesamtprokura erklärten Kündigung, FA 2014 Heft 6, 165; Lentz, Arbeitgeberseitige Risiken im Kündigungsschutzprozess nach Inkrafttreten der DSGVO, ArbRB 2018, 374; Lingemann, Kündigungsschutz, 2011; Lingemann/Beck, Wiederholungskündigung und Wiederholungsauflösungsantrag, NZA-RR 2007, 225; Lingemann/Ludwig, Verschuldenszurechnung nach § 85 II ZPO bei der Kündigungsschutzklage, NJW 2009, 2787; Lingemann/Otte, Der neue § 309 Nr. 13 BGB –

824 | Lingemann/Diller

Beendigungskündigung | Kap. 22 Das Ende des schriftlichen Geltendmachens arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen, NZA 2016, 519; Lingemann/Steinhauser, Fallen beim Ausspruch von Kündigungen – Kündigungsbefugnis, NJW 2018, 840; Lingemann/Steinhauser, Fallen beim Ausspruch von Kündigungen – Konsultationsverfahren, NJW 2017, 3694; Lingemann/Steinhauser, Fallen beim Ausspruch von Kündigungen – Massenentlassungsanzeige, NJW 2017, 2245; Lingemann/Steinhauser, Fallen beim Ausspruch von Kündigungen – Anhörung der Schwerbehindertenvertretung, NJW 2017, 1369; Lingemann/Steinhauser, Fallen beim Ausspruch von Kündigungen – Betriebsratsanhörung, NJW 2017, 937; Lingemann/Steinhauser, Der Kündigungsschutzprozess in der Praxis – Freiwillige Prozessbeschäftigung, NJW 2014, 2165; Lingemann/Steinhauser, Der Kündigungsschutzprozess in der Praxis – Beschäftigungsanspruch, NJW 2014, 1428; Lingemann/Steinhauser, Der Kündigungsschutzprozess in der Praxis – Gerichtliche Auflösung von Arbeitsverhältnissen, NJW 2013, 3354, 3625; Lipinski, BAG: Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung, BB 2014, 505; Löwisch/ Schlünder/Spinner/Wertheimer, Kommentar zum KSchG, 11. Aufl. 2018; Löwisch, Kündigung von Arbeitsverhältnissen mit Probezeit, DB 2014, 1079; Lunk, Der GmbH-Geschäftsführer und die Arbeitsgerichtsbarkeit – Das BAG macht den Weg frei!, NJW 2015, 528; Maily, Gibt es wirksame Druckkündigungen überhaupt? AuA 2018, 645; Mrosk, Der Nachweis des Zugangs von Willenserklärungen im Rechtsverkehr, NJW 2013, 1481; Niemann, Antragstellung und Tenorierung im Kündigungsschutzprozess, NZA 2019, 65; Otto/Mückl, Kündigungsschutz bei Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug, BB 2008, 1231; Preis, Der Arbeitsvertrag – Handbuch der Vertragspraxis und -gestaltung, 6. Aufl. 2020, II K 10; Reitz, Verwertungsverbote und Wahrheitspflicht im Arbeitsgerichtsprozess – Und nichts als die Wahrheit?, NZA 2017, 273; Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang, Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, 13. Aufl. 2019, 4. Teil; Settekorn, Die Stolpersteine auf dem Weg zur Druckkündigung, ArbRAktuell 2015, 66, Sowka/Schiefer/Heise, Kündigungsschutzrecht, 4. Aufl. 2012; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 11. Aufl. 2015; Suttner/Deeg, Die Zuweisung von Urlaub im Rahmen der ordentlichen Kündigung, ArbRAktuell 2011, 630; Thüsing/Rachor/Lembke, Kündigungsschutzgesetz, 4. Aufl. 2018; Thüsing/Rombey, Der verdeckte Einsatz von Privatdetektiven zur Kontrolle von Beschäftigten nach dem neuen Datenschutzrecht, NZA 2018, 1105; vom Stein, Aktuelles aus Erfurt zum Wiedereinstellungsanspruch, NZA 2018, 766. Verhaltensbedingte Kündigung: Aszmons, Der praktische Umgang mit Beleidigungen in sozialen Netzwerken, DB 2016, 411; Bauer/Günther, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook, NZA 2013, 67; Bauer/Schansker, (Heimliche) Videoüberwachung durch den Arbeitgeber, NJW 2012, 3537; Binkert, Die Rechtsprechung zur Entbehrlichkeit der Abmahnung vor verhaltensbedingten Kündigungen, NZA 2016, 721; Buschbaum/Rosak, Der Zugriff des Arbeitgebers auf den E-Mail-Account des Arbeitnehmers, DB 2014, 2530; Dzida/Förster, Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund „politischer“ Äußerungen in sozialen Netzwerken; Eufinger, Besonderheiten der außerordentlichen Kündigung im Spiegel der Rechtsprechung, ArbRAktuell 2020, 29; Fuhlrott, Die fristlose Kündigung wegen Vermögensdelikten zwei Jahre nach „Emmely“ – eine Bestandsaufnahme, ArbR Aktuell 2012, 498; Fuhlrott/Oltmann, Strafanzeige als Pflichtverletzung oder Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte?, DB 2017, 2354; Haas, Auflösungsgründe gem. § 9 KSchG, FA 2010, 104; Holthausen/Holthausen, Der Auflösungsantrag nach §§ 9, 14 KSchG – Taktisches Gestaltungsmittel des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess, NZA-RR 2007, 449; Howald, Kündigung bei privater Nutzung von Handy und Internet, öAT 2014, 49; Klinkhammer/Müllejans; Veröffentlichen von Fotos in sozialen Netzwerken – ein Überblick über mögliche Rechtsfolgen, ArbRAktuell 2014, 503; Klueß, Geringwertige Vermögensdelikte – Keine zwangsläufige Entlassung, NZA 2009, 337; Kolbe, Unkündbarkeit für Korruptionstäter?, NZA 2009, 228; Kramer, Kündigung eines leitenden Angestellten wegen privater Internetnutzung, NZA 2013, 311; Kramer, BAG zur Kündigung wegen privater Internetnutzung, NZA 2007, 1338; Laber/Santon, Die Auswertung von Browserverläufen zur Überwachung der Internetnutzung am Arbeitsplatz, ArbRB 2019, 60; Lansnicker, Surfen im Internet während der Arbeitszeit, BB 2007, 2184; Neumann/Hampe, Die Abmahnung – eine unendliche Erfindung der Arbeitsgerichtsbarkeit, DB 2014, 1258; Reuter, „Geringwertige Vermögensdelikte“ und Kündigungen – kein Änderungsbedarf beim BAG, NZA 2009, 594; Schrader, Abmahnung und „Vertrauenskapital“, NJW 2012, 342; Schul/ Wichert, Schlechtleistung des Arbeitnehmers als Grund für verhaltens-, personen- oder betriebsbedingte Kündigung, DB 2005, 1906; Schulze/Greve, Videoüberwachung – Mitbestimmung des Betriebsrats und Schmerzensgeld, ArbRAktuell 2014, 245; Seel, Gesetzliche Anforderungen an eine „verhaltensbedingte Kündigung“, MDR 2011, 1274; Stück, Smartphones im Betrieb – eine arbeitsrechtliche Herausforderung, ArbRAktuell 2014, 163; von Steinau-Steinrück/Bruhn, Wahlkampf im Arbeitsverhältnis?, NJW-Spezial 2017, 626; Waldenfels, Aktuelles zur Abmahnung, ArbRAktuell 2012, 209; Wybitul, Neue Spielregeln bei Email-Kontrollen durch den Arbeitgeber, ZD 2011, 69; Worobjow, Anhörung des Arbeitnehmers vor der verhaltensbedingten Tatkündigung, DB 2019, 2466.

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Kap. 22 | Beendigungskündigung Personenbedingte Kündigung: Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, 3. Aufl. 2006; Berkowsky, Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, 4. Aufl. 2005; Bettinghausen, Die haftbedingte Arbeitsverhinderung als personenbedingter Kündigungsgrund, BB 2018, 1524; Brose, Entzug, Entwöhnung und Rückfall: Alkoholsucht im Arbeitsverhältnis, RdA 2015, 198; Friemel/Walk, Neues zur Kündigung wegen Schlecht- und Minderleistung, NJW 2010, 1557; Hey/Linse, Alkohol, Drogen und Sucht – Arbeitsrechtliche Anforderungen einer suchtbedingten Kündigung unter Berücksichtigung (auch zukünftiger) datenschutzrechtlicher Vorgaben, BB 2012, 2881; Hoffmann-Remy, „Betriebliches Eingliederungsmanagement“ als Ende der krankheitsbedingten Kündigung, NZA 2016, 267; Howald, Kündigung wegen Schlechtoder Minderleistung, öAT 2014, 153; Inhester/Schimmelpfennig, Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen, DB 2018, 124; Korinth, Die – nicht krankheitsbedingte – personenbedingte Kündigung, ArbRB 2019, 220; Kraus, Digitalisierung der Arbeitswelt – das Ende der Low Performer?, DB 2018, 701; Kohte, Betriebliches Eingliederungsmanagement und Bestandsschutz, DB 2008, 582; Künzel/Vogl, Kündigung aufgrund häufiger Kurzerkrankungen – eine unmögliche Möglichkeit? DB 2020, 1513; Lepke, Hepatitis-Infektion des Arbeitnehmers als Grund für eine fristgerechte Kündigung durch den Arbeitgeber, DB 2008, 467; Lepke, Kündigung bei Krankheit, 16. Aufl. 2018; Lingemann/Ludwig, Die „krankheitsbedingte Kündigung“ – Rechtfertigung der Kündigung wegen lang anhaltender Erkrankung, ArbR Aktuell 2010, 385; Lingemann/ Ludwig, Die „krankheitsbedingte Kündigung“ – Rechtfertigung der Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen, ArbR Aktuell 2010, 409; Plocher, Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei Krankheit, DB 2015, 1597 und 2083; Plum, Die Kündigung von (mutmaßlichen) „Gefährdern“ wegen Sicherheitsbedenken, NZA 2019, 497; Richter, Die krankheitsbedingte Kündigung im Spiegel der Rechtsprechung, ArbRAktuell 2015, 237; Schiefer, Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen, BB 2015, 2613; Schilling/Rath, Betriebliches Eingliederungsmanagement, AuA 2009, 420; Schunder, Kündigung wegen Krankheit, NZA-Beilage 2015, 90; Stück, Betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) – aktuelle Anforderungen in Recht und Praxis, ArbRAktuell 2015, 169; Weber, Die Kündigung wegen Minderleistung und das Recht des Arbeitnehmers auf eine fähigkeitsgerechte Beschäftigung, DB 2015, 1899; Wetzling/Habel, Die Beanstandung der Arbeitsleistung und die leistungsbedingte Kündigung, BB 2009, 1638; Wisskirchen/Bissels/Schmidt; „Der unzeitgemäße Arbeitnehmer“: Die Änderung von Anforderungen an Mitarbeiter als Kündigungsgrund, NZA 2008, 1386. Verdachtskündigung: Dzida, Tat- und Verdachtskündigung bei komplexen Sachverhalten, NZA 2014, 809; Dzida, Die Einladung zur Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung, NZA 2013, 412; Eylert, Die Verdachtskündigung, NZA-RR 2014, 393; Eylert/Friedrichs, Die Anhörung des Arbeitnehmers zur Verdachtskündigung, DB 2007, 2203; Fiedler/Küntzer, Die Verdachtskündigung und das Nachschieben von Kündigungsgründen, FA 2005, 264; Fuhlrott, Aktuelle Rechtsprechungsanforderungen an Verdachtskündigungen, DB 2015, 1719; Mennemeyer/Dreymüller, Verzögerungen der Arbeitnehmeranhörung bei der Verdachtskündigung, NZA 2005, 382; Lange/Vogel, Verdachtskündigung: Teilnahmerecht des Rechtsanwalts an der Anhörung, DB 2010, 1066; Wißler/Spuhl, Die Verdachtskündigung als Herausforderung für die Praxis, BB 2019, 692. Betriebsbedingte Kündigung: Alles/Handermann, Komplexe Restrukturierungen und ihre praktischen Herausforderungen, DB 2019, 1027; Bader, Die gerichtsfeste betriebsbedingte Kündigung, NZA Beilage 2/2010, 85; Bauer/Gotham, Kein „Domino-Effekt“ mehr bei der Sozialauswahl, BB 2007, 1729; Bauer/Klein, Sozialauswahl bei Teilzeitbeschäftigung, BB 1999, 1162; Bauer/Krieger, Die Sperrfrist bei der Massenentlassungsanzeige – Mindestkündigungsfrist oder zwingende Vorlaufzeit vor dem Ausspruch von Kündigungen?, NZA 2009, 174; Bauer/Krieger, Verkehrte Welt: Gleichmäßige Verteilung von Kündigungen über alle Altersgruppen als unzulässige Altersdiskriminierung?, NZA 2007, 674; Bauer/Lingemann, Personalabbau und Altersstruktur, NZA 1993, 623; Bauer/Lingemann, Stilllegung von Tendenzbetrieben am Beispiel von Pressebetrieben, NZA 1995, 813; Bauer/Winzer, Vom Personalleiter zum Pförtner?, Änderungskündigung als Bürokratiemonster!, BB 2006, 266; Commandeur/Kleinebrink, Läuft das Kündigungsverbot bei einem Betriebsübergang ins Leere?, BB 2012, 1857; Emmert/Daneshian, Berücksichtigung tariflich ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl, DB 2017, 2673; Freckmann/Hendricks, Die Massenentlassungsanzeige – Kann sie noch richtig gestellt werden?, BB 2018, 1205; Fuhlrott, Auswahlrichtlinien und Punkteschemata bei betriebsbedingten Kündigungen, ArbRAktuell 2012, 108; Fuhlrott/Fabritius, Besonderheiten der betriebsbedingten Kündigung von Leiharbeitnehmern, NZA 2014, 122; Fuhlrott/Hoppe, Besonderheiten der Sozialauswahl bzw. Weiterbeschäftigungspflicht in Gemeinschaftsbetrieb und Konzern, BB 2012, 253; Gehlhaar, Darlegungslast des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess bei Interessenausgleich mit Namensliste – § 1 Abs. 5 KSchG versus § 102 BetrVG, DB 2008, 1496; Gehlhaar, Kündigungsschutz: befristete Arbeitsverhältnis als „freie“ Arbeitsplätze iS des § 1 Abs. 2 KSchG, DB 2008, 2831; Gille/Vahle, Die Bedeutung krankheitsbedingter Fehlzeiten im Rahmen der Leistungsträgerregelung, NZA 2013, 534; Höflich-Bartlik/Wangler, Arbeitsvertragsgestaltungen bei (verzögerter) Abwicklung einer Betriebsschließung,

826 | Lingemann/Diller

Beendigungskündigung | Kap. 22 DB 2018, 765; Hund/Weiss, Vermeidung doppelter Abfindungszahlungen bei betriebsbedingten Kündigungen, DB 2017, 252; Kaiser/Dahm, Sozialauswahl ohne Lebensalter!, NZA 2010, 473; Kempter/Steinat, Der (Weiter-)Beschäftigungsanspruch – Voraussetzungen, Rechtsfolgen und taktische Fragesellungen, NZA 2016, 913; Kleinebrink/Commandeur, Der „neue“ Betriebsbegriff bei Massenentlassungen und deren Folgen, NZA 2015, 853; Kleinebrink, Unternehmerentscheidung bei betriebsbedingter Kündigung: Schriftform und inhaltliche Gestaltung, DB 2008, 1858; Klumpp/Holler, Die Berufsgruppe nach § 17 KSchG, NZA 2018, 408; Krieger/Terhorst, Absprachen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über künftige Betriebsänderungen – Das Modell des prozessorientierten Interessenausgleichs, NZA 2014, 689; Künzel/Fink, Arbeitsvertraglicher Sonderkündigungsschutz und Sozialauswahl, NZA 2011, 1385; Lelley/Sabin, Rechtsprechungsänderung zum Ultima-Ratio-Prinzip bei betriebsbedingten Kündigungen, DB 2006, 1110; Lerch/Weinbrenner, Auswirkungen individualrechtlicher Unkündbarkeitsregelungen auf die Sozialauswahl, NZA 2011, 1388; Lingemann, Weiterbeschäftigung im Konzern – Ein Beitrag zum unternehmensübergreifenden Kündigungsschutz, FS JobstHubertus Bauer, 2010, S. 661; Lingemann, Unterhaltspflichten und Kündigung, BB 2000, 1835; Lingemann/ Beck, Auswahlrichtlinie, Namensliste, Altersgruppenbildung und Altersdiskriminierung, NZA 2009, 577; Lingemann/Grothe, Betriebsbedingte Kündigung im öffentlichen Dienst, NZA 1999, 1072; Lingemann/Otte, Ist die Altersgruppenbildung bei der Sozialauswahl noch zu retten? NZA 2016, 65; Lingemann/Rolf, Leistungsträger-Abwägung, Auswahlrichtlinie und Namensliste, NZA 2005, 264; Lingemann/Steinhauser, Der Kündigungsschutzprozess in der Praxis – Weiterbeschäftigungsanspruch, NJW 2014, 3765; 2015, 844; Lingemann/Steinhauser, Alte und neue Fallen beim Ausspruch von Kündigungen – Konsultationsverfahren, NJW 2017, 3694; Lingemann/von Steinau-Steinrück, Konzernversetzung und Kündigungsschutz, DB 1999, 2161; Löwisch/Buschbaum, Darlegungslast für die Betriebsbedingtheit einer Kündigung wegen Auftragsrückgang, BB 2010, 1789; Löwisch/Röder/Krieger, Punkteschema für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen im Zeitalter von Diskriminierungsverboten, BB 2008, 610; Lunk/Seidler, Sozialauswahl nach Altersgruppen – ein Abschied in Raten, NZA 2014, 455; Lunk/Seidler, Betriebsbedingte Kündigungen bei anderweitig freien Arbeitsplätzen, NZA 2018, 201; Moll/Ittmann, Betriebsbedingte Kündigung und Leiharbeit, RdA 2008, 321; Monz, „Der Einbezug von ins Ausland entsandten Arbeitnehmern in die Sozialauswahl“, BB 2014, 250; Mückl/Vielmeier, Die richtige Durchführung des Massenentlassungsverfahrens, NJW 2017, 2956; Raif, Die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag – kurz und knapp oder doch eher weit?, ArbRAktuell 2015, 1; Repey, Folgen unwirksamer Versetzungsklauseln im Rahmen der Sozialauswahl, NZA 2016, 1444; Röder/Chakrabarti, Update zu Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld und Restrukturierungen, DB 2020, 1960; Röder/ Krieger, (Mehr) Rechtssicherheit bei betriebsbedingten Kündigungen? – Der praktische Umgang mit Altersgruppen und Namensliste, DB 2005, 2578; Rolf/Riechwald, Personalabbau im kurzarbeitenden Betrieb, BB 2010, 1597; Rost, Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei Umstrukturierung, NZA-Beilage 2009, Heft 1, 23; Sagan, Nationaler Vertrauensschutz nach Junk: Das Ende eines deutschen Alleingangs, NZA 2015, 341; Salamon, Unterrichtung und Beratung im Konsultationsverfahren nach § 17 KSchG, NZA 2015, 789; Salamon, Der richtige betriebsverfassungsrechtliche Konsultationspartner gem. § 17 KSchG, BB 2015, 1653; Schiefer, Die betriebsbedingte Kündigung im Überblick, DB 2020, 1568; Schiefer, Betriebsbedingte Kündigung: „Antidiskriminierungskündigungsschutz“, Namensliste, Punkteschema und Altersgruppenbildung, DB 2009, 733; Schrader/Siebert, Angriff auf die Unternehmerentscheidung?, NZA-RR 2013, 113; Schumacher-Mohr/Urban, Sozialauswahl im Veräußererbetrieb nach Widerspruch gegen Betriebsübergang, NZA 2008, 513; Seidel/ Wagner, Aktuelle Probleme bei der Massenentlassungsanzeige, BB 2018, 692; Simon/Greßlin, Abbau von Leiharbeit vor betriebsbedingten Kündigungen?, BB 2007, 2454; Spinner, Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Sozialauswahl, RdA 2008, 153; Sprenger, Ein Reflex wird reflektiert: Neues zum Grenzverlauf zwischen Sozialauswahl und Sonderkündigungsschutz, BB 2014, 1781; Trebeck, Die „Versetzung“ in den Stellenpool zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen, NZA 2009, 513; von Bernuth, Anzeige- und Konsultationspflichten bei Massenentlassungen in Wellen, DB 2017, 1027; von Steinau-Steinrück/ Bertz, Die Handhabbarkeit des Massenentlassungsverfahrens, NZA 2017, 145; Werres, Betriebsstilllegung und Insolvenz, NZI 2009, 24; Wank, Das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der betriebsbedingten Kündigung – Insbesondere Versetzung statt Kündigung, RdA 2012, 139; Wolff/Köhler, Neues zur Massenentlassungsanzeige: Mehr administrativer Aufwand und Risiken für Arbeitgeber!, BB 2017, 1078. Kündigung und AGG: Diller/Krieger/Arnold, Kündigungsschutzgesetz plus allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Sind Arbeitnehmer in Zukunft doppelt vor Kündigungen geschützt?, NZA 2006, 887, 888; Gaul/Bonanni, Altersdiskriminierung im Rahmen der Sozialauswahl, BB 2008, 218; Gaul/Naumann, Kündigungen unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, ArbRB 2007, 15; Hein, AGG × KSchG = Europa* – Die Kündigung zwischen allgemeinem und besonderem Kündigungsschutz, Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz und Europarecht, NZA 2008, 1033; Lingemann/Gotham, AGG – Benachteiligungen wegen des Alters in kollektivrechtlichen Regelungen, NZA 2007, 663.

Lingemann/Diller | 827

Kap. 22 Rz. 1 | Beendigungskündigung

I. Einführung 1. Allgemeines 1

Eine Kündigung ist die einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die das Arbeitsverhältnis beenden soll. a) Arten der Kündigungen

2

Mit der ordentlichen Kündigung gem. § 620 Abs. 2 BGB soll das Arbeitsverhältnis fristgerecht aufgelöst werden, mit der außerordentlichen Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB regelmäßig fristlos. Die außerordentliche Kündigung kann jedoch auch mit einer sozialen Auslauffrist ausgesprochen werden. Die Änderungskündigung zielt bloß auf eine Veränderung der Arbeitsbedingungen (vgl. Kap. 20). Wie die Beendigungskündigung kann auch die Änderungskündigung ordentlich oder außerordentlich ausgesprochen werden. Anders als eine Änderungskündigung ist eine Teilkündigung, also eine Kündigung, die nur einzelne Vereinbarungen des Arbeitsvertrages betreffen soll, grundsätzlich unzulässig.1 Eine Teilkündigung einzelner Vertragsbedingungen kann aber zulässig sein, wenn dem Kündigenden hierzu das Recht eingeräumt wurde und die Kündigung nicht zu einer Störung des vereinbarten Ordnungs- und Äquivalenzgefüges des Arbeitsvertrags führt.2

3

Eine Druckkündigung3 wird ausgesprochen, wenn auf den Kündigenden von dritter Seite Druck ausgeübt wird, typischerweise, indem Arbeitnehmer dem Arbeitgeber androhen, das Arbeitsverhältnis ihrerseits aufzulösen, falls nicht der Arbeitgeber einem bestimmten Arbeitnehmer kündigt.4 Sie ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber sich zuvor schützend vor den Betroffenen gestellt hat und – erfolglos – alles Zumutbare unternommen hat, um den Dritten von seinem Verlangen abzubringen.5 Verweigern Teile der Belegschaft die Arbeit, muss der Arbeitgeber daher zunächst versuchen, die dadurch drohenden wirtschaftlichen Nachteile dadurch abzuwehren, dass er die Beschäftigten auf die Rechtswidrigkeit der Arbeitsniederlegung hinweist und für weitere Zuwiderhandlungen arbeitsrechtliche Maßnahmen in Aussicht stellt.6

4

Kündigungen, die unter einer Bedingung ausgesprochen werden, sind unwirksam,7 es sei denn, es handelt sich um eine Rechtsbedingung. Dementsprechend sind hilfsweise zu bereits ausgesprochenen Kündigungen weitere Kündigungen zulässig, da sie zwar durch die Unwirksamkeit der vorausgegangenen Kündigung bedingt sind, dies aber eine Rechtsbedingung ist.8

5

Ist eine Kündigung wegen materiell-rechtlicher Mängel unwirksam, so kann eine erneute Kündigung nicht auf dieselben Gründe gestützt werden; die zweite Kündigung wäre eine unzulässige Wiederholungskündigung.9 Leidet die Kündigung allerdings nur an formalen Mängeln – zB einer unterlassenen oder fehlerhaften Betriebsratsanhörung – oder stellen sich später neue Kündigungsgründe he1 BAG v. 18.5.2017 – 2 AZR 721/16, NZA 2017, 1195. 2 BAG v. 18.5.2017 – 2 AZR 721/16, NZA 2017, 1195. 3 BAG v. 18.7.2013 – 6 AZR 420/12, NZA 2014, 109; LAG Bremen v. 17.6.2015 – 3 Sa 129/14, juris; ArbG Köln v. 13.2.2015, NZA-RR 2015, 296; eingehend Bergwitz/Vollstädt, DB 2015, 2635. 4 BAG v. 18.7.2013 – 6 AZR 420/12, NZA 2014, 109; Settekorn, ArbRAktuell 2015, 66; zur Druckkündigung zwecks Trainerentlassung vgl. Breucker, NZA 2008, 1046. 5 BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 637/15, NZA 2017, 116; v. 18.7.2013 – 6 AZR 420/12, NZA 2014, 109. 6 BAG v. 15.12.2016 – 2 AZR 431/15, NZA 2017, 500. 7 BAG v. 15.3.2001 – 2 AZR 705/99, NZA 2001, 1070. 8 BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162, 163 Rz. 12. Falls mit einem Kündigungsschutzantrag nur die primäre Kündigung angegriffen und zugleich ein Weiterbeschäftigungsantrag erhoben wird, so richtet sich das Klagebegehren nach richtiger Auslegung auch gegen die hilfsweise Kündigung (BAG v. 11.7.2013 – 2 AZR 597/12, NZA 2014, 331). 9 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 840/12, NZA 2014, 1415 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2014, 464; Einzelheiten bei Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225.

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Beendigungskündigung | Rz. 7 Kap. 22

raus, so ist eine weitere Kündigung, die den Formfehler vermeidet oder auf den weiteren Kündigungsgrund gestützt wird, zulässig. Die Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger Wiederholungskündigung wirft für die Praxis eine Vielzahl von Problemen auf.10 Von der Kündigung zu unterscheiden ist die Anfechtung des Arbeitsvertrages: Die Anfechtung zielt im Grundsatz auf die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages von Anfang an (ex tunc), während die Kündigung das Arbeitsverhältnis nur für die Zukunft (ex nunc) beenden soll. Die Anfechtung stützt sich auf Umstände aus der Zeit vor oder im Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages, die Kündigung regelmäßig auf Umstände aus der anschließenden Zeit des Vertragsvollzugs. Zwar sind Arbeitnehmer als Verbraucher zu qualifizieren,11 jedoch kommt ein verbraucherschützender Widerruf von Arbeitsverträgen nach den § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB idR nicht in Betracht.12 Ein vertraglich vorbehaltener Widerruf des gesamten Arbeitsvertrages ist ebenfalls unwirksam. Das gilt auch für den Widerruf einzelner Vertragsbedingungen, soweit dadurch der Kündigungsschutz umgangen wird oder ein entsprechender formularvertraglicher Vorbehalt nicht den §§ 305 ff. BGB entspricht.13 Entsprechend ist auch die Vereinbarung von Rücktrittsrechten im Arbeitsvertrag regelmäßig unwirksam; gesetzliche Rücktrittsrechte bestehen ohnehin nicht, an ihre Stelle tritt das Kündigungsrecht. Ein Rücktritt kommt allerdings vor Vertragsbeginn in Betracht, sofern das Rücktrittsrecht formwirksam vereinbart wurde.14 In der Praxis extrem selten ist der Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), der ggf. das Arbeitsverhältnis automatisch15 beendet, wenn eine Kündigung aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht ausgesprochen werden kann.16 Eine Freistellung (auch Suspendierung) des Arbeitnehmers befreit diesen nur von seiner Leistungspflicht, wobei regelmäßig die Pflicht des Arbeitgebers zur Vergütungszahlung unberührt bleibt.17

6

Soweit auf Kündigungen das KSchG anwendbar ist – § 1 Abs. 1, § 23 ff. KSchG – können Kündigungsgründe des Arbeitgebers nicht einzelvertraglich erweitert, wohl aber beschränkt werden. Einzel- oder häufiger tarifvertraglich kann daher das Recht zur ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen oder erschwert werden. Auch kann der Geltungsbereich des KSchG auf inländische18 Betriebe oder Arbeitsverhältnisse ausgedehnt werden, die diesem nach §§ 1, 23 KSchG nicht unterfallen. In den Grenzen des § 77 Abs. 3 BetrVG können auch Betriebsvereinbarungen Kündigungsbeschränkungen enthalten. Verstößt eine die ordentliche Kündbarkeit einschränkende Betriebsvereinbarung jedoch gegen den Tarifvorrang nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, ist der Arbeitgeber selbst dann nicht daran gehindert, sich auf deren Unwirksamkeit zu berufen, wenn er beim Abschluss der Betriebsvereinbarung von dem Verstoß wusste.19 Nicht zu Lasten des Arbeitnehmers erweitert und nur in engen Grenzen eingeschränkt werden kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung (vgl. dazu Rz. 152).20

7

10 11 12 13 14 15

16 17 18 19 20

Einzelheiten bei Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225, insb. 228 ff. BAG v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111, 1115 f. BAG v. 27.11.2003, AP BGB § 312 Nr. 2. Vgl. zur Widerruflichkeit und Freiwilligkeit von Leistungen Kap. 2 Rz. 104 ff., Kap. 2 Rz. 138 ff., AGBKlauselkontrolle von A–Z, „Freiwilligkeitsvorbehalt“, „Widerrufsvorbehalt“. Dazu Kap. 2 Rz. 120, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Rücktrittsvorbehalt“. Grundsätzlich ist eine Störung der Geschäftsgrundlage kein selbständiger Beendigungstatbestand, kann aber zur Kündigung berechtigen (BAG v. 8.10.2009 – 2 AZR 235/08, NZA 2010, 465); eine automatische Beendigung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn eine Kündigung unmöglich oder unzumutbar ist (BAG v. 3.10.1961, AP BGB § 242 Geschäftsgrundlage Nr. 4). Vgl. BAG v. 24.8.1995, DB 1996, 97. Dazu nur Fuhlrott/Balupuri-Beckmann, ArbRAktuell 2011, 393. BAG v. 26.3.2009, NZA 2009, 920. BAG v. 26.1.2017 – 2 AZR 405/16, NZA 2017, 522. Einzelheiten bei PWW/Lingemann, § 626 BGB Rz. 1 aE.

Lingemann | 829

Kap. 22 Rz. 8 | Beendigungskündigung b) Kündigungserklärung

8

Die Kündigungserklärung21 muss deutlich und zweifelsfrei sein.22 Sie muss klar wiedergeben, dass der Erklärende eine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen will; seine bloße Erklärung, er gehe von einer Beendigung aus, reicht nicht.23 Unklarheiten gehen zu Lasten des Erklärenden. Eine nicht ausreichend klar ausgesprochene außerordentliche Kündigung ist daher nur als ordentliche Kündigung auszulegen. Will der Arbeitgeber außerordentlich mit einer Auslauffrist kündigen, weil die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, so muss auch die außerordentliche Natur der Kündigung zum Ausdruck kommen. Zeigt der Arbeitgeber im befristeten Arbeitsverhältnis an, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Befristung nicht fortgeführt wird (Nichtverlängerungsanzeige), so bedeutet dies keine Kündigung, wenn sich die Befristung nachträglich als unwirksam herausstellt. Hier könnte daher hilfsweise auch fristgemäß (ggf. nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats) gekündigt werden.24 c) Form der Kündigung

9

Für die Form der Kündigung gilt folgendes:25 Gem. § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen26 durch Kündigung oder Auflösungsvertrag sowie die Befristung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.27 Das gesetzliche Schriftformerfordernis kann weder durch Arbeitsvertrag noch durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abbedungen werden. Diese können – was selten ist – nur strengere Formvorschriften vorsehen, soweit diese nicht nur für den Arbeitnehmer gelten.28 Eine solche Vereinbarung kann allerdings nicht formularmäßig getroffen werden, § 309 Nr. 13 BGB.29 Eine formwidrig ausgesprochene Kündigung ist nichtig und kann auch nicht nachträglich geheilt werden (§ 125 Satz 1 BGB). Der Inhalt der gesetzlichen Schriftform richtet sich nach § 126 Abs. 1 BGB. Die Kündigung muss also in einer schriftlich abgefassten Urkunde erklärt sein; diese muss vom Aussteller unterschrieben sein; die Unterschrift muss den Inhalt des Kündigungsschreibens decken, also unter dem Text stehen und ihn auch räumlich abschließen.30 Die Unterschrift muss eigenhändig vom Aussteller stammen und seinen ausgeschriebenen31 Namen nennen. Für die GbR müssen alle GbR-Gesellschafter unterzeichnen, sofern sich die Vertretung der übrigen Gesellschafter nicht aus dem Kündigungsschreiben ergibt.32 Der Kaufmann kann mit seiner Firma zeichnen, ein Vertreter mit dem eigenen Namen unterschreiben, wenn sich die Vertreterstellung aus der Urkunde ergibt,33 insbesondere durch die Formulierung „in Vertretung von Herrn XY“. Allerdings darf der Vertreter auch ohne Hinweis auf eine Stellvertretung mit dem Namen des Vertretenen unterzeichnen. Wichtig ist, dass aufgrund der erforderlichen gesetzlichen Schriftform die Übermittlung einer Urkunde per Fax oder Telegramm nicht ausreicht, selbst wenn diese – zB per Fax – eigenhändig unterschrieben ist.34 Auch die elektronische Form nach § 126a BGB genügt der Schriftform – entgegen § 126a BGB – nicht, da sie in § 623 Halbs. 2 BGB aus21 Einzelheiten Lingemann/Steinhauser, NJW 2018, 840. 22 Vgl. BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162; v. 20.6.2013, 6 AZR 805/11, BB 2014, 505; v. 15.3.1991 – 2 AZR 516/90, NZA 1992, 452. 23 LAG Nürnberg v. 8.2.1994 – 2 Sa 766/93, NZA 1995, 174. 24 Vgl. BAG v. 15.3.1966, AP Nr. 28 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag. Einzelheiten zur Befristung Kap. 6 Rz. 1, 5 ff., M 6.1.3.2. 25 Einzelheiten Lingemann/Steinhauser, NJW 2018, 840. 26 Dazu zählt nicht ein Umschulungsvertrag iSv. § 1 Abs. 4, 47 BBiG aF innerhalb des Arbeitsverhältnisses (BAG v. 19.1.2006 – 6 AZR 638/04, DB 2006, 1739). 27 Dazu Lakies, DB 2000, 667; Müller-Glöge/von Senden, AuA 2000, 199; Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348. 28 Vgl. BAG v. 10.2.1999, AP Nr. 2 zu § 54 BMT-G II; v. 10.2.1999, AuA 2000, 86. 29 Dazu Lingemann/Otte, NZA 2016, 519. 30 BGH v. 24.9.1997 – XII ZR 234/95, NJW 1998, 58. 31 BAG v. 6.9.2012 – 2 AZR 858/11, NZA 2013, 524. 32 BAG v. 21.4.2005 – 2 AZR 162/04, BB 2005, 1627. 33 BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348. 34 BAG v. 17.12.2015 – 6 AZR 709/14, NZA 2016, 361.

830 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 15 Kap. 22

geschlossen ist. Die Schriftform gilt für alle Kündigungen, also auch Änderungskündigungen, nicht aber für die (Vorbehalts-)Annahmeerklärung des Arbeitnehmers gem. § 2 KSchG. Für Schriftsatzkündigungen35 reicht die Zustellung einer vom Prozessbevollmächtigten beglaubigten Ausfertigung des Schriftsatzes bei dem Kündigungsempfänger wohl aus. Praxistipp: Insoweit ist dringend zu raten, auch die für den Mandanten auf Arbeitnehmerseite gedachte Abschrift zu beglaubigen; sicherer noch ist es, diese auch im Original zu unterzeichnen.

10

Schriftsatzkündigungen gehen dem Arbeitnehmer mit Zustellung an seinen Prozessbevollmächtigten zu, wenn mit dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG ein allgemeiner Feststellungsantrag gem. § 256 ZPO („Schleppnetzantrag“) verbunden worden ist.36 Wurde hingegen nur eine punktuelle Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG erhoben, so deckt die Vollmacht des Prozessvertreters die Entgegennahme einer weiteren Kündigung im Schriftsatz idR nicht ab.37

11

Verlangt der Arbeits- oder Tarifvertrag eine bestimmte Versendungsart (gelegentlich wird Übermittlung per Einschreiben oder per Einschreiben mit Rückschein vereinbart), so berührt eine andere Übermittlung regelmäßig die Wirksamkeit der Kündigung nicht, sofern der Kündigende nachweisen kann, dass die schriftliche Kündigung zugegangen ist.38

12

Die Berufung auf die Nichtigkeitsfolge wegen eines Formmangels verstößt nur dann gegen Treu und Glauben, wenn das Ergebnis nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar ist.39 Allein die Tatsache, dass der Erklärungsempfänger eine formnichtig erklärte Kündigung widerspruchslos entgegennimmt und sich erst später auf die Nichtigkeit beruft, stellt noch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. Das BAG hat indes Treuwidrigkeit angenommen, wenn ein Arbeitnehmer eine eigene Kündigung mehrmals ernsthaft trotz Vorhaltung des Arbeitgebers formnichtig ausspricht und sich später auf die Formnichtigkeit beruft.40

13

Der Kündigungsgrund muss in der Kündigung nicht angegeben werden, es sei denn, dies wäre ausdrücklich geregelt, wie insb. im Berufsbildungsverhältnis sowie bei Umschulung und Fortbildung gem. § 22 Abs. 3 BBiG (vgl. dazu Kap. 8) und bei Kündigung im Mutterschutz gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG (vgl. dazu Kap. 17). Wenn die Parteien ein Schriftformerfordernis für die Angabe der Kündigungsgründe vereinbaren, ist eine ohne Begründung gefasste Kündigung ebenfalls unwirksam.41

14

Der Empfänger einer ordentlichen Kündigungserklärung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Deshalb ist es ratsam, in einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsfrist und/ oder den Kündigungstermin genau zu benennen. Regelmäßig genügt hierfür die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Es genügt aber, wenn der Kündigungstermin durch Auslegung bestimmt werden kann.42 Demnach ist auch eine Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ hinreichend bestimmt, wenn die einschlägige gesetzliche, kollektivrechtliche bzw. arbeitsvertragliche Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und er zu deren Anwendung keine umfassenden tatsächlichen Ermittlungen vornehmen oder schwierige Rechtsfragen beantworten muss.43 Dazu

15

35 Dazu LAG-Düsseldorf v. 13.1.1999 – 12 Sa 1818/98, juris; Diller, NZA 1994, 830; ErfK/Müller-Glöge, § 623 BGB Rz. 17. 36 BAG v. 21.1.1988 – 2 AZR 581/86, NZA 1988, 651, 653. 37 Vgl. BAG v. 10.8.1977, AP Nr. 2 zu § 81 ZPO; v. 31.8.1979, AP Nr. 3 zu § 174 BGB. 38 Vgl. BAG v. 20.9.1979, BB 1980, 369. 39 BAG v. 22.4.2010, NJW-Spezial 2010, 402; v. 16.9.2004 – 2 AZR 659/03, NZA 2005, 162. 40 Vgl. BAG v. 4.12.1997, BB 1998, 645. 41 BAG v. 25.10.2012 – 2 AZR 845/11, DB 2013, 1305. Dort war vereinbart: „Die Kündigung bedarf der Schriftform. Spricht die Firma die Kündigung aus, so ist der Kündigungsgrund anzugeben.“ 42 BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162 Rz. 16–18; v. 20.6.2013 – 6 AZR 805/11, NZA 2013, 1137 m. Anm. Lipinski, BB 2014, 505; v. 15.5.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076. 43 BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162; v. 23.5.2013 – 2 AZR 54/12, NZA 2013, 1197 Rz. 49; krit. Diller, FA-Editorial 4/2104.

Lingemann | 831

Kap. 22 Rz. 15 | Beendigungskündigung muss nur in unklaren Fällen auf die einschlägigen Vorschriften zur Fristenberechnung im Kündigungsschreiben hingewiesen werden. Das gilt insb., wenn sich Kündigungsfristen nach kollektivvertraglichen Sondervereinbarungen richten, die dem Arbeitnehmer nicht bekannt,44 nicht zugänglich oder nicht ohne Weiteres verständlich sind.45 Diese müssen dem Arbeitnehmer allerdings nicht noch extra ausgehändigt werden, sondern er muss ihren Inhalt selbst in Erfahrung bringen.46Wird eine Frist angegeben, ist diese aber falsch, insb. zu kurz berechnet, so berührt dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht. Sie gilt dann als Kündigung zum nächstzulässigen Termin. Ob dies nach der vorgenannten Rechtsprechung allerdings weiterhin gilt, ist nicht sicher. Daher sollte die Kündigungsfrist mit besonderer Sorgfalt berechnet werden. Wollte der Kündigende hingegen die Kündigung nur zu einem von ihm ganz bewusst gewählten Zeitpunkt aussprechen, ist die Kündigung bei falscher Frist unwirksam. d) Zugang der Kündigung

16 Die Kündigung wird wirksam mit Zugang beim Kündigungsempfänger gem. § 130 Abs. 1 BGB, bei

Minderjährigen gem. § 131 Abs. 2 BGB erst mit Zugang beim gesetzlichen Vertreter.47 Bei Anwesenden erfolgt dies durch Übergabe des Kündigungsschreibens, zweckmäßigerweise gegen Empfangsbestätigung auf einer Kopie des Kündigungsschreibens; unter Anwesenden reicht es sogar aus, wenn dem Adressaten das Kündigungsschreiben nur zum Durchlesen überlassen wird, es sei denn, ihm ist die für ein Verständnis nötige Zeit nicht verblieben.48 Bei Abwesenden kommen verschiedene Übermittlungen in Betracht: Wird die Kündigung in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen, so gilt sie erst mit dem Zeitpunkt als zugegangen, zu dem üblicherweise mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.49 Das ist der Zeitpunkt der nächsten regelmäßigen Leerung, also spätestens der Morgen des darauf folgenden Tages – sofern die Kündigung nicht sehr früh morgens eingeworfen wird. Die Annahme einer regelmäßigen Leerung um 17 Uhr lässt sich nicht mit einer gewandelten Verkehrsanschauung in Bezug auf die Leerung von Hausbriefkästen begründen.50 Musste der Empfänger einer Kündigung hingegen wissen, dass diese im späteren Verlauf des Tages in seinen Briefkasten geworfen wird, geht sie sogar noch am selben Tag zu.51 Bei Übergabeeinschreiben (auch „Einschreiben Rückschein“) kommt es ausschließlich auf die tatsächliche Übergabe an den Empfänger an. Der bei Nichtantreffen des Empfängers oft hinterlassene Benachrichtigungszettel ersetzt den Zugang nicht. Allerdings kann der Arbeitnehmer sich je nach den Umständen des Einzelfalls nach Treu und Glauben auf den verspäteten Zugang des Kündigungsschreibens nicht berufen, wenn er dieses nicht oder nicht zeitnah bei der Postdienststelle abgeholt hat, obwohl ihm ein Benachrichtigungsschreiben der Post zugegangen ist.52 Dieser Fiktion kann der Kündigungsempfänger sich jedoch entziehen, wenn dem Arbeitgeber der Nachweis, dass der Benachrichtigungszettel zugegangen ist, nicht gelingt. Um etwaige Fristen zu wahren, sollte der Arbeitgeber zudem, wenn das hinterlegte Schreiben nicht abgeholt wird, unverzüglich einen neuen Zustellversuch unternehmen.53 Von einem Übergabe-Einschreiben ist daher aus Sicht des Kündigenden dringend abzuraten. Demgegenüber geht das Einwurfeinschreiben wie ein einfacher Brief zu, da es lediglich in den Briefkasten eingeworfen wird. 44 Von Kenntnis ist aber auszugehen, wenn die einschlägigen Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag in Bezug genommen wurden. Dazu reicht schon eine konkrete vertragliche Inbezugnahme des Tarifvertrags, in dem sich diese Fristen nachlesen lassen. 45 LAG Düsseldorf v. 28.8.2014, 5 Sa 1251/13, AuR 2015, 69. 46 BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162 Rz. 23. 47 Ausführlich zum Zugang BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 483/14, NZA 2015, 1183; v. 8.12.2011 – 6 AZR 354/10, NZA 2012, 495. 48 BAG v. 4.11.2004 – 2 AZR 17/04, NZA 2005, 513. 49 Vgl. BAG v. 22.8.2019 – 2 AZR 111/19, NZA 2019, 1490; v. 9.6.2011 – 6 AZR 687/09, NZA 2011, 847; v. 8.12.1983, BB 1984, 855; LAG Köln v. 17.9.2010, NZA-RR 2011, 180. 50 BAG v. 22.8.2019 – 2 AZR 111/19, NZA 2019, 1490. 51 BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 483/14, NZA 2015, 1183. 52 BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 366/04, NZA 2006, 204; v. 7.11.2002 – 2 AZR 475/01, NZA 2003, 719 m. Anm. Mauer, BB 2003, 1182. 53 Vgl. BGH v. 26.11.1997, NJW 1998, 976.

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Beendigungskündigung | Rz. 19 Kap. 22

Datum und Uhrzeit des Einwurfes werden durch den Postmitarbeiter jedoch dokumentiert, die genauen Auslieferungsdaten können bei der Post erfragt werden. Ein zuverlässiger Beweis ist der Auslieferungsbeleg allerdings wohl nicht54, erforderlich ist vielmehr, dass der Mitarbeiter der Post gegebenenfalls als Zeuge zur Verfügung steht.55 Der sicherste Weg56 ist daher die Zustellung der Kündigung durch einen namentlich zu benennenden Boten des Kündigenden, der diese spätestens am Tage vor dem spätesten Kündigungszeitpunkt in den Briefkasten einwirft, dies protokolliert und für die Richtigkeit seiner Angaben auch als Zeuge benannt werden kann. Will man ganz sichergehen, kann man auch noch durch Zeugen dokumentieren, dass die Kündigung in den eingeworfenen Briefumschlag eingelegt wurde („Eintütungsprotokoll“). Bei Einwurf in den Briefkasten gilt das Kündigungsschreiben auch dann am nächsten Tag als zugegangen, wenn der Arbeitnehmer im Urlaub,57 in Untersuchungshaft oder auf Krankenhausoder Kuraufenthalten ist. Die bei gescheiterter Zustellung oft vom Arbeitgeber herangezogene Zustellungsvereitelung58 entsprechend § 162 BGB erweist sich häufig als nicht nachweisbar.59 Eine Willenserklärung gilt regelmäßig auch dann als in den Machtbereich des Adressaten gelangt, wenn sie außerhalb seiner Wohnung einem Empfangsboten übermittelt wird, wie bspw. einem in gemeinsamer Wohnung lebenden Ehegatten an dessen Arbeitsplatz60 oder einem Mitarbeiter einer Justizvollzugsanstalt bei einem in Untersuchungshaft befindlichen Arbeitnehmer.61 Zugegangen ist sie aber erst, wenn mit der Weitergabe unter gewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist, das ist bei Ehegatten regelmäßig noch am selben Tag.62 Wichtig: Bestehen Zweifel am Zugang, so sollte in jedem Falle eine vorsorgliche weitere Kündigung ausgesprochen und zugestellt werden.

17

Die Kündigung kann jederzeit zugestellt werden; auch eine Kündigung zur Unzeit, zB am Heiligen Abend, wird dadurch nicht unwirksam.63 Hat der Arbeitnehmer die Kündigung aufgrund Urlaubs – oder anderer Abwesenheit – tatsächlich erst nach seiner Rückkehr und damit nach Ablauf der DreiWochen-Frist des § 4 KSchG erhalten, so kann er gem. § 5 KSchG einen Antrag auf nachträgliche Zulassung innerhalb der dort geregelten engen Fristen stellen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG Kenntnis erlangt hat, § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Die Beweislast für den Zugang der Kündigung trägt der Kündigende.

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e) Kündigungsbefugnis Kündigungsberechtigt64 ist der Arbeitgeber, bei einer juristischen Person der gesetzliche Vertreter. Zwar kann eine Kündigung auch durch einen Bevollmächtigten65 des Arbeitgebers ausgesprochen wer54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65

AG Köln v. 16.7.2008 – 220 C 435/07, WuM 2008, 483 mwN; Mrosk, NJW 2013, 1481 mwN. Vgl. LG Potsdam v. 27.7.2000 – 11 S 233/99, NJW 2000, 3722. Allg. zum Zugangsbeweis Mrosk, NJW 2013, 1481. Dies gilt auch dann, wenn das Kündigungsschreiben an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtet und dem Arbeitgeber die urlaubsbedingte Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers bekannt ist (BAG v. 24.6.2004 – 2 AZR 461/03, NZA 2004, 1330). Zur Zugangsvereitelung BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 483/14, NZA 2015, 1183. Vgl. aber BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 366/04, NZA 2006, 204 zur Zugangsvereitelung durch fehlerhafte Adressangabe: Die Berufung auf den fehlenden Zugang war treuwidrig, die Kündigung als Probezeitkündigung wirksam. BAG v. 9.6.2011 – 6 AZR 687/09, NJW 2011, 2604. BAG v. 24.5.2018 – 2 AZR 72/18, NZA 2018, 1335. BAG v. 9.6.2011 – 6 AZR 687/09, NJW 2011, 2604. Vgl. BAG v. 14.11.1984 – 7 AZR 174/83, NZA 1986, 97. Einzelheiten bei Lingemann/Steinhauser, NJW 2018, 840. Das Vertretungsverhältnis muss zur Wahrung der Schriftform in der Urkunde zum Ausdruck kommen; dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Vertreter das Kündigungsschreiben lediglich mit

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19

Kap. 22 Rz. 19 | Beendigungskündigung den, diese kann der Arbeitnehmer jedoch nach § 174 Satz 1 BGB unverzüglich – ohne Vorliegen besonderer Umstände somit innerhalb einer Woche – unter Hinweis auf den fehlenden Vollmachtnachweis zurückweisen, sofern mit der Kündigung keine Vollmachtsurkunde im Original vorgelegt wird.66

20 Eine Zurückweisung ist nach § 174 Satz 2 BGB jedoch ausgeschlossen, wenn der Vertretene den Ar-

beitnehmer von der Vollmacht ausdrücklich oder konkludent in Kenntnis gesetzt hatte.67 Das kann auch in Form einer früheren, auch die jetzige Kündigung umfassenden Vollmacht geschehen.68 Ein Inkenntnissetzen liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter in eine Stellung berufen hat, mit der üblicherweise das Recht zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen verbunden ist.69 Dafür reicht die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion kündigen dürfe, oder ein Aushang am schwarzen Brett als „Inkenntnissetzen“ nicht ohne weiteres aus.70 Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.71 Daher liegt eine solche Kündigungsbefugnis regelmäßig beim Personalabteilungsleiter – nicht Personalsachbearbeiter72 – aufgrund dessen Stellung, auch wenn diese im Innenverhältnis eingeschränkt ist.73 Er kann auch dann alleine kündigen, wenn er neben der Stellung als Personalleiter nur Gesamtprokura hat.74 Kündigungsberechtigt ist auch der Prokurist mit Einzelprokura,75 sofern diese im Handelsregister eingetragen und vom Registergericht bekannt gemacht worden ist.76

21 Die Erklärung eines gesetzlichen oder organschaftlichen Vertreters bedarf schon per se keiner Voll-

macht, eine Zurückweisung gem. § 174 Satz 2 BGB mangels Vorlage der Vollmachtsurkunde scheidet daher aus.77

22 Alternativ zum Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB kann eine Zurückweisung iSv. § 174 Satz 1 BGB ausgeschlossen werden, indem der Arbeitgeber eine Außenvollmacht (§ 167 Abs. 1 Var. 2 BGB) für den Vertreter direkt gegenüber dem zu kündigenden Arbeitnehmer erteilt. Dies ist formfrei möglich (vgl. § 167 Abs. 2 BGB), wobei sich aus Beweisgründen auch hier die Schrift- oder Textform empfiehlt.

23 Liegt keiner dieser Ausnahmefälle78 vor, so ist die Kündigung mangels Vorlage der Originalvollmacht bei einer Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam, selbst wenn der Vertreter tat-

66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78

dem Zusatz „i.A.“ und nicht mit dem eindeutigeren „i.V.“ unterzeichnet, sofern die Gesamtumstände der Kündigungserklärung für eine Bevollmächtigung sprechen, vgl. BAG v. 13.12.2007 – 6 AZR 145/07, NZA 2008, 403. BAG v. 27.2.2020 – 2 AZR 570/19, AP BGB § 626 Nr. 277; v. 5.12.2019 – 2 AZR 147/19, NJW 2020, 1456 (zu BGB-Gesellschaft). BAG v. 12.1.2006 – 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980. BAG v. 24.9.2015 – 6 AZR 492/14, NJW 2016, 345; Anm. Krieger, FD-ArbR 2015, 374522. BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 567/13, NZA 2015, 159, 161 Rz. 20. BAG v. 3.7.2003, NZA 2004, 1547; LAG Berlin v. 28.6.2006 – 15 Sa 632/06, NZA-RR 2007, 15; LAG Köln v. 3.5.2002 – 4 Sa 1285/01, NZA-RR 2003, 194. BAG v. 14.4.2011 – 6 AZR 727/09, NZA 2011, 683. BAG v. 30.5.1978, BB 1979, 166. BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 567/13, NZA 2015, 159 Rz. 20 ff.; v. 29.10.1992 – 2 AZR 460/92, NZA 1993, 307. BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 567/13, NZA 2015, 159, 161 Rz. 21 ff., Anm. Lingemann/Siemer, NJW 2014, 3597. Zur Zurückweisung der durch den Personalleiter mit Gesamtprokura erklärten Kündigung Laws, FA 2014 Heft 6, 165. BAG v. 11.7.1991 – 2 AZR 107/91, NZA 1992, 449; besteht allerdings nur Gesamtvertretungsbefugnis, so kann nach § 174 Satz 2 BGB zurückgewiesen werden, wenn nur einer der Vertreter die Kündigung erklärt (LAG Berlin v. 28.6.2006 – 15 Sa 632/06, DB 2007, 468). BAG v. 20.9.2006 – 6 AZR 82/06, NZA 2007, 377; v. 10.2.2005, NZA 2005, 1207. Zur Frage, ob eine Zurückweisung ausnahmsweise auch wegen Treuwidrigkeit ausgeschlossen sein kann ablehnend Howald, FA 2014 Heft 6, 170.

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Beendigungskündigung | Rz. 25 Kap. 22

sächlich bevollmächtigt war.79 Dies setzt aber voraus, dass die Zurückweisung unverzüglich erfolgt, ohne Vorliegen besonderer Umstände also innerhalb einer Woche.80 Auch muss der Arbeitnehmer seine Kündigung gerade unter Hinweis81 auf den fehlenden Vollmachtnachweis zurückweisen. Für eine Zurückweisung reicht es nicht aus, wenn der Gekündigte nur die Kündigungsbefugnis des Kündigenden in Frage stellt, ohne einen Nachweis durch Vorlage einer wirksamen Kündigungsurkunde zu fordern.82 Lässt der Kündigungsempfänger seinerseits durch Bevollmächtigten zurückweisen, so muss dieser für die Zurückweisung gleichfalls eine Original-Vollmacht vorlegen, sonst kann die Zurückweisung ihrerseits nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen werden; dies wird in der Praxis gelegentlich übersehen. Eine einmal zugegangene Kündigung kann der Kündigende nicht mehr einseitig zurücknehmen.83 Die Zurücknahme durch den Arbeitgeber ist jedoch stets als unbedingtes Angebot auszulegen, den Arbeitnehmer zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen. Lehnt der Arbeitnehmer dieses ab, so kann dies zum Verlust von Sozialplanansprüchen führen, sofern der Sozialplan einen entsprechenden Ausschluss bei Weiterbeschäftigungsangeboten vorsieht. f) Kündigungsfrist Grundsätzlich ist nur bei der ordentlichen Kündigung eine Kündigungsfrist einzuhalten. Diese richtet sich nach § 622 BGB. Die Grundkündigungsfrist beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats, § 622 Abs. 1 BGB. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber steigt die Kündigungsfrist mit der Betriebszugehörigkeit an84 und beträgt, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

24

– 2 Jahre bestanden hat, 1 Monat, – 5 Jahre bestanden hat, 2 Monate, – 8 Jahre bestanden hat, 3 Monate, – 10 Jahre bestanden hat, 4 Monate, – 12 Jahre bestanden hat, 5 Monate, – 15 Jahre bestanden hat, 6 Monate, – 20 Jahre oder länger bestanden hat, 7 Monate, jeweils zum Ende eines Kalendermonats. Während einer vereinbarten Probezeit85 kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden (§ 622 Abs. 3 BGB).86 Abzugrenzen ist die vereinbarte Probezeit gem. § 622 Abs. 3 BGB vom befristeten Probearbeitsverhältnis (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 TzBfG). Dieses endet mit Ablauf der Befristung und ist vorher nur ordentlich kündbar, wenn dies vereinbart ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Die Berechnung der Fristen richtet sich nach §§ 186 ff. BGB.87 Tarifvertraglich können nach § 622 Abs. 4 BGB längere und kürzere Fristen und andere Kündigungstermine88 vereinbart werden; ein79 80 81 82 83 84 85

BGH v. 25.10.2012 – V ZB 5/12, NJW 2013, 297. BAG v. 8.12.2011 – 6 AZR 354/10, NZA 2012, 495. Die Zurückweisung muss entsprechend begründet werden, BAG v. 18.2.1993 – 2 AZR 482/92, juris. BAG v. 19.4.2007, NZA-RR 2007, 571. BAG v. 29.1.1981 – 2 AZR 1055/78, DB 1981, 2438. Das ist kein Verstoß gegen §§ 7, 10 AGG, BAG v. 18.9.2014 – 6 AZR 636/13, NZA 2014, 1400. In der Regel nicht länger als sechs Monate, vgl. BAG v. 24.1.2008 – 6 AZR 519/07, NZA 2008, 521 Rz. 15: „Höchstgrenze“. Zur teilweise streitigen Frage einer längeren Probezeit Blomeyer, NJW 2008, 2812 mwN. 86 Die Vereinbarung einer Probezeit unterliegt in einem Formularvertrag wegen § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB keiner Inhaltskontrolle, wenn sie die gesetzliche Probezeitdauer von sechs Monaten einhält (BAG v. 24.1. 2008 – 6 AZR 519/07, NZA 2008, 521). Zur Kündigung während der Probezeit Löwisch, DB 2014, 1079. 87 Wegen der Einzelheiten vgl. Lingemann, Kündigungsschutz, Teil II Rz. 63 ff. 88 BAG v. 4.7.2001, DB 2002, 96, 98.

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25

Kap. 22 Rz. 25 | Beendigungskündigung zelvertraglich kürzere Kündigungsfristen allerdings nur unter den engen Voraussetzungen des § 622 Abs. 5 BGB. In jedem Falle darf für die Kündigung durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber (§ 622 Abs. 6 BGB). Dabei können je nach Vereinbarung die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB oder einzelne oder alle Stufen des § 622 Abs. 2 BGB geändert werden.89 Zulässig ist nach § 622 Abs. 5 Satz 3 BGB die einzelvertragliche Verlängerung der Kündigungsfrist. Dabei können die gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungstermine vom Datum her nicht verändert, wohl aber monatsweise eingeschränkt werden.90 Ob eine „längere“ Kündigungsfrist vereinbart wurde, ist durch einen Günstigkeitsvergleich zwischen vertraglicher und gesetzlicher Regelung zu ermitteln.91 Dabei ist nicht auf die konkret ausgesprochene Kündigung abzustellen. Eine einzelvertragliche Abrede ist vielmehr nur dann günstiger als die gesetzliche Bestimmung, wenn sie stets zu einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Auch wird nicht die längere gesetzliche Kündigungsfrist mit den vertraglichen Kündigungsterminen kombiniert.92

26 Auch ein für längere Zeit vereinbartes Arbeitsverhältnis kann von dem Arbeitnehmer nach Ablauf

von fünf Jahren gekündigt werden (§ 624 BGB). Besonderheiten gelten für die Kündigungsfrist von Organmitgliedern. Sofern diese keine beherrschende Stellung in der Gesellschaft haben, gilt auch für sie § 622 BGB; bei einer beherrschenden Stellung haben sie nur die Kündigungsfrist des § 621 BGB; sofern die Vergütung nach Monaten bemessen ist, kann die Kündigung daher am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats ausgesprochen werden, bei Bemessung der Vergütung nach Jahren mit einer Frist von sechs Wochen für den Schluss eines Quartals. Zur Auswirkung einer nach § 18 KSchG zu wahrenden Sperrfrist nach Anzeige einer Massenentlassung auf den Lauf der Kündigungsfrist s. Rz. 178. Das Recht des Arbeitnehmers, sich auf die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber zu berufen, unterliegt der Verwirkung.93

27 In der Insolvenz kann gem. § 113 Satz 2 InsO von jeder Seite mit einer Frist von drei Monaten zum

Monatsende gekündigt werden, wenn nicht ohnehin eine kürzere Frist maßgeblich ist. Die maximal dreimonatige Frist setzt sich gegenüber allen anderen – auch tariflich vereinbarten – Fristen durch.94 Kündigt der Insolvenzverwalter mit der Höchstfrist des § 113 Satz 2 InsO, unterliegt diese Wahl der Kündigungsfrist keiner Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB. § 113 Satz 2 InsO untersagt es dem Insolvenzverwalter zwar nicht, mit einer längeren Frist als der in § 113 Satz 2 InsO vorgesehenen zu kündigen; aus der in § 241 Abs. 2 BGB normierten Rücksichtnahmepflicht iVm. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erwächst aber auch unter Berücksichtigung der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG kein Anspruch auf eine Verlängerung der Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO zur Vermeidung sozialversicherungsrechtlicher Nachteile.95

27a Ein Berufsausbildungsverhältnis kann von dem Auszubildenden nach der Probezeit gem. § 22

Abs. 2 Nr. 2 BBiG aus Gründen des Berufswechsels mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden. Hierbei handelt es sich um eine einseitig zwingende Höchstkündigungsfrist, die eine vorzeitige Kündigung des Auszubildenden nicht ausschließt.96

28 Problematisch ist es, wenn der Arbeitgeber – etwa im Zuge eines Kündigungsrechtsstreits – den Arbeitnehmer nach Ende der Kündigungsfrist zunächst weiter beschäftigt. In diesem Fall wird ein neues Arbeitsverhältnis nur dann nicht begründet, wenn die Beschäftigung ausschließlich zur Ab-

89 BAG v. 4.7.2001, DB 2002, 96, 97. 90 BAG v. 21.8.2008 – 8 AZR 201/07, NZA 2009, 29. Es muss also stets zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Es kann aber vereinbart werden, dass nur zum Ende bestimmter Monate gekündigt werden kann. Dazu etwa BAG v. 29.1.2015, NZA 2015, 673. 91 Ausführlich dazu BAG v. 29.1.2015, NZA 2015, 673. 92 BAG v. 29.1.2015, NZA 2015, 673. 93 BAG v. 21.8.2008, DB 2009, 184 zur Rücknahme der Klage während des Kündigungsschutzverfahrens als umstandsbegründendes Moment für die Verwirkung. 94 ErfK/Müller-Glöge, § 113 InsO Rz. 8; Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III, Rz. 147. 95 BAG v. 27.2.2014 – 6 AZR 301/12, NZA 2014, 897. 96 BAG v. 22.2.2018 – 6 AZR 50/17, NZA 2018, 575.

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Beendigungskündigung | Rz. 29 Kap. 22

wendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungstitel erfolgt.97 Wird trotz Wegfall des Weiterbeschäftigungstitels weiterbeschäftigt, entsteht ein Arbeitsverhältnis, welches unbefristet ist, sofern die Anforderungen des TzBfG – namentlich auch der Schriftform gem. § 14 Abs. 4 TzBfG – nicht erfüllt werden.98 g) Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG Soweit ein Betriebsrat besteht, ist dieser gem. § 102 Abs. 1 BetrVG vor jeder Kündigung zu hören.99 Das gilt auch dann, wenn es sich um eine verabredete Kündigung vor Abschluss einer Abwicklungsvereinbarung (dazu Kap. 23) handelt.100 Die Anhörung ist bei einem mehrköpfigen Betriebsrat an den Betriebsratsvorsitzenden zu richten.101 Sie muss angeben: – die Person des Arbeitnehmers, dessen Kündigung beabsichtigt ist. Zu den Angaben zur Person gehören: – Name des Arbeitnehmers – Beschäftigungsort – Arbeitsplatz – Vergütung – Alter – Familienstand – Dauer der Betriebszugehörigkeit – Unterhaltspflichten – Schwerbehinderung – ggf. Sonderkündigungsschutz – ggf. besondere persönliche Belastungen des Arbeitnehmers – die Art der Kündigung – ordentliche Kündigung oder – außerordentliche Kündigung – oder bei ordentlich unkündbaren, zB altersgesicherten Arbeitnehmern: – außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist102 – die Kündigungsfrist oder soziale Auslauffrist103 – den Termin, zu dem gekündigt werden soll – sowie die Gründe für die Kündigung. 97 98 99 100 101 102 103

BAG v. 8.4.2014, 9 AZR 856/11, juris, m. Anm. Traut, ArbRAktuell 2014, 414. BAG v. 8.4.2014, 9 AZR 856/11, juris, m. Anm. Traut, ArbRAktuell 2014, 414. Einzelheiten bei Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 937. BAG v. 28.6.2005 – 1 ABR 25/04, NZA 2006, 48. Im Verhinderungsfall an dessen Stellvertreter, BAG v. 7.7.2011, NZA 2011, 719. Vgl. BAG v. 5.2.1998 – 2 AZR 227/97, NZA 1998, 771. Die Anhörung des Betriebsrats ist nicht deshalb unwirksam, weil eine objektiv unzutreffende Kündigungsfrist oder Dauer der Betriebszugehörigkeit mitgeteilt worden ist, solange der Betriebsrat dennoch auf den Kündigungsentschluss Einfluss nehmen kann, BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476.

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Kap. 22 Rz. 30 | Beendigungskündigung

30 Will der Arbeitgeber eine außerordentliche sowie hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausspre-

chen, so muss er zu beiden Kündigungen anhören. Hört er nur zu der außerordentlichen Kündigung an, reicht der Kündigungsgrund jedoch nur für eine ordentliche Kündigung, so wäre eine hilfsweise ordentliche Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels Anhörung unwirksam. Bei Ausspruch einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist in der Kündigung nicht angeben.104 Gleichwohl wird man sie in der Betriebsratsanhörung zu der außerordentlichen sowie hilfsweisen ordentlichen Kündigung wohl weiterhin angeben müssen, zumal die Länge der Kündigungsfrist bei der Frage, ob die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB wirksam ist, eine wesentliche Rolle spielt.

31 Bei einer Änderungskündigung muss neben der Kündigungsabsicht auch das Änderungsangebot mit-

geteilt werden, im Übrigen gelten die vorstehenden Grundsätze auch hier (vgl. Kap. 20 Rz. 34, M 20.3).

32 Bei der Angabe der Kündigungsgründe ist größtmögliche Sorgfalt anzuraten. Allerdings reicht die

Mitteilungspflicht nicht so weit wie die Darlegungslast des Arbeitgebers im Prozess. Die Anhörung des Betriebsrats soll diesem nicht die selbständige Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen105. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“, dh. der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Entschluss zur Kündigung tatsächlich bestimmt haben106. Dem kommt er nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt darstellt.107 Tatsachen, auf die der Arbeitgeber die Kündigung nicht stützen will, muss er idR zwar nicht mitteilen; er darf dem Betriebsrat aber keine persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich bei objektiver Betrachtung entscheidend zu dessen Gunsten auswirken und deshalb schon für die Stellungnahme des Betriebsrats bedeutsam sein können.108 Allerdings ist die Unterrichtung des Betriebsrates nur fehlerhaft, wenn die Information bewusst falsch oder irreführend erfolgte.109 Das ist indes auch dann bereits der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat für dessen Beurteilung bedeutsame, zuungunsten des Arbeitnehmers sprechende objektiv unzutreffende Tatsachen mitteilt, von denen er selbst durchaus für möglich hält, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen.110 Sind dem Betriebsrat die Daten des Arbeitnehmers und die Kündigungsgründe bereits bekannt, schränkt dies den Umfang der Unterrichtungspflicht ein.111 Eine nähere Begründung der den Kündigungsentschluss tragenden Interessenabwägung ist regelmäßig nicht erforderlich112.

33 Sofern diesen Anforderungen entsprochen wird, kann der Arbeitgeber die dem Betriebsrat mitgeteil-

ten Kündigungsgründe im Kündigungsschutzprozess weiter erläutern und konkretisieren.113 Kündigungsgründe, die der Arbeitgeber kannte, über die er den Betriebsrat aber nicht informiert hat, kann er hingegen im Kündigungsrechtsstreit nicht mehr geltend machen.114 Er kann sie auch nicht über eine weitere Anhörung nachschieben.115 Erst nach Ausspruch der Kündigung bekannt werdende Gründe können nachgeschoben werden, setzen aber eine weitere vorherige Unterrichtung 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115

BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117. BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476, Anm. Winzer FD-ArbR 2015, 368367. BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476, Anm. Winzer FD-ArbR 2015, 368367. BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476 Rz. 14, Anm. Winzer FD-ArbR 2015, 368367; v. 18.10.2006, DB 2007, 810. Eine solche Bedeutsamkeit wurde verneint für die Angabe, die Arbeitnehmerin sei beurlaubte Beamtin BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476, 477 Rz. 15, Anm. Winzer FD-ArbR 2015, 368367. BAG v. 16.7.2015 – 2 AZR 15/15, NZA 2016, 99 Rz. 12. BAG v. 16.7.2015 – 2 AZR 15/15, NZA 2016, 99 Rz. 18. BAG v. 19.5.1993, AP KSchG 1969 § 2 Nr 31. BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476, Anm. Winzer FD-ArbR 2015, 368367. BAG v. 27.2.1997 – 2 AZR 302/96, NZA 1997, 761. BAG v. 15.7.2004 – 2 AZR 376/03, NZA 2005, 523. Dagegen ist im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG neuer Tatsachenvortrag nachträglich möglich, sofern dem Betriebsrat eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wird (BAG v. 23.4.2008, DB 2008, 1756). BAG v. 18.6.2015 – 2 AZR 256/14, NZA 2016, 287.

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Beendigungskündigung | Rz. 39 Kap. 22

des Betriebsrats voraus.116 Auch wenn eine Kündigung nach Bedenken des Arbeitgebers gegen ihre Wirksamkeit wiederholt wird, ist eine erneute Anhörung erforderlich.117 Bei einer verhaltensbedingten Kündigung (Rz. 53 ff.) sind also die einzelnen Pflichtverletzungen im Detail, insb. auch nach Ort und Datum, mitzuteilen, ferner dem Arbeitnehmer zuvor erteilte Abmahnungen für vergleichbare Verstöße.

34

Ist eine Verdachtskündigung (Rz. 101a ff.) beabsichtigt, so muss auch dies dem Betriebsrat gegenüber offengelegt werden. Auch der Verlauf und insb. die Einlassungen des Arbeitnehmers im Rahmen der Anhörung sind darzustellen. Es kann sich empfehlen, die Kündigung auf die Tat sowie hilfsweise auf den Verdacht zu stützen.118 Wird allerdings nur eine Verdachtskündigung ausgesprochen, reichen die vom Arbeitgeber vorgetragenen Verdachtsmomente jedoch auch für eine Tatkündigung aus, so kann das Urteil auch auf eine Tatkündigung gestützt werden, eine ggf. fehlende oder nicht ordnungsgemäße Anhörung des Arbeitnehmers wirkt sich dann nicht mehr aus.119 Voraussetzung ist aber immer, dass dem Betriebsrat alle Tatsachen mitgeteilt worden sind, die – ggf. auch im Rahmen eines zulässigen Nachschiebens von Kündigungsgründen – nicht nur den Verdacht, sondern den Tatvorwurf selbst begründen.120

35

Bei einer krankheitsbedingten Kündigung (Rz. 74 ff.) sind die einzelnen Fehlzeiten anzugeben, ferner inwieweit für diese Entgeltfortzahlung geleistet wurde, darüber hinaus die negative Zukunftsprognose und die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen, sei es in Form erheblicher wirtschaftlicher Belastungen oder in Form von konkreten Betriebsablaufstörungen.121

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Kernbestandteil der Betriebsratsanhörung bei der betriebsbedingten Kündigung (Rz. 102 ff.) ist – neben den hier besonders wichtigen Sozialdaten – die Darlegung zum Wegfall des Arbeitsplatzes und zur Sozialauswahl; dazu zählen auch Angaben zu etwaigen betrieblichen Gründen, aus denen einzelne Mitarbeiter aus der Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG ausgenommen werden sollen. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung sind dementsprechend die die Änderung rechtfertigenden Gründe und die geänderten Bedingungen darzulegen.

37

Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats besteht auch in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses; auch wenn in diesem Fall das Kündigungsschutzgesetz noch nicht gilt, muss der Arbeitgeber die Tatsachen angeben, die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind.122 Allerdings soll auch die Mitteilung eines bloßen, durch Tatsachen nicht belegbaren Werturteils ausreichen,123 was deshalb in der Praxis aus Arbeitgebersicht häufig ratsam ist.

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Eine bestimmte Form ist für die Anhörung nicht vorgeschrieben. Aus anwaltlicher Sicht ist zu Nachweiszwecken Schriftform zu empfehlen. Die Anhörung erfolgt durch den Arbeitgeber. Auch bei ei-

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116 BAG v. 11.4.1985, AP BetrVG 1972 § 102 Nr 39. 117 Entscheidend ist, dass die Anhörung erkennbar auf eine erst noch auszusprechende Kündigung bezogen ist; es kann allerdings auch ein Anhörungsformular benutzt werden, das bereits für die frühere Kündigung Verwendung fand (BAG v. 3.4.2008 – 2 AZR 965/06, NZA 2008, 807). Einzelheiten zu einer „reparierenden“ Kündigung und den damit zusammenhängenden Anforderungen an die Betriebsratsanhörung bei Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225. 118 Vgl. BAG v. 9.6.2011 – 2 AZR 381/10, NJW 2011, 2905. 119 BAG v. 23.6.2009 – 2 AZR 474/07, NZA 2009, 1136. 120 BAG v. 23.6.2009, NZA 2009, 1137; ausführlich Fuhlrott, DB 2015, 1719. 121 Einzelheiten bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III Rz. 723 ff. 122 BAG v. 18.5.1994 – 2 AZR 920/93, NZA 1995, 24. Bei einer Probezeitkündigung, die wegen unzureichender Arbeitsleistung erfolgt, müssen das Lebensalter und die Unterhaltspflichten nicht mitgeteilt werden, denn diese Aspekte sind aufgrund der Tatsache, dass die Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung bedarf, im konkreten Fall für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers nicht maßgeblich (BAG v. 23.4.2009 – 6 AZR 516/08, NZA 2009, 959). 123 LAG Schl.-Holst. v. 30.10.2002 – 5 Sa 345/02, NZA-RR 2003, 310; LAG Berlin v. 22.1.1998, LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr. 68.

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Kap. 22 Rz. 39 | Beendigungskündigung ner Anhörung durch einen Boten oder Vertreter des Arbeitgebers besteht allerdings kein Recht zur Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB.124

40 Zu richten ist die Anhörung an den Betriebsratsvorsitzenden. Anzuhören ist der Betriebsrat des

Betriebs, dem der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung angehört.125 Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so muss er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen (§ 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG); bei einer außerordentlichen Kündigung beträgt die Frist drei Tage (§ 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Bei einer Anhörung zur außerordentlichen sowie hilfsweise ordentlichen Kündigung läuft für Erstere also die Drei-Tages-Frist, für Letztere die Wochenfrist. Mit ergänzenden Angaben des Arbeitgebers im Rahmen einer bereits in Gang gesetzten Anhörung, die über das Notwendige einer ordnungsgemäßen Information hinausgehen, beginnt die Frist zur Stellungnahme für den Betriebsrat regelmäßig allerdings nicht neu zu laufen.126 Der Betriebsrat entscheidet durch Beschluss über seine Stellungnahme, wobei Fehler bei der Beschlussfassung regelmäßig nicht zu Lasten des Arbeitgebers gehen, es sei denn, er hätte diese selbst veranlasst127 oder einen offensichtlichen Fehler in der Beschlussfassung des Betriebsrats ausgenutzt.128 Der Betriebsrat kann der Kündigung auch innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 BetrVG widersprechen. Geschieht dies aus einem der in § 102 Abs. 3 Nr. 1–5 BetrVG abschließend genannten Gründe, so hindert das die Kündigung zwar nicht, der Arbeitnehmer kann jedoch den besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch gem. § 102 Abs. 5 BetrVG geltend machen.129

Ist die Frist abgelaufen, ohne dass der Betriebsrat sich geäußert hat, kann der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen. Dasselbe gilt, wenn der Betriebsrat innerhalb der Frist abschließend Stellung nimmt. Allerdings sind die Anforderungen an eine solche abschließende Stellungnahme (nunmehr) sehr streng: Sie liegt nur vor, wenn der Arbeitgeber sich aufgrund besonderer Anhaltspunkte darauf verlassen darf, dass sich der Betriebsrat bis zum Ablauf der Frist nicht mehr äußern wird. Solche liegen regelmäßig vor, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber mitteilt, er stimme der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zu oder erklärt, von einer Äußerung zur Kündigungsabsicht abzusehen. In anderen Fällen wird der Arbeitgeber nur von einer abschließenden Stellungnahme ausgehen können, wenn aus seiner Sicht eine weitere Äußerung des Betriebsrats zur Kündigungsabsicht ausgeschlossen ist. Hierfür reicht es nicht aus, dass der Betriebsratsvorsitzende dem Arbeitgeber das Ergebnis der Beschlussfassung des Gremiums mitgeteilt hat (!). Der Arbeitgeber muss trotz dieser Mitteilung nachfragen, ob die Stellungnahme abschließend ist.130 Ist das nicht zweifelsfrei geklärt, sollte die Kündigung erst nach Fristablauf ausgesprochen werden.

41 Die ordnungsgemäße Anhörung muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess darlegen und beweisen, allerdings nur, wenn sie vom Arbeitnehmer bestritten wird. Eine fehlende oder fehlerhafte Anhörung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung; ggf. muss eine erneute Anhörung durchgeführt

124 BAG v. 13.12.2012 – 6 AZR 348/11, NZA 2013, 669 m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2013, 239; v. 25.4. 2013, ArbRAktuell 2013, 361. 125 BAG v. 8.5.2014 – 2 AZR 1005/12, NZA 2015, 889: Wenn ein Betrieb gem. § 613a BGB übergeht und ein betroffener Arbeitnehmer dem wirksam widerspricht, so bedarf eine ihm nach Betriebsübergang durch den Betriebsveräußerer erklärte Kündigung nicht der Anhörung des im übergegangenen Betrieb fortbestehenden Betriebsrats. 126 BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476, Anm. Winzer FD-ArbR 2015, 368367. 127 BAG v. 16.10.1991, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 83; auch wenn der Betriebsratsvorsitzende schon zwölf Minuten nach Erhalt der Anhörung eine abschließende Stellungnahme abgibt, ist es für den Arbeitgeber keineswegs evident, dass nur eine persönliche Stellungnahme des Betriebsratsvorsitzenden und kein Beschluss des Betriebsratsgremiums vorliegt, st. Rspr., vgl. BAG v. 24.6.2004 – 2 AZR 461/ 03, NZA 2004, 1330 und v. 16.1.2003 – 2 AZR 707/01, BB 2003, 1791. 128 Vgl. BAG v. 28.2.1974, BB 1974, 836. 129 Lingemann/Steinhauser; NJW 2015, 844; Kempter/Steinat, NZA 2016, 913. 130 So BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, NZA 2016, 234 in ausdrücklicher Abkehr von der früheren großzügigeren Rechtsprechung.

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Beendigungskündigung | Rz. 45 Kap. 22

und im Anschluss daran eine erneute Kündigung ausgesprochen werden (vgl. Rz. 5).131 Bei außerordentlichen Kündigungen gelingt das wegen der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB allerdings meist nicht mehr. Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds erfordert die ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG; bloßes Schweigen ersetzt diese Zustimmung nicht. Erteilt der Betriebsrat seine Zustimmung nicht, so muss der Arbeitgeber sie im Wege des Zustimmungsersetzungsverfahrens ersetzen lassen, bevor er eine Kündigung ausspricht (vgl. § 103 Abs. 2 BetrVG). Die Zustimmung des Betriebsrats oder die zustimmungsersetzende Entscheidung des Arbeitsgerichtes muss dem Kündigungsschreiben allerdings nicht beigefügt werden.132

42

Für leitende Angestellte gilt nicht § 102 BetrVG, sondern eine bloße Unterrichtungspflicht nach § 105 BetrVG, deren Verletzung auch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.133 Sofern allerdings ein Sprecherausschuss nach dem Sprecherausschussgesetz besteht, muss dieser vor jeder Kündigung eines leitenden Angestellten angehört werden (§ 31 Abs. 2 SprAuG). Ohne eine solche Anhörung oder bei nicht ordnungsgemäßer Anhörung ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Der Sprecherausschuss kann innerhalb von einer Woche gegen die beabsichtigte ordentliche und innerhalb von drei Tagen gegen eine beabsichtigte außerordentliche Kündigung Bedenken geltend machen. Lässt sich nicht zweifelsfrei klären, ob der Arbeitnehmer leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG ist, sollten vorsorglich Betriebsrat und Sprecherausschuss angehört werden.

43

Hinsichtlich der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG gilt im Kündigungsschutzprozess eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitnehmer hat vorzutragen, dass ein Betriebsrat besteht, der Arbeitgeber muss dann substantiiert vortragen, dass und wie der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde. Sodann muss der Arbeitnehmer sich nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO vollständig zu dem vom Arbeitgeber vorgetragenen Sachverhalt erklären und im Einzelnen bezeichnen, ob er rügen will, der Betriebsrat sei entgegen der Behauptung des Arbeitgebers überhaupt nicht angehört worden oder in welchen einzelnen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers über die Betriebsratsanhörung für falsch oder die dem Betriebsrat mitgeteilten Tatsachen für unvollständig hält.134

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2. Anwendbarkeit des KSchG Erst wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung135 länger als sechs Monate bestanden hat, gilt das KSchG, so dass dann eine sozial nicht gerechtfertigte Kündigung unwirksam ist, § 1 Abs. 1 KSchG. Die Dauer dieser „Wartezeit“ wird nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB berechnet,136 wobei die Frist idR mit dem Beginn desjenigen Tages zu laufen anfängt, an dem der Arbeitnehmer nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien erstmals zur Arbeitsleistung verpflichtet sein soll.137 § 193 BGB findet für die Fristberechnung keine An131 132 133 134

Einzelheiten bei Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225. BAG v. 4.3.2004 – 2 AZR 147/03, NZA 2004, 717. BAG v. 25.3.1976, BB 1976, 743. BAG v. 23.6.2005 – 2 AZR 193/04, NZA 2005, 1233, 1234; dazu Mühlhausen, NZA 2006, 967 sowie in Erwiderung dazu Griebeling, NZA 2007, 540. 135 Auf die Wartezeit sind Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber nur anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang zu dem früheren Arbeitsverhältnis steht und die Unterbrechung nur kurz war, idR also nur ein paar Tage lang (BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 12/10, NZA 2012, 148 Rz. 22; v. 20.6.2013, EzA KSchG § 1 Nr. 64 Rz. 13). Auch wenn zwischen befristeten Arbeitsverhältnissen immer wieder mehrere Monate Unterbrechung liegen, können die Zeiten nicht zusammengerechnet werden (BAG v. 22.9.2005 – 6 AZR 607/04, NZA 2006, 429). 136 Ausf. Boemke, BB 2014, 2999 ua. mit Besprechung von BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1057/12, DB 2014, 958. 137 Ob er tatsächlich seine Arbeit erst später aufnimmt oder der mündlich geschlossene Vertrag erst später verschriftlicht wird, ist unerheblich. Zu alledem BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1057/12, NZA 2014, 725.

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45

Kap. 22 Rz. 45 | Beendigungskündigung wendung.138 Zeiten, zu denen ein Leiharbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers eingegliedert war, sind in einem späteren Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Entleiher regelmäßig nicht auf die Wartezeit anzurechnen.139 Anzurechnen sind aber alle ohne Unterbrechung vorangehenden Arbeitsoder Ausbildungsverhältnisse mit dem Arbeitgeber. Nicht zu berücksichtigen ist dagegen eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter oder in einem anderen nicht-arbeitsrechtlichen Rechtsverhältnis. Rechtliche Unterbrechungen lassen die Wartezeit neu beginnen, es sei denn, es besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem alten und neuen Arbeitsverhältnis.140

46 Während dieser „Wartezeit“ führt nur ein Verstoß gegen § 138 BGB oder § 242 BGB zur Nichtigkeit

der Kündigung;141 ein Verstoß gegen Treu und Glauben allerdings nur, soweit der Verstoß auf Gründen beruht, die nicht von § 1 KSchG erfasst sind.142 Entscheidend ist, dass dem Arbeitnehmer die Kündigung spätestens am letzten Tag der Wartezeit zugeht, § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB.143 Aber auch nach Ablauf der Wartezeit greift das KSchG nur ein, wenn in dem Betrieb vor dem 1.1.2004 in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt waren („Kleinbetriebsklausel“, § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Sinkt die Zahl dieser Altarbeitnehmer auf fünf oder weniger, so verlieren alle Altarbeitnehmer ihren Kündigungsschutz, da der abgesenkte Schwellenwert dann keine Anwendung mehr findet und Ersatzeinstellungen für ausgeschiedene Altarbeitnehmer den Kündigungsschutz nicht erhalten.144 Für Arbeitnehmer, die nach dem 1.1.2004 eingestellt wurden, setzt Kündigungsschutz erst ab zehn Arbeitnehmern ein (§ 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG).145 Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden werden mit 0,5 und von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 berücksichtigt (§ 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG). Die Beweislast für das Überschreiten der Schwellenwerte trägt der Arbeitnehmer.146

47 Auch wenn das Gesetz ausdrücklich auf den Betrieb und nicht auf das Unternehmen abstellt, deu-

tet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts v. 27.1.1998147 auf eine Ausdehnung auf das Unternehmen, jedenfalls bei Betrieben innerhalb größerer Unternehmen, da deren Schutz von der Kleinbetriebsklausel nicht bezweckt sei.148 Dabei ist eine alle Umstände des Einzelfalles einbeziehende wertende Gesamtbetrachtung dahingehend vorzunehmen, ob die Anwendung der Kleinbetriebsklausel nach Maßgabe des allgemeinen Betriebsbegriffes unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse dem mit ihr verbundenen Sinn und Zweck noch hinreichend gerecht wird. Eine verfassungskonforme Auslegung von § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG verlangt aber nicht, den Betriebsbezug des Schwellenwerts immer schon dann zu durchbrechen, wenn sich das Unternehmen zwar in mehrere kleine, organisatorisch verselbständigte Einheiten gliedert, insgesamt aber mehr als zehn bzw. fünf Arbeitnehmer beschäftigt.149 Bei der Berechnung des Schwellenwertes sind nur Ar138 BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1057/12, NZA 2014, 725. 139 BAG v. 20.2.2014 – 2 AZR 859/11, NZA 2014, 1083; FD-ArbR 2014, 361730 m. Anm. Krieger; Elking, BB 2015, 2169. 140 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 790/11, juris Rz. 13, m. Anm. Beck, ArbRAktuell 2013, 417. 141 Zum Mindestkündigungsschutz außerhalb des KSchG BVerfG v. 21.6.2006 – 1 BvR 1659/04, NZA 2006, 913; Löwisch, DB 2014, 1079. 142 BAG v. 21.2.2001 – 2 AZR 15/00, BB 2001, 1683, 1685; v. 5.4.2001 – 2 AZR 185/00, BB 2001, 1905; LAG Rheinland-Pfalz v. 13.12.2018 – 5 Sa 220/18, juris. 143 Eine Kündigung kurz vor Ablauf der Wartezeit kann unter verwerflichen Umständen aber treuwidrig sein, BAG v. 18.8.1982, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 24; vgl. auch BAG v. 20.2.2014, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 28. 144 BAG v. 17.1.2008 – 2 AZR 512/06, NZA 2008, 944; v. 21.9.2006 – 2 AZR 840/05, NZA 2007, 438. 145 Diese Stichtagsregelung ist verfassungsgemäß (BAG v. 27.11.2008 – 2 AZR 790/07, NZA 2009, 484). Zum Kündigungsschutz des „Alt-Arbeitnehmers“ und der Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten nach rechtlicher Unterbrechung s. BAG v. 23.5.2013 – 2 AZR 54/12, NZA 2013, 1197. 146 BAG v. 2.3.2017 – 2 AZR 427/16, NZA 2017, 859 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 333. 147 BVerfG v. 27.1.1998 – 1 BvL 22/93, NZA 1998, 469, 470. 148 Vgl. zum öffentlichen Dienst auch BAG v. 22.4.1998 – 5 AZR 342/97, DB 1998, 2167. 149 Ausführlich BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 468/15, NZA 2016, 1196 Rz. 20 ff.; v. 28.10.2010 – 2 AZR 392/ 08, BB 2011, 1339, 1341 Rz. 23 ff.; ArbRAktuell 2010, 602 m. Anm. Bauer.

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Beendigungskündigung | Rz. 49 Kap. 22

beitnehmer in Deutschland gelegener Betriebe zu berücksichtigen, da bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit gegenüber allen Arbeitnehmern dasselbe Arbeitsrecht gelten muss.150 Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht.151 Unabhängig vom Eingreifen des Kündigungsschutzgesetzes kann nach der an diese Verfassungsgerichtsentscheidung anknüpfenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts152 eine Kündigung im Kleinbetrieb auch deshalb unwirksam sein, weil es gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn der Arbeitgeber nicht ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme wahrt.153 Das gebotene Mindestmaß ist unterschritten, wenn bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Vergleich der Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer eine erheblich niedrigere soziale Schutzbedürftigkeit eines weiterbeschäftigten Arbeitnehmers ergibt und sich in Abwägung mit den betrieblichen, persönlichen oder sonstigen Interessen des Arbeitgebers kein nachvollziehbarer Grund für den Kündigungsausspruch ergibt, dh. Willkür vorliegt.154 Aber Treu und Glauben erfordern außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 KSchG in der Regel keine vergebliche Abmahnung155 oder die Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung.156 Innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG muss der Arbeitgeber auch kein anderweitiges Beschäftigungsangebot an den Arbeitnehmer richten, da dieses Erfordernis Ausdruck des in § 1 Abs. 2 KSchG niedergelegten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist.157 Die Darlegungs- und Beweislast für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes trägt der Arbeitnehmer.158

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§ 2 Abs. 4 AGG, wonach für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten, steht einer Berücksichtigung der Diskriminierungsverbote des AGG im Rahmen der Prüfung der Sozialwidrigkeit der Kündigung nicht entgegen. Die Bestimmung soll lediglich sicherstellen, dass die Diskriminierungsverbote nicht als eigenständiger Unwirksamkeitsgrund zu qualifizieren sind, sondern nur als Konkretisierung des Begriffs der Sozialwidrigkeit nach § 1 Abs. 1, 2 KSchG dienen, so dass ein Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot zur Sozialwidrigkeit der Kündigung führen kann.159 Relevant ist das Spannungsfeld zwischen Diskriminierungsverboten des AGG und Kündigungsschutz vor allem im Hinblick auf die krankheitsbedingte Kündigung160 und die Berücksichtigung des Lebensalters bei der Sozialauswahl, insb. durch die Bildung von Altersgruppen.161

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150 BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 468/15, NZA 2016, 1196. Dies gilt selbst für im Ausland Beschäftigte eines grenzüberschreitenden Gemeinschaftsbetriebs, sofern deren Arbeitsverhältnisse nicht deutschem Recht unterliegen (BAG v. 26.3.2009, DB 2009, 1409). Zum Kündigungsschutz bei Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug Gravenhorst, RdA 2007, 283 u. Otto/Mückl, BB 2008, 1231. 151 BAG v. 24.1.2013 – 2 AZR 140/12, NZA 2013, 726. 152 BAG v. 21.2.2001 – 2 AZR 15/00, BB 2001, 1683 unter Hinweis auf die eben angesprochene Entscheidung des BVerfG v. 27.1.1998 – 1 BvL 22/93, NZA 1998, 469. 153 BAG v. 23.7.2015, m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2015, 375. LAG Schleswig-Holstein v. 14.10.2014 – 1 Sa 151/14, juris. Mit den Auswirkungen der Rspr. für die Praxis befasst sich Berkowsky, NJW 2009, 113. 154 BAG v. 25.4.2001 – 5 AZR 360/99, NZA 2002, 87, 89; der Arbeitnehmer muss allerdings zunächst einen Sachverhalt vortragen, aus dem sich ergibt, dass er mit nicht gekündigten Arbeitnehmern „auf den ersten Blick“ vergleichbar ist, erst dann muss der Arbeitgeber substantiiert seine Auswahlentscheidung begründen (BAG v. 6.2.2003 – 2 AZR 672/01, NZA 2003, 717). 155 BAG v. 21.2.2001 – 2 AZR 579/99, BB 2001, 1902. Nach § 314 Abs. 2 BGB dürfte für die außerordentliche Kündigung die Abmahnung jedoch erforderlich sein; Kleinebrink, FA 2002, 226, 227 f. 156 BAG v. 5.12.2019 – 2 AZR 107/19, NZA 2020, 171, Anm. Bauer, FD-ArbR 2020, 426155. 157 BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, NZA 2007, 1049. 158 BAG v. 24.2.2005 – 2 AZR 373/03, BB 2005, 1629. 159 BAG v. 16.5.2019 – 6 AZR 329/18, NZA 2019, 1198; v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372; v. 24.2.2011 – 2 AZR 636/09, NZA 2011, 1087; v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361 sowie Rz. 129 ff. 160 Hierzu BKG, § 1 AGG Rz. 44; PWW/Lingemann, § 1 AGG Rz. 8 mwN sowie Rz. 74 ff. 161 Hierzu PWW/Lingemann § 10 AGG Rz. 22 sowie Rz. 130.

Lingemann | 843

Kap. 22 Rz. 50 | Beendigungskündigung

50 Die zivilrechtlichen Generalklauseln werden von § 2 Abs. 4 AGG nicht erfasst. Ordentliche Kündi-

gungen während der Wartezeit und in Kleinbetrieben sind deshalb unmittelbar am Maßstab des AGG zu messen.162 Ein Diskriminierungsverstoß bei Kündigungen, die nicht dem KSchG unterfallen, führt daher zur Unwirksamkeit der Kündigung gem. § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1 AGG, §§ 1, 3 AGG.163 Bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB dürfte im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung schon das Vorliegen eines wichtigen Grundes abzulehnen sein.164

51 Diese Auslegung führt nicht dazu, dass Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereichs der § 1

KSchG, § 626 BGB insb. wegen der möglichen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG stärker sanktioniert würden als Kündigungen, für die jene Normen gelten. Denn auch bei Kündigungen, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, kommt eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Betracht.165 Ob auch die übrigen Bestimmungen der §§ 13–16 AGG auf jede Art von Kündigung anzuwenden sind, ist ungeklärt.166

52 Der in Art. 30 EU-GRCh geregelte Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung bei Kün-

digungen, die lediglich an §§ 138, 242 BGB zu messen sind, muss nicht berücksichtigt werden.167 Der EuGH hat klar gestellt, wann genau durch Sekundärrechtsakte der Anwendungsbereich des Unionsrechts und damit auch der Unionsgrundrechte eröffnet wird. Art. 51 EU-GRCh setzt dafür die „Durchführung des Rechts der Union“ voraus. Dafür ist nach dem EuGH nicht ausreichend, dass ein Unionsrechtsakt und eine nationalen Maßnahme sachlich benachbart sind oder mittelbare Auswirkungen aufeinander haben können.168 Die Charta sei insb. dann unanwendbar, wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine bestimmten Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den fraglichen Sachverhalt schaffen.

52a Vom Anwendungsbereich des KSchG ausgenommen sind gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG die Mitglie-

der des Organs einer juristischen Person, die zu dessen Vertretung berufen sind. Die Norm enthält eine negative Fiktion, die jedenfalls dann gilt, wenn die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (noch) besteht. Dies gilt unabhängig davon, ob das zugrundeliegende schuldrechtliche Anstellungsverhältnis materiell-rechtlich als Arbeits- oder als Dienstverhältnis zu qualifizieren wäre.169

162 BAG v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, NZA 2015, 1380; v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372. 163 BAG v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, BB 2015, 2876, m. Anm. Bauer ArbRAktuell 2015, 375 zur Erwähnung der Pensionsberechtigung des Arbeitnehmers in der Kündigung; v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372. Ein unterlassenes Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX innerhalb der ersten sechs Arbeitsmonate ist keine Diskriminierung wegen Schwerbehinderung, BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 402/14, NZA 2016, 1131. 164 Vgl. Hein, NZA 2008, 1033. 165 BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 838/12, NZA 2014, 722; v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg v. 16.9.2015 – 23 Sa 1045/15, ArbRAktuell 2015, 609 zur Kündigung wegen Schwangerschaft. 166 Tendenziell ablehnend für Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG zuletzt BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 838/12, NZA 2014, 722, 724 Rz. 20. Zu bejahen dürfte die Anwendbarkeit von § 16 AGG sein, insb. für Maßnahmen nach der Rückkehr des Arbeitnehmers an seinen Arbeitsplatz, vgl. BAG v. 19.12. 2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372, 376 Rz. 38 aE. 167 BAG v. 8.12.2011 – 6 AZN 1371/11, NZA 2012, 286. Auch eine erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses weist keine Berührung zum Unionsrecht auf (BAG v. 11.9.2013 – 7 AZR 843/11, NZA 2013, 1352). 168 EuGH v. 10.7.2014, EuZW 2014, 795 Rz. 34, m. Anm. Pötters – Fall „Hernández“. 169 BAG v. 21.9.2017 – 2 AZR 865/16, NZA 2018, 358.

844 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 54 Kap. 22

3. Verhaltensbedingte Kündigung a) Kündigungsgrund Eine Kündigung ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheint.170 In Abgrenzung zur personenbedingten Kündigung ist unter einem kündigungsrelevanten „Verhalten“ eine Handlungsweise zu sehen, die dem Arbeitnehmer vorwerfbar, von ihm also willentlich steuerbar ist.171 Zu den in Betracht kommenden Pflichtverletzungen gibt es zahlreiche Kataloge; verwiesen sei hier auf Eisenmann in Küttner, Personalbuch 2020, Kap. 260 Kündigung, verhaltensbedingte Rz. 18–44; Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III, Rz. 509 ff.; Schaub/Linck, ArbR-Hdb., 18. Aufl. 2019, § 133 Rz. 11–48.

53

Aus jüngerer Zeit sind folgende Kündigungsgründe festzuhalten: Tätliche Angriffe auf Arbeitskollegen,172 beharrliche Arbeitsverweigerung, selbst bei Rechtsirrtum des Arbeitnehmers173; beleidigende Äußerungen und Fotoveröffentlichungen in sozialen Netzwerken;174 beleidigende und ehrverletzende Äußerungen gegenüber dem Arbeitgeber175 (Arbeitnehmer dürfen aber, insb. als Wahlbewerber, unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber äußern, solange dies keine Formalbeleidigung oder Schmähkritik ist176); Drogenkonsum eines LKW-Fahrers,177 EDV-Nutzung: Private Einsätze von Smartphones während der Arbeitszeit,178 private Nutzung eines Diensthandys,179 private Internetnutzung bei ausdrücklichem Verbot oder ohne ein solches bzw. bei begrenzter Nutzungserlaubnis jedenfalls bei ausschweifender Internetnutzung auch ohne vorherige Abmahnung; Herunterladen umfangreicher pornographischer Dateien kann selbst bei prinzipieller Duldung privater Internetnutzung, ggf. auch ohne vorherige Abmahnung.180 Ferner ggf. das Tragen eines islamischen Kopftuchs181 einer in einer Einrichtung der Kirche tätigen Arbeitnehmerin,182 oder an staatlichen Schulen und Kindergärten entgegen einem hinreichend bestimmten Verbot, sofern dies eine konkrete Gefahr für den Betriebsfrieden auslöst (etwa durch Streitigkeiten mit Schülern) und dieselbe Regelung auch für Praktiken anderer Religionen besteht,183 nicht jedoch bei privaten Arbeit-

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170 BAG v. 11.7.2013 – 2 AZR 994/12, NZA 2014, 250, 251 Rz. 20. 171 BAG v. 3.11.2011 – 2 AZR 748/10, NZA 2012, 607 Rz. 21 f. In dem Urteil wird aaO die umstrittene Frage offengelassen, ob eine verhaltensbedinge Kündigung auch gerechtfertigt sein kann, wenn die Pflichtverletzung dem Arbeitnehmer zwar nicht vorwerfbar ist, sie aber besondere schwerwiegende Folgen nach sich gezogen hat. 172 BAG v. 6.10.2005 – 2 AZR 280/04, NZA 2006, 431. 173 BAG v. 19.1.2016 – 2 AZR 449/15, NZA 2016, 1144; v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, NZA 2016, 417; v. 29.8.2013 – 2 AZR 273/12, NZA 2014, 533 Rz. 33 f., 40. 174 Klinkhammer/Müllejans; ArbRAktuell 2014, 503; Scheid/Klinkhammer, ArbRAktuell 2013, 6; Bauer/ Günther, NZA 2013, 67. 175 LAG Nürnberg v. 13.11.2014 – 4 Sa 574/13, ZTR 2015, 466. 176 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 419/12, NZA 2014, 660. 177 BAG v. 20.10.2016 – 6 AZR 471/15, NZA 2016, 1527 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 14. 178 Eingehend dazu Stück, ArbRAktuell 2014, 163. 179 Günther/Nolde, ArbRAktuell 2012, 599. 180 Vgl. BAG v. 16.7.2015 -2 AZR 85/15, NZA 2016, 161; v. 19.4.2012 – 2 AZR 186/11, NZA 2013, 27 (hier milder als sonst); v. 31.5.2007 – 2 AZR 200/06, NZA 2007, 922; v. 27.4.2006 – 2 AZR 386/05, NZA 2006, 977; v. 12.1.2006 – 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980; v. 7.7.2005, DB 2006, 397; LAG Nds. v. 31.5.2010, NZA-RR 2010, 406. Zu allen Fallkonstellationen kündigungsrelevanter Pflichtverletzungen auch Howald, öAT 2014, 49; Kramer, 2013, 311 und NZA 2007, 1338; Lansnicker, BB 2007, 2184. 181 BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 611/12, NZA 2014, 1407. Allgemein zur Frage der Kollision islamischer Praktiken und arbeitsrechtlichen Pflichten mit Rspr.-Übersicht Hoevels, ArbRAktuell 2012, 5. 182 BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 611/12, NZA 2014, 1407. 183 Vgl. BVerfG v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10, NJW 2015, 1359.

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Kap. 22 Rz. 54 | Beendigungskündigung gebern, sofern das Tragen eines Kopftuchs die Arbeitnehmerin nicht in ihrer vertragsmäßen Arbeitsleistung beeinträchtigt;184 unentschuldigtes Fehlen,185 eine Verletzung arbeitsvertraglicher Geheimhaltungspflichten,186 eine mehrjährige Haftstrafe,187 Konkurrenztätigkeit,188 Manipulation von Akten zur Verschleierung von Pflichtverstößen,189 bewusste Nichtanzeige einer laufenden Lohnüberzahlung,190 Nutzung dienstlicher Ressourcen zur Herstellung von „Raubkopien“,191 rufschädigendes Auftreten des Arbeitnehmers in der Öffentlichkeit,192 Schmähkritik gegenüber dem Arbeitgeber,193 sexuelle Belästigung von Arbeitskollegen,194 Spesenbetrug,195 bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über den Arbeitgeber,196 vorsätzlich wahrheitswidrige eidesstattliche Versicherung oder leichtfertig wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen in einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber;197 „Whistleblowing“ – insb. eine Strafanzeige198 des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber – ohne erforderlichen199 innerbetrieblichen Klärungsversuch oder nur zum Zwecke der Schädigung des Arbeitgebers200sowie Manipulationen der Zeiterfassung.201

55 Die wahrheitswidrige Beantwortung der Fragen nach einem eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch einen Stellenbewerber rechtfertigt wegen der Wertentscheidung des § 53 BZRG keine Kündigung.202

56 Für den Arbeitgeber ist entscheidend, dass er den Pflichtverstoß des Arbeitnehmers auch darlegen

und beweisen kann. Die Speicherung und Verwertung von Aufnahmen aus einer zulässigen, offenen Videoüberwachung wird nicht durch Zeitablauf unverhältnismäßig, solange die Rechtsverfolgung durch den Arbeitgeber materiell-rechtlich möglich ist („Datenschutz ist nicht Tatenschutz“).203 Führt der Arbeitgeber eine verdeckte Videoüberwachung204 durch, muss das allgemeine Persönlich184 BAG v. 10.10.2002, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 44. 185 BAG v. 13.3.2008 – 2 AZR 88/07, DB 2009, 68 zur missbräuchlichen Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, wenn der Gegenanspruch lediglich pauschal behauptet wird (hier: Vorwurf des „Mobbings“ ohne nähere Darlegung des konkreten Sachverhalts). 186 BAG v. 23.10.2008, DB 2009, 1131 zur offengelassenen Frage, ob die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat stets zugleich eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt. 187 BAG v. 24.3.2011 – 2 AZR 790/09, NJW 2011, 2825. 188 BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 644/13, NZA 2015, 429. 189 BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 638/13, NZA 2014, 965. 190 BAG v. 28.8.2008 – 2 AZR 15/07, NZA 2009, 193; allerdings hat das BAG im vorliegenden Fall eine Pflichtverletzung verneint, da der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft gegenüber dem zuständigen Personalleiter angeboten hatte, dieser ihm aber keine Arbeit zuwies. 191 BAG v. 16.7.2015, NZA 2016, 1611. 192 BAG v. 23.6.2009, BB 2009, 1525 zur Kündigung eines Pressefotografen. 193 BAG v. 5.12.2019 – 2 AZR 240/19, NZA 2020, 646. 194 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294; LAG Niedersachsen v. 25.11.2008, NZA-RR 2009, 249. 195 BAG v. 11.7.2013, NZA 2013, 250. 196 BAG v. 27.9.2012, NZA 2013, 808. 197 BAG v. 31.7.2014 – 2 AZR 434/13, NZA 2015, 358, 359 Rz. 20. 198 Zur Strafanzeige umfassend Fuhlrott/Oltmann, DB 2017, 2354. 199 Handelt es sich bei den dem Arbeitgeber zur Last gelegten Vorfällen um schwerwiegende Vorwürfe und sind die betreffenden Straftaten vom Arbeitgeber selbst begangen worden, so muss der Arbeitnehmer keinen innerbetrieblichen Klärungsversuch unternehmen (BAG v. 7.12.2006, DB 2007, 808; EuGH v. 21.7.2011, NJW 2011, 3501 – Heinisch; Lingemann, Kündigungsschutz, Teil 6, Rz. 10 lit. o). 200 BAG v. 3.7.2003 – 2 AZR 235/02, NZA 2004, 427; Einzelheiten bei PWW/Lingemann, § 611 BGB Rz. 87, § 626 BGB Rz. 7. 201 BAG v. 9.6.2011, NZA 2011, 1027; v. 24.11.2005, DB 2006, 677. 202 BAG v. 15.11.2012 – 6 AZR 339/11, DB 2013, 584. 203 BAG v. 23.8.2018 – 2 AZR 133/18, NZA 2018, 1329. 204 Zur Videoüberwachung umfassend Alter, NJW 2015, 2375. Zu Ansprüchen auf Schmerzensgeld wegen rechtswidriger Überwachung Schulze/Greve, ArbRAktuell 2014, 245.

846 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 56 Kap. 22

keitsrecht der Arbeitnehmer gem. Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG beachtet werden. So erlangte Informationen zu Pflichtverletzungen der Arbeitnehmer sind verwertbar, wenn ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung des Arbeitnehmers gegen einen räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachtes ergebnislos ausgeschöpft sind und die heimliche Maßnahme insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.205 Dass der konkrete Verdacht nicht gegen den gekündigten Arbeitnehmer gerichtet war, steht der Verwertung von Zufallsfunden nicht entgegen.206 Auch wenn die Maßnahme nur wegen der Betroffenheit dritter Arbeitnehmer unzulässig ist, führt dies nicht zu einer Unverwertbarkeit.207 Die verdeckte Überwachung durch einen Detektiv zur Aufklärung eines auf konkrete Tatsachen gegründeten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann zulässig sein.208 Bei einem heimlichen Mithören eines Telefongesprächs durch einen Dritten kann dieser als Zeuge vernommen werden, wenn der Angerufene das Mithören nicht zielgerichtet ermöglicht hat, sondern der Dritte das Gespräch zufällig mitgehört hat.209 Die Überwachung dienstlicher E-Mail-Korrespondenz wird sowohl hinsichtlich der Erfassung der Verbindungsdaten als auch des Inhalts der Mails überwiegend für zulässig erachtet, bei der Überwachung der privaten Korrespondenz ist dies umstritten, wenn der Arbeitgeber die private E-Mail-Nutzung gestattet.210 Die Verwertung mittels eines Keyloggers erhobener Daten ist jedenfalls unzulässig, wenn kein auf konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer schwerwiegenden, nicht notwendig strafbaren Pflichtverletzung besteht.211 Die Auswertung des Browserverlaufs kann zulässig sein, wobei die Anforderungen an eine Kontrolle bei erlaubter Privatnutzung regelmäßig höher sind.212 Private Daten können unter bestimmten Umständen unter das von Art. 8 EMRK geschützte „Privatleben“ fallen, zB wenn sie eindeutig als privat identifiziert und von einem Arbeitnehmer auf einem Rechner gespeichert werden, den ihm sein Arbeitgeber zur Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt hat.213 Das Ergebnis einer heimlichen Schrankkontrolle kann hingegen unverwertbar sein.214 Hat ein für den Kündigungssachverhalt maßgebliches Gespräch allein zwischen Parteien des Kündi205 BAG v. 21.11.2013 – 2 AZR 797/11, NZA 2014, 243 Rz. 42 ff.; v. 21.6.2012 – 2 AZR 153/11, NJW 2012, 3594; v. 16.12.2010 – 2 AZR 485/08, NZA 2011, 571. Dabei macht allein die Einigung mit dem Betriebsrat über die Einführung verdeckter Videomaßnahmen eine an sich unzulässige Videoüberwachung nicht rechtmäßig (BAG v. 21.6.2012, NJW 2012, 3594). Ebenso führen mitbestimmungswidrig erlangte Informationen im Kündigungsschutzprozess nicht zwangsläufig zu einem Verwertungsverbot (BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 537/06, NZA 2008, 1008 zur Nichteinhaltung einer Betriebsvereinbarung zur Personen-(Taschen-)kontrolle der Mitarbeiter, allerdings zu dem Sonderfall, dass die kündigungsrelevante Tatsache selbst unstreitig war). Auch ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 BDSG (§ 6b Abs. 2 BDSG a.F.) führt nicht schlechthin zu einer Unverwertbarkeit des Beweismittels. Ein Beweisverwertungsverbot im arbeitsgerichtlichen Verfahren kann es im Übrigen nur geben, wenn ein solches Verwertungsverbot entweder ausdrücklich normiert ist oder in verfassungsrechtlich geschützte Positionen einer Partei eingegriffen wird. Allerdings können Verstöße gegen § 4 Abs. 2 BDSG gemäß Art. 83 Abs. 5 lit. a DSGVO nunmehr mit hohen Geldbußen geahndet werden (vgl. Gola/Heckmann/ Starnecker, BDSG, 13. Aufl. 2019, § 4 BDSG Rz. 57). 206 BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 848/15, NZA 2017, 112. 207 BAG v. 20.10.2017 – 2 AZR 395/15, NZA 2017, 443. 208 BAG v. 29.6.2017 – 2 AZR 597/16, NZA 2017, 1179 zu § 32 BDSG aF., der im Wesentlichen inhaltsgleich mit § 26 BDSG nF. ist. 209 BAG v. 23.4.2009 – 6 AZR 189/08, NZA 2009, 974. 210 Insoweit ist fraglich, ob der Arbeitgeber den Verpflichtungen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses gem. § 88 TKG unterliegt (so die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur (vgl. Brink/Schwab, ArbRAktuell 2018, 111; ErfK/Franzen, § 26 BDSG Rz. 30; Eckhardt in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 88 TKG Rz. 31; aA. überzeugend u.a. LAG Berlin-Brandenburg v. 16.2.2011, NZA-RR 2011, 342; LAG Niedersachen v. 31.5.2010, NZA-RR 2010, 406; Löwisch, DB 2009, 2782; Wybitul, ZD 2011, 69). 211 BAG v. 27.7.2017 – 2 AZR 681/16, NZA 2017, 1327. 212 Umfassend Laber/Santon, ArbRB 2019, 60. 213 EGMR v. 22.2.2018 – 588/13 (Libert/Frankreich), NZA 2018, 1609. 214 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 546/12, NZA 2014, 143.

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Kap. 22 Rz. 56 | Beendigungskündigung gungsschutzverfahrens stattgefunden, so ist aus Gründen der Waffengleichheit eine Parteivernehmung durchzuführen, wenn die andere Partei auf einen ihr nahe stehenden Zeugen zurückgreifen kann.215

57 Im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung, ist zunächst zu prüfen, ob es mildere Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung gibt, und, falls dem nicht so ist, ob das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers das Bestandsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Insgesamt muss die Kündigung bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragspartner billigenswert und angemessen sein.216 b) Abmahnung

58 Grundsätzlich kann eine Kündigung nur auf eine Pflichtverletzung gestützt werden, wenn der Ar-

beitnehmer nach dem ersten Verstoß zunächst ordnungsgemäß abgemahnt wurde und trotz dieser Abmahnung erneut eine vergleichbare Pflichtverletzung begangen hat, die dann zur Begründung der Kündigung herangezogen wird.217 Dies ist für die Kündigung aus wichtigem Grund in § 314 Abs. 2 BGB218 geregelt, gilt aber aufgrund des Prognoseprinzips auch für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung. Denn Zweck der Kündigung ist nicht Sanktion für die Vertragspflichtverletzung, sondern sie dient der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Die Abmahnung dient der Objektivierung der negativen Prognose und damit dieses Risikos.219 Sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips, nach dem die Kündigung nur äußerstes Mittel sein darf (Ultima-Ratio-Prinzip). Eine Abmahnung kann jedoch entbehrlich sein, wenn eine Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigt (§ 314 Abs. 2 Satz 2, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB) oder der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgemäß zu verhalten (§ 314 Abs. 2 Satz 2, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Dies liegt auf der Linie der Rechtsprechung des BAG.220

59 Danach ist eine Abmahnung entbehrlich, wenn die Pflichtwidrigkeit des Handelns für den Arbeitneh-

mer ohne weiteres erkennbar ist und eine Hinnahme dieses Verhaltens durch den Arbeitgeber von vornherein offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen war.221 Daneben kann in Einzelfällen eine Abmahnung auch entbehrlich sein, wenn sie im Hinblick auf die Einsichtsoder Handlungsfähigkeit des Arbeitnehmers keinen Erfolg verspricht.222 Selbst bei Pflichtverletzun215 BAG v. 19.11.2008 – 10 AZR 671/07, DB 2009, 686; LAG Hamburg v. 7.9.2007, NZA-RR 2008, 577. 216 BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227 – Emmely; v. 22.7.1982, AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; zu einzelnen Kriterien der Abwägung vgl. LAG Hamm v. 30.5. 1996 – 4 Sa 2342/95, NZA 1997, 1056 und Tschöpe, BB 2002, 778, 781; Schlachter, NZA 2005, 433; Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III Rz. 589 mwN. 217 Vgl. nur BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294 Rz. 22; v. 23.1.2014 – 2 AZR 638/13, NZA 2014, 965 Rz. 16; v. 11.7.2013 – 2 AZR 994/12, NZA 2014, 250 Rz. 21; v. 25.10.2012, NZA 2013, 954; v. 10.6.2010, NZA 2011, 167 Rz. 35 ff.; v. 26.11.2009 – 2 AZR 751/08, NZA 2010, 823 Rz. 10, jedenfalls aus dem Umkehrschluss, dass nur in Ausnahmefällen vor der Kündigung keine Abmahnung erforderlich ist. Zu den Anforderungen an die Abmahnung Neumann/Hampe, DB 2014, 1258. 218 § 314 Abs. 1 BGB wird durch § 626 Abs. 1 BGB als lex specialis für Dienst- und Arbeitsverhältnisse verdrängt. Weil jedoch eine § 314 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung im Dienstvertragsrecht fehlt, ist dieser anzuwenden; zur analogen Anwendung auf die ordentliche Kündigung vgl. Berkowsky, AuA 2002, 11, 14. 219 BAG v. 24.3.2011 – 2 AZR 282/10, NZA 2011, 1029 Rz. 14; v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227 Rz. 36 – Emmely; v. 23.6.2009 – 2 AZR 103/08, NZA 2009, 1198, 1202, sowie LAG Rh.-Pf. v. 2.10.2014 – 3 Sa 290/14, juris. 220 S. nur BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 638/13, NZA 2014, 965, 966 Rz. 16; Binkert, NZA 2016, 721. 221 Vgl. BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294 Rz. 22; v. 23.10.2014 – 2 AZR 865/13, NZA 2015, 353 Rz. 47; v. 31.7.2014 – 2 AZR 434/13, NZA 2015, 358 Rz. 39; v. 25.10.2012 – 2 AZR 495/11, NZA 2013, 319 Rz. 16; v. 9.6.2011, NZA 2011, 1027; v. 26.8.1993, AP Nr. 112 zu § 626 BGB. 222 BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 865/13, NZA 2015, 353 Rz. 47; v. 25.10.2012 – 2 AZR 495/11, NZA 2013, 319; v. 9.6.2011, NZA 2011, 1027 Rz. 18; v. 18.5.1994 – 2 AZR 626/93, BB 1994, 1857.

848 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 62 Kap. 22

gen im Vertrauensbereich soll eine Abmahnung jedoch erforderlich sein, wenn der Arbeitnehmer annehmen durfte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig bzw. der Arbeitgeber werde es zumindest nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten ansehen.223 Letztlich entscheidend ist eine Prognose, ob zukünftig die konkrete Vertragsverletzung eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit oder ggf. auch schon ohne Abmahnung nicht mehr erlaubt, insb. weil Wiederholungen der Pflichtverletzung zu erwarten sind.224 Eine Abmahnung kommt allerdings nur hinsichtlich des Leistungs- oder Ordnungsverhaltens des Arbeitnehmers in Betracht, dessen Inhalt der Arbeitgeber über das Direktionsrecht bestimmen kann.225 Vorsicht ist bei häufigen Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen geboten. Wird die angedrohte Kündigung nach zahlreichen Abmahnungen immer noch nicht ausgesprochen, so schwächt dies die Warnfunktion derart, dass vor einer Kündigung eine besonders eindringliche letzte Abmahnung ausgesprochen werden muss.226

60

Berechtigt zur Abmahnung sind alle Mitarbeiter, die befugt sind, dem Arbeitnehmer verbindliche Weisungen zu Ort, Zeit sowie Art und Weise der geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen.227 Als Voraussetzung für eine Kündigung ist die Abmahnung nur geeignet, wenn sie mindestens drei Bestandteile enthält, nämlich

61

– die konkrete Mitteilung der die Pflichtwidrigkeit begründenden Tatsachen, – die Aufforderung, das pflichtwidrige Verhalten einzustellen bzw. das pflichtwidrige Verhalten oder auch ein vergleichbares Verhalten nicht zu wiederholen, sowie – die Ankündigung, dass der Arbeitnehmer im Wiederholungsfalle mit einer Kündigung rechnen muss bzw. mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“.228 Der häufigste Fehler bei Abmahnungen ist die fehlende Androhung der Kündigung bzw. der „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ (3. Spiegelstrich). Die verhaltensbedingte Kündigung ist nur berechtigt, wenn sich der Kündigungsgrund nach Ausspruch der Abmahnung ereignet hat und eine gleichartige – wenn nicht gar identische – Pflichtverletzung wie beim vorangegangenen Abmahnungssachverhalt darstellt.229 Auch eine frühere Kündigung erfüllt die Funktion einer Abmahnung, wenn der dortige Pflichtenverstoß für die Kündigung selbst noch nicht ausreichte jedenfalls dann, wenn der Kündigungssachverhalt feststeht und die Kündigung aus anderen Gründen, zB wegen ihrerseits fehlender Abmahnung, für sozialwidrig er223 BAG v. 21.6.2012 – 2 AZR 153/11, NZA 2012, 1025 Rz. 15 ff.; v. 9.6.2011, NZA 2011, 1027 Rz. 18; v. 4.6.1997 – 2 AZR 526/96, NZA 1997, 1281. Eine Abmahnung ist bei Diebstahl regelmäßig nicht erforderlich, auch wenn es um abgeschriebene Waren geht, die nach Meinung des Arbeitnehmers zur Entsorgung bestimmt waren (BAG v. 11.12.2003 – 2 AZR 36/03, NZA 2004, 486). Anderes kann nach BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227 (Emmely) dann gelten, wenn sich der Arbeitnehmer durch jahrelange beanstandungsfreie Beschäftigung ein Vertrauenskapital erdient hat. Dazu auch Schrader, NJW 2012, 342. 224 Vgl. BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294 Rz. 25 f., 30, 35; LAG Hamm v. 30.5.1996 – 4 Sa 2342/95, NZA 1997, 1056; Binkert, NZA 2016, 721, 723. 225 Eine Abmahnung kann daher nicht bei der Weigerung des Arbeitnehmers, an einem Personalgespräch wegen einer abgelehnten Änderung des Arbeitsvertrages teilzunehmen, ausgesprochen werden (BAG v. 23.6.2009 – 2 AZR 606/08, NZA 2009, 1011). 226 BAG v. 15.11.2001 – 2 AZR 609/00, BB 2002, 1269; vgl. Kammerer, BB 2002, 1747 ff. 227 BAG v. 5.7.1990, AP Nr. 1 zu § 15 SchwbG 1986; LAG Hamburg v. 20.5.2015, NZA-RR 2016, 70 Rz. 54. 228 Nach neuerer Rspr. des BAG ist auch die Androhung „arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ bereits eine hinreichende Warnung (BAG v. 19.4.2012, NZA-RR 2012, 567), wir halten es aber für sicherer, weiterhin die drohende Kündigung ausdrücklich zu nennen. 229 BAG v. 27.9.2012 – 2 AZR 955/11, NZA 2013, 425; v. 13.12.2007 – 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589; Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III Rz. 538 ff.

Lingemann | 849

62

Kap. 22 Rz. 62 | Beendigungskündigung achtet worden ist.230 Hat der Arbeitgeber eine Abmahnung ausgesprochen, so verzichtet er regelmäßig auf eine Kündigung aus den Gründen, wegen derer die Abmahnung erfolgt ist; dies gilt auch für eine Kündigung außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG.231 Ein Verzicht auf das Kündigungsrecht liegt allerdings nicht vor, wenn der Abmahnung selbst oder den Umständen zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als „erledigt“ ansieht.232

63 In der Betriebsratsanhörung zur Kündigung gem. § 102 BetrVG (vgl. Rz. 29 ff.) ist auch die zugrun-

deliegende Abmahnung mitzuteilen; zweckmäßigerweise sollte sie, sofern sie schriftlich vorliegt, beigefügt werden.

64–70 Einstweilen frei. c) Leistungsbedingte Kündigung

71 Eine leistungsbedingte Kündigung kann verhaltensbedingt begründet sein, wenn der Arbeitnehmer nicht unter angemessener Ausschöpfung seiner Leistungspflicht arbeitet (sog. „Low Performer“).233 Ob der Arbeitnehmer seiner Leistungspflicht genügt, richtet sich nach seinen individuellen Fähigkeiten: Er leistet nur schlecht, wenn er weniger gut arbeitet als er kann.234 Das deutliche und längerfristige Unterschreiten des von vergleichbaren Arbeitnehmern erreichten Mittelwerts ist allerdings ein Hinweis darauf, dass der schwache Ergebnisse erzielende Arbeitnehmer Möglichkeiten nicht ausschöpft.

72 Personenbedingt (dazu Rz. 97) wäre eine leistungsbedingte Kündigung begründet, wenn bei einem

über eine längere Zeit leistungsschwachen Arbeitnehmer auch für die Zukunft mit einer schweren Störung des Vertragsgleichgewichts zu rechnen ist; dabei darf ein milderes Mittel zur Wiederherstellung des Vertragsgleichgewichts nicht zur Verfügung stehen und dem Schutz älterer, langjährig beschäftigter und erkrankter Arbeitnehmer muss ausreichend Rechnung getragen werden.235

73 Dem Unterschreiten eines Durchschnittswertes der Leistung vergleichbarer Arbeitnehmer kann In-

dizwirkung für die Frage zukommen, ob der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit ausgeschöpft hat.236 Der Arbeitgeber genügt deshalb seiner Darlegungslast zunächst, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben.237

230 BAG v. 31.8.1989 – 2 AZR 13/89, NZA 1990, 433; v. 12.8.1999 – 2 AZR 923/98, NZA 2000, 421, 426 jedenfalls mit Verweis auf seine Rspr. von 1989. Zuletzt ausdrücklich: LAG Köln, v. 11.5.2007 – 11 Sa 258/07, juris. 231 BAG v. 13.12.2007 – 6 AZR 145/07, NZA 2008, 403; v. 6.3.2003 – 2 AZR 128/02, NZA 2003, 1388. 232 BAG v. 19.11.2015 – 2 AZR 217/15, NZA 2016, 540 Rz. 28. 233 Dazu Friemel/Walk NJW 2010, 1557; Hunold, NZA-RR 2014, 169; Weber, DB 2015, 1899. 234 BAG v. 11.12.2003 – 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784, 786. 235 BAG v. 11.12.2003 – 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784; allgemein zur Schlechtleistung als Kündigungsgrund Schul/Wichert, DB 2005, 1906. 236 BAG v. 17.1.2008 – 2 AZR 536/06, NZA 2008, 693, wonach das längerfristige Überschreiten der durchschnittlichen Fehlerquote (hier: dreimal so hohe Fehlerquote) nur einen Anhaltspunkt für eine Pflichtverletzung bietet und stets eine Gesamtbetrachtung aller Umstände zu erfolgen hat, da absolute Bezugsgrößen, die stets die Pflichtverletzung indizieren, nicht zu bestimmen sind, hierzu auch Wetzling/Habel, BB 2009, 1638. Im Übrigen ist diese Indizwirkung allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn für alle Arbeitnehmer gleiche Bedingungen zur Erreichung des Durchschnittswertes gelten und der höchste und niedrigste Wert nicht weit auseinanderklaffen, vgl. BAG v. 27.11.2008 – 2 AZR 675/ 07, NZA 2009, 842. 237 BAG v. 17.1.2008 – 2 AZR 536/06, NJW 2008, 3019; zur Verwertbarkeit der Ergebnisse digitaler Analysetools Kraus, DB 2018, 701.

850 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 75 Kap. 22

4. Personenbedingte Kündigung Gründe in der Person, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial rechtfertigen können, beruhen auf den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers. Eine auf sie gestützte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person ohne Verschulden238 zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist und dies zu einer erheblichen Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses führt.239

74

Häufigster240 Anwendungsfall der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen Krankheit.241 Auch aus nicht krankheitsbedingten Gründen242 kann eine personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein; dies gilt zB für die Exmatrikulation,243 für einen in Haft befindlichen Arbeitnehmer244, den Entzug der kanonischen Beauftragung einer kirchlichen Gemeindereferentin,245 die Schlechtleistung aufgrund mangelnder Qualifikation,246 den Entzug von besonderen Tätigkeitserlaubnissen247, die Unzuverlässigkeit des Arbeitnehmers248, die mangelnde Eignung zB im öffentlichen Dienst wegen auch außerdienstlich begangener Straftaten249 oder die aktive Mitgliedschaft in NPD oder JN.250, möglicherweise auch für die Einstufung als (mutmaßlicher) Gefährder.251 Unge-

75

238 Solange der Arbeitnehmer sein Verhalten zu steuern in der Lage ist und damit künftige Vertragsbeeinträchtigungen bei gehöriger Willensanspannung vermeiden kann, kann die Kündigung als verhaltensbedingte gerechtfertigt sein und bedarf damit zumeist einer vorherigen Abmahnung. Kann er dagegen sein Verhalten nicht mehr willentlich beeinflussen, ist der Kündigungsgrund personenbedingt. 239 S. nur BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 812/12, NZA 2014, 653 Rz. 26. 240 Zur nicht krankheitsbedingten personenbedingten Kündigung Korinth, ArbRB 2019, 220. 241 Dazu ausführlich Plocher, DB 2015, 1597 und 2083; Richter, ArbRAktuell 2015, 237; Lingemann/Ludwig, ArbRAktuell 2010, 385, 409; Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 99 ff.; Lepke, Kündigung bei Krankheit. 242 Vgl. Kock, BB 2009, 270; Einzelheiten bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil VI Rz. 647 ff. 243 BAG v. 18.9.2008, NZA 2009, 425 zum personenbedingten Kündigungsgrund der Exmatrikulation einer studentischen Hilfskraft, hierzu auch Hunold, NZA 2009, 476. Andererseits BAG v. 18.1.2007 – 2 AZR 731/05, NZA 2007, 680, wonach der Wegfall der Sozialversicherungsfreiheit bei einem Studenten keinen personenbedingten Kündigungsgrund darstellt. 244 Sie kann sogar eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist rechtfertigen, BAG v. 22.10. 2015 – 2 AZR 381/14, NZA 2016, 482. 245 BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 812/12, NZA 2014, 653. 246 Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer kraft seines Direktionsrechtes verpflichten, an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen und bei einer Weigerung des Arbeitnehmers ggf. nach Abmahnung kündigen. Ein Fortbildungsanspruch des Arbeitnehmers besteht grundsätzlich nur bei entsprechender individual- oder kollektivrechtlicher Regelung und jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitgeber im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung das Anforderungsprofil vollständig ändert. Bei einer Teilnahmeverpflichtung des Arbeitnehmers oder einem Anspruch auf Teilnahme besteht korrespondierend hierzu eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers, vgl. Wisskirchen/Bissels/Schmidt, NZA 2008, 1386, 1393. 247 BAG v. 21.4.2016 – 2 AZR 609/15, NZA 2016, 941; v. 23.9.2015 – 5 AZR 146/14, NZA 2016, 293 Rz. 18. 248 BAG v. 27.11.2008, DB 2009, 1191 zur Pflichtverletzung eines als Geschäftsführer zu einem anderen Konzernunternehmen entsandten Arbeitnehmers, dessen Fehlverhalten auch Indizwirkung für seine fehlende Loyalität im ruhenden Arbeitsverhältnis beim entsendenden Konzernunternehmen beigemessen wurde. 249 Solche Straftaten können bei hoheitlichen Aufgaben im öffentlichen Dienst auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Ein solcher Eignungsmangel kann etwa gegeben sein, wenn das außerdienstliche strafbare Verhalten die konkrete Besorgnis begründet, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dazu BAG v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372. 250 BAG v. 6.9.2012, BB 2012, 2367. 251 Plum, NZA 2019, 497; zur Verdachtskündigung aufgrund des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung s. LAG Niedersachsen v. 12.3.2018 – 15 Sa 319/17, NZA-RR 2018, 421.

Lingemann | 851

Kap. 22 Rz. 75 | Beendigungskündigung rechtfertigt ist die Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederheirat nach Scheidung aufgrund des Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 AGG.252

76 Die krankheitsbedingte Kündigung verstößt nicht gegen die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie

2000/87/EG, denn das Diskriminierungsmerkmal der Behinderung ist nicht gleichzusetzen mit Krankheit.253 Allerdings könnte eine Erkrankung je nach Art und Schwere des Krankheitsbildes auch in eine Behinderung umschlagen. Dann wäre über die nachstehenden Voraussetzungen hinaus möglicherweise auch zu prüfen, ob das Fehlen der Behinderung „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist.254 Auch wenn bei häufigen Kurzerkrankungen diese auf eine Behinderung des Arbeitnehmers zurückzuführen sind, genügen die vom BAG aufgestellten Maßstäbe zur krankheitsbedingten Kündigung (unten Rz. 77 ff., 84 ff.) der Rechtsprechung des EuGH zu Behinderungen iSd. Antidiskriminierungsrichtlinie.255 Zum Teil wird auch eine Altersdiskriminierung in Betracht gezogen, wenn die zur Kündigung herangezogenen Fehlzeiten dem Durchschnitt vergleichbarer Arbeitnehmer der Altersgruppe des gekündigten Arbeitnehmers entsprechen.256 Eine symptomlose HIV-Infektion stellt eine Behinderung iSd. AGG dar, wenn und soweit das gegenwärtig auf solche Infektionen zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern.257 Auch Fettleibigkeit kann eine Behinderung sein.258

77 Die ordentliche259 krankheitsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn eine negative Ge-

sundheitsprognose vorliegt, durch zu erwartende künftige Fehlzeiten betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigt werden und die Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitnehmers ausfällt. Die Anforderungen an diese drei Voraussetzungen sind unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen (Rz. 84 ff.) oder wegen Langzeiterkrankung (Rz. 90) handelt; eine Kündigung kommt auch in Betracht bei krankheitsbedingter dauernder Unfähigkeit, die vertragliche Leistung zu erbringen (Rz. 94 ff.) oder dauernder Minderung der Leistungsfähigkeit (Rz. 97 ff.). Besondere Probleme bereitet schließlich die Kündigung wegen Suchterkrankung (Rz. 99 ff.). Bei der Kündigung eines Schwerbehinderten muss zudem die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes nach § 168 ff. SGB IX260 eingeholt und zur Vermeidung der Unwirksamkeit der Kündigung auch die Schwerbehindertenvertretung gem. § 178 Abs. 2 SGB IX

252 BAG v. 20.2.2019 – 2 AZR 746/14, NZA 2019, 901 im Anschluss an EuGH v. 11.9.2018 – C-68/17, NZA 2018, 1187. 253 EuGH v. 11.7.2006 – C-13/05, NZA 2006, 839 – Chacon Navas; BAG v. 22.10.2009, ArbR 2010, 143 m. Anm. Lingemann; Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 109 f.; Schrader/ Müller, SAE 2007, 222 u. Hein, NZA 2008, 1033, 1038. 254 Vgl. Gaul/Naumann, ArbRB 2007, 15, 18. 255 EuGH v. 18.1.2018 – C-270/16, EuZW 2018, 209 m. Anm. Bayreuther. 256 LAG BW v. 18.6.2007, AuA 2007, 624. 257 BAG v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372. 258 EuGH v. 18.12.2014 – C-354/13, NZA 2015, 33 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 45. 259 Arbeitsunfähigkeit kann auch ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein und damit eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist. Häufige Kurzerkrankungen können dabei ein Dauertatbestsand sein, der die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ständig neu in Gang setzt. Dazu BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 582/13, NZA 2014, 962. 260 Mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 29.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234) wurden zahlreiche Regelungen in SGB I-XI geändert, vor allem aber im SGB IX. Das Gesetz trat hinsichtlich des Schwerbehindertenschutzes nach dem SGB IX und der umfassenden Umnummerierung gem. seinem Art. 26 erst am 1.1. 2018 in Kraft, einige Regelungen jedoch gem. Art. 2 bereits am 30.12.2016; dazu zählt insb. die Unwirksamkeit der Kündigung ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gem. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX/§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX nF.

852 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 81 Kap. 22

beteiligt werden261 (zum Sonderkündigungsschutz bei Schwerbehinderung s. Kap. 16 Rz. 9 f. sowie M 16.1 ff.).262 Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX (zur Aufforderung und Durchführung des bEM s. Kap. 15 Rz. 19, M 15.5 und M 15.6) ist zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung. Im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat die Nichtdurchführung eines bEM – es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung eines bEM zu ergreifen263 – aber gravierende Folgen für die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers. Ein unterlassenes bEM steht der Wirksamkeit der Kündigung nur nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfalle beweist, dass die Durchführung eines bEM objektiv nutzlos gewesen wäre. Dazu muss er umfassend und detailliert vortragen, warum weder ein weiterer Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz, noch dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung möglich gewesen ist und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können, warum also ein bEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten.264 Dazu gehört auch der Nachweis, dass künftige Fehlzeiten auch nicht durch Leistungen der beteiligten Rehabilitationsträger hätten vermieden werden können.265 Genügt der Arbeitgeber dieser Darlegungs- und Beweislast nicht, ist die Kündigung wegen Unverhältnismäßigkeit unwirksam.

78

Wegen dieser hohen Anforderungen an die Entbehrlichkeit des bEM ist Arbeitgebern zur Durchführung des bEM zu raten. Dabei muss er – das Einverständnis des Arbeitnehmers vorausgesetzt – eine bestehende betriebliche Interessenvertretung, hinzuziehen. Ein echtes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gilt aufgrund der Rahmenvorschrift des § 167 Abs. 2 SGB IX allerdings nur für die Aufstellung von entsprechenden Verfahrensgrundsätzen.266 Er muss den Arbeitnehmer auch auf die Ziele des bEM sowie die Art und den Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweisen.

79

Auch gegenüber schwerbehinderten Menschen ist die Einleitung des allgemeinen Präventionsverfahrens nach § 167 Abs. 1 SGB IX zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für Kündigungen, die Unterlassung kann aber bei Bewertung des Kündigungsgrundes zu Lasten des Arbeitgebers ausschlagen, wenn durch das Verfahren im Arbeitsverhältnis auftretende Schwierigkeiten hätten ausgeräumt werden können.267

80

Hat das ordnungsgemäß durchgeführte bEM zu einem negativen Ergebnis geführt, genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungslast, wenn er auf diesen Umstand hinweist und vorträgt, dass keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Hat ein bEM zu einem positiven Ergebnis geführt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die betreffende Empfehlung umzusetzen.268

81

261 Für den Inhalt der Unterrichtung und die Dauer der Stellungnahmefrist gelten die gleichen Grundsätze wie für die Unterrichtung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG (BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 378/18, NZA 2019, 305; Einzelheiten bei Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 1369). 262 Liegt die Zustimmung des Integrationsamtes vor, so kann der Arbeitgeber innerhalb des Frist des § 171 Abs. 3 SGB IX wegen desselben Kündigungssachverhalts auch wiederholt eine Kündigung aussprechen, insb. bei Bedenken hinsichtlich der formellen Wirksamkeit einer früheren Kündigung (BAG v. 8.11.2007 – 2 AZR 425/06, NZA 2008, 471). 263 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979; v. 7.2.2012 – 1 ABR 46/10, NZA 2012, 744 Rz. 9. 264 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979.; krit. Hoffmann-Remy, NZA 2016, 267. 265 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NZA 2015, 612 m. Anm. Arnold, ArbRAktuell 2015, 251. 266 BAG v. 22.3.2016 – 1 ABR 14/14, PM 16/16, BB 2016, 2173. 267 BAG v. 7.12.2006 – 2 AZR 182/06, NZA 2007, 617; ähnlich zur krankheitsbedingten Kündigung LAG Berlin v. 27.10.2005 – 10 Sa 783/05, BB 2006, 560. Einzelheiten zum bEM bei Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 100 ff. 268 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, NZA 2010, 398.

Lingemann | 853

Kap. 22 Rz. 82 | Beendigungskündigung

82 Für Kündigungen innerhalb der Wartezeit soll die unterbliebene Durchführung des bEM gem.

§ 167 Abs. 2 SGB IX hingegen keine kündigungsrechtlichen Folgen haben.269 Die fehlende Durchführung eines Eingliederungsmanagements begründet auch keinen Widerspruchsgrund für den Betriebsrat gem. § 102 Abs. 3 BetrVG.270

83 Praxistipp: Wegen der gravierenden Folgen eines unterlassenen bEM ist dem Arbeitgeber zu raten, vor einer

personenbedingten Kündigung wegen Krankheit stets ein bEM durchzuführen, sofern die Voraussetzungen einer insgesamt länger als sechs Wochen dauernden Arbeitsunfähigkeit vorliegen und der Arbeitnehmer sich mit der Durchführung des bEM einverstanden erklärt.271 Dazu muss der Arbeitgeber selbst initiativ werden.272 Auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu beachten; empfohlen wird daher der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum bEM, in der das Verfahren festgelegt wird.273

a) Häufige Kurzerkrankungen

84 „Häufige Kurzerkrankungen“ sind Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, die jeweils von kürzerer Dauer sind

und sich häufig wiederholen, ohne dass die Ausfallzeitpunkte im Voraus berechenbar wären.274 Die negative Gesundheitsprognose ist erfüllt, wenn im Kündigungszeitpunkt objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen.275 Maßgeblich für die Erkrankung in der Vergangenheit ist idR. ein Zeitraum von zwei bis drei Jahren mit Fehlzeiten von jeweils mehr als sechs Wochen; der Zeitraum kann auch länger oder kürzer, muss aber hinreichend prognosefähig sein.276 Auch verschiedene Erkrankungen können den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen.277 Nicht zu berücksichtigen sind Krankheiten, die ausgeheilt sind oder auf einmaligen Ereignissen, beispielsweise einem Sportunfall, beruhen.

85 Entscheidend für die negative Gesundheitsprognose ist der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Erfüllt sich nach Ausspruch der Kündigung die erwartete negative Gesundheitsprognose – beispielsweise im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses – nicht, so bleibt die Kündigung gleichwohl wirksam; der Arbeitnehmer hat jedoch möglicherweise einen Wiedereinstellungsanspruch (im Einzelnen unten Rz. 181 ff.).278 Reichte die negative Gesundheitsprognose zum Zeitpunkt der Kündigung zur Wirksamkeit der Kündigung nicht aus, nehmen die Krankheitszeiten des Arbeitnehmers jedoch nach Ausspruch der Kündigung zu, so wird die ursprünglich unwirksame Kündigung dadurch nicht wirksam; der Arbeitgeber muss vielmehr eine neue Kündigung aussprechen.279

86 Im Prozess gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast.280 Der Arbeitgeber kann sich zunächst

darauf beschränken, die Fehlzeiten der Vergangenheit darzustellen und zu behaupten, in Zukunft 269 BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, NZA 2007, 1049. 270 LAG Nürnberg v. 5.9.2006 – 6 Sa 458/06, DB 2007, 752. 271 Zur praktischen Durchführung eines bEM M 15.5 f. sowie Schilling/Rath, AuA 2009, 420; Nickel, AiB 2009, 423; Kohte, DB 2008, 582 sowie Wetzling/Habel, NZA 2007, 1129. 272 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979; v. 7.2.2012 – 1 ABR 46/10, NZA 2012, 744 Rz. 9. 273 Zur möglichen Gestaltung einer Betriebsvereinbarung Nickel, AiB 2009, 423, 427. 274 Vgl. BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 582/13, NZA 2014, 962 Rz. 19. Ausführlich zur Kündigung wegen Kurzerkrankungen Künzel/Vogl, DB 2020, 1513; Lingemann/Ludwig, ArbRAktuell 2010, 409; Richter, ArbRAktuell, 2015, 237; Schiefer, BB 2015, 2613; Inhester/Schimmelpfennig, DB 2018, 124; mit umfangreicher Definition und Abgrenzung zur Behinderung Schunder, NZA-Beilage 2015, 90. 275 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979 Rz. 16; v. 23.1.2014 – 2 AZR 582/13, NZA 2014, 962 Rz. 27; v. 10.11.2005 – 2 AZR 623/04, NZA 2006, 491. 276 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979 Rz. 19; v. 10.11.2005 – 2 AZR 44/05, NZA 2006, 655, 657. 277 BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 582/13, NZA 2014, 962. 278 Vgl. BAG v. 29.4.1999, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 46. 279 BAG v. 29.4.1999, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 46. 280 Einzelheiten Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 119 ff.; MüKoBGB/Hergenröder, § 1 KSchG Rz. 194.

854 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 89 Kap. 22

seien Krankheitszeiten in entsprechendem Umfang zu erwarten.281 Alsdann ist es Sache des Arbeitnehmers, gem. § 138 Abs. 2 ZPO darzulegen, weshalb im Kündigungszeitpunkt mit einer baldigen Genesung zu rechnen war. Er genügt dieser prozessualen Mitwirkungspflicht schon dann, wenn er vorträgt, die behandelnden Ärzte hätten seine gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilt, und wenn der diese von ihrer Schweigepflicht entbindet. Je nach Erheblichkeit dieses Vortrags ist es dann Sache des Arbeitgebers, den Beweis für die Berechtigung einer negativen Gesundheitsprognose zu führen,282 ggf. durch Vernehmung der Ärzte oder durch Sachverständigengutachten. Die erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen283 kommt bei häufigen Kurzerkrankungen in zwei Formen vor, nämlich in Form unzumutbarer wirtschaftlicher Belastungen und in Form von Betriebsablaufstörungen. Eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung wird bejaht, wenn der Arbeitgeber während der vergangenen drei Jahre jeweils für mehr als sechs Wochen Entgeltfortzahlung geleistet hat und auch in Zukunft mit entsprechenden Entgeltfortzahlungsleistungen zu rechnen ist.284

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Betriebsablaufstörungen können vielgestaltig sein, beispielsweise Stillstand von Produktionslinien oder auch einzelnen Maschinen, ständig wechselnder Schichtplan, Produktionsausfälle wegen im Krankheitsfall einzuarbeitenden Ersatzpersonals oder häufige Überstunden des verbleibenden Personals wegen der unberechenbaren Kurzerkrankungen. Unzumutbar hohe wirtschaftliche Belastung oder Betriebsablaufstörungen begründen alternativ die Beeinträchtigung betrieblicher Interessen. Betriebsablaufstörungen können auch dann von Bedeutung sein, wenn sie sich weniger als sechs Wochen pro Jahr auswirken.

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Im Rahmen der Interessenabwägung ist – einzelfallbezogen – zu prüfen, ob wegen negativer Gesundheitsprognose sowie erheblicher Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen die Kündigung gerechtfertigt ist oder ob der Arbeitgeber die Beeinträchtigung billigerweise noch hinnehmen muss.285 Dabei spielt aus Sicht des Arbeitgebers das Ausmaß der betrieblichen Beeinträchtigung und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, aber auch ein Verschulden des Arbeitnehmers bei Herbeiführung der Erkrankung286 oder Verzögerung der Genesung sowie Sicherheitsrisiken im Betrieb, zB bei Alkoholsucht287, eine Rolle. Für die Praxis bedeutsam ist die Feststellung, ob die Ausfälle des Arbeitnehmers deutlich über denen vergleichbarer Arbeitnehmer liegen.288 Zugunsten des Arbeitnehmers kann ein fortgeschrittenes Alter sprechen, ferner eine lange ungestörte Betriebszugehörigkeit sowie erhebliche Unterhaltspflichten.289 Auch eine betriebliche Ursache für die Erkrankung, die beispielsweise durch eine gleich hohe Krankheitsquote vergleichbarer Arbeitnehmer dokumentiert wird, wirkt sich zu Gunsten des Arbeitnehmers aus.290

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281 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979. 282 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979. 283 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979; Einzelheiten Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 113 ff.; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rz. 140 ff. 284 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979; v. 10.11.2005, AP Nr. 41 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit mwN; v. 29.7.1993 – 2 AZR 155/93, NZA 1994, 67. Auch dann, wenn ein Teil der Entgeltfortzahlungskosten aus einem Tronc (Lohnkasse für Mitarbeiter einer Spielbank) bezahlt wird und gleichzeitig Lohnansprüche anderer Arbeitnehmer geschmälert werden, ist eine wirtschaftliche Belastung zu bejahen, da nicht auf die wirtschaftliche Gesamtlage des Unternehmens, sondern auf das einzelne Arbeitsverhältnis abzustellen ist (BAG v. 8.11.2007 – 2 AZR 292/06, NZA 2008, 593). 285 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, NJW 2015, 1979; v. 10.11.2005, AP Nr. 41 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; v. 7.11.2002, AP Nr. 40 zu § 1 KSchG; v. 6.9.1989 – 2 AZR 19/89, NZA 1990, 307; v. 7.11. 1985 – 2 AZR 657/84, NZA 1986, 359. 286 Ein Verschulden iSv. § 3 EFZG hat das BAG verneint für den Fall, dass ein alkoholabhängiger Arbeitnehmer nach einer Therapie rückfällig wird, BAG v. 18.3.2015 – 10 AZR 99/14, NZA 2015, 801. 287 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 565/12, NZA 2014, 602. Ausführlich zur Alkoholsucht im Arbeitsverhältnis Brose, RdA 2015, 198. 288 BAG v. 11.8.1994 – 2 AZR 9/94, NZA 1995, 1051. 289 Vgl. BAG v. 20.1.2000 – 2 AZR 378/99, BB 2000, 1300; Lingemann, Unterhaltspflichten und Kündigung, BB 2000, 1835; BAG v. 10.11.2005, NZA 2006, 657. 290 BAG v. 5.7.1990, NZA 1991, 185.

Lingemann | 855

Kap. 22 Rz. 90 | Beendigungskündigung b) Kündigung wegen lang anhaltender Krankheit

90 Auch wegen einer Erkrankung in einer längeren, zusammenhängenden Zeitfolge kann die ordent-

liche Kündigung sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereits längere Zeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert war und das voraussichtliche Ende der Erkrankung im Zeitpunkt der Kündigung nicht absehbar ist,291 jedenfalls aber die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit für längere Zeit ungewiss ist.292 Hierfür kann auch eine bloße Infektion mit einem gefährlichen Virus ausreichend sein.293

91 Eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit

stellt ein Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar. Der Arbeitgeber genügt seiner Darlegungslast für eine negative Gesundheitsprognose, indem er die bisherige Dauer der Erkrankung und die ihm bekannten Krankheitsursachen vorträgt. Der Arbeitnehmer muss dies widerlegen, indem er konkrete medizinische Erkenntnisse vorlegt, nach denen in absehbarer Zeit die Wiedererlangung seiner Arbeitsfähigkeit zu erwarten ist.294 Die negative Gesundheitsprognose ist begründet, wenn der Arbeitnehmer seit 1 1/2 Jahren arbeitsunfähig und ein Ende der Erkrankung nicht absehbar ist.295 Ebenso genügt es, wenn der Arbeitnehmer erkrankt ist und in den nächsten 24 Monaten nicht mit einer Genesung gerechnet werden kann.296

92 Für die Beeinträchtigung wesentlicher betrieblicher Interessen gelten bei der lang dauernden Er-

krankung strengere Maßstäbe, da der Arbeitgeber hier durch Einsatz von Ersatzkräften besser planen kann. Erhebliche Mehrkosten für Ersatzkräfte können jedoch eine solche Beeinträchtigung begründen.297 Die Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit (dazu Rz. 94 ff.) allerdings gleich, wenn in den nächsten 24 Monaten nach Zugang der Kündigung mit einer günstigen Prognose für eine Genesung nicht gerechnet werden kann.298

93 Bei der Interessenabwägung sind dieselben Gesichtspunkte wie bei den häufigen Kurzerkrankungen zu berücksichtigen (Rz. 89).299

c) Kündigung wegen krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit

94 Ist der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage, die geschul-

dete Arbeitsleistung zu erbringen, so kann auch dies die ordentliche personenbedingte Kündigung rechtfertigen.300

95 Die dauerhafte negative Gesundheitsprognose führt zu einer Störung im Austauschverhältnis.301

Sie wird bejaht, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit

291 BAG v. 29.4.1999 – 2 AZR 431/98, BB 2000, 49; Einzelheiten bei Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 124 ff. 292 BAG v. 24.11.2005 – 2 AZR 514/04, NZA 2006, 665. 293 Zur Hepatitis-Infektion s. Lepke, DB 2008, 467. 294 BAG v. 13.5.2015 – 2 AZR 565/14, NZA 2015, 1249, Anm. Schunder; NJW 2016, 110. 295 BAG v. 21.5.1992 – 2 AZR 399/91, NZA 1993, 497. 296 BAG v. 13.5.2015 – 2 AZR 565/14, NZA 2015, 1249, Anm. Schunder; NJW 2016, 110; v. 30.9.2010 – 2 AZR 88/09, NZA 2011, 39 Rz. 11; v. 19.4.2007 – 2 AZR 239/06, NZA 2007, 1041 Rz. 18. 297 BAG v. 15.8.1984 – 7 AZR 536/82, NJW 1985, 2783. 298 BAG v. 12.4.2002 – 2 AZR 148/01, NZA 2002, 1081. 299 Vgl. BAG v. 15.8.1984 – 7 AZR 536/82, NJW 1985, 2783; v. 24.11.2005 – 2 AZR 514/04, NZA 2006, 665. 300 Für die st. Rspr. BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 1020/08, NZA 2010, 1234 Rz. 14; von einer dauernden Leistungsunfähigkeit ist auch auszugehen, wenn der Arbeitnehmer alkoholabhängig ist und Entziehungskuren ohne Erfolg blieben (BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 565/12, NZA 2014, 602 Rz. 15). 301 BAG v. 19.4.2007, BB 2007, 1904; v. 28.2.1990 – 2 AZR 401/89, NZA 1990, 727.

856 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 98 Kap. 22

völlig ungewiss ist.302 Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen, ohne dass noch Betriebsablaufstörungen dargetan werden müssten.303 Zur Vermeidung einer Kündigung muss der Arbeitgeber aber prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz möglich ist (näher dazu Rz. 98).304 Er muss auch konkret darlegen, welche Maßnahmen er als Hilfestellung unternommen hat, um dem Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung zu ermöglichen.305 Eine Interessenabwägung ist idR. entbehrlich, es sei denn, der Arbeitnehmer wäre aufgrund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzbedürftig.306

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d) Kündigung wegen dauernder Leistungsminderung Auch eine krankheitsbedingte dauerhafte Minderung der Leistungsfähigkeit kann die personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn ein gravierendes Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers vorliegt,307 die verbliebene Arbeitsleistung also die vertraglich geschuldete in einem Maße unterschreitet, dass ein Festhalten des Arbeitgebers am unveränderten Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint.308 Die negative Prognose setzt voraus, dass die Minderung auf Dauer eintritt, ihr Ende jedenfalls nicht absehbar ist. Das BAG hat bei einer durchschnittlichen Leistung des Arbeitnehmers, die auf Dauer lediglich bei 66 % der Normalleistung liegt, eine solche Kündigung bestätigt.309 Die Beeinträchtigung wesentlicher betrieblicher Interessen liegt darin, dass das Austauschverhältnis auf Dauer gestört ist, da die Vergütung nicht mehr der Gegenleistung entspricht.

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Vor Ausspruch der Kündigung muss der Arbeitgeber jedoch prüfen, ob der Arbeitnehmer nicht auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann, der ggf. sogar durch Ausübung seines Direktionsrechtes freigemacht werden muss.310 Stimmt der Betriebsrat der Versetzung des Arbeitsplatzinhabers allerdings nicht zu, so braucht der Arbeitgeber ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht mehr durchzuführen, sondern kann die personenbedingte Kündigung aussprechen.311 Für die Interessenabwägung gelten gegenüber der Situation der häufigen Kurzerkrankung keine Besonderheiten.312

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302 BAG v. 5.7.1990, NZA 1991, 185. 303 BAG v. 13.5.2015 – 2 AZR 565/14, NZA 2015, 1249, Anm. Schunder, NJW 2016, 110; v. 19.4.2007, BB 2007, 1904. 304 BAG v. 19.4.2007, BB 2007, 1904; v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, BB 1997, 894. 305 LAG Nürnberg v. 12.6.2007 – 6 Sa 37/07, NZA-RR 2008, 178. 306 BAG v. 28.2.1990 – 2 AZR 401/89, NZA 1990, 727. 307 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 825/12, NZA 2014, 1089 Rz. 20. 308 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 825/12, NZA 2014, 1089. 309 BAG v. 11.12.2003 – 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784; v. 26.9.1991 – 2 AZR 132/91, NZA 1992, 1073; ebenso LAG Hamm v. 1.2.2005 – 19 (11) Sa 1167/01, BB 2005, 2245; vgl. auch BAG v. 3.6.2004, DB 2004, 2590, wo aufgrund völliger Erfolglosigkeit eines Arbeitnehmers im Akquisitionsgeschäft eine personenbedingte Kündigung in Betracht kam. Allgemein zur Kündigung wegen Schlecht- und Minderleistung Friemel/Frank, NJW 2010, 1557. 310 BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, BB 1997, 894 f.; dazu Lingemann, BB 1998, 1106. 311 BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, BB 1997, 894 f.; etwas Anderes gilt allerdings im Rahmen des Beschäftigungsanspruches schwerbehinderter Menschen gem. § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX, hier muss der Arbeitgeber ggf. das Zustimmungsersetzungsverfahren durchführen (BAG v. 3.12.2002 – 9 AZR 481/01, NZA 2003, 1215). 312 Vgl. BAG v. 15.8.1984 – 7 AZR 536/82, NJW 1985, 2783.

Lingemann | 857

Kap. 22 Rz. 99 | Beendigungskündigung e) Kündigung wegen Suchterkrankungen

99 Ein schwieriger Grenzfall zwischen personen- und verhaltensbedingter Kündigung ist die Kündi-

gung wegen Suchterkrankungen, insb. Alkoholabhängigkeit.313 Jedenfalls wenn der Arbeitsunfähigkeit medizinischer Krankheitswert zukommt, sollen die Maßstäbe für die krankheitsbedingte Kündigung anzuwenden sein.314 Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Erkrankten durch seine Abhängigkeit keine Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich seines Suchtmittelkonsums mehr verbleibt.315

100 Die negative Gesundheitsprognose wird bejaht, wenn der Arbeitnehmer trotz Suchterkrankung eine

Entziehungskur verweigert.316 Erklärt er sich allerdings zu einer Kur bereit, muss der Arbeitgeber deren Ergebnis zunächst abwarten; nur wenn diese nicht zum Erfolg führt, kann personenbedingt gekündigt werden.317 Die Kündigung kann auch zulässig sein, wenn im Kündigungszeitpunkt die Prognose gerechtfertigt ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Alkoholerkrankung dauerhaft nicht die Gewähr bietet, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen. Auf beträchtliche Fehlzeiten kommt es dann nicht an. Die erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen kann – über die allgemeinen Grundsätze (Rz. 87 ff.) hinaus – auch darin bestehen, dass die Verrichtung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit mit einer beachtlichen Selbst- und Fremdgefährdung des Arbeitnehmers oder dritter Personen verbunden ist, und der Arbeitnehmer mangels Fähigkeit zur Alkoholabstinenz nicht die erforderliche Gewähr dafür bietet, bei seiner Arbeitsleistung einschlägige Unfallverhütungsvorschriften ausnahmslos zu beachten.318 f) Betriebsratsanhörung

101 Zur Betriebsratsanhörung verweisen wir auf die Ausführungen unter Rz. 29 ff. Mitzuteilen sind ne-

ben den allgemeinen Angaben die Fehlzeiten während des prognosefähigen Zeitraums, also idR der vergangenen drei Jahre. Wird die personenbedingte Kündigung auf erhebliche wirtschaftliche Belastungen (Entgeltfortzahlungskosten über mehr als sechs Wochen pro Jahr) gestützt, so muss auch im Einzelnen dargelegt werden, welche Krankheitszeiten mit Entgeltfortzahlungskosten und in welcher Höhe unterlegt sind. Wird die Kündigung auf betriebliche Beeinträchtigungen gestützt, so sind auch diese vorzutragen. Zur Interessenabwägung sind die Tatsachen anzugeben, die dem Arbeitgeber bekannt sind. Bei einer lang anhaltenden Erkrankung sind Angaben zur wirtschaftlichen Belastung gegebenenfalls entbehrlich.319 Vorsorglich sollte auch angegeben werden, dass und aus welchen Gründen (zB Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG) eine Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht möglich ist.320 g) Verdachtskündigung

101a Ein Sonderfall der personenbedingten Kündigung ist die Verdachtskündigung.321 Bei ihr begründet schon der Verdacht der betreffenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers (auch des Auszubildenden)322

313 BAG v. 18.3.2015 – 10 AZR 99/14, NZA 2015, 801; v. 20.3.2014 – 2 AZR 565/12, NZA 2014, 602. Ausf. zur Alkoholsucht im Arbeitsverhältnis Brose, RdA 2015, 198. 314 BAG v. 20.12.2012 – 2 AZR 32/11, DB 2013, 882; v. 9.4.1987 – 2 AZR 210/86, NZA 1987, 811. 315 Bei Rückfall in die Alkoholabhängigkeit nach einer Therapie dürfte das der Fall sein, BAG v. 18.3. 2015 – 10 AZR 99/14, NZA 2015, 801. 316 BAG v. 9.4.1987 – 2 AZR 210/86, NZA 1987, 811. 317 LAG Hamm v. 2.5.1986, LAGE § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 4. 318 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 565/12, NZA 2014, 602. 319 BAG v. 30.1.1986 – 2 AZR 668/84, NZA 1987, 555. 320 Vgl. BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, BB 1997, 894; Anm. Lingemann, BB 1998, 1106. 321 BAG v. 31.1.2019 – 2 AZR 426/18, NZA 2019, 893; Anm. Lingemann, FD-ArbR 2019, 418287. 322 In Ausbildungsverhältnissen ist eine Verdachtskündigung nur unter strengeren Anforderungen an Interessenabwägung und Anhörung des Arbeitnehmers zulässig, BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, 741.

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Beendigungskündigung | Rz. 101c Kap. 22

die Unzumutbarkeit eines weiteren Festhaltens an dem Arbeitsverhältnis, häufig mit der Folge einer fristlosen Kündigung. Zugrundliegen muss daher der dringende Verdacht einer Pflichtverletzung von erheblichem Gewicht.323 Auch eine ordentliche Verdachtskündigung ist sozial nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer dringend verdächtig ist, – wäre es erwiesen – eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte.324 Die vom Arbeitgeber vorgetragenen und ggf. bewiesenen Tatsachen müssen den Verdacht begründen (Schlüssigkeit, Rechtsfrage) und tatsächlich zutreffen (Tatsachenfrage).325 Die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens sowie von Zwangsmaßnahmen, für die schon ein Anfangsverdacht ausreicht, begründet für sich allein noch keinen dringenden Tatverdacht,326 ebenso wenig die Erhebung der öffentlichen Anklage327 und der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls, die einen hinreichenden Tatverdacht voraussetzen.328 Die Erhebung der öffentlichen Anklage kann aber eine den Verdacht intensivierende Wirkung haben.329 Eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung wegen vorsätzlicher strafbarer Handlungen im Dienst kann einen wichtigen Grund darstellen.330 Allerdings ersetzen Feststellungen im Strafverfahren nicht den Sachvortrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess.331 Für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sind nicht nur Tatsachen von Bedeutung, die dem Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung bekannt waren.332 Zu berücksichtigen sind auch Umstände, die erst später bekannt wurden, wenn sie bei Zugang der Kündigung bereits objektiv vorlagen; sie können den Verdacht abschwächen oder verstärken. Allerdings muss vor ihrer Einführung in den Kündigungsschutzprozess der Betriebsrat dazu angehört werden. Eine erneute Anhörung des gekündigten Arbeitnehmers ist nicht erforderlich, da die Kündigung bereits ausgesprochen wurde.333

101b

Zudem muss der Arbeitgeber alles Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhaltes getan haben, wozu insb. die Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung zählt.334

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Es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung gegen den Arbeitnehmer bereits einen (dringenden) Verdacht hat und diesen dem Arbeitnehmer ausdrücklich mitteilt. Ausreichend ist insoweit, dass der Arbeitnehmer aus den Umständen der Anhörung erkennen kann, um welchen aufzuklärenden Sachverhalt es geht, dass seine Verantwortung in Betracht gezogen wird und dass er dementsprechend Stellung beziehen kann.335 Der Umfang der Anhörung richtet sich nach dem bereits vorhandenen Kenntnisstand des Arbeitnehmers hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Vorwürfe.336 Dem Arbeitnehmer ist allerdings nur zu den Tatsachen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren, die Gegenstand seiner eigenen 323 BAG v. 18.6.2015 – 2 AZR 256/14, NZA 2016, 287 Rz. 22, Rz. 21 mwN. 324 BAG v. 31.1.2019 – 2 AZR 426/18, NZA 2019, 893; Anm. Lingemann, FD-ArbR 2019, 418287; v. 18.6. 2015 – 2 AZR 256/14, NZA 2016, 287 Rz. 22; v. 21.11.2013 – 2 AZR 707/11, NZA 2014, 243 Rz 32. 325 BAG v. 21.11.2013 – 2 AZR 797/11, NZA 2014, 243 Rz. 32; v. 10.2.2005 – 2 AZR 189/04, NZA 2005, 1056. 326 BAG v. 29.11.2007, DB 2008, 709. 327 BAG v. 27.1.2011 – 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798. 328 BAG v. 5.6.2008, NZA-RR 2008, 630. 329 BAG v. 27.1.2011 – 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798. 330 BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 25/07, NZA-RR 2009, 69. 331 BAG v. 25.10.2012 – 2 AZR 700/11, NZA 2013, 371; v. 24.5.2012, NZA 2013, 173 m. Anm. Göpfert/ Wilke, ArbRAktuell 2013, 54; mit Einverständnis des Arbeitnehmers können aber Zeugenaussagen aus dem Strafprozess verwertet werden, BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 865/13, NZA 2015, 353. 332 BAG v. 16.7.2015 – 2 AZR 85/15, NZA 2016, 161 Rz. 25. 333 BAG v. 23.5.2013 – 2 AZR 102/12, BB 2014, 316 m. Anm. Schröder. 334 Zu den Anforderungen an die Anhörung auch Dzida, NZA 2014, 809; 2013, 412; Eylert/Friedrichs, DB 2007, 2203. Zur Besonderheiten in Ausbildungsverhältnissen BAG v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13, NZA 2015, 741. 335 BAG v. 25.4.2018 – 2 AZR 611/17, NZA 2018, 1405 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 531. 336 BAG v. 28.11.2007 – 5 AZR 952/06, BB 2008, 900.

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Kap. 22 Rz. 101c | Beendigungskündigung Wahrnehmung waren.337 Maßgeblich ist auch nur das eigene Wissen des Arbeitnehmers; eine Wissenszurechnung nach Stellvertretungsrecht scheidet aus.338 Verletzt der Arbeitgeber schuldhaft diese Pflicht zur Anhörung, so ist die Kündigung unwirksam.339 Unterbleibt eine Anhörung, weil der Arbeitnehmer von vornherein nicht bereit ist, sich auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einzulassen und nach seinen Kräften an der Aufklärung mitzuwirken, oder lässt er eine angemessene Frist zur Anhörung ungenutzt verstreichen340, steht dies einer Wirksamkeit der Verdachtskündigung nicht entgegen. Der (weiteren) Gelegenheit zur Stellungnahme bedarf es in diesem Fall nicht.341

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Für die ordentliche Verdachtskündigung besteht keine starre Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber sein Recht zur Kündigung ausüben müsste, § 626 Abs. 2 BGB ist nicht entsprechend anwendbar. Allerdings muss der Arbeitgeber sich zügig entscheiden, da anderenfalls die Kündigung nicht mehr iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch den Vertrauensverlust bedingt ist.342 Bei einer außerordentlichen Verdachtskündigung gilt für die Anhörung eine Regelfrist von einer Woche nach Abschluss der übrigen Ermittlungen.343 Wird diese Frist eingehalten, so beginnt die Frist des § 626 Abs. 2 BGB erst mit erfolgter Anhörung. Lässt der Arbeitnehmer eine angemessene Frist zur Stellungnahme verstreichen, und verzichtet der Arbeitgeber deshalb auf eine Anhörung, entfällt der Fristaufschub für § 626 Abs. 2 BGB nicht nachträglich.344 Der Verdacht eines Eigentums- oder Vermögensdelikts kann auch bei geringen Sachwerten einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen, da maßgeblich auf das zerstörte Vertrauensverhältnis abzustellen ist.345 Auch die Verdachtskündigung muss verhältnismäßig sein. Dabei ist nicht ausgeschlossen, das spätere prozessuale Verhalten des gekündigten Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess bei der Interessenabwägung zu seinen Lasten zu berücksichtigen,346 sofern es den Kündigungsgrund in einem neuen Licht erscheinen lässt. In der Betriebsratsanhörung ist mitzuteilen, dass es sich um eine Verdachtskündigung handelt; aufzunehmen ist insb. auch der Verlauf der Anhörung, namentlich die Einlassung des Arbeitnehmers zu dem gegen ihn bestehenden Verdacht. Wird der Kündigungssachverhalt nachträglich im Kündigungsschutzverfahren auf einzelne beweisbare Vorwürfe beschränkt, so muss die Anhörung nicht wiederholt werden.347 Vor Gericht kann eine Verdachtskündigung auch als Tatkündigung gewertet werden, wenn die Betriebsratsanhörung die zugrundeliegenden Tatsachen bereits enthält.348 337 BAG v. 25.4.2018 – 2 AZR 611/17, NZA 2018, 1405 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 531. 338 BAG v. 13.3.2008 – 2 AZR 961/06, NZA 2008, 809. 339 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1037/12, NJW 2014, 3389; v. 11.4.1985 – 2 AZR 239/84, DB 1986, 1726; zu Hindernissen bei der Anhörung Mennemeyer/Dreymüller, NZA 2005, 382; zum Nachschieben von Kündigungsgründen Fiedler/Küntzer, FA 2005, 264; zum Teilnahmerecht des Rechtsanwalts Lange/ Vogel, DB 2010, 1066. 340 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1037/12, NZA 2014, 1015. 341 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1037/12, NZA 2014, 1015. 342 BAG v. 31.1.2019 – 2 AZR 426/18, NZA 2019, 893; Anm. Lingemann, FD-ArbR 2019, 418287. 343 BAG v. 27.6.2019 – 2 ABR 2/19, NZA 2019, 1415, Anm. Günther, FD-ArbR 2019, 421834; v. 20.3.2014 – 2 AZR 1037/12, NZA 2014, 1015; v. 27.1.2011 – 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann die Wochenfrist überschritten werden. Unerheblich ist, ob die Anhörung letztlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat oder nicht (BAG v. 20.3.2014, NJW 2014, 3389). 344 Das kann selbst bei unfreiwilligem, zB krankheitsbedingtem Schweigen des Arbeitnehmers gelten, BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1037/12, NJW 2014, 3389. 345 Vgl. BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227 – Emmely. 346 Vgl. BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227 – Emmely; dazu BAG v. 28.7.2009 – 3 AZN 224/09, NZA 2009, 859 zum mehrfachen Versuch, den Verdacht einer strafbaren Handlung auf andere abzulenken. 347 BAG v. 27.11.2008 – 2 AZR 98/07, NZA 2009, 604. 348 Dazu etwa BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 865/13, NZA 2015, 353 Rz. 21.

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Beendigungskündigung | Rz. 106 Kap. 22

Erweist sich der vom Arbeitgeber zum Anlass seiner Kündigung genommene Verdacht einer strafbaren Handlung des Arbeitnehmers nachträglich objektiv als unbegründet, scheidet eine Haftung des Arbeitgebers auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB mangels Vertretenmüssens aus, wenn die Arbeitsgerichte im Kündigungsrechtsstreit angenommen haben, aufgrund der gegebenen Sachlage seien keine weiteren Ermittlungen des Arbeitgebers erforderlich gewesen, so dass die Verdachtskündigung gerechtfertigt sei.349

5. Betriebsbedingte Kündigung Eine Kündigung ist auch dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.350

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a) Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes Grundvoraussetzung für jede betriebsbedingte Kündigung ist der Wegfall des Arbeitsplatzes. Dieser kann durch Ursachen bestimmt sein, die außerhalb der Entscheidung des Unternehmens liegen (außerbetriebliche Ursachen), wie insb. Auftragsrückgang, Rohstoffmangel, Liefersperren. Das Vorliegen außerbetrieblicher Gründe ist gerichtlich voll überprüfbar, dh. der Arbeitgeber muss nicht nur diese Ursachen darlegen und im Bestreitensfalle beweisen, sondern auch, dass sie konkret zum Wegfall einer bestimmten Anzahl von Arbeitsplätzen geführt haben und dass das Beschäftigungsvolumen in der Folge zurückgegangen ist.351 Dieser Nachweis ist schwierig.352

103

Der Arbeitsplatz kann aber auch infolge einer Unternehmerentscheidung wegfallen (innerbetriebliche Ursache).353 Die Unternehmerentscheidung ist durch die Arbeitsgerichte nur eingeschränkt zu prüfen, nämlich darauf, ob sie tatsächlich vorliegt und ob sie nicht offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.354 Es ist in der Praxis also meist einfacher, eine betriebsbedingte Kündigung aufgrund einer Unternehmerentscheidung durchzusetzen als aufgrund außerbetrieblicher Gründe.

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Praxistipp: Auch wenn außerbetriebliche Gründe vorliegen, sollte eine Unternehmerentscheidung zu den Maßnahmen getroffen werden, die innerhalb des Unternehmens veranlasst werden sollen. Dadurch kann eine verlässlichere Basis für notwendige betriebsbedingte Kündigungen geschaffen werden.

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Die Unternehmerentscheidung braucht bei Zugang der Kündigung noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und ab-

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349 BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 576/15, juris. 350 Neben dem Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes liegt ein dringendes betriebliches Erfordernis auch vor, wenn dem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats in einem Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG rechtskräftig aufgegeben worden ist, einen Arbeitnehmer zu entlassen (BAG v. 28.3.2017 – 2 AZR 551/16, NZA 2017, 985 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 196). Dieser Fall ist jedoch sehr selten und wird daher hier nicht weiter verfolgt. 351 St. Rspr.: BAG v. 23.2.2012 – 2 AZR 548/10, NZA 2012, 852 Rz. 16; BAG v. 18.5.2006 – 2 AZR 412/05, DB 2006, 1962. 352 So reicht zB der bloße Hinweis des Verleihers im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung auf einen auslaufenden Auftrag und einen fehlenden Anschlussauftrag regelmäßig nicht aus; der Verleiher muss anhand der Auftrags- und Personalplanung vielmehr darstellen, warum es sich um einen dauerhaften Auftragsrückgang und nicht nur um eine kurzfristige Auftragsschwankung handelt (BAG v. 18.5.2006 – 2 AZR 412/05, DB 2006, 1962). 353 Dazu sehr gut Bader, NZA Beilage 2/2010, 85; Rost, NZA Beilage 2009, 23; kritische Auswertung der Instanzenrechtsprechung Schrader/Siebert, NZA-RR 2013, 113. 354 Vgl. st. Rspr: BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 582/14, NZA 2016, 33, Anm. Schuster, ArbRAktuell 2016, 12; v. 18.6.2015 – 2 AZR 480/14, NZA 2015, 1315 – keine Willkür bei Outsourcing-Entscheidung, auch wenn dadurch allein die Stelle eines unkündbaren Arbeitnehmers wegfällt; v. 22.11.2012 – 2 AZR 673/11, NZA 2013, 730; v. 29.9.2006, DB 2006, 846.

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Kap. 22 Rz. 106 | Beendigungskündigung schließend gebildet worden sein. Anderenfalls lässt sich im Zeitpunkt der Kündigung nicht hinreichend sicher prognostizieren, dass es bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommt (vgl. auch Rz. 111).355

107 Typische Unternehmerentscheidungen sind etwa die Einführung neuer Arbeits- bzw. Produktions-

methoden, die Entscheidung, einzelne Produktionsbereiche oder bisher im Unternehmen durchgeführte Arbeiten fremd zu vergeben (wobei hier jeweils sorgfältig zu prüfen ist, ob nicht ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorliegt, s. dazu Kap. 60), und/oder die Entscheidung, den Betrieb oder Betriebsteil stillzulegen.

108 Die unternehmerische Entscheidung zur Reorganisation kann auch ein Gesamtkonzept enthalten,

das sowohl die Umgestaltung aller bisherigen Arbeitsplätze als auch die Reduzierung des bisherigen Arbeitsvolumens zum Gegenstand hat, so dass Änderungs- und Beendigungskündigungen nebeneinander erforderlich werden.356 Sie kann auch das Anforderungsprofil der jeweiligen Arbeitsplätze ändern: Sollten für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgabe bestimmte persönliche oder sachliche Voraussetzungen erforderlich sein, kann die unternehmerische Entscheidung auch insoweit nur auf offenbare Unsachlichkeit gerichtlich überprüft werden.357 Allerdings muss der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten für den Arbeitnehmer auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Änderungsbedarf besteht.358 Die Änderung des Anforderungsprofils muss nachvollziehbare arbeitsplatzbezogene Kriterien enthalten und nicht nur wünschenswerte Voraussetzungen (zB besseren Kundenkontakt).359 Auch die unternehmerische Entscheidung, bestimmte Aufgaben künftig durch freie Mitarbeiter durchführen zu lassen, kann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen.360 Eine unzulässige Austauschkündigung liegt jedoch vor, wenn der Arbeitgeber sich entschließt, dieselben Arbeiten künftig von Leiharbeitnehmern durchführen zu lassen.361

109 Auch die unternehmerische Entscheidung zur dauerhaften362 Personalreduzierung ist als inner-

betriebliche Ursache für einen Arbeitsplatzwegfall anerkannt.363 Das Gleiche gilt für eine unterneh-

355 BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 679; v. 31.7.2014 – 2 AZR 422/13, NZA 2015, 101. 356 BAG v. 22.9.2005, NZA 2007, 1320. Zur praktischen Handhabung von Massenänderungskündigungen vgl. Hidalgo/Mauthner, NZA 2007, 1254. 357 BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 582/14, NZA 2016, 33; v. 20.6.2013 – 2 AZR 295/12, NZA 2014, 208 Rz. 16; v. 7.7.2005 – 2 AZR 399/04, DB 2006, 341. 358 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 295/12, NZA 2014, 208 Rz. 17 f.; v. 7.7.2005 – 2 AZR 399/04, DB 2006, 341. 359 Bei langjährig beschäftigten Arbeitnehmern sind insofern höhere Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers zu stellen (BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 295/12, NZA 2014, 208 Rz. 18; v. 10.7.2008 – 2 AZR 1111/06, NZA 2009, 312). 360 Erforderlich ist jedoch, dass es sich bei den einzugehenden Vertragsverhältnissen auch tatsächlich und nicht nur zum Schein um freie Mitarbeiter handelt, damit keine unzulässige Austauschkündigung vorliegt (BAG v. 13.3.2008 – 2 AZR 1037/06, NZA 2008, 878). Auch ein öffentlicher Arbeitgeber kann aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten die anfallenden Aufgaben ehrenamtlichen Mitarbeitern übertragen (BAG v. 18.9.2008 – 2 AZR 560/07, NZA 2009, 142). Werden betriebliche Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf nur pro forma aufgebaut, um Mitarbeiter aus dem Betrieb zu drängen, geschieht dies rechtsmissbräuchlich (BAG v. 23.4.2008 – 2 AZR 1110/06, NZA 2008, 939). 361 BAG v. 26.9.1996 – 2 AZR 200/96, NZA 1997, 202; LAG Hamm v. 24.7.2007, NZA-RR 2008, 239, bei unterschiedlichen Qualifikationen von Stamm- und Leiharbeitnehmern s. aber LAG Köln v. 23.2.2011 – 9 Sa 1071/10, juris. Zu verschiedenen Konstellationen des parallelen Einsatzes von Stammpersonal und Leiharbeitnehmern Moll/Ittmann, RdA 2008, 321. 362 Vgl. BAG v. 23.2.2012 – 2 AZR 548/10, NZA 2012, 852 – ein nur vorübergehender Arbeitsmangel kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf. Entfällt der Beschäftigungsbedarf aufgrund weiterer, später eingetretener Umstände dauerhaft, kommt ein dringliches betriebliches Erfordernis für eine Kündigung nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeiten zur Reduzierung der geschuldeten Arbeitszeit, die ihm die Regelungen zur Kurzarbeit bieten, in vollem Umfang ausgeschöpft hat. 363 BAG v. 23.2.2012 – 2 AZR 548/10, NZA 2012, 852 Rz. 15; v. 22.9.2005 – 2 AZR 208/05, BB 2006, 1572.

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Beendigungskündigung | Rz. 111 Kap. 22

merische Entscheidung, die auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, hinausläuft.364 Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung jedoch an den Kündigungsentschluss rückt, umso mehr muss der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass sein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist und das Arbeitsvolumen durch die verbleibenden Arbeitnehmer ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt werden kann.365 Diese erhöhte Darlegungslast des Arbeitgebers soll es den Gerichten allerdings nicht ermöglichen, in die betrieblichen Organisationsabläufe einzugreifen, sondern dient nur dazu, Missbrauch des Arbeitgebers zu verhindern.366 Die Anforderungen hieran dürfen daher nicht überspannt werden.367 Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, so muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Je nach Einlassung des Arbeitnehmers kann es ausreichen, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind.368 Dem Arbeitgeber kann eine Berufung auf den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs im Übrigen verwehrt sein, wenn er diese Lage selbst treuwidrig herbeigeführt hat.369 Im öffentlichen Dienst begründet die Streichung von bestimmten Stellen im Haushaltsplan oder das Anbringen eines „kw-Vermerks“ an einer bestimmten Stelle im Haushaltsplan eines öffentlichen Arbeitgebers ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung eines Angestellten.370 Existieren im Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle zur Vermeidung (witterungsbedingter) betriebsbedingter Kündigungen, so ist ein dringendes betriebliches Erfordernis regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung ausgenutzt hat und dennoch ein Beschäftigungsüberhang besteht.371

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Der Entschluss zur Betriebsstilllegung rechtfertigt eine betriebsbedingte Kündigung, wenn die Umsetzung des Entschlusses zum Zeitpunkt der Kündigung bereits greifbare Formen angenommen hat.372 Das ist der Fall, wenn damit zu rechnen ist, dass bis zum Ablauf der einschlägigen Kündigungsfrist die geplante Betriebsstilllegung durchgeführt ist und die Arbeitnehmer somit nicht mehr eingesetzt werden können.373 Den Beschluss sollte in der GmbH die Gesellschafterversammlung treffen, § 49 Abs. 2 GmbHG. Auch ein Beschluss der Geschäftsführung kann jedoch ausreichen,

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364 BAG v. 24.5.2012 – 2 AZR 124/11, NZA 2012, 1223 Rz. 23. 365 BAG v. 24.5.2012 – 2 AZR 124/11, NZA 2012, 1223 Rz. 23; v. 13.2.2008 – 2 AZR 1041/06, NZA 2008, 819 zur Streichung einer Hierarchieebene. 366 BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 208/05, BB 2006, 1572, 1575 f. 367 BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 208/05, BB 2006, 1572, 1575 f. 368 BAG v. 24.5.2012 – 2 AZR 124/11, NZA 2012, 1223 Rz. 31. 369 Dies ist der Fall, wenn nach einer später für unwirksam erklärten Kündigung die Stelle des Gekündigten dauerhaft wiederbesetzt wird (BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 107/07, NZA 2008, 1180; v. 1.2.2007, NJOZ 2008, 292). 370 Vgl. BAG v. 7.10.2004 – 2 AZR 122/04, NZA 2005, 352; v. 19.3.1998, BB 1998, 1748; dazu Lingemann/ Grothe, NZA 1999, 1072 ff.; BAG GS v. 28.11.1956, AP Nr. 20 zu § 1 KSchG. 371 Zu Arbeitszeitkonten BAG v. 8.11.2007, NZA 2008, 848. 372 Hierfür muss der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften, endgültigen Entschluss gefasst haben, den Betrieb endgültig stillzulegen, wofür konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen: BAG v. 20.6.2013 – 6 AZR 805/11, NZA 2013, 1137 Rz. 47; v. 16.2.2012, NZA-RR 2012, 465 Rz. 37; v. 26.5.2011 – 8 AZR 37/10, NZA 2011, 1143 Rz. 27. 373 BAG v. 19.6.1991 – 2 AZR 127/91, NZA 1991, 891; eine endgültige Stilllegungsabsicht fehlt zB, wenn dem Insolvenzverwalter vor Erklärung der Kündigung bereits das Übernahmeangebot eines Interessenten vorliegt, das wenige Tage später zu konkreten Verhandlungen mit einer teilweisen Betriebsübernahme führt (BAG v. 29.9.2005, DB 2006, 846) oder wenn sich der Arbeitgeber zum Kündigungszeitpunkt noch in ernsthaften Verkaufsverhandlungen befindet bzw. sich um neue Aufträge bemüht (BAG v. 13.2.2008 – 2 AZR 543/06, NZA 2008, 821).

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Kap. 22 Rz. 111 | Beendigungskündigung wenn eine Prognose im Kündigungszeitpunkt ergibt, dass die Entscheidung zur Betriebsstilllegung tatsächlich planmäßig durchgeführt werden wird.374 Diese Prognose kann auch durch die tatsächliche Entwicklung nach der Kündigung bestätigt werden.375 Kommt es trotz der beabsichtigten Betriebsstilllegung und Kündigung während des Laufs der Kündigungsfrist zur Fortführung des Betriebes, beispielsweise infolge eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB, so kommt ein Wiedereinstellungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers in Betracht376 (dazu näher Rz. 181).

112 Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers fällt in der Regel auch dann weg, wenn er dem Übergang seines

Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 6 BGB widerspricht. Er bleibt dann Arbeitnehmer des übertragenden Unternehmens, sein Arbeitsplatz ist jedoch übergegangen und besteht daher beim Veräußerer nicht mehr. Auch der widersprechende Arbeitnehmer kann sich im Falle einer nachfolgenden betriebsbedingten Kündigung durch den Veräußerer jedoch auf eine mangelnde Sozialauswahl berufen.377 Die Gründe für den Widerspruch des Arbeitnehmers sind bei der Sozialauswahl nicht zu berücksichtigen, da die Auswahlkriterien in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG abschließend benannt sind;378 § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG bietet zwar die Möglichkeit, einen Mindestbestand eingearbeiteter Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl auszunehmen, rechtfertigt jedoch nicht die Herausnahme aller vom Betriebsteilübergang nicht betroffenen Arbeitnehmer.379 b) Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit

113 Gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b KSchG ist eine betriebsbedingte Kündigung auch dann sozial nicht ge-

rechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Dies gilt entgegen dem zu engen Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG unabhängig davon, ob der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat oder nicht. Die Weiterbeschäftigungspflicht ist – anders als die Sozialauswahl (dazu Rz. 122 ff.) – unternehmensbezogen. Unterhält der Arbeitgeber daher mehrere Betriebe, so muss er für alle Betriebe prüfen, ob ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf den der zu kündigende Arbeitnehmer versetzt oder änderungsgekündigt werden kann.

114 Da der Arbeitgeber einer solchen Negativdarlegung im Prozess nicht entsprechen kann, muss er zu-

nächst nur allgemein vortragen, dass eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht besteht. Es ist dann Sache des gekündigten Arbeitnehmers, konkret aufzuzeigen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt,380 wobei er jedoch nicht einen konkreten freien Arbeitsplatz benennen muss. Sodann muss der Arbeitgeber darlegen, dass es einen solchen freien Arbeitsplatz nicht gibt.381

115 Freie Arbeitsplätze im Ausland sind nicht einzubeziehen, wobei offen ist, ob das auch dann gilt,

wenn für sie die Anwendung des KSchG vereinbart ist oder der Arbeitgeber kraft Weisungsrecht 374 BAG v. 5.4.2001 – 2 AZR 696/99, DB 2001, 1782; v. 11.3.1998 – 2 AZR 414/97, NZA 1998, 879. 375 BAG v. 27.11.2003 – 2 AZR 48/03, DB 2004, 2759. 376 BAG v. 6.8.1997 – 7 AZR 557/96, NZA 1998, 254; v. 27.2.1997 – 2 AZR 160/96, NZA 1997, 757. Nach LAG Hamm v. 11.5.2000 – 4 Sa 1469/99, DB 2000, 1923 muss der Wiedereinstellungsanspruch innerhalb von drei Wochen nach Kenntnis von dem Betriebsübergang geltend gemacht werden. 377 BAG v. 31.5.2007 – 2 AZR 276/06, NZA 2008, 33. 378 BAG v. 31.5.2007 – 2 AZR 276/06, NZA 2008, 33; das BAG hält allerdings eine Nichtberücksichtigung der vom Betriebsübergang nicht Betroffenen dann für denkbar, wenn eine größere Zahl von Arbeitnehmern widerspricht und die dann durchzuführende Sozialauswahl tiefgreifende Umorganisationen erforderlich macht und schwere betriebliche Ablaufstörungen bedingt. 379 BAG v. 31.5.2007 – 2 AZR 276/06, NZA 2008, 33. 380 BAG v. 29.8.2013, NZA-RR 2014, 325; v. 20.1.1994, BB 1994, 1084. 381 BAG v. 29.8.2013, NZA-RR 2014, 325; v. 22.9.2005 – 2 AZR 208/05, BB 2006, 1572; näher dazu in Rz. 135 ff.; auch ein gem. einem unternehmerischen Konzept mit einer Aushilfe besetzter Arbeitsplatz zur Vertretung zB eines im Urlaub, Mutterschutz, Elternzeit etc. befindlichen oder erkrankten Arbeitnehmers ist nicht „frei“ (BAG v. 1.3.2007, DB 2007, 1540).

864 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 117 Kap. 22

dorthin versetzen kann.382 Ob auch befristete Arbeitsverhältnisse nach Auslauf der Befristung als freie Arbeitsplätze zu qualifizieren sind, ist fraglich.383 Die Gestaltung des Anforderungsprofils für freie Arbeitsplätze unterliegt der lediglich auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden Unternehmerdisposition des Arbeitgebers (s. Rz. 108).384 Das gilt allerdings nicht für die Entscheidung, einen zeitlich ungewissen Beschäftigungsbedarf auf einem freien Arbeitsplatz mit einem befristet einzustellenden Arbeitnehmer anstelle des gekündigten zu besetzen.385 Bedarf es nach dem Stellenprofil bestimmter behördlicher Erlaubnisse oder Genehmigungen, muss im Kündigungszeitpunkt die berechtigte Erwartung bestehen, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Zeit über eine solche verfügen wird. Es reicht nicht aus, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit gesichert ist.386 Leiharbeitnehmer sind vorrangig vor anderen Arbeitnehmern zu kündigen, sofern ihr Einsatz dauerhaft und nicht nur vorübergehend erfolgt.387 Die Arbeitnehmerüberlassung an ein anderes Unternehmen kann hingegen nur im Ausnahmefall eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit darstellen.388 Im Verleihunternehmen selbst sind auch an Dritte überlassene Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, sofern sie nach allgemeinen Grundsätzen vergleichbar sind.389

116

Der Anspruch auf anderweitige Beschäftigung geht nicht über das Unternehmen hinaus, ist also regelmäßig nicht konzernbezogen,390 es sei denn, dass sich das Konzernunternehmen zur Übernahme des Arbeitnehmers bereiterklärt hat oder sich eine Verpflichtung zur Unterbringung in einem anderen Konzernunternehmen unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis, ergibt. Voraussetzung ist in der Regel ferner, dass der Vertragsarbeitgeber auf die in Rede stehende „Versetzung“ einen bestimmenden Einfluss hat, dh. die Entscheidung über eine Weiterbeschäftigung grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten ist.391 Auch bei konzernbezogenem Weiterbeschäftigungsbedarf ist ein entsprechender Anspruch abzulehnen, die Willkürkontrolle der Unternehmerentscheidung bietet

117

382 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 809/12, NZA 2014, 730 Anm. Bauer, ArbRAktuell, 2013, 496; Fuhlrott, DB 2014, 1198; Monz, BB 2014, 250. 383 Dies kann wohl nur dann angenommen werden, wenn bereits zum Kündigungszeitpunkt feststeht, dass die betreffenden Arbeitsplätze auch noch nach Ablauf der Befristung fortbestehen, (Gehlhaar, DB 2008, 2831, 2834). 384 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 295/12, NZA 2014, 208 Rz. 16; v. 24.6.2004 – 2 AZR 326/03, NZA 2004, 1268, 1270 f. 385 BAG v. 26.3.2015, NZA 2015, 1083. 386 BAG v. 27.7.2017 – 2 AZR 476/16, NZA 2018, 234. 387 Dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzte Arbeitsplätze stellen eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit dar (BAG v. 18.10.2012, NZA-RR 2013, 68; v. 15.12.2011 – 2 AZR 42/10, NZA 2012, 1044; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rz. 256). Zwar muss gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG seit der Reform des AÜG von 2011 Arbeitnehmerüberlassung vorübergehend sein. Das schließt aber nicht aus, dass der jeweilige Arbeitsplatz auf Dauer mit – wechselnden – Leiharbeitnehmern besetzt ist (vgl. LAG Köln v. 6.9.2019 – 9 TaBV 23/19, juris; BeckOK ArbR/Kock, AÜG § 1 Rz. 90). 388 BAG v. 29.3.2007 – 8 AZR 538/06, NZA 2008, 48 zum Fall einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit Konzernbezug, hierzu Moll/Ittmann, RdA 2008, 321, 329. 389 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 271/12, NZA 2013, 837 Rz. 19; zu betriebsbedingten Kündigungen von Leiharbeitnehmern durch den Verleiher Fuhlrott/Fabritius, NZA 2014, 122. 390 BAG v. 22.11.2012 – 2 AZR 673/11, NZA 2013, 730 Rz. 39; v. 18.10.2012 – 6 AZR 41/11, NZA 2013, 1007 Rz. 56; BAG v. 26.6.2008, NZA-RR 2009, 205; Lingemann, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 662. 391 BAG v. 24.5.2012 – 2 AZR 62/11, NZA 2013, 277; v. 23.3.2006 – 2 AZR 162/05, DB 2006, 2351; Lingemann/von Steinau-Steinrück, DB 1999, 2161. Die Möglichkeit der Einflussnahme muss aufgrund eindeutiger rechtlicher Regelungen oder zumindest faktisch bestehen; nicht ausreichend ist der Umstand, dass bestimmte Gesellschafter der Gruppe erheblichen Einfluss auf das Konzernunternehmen ausüben können (BAG v. 23.4.2008 – 2 AZR 1110/06, NZA 2008, 939).

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Kap. 22 Rz. 117 | Beendigungskündigung hier ausreichenden Schutz gegen Missbrauch.392 Auch eine Stelle bei einer internen Qualifizierungsund Vermittlungseinheit ist keine „anderweitige Beschäftigung“.393

118 Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit steht der Wirksamkeit der Kündigung auch dann ent-

gegen, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz nur zu geänderten Arbeitsbedingungen weiter beschäftigt werden kann; der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer auch einen solchen Arbeitsplatz anbieten, solange es sich nicht um eine offensichtlich völlig unterwertige Beschäftigung handelt.394 Das gilt auch für einen Wechsel von Teilzeit in Vollzeit und für Arbeitsplätze, die nur befristet besetzt werden sollen.395 Lehnt der Arbeitnehmer den angebotenen Arbeitsplatz ab, so muss der Arbeitgeber grundsätzlich zunächst eine Änderungskündigung aussprechen, eine Beendigungskündigung wäre sozialwidrig.396 Nur in „Extremfällen“, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit der Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte oder wenn der Arbeitnehmer das Angebot unmissverständlich und mit dem Erklärungsinhalt ablehnt, dass er auch im Falle einer Änderungskündigung die geänderten Arbeitsbedingungen nicht akzeptieren werde, kann der Arbeitgeber direkt eine Beendigungskündigung aussprechen.397

119 Praxistipp: Bei Ablehnung eines solchen Angebotes sollte der Arbeitgeber sich vom Arbeitnehmer bestäti-

gen lassen, dass der Arbeitnehmer das Angebot auch im Falle einer Änderungskündigung ablehnen würde, selbst auf die Gefahr hin, damit seinen Arbeitsplatz zu verlieren.398

120 Diese Rechtsprechung begründet bei Massenentlassungen nur schwer überwindbare Probleme.399 Noch ungeklärt ist die rechtliche Behandlung der „Versetzung“ von Arbeitnehmern in einen Stellenpool mit der Möglichkeit zu beruflicher Weiterbildung, um die Zeit bis zum Freiwerden eines Arbeitsplatzes im operativen Geschäftsbereich zu überbrücken; diese Konstruktion erfreut sich in der Praxis großer Beliebtheit und dient der Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen.400

121 Stehen mehrere freie Arbeitsplätze zur Verfügung, so hat der Arbeitgeber diese nach den Grundsät-

zen der (umgekehrten) Sozialauswahl anzubieten.401 Lehnt ein Arbeitnehmer ein zumutbares Wei-

392 Lingemann, FS Jobst-Hubertus Bauer, 2010, S. 662, 670; vgl. BAG v. 23.3.2006 – 2 AZR 162/05, DB 2006, 2351, 2353; allerdings müssen bei einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer alle Beschäftigungsmöglichkeiten im Konzern geprüft werden, wenn der Arbeitnehmer seit Jahren an eine Konzerngesellschaft abgeordnet war (BAG v. 29.3.2007 – 8 AZR 538/06, NZA 2008, 48). 393 BAG v. 8.5.2014 – 2 AZR 1001/12, NZA 2014, 1200, Anm. Lingemann, FA ArbR 2014, 363023. 394 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 809/12, NZA 2014, 730; für eine Weiterbeschäftigung auch auf höherwertigen Arbeitsplätzen Houben, NZA 2008, 851. 395 BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 417/14, NZA 2015, 1083, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 411. 396 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 809/12, NZA 2014, 730; v. 5.6.2008 – 2 AZR 107/07, NZA 2008, 1180; v. 21.9.2006 – 2 AZR 607/05, NZA 2007, 431 Rz. 34; v. 21.4.2005 – 2 AZR 132/04, BB 2005, 2691; v. 21.4.2005 – 2 AZR 244/04, NZA 2005, 1294. 397 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 809/12, NZA 2014, 730; v. 21.9.2006 – 2 AZR 607/05, NZA 2007, 431 Rz. 34; v. 21.4.2005 – 2 AZR 244/04, NZA 2005, 1294, 1296 und 1297; dazu Rost, NZA-Beilage 2009, 23; krit.: Wank, RdA 2012, 139. 398 Vgl. auch Rost, NZA-Beil. 2009, 23, 27 (aE); Annuß/Bartz, NJW 2006, 2154; Bauer/Winzer, DB 2006, 268. 399 Bauer/Winzer, BB 2006, 266; Lelley/Sabin, DB 2006, 1110; vgl. auch Berkowsky, NZA 2006, 697; Kock, NJW 2006, 728; s. dazu auch BAG v. 20.2.2014 – 2 AZR 346/12, NZA 2014, 1069, Anm. Schindele, ArbRAktuell 2014, 440. 400 Dogmatisch liegt hier keine Versetzung iSd. § 95 BetrVG vor, sondern eine Freistellung von der Arbeitspflicht, die den Arbeitgeber zur Zahlung von Annahmeverzugslohn verpflichtet, verbunden mit der Neubeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz, vgl. Trebeck, NZA 2009, 513 unter Hinweis auf BAG v. 15.8.2006 – 9 AZR 571/05, NZA 2007, 1310. Die Freistellung selbst ist nicht mitbestimmungspflichtig, jedoch die spätere Zuweisung einer anderen Tätigkeit. Meist ist kollektivrechtlich vereinbart, welche Arbeitnehmer dem Stellenpool angehören sollen; im Übrigen besteht wohl keine Verpflichtung zur Durchführung einer Sozialauswahl iSd. § 1 Abs. 3 KSchG, Trebeck, NZA 2009, 513, 516. 401 BAG v. 27.7.2017 – 2 AZR 476/16, NZA 2018, 234; Lunk/Seidler, NZA 2018, 201.

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Beendigungskündigung | Rz. 124 Kap. 22

terbeschäftigungsangebot ab, kann ein Sozialplan für diesen Fall eine Kürzung der Abfindung vorsehen.402 c) Sozialauswahl Ist der Arbeitsplatz weggefallen (Rz. 103 ff.) und besteht auch keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit (Rz. 113 ff.), so ist die Kündigung gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 KSchG trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 KSchG. Nicht dem Arbeitnehmer ist zu kündigen, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, sondern demjenigen, der dem betroffenen Arbeitnehmer vergleichbar, aber diesem gegenüber nach den Grundsätzen der Sozialauswahl weniger sozial schutzbedürftig ist.403

122

aa) Soziale Vergleichbarkeit Vergleichbar sind solche Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsplatz der betroffene Arbeitnehmer – ohne Änderung seines Arbeitsvertrages („vertragsbezogene Vergleichbarkeit“, zu Ausnahmen bei der Sozialauswahl zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten vgl. Rz. 124) – versetzt werden kann.404 Die Vergleichbarkeit kann nicht dadurch eingeschränkt werden, dass der Arbeitsvertrag eines von einem betrieblichen Ereignis betroffenen Arbeitnehmers erst anlässlich dieses Ereignisses (zB Zusammenlegung von Niederlassungen) einvernehmlich oder im Wege der Änderungskündigung so geändert wird, dass der Arbeitnehmer nicht mehr vergleichbar ist.405

123

Obwohl ein Wechsel zwischen Voll- und Teilzeittätigkeit nur durch eine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und somit des Arbeitsvertrages möglich ist, soll eine Sozialauswahl zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften stattfinden, wenn der Arbeitgeber in einem bestimmten Bereich lediglich die Anzahl der insgesamt geleisteten Arbeitsstunden abbauen will.406 Hat der Arbeitgeber hingegen eine Organisationsentscheidung getroffen, aufgrund derer für bestimmte Arbeiten nur Vollzeitkräfte vorgesehen sind – zB indem bestimmten Tätigkeiten bestimmte Arbeitszeiten zugeordnet sind407 – so kann diese Entscheidung als freie Unternehmerentscheidung (vgl. Rz. 104 ff.) nur darauf geprüft werden, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.408 Liegt danach eine bindende Unternehmerentscheidung vor, so sollen bei der Kündigung einer Teilzeitkraft die Vollzeitkräfte nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen sein.409 Diese Auslegung des § 1 Abs. 3 KSchG verstößt auch nicht gegen die Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9.2.1976 zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen.410 Im Prozess reicht der bloße Vortrag des Arbeitgebers, künftig die anfallende Arbeit nur noch mit Vollzeitkräften oder nur noch mit Teilzeitkräften zu erledigen, nicht aus. Erforderlich sind vielmehr konkrete Darlegungen zu einem nachvollziehbaren unternehmerischen Konzept der Arbeitszeitgestaltung.411

124

402 BAG v. 6.11.2007 – 1 AZR 960/06, NZA 2008, 232; v. 6.11.2007, DB 2007, 356. 403 Einen guten Überblick über die Rspr. des BAG zur Sozialauswahl gibt Spinner, RdA 2008, 153. 404 Vgl. nur BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 271/12, NZA 2013, 837 Rz. 12; v. 5.6.2008 – 2 AZR 907/06, NZA 2008, 1120 Rz. 18. 405 BAG v. 18.10.2006 – 2 AZR 676/05, NZA 2007, 798, dazu allgemein: Raif, ArbRAktuell 2015, 1. 406 BAG v. 7.12.2006, NZA-RR 2007, 460 Rz. 21; v. 12.8.1999 – 2 AZR 12/99, NZA 2000, 30; v. 3.12.1998 – 2 AZR 341/98, DB 1999, 487; dazu Bauer/Klein, BB 1999, 1162. 407 BAG v. 7.12.2006, NZA-RR 2007, 460 Rz. 21; v. 15.7.2004 – 2 AZR 376/03, NZA 2005, 523, 526. 408 BAG v. 7.12.2006, NZA-RR 2007, 460 Rz. 21; v. 15.7.2004 – 2 AZR 376/03, NZA 2005, 523, 526. 409 BAG v. 7.12.2006, NZA-RR 2007, 460 Rz. 21; v. 15.7.2004 – 2 AZR 376/03, NZA 2005, 523; v. 12.8. 1999 – 2 AZR 12/99, NZA 2000, 30; v. 3.12.1998 – 2 AZR 341/98, NZA 1999, 431. 410 EuGH v. 26.9.2000 – C-322/98, NZA 2000, 1155. 411 BAG v. 12.8.1999 – 2 AZR 12/99, NZA 2000, 30, 31.

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Kap. 22 Rz. 125 | Beendigungskündigung

125 Die Sozialauswahl ist betriebsbezogen, dh. vergleichbar sind nur Arbeitnehmer desselben Betriebs.

Das gilt auch, wenn der Arbeitsvertrag eine betriebsübergreifende Versetzungsklausel enthält.412 Die Sozialauswahl ist nicht auf Betriebsteile oder Betriebsabteilungen beschränkt; selbst wenn diese räumlich weit entfernt sind, ist sie auf den gesamten Betrieb zu erstrecken.413 Auch in einem Gemeinschaftsbetrieb zweier Unternehmen erstreckt sich die Sozialauswahl auf den gesamten Betrieb.414 Wird der gesamte Betrieb stillgelegt, ist daher keine Sozialauswahl durchzuführen.415

126 Vergleichbar sind auch nur solche Arbeitnehmer, deren Funktion der betroffene Arbeitnehmer nach

angemessener Einarbeitungszeit übernehmen kann („arbeitsplatzbezogene Vergleichbarkeit“). Diese arbeitsplatzbezogene Vergleichbarkeit richtet sich nach objektiven Merkmalen wie Berufsgruppe und Ausbildungsberuf sowie in zweiter Linie subjektiven Merkmalen wie individuellen Kenntnissen, Fähigkeiten, Leistungsbereitschaft, Lernfähigkeit und Erfahrungen. Ein bloßer Routinevorsprung des Arbeitsplatzinhabers steht der Austauschbarkeit nicht entgegen.416

127 In die Sozialauswahl einzubeziehen sind weiterhin nur Arbeitnehmer, die derselben Hierarchie-

ebene angehören wie der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist. Eine Sozialauswahl über die Hierarchieebene hinaus (vertikale Vergleichbarkeit) gibt es nicht. Dementsprechend gibt es auch keinen Anspruch auf Beförderung im Rahmen der Sozialauswahl.417 Im öffentlichen Dienst ist regelmäßig die Vergütungsgruppe maßgeblich.418

128 Nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen sind einerseits Arbeitnehmer, die die sechsmonatige

Wartefrist für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht erfüllt haben; ihnen ist vielmehr vorrangig zu kündigen.419 Andererseits sind in die Sozialauswahl nicht einzubeziehen Arbeitnehmer mit gesetzlichem Sonderkündigungsschutz einschließlich derjenigen, bei denen die ordentliche Kündigung gesetzlich ausgeschlossen ist, vgl. vor allem § 15 KSchG;420 ihnen droht regelmäßig keine Kündigung. Ob auch Arbeitnehmer, bei denen die ordentliche Kündigung nicht generell ausgeschlossen, sondern nur von der Zustimmung der zuständigen Behörde abhängig ist (zB schwerbehinderte Menschen, vgl. Kap. 16, § 168 ff. SGB IX; Arbeitnehmer in Elternzeit, vgl. Kap. 17, § 18 BEEG), aus der Sozialauswahl auszunehmen sind, ist umstritten. Die besseren Gründe sprechen dafür, diese erst einzubeziehen, wenn eine bestandskräftige Zustimmung der Behörde vorliegt, wobei der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, eine solche Zustimmung zu beantragen.421 Ungeklärt ist ferner die Einbeziehung von tarif- oder einzelvertraglich kündigungsgeschützten Arbeitnehmern. Sofern ein solcher Kündigungsschutz nicht ausschließlich auf das Alter abstellt, dürfte er auch nach Inkrafttreten des AGG wirksam vereinbart werden kön412 BAG v. 2.6.2005 – 2 AZR 158/04, BB 2005, 2244, NZA 2005, 1175; Fuhlrott/Hoppe, BB 2012, 253, 255; Gaul/Bonanni, NZA 2006, 289. 413 BAG v. 3.4.2008 – 2 AZR 879/06, NZA 2008, 1060; v. 3.6.2004, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 54. 414 BAG v. 29.11.2007, DB 2008, 1756. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein Betrieb im Zeitpunkt der Kündigung stillgelegt ist oder eine Stilllegung zumindest greifbare Formen angenommen hat. 415 BAG v. 21.5.2015 – 8 AZR 409/13, DB 2015, 2641; allerdings kann sie unter engen Voraussetzungen trotzdem erforderlich sein, wenn der Arbeitgeber zugleich im Zusammenwirken mit einem Schwesterunternehmen einem Teil der Arbeitnehmer dort eine Beschäftigung anbietet, BAG aaO. 416 BAG v. 19.12.2013, NZA-RR 2014, 185 Rz. 45; v. 5.6.2008 – 2 AZR 907/06, NZA 2008, 1120 zur sog. „qualifikationsmäßigen Austauschbarkeit“. 417 BAG v. 10.11.1994 – 2 AZR 242/94, NZA 1995, 566, 568, da sonst ein Verdrängungswettbewerb entstehe, krit. dazu Houben, NZA 2008, 851, 854 f. 418 BAG st. Rspr., vgl. BAG v. 23.11.2004 – 2 AZR 38/04, NZA 2005, 986, einschränkend BAG v. 2.3.2006 – 2 AZR 23/05, NZA 2006, 1350. 419 BAG v. 25.4.1985 – 2 AZR 140/84, NZA 1986, 64. 420 BAG v. 21.4.2005 – 2 AZR 241/04, BB 2005, 2471. 421 Vgl. ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rz. 310; Löwisch/Spinner, § 1 KSchG Rz. 322; Lingemann, Kündigungsschutz, Teil 3, Rz. 245.

868 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 130 Kap. 22

nen.422 Dass der Kündigungsschutz weder zur Disposition der Tarifvertragsparteien noch zur einzelvertraglichen Disposition zu Lasten Dritter steht, spricht für eine Einbeziehung auch der insoweit geschützten Arbeitnehmer in die Sozialauswahl, zumal auch eine betriebsbedingte außerordentliche Kündigung tariflich unkündbarer Arbeitnehmer zulässig ist.423 Allerdings hat das BAG die einzelvertragliche Anerkennung früherer Beschäftigungszeiten auch im Rahmen der Sozialauswahl als wirksam angesehen, die im Rahmen eines Prozessvergleiches erfolgt war und für die ein sachlicher Grund gegeben war.424 Bei tariflich unkündbaren Arbeitnehmern ist der tarifliche Sonderkündigungsschutz einzuschränken, soweit anderenfalls das Auswahlergebnis grob fehlerhaft würde.425 bb) Auswahlkriterien Sind nach diesen Maßstäben die vergleichbaren Arbeitnehmer ermittelt, so ist demjenigen zu kündigen, der am wenigsten sozial schutzbedürftig ist (dem „sozial Stärksten“). Die soziale Schutzbedürftigkeit richtet sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit,426 dem Alter, den Unterhaltspflichten und einer etwaigen Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG. Die Einbeziehung weiterer Kriterien wie der allgemeinen Vermögenssituation des Arbeitnehmers war früher umstritten.427 Die seit 1.1.2004 geltende Fassung des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG beschränkt die Sozialauswahl auf die vier vorgenannten Kriterien.428 Zur Berücksichtigung von Doppelverdienst im Rahmen des Kriteriums „Unterhaltspflichten“ macht das BAG keine abstrakten Vorgaben.429

129

Die Gewichtung der Kriterien im Verhältnis zueinander steht nicht fest.430 Häufig wird ein Vorrang der Betriebszugehörigkeit vertreten; richtigerweise dürfte diese gleichrangig mit den Unterhaltspflichten sein, das Lebensalter ist hingegen in Zeiten von hoher Arbeitslosigkeit in allen Alters-

130

422 Das BAG hat diese Frage bisher offengelassen und sich lediglich dahingehend geäußert, dass tarifliche Unkündbarkeitsregeln, die auf ein bestimmtes Lebensalter bezogen sind, nicht generell unzulässig seien; im Einzelfall müsse eine solche Regelung aber gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden, um einer grob fehlerhaften Sozialauswahl durch Einschränkung des Kreises der zu Kündigenden vorzubeugen, vgl. BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 907/06, NZA 2008, 1120 (Herausnahme eines 53-jährigen, seit drei Jahren im Betrieb Beschäftigten ohne Unterhaltspflichten aus der Sozialauswahl, wohingegen ein nur ein Jahr Jüngerer mit längerer Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten in die Sozialauswahl einzubeziehen war). S. auch BKG, § 10 AGG Rz. 46 f.; PWW/Lingemann, § 10 AGG Rz. 26 u. Hein, NZA 2008, 1033, 1037. 423 Vgl. BAG v. 5.2.1998 – 2 AZR 227/97, NZA 1998, 771. Im Ergebnis für den Fall einer Beschäftigungsgarantie zur Steuerung der Sozialauswahl ebenso das LAG Sachsen v. 10.10.2001, NZA 2002, 905; Bröhl, BB 2006, 1050, 1056, hält den Kündigungsausschluss dann für unwirksam, wenn die Sozialauswahl dadurch grob fehlerhaft wird. 424 BAG v. 2.6.2005 – 2 AZR 480/04, BB 2006, 496; Lerch/Weinbrenner, NZA 2011, 1388 wollen Arbeitnehmer mit einzelvertraglich vereinbartem Kündigungsausschluss in die Sozialauswahl einbeziehen. 425 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 295/12, NZA 2014, 208 Rz. 49 f. (obiter dictum); dazu Sprenger, BB 2014, 1781. Ausführlich zur groben Fehlerhaftigkeit Emmert/Daneshian, DB 2017, 2673. 426 Auch die einzelvertragliche Anerkennung früherer Beschäftigungszeiten kann für die Sozialauswahl verbindlich sein, so BAG v. 2.6.2005 – 2 AZR 480/04, BB 2006, 496 zu einer entsprechenden Vereinbarung in einem Prozessvergleich, für die ein sachlicher Grund bestand. 427 Bauer/Röder, Taschenbuch zur Kündigung, S. 162/163. 428 BAG v. 29.1.2015, NJW 2015, 1838 Rz. 12; v. 12.8.2010 – 2 AZR 945/08, NZA 2011, 460, 465 Rz. 46. 429 BAG v. 29.1.2015, NJW 2015, 1838 Rz. 23: Allenfalls könne bei Doppelverdienst das Kriterium der „Unterhaltspflicht“ weniger stark gewichtet werden, jedoch nicht zu Lasten des Arbeitnehmers. Außerdem könnte die Berücksichtigung von Doppelverdiensten sich als mittelbare Diskriminierung von Frauen auswirken. Das LAG Berlin-Brandenburg hält die Berücksichtigung ebenfalls für nicht zwingend (LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2014 – 7 Sa 2161/13, juris, das LAG Düsseldorf hält sie hingegen für zwingend, LAG Düsseldorf v. 4.11.2004 – 11 Sa 957/04, DB 2005, 454). 430 BAG v. 29.1.2015, NJW 2015, 1838 Rz. 11, vielmehr seien stets die individuellen Unterschiede zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern zu berücksichtigen und abzuwägen, der Arbeitgeber müsse nicht die „bestmögliche“ Sozialauswahl vornehmen. Zudem haben die Gerichte einen gewissen Beurteilungsspielraum, Rz. 13.

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Kap. 22 Rz. 130 | Beendigungskündigung gruppen eher nachrangig.431 Auch zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung ist es ratsam, das Alter gegenüber den drei übrigen Kriterien eher zurückzunehmen,432 es muss jedoch unverändert bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden.433 Der Arbeitgeber muss die Kriterien der Sozialauswahl nur „ausreichend“ berücksichtigen, § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG. Der damit einräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer sich mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können.434 Er ist aber überschritten, wenn einem Arbeitnehmer mit sechs Jahren Betriebszugehörigkeit und drei Unterhaltspflichten (änderungs-)gekündigt wird und einem vergleichbaren Arbeitnehmer mit neun Jahren Betriebszugehörigkeit ohne Unterhaltspflichten nicht.435

131 Für die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers anhand eines Punkteschemas gilt seit der Entschei-

dung des BAG v. 6.11.2008436 Folgendes: Die Berücksichtigung des Lebensalters in einer Punktetabelle stellt eine an das Alter anknüpfende unterschiedliche Behandlung nach § 1, 2 Abs. 1 Nr. 2, § 7 AGG dar. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch nach § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt, sofern das Alter neben anderen Kriterien Berücksichtigung findet und nicht allein den Ausschlag geben kann. Der Schutz älterer Arbeitnehmer – die typischerweise schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben – und eine damit einhergehende Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer stellt ein legitimes Ziel dar. Eine lineare Punktevergabe (zB ein Punkt pro Lebensjahr) ist zulässig; ungeklärt ist jedoch, ob die Kappung der Punkteverteilung ab einem bestimmten Alter erfolgen bzw. eine Maximalpunktzahl bestimmt werden kann.437 Auch die Bildung von Altersgruppen, die im Einzelfall dazu führen kann, dass bei gleicher altersunabhängiger Punktzahl einem Arbeitnehmer allein wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe gekündigt werden kann, ist gerechtfertigt, um eine ausgewogene Altersstruktur im Betrieb, insb. bei Massenkündigungen aufgrund einer Betriebsänderung, zu erhalten438 bzw. im Bereich von § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO zu schaffen.439 Die konkrete Altersgruppenbildung muss aber zur Sicherung der bestehenden Altersstruktur der Belegschaft tatsächlich geeignet sein. Sind mehrere Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer von den Entlassungen betroffen, ist das nur der Fall, wenn auch innerhalb der jeweiligen Vergleichsgruppe eine proportionale Verteilung aller Altersgruppen an den Entlassungen möglich ist.440 Dabei ist es uE entgegen dem BAG nicht erforderlich, dass in jeder Altersgruppe auch mindestens eine Kündigung ausgesprochen wird, solange dadurch nicht ältere Altersgruppen benachteiligt werden („Sozialauswahl zwischen Altersgruppen“).441 Auch 431 Ausdrücklich gegen eine Priorität der Betriebszugehörigkeit BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 208/05, BB 2006, 1572, 1577 ff.; v. 5.12.2002 – 2 AZR 549/01, NZA 2003, 791. Vgl. Lingemann, BB 2000, 1835; vgl. auch Bauer/Röder, Taschenbuch zur Kündigung, S. 162 ff. mit zahlreichen Beispielsfällen. 432 PWW/Lingemann, § 10 AGG Rz. 24. 433 Bröhl, BB 2006, 1050, 1053; vgl. auch Lunk/Seidler, NZA 2014, 455. 434 BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 20/18, AP AGG § 22 Nr. 16; v. 29.1.2015 – 2 AZR 164/14, NZA 2015, 426; v. 22.3.2012 – 2 AZR 167/11, NZA 2012, 1040. 435 BAG v. 29.1.2015 – 2 AZR 164/14, NZA 2015, 426. 436 BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361 Rz. 43 ff.; gegen die Berücksichtigung des Lebensalters bei der Sozialauswahl jedoch Kaiser/Dahm, NZA 2010, 473. 437 Vgl. Lingemann/Beck, NZA 2009, 577, 578. 438 BAG v. 26.3.2015, NZA 2015, 1123 Rz. 13 ff.; Anm. Krieger, FD-ArbR 26/2015; dazu Lingemann/Otte, NZA 2016, 65; Lunk/Seidler, NZA 2014, 455; BAG v. 19.7.2012, NZA 2013, 86; v. 28.6.2012 – 6 AZR 682/10, NZA 2012, 1090; v. 22.3.2012 – 2 AZR 167/11, NZA 2012, 1040; v. 15.12.2011 – 2 AZR 42/10, NZA 2012, 1044. Auch für eine vor Inkrafttreten des AGG ausgesprochene Kündigung war anerkannt, dass eine Altersgruppenbildung zulässig war, um einer überschießenden Tendenz der Bewertung des Lebensalters als Sozialdatum entgegen zu wirken und eine übermäßige Belastung jüngerer Beschäftigter zu verhindern, vgl. BAG v. 12.3.2009, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 17; v. 6.9. 2007 – 2 AZR 387/06, NZA 2008, 405. 439 BAG v. 19.12.2013, NZA-RR 2014, 185; das verstößt auch nicht gegen § 10 AGG, BAG aaO. 440 BAG v. 26.3.2015, NZA 2015, 1123 Rz. 16; BAG v. 19.7.2012, NZA 2013, 86. 441 Lingemann/Otte, NZA 2016, 65.

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Beendigungskündigung | Rz. 132 Kap. 22

stellte das BAG zu hohe Anforderungen an die Darlegungslast der Arbeitgeber, wenn der Personalabbau nicht die Kennzahlen des § 17 KSchG überschreitet.442 Das BAG hat zudem eine Berücksichtigung der Rentennähe anerkannt, was zur Folge hat, dass Arbeitnehmern, die nach Bezug von Arbeitslosengeld eine gesetzliche Rente beziehen können, vorrangig gekündigt werden kann.443 Auch die Berechtigung zum Bezug von Regelaltersrente führt zu einer geringeren Schutzbedürftigkeit.444 Gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG hat der Arbeitgeber bei der Bewertung der Kriterien einen gewissen Wertungsspielraum; denn die Sozialauswahl ist nur fehlerhaft, wenn er soziale Gesichtspunkte „nicht oder nicht ausreichend“ berücksichtigt hat.445 Das BAG lehnt es daher ausdrücklich ab, dem Arbeitgeber hinsichtlich der Gewichtung der Kriterien abstrakte Vorgaben zu machen.446 Bei Massenentlassungen können insb. Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG die Sozialauswahl absichern, da die darin vorgenommene Gewichtung der sozialen Gesichtspunkte im Verhältnis zueinander von den Arbeitsgerichten nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann, § 1 Abs. 4 KSchG.447 Die Privilegierung der Prüfung der Sozialauswahl auf grobe Fahrlässigkeit greift jedoch nicht, wenn die Auswahlrichtlinie Alter oder Betriebszugehörigkeit so gering bewertet, dass eines der Kriterien in fast allen denkbaren Fällen nicht mehr den Ausschlag geben kann.448 Auswahlrichtlinien können nicht die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer in gleicher Weise verbindlich festlegen, indem Arbeitnehmer bestimmter Abteilungen zu Vergleichsgruppen zusammengefasst werden; vielmehr können Auswahlrichtlinien nur die Gewichtung der sozialen Auswahlkriterien zueinander bestimmen.449 Hat der Arbeitgeber die Sozialauswahl ohne eine Punktetabelle durchgeführt, so führt deren nachträgliche Überprüfung anhand einer anderweitig anerkannten Punktetabelle nicht zu einer unzulässigen nachträglichen fiktiven Sozialauswahl.450 Die Betriebsparteien können die in der Auswahlrichtlinie vorgenommene Bewertung wenigstens teilweise durch eine abweichende Namensliste revidieren.451

442 Lingemann/Otte, NZA 2016, 65. 443 BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361. Für die zulässige Berücksichtigung der Rentennähe auch Gaul/Bonanni, BB 2008, 218, 222. Eine solche Regelung hat allerdings eine Verschiebung der Proportionalität zwischen den einzelnen Altersgruppen zur Folge, Lingemann/Beck, NZA 2009, 577, 581. 444 BAG v. 27.4.2017 – 2 AZR 67/16, NZA 2017, 902. 445 BAG v. 24.10.2013 – 6 AZR 854/11, NZA 2014, 46 mit Einschränkungen, umfassend dazu die Anm. Lingemann/Pohlmann, RdA 2014, 374. 446 BAG v. 26.3.2015, NZA 2015, 1123 Rz. 14; v. 5.12.2002 – 2 AZR 549/01, NZA 2003, 791. 447 Nach neuerer Rspr. des BAG hat dies regelmäßig in Gestalt einer Betriebsvereinbarung zu erfolgen (BAG v. 26.7.2005 – 1 ABR 29/04, NZA 2005, 1372). Allgemein dazu Fuhlrott, ArbRAktuell 2012, 108. Zur Gestaltung von Auswahlrichtlinien unter Berücksichtigung der Diskriminierungsverbote des AGG ausführlich Lingemann/Beck, NZA 2009, 577. Empfohlen wird, sich bei der Gestaltung der Punktetabelle und der Altersgruppenbildung an die vom BAG in seiner Entscheidung v. 15.12.2011 – 2 AZR 42/10, NZA 2012, 1044 oder v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361 gebilligte Auswahlrichtlinie zu halten. 448 BAG v. 15.12.2011 – 2 AZR 42/10, NZA 2012, 1044; v. 5.6.2008 – 2 AZR 907/06, NZA 2008, 1120; v. 18.10.2006 – 2 AZR 473/05, DB 2007, 922 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 221559. 449 BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 907/06, NZA 2008, 1120; für die Kündigung in der Insolvenz jedoch BAG v. 17.11.2005, AP Nr. 19 zu § 113 InsO: Die vom Insolvenzverwalter wegen Stilllegung eines Geschäftsbereichs ausgesprochene Kündigung ist nicht wegen grob fehlerhafter Sozialauswahl iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO sozial ungerechtfertigt, wenn die Betriebsparteien in einem Interessenausgleich mit Namensliste die Sozialauswahl auf einen der Geschäftsbereiche beschränken, weil dort die Arbeitnehmer anderer Geschäftsbereiche nicht ohne Einarbeitungszeit beschäftigt werden können. 450 Zur Vorgehensweise der Überprüfung, ob sich eine ohne Punktetabelle durchgeführte Sozialauswahl noch im Rahmen des Wertungsspielraumes des Arbeitgebers hält, LAG Hamm v. 21.10.2008, NZARR 2009, 304. 451 BAG v. 24.10.2013 – 6 AZR 854/11, NZA 2014, 46 Rz. 41 f.; Lingemann/Rolf, NZA 2005, 264; Lingemann/Pohlmann, RdA 2014, 374.

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Kap. 22 Rz. 133 | Beendigungskündigung cc) Rechtsfolgen fehlerhafter Sozialauswahl

133 Bei fehlerhafter Sozialauswahl konnte sich nach früherer Rechtsprechung jeder gekündigte Arbeit-

nehmer, der schutzwürdiger war als ein vergleichbarer nicht gekündigter Arbeitnehmer, auf die fehlerhafte Sozialauswahl und damit die Unwirksamkeit seiner Kündigung wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 KSchG berufen; diese Möglichkeit hatte also nicht nur derjenige Arbeitnehmer, der nicht gekündigt worden wäre, wenn der Arbeitgeber dem entgegen der Sozialauswahl im Betrieb verbliebenen Arbeitnehmer statt seiner gekündigt hätte („Dominoeffekt“).452 Das BAG hat diese Rechtsprechung jedenfalls für die Sozialauswahl anhand eines Punkteschemas453 aufgegeben; danach kann sich nur noch derjenige auf die fehlerhafte Sozialauswahl berufen, dem bei fehlerfreier Sozialauswahl nicht gekündigt worden wäre.454 Zu prüfen ist eine fehlerhafte Sozialauswahl ohnehin nur gegenüber denjenigen nicht gekündigten Arbeitnehmern, die der gekündigte Arbeitnehmer im Prozess ausdrücklich benennt.455 dd) Herausnahme aus der Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG

134 Gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG sind in die soziale Auswahl nicht einzubeziehen Arbeitnehmer, de-

ren Weiterbeschäftigung insb. wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes im berechtigten betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt.456 Fähigkeiten meint neben der Ausbildung auch besondere Kenntnisse im Betrieb, Leistungen die qualitative und quantitative Umsetzung. Die Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur gestattet es dem Arbeitgeber, insb. Altersgruppen innerhalb der zur Sozialauswahl anstehenden Arbeitnehmer zu bilden und diesen anteilmäßig zu kündigen (vgl. auch Rz. 130 ff.).457 Eine solche nach Altersgruppen gestaffelte Sozialauswahl ist auch nach Einführung des AGG weiterhin zulässig, schon weil der Erhalt einer ausgewogenen Altersstruktur des Betriebes gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG auch legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG ist (vgl. Rz. 130).458 Berechtigte betriebliche Interessen können auch reine Nützlichkeitserwägungen sein, sofern sie betrieblich begründet sind, wie zB die Vermeidung von Ablaufstörungen bei einer Massenentlassung.459 Der Arbeitgeber muss jedoch jeweils das Interesse des sozial schwächeren Ar452 BAG v. 18.10.1984, BB 1985, 1263. 453 Möglicherweise gilt das auch außerhalb von Punkteschemata, in diese Richtung evtl. BAG v. 27.7.2017 – 2 AZR 476/16, NZA 2018, 234. 454 BAG v. 9.11.2006, AP Nr. 87 zu § 1 KSchG Betriebsbedinge Kündigung m. Anm. Lingemann/Beck; so schon zuvor LAG Berlin v. 20.8.2004, NZA-RR 2005, 370; ferner Bauer/Gotham, BB 2007, 1729 ff., wonach die vom BAG aufgestellten Grundsätze auch gelten sollen, wenn die Sozialauswahl ohne Punkteschema durchgeführt wurde, ein vergleichbarer Arbeitnehmer fehlerhaft nicht in die Sozialauswahl einbezogen wurde oder ein Punkteschema fehlerhaft ist. 455 BAG v. 18.10.2006 – 2 AZR 473/05, DB 2007, 922 m. Anm. Lingemann, FD-ArbR 2007, 221559. 456 Dazu näher Lingemann/Rolf, NZA 2005, 264 ff.; berechtigtes betriebliches Interesse kann für eine Gemeinde, die gesetzlich zum Brandschutz verpflichtet ist, auch der Erhalt der Einsatzmöglichkeit eines Mitarbeiters in der freiwilligen Feuerwehr sein (BAG v. 7.12.2006, NZA-RR 2007, 460). 457 Übersicht über die vom BAG akzeptierten Altersgruppen bei Lingemann/Otte, NZA 2016, 65; unter Geltung des AGG akzeptiert: (1) drei Gruppen 30–40 Jahre, 41–50 Jahre, 50–60 Jahre (BAG v. 6.9. 2007 – 2 AZR 387/06, NZA 2008, 405); (2) fünf Gruppen: bis zum vollendeten 25. Lebensjahr, von 25 bis 35 Jahre, von 35 bis 45 Jahre, von 45 bis 55 Jahre, ab 55 Jahre (BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361); (3) fünf Gruppen: bis zum 30. Lebensjahr, 31 bis 40 Jahre, 41 bis 50 Jahre, 51 bis 60 Jahre, ab 61 Jahre (BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 418/07, NZA 2009, 1023); (4) vier Gruppen: 25–34 Jahre, 35–44 Jahre, 45–54 Jahre, älter als 54 Jahre (BAG v. 15.12.2011 – 2 AZR 42/10, NZA 2012, 1044). 458 BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361; hierzu auch Schiefer, DB 2009, 733, 735; PWW/ Lingemann, § 10 AGG Rz. 25. 459 BAG v. 5.12.2002 – 2 AZR 697/01, DB 2003, 1909; demgegenüber stellt das LAG Berlin mit Urteil v. 9.5.2003 – 6 Sa 42/03, DB 2003, 1632, strenge Anforderungen an die Herausnahme von Leistungsträgern nach der bis 31.12.2003 geltenden Gesetzesfassung.

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Beendigungskündigung | Rz. 135 Kap. 22

beitnehmers gegen das betriebliche Interesse an der Herausnahme des Leistungsträgers abwägen,460 was die Handhabung im Ergebnis deutlich erschwert. Die hohe Krankheitsanfälligkeit eines sozial schwächeren Arbeitnehmers begründet für sich allein noch kein berechtigtes betriebliches Interesse, einen vergleichbaren Arbeitnehmer mit geringeren Fehlzeiten weiterzubeschäftigen.461 Diese Abwägung kann auch nicht mit Hilfe von Auswahlrichtlinien erleichtert werden (vgl. auch Rz. 130).462 d) Darlegungs- und Beweislast Die Beweislast für die inner- oder außerbetrieblichen Gründe und für den daraus konkret resultierenden Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze (Rz. 103 ff.) trägt in vollem Umfang der Arbeitgeber. Wendet der Arbeitnehmer anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen ein (Rz. 113 ff.), so muss er dartun, wie er sich eine solche Weiterbeschäftigung vorstellt.463 Erst dann ist es Sache des Arbeitgebers, im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, dass es einen entsprechenden freien Arbeitsplatz im Unternehmen nicht gibt. Die Beweislast für eine Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG (Rz. 122 ff.) trägt zwar der Arbeitnehmer, den Arbeitgeber trifft jedoch – soweit nicht eine Namensliste gem. § 1 Abs. 5 KSchG vorliegt – eine erweiterte Vortragslast. Er muss die Kriterien für die von ihm vorgenommene Sozialauswahl darlegen, ferner, welche Arbeitnehmer er einbezogen hat. Der Arbeitgeber kann hinsichtlich der relevanten Sozialdaten auf die Eintragungen in der (früher Lohnsteuerkarte, heute wohl eher) Lohnbuchhaltung vertrauen, sofern er keinen Anlass zu der Annahme hat, sie könnten nicht zutreffen; er muss dem Betriebsrat dann auch nur die daraus ersichtlichen Sozialdaten im Anhörungsschreiben mitteilen.464 Ob die Zulässigkeit der Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten – also nach Erwerb des Schwerbehindertenschutzes der §§ 168 ff. SGB IX465 – auch eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers begründet, vor Ausspruch einer Kündigung danach zu fragen, ist offen. Die Voraussetzungen für die Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG muss der Arbeitgeber beweisen,466 ebenso das Vorliegen berechtigter betrieblicher Bedürfnisse zum Erhalt der Personalstruktur. Dazu muss er im Einzelnen darlegen, welche konkreten Nachteile sich ergeben würden, wenn er die zu kündigenden Arbeitnehmer allein nach dem Maßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG auswählen würde.467 Auch insoweit gilt im Prozess eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast.468 Allerdings gelten bei Massenentlassungen iSv. § 17 KSchG469 460 BAG v. 31.5.2007 – 2 AZR 306/06, NZA 2007, 1362; v. 12.4.2002, AP Nr. 56 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl zu der von 1996 bis 1999 geltenden ähnlichen Fassung des Gesetzes; krit. Lingemann/ Rolf, NZA 2005, 264, 265 f. 461 § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG soll keine Negativauswahl ermöglichen (BAG v. 31.5.2007 – 2 AZR 306/06, NZA 2007, 1362). Etwas Anderes soll jedoch dann gelten, wenn aufgrund der besonderen Arbeitsaufgaben oder Tätigkeitsanforderungen ein kurzfristiger Einsatz von Vertretungskräften für den erkrankten Arbeitnehmer nur schwer möglich ist. Zum umgekehrten Fall besonders niedriger Fehlzeiten Gille/Vahle, NZA 2013, 534. 462 BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 907/06, NZA 2008, 1120; dafür jedoch Lingemann/Rolf, NZA 2005, 264, 265 ff. 463 BAG v. 20.1.1994, BB 1994, 1084; v. 3.2.1977, BB 1977, 849; Löwisch/Buschbaum, BB 2010, 1789 zur Darlegungslast bei betriebsbedingten Kündigungen aufgrund Auftragsrückgang. 464 BAG v. 17.1.2008 – 2 AZR 405/06, DB 2008, 1688. 465 BAG v. 16.2.2012 – 6 AZR 553/10, NZA 2012, 555; dazu Schrader/Siebert, ArbAktuell 2012, 157. 466 BAG v. 25.4.1985, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 35. 467 BAG v. 18.3.2010 – 2 AZR 468/08, NZA 2010, 1059; v. 20.4.2005, DB 2005, 1691; nach der Entscheidung des BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361 bei der Altersgruppenbildung möglicherweise auch, dass die Erhaltung der Altersstruktur wesentliche Voraussetzung für die konkrete berufliche Tätigkeit ist (Einzelheiten Rz. 50 ff., Rz. 134). 468 BAG v. 21.7.1988 – 2 AZR 75/88, NZA 1989, 264; v. 24.3.1983, AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 469 Krit. zu dieser Differenzierung Lingemann/Otte, NZA 2016, 65.

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Kap. 22 Rz. 135 | Beendigungskündigung – und möglicherweise selbst hier nur eingeschränkt470 – Erleichterungen bei der Vortragslast: das berechtigte betriebliche Bedürfnis an dem Erhalt der Altersstruktur wird – widerleglich – vermutet.471 e) Interessenausgleich mit Namensliste

136 Sind bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG die Arbeitnehmer,

denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, § 1 Abs. 5 KSchG. Die Vermutungswirkung bezieht sich auch auf die fehlende anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit; sie ist allerdings dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn eine Mitprüfung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten durch den Betriebsrat tatsächlich nicht stattgefunden hat.472 Eine Namensliste nur über einen Teil des geplanten Stellenabbaus reicht nicht aus, die Betriebsparteienmüssen sich vielmehr über die gesamte geplante Betriebsänderung in dem Interessenausgleich verständigt haben.473 Daher reicht bei einem Personalabbau in Wellen eine Namensliste nur für eine Welle nicht aus.474 Der Arbeitgeber hat die Vermutungsgrundlage darzulegen, nämlich das Vorliegen einer für die Kündigung des Arbeitnehmers kausalen Betriebsänderung nach § 111 BetrVG sowie die ordnungsgemäße Bezeichnung des Arbeitnehmers im Interessenausgleich.475 Die soziale Auswahl kann dann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden, § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG.476 Dies gilt nicht nur für die Gewichtung der Sozialindikatoren selbst, sondern auch für die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen.477 Der Arbeitnehmer, der sich auf einen davon abweichenden Sachverhalt beruft, trägt aufgrund dieser Vermutung also die volle Beweislast.478 Verstößt die Namensliste gegen Vorschriften des AGG, so führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Namensliste und zu einem Wegfall der Vermutungswirkung hinsichtlich der Betriebsbedingtheit, jedoch kann die Sozialauswahl grob fehlerhaft sein.479

137 Die Namensliste muss von den Betriebsparteien gesondert unterschrieben werden und ausdrücklich

Bezug auf den Interessenausgleich nehmen.480 Andernfalls muss der Interessenausgleich auf die Namensliste ausdrücklich Bezug nehmen und mit ihr körperlich derart verbunden sein, dass eine Lösung nur durch Gewaltanwendung möglich wäre, also typischerweise durch Klammern mittels Heftmaschine.481 Die Dokumente müssen im Zeitpunkt der Unterzeichnung bereits zusammengeheftet sein, eine Zusammenheftung erst danach genügt dem Schriftformerfordernis nicht (!).482 470 BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 478/13, NZA 2015, 1122: „zumindest dann, wenn die Anzahl der Entlassungen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer im Verhältnis zur Anzahl aller Arbeitnehmer des Betriebs die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht“; eine solche weitere Einschränkung ist nicht gerechtfertigt, Einzelheiten und Kritik bei Lingemann/Otte, NZA 2016, 65. 471 BAG v. 18.3.2010 – 2 AZR 468/08, NZA 2010, 1059. 472 BAG v. 27.9.2012 – 2 AZR 516/11, NZA 2013, 559 Rz. 16; v. 6.9.2007 – 2 AZR 715/06, NZA 2008, 633. 473 BAG v. 17.3.2016 – 2 AZR 182/15, NZA 2016, 1072. 474 BAG v. 17.3.2016 – 2 AZR 182/15, NZA 2016, 1072; offen ist, ob das nur gilt, wenn die einzelne Welle die Schwellenwerte des § 111 BetrVG iVm. § 17 KSchG nicht erreicht. 475 BAG v. 27.9.2012 – 2 AZR 516/11, NZA 2013, 559 Rz. 16; v. 31.5.2007 – 2 AZR 254/06, NZA 2007, 1307. 476 BAG v. 20.9.2012 – 6 AZR 483/11, NZA 2013, 94; Einzelheiten bei Lingemann/Rolf, NZA 2005, 264 ff. 477 BAG v. 21.9.2006, NZA 2007, 1319. Vgl. aber Rz. 130 für die Vermutungswirkung einer Auswahlrichtlinie im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 4 KSchG. 478 BAG v. 27.9.2012 – 2 AZR 516/11, NZA 2013, 559; für eine Erstreckung der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG auch auf die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung, Gehlhaar, DB 2008, 1496. 479 BAG v. 5.11.2009, – 2 AZR 676/08, NZA 2010, 457 Rz. 15; Die Bildung von Altersgruppen in einer Betriebsvereinbarung zur Sozialauswahl verstößt allerdings nicht gegen das AGG, vgl. BAG v. 12.3.2009, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 17; v. 6.11.2008 – 2 AZR 523/07, NZA 2009, 361 sowie oben Rz. 130. 480 BAG v. 12.5.2010 – 2 AZR 551/08, NZA 2011, 114. 115; BAG v. 21.1.2002, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 10. 481 BAG v. 6.12.2001, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 9; v. 7.5.1998, AP Nr. 94 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 482 BAG v. 6.7.2006 – 2 AZR 520/05, NZA 2007, 266.

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Beendigungskündigung | Rz. 140 Kap. 22

Wird eine Namensliste erst nach Abschluss des Interessenausgleichs vereinbart, so muss der von den Betriebsparteien unterschriebene Interessenausgleich auf die zu erstellende Namensliste Bezug nehmen und die von beiden Betriebspartnern unterzeichnete Namensliste ihrerseits ausdrücklich auf den zuvor vereinbarten Interessenausgleich.483 Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG gilt die durch die Namensliste begründete Vermutung für die Betriebsbedingtheit der Kündigung nicht, wenn sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Damit sollen die Fälle erfasst werden, in denen sich nach Zugang der Kündigung484 die Planung ändert oder unvorhergesehen andere Arbeitnehmer ausscheiden.485 Hierfür reicht es allerdings nicht aus, wenn sich lediglich die individuellen Beschäftigungsmöglichkeiten für einen in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer geändert haben; erforderlich ist vielmehr, dass sich die Zahl der zur Kündigung vorgesehenen Arbeitnehmer insgesamt erheblich vermindert oder gar keine Betriebsänderung mehr durchgeführt werden soll.486

138

f) Betriebsratsanhörung Im Rahmen der Betriebsratsanhörung sind dem Betriebsrat der Arbeitsplatzwegfall und der innerbetriebliche oder außerbetriebliche Grund für den Arbeitsplatzwegfall mitzuteilen, ferner die Kriterien für die Sozialauswahl und die einbezogenen Arbeitnehmer und damit die Gründe für die getroffene Sozialauswahl. Zwar muss der Arbeitgeber die Sozialdaten der Arbeitnehmer, die er nicht für vergleichbar hält, nicht von vornherein mitteilen.487 Eine Mitteilungspflicht der sozialen Gesichtspunkte besteht auch nicht vorsorglich gegenüber dem Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine Sozialauswahl für nicht erforderlich hält.488 Wird der Betrieb insgesamt stillgelegt, so müssen in der Betriebsratsanhörung nicht Familienstand und Unterhaltspflichten der zu kündigenden Arbeitnehmer mitgeteilt werden.489

139

Ob und in welchem Umfang auch das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten (Rz. 84 ff.) in der Betriebsratsanhörung darzulegen ist, ist nicht abschließend geklärt.490 Die Mitteilung des Ar-

140

483 BAG v. 12.5.2010 – 2 AZR 551/08, NZA 2011, 114; v. 19.6.2007 – 2 AZR 304/06, NZA 2008, 103, FDArbR 2007, 233172 m. Anm. Schuster. 484 BAG v. 21.2.2001, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 8. 485 ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rz. 367. Dies gilt allerdings nicht für den Fall, dass in einem Sozialplan bereits für das freiwillige Ausscheiden von Arbeitnehmern die Regelung getroffen wurde, dass sich hierdurch die Zahl der zu Kündigenden vermindert (BAG v. 12.3.2009, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 17). 486 Die Sachlage muss sich so wesentlich geändert haben, dass von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgegangen werden kann und der Interessenausgleich in Kenntnis der späteren Veränderung nicht bzw. mit anderem Inhalt abgeschlossen worden wäre (BAG v. 23.10.2008 – 2 AZR 163/07, BB 2009, 1758). 487 Bröhl, BB 2006, 1050, 1056; aA implizit BAG v. 24.2.2000 – 8 AZR 167/99, NZA 2000, 764; Bader, NZA-Beilage 2010, 85, 92; ErfK/Kania, § 102 BetrVG Rz. 9, wonach soziale Gesichtspunkte auch nicht vorsorglich mitgeteilt werden müssen, wenn der Arbeitgeber eine Sozialauswahl nicht für erforderlich hält, Thüsing/Richardi, § 102 BetrVG Rz. 74. 488 BAG v. 24.2.2000 – 8 AZR 167/99, NZA 2000, 764; implizit auch Bader, NZA-Beilage 2010, 85, 92; ErfK/Kania, § 102 BetrVG Rz. 9; Thüsing/Richardi, § 102 BetrVG Rz. 74; aA wohl Bröhl, BB 2006, 1050, 1056, der annimmt, eine Mitteilungspflicht bestehe hinsichtlich solcher Arbeitnehmer, bei denen der Betriebsrat vor Einleitung des Anhörungsverfahrens geltend gemacht hatte, sie seinen sozial vergleichbar. 489 BAG v. 13.5.2004, DB 2004, 2327. 490 BAG v. 17.2.2000, BB 2000, 1408: Bei fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit genügt in der Regel der ausdrückliche oder konkludente Hinweis auf das Fehlen. Das BAG lässt zwar auch einen „stillschweigenden Hinweis“ auf fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausreichen (BAG v. 22.9. 2005 – 2 AZR 208/05, BB 2006, 1572), in der Praxis wäre das bloße Weglassen eines Hinweises jedoch riskant.

Lingemann | 875

Kap. 22 Rz. 140 | Beendigungskündigung beitsplatzwegfalls enthält uE konkludent auch die Angabe, dass keine anderweitigen freien Arbeitsplätze bestehen.491 Die entsprechende Mitteilung an den Betriebsrat ist jedoch zu empfehlen.492 Hat der Betriebsrat vor Einleitung des Anhörungsverfahrens Auskunft über weitere Beschäftigungsmöglichkeiten für den zu kündigenden Arbeitnehmer auf einem konkreten, kürzlich freigewordenen Arbeitsplatz verlangt, so muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat in der Anhörung jedenfalls mitteilen, warum aus seiner Sicht eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf diesem Arbeitsplatz nicht möglich ist.493

141 Eine Betriebsratsanhörung kann nicht bereits zu einem Zeitpunkt eingeleitet werden, in dem der Ar-

beitgeber seine Kündigungsabsicht noch gar nicht verwirklichen will oder kann, weil diese noch unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung steht.494 Eine solche „Vorratsanhörung“ steht im Widerspruch zum Zweck der Betriebsratsanhörung, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, seine Überlegungen zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers vorzubringen und auf dessen Kündigungsentschluss Einfluss zu nehmen.

142 Zulässig ist es allerdings, eine Kündigung und auch die Anhörung auf einen Kündigungsentschluss

zu stützen, der alternativ zwei verschiedene Kündigungsarten (Änderungs- und Beendigungskündigung) umfasst.495 Erforderlich ist, dass zum Zeitpunkt der Anhörung der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen bereits feststeht und der Kündigungsentschluss unter keinerlei Vorbehalt mehr steht. Die Willensbildung des Arbeitgebers muss abgeschlossen sein. Dem Betriebsrat müssen sämtliche die Entscheidung des Arbeitgebers zur Kündigung beeinflussende Informationen zur Verfügung gestellt werden.496 In diesem Fall widerspricht auch eine „Vorratsanhörung“ nicht dem Schutzzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG.497 g) Abfindungsangebot nach § 1a KSchG

143 Weist der Arbeitgeber darauf hin, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse ge-

stützt ist, und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG eine Abfindung gem. § 1a Abs. 2 KSchG beanspruchen kann, so entsteht der Abfindungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer die Klagefrist verstreichen lässt und die Kündigungsfrist abgelaufen ist.498 Die Höhe der Abfindung beträgt gem. § 1a Abs. 2 KSchG 0,5 Monatsverdienste (nach § 10 Abs. 3 KSchG) für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses; ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten wird auf ein volles Jahr aufgerundet. Der Abfindungsanspruch entsteht auch dann in der gesetzlichen Höhe, wenn der Arbeitgeber informatorisch einen niedrigeren Abfindungsbetrag gegenüber dem Arbeitnehmer nennt, denn einen Hinweis auf die konkrete Höhe der Abfindung verlangt 491 492 493 494 495 496 497

Vgl. auch ErfK/Kania, § 102 BetrVG Rz. 9; Richardi/Thüsing, § 102 BetrVG Rz. 72. Einschränkend LAG Hessen v. 24.1.2000, BB 2000, 1944 bei Betriebsschließung. BAG v. 17.2.2000, BB 2000, 1408. BAG v. 27.11.2003, NZA 2004, 752; v. 22.4.2010, NZA-RR 2010, 583. BAG v. 22.4.2010, NZA-RR 2010, 583. BAG v. 22.4.2010, NZA-RR 2010, 583. Das BAG hat dies akzeptiert in einem Fall, in dem der Betrieb des Veräußerers auf einen Erwerber an einem anderen Ort nach § 613a BGB überging. Beim Veräußerer verblieb kein Betrieb oder Betriebsteil. Der Arbeitgeber beabsichtigte daher, (1) für den Fall, dass der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang nicht widerspricht, ihm eine Änderungskündigung, gerichtet auf die Aufnahme der Tätigkeit beim Erwerber an einem anderen Ort, auszusprechen, und (2) für den Fall, dass er widerspricht, eine Beendigungskündigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes beim Veräußerer. Zu beiden Kündigungen hörte er den Betriebsrat an. In diesem Fall bietet es sich an, für den Fall der Änderungskündigung auch gleichzeitig die Zustimmung nach § 99 BetrVG einzuholen (so auch im Fall BAG v. 22.3.2010, NZA-RR 2010, 583, vgl. Sachverhalt im Berufungsurteil LAG Hamburg v. 24.7.2008 – 7 Sa 33/08), vgl. M 22.14. 498 Vor Ablauf der Kündigungsfrist ist er nicht vererblich (BAG v. 10.5.2007 – 2 AZR 45/06, NJW 2007, 3086).

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Beendigungskündigung | Rz. 146 Kap. 22

§ 1a KSchG nicht.499 § 1a KSchG gewährt keinen unabdingbaren Mindestabfindungsanspruch; einzelvertraglich kann sowohl eine höhere als auch eine niedrigere Abfindung vereinbart werden.500 Klageerhebung und spätere Klagerücknahme stehen dem „Verstreichenlassen“ ebenso wenig gleich wie ein Antrag auf spätere Zulassung, der zurückgewiesen wird.501 Der Anspruch auf Abfindung entsteht nach dem Zweck der Regelung, gerichtliche Auseinandersetzungen über die Kündigung zu vermeiden, vielmehr nur, wenn der Arbeitnehmer die Gerichte gegen die Kündigung nicht anruft.502 Gibt der Arbeitgeber den Hinweis nicht, entsteht gleichfalls kein Abfindungsanspruch. § 1a KSchG gilt jedoch nicht für Sozialplanleistungen.503 Sie dürfen daher nicht von einem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden; zulässig ist dies nur in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung, die zusätzlich zu einem § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG genügenden Sozialplan geschlossen wird.504 Kollektivrechtlich kann vereinbart werden, dass die Abfindung gem. § 1a KSchG auf kollektivrechtlich begründete Ansprüche zum Ausgleich von Nachteilen aus einer Betriebsänderung anzurechnen sind, da auch § 1a KSchG dem Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile aufgrund des Arbeitsplatzverlustes dient.505 Erteilt der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben einen vollständigen Hinweis nach §1a Abs. 1 Satz 2 KSchG, führt dies zu einem neben den Sozialplananspruch tretenden Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn sich aus dem Kündigungsschreiben nicht unmissverständlich ergibt, dass dem Arbeitnehmer nur ein Anspruch zustehen soll.506

144

6. Außerordentliche Kündigung Der Arbeitsvertrag kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund deren dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, § 626 Abs. 1 BGB.507 Die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers bezieht sich auch auf diejenigen Tatsachen, die einen vom Arbeitnehmer behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen.508 Auch bei einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers muss ein wichtiger Grund vorliegen.509

145

Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung wird eine außerordentliche Kündigung in der Regel fristlos ausgesprochen. Das ist aber nicht zwingend. Der Arbeitgeber kann die Kündigung auch – etwa aus sozialen Erwägungen – unter Gewährung einer Auslauffrist erklären, ohne damit zugleich auf sein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu verzichten.510 Auch betriebsbedingte Gründe kön-

146

499 BAG v. 19.6.2007 – 1 AZR 340/06, NZA 2007, 1357: Durch Auslegung muss ermittelt werden, ob ein Abfindungsangebot lediglich als Hinweis auf den gesetzlichen Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG zu werten ist oder als hiervon unabhängiges Angebot auf Abschluss einer Abfindungsvereinbarung. 500 BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 807/06, DB 2008, 1276. Der Arbeitgeber muss jedoch seinen Willen, ein von der gesetzlichen Vorgabe abweichendes Angebot zu unterbreiten, unmissverständlich im Kündigungsschreiben erklären; bei deutlicher Abweichung (etwa nur die Hälfte der nach § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG genannten Höhe) spricht jedoch viel für ein nur individuelles Vertragsangebot (BAG v. 10.7. 2008 – 2 AZR 209/07, DB 2009, 124). 501 BAG v. 13.12.2007, NZA 2008, 696. 502 ErfK/Oetker, § 1a KSchG Rz. 14. 503 BAG v. 31.5.2005, DB 2005, 1967. 504 BAG v. 10.2.2009, AP Nr. 199 zu § 112 BetrVG 1972; v. 31.5.2005, DB 2005, 1967. 505 BAG v. 19.6.2007 – 1 AZR 340/06, NZA 2007, 1357. 506 BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 536/15, NZA 2017, 121. 507 S. etwa BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 517/14, NZA 2015, 1180 Rz. 20. 508 BAG v. 17.3.2016 – 2 AZR 110/15, juris. 509 BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 894/07, NZA 2009, 840. Im konkreten Fall war allerdings die Berufung des Arbeitnehmers auf die Unwirksamkeit der Kündigung treuwidrig, da die vorherige Kündigungserklärung Ausdruck einer ernsthaften und endgültigen Lösungsabsicht war. 510 BAG v. 13.5.2015, AP BGB § 626 Nr. 254; Anm. Merten, ArbRAktuell 2015, 530.

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Kap. 22 Rz. 146 | Beendigungskündigung nen eine solche Kündigung rechtfertigen.511 Stets ist zu prüfen, ob der Sachverhalt an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung darzustellen. Ist das der Fall, so kommt es in einem zweiten Schritt darauf an, ob bei Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt und somit verhältnismäßig ist.512 Dabei sind alle Umstände des konkreten Falles zu berücksichtigen, auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können Bedeutung gewinnen.513 Zu berücksichtigen sind ferner regelmäßig das Gewicht und die Auswirkung einer Vertragspflichtverletzung (etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen), der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung ist daher unwirksam, wenn schon eine ordentliche Kündigung geeignet war, das Risiko künftiger Störungen zu vermeiden.514

147 Der bei weitem häufigste Fall ist die verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung. Die Zahl

der in Betracht kommenden Kündigungsgründe ist kaum übersehbar.515 Als wichtiger Grund „an sich“ geeignet sind nicht nur erhebliche Pflichtverletzungen iSv. nachgewiesenen Taten. Auch der dringende, auf objektive Tatsachen gestützte Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden (Verdachtskündigung, dazu Rz. 101a).516

148 Beispielhaft für wichtige Kündigungsgründe sind aus der jüngeren Rechtsprechung zu nennen: der

Verstoß eines Berufskraftfahrers gegen das absolute Alkoholverbot bei Gefahrguttransporten, die unbefugte Aneignung und Vervielfältigung von Betriebsunterlagen,517 das Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, auch außerhalb des Entgeltfortzahlungszeitraums,518 Ankündigung einer künftigen Arbeitsverweigerung519 bzw. beharrliche Arbeitsverweigerung als solche,520 die Weigerung, an einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit mitzuwirken, wenn eine solche Nebenpflicht einzel- oder tarifvertraglich besteht,521 eine grobe Beleidigung bzw.

511 BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 650/14, NZA 2016, 630; v. 24.9.2015 – 2 AZR 562/14, NZA 2016, 366; v. 18.6.2015 – 2 AZR 480/14, NZA 2015, 1315. 512 BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 517/14, NZA 2015, 1180; v. 16.12.2010 – 2 AZR 485/08, NZA 2011, 571; v. 27.1.2011 – 2 AZR 825/09, NJW 2011, 2231; v. 27.4.2006 – 2 AZR 415/05, NZA 2006, 1033, 1034; BGH v. 20.6.2005 – II ZR 18/03, DB 2005, 1849, 1850. 513 BAG v. 27.4.2006 – 2 AZR 415/05, NZA 2006, 1033. Einzelheiten bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil VI Rz. 21 ff. 514 BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 517/14, NZA 2015, 1180 Rz. 21. 515 Vgl. die Zusammenstellungen bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil VI Rz. 10 ff.; Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 125 Rz. 56 und § 125 Rz. 135; PWW/Lingemann, § 626 BGB Rz. 7 ff. sowie oben Rz. 53 ff. mwN. Allgemein zur außerordentlichen Kündigung in der Rspr. des BAG Schulte Westenberg, NZA-RR 2015, 225. 516 BAG v. 21.11.2013 – 2 AZR 797/11, NZA 2014, 243 Rz. 16. 517 BAG v. 8.5.2014 – 2 AZR 249/13, NZA 2014, 1258 Rz. 32. 518 BAG v. 29.6.2017 – 2 AZR 597/16, NZA 2017, 1179. 519 LAG Nürnberg v. 16.10.2007 – 7 Sa 233/07, NZA-RR 2008, 68. 520 BAG v. 28.6.2018 – 2 AZR 436/17; NZA 2018, 1259; v. 29.8.2013 – 2 AZR 273/12, NZA 2014, 533. Verweigert der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat er das Risiko eines Rechtsirrtums selbst bei entsprechend eingeholtem Rechtsrat zu tragen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer eine Weisung des Arbeitgebers für unbillig hält. Der Arbeitnehmer kann sich einem vertragsgemäßen Arbeitsverlangen des Arbeitgebers nicht dadurch entziehen, dass er ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der umstrittenen Frage einleitet. Bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung im Arbeitsvertrag richtet sich die Dauer der Arbeitszeit regelmäßig nach der betriebsüblichen Arbeitszeit. 521 BAG v. 25.1.2018 – 2 AZR 382/17, NZA 2018, 845.

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Beendigungskündigung | Rz. 148 Kap. 22

üble Nachrede gegenüber dem Arbeitgeber522 oder dessen Prozessbevollmächtigen,523 Spesenoder Arbeitszeitbetrug,524 auch wenn die falsche Dokumentation der Arbeitszeit mit Billigung des Personalreferenten und des Vorgesetzten geschieht,525 Diebstahl – auch geringwertiger Sachen,526 die Ankündigung einer künftigen Erkrankung als Drohmittel,527 die Drohung für den Fall des Beharrens auf einer beabsichtigten oder erklärten Kündigung,528 die ernstliche Drohung mit einem Amoklauf oder einem Selbstmord,529 die Weigerung der Teilnahme an einem elektronischen Berichtssystem,530 der Entzug der gesetzlichen Fahrerlaubnis bei einem Berufskraftfahrer,531 die eigenmächtige Verlängerung eines Freistellungszeitraumes,532 bewusst illoyales Verhalten der Geschäftsführerin eines Vereins gegenüber Vorgesetzten,533 die unterlassene Information über die Inhaftierung des Arbeitnehmers in Untersuchungshaft bei Hinzutreten weiterer Umstände,534 die unberechtigte Berufung auf Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrechte,535 die Ausübung von Konkurrenztätigkeiten im eigenen Namen und Interesse oder für einen Wettbewerber,536 die Manipulation von Fleischmindesthaltbarkeitsdaten,537 die Ausübung von Nebentätigkeiten ohne die erforderlichen Genehmigung,538 das Sammeln von Pfandflaschen zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit,539 der versuchte Prozessbetrug durch bewusst wahrheitswidrigen Vortrag im Kündigungsschutzprozess,540 die Nutzung dienstlicher Ressourcen zur Herstellung privater Raubkopien,541 die sexuelle Belästigung,542 unabhängig von der sexuellen Motivation,543 oder der sexuelle Missbrauch am Arbeitsplatz,544 Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen,545 eigenmäch522 BAG v. 18.12.2014 – 2 AZR 265/14, NZA 2015, 797; v. 31.7.2014 – 2 AZR 505/13, NZA 2015, 245 Rz. 40 ff.; EGMR v. 17.9.2015 – 14464/11, NZA 2017, 237. Allerdings ist zugunsten des Arbeitnehmers sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu berücksichtigen, das im Zweifel Vorrang hat. 523 LAG Köln v. 23.1.2014 – 7 Sa 97/13, juris, m. Anm. Merten, ArbRAktuell 2014, 468. 524 BAG v. 9.6.2011 – 2 AZR 381/10, NJW 2011, 2905; v. 6.9.2007 – 2 AZR 264/06, NZA 2008, 636. 525 BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18, NZA 2019, 1161. 526 BAG v. 31.7.2014 – 2 AZR 407/13, NZA 2015, 621 Rz. 27; v. 21.6.2012 – 2 AZR 153/11, NZA 2012, 1025; ausnahmsweise milder v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; Fuhlrott, ArbRAktuell 2012, 498. 527 BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 251/07, NZA 2009, 779 zum Fall einer entsprechenden Ankündigung als Reaktion auf eine nicht erfolgte Urlaubsgewährung. 528 BAG v. 8.5.2014 – 2 AZR 249/13, NZA 2014, 1258, nicht aber, wenn der Arbeitnehmer sich bei zweifelhafter Rechtslage dem Arbeitgeber gegenüber auf einen objektiv vertretbaren Rechtsstandpunkt stellt, um diesen zum Einlenken in einem Kündigungsschutzprozess zu bewegen. 529 BAG v. 29.6.2017 – 2 AZR 47/16, NZA 2017, 1605 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 621. 530 BAG v. 17.11.2016 – 2 AZR 730/15, NZA 2017, 394. 531 BAG v. 5.6.2008, DB 2009, 123. 532 LAG Nürnberg v. 17.1.2007, NZA-RR 2007, 404 zum Sonderurlaub nach BAT. 533 BAG v. 1.6.2017 – 6 AZR 720/15, NZA 2017, 1332 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 302. 534 BAG v. 26.3.2015, NZA 2080, 118, Anm. Krieger, ArbRAktuell 2015, 483. 535 BAG v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, NZA 2016, 417, Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 190; LAG Köln v. 10.4.2018 – 4 Sa 1024/16, LAGE § 331a ZPO 2002 Nr. 1 zum Nichtbestehen eines Zurückbehaltungsrechts, wenn der Arbeitgeber eine fällige Zinsforderung von 900 Euro nicht entrichtet hat, diese aber ein Monatsgehalt nicht übersteigt. 536 BAG v. 29.6.2017 – 2 AZR 597/16, NZA 2017, 1179. 537 LAG Köln v. 19.1.2009, NZA-RR 2009, 368. 538 BAG v. 18.9.2008, DB 2009, 743; v. 19.4.2007, NZA-RR 2007, 571 für den Bereich des öffentlichen Dienstes. 539 BAG v. 23.8.2018 – 2 AZR 235/18, AP BGB § 626 Nr. 272 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 632. 540 BAG v. 8.11.2007, DB 2009, 1024. 541 BAG v. 16.7.2015 – 2 AZR 85/15, BB 2016, 505, m. Anm. Diller, ArbRAktuell 2015, 376. 542 BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13, NZA 2015, 294. 543 BAG v. 29.6.2017 – 2 AZR 302/16, NZA 2017, 1121 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 460. 544 BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 865/13, NZA 2015, 353; v. 9.6.2011 – 2 AZR 381/10, NJW 2011, 2905. 545 Bei einer erheblichen aktiven Beteiligung kann auch schon ein einmaliger Vorfall ohne vorherige Abmahnung einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen (BAG v. 18.9.2008 – 2 AZR 1039/06, DB 2009, 964). Dies gilt auch dann, wenn die Tätlichkeiten außerhalb des Betriebes erfolgten und ausschließlich familiär bedingt waren (LAG Schl.-Holst. v. 6.1.2009 – 5 Sa 313/08, DB 2009, 967).

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Kap. 22 Rz. 148 | Beendigungskündigung tiger Urlaubsantritt546, die Verweigerung verpflichtender Überstunden547 oder der Verstoß gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot.548 Erforderlich ist jeweils die objektive und rechtswidrige Verletzung einer Vertragspflicht, die jedoch nicht zwingend schuldhaft sein muss.549 Für Tendenzträger bestehen gesteigerte Rücksichtnahmepflichten, so dass die außerordentliche Kündigung hier eher gerechtfertigt ist als bei einem anderen Arbeitnehmer.550 Auf eine Freistellung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist muss der Arbeitgeber sich nicht verweisen lassen.551 Eine arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung rechtfertigt nicht unbedingt die außerordentliche Kündigung.552 Außerdienstliche Verhaltensweisen können einen nicht zu rechtfertigenden wichtigen Kündigungsgrund abgeben. Das gilt nicht nur bei Straftaten, auch sittliche Verfehlungen genügen, soweit damit zB der Verkündungsauftrag der Kirche in Frage gestellt wird.553

149 Eine außerordentliche Kündigung aus personenbedingten Gründen kommt letztlich nur in Form

einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist bei tariflich oder vertraglich unkündbaren Arbeitnehmern in Betracht.554 In diesem Fall kann etwa Arbeitsunfähigkeit infolge dauerhafter Krankheit oder häufiger Kurzerkrankungen ein wichtiger Grund iSd. § 626 BGB sein, wenn der Arbeitgeber ansonsten bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – ggf. über Jahre hinweg – erhebliche Entgeltzahlungen zu erbringen hätte, ohne dass dem nennenswerte Arbeitsleistungen gegenüberständen, das Arbeitsverhältnis also „sinnentleert“ wäre;555 das ist der Fall, wenn für durchschnittlich mehr als ein Drittel der jährlichen Arbeitstage Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten ist.556 Personenbedingter Kündigungsgrund kann auch ein Eignungsmangel sein, zB aufgrund strafbaren außerdienstlichen Verhaltens.557 Eine arbeitnehmerseitige außerordentliche Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer infolge einer Erkrankung für unabsehbare Zeit nicht in der Lage ist, seine Arbeit zu verrichten.558

150 Ebenso liegt es bei der betriebsbedingten außerordentlichen Kündigung. Sie muss nicht von äuße-

ren Faktoren „erzwungen“ sein, sondern kann auch auf einer unternehmerischen Entscheidung be546 LAG Hamm v. 17.10.2007 – 2 Sa 43/07, NZA-RR 2008, 294. 547 LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 18.12.2014 – 5 TaBV 7/14, juris. 548 BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 644/13, NZA 2015, 429; v. 26.6.2008 – 2 AZR 190/07, DB 2008, 2544. Nach dem BAG rechtfertigt eine Konkurrenztätigkeit jedoch „in der Regel“ keine negative Verhaltensprognose, wenn die Konkurrenztätigkeit erst durch eine unwirksame Kündigung ausgelöst wurde. Das ist aber in der Praxis eben diejenige Konstellation, die typischerweise zum Ausspruch weiterer außerordentlicher Kündigungen führt. Die Interessenabwägung geht dann meist zulasten des Arbeitsgebers aus, was die Kündigung unwirksam macht. 549 BAG v. 11.12.2003 – 2 AZR 667/02, NZA 2004, 784, 786; v. 21.1.1999 – 2 AZR 665/98, NZA 1999, 863; etwas anders BAG v. 21.1.1999, DB 1999, 1400. 550 BAG v. 23.10.2008, NZA-RR 2009, 362 zur Kündigung einer Redakteurin als Reaktion auf eine Gegendarstellung auf eine Veröffentlichung in der eigenen Presse des Arbeitgebers. 551 BAG v. 11.3.1999 – 2 AZR 507/98, NZA 1999, 587. 552 BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 517/14, NZA 2015, 1180. 553 BAG v. 26.9.2013 – 2 AZR 741/12, NZA 2014, 529 zu sexuellen Handlungen eines Kirchenmusikers mit einer Minderjährigen. 554 BAG v. 6.10.2005, DB 2005, 1278; v. 13.5.2004 – 2 AZR 36/04, NZA 2004, 1271; v. 18.10.2000 – 2 AZR 627/99, DB 2001, 338. 555 BAG v. 20.3.2014, NZA-RR 2015, 16; v. 23.1.2014 – 2 AZR 582/13, NZA 2014, 962. 556 BAG v. 25.4.2018 – 2 AZR 6/18, NZA 2018, 1056 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 421, unter Aufgabe von BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 582/13, NZA 2014, 962, wo das BAG noch entschieden hatte, mit Entgeltfortzahlung belastete Fehlzeiten von 18,81 Wochen pro Jahr (entsprechend ca. 36 % der Arbeitstage) genügten für sich genommen nicht, um von einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung für den Arbeitgeber auszugehen. 557 BAG v. 10.4.2014, NZA-RR 2015, 22. 558 BAG v. 22.3.2018 – 8 AZR 190/17, NZA 2018, 1191, der wichtige Grund lag in einem die Erkrankung auslösenden Arbeitsplatzkonflikt mit der Arbeitgeberin.

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Beendigungskündigung | Rz. 153 Kap. 22

ruhen559, bspw. einer Betriebsstilllegung560 oder Umstrukturierung561 oder einem Betriebsübergang, dem der Arbeitnehmer gem. § 613a Abs. 5 BGB widersprochen hat.562 Eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber ihn anderenfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Eine Vergütungspflicht für ein Jahr mit anschließender einjähriger Kündigungsfrist reicht dazu nicht aus. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass keinerlei Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis – und sei es zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung – sinnvoll fortzusetzen und dazu ggf. sogar auf Gesellschafterebene aktiv werden.563 Erst wenn sämtliche denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen.564 Vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist ist der Betriebsrat zwar nach den Grundsätzen für eine ordentliche Kündigung anzuhören:565 der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat jedoch gleichzeitig darlegen, dass es sich um eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist handelt und wohl auch die Tatsachen mitteilen, aus denen sich ergibt, wann die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begonnen hat.

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Die Kündigungsgründe des § 626 Abs. 1 BGB können nicht einzelvertraglich erweitert werden.566 Auch eine Einschränkung ist regelmäßig unwirksam, jedenfalls soweit sie die Grenzen des Zumutbaren überschreitet.

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Gem. § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb der Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.567 Maßgeblich ist dabei die sichere und möglichst vollständige positive Kenntnis dieser Tatsachen. Eine grob fahrlässige Unkenntnis löst die Zwei-Wochen-Frist noch nicht aus. Der Arbeitgeber muss jedoch, wenn er dringende Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung hat, diesen nachgehen. Denn der Beginn der ZweiWochen-Frist ist nur so lange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhaltes nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen mit der gebotenen Eile auch durchführt.568 Dabei kann er durchaus auch Detektive einsetzen569, allerdings nur, wenn der Verdacht auf konkreten Tatsachen beruht; anderenfalls drohen Schmerzensgeldansprüche.570 Die Kenntnis von nicht kündigungsberechtigten Personen kann ausnahmsweise zugerechnet werden, wenn diese eine herausgehobene Stellung bekleiden und ein schuldhafter Organisationsmangel vorliegt, der zu einer verspäteten Kenntnisnahme durch den Kündigungsberechtigten geführt hat.571

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559 BAG v. 18.6.2015 – 2 AZR 480/14, NZA 2015, 1315. 560 BAG v. 21.11.2013 – 2 AZR 474/12, ArbRAktuell 2014, 327 m. Anm. Merten; v. 24.1.2013, DB 2013, 1365; v. 22.11.2012 – 2 AZR 673/11, BB 2013, 1533; v. 5.2.1998, DB 1998, 1025; v. 28.3.1985 – 2 AZR 113/84, NZA 1985, 559. 561 BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 379/12, NZA 2014, 139. 562 BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 783/13, NZA 2015, 866, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 351. 563 BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 372/13, NZA 2014, 895; v. 20.6.2013 – 2 AZR 379/12, NZA 2014, 139. 564 BAG v. 27.6.2019 – 2 AZR 50/19, NZA 2019, 1345. 565 BAG v. 18.1.2001, DB 2002, 100, 101; v. 18.10.2000 – 2 AZR 627/99, DB 2001, 338, 339. 566 Vgl. BAG v. 22.11.1973, BB 1974, 463; LAG Nürnberg v. 26.4.2001 – 8 Sa 770/00, BB 2001, 1906. 567 BAG v. 27.2.2020 – 2 AZR 570/19, AP BGB § 626 Nr. 277; v. 26.6.2008 – 2 AZR 190/07, DB 2008, 2544; v. 17.3.2005 – 2 AZR 245/04, NZA 2006, 101, 1055; Einzelheiten bei PWW/Lingemann, § 626 BGB Rz. 13 ff. 568 BAG v. 27.2.2020 – 2 AZR 570/19, AP BGB § 626 Nr. 277; v. 27.6.2019 – 2 ABR 2/19 NJW 2020, 419; v. 17.3.2005 – 2 AZR 245/04, NZA 2006, 101, 105; v. 16.8.1990 – 2 AZR 113/90, NZA 1991, 141. 569 Dazu Lingemann/Göpfert, DB 1997, 374; Thüsing/Rombey, NZA 2018, 1105. 570 BAG v. 19.2.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994, Anm. Krieger; v. 17.3.2015 – 9 AZR 994/13, NJW 2015, 2752. 571 BAG v. 23.10.2008 – 2 AZR 388/07, DB 2009, 572.

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Kap. 22 Rz. 154 | Beendigungskündigung

154 Eine Pflicht zur Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung besteht aber nicht,

es sei denn, es handelt sich um eine Verdachtskündigung (dazu Rz. 101a ff.). Bei einer Verdachtskündigung kann der Arbeitgeber zudem den Fort- bzw. Ausgang des Strafverfahrens abwarten, solange er den Zeitpunkt für den Ausspruch der Kündigung nicht willkürlich wählt.572 Die Zwei-WochenFrist wird auch nicht durch die Drei-Tage-Frist des § 102 Abs. 2 BetrVG zur Anhörung des Betriebsrats gehemmt. Der Arbeitgeber muss bei einer außerordentlichen Kündigung daher rechtzeitig vor Fristablauf auch den Betriebsrat anhören.

155 Entstehen fortlaufend neue Tatsachen, die für die Kündigung maßgeblich sind (zB unentschuldigtes

Fehlen573), oder liegt ein noch nicht abgeschlossener, länger währender Zustand vor, handelt es sich um einen Dauertatbestand. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt dann nicht vor dessen Beendigung.574 Häufige Kurzerkrankungen können zB ein Dauertatbestand sein, der den Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ständig neu in Gang setzt, sobald und solange sie den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit zulassen und damit eine negative Gesundheitsprognose begründen.575

156 Reichen die Kündigungsgründe für eine außerordentliche Kündigung nicht aus, so ist diese regel-

mäßig von Amts wegen und ohne besonderen Antrag576 in eine ordentliche Kündigung gem. § 140 BGB umzudeuten, es sei denn, dass ein entgegenstehender Wille des Kündigenden erkennbar wäre.577 Auch die Wirksamkeit einer auf dieselben Gründe gestützten ordentlichen Kündigung ist daher zu prüfen. Eine solche Umdeutung kommt allerdings nicht in Betracht, wenn ein Betriebsrat besteht und dieser nicht auch zu einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung nach § 102 BetrVG angehört wurde (vgl. dazu Rz. 30). Die Umdeutung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist setzt also grundsätzlich die Beteiligung des Betriebsrats nach den für die ordentliche Kündigung geltenden Grundsätzen voraus.578 Gem. § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB muss der Kündigende dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen (M 22.7).

157 Entscheidend für die Wirksamkeit der Kündigung sind die Kündigungsgründe, die zum Zeitpunkt des

Kündigungsausspruchs vorlagen. Werden weitere Kündigungsgründe erst nach Ausspruch der Kündigung bekannt, obwohl sie zum Zeitpunkt des Ausspruchs schon vorlagen, so können sie zur Begründung der Kündigung nachgeschoben werden.579 Werden Kündigungsgründe hingegen erst nach dem Kündigungszeitpunkt verwirklicht, so kann darauf nur eine erneute Kündigung gestützt werden.580 572 Im Einzelnen Rz. 101a ff.; der Arbeitgeber kann insb. die Erhebung der öffentlichen Klage abwarten, wenn er meint, erst zu diesem Zeitpunkt einen ausreichenden Kenntnisstand für eine Kündigung zu haben, denn auch für den Ausspruch einer Verdachtskündigung kann es mehrere in Betracht kommende Zeitpunkte geben (BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 25/07, DB 2008, 2312). Auch kann der Arbeitgeber die rechtskräftige Verurteilung abwarten und dann eine Tatkündigung aussprechen. Zur Fristberechnung bei der Verdachtskündigung auch Langner/Witt, DStR 2008, 825, 826. Auch wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu Beginn der Ermittlungen schon einmal gekündigt hat, ist er dadurch nicht gehindert, eine erneute Kündigung auf eine veränderte Tatsachengrundlage zu stützen (BAG v. 22.11.2012 – 2 AZR 732/11, NZA 2013, 665). 573 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 273/12, NZA 2014, 533. 574 BAG v. 22.11.2012 – 2 AZR 673/11, NZA 2013, 730. 575 BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 582/13, NZA 2014, 962. 576 BAG v. 15.11.2001, DB 2002, 1562. 577 BAG v. 25.10.2012 – 2 AZR 700/11, NZA 2013, 371 Rz. 21; v. 12.5.2010 – 2 AZR 845/08, NZA 2010, 1348 Rz. 40 ff. 578 BAG v. 18.10.2000 – 2 AZR 627/99, DB 2001, 338. 579 BAG v. 16.7.2015 – 2 AZR 85/15, NZA 2016, 161 Rz. 25; v. 18.6.2015 – 2 AZR 256/14, NZA 2016, 287; v. 23.5.2013 – 2 AZR 102/12, NZA 2014, 1416 Rz 33; v. 6.9.2007, NZA 2008, 638 Rz. 21; v. 20.6.2005, DB 2005, 1849, 1850; v. 1.12.2003, NZA 2004, 173, 175; v. 4.6.1997 – 2 AZR 362/96, NZA 1997, 1158, 1159 f. Zur erneuten Beteiligung des Betriebsrates, BAG v. 27.1.2011 – 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798 Rz. 28. 580 BAG v. 6.11.2003 – 2 AZR 631/02, NZA 2004, 919; Einzelheiten zur Wiederholungskündigung Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225.

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Beendigungskündigung | Rz. 160 Kap. 22

Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teils veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet (§ 628 Abs. 2 BGB).581 Kündigt der Arbeitnehmer zu Recht aus wichtigem Grund, besteht also grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch in Höhe der entgangenen Vergütung, sowie, wenn das KSchG anwendbar ist, auf eine Abfindung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG.582 Weniger praxisrelevant ist ein Anspruch des Arbeitgebers auf entgangenen Gewinn bei wirksamer arbeitgeberseitiger außerordentlicher Kündigung. Ist die außerordentliche Kündigung unwirksam, verletzt sie ihrerseits den Vertrag und kann zu Schadensersatzansprüchen führen.

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7. Sonderkündigungsschutz Zu den häufigsten Fällen des Sonderkündigungsschutzes haben wir bereits in den entsprechenden Kapiteln Stellung genommen: Zum Kündigungsschutz Schwerbehinderter nach §§ 168 ff. SGB IX verweisen wir auf Kap. 16, zum Kündigungsschutz nach § 17 MuSchG583, § 18 BEEG, § 5 PflegeZG und § 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 5 PflegeZG auf Kap. 17, zum besonderen Kündigungsschutz Auszubildender auf Kap. 8 und zum Kündigungsschutz bei Betriebsübergang auf Kap. 60. Daneben gibt es Sonderkündigungsschutz für freiwillig Wehrdienstleistende nach ArbPlSchG, Datenschutzbeauftragte nach BDSG bzw. landesrechtlichen Vorschriften,584 Immissionsschutz-, Störfall- oder Gewässerschutzbeauftragte nach BImSchG, WHG.

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Betriebsratsmitgliedern,585 Ersatzmitgliedern, solange sie ein zeitweilig verhindertes ordentliches Mitglied des Betriebsrats vertreten586, sowie Mitgliedern einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats kann nicht wirksam gekündigt oder änderungsgekündigt587 werden, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist, vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG. Maßgeblich ist, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist zugemutet werden kann.588 Dieser Kündigungsschutz gilt auch nach Beendigung der Amtszeit noch für einen Zeitraum von einem Jahr vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit gerechnet, vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Für Mitglieder des

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581 PWW/Lingemann, § 628 BGB Rz. 1. 582 BAG v. 20.11.2003, DB 2004, 1272. Der Entschädigungsanspruch für den Verlust des Bestandsschutzes setzt weiter voraus, dass der Arbeitgeber nicht selbst hätte kündigen können, dh. dass kein Kündigungsgrund iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bestand (BAG v. 26.7.2007 – 8 AZR 796/06, NZA 2007, 1419). Die Grundsätze für eine Begrenzung des Schadensersatzanspruchs aus § 628 Abs. 2 BGB auf den Zeitraum der fiktiven Kündigungsfrist sowie eine angemessene Vergütung gem. §§ 9, 10 KSchG sind auf den Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers gegen seinen Rechtsvertreter, durch dessen Verschulden ein Kündigungsschutzprozess verloren geht, nicht übertragbar (BGH v. 24.5.2007 – III ZR 176/ 06, NZA 2007, 753). Ein dem Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG unterfallender Arbeitnehmer hat keine weitergehenden Ansprüche auf Schadensersatz (BAG v. 21.5.2008 – 8 AZR 623/07, ArbRB 2008, 298). 583 Zur Vereinbarkeit des neu geschaffenen § 17 MuSchG mit der RL 92/85/EWG vgl. EuGH v. 22.2.2018 – C-103/16, NZA 2018, 432. 584 Dies gilt auch für einen stellvertretenden Datenschutzbeauftragten, jedenfalls, wenn er während des Vertretungsfalls tatsächlich Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten wahrgenommen hat (BAG v. 27.7.2017 – 2 AZR 812/16, NZA 2018, 166). 585 Vgl. BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 825/12, NZA 2014, 1089; v. 27.9.2012 – 2 AZR 955/11, NZA 2013, 425. 586 BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 825/12, NZA 2014, 1089; v. 27.9.2012 – 2 AZR 955/11, NZA 2013, 425; v. 19.4.2012 – 2 AZR 233/11, NJW 2012, 3740. 587 Das gilt auch für Massenänderungskündigungen (BAG v. 7.10.2004 – 2 AZR 81/04, NZA 2005, 156 ff.). 588 Bei der verhaltensbedingten Kündigung eines Betriebsratsmitglieds scheidet eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist wohl aus; anders ist dies nur bei einer betriebsbedingten Kündigung, vgl. BAG v. 17.1.2008 – 2 AZR 821/06, NZA 2008, 777.

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Kap. 22 Rz. 160 | Beendigungskündigung Wahlvorstands und Wahlbewerber589 gilt der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 KSchG, also ein nachwirkender Kündigungsschutz von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Für bis zu drei Initiatoren einer Wahl zu einer Arbeitnehmervertretung besteht besonderer Kündigungsschutz bis zur Wahl bzw. für drei Monate, wenn keine Wahl erfolgt, vgl. § 15 Abs. 3a KSchG. Während der Schutzzeiten ist nur eine außerordentliche Kündigung zulässig. Für diese gelten die allgemeinen Grundsätze.

161 Besonderheiten gelten nach § 15 Abs. 4 und 5 KSchG jedoch für die Stilllegung von Betrieben oder

Betriebsabteilungen.590 Eine Stilllegung liegt auch dann vor, wenn im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen ist, dass eine eventuelle Wiederaufnahme der Produktion erst nach einem längeren, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum erfolgen kann, dessen Überbrückung mit weiteren Vergütungszahlungen dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann.591 Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung zulässig, es sei denn, dass ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (§ 15 Abs. 4 KSchG).592

162 Ist eine der genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie

in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen (§ 15 Abs. 5 KSchG). Notfalls muss der Arbeitgeber die Übernahme durch Freikündigen eines geeigneten Arbeitsplatzes sicherstellen.593 Ist ein gleichwertiger Arbeitsplatz nicht vorhanden, muss der Arbeitgeber dem Mandatsträger vor Ausspruch einer Beendigungskündigung die Beschäftigung auf einem geringerwertigen Arbeitsplatz anbieten und hierzu ggf. eine Änderungskündigung aussprechen,594 nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG muss er jedoch keine Beschäftigung auf einem höherwertigen Arbeitsplatz anbieten.595 Nur wenn dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, kann nach § 15 Abs. 4 KSchG wie im Falle einer Stilllegung des Betriebes gekündigt werden (§ 15 Abs. 5 KSchG).

163 Auch bei Stilllegung des Betriebes muss der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied einen Arbeitsplatz

in einem anderen Betrieb des Unternehmens anbieten, sofern dieser frei ist.596 Die Kündigungen nach § 15 Abs. 4 und 5 KSchG sind keine außerordentlichen Kündigungen, sondern ordentliche Kündigungen; daher ist auch die Kündigungsfrist einzuhalten. Die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG ist nicht erforderlich, wohl aber die Anhörung nach § 102 BetrVG.

164 Beabsichtigt der Arbeitgeber die außerordentliche Kündigung einer der geschützten Personen, ohne

dass der Betrieb oder die Betriebsabteilung stillgelegt wird, so bedarf diese zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG. Verweigert der Betriebsrat seine Zu-

589 Ein Arbeitnehmer, der für das Amt des Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl kandidiert oder vorgeschlagen wird, ist kein „Wahlbewerber“ iSv. § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 KSchG (BAG v. 31.7.2014 – 2 AZR 505/13, NZA 2015, 245 Rz. 24 ff. m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2015, 105). 590 Zum Sonderkündigungsschutz bei Betriebsstilllegung Werres, NZI 2009, 24. Der Sonderkündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX gilt ggf. neben § 15 Abs. 4 und 5 KSchG (BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 372/13, NZA 2014, 895). 591 BAG v. 21.6.2001, DB 2002, 102. 592 § 15 Abs. 4 und 5 KSchG erklären unter bestimmten Voraussetzungen eine ordentliche Kündigung für zulässig. Die Regelungen senken nicht etwa die Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung ab. Dazu BAG v. 23.1.2014 – 2 AZR 372/13, NZA 2014, 895. 593 BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 47/08, NZA 2009, 1264; v. 2.3.2006 – 2 AZR 83/05, NZA 2006, 988; v. 18.10.2000, DB 2001, 1729. Hierzu ausführlich Leuchten, NZA 2007, 585, insb. zur Frage einer Freikündigungsobliegenheit. 594 BAG v. 2.3.2006 – 2 AZR 83/05, NZA 2006, 988. 595 BAG v. 23.2.2010 – 2 AZR 656/08, NZA 2010, 1288. 596 BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 544/04, NZA 2006, 558; v. 13.8.1992 – 2 AZR 22/92, NZA 1993, 224. Sehen kollektivrechtliche Regelungen eine Weiterbeschäftigungspflicht im Konzern vor, so muss auch einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer ein entsprechendes Weiterbeschäftigungsangebot unterbreitet werden (BAG v. 10.5.2007 – 2 AZR 626/05, NZA 2007, 1278).

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Beendigungskündigung | Rz. 166 Kap. 22

stimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist (§ 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG).597 Vor rechtskräftigem Abschluss des Zustimmungsersetzungsverfahrens kann die Kündigung nicht ausgesprochen werden. Um die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB einzuhalten, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat unverzüglich nach Kenntnis von den Kündigungsgründen unterrichten. Stimmt der Betriebsrat der Kündigung zu, so muss der Arbeitgeber innerhalb der ZweiWochen-Frist nach Erhalt der Zustimmung die Kündigung aussprechen. Der Arbeitgeber muss die Zustimmung des Betriebsrats jedoch nicht der Kündigung in Schriftform beifügen.598 Wichtig: Der Arbeitgeber ist gezwungen, den Betriebsrat so zeitig von der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen, dass er bei Verweigerung der Zustimmung noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist die Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht beantragen kann (!).599 Hat das Arbeitsgericht die Zustimmung ersetzt, so muss der Arbeitgeber analog § 174 Abs. 5 SGB IX unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft die Kündigung aussprechen.600

165

8. Annahmeverzug Ist eine Kündigung unwirksam und hat der Arbeitgeber die Dienste des Arbeitnehmers nicht in Anspruch genommen, so drohen Ansprüche des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug.601 Gem. § 296 BGB befindet sich der Arbeitgeber dann auch ohne ein Angebot zur Arbeitsleistung seitens des Arbeitnehmers im Annahmeverzug.602 Der Arbeitnehmer muss aber während des Annahmeverzugs gem. § 297 BGB leistungsfähig603 und leistungswillig sein.604 Hieran fehlt es zB für die Zeiten von Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder bei Streikteilnahme,605 bei Ablehnung eines vom Arbeitgeber angebotenen Prozessarbeitsverhältnisses nach Weiterbeschäftigungsurteil erster Instanz;606 oder wenn der Arbeitnehmer die Annahme der angebotenen Prozessbeschäftigung davon abhängig macht, dass der Arbeitgeber auf die Wirkungen der Kündigung verzichtet.607 Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers.608 Kein Anspruch auf Vergütung aus Annahmeverzug besteht auch für Zeiten wirksam angeordneter Befreiungen von 597 Die gerichtliche Entscheidung nach § 103 Abs. 2 BetrVG ersetzt die Zustimmung des Betriebsrats im Hinblick auf die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe unabhängig von dem im Kündigungszeitpunkt ausgeübten betriebsverfassungsrechtlichen Amt (BAG v. 16.11.2017 – 2 AZR 14/17, NZA 2018, 240, die Klägerin war zunächst Betriebsratsmitglied und später Mitglied des Wahlvorstandes). 598 BAG v. 4.3.2004, DB 2004, 1370. 599 BAG v. 22.1.1998 – 2 ABR 19/97, NZA 1998, 708; v. 24.10.1996 – 2 AZR 3/96, NZA 1997, 371; v. 22.8. 1974, BB 1974, 1578. 600 Vgl. BAG v. 9.7.1998 – 2 AZR 142/98, NZA 1998, 1273; v. 25.1.1979, BB 1979, 1242. Genauso für den Personalrat: BAG v. 24.11.2011, NZA-RR 2012, 333 Rz. 30. 601 Vgl. Opolony, BB 2004, 1386; Schier, BB 2006, 2578; PWW/Lingemann, § 615 BGB Rz. 1 ff. 602 BAG v. 21.3.1985 – 2 AZR 201/84, NZA 1985, 778; dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf ein Angebot der Arbeitsleistung verzichtet hat, BAG v. 21.10.2015 – 5 AZR 843/14, NZA 2016, 688; ohne vorangegangene Kündigung oder Freistellung ist das Angebot jedoch erforderlich, BAG v. 24.2.2016 – 4 AZR 950/13, v. 24.2.2016 – 4 AZR 950/13; v. 16.4.2013 – 9 AZR 554/11, NZA 2013, 849. 603 Die vollumfängliche Leistungsfähigkeit bezieht sich auf die arbeitsvertraglich geschuldete und damit iSd. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung (BAG v. 28.6.2017 – 5 AZR 263/16, NZA 2017, 1528). 604 Dazu im Einzelnen Dimisc, DB 2016, 2176. 605 BAG v. 17.7.2012 – 1 AZR 563/11, NZA 2012, 1432 m. Anm. Krieger, ArbRAktuell 2012, 615. Bei Krankheitszeiten besteht höchstens ein Entgeltfortzahlungsanspruch, BAG v. 5.11.2003, AP Nr. 106 zu § 615 BGB. Ein Vergütungsanspruch besteht nur bei besonderer Vereinbarung, BAG v. 23.1.2008 – 5 AZR 393/07, NZA 2008, 595. 606 BAG v. 24.9.2003, NZA 2004, 90. 607 BAG v. 13.7.2005 – 5 AZR 578/04, BB 2006, 50. 608 BAG v. 22.8.2018 – 5 AZR 592/17, NZA 2019, 30.

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Kap. 22 Rz. 166 | Beendigungskündigung der Arbeitspflicht zB wegen Urlaubs609 oder Überstundenabgeltung610, bei einvernehmlicher Freistellung,611 bei Erteilung eines Hausverbots durch einen Kunden des Arbeitgebers612 oder wenn die Annahme der Leistung dem Arbeitgeber wegen ungewöhnlich schwerer Verstöße des Arbeitnehmers gegen allgemeine Verhaltenspflichten nicht zumutbar ist.613

167 Will der Arbeitgeber während der Freistellung erzielten oder böswillig unterlassenen anderweiti-

gen Verdienst nach § 615 Satz 2 BGB bzw. § 11 KSchG614 anrechnen, muss er sich das vorbehalten.615 Anzurechnen ist allerdings nur der Zwischenverdienst, der während der Arbeitszeit erzielt wird, in der im Annahmeverzugszeitraum Arbeitsleistungen hätten erbracht werden müssen.616 Bei der Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf die Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 11 Nr. 1 KSchG können die zur Erzielung des anderweitigen Verdienstes erforderlichen Aufwendungen in Abzug gebracht werden. Zu berücksichtigen sind Aufwendungen, die im Rahmen der vorhandenen Qualifikation des Arbeitnehmers zur Fortführung seiner Erwerbstätigkeit erforderlich sind. Dagegen nicht berücksichtigungsfähig sind Fortbildungskosten, die die Qualifikation erhöhen, ohne dass hierfür ein Bedarf hinsichtlich der Ausübung der geschuldeten Tätigkeit bestünde.617 Die aus § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG folgende Obliegenheit des gekündigten Arbeitnehmers, anderweitigen Verdienst außerhalb des bisherigen Arbeitsverhältnisses zu erzielen, kann die Pflicht des Arbeitnehmers, eigene Angebote abzugeben, mit einschließen.618 Eine unterlassene Meldung bei der Arbeitsagentur als Arbeitsuchender stellt kein „böswilliges Unterlassen“ anderweitigen Erwerbs iSd. § 615 Satz 2 BGB dar.619 Entscheidend für die Annahme eines böswilligen Unterlassens ist, dass der Arbeitnehmer eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigungsmöglichkeit nicht wahrnimmt; eine vertraglich nicht geschuldete Arbeit kann dabei nicht zwangsläufig mit einer unzumutbaren Arbeit gleichgesetzt werden, da auch eine objektiv vertragswidrige Arbeit unter Umständen sogar mit einer Verbesserung für den Arbeitnehmer verbunden ist.620 Sofern Annahmeverzug ausnahmsweise wegen anderer als nicht vertragsgemäßer Arbeiten in Betracht kommt und Streit über die Vertragsgemäßheit der Arbeit herrscht, muss der Arbeitnehmer gerade diese Arbeiten wenigstens der Art nach anbieten.621 Auch der Zeitpunkt eines Arbeitsangebotes kann für die Beurteilung der Zumutbarkeit maßgeblich sein: je länger Arbeitsangebot und vorgesehene Arbeitsaufnahme auseinander liegen, desto weniger wird es dem Arbeitnehmer vorzuwerfen sein, wenn er das Angebot ablehnt und sich um eine andere Arbeit bemüht.622 Kein Anspruch auf Annahmeverzugslohn besteht bei bloßer

609 Wird ein Arbeitnehmer nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage wieder eingestellt, hat er Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung für den Zeitraum, in dem er nicht beschäftigt wurde (EuGH v. 25.6.2020 – C-762/18, juris). 610 BAG v. 23.1.2001 – 9 AZR 26/00, NZA 2001, 597. 611 BAG v. 19.3.2002, NZA 2002, 1055; anders für eine einseitig angeordnete Freistellung, BAG v. 23.9. 2009 – 5 AZR 518/08, NZA 2010, 781 Rz. 24. 612 BAG v. 28.9.2016 – 5 AZR 224/16 – NZA 2017, 124 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2017, 68. 613 BAG v. 16.4.2014 – 5 AZR 739/11, NZA 2014, 1082 – daher kein Annahmeverzug bei Untreuehandlungen von erheblichem Gewicht zu Lasten des Arbeitgebers. 614 § 11 KSchG ist im Anwendungsbereich des KSchG eine Spezialregelung zu § 615 Satz 2 BGB, vgl. BAG v. 2.10.2018 – 5 AZR 376/17, NZA 2018, 1544. 615 Zur Freistellung und der Anrechnung anderweitigen Erwerbs Fuhlrott/Balupuri-Beckmann, ArbRAktuell 2011, 363; Nägele, NZA 2008, 1039. 616 BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 425/15, NZA 2016, 687. 617 BAG v. 2.10.2018 – 5 AZR 376/17, NZA 2018, 1544. 618 BAG v. 22.3.2017 – 5 AZR 337/16, NZA 2017, 988. 619 BAG v. 16.5.2000 – 9 AZR 203/99, NZA 2001, 26. Lediglich tatsächlich bezogenes Arbeitslosengeld wird nach § 11 Nr. 3 KSchG angerechnet. 620 Diese Grundsätze gelten gleichermaßen im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis während des Laufs der Kündigungsfrist als auch nach Ablauf der Kündigungsfrist bei Streit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses (BAG v. 7.2.2007 – 5 AZR 422/06, NZA 2007, 561). 621 BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 16/08, NZA 2008, 1410. 622 BAG v. 11.10.2006, NZA 2007, 1392.

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Beendigungskündigung | Rz. 169 Kap. 22

Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht623 oder bei rückwirkender Begründung eines Arbeitsverhältnisses.624 Sind Ansprüche auf Annahmeverzugslohn vom Ausgang eines Kündigungsschutzverfahrens abhängig und gleichzeitig einer (tarifvertraglichen) Ausschlussfrist unterstellt, die nur durch gerichtliche Geltendmachung gewahrt wird, wahrt die Bestandsschutzklage zwar die tarifliche Ausschlussfrist,625 sie unterbricht aber nicht die Verjährung für die Zahlungsansprüche.626

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9. Massenentlassungsanzeige Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten627, bevor er – in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als fünf Arbeitnehmer, – in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 % der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, – in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG). Wenn nach fehlerhafter erster Kündigung eine erneute Kündigung ausgesprochen wird, bedarf es auch einer erneuten Anzeige.628 Mehrere nacheinander vorgesehene Massenentlassungen können uU in einer Anzeige zusammengefasst werden.629 Betrieb ist bei einem Unternehmen mit mehreren Betrieben die Einheit, der die von der Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgaben zugewiesen sind.630 Maßgeblich für die regelmäßige Arbeitnehmerzahl ist die Beschäftigtenzahl, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist, ggf. auch unter Einschätzung der künftigen Entwicklung.631 Bei einer Betriebsstilllegung kommt es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung an.632 Die Regelung betrifft nicht nur Beendigungskündigungen, sondern auch Änderungskündigungen633, ferner neben betriebsbedingten auch verhaltens- und personenbedingte Kündigungen. Arbeitnehmer sind auch GmbH-Geschäftsführer634 und Praktikanten635. Anzuzeigen sind wegen Art. 3, 6 GG auch Arbeitnehmer in Elternzeit, auch wenn deren Entlassung wegen des Genehmigungserfordernisses erst außerhalb des 30-Tages-Zeitraumes erfolgt,636 möglicherweise gilt das für alle Arbeitnehmer, 623 624 625 626 627 628 629 630 631 632 633 634 635 636

BAG v. 24.6.2015 – 5 AZR 462/14, NZA 2016, 108. BAG v. 19.8.2015 – 5 AZR 975/13, NZA 2015, 1460. BAG v. 19.9.2012 – 5 AZR 627/11, NZA 2013, 101. BAG v. 24.6.2015 – 5 AZR 509/13, NZA 2015, 1256, m. Anm. Hoffmann-Remy, NJW 2015, 3598. Einzelheiten Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 2245, 3694. BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 601/14, NZA 2016, 490. BAG v. 9.6.2015 – 6 AZR 638/15, NZA 2016, 1202. EuGH v. 30.4.2015 – C-80/14, NZA 2015, 601; Kleinbrink/Commandeur, NZA 2015, 853; Salamon, NZA 2015, 789. Zu den Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Betriebsbegriffes insb. BAG v. 13.2. 2020 – 6 AZR 146/19, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 56 (Air Berlin), Anm. Bauer, FD-ArbR 2020, 427295. BAG v. 31.7.1986 – 2 AZR 594/85, BB 1987, 1608; zu berücksichtigen sind alle Arbeitnehmer unabhängig vom Alter und Umfang ihres Vertrages (EuGH v. 18.1.2007 – C-385/05, NZA 2007, 193). BAG v. 8.6.1989, BB 1989, 2403. BAG v. 20.2.2014 – 2 AZR 346/12, NZA 2014, 1069; vgl. EuGH v. 21.9.2017 – C-149/16, NZA 2017, 1323, wonach es im Falle der einseitigen Änderung der Arbeitsbedingungen nicht auf die Schwere der Änderung ankommt, wenn die Ablehnung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat. EuGH v. 9.7.2015 – C-229/14 – Balkaya, NZA 2015, 861. EuGH v. 9.7.2015 – C-229/14 – Balkaya, NZA 2015, 861. BVerfG v. 8.6.2016 – 1 BvR 3634/13, NZA 2016, 939; BAG v. 26.1.2017 – 6 AZR 442/16, NZA 2017, 577 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2017, 197.

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Kap. 22 Rz. 169 | Beendigungskündigung deren Entlassung eine vorherige behördliche Zustimmung erfordert.637 Bei der Berechnung des Schwellenwertes sind auch Arbeitnehmer zu berücksichtigen, bei denen im Zeitpunkt der Massenentlassungsanzeige noch nicht feststeht, dass sie in eine Transfergesellschaft wechseln werden.638 Fristlose Kündigungen werden nur mitgerechnet, sofern sie hilfsweise fristgemäß zum Tragen kommen (vgl. § 17 Abs. 4 KSchG). Die Vorschrift gilt auch für vom Arbeitgeber veranlasste Aufhebungsverträge.639 Diese bleiben so lange unwirksam, wie nicht eine formgerechte Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 3 KSchG bei der Agentur für Arbeit eingereicht und deren Zustimmung eingeholt wird. Grundsätzlich sind auch die Arbeitnehmer mit zu zählen, die auf Veranlassung des Arbeitgebers im Wege der Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und damit einer sonst erforderlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung zuvor gekommen sind.640 Nicht mitzuzählen sind ablaufende Befristungen.641 Ob Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Schwellenwerte zu berücksichtigen sind, ist noch ungeklärt.642 Wird die Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer zu niedrig angegeben, können sich auf diesen Fehler allerdings nur diejenigen Arbeitnehmer berufen, die von der Massenentlassungsanzeige nicht erfasst sind.643

170 Praxistipp: Dem Arbeitgeber ist zu raten, auch alle Mitarbeiter sowie den Geschäftsführer in die Massen-

entlassungsanzeige aufzunehmen, die einvernehmlich oder im Wege der Eigenkündigung ausscheiden und solche, bei denen nicht feststeht, dass sie in eine Transfergesellschaft wechseln. Ferner sollte der Arbeitgeber die Arbeitnehmer in der Anzeige individualisieren, damit bei einer zu geringen Anzahl der angezeigten Entlassungen festgestellt werden kann, welche Arbeitnehmer von der Massenentlassungsanzeige erfasst sind und welche nicht.

171 Die Einzelheiten der Massenentlassungsanzeige ergeben sich aus § 17 Abs. 3 KSchG iVm. der Mas-

senentlassungsrichtlinie (MERL)644. Da „Entlassung“ iSv. § 17 KSchG nach der Entscheidung des EuGH v. 27.1.2005645 nicht mehr der Ablauf der Kündigungsfrist, sondern der Ausspruch der Kündigung ist, muss die Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit bereits vor Ausspruch der Kündigung erfolgen.646 In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH hält es das BAG für entscheidend, aber auch für ausreichend, dass die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist, bevor die Kündigung wirksam wurde. Hierbei kommt es für die Wirksamkeit der Kündigung nach § 130 Abs. 1 BGB nicht auf den Zeitpunkt der Unterschrift, son637 Hexel, DB 2016, 2486. 638 BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 780/10, NZA 2012, 1029. 639 BAG v. 19.3.2015 – 8 AZR 119/14, DB 2015, 2029; v. 11.3.1999 – 2 AZR 461/98, BB 1999, 1272; kritisch Bauer/Powietzka, BB 2000, 1073. 640 BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 780/10, NZA 2012, 1029. 641 EuGH v. 13.5.2015, NZA 2015, 669. 642 Für Berücksichtigung nur im Verleihbetrieb ErfK/Kiel, § 17 Rz. 6; Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 2245, 2246. Der Vorlagebeschluss BAG v. 16.11.2017 – 2 AZR 90/17 (A), NZA 2018, 245 konnte vom EuGH nach Erledigung der Sache nicht entschieden werden. 643 BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 780/10, NZA 2012, 1029. 644 Massenentlassungsrichtlinie RL 98/59/EG des Rates v. 20.7.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen. 645 EuGH v. 27.1.2005 – C-188/03 – Junk, NZA 2005, 213. 646 EuGH v. 27.1.2005 – C-188/03 – Junk, NZA 2005, 213; BAG v. 13.7.2006 – 6 AZR 198/06, NZA 2007, 25; v. 23.3.2006 – 2 AZR 343/05, NZA 2006, 971, 975; das BAG gewährt jedoch Vertrauensschutz für Kündigungen vor dem Zeitpunkt, zu dem die Bundesagentur für Arbeit ihre Rechtsauffassung zu §§ 17 ff. KSchG geändert hat und dem betroffenen Arbeitgeber dies hätte bekannt sein müssen, somit gem. der Pressemitteilung 43/2005 der Bundesagentur für Arbeit vor dem 9.3.2005, vgl. Berkowsky, NZA-RR 2007, 169, 179. Maßgeblich ist hierbei der Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung (BAG v. 13.7.2006, NZA 2007, 25, 29 Rz. 39; v. 12.7.2007 – 2 AZR 448/05, NZA 2008, 425 u. 476, v. 22.3. 2007 – 6 AZR 499/05, NZA 2007, 1101). Vertrauensschutz wird dem betroffenen Arbeitgeber auch dann gewährt, wenn er die Kündigungstermine bewusst so gewählt hat, dass bei Zugrundelegung der früheren Rspr. die Schwellenwerte des § 17 KSchG gerade eben nicht erreicht wurden (BAG v. 21.9. 2006, NZA 2007, 1319).

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dern auf den Zugang der Kündigung an.647 Für die Praxis wichtig ist, dass die Anzeige schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats (s. Rz. 172) zu erstatten ist.648 Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet hat, und wenn er den Stand der Beratungen darlegt und die Stellungnahme des Betriebsrats umgehend nachreicht, § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG. Eine Einigung über einen Interessenausgleich und/oder Sozialplan ist für das Verfahren nach § 17 KSchG nicht erforderlich, der Arbeitgeber genügt seinen Pflichten nach § 17 KSchG durch bloße Information und Beratung.649 Auch die Einschaltung eines unparteiischen Dritten (Einigungsstelle) nach Scheitern der Verhandlungen verlangt die Konsultationspflicht nicht.650 Allerdings liegt eine Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG nur vor, wenn sich der Erklärung entnehmen lässt, dass der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und er eine abschließende Meinung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigen Kündigungen geäußert hat.651 Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er gem. § 17 Abs. 2 KSchG, bevor er die Massenentlassungsanzeige erstatten kann,652 dem zuständigen653 Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insb. zu unterrichten über (1) die Gründe für die geplanten Entlassungen, (2) die Zahl und die Berufsgruppen654 der zu entlassenden Arbeitnehmer, (3) die Zahl und die Berufsgruppen der idR beschäftigten Arbeitnehmer, (4) den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, (5) die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer sowie (6) die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien. Arbeitgeber und Betriebsrat haben zudem insb. die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern (§ 17 Abs. 2 KSchG).

172

Die Unterrichtung gem. § 17 Abs. 2 KSchG bedarf der Textform nach § 126b BGB.655 Das BAG hält zwar die Heilung von Verfahrensfehlern grundsätzlich für möglich, ob eine solche im jeweiligen Fall eingetreten ist, ist jedoch mit erheblicher Rechtsunsicherheit belastet.656 Jedenfalls kann die fehlende Angabe der Berufsgruppen in der Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 KSchG uU. bei beabsichtigter Entlassung aller Arbeitnehmer wegen Stilllegung des Betriebs durch eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrates geheilt werden.657

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Die Unterrichtung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist auch dann nicht entbehrlich, wenn die Beifügung des Interessensausgleiches mit Namensliste nach § 125 Abs. 2 InsO die Stellungnahme des Betriebsrats gegenüber der Agentur für Arbeit ersetzt. Auch die Erklärung des Betriebsrats im Rahmen eines Interessenausgleiches, rechtzeitig und umfassend über die anzeigepflichtigen Entlassungen unterrichtet worden zu sein, genügt allein noch nicht zum Nachweis der Erfül-

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647 BAG v. 13.6.2019 – 6 AZR 459/18, NZA 2019, 1638. 648 Überblick über die auch kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten und deren europäische Dimension bei Forst, NZA 2009, 294. 649 Weder § 17 KSchG noch Art. 2 der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG fordern einen Abschluss der Verhandlungen (BAG v. 21.5.2008 – 8 AZR 84/07, NZA 2008, 753). 650 BAG v. 16.5.2007 – 8 AZR 693/06, NZA 2007, 1296. 651 BAG v. 26.2.2015 – 2 AZR 955/13, NZA 2015, 881; Anm. Merten, FD-ArbR 2015, 371994. 652 Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit nach §§ 17 Abs. 1, 3 KSchG und Konsultation nach § 17 Abs. 2 KSchG sind zwei getrennt durchzuführende Verfahren, darauf gerichtete Unwirksamkeitsrügen müssen daher auch gem. § 6 Abs. 1 KSchG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung I. Instanz vorgebracht werden, BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 601/14, NZA 2016, 490. 653 Salamon, BB 2015, 1653. 654 Ausführlich zum Begriff der Berufsgruppe Klumpp/Holler, NZA 2018, 408. 655 BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 276/16, NZA 2017, 175 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 478. 656 Ausf. von Steinau-Steinrück/Bertz, NZA 2017, 145. 657 BAG v. 9.6.2016 – 6 AZR 405/15, NZA 2016, 1198, Anm. Krieger; ArbRAktuell 2016, 306 mit Formulierungsvorschlag für eine Heilungsregelung.

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Kap. 22 Rz. 174 | Beendigungskündigung lung der Konsultationspflicht. Allerdings kann der Arbeitgeber seine Pflichten gegenüber dem Betriebsrat aus §§ 111 BetrVG, 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG und § 102 Abs. 1 BetrVG, sofern sie übereinstimmen, gleichzeitig erfüllen. Dabei muss er aber hinreichend klarstellen, dass und welche Verfahren jeweils gleichzeitig durchgeführt werden sollen.658

175 Der Arbeitgeber darf das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG als beendet ansehen, wenn

der Betriebsrat keine weitere Verhandlungsbereitschaft über Maßnahmen zur Vermeidung oder Einschränkung von Massenentlassungen erkennen lässt.659 Hat der Betriebsrat eine abschließende660 Stellungnahme zu dem Ergebnis der nach § 17 Abs. 2 KSchG mit dem Arbeitgeber geführten Beratungen abgegeben, ist diese gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG der Anzeige der Massenentlassung gegenüber der örtlichen Agentur für Arbeit beizufügen (s. Rz. 171). Haben Betriebsrat und Arbeitgeber einen Interessenausgleich mit Namensliste geschlossen, ersetzt dieser gem. § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. In einem solchen Fall genügt also die Beifügung des Interessenausgleiches mit Namensliste den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Das gilt selbst dann, wenn im Interessenausgleich keine Bekundungen des Betriebsrats zu den Beratungen mit dem Arbeitgeber enthalten sind.661 Ein Interessenausgleich ohne Namensliste kann hingegen die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG nicht ersetzen. Allerdings kann die Stellungnahme des Betriebsrats in den Interessenausgleich integriert werden.662

176 Praxistipp: Der Arbeitgeber sollte möglichst mehr als zwei Wochen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG) vor Ablauf der Frist zur Einreichung der Massenentlassungsanzeige den Betriebsrat umfassend über die beabsichtigte Maßnahme gem. § 17 Abs. 3 iVm. Abs. 2 KSchG schriftlich unterrichten und eine Beratung über Möglichkeiten anbieten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern (§ 17 Abs. 2 KSchG).

177 Wird die Stellungnahme des Betriebsrats der Anzeige nicht beigefügt und kann der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Unterrichtung zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nicht glaubhaft machen, so ist die Massenentlassungsanzeige unwirksam (§ 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG).

Die Stellungnahme des Betriebsrats genügt den gesetzlichen Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG nur, wenn sie sich auf die angezeigten Entlassungen bezieht und eine abschließende663 Meinungsäußerung des Betriebsrats zu diesen Entlassungen enthält. Dabei genügt auch eine eindeutige Äußerung, keine Stellung nehmen zu wollen.664 Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten gelten gem. § 17 Abs. 3a KSchG auch, wenn die Entlassungsentscheidung von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Ein beherrschendes Unternehmen in diesem Sinne ist jedes Unternehmen, das mit dem Arbeitgeber durch Beteiligungen an dessen Gesellschaftskapital oder durch andere rechtliche Verbindungen verbunden ist, die es ihm ermöglichen, einen bestimmenden Einfluss in den Entscheidungsorganen des Arbeitgebers auszuüben und ihn zu zwingen, Massenentlassungen in Betracht zu ziehen oder vorzunehmen.665

178 Entlassungen, die nach § 17 KSchG anzuzeigen sind, werden nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 KSchG vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige („Sperrfrist“) bei der Agentur für Arbeit

658 BAG v. 18.1.2012 – 6 AZR 407/10, NZA 2012, 817. 659 BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 276/16, NZA 2017, 175 m. Anm. Bauer, ArbRAktuell 2016, 478. 660 BAG v. 26.2.2015 – 2 AZR 955/13, NZA 2015, 881: Diese liegt nur vor, wenn sich der Erklärung entnehmen lässt, dass der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und er eine abschließende Meinung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigen Kündigungen geäußert hat. 661 BAG v. 21.3.2012 – 6 AZR 596/10, NZA 2012, 1058. 662 BAG v. 21.3.2012 – 6 AZR 596/10, NZA 2012, 1058. 663 BAG v. 26.2.2015 – 2 AZR 955/13, NZA 2015, 881: Diese liegt nur vor, wenn sich der Erklärung entnehmen lässt, dass der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und er eine abschließende Meinung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigen Kündigungen geäußert hat. 664 BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 780/10, NZA 2012, 1029. 665 EuGH v. 7.8.2018 – C-61/17, C-62/17, C-72/17, NZA 2018, 1051.

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nur mit deren Zustimmung wirksam; die Zustimmung kann auch rückwirkend bis zum Tag der Antragstellung erteilt werden. § 18 Abs. 1 und 2 KSchG haben nur die Wirkung einer Mindestkündigungsfrist, ohne dass hierdurch die gesetzlichen Kündigungsfristen verlängert werden oder deren Ablauf gehemmt wird.666 Die Sperrfrist führt nur dazu, dass das Arbeitsverhältnis nicht vor Ende der Sperrfrist endet, es sei denn, die Agentur für Arbeit hat diese auf Antrag des Arbeitgebers verkürzt. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, unmittelbar nach Anzeige der Massenentlassung bei der Bundesagentur für Arbeit die Kündigung auszusprechen.667 Die Sperrfrist des § 18 KSchG beginnt im Übrigen erst mit Vollständigkeit der Anzeige zu laufen.668 An die Sperrfrist schließt sich die „Freifrist“ von 90 Tagen gem. § 18 Abs. 4 KSchG an, innerhalb derer die Entlassung durchgeführt werden kann. Durchführung der Entlassung meint nach richtlinienkonformer Auslegung den Ausspruch der Kündigung669 und nicht, wie teilweise vertreten, auch den Ablauf der Kündigungsfrist innerhalb der Freifrist.670 Die Freifrist verpflichtet den Arbeitgeber zur Umsetzung der Kündigung innerhalb von 90 Tagen. Hierzu hat das BAG angedeutet, dass der Arbeitgeber, sofern er nicht innerhalb von 90 Tagen nach Anzeige der Massenentlassung die Kündigung erklärt, erneut eine Anzeige erstatten muss.671 Eine fehlende oder unwirksame Anzeige führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.672 Eine unwirksame Massenentlassungsanzeige wird nicht dadurch geheilt, dass ein bestandskräftiger Verwaltungsakt der Arbeitsverwaltung nach § 18 Abs. 1 oder § 18 Abs. 2 KSchG vorliegt. Vielmehr sind auch in diesem Falle die Arbeitsgerichte nicht gehindert, im Kündigungsschutzprozess die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige anzunehmen.673 Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Anzeigepflicht trägt der Arbeitnehmer. Steht die Anzeigepflicht fest, ist der Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach § 17 KSchG darlegungs- und beweispflichtig.674

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10. Interessenausgleich und Sozialplan Beruht die Kündigung auf einer Betriebsänderung iSv. §§ 111 ff. BetrVG, so muss zur Vermeidung von Nachteilsausgleichsansprüchen nach § 113 Abs. 3 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung675 ein Interessenausgleich676 bis hin zur Einigungsstelle versucht worden sein. Dies gilt auch nach Eröff666 BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 935/07, NZA 2009, 1013; so in der Literatur schon ErfK/Kiel, § 18 KSchG Rz. 4; Stahlhacke/Preis/Vossen Rz. 1589, Bauer/Krieger, NZA 2009, 174, 175. 667 Dies war aufgrund v. BAG v. 21.5.2008 – 8 AZR 84/07, NZA 2008, 753 noch bezweifelt worden, weshalb vorsorglich nach Ablauf des Kündigungstermins eine erneute Kündigung ratsam war, vgl. nur Bauer/Krieger, NZA 2009, 174, 175. Diese Unsicherheit ist seit der klarstellenden Entscheidung BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 935/07, DB 2009, 515 jedoch zugunsten der Arbeitgeber beseitigt. 668 Hierzu gehört auch die Stellungnahme des Betriebsrats. Unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG kann jedoch die Stellungnahme des Betriebsrats nachgereicht werden bzw. dieser selbst unmittelbar gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine solche Stellungnahme abgeben, BAG v. 21.5.2008 – 8 AZR 84/07, NZA 2008, 753; ferner oben Rz. 171, 177. 669 BAG v. 23.3.2006 – 2 AZR 343/05, NJW 2006, 3161. 670 BAG v. 23.3.2006 – 2 AZR 343/05, NJW 2006, 3161; damit kommt § 18 Abs. 4 KSchG keine Bedeutung mehr zu, worauf die Bundesagentur für Arbeit in ihrem Merkblatt hinweist: https://www.arbeits agentur.de/datei/merkblatt-5-entlassung_ba015380.pdf – Merkblatt 5. 671 BAG v. 6.11.2008 – 2 AZR 935/07, DB 2009, 515. 672 BAG v. 22.11.2012 – 2 AZR 371/11, NZA 2013, 845; ErfK/Kiel, § 17 KSchG Rz. 36. 673 BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 780/10, NZA 2012, 1029. 674 BAG v. 13.12.2012 – 6 AZR 5/12, BB 2013, 1150. 675 Der Nachteilsausgleichsanspruch entsteht nicht schon, wenn der Arbeitgeber, bevor der Versuch des Interessenausgleichs abgeschlossen ist, die Unternehmerentscheidung (also zB den Stilllegungsbeschluss) fällt, den Betriebsrat anhört, die Massenentlassungsanzeige erstattet, die Betriebstätigkeit einstellt, die Arbeitnehmer widerruflich freistellt und das Integrationsamt wegen beabsichtigter Kündigungen einschaltet, sondern erst, wenn er die Kündigung ausspricht, vgl. BAG v. 14.4.2015 – 1 AZR 794/13, NZA 2015, 1147. 676 Zum prozessorientierten Interessenausgleich Krieger/Terhorst, NZA 2014, 689.

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Kap. 22 Rz. 180 | Beendigungskündigung nung des Insolvenzverfahrens für den Insolvenzverwalter, auch wenn der Betriebsrat ankündigt, er werde selbst das Einigungsstellenverfahren einleiten.677 Abgesehen von den Ausnahmen des § 112a BetrVG kann der Betriebsrat in diesem Fall auch einen Sozialplan gem. § 112 Abs. 1 iVm. Abs. 4 und 5 BetrVG erzwingen. In einem Sozialplan dürfen nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelungen enthalten sein, und rentenberechtigte Arbeitnehmer dürfen von solchen Leistungen ausgeschlossen werden.678 Auch im Fall eines Betriebsübergangs dürfen Abfindungsansprüche für diejenigen Arbeitnehmer ausgeschlossen werden, deren Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergeht oder die einen solchen Übergang ohne einen anerkennenswerten Grund durch ihren Widerspruch verhindern.679 Nicht zulässig ist die generelle Beschränkung von Sozialplanansprüchen auf Arbeitgeberkündigungen, da auch eine Arbeitnehmerkündigung durch den Arbeitgeber veranlasst sein kann.680 Abfindungen aufgrund eines Sozialplans und aufgrund eines gesetzlichen Nachteilsausgleichs nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG sind im Wege der Erfüllungswirkung gem. § 362 Abs. 1 BGB verrechenbar.681 Wegen der Einzelheiten verweisen wir auf Kap. 43.

11. Wiedereinstellungsanspruch → S. zur Klage auf Wiedereinstellung auch M 1.8.

181 Im Anschluss an eine nach § 1 KSchG wirksame Kündigung kann dem Arbeitnehmer insb. dann ein

Wiedereinstellungsanspruch gegen seinen bisherigen Arbeitgeber zustehen, wenn noch während des Laufs der Kündigungsfrist der Kündigungsgrund wegfällt. Erweist sich also bei einer betriebsbedingten Kündigung die Prognose als falsch, weil ein neuer Auftrag erteilt wird oder die Stilllegung aufgrund eines Betriebsübergangs letztlich doch nicht erfolgt, ändert dies zwar nichts an der Wirksamkeit der Kündigung, da für diese ausschließlich der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung maßgebend ist; der Arbeitnehmer kann aber einen Anspruch auf Wiedereinstellung haben.682 Auch wenn sich bei einer krankheitsbedingten Kündigung eine ursprünglich zutreffende Prognose aufgrund geänderter Umstände nach Ausspruch der Kündigung als falsch erweist, kommt ein Wiedereinstellungsanspruch für den gekündigten Arbeitnehmer in Betracht.683 Im Anschluss an eine Befristung besteht grundsätzlich hingegen kein Wiedereinstellungsanspruch, selbst dann nicht, wenn aufgrund neuer Umstände entgegen dem ursprünglichen Befristungsgrund eine Weiterbeschäftigung möglich ist.684

182 Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht grundsätzlich nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist;685

danach kommt er allenfalls in besonderen Ausnahmefällen in Betracht.686 Er setzt in jedem Fall vo-

677 BAG v. 7.1.2017 – 1 AZR 186/16, NZA 2018, 464. 678 Eine solche unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt, da danach differenziert werden darf, welche wirtschaftlichen Nachteile Arbeitnehmer im Zuge einer Betriebsänderung erleiden (BAG v. 26.5.2009 – 1 AZR 198/08, NZA 2009, 849 = FD-ArbR 2009, 283580 m. Anm. Lingemann). 679 BAG v. 12.7.2007 – 2 AZR 448/05, NZA 2008, 425; Kap. 60 Rz. 53. 680 BAG v. 20.5.2008, NZA-RR 2008, 636. 681 BAG v. 12.2.2019 – 1 AZR 279/17, NZA 2019, 719. 682 BAG v. 21.8.2008 – 8 AZR 201/07, NZA 2009, 29; v. 27.2.1997 – 2 AZR 160/96, BB 1997, 1953. 683 BAG v. 12.4.2002 – 2 AZR 148/01, BB 2002, 2675; v. 27.6.2001 – 7 AZR 662/99, NZA 2001, 1135; v. 29.4.1999, BB 2000, 492; Bauer/Röder/Lingemann, Krankheit im Arbeitsverhältnis, S. 125 f.; ebenso bei einer Verdachtskündigung, wenn der Verdacht sich als haltlos erweist (BAG v. 20.8.1997 – 2 AZR 620/96, NZA 1997, 1340, 1343). 684 BAG v. 20.2.2002 – 7 AZR 600/00, NZA 2002, 896, 898. 685 So BAG v. 21.8.2008 – 8 AZR 201/07, NZA 2009, 29; v. 16.5.2007, AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 (Wiedereinstellung); v. 28.6.2000 – 7 AZR 904/98, BB 2001, 573. 686 Vgl. BAG v. 16.5.2007, AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 (Wiedereinstellung); v. 13.5.2004 – 8 AZR 198/ 03, BB 2005, 383, 385, wo ein Wiedereinstellungsanspruch nach Ablauf der Kündigungsfrist einer insolvenzbedingten Kündigung abgelehnt wird.

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raus, dass die Kündigung bei richtiger Prognose sozialwidrig gewesen wäre.687 Dem Anspruch können berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, etwa wenn der Arbeitsplatz bereits anderweitig wieder besetzt ist oder sich das Anforderungsprofil wesentlich geändert hat.688 Berechtigt sind die Interessen des Arbeitgebers aber natürlich nicht, wenn er den Anspruch treuwidrig vereitelt.689 Machen mehrere Arbeitnehmer einen Wiedereinstellungsanspruch geltend, und stehen weniger Arbeitsplätze zur Verfügung, so sind die sozialen Belange der Arbeitnehmer bei einer Auswahlentscheidung zu berücksichtigen.690 Die Wiedereinstellung muss unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Kenntniserlangung von den anspruchsbegründenden Tatsachen geltend gemacht werden.691 Inhalt des Anspruchs ist der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages zu den bisherigen Arbeitsbedingungen unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit.692 Da der Wiedereinstellungsanspruch an das Bestehen von Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 2 KSchG anknüpft, besteht er nicht in sogenannten Kleinbetrieben iSv. § 23 Abs. 1 Satz 2 bis 4 KSchG.693 Über diesen gesetzlichen Wiedereinstellungsanspruch hinaus kann eine Wiedereinstellungszusage auch individual- oder kollektivrechtlich vereinbart werden.694

12. Hinweis nach § 2, § 38 Abs. 1 SGB III Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III „soll“ der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung bei der Agentur für Arbeit (§ 38 Abs. 1 SGB III) informieren. Die Verletzung der Vorschrift führt aber nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber.695 Ein Meldeversäumnis oder eine verspätete Arbeitsuchendmeldung führt gem. § 159 Abs. 4 SGB III zu einer Sperrzeit von einer Woche. Diese Sperrzeit tritt wohl nur ein, wenn der Arbeitnehmer zumindest fahrlässig gehandelt hat, sie scheidet daher aus, wenn er sich aufgrund unverschuldeter Rechtsunkenntnis nicht innerhalb des objektiv gebotenen Zeitraums gemeldet hat.696

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13. Kündigungsschutzklage (M 22.16 ff.) → S. M 22.16 ff. Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Kündigung697 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage erheben (§ 4 Abs. 1 KSchG). Bei einer Kündigung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht beginnt die Frist allerdings erst mit Zugang der Genehmigung des Vertretenen.698 Die Drei-Wochen-Frist gilt für alle Einwände gegen die Wirksamkeit der 687 BAG v. 28.6.2000 – 7 AZR 904/98, BB 2001, 573, 574. 688 So zu einem – im Ergebnis abgelehnten – Betriebsübergang BAG v. 4.5.2006 – 8 AZR 299/05, NZA 2006, 1096 (Frauenhaus). 689 BAG v. 28.6.2000 – 7 AZR 904/98, BB 2001, 573, 575. 690 BAG v. 2.12.1999 – 2 AZR 757/98, NZA 2000, 531, 533. 691 BAG v. 12.11.1998 – 8 AZR 265/97, NZA 1999, 311, 313. Für die Geltendmachung innerhalb eines Monats nach erfolgter Kenntnis von einem Betriebsübergang und eine entsprechende Orientierung an der Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB (BAG v. 21.8.2008 – 8 AZR 201/07, NZA 2009, 29). 692 BAG v. 2.12.1999 – 2 AZR 757/98, NZA 2000, 531, 533. 693 BAG v. 19.10.2017 – 8 AZR 845/15, NZA 2018, 436, das BAG ließ offen, ob sich ausnahmsweise auch in Kleinbetrieben ein Wiedereinstellungsanspruch aus § 242 BGB ergeben kann. 694 BAG v. 19.10.2005 – 7 AZR 32/05, ArbRB 2006, 105. 695 BAG v. 29.9.2005, BB 2006, 48; ebenso schon LAG Berlin v. 29.4.2005, BB 2005, 1576; LAG Düsseldorf v. 29.9.2004 – 12 Sa 1323/04, BB 2005, 888. 696 So BSG v. 25.5.2005, BSGE 95, 8; v. 19.8.2005 – 7 AL 80/04 R, nv.; v. 20.10.2005, BSGE 95, 191, allerdings zur etwas anders gestalteten Regelung des früheren § 140 SGB III. 697 Falls der Arbeitnehmer mit seinem Kündigungsschutzantrag nur die primäre Kündigung angreift und zugleich einen Weiterbeschäftigungsantrag stellt, richtet sich das Klagebegehren auch gegen eine hilfsweise Kündigung (BAG v. 11.7.2013 – 2 AZR 597/12, NZA 2014, 331). 698 BAG v. 6.9.2012 – 2 AZR 858/11, NZA 2013, 524.

Lingemann | 893

184

Kap. 22 Rz. 184 | Beendigungskündigung Kündigung,699 also insb. auch für den Einwand nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung oder einer Kündigung „wegen“ Betriebsübergangs entgegen § 613a Abs. 4 BGB, den tarif- oder arbeitsvertraglichen Ausschluss der ordentlichen Kündigung700 oder der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist.701 Nur wenn entgegen § 623 BGB die Schriftform nicht eingehalten wurde, beginnt die Frist nicht zu laufen.702 Allerdings muss der Arbeitnehmer nicht schon in der Klageschrift alle Einwände erheben. Hat er die Klage fristgemäß erhoben, so kann er sich vielmehr bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen (§ 6 Satz 1 KSchG).703 Soll das Arbeitsverhältnis durch eine auflösende Bedingung bis zum Kündigungstermin enden, kann der Arbeitnehmer außerdem einen Bedingungskontrollantrag nach § 6 KSchG iVm. §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG stellen.704 Erhebt der Arbeitnehmer binnen drei Wochen nach Zugang einer Kündigung eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, mit der er den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend macht, hat er die Frist des § 4 Satz 1 KSchG jedenfalls dann gewahrt, wenn er die fragliche Kündigung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz – nunmehr konkret bezeichnet – in den Prozess einführt und auf sie bezogen einen punktuellen Kündigungsschutzantrag stellt.705 Auch ohne eine allgemeine Feststellungsklage wahrt eine Kündigungsschutzklage die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG für eine Folgekündigung, die vor dem oder zeitlich mit dem Auflösungstermin der ersten Kündigung wirksam werden soll; das gilt jedenfalls dann, wenn der Kläger sie analog § 6 KSchG noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG in den Prozess einführt706 und auch, wenn der erste Antrag ein Änderungsschutzantrag war.707

185 Wird die Rechtsunwirksamkeit allerdings nicht rechtzeitig nach Maßgabe von § 4 Satz 1, §§ 5 und 6

KSchG geltend gemacht, so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; auch erlischt ein vom Arbeitnehmer auf eine Änderungskündigung nach § 2 KSchG erklärter Vorbehalt (§ 7 KSchG). Durch die Neufassung des § 5 KSchG vom 1.4.2008 wurde das Verfahren der nachträglichen Klagezulassung beschleunigt: Seitdem ist das Verfahren mit dem Klageverfahren zu verbinden (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG). Vor Inkrafttreten des § 5 Abs. 5 Satz 1 KSchG war offen, ob das LAG bei einem fehlerhaften Verfahren selbst über den Klagezulassungsantrag entscheiden konnte oder die Sache an das Arbeitsgericht zurückverweisen musste. Nun ordnet die Norm für alle in Frage kommenden Fallgestaltungen (zB das Arbeitsgericht entscheidet verfahrensfehlerhaft nicht über den Zulassungsantrag, sondern nur über die Klage; der Antrag auf nachträgliche Zulassung wird erst in der zweiten Instanz gestellt; es stellt sich erst vor dem LAG heraus, dass der erstinstanzlich gestellte Zulassungsantrag entscheidungserheblich ist) die Entscheidung des LAG an.708 Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der gesetzlichen Klagefrist ist dem Arbeitnehmer nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.709 In einem solchen Fall kommt auch eine nachträgliche Klagezulassung nach § 5 KSchG nicht mehr in Betracht. Ein formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer 699 Zu den Unwirksamkeitsgründe, die innerhalb der dreiwöchigen Klageerhebungsfrist geltend zu machen sind, zählt wohl auch die unterlassene Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG, vgl. Fornasier/Werner, NJW 2007, 2729, 2734. 700 BAG v. 8.11.2007, NZA 2008, 936. 701 BAG v. 1.9.2010 – 5 AZR 700/09, NJW 2010, 3740. 702 BAG v. 15.12.2005 – 2 AZR 148/05, DB 2006, 1116. 703 BAG v. 18.1.2012 – 6 AZR 407/10, NZA 2012, 817 – das Arbeitsgericht muss nicht auf konkrete Unwirksamkeitsgründe hinweisen; vgl. auch BAG v. 8.11.2007, NZA 2008, 936. 704 BAG v. 20.6.2018 – 7 AZR 689/16, NZA 2019, 331 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2018, 577. 705 BAG v. 26.9.2013, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 77 m. Anm. Lingemann/Weingarth. 706 BAG v. 18.12.2014 – 2 AZR 163/14, NZA 2015, 635 = AP KSchG 1969 § 4 Nr. 79 m. Anm. Lingemann/Siemer. 707 BAG v. 24.5.2018 – 2 AZR 67/18, NZA 2018, 1127. 708 Zur Neuregelung vgl. Francken/Natter/Rieker, NZA 2008, 377 sowie Bader, NZA 2008, 620. 709 BAG v. 28.5.2009, NJW 2009, 2971; v. 11.12.2008, DB 2009, 1354, hierzu Lingemann/Ludwig, NJW 2009, 2787; Dresen, NZA 2009, 769.

894 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 188 Kap. 22

Kündigungsschutzklage stellt ohne kompensatorische Gegenleistung (insb. Abfindung) eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar.710 Wird die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen, sind grundsätzlich auch Ansprüche des Arbeitnehmers auf Ersatz entgangenen Verdienstes sowie entgangener Rentenansprüche ausgeschlossen.711 Die materielle Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung richtet sich zwar gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 KSchG nach den allgemeinen Vorschriften, namentlich § 626 BGB. Auch sie kann aber nur nach Maßgabe von § 4 Satz 1, §§ 5 und 6 KSchG geltend gemacht werden, dh. Insb. nur innerhalb der Drei-Wochen-Frist (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Die Drei-Wochen-Frist gilt auch bei außerordentlichen Kündigungen innerhalb der Wartezeit.712

186

Einer Kündigungsschutzklage kann nur stattgegeben werden, wenn bis zu dem mit der Kündigung angestrebten Auflösungstermin zwischen den Parteien noch ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.713

187

Ein Arbeitnehmer, der die Rechtsunwirksamkeit einer von ihm selbst erklärten Eigenkündigung geltend machen will, ist nicht an die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gebunden. Allerdings kann das Recht, eine Klage zu erheben, verwirkt werden mit der Folge, dass eine dennoch erhobene Klage unzulässig ist. Dies kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Anspruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt und zusätzlich ein Vertrauenstatbestand beim Arbeitgeber geschaffen worden ist, dass er gerichtlich nicht mehr belangt wird.714

187a

14. Auflösungsantrag (M 22.20 und M 22.21) → S. zum Antrag des Arbeitnehmers M 22.20 bzw. M 22.21 zum Antrag des Arbeitgebers. Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so können Arbeitnehmer oder Arbeitgeber einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung stellen. Der Antrag des Arbeitnehmers setzt voraus, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist, § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG, der Antrag des Arbeitgebers,715 dass konkrete Gründe716 eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Typischer Anwendungsbereich sind Vorfälle im Zusammenhang mit der Kündigung oder im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens, zB bewusst wahrheitswidriger Prozessvortrag,717 beleidigende Schriftsätze718 oder sonstige persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte und Kollegen. Der Arbeitgeber kann jedoch einen Auflösungsantrag nicht stellen, wenn die Kündigung aus anderen Gründen als der Sozialwidrigkeit, zB wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung, unwirksam ist.719 Maßgeblicher 710 BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219, Einzelheiten bei Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 91 „Ausgleichsquittung“, Kap. 2 Rz. 110a „Klageverzicht“; krit. zur Rspr. des BAG Bauer/Günther, NZA 2008, 1627. 711 BAG v. 19.12.2019 – 8 AZR 511/18, NZA 2020, 817, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 37. 712 BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 873/06, NZA 2007, 972. 713 BAG v. 29.1.2015 – 2 AZR 698/12, NZA 2015, 1022. 714 BAG v. 21.9.2017 – 2 AZR 57/17, NZA 2017, 1524. 715 Hierzu der Rechtsprechungsüberblick Müller, NZA 2009, 289 sowie zum Auflösungsantrag als taktischem Gestaltungsmittel des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess Holthausen/Holthausen, NZA-RR 2007, 449. 716 Beachte hierzu § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG und § 25a Abs. 5a Satz 1 KWG, wonach bei leitenden Angestellten und Risikoträgern der Antrag des Arbeitgebers keiner Begründung bedarf. 717 BAG v. 24.5.2018 – 2 AZR 73/18, NZA 2018, 1131, es kommt nicht darauf an, ob der Vortrag des Arbeitnehmers entscheidungserheblich ist. 718 Großzügig insoweit BAG v. 9.9.2010 – 2 AZR 482/09, NJW 2010, 3798. 719 BAG v. 26.3.2009 – 2 AZR 879/07, NZA 2009, 679; v. 28.8.2008, DB 2009, 630.

Lingemann | 895

188

Kap. 22 Rz. 188 | Beendigungskündigung Zeitpunkt ist dementsprechend auch nicht – wie bei der Kündigung – der Ausspruch der Kündigung, sondern der Schluss der mündlichen Verhandlung.720 Daher ist es nicht widersprüchlich, wenn der Arbeitgeber den Auflösungsantrag auf einen Sachverhalt stützt, der die ordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermochte.721 Bei weiteren Belastungen des Arbeitsverhältnisses nach Kündigungsausspruch kann der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag auch dann noch in der Berufungsinstanz stellen, wenn er hiervon im erstinstanzlichen Verfahren abgesehen hatte.722 Allerdings können auch Tatsachen, die schon vor Ausspruch der Kündigung bekannt waren, zur Begründung des Auflösungsantrages herangezogen werden, auch wenn sie der Arbeitnehmervertretung im Rahmen der Anhörung nicht mitgeteilt wurden, solange nicht die §§ 9, 10 KSchG zur Umgehung kollektivrechtlicher Informationspflichten missbraucht werden.723 Der Arbeitgeber muss in diesem Fall jedoch zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass der Kündigungssachverhalt, obwohl er die Kündigung nicht rechtfertigt, gleichwohl so beschaffen ist, dass er eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lässt.724 Beendigungszeitpunkt ist der Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nach der ausgesprochenen Kündigung, die Höhe der Abfindung richtet sich nach § 10 KSchG. Der Auflösungsantrag des Arbeitnehmers lässt die Pflicht zur Arbeitsleistung nicht entfallen, solange dem Auflösungsantrag nicht – rechtskräftig – stattgegeben ist.725

189 Werden aufgrund mehrerer Kündigungen mehrere Kündigungsschutzverfahren geführt, so kommen auch mehrere Auflösungsanträge in Betracht („Wiederholungsauflösungsantrag“), die Unbegründetheit eines früheren Auflösungsantrags schließt insb. die Begründetheit eines späteren Antrages nicht aus, sofern dieser auf weitere Gründe gestützt wird.726

190 Bei der außerordentlichen Kündigung kann nur der Arbeitnehmer den Auflösungsantrag stellen

(§ 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG). Das Gericht hat für die Auflösung den Zeitpunkt zugrunde zu legen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde (§ 13 Abs. 1 Satz 4 KSchG).

191

Checkliste für Kündigungsschutzsachen727

□ Feststellung der Parteienverhältnisse □ Arbeitnehmer: Name, Anschrift, Familienstand, (Schwer)Behinderung, Berufstätigkeit des Ehepartners, Unterhaltspflichten, Alter, Eintritt in die Firma (Betriebszugehörigkeit; auch frühere Betriebszugehörigkeitszeiten), Tätigkeit, Status (leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 BetrVG und/oder § 14 Abs. 2 KSchG, Vollmachten), Gewerkschaftsmitglied?

□ Arbeitgeber: Name/Firmierung, Anschrift/Sitz, Vertretungsberechtigung (notfalls Handelsregisterauszug!), Organisation (Konzern, mehrere Betriebe), Belegschaftsstärke des Betriebes (§ 23 KSchG, § 17 KSchG, § 111 BetrVG), Verbandszugehörigkeit.

720 BAG v. 10.7.2008, DB 2009, 350, wonach auch ein zwischenzeitlicher Wechsel in der Person des Vorgesetzten Berücksichtigung finden kann. Zur Verknüpfung mehrerer zum Teil hilfsweiser Kündigungen und Auflösungsanträge vgl. BAG v. 27.4.2006 – 2 AZR 360/05, NZA 2007, 229; Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225, 233. 721 BAG v. 24.5.2018 – 2 AZR 73/18, NZA 2018, 1131. 722 BAG v. 19.11.2015 – 2 AZR 217/15, NZA 2016, 540. 723 BAG v. 10.10.2002 – 2 AZR 240/01, DB 2003, 999. 724 BVerfG v. 22.10.2004, NZA 2005, 41, 42. 725 BAG v. 14.12.2017 – 2 AZR 86/17, NZA 2018, 646. 726 Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225, 233. 727 Betroffenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, aber auch Beratern und/oder Prozessbevollmächtigten ist in Kündigungsschutzsachen zu empfehlen, schon frühzeitig und gründlich die Sach- und Rechtslage aufzuklären, um die Weichen richtig stellen zu können. Dabei soll die Checkliste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, behilflich sein.

896 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 191 Kap. 22

□ Zugang der Kündigung und Klagefrist (s. Rz. 16 ff., 184 ff.) □ Exaktes Datum des Kündigungszugangs ermitteln (s. Rz. 16 ff.). Liegen weitere Kündigungen vor?

□ Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist nach § 4 KSchG notieren (s. Rz. 184 ff.). □ Ist Antrag auf nachträgliche Zulassung nach § 5 KSchG möglich oder nötig? Dann Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 5 Abs. 3 KSchG notieren (s. Rz. 18).

□ Ist die Kündigung formell in Ordnung (s. Rz. 9 ff.)? □ Verstoß gegen Schriftformerfordernis (zB § 623 BGB, § 22 Abs. 3 BBiG, § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG; s. Rz. 9 ff.)

□ Verstoß

gegen vorgeschriebene schriftliche Begründung (zB § 22 Abs. 3 BBiG; § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG, Tarif- oder Individualvertrag; s. Rz. 14)

□ Kann die Kündigung nach § 174 BGB zurückgewiesen werden? Nur unverzüglich möglich, Frist notieren; Originalvollmacht des Auftraggebers bei der Zurückweisung beifügen (s. Rz. 19, Rz. 22).728

□ Greift der Kündigungsschutz nach dem KSchG ein (s. Rz. 45 ff.)? □ Betriebsgröße (§ 23 KSchG) feststellen (s. Rz. 46). □ Handelt es sich um ein vertretungsberechtigtes Organmitglied

(§ 14 Abs. 1 KSchG)? (Mögliches) ruhendes Arbeitsverhältnis beim GmbH-Geschäftsführer? (s. Kap. 4 Rz. 18)

□ Ist die Wartezeit nach § 1 KSchG abgelaufen (s. Rz. 45)?

□ Kündigungsart (s. Rz. 2) und Gründe prüfen (s. Rz. 53 ff.); dabei vor allem □ Außerordentliche Kündigung: Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB (s. Rz. 145 ff.)!



Änderungskündigung: Annahme oder Annahme unter Vorbehalt nach § 2 KSchG (Fristproblem!) (Vgl. Kap. 20 Rz. 25 f., 30 f.)

□ Krankheitsbedingte Kündigung (s. Rz. 74 ff.): Fehlzeiten, negative Gesundheitsprognose,

erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen durch Betriebsablaufstörungen und/oder Belastung durch Entgeltfortzahlungskosten prüfen. Häufig Fehler im Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG (s. Rz. 101 ff.)! Wurde ein betriebliches Eingliederungsmanagement (§ 167 Abs. 2 SGB IX) durchgeführt (s. Rz. 78)?

□ Verhaltensbedingte Kündigung: Liegen Abmahnungen vor (wann, weshalb, wo, durch

wen, jeweils Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder zumindest „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ angedroht; s. Rz. 58 ff.)?

□ Verdachtskündigung:

Besteht ein dringender Verdacht? Wurde der Sachverhalt aufgeklärt, insb. der Arbeitnehmer – bei außerordentlicher Kündigung innerhalb der Wochenfrist – angehört (s. Rz. 101a)?

□ Betriebsbedingte Kündigung: □ Lässt sich der Arbeitsplatzwegfall aufgrund außerbetrieblicher (Rückgang des Arbeitsvolumens zB wegen Auftragsrückgang) oder innerbetrieblicher Gründe (Unternehmerentscheidung) nachweisen (s. Rz. 103 ff.)?

□ Besteht Interessenausgleichs- (§§ 111 ff. BetrVG) oder Sozialplanpflicht (§ 112 BetrVG, s. aber § 112a BetrVG) (s. Rz. 180)?

728 Faxkopie der Vollmacht reicht nicht; aber evtl. Außenvollmacht als letzte Rettung (§ 167 Abs. 1 Alt. 2 BGB iVm. § 167 Abs. 2 BGB).

Lingemann | 897

Kap. 22 Rz. 191 | Beendigungskündigung

□ Ist eine etwaige Unternehmerentscheidung ausreichend dokumentiert (die Organmitglieder können vor Gericht nicht Zeuge sein)? (s. Rz. 104 ff.)

□ Wurde die Sozialauswahl innerhalb des Betriebes ordnungsgemäß durchgeführt (s. Rz. 122 ff.)?

□ Gibt es anderweitige freie Arbeitsplätze im Unternehmen (s. Rz. 113 ff.)? □ Ggf. rechtzeitig (!) Konsultationspflichten gegenüber dem Betriebsrat gem. § 17 Abs. 2 KSchG und Anzeigepflichten nach § 17 KSchG beachten (s. Rz. 169 ff.)!

□ Kommt ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht (s. Rz. 181 ff.)?

□ Ist der Betriebsrat/Sprecherausschuss ordnungsgemäß angehört worden? (Bei schriftlicher Anhörung Schriftstück prüfen.) (s. Rz. 29 ff. und Rz. 43)

□ Ist die Art der Kündigung (ordentlich/außerordentlich) mitgeteilt worden (s. Rz. 29)? □ Sind die Sozialdaten des Arbeitnehmers und – bei betriebsbedingter Kündigung – etwaiger vergleichbarer Arbeitnehmer und die Kriterien der Sozialauswahl mitgeteilt worden (s. Rz. 122 ff.)?

□ Sind die Kündigungsgründe konkret mitgeteilt worden (s. Rz. 43 ff.)? □ Sind die Fristen des § 102 BetrVG eingehalten worden (s. Rz. 40 ff.)? □ Wie hat der Betriebsrat reagiert (s. Rz. 41)? Kann wegen Widerspruchs des Betriebsrats ein Weiterbeschäftigungsanspruch (§ 102 Abs. 5 BetrVG) geltend gemacht werden?

□ Der Arbeitgeber sollte bei Fehlern das Anhörungsverfahren (hilfsweise und formgerecht) 729 wiederholen sowie anschließend eine neue (hilfsweise) Kündigung aussprechen.

□ Ist zweifelhaft, ob es sich um einen leitenden Angestellten handelt, sollten vorsorglich Betriebsrat und Sprecherausschuss gehört werden (s. Rz. 43).

□ Kann sich der Arbeitnehmer auf besonderen Kündigungsschutz berufen, zB Mutterschutz

(§ 17 Abs. 1 MuSchG), Elternzeit (§ 18 Abs. 1 BEEG), Pflegezeit (§ 5 PflegeZG), Familienpflegezeit (§ 2 Abs. 3 FPfZG iVm. § 5 PflegeZG), schwerbehinderte Menschen §§ 168 ff. SGB IX), Datenschutz- (§ 6 Abs. 4 BDSG), Immissionsschutzbeauftragten (§ 58 Abs. 2 BImSchG), freiwillig Wehrdienstleistende (§ 2 ArbPlSchG), Beschäftigte im Berufsausbildungsverhältnis (§ 22 Abs. 2 BBiG), tarifliche Alterssicherung, Rationalisierungsschutz oder Betriebsvereinbarung (s. Rz. 159 ff.), Mitglied oder Ersatzmitglied des Betriebsrats (s. Rz. 42, 160 ff.), der Jugend- oder Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung/des Seebetriebsrats (§§ 15 KSchG, 103 BetrVG), Mitglieder des Wahlvorstands und Wahlbewerber (§ 15 Abs. 3 KSchG), Initiatoren von Betriebsratswahlen (§ 15 Abs. 3a KSchG)?

□ Soweit weder der Kündigungsschutz nach dem KSchG noch Sonderkündigungsschutz eingreift, prüfen, ob Kündigungsschutz nach Art. 12 GG iVm. §§ 138, 242 BGB in Betracht kommt (s. Rz. 45 ff.).730

□ Bestehen Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das AGG, also Benachteiligungen aus

Gründen von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Identität (s. Rz. 49 ff.)?

□ Ist die richtige Kündigungsfrist (Individual-, Tarifvertrag, § 622 BGB) eingehalten worden (s. Rz. 24 ff.)?

729 Einzelheiten bei Lingemann/Beck, NZA-RR 2007, 225. 730 Ferner BVerfG v. 27.1.1998 – 1 BvL 15/87, BB 1998, 1058; BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 468/15, NZA 2016, 1196; v. 21.2.2001 – 2 AZR 15/00, BB 2001, 1683, PWW/Lingemann, § 620 BGB Rz. 53.

898 | Lingemann

Beendigungskündigung | Rz. 191 Kap. 22

□ Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart (Einzelheiten bei Kap. 25)? Falls ja, Folgendes beachten:

□ Wirksamkeit (Schriftform, Karenzentschädigung, Dauer, berechtigtes Interesse) prüfen. □ Der Arbeitgeber sollte Verzichtsmöglichkeit nach § 75a HGB beachten. □ Bei außerordentlicher Kündigung Lösungsmöglichkeiten nach § 75 HGB beachten. □ Bei ordentlicher Arbeitgeberkündigung Problem des § 75 Abs. 2 HGB (erhöhte Karenzentschädigung) prüfen.

□ Ausschlussfrist für monatliche Karenzentschädigung beachten.731

□ Besteht Anspruch auf betriebliche Altersversorgung (Einzelheiten bei Kap. 18)? □ Wann wurde die Zusage erteilt? □ Ist die Zusage schon unverfallbar? □ Wenn der Arbeitnehmer Kapitalisierung wünscht, Abfindungsverbot bzw. -grenze des § 3 BetrAVG beachten

□ Übertragung auf etwaigen Folgearbeitgeber gewünscht (§ 4 BetrAVG)?

□ Auflistung aller sonstigen offenen gegenseitigen Ansprüche der Parteien vornehmen, zB

(rückständige) Vergütung (Gratifikation, 13. oder 14. Monatsgehalt, Urlaub und Urlaubsgeld, Provision, Tantieme), Spesenvorschuss, Darlehen, Firmen-Pkw, Umzugs-, Ausbildungskosten, Werkswohnung, (Zwischen-)Zeugnis, Schadensersatz, Arbeitnehmererfinderansprüche, Herausgabe von Arbeitsmitteln (Preis- und Kundenlisten, Muster, Werkzeuge, Angebotsunterlagen, Literatur usw.), Arbeitspapiere (Versicherungsunterlagen, Urlaubsbescheinigung, Bescheinigung nach § 312 SGB III, Bescheinigung nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG).

□ Prüfung, ob Ansprüche berührt werden durch □ tarifliche, betriebliche (in Betriebsvereinbarungen)

oder individualvertragliche Ausschlussfristen; ggf. Tarifregisterauskunft einholen und/oder Ansprüche form- und fristgerecht geltend machen;

□ Bindungsklauseln und Rückzahlungsvorbehalte.

□ Muss die Arbeit angeboten werden? □ § 615 BGB, § 11 KSchG beachten (s. Rz. 166). □ Ist der Arbeitnehmer auf die Pflicht zur unverzüglichen Meldung bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend nach § 38 Abs. 1 SGB III hingewiesen worden (s. Rz. 183)?

□ Klarheit über (Prozess-)Ziel gewinnen: □ Arbeitnehmer: Will er sich den Arbeitsplatz

erhalten oder strebt er eine Abfindung (wichtig für Auflösungsantrag!) an? Sollen oder müssen weitere Ansprüche mit geltend gemacht werden? Weiterbeschäftigungsanspruch nicht vergessen!

□ Arbeitgeber: Ist er bereit, notfalls eine Abfindung (in welcher Höhe?) zu bezahlen? Soll

mit der Kündigung eine Abfindung nach § 1a KSchG angeboten werden (s. Rz. 143)? Kommt eine Widerklage (zB wegen Schadensersatz) in Betracht?

□ Welches Gericht ist sachlich und örtlich zuständig? GmbH-Geschäftsführer mit evtl. ruhendem Arbeitsverhältnis?

731 Vgl. BAG v. 17.6.1997 – 9 AZR 801/95, NZA 1998, 258.

Lingemann | 899

Kap. 22 Rz. 191 | Beendigungskündigung

□ Zusätzlich für Anwälte: □ Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ermitteln. □ Bei Kündigungsschutzstreitigkeiten im Rahmen des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG Vierteljahres-

bezug, nicht: drei Monatseinkommen, auch anteilige Leistungen (zB 13. Monatsgehalt, private Nutzung des Firmen-Pkw, Deputate usw.) berücksichtigen!

□ Prüfen, ob eine Rechtsschutzversicherung besteht. Deckungszusage einholen. □ Kommt PKH-Antrag oder Antrag nach § 11a ArbGG in Betracht? □ Vergütungsvereinbarung schließen (schriftliche Erklärung des Auftraggebers, die nicht in der Vollmacht enthalten sein darf, § 3a Abs. 1 RVG). Soll ein Vorschuss verlangt werden?

□ Belehrung des Mandanten gem. § 12a Abs. 1 Satz 2 ArbGG über den Ausschluss der Kostenerstattung!

□ Vollmacht unterschreiben lassen. II. Muster M 22.1 Ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber Sehr geehrte(r) Frau/Herr1 […], hiermit2 kündigen3 wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß4 zum5 […] [evtl.], hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.6 oder hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß. Die Kündigungsfrist beträgt nach unseren Berechnungen […], die Kündigung wird daher zum […] ausgesprochen. [evtl.] 1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kap. 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Gem. § 623 BGB muss die Kündigung, um wirksam zu sein, schriftlich erfolgen. Zu den Einzelheiten vgl. Rz. 7 ff. 3 Kündigungen müssen wegen ihrer einschneidenden Bedeutung deutlich und zweifelsfrei erklärt werden (BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162 (st. Rspr.)). Daher muss sich daraus auch ergeben, dass es sich um eine Kündigung handelt und nicht eine andere auf die Beendigung oder Beseitigung gerichtete Erklärung, wie zB eine Anfechtung (dazu Kap. 21). 4 Die Kündigungsfristen können sich aus Gesetz (§ 622 BGB), Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Individualvertrag ergeben. 5 (1) Nach der strengen Auffassung des 5. Senates des BAG setzt die Auslegung einer Kündigungserklärung als Kündigung zum richtigen Termin aufgrund des Bestimmtheitsgebots voraus, dass sich aus der Kündigungserklärung ergibt, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll, ohne dass der Arbeitnehmer darüber rätseln muss, zu welchem anderen als dem in der Kündigungserklärung genannten Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte (BAG v. 15.5.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076 Rz. 20). Insoweit ist die Angabe des Ablaufs der Kündigungsfrist ratsam. (2) Großzügiger ist der 2. Senat im Urteil v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162 Rz. 16; danach verlangt „das Erfordernis der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung vom Kündigenden nicht, den Beendigungstermin als konkretes kalendarisches Datum ausdrücklich anzugeben, es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelfrei bestimmbar ist“. Demnach sei eine „Kündigung ‚zum nächstmöglichen Termin‘ oder ‚nächstmöglichen Zeitpunkt‘ hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Sie ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu

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Beendigungskündigung | M 22.1 Kap. 22 Für den Fall, dass die anzuwendende Kündigungsfrist länger sein sollte, kündigen wir hiermit hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. oder hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum nächstmöglichen Termin. Nach unserer Berechnung ist das der […] [Evtl.7] Die Kündigungsgründe sind Ihnen bekannt./Die Kündigung erfolgt aus folgenden Gründen […] Der Betriebsrat hat der Kündigung zugestimmt/Bedenken geäußert/widersprochen; seine Stellungnahme fügen wir bei.8 [Evtl.9] Darüber hinaus stellen wir Sie hiermit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge mit sofortiger Wirkung/ab dem […] unwiderruflich und unter Anrechnung sämtlicher bestehender Urlaubsansprüche10 und bestehender Ansprüche auf Freizeitausgleich11 von der Arbeit frei. Die Freistellung erfolgt bis zum […]12.

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dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert“ (BAG v. 10.4.2014, NZA 2015, 162 Rz. 17). Ausreichend ist auch ein Hinweis auf die maßgeblichen Fristenregelungen, wenn der Erklärungsempfänger hierdurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (BAG v. 20.6.2013 – 6 AZR 805/11, NZA 2013, 1137; v. 15.12.2005 – 2 AZR 148/05, NZA 2006, 791 Rz. 27); vgl. Rz. 15, 24 ff. (3) Auch nach den strengen Anforderungen des 5. Senates kann eine vom Arbeitgeber mit zu kurzer Kündigungsfrist zu einem bestimmten Datum erklärte Kündigung mit dem Zusatz „fristgemäß zum …“ als solche zum richtigen Kündigungszeitpunkt ausgelegt werden, wenn es dem Arbeitgeber, für den Arbeitnehmer erkennbar, wesentlich um die Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist ging und sich das in das Kündigungsschreiben aufgenommene Datum lediglich als das Ergebnis einer fehlerhaften Berechnung der zutreffenden Kündigungsfrist erweist (BAG v. 15.5.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076 Rz. 19). Vorsorglich bietet sich an, das genannte Datum unter den Vorbehalt der richtigen Berechnung zu stellen, etwa „Hiermit kündigen wir das Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Termin, nach unserer Berechnung ist das der …“. Diese hilfsweise Angabe ist als auflösende Rechtsbedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB zulässig (BAG v. 10.4. 2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162). Sie ist ratsam als Rückfallposition, wenn bei der genannten Kündigungsfrist ein Rechenfehler besteht. Zwar ist zunächst an Auslegung (§§ 133, 157 BGB) und ggf. Umdeutung (§ 140 BGB) zu denken. Es kann aber auch Fälle geben, in denen beides mangels erkennbarer Umstände nicht möglich ist (vgl. Rz. 15 und BAG v. 15.5.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076; v. 1.9.2010 – 5 AZR 700/09, NZA 2010, 1409 Rz. 25, 27). Außer in den gesetzlich – dazu Rz. 14 – oder individual- bzw. kollektivrechtlich vorgeschriebenen Fällen bedarf die Kündigungserklärung keiner Begründung. Nach § 102 Abs. 4 BetrVG hat der Arbeitgeber bei Ausspruch einer Kündigung nach Widerspruch des Betriebsrats dem Arbeitnehmer zugleich eine Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten. Unterlässt dies der Arbeitgeber, wird die Kündigung dadurch nicht unwirksam, allerdings kommen – wenn auch selten – Schadensersatzansprüche in Betracht. Im Folgenden finden sich verschiedene Formulierungsvorschläge für eine Freistellung des Arbeitnehmers. Die Varianten unterscheiden sich danach, ob die Freistellung unwiderruflich oder widerruflich erklärt werden soll. Eine einseitige Freistellung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unzumutbar ist, wenn also die Freistellung wegen überwiegender schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers geboten ist (BAG v. 19.8.1976, NJW 1977, 215; v. 10.11.1955, NJW 1956, 359; Einzelheiten bei Lingemann/Steinhauser, NJW 2014, 1428; Suttner/Deeg, ArbRAktuell 2011, 630). Im Übrigen ist bei einer unwiderruflichen Freistellung derzeit Vorsicht geboten: Gem. Ordnungsziffer 150.1.2 der Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 150 Abs. 1 SGB III bleiben bei dem Bemessungszeitraum für das Arbeitslosengeld „Zeiten einer unwiderruflichen Freistellung… außer Betracht“. Dies steht uE im Widerspruch zu § 150 Abs. 1 SGB III und zu BSG v. 24.9.2008 – B 12 KR 22/07, NZA-RR 2009, 272, wonach das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis auch bei unwiderruflicher Freistellung fortbesteht. Das spricht dafür, solche Bescheide nicht rechtskräftig werden zu lassen. Eine Freistellung unter Anrechnung des Resturlaubs muss unwiderruflich sein, um den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen (BAG v. 29.8.2019 – 9 AZR 468/18, NZA 2019, 1581; v- 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211, Rz. 17; v. 14.3.2006, NZA 2006, 1008 Rz. 17). Es sollte also unmissverständlich

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Kap. 22 M 22.1 | Beendigungskündigung oder [Evtl.] Darüber hinaus stellen wir Sie hiermit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge mit sofortiger Wirkung/ab dem […] unwiderruflich und unter Anrechnung sämtlicher bestehender Ansprüche auf Freizeitausgleich13 von der Arbeit frei. Die Freistellung erfolgt bis zum […] Zudem erteilen wir Ihnen Urlaub vom […] bis […]14 Während der übrigen Zeit der Freistellung wird ein etwaiger anderweitiger Verdienst gem. § 615 Satz 2 BGB angerechnet.15 [Evtl.] Jede Beteiligung und/oder Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen ist aber weiterhin untersagt.16 oder [Evtl.] Darüber hinaus stellen wir Sie hiermit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge mit sofortiger Wirkung/ab dem […] widerruflich und unter Anrechnung bestehender Ansprüche auf Freizeitausgleich von der Arbeit frei.17 Die Freistellung erfolgt bis zum […].

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eine unwiderrufliche Freistellung erklärt werden. Innerhalb der Freistellung müssen die Urlaubstage aber idR nicht genau angegeben werden, allerdings muss der Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen können, in welchem Umfang der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch erfüllen will – Undeutlichkeiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers (BAG v. 17.5.2011 – 9 AZR 189/10, NZA 2011, 1032 Rz. 27 f.). Daher sollte eine möglichst genaue Festlegung erfolgen, bzw. zumindest angegeben werden, ob etwa (vorsorglich) der gesamte Jahresurlaub oder nur Teilurlaub gewährt werden soll (vgl. Suttner/Deeg, ArbRAktuell 2011, 630, 632; Fuhlrott/Balupuri-Beckmann, ArbRAktuell 2011, 393, 395 f., jeweils mit Formulierungsvorschlag). Eine datumsgenaue Festlegung sollte jedenfalls erfolgen, wenn etwaiger Zwischenverdienst verrechnet werden soll (BAG v. 16.7.2013, ArbRAktuell 2013, 520 m. Anm. Lingemann, v. 14.5.2013, NZA 2014, 336 Rz. 17), s. hierzu den nachstehenden Formulierungsvorschlag im Muster. Urlaubsansprüche können zudem nur abgegolten werden, wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht arbeitsunfähig krank ist (Ganz, ArbRAktuell 2015, 240, 242; Suttner/Deeg, ArbRAktuell 2011, 630, 632). Die unwiderrufliche Freistellungserklärung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen ist idR. so auszulegen, dass der Arbeitgeber die Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubsentgelt streitlos stellt (BAG v. 20.8.2019 – 9 AZR 468/18, NZA 2019, 1581). Anderenfalls müsste die Zahlungsverpflichtung ausdrücklich aufgenommen werden (BAG aaO.). Bereits bei einer nur widerruflichen Freistellung ist die Anrechnung von Freizeitausgleichansprüchen zulässig (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211 Rz. 28), sie ist daher auch hier zu empfehlen. Die Anrechnung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich muss für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbar sein und sollte daher ausdrücklich erfolgen (BAG v. 20.11.2019 – 5 AZR 578/18, ArbRAktuell 2019, 614 m. Anm. Bauer). Die häufige Formulierung „bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses“ kann nachteilig sein, wenn sich die Kündigung als unwirksam erweist und das Arbeitsverhältnis damit fortbesteht. Zwar wird man die Klausel dann wahrscheinlich so auslegen, dass sie damit auch hinfällig wird, gesichert ist das aber nicht; die Angabe des Datums, bis zu dem die Freistellung läuft, ist daher ratsam. S. M 22.1 Fn. 10. S. bereits M 22.1 Fn. 9. Eine genaue Festlegung sollte erfolgen, wenn der Arbeitgeber etwaigen Zwischenverdienst verrechnen möchte (BAG v. 16.7.2013, ArbRAktuell 2013, 520 m. Anm. Lingemann; v. 14.5. 2013, NZA 2014, 336 Rz. 17). Soll Zwischenverdienst angerechnet werden, müssen die Zeiten, in denen dies geschehen soll, ausdrücklich von den Zeiten, in denen Urlaub gewährt wird, getrennt werden (BAG v. 14.5.2013, NZA 2014, 336 Rz. 17). Außerhalb der Urlaubszeit befindet sich der Arbeitgeber nämlich aufgrund der einseitigen Freistellung nach § 615 BGB im Annahmeverzug (vgl. BAG v. 23.9.2009 – 5 AZR 518/08, NZA 2010, 781 Rz. 24). Anders gestaltet sich die Situation aber bei einer einvernehmlichen Freistellung, s. hierzu M 23.1a, § 3 m. Anm. Eine einseitige Freistellung unter Anrechnung anderweitigen Verdienstes wird vom BAG zugleich als arbeitgeberseitiger Verzicht auf das Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB verstanden (BAG v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11, NZA 2013, 207 Rz. 16; v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, NZA 2007, 36 Rz. 22; dazu Nägele, NZA 2008, 1039). Soll also am gesetzlichen Wettbewerbsverbot festgehalten werden, sollte dies ausdrücklich erklärt werden (Günther, ArbRAktuell 2009, 127, 128 f.). Bei einer widerruflichen Freistellung können – anders als Urlaubsansprüche – Ansprüche auf Freizeitausgleich des Arbeitnehmers abgegolten werden (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211 Rz. 28). Etwaige Urlaubsansprüche können hier nicht angerechnet werden, da sich der Arbeitnehmer während eines Urlaubs nicht stets bereithalten muss, auf Anforderung des Arbeitgebers jederzeit in den Betrieb zurückzukehren (vgl. BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211 Rz. 17; v. 14.3.2006 – 9 AZR 11/05, NZA 2006, 1008 Rz. 17).

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Beendigungskündigung | M 22.2 Kap. 22 oder [Evtl. alternativ18] Darüber hinaus stellen wir Sie hiermit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge mit sofortiger Wirkung/ab dem […] von der Arbeit frei. Die Freistellung erfolgt bis zum […]. Die Freistellung erfolgt zunächst unwiderruflich unter Anrechnung sämtlicher Urlaubsansprüche und etwaiger Ansprüche auf Freizeitausgleich.19 Im Anschluss an die Gewährung des Urlaubs und des Verbrauchs etwaiger Freizeitausgleichsansprüche ist die Freistellung widerruflich; nur für diese Zeit behalten wir uns vor, Sie während der Restlaufzeit des Vertrages teilweise oder ganz an den Arbeitsplatz zurückzurufen.20 Während der übrigen Zeit der Freistellung wird ein etwaiger anderweitiger Verdienst gem. § 615 Satz 2 BGB angerechnet.21 [Evtl.] Jede Beteiligung und/oder Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen ist aber untersagt.22 Wir weisen Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Sie sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist gem. den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder von uns in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.23 […] (Firma) 18 Alternativ bietet sich ein Kombinationsmodell an, wonach die Freistellung für einen bestimmten Zeitraum widerruflich und die Zeit danach unwiderruflich (oder umgekehrt) erfolgt. Während der Zeit der unwiderruflichen Freistellung ist dann eine Anrechnung von Urlaub möglich (vgl. Bauer, NZA 2007, 409, 410). 19 Die bloße Freistellung ist keine stillschweigende Urlaubsgewährung (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211 Rz. 14; v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, DB 2006, 2583 Rz. 19; v. 28.2.1991 – 8 AZR 196/90, NZA 1991, 944). Die Anrechnungsklausel darf daher nicht fehlen. Die Angabe des genauen Urlaubszeitraums ist bei unwiderruflicher Freistellung idR nicht nötig, s. schon oben M 22.1 Fn. 9. Bei einer nur widerruflichen Freistellung ist die genaue Angabe des Urlaubszeitraums hingegen zur wirksamen Anrechnung nötig (BAG v. 19.5.2009, NZA 2009, 1211; v. 14.3.2006, NZA 2006, 1008). 20 Vgl. M 23.1a, § 3 m. Anm. 21 S. M 22.1 Fn. 14. 22 S. M 22.1 Fn. 15. 23 Die Belehrung ist nicht zwingend, ein Unterlassen des Hinweises hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber zur Folge (vgl. Rz. 183).

M 22.2 Ordentliche betriebsbedingte Kündigung nach § 1a KSchG durch den

Arbeitgeber

Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum […] [evtl.], hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.1 Die Kündigung wird auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt. Sofern Sie die Klagefrist nach §§ 2, 4 KSchG verstreichen lassen und auch keinen Antrag auf nachträgliche Zulassung nach § 5 KSchG stellen, können Sie eine Abfindung in Höhe von Euro […] verlangen. Der Betriebsrat hat der Kündigung zugestimmt/Bedenken geäußert/widersprochen; seine Stellungnahme fügen wir bei. 1 Details zu dieser Formulierung s. M 22.1.

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Kap. 22 M 22.2 | Beendigungskündigung [Evtl.2] Darüber hinaus stellen wir Sie hiermit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge mit sofortiger Wirkung/ab dem […] unwiderruflich und unter Anrechnung sämtlicher bestehender Urlaubsansprüche3 und bestehender Ansprüche auf Freizeitausgleich4 von der Arbeit frei. Die Freistellung erfolgt bis zum […] Wir weisen Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Sie sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist gem. den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder von uns in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen. […] (Firma) 2 Zu alternativen Formulierungen zur Freistellung s. M 22.1 Fn. 9 ff. 3 Details s. M 22.1 Fn. 10. 4 Details s. M 22.1 Fn. 11.

M 22.3 Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber s. Kap. 1, M 1.11

M 22.4 Außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], hiermit1 kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos [alt: außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist von […] zum […],2 hilfsweise zum nächstmöglichen Termin]. Die Kündigung erfolgt aus wichtigem Grund3 nach § 626 BGB.4, 5 Der Betriebsrat hat – der Kündigung zugestimmt. oder – gegen die Kündigung Bedenken erhoben, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. 1 Schriftform ist auch hier gesetzlich vorgeschrieben (§ 623 BGB). 2 Ist ein Arbeitnehmer ordentlich nicht kündbar, so kann gleichwohl bei Betriebsstilllegung eine außerordentliche Kündigung unter Einhaltung einer der normalen Kündigungsfrist entsprechenden sozialen Auslauffrist ausgesprochen werden (Rz. 2, Rz. 147); auch bei einer krankheitsbedingten dauernden Unfähigkeit des Arbeitnehmers kommt eine solche Kündigung in Betracht (Rz. 149). 3 Die Kündigung muss nach § 626 Abs. 2 BGB dem Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsberechtigten von dem wichtigen Grund zugehen. 4 Auf die Mitteilung der Gründe kann der Arbeitgeber zunächst verzichten; auf Verlangen des Arbeitnehmers sind sie aber unverzüglich schriftlich mitzuteilen (§ 626 BGB); andernfalls setzt sich der Arbeitgeber Schadensersatzansprüchen aus. 5 Der Wortlaut des § 1a KSchG schließt das Abfindungsangebot zwar auch bei einer außerordentlichen Kündigung nicht aus. Es dürfte allerdings jedenfalls beim häufigsten Anwendungsfall, der fristlosen Kündigung, nicht greifen, weil diese regelmäßig nicht betriebsbedingt ist. Anders wäre dies nur bei einer betriebsbedingten außerordentlichen Kündigung ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer mit sozialer Auslauffrist; hier könnte eine Formulierung wie in M 22.2 verwendet werden.

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Beendigungskündigung | M 22.5 Kap. 22 oder – der Kündigung widersprochen, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. Wir weisen Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Sie sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist gem. den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder von uns in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.6 […] (Firma) 6 Der Hinweis ist nicht zwingend, ein Unterlassen des Hinweises hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber zur Folge (vgl. die Rz. 183).

M 22.5 Außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Kündigung durch den

Arbeitgeber

Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgemäß zum nächstmöglichen Zeitpunkt.1 Der Betriebsrat hat – der außerordentlichen fristlosen Kündigung zugestimmt. oder – gegen die außerordentliche fristlose Kündigung Bedenken erhoben, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. oder – der außerordentlichen fristlosen Kündigung widersprochen, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. 1 Besteht kein Betriebsrat, kann der Hinweis auf die hilfsweise ordentliche Kündigung unterbleiben, solange der Kündigungserklärung hinreichend deutlich zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber unter keinen Umständen an dem Arbeitsverhältnis festhalten will. Es reicht dann aus, wenn sich der Arbeitgeber im möglichen Kündigungsschutzprozess darauf beruft, dass die fristlose Kündigung notfalls in eine ordentliche umzudeuten ist. Besteht allerdings ein Betriebsrat, so ist eine hilfsweise ausgesprochene oder durch Umdeutung zu ermittelnde ordentliche Kündigung unwirksam, wenn der Betriebsrat nicht auch dazu nach § 102 BetrVG angehört wurde. Es ist in jedem Fall ratsam, die hilfsweise ordentliche Kündigung auch im Kündigungsschreiben mitzuteilen. Wird, wie hier, eine ordentliche Kündigung nur hilfsweise zur außerordentlichen erklärt, reicht die Angabe der Kündigungsfrist „zum nächstmöglichen Termin“ aus, einer weiteren Konkretisierung der Kündigungsfrist bedarf es nicht, weil der Kündigungsempfänger nicht im Unklaren darüber ist, wann das Arbeitsverhältnis nach Vorstellung des Kündigenden enden soll. Die Beendigung soll offensichtlich bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung erfolgen. Der Kündigungsempfänger muss und kann sich in seinem praktischen Handeln auf diesen Beendigungszeitpunkt einstellen. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob es ihm ohne Schwierigkeiten möglich ist, die Kündigungsfrist der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung zu ermitteln (BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117). Einer Ergänzung „nach unseren Berechnungen also zum …“ bedarf es daher uE. nicht (für die Einfügung aber Kamann, Anm. zu BAG v. 20.1.2016, ArbRAktuell 2016, 166).

Lingemann | 905

Kap. 22 M 22.5 | Beendigungskündigung Der Betriebsrat hat ferner – der hilfsweise ordentlichen fristgemäßen Kündigung zugestimmt oder – gegen die hilfsweise ordentliche fristgemäße Kündigung Bedenken erhoben, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. oder – der hilfsweisen ordentlichen fristgemäßen Kündigung widersprochen, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. [Evtl.2] Im Falle der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gelten wir Ihren bis zum Kündigungszeitpunkt nicht genommenen Urlaub ab. Für den Fall, dass sich die fristlose Kündigung als unwirksam erweist, haben wir hilfsweise ordentlich gekündigt. In diesem Fall gilt Folgendes3 – Sie werden Ihren sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub direkt im Anschluss an den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung/in der Zeit von […] bis […]4 nehmen; die gezahlte Abgeltung ist dann als Zahlung des Urlaubsentgelts für den betreffenden Zeitraum zu verstehen.5 In jedem Fall sagen wir Ihnen für die Zeit Ihres Urlaubs die Urlaubsvergütung vorbehaltlos zu.6 [Evtl.] – Wir stellen Sie hiermit ab dem […] [Datum nach Ende des Urlaubs] unwiderruflich und unter Anrechnung sämtlicher bestehender Ansprüche auf Freizeitausgleich7 von der Arbeit frei. Die Freistellung erfolgt bis zum […]. Während der Zeit der Freistellung wird ein etwaiger anderweitiger Verdienst gem. § 615 Satz 2 BGB angerechnet.8 [Evtl.] Jede Beteiligung und/oder Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen ist aber untersagt.9 Wir weisen Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Sie sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für 2 Im Folgenden finden sich verschiedene Formulierungsvorschläge für eine Freistellung des Arbeitnehmers. Einzelheiten s. auch M 22.1 Fn. 9 ff. 3 Das BAG hat mit Entscheidung v. 10.2.2015 – 9 AZR 455/13, NJW 2015, 2520, die Möglichkeit zur hilfsweisen Urlaubsgewährung deutlich eingeschränkt. Danach gewährt ein Arbeitgeber durch eine Freistellungserklärung für den Zeitraum nach dem Zugang einer fristlosen Kündigung nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt. Ob danach eine hilfsweise Urlaubsgewährung überhaupt noch zulässig ist, ist offen. Einzelheiten Bauer, ArbRAktuell 2015, 100; zur Freistellung allgemein M 22.1 Fn. 9 ff. 4 Hier muss der Urlaubsberechnung die Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugrunde gelegt werden. Diese ist im Zweifel länger als bei Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. 5 Im Falle der außerordentlichen Kündigung, die zusammen mit einer hilfsweise ordentlichen Kündigung erklärt wurde, kann der Urlaub nicht pauschal in einer Freistellungserklärung gewährt werden (ausdrücklich BAG v. 10.2.2015 – 9 AZR 455/13, NJW 2015, 2520 Rz. 18, 23). Vielmehr muss für den Arbeitnehmer klar sein, dass Urlaubsentgelt vorbehaltlos in jedem Fall gewährt wird und nicht vom späteren Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängig ist. Um dennoch eine weitestmögliche Abgeltung bzw. Anrechnung des Urlaubs für den Fall der hilfsweisen ordentlichen Kündigung zu erreichen, schlagen wir die o.g. Formulierung auf Anregung von Bauer, ArbRAktuell 2015, 100 und Klasen, GWR 2015, 305 vor. 6 Diese Anforderung hat das BAG v. 10.2.2015 – 9 AZR 455/13, NJW 2015, 2520 Rz. 18, 23 ausdrücklich aufgestellt, anderenfalls ist die Urlaubsgewährung durch Freistellungserklärung im Falle der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung unwirksam. Alternative Formulierung bei Fröhlich, ArbRB 2016, 86, 88: „Für den Fall der nicht anzunehmenden Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung gewähren wir Ihnen in der Zeit vom … bis zum … den Ihnen im Zeitpunkt der Kündigung noch zustehenden restlichen Urlaub und werden Ihnen das dafür geschuldete Urlaubsentgelt ordnungsgemäß auszahlen. Bei Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gilt dieser Betrag als Urlaubsabgeltung.“ 7 Einzelheiten s. M 22.1 Fn. 11. 8 Einzelheiten s. M 22.1 Fn. 15. 9 Einzelheiten s. M 22.1 Fn. 16.

906 | Lingemann

Beendigungskündigung | M 22.6 Kap. 22 Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist gem. den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder von uns in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.10 […] (Firma) 10 Auch ein Unterlassen des Hinweises hat allerdings keine Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber zur Folge (vgl. Rz. 183).

M 22.6 Außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung

durch den Arbeitgeber

Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis1 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgemäß2 zum nächstmöglichen Zeitpunkt Sie stehen in dem dringenden Verdacht, am […] und am […] Beträge von insgesamt Euro […] zu eigenen Zwecken aus der Kasse unserer Filiale in […] entnommen zu haben.3 Ihr Verhalten begründet den dringenden Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung. In der Anhörung vom […] haben Sie die Vorwürfe bestritten. Wie wir Ihnen in der Anhörung gezeigt haben, gibt es jedoch entsprechende Videobeweise. Die Staatsanwaltschaft hat am […] Anklage gegen Sie erhoben, sodass sie von einem hinreichendem Tatverdacht ausgeht.4 1 Zur Betriebsratsanhörung s. M 22.11. 2 Besteht kein Betriebsrat, kann der Hinweis auf die hilfsweise ordentliche Kündigung unterbleiben, solange der Kündigungserklärung hinreichend deutlich zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber unter keinen Umständen an dem Arbeitsverhältnis festhalten will. Es reicht dann aus, wenn sich der Arbeitgeber im möglichen Kündigungsschutzprozess darauf beruft, dass die fristlose Kündigung notfalls in eine ordentliche umzudeuten ist. Besteht allerdings ein Betriebsrat, so ist eine hilfsweise ausgesprochene oder durch Umdeutung zu ermittelnde ordentliche Kündigung unwirksam, wenn der Betriebsrat nicht auch dazu nach § 102 BetrVG angehört wurde. Es ist in jedem Fall ratsam, die hilfsweise ordentliche Kündigung auch im Kündigungsschreiben mitzuteilen. Wird, wie hier, eine ordentliche Kündigung nur hilfsweise zur außerordentlichen erklärt, reicht die Angabe der Kündigungsfrist „zum nächstmöglichen Termin“ aus, einer weiteren Konkretisierung der Kündigungsfrist bedarf es nicht, weil der Kündigungsempfänger nicht im Unklaren darüber ist, wann das Arbeitsverhältnis nach Vorstellung des Kündigenden enden soll. Die Beendigung soll offensichtlich bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung erfolgen. Der Kündigungsempfänger muss und kann sich in seinem praktischen Handeln auf diesen Beendigungszeitpunkt einstellen. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob es ihm ohne Schwierigkeiten möglich ist, die Kündigungsfrist der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung zu ermitteln (BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117). Einer Ergänzung „nach unseren Berechnungen also zum …“ bedarf es daher uE. nicht (für die Einfügung aber Kamann, Anm. zu BAG v. 20.1.2016, ArbRAktuell 2016, 166). 3 Der Verdacht muss dringend sein und eine Pflichtverletzung von erheblichem Gewicht betreffen. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn die Pflichtverletzung im Falle ihres Vorliegens eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Einzelheiten Rz. 50 f. und bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III, Rz. 608; BAG v. 18.6.2015 – 2 AZR 256/14, NZA 2016, 287 Rz. 20 ff. mwN; v. 21.11.2013 – 2 AZR 797/11, NZA 2014, 243. 4 Der Arbeitgeber darf den Verlauf eines Strafverfahrens abwarten, bevor er Maßnahmen ergreift. Unter Berücksichtigung von § 626 Abs. 2 BGB kann er während des laufenden Verfahrens jedoch nur bei be-

Lingemann | 907

Kap. 22 M 22.6 | Beendigungskündigung Aufgrund dessen sprechen wir die außerordentliche fristlose Verdachtskündigung aus. Hilfsweise kündigen wir Ihnen aufgrund des Verdachtes ordentlich mit der vertraglichen Kündigungsfrist. [evtl.5] Der Betriebsrat hat – der außerordentlich fristlosen Verdachtskündigung zugestimmt. oder – gegen die außerordentlich fristlose Verdachtskündigung Bedenken erhoben, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. oder – der außerordentlich fristlosen Verdachtskündigung widersprochen, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. Der Betriebsrat hat ferner – der hilfsweise ordentlich fristgemäßen Verdachtskündigung zugestimmt. oder – gegen die hilfsweise ordentlich fristgemäße Verdachtskündigung Bedenken erhoben, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. oder – der hilfsweisen ordentlich fristgemäßen Verdachtskündigung widersprochen, eine Abschrift der Stellungnahme fügen wir bei. [Evtl. Freistellungserklärungen6] Wir weisen Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Sie sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist gem. den beiden vorstehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder von uns in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.7 […] (Firma) stimmten Verfahrensstufen kündigen (Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III, Rz. 629 mwN). Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens reicht danach noch nicht aus, da insofern erst ein Anfangsverdacht besteht. Die Anklageerhebung oder der Erlass eines Strafbefehls sind hingegen geeignet, die Kündigungserklärungsfrist (ggf. erneut) auszulösen. Vgl. auch Rz. 101a. 5 Eine Pflicht zur Weiterleitung der Stellungnahme des Betriebsrats besteht nur, wenn der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat (§ 102 Abs. 4 BetrVG). Unterbleibt trotzdem die Weiterleitung, hat dies aber nicht die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge (Richardi/Thüsing, § 102 BetrVG Rz. 191; LAG Köln v. 19.10.2000 – 10 Sa 342/00, MDR 2001, 517; aA Schütte, NZA 2011, 263; Düwell, NZA 1988, 866 ff.). Der Arbeitgeber macht sich jedoch uU schadensersatzpflichtig. 6 S. M 22.5 Fn. 8 ff. 7 Auch ein Unterlassen des Hinweises hat allerdings keine Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber zur Folge (vgl. Rz. 183).

908 | Lingemann

Beendigungskündigung | M 22.8 Kap. 22

M 22.7 Aufforderung zur Mitteilung außerordentlicher Kündigungsgründe Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], mit Schreiben vom […] haben Sie das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt. Wir fordern Sie auf, uns die Kündigungsgründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Dazu sind Sie nach § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB verpflichtet. […] (Firma)

M 22.8 Kündigungszurückweisung wegen fehlender Vollmachtsvorlage Firma […] z. Hd. der Geschäftsleitung (Ort, Datum) […] Sehr geehrte Damen und Herren, die Kündigung1 vom […], mir zugestellt am […], die von Herrn/Frau […] mit ppa.2/i.A. unterzeichnet3 worden ist, weise ich mangels Vorlage einer Originalvollmacht gem. § 174 BGB zurück.4 […]5 (Herr/Frau) 1 Einzelheiten Rz. 16. Wird die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Bevollmächtigten des Arbeitgebers ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde (Original) erklärt, kann der Arbeitnehmer die Kündigung gem. § 174 BGB aus diesem Grund unverzüglich zurückweisen. Bei einer Kündigung durch ein einzelvertretungsbefugtes Organmitglied oder einen Prokuristen mit Einzelprokura ist die Beifügung einer Vollmacht wegen § 15 HGB nicht erforderlich (BAG v. 11.7.1991 – 2 AZR 107/91, NZA 1992, 449), bei einem Personalleiter ist sie gleichfalls entbehrlich, selbst wenn er nur Gesamtprokura hat (BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 567/13, NZA 2015, 159, 161 Rz. 21 ff.). Eine solche Unternehmerentscheidung kann auch in Vertretung durch ein verbundenes Unternehmen iSv. § 15, 16 Abs. 1 AktG erfolgen, (BAG v. 21.5.2019 – 2 AZR 582/18, NZA 2019, 1052). 2 Einzelheiten Rz. 19–22. Die Zurückweisung ist hier möglich und sinnvoll, wenn es sich um einen Gesamtprokuristen handelt, der allein unterschrieben hat, ohne die Vollmacht des zweiten Gesamtprokuristen vorzulegen (vgl. OLG Hamm v. 26.10.1990, AnwBl 1991, 340: Vorlage einer Faxkopie der Vollmacht reicht nicht aus!). Anders, wenn der Gesamtprokurist auch Personalleiter ist (BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 567/13, NZA 2015, 159, 161 Rz. 21 ff.). 3 Der Vorlage einer Vollmachtsurkunde bedarf es nicht bei der Kündigung durch Personalabteilungsleiter (BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 567/13, NZA 2015, 159 Rz. 20 ff.; v. 29.10.1992 – 2 AZR 460/92, NZA 1993, 307; v. 30.5.1972, AP Nr. 1 zu § 174 BGB). Auf Personalsachbearbeiter ist dieser Grundsatz jedoch nicht übertragbar; vgl. Rz. 20. 4 Die Kündigung ist damit unwirksam, es sei denn, der Vollmachtgeber hatte den Arbeitnehmer (nachweisbar) von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt (§ 174 Satz 2 BGB). 5 Wichtig: Wird die gegen § 174 BGB verstoßende Kündigung durch einen Bevollmächtigten zurückgewiesen, so hat auch dieser eine Vollmachtsurkunde im Original beizufügen. Andernfalls kann auch die Zurückweisung ihrerseits nach § 174 BGB zurückgewiesen werden.

Lingemann | 909

Kap. 22 M 22.9 | Beendigungskündigung M 22.9 Unternehmerentscheidung zur betriebsbedingten Kündigung Die Unterzeichner bilden die Gesellschafterversammlung1 der […] GmbH. Unter Verzicht auf alle Formen und Fristen der Einberufung und Durchführung beschließen sie einstimmig Folgendes: Der Betrieb der […] GmbH in […] soll mit Wirkung zum […] (Stilllegungszeitpunkt) stillgelegt werden. Für diesen Betrieb werden ab sofort keine Aufträge mehr angenommen. Allen Arbeitnehmern des Betriebs soll zum nächstmöglichen Kündigungstermin gekündigt werden. Die Arbeitnehmer werden zur Abarbeitung noch vorhandener Aufträge nur noch während ihrer jeweiligen Kündigungsfristen, höchstens bis zum Stilllegungszeitpunkt, eingesetzt.2 Die Geschäftsführer der […] GmbH werden angewiesen, die dazu erforderlichen Maßnahmen durchzuführen. […] (Gesellschafter der […] GmbH) 1 Die Unternehmerentscheidung kann auch die Geschäftsführung treffen, sofern die Umsetzung gesichert ist (BGH v. 10.5.2010 – II ZR 70/09, NZA 2010, 889; BAG v. 5.2.1998 – 2 AZR 227/97, NZA 1998, 771). 2 Einer Stilllegungsentscheidung steht es nicht entgegen, die Arbeitnehmer noch während ihrer Kündigungsfrist zu beschäftigen (BAG v. 18.1.2001 – 2 AZR 514/99, NZA 2001, 719).

M 22.10

Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG

An den Betriebsrat1 z. Hd. des/der Betriebsratsvorsitzenden im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], wir beabsichtigen, Herrn/Frau […] verhaltensbedingt zu kündigen. Herr/Frau […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Eintrittsdatum in unser Unternehmen […] Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […] Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. Er/Sie erhält zurzeit eine Vergütung von Euro […] und ist als Kassierer/in tätig. Am […] haben wir von Herrn […] Folgendes erfahren2: Herr/Frau […] hat am […] einen Betrag von Euro […] zu eigenen Zwecken aus der Kasse entnommen. Wie Sie wissen, ist er/sie dazu nicht berechtigt. Wir hatten ihn/sie drei Monate vorher bereits abgemahnt, weil 1 Zu den Einzelheiten vgl. Rz. 145 ff. 2 Auch die Tatsachen, aus denen sich die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist (Einzelheiten Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III Rz. 629) ergibt, muss der Arbeitgeber in der Betriebsratsanhörung mitteilen (LAG Hessen v. 17.7.2015 – 14 Sa 977/14, juris Rz. 74; LAG Hamm, 29.5.2009 – 13 Sa 1452/08, juris; v. 19.5.2008 – 8 Sa 288/08, juris; Fiebig/Gallner/Mestwerdt/Nägele/Fiebig, § 102 BetrVG Rz. 113; krit. Hertzfeld, FA 2013, 107). Hier hat die Anhörung des Arbeitnehmers zur Verdachtskündigung die Frist ausgelöst.

910 | Lingemann

Beendigungskündigung | M 22.11 Kap. 22 er/sie damals einen Betrag von Euro […] unberechtigt aus der Kasse entnommen hatte. Die Abmahnung fügen wir als Anlage 1 bei. Herr/Frau […] hat die Pflichtverletzung eingeräumt. Da Herr/Frau […] sich die Abmahnung offenbar nicht als Warnung hat dienen lassen, ist uns ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von […] nicht mehr zumutbar. Wir beabsichtigen daher, ihm/ihr nunmehr außerordentlich3 fristlos zu kündigen. Dazu bitten wir um Ihre Zustimmung. Wir beabsichtigen ferner, ihm/ihr hilfsweise auch ordentlich fristgemäß zu kündigen mit gesetzlicher Kündigungsfrist von […], somit zum […].4 Auch dazu bitten wir um Ihre Zustimmung. […] (Unterschrift) 3 Zwingend ist die Angabe, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung beabsichtigt ist. 4 Bei Ausspruch einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist in der Kündigung nicht angeben (BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117). Gleichwohl wird man sie in der Betriebsratsanhörung zu der außerordentlichen sowie hilfsweise ordentlichen Kündigung wohl weiterhin angeben müssen, zumal die Länge der Kündigungsfrist bei der Frage, ob die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB wirksam ist, eine wesentliche Rolle spielt.

M 22.11

Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlich fristlosen sowie hilfsweise ordentlich fristgemäßen Verdachtskündigung gem. § 102 BetrVG

An den Betriebsrat1, 2 z. Hd. der/des Betriebsratsvorsitzenden im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], wir beabsichtigen, gegenüber Herrn […] eine außerordentliche3 fristlose sowie hilfsweise ordentliche fristgemäße Verdachtskündigung4 auszusprechen. Herr […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Eintrittsdatum in unser Unternehmen […] Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […]

1 Der zentrale Unterschied zur Anhörung des Betriebsrates bei einer Tatkündigung besteht darin, dass zwingend dem Betriebsrat auch von der Anhörung des Arbeitnehmers zu dem kündigungsbegründenden Verdacht zu berichten ist (s. Rz. 101d). 2 Zur entsprechenden Kündigung s. M 22.6. 3 Zwingend ist die Angabe, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung beabsichtigt ist. 4 Das Muster befasst sich nur mit der Anhörung zur Verdachtskündigung. Man könnte auch noch vorschalten die Anhörung zu einer Tatkündigung, und nur hilfsweise zur Verdachtskündigung anhören. Die Verdachtskündigung kann vom Arbeitsgericht jedoch in eine Tatkündigung umgedeutet werden, wenn sich der Verdacht im Prozess erhärtet und die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers feststeht, sofern der Arbeitgeber den Betriebsrat von den Umständen unterrichtet hat, welche die Tat begründen (BAG v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227). Entscheidend ist daher, dass die Betriebsratsanhörung alle Fakten mitteilt, die auch für eine Tatkündigung von Bedeutung sein können.

Lingemann | 911

Kap. 22 M 22.11 | Beendigungskündigung Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. Er erhält zurzeit eine Vergütung von Euro […] und ist als Kassierer tätig. Am […] erhielten wir von Frau […] den Hinweis, dass Herr […] am […] als Kassierer Beträge zu eigenen Zwecken aus der Kasse unserer Filiale in […] entnommen habe.5 Wie Sie wissen, haben wir mit Zustimmung des Betriebsrates zur Aufklärung der Ursache erheblicher Kassenfehlbestände Videokameras im Verkaufsbereich installiert.6 Die Auswertung des Videomaterials erfolgte am […] im Beisein des/der Betriebsratsvorsitzenden und belegt, dass Herr […] sich mehrmals in auffälliger Weise mit dem Rücken zur Videokamera über die geöffnete Kasse gebeugt hat. Am Abend wies die Kasse einen Fehlbestand von Euro […] auf. Die weitere Kassiererin, die an diesem Tag an der Kasse tätig war, Frau […], legte kein solches Verhalten an den Tag, sie konnte lückenlos beobachtet werden und hat ausweislich der Videoaufnahme keine Gelder für sich entnommen. Damit besteht der dringende Verdacht gegen Herrn […], am […] Gelder aus der Kasse für sich entnommen zu haben. Dazu bestand keine Berechtigung. Am […]7 haben wir Herrn […] im Beisein des/der Betriebsratsvorsitzenden zu den Vorwürfen angehört8 und ihm im Rahmen der Anhörung auch die Videoaufnahme gezeigt. Das Protokoll seiner Anhörung fügen wir als Anlage 1 bei. Er bestreitet die Tat. Er räumte zwar ein, dass er wisse, dass es die Videokamera gebe, sein Verhalten habe aber nicht dazu gedient, die Entnahme von Geldern zu verdecken; zudem sei noch Frau […] an dieser Kasse tätig gewesen. Das halten wir aufgrund der Videoaufnahme nicht für stichhaltig, zumal Herr […] nicht erklären konnte, warum er sich wie geschildert verhalten hat. Der dringende Verdacht ist damit in keiner Weise erschüttert. Auch die Staatsanwaltschaft hat am […] Anklage gegen Herrn […] erhoben und geht somit von einem hinreichenden Tatverdacht aus.9 Damit besteht der dringende Verdacht, dass Herr […] an den genannten Tagen die Gelder aus der Kasse zu eigenen Zwecken entnommen hat. Eine Abmahnung halten wir nicht für erforderlich, da das Vertrauen in Herrn […], als Kassierer mit dem ihm anvertrauten Geld in gewissenhafter Weise umzugehen, nachhaltig erschüttert und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts dieses schweren Verdachts ausgeschlossen ist.10 Ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist von […] zum Monatsende ist uns nicht mehr zumutbar. Daher beabsichtigen wir, ihm außerordentlich11 fristlos sowie hilfsweise ordentlich frist5 Die Tatsachen, die den Verdacht begründen, und die Tatsachen, aus denen sich die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB (Einzelheiten Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III, Rz. 629) ergibt, muss der Arbeitgeber in der Betriebsratsanhörung mitteilen (LAG Hessen v. 17.7.2015 – 14 Sa 977/ 14, juris Rz. 74; LAG Hamm v. 29.5.2009 – 13 Sa 1452/08, FD-ArbR 2009, 293260; LAG Hamm v. 19.5.2008 – 8 Sa 288/08, juris; Fiebig/Gallner/Mestwerdt/Nägele/Fiebig, § 102 BetrVG Rz. 113; krit. Hertzfeld, FA 2013, 107). Hier hat die Anhörung des Arbeitnehmers zur Verdachtskündigung die Frist ausgelöst. 6 Eine Videoüberwachung von Mitarbeitern ist auch bei konkreten Verdachtsmomenten nur unter strengen Voraussetzungen zulässig (Einzelheiten s. Rz. 54). 7 S. M 22.11 Fn. 5. 8 Die Anhörung des zu kündigenden Arbeitnehmers zu einer außerordentlichen Verdachtskündigung muss in der Regel innerhalb einer Woche erfolgen (BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1037/12, NZA 2014, 1015; v. 27.1.2011 – 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798; v. 2.3.2006 – 2 AZR 46/05, NZA 2006, 1211; v. 10.6.1988 – 2 AZR 25/88, DB 1989, 282; v. 6.7.1972, DB 1972, 2119; vgl. Rz. 101c). Der Betriebsrat muss nach der Anhörung des Arbeitnehmers, aber vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Wird der Betriebsrat nicht nur zur außerordentlichen Kündigung, sondern auch zur hilfsweise ordentlichen Kündigung angehört, gelten unterschiedliche Stellungnahmefristen (Wochenfrist bei der ordentlichen Kündigung nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und Drei-Tage-Frist bei der außerordentlichen Kündigung nach § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Zum Ganzen Lembke, RdA 2013, 82, 91 f. 9 Der Arbeitgeber darf den Verlauf eines Strafverfahrens abwarten, bevor er Maßnahmen ergreift. Unter Berücksichtigung von § 626 Abs. 2 BGB kann er während des laufenden Verfahrens jedoch nur bei bestimmten Verfahrensstufen kündigen (weitere Einzelheiten bei Lingemann, Kündigungsschutz, Teil III, Rz. 629 mwN). Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens reicht dazu noch nicht aus, da insofern erst ein Anfangsverdacht besteht. Die Erhebung der öffentlichen Klage oder der Erlass eines Strafbefehls sind hingegen geeignet, die Kündigungserklärungsfrist (ggf. erneut) auszulösen (vgl. auch Rz. 101c ff., 153 ff.). 10 Vgl. BAG v. 25.10.2012 – 2 AZR 495/11, NZA 2013, 319 zur Entbehrlichkeit der Abmahnung bei der Tatkündigung, ferner Rz. 59. 11 Zwingend ist die Angabe, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung beabsichtigt ist.

912 | Lingemann

Beendigungskündigung | M 22.12 Kap. 22 gemäß mit der vertraglichen Kündigungsfrist von […] zum Monatsende, somit zum […]12 zu kündigen. Dazu bitten wir um Ihre Zustimmung. […] (Unterschrift) 12 Bei Ausspruch einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Kündigungsfrist in der Kündigung nicht angeben (BAG v. 20.1.2016 – 6 AZR 782/14, NJW 2016, 1117). Gleichwohl wird man sie in der Betriebsratsanhörung zu der außerordentlichen sowie hilfsweise ordentlichen Kündigung wohl weiterhin angeben müssen, zumal die Länge der Kündigungsfrist bei der Frage, ob die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB wirksam ist, eine wesentliche Rolle spielt.

M 22.12

Anhörung des Betriebsrats zur ordentlich fristgemäßen personenbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG

An den Betriebsrat1 z. Hd. des/der Betriebsratsvorsitzenden im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], wir beabsichtigen, Herrn/Frau […] personenbedingt ordentlich mit gesetzlicher Kündigungsfrist von […] Monaten zum Monatsende, somit zum […], zu kündigen. Herr/Frau […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Eintrittsdatum in unser Unternehmen […] Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […] Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. Er/Sie erhält zurzeit eine Vergütung von Euro […] und ist tätig als […] in der Abteilung […] Herr/Frau […] wies in den vergangenen drei Jahren die in der Anlage 1 aufgeführten Krankheitszeiten auf. Daraus ersehen Sie, dass er/sie in allen drei Jahren durch zahlreiche Kurzerkrankungen jeweils mehr als zwei Monate pro Jahr arbeitsunfähig krankgeschrieben war. Die Ursachen der Erkrankungen sind uns nicht bekannt. Aufgrund der Erkrankungen in der Vergangenheit gehen wir davon aus, dass Herr/Frau […] auch in Zukunft in vergleichbarem Umfang krank sein wird. Wir haben in der Anlage 1 gleichzeitig angegeben, für welche der Krankheitszeiten wir in welcher Höhe Entgeltfortzahlung geleistet haben. Daraus ersehen Sie, dass Herr/Frau […] für sämtliche Krankheitszeiten Entgeltfortzahlung von uns erhalten hat. Dies ist eine wirtschaftliche Belastung, die uns künftig nicht mehr zumutbar ist. Alternativ oder kumulativ zum vorstehenden Absatz: Herr/Frau […] ist Linienführer im Bereich […] Durch die häufigen Kurzerkrankungen entstehen Produktionsausfälle im Umfang von […] Stunden bei Anlaufen der Schicht. Diese Zeit ist erforderlich, um einen Vertreter als Linienführer einzusetzen. Gleichzeitig entstehen erhebliche Mehrkosten durch die Mehrarbeit, die die Vertreter jeweils erbringen müssen.2 Diese erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen sind uns künftig (gleichfalls) nicht mehr zumutbar. 1 Vgl. Rz. 101. 2 Alternativ zu den erheblichen wirtschaftlichen Belastungen durch Entgeltfortzahlungskosten (dazu Rz. 84 ff.) können die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen auch durch Betriebsablaufstörungen

Lingemann | 913

Kap. 22 M 22.12 | Beendigungskündigung Uns sind keine Gesichtspunkte bekannt, die eine besondere Schutzwürdigkeit von Herrn/Frau […] im Rahmen einer Interessenabwägung begründen könnten. Weder weist er/sie eine besonders lange Betriebszugehörigkeit auf, noch außergewöhnliche Unterhaltspflichten, noch gab es jemals einen längeren ungestörten Verlauf des Arbeitsverhältnisses. Insoweit ersehen Sie aus der Anlage 1 gleichfalls, dass Herr/Frau […] seit Beginn des Arbeitsverhältnisses in jedem Jahr mehrere Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben war, wenn auch nicht im selben Umfang wie in den vergangenen drei Jahren.3 Wie Sie wissen, haben wir mit Ihrer Beteiligung ferner ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt. In dessen Rahmen haben sich keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten und keine Möglichkeiten zur leidensgerechten Anpassung des Arbeitsplatzes ergeben, mit denen die jetzt beabsichtigte Kündigung vermieden werden könnte.4 oder Wir haben Herrn/Frau […] mit dem als Anlage 2 beigefügten Schreiben5 die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements angeboten6, Herr/Frau […] hat dies jedoch mit dem als Anlage 3 beigefügten Schreiben abgelehnt.7 Wir bitten Sie, der beabsichtigten Kündigung zuzustimmen. […] (Unterschrift)

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dargelegt werden. An diese Darlegungen sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Es ist zweifelhaft, ob die Angaben in der Betriebsratsanhörung alleine eine darauf gestützte Kündigung tragen würden. Die Betriebsablaufstörungen sind umfassend darzulegen. Zu empfehlen ist immer auch, die Entgeltfortzahlungskosten aufzunehmen und darauf – sofern die Höhe eine Kündigung rechtfertigt – die Kündigung auch in erster Linie zu stützen. Vgl. Rz. 84. S. Rz. 78 ff. m. Anm.; vgl. BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 1979, Rz. 25. Hat kein bEM stattgefunden, ist die Darlegungslast des Arbeitgebers deutlich erweitert. Er muss dann im Kündigungsschutzprozess insb. darlegen, warum ein bEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten, also letztlich nutzlos gewesen wäre (BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 1979 Rz. 39). Daran sollte sich die Betriebsratsanhörung orientieren. S. M 15.5. Die Initiativlast liegt beim Arbeitgeber. Kommt es darauf an, ob er eine solche Initiative ergriffen hat, kann davon nur ausgegangen werden, wenn er den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM sowie Art und Umfang der dabei erhobenen Daten hingewiesen hat. Der Hinweis erfordert eine Darstellung der Ziele, die inhaltlich über eine bloße Bezugnahme auf die Vorschrift des § 167 Abs. 2 SGB IX hinausgeht. Zu diesen Zielen zählt die Klärung, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie das Arbeitsverhältnis erhalten werden kann. Dem Arbeitnehmer muss verdeutlich werden, dass es um die Grundlagen seiner Weiterbeschäftigung geht und dazu ein ergebnisoffenes Verfahren durchgeführt werden soll, in das auch er Vorschläge einbringen kann. Daneben ist ein Hinweis zur Datenerhebung und Datenverwendung erforderlich, der klarstellt, dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienendes bEM durchführen zu können. Dem Arbeitnehmer muss mitgeteilt werden, welche Krankheitsdaten – als sensible Daten iSv. Art. 9 DSGVO – erhoben und gespeichert und inwieweit und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. Nur bei entsprechender Unterrichtung kann vom Versuch der ordnungsgemäßen Durchführung eines bEM die Rede sein (BAG v. 20.11.2014, NZA 2015, 1979, Rz. 32). Diese Ausführungen des BAG sprechen dafür, dass diese Angaben schon in dem Angebot enthalten sein müssen. S. M 15.5.

914 | Lingemann

Beendigungskündigung | M 22.13 Kap. 22

M 22.13

Anhörung des Betriebsrats zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Kündigung gem. § 102 BetrVG

An den Betriebsrat1 z. Hd. des/der Betriebsratsvorsitzenden im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], wir beabsichtigen, Herrn/Frau […] betriebsbedingt ordentlich mit gesetzlicher Kündigungsfrist von […] Monaten zum Monatsende, somit zum […] zu kündigen. Herr/Frau […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Eintrittsdatum in unser Unternehmen […] Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […] Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. Er/Sie erhält zurzeit eine Vergütung von Euro […] und ist tätig als […] in der Abteilung […] Mit Beschluss vom […] hat die Gesellschafterversammlung entschieden, die Abteilung […] zum […] stillzulegen. Aufgrund dessen fällt der dortige Arbeitsplatz von Herrn/Frau […] zum […] weg. Wir haben die Sozialauswahl gem. anliegender Liste betriebsweit durchgeführt.2 Aus der Liste ersehen Sie die einbezogenen vergleichbaren Arbeitnehmer und deren Sozialdaten. Wir haben die Arbeitnehmer in der Reihenfolge ihrer sozialen Schutzbedürftigkeit geordnet. Damit ist Herr/Frau […] nach Herrn A am wenigsten sozial schutzbedürftig, da er/sie die kürzeste Betriebszugehörigkeit, das geringste Alter und keine Unterhaltspflichten hat. Nur Herr A ist zwar noch weniger sozial schutzbedürftig. Da er aber als Einziger über die für unser Unternehmen unabdingbaren Kenntnisse des Betriebssystems für unsere Buchhaltungssoftware verfügt, die er selbst installiert hat, ist er nach unserer Auffassung mit den anderen Arbeitnehmern schon nicht sozial vergleichbar. Wir können auf seine Weiterarbeit unter keinen Umständen verzichten. Er war daher jedenfalls nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG von der Sozialauswahl auszunehmen.3 Einen anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen gibt es nicht.4 Wir bitten Sie, der beabsichtigten Kündigung zuzustimmen. […] (Unterschrift) 1 Vgl. Rz. 139 f. 2 Auch wenn der Arbeitnehmer gem. § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG die Beweislast für die fehlerhafte Sozialauswahl trägt, muss der Arbeitgeber dazu in der Betriebsratsanhörung schon Stellung nehmen (BAG v. 17.1. 2008 – 2 AZR 405/06, DB 2008, 1688), Einzelheiten vgl. Rz. 135. 3 Soweit eine Herausnahme aus der Sozialauswahl beabsichtigt ist, muss diese gegenüber dem Betriebsrat offengelegt und auch erläutert werden. Die Herausnahme ist allerdings stets mit erheblichen Risiken verbunden; vgl. Rz. 134. 4 Es ist nicht sicher, ob auch Angaben zur fehlenden anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit – Rz. 113 ff. – in die Betriebsratsanhörung aufgenommen werden müssen; jedenfalls ist dies der Fall, wenn der Betriebsrat vor der Anhörung bereits auf konkrete anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten hingewiesen hatte (Einzelheiten vgl. Rz. 140). Die vorsorgliche Aufnahme ist zu empfehlen.

Lingemann | 915

Kap. 22 M 22.14 | Beendigungskündigung

M 22.14

Anhörung des Betriebsrates zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Änderungskündigung sowie alternativ zur ordentlich fristgemäßen betriebsbedingten Beendigungskündigung gem. § 102 BetrVG

An den Betriebsrat1, 2 z. Hd. des/der Betriebsratsvorsitzenden im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], Im Zuge der geplanten Maßnahmen zur Veräußerung des Betriebes an X (im Folgenden: „Erwerber“) und Verlagerung des Betriebes nach B beabsichtigen wir, Herrn/Frau […] die ordentliche fristgemäße betriebsbedingte Änderungskündigung seines/ihres durch Betriebsteilübergang auf den Erwerber übergehenden Arbeitsverhältnisses auszusprechen. Sollte Herr/Frau […] dem Übergang seines/ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber im Laufe der Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wirksam widersprechen, werden wir statt der Änderungskündigung eine ordentliche fristgemäße betriebsbedingte Beendigungskündigung aussprechen müssen. Zu diesen Kündigungen hören wir Sie hiermit an. Herr/Frau […] hat folgende Sozialdaten: Alter […] Eintrittsdatum in unser Unternehmen […] Betriebszugehörigkeit […] Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder […] Schwerbehinderung […] Anhaltspunkte für eine sonstige soziale Schutzbedürftigkeit haben wir nicht. Er/Sie erhält zurzeit eine Vergütung von Euro […] und ist tätig als […] in der Abteilung […] Ein Widerspruch von Herrn/Frau […] gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses liegt bis jetzt nicht vor. Die Widerspruchsfrist ist jedoch noch nicht abgelaufen und es besteht noch die Möglichkeit des Widerspruchs. Es ist derzeit nicht absehbar, ob ein Widerspruch erfolgen wird. Das weitere Vorgehen bestimmt sich daher in Abhängigkeit davon, ob Herr/Frau dem Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge des Betriebsübergang widerspricht oder nicht, wie folgt: – Widerspricht Herr/Frau […] dem Übergang seines/ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber im Laufe der Widerspruchsfrist nicht, geht sein/ihr Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsübergang am […] auf den Erwerber über. Da der Erwerber seinen Sitz in B hat, beabsichtigen wir in diesem Falle, am […] eine ordentliche fristgemäße betriebsbedingte Änderungskündigung gem. anliegendem Entwurf3 zur Fortführung der Tätigkeit in B zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen auszusprechen.4 – Widerspricht Herr/Frau dem Übergang seines/ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber im Laufe der Widerspruchsfrist, beabsichtigen wir, Herrn/Frau […] betriebsbedingt ordentlich mit gesetzlicher Kündigungsfrist von […] Monaten zum Monatsende, somit zum […] zu kündigen. Infolge der geplanten 1 Vgl. Rz. 141 f. Folgender Sachverhalt liegt dem Muster zugrunde (vgl. BAG v. 22.4.2010, NZA-RR 2010, 583): Der Betrieb des Veräußerers geht auf einen Erwerber an einem anderen Ort nach § 613a BGB über. Beim Veräußerer verbleibt kein Betrieb oder Betriebsteil. Der Arbeitgeber beabsichtigt daher, (1) für den Fall, dass der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang nicht widerspricht, ihm eine Änderungskündigung, gerichtet auf die Aufnahme der Tätigkeit beim Erwerber an einem anderen Ort, auszusprechen, und (2) für den Fall, dass er widerspricht, eine Beendigungskündigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes beim Veräußerer. Die Anhörung betrifft beide Kündigungen. 2 Vgl. Rz. 141 f. 3 Vgl. M 20.1. 4 Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Änderungskündigung wegen des Übergangs des Betriebes erfolgt und deshalb gem. § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist. Vgl. Kap. 60 Rz. 64 f.

916 | Lingemann

Beendigungskündigung | M 22.15 Kap. 22 Maßnahmen fällt der Arbeitsplatz von Herrn/Frau […] in A weg. Da der Betrieb in A nicht fortgeführt wird, ist auch eine Sozialauswahl nicht durchzuführen. Unser Unternehmen hat keine weiteren Betriebe, daher besteht auch kein anderweitiger freier Arbeitsplatz, auf dem Herr/Frau […] eingesetzt werden könnte.5 Wir bitten Sie, den beabsichtigten Kündigungen zuzustimmen.6 […] (Unterschrift) 5 Es ist nicht sicher, ob auch Angaben zur fehlenden anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit in die Betriebsratsanhörung aufgenommen werden müssen; jedenfalls ist dies der Fall, wenn der Betriebsrat vor der Anhörung bereits auf konkrete anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten hingewiesen hatte (Einzelheiten vgl. Rz. 135). Die vorsorgliche Aufnahme ist zu empfehlen. 6 Der Anhörung sollte zweckmäßigerweise der Antrag auf Zustimmung nach § 99 BetrVG beigefügt werden (so auch im Fall BAG v. 22.3.2010, NZA-RR 2010, 583, vgl. Sachverhalt im Berufungsurteil LAG Hamburg v. 24.7.2008 – 7 Sa 33/08); vgl. M 20.4.

M 22.15

Stellungnahme des Betriebsrats zu einem Anhörungsschreiben

An die Geschäftsführung z.Hd. von Frau/Herrn […] im Hause Sehr geehrte(r) Frau/Herr […], Ihr Anhörungsschreiben vom […] liegt uns vor. Wir teilen dazu Folgendes mit: – Zu dem Anhörungsschreiben nehmen wir nicht weiter Stellung.1 oder – Der beabsichtigten Kündigung stimmen wir ausdrücklich und vorbehaltlos zu.2 oder – Gegen die beabsichtigten Kündigung haben wir folgende Bedenken: […].3 oder – Der beabsichtigten Kündigung widersprechen wir aus folgenden Gründen: […].4

1 Diese Formulierung kann Anhaltspunkt für eine abschließende, das Anhörungsverfahren vorzeitig beendende Stellungnahme des Betriebsrats sein, die eine vorzeitige Kündigung vor Ablauf der gesetzlichen Frist gem. § 102 Abs. 2 Satz 1 bzw. 3 BetrVG ermöglicht. Eine vorzeitig beendende Stellungnahme kann allerdings nur angenommen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände feststeht, dass der Betriebsrat sich innerhalb der Frist keinesfalls noch einmal äußern wird (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, NZA 2016, 1140; ausführlich dazu Rz. 40). Häufig wird es schwierig zu bestimmen sein, ob die Stellungnahme des Betriebsrats endgültig ist. Es empfiehlt sich daher, wie am Ende dieses Musters, in der Stellungnahme ein Ankreuzfeld aufzunehmen, in dem der Betriebsrat seinen Willen dazu unmissverständlich äußert. 2 Die Formulierung „ausdrücklich und vorbehaltlos“ deutet zwar auf eine endgültige Stellungnahme hin (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, NZA 2016, 1140 Rz. 26), sicherer ist jedoch die Verwendung des Ankreuzfeldes am Endes des Musters. 3 Die Äußerung von Bedenken hat im Gegensatz zum form- und fristgerecht eingelegten Widerspruch keine Rechtsfolgen. 4 Widerspricht der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß, so kann der Arbeitgeber die beabsichtigte Kündigung zwar aussprechen, der Arbeitnehmer hat aber bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 BetrVG einen Weiterbeschäftigungsanspruch bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren. Ein Widerspruch kann ausnahmsweise auch gegen eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist erfolgen, wenn der Arbeitnehmer tariflich oder vertraglich ordentlich unkündbar ist, vgl. BAG v. 5.2.1998 – 2 AZR 227/97, NZA 1998, 77. Der Widerspruch muss in Schriftform und unter Angabe von Gründen aus dem abschließenden Katalog des § 102 Abs. 3 BetrVG

Lingemann | 917

Kap. 22 M 22.15 | Beendigungskündigung Bitte ankreuzen:5

□ Dies ist eine abschließende Stellungnahme. □ Dies ist keine abschließende Stellungnahme. […]

(Unterschrift)6 erfolgen. Das Vorliegen eines Widerspruchsgrundes muss schlüssig begründet und auf konkrete, auf den Einzelfall bezogene Argumente gestützt werden, vgl. BAG v. 17.6.1999 – 2 AZR 608/98, NZA 1999, 1154. Der Arbeitgeber kann sich gegen ein Weiterbeschäftigungsverlangen wehren, indem er einen Antrag auf einstweilige Verfügung gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG stellt, die ihn von der Weiterbeschäftigungspflicht entbindet. 5 Hat der Betriebsrat das erste Kästchen angekreuzt, so kann der Arbeitgeber die Kündigung vor Auslauf der Frist nach § 102 Abs. 2 Satz 1 bzw. 3 BetrVG aussprechen. Hat er das zweite Kästchen angekreuzt, kann der Arbeitgeber die Kündigung erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist aussprechen. Wenn der Betriebsrat keines der beiden Kästchen angekreuzt hat, muss der Arbeitgeber, wenn er vor Fristablauf kündigen möchte, beim Betriebsratsvorsitzenden nachfragen und um Klarstellung darüber bitten, ob der Betriebsrat sich vor Ablauf der Frist noch einmal äußern möchte (BAG v. 25.5.2016 – 2 AZR 345/15, NZA 2016, 1140; ausführlich dazu Rz. 40). 6 Der Widerspruch nach § 102 Abs. 3 BetrVG muss schriftlich erfolgen, s. M 22.15 Fn. 3. Nach wohl hM ist hier § 126 BGB nicht maßgeblich, so dass es entsprechend der Rspr. des BAG zu § 99 Abs. 3 BetrVG (vgl. BAG 11.6.2002 – 1 ABR 43/01, NZA 2003, 226) keiner eigenhändigen Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden bedarf, sondern eine (Fern-)Kopie ausreicht, vgl. Richardi/Thüsing, § 102 BetrVG Rz. 189 mwN; aA GK/ Raab, § 102 BetrVG Rz. 112.

M 22.16

Kündigungsschutzklage mit Weiterbeschäftigungsantrag

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen:2 1 S. M 101.1 und M 101.2. Wichtig: Wird im Kündigungsschutzprozess irrtümlich eine Gesellschaft verklagt, die tatsächlich nicht Vertragsarbeitgeber ist (was insb. bei verschachtelten Konzernverhältnissen mit ähnlich klingenden Konzernunternehmen schnell vorkommt), kommt regelmäßig eine einfache Berichtigung des Rubrums nicht in Betracht (obwohl hier in der Praxis die Arbeitsgerichte sehr großzügig sind), sondern es muss die Klage zurückgenommen und neu gegen den richtigen Arbeitgeber erhoben werden. Wegen der Drei-Wochen-Frist der §§ 4, 7 KSchG ist das dann aber oft nicht mehr möglich. Schützen kann sich der Arbeitnehmer zum einen dadurch, dass er vorsorglich Arbeitsvertrag und Kündigungsschreiben der Klage beifügt (s. M 22.16 Fn. 9). Bestehen dagegen schon bei Klageerhebung Zweifel darüber, wer der richtige Arbeitgeber ist, sollten vorsorglich alle in Betracht kommenden Unternehmen gemeinsam verklagt werden. Zeigt sich dann im Laufe des Verfahrens, wer der richtige Arbeitgeber ist, können die Klagen gegen die übrigen Unternehmen ohne große Kostennachteile (§ 12a ArbGG) zurückgenommen werden (zum Sonderproblem der GbR s. auch M 101.2 Fn. 9). 2 Zu den Vor- und Nachteilen der Verbindung der Kündigungsschutzklage mit der Klage auf (rückständige oder künftige) Vergütung s. die Erläuterungen zu M 22.26 Fn. 5 u. 6. Wichtig: Eine Klageerhebung unter der Bedingung, dass dem Kl. Prozesskostenhilfe gewährt wird, ist unzulässig und führt gem. §§ 4, 7 KSchG zur Verfristung.

918 | Lingemann und Diller

Beendigungskündigung | M 22.16 Kap. 22 1. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom […] nicht zum […] endet.3 2. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den […] hinaus fortbesteht.4 3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Abteilungsleiter im Vertrieb im Werk […] weiter zu beschäftigen.5, 6 3 Nach st. Rspr. des BAG gilt für Kündigungsschutzklagen nach § 4 KSchG die Theorie des „punktuellen Streitgegenstands“ (seit BAG v. 13.11.1958, AP Nr. 17 zu § 3 KSchG; wN bei KR/Friedrich, § 4 KSchG Rz. 225 ff.; ausf. Stahlhacke, FS Wlotzke, 1996, S. 173 ff.). Streitgegenstand ist grundsätzlich nur die Auflösung bzw. Nichtauflösung des Arbeitsverhältnisses gerade durch die angegriffene Kündigung und zu dem in ihr vorgesehenen Termin. Streitgegenstand ist dagegen nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BAG v. 13.11.1958, AP Nr. 17 zu § 3 KSchG 1951; v. 12.6.1986 – 2 AZR 426/85, NZA 1987, 273; aus der Literatur statt aller KR/Friedrich, § 4 KSchG Rz. 225 ff. mwN zur Gegenmeinung). Deshalb darf sich der Klageantrag im Kündigungsschutzverfahren nicht darauf beschränken, dass festgestellt werden soll, dass „das Arbeitsverhältnis noch ungekündigt weiterbesteht“ oÄ. Aus der Theorie vom „punktuellen Streitgegenstand“ folgt weiter, dass spätere weitere Kündigungen vom ursprünglichen punktuellen Klageantrag nach § 4 KSchG nicht erfasst werden, sondern gesondert angegriffen werden müssen. Werden derartige Kündigungen erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist entdeckt, sind sie nach § 7 KSchG nicht mehr wegen Verstoßes gegen das KSchG angreifbar. Um dieses Risiko auszuschalten, wurde der „allgemeine Feststellungsantrag“ entwickelt. Man beantragte nicht nur die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die konkret angegriffene Kündigung nicht aufgelöst wird, sondern fügte diesem Antrag noch die Floskel „sondern zu unveränderten Bedingungen über den … hinaus fortbesteht“ an. Nach langem Schwanken entschied der 2. Senat des BAG mit Urteil v. 21.1.1988 – 2 AZR 581/86, NZA 1988, 651, diese Floskel enthalte eine selbständige allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO. Mit dieser Klage seien automatisch weitere Kündigungen erfasst, die der Arbeitgeber bis zur letzten mündlichen Verhandlung ausspreche, und zwar unabhängig davon, wann sie in den Prozess eingeführt würden (sog. „Schleppnetztheorie“, BAG v. 21.1.1988, NZA 1988, 651; v. 16.8.1990 – 2 AZR 113/90, NZA 1991, 141; v. 27.1.1994 – 2 AZR 484/93, NZA 1994, 812). In seinem Urteil v. 27.1.1994, NZA 1994, 812, entschied dann allerdings das BAG, es müsse sorgfältig im Einzelfall geprüft werden, ob mit der Floskel tatsächlich eine selbständige allgemeine Feststellungsklage erhoben sei. Noch restriktiver zeigte sich wenige Wochen später der 8. Senat in seiner Entscheidung v. 16.3.1994 – 8 AZR 97/93, NZA 1994, 860. Mittlerweile (BAG v. 26.9.2013 – 2 AZR 682/12, NZA 2014, 443) hat das BAG sogar die ausschließliche Stellung eines Feststellungsantrags ausreichen lassen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. In der Praxis sollten bis auf Weiteres im Kündigungsschutzprozess stets zwei getrennte Anträge gestellt werden, nämlich zum einen der punktuelle Klageantrag nach § 4 KSchG (hier Ziff. 1), und daneben der allgemeine Feststellungsantrag (mit entsprechender Begründung!) nach § 256 ZPO (hier Ziff. 2; vgl. auch unten M 22.16 Fn. 5, M 22.16 Fn. 6, M 22.16 Fn. 13). 4 Nach richtiger Auffassung erhöht der „Schleppnetz-Antrag“ den Streitwert des § 42 Abs. 2 GKG jedenfalls dann nicht, wenn er nur vorsorglich gestellt war und zwischen den Parteien keine weiteren Beendigungstatbestände streitig waren (LAG Rh.-Pf. v. 22.5.2009, AE 2009, Nr. 415). 5 Praxistipp: Nach der Rspr. des Großen Senats des BAG (v. 27.2.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) kann der Arbeitnehmer auch nach Ablauf der Kündigungsfrist Weiterbeschäftigung verlangen, wenn er in der ersten Instanz mit seiner Kündigungsschutzklage obsiegt. Der Antrag sollte stets bereits in der Klageschrift gestellt werden, weil nur dann bei Säumnis des Arbeitgebers in der Güteverhandlung ein Versäumnisurteil auf Weiterbeschäftigung beantragt werden kann. Allerdings ist die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung bei frühzeitiger Antragstellung fraglich. Häufig wird empfohlen, den Weiterbeschäftigungsantrag nur als unechten Hilfsantrag zu stellen, also nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag Ziff. 1. Das ist zulässig, hat aber regelmäßig keine Kostenvorteile. 6 Wichtig: Im Weiterbeschäftigungsantrag müssen stets die Art der Tätigkeit, die Bedingungen sowie der Arbeitsort angegeben werden, da ansonsten die Vollstreckbarkeit mangels hinreichender Bestimmtheit des Titels fehlen kann (ausf. BAG v. 15.4.2009 – 3 AZB 93/08, NZA 2009, 917). Die in der Praxis verbreiteten Anträge auf Weiterbeschäftigung „zu unveränderten Arbeitsbedingungen gem. Arbeitsvertrag“ sind zu unbestimmt und damit nicht vollstreckbar (BAG v. 27.5.2015 – 5 AZR 88/14, NZA 2015, 1053). Auf den Inhalt des Arbeitsvertrages kann nur verwiesen werden, wenn sich dessen Inhalt aus Tatbestand oder Entscheidungsgründen des Urteils ergibt. Dass das Urteil lediglich auf den Arbeitsvertrag verweist, reicht nicht. Zwar müssen sich aus dem Urteil nicht alle Details der Tätigkeit ergeben, schon weil der Arbeitnehmer wegen des Weisungsrechts des Arbeitgebers (§ 106 GewO) keinen Anspruch auf eine genau be-

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Kap. 22 M 22.16 | Beendigungskündigung Begründung: Die Bekl. ist ein Unternehmen, das vor allem in der […]-Verarbeitung tätig ist. Sie beschäftigt ständig mehr als zehn Arbeitnehmer.7 Der Kl. ist seit dem […] bei der Beklagten als Abteilungsleiter im Vertrieb im Werk […] tätig. Grundlage der Tätigkeit ist der Dienstvertrag vom […] (Anlage K 1). Die Gesamtbezüge des Kl. beliefen sich zuletzt auf ca. Euro […] p.a.8 Dem Kl. wurde am […] vom Personalleiter eine Kündigung zum […] ausgehändigt.9 Beweis: Kündigungsschreiben vom […], Anlage K 2. Kündigungsgründe gem. § 1 KSchG liegen offensichtlich nicht vor.10 Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bzw. des Sprecherausschusses wird mit Nichtwissen bestritten.11 Die Bekl. mag dazu vortragen. Der Klageantrag Ziff. 2 beinhaltet eine selbständige allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO.12 Dem Kl. sind zwar derzeit keine anderen möglichen Beendigungstatbestände außer der mit dem Klageantrag Ziff. 1 angegriffenen Kündigung bekannt. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Bekl. im Verlauf des Verfahrens weitere Kündigungen ausspricht. Es wird deshalb mit dem Klageantrag Ziff. 2 die Feststellung begehrt, dass das Anstellungsverhältnis auch durch solche weiteren Kündigungen nicht beendet wird. Der Klageantrag Ziff. 3 wird im Hinblick auf die Rechtsprechung des Großen Senats des BAG (v. 27.2.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) gestellt. […] (Unterschrift)13

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stimmte Tätigkeit haben kann. Das „Berufsbild“ muss sich jedoch nach Auffassung des BAG (a.a.O.) aus dem Klageantrag ergeben. Bedenken hatte das BAG auch wegen des Zusatzes „zu unveränderten Arbeitsbedingungen“. Dies könne einer Bezugnahme auf den Arbeitsvertrag widersprechen und zur Unbestimmtheit (und damit Unzulässigkeit) führen, vor allem wenn unstreitig der bisherige Arbeitsplatz weggefallen sei. Die Vollstreckung erfolgt nach § 888 ZPO (s. M 108.7). Je nach Art und Größe des (möglicherweise gerichtsbekannten) Unternehmens mag es unnötig erscheinen, zur Überschreitung des Schwellenwerts nach § 23 KSchG vorzutragen. Fehlt der Vortrag, ist die Klage jedoch unschlüssig, so dass bei Säumnis des Arbeitgebers in der Güteverhandlung kein Versäumnisurteil ergehen kann. Die Angabe des Gehalts ist nicht zwingend, erleichtert aber dem Gericht die Streitwertfestsetzung (§ 42 Abs. 2 GKG) sowie die Erarbeitung von Vergleichsvorschlägen. Gerade bei verschachtelten Konzernsachverhalten ist mitunter unklar, wer vertraglicher Arbeitgeber und damit richtiger Beklagter der Kündigungsschutzklage ist. Fehler können nach Ablauf der Klagefrist der §§ 4, 7 KSchG und ggf. der Frist für nachträgliche Zulassung (s. M 22.19) nicht mehr repariert werden. Wenn sich jedoch aus den Anlagen ergibt, wer der „richtige“ Arbeitgeber ist, kann das Gericht auslegen (BAG v. 15.3.2001 – 2 AZR 141/00, DB 2001, 1680). Deshalb sollten immer Arbeitsvertrag und insb. Kündigungsschreiben als Anlage beigefügt werden. Praxistipp: Dieser Vortrag ist erforderlich, um ggf. Versäumnisurteil beantragen zu können. Detaillierter Vortrag zu den vermeintlichen (oder im Kündigungsschreiben genannten) Kündigungsgründen ist allerdings nicht ratsam. Taktisch klüger ist es, zunächst den Arbeitgeber vortragen zu lassen. Wichtig: Das vorsorgliche Bestreiten der ordnungsgemäßen Anhörung der Arbeitnehmervertretung ist erforderlich, da sonst der Arbeitgeber nichts zur Betriebsratsanhörung vortragen muss. Wichtig: Diese Ausführungen sind unbedingt erforderlich, da nach der unklaren und in sich nicht widerspruchsfreien Rspr. der BAG-Senate (BAG v. 27.1.1994 – 2 AZR 484/93, NZA 1994, 812 und v. 16.3.1994 – 8 AZR 97/93, NZA 1994, 860; ausf. dazu Diller, NZA 1994, 830) nicht automatisch davon auszugehen ist, dass zusätzlich zu dem nach §§ 4, 7 KSchG erforderlichen punktuellen Klageantrag (Ziff. 1) auch noch ein allgemeiner Feststellungsantrag nach § 256 ZPO gestellt ist. Nur ein solcher allgemeine Feststellungsantrag bezieht aber eventuelle spätere Kündigungen in das Verfahren mit ein. Ohne einen solchen Antrag besteht die Gefahr, dass nachfolgende Kündigungen (insb. in Schriftsätzen) übersehen und nicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist der §§ 4, 7 KSchG angegriffen werden (ausf. dazu Bitter, NZA 1997, 1407 „Schleppnetztheorie“). Der Streitwert beträgt gem. § 42 Abs. 2 GKG einen Vierteljahresbezug, bei nur kurzer Dauer des Anstellungsverhältnisses kann ein geringerer Streitwert angesetzt werden (zB LAG Rh.-Pf. v. 22.5.2009, AE 2009, Nr. 415 und 28.12.2011, NZA-RR 2012, 155). Entgegen einem verbreiteten Irrtum (der Anwälte viel Geld

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Beendigungskündigung | M 22.17 Kap. 22 kostet!) sind also nicht nur drei Bruttomonatsgehälter anzusetzen, sondern auch anteilige Sonderzahlungen, Weihnachtsgelder, Tantiemen, Boni, geldwerte Vorteile aus Dienstwagennutzung etc. Zum Streitwert verbundener Anträge s. auch die Erläuterungen in M 22.16 Fn. 4. Werden, was häufig vorkommt, mit einer Klage mehrere Kündigungen angegriffen, handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände mit der Folge, dass sich die Streitwerte grundsätzlich addieren. Aus diesem Grunde ziehen es manche Anwälte vor, jede neue Kündigung mit gesonderter Klage anzugreifen, statt die bereits anhängige Kündigungsschutzklage zu erweitern. Das ist zwar gebührenmäßig vorteilhaft, weil sich bei getrennten Verfahren die Gegenstandswerte nicht addieren (BAG v. 19.10.2010 – 2 AZN 194/10, AP Nr. 1 zu § 42 GKG 1975), was wegen der degressiven Gebühren für den Anwalt günstiger ist. Allerdings werden die Verfahren dann schnell unübersichtlich und vor allem drohen hochkomplizierte Verwicklungen hinsichtlich der Reichweite der Rechtskraft. Deshalb ist die Zusammenziehung in einem einheitlichen Verfahren regelmäßig der bessere Weg.

M 22.17

Klage gegen Kündigung bei Unanwendbarkeit des KSchG

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 25.3. […] weder zum 30.6. […] noch zum 31.10. […] endet. 2. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.10. […] hinaus fortbesteht. 3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als kaufmännischen Leiter im Betrieb in […] weiter zu beschäftigen.

Begründung: Die Bekl. ist eine Werbeagentur mit insgesamt fünf Mitarbeitern. Der Kl. ist seit dem […] bei der Bekl. als kaufmännischer Leiter tätig. Grundlage seiner Tätigkeit ist der Dienstvertrag vom […] (Anlage K 1). Die Gesamtbezüge des Kl. beliefen sich zuletzt auf ca. Euro […] p.a. Dem Kl. wurde am 25.3. […] vom Geschäftsführer eine Kündigung zum 30.6. […] ausgehändigt. Beweis: Kündigungsschreiben vom 25.3. […], Anlage K 2. Die Kündigung ist unwirksam. Sie verstößt gegen § 612a BGB. Der Kl. hat drei Tage vor Ausspruch der Kündigung zu einer Betriebsversammlung eingeladen, auf der ein Wahlvorstand zur Errichtung eines Betriebsrats gebildet werden sollte. Die Bekl. hat dies offensichtlich zum Anlass genommen, dem Kl. zu kündigen, um die Bildung des Betriebsrats zu verhindern.3 Im Übrigen dürfte die Kündigung auch an § 168 ff. SGB IX scheitern. Der Kl. leidet seit längerem an einem schweren Rückenleiden. Er hat bereits zwei Monate vor Ausspruch der Kündigung beim zuständigen Amt die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch beantragt. Es ist davon auszugehen, dass der Kl. in Kürze mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50 % anerkannt werden wird. 1 Die dreiwöchige Klagefrist der §§ 4, 7 KSchG gilt seit 2004 auch in Kleinbetrieben iSd. § 23 KSchG. Zu den Einzelheiten der Klageanträge s. M 22.16. 2 S. M 101.1 und M 101.2. 3 Für die Behauptung, die Kündigung sei eine verbotene Sanktion für die Ausübung von Rechten iSd. § 612a BGB, trägt der Arbeitnehmer die Beweislast. Gerade in Fällen wie dem vorliegenden kann aber ein Anscheinsbeweis (Prima-facie-Beweis) in Betracht kommen.

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Kap. 22 M 22.17 | Beendigungskündigung Von der bereits vor Ausspruch der Kündigung erfolgten Antragstellung informierte der Kl. die Bekl. unverzüglich nach Ausspruch der Kündigung mit Einschreiben vom […]. Beweis: Schreiben vom […], Anlage K 3. Schließlich ist auch die Kündigungsfrist nicht eingehalten. Die Kündigung ist offenbar mit der im Anstellungsvertrag vorgesehenen Frist von drei Monaten ausgesprochen worden. Die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB sind jedoch nicht einzelvertraglich abdingbar. Aufgrund seiner mehr als 20jährigen Betriebszugehörigkeit galt für den Kl. also eine Kündigungsfrist von sieben Monaten. Die Kündigung hätte somit allenfalls zum 31.10. […] wirksam werden können.4 […] (Unterschrift)5 4 Ob eine Kündigung mit einer zu kurzen Kündigungsfrist unwirksam ist oder in eine wirksame Kündigung zum nächstzulässigen Zeitpunkt umgedeutet werden kann, ist umstritten, s. ausf. M 22.28. 5 Auch bei Nichtanwendbarkeit des KSchG ergibt sich der Streitwert aus § 42 Abs. 2 GKG (Vierteljahresbezug, s. M 22.16 Fn. 13). Deshalb ist die Angabe der Vergütung in der Klageschrift sinnvoll.

M 22.18

Kündigungsschutzklage bei betriebsbedingter Kündigung

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: (Klageanträge 1.–3. wie M 22.16)2

Begründung: Die Bekl. ist ein Maschinenbauunternehmen mit einem Werk in X mit 400 Beschäftigten und einem Werk in Y mit 500 Beschäftigten. Der Kl. war im Werk X seit […] als Montagearbeiter mit einem Gehalt von zuletzt Euro […] beschäftigt. Ein Betriebsrat besteht in beiden Werken nicht. Die Bekl. hat im März […] der Belegschaft des Werkes X in einer Belegschaftsversammlung mitgeteilt, wegen anhaltenden Auftragsmangels müssten 100 Arbeitsplätze im Werk X abgebaut werden. Drei Tage später, am […], erhielt der Kl. eine betriebsbedingte Kündigung zum […] Im Kündigungsschreiben war angegeben, dass dem Kl. wegen Auftragsmangels im Zuge der bekannt gegebenen Personalreduzierung gekündigt werden müsse. Beweis: Kündigungsschreiben vom […], Anlage K 1 Es wird bestritten, dass die von der Bekl. behaupteten betrieblichen Kündigungsgründe vorliegen. Im Übrigen wird bestritten, dass die Bekl. eine korrekte Sozialauswahl vorgenommen hat. Die Bekl. wird hiermit aufgefordert, die Gründe mitzuteilen, die für die von ihr getroffene soziale Auswahl maßgebend waren. Insbesondere wird die Bekl. zur Mitteilung aufgefordert, mit welchen anderen Mitarbeitern sie den Kl. verglichen hat.3 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Vgl. dazu die allgemeinen Erläuterungen zum M 22.16. 3 Praxistipp: Bei der betriebsbedingten Kündigung gibt es Ausnahmen von dem bei personen- und verhaltensbedingten Gründen geltenden Grundsatz, dass der Arbeitnehmer in der Klageschrift so wenig wie möglich vortragen und sich darauf beschränken sollte, das Vorliegen von Kündigungsgründen mit Nicht-

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Beendigungskündigung | M 22.19 Kap. 22 Im Übrigen ist die Kündigung auch schon deshalb unwirksam, weil der Kl. im Werk Y zu unveränderten Konditionen hätte weiterbeschäftigt werden können. Die Bekl. sucht für ihr Werk Y derzeit einen Maschineneinrichter. Beweis: Stellenanzeige in der […] Zeitung vom […], Anlage K 2 Für diese Position wäre der Kl. bestens geeignet, da er bis zum Jahr […] als Maschineneinrichter tätig war. Der Kl. wäre auch bereit, nach Y umzuziehen.4 […] (Unterschrift) wissen zu bestreiten. Zum einen muss der Arbeitgeber im Prozess zu den Einzelheiten der Sozialauswahl und insb. zu dem von ihm für vergleichbar gehaltenen Personenkreis nur dann vortragen, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt (BAG v. 21.7.1988 – 2 AZR 75/88, NZA 1989, 264). Hat der Arbeitgeber auf Aufforderung entsprechend vorgetragen, ist es dann Sache des Arbeitnehmers, darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitgeber nicht alle vergleichbaren Mitarbeiter in die Sozialauswahl einbezogen und/oder soziale Gesichtspunkte nicht hinreichend oder unrichtig berücksichtigt hat (BAG v. 24.3.1983 – 2 AZR 21/82, NJW 1984, 78 und v. 21.7.1988, NZA 1989, 264). 4 Ähnliches wie für die Sozialauswahl (vgl. oben M 22.18 Fn. 3) gilt für die mögliche Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz nach § 1 Abs. 2 KSchG. Weder hat der Arbeitgeber darzulegen, dass die Weiterbeschäftigung nicht möglich war, noch kann sich der Arbeitnehmer mit der pauschalen Behauptung begnügen, es gäbe im Betrieb oder in anderen Betrieben des Unternehmens freie Arbeitsplätze. Vielmehr muss der Arbeitnehmer konkret einzelne Arbeitsplätze benennen, auf denen er eine Weiterbeschäftigung für möglich hält. Es ist dann Sache des Arbeitgebers darzulegen, dass auf diesen Arbeitsplätzen eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist. Entgegen dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG macht die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderen Arbeitsplätzen desselben oder eines anderen Betriebes des Unternehmens die Kündigung nicht nur dann unwirksam, wenn der Betriebsrat widersprochen hat. Auch wenn kein Betriebsrat existiert oder dieser nicht widersprochen hat, ist bei Bestehen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit die Kündigung unwirksam. Es kommt auch nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer von sich aus vor der Kündigung Weiterbeschäftigung verlangt hat. Vielmehr muss der Arbeitgeber von sich aus die Weiterbeschäftigung anbieten, wenn Arbeitsplätze frei sind (BAG v. 27.9.1984, EzA § 2 KSchG Nr. 5).

M 22.19

Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: (Klageanträge 1.–3. s. M 22.16)2 4. Die Kündigungsschutzklage wird gem. § 5 KSchG nachträglich zugelassen.3, 4 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Wichtig: Der Antrag auf nachträgliche Zulassung nach § 5 KSchG muss mit der Klageerhebung verbunden werden; ist die Klage bereits eingereicht, ist auf sie im Antrag Bezug zu nehmen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KSchG). 3 Wichtig: In der verspäteten Klageerhebung liegt grundsätzlich kein Zulassungsantrag nach § 5 KSchG (LAG Berlin v. 11.12.1964, AP Nr. 11 zu § 4 KSchG), der Zulassungsantrag muss ausdrücklich neben dem Kündigungsschutzantrag gestellt werden. 4 Das Verfahren der nachträglichen Zulassung ähnelt der aus dem allgemeinen Zivilprozess bekannten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nicht selten wird bei Versäumung der dreiwöchigen Klagefrist nach § 4 KSchG beim Arbeitsgericht aus Unkenntnis ausdrücklich „Wiedereinsetzung“ beantragt. Im Regelfall

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Kap. 22 M 22.19 | Beendigungskündigung Begründung: (s. zunächst M 22.16) Das Kündigungsschreiben ist am 15.6. […] abends durch Boten in den Hausbriefkasten des Kl. eingeworfen worden. Dies hat die Bekl. auf telefonische Nachfrage bestätigt. Der Kl. war mit seiner gesamten Familie in der Zeit vom 12.6. […] bis einschließlich 10.7. […] im Urlaub. Während dieser Zeit war niemand im Haus. Der Kl. hatte zwar einen Nachbarn gebeten, den Briefkasten regelmäßig zu leeren. Der Nachbar hatte aber ausdrückliche Anweisung, Post nicht zu öffnen, sondern nur an sich zu nehmen. Unmittelbar am Tag seiner Rückkehr hat der Kl. die gesamte im Urlaub eingegangene Post geöffnet und auch das Kündigungsschreiben erstmals gelesen. Er hat sofort am nächsten Tag einen Besprechungstermin mit dem Unterzeichner vereinbart, der sofort die vorliegende Klageschrift gefertigt und eingereicht hat.5 Damit ist die dreiwöchige Klagefrist gem. §§ 4, 7 KSchG zwar überschritten.6 Dem Kl. fällt jedoch kein Verschulden zur Last. Er hatte keinen Anlass, mit dem Zugang einer Kündigung während seines Urlaubs zu rechnen. Dementsprechend war er auch nicht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass jemand seine Post öffnete und während seines Urlaubs irgendwelche Maßnahmen ergriff. Nachdem der Kl. von der Kündigung erfahren hatte, hat er ohne schuldhaftes Zögern7 den Unterzeichner eingeschaltet. Zwischen der Kenntnisnahme des Kl. und der Einreichung der vorliegenden Klageschrift lagen weniger als zwei Wochen, so dass die Frist für die Zulassung verspäteter Klagen gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG eingehalten ist.8, 9 Zur Glaubhaftmachung für alles Vorstehende: Eidesstattliche Versicherung des Kl.,10 Anlage K 1

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wird ein solcher Antrag in einen Antrag auf nachträgliche Zulassung gem. § 5 KSchG umzudeuten sein. Gleichwohl sollte man die Terminologie des § 5 KSchG („nachträgliche Zulassung“) benutzen. Ist aufgrund eines Verschuldens des Prozessvertreters des Klägers die Frist versäumt worden, muss sich dies der Kläger nach § 85 ZPO zurechnen lassen (BAG v. 11.12.2008 – 2 AZR 472/08, NZA 2009, 692). Das gilt auch für Gewerkschaftsvertreter (BAG v. 28.5.2009 – 2 AZR 548/08, NZA 2009, 1052). Ein Antrag nach § 5 KSchG ist in solchen Fällen nur erfolgreich, wenn der Prozessvertreter darlegt, dass er trotz ordnungsgemäßer Büroorganisation (insb. Fristenkontrolle) den Fehler nicht vermeiden konnte. Es gelten hier die gleichen Anforderungen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO. Nach ständiger Rspr. geht ein während des Urlaubs des Arbeitnehmers an seine Heimatanschrift gerichtetes Kündigungsschreiben nach den allgemeinen Grundsätzen zu (BAG v. 16.3.1988 – 7 AZR 587/87, NZA 1988, 875 und v. 2.3.1989 – 2 AZR 275/88, NZA 1989, 635). Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn sich der Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend im Ausland aufhält und im Inland einen Briefkasten vorhält (BAG v. 25.4.2018 – 2 AZR 493/17, NZA 2018, 1157). Der Antrag ist nur erfolgreich, wenn der Arbeitnehmer darlegt, warum er trotz Anwendung der ihm „nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt“ verhindert war, die dreiwöchige Klagefrist zu wahren (§ 5 Abs. 1 KSchG). Der Antrag kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses gestellt werden, aber nicht später als sechs Monate nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist (§ 5 Abs. 3 KSchG). Innerhalb der Zwei-Wochen-Frist muss nicht nur der Antrag gestellt werden, vielmehr müssen auch die Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die die nachträgliche Zulassung begründen sollen. Nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist können nach hA nur noch die bereits vorgetragenen Gründe ergänzt oder abgerundet werden, nicht aber völlig neue Gründe vorgebracht werden (LAG BW v. 25.11. 1958, AP Nr. 6 zu § 4 KSchG; LAG Hamm v. 19.6.1986, AP Nr. 7 zu § 5 KSchG 1969). Das Verfahrensrecht des § 5 KSchG hat sich per 1.4.2008 grundlegend geändert. Nach altem Recht hatte die Kammer über den nachträglichen Zulassungsantrag stets durch Beschluss vorab zu entscheiden, der mit sofortiger Beschwerde angreifbar war. Nach der Neuregelung (dazu Roloff, NZA 2009, 761; Francken/Natter/Rieker, NZA 2008, 377) bildet die Kündigungsschutzklage mit dem Antrag auf nachträgliche Zulassung grundsätzlich eine Einheit (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG). Im Regelfall entscheidet also das Arbeitsgericht durch einheitliches Urteil: Lehnt es die nachträgliche Zulassung ab, wird zugleich die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Ist dagegen der Antrag auf nachträgliche Zulassung begründet, entscheidet das Arbeitsgericht in der Sache zugleich die Kündigungsschutzklage. Eine isolierte Anfechtung der (stattgebenden oder abweisenden) Zulassungsentscheidung durch sofortige Beschwerde findet also nicht mehr statt, vielmehr ist das arbeitsgerichtliche Urteil nur insgesamt mit der Berufung angreifbar. Das Arbeitsgericht kann allerdings optional das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Zulassung beschränken (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG). In diesem Fall ergeht die Entscheidung über den Zulassungsantrag durch Zwischenurteil, welches wie ein Endurteil mit der Berufung angefochten werden kann (§ 5 Abs. 4 Satz 3 KSchG). Wichtig: Häufig übersehen wird, dass die Begründung des Antrags auf nachträgliche Zulassung glaubhaft zu machen ist (§ 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG). Noch nicht entschieden ist, ob die Glaubhaftmachung noch in-

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Beendigungskündigung | M 22.20 Kap. 22 […] (Unterschrift)11 nerhalb der Zwei-Wochen-Frist erfolgen muss, vorsorglich sollte dies immer geschehen. Klassisches Mittel der Glaubhaftmachung ist die eidesstattliche Versicherung. Fehlt die Glaubhaftmachung, ist dies unschädlich, wenn der Gegner das Vorbringen nicht bestreitet. 11 Der Streitwert entspricht dem der Kündigungsschutzklage (s. M 22.16 Fn. 13), der Antrag auf nachträgliche Zulassung ist nicht gesondert zu bewerten (Einzelheiten bei KR/Friedrich, § 5 KSchG Rz. 210 ff. mwN).

M 22.20

Auflösungsantrag des Arbeitnehmers

An das Arbeitsgericht1, 2 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)3 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: (Klageanträge 1.–3. wie M 22.16)4 4. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung,5 deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber Euro 20.000,– nicht unterschreiten sollte,6 zum […]7 aufgelöst.8 1 Wichtig: Der Auflösungsantrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz gestellt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG). Eine Zurückweisung als verspätet scheidet grundsätzlich aus, auch wenn der Auflösungsantrag auf neue Tatsachen gestützt wird. Allerdings ist unbedingt zu empfehlen, den Antrag bereits in der ersten Instanz zu stellen. Denn wird der Antrag in der ersten Instanz nicht gestellt und gewinnt der Arbeitnehmer, so muss er in den Betrieb zurückkehren oder selbst (ohne Abfindung!) kündigen, wenn der Arbeitgeber das Urteil rechtskräftig werden lässt. Der Arbeitnehmer kann keine Berufung einlegen mit dem Ziel, in der zweiten Instanz erstmals den Auflösungsantrag zu stellen, weil es an einer Beschwer fehlt. 2 Praxistipp: Der Auflösungsantrag bietet sich vor allem an, wenn der Arbeitgeber nach Erhebung der Kündigungsschutzklage die Kündigung zurücknimmt. Eine einseitige Rücknahme ist nach den allgemeinen Regeln des BGB nicht zulässig. In der Rücknahme der Kündigung liegt deshalb nach richtiger Auffassung nur ein Angebot des Arbeitgebers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, das der Arbeitnehmer nicht annehmen muss. Es kann allerdings fraglich werden, ob nach Erklärung der Kündigungsrücknahme durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer für die Fortsetzung des Kündigungsschutzverfahrens noch ein Rechtsschutzinteresse hat. Dieses Rechtsschutzinteresse besteht allerdings unzweifelhaft, wenn der Arbeitnehmer alsbald nach der Rücknahmeerklärung des Arbeitgebers die Auflösung nach §§ 9, 10 KSchG beantragt (BAG v. 29.1.1981 – 2 AZR 1055/78, NJW 1982, 1118 und v. 19.8.1982, AP Nr. 9 zu § 9 KSchG). 3 S. M 101.1 und M 101.2. 4 S. dazu die allgemeinen Erläuterungen zu M 22.16. 5 Die Abfindung ist steuerbegünstigt nach §§ 24, 34 EStG und sozialabgabenfrei. Die für das Eingreifen der Steuervorteile erforderliche „Veranlassung des Arbeitgebers“ liegt regelmäßig vor, weil der Arbeitgeber mit seiner Kündigung die Ursache für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gesetzt hat, auch wenn der Auflösungsantrag formal vom Arbeitnehmer ausgeht (BFH v. 11.1.1980 – VI R 165/77, BStBl. II 1980, 205). 6 Praxistipp: Es ist nicht erforderlich, im Klageantrag einen bestimmten Abfindungsbetrag zu nennen. Auch unbezifferte Anträge sind zulässig. Allerdings kann bei einem unbezifferten Antrag keine Berufung eingelegt werden, wenn das Arbeitsgericht zwar dem Auflösungsantrag stattgibt, aber eine dem Arbeitnehmer zu gering erscheinende Abfindung festsetzt. Denn dann fehlt es an der Beschwer. Es ist deshalb immer sinnvoll, den Antrag zu beziffern. Allerdings trägt der Arbeitnehmer das Kostenrisiko, wenn er eine zu hohe Abfindungsforderung stellt (BAG v. 26.6.1986 – 2 AZR 522/85, NZA 1987, 139). 7 Aufzulösen ist gem. § 9 Abs. 2 KSchG stets zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, bei fristloser Kündigung zum Zeitpunkt des Zugangs. Der Arbeitnehmer braucht im Auflösungsantrag keinen besonderen Auflösungszeitpunkt zu nennen, da dieser sich aus dem Gesetz ergibt.

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Kap. 22 M 22.20 | Beendigungskündigung Begründung: (Zu den Anträgen Ziff. 1.–3. s. M 22.16). Der Auflösungsantrag Ziff. 4 ist nach §§ 9, 10 KSchG begründet, da dem Kl. die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. Der Kl. hat drei Tage nach Zugang der Kündigung ein Gespräch mit dem Personalleiter der Bekl. geführt, um Näheres über die Kündigungsgründe zu erfahren. In dem Gespräch hat der Kl. angekündigt, einen Anwalt einzuschalten und ggf. Kündigungsschutzklage zu erheben. Daraufhin hat der Personalleiter ihn in Gegenwart von dessen Sekretärin grob beschimpft und bedroht. Der Kl. sei ein „fauler und geldgieriger Hund“, den man schon viel früher hätte rauswerfen müssen. Der Kl. werde schon sehen, wohin er mit einer Kündigungsschutzklage komme. Von einem Erfolg beim Arbeitsgericht habe er gar nichts. Wenn der Kl. mit gerichtlicher Hilfe an seinen Arbeitsplatz zurückkehren sollte, werde man ihn binnen kürzester Zeit durch „gezieltes Mobbing“ „zur Strecke bringen“. Beweis: Zeugnis des Personalleiters […] und dessen Sekretärin […], zu laden über die Bekl. Dass unter diesen Vorzeichen eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Kl. nicht zumutbar ist, liegt auf der Hand. Hinsichtlich der Höhe der Abfindung erscheint es angesichts des besonders groben Fehlverhaltens der Bekl., die sich das Verhalten ihres Personalleiters nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, angemessen, über die üblichen Maßstäbe9 von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr hinauszugehen. Eine Abfindung in Höhe von einem Monatsgehalt pro Dienstjahr erscheint hier angemessen; bei einer Dienstzeit von fünf Jahren und einem Monatsgehalt von Euro 4.000,– ergibt dies die im Klageantrag Ziff. 4 genannte Abfindung von Euro 20.000,–. […] (Unterschrift)10 8 Wichtig: Prozessual ist der Antrag (anders als der Auflösungsantrag des Arbeitgebers, s. M 22.21) kein Hilfsantrag, sondern ein unechter Eventualantrag, der nur für den Fall der Begründetheit der Kündigungsschutzklage gestellt wird. Erhebt der Arbeitnehmer zusätzlich zur Kündigungsschutzklage eine Klage auf Zahlung einer Abfindung, ohne ausdrücklich die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu begehren, wird man dies regelmäßig in einen Auflösungsantrag umdeuten können (BAG v. 13.12.1956, AP Nr. 5 zu § 7 KSchG). 9 Die alte Faustregel „halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“ (vgl. § 1a KSchG) hat sich mittlerweile in der ganzen Republik weitgehend durchgesetzt. Allerdings werden stets auch die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die soziale Situation des Arbeitnehmers erhöhend oder mindernd berücksichtigt. 10 Der Auflösungsantrag wirkt sich nach hM (zB LAG Berlin v. 12.5.2006 – 17 Ta (Kost) 6061/06) gebührenmäßig nicht aus, auch wenn der Arbeitnehmer seine Abfindungsvorstellung beziffert (§ 42 Abs. 2 Satz 1 GKG). Nach aA (zB LAG Berlin v. 30.12.1999 – 7 Ta 6121/99 (Kost), MDR 2000, 526) ist dagegen der Auflösungsantrag zusätzlich mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten.

M 22.21

Auflösungsantrag des Arbeitgebers

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (Kurzrubrum) vertreten wir die Beklagte. Namens und im Auftrag der Beklagten beantragen wir: 1. Die Klage wird abgewiesen.

1 Der Auflösungsantrag bedarf keiner Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG.

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Beendigungskündigung | M 22.22 Kap. 22 2. Hilfsweise:2 Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung3 aufgelöst, die Euro 10.000,– nicht überschreiten sollte.4

Begründung: Die Kündigung war sozial gerechtfertigt, weil […] (Darlegung der Kündigungsgründe). Der Hilfsantrag wird für den Fall gestellt, dass das Arbeitsgericht die Kündigung nicht als sozial gerechtfertigt ansehen sollte. Dann wäre dem Hilfsantrag auf Auflösung stattzugeben, da eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht mehr erwartet werden kann (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Der Kl. hat eine Woche nach Erhalt des Kündigungsschreibens ein Interview im Lokal-Rundfunksender „Antenne X“ gegeben. Darin hat er die Bekl. wüst beschimpft, insbesondere als „Ausbeuter“. Die Geschäftsführung der Bekl. wurde als „Verbrecherbande“ und „Gangster“ diffamiert. Beweis: Zeugnis des Redakteurs […] des Senders „Antenne X“ Es ist nicht ersichtlich, wie unter diesen Umständen eine künftige Zusammenarbeit noch möglich sein soll.5 Hinsichtlich der Abfindungshöhe ist angesichts der Schwere des Verschuldens des Kl. von der üblichen Faustformel „0,5 Monatsgehälter pro Dienstjahr“ nach unten abzuweichen. Auf der Basis dieser Faustformel ergäbe sich eine Abfindung von Euro 20.000,–. Im vorliegenden Fall erscheint die Hälfte davon angemessen. Im Übrigen bedarf der Auflösungsantrag ohnehin keiner besonderen Auflösungsgründe. Der Kl. ist nämlich leitender Angestellter iSd. § 14 Abs. 2 KSchG. Als Leiter der Filiale X der Bekl. war er sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis zur selbständigen Einstellung und Entlassung aller Beschäftigten dieser Filiale berechtigt (wird ausgeführt).6 Beweis: Zeugnis des Personalleiters […], zu laden über die Bekl. […] (Unterschrift)7 2 Wichtig: Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers wird (anders als der des Arbeitnehmers, s. M 22.20) als echter Hilfsantrag gestellt. Über ihn wird nur entschieden, wenn der Arbeitgeber in der Hauptsache unterliegt, also die Kündigung vom Arbeitsgericht für unwirksam erklärt wird. 3 Zur steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Abfindung s. M 22.20 Fn. 5. 4 Zur Bezifferung des Auflösungsantrags s. M 22.20 Fn. 6. 5 Greift die Sonderregelung des § 14 Abs. 2 KSchG nicht ein, setzt der Auflösungsantrag gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG Gründe voraus, die „eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen“. Die Auflösungsgründe müssen nicht notwendigerweise das Gewicht eines personen- oder verhaltensbedingten Kündigungsgrundes erreichen (BAG v. 26.11.1981, AP Nr. 8 zu § 9 KSchG). Das Verhalten dritter Personen (insb. abfällige Presseartikel) sind dem Arbeitnehmer nur zuzurechnen, wenn dieser das Verhalten des Dritten entscheidend veranlasst hat. 6 Praxistipp: Die Ausnahmeregelung des § 14 Abs. 2 KSchG wird von der Rspr. äußerst restriktiv gehandhabt. Die Personalkompetenz muss sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis bestehen, und zwar für einen erheblichen Kreis von Beschäftigten. Eine Filiale wie im vorliegenden Fall dürfte allerdings ausreichen. 7 Zum Streitwert s. M 22.20 Fn. 10.

M 22.22

Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung bei offensichtlich unwirksamer Kündigung

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 1 S. M 101.1 und M 101.2.

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Kap. 22 M 22.22 | Beendigungskündigung vertreten wir den Antragsteller.2 Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen3 wir: 1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung4 – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein – aufgegeben, den Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens,5 Az. […], zu unveränderten Bedingungen im Betrieb in […] als Export-Sachbearbeiter weiter zu beschäftigen,6 2. hilfsweise, die beantragte einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfristen zu erlassen.

Begründung: Der ASt. ist seit dem […] bei der AGg. als Export-Sachbearbeiter im Betrieb in […] beschäftigt. Drei Tage vor Ablauf der Probezeit, am […], kündigte die AGg. das Anstellungsverhältnis fristgemäß zum […] Mündlich wurde dem ASt. erklärt, man sei mit seinem Verhalten gegenüber Vorgesetzten nicht zufrieden und wolle deshalb das Anstellungsverhältnis nicht fortsetzen. Die Kündigung vom […] war offensichtlich unwirksam.7 Die AGg. beschäftigt 50 Arbeitnehmer, bei ihr besteht ein Betriebsrat. Der Betriebsrat ist nicht gem. § 102 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung gehört wor2 Praxistipp: Die einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung wird in der Praxis überwiegend aus taktischen Gründen eingesetzt. Meist geht es dem Arbeitnehmer gar nicht so sehr darum, weiterarbeiten zu können. Vielmehr wird die einstweilige Verfügung als Mittel benutzt, um kurzfristig Verhandlungsdruck für einen Abfindungsvergleich zu erzeugen. Insb. bei der Trennung von Führungskräften ist es für den Arbeitgeber äußerst peinlich, wenn sich der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung per einstweiliger Verfügung wieder zurück in den Betrieb kämpft. Droht dem Arbeitgeber ein Unterliegen im einstweiligen Verfügungsverfahren, steigt deshalb erfahrungsgemäß die Neigung erheblich, Abfindungsvergleiche abzuschließen. 3 Nicht möglich ist regelmäßig die Festsetzung einer Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG (s. M 108.2) für den Fall, dass der Arbeitgeber der einstweiligen Verfügung nicht nachkommt. Zwar wird § 61 Abs. 2 ArbGG auch im einstweiligen Verfügungsverfahren für grundsätzlich anwendbar gehalten. Allerdings wäre nach ganz herrschender Auffassung Voraussetzung, dass auch für den Entschädigungsanspruch ein Verfügungsgrund besteht, was regelmäßig nicht der Fall sein wird (Germelmann/Matthes/Prütting, § 61 ArbGG Rz. 28). 4 Allgemein zur einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren s. M 107.1 bis M 107.3. 5 Dass der Arbeitnehmer bei einer offensichtlich unwirksamen Kündigung einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits – auch über die Kündigungsfrist hinaus! – hat, ist nach der Entscheidung des Großen Senats (BAG GS v. 27.2.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) anerkannt, vgl. BAG v. 28.3.1985, AP Nr. 4 zu § 767 ZPO und v. 13.6.1985, AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht. 6 Wichtig: Streitig ist, wie bestimmt der Antrag formuliert sein muss. Nach hA reicht der Antrag auf Weiterbeschäftigung „zu den bisherigen“ oder „zu unveränderten Arbeitsbedingungen“ (BAG v. 31.3.1976 und 20.7.1977, AP Nr. 2, 3 zu Art. 33 Abs. 2 GG; LAG Berlin v. 5.12.1977 und v. 20.7.1978, AP Nr. 1 zu § 11 SchwbG bzw. AP Nr. 6 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; LAG Schl.-Holst. v. 6.1.1987, NZA 1987, 322). Allerdings wenden Arbeitgeber bei Unterliegen in der Hauptsache im nachfolgenden Vollstreckungsverfahren häufig ein, der Titel sei zu unbestimmt und deshalb nicht vollstreckbar. Sicherer ist es deshalb, im Antrag zumindest den Arbeitsort und die Funktion zu nennen (Falkenberg, DB 1987, 1534 mwN). Allerdings wird teilweise verlangt, dass sich beim Antrag auf Weiterbeschäftigung „zu unveränderten/bisherigen Arbeitsbedingungen“ die näheren Einzelheiten der Arbeitsleistung (Ort, Art der Tätigkeit) zumindest aus den Urteilsgründen ergibt. Ist dies nicht der Fall, wird von vielen Gerichten die Vollstreckungsfähigkeit verneint (zB LAG Rh.-Pf. v. 7.1.1986, NZA 1986, 196; LAG Hessen v. 13.7.1987, NZA 1988, 175). Für den Antragsteller hat das den Nachteil, dass er aus einer abgekürzten Fassung des Urteils (§ 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht vollstrecken kann. Großzügiger hinsichtlich der Vollstreckbarkeit zuletzt BAG v. 15.4.2009 – 3 AZB 93/08, NZA 2009, 917. 7 Gilt für das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz und streiten die Parteien über das Vorliegen ausreichender Kündigungsgründe iSd. § 1 KSchG, so wird nur selten eine offensichtliche Unwirksamkeit vorliegen. Hauptfälle der offensichtlichen Unwirksamkeit sind solche, bei denen die Kündigung ersichtlich schon an Formalien scheitert. Klassische Fälle sind beispielsweise die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts, eine Kündigung ohne Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG, die ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern etc. entgegen § 15 Abs. 1 KSchG, die außerordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern ohne Einhaltung des Verfahrens nach § 103 BetrVG etc.

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Beendigungskündigung | M 22.22 Kap. 22 den. Mündlich hat die AGg. erklärt, bei einer Kündigung während der Probezeit sei eine Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG nicht erforderlich, da ja auch keine Kündigungsgründe erforderlich seien. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach ständiger Rechtsprechung ist gem. dem eindeutigen Wortlaut des § 102 BetrVG vor „jeder“ Kündigung der Betriebsrat zu hören, auch vor einer Kündigung während der Probezeit. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG erklärte Kündigung ist nichtig. Die AGg. hat auch keine Möglichkeit, aus den von ihr vorgebrachten Gründen nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats kurzfristig eine neue Kündigung auszusprechen.8 Da das Anstellungsverhältnis mittlerweile mehr als sechs Monate dauert, hat der ASt. nunmehr Kündigungsschutz. Eine erneute Kündigung wegen angeblich unangemessenen Verhaltens gegenüber Vorgesetzten würde schon deshalb scheitern, weil der ASt. nie abgemahnt worden ist. Darüber hinaus war sein Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten auch immer völlig einwandfrei. Der ASt. hat ein berechtigtes Interesse daran, während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens weiterbeschäftigt zu werden. Der ASt. ist vor Aufnahme seiner Tätigkeit bei der AGg. mehr als zwei Jahre arbeitslos gewesen. In dieser Zeit ist er mit Unterstützung der Agentur für Arbeit zum Export-Sachbearbeiter umgeschult worden. Der ASt. ist dringend auf aktive Beschäftigung angewiesen, um zu den mittlerweile erworbenen theoretischen Kenntnissen auch praktische Erfahrung hinzuzugewinnen. Ohne solche praktische Erfahrung wäre er auf dem Arbeitsmarkt kaum vermittelbar.9 Der ASt. hat gegen die unwirksame Kündigung vom […] am […] Klage erhoben, die beim Arbeitsgericht unter dem Az. […] geführt wird. Die Güteverhandlung hat am […] stattgefunden und blieb erfolglos. Die AGg. beharrt auf ihrem Standpunkt, eine Betriebsratsanhörung sei nicht erforderlich gewesen. Aufgrund der Überlastung der zuständigen Kammer wurde Kammertermin erst auf den […] bestimmt. Zur Glaubhaftmachung: Beiziehung der Akten des Verfahrens, Az. […] Ohne den beantragten Erlass einer einstweiligen Verfügung wäre der ASt. also mehr als neun Monate ohne Arbeit, bis das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung erstinstanzlich feststellen könnte. Es kann dem ASt. nicht zugemutet werden, so lange unbeschäftigt zu bleiben.10 Zur Glaubhaftmachung für alles Vorstehende: Eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 111, 12 8 Fraglich ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, wenn der Arbeitgeber den Mangel der Kündigung ohne weiteres beheben und eine neue Kündigung aussprechen kann. Bei einer fristlosen Kündigung scheidet dies allerdings wegen der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB regelmäßig aus. 9 Wichtig: Welche Anforderungen an den Verfügungsgrund zu stellen sind, ist umstritten. Nach hA reicht es nicht aus, dass ohne Erlass einer einstweiligen Verfügung der Beschäftigungsanspruch bis zur Entscheidung über die Hauptsache verloren gehen würde. Hinzukommen muss immer noch ein besonderes Interesse des Arbeitnehmers daran, tatsächlich beschäftigt zu werden (vgl. LAG Hessen v. 23.3.1987, NZA 1988, 37; LAG Köln v. 31.7.1985 – 7 Sa 555/85, BB 1985, 2178; ausführlich Baur in Dunkl/Moeller Rz. B 83 ff.). Es muss also ein über das Erfüllungsinteresse hinausgehendes Interesse des Arbeitnehmers vorliegen; die bloße Vereitelung des Erfüllungsanspruchs ist noch kein wesentlicher Nachteil iSd. § 940 ZPO. 10 Nach st. Rspr. des BAG hängt die Bejahung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs immer von einer Interessenabwägung ab. Selbst bei einer offensichtlich unwirksamen Kündigung sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen eine Weiterbeschäftigungspflicht nicht besteht. So wird man zB einer Bank nicht zumuten können, einen ungetreuen Kassierer weiter zu beschäftigen, nur weil bei der fristlosen Kündigung der Betriebsrat nicht angehört wurde (Baur in Dunkl/Moeller Rz. B 103). 11 Die Vollstreckung erfolgt nach § 888 ZPO (LAG Berlin v. 19.1.1978, AP Nr. 9 zu § 888 ZPO; LAG Hamm v. 11.5.1989 – 17 Sa 1879/88, DB 1989, 1577; LAG Schl.-Holst. v. 6.1.1987, NZA 1987, 323). Allerdings muss dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung im Moment der Vollstreckung rechtlich und tatsächlich noch möglich sein. Daran fehlt es zB, wenn der Arbeitgeber den Betrieb inzwischen veräußert hat oder der Betrieb durch Abbau von Maschinen etc. endgültig stillgelegt ist. Nach herrschender Auffassung ist die Vollstreckung auch dann ausgeschlossen, wenn die Aufgaben weggefallen sind, die der Arbeitnehmer früher erledigt hat (LAG Hamm v. 29.8.1984, NZA 1985, 68). Zu Einzelheiten s. M 108.7. 12 Wichtig: Die einstweilige Verfügung muss gem. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO innerhalb eines Monats vollzogen werden. Das wird in der Praxis häufig übersehen. Die Vollziehung erfolgt durch Zustellung im Parteibetrieb durch Gerichtsvollzieher. Die Vollziehung ist auch keineswegs nur dann erforderlich, wenn die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergeht. Vielmehr muss auch bei der nach mündlicher Verhandlung erlassenen Urteilsverfügung die Zustellung im Parteibetrieb noch erfolgen, obwohl das Urteil gem. §§ 317, 270 ZPO ohnehin von Amts wegen zugestellt wird. Allerdings reicht nach herrschender Auffassung zur Vollziehung einer Urteilsverfügung aus, dass der Verfügungskläger innerhalb der Monatsfrist dadurch von der einstweiligen Verfügung Gebrauch macht, dass er die Fest-

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Kap. 22 M 22.22 | Beendigungskündigung […] (Unterschrift)13 setzung von Ordnungsmitteln beantragt. Auch die tatsächlich erfolgte Weiterbeschäftigung ist eine ausreichende „Vollziehung“ (Baur in Dunkl/Moeller Rz. B 91). Allerdings werden zu all diesen Punkten Mindermeinungen vertreten. Zur Haftungsvermeidung kann deshalb nur dringend dazu geraten werden, stets im Parteibetrieb zuzustellen. 13 Der Streitwert wird von den Instanzgerichten unterschiedlich gehandhabt, üblich sind ein halbes bis zwei Monatsgehälter, meist wird ein Monatsgehalt festgesetzt (LAG Thüringen v. 27.2.1996, AuR 1996, 196; LAG Sachsen v. 14.7.1993, LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 97; vgl. aber auch BAG v. 18.1.1996, NZA 1996, 1175: zwei Bruttomonatsgehälter). Da die einstweilige Verfügung die Hauptsache vorwegnimmt, ist der sonst für einstweilige Verfügungen übliche Abschlag nicht zu machen.

M 22.23

Einstweilige Verfügung auf Beschäftigung während der Kündigungsfrist

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Antragsteller. Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir: 1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung2 – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein – aufgegeben, den Antragsteller bis zum Ablauf des 31.12. […] im Marienhospital in […] als Assistenzarzt in der Abteilung Orthopädie zu den bisherigen Vertragsbedingungen weiter zu beschäftigen,3 2. hilfsweise, die beantragte einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfristen zu erlassen.

Begründung: Die AGg. betreibt das Marienhospital in […] Auf der dortigen orthopädischen Station ist der ASt. seit dem […] als Assistenzarzt tätig. Die AGg. hat das Anstellungsverhältnis mit Schreiben vom […] fristgerecht zum 31.12. […] gekündigt. Zur Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom […], Anlage AS 1 Die AGg. hat bislang trotz Aufforderung die (angeblichen) Kündigungsgründe nicht mitgeteilt. Kündigungsgründe iSd. § 1 KSchG gibt es auch nicht. Die AGg. beschäftigt ständig mehr als zehn Arbeitnehmer. Im Kündigungsschreiben wurde der ASt. sofort von der Arbeitsleistung freigestellt. Der ASt. hat mit Einschreiben vom […] der Freistellung widersprochen und verlangt, zumindest bis zum 31.12. […] weiterbeschäftigt zu werden. Zur Glaubhaftmachung: Schreiben des ASt. vom […], Anlage AS 2 Die AGg. hat sich jedoch geweigert, die Freistellung zurückzunehmen und den ASt. weiter zu beschäftigen. Sie ist der Auffassung, es stehe im Belieben eines jeden Arbeitgebers, Arbeitnehmer zu beschäftigen oder nicht.4 1 2 3 4

S. M 101.1 und M 101.2. Allgemein zur einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren s. M 107.1 bis M 107.3. S. zunächst die Erläuterungen zu M 22.21. Nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats (v. 27.2.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) hat der gekündigte Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Beschäftigung auch in der Zeit zwi-

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Beendigungskündigung | M 22.24 Kap. 22 Die AGg. ist nicht berechtigt, den ASt. einseitig freizustellen. Ein Recht zur Freistellung hat sie sich im Arbeitsvertrag nicht vorbehalten. Der ASt. hat auch ein dringendes Interesse daran, vertragsgemäß zumindest bis zum 31.12. […] weiterbeschäftigt zu werden. Die sofortige Freistellung hat im Kollegenkreis zu Gerüchten geführt, dem ASt. sei wegen Unregelmäßigkeiten gekündigt worden, was unstreitig nicht zutrifft. Die mit diesen Gerüchten für den ASt. verbundene Rufschädigung ließe sich durch eine Weiterbeschäftigung bis zum 31.12. […] beseitigen. Vor allem aber ist der ASt. darauf angewiesen, in seinem Beruf als Arzt weiter zu praktizieren, um seine berufliche Qualifikation nicht zu verlieren. Gerade die ärztliche Kunst entwickelt sich in rasantem Tempo fort. Ein Arzt, der seinen fachlichen Kenntnisstand halten und verbessern will, ist darauf angewiesen, zu praktizieren. Die Freistellung gefährdet deshalb die weitere berufliche Entwicklung des ASt. Dem kann nur durch Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung vorgebeugt werden.5 Zur Glaubhaftmachung für alles Vorstehende: Eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 3 Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren käme angesichts der Terminstände beim örtlich zuständigen Arbeitsgericht mit Sicherheit zu spät. […] (Unterschrift)6 schen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist. Der Beschäftigungsanspruch entfällt nur dann, wenn überwiegende Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Das kann etwa bei hochrangigen Führungskräften der Fall sein, bei einer gravierenden Störung des Vertrauensverhältnisses, oder wenn wegen Auftragsmangels oder sonstiger äußerer Umstände eine tatsächliche Weiterbeschäftigung nur unnütze Kosten (Reisetätigkeit bei Außendienstlern etc.) verursachen würde. 5 Welche Anforderungen an den Verfügungsgrund zu stellen sind, ist umstritten. Nach herrschender Auffassung reicht es nicht aus, dass ohne Erlass einer einstweiligen Verfügung der Beschäftigungsanspruch bis zur Entscheidung über die Hauptsache verloren gehen würde. Hinzukommen muss immer noch ein besonderes Interesse des Arbeitnehmers daran, tatsächlich beschäftigt zu werden (vgl. LAG Hessen v. 23.3. 1987, NZA 1988, 37; LAG Köln v. 31.7.1985 – 7 Sa 555/85, BB 1985, 2178; ausf. Baur in Dunkl/Moeller Rz. B 83 ff.). Es muss also ein über das Erfüllungsinteresse hinausgehendes Interesse des Arbeitnehmers vorliegen; die bloße Vereitelung des Erfüllungsanspruchs ist noch kein wesentlicher Nachteil iSd. § 940 ZPO. 6 Der Streitwert einer Beschäftigungsklage wird regelmäßig mit einem Bruttomonatsgehalt angesetzt (zB LAG Thüringen v. 27.2.1996, AuR 1996, 250).

M 22.24

Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Antragsteller. Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen2, 3 wir: Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung4 – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein, ansonsten unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfristen – aufgegeben, den Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kün1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Der Weiterbeschäftigungsanspruch bei Widerspruch des Betriebsrats nach § 102 Abs. 5 BetrVG ist – obwohl es sich um einen Anspruch aus dem BetrVG handelt – im Urteilsverfahren geltend zu machen, nicht im Beschlussverfahren. 3 Üblicherweise wird der Weiterbeschäftigungsantrag unmittelbar mit dem Kündigungsschutzantrag verbunden. Zwingend ist dies aber nicht. 4 Allgemein zur einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren s. M 107.1 bis M 107.3.

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Kap. 22 M 22.24 | Beendigungskündigung digungsschutzverfahrens, Arbeitsgericht […], Az. […] zu unveränderten Bedingungen im Betrieb in […] als Export-Sachbearbeiter weiter zu beschäftigen.

Begründung: Der ASt. ist seit dem […] bei der AGg. als Export-Sachbearbeiter im […] Betrieb beschäftigt, sein Gehalt betrug zuletzt Euro […] monatlich. Am […] kündigte die AGg. das Anstellungsverhältnis fristgemäß zum […] Zur Glaubhaftmachung: Vorlage des Kündigungsschreibens vom […], Anlage AS 1 Vor Ausspruch der Kündigung hörte die AGg. mit Schreiben vom […] den Betriebsrat gem. § 102 BetrVG an. In der Betriebsratsanhörung wurde die Kündigung des ASt. mit einem Einbruch bei den Export-Aufträgen begründet. Von bislang fünf Export-Sachbearbeitern würden künftig nur noch drei benötigt. Aufgrund seiner Sozialdaten gehöre der ASt. zu den beiden am wenigsten sozial schutzbedürftigen Mitarbeitern der Abteilung, deshalb müsse ihm gekündigt werden. Zur Glaubhaftmachung: Anhörung des Betriebsrats vom […], Anlage AS 2 Mit Schreiben vom […] widersprach der Betriebsrat der Kündigung nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 und 3 BetrVG.5 Die Sozialauswahl sei fehlerhaft. Der Export-Sachbearbeiter A, dem nicht gekündigt werde, sei jünger und kürzer im Betrieb als der ASt., außerdem habe er im Gegensatz zum ASt. keine unterhaltspflichtigen Kinder. Des Weiteren hat der Betriebsrat der Kündigung mit der Begründung widersprochen, der ASt. könne ohne weiteres als Sachbearbeiter im Vertriebs-Innendienst weiterbeschäftigt werden, wo derzeit eine Stelle frei sei.6 Zur Glaubhaftmachung: Schreiben des Betriebsrats vom […], Anlage AS 3 Der ASt. hat am […] unter Hinweis auf den Widerspruch des Betriebsrats von der AGg. schriftlich unter Berufung auf § 102 Abs. 5 BetrVG Weiterbeschäftigung verlangt.7 Zur Glaubhaftmachung: Schreiben des ASt. vom […], Anlage AS 4 Die AGg. hat daraufhin dem ASt. mit Schreiben vom […] mitgeteilt, er werde mit sofortiger Wirkung freigestellt, eine Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG komme nicht in Betracht. Zur Glaubhaftmachung: Schreiben der AGg. vom […], Anlage AS 5 Der ASt. hat gegen die Kündigung vom […] am […] Kündigungsschutzklage erhoben, die beim Arbeitsgericht unter dem Az. […] geführt wird. Die Güteverhandlung hat am […] stattgefunden und blieb erfolglos. Aufgrund der Überlastung der zuständigen Kammer wurde Kammertermin erst auf den […] bestimmt. Zur Glaubhaftmachung: Beiziehung der Akten des Verfahrens Az. […] Ohne den beantragten Erlass einer einstweiligen Verfügung wäre der ASt. also mehr als sechs Monate ohne Arbeit, bis das Arbeitsgericht den Weiterbeschäftigungsanspruch erstinstanzlich feststellen könnte.8 5 S. zunächst die Erläuterungen zu M 22.21 und M 22.22. 6 Praxistipp: Es ist stets sorgfältig zu prüfen, ob der Widerspruch des Betriebsrats ordnungsgemäß war. Häufig ist das nicht der Fall, weil entweder die Wochenfrist nicht eingehalten wurde, es an der notwendigen Schriftform fehlt (etwa bei mündlichem Widerspruch, wogegen Widerspruch per Fax oder per E-Mail wohl reicht, vgl. BAG v. 11.6.2002 – 1 ABR 43/01, NZA 2003, 226 zu § 99 BetrVG), oder weil aus Gründen widersprochen wird, die sich nicht den Widerspruchsgründen des § 102 Abs. 3 BetrVG zuordnen lassen (Beispiel: Widerspruch mit der Behauptung, der Arbeitsplatz falle nicht weg). 7 § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG nennt als Voraussetzung für den Weiterbeschäftigungsanspruch, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Weiterbeschäftigung verlangt. Allerdings kann das Verlangen auch in dem Antrag auf Erlass einer entsprechenden Weiterbeschäftigungsverfügung liegen. Der Antrag kann nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil der Arbeitnehmer außerprozessual die Weiterbeschäftigung noch nicht verlangt hatte. Rspr. zu dieser Frage liegt aber noch nicht vor. 8 Umstritten ist, welche Anforderungen an den Verfügungsgrund zu stellen sind. Nach einer Mindermeinung handelt es sich bei § 102 Abs. 5 BetrVG um eine Sonderregelung, für die die Darlegung eines besonderen Verfügungsgrundes nicht erforderlich ist (LAG Köln v. 2.8.1984 – 5 Ta 134, NZA 1984, 300; Galperin/ Löwisch, § 102 BetrVG Rz. 113). Dem ist entgegenzuhalten, dass § 102 Abs. 5 BetrVG nichts darüber aussagt, ob die Weiterbeschäftigung im normalen Verfahren oder per einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden kann. Vielmehr ergibt sich im Umkehrschluss aus § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG, der für die einstweilige Verfügung auf Entbindung des Arbeitgebers von der Weiterbeschäftigungspflicht bestimmte Anfor-

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Beendigungskündigung | M 22.25 Kap. 22 Es kann dem ASt. nicht zugemutet werden, so lange unbeschäftigt zu bleiben. Der AGg. wäre die Weiterbeschäftigung des ASt. auch ohne weiteres möglich und zumutbar, der alte Arbeitsplatz des ASt. existiert noch unverändert.9 Zur Glaubhaftmachung des gesamten Sachverhalts überreichen wir als Anlage AS 6 eine eidesstattliche Versicherung des ASt.10 […] (Unterschrift)11 derungen aufstellt, dass es für die Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bei den allgemeinen Regeln bleiben soll. Deshalb setzt der Eilantrag auf Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG die Darlegung eines Verfügungsgrundes voraus. Ein solcher liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitnehmer zur Erhaltung seiner beruflichen Qualifikation auf die Weiterbeschäftigung angewiesen ist. Von Bedeutung ist aber auch, ob und inwieweit bei einer Geltendmachung im Hauptsacheverfahren der Anspruch auf Weiterbeschäftigung verloren gehen würde. Insofern ist von Bedeutung, ob ein (vorläufig vollstreckbares) erstinstanzliches Urteil noch innerhalb der Kündigungsfrist oder jedenfalls nicht sehr lange nach deren Ablauf erwirkt werden kann. Ist das der Fall, fehlt es am Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung. Die Eilbedürftigkeit fehlt auch dann, wenn der Arbeitnehmer ohne Grund mit dem Eilantrag bis kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist gewartet hat. Man kann dem Arbeitnehmer zumuten, binnen einem Monat nach Zugang der Kündigung sich darüber klar zu werden, ob der Weiterbeschäftigungsanspruch durchgesetzt werden soll (ausf. zum Ganzen Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 85). 9 Wie beim allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch ist auch Voraussetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 102 Abs. 5 BetrVG, dass der Anspruch erfüllbar ist, dem Arbeitgeber also die Weiterbeschäftigung tatsächlich und rechtlich möglich ist (s. M 22.22 Fn. 11). 10 Wichtig: Die erwirkte einstweilige Verfügung muss nach allgemeinen Grundsätzen durch Zustellung im Parteibetrieb vollzogen werden. Nach Auffassung des LAG Berlin (v. 10.6.1985 – 12 Sa 32/85, DB 1986, 976) soll allerdings eine Vollziehung bereits darin liegen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich weiterbeschäftigt wird. Diese Ansicht ist jedoch zweifelhaft, so dass vorsorglich immer die Zustellung zu empfehlen ist (s. M 22.22 Fn. 12). 11 Als Streitwert sind ein halbes bis zwei Monatseinkommen anzusetzen (Baur in Dunkl/Moeller, Rz. B 93), s. auch M 22.22 Fn. 13.

M 22.25

Einstweilige Verfügung des Arbeitgebers auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG

An das Arbeitsgericht1, 2 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)3 vertreten wir die Antragstellerin. 1 Allgemein zur einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren s. M 107.1 bis M 107.3. 2 Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht, bei dem die Kündigungsschutzklage anhängig ist. Der Antrag wird jedoch nicht Bestandteil des Kündigungsschutzverfahrens, sondern unter getrenntem Aktenzeichen geführt und getrennt verhandelt. Hat der Arbeitnehmer allerdings beim örtlich unzuständigen Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage erhoben, kann und muss der Arbeitgeber beim zuständigen Gericht den Antrag nach § 102 Abs. 5 BetrVG stellen (str.). Streitig ist die Zuständigkeit, wenn das Hauptsacheverfahren (Kündigungsschutzklage) bereits in der Berufung ist. Nach einer verbreiteten, aber fraglichen Auffassung (zB LAG Düsseldorf v. 30.8.1977, DB 1977, 2383; LAG BW v. 18.3.1988, LAGE § 102 BetrVG Beschäftigungspflicht Nr. 9) ist in diesem Fall der Entbindungsantrag beim Arbeitsgericht zu stellen. Im Interesse der Verfahrensökonomie vorzugswürdig erscheint dagegen die Auffassung, dass für den Entbindungsantrag das Berufungsgericht zuständig ist (aA Baur in Dunkl/Moeller Rz. B 159). 3 S. M 101.1 und M 101.2.

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Kap. 22 M 22.25 | Beendigungskündigung Namens und im Auftrag der Antragstellerin beantragen4 wir: 1. Die Antragstellerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung5 – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein – von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Antragsgegners nach § 102 Abs. 5 BetrVG6 entbunden, 2. hilfsweise, die beantragte einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfristen zu erlassen.

Begründung: Die ASt. ist ein Maschinenbau-Unternehmen mit zahlreichen verschiedenen Standorten im Bundesgebiet. Am Standort […] mit 19 Beschäftigten werden ausschließlich Spezialmaschinen für den Großkunden A gefertigt. Im Frühjahr […] hat der Großkunde A mitgeteilt, er werde wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten seine Produktion zum Jahresende einstellen und bis dahin keinerlei Maschinen von der ASt. mehr abnehmen. Die ASt. hat daraufhin allen Mitarbeitern des Betriebes betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Die Kündigung des AGg. erfolgte am […] mit Wirkung zum […] Zur Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom […], Anlage AS 1 Der am Standort […] gebildete Betriebsrat wurde vor Ausspruch der Kündigung am […] ordnungsgemäß angehört. Er hat der Kündigung (innerhalb der Wochenfrist und formell ordnungsgemäß7 schriftlich) mit der Begründung widersprochen, der AGg. könne an anderen Standorten des Unternehmens weiterbeschäftigt werden, notfalls seien dort entsprechende Arbeitsplätze einzurichten. Es sei aus sozialen Gründen nicht tragbar, den AGg. in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Zur Glaubhaftmachung: Widerspruchsschreiben des Betriebsrats vom […], Anlage AS 2 Der AGg. hat gegen die Kündigung vom […] fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben und mit Schreiben an die ASt. vom […] Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG über den Kündigungstermin hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verlangt.8, 9 Zur Glaubhaftmachung: Schreiben des AGg. vom […], Anlage AS 3, Klageschrift vom […], Anlage AS 4 4 Das Gericht entscheidet im Urteilsverfahren, nicht im Beschlussverfahren, obwohl sich der Entbindungsanspruch aus dem BetrVG ergibt. 5 Die Geltendmachung des Entbindungsanspruchs im Hauptsacheverfahren ist ausgeschlossen. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG ist nach einhelliger Auffassung abschließend, so dass nur die Geltendmachung im Wege der einstweiligen Verfügung in Betracht kommt (BAG v. 31.1.1978, AP Nr. 1 zu § 102 BetrVG Weiterbeschäftigung). Damit kommt auch eine Erzwingung der Hauptsacheklage durch den Arbeitnehmer nach §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht (BAG v. 31.1.1978, AP Nr. 1 zu § 102 BetrVG Weiterbeschäftigung). 6 Es sollte nicht pauschal beantragt werden, von „der Weiterbeschäftigungspflicht“ entbunden zu werden, da das Gericht der Auffassung sein könnte, es solle auch vom allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch gem. der Rspr. des Großen Senats entbunden werden. 7 Nach hM ist der Entbindungsantrag nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG auch dann zulässig, wenn der Widerspruch des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß war, etwa wegen Missachtung der Schriftform (s. aber M 22.24 Fn. 6) oder wegen Überschreitung der Wochenfrist aus § 102 Abs. 3 BetrVG (LAG Hbg. v. 9.4.2014 – 6 SaGa 2/14, ArbRAktuell 2015, 31; LAG Düsseldorf v. 15.3.1978, DB 1978, 1283; LAG Hamm v. 31.3.1979, DB 1979, 1232). Nach der Gegenauffassung soll dagegen in solchen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis für einen Entbindungsantrag nach § 102 Abs. 5 Satz 2 fehlen (LAG Hessen v. 2.11.1984, NZA 1985, 163). Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen, da sie das ohnehin komplizierte Verfahren nach § 102 Abs. 5 BetrVG noch weiter verkompliziert. Nicht möglich ist der nahe liegende Ausweg, den Entbindungsantrag nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG mit einem Hilfsantrag auf Feststellung zu verbinden, dass der Arbeitgeber nicht zur Weiterbeschäftigung verpflichtet ist. Es ist grundsätzlich nicht möglich, Feststellungsanträge im einstweiligen Verfügungsverfahren zu stellen (aA Baur in Dunkl/Moeller Rz. B 153; Stein/Jonas/Grunsky, Vor § 935 ZPO Rz. 60). 8 Macht der Arbeitnehmer nach Widerspruch des Betriebsrats und Erhebung der Kündigungsschutzklage den Weiterbeschäftigungsanspruch außergerichtlich geltend, stellt der Arbeitgeber in der Praxis den Entbindungsantrag nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG meist nicht sofort, sondern wartet zunächst ab, ob der Arbeitnehmer seinen Weiterbeschäftigungsantrag gerichtlich (mit Hauptsacheklage oder im Eilverfahren) geltend macht. Das ist nicht ungefährlich, da nach herrschender Auffassung (LAG Düsseldorf v. 30.8.1977,

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Beendigungskündigung | M 22.25 Kap. 22 Die ASt. ist von der Weiterbeschäftigung gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG zu entbinden. Zum einen ist die Kündigungsschutzklage des AGg. offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg. Dass die Beschäftigungsmöglichkeit für den AGg. im Betrieb […] entfallen ist, dürfte unstreitig sein. Eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb des Unternehmens scheidet aus, da es im ganzen Unternehmen keine freien Arbeitsplätze gibt. Vielmehr wird seit längerem kontinuierlich Personal abgebaut. Zur Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Personalleiters […], Anlage AS 5 Vor allem aber würde die Weiterbeschäftigung des AGg. zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung führen.10 Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens gehen vor den örtlichen Arbeitsgerichten üblicherweise ein bis zwei Jahre ins Land. Während der gesamten Zeit könnte die ASt. den AGg. ebenso wie seine 18 Kollegen nicht sinnvoll beschäftigen. Die ASt. hätte Lohnkosten in Millionenhöhe zu tragen, ohne irgendeine Gegenleistung zu erhalten. Das Unternehmen der ASt. steckt ohnehin in einer existenzbedrohenden Krise. Im vergangenen Jahr wurde ein Verlust in Höhe von Euro 10,0 Mio. erwirtschaftet. Eine Belastung mit Lohn- und Gehaltskosten, denen keine tatsächliche Arbeitsleistung gegenübersteht, würde die bei der ASt. verbliebenen Arbeitsplätze gefährden und könnte eine Insolvenz herbeiführen.11, 12 Zur Glaubhaftmachung: Zeugnis des Wirtschaftsprüfers […] (ladungsfähige Anschrift) […] (Unterschrift)13

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DB 1977, 2383) der Arbeitgeber die Einwendungen gegen die Weiterbeschäftigungspflicht aus § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG nur im Wege des gesetzlich geregelten Entbindungsantrags geltend machen kann, aber nicht einer vom Arbeitnehmer beantragten einstweiligen Verfügung auf Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG als Einreden entgegenhalten kann. Da der Entbindungsantrag nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG nur im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden kann, ist nach richtiger Auffassung die Darlegung eines besonderen Verfügungsgrundes nicht erforderlich (statt aller: Germelmann/Matthes/Prütting, § 62 ArbGG Rz. 110). Insb. muss keine Dringlichkeit dargelegt werden (LAG Düsseldorf v. 15.3.1978, DB 1978, 1282; LAG Nürnberg v. 5.9. 2006 – 6 Sa 458/06, DB 2007, 752). Wenn das Gesetz ausschließlich die einstweilige Verfügung zulässt, geht es offensichtlich davon aus, dass die Entbindung immer dringend ist. An die Darlegung der unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung stellen die Gerichte erfahrungsgemäß außerordentlich hohe Anforderungen. Die wirtschaftlichen Belastungen müssen so gravierend sein, dass sie Auswirkungen auf Liquidität oder Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens haben. Bei einer einzelnen Kündigung werden diese Voraussetzungen kaum je vorliegen. Bedeutung hat dieser Entbindungsgrund deshalb vor allem bei Massenentlassungen. Insoweit ist zu beachten, dass bei Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG der Arbeitgeber auch dann die Vergütung für den Weiterbeschäftigungszeitraum zu zahlen hat, wenn die Kündigungsschutzklage letztlich rechtskräftig abgewiesen wird (statt aller KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 215 ff.). Nicht ausreichend ist auf jeden Fall die Darlegung, der Arbeitnehmer könne nicht mehr sinnvoll beschäftigt werden. Ist dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung rechtlich oder tatsächlich unmöglich, so ist das nicht im Entbindungsverfahren nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG geltend zu machen, vielmehr kann der Arbeitgeber diesen Einwand unmittelbar im Weiterbeschäftigungsverfahren nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG (Haupt- oder Eilverfahren) vorbringen, der Weiterbeschäftigungsantrag des Arbeitnehmers ist dann abzuweisen (s. M 22.23). Jedoch kann der Arbeitgeber sich nicht auf einen Wegfall des Arbeitsplatzes berufen, wenn der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch durch Zuweisung einer anderen vertragsgemäßen Tätigkeit erfüllt werden kann (BAG v. 21.3. 2018 – 10 AZR 560/16, NZA 2018, 1071, Anm. Lingemann ArbRAktuell2018, 191). Wichtig: Umstritten ist, ob die Entbindungsverfügung vollzogen werden muss. Nach hA (LAG Hamm v. 12.12.1986 – 16 Sa 1271/86, DB 1987, 1945; LAG Nürnberg v. 5.9.2006 – 6 Sa 458/06, DB 2007, 752; ebenso KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 235a) hat die Entbindung rechtsgestaltende Wirkung, so dass eine Zwangsvollstreckung durch Vollziehung entbehrlich ist. Gleichwohl sollte vorsorglich auch eine Urteilsverfügung (für die Beschlussverfügung ist ohnehin Zustellung im Parteibetrieb erforderlich) nach den allgemeinen Regeln durch Zustellung vollzogen werden. Wird dem Entbindungsantrag erstinstanzlich stattgegeben, so endet damit der Weiterbeschäftigungsanspruch. Widerspruch und Berufung des Arbeitnehmers haben keine aufschiebende Wirkung. Der Streitwert des Entbindungsantrags ist umstritten. Meist werden zwei Monatsgehälter angesetzt (BAG v. 18.1.1996, NZA 1996, 1175; LAG Köln v. 4.7.1995, LAGE § 19 GKG Nr. 15; ArbG Berlin v. 5.1.1973, DB 1973, 192). Ein Abschlag für das Eilverfahren ist ausgeschlossen, da ein Hauptverfahren nicht stattfindet.

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Kap. 22 M 22.26 | Beendigungskündigung

M 22.26

Klage gegen fristlose Kündigung und auf Gehaltszahlung

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 31.3. […] nicht geendet hat.3 2. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. 3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als […] weiter zu beschäftigen.4 4. Die Beklagte wird verurteilt, Euro 3.000,– nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.5. […] an den Kläger zu zahlen.5, 6, 7 1 Wichtig: Gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt auch für die Klage gegen außerordentliche Kündigungen die Drei-Wochen-Frist der §§ 4, 7 KSchG. Seit 2004 sind die §§ 4, 7 KSchG auch im Kleinbetrieb und auch in der sechsmonatigen Wartezeit gem. § 1 Abs. 1 KSchG anwendbar (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG). 2 S. M 101.1 und M 101.2. 3 Die Klage gegen eine außerordentliche Kündigung greift immer zugleich eine im Wege der Umdeutung gewonnene ordentliche Kündigung an (BAG v. 27.6.2019 – 2 AZR 28/19, NZA 2019, 1343). Ist hingegen ausdrücklich hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen worden, sollte sie unbedingt separat angegriffen werden. 4 S. dazu M 22.22. 5 Allgemein zur Antragstellung bei Zahlungsklagen, insb. zu Fragen von brutto/netto, Verzinsung, Verzugsschaden etc. s. M 101.3. 6 Praxistipp: Die Vor- und Nachteile einer Klage auf Gehaltszahlung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. nach Zugang der fristlosen Kündigung sind sorgfältig abzuwägen. Vorteil ist, dass bei stattgebendem erstinstanzlichen Urteil ohne Sicherheitsleistung (§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) vollstreckt werden kann, so dass der Arbeitnehmer nicht mehr auf das niedrigere Arbeitslosengeld angewiesen ist. Aber die Klage kann sich auch als hinderlich erweisen, wenn der Arbeitnehmer in erster Instanz obsiegt und danach doch noch ein Vergleich abgeschlossen wird. Es ist dann nicht mehr möglich, bereits titulierte und vollstreckte Gehaltsansprüche in eine steuerlich und sozialversicherungsrechtlich günstigere Abfindung umzuwandeln. Auch kostenmäßig wirkt sich die Klage auf Gehaltsfortzahlung nicht unbedingt aus (s. M 22.26 Fn. 10). Die Klage auf Gehaltsfortzahlung ist auch nicht erforderlich, um den Arbeitgeber in Annahmeverzug nach § 615 Satz 1 BGB zu setzen. Denn bereits in der Erhebung der Kündigungsschutzklage liegt eine ausreichende Anzeige der Arbeitsbereitschaft, so dass schon durch Erhebung der Kündigungsschutzklage der Arbeitgeber in Verzug gerät. Nach der Rspr. des BAG soll sogar der Arbeitgeber auch dann in Annahmeverzug geraten, wenn er dem Arbeitnehmer unberechtigt kündigt, ohne dass ein ausdrückliches Angebot des Arbeitnehmers auf Weiterarbeit notwendig wäre (BAG v. 9.8.1984 – 2 AZR 374/ 83, NZA 1985, 119 und v. 21.3.1985, NZA 1985, 778). Besonderheiten gelten nur, wenn der Arbeitnehmer bei Zugang der Kündigung krank war (BAG v. 24.10.1991 – 2 AZR 112/91, NZA 1992, 403). Klagen auf „Feststellung, dass sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug befindet“, sind unzulässig, weil eine reine Vorfrage betreffend (BAG v. 31.5.2000, NJW 2000, 2663). 7 Wichtig: Die Erhebung der Gehaltsklage ist nicht erforderlich, um eine (einzel- oder tarifvertragliche) einstufige Ausschlussfrist zu wahren. Nach ständiger Rspr. des BAG ist in der Erhebung der Kündigungsschutzklage eine ausreichende Geltendmachung im Sinne solcher Ausschlussfristen zu sehen (seit BAG v. 10.4.1963, NJW 1963, 1517). Anders entschied dagegen das BAG lange Zeit bei sog. zweistufigen Ausschlussfristen, nach denen Vergütungsansprüche zunächst innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich geltend gemacht werden und dann binnen einer weiteren Frist nach Ablehnung oder Ausbleiben einer Antwort eingeklagt werden müssen (s. M 12.4). In der Erhebung der Kündigungsschutzklage sah das BAG

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Beendigungskündigung | M 22.26 Kap. 22

Begründung: Der Kl. ist seit […] bei der Bekl. als […] mit einem Gehalt von Euro 3.000,– pro Monat beschäftigt. Die Bekl. beschäftigt ca. 50 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Die Bekl. hat das Arbeitsverhältnis am 31.3. […] fristlos gekündigt, das Kündigungsschreiben wurde dem Kl. am selben Tag persönlich übergeben. Beweis: Kündigungsschreiben vom 31.3. […], Anlage K 1 Mündlich wurde zur Begründung der Kündigung angegeben, der Kl. habe seinem Arbeitskollegen A aus dem Spind Euro 200,– gestohlen. Dieser Vorwurf trifft nicht zu. Der Kl. hat seinem Kollegen A nichts gestohlen. Die Kündigung ist folglich schon nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksam, weil kein „wichtiger Grund“ vorlag.8 Im Übrigen ist die Kündigung auch unwirksam, weil die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden ist.9 Der Personalleiter der Bekl. hat dem Kl. bei Übergabe der Kündigung am 31.3. […] erklärt, man sei bereits seit drei Wochen überzeugt, dass er den Diebstahl begangen habe. Er (der Personalleiter) habe aber mit dem Ausspruch der Kündigung noch warten müssen, da er noch mit dem (an sich nicht zuständigen) Personalleiter der Konzernmutter habe Rücksprache nehmen wollen. Dieser sei aber im Urlaub gewesen. Beweis: Zeugnis des Personalleiters der Bekl., zu laden über diese Im Übrigen wird die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG mit Nichtwissen bestritten. Mit dem Klageantrag Ziff. 3 macht der Kl. gem. der Rechtsprechung des Großen Senats des BAG den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend. Mit dem Klageantrag Ziff. 4 wird der Gehaltsanspruch des Kl. für den Monat April […] geltend gemacht. Die Bezüge sind nach den Bedingungen des Anstellungsvertrages zum Monatsletzten fällig, so dass ab dem 1. des Folgemonats Zinsen anfallen (§ 286 BGB). Der Kl. hat bereits bei Übergabe der Kündigung diese mündlich zurückgewiesen und seine weitere Arbeitsleistung angeboten. Beweis: wie vor Anderweitige Einkünfte in der Zeit seit Ausspruch der Kündigung, die nach § 615 Satz 2 BGB anzurechnen wären, hat der Kläger nicht erzielt.10 keine gerichtliche Geltendmachung von Vergütungsansprüchen. Bei zweistufigen Ausschlussfristen war also die Erhebung einer Klage auf Gehaltsfortzahlung unabdingbar. Diese Rspr. hat das BAG mittlerweile aus AGB-rechtlichen Gründen aufgegeben (v. 19.3.2008 – 5 AZR 429/07, NZA 2008, 757), so dass nunmehr die Kündigungsschutzklage im Regelfall auch eine zweistufige Ausschlussfrist wahrt. Zu beachten ist allerdings, dass die Erhebung der Kündigungsschutzklage die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB nicht unterbricht (BAG v. 24.6.2015 – 5 AZR 509/13, NZA 2015, 1256)! Insb. bei komplizierten Sachverhalten und überlasteten Arbeitsgerichten kann es durchaus vorkommen, dass sich ein Kündigungsschutzverfahren über mehr als drei Kalenderjahre hinzieht. Dann ist die gesonderte Geltendmachung der Vergütungsansprüche durch Klageerweiterung oder Mahnbescheid unabdingbar. Solange über die Rechtswirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung nicht rechtskräftig entschieden ist, ist ein gesondert geführter Rechtsstreit auf Vergütung wegen Annahmeverzugs entweder nach § 148 ZPO auszusetzen oder im Annahmeverzugsprozess über die Wirksamkeit der Kündigung als Vorfrage zu befinden (BAG v. 11.10.2017 – 5 AZR 694/16, NZA 2018, 1038). 8 Praxistipp: Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist der Arbeitgeber beweispflichtig. Selbst wenn dem Arbeitnehmer bekannt ist, aus welchem Grund gekündigt worden ist, sollte er dazu in der Klageschrift nichts vortragen, sondern nur pauschal das Vorliegen von Kündigungsgründen bestreiten. Es ist immer geschickter, zunächst den Arbeitgeber vortragen zu lassen und dann zu erwidern. 9 Fristlose Kündigungen scheitern häufig an der Zwei-Wochen-Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB, zumal innerhalb der zwei Wochen auch noch die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG (drei Tage Äußerungsfrist) stattfinden muss. Für die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dies gilt aber nur, wenn der Arbeitnehmer bestritten hat, dass die Frist eingehalten wurde. Der Arbeitnehmer kann sich allerdings auf pauschales Bestreiten mit Nichtwissen beschränken, er braucht nicht Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die Frist nicht eingehalten wurde. 10 Anderweitigen Erwerb während des Annahmeverzugs muss sich der Arbeitnehmer nach § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen. In der Praxis ist oft zu beobachten, dass der Arbeitnehmer trotz anderweitigen Verdienstes auf das volle Bruttogehalt klagt. Da die „Anrechnung“ nach § 615 Satz 2 BGB keine Willenserklärung des Arbeitgebers voraussetzt, sondern sich der Gehaltsanspruch kraft Gesetzes reduziert, begeht

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Kap. 22 M 22.26 | Beendigungskündigung […] (Unterschrift)11 der Arbeitnehmer einen Prozessbetrug, wenn er unter Verschweigen des anderweitigen Verdienstes auf die ungeminderte Vergütung klagt. Vermutet der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst erzielt hat, macht eine selbständige Klage auf Auskunft wenig Sinn. Obwohl analog zu § 74c Abs. 2 HGB ein selbständig einklagbarer Auskunftsanspruch besteht (BAG v. 29.7.1993 – 2 AZR 110/93, DB 1993, 2437; v. 2.6.1987, AP Nr. 13 zu § 74c HGB), ist dieser Weg zu umständlich und langwierig. Für den Arbeitgeber einfacher ist es, das Zurückbehaltungsrecht aus §§ 273, 320 BGB geltend zu machen, bis der Arbeitnehmer Auskunft erteilt hat (BAG v. 19.7.1978, NJW 1979, 285). 11 Seit jeher umstritten ist, ob hinsichtlich des Streitwerts die eingeklagten Vergütungsansprüche zu dem Streitwert der Kündigungsschutzklage (§ 42 Abs. 2 GKG: Vierteljahresbezug, s. M 22.16 Fn. 13) zu addieren sind. Das ist bei rückständigen Vergütungsansprüchen aus der Zeit vor der Kündigung auf jeden Fall zu bejahen (LAG Bremen v. 25.8.2005, AE 2006, Nr. 352). Für die Zeit danach ist die Rspr. der Gerichte unterschiedlich (für Addition beispielsweise LAG München v. 20.11.2001 – 9 Ta 354/01; LAG Hessen v. 2.9. 1999 – 15 Ta 465/99; LAG Hamburg v. 15.5.1990, LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 85; aA zB LAG Berlin v. 2.11.2005 – 17 Ta (Kost) 6073/05; LAG Nürnberg v. 15.2.2005 – 8 Ta 26/05; wieder anders LAG Hamm v. 30.1.2002, NZA-RR 2002, 380: Bewertung der Vergütungsansprüche pauschal mit einem zusätzlichen Bruttomonatsverdienst). Sofern mehr als drei Monatsgehälter eingeklagt werden, sollte dies auf jeden Fall gebührenerhöhend sein.

M 22.27

Klage wegen falscher Kündigungsfrist

An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen:2 1. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 25.3. […] aufgelöst wird. 2. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 25.3. […] nicht vor dem 31.10. […] endet. 3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als kaufmännischen Leiter im Betrieb in […] weiter zu beschäftigen.

Begründung: Die Bekl. ist eine Werbeagentur mit insgesamt dreißig Mitarbeitern. Der Kl. ist seit dem […] bei der Bekl. als kaufmännischer Leiter tätig. Grundlage seiner Tätigkeit ist der Dienstvertrag vom […] (Anlage K 1). Die Gesamtbezüge des Kl. beliefen sich zuletzt auf ca. Euro […] p.a. Dem Kl. wurde am 25.3. […] vom Geschäftsführer eine Kündigung zum 30.6. […] ausgehändigt. Beweis: Kündigungsschreiben vom 25.3. […], Anlage K 2. Das Vorliegen von Kündigungsgründen gem. § 1 KSchG wird mit Nichtwissen bestritten, die Bekl. mag dazu vortragen. 1 S. M 101.1 und M 101.2. 2 Die dreiwöchige Klagefrist der §§ 4, 7 KSchG gilt seit 2004 auch in Kleinbetrieben iSd. § 23 KSchG. Zu den Einzelheiten der Klageanträge s. M 22.16.

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Beendigungskündigung | M 22.28 Kap. 22 Die Kündigung ist jedenfalls schon deshalb unwirksam, weil sie mit unzutreffender Frist ausgesprochen wurde. Die Kündigung ist offenbar mit der im Anstellungsvertrag vorgesehenen Frist von drei Monaten ausgesprochen worden. Die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB sind jedoch nicht einzelvertraglich abdingbar. Aufgrund seiner mehr als 20-jährigen Betriebszugehörigkeit galt für den Kl. also eine Kündigungsfrist von sieben Monaten. Die Kündigung hätte somit allenfalls zum 31.10. […] wirksam werden können. Es war früher allgemein anerkannt, dass eine mit falscher (zu kurzer) Frist erklärte Kündigung nicht unwirksam ist, sondern in eine Kündigung zum richtigen Termin umzudeuten ist. Diese Rechtsprechung hat das BAG richtigerweise inzwischen jedoch aufgegeben (wird ausgeführt).3 Deshalb wird mit dem Klagantrag Ziff. 1 die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht. Sollte hingegen das ArbG die Auffassung vertreten, die Kündigung sei im Übrigen wirksam, und überdies dahin auszulegen, dass sie als mit richtiger Frist ausgesprochen gilt, oder sie sei in eine Kündigung mit richtiger Frist umzudeuten, wird mit dem Klagantrag Ziff. 2 geltend gemacht, dass das Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht vor dem 31.10. […] endet. […] (Unterschrift)4 3 Die Rechtsprechung zu Kündigungen, die mit falschem Termin ausgesprochen worden sind, hat sich mehrfach geändert. Die frühere Rechtsprechung ging davon aus, dass eine solche Kündigung dahingehend auszulegen sei, dass sie als zum richtigen Zeitpunkt ausgesprochen gilt (BAG v. 15.12.2005 – 2 AZR 148/05; v. 6.6.2006 – 2 AZR 215/05; v. 9.2.2006 – 6 AZR 283/05). Diese Rechtsprechung hatte für den Arbeitnehmer den Vorteil, dass er sich nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gem. §§ 4, 7 KSchG auf die Fehlerhaftigkeit der Fristberechnung berufen musste. Nach Auffassung des 5. Senats des BAG (BAG v. 1.9.2010 – 5 AZR 700/89; v. 15.5.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076) soll hingegen eine solche Auslegung nur dann möglich sein, wenn die richtige Frist für den Arbeitnehmer unschwer zu ermitteln sei. Sei das nicht der Fall, sei die Kündigung unwirksam. Zwar komme dann eine Umdeutung der nichtigen Kündigung in eine wirksame Kündigung zum richtigen Termin nach § 140 BGB in Betracht. Eine solche Umdeutung scheitere allerdings, wenn wegen Versäumung der Klagefrist der §§ 4, 7 KSchG die unwirksame Kündigung zur falschen Frist als wirksam zu behandeln ist. Schlussendlich kommen beide Auffassungen also zum selben Ergebnis, aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Drei-Wochen-Frist der §§ 4, 7 KSchG Klage erhebt. Wichtig: Eine zum falschen Termin erklärte Kündigung sollte immer vorsorglich innerhalb der Drei-Wochen-Frist der §§ 4, 7 KSchG gerichtlich angegriffen werden. 4 Auch bei Nichtanwendbarkeit des KSchG ergibt sich der Streitwert aus § 42 Abs. 2 GKG (Vierteljahresbezug, s. M 22.16 Fn. 13). Deshalb ist die Angabe der Vergütung in der Klageschrift sinnvoll.

M 22.28

Gesellschafterbeschluss zur Abberufung und Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers

Niederschrift über einen Gesellschafterbeschluss1,

2

Die Gesellschaftsanteile der X-GmbH (Handelsregister Nr. […]) werden zu je 50 % von der X Deutschland Holding GmbH (Handelsregister Nr. […]) und der Y-AG (Handelsregister Nr. […]) gehalten. Unter Verzicht auf die Einhaltung sämtlicher Form- und Fristvorschriften, insbesondere betreffend Ladung, Einberufung 1 Wichtig: Viele Kündigungen von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern sind unwirksam, weil ein ordnungsgemäßer Gesellschafterbeschluss fehlt. Eine ohne einen wirksamen Gesellschafterbeschluss ausgesprochene Kündigung ist unheilbar nichtig. Sie kann auch durch einen nachfolgenden Gesellschafterbeschluss nicht mehr rückwirkend geheilt werden. Stillschweigende Gesellschafterbeschlüsse gibt es nicht, der Beschluss muss immer klar und eindeutig formuliert sein. Besonders problematisch sind fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse beim Ausspruch einer fristlosen Kündigung, da wegen der Zwei-WochenFrist (§ 626 Abs. 2 BGB) eine Reparatur regelmäßig ausgeschlossen ist. 2 Wichtig: Vor der Beschlussfassung ist sorgfältig zu prüfen, ob die Gesellschafterversammlung überhaupt für die Abberufung und Kündigung des Geschäftsführers zuständig ist. Häufig wird diese Kompetenz auf

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Kap. 22 M 22.28 | Beendigungskündigung und Ankündigung, halten die Unterzeichner hiermit eine außerordentliche Gesellschafterversammlung3, der X-GmbH ab und beschließen einstimmig:

4

1. Die Bestellung von Herrn […] zum Geschäftsführer der X-GmbH wird mit sofortiger Wirkung widerrufen. 2. Das Anstellungsverhältnis zwischen Herrn […] und der X-GmbH wird aus wichtigem Grund fristlos gekündigt.5 3. Das Vorstandsmitglied der Y-AG, Herr […], wird beauftragt und bevollmächtigt, Herrn […] die Beschlüsse Ziff. 1 und 2 bekannt zu geben. Herr […] wird zugleich von den Gesellschaftern bevollmächtigt, sämtliche Rechtsgeschäfte und Erklärungen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Herrn […] im Namen der X-GmbH abzugeben, dies betrifft insbesondere auch den Abschluss von Vergleichen bzw. Aufhebungsverträgen.6 Für die X Deutschland Holding GmbH:7 […]

[…]

(Geschäftsführer)

(Geschäftsführer)

Für die Y-AG: […]

[…]

(Vorstandsmitglied)

(Vorstandsmitglied)

3 4 5 6

7

(freiwillige oder zwingende) Aufsichtsräte, Beiräte, Verwaltungsräte etc. verlagert, was zulässig ist. Unter der Mitbestimmung des DrittelbG bleibt die Kompetenz zur Abberufung und Kündigung der GmbH-Geschäftsführer bei der Gesellschafterversammlung. Nach dem MitbestG ist dagegen zwingend der Aufsichtsrat zuständig. Bei Aktiengesellschaften ist für die Kündigung eines Vorstandsmitglieds immer der Aufsichtsrat zuständig. Wenn die Satzung es erlaubt, kann der Beschluss auch im schriftlichen Verfahren gefasst werden. Die frühere Rspr., wonach zumindest in Bezug auf den Dienstvertrag auch eine Vertretung der GmbH durch die Mit-Geschäftsführer zulässig sein sollte, hat der BGH zu Recht aufgegeben (BGH v. 25.3.1991 – II ZR 169/90, GmbHR 1991, 363). Wichtig: Der Beschluss muss unbedingt erkennen lassen, dass die Gesellschafter zwischen der Abberufung vom Amt und der Kündigung des Dienstvertrages unterschieden haben. Ansonsten bleibt unklar, was beschlossen wurde. Wichtig: Die Gesellschafter müssen darauf achten, das Risiko einer Zurückweisung nach § 174 BGB auszuschließen. Typischerweise regelt die Satzung, dass der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung für die Bekanntgabe von Beschlüssen gegenüber Dritten zuständig ist. Soll der Beschluss auf diese Weise bekannt gegeben werden, bedarf es keiner besonderen Zuständigkeitsregelung im Abberufungsbeschluss. Sieht dagegen die Satzung dazu nichts vor, ist es ratsam, die zuständige Person ausdrücklich im Abberufungsbeschluss zu benennen. Noch wichtiger ist, dass bei der Bekanntgabe des Beschlusses gegenüber dem Geschäftsführer eine Niederschrift mit Originalunterschriften aller Beteiligten dem Geschäftsführer ausgehändigt wird. Denn es ist umstritten, ob die Bekanntgabe des Abberufungs- und Kündigungsbeschlusses ein Rechtsgeschäft iSv. § 174 BGB ist (so OLG Düsseldorf v. 17.11.2003 – I-15 U 225/02, DB 2004, 920; dazu Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539). Solange diese Frage nicht höchstrichterlich entschieden ist, sollte durch die Beifügung eines originalunterzeichneten Beschlusses vorsorglich das Risiko einer Zurückweisung nach § 174 BGB ausgeschlossen werden. Wichtig: Sind die Gesellschafter juristische Personen, werden sie durch ihre jeweiligen Vertretungsorgane (GmbH-Geschäftsführer, AG-Vorstände, etc.) vertreten. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass die Vertretung ordnungsgemäß erfolgt. Sind die Organmitglieder nur gemeinschaftlich vertretungsbefugt, so müssen mehrere bzw. alle von ihnen an der Beschlussfassung mitwirken.

940 | Diller

Beendigungskündigung | M 22.29 Kap. 22

M 22.29

Einstweilige Verfügung auf Herausgabe von Arbeitspapieren

An das Arbeitsgericht1, 2 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)3 vertreten wir den Antragsteller. Namens und im Auftrag des Antragstellers beantragen wir: 1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein – aufgegeben, einen Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 Satz 3 ff. EStG), die Urlaubsbescheinigung (§ 6 Abs. 2 BUrlG) und die Arbeitsbescheinigung (§ 312 SGB III) des Antragstellers herauszugeben, 2. hilfsweise, die beantragte einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfristen zu erlassen.

Begründung: Der ASt. war bei der AGg. bis zum […] als Maurer tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des ASt. Zur Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben des ASt. vom […], Anlage AS 1 Unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung trat die AGg. an den ASt. heran und verlangte von ihm die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von Euro 5.000,–. Zur Begründung gab die AGg. an, der ASt. habe Ende Mai […] durch Unachtsamkeit einen Radlader beschädigt, der Schaden betrage Euro 5.000,–. Der ASt. hat die Zahlung verweigert, da er nie einen Radlader beschädigt hat. Der Radlader wurde von seinem Arbeitskollegen X beschädigt, ohne dass den ASt. daran eine Schuld traf. Die AGg. hat jedoch auf ihrem Standpunkt beharrt und dem ASt. erklärt, er werde seine Arbeitspapiere nicht bekommen, bevor er nicht die Euro 5.000,– gezahlt habe. Dies wurde ihm letztmals am […] von dem Prokuristen Y in Gegenwart des Arbeitskollegen Z erklärt. Zur Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Arbeitskollegen Z (ladungsfähige Anschrift), Anlage AS 2 Die AGg. hat kein Recht, dem ASt. die Arbeitspapiere vorzuenthalten.4 Zurückbehaltungsrechte an Arbeitspapieren bestehen nach einhelliger Auffassung grundsätzlich nicht.5 Im Übrigen stehen der AGg. ohnehin keine Gegenansprüche zu, da der ASt. für die Beschädigung des Radladers nicht verantwortlich ist. Es ist dem ASt. nicht zuzumuten, die Arbeitspapiere im Hauptsacheverfahren heraus zu verlangen. Der ASt. bewirbt sich derzeit bei mehreren anderen Baufirmen in der Region. Zwei Unternehmen haben dem ASt. 1 Allgemein zur einstweiligen Verfügung im Urteilsverfahren s. M 107.1 bis M 107.3. 2 Wichtig: Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3e ArbGG. Das gilt aber entgegen einem verbreiteten Irrtum nur für die Pflichten des Arbeitgebers auf Herausgabe und Ausfüllung der Papiere. Ansprüche auf Korrektur falsch ausgefüllter Arbeitspapiere sind hingegen nach verbreiteter Auffassung vor den jeweiligen Fachgerichten anzubringen (zB BAG v. 20.4.2005 – 2 AZR 201/04, NZA 2005, 877: Zuständigkeit der Finanzgerichte für die Korrektur von Lohnsteuerbescheinigungen). 3 S. M 101.1 und M 101.2. 4 Der Verfügungsanspruch ergibt sich für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung aus § 41b Abs. 1 Satz 3 ff. EStG, für die Urlaubsbescheinigung aus § 6 Abs. 2 BUrlG, für die Arbeitsbescheinigung aus § 312 SGB III. Daneben ergibt sich der Herausgabeanspruch aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis (BAG v. 23.1.1958, AP Nr. 22 zu § 61 ArbGG 1953). 5 Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers an den Arbeitspapieren wegen (angeblicher) Gegenforderungen wird von der herrschenden Meinung (BAG v. 20.12.1958, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Urlaubskarten) zu Recht abgelehnt, da die Arbeitspapiere vor allem öffentlich-rechtliche Funktion haben.

Diller | 941

Kap. 22 M 22.29 | Beendigungskündigung bereits die Einstellung zum […] zugesagt, allerdings unter der Voraussetzung, dass der ASt. bis dahin seine Arbeitspapiere beibringt. Die Bundesagentur für Arbeit kann ohne Vorlage der Arbeitsbescheinigung kein Arbeitslosengeld berechnen und auszahlen. Zur Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des ASt., Anlage AS 3 Ohne die begehrte einstweilige Verfügung könnte der ASt. keine neue Stelle antreten, da ihn ohne Vorlage der Arbeitspapiere niemand einstellt. Dem ASt. droht ein nicht wiedergutzumachender Nachteil. Es ist nicht zu verkennen, dass mit dem Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung die Hauptsache vorweggenommen würde. Dies ist aber zulässig, da dem ASt. schwere nicht wiedergutzumachende Nachteile drohen und die AGg. die Herausgabe der Arbeitspapiere ohne vernünftigen Grund verweigert.6 […] (Unterschrift)7 6 Die Vollstreckung erfolgt nach § 883 Abs. 1 ZPO durch Wegnahme der Arbeitspapiere beim Arbeitgeber durch den Gerichtsvollzieher und Aushändigung an den Arbeitnehmer (BAG v. 23.1.1958, AP Nr. 22 zu § 61 ArbGG; aA LAG Hessen v. 25.6.1980, AR-Blattei „Zwangsvollstreckung“, Entsch. Nr. 32). Wichtig: Damit die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher möglich ist, müssen die Arbeitspapiere im Antrag genau bezeichnet sein. Ein Antrag auf Herausgabe „der Arbeitspapiere“ ist unzulässig, weil nicht vollstreckbar. 7 Als Streitwert wird von den Gerichten üblicherweise ein fester Euro-Betrag festgesetzt. Üblich waren früher zwischen DM 200,– und DM 500,– pro Arbeitspapier (vgl. LAG BW v. 9.2.1984, AR-Blattei Arbeitsgerichtsbarkeit „Streitwert und Kosten“, Entsch. Nr. 140; LAG Hamm v. 18.4.1985, AnwBl 1985, 586; vgl. Becker-Schaffner, DB 1983, 1304; Kitzelmann, ArbuR 1970, 299 ff.). Das LAG Rh.-Pf. (v. 14.3.2007, AE 2007, Nr. 433) hat Euro 300,– festgesetzt. Der ansonsten übliche Abschlag im Eilverfahren erscheint unangemessen, da hier das Eilverfahren die Hauptsache vorwegnimmt.

M 22.30

Klage auf Wiedereinstellung nach Wegfall des Kündigungsgrundes

An das Arbeitsgericht1 In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)2 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger ab […]3 als Produktionsarbeiter im Betrieb in […] zu den bisherigen Bedingungen mit einem Bruttomonatsgehalt von Euro […] wieder einzustellen.

Begründung: Der Kl. ist bei der Beklagten als Produktionsarbeiter beschäftigt. Die Bekl. hat ihm am 29.6. […] per 30.9. […] betriebsbedingt gekündigt. Die Kündigung wurde damit begründet, dass wegen des Wegfalls des Großauftrages der X-AG die Anlage, an der der Kl. beschäftigt war, stillgelegt werde. Der Kl. erhob gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage, da die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen offensichtlich wirksam erschien. 1 S. auch M 1.8. 2 S. M 101.1 und M 101.2. 3 Nach Auffassung des BAG (v. 9.11.2006, EzA § 311a BGB Nr. 1) kann seit der Schuldrechtsreform 2002 auch auf rückwirkende (Wieder-)Einstellung geklagt werden. Die Klage ist dann nach § 894 ZPO auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet, nicht auf Annahme des Vertragsangebots auf rückwirkenden Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages (BAG v. 15.9.2009 – 9 AZR 608/08, NZA 2010, 32).

942 | Diller

Beendigungskündigung | M 22.31 Kap. 22 Wie der Kl. inzwischen erfahren hat, ist es der Bekl. jedoch Anfang September gelungen, den Großauftrag der X-AG zu erneuern. Sie wird deshalb die Anlage, an der der Kl. bislang beschäftigt war, nicht stilllegen, sondern weiter betreiben. Der Kl. hat einen Anspruch, auf seiner alten Position wieder eingestellt zu werden. Die Bekl. hat ersichtlich noch keinerlei Dispositionen im Hinblick auf den ehemaligen Arbeitsplatz des Kl. getroffen. Sie sucht zwar in Stellenanzeigen Produktionsmitarbeiter, hat aber nach Kenntnis des Kl. (die auf Anfrage vom Betriebsrat bestätigt wurde) noch keine Bewerber eingestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (v. 27.2.1997, EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Nr. 1) hat der Kl. deshalb einen Wiedereinstellungsanspruch (wird ausgeführt).4 […] (Unterschrift)5 4 Der Wiedereinstellungsanspruch ist begründet, wenn sich die für die Wirksamkeit der Kündigung maßgebenden Umstände noch während des Laufs der Kündigungsfrist verändern. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Kündigung noch keine Dispositionen getroffen hat, die die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers verhindern würden. Ergibt sich dagegen erst nach Ablauf der Kündigungsfrist eine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, hat der Arbeitnehmer keinen Wiedereinstellungsanspruch. Das soll selbst dann gelten, wenn zu diesem Zeitpunkt noch ein Kündigungsschutzverfahren schwebt (BAG v. 6.8.1997, EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Nr. 2). 5 Der Streitwert ist analog zu § 42 Abs. 2 GKG mit einem Vierteljahresbezug anzusetzen.

M 22.31

Widerklage des Arbeitgebers auf Herausgabe des Dienstwagens und Schadensersatz

An das Arbeitsgericht1 […] In Sachen […]/[…] (Kurzrubrum) vertreten wir die Beklagte. Namens und im Auftrag der Beklagten beantragen wir: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Im Wege der Widerklage2 wird der Kläger verurteilt, a) den Pkw Audi A6, amtliches Kennzeichen S-XY 12343 an die Beklagte herauszugeben, b) für jeden Monat der Nichtherausgabe seit dem […] Schadensersatz von Euro 1.100,– an die Beklagte zu zahlen.

Begründung: Die vom Kl. mit der Kündigungsschutzklage angegriffene Kündigung vom […] war wirksam und hat das Arbeitsverhältnis zum […] beendet (wird ausgeführt). 1 Nach EuGH v. 21.6.2018 – C-1/17, NZA 2018, 886 kann der Arbeitgeber beim Gericht der Klage auch eine Widerklage erheben, die sich auf eine Forderungsabtretung stützt, die der Arbeitgeber und der ursprüngliche Forderungsinhaber erst vertraglich vereinbart haben, nachdem die Klage selbst vom Arbeitnehmer erhoben worden war. 2 Allgemein zur Widerklage ausf. M 101.8. 3 Das Fahrzeug muss so genau bezeichnet werden, dass die Zwangsvollstreckung möglich ist. Dazu muss zumindest das amtliche Kennzeichen angegeben werden, die Angabe der Fahrgestellnummer erscheint hingegen entbehrlich.

Diller | 943

Kap. 22 M 22.31 | Beendigungskündigung Der Kl. weigert sich, das im Antrag Ziff. 2 bezeichnete Dienstfahrzeug herauszugeben. Der Herausgabeanspruch besteht jedoch unstreitig. Denn in § […] des Arbeitsvertrages des Kl. heißt es unmissverständlich: „Der Dienstwagen ist bei Ausspruch einer Kündigung, gleich durch welche Partei, bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages sowie bei Erklärung einer Freistellung seitens des Arbeitgebers unverzüglich herauszugeben.“ Beweis: Anstellungsvertrag des Kl., Anlage B 1 Die Bekl. hat den Kl. mit Schreiben vom […] zur unverzüglichen Herausgabe des Fahrzeugs aufgefordert. Beweis: Aufforderungsschreiben der Bekl. vom […], Anlage B 2 Der Kl. hat jedoch nicht reagiert, so dass Herausgabeklage geboten ist. Zugleich hat der Kl. als Verzugsschaden für jeden Monat der Nichtherausgabe den Nutzungswert des Fahrzeugs zu zahlen, der sich auf Euro 1.100,– beläuft (wird ausgeführt). Hätte der Kl. das Fahrzeug rechtzeitig zurückgegeben, hätte die Bekl. dieses Fahrzeug dem leitenden Angestellten X zur Verfügung gestellt, der ebenfalls vertraglich einen Anspruch auf einen Dienstwagen hat. Wegen der Nichtherausgabe des klägerischen Fahrzeugs musste die Bekl. ein anderes Fahrzeug leasen, wofür Leasingraten von Euro 1.100,– pro Monat anfallen. Beweis: Zeugnis des Personalleiters […], zu laden über die Bekl.4 […] (Unterschrift)5 4 Die Berechnung der Nutzungsentschädigung ist außerordentlich umstritten. Teilweise wird eine Abrechnung auf der Basis der ADAC-Kostentabellen befürwortet, teils der Ansatz des steuerlichen geldwerten Vorteils, wieder andere wollen auf die Tabellen von Küppersbusch (früher Sanden/Danner) abstellen (ausf. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rz. 389 ff. mwN). Bei einem geleasten Fahrzeug können mit Sicherheit zumindest die Leasingraten angesetzt werden, da es jedenfalls nach Verzugseintritt nicht mehr um Herausgabeansprüche nach § 812 BGB geht, die sich nach dem Vorteil des Arbeitnehmers bemessen, sondern um Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB, für die der beim Arbeitgeber eintretende Schaden maßgeblich ist. 5 Als Streitwert ist bei Herausgabeklagen grundsätzlich der Verkehrswert des herauszugebenden Gegenstands anzusetzen. Das gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug im Eigentum des Arbeitgebers steht oder geleast ist (LAG Rh.-Pf. v. 16.10.2008, AE 2009, Nr. 231).

Kapitel 23 Einvernehmliche Beendigung I. 1. a) b) c) d) e) f)

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . Zustandekommen des Vertrages . . . Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . Unwirksamkeit des Vertrages . . . . . Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Drohung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Arglistige Täuschung . . . . . . . dd) Anfechtung durch den Arbeitgeber (M 23.4) . . . . . . . . . . . g) Verstoß gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ . . . . . . . . . . . . . . . h) Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB . i) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) §§ 24, 34 EStG . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . .

944 | Diller und Lingemann/Diller

__ __ ___ ___ _ _ __ __ _ 1 1 1 4 9 12 23 27 27a 27b 27k

27n

27s 28 42 42 43

(2) Entschädigung . . . . . . . . . . (3) Zusammenballung . . . . . . . . (4) Fünftelungsregel . . . . . . . . . bb) Anrufungsauskunft . . . . . . . j) Sozialversicherungsrecht . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . bb) Keine Beitragspflicht . . . . . . cc) Anspruchsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit . . . dd) Ruhen des Arbeitslosengeldes nach § 158 SGB III . . . . . . . (1) Entschädigungen iSv. § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III . . . . . . (2) Maßgebliche Kündigungsfrist . (3) Berechnung des Ruhenszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

__ __ __ _ _ _ __ _ _ 45 49 54 55 57 57 58 59 60 61 62 66 69

Kap. 22 M 22.31 | Beendigungskündigung Der Kl. weigert sich, das im Antrag Ziff. 2 bezeichnete Dienstfahrzeug herauszugeben. Der Herausgabeanspruch besteht jedoch unstreitig. Denn in § […] des Arbeitsvertrages des Kl. heißt es unmissverständlich: „Der Dienstwagen ist bei Ausspruch einer Kündigung, gleich durch welche Partei, bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages sowie bei Erklärung einer Freistellung seitens des Arbeitgebers unverzüglich herauszugeben.“ Beweis: Anstellungsvertrag des Kl., Anlage B 1 Die Bekl. hat den Kl. mit Schreiben vom […] zur unverzüglichen Herausgabe des Fahrzeugs aufgefordert. Beweis: Aufforderungsschreiben der Bekl. vom […], Anlage B 2 Der Kl. hat jedoch nicht reagiert, so dass Herausgabeklage geboten ist. Zugleich hat der Kl. als Verzugsschaden für jeden Monat der Nichtherausgabe den Nutzungswert des Fahrzeugs zu zahlen, der sich auf Euro 1.100,– beläuft (wird ausgeführt). Hätte der Kl. das Fahrzeug rechtzeitig zurückgegeben, hätte die Bekl. dieses Fahrzeug dem leitenden Angestellten X zur Verfügung gestellt, der ebenfalls vertraglich einen Anspruch auf einen Dienstwagen hat. Wegen der Nichtherausgabe des klägerischen Fahrzeugs musste die Bekl. ein anderes Fahrzeug leasen, wofür Leasingraten von Euro 1.100,– pro Monat anfallen. Beweis: Zeugnis des Personalleiters […], zu laden über die Bekl.4 […] (Unterschrift)5 4 Die Berechnung der Nutzungsentschädigung ist außerordentlich umstritten. Teilweise wird eine Abrechnung auf der Basis der ADAC-Kostentabellen befürwortet, teils der Ansatz des steuerlichen geldwerten Vorteils, wieder andere wollen auf die Tabellen von Küppersbusch (früher Sanden/Danner) abstellen (ausf. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rz. 389 ff. mwN). Bei einem geleasten Fahrzeug können mit Sicherheit zumindest die Leasingraten angesetzt werden, da es jedenfalls nach Verzugseintritt nicht mehr um Herausgabeansprüche nach § 812 BGB geht, die sich nach dem Vorteil des Arbeitnehmers bemessen, sondern um Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB, für die der beim Arbeitgeber eintretende Schaden maßgeblich ist. 5 Als Streitwert ist bei Herausgabeklagen grundsätzlich der Verkehrswert des herauszugebenden Gegenstands anzusetzen. Das gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug im Eigentum des Arbeitgebers steht oder geleast ist (LAG Rh.-Pf. v. 16.10.2008, AE 2009, Nr. 231).

Kapitel 23 Einvernehmliche Beendigung I. 1. a) b) c) d) e) f)

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . Zustandekommen des Vertrages . . . Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . Unwirksamkeit des Vertrages . . . . . Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Drohung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Arglistige Täuschung . . . . . . . dd) Anfechtung durch den Arbeitgeber (M 23.4) . . . . . . . . . . . g) Verstoß gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ . . . . . . . . . . . . . . . h) Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB . i) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) §§ 24, 34 EStG . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . .

944 | Diller und Lingemann/Diller

__ __ ___ ___ _ _ __ __ _ 1 1 1 4 9 12 23 27 27a 27b 27k

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(2) Entschädigung . . . . . . . . . . (3) Zusammenballung . . . . . . . . (4) Fünftelungsregel . . . . . . . . . bb) Anrufungsauskunft . . . . . . . j) Sozialversicherungsrecht . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . bb) Keine Beitragspflicht . . . . . . cc) Anspruchsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit . . . dd) Ruhen des Arbeitslosengeldes nach § 158 SGB III . . . . . . . (1) Entschädigungen iSv. § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III . . . . . . (2) Maßgebliche Kündigungsfrist . (3) Berechnung des Ruhenszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung . . . . . . . .

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__ __ __ _ _ _ __ _ _ 45 49 54 55 57 57 58 59 60 61 62 66 69

(5) Folgen des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs . . . . . . . . (6) Ruhen wegen anderweitiger Sozialleistungen . . . . . . . . . . . ee) Sperrzeiten nach § 159 SGB III . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . (2) Echter Aufhebungsvertrag . . . . ff) Anrechnung von Abfindungen auf Arbeitslosengeld . . . . . . . . gg) Kürzung bei nicht rechtzeitiger Meldung . . . . . . . . . . . . . . . hh) Erstattung von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose nach § 147a SGB III aF . . . . . . . . . ii) Vorzeitige Altersrente . . . . . . . jj) Ende des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses durch einvernehmliche unwiderrufliche Freistellung? . .

_ __ __ _ _ __ _ 70 71 72 72 75 79 81 82 84

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Einvernehmliche Beendigung | Kap. 23 2. Abwicklungsvertrag . . . . . . . . . . . a) Sperrzeiten nach § 159 SGB III . . . . b) Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . .

___ _ _ _ __ _

__ _ 86 87 88

II. Muster Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . M 23.1a Termination Agreement . . . . . . . . . . M 23.1b Abwicklungsvertrag . . . . . . . . . . . . . M 23.2 Anfechtung einer Eigenkündigung oder eines Aufhebungsvertrages durch den Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . M 23.3 Anfechtung eines Aufhebungsvertrages durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . M 23.4 Bestätigung eines anfechtbaren Aufhebungsvertrages durch den Arbeitnehmer M 23.5 Klage wegen Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . M 23.6 Klage gegen einen Sperrzeitbescheid . . . M 23.7 Verzicht auf § 17 KSchG . . . . . . . . . . M 23.8

Literatur: Alewell/Hauff, Betriebliches Trennungsmanagement im Schatten des Arbeitsrechts, BB 2010, 3149; Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 9. Aufl. 2014; Bauer/Arnold/Zeh, Widerruf von Arbeits- und Aufhebungsverträgen – Wirklich alles neu?, NZA 2016, 449; Bauer/Krieger, Rien ne vas plus – „Nachkarten“ nach Abwicklungsvertrag ausgeschlossen, NZA 2006, 306; Bauer/Powietzka, Heilung unterbliebener Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG, DB 2000, 1073; Besgen/Velten, Der Rücktritt vom Aufhebungsvertrag in der Insolvenz, NZA-RR 2010, 561; Ferme/Lipinski, Änderung der Rechtsprechung des BAG bei Massenentlassungen, NZA 2006, 937; Fischinger, Lösungsmöglichkeiten von arbeitsrechtlichen (Aufhebungs)Verträgen: Widerrufsrecht und „Gebot fairen Verhandelns“, NZA 2019, 729; Freckmann/Müller, Die Massenentlassungsanzeige – ein häufig verkanntes Risiko bei Restrukturierungen, KSzW 2014, 252; Fröhlich, „Kostenlose“ Lösung des Arbeitgebers vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, ArbRB 2014, 244; Fuhlrott, Anrechnungs- und Erledigungsklauseln in arbeitsrechtlichen Vergleichen, NJW 2019, 3762; Fuhlrott/Oltmanns, Aufhebungsverträge, AuA 2016, 18; Gaul/Bonanni/ Niklas, Aktuelle Probleme der Freistellung, ArbRB 2008, 149; Geserich, Die ermäßigte Besteuerung von Entlassungsentschädigungen, DB 2016, 1953; Günther, Freistellung von der Arbeitspflicht, ArbR 2009, 127; Häcker, Nicht ohne meinen Anwalt, ArbRB 2015, 89; Hilgenstock, Das Arbeitszeugnis als kompensatorische Gegenleistung im Abwicklungsvertrag, ArbR Aktuell 2013, 254; Hördt, Überrumpelung und Druck – Das Gebot fairen Verhandelns und seine Reichweite, ArbRAktuell 2019, 289; Korinth, Die Reichweite allgemeiner Ausgleichsklauseln in arbeitsgerichtlichen Vergleichen, ArbRB 2013, 321; Korinth, Neue Entwicklungen und Tendenzen im Zeugnisrecht, ArbRB 2013, 193; Kroeschell, Aufhebungsverträge und Sperrzeit, jM 2016, 30; Kuhn/Becker, Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte bei Aufhebungsverträgen, DB 2016, 1994; Laws, Die (Un)Wirksamkeit eines Klageverzichts in einem Aufhebungsvertrag, MDR 2015, 1342; Lindemann/Polzer, Die (unrichtige) Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III, DB 2016, 2935; Lingemann/Chakrabarti, Ein Ende, das keines ist – Die Beseitigung von Aufhebungsverträgen, NJW 2019, 2445; Lingemann/Groneberg, Der Aufhebungsvertrag, NJW 2010, 3496 u. 3624; NJW 2011, 2028, 2937 u. 3629; NJW 2012, 985; Lüers, Fallstricke eines Aufhebungsvertrags, sj 2008, 43; Meyer, Der Freistellungsvertrag, NZA 2011, 1249; Meyer, Angemessenheitskontrolle von Beendigungsabreden in Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen?, BB 2016, 1589; Moderegger, Arbeitslosengeld nach Kündigung und Aufhebungsvertrag – Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und wie lassen sich Sperrzeiten vermeiden?, ArbRB 2020, 158; Müller, Das Gebot fairen Verhandelns von Aufhebungsverträgen, DB 2019, 1792; Müller, Klageverzicht und Abwicklungsvereinbarung, BB 2011, 1653; Panzer, Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, NJW 2010, 11; Pietrus, Saubere Schnitte, AuA 2015, 292; Pröpper, Die Übernahme der Rechtsanwaltskosten durch den Arbeitgeber – Arbeitsrechtliche, steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Gestaltung im Aufhebungsvertrag, NZA 2011, 837; Prütting/Wegen/Weinreich, BGB Kommentar, 15. Aufl. 2020, Reinecke, Trennungsgespräche, AuR 2011, 234; Reinfelder, Der Rücktritt von Aufhebungsvertrag und Prozessvergleich, NZA 2013, 62; Reinhard/Kettering, Der Mindestlohn und seine Auswirkungen, ArbRB 2014, 302; Reufels/Pütz, Über die Konsequenzen des Gebots fairen Verhandelns für die Beratungspraxis, ArbRB 2020, 253; Ricken,

Lingemann/Diller | 945

Kap. 23 Rz. 1 | Einvernehmliche Beendigung Sperrzeit bei Turboprämie, NZA 2012, 1024; Schmitt-Rolfes, Trennung ohne Kündigung, NZA Beilage 2010, 81; Schmitt-Rolfes, Aufhebungsverträge doch widerruflich?, AuA 2016, 200; Schneider, AGB-rechtliche Inhaltskontrolle bei Aufhebungsvertrag – Wirksamkeit einer Klageverzichtsklausel, jM 2015, 287– 288; Tödtmann/Kaluza, Der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag, NWB 2011, 2808; Weingarth, Das ruhende Arbeitsverhältnis des „beförderten“ Geschäftsführers – unerkannte Verhandlungsmasse?, GmbHR 2016, 571; Willemsen, Aufhebungsverträge bei Betriebsübergang, ein „Erfurter Roulette“?, NZA 2013, 242.

I. Einführung 1. Aufhebungsvertrag a) Allgemeines

1

Die Arbeitsvertragsparteien können das Arbeitsverhältnis jederzeit einvernehmlich, also durch einen Aufhebungsvertrag, beenden. Der Vorteil einer solchen Vereinbarung liegt aus Sicht des Arbeitgebers darin, die Risiken einer Kündigung und des sich häufig anschließenden Rechtsstreits zu vermeiden. Zudem hat dieser Weg den Vorteil, dass keine gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Kündigungsfristen eingehalten werden müssen und der Betriebsrat nicht beteiligt werden muss.1 Der Arbeitnehmer andererseits hat häufig bei schweren Verfehlungen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden, ein Interesse an einer Aufhebung statt einer Kündigung. Zudem kann er Kündigungsfristen abkürzen, wenn er sofort ein anderes Arbeitsverhältnis antreten möchte.

2

Anders als beim befristeten Arbeitsvertrag, bei dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits Bestandteil des Arbeitsvertrages ist, wird beim Aufhebungsvertrag neben dem Arbeitsvertrag ein weiterer Vertrag geschlossen, der dessen Aufhebung zum Inhalt hat.2 Dem Abwicklungsvertrag geht im Gegensatz zum Aufhebungsvertrag eine arbeitgeberseitige Kündigung voraus;3 die Parteien erklären übereinstimmend, dass die Kündigung wirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet hat. Beide Vertragsformen (im Folgenden: „Auflösungsvertrag“) sind häufig kaum voneinander zu trennen und gehen ineinander über. Der Unterschied wirkt sich zwar arbeits- und steuerrechtlich praktisch nicht aus; das Sozialversicherungsrecht knüpft jedoch möglicherweise verschiedene Rechtsfolgen an die beiden Vertragsarten.4 Auch die Rückabwicklung unterscheidet sich bei beiden Vertragsarten (Einzelheiten unten Rz. 88). In dem Ineinandergreifen von arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen liegt die Hauptschwierigkeit bei der Gestaltung von Aufhebungsverträgen.

3

An der Zulässigkeit von Auflösungsverträgen bestehen keine Zweifel. Das folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) und ist auch keine Umgehung des Kündigungsschutzes (zur Ausnahme vgl. Rz. 11).Das Kündigungsschutzgesetz schützt den Arbeitnehmer nur vor der einseitigen, im Belieben des Arbeitgebers stehenden Kündigung, nicht aber vor einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Ob der Arbeitnehmer ein entsprechendes Angebot des Arbeitgebers annimmt, unterliegt seiner freien Entscheidung. Dies gilt auch für die Arbeitnehmergruppen, die besonderen Kündigungsschutz genießen (werdende Mütter, Minderjährige, Eltern in Elternzeit, schwerbehinderte Menschen, Betriebsratsmitglieder usw.). Auch eine behördliche Zustimmung oder eine Anhörung des Betriebsrats zu dem Auflösungsvertrag sind nicht erforderlich, wohl aber ggf. 1 Anders beim Abwicklungsvertrag (BAG v. 28.6.2005 – 1 ABR 25/04, NZA 2006, 48); ablehnend Bauer/ Krieger, NZA 2006, 306. 2 Zur Abgrenzung BAG v. 23.11.2006, AP Nr. 317 zu § 613a BGB; v. 23.11.2006 – 8 AZR 349/06, BB 2007, 1054; v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, NZA 2007, 614; v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348, 351 sowie Kap. 6 Rz. 11. 3 Gelegentlich – eher atypisch – folgt die Kündigung dem Abwicklungsvertrag auch nach, vgl. BAG v. 28.6.2005 – 1 ABR 25/04, NZA 2006, 48. 4 Vgl. unten Rz. 72 ff. zum Aufhebungsvertrag und Rz. 86 ff. zum Abwicklungsvertrag.

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Einvernehmliche Beendigung | Rz. 6 Kap. 23

eine Anzeige nach § 17 KSchG (Rz. 22). Unwirksam ist die Aufhebung allerdings, wenn es sich um eine entgegen § 305c Abs. 1 BGB ungewöhnliche in AGB versteckte Bestimmung handelt.5 Näheres zur AGB-Kontrolle von Aufhebungsverträgen insb. unter Rz. 28 ff. b) Zustandekommen des Vertrages Gem. § 623 BGB bedarf der Auflösungsvertrag der gesetzlichen Schriftform gem. § 126 BGB, welche durch notarielle Beurkundung oder gerichtlichen Vergleich – auch nach § 278 Abs. 6 ZPO6 – ersetzt werden kann (§ 126 Abs. 4, § 127a BGB). Die elektronische Form nach § 126a BGB ist jedoch ausgeschlossen (§ 623 Halbs. 2 BGB). Die Anforderungen an die Einhaltung der Form nach § 126 BGB sind streng.7 Der Austausch von Telefax8 oder Briefen reicht zB nicht aus und hat die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge. Die Berufung auf den Formmangel verstößt nur dann gegen Treu und Glauben, wenn das Ergebnis andernfalls für die Rechtsordnung schlechthin unerträglich wäre.9 Das gesetzliche Schriftformerfordernis gilt allerdings nicht für die Aufhebung eines (isolierten) Umschulungsvertrages iSv. § 1 Abs. 5, §§ 58 ff. BBiG10, da in diesem Fall kein Arbeitsverhältnis vorliegt.11 Schließt ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag, wird zugleich vermutet, dass das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis mit Beginn des Geschäftsführerdienstverhältnisses einvernehmlich beendet wird, soweit nicht klar und eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden ist.12 Durch einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag wird in diesen Fällen auch das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für den Auflösungsvertrag gewahrt (Kap. 4 Rz. 18).13

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§ 623 BGB erfasst seinem Wortlaut nach nur die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag. Allerdings bedarf auch ein Vorvertrag, der die Parteien zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages verpflichtet, der Schriftform, da dem Schriftformerfordernis auch Warnfunktion zukommt.14 Ebenfalls schriftformbedürftig ist eine Klageverzichtsvereinbarung, die im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung getroffen wird.15 Das Schriftformerfordernis besteht allerdings nur, wenn der Zusammenhang die Annahme rechtfertigt, dass Kündigung und Klageverzicht in Wirklichkeit der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses dienen.16

5

Der Auflösungsvertrag kommt nach den allgemeinen Regeln des BGB durch Angebot und Annahme zustande.17 Angebote zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages können nur innerhalb der Fristen der §§ 147, 150 Abs. 1 BGB angenommen werden. Unter Anwesenden kann daher ein Angebot nur sofort angenommen werden, egal ob das Angebot mündlich oder schriftlich erfolgt. Die Annahme eines Angebots mit Änderungen oder Ergänzungen gilt gem. § 150 Abs. 2 BGB als Ableh-

6

5 BAG v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, NZA 2007, 614. 6 BAG v. 23.11.2006 – 6 AZR 394/06, NZA 2007, 466. 7 Einzelheiten PWW/Lingemann, § 623 BGB Rz. 1 ff.; vgl. BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR 659/03, NZA 2005, 162; LAG Hessen v. 4.3.2013 – 17 Sa 633/12 zur Wahrung der Schriftform durch Unterschrift des Prokuristen. Ist der Prokurist im Außenverhältnis nicht allein vertretungsberechtigt, so führt dessen alleinige Unterschrift zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages nach § 125 BGB, wenn er nach dem Empfängerhorizont nicht als alleiniger Erklärender gehandelt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Prokurist im Innenverhältnis zur Alleinvertretung befugt war. 8 LAG Düsseldorf v. 29.11.2005, LAGE § 623 BGB 2002 Nr. 4. 9 Vgl. BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR 659/03, NZA 2005, 162. 10 BAG v. 19.1.2006 – 6 AZR 638/04, NZA 2007, 97; PWW/Lingemann, § 623 BGB Rz. 2. 11 BAG v. 12.2.2013 – 3 AZR 120/11, NZA 2014, 31. 12 BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1078/12, NZA 2014, 540; v. 3.2.2009, NJW 2009, 2078. 13 Vgl. BAG v. 15.3.2011, DB 2011, 1400; v. 3.2.2009 – 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669, 670; v. 19.7.2007 – 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095, 1097. 14 BAG v. 17.12.2009 – 6 AZR 242/09, NZA 2010, 273. 15 BAG v. 19.4.2007 – 2 AZR 208/06, NZA 2007, 1227; krit. hierzu Bauer/Günther, NJW 2008, 1617, 1618 f. 16 BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NJW 2015, 1038. 17 Zur Bestimmtheit des Angebots vgl. BAG v. 17.12.2009 – 6 AZR 242/09, NZA 2010, 273.

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Kap. 23 Rz. 6 | Einvernehmliche Beendigung nung, verbunden mit einem neuen Angebot.18 Wegen § 623 iVm. § 126 Abs. 2 BGB kommt ein wirksamer Aufhebungsvertrag in diesen Fällen nur bei erneuter Unterzeichnung der Änderungen durch den Erstantragenden zustande.19 Ein schriftliches Angebot unter Abwesenden (auch unter Anwälten) kann – wenn nicht ausdrücklich eine andere Frist bestimmt ist – nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Eingang der Antwort nach regelmäßigen Umständen erwartet werden kann, § 147 Abs. 2 BGB.

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Den Arbeitgeber treffen grundsätzlich keine vorvertraglichen Hinweis- und Aufklärungspflichten bzgl. der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen von Aufhebungsverträgen. Es ist Sache des Arbeitnehmers, sich kundig zu machen, etwa durch Beratung durch einen Anwalt, der Agentur für Arbeit, einen Rentenberater oder Steuerberater.20 Das gilt auch für den Verlust von Sonderkündigungsschutz und Versorgungsanwartschaften.21 Auch besteht keine allgemeine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses über die Pflicht zur frühzeitigen Meldung bei der Agentur für Arbeit (§ 38 SGB III) zu informieren.22 Eine solche Pflicht folgt insb. nicht aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III, denn es handelt sich hierbei lediglich um eine Sollvorschrift, die keine selbständige Nebenpflicht des Arbeitgebers begründet.23 Eine Hinweispflicht besteht somit nur in engen Grenzen, wobei die Rechtsprechung diese aus § 242 BGB24 und aus § 241 Abs. 2 BGB herleitet.25 Sie ist jedoch erweitert, wenn der Arbeitgeber die Initiative für einen Aufhebungsvertrag ergreift und dabei den Eindruck erweckt, er werde bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Interessen des Arbeitnehmers wahren und ihn nicht ohne hinreichende Aufklärung erheblichen atypischen Versorgungsrisiken aussetzen.26 Eine Belehrungspflicht entsteht bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers auch dann, wenn der Arbeitnehmer wegen besonderer Umstände darauf vertrauen durfte, der Arbeitgeber werde sich um die Versorgung kümmern, oder wenn er darauf vertrauen durfte, der Arbeitgeber werde bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch den Interessen des Arbeitnehmers an einer optimalen Versorgung Rechnung tragen.27 Verletzt der Arbeitgeber eine solche Pflicht, macht er sich gem. § 280 Abs. 1 BGB iVm. § 241 Abs. 2, § 242 BGB schadensersatzpflichtig; der Aufhebungsvertrag besteht aber in der Regel fort.28

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Erteilt der Arbeitgeber allerdings Auskünfte, so müssen diese zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen richtig, eindeutig und vollständig sein.29 Bei bewusst falschen Auskünften kommt zudem eine Anfechtung des Auflösungsvertrages wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB in Betracht (vgl. hierzu Rz. 27k ff.). 18 Vgl. hierzu BAG v. 26.8.2008 – 1 AZR 346/07, NZA 2009, 161, 162. 19 BAG v. 26.8.2008 – 1 AZR 346/07, NZA 2009, 161, 162. 20 BAG v. 17.10.2000 – 3 AZR 605/99, NZA 2001, 206, 207; v. 13.11.1984, NZA 1985, 712. Instruktiv zu den Grenzen von Informationspflichten des Arbeitgebers auch BAG v. 14.1.2009, AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Auskunft. 21 BAG v. 3.7.1990 – 3 AZR 382/89, DB 1990, 2431. 22 Vgl. BAG v. 29.9.2005 – 8 AZR 571/04, NZA 2005, 1406, 1407 f. mwN auch zur Gegenauffassung. 23 BAG v. 29.9.2005 – 8 AZR 571/04, NZA 2005, 1406, 1408. 24 BAG v. 18.9.1984, NZA 1985, 712; v. 3.7.1990 – 3 AZR 382/89, DB 1990, 2431; v. 12.12.2002, NZA 2003, 687 mwN. 25 BAG v. 16.11.2005 – 7 AZR 86/05, NZA 2006, 535, 538; v. 22.1.2009 – 8 AZR 161/08, NZA 2009, 608, 609. 26 BAG v. 15.4.2014, AP Nr. 47 zu § 1 BetrAVG Auslegung; v. 16.11.2005 – 7 AZR 86/05, NZA 2006, 535, 538; v. 11.12.2001 – 3 AZR 339/00, NZA 2002, 1150. 27 BAG v. 12.12.2002, NZA 2003, 687; v. 23.5.1989, AP Nr. 28 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen; v. 13.11.1984 – 3 AZR 255/84, BAGE 47, 169, 174 ff.; v. 10.3.1988, AP Nr. 99 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht. 28 BAG v. 17.10.2000 – 3 AZR 605/99, NZA 2001, 206, 207; vgl. im Detail Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. A 231 ff. 29 BAG v. 21.5.2015 – 6 AZR 349/14, NZA-RR 2015, 588.

948 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 16 Kap. 23

c) Vertragsinhalt Während Kündigungen bedingungsfeindlich sind, können Auflösungsverträge auch unter aufschiebenden oder auflösenden Bedingungen geschlossen werden.

9

Aufschiebende Bedingungen dürfen jedoch nicht zu einer Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes führen. Es gelten dieselben Regeln wie für auflösend bedingte Arbeitsverträge. Erforderlich ist ein sachlicher Grund für die Bedingung. Unzulässig ist daher etwa der Abschluss eines Aufhebungsvertrages für den Fall, dass der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehrt.30

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Auflösende Bedingungen sind zulässig, wenn binnen einer kurzen Zeit nach Abschluss des Aufhebungsvertrages feststeht, ob die Bedingung eintritt oder nicht. So ist zB nichts einzuwenden gegen einen Aufhebungsvertrag, der hinfällig werden soll, wenn der Arbeitnehmer nicht binnen 14 Tagen seinen Dienstwagen zurückgibt oder der Arbeitgeber die Abfindung nicht binnen zehn Tagen nach Unterzeichnung der Vereinbarung leistet. Problematisch sind allerdings auflösende Bedingungen, die auch nach Jahren noch eintreten können. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit und die kaum lösbare Frage nach der Abwicklung der Übergangszeit verbieten solche Regelungen. So hat zB das LAG Bremen eine Klausel für unwirksam gehalten, nach der ein Aufhebungsvertrag (nebst Abfindung) wegfallen sollte, wenn der Arbeitnehmer nach Vertragsende zur Konkurrenz wechselt.31

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d) Unwirksamkeit des Vertrages Da ein Aufhebungsvertrag grundsätzlich keine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes darstellt, ist er auch nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam (s. Rz. 3).

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Verbreitet waren eine Zeit lang rückdatierte Aufhebungsverträge. Fast immer hatte dies steueroder sozialversicherungsrechtliche Gründe. Die meisten der zahlreichen Neuregelungen des Gesetzgebers hatten aus Vertrauensschutzgründen Stichtagsregelungen vorgesehen, wonach für Aufhebungsverträge, die vor einem bestimmten Datum abgeschlossen wurden, noch die alte, für die Beteiligten günstigere Rechtslage gelten sollte.

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Die Frage, ob rückdatierte Aufhebungsverträge gem. § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit bzw. gem. § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (Betrug zum Nachteil der Finanzverwaltung oder Sozialversicherungsträger, § 263 StGB) nichtig sind, ist ungeklärt. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt nicht vor. Nach herrschender Auffassung bleiben rückdatierte Aufhebungsverträge jedoch wirksam, weil die durch die Rückdatierung beabsichtigte Täuschung des Finanzamts bzw. der Sozialversicherungsträger nicht Hauptzweck der Vereinbarung, sondern nur Nebenfolge ist.32 Nach anderer Auffassung ergibt sich hier die Sittenwidrigkeit bzw. der Verstoß gem. § 134 BGB bereits aus dem Teilzweck des Rechtsgeschäfts.33 Jedenfalls ist von Rückdatierungen dringend abzuraten, schon weil sie für alle Beteiligten mit einem hohen – insb. auch strafrechtlichen – Risiko verbunden sind.

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Der rückdatierte Aufhebungsvertrag ist abzugrenzen von einer rückwirkenden Auflösungsvereinbarung. Die Arbeitsvertragsparteien können ihr Arbeitsverhältnis natürlich mit sofortiger Wirkung oder zu einem zukünftigen Zeitpunkt auflösen, rückwirkend jedoch nur, wenn das Arbeitsverhältnis bereits außer Vollzug gesetzt war.34

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Bejaht wurde die Nichtigkeit einer Aufhebungsvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB ferner für einen Fall, in dem tatsächlich die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses aus verhaltensbedingten Gründen erfolgte und dies auch in einem Exemplar der Aufhebungsvereinbarung festgehalten war, aber da-

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30 31 32 33 34

BAG v. 19.12.1974, DB 1975, 890. LAG Bremen v. 25.2.1994, LAGE § 74 HGB Nr. 9. LAG BW v. 22.5.1991 und v. 25.4.1991, LAGE § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 5 und 4. ArbG Wetzlar v. 24.8.1993, EzA-SD 1994, Nr. 5, S. 14. BAG v. 17.12.2009 – 6 AZR 242/09, NZA 2010, 273; v. 10.12.1998 – 8 AZR 324/97, NZA 1999, 422.

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Kap. 23 Rz. 16 | Einvernehmliche Beendigung neben zur Vorlage bei der Arbeitsverwaltung ein weiteres Exemplar der Aufhebungsvereinbarung erstellt wurde, in dem eine Beendigung aus betriebsbedingten Gründen vereinbart war. Eine solche Täuschungsabrede zum Zweck des Ausschlusses einer Sperrfrist nach § 159 SGB III soll nach einer Auffassung gem. § 139 BGB im Zweifel die Gesamtnichtigkeit des Aufhebungsvertrages zur Folge haben.35 Erklärt der Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III wahrheitsgemäß, aber entgegen der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag, dass keine betriebsbedingten Kündigungsgründe vorliegen, schuldet er dem Arbeitnehmer für eine verhängte Sperrzeit keinen Schadenersatz.36

17 Auch eine Billigkeitskontrolle führt grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages. 18 Nach Auffassung des BVerfG sind zwar die Zivilgerichte gehalten, privatrechtliche Verträge dann

nicht anzuerkennen, wenn sie das Produkt eines „Verhandlungsungleichgewichts“ sind.37 Diese Rechtsprechung ist jedoch auf arbeitsrechtliche Auflösungsverträge nicht übertragbar.38 Denn es mag zwar sein, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Abschluss des Arbeitsvertrages in einer strukturell ungleichgewichtigen Situation gegenüberstehen. Dieses Ungleichgewicht besteht aber nicht mehr, wenn beide Seiten über einen Auflösungsvertrag verhandeln. Der Arbeitnehmer kann das Angebot, einen Auflösungsvertrag abzuschließen, mit einem einfachen „nein“ zurückweisen.39 Droht der Arbeitgeber daraufhin mit einer unbegründeten Kündigung, kommt ohnehin eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung in Betracht (dazu Kap. 23 Rz. 27b ff.).

19 Vom Arbeitgeber vorformulierte Aufhebungsverträge unterliegen der AGB Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Allerdings gilt die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht für die Hauptleistungspflichten.40

20 Wird ein Auflösungsvertrag im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang (Einzelheiten

Kap. 60 Rz. 62) geschlossen, kann eine Umgehung des § 613a BGB vorliegen. Diese Vorschrift ist zwingend, eine Umgehung führt zur Unwirksamkeit des Vertrages gem. § 134 BGB. Schließt der bisherige Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer einen Auflösungsvertrag, ist dieser nur wirksam, wenn er auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers gerichtet ist und nicht nur der Unterbrechung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses dient.41 Wird der Arbeitnehmer daher unter Hinweis auf die bevorstehende Veräußerung veranlasst, einem Auflösungsvertrag zuzustimmen, um dann sogleich mit dem Erwerber einen neuen, für diesen günstigeren Arbeitsvertrag abzuschließen, liegt eine Umgehung des § 613a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 BGB vor.42 Zulässig ist jedoch ein Aufhebungsvertrag, wenn zugleich ein Übertritt des Arbeitnehmers in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft vereinbart wird.43 Ein Aufhebungsvertrag ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber täuscht, dass ein Betriebsübergang geplant ist, indem er ihm wahrheitswidrig vorspiegelt, der Betrieb solle stillgelegt werden.44

35 LAG Hamm v. 27.11.1997, LAGE § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 22; aA LAG Niedersachsen v. 23.11. 2004, NZA-RR 2005, 415, wonach die Täuschung über den Beendigungstatbestand unschädlich ist. 36 LAG Hessen 17.7.2012 – 13 Sa 1053/11. Zu Rechtsfolgen unrichtig ausgefüllter Arbeitsbescheinigungen Lindemann/Polzer, DB 2016, 2935. 37 BVerfG v. 19.10.1993 – 1 BvR 567/89, 1 BvR 1044/89, DB 1993, 2580. 38 BAG v. 14.2.1996 – 2 AZR 234/95, NZA 1996, 811 sowie Rz. 31. 39 BAG v. 14.2.1996 – 2 AZR 234/95, NZA 1996, 811, im Einzelnen Rz. 31. 40 Vgl. Rz. 28 ff. sowie Kap. 2, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, Kap. 2 Rz. 90 „Aufhebungsvertrag“. 41 BAG v. 18.8.2011 – 8 AZR 312/10, NZA 2012, 152; v. 23.11.2006 – 8 AZR 349/06, BB 2007, 1054; v. 18.8.2005 – 8 AZR 523/04, NZA 2006, 145; v. 10.12.1998 – 8 AZR 324/97, NZA 1999, 422; kritisch zur Rspr. Willemsen, NZA 2013, 242. 42 BAG v. 19.3.2009 – 8 AZR 722/07, NZA 2009, 1091, 1093; v. 21.5.2008 – 8 AZR 481/07, NZA 2009, 144, 148; v. 25.10.2007 – 8 AZR 917/06, DB 2008, 989; v. 18.8.2005 – 8 AZR 523/04, NZA 2006, 145, 147. 43 BAG v. 23.11.2006 – 8 AZR 349/06, BB 2007, 1054; vgl. auch LAG BW v. 18.12.2008, LAGE § 613a BGB 2002 Nr. 25. Zu den Grenzen vgl. jedoch BAG v. 25.10.2012, BB 2012, 2815 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2012, 583 mwN. 44 BAG v. 23.11.2006 – 8 AZR 349/06, BB 2007, 1054.

950 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 22 Kap. 23

Ein Aufhebungsvertrag, der seinem Regelungsgehalt nach nicht auf die alsbaldige Beendigung, sondern auf eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, bedarf zu seiner Wirksamkeit eines sachlichen Grundes im Sinne des Befristungskontrollrechts.45 Fehlt es daran, so ist die Befristung und damit auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum vereinbarten Zeitpunkt unwirksam.46 Für die rechtliche Einordnung der Vereinbarung ist nicht allein die Dauer der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses maßgebend, sondern eine Gesamtwürdigung des Vereinbarten.47 So stellt etwa ein Aufhebungsvertrag, der auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Verzögerung von zwölf Monaten gerichtet ist, dann keine nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses dar, wenn nach der Vereinbarung keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung mehr bestehen soll („Kurzarbeit 0“) und zugleich Abwicklungsmodalitäten wie Abfindung, Zeugniserteilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt werden.48 Besonderheiten gelten beim Abschluss eines unbedingten Aufhebungsvertrages mit bedingter Wiedereinstellungszusage während der Probezeit. Zulässig ist ein solcher Aufhebungsvertrag, wenn der Beendigungszeitpunkt die kurze Probezeitkündigungsfrist nur in einem angemessenen Umfang überschreitet.49

21

Bei Massenentlassungen bedarf die Entlassung auch dann der Anzeige nach § 17 KSchG50, wenn sie nicht auf einer Kündigung, sondern auf einem vom Arbeitgeber veranlassten Auflösungsvertrag beruht.51 Dabei stellt bereits der Abschluss eines Aufhebungsvertrags – nach Auffassung der Arbeitsverwaltung wohl schon das Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages –52 und nicht erst die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine „Entlassung“ iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG dar.53 Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH und des BAG bei Kündigungen. Danach ist „Entlassung“ iSd. § 17 KSchG nicht mehr der Ablauf der Kündigungsfrist, sondern schon die Erklärung der Kündigung.54 Auch eine unmittelbare Anschlussbeschäftigung dürfte für die Beurteilung als Entlassung unerheblich sein.55 Beruft der Arbeitnehmer sich auf die unterbliebene Anzeige, so ist die Entlassung unwirksam. Wahrscheinlich erfasst die Unwirksamkeit auch den Auflösungsvertrag selbst.56 Der Arbeitnehmer kann auf die Anzeige auch nicht im Aufhebungsoder Abwicklungsvertrag57 selbst wirksam verzichten, sondern erst durch gesonderte Erklärung nach Abschluss des Vertrages (M 23.4).58 Lehnt er einen nachträglichen Verzicht ab, so kommt eine Nachholung der Anzeige in Betracht.59 Eine unwirksame Massenentlassungsanzeige wird nicht da-

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45 Zu Einzelheiten der Befristungskontrolle vgl. Kap. 6 Rz. 1 ff., sowie M 6.1.1 ff. 46 BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348, 351; v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, NZA 2007, 614; v. 12.1.2000 – 7 AZR 48/99, NZA 2000, 718. 47 BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348, 351. 48 BAG v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, NZA 2007, 614; ähnlich auch der Fall bei BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348, 351. 49 BAG v. 7.3.2002, DB 2002, 1997; Einzelheiten in Kap. 6 Rz. 11; Formulierungsvorschlag in M 6.1.8. 50 Einzelheiten zu § 17 KSchG Kap. 22 Rz. 169 ff. 51 BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 780/10, NZA 2012, 1029; st. Rspr., vgl. BAG v. 11.3.1999 – 2 AZR 461/98, DB 1999, 1274. 52 Darauf stellt jedenfalls Abschnitt 3 des Musters der Entlassungsanzeige der Bundesagentur für Arbeit ab; dagegen Johnson, BB 2019, 1909. 53 BAG v. 19.3.2015, EzA § 17 KSchG Nr. 34 m. Anm. Lingemann/Otte, DB 2015, 2641. 54 EuGH v. 27.1.2005 – C-188/03, NZA 2005, 213; BAG v. 23.3.2006 – 2 AZR 343/05, NZA 2006, 971, 975; v. 13.7.2006 – 6 AZR 198/06, NZA 2007, 25; Einzelheiten dazu Kap. 22 Rz. 169 ff. 55 BAG v. 19.3.2015, EzA § 17 KSchG Nr. 34 m. Anm. Lingemann/Otte, DB 2015, 2641; das gilt jedenfalls dann, wenn statt eines Arbeitsverhältnisses eine freie Mitarbeit vereinbart wird. 56 Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsvertragliche Aufhebungsverträge Rz. E 78; APS/Rolfs, Kündigungsrecht – AufhebVtr Rz. 83; so zur Kündigung BAG v. 15.12.2011 – 8 AZR 692/10, DB 2012, 1690; v. 23.3.2006 – 2 AZR 343/05, NZA 2006, 971; Ferme/Lipinski, NZA 2006, 937, 941. 57 AA, da beim Abwicklungsvertrag die Kündigung schon zuvor ausgesprochen wurde, Ferme/Lipinski, NZA 2006, 937, 941. 58 BAG v. 11.3.1999 – 2 AZR 461/98, DB 1999, 1274; dies gilt auch nach der Änderung der Rspr. aufgrund EuGH v. 27.1.2005 – C-188/03, NZA 2005, 213, Ferme/Lipinski, NZA 2006, 937, 941. 59 Vgl. zu den Anforderungen an eine solche Nachholung Bauer/Powietzka, DB 2000, 1073.

Lingemann | 951

Kap. 23 Rz. 22 | Einvernehmliche Beendigung durch geheilt, dass ein bestandskräftiger Verwaltungsakt der Arbeitsverwaltung nach § 18 Abs. 1 oder § 18 Abs. 2 KSchG vorliegt. Vielmehr sind auch in diesem Falle die Arbeitsgerichte nicht gehindert, im Kündigungsschutzprozess die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige anzunehmen.60 e) Widerruf

23 Ein Widerrufsrecht gem. §§ 355, 312 BGB hat der Arbeitnehmer unabhängig vom Ort des Ver-

tragsabschlusses nicht. Zwar sieht § 312g Abs. 1 BGB bei Verbraucherverträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen im Sinne des § 312b BGB geschlossen wurden, ein Widerrufsrecht gem. § 355 BGB vor. § 312 Abs. 1 BGB eröffnet jedoch in seiner ab dem 13.6.2014 geltenden Fassung den Anwendungsbereich der §§ 312b, 312g BGB nicht für arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge.61

24 Aufhebungsverträge sind auch nicht schon deshalb unwirksam, weil der Arbeitnehmer unter Zeit-

druck unterzeichnet hat.62 Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit noch ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht einräumen.63 Die einzelvertragliche Vereinbarung eines Widerrufsrechts ist allerdings möglich.64 Zum Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns siehe jedoch im Einzelnen unten Rz. 27n.

25 Neben einzelvertraglichen Absprachen sehen auch zahlreiche Tarifverträge für Aufhebungsverträge

ein Widerrufsrecht vor, und zwar meist innerhalb einer Frist von ein bis drei Werktagen. Die tarifliche Widerrufsfrist beginnt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf das Widerrufsrecht hingewiesen hat, sofern der Tarifvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.65 Wird der Aufhebungsvertrag widerrufen, besteht das Arbeitsverhältnis unverändert fort.

26 Sofern kein Rücktrittsrecht vereinbart wurde, können die Parteien nicht von dem Aufhebungsver-

trag zurücktreten. Ein Rücktrittsrecht kann sich jedoch nach den allgemeinen Regeln des BGB (§§ 320 ff. BGB) ergeben.66 Das ist insb. nach § 323 BGB der Fall, wenn eine Partei eine fällige Leistung aus dem Aufhebungsvertrag nicht erbringt und die andere Partei ihr erfolglos eine Frist zur Leistung gesetzt hat. In Betracht kommt dies vor allem, wenn der Arbeitgeber die Abfindung nicht fristgerecht zahlt, es sei denn, die Nichtzahlung beruht auf Insolvenz.67 Ist dem Aufhebungsvertrag eine Kündigung vorausgegangen, so ist bei Ausübung des Rücktrittsrechts freilich zu beachten, dass dann die ursprüngliche Kündigung wieder auflebt.68 Es gilt dann das zum Widerruf Gesagte entsprechend. Gegebenenfalls steht der Arbeitnehmer nach Ausübung des Rücktritts also schlechter.

60 BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 780/10, NZA 2012, 1029. 61 BAG v. 7.2.2019 – 6 AZR 75/18, NZA 2019, 688; in diese Richtung bereits BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03, NZA 2005, 682; v. 27.11.2003 – 2 AZR 177/03, BB 2004, 1858. 62 BAG v. 27.11.2003, NZA 2004, 597; v. 14.2.1996 – 2 AZR 234/95, NZA 1996, 811; v. 30.9.1993, NZA 1994, 209; ebenso LAG MV v. 6.7.1995 – 1 Sa 629/94, NZA 1996, 535; aA LAG Hamburg v. 3.7.1991, LAGE § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 6. 63 BAG v. 27.11.2003, NZA 2004, 597; v. 30.9.1993, NZA 1994, 209. 64 ZT wird vertreten, dass der Arbeitgeber sich auf den Aufhebungsvertrag nicht berufen kann, wenn er den Arbeitnehmer nicht vorab über den Gesprächsinhalt informiert hat, Reinecke, ArbuR 2011, 234, 236. Das BAG hat darauf bisher nicht abgestellt. 65 LAG Köln v. 11.4.1990 – 7 Sa 67/90, BB 1990, 2047. 66 Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 2445; 2448; Reinfelder, NZA 2013, 62. 67 BAG v. 10.11.2011 – 6 AZR 342/10, AP Nr. 43 zu § 620 BGB m. Anm. Richter, ArbRB 2012, 39. 68 Gem. § 102 BetrVG hätte zur ursprünglichen Kündigung allerdings der Betriebsrat angehört werden müssen (BAG v. 28.6.2005 – 1 ABR 25/04, NZA 2006, 48). Gem. § 7 KSchG ist die Kündigung wirksam, wenn sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang durch Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG angegriffen wurde. Auch der Einwand fehlender oder unzureichender Betriebsratsanhörung ist dann abgeschnitten, da es sich hier um „andere Gründe“ gem. § 4 Satz 1 KSchG handelt.

952 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 27c Kap. 23

f) Anfechtung Praktische Bedeutung besitzt in erster Linie die Anfechtung von Aufhebungsverträgen und zum Teil von Eigenkündigungen durch den Arbeitnehmer.69 Sowohl die Kündigungserklärung als auch die Annahme eines Antrags auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses können angefochten werden.

27

aa) Irrtum Als Anfechtungsgrund kommt ein Irrtum nach § 119 Abs. 1 und 2 BGB in Betracht. Die Abgrenzung zwischen beachtlichem Inhalts- und Eigenschaftsirrtum und unbeachtlichem Rechtsfolgenirrtum ist bisweilen schwierig. Schwangere oder schwerbehinderte Arbeitnehmer können ihre Willenserklärung nicht mit der Begründung anfechten, dass sie von ihrer Schwangerschaft bzw. Behinderung keine Kenntnis hatten.70 Dasselbe gilt, wenn die schwangere Arbeitnehmerin sich über die mutterschutzrechtlichen Folgen der Kündigung oder Vertragsaufhebung irrt.71 Das wäre nur ein unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum. Unbeachtlich ist auch ein bloßer Motivirrtum, der sich auf Umstände bezieht, die für die Bildung des Geschäftswillens im Vorfeld bedeutsam sind, die also lediglich Beweggründe darstellen.72 Anders liegt der Fall indes, wenn über solche Umstände arglistig getäuscht wird (hierzu Rz. 28 f.).

27a

bb) Drohung Zur Anfechtung wegen einer Drohung gem. § 123 BGB berechtigen nur widerrechtliche Drohungen. Die Widerrechtlichkeit kann sich entweder aus dem Zweck der Drohung, dem Drohmittel oder der Verknüpfung beider, also der Inadäquanz von Mittel und Zweck ergeben.73 Eine Drohung liegt dann nicht vor, wenn dem Anfechtenden nur eine objektive, vom Drohenden nicht zu ändernde Zwangslage vor Augen gehalten wird. Auch die bloße Ausnutzung einer Zwangslage steht einer widerrechtlichen Drohung nicht gleich.74

27b

Droht der Arbeitgeber75 ausdrücklich oder konkludent76 mit einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung, falls kein Aufhebungsvertrag geschlossen oder keine Eigenkündigung erklärt wird, ist dies nicht widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber die Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.77 Das setzt voraus, dass die Pflichtverletzung überhaupt als Kündigungsgrund geeignet ist.78 Hat etwa ein Arbeitgeber in einem Rundschreiben an die Belegschaft erklärt,

27c

69 Vgl. BAG v. 5.12.2002, NZA 2003, 1055, zum Ganzen Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 2445; 2446; zu Verzugslohnansprüchen nach Anfechtung Spilger, NZA 2020, 357. 70 BAG v. 6.2.1992 – 2 AZR 408/91, DB 1992, 1529. 71 BAG v. 16.2.1983, DB 1983, 1663; v. 16.11.1979, NJW 1980, 2213. 72 BAG v. 8.5.2008 – 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148. Dort hatte der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag unterzeichnet in der irrtümlichen Erwartung, zu den Arbeitnehmern zu gehören, die später weiterbeschäftigt werden. Hierbei handelt es sich laut BAG um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg v. 11.3.2016 – 9 Sa 2236/15, LAGE § 123 BGB 2002 Nr. 15: Der Aufhebungsvertrag kann nicht angefochten werden, wenn der Arbeitnehmer sich falsche Vorstellungen über einen gleichzeitig angebotenen Arbeitsplatz gemacht hat. 73 BAG v. 13.12.2007, NZA-RR 2008, 341, 342 mwN; PWW/Ahrens, § 123 BGB Rz. 36 ff. 74 LAG Niedersachsen v. 19.5.2008 – 15 Sa 1265/07. 75 Auch die Drohung durch einen nicht kündigungsberechtigten Vorgesetzten kann zur Anfechtung berechtigen (BAG v. 15.12.2005 – 6 AZR 197/05, NZA 2006, 841). 76 BAG v. 15.12.2005 – 6 AZR 197/05, NZA 2006, 841; v. 6.12.2001 – 2 AZR 396/00, NZA 2002, 731. 77 BAG v. 23.11.2006 – 6 AZR 394/06, NZA 2007, 466; v. 15.12.2005 – 6 AZR 197/05, NZA 2006, 841; v. 5.12.2002 – 2 AZR 478/01, DB 2003, 1685; v. 6.12.2001 – 2 AZR 396/00, NZA 2002, 731; v. 12.8.1999 – 2 AZR 832/98, BB 1999, 2511; zur (Un)Wirksamkeit eines Klageverzichts im Falle einer solchen Drohung vgl. Kap. 23 Rz. 34. 78 Vgl. im Einzelnen Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, II. Rz. 61 ff.; PWW/Lingemann, § 626 BGB Rz. 3 ff., § 620 BGB Rz. 65 ff.

Lingemann | 953

Kap. 23 Rz. 27c | Einvernehmliche Beendigung dass er bei Verstößen gegen das Verbot der privaten E-Mail-Nutzung zunächst eine Abmahnung und nur im Wiederholungsfall unter Umständen eine Kündigung aussprechen werde, ist beim Fehlen einer solchen Abmahnung die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung widerrechtlich.79 Gleiches gilt nach Auffassung des LAG Rheinland-Pfalz, wenn der Arbeitgeber vor einer solchen Drohung bei unverändertem Sachverhalt bereits eine ordentliche Kündigung erklärt hatte, da er damit konkludent auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung verzichtet hat, er kann damit daher auch nicht mehr drohen.80 Möglicherweise gilt das auch, soweit der Arbeitgeber mit einer vorangegangenen Abmahnung auf sein Kündigungsrecht verzichtet hat.81

27d Nicht erforderlich ist andererseits, dass die Kündigung sich in einem Kündigungsschutzprozess auch

bestätigt hätte. Nur wenn der Arbeitgeber davon ausgehen muss, die Kündigung werde einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er mit einer Kündigung auch nicht drohen.82 Ist die Drohung widerrechtlich, wird die Widerrechtlichkeit der Drohung nicht durch eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eingeräumte Bedenkzeit beseitigt. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ändert eine solche Bedenkzeit auch nichts an der Ursächlichkeit der Drohung für den späteren Abschluss des Aufhebungsvertrages.83

27e Der nachdrückliche Hinweis des Arbeitgebers auf seine desolate wirtschaftliche Lage bzw. die Lage

in seinem Umfeld (etwa Insolvenz des Hauptauftraggebers) verbunden mit dem Angebot, eine fristlose Eigenkündigung zu unterschreiben und einen Arbeitsvertrag mit einem auswärtigen Unternehmen abzuschließen, begründet regelmäßig nicht die Anfechtung der Eigenkündigung des Arbeitnehmers wegen widerrechtlicher Drohung.84

27f Spricht der Arbeitgeber die Kündigung zunächst aus und schließt in derselben Besprechung im

Anschluss daran mit dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, so soll auch dies wie die Androhung einer Kündigung zu behandeln sein, sofern der Ausspruch der Kündigung und der Abschluss des Aufhebungsvertrages eine Einheit darstellen.85 Der hierfür erforderliche enge zeitliche Zusammenhang besteht jedoch nicht mehr, wenn die Vereinbarung über das Ende des Arbeitsvertrages erst mehrere Wochen nach Ausspruch der Kündigung zustande kommt.86

27g Eine Willenserklärung des Arbeitnehmers ist nicht schon deshalb anfechtbar, weil sie ohne Bedenkzeit unter Zeitdruck abgegeben wurde.87 Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall keiner durch eine widerrechtliche Drohung verursachten Zwangslage ausgesetzt; nur davor schützt aber § 123 BGB.

27h Droht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit einer Strafanzeige, berechtigt auch das nicht zur Anfechtung, wenn die Straftat das Arbeitsverhältnis konkret betrifft und ein verständiger Arbeitgeber daher eine Strafanzeige in Erwägung ziehen konnte.88

79 LAG Rh.-Pf. v. 23.4.2009 – 11 Sa 566/08. 80 LAG Rh.-Pf. v. 24.1.2014 – 1 Sa 451/13. 81 BAG v. 26.11.2009 – 2 AZR 751/08, NZA 2010, 823; ein Verzicht auf das Kündigungsrecht liegt allerdings nicht vor, wenn der Abmahnung selbst oder den Umständen zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als „erledigt“ ansieht (BAG v. 19.11.2015 – 2 AZR 217/15, NZA 2016, 540 Rz. 28). 82 BAG v. 6.12.2001 – 2 AZR 396/00, NZA 2002, 731; v. 12.8.1999 – 2 AZR 832/98, BB 1999, 2511. 83 Vgl. BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348. 84 BAG v. 9.6.2011, NZA-RR 2012, 129. 85 BAG v. 12.8.1999 – 2 AZR 832/98, BB 1999, 2511. 86 BAG v. 23.11.2006 – 6 AZR 394/06, NZA 2007, 466. 87 BAG v. 16.2.1983, DB 1983, 1663; v. 30.9.1993, NZA 1994, 209; v. 14.2.1996 – 2 AZR 234/95, NZA 1996, 811; LAG München v. 13.10.2005, LAGE § 1 KSchG Eigenkündigung Nr. 1; Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, I. Rz. 191. 88 BAG v. 30.1.1986 – 2 AZR 196/85, NZA 1987, 91; LAG Hessen v. 2.6.1997, DB 1998, 82. – Die Drohung mit einer Strafanzeige, um einen Arbeitnehmer, der zugegeben hatte, den Arbeitgeber in erheblicher Höhe geschädigt zu haben, zur Abgabe eines (notariellen) Schuldanerkenntnisses und so zur Wie-

954 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 27m Kap. 23

In der Ankündigung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf enden zu lassen, wenn der Arbeitnehmer nicht zu einer – objektiv unwirksam – befristeten Fortsetzung zu den vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Bedingungen bereit sei, liegt ebenfalls keine rechtswidrige Drohung.89 Ein solches Angebot des Arbeitgebers ist kein Übel, sondern bietet dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, seiner Erwerbstätigkeit unter geänderten Bedingungen weiter nachgehen zu können, ohne dass er dies vom Arbeitgeber verlangen könnte.

27i

Für die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung ist es unerheblich, von welcher Person die Drohung stammt. Diese kann auch von einer Hilfsperson des Geschäftspartners oder einem Dritten ausgehen.90 Dritter soll nach abzulehnender Auffassung des BAG auch das Gericht oder ein Mitglied des Gerichts sein können. Auch wenn die bloße Verdeutlichung von Prozessrisiken in aller Regel nicht zur Anfechtung eines Prozessvergleichs berechtigt, liegt eine Drohung etwa dann vor, wenn ein Vorsitzender Richter eine Partei im Rahmen von Vergleichsverhandlungen zum Abschluss des Vergleichs drängt durch Äußerungen wie: „Gleich werden Sie an die Wand gestellt und erschossen“, „Ich reiße Ihnen sonst den Kopf ab“ und „Seien Sie vernünftig, sonst müssen wir Sie zum Vergleich prügeln“. Der Kausalzusammenhang zwischen Drohung und späterem Vergleichsschluss soll in diesem Fall auch nicht allein durch die Nichtausübung des Ablehnungsrechts (§ 42 ZPO) durchbrochen werden. Ein Anfechtungsrecht ist im Ergebnis aber zu verneinen, wenn der Prozesspartei eine häufiger praktizierte Neigung des betreffenden Richters zu solchen Äußerungen bekannt ist oder die Vergleichsverhandlungen in einer aufgelockerten Gesprächsatmosphäre geführt wurden.91

27j

cc) Arglistige Täuschung Eine Täuschung durch den Arbeitgeber kommt in erster Linie in Form falscher Angaben (etwa über die Rechtsfolgen des Aufhebungsvertrages) in Betracht. Sofern es hier an der Täuschungsabsicht und damit an der Arglist fehlt, scheidet eine Anfechtung jedoch aus. Der Arbeitnehmer hat dann unter Umständen die Möglichkeit, Schadensersatz zu verlangen (siehe Rz. 8).

27k

Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn ein (zweiseitiger) Aufhebungsvertrag mit der Übertragung von Versorgungsanwartschaften nach § 4 Abs. 2 BetrAVG als dreiseitiger Vertrag (zusätzlich neuer Arbeitgeber) verbunden worden ist. In Fällen, in denen der Aufhebungsvertrag im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Versorgungsanwartschaft und in derselben Urkunde wie diese geschlossen worden ist, führt die Verbindung zu einer derart engen Verflechtung der Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien des Aufhebungsvertrages mit denen des Schuldübernahmevertrages, dass eine Anfechtungserklärung auch gegenüber dem neuen Arbeitgeber erforderlich ist. Eine isolierte Teilanfechtung nur des Aufhebungsvertrages etwa nach § 123 Abs. 1 BGB wäre nicht zulässig.92

27l

Ein Aufhebungsvertrag oder Vergleich kann wegen arglistiger Täuschung anfechtbar sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Zahlung einer Abfindung verspricht und dabei die unmittelbar bevorstehende Insolvenz des Unternehmens verschweigt, es sei denn, dem Arbeitnehmer war bei Abschluss die finanziell bedrängte Lage des Arbeitgebers bekannt.93

27m

89 90 91 92 93

dergutmachung des Schadens zu veranlassen, ist rechtmäßig; BAG v. 22.7.2010 – 8 AZR 144/09, NZA 2011, 743. – Vgl. auch LAG Hamm v. 22.7.2009 – 3 Sa 426/09, wonach das Drohen mit einer Strafanzeige gegen den Vater eines Auszubildenden zum Zwecke der Auflösung eines Berufsausbildungsverhältnisses eine widerrechtliche Drohung iSd. § 123 BGB darstellt, wenn die Verhaltensweise des Vaters, gegen die sich die Strafanzeige richten soll, das Arbeitsverhältnis nicht konkret berührt. BAG v. 13.12.2007, NZA-RR 2008, 341. BAG v. 12.5.2010 – 2 AZR 544/08, NZA 2010, 1250; v. 15.12.2005 – 6 AZR 197/05, NZA 2006, 841. BAG v. 12.5.2010 – 2 AZR 544/08, NZA 2010, 1250. BAG v. 24.2.2011, NZA-RR 2012, 148. BAG v. 11.7.2012 – 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316.

Lingemann | 955

Kap. 23 Rz. 27n | Einvernehmliche Beendigung dd) Anfechtung durch den Arbeitgeber (M 23.4) → S. M 23.4.

27n Problematisch und noch ungeklärt ist die Frage, ob und unter welchen Umständen der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anfechten kann. Die Frage stellt sich vor allem in zwei Konstellationen.

27o Zum einen betrifft dies den Fall, dass dem Arbeitgeber nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags

Tatsachen aus der Zeit vor dessen Abschluss bekannt werden, die eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hätten. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall ein Interesse daran, die Anfechtung zu erklären, um zB eine vereinbarte hohe Abfindungszahlung zu vermeiden und nunmehr fristlos zu kündigen. Grundsätzlich gelten auch hier die allgemeinen Vorschriften. Ein Inhalts- oder Erklärungsirrtum scheidet aber aus, da der Arbeitgeber genau das erklärt hat, was er erklären wollte. Ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft könnte vorliegen, wenn man die fristlose Kündbarkeit als Eigenschaft des beendeten Arbeitsvertrages ansieht. Folgt man dem nicht, so handelt es sich lediglich um einen Irrtum über den Beweggrund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages: Ein solcher Motivirrtum würde nicht zur Anfechtung berechtigen. Auch eine arglistige Täuschung liegt idR nicht vor; denn diese setzt voraus, dass der Arbeitnehmer verpflichtet war, die Tatsachen offen zu legen, die eine Kündigung gerechtfertigt hätten. Eine Offenbarungspflicht dieses Inhalts besteht jedoch nicht.94 Ermöglicht jedoch der Ausspruch einer (fristlosen) Kündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem im Aufhebungsvertrag vereinbarten Beendigungszeitpunkt, so entstehen keine gegenseitigen Ansprüche aus dem Aufhebungsvertrag, wenn der Aufhebungsvertrag an Stelle einer ansonsten beabsichtigten Kündigung geschlossen wurde. Ein Aufhebungsvertrag steht dann zumindest unter der konkludenten Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt fortbesteht.95

27p

Zum anderen stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten kann, wenn ihm der Arbeitnehmer wahrheitswidrig erklärt hat, er habe noch keine neue Stelle, in Wahrheit aber eine neue Stelle bereits angetreten hatte oder jedenfalls der neue Arbeitsvertrag bereits unterzeichnet ist. Es liegt auf der Hand, dass die Aussichten des Arbeitnehmers auf Zahlung einer hohen Abfindung sich schlagartig verringern, wenn dem Arbeitgeber bekannt wird, dass der Arbeitnehmer bereits eine neue Stelle hat, weil dann unter anderem das Annahmeverzugsrisiko deutlich niedriger ist. Nach richtiger Auffassung96 hat der Arbeitnehmer kein Recht zur Lüge, wenn ihn der Arbeitgeber nach einer Anschlussbeschäftigung fragt. Antwortet der Arbeitnehmer wahrheitswidrig, er habe noch keine Anschlussbeschäftigung, ist daher der Arbeitgeber zur Anfechtung des Aufhebungsvertrages nach § 123 BGB berechtigt.97

27q

Wichtig: Ein Anfechtungsgrund besteht nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer Anschlussbeschäftigung fragt und der Arbeitnehmer wahrheitswidrig antwortet. Eine selbständige Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers besteht wohl auch in diesem Zusammenhang nicht.

27r Bestätigt der Anfechtungsberechtigte das anfechtbare Rechtsgeschäft durch ausdrückliches oder schlüssiges handeln, so ist eine Anfechtung ausgeschlossen, § 144 Abs. 1 BGB98 (dazu M 23.5).

94 Vgl. auch LAG BW v. 16.12.2009 – 2 Sa 49/09, wonach sich der Arbeitgeber für die Anfechtung eines gerichtlichen Vergleichs nicht auf § 123 BGB berufen kann, wenn er schwerwiegende Verfehlungen des Arbeitnehmers zur Grundlage seines Trennungsentschlusses gemacht hat und nach Abschluss des Vergleichs weitere schwerwiegende Vorgänge bekannt werden. 95 BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 292/96, NZA 1997, 813, 816. § 313 BGB kommt darüber hinaus nur dann zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber seinen Willen im Vertrag zum Ausdruck bringt, dass er mit der Vereinbarung nur eine betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln will. Vgl. auch BAG v. 10.11.2011 – 6 AZR 357/10, NZA 2012, 205. 96 LAG Hamm v. 19.5.1994 – 16 (10) Sa 1545/93, BB 1995, 2117. 97 Vgl. dazu ausführlich Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, I. Rz. 200 ff. 98 Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 2445, 2447.

956 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 30 Kap. 23

g) Verstoß gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ Mit Urteil vom 7.2.2019 hat das BAG entschieden, dass auch der Verstoß gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages führen kann.99 Das aus den vertraglichen Nebenpflichten gem. § 311 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB hergeleitete Gebot kann bei einer möglichen Überrumpelung des Arbeitnehmers relevant werden, zum Beispiel durch Verhandlungen zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten oder bei der Ausnutzung einer erkennbaren krankheitsbedingten Schwäche des Arbeitnehmers oder unzureichender Sprachkenntnisse. Ein Verstoß liegt zwar nicht schon darin, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung weder eine Bedenkzeit100 noch ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht einräumt, oder dass er die Unterbreitung einer Aufhebungsvereinbarung nicht ankündigt. Unfair soll die Verhandlungssituation aber sein, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und unüberlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht. Dies soll in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber eine erkrankte Arbeitnehmerin in ihrer Wohnung aufsucht und zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages bewegt.101 Liegt ein solcher Verstoß vor, so soll gem. § 249 ff. BGB der Aufhebungsvertrag unwirksam sein, das ursprüngliche Arbeitsverhältnis besteht fort.102

27s

Ungeklärt ist, ob ein Verstoß gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden kann. Dagegen spricht, dass der 6. Senat hierin ein Rechtsinstitut „unterhalb der Schwelle der §§ 105, 119 BGB“ sieht. Dann muss auch insoweit die unverzügliche Geltendmachung verlangt werden. Andernfalls würde der schwerere Verstoß – die widerrechtliche Drohung – nur befristet sanktioniert, der leichtere Verstoß aber unbefristet, was ein nicht zu rechtfertigender Wertungswiderspruch wäre.103 Es bestehen zudem erhebliche Zweifel, ob es der Einführung einer solchen „Sittenwidrigkeit light“ wirklich bedurfte.104

27t

h) Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB Vom Arbeitgeber vorformulierte Aufhebungsverträge unterliegen der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB.105

28

Nur wenn es sich beim Aufhebungsvertrag um eine völlig individuelle Lösung für den einzelnen Arbeitnehmer, abgestimmt auf dessen berufliche und private Bedürfnisse, handelt, ist das AGBRecht nicht anwendbar, da er individuell ausgehandelt ist (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). In den meisten Fällen handelt es sich bei Aufhebungsverträgen jedoch um Allgemeine Geschäftsbedingungen.

29

Grundsätzlich einer Inhaltskontrolle entzogen sind allerdings auch dann die im Aufhebungsvertrag vereinbarten Hauptleistungspflichten, also die Beendigung des Arbeitsvertrages,106 sowie Restlaufzeit und Höhe der Abfindung, es sei denn, dass eine entsprechende Regelung von gesetzlichen Rechtsvorschriften abweicht (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).107

30

99 BAG v. 7.2.2019 – 6 AZR 75/18, NZA 2019, 688; im Einzelnen Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 2445, 2447. 100 ZT. wird dazu geraten, Bedenkzeit einzuräumen, um ggf. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns kompensieren zu können (Reufels/Pütz, ArbRB 2020, 253, Müller, DB 2019, 1792). 101 So der Sachverhalt BAG v. 7.2.2019 – 6 AZR 75/18, NZA 2019, 688; daher wird zT. empfohlen, den Aufhebungsvertrag möglichst in den Geschäftsräumen anzubieten und im Krankheitsfall die Genesung abzuwarten (Hördt, ArbRAktuell 2019, 289). 102 Dagegen Fischinger, NZA 2019, 729. 103 Einzelheiten Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 2445, 2447. 104 Lingemann/Chakrabarti, NJW 2019, 2445, 2448; krit. auch Fischinger, NZA 2019, 729. 105 BAG v. 8.5.2008 – 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148, 1149. 106 BAG v. 8.5.2008 – 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148. 107 BAG v. 8.5.2008 – 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148; v. 3.6.2004 – 2 AZR 427/03; v. 22.4.2004, EzA § 312 BGB 2002 Nr. 2; v. 27.11.2003, NZA 2004, 597; BGH v. 24.9.1998 – III ZR 219/97, NJW 1999, 864; Lingemann, NZA 2002, 181, 185 und 188 mwN.

Lingemann | 957

Kap. 23 Rz. 31 | Einvernehmliche Beendigung

31 Bei der Inhaltskontrolle der übrigen Regelungen eines Aufhebungsvertrages ist uE Zurückhaltung

geboten, weil sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in etwa gleich starken Verhandlungspositionen befinden. Das BAG hat ausgeführt, dass in der Situation, die zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages führt, gerade kein strukturelles Ungleichgewicht der Vertragspartner angenommen werden kann.108 Dem Arbeitnehmer könne die zur Durchsetzung seiner berechtigten Interessen erforderliche Verhandlungsmacht nicht abgesprochen werden, denn er brauche dem Ansinnen des Arbeitgebers lediglich ein schlichtes „Nein“ entgegenzusetzen. Das Ob, Wie und Wann der einvernehmlichen Vertragsbeendigung sei also vom vollen Konsens des Arbeitnehmers abhängig. Diese Position, die durch das Kündigungsschutzgesetz in besonderer Weise geschützt ist, stellt uE eine typische „im Arbeitsrecht geltende Besonderheit“ iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB dar.109 Das BVerfG hat allerdings mit Beschluss vom 23.11.2006110 eine strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmers jedenfalls bei Abschluss und Änderung des Arbeitsvertrages bejaht, und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt. Dies gilt uE. aus den vorstehend dargestellten Gründen jedoch nicht für Aufhebungsverträge.

32 Bei der Formulierung von Klauseln in Aufhebungsverträgen ist derzeit jedoch von einer uneingeschränkten AGB-Kontrolle auszugehen. Im Einzelnen:

33 Ein Verzicht auf die Erhebung oder Durchführung einer Kündigungsschutzklage ist zwar grund-

sätzlich zulässig.111 Eine Verzichtserklärung kann in Form eines Aufhebungsvertrages, eines Vergleichs, eines Klageverzichtsvertrags oder als vertragliches Klagerücknahmeversprechen erfolgen.112 Ist die Verzichtsvereinbarung jedoch vom Arbeitgeber vorformuliert und wird sie vor Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG abgegeben,113 muss sie eine Gegenleistung für den Verzicht vorsehen, etwa in Bezug auf den Beendigungszeitpunkt oder die Beendigungsart, die Zahlung einer Abfindung oder Prämie114 oder den Verzicht auf eigene Ersatzansprüche115; die Zusage eines überdurchschnittlichen Zeugnisses reicht allerdings nicht aus.116 Der ohne eine solche Gegenleistung erklärte Verzicht stellt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.117

34 Ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung stellt der formularmäßige Klageverzicht im Rahmen

eines Aufhebungsvertrags dar, wenn dieser zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird und ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte 108 BAG v. 14.2.1996 – 2 AZR 234/95, NZA 1996, 811. 109 Allerdings hat das BAG bisher Regelungen außerhalb der Hauptleistungspflichten in Aufhebungsverträgen in gleicher Intensität wie arbeitsvertragliche Regelungen geprüft, sieht hierin also offenbar keine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. 110 BVerfG v. 23.11.2006 – 1 BvR 1909/06, NZA 2007, 85; zustimmend BAG v. 25.4.2007, AP Nr. 7 zu § 308 BGB Gratifikation Rz. 22. 111 Vgl. § 2 bei M 23.2. Zur Formbedürftigkeit des Klageverzichts vgl. Rz. 5. 112 BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219. 113 Vgl. BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219, wonach die Vereinbarung „Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt, auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet“ eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB darstellt, wenn sich ein vom Arbeitgeber zu widerlegender Anschein dafür ergibt, dass sie zur Mehrfachverwendung formuliert worden ist. 114 Eine Betriebsvereinbarung, nach der Arbeitnehmer eine Sonderprämie erhalten, wenn sie auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten, darf allerdings nicht solche Arbeitnehmer ausschließen, die im Anschluss an ihre Entlassung anderweitig beschäftigt werden und von der Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens absehen, BAG v. 8.12.20015, 1 AZR 595/14, NZA 2016, 767 m. Anm. Günther, FD-ArbR 2016, 374996. 115 BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NJW 2015, 1038; v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219. 116 BAG v. 24.9.2015 – 2 AZR 347/14, NJW 2016, 1195. 117 BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NJW 2015, 1038; v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219; krit. Bauer/Günther, NJW 2008, 1617, 1619 ff. Im Rahmen eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrages ist aber häufig die Zahlung einer Abfindung vorgesehen, sodass keine unangemessene Benachteiligung vorliegt.

958 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 37 Kap. 23

Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte, die Drohung also widerrechtlich iSd. § 123 BGB war.118 Die Vereinbarung eines Klageverzichts kann zudem je nach Gestaltung der Erklärung, zB ohne optische Hervorhebung, eine überraschende Klausel darstellen, die gem. § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil wird.119.

35

Verzichten kann ein Arbeitnehmer auch auf Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung. Solche Ausgleichs- und Abgeltungsklauseln in Aufhebungsvereinbarungen, Abwicklungsvereinbarungen oder gerichtlichen Auflösungsvergleichen sind im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen.120 Sie sind auch nicht überraschend oder ungewöhnlich iSd. § 305c BGB, sondern die Regel, denn der Abwicklungs- oder Aufhebungsvertrag soll die Rechtsbeziehung der Parteien ja grundsätzlich im vollen Umfang beenden.121 Sie umfassen alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien auf Grund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiellrechtliche Anspruchsgrundlage ankäme.122 Entscheidend dafür, ob ein Anspruch dem Geltungsbereich einer solchen Ausgleichsklausel unterfällt, ist die enge Verknüpfung des Lebensvorgangs mit dem Arbeitsverhältnis.123 Daher müssen solche Punkte, die auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin bestehen bleiben sollen, einzeln und ausdrücklich aufgeführt werden. Eine ausdrückliche Regelung der ausgenommenen Ansprüche indiziert dabei zugleich, dass nicht bezeichnete Ansprüche als abgegolten gelten.124 Folglich kann eine Ausgleichsklausel auch ein zuvor vereinbartes Wettbewerbsverbot und die damit verbundene Karenzentschädigung umfassen,125 sowie Ansprüche aus § 10 Abs. 4 AÜG.126 Ausgleichsklauseln, die sich auf „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ beschränken, umfassen in der Regel nicht Forderungen aus Werkmietverträgen, Kaufverträgen oder Arbeitgeberdarlehen, da diese rechtlich selbstständig, und sich daraus ergebende Ansprüche nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig sind.127 Sollen Ausgleichsklauseln daher zB Ansprüche aus einem Arbeitgeberdarlehen mit umfassen, ist es erforderlich, dass nicht nur Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“, sondern auch solche, die mit dem Arbeitsverhältnis „in Verbindung stehen“, ausdrücklich ausgeschlossen werden (vgl. auch M 23.1a § 9 und § 26, jeweils m. Anm.).128

36

Von einer Ausgleichsklausel werden allerdings solche Forderungen nicht erfasst, die objektiv außerhalb des von den Parteien Vorgestellten liegen und bei Abschluss des Aufhebungsvertrages subjektiv

37

118 BAG v. 12.3.2015, NZA 2015, 676. 119 Das gilt zB im Rahmen einer Ausgleichsquittung (vgl. Rz. 40) zusammen mit der Bestätigung des Erhalts der Arbeitspapiere BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NJW 2015, 1038. 120 BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 258/14, NZA 2016, 762; 28.7.2009 – 3 AZR 250/07, NZA 2010, 356; v. 19.3. 2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896; v. 19.11.2008 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318; v. 22.10.2008 – 10 AZR 617/07, NZA 2009, 139. 121 BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 258/14, NZA 2016, 762; v. 21.6.2011 – 9 AZR 203/10, DB 2011, 2663; v. 28.7.2009 – 3 AZR 250/07, NZA 2010, 356; v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896; v. 19.11. 2008 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318; v. 22.10.2008 – 10 AZR 617/07, NZA 2009, 139. 122 BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 258/14, NZA 2016, 762; v. 27.5.2015 – 5 AZR 137/14, NZA 2015, 1125. 123 BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896, 899. 124 BAG v. 28.7.2009 – 3 AZR 250/07, NZA 2010, 356; v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896, 900. 125 BAG v. 24.6.2009 – 10 AZR 707/08, NJW 2009, 3529; v. 22.10.2008 – 10 AZR 617/07, NZA 2009, 139. 126 BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 258/14, NZA 2016, 762. 127 BAG v. 19.1.2011 – 10 AZR 873/08, NJW 2011, 2381. Ausnahmen hat das BAG anerkannt zB bei einem Arbeitgeberdarlehen zur Finanzierung einer Mitarbeiterbeteiligung, da aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Darlehens eine zusätzliche Verknüpfung zum Arbeitsverhältnis bestanden hätte (BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896); ebenso für ein Arbeitgeberdarlehen, das gewährt wurde, um Gesellschaftsanteile in einer stillen Gesellschaft zu erwerben (BAG v. 28.7.2009 – 3 AZR 250/07, NZA 2010, 356). 128 BAG v. 19.1.2011 – 10 AZR 873/08, NJW 2011, 2381.

Lingemann | 959

Kap. 23 Rz. 37 | Einvernehmliche Beendigung unvorstellbar waren.129 Sofern die Ausschlussklausel indes ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche aufnimmt, dürften auch diese umfasst sein.130 Ausgenommen sind auch Ansprüche, auf die der Arbeitnehmer nicht vertraglich verzichten kann, so beispielsweise Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung (§ 1b BetrAVG), Rechte aus einem Tarifvertrag (§ 4 Abs. 4 TVG) oder einer Betriebsvereinbarung (§ 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG), der Anspruch auf Mindestlohn (§ 3 MiLoG) sowie der Zeugnisanspruch. Dasselbe gilt für Ansprüche, die vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrages tituliert wurden.131 Demgegenüber wird der Urlaubsabgeltungsanspruch von der Ausgleichsklausel erfasst.132 Dem steht § 13 BUrlG nicht entgegen, da der Urlaubsabgeltungsanspruch gerade nicht auf Urlaub, sondern auf Geld gerichtet ist. Des Schutzes des § 13 BUrlG bedarf der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr. Auch Ansprüche auf equal pay sind von einer allgemeinen Ausgleichsklausel erfasst. § 9 Abs. 2 AÜG steht nicht entgegen, weil dieser nur für Vereinbarungen gilt, die schon die Entstehung des Anspruches ausschließen oder beschränken, nicht aber für den nachträglichen Verzicht darauf.133

38 Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass auf Grund des Transparenzgebots gem. § 307 Abs. 1

Satz 2 BGB unverfall- und unverzichtbare Ansprüche von der Geltung der Ausgleichsklausel ausdrücklich ausgenommen werden müssen134 oder die von der Klausel erfassten Ansprüche ausdrücklich aufgezählt werden müssen.135 Demgegenüber hat das BAG auch nach Einführung der AGBKontrolle immer wieder zu Recht Ausgleichsklauseln als wirksam angesehen, die keine derartigen Einzelaufzählungen enthielten, sondern nur die bisher auch übliche allgemeine Ausgleichsregelung.136 Mit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns wird allerdings zunehmend vertreten, dass zur Vermeidung von Intransparenz unverzichtbare Ansprüche oder jedenfalls der Anspruch auf gesetzliches Mindestentgelt ausdrücklich ausgenommen werden sollten.137 Insoweit handelt es sich um eine ähnliche Problematik wie bei den Ausschlussfristen. Allerdings besteht der zentrale Unterschied darin, dass Ausschlussfristen die Geltendmachung von Ansprüchen für die Zukunft ausschließen, während Ausgleichsklauseln in Aufhebungsverträgen bereits entstandene Ansprüche für die Vergangenheit erledigen. Auch vor Einführung des Mindestlohns gab es unverzichtbare Ansprüche, wie zum Beispiel den Anspruch auf Urlaub, Zeugnis oder unverfallbare Ansprüche aus betriebliche Altersversorgung. Gleichwohl hat das BAG zu keinem Zeitpunkt eine allgemeine Ausgleichsklausel als intransparent angesehen, weil sie Ansprüche auf Urlaub, Zeugnis oder unverfallbare Ansprüche aus betriebliche Altersversorgung nicht ausdrücklich ausgenommen hat. Dies spricht sehr deutlich dafür, dass auch Ansprüche auf Mindestlohn in Ausgleichsklauseln – anders als bei Ausschlussfristen – nicht ausgenommen werden müssen. Auf die Ausführungen in Kap. 2 Rz. 92 sowie M 23.1a, § 26 m. Anm. wird verwiesen.

39 Die AGB-rechtlichen Unwirksamkeitsgründe für einen Klageverzicht (vgl. Rz. 33 ff.) gelten entsprechend auch für einen Verzicht des Arbeitnehmers auf Ansprüche im Rahmen einer Ausgleichsklau129 130 131 132 133 134 135 136

BAG v. 24.6.2009, NZA-RR 2010, 536; v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066, 1073. Vgl. BAG v. 27.5.2015 – 5 AZR 137/14, NZA 2015, 1125. Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsvertragliche Aufhebungsverträge, Rz. C 481. BAG v. 14.5.2013, BB 2013, 1267. BAG v. 27.5.2015 – 5 AZR 137/14, NZA 2015, 1125. So der Hinweis bei LAG Niedersachsen v. 9.10.2009 – 10 Sa 1692/08. Vgl. LAG Berlin-Brandenburg v. 5.6.2007, LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 13. Vgl. etwa BAG v. 27.5.2015 – 5 AZR 137/14, NZA 2015, 1125; v. 19.3.2009, NZA 2009, 897 (zum Ausschluss der Rückzahlung eines Arbeitnehmerdarlehens an den Arbeitgeber); v. 19.11.2008 – 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 (Aufhebung eines Wettbewerbsverbots in einer Abwicklungsvereinbarung); v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, NZA 2008, 1066, 1073 (zu Aktienoptionen). Bei Unwirksamkeit der allgemeinen Ausgleichsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hätte das BAG die jeweils angesprochenen Fragen nicht mehr zu prüfen brauchen. Dies spricht dafür, dass die Klauseln auch ohne eine entsprechende Aufzählung nicht gegen das Transparenzverbot verstoßen. 137 Vgl. Lembke, NZA 2016, 1, 9.

960 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 44 Kap. 23

sel. Auch ein solcher Verzicht ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zwar unwirksam, wenn er ohne kompensatorische Gegenleistung vereinbart wird.138 Allerdings stellt der Verzicht des Arbeitgebers auf eigene Ansprüche eine solche Kompensation dar.139 Ebenso wie ein Klageverzicht darf auch die Ausgleichsklausel natürlich nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB sein.140 Eine reine Ausgleichsquittung, in der der Arbeitnehmer lediglich bestätigt, dass keine Ansprüche gegen den Arbeitgeber mehr bestehen bzw. alle Ansprüche erledigt sind, stellt außerhalb eines (außer)gerichtlichen Vergleichs oder eines Aufhebungsvertrags allenfalls ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis dar.141

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Einstweilen frei.

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i) Steuerrecht aa) §§ 24, 34 EStG

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Abfindungen142 können nach §§ 24, 34 EStG steuerbegünstigt sein.143 (1) Allgemeines Zweck der §§ 24, 34 EStG ist die Abmilderung der Belastung des Steuerpflichtigen zum Ausgleich dafür, dass sich Einkünfte, die sich sonst über mehrere Veranlagungszeiträume (Kalenderjahre) verteilt hätten, auf Grund der Vertragsbeendigung und der Abfindung (Entschädigung) in einem Kalenderjahr „zusammenballen“. Diese „Fünftelungsregelung“ führt des Öfteren auch nur zu geringen Steuervorteilen. Im Einzelfall kann es daher steuerlich günstiger sein, auf die Zusammenballung des Abfindungspakets in einem Kalenderjahr und damit auf das Eingreifen von §§ 24, 34 EStG zu verzichten und stattdessen das Abfindungspaket über mehrere Kalenderjahre zu verteilen. Sofern der Aufhebungsvertrag hierzu aber keine Regelung trifft, darf der Arbeitgeber auch vorfällig zahlen, selbst wenn damit für den Arbeitnehmer steuerliche Nachteile verbunden sind.144

43

Die §§ 24, 34 EStG gelten auch bei der Beendigung von Nicht-Arbeitsverhältnissen, also bei freien Mitarbeiterverträgen, Beraterverträgen, Handelsvertreterverträgen etc.

44

138 BAG v. 21.6.2011, NJW 2012, 103LAG Niedersachsen v. 9.10.2009 – 10 Sa 1692/08; Kroeschell, NZA 2008, 560, 561 mwN; vgl. auch APS/Rolfs, Kündigungsrecht – AufhebVtr Rz. 57. 139 So wohl BAG v. 21.6.2011, NJW 2012, 103 mit Verweis auf BAG v. 6.9.2007, NZA 2008, in der der Verzicht auf eigene Ersatzansprüche als Beispiel für eine ausreichende Gegenleistung aufgeführt wird. 140 BAG v. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04, NZA 2005, 1193. 141 BAG v. 23.10.2013 – 5 AZR 135/12, NZA 2014, 200 m. Anm. Arnold, ArbR 2014, 131. 142 Anstelle oder als Teil der Abfindung kommt auch eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Betracht, die immaterielle Schäden ausgleicht und daher stets steuerfrei ist. Sollen im Rahmen von Schadensersatzansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG allerdings entgangene oder entgehende Einnahmen ausgeglichen werden, sind diese Zahlungen einkommensteuerpflichtig, ggf. unter Anwendung der §§ 24, 34 EStG, dazu Rz. 42 ff. Resultiert der auszugleichende Schaden jedoch nicht aus der Erwerbsgrundlage, so wäre auch eine solche Schadensersatzleistung steuerfrei, zB beim Ersatz von Heilbehandlungskosten, Einzelheiten bei Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. G 2 ff. Aufgrund der steuerstrafrechtlichen Relevanz ist dringend davon abzuraten, Abfindungen als Entschädigungen oder Schadensersatz zu „tarnen“, um so Steuervorteile zu erzielen. Zur Abgrenzung vgl. auch Bauer/Günther, NJW 2007, 113; Cornelius/Lipinski, BB 2007, 496. Zu weiteren Zuwendungen im Aufhebungsvertrag, etwa der Übernahme von Anwaltskosten des Mitarbeiters oder der Vereinbarung einer Outplacementberatung, vgl. Kern/Wege, NZA 2008, 564. 143 Zur ermäßigten Besteuerung von Entlassungsentschädigungen eingehend Geserich, DB 2016, 1953. 144 BAG v. 23.6.2016 – 8 AZR 757/14, NZA 2016, 1459.

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Kap. 23 Rz. 45 | Einvernehmliche Beendigung (2) Entschädigung

45 Voraussetzung für die Anwendung der § 24 Nr. 1a,145 § 34 EStG ist zunächst, dass es sich um eine

„Entschädigung“ handelt, die „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen“ gewährt wird. Eine Entschädigung setzt insoweit voraus, dass an die Stelle der bisher geschuldeten Leistung eine andere tritt. Sie muss deshalb unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sowie dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen.146

46 Nicht erforderlich ist, dass das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis vollständig beendet wird.147

§ 24 Nr. 1a EStG setzt lediglich voraus, dass Einnahmen wegfallen und dass dafür Ersatz geleistet wird. Das ist auch der Fall, wenn die Parteien des Arbeitsvertrages eine Verminderung der Arbeitszeit vereinbaren, die Vollzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers also in eine Teilzeitbeschäftigung überführen, und der Arbeitnehmer dafür abgefunden wird.148 Erforderlich ist aber, dass der Arbeitgeber die zur Entschädigung führende Änderung des Arbeitsverhältnisses veranlasst hat.149 Eine Entschädigung iSd. § 24 Nr. 1a EStG kann zwar auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer bei dem zum Einnahmeausfall führenden Ereignis selbst mitgewirkt hat. Ist das der Fall, muss der Arbeitnehmer bei Aufgabe seiner Rechte aber unter erheblichem wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt haben; er darf die Änderung nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben.150

47 Die Zahlung der Abfindung muss auf einer „neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage“ beruhen.151

Die Abfindung darf sich daher nicht als die bloße – ggf. in der Zahlungsmodalität geänderte – Erfüllung einer Leistung im Rahmen des bisherigen Rechtsverhältnisses darstellen.152 Unschädlich für die Anwendung der §§ 24, 34 EStG ist allerdings, wenn die Abfindung schon im Anstellungsvertrag für den Fall vorgesehen wird, dass das Anstellungsverhältnis aus bestimmten Gründen endet.153 Hingegen gilt der Steuervorteil nicht für eine Zahlung, die während eines noch laufenden befristeten Dienstverhältnisses dafür geleistet wird, dass das Dienstverhältnis vertragsgemäß ausläuft und nicht verlängert wird, denn es fehlt bereits an der Abgeltung für entgangene oder entgehende Einnahmen.154 145 Da dies die in der Praxis häufigste Rechtsgrundlage für den Steuervorteil auf Abfindungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist, konzentriert sich die Darstellung auf diese Regelung. Basis für die Fünftelungsregelung gem. § 34 EStG kann daneben auch § 24 Nr. 1b EStG sein, wenn die Entschädigungen für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche gewährt werden, Einzelheiten dazu bei Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. G 31 ff. 146 St. Rspr., vgl. etwa BFH v. 12.7.2016, BStBl. II 2017, 158; v. 16.9.2015, BFH/NV 2016, 26; v. 10.7.2012 – VIII R 48/09, BStBl. II 2013, 155; v. 25.8.2009 – IX R 3/09, BStBl. II 2010, 1030 mwN. 147 BFH v. 13.3.2018 – IX R 12/17, BFH/NV 2018, 715; v. 25.8.2009 – IX R 3/09, BStBl. II 2010, 1030; anders BFH v. 1.8.2007, BFH/NV 2007, 2104 mwN; v. 13.12.2005, BFH/NV 2006, 1071. 148 BFH v. 25.8.2009 – IX R 3/09, BStBl. II 2010, 1030. 149 BFH v. 20.10.1978, BStBl. II 1979, 176; v. 20.7.1978, BStBl. II 1979, 9; vgl. zum Begriff der Veranlassung auch BFH v. 2.4.2008, BFH/NV 2008, 1325 mwN, wonach bei Zahlung einer Abfindung im Regelfall davon ausgegangen werden kann, dass der Arbeitgeber die Auflösung auch veranlasst hat. 150 BFH v. 13.3.2018 – IX R 16/17, BStBl. II 2018, 709; BFH v. 16.9.2015, BFH/NV 2016, 26; v. 22.1.2009, BFH/NV 2009, 933; v. 4.9.2002, BStBl. II 2003, 177; vgl. auch H 24.1 EStH 2018 „Entschädigungen iSd. § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG“. 151 BFH v. 14.4.2015, BFH/NV 2015, 1354; v. 10.7.2012 – VIII R 48/09, BStBl. II 2013, 155; v. 25.8.2009 – IX R 3/09, BStBl. II 2010, 1030; v. 10.7.2008, BFH/NV 2009, 130 mwN. 152 BFH v. 29.8.2012, BFH/NV 2012, 2022; v. 22.1.2009, BFH/NV 2009, 933 mwN; v. 12.4.2000, BFH/NV 2000, 1195. 153 So BFH v. 16.6.2004, BStBl. II 2004, 1055; v. 10.9.2003 – XI R 9/02, BStBl. II 2004, 349 unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Rspr.; vgl. auch Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. G 37. 154 BFH v. 12.7.2016, BStBl. II 2017, 158; v. 10.7.2008, BFH/NV 2009, 130; vgl. auch BFH v. 22.4.2008, BFH/NV 2008, 1473; a.A. FG Münster v. 30.6.2015 – 13 K 3125/13 E, F, EFG 2015, 1706.

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Einvernehmliche Beendigung | Rz. 52 Kap. 23

Es handelt sich auch nur dann um eine Entschädigung iSv. § 24 Nr. 1a EStG, wenn ein Verlust von Einnahmen eintritt, mit denen der Arbeitnehmer rechnen konnte. Sofern die Entschädigung daher bereits erdiente Ansprüche abgilt, zB rückständigen Arbeitslohn, Urlaubsgeld, Urlaubsabgeltung, Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Tantiemen oder freiwillige Leistungen, greift der Steuervorteil nicht.155

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(3) Zusammenballung Das Erfordernis der Zusammenballung steht nicht im Gesetz, sondern ist von der Rechtsprechung aufgestellt worden.156 Der BFH sieht die Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 EStG nur dann als steuerbegünstigte „außerordentliche Einkünfte“ iSd. § 34 Abs. 1 EStG an, wenn sie sich als eine Zusammenballung von Einnahmen darstellen. Eine solche Zusammenballung liegt vor, wenn die Entschädigung die bis zum Ende des Veranlagungszeitraums entgehenden Einnahmen, die der Arbeitnehmer bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bezogen hätte, übersteigt.157 Wird beispielsweise das Arbeitsverhältnis per 30.6. beendet und ist die Abfindung geringer als die Bezüge, die in der Zeit vom 1.7. bis 31.12. angefallen wären, ist für die Anwendung von §§ 24, 34 EStG kein Raum.158

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Dem Steuerpflichtigen entstehen die durch §§ 24, 34 EStG auszugleichenden Nachteile vor allem auf Grund der Steuerprogression. Wird zB ein auf drei Jahre vereinbartes Dienstverhältnis, bei dem die Dienstbezüge mit einem durchschnittlichen Steuersatz von 35 % besteuert worden wären, kurz nach seinem Beginn einvernehmlich beendet, und wird die gesamte restliche Vergütung für die drei Jahre als Einmal-Abfindung ausgezahlt, so kann ein Arbeitnehmer in leitender Stellung mit der Abfindung leicht den Spitzensteuersatz erreichen. Ohne §§ 24, 34 EStG stünde er dann steuerlich ungünstiger, als wenn das Anstellungsverhältnis fortgesetzt würde.

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Folglich werden außerordentliche Einkünfte iSd. § 34 EStG auch nur dann bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen.159 Keine Zusammenballung in diesem Sinne liegt daher vor, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.160

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Wird eine Abfindung in Raten ausgezahlt, liegt danach eine Zusammenballung vor, solange sich diese Raten lediglich auf ein Kalenderjahr verteilen. Nur wenn eine oder mehrere Raten in verschiedenen Kalenderjahren gezahlt werden, sind §§ 24, 34 EStG grundsätzlich unanwendbar.161 Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der steuerpflichtige Arbeitnehmer in einem Kalenderjahr zunächst nur eine geringfügige Teilleistung erhalten hat (zB nur 8,87 %) und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung (zB die verbleibenden 91,13 %162) als ein Betrag in einem anderen Veranla-

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155 St. Rspr., vgl. etwa BFH v. 24.10.2007, BFH/NV 2008, 361 (Tantieme); BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 3. 156 Vgl. st. Rspr., BFH v. 16.9.2015, BFH/NV 2016, 26; BFH v. 26.1.2010 – IX R 20/10, BStBl. II 2012, 659; v. 25.8.2009 – IX R 11/09, BStBl. II 2011, 27; v. 21.9.1993, BFH/NV 1994, 308; v. 21.11.1980 – VI R 179/78, BStBl. II 1981, 214. 157 BFH v. 13.3.2018 – IX R 16/17, BStBl. II 2018, 709; v. 9.10.2008, BFH/NV 2009, 558; vgl. auch BMFSchreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 10. 158 BFH v. 4.3.1998 – XI R 46/97, BStBl. II 1998, 787; BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/ 10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 11 mit zahlreichen Berechnungsbeispielen. 159 BFH v. 25.8.2009 – IX R 11/09, BStBl. II 2011, 27 mwN; vgl. auch BFH v. 24.10.2007, BFH/NV 2008, 376, wonach es für die Beurteilung einer Entschädigung als außerordentlich iSd. § 34 EStG ohne Bedeutung ist, ob die Entschädigung entgehende Einnahmen mehrerer Jahre abdecken soll. 160 St. Rspr., vgl. BFH v. 14.4.2015, BFH/NV 2015, 1354; v. 28.6.2006, BStBl. II 2006, 835. 161 BFH v. 14.4.2015, BFH/NV 2015, 1354; BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 8. 162 So die Verteilung im Fall des BFH v. 13.10.2015, BFH/NV 2016, 133.

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Kap. 23 Rz. 52 | Einvernehmliche Beendigung gungszeitraum ausgezahlt wird.163 Eine geringfügige Nebenleistung nimmt der BFH an, wenn sie weniger als 10 % der Hauptleistung beträgt164 oder die Nebenleistung niedriger ist als die Steuerentlastung der Hauptleistung.165

53 Entschädigungen, die aus Anlass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden, sind für

die Frage der Zusammenballung grundsätzlich einheitlich zu beurteilen.166 Werden allerdings aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit zusätzliche Entschädigungsleistungen in späteren Veranlagungszeiträumen gewährt, so ist auch dies für die Beurteilung der Entschädigung als einer zusammengeballten Leistung ausnahmsweise unschädlich, wenn die zusätzlichen Entschädigungsleistungen betragsmäßig nur einen ergänzenden Zusatz zur Hauptleistung bilden, diese also bei weitem nicht erreichen.167 Derartige Zusatzleistungen können, sofern sie nur ergänzenden Charakter haben,168 beispielsweise sein die befristete Weiterbenutzung des Dienstwagens,169 die befristete Übernahme von Versicherungsbeiträgen,170 Leistungen, die der Erleichterung des Arbeitsplatz- oder Berufswechsels dienen (zB Outplacement-Beratung)171 sowie Zahlungen zur Verwendung für die Altersversorgung.172 Diese Zusatzleistungen sind als solche allerdings nicht nach § 34 Abs. 1 EStG steuerbegünstigt.173 (4) Fünftelungsregel

54 Die „Fünftelungsregelung“ des § 34 EStG bedeutet nicht, dass sich die auf die Abfindung entfallende Steuer auf fünf Kalenderjahre verteilt. Vielmehr wird die gesamte Steuer in dem Jahr fällig, in dem die Abfindung zufließt. Nur wird die Steuer so berechnet, als sei die Abfindung verteilt auf fünf Jahre zugeflossen.174 bb) Anrufungsauskunft

55 Bestehen Zweifel an der rechtlichen Behandlung der Abfindung oder des Abfindungspakets, so kann eine Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG beim Betriebsstättenfinanzamt eingeholt werden. Das Finanzamt ist zur Auskunftserteilung verpflichtet und kommt dieser Verpflichtung auch meist recht kurzfristig nach.

56 Die Anrufungsauskunft des Betriebsstättenfinanzamts ist allerdings für das zuständige Wohnsitz-

finanzamt des Arbeitnehmers nicht bindend. Das Wohnsitzfinanzamt kann also ohne weiteres den Vorgang steuerlich anders beurteilen als das Betriebsstättenfinanzamt. In einem solchen Fall ist nur 163 BFH v. 13.10.2015, BStBl. II 2016, 214; v. 8.4.2014, BFH/NV 2014, 1514; v. 25.8.2009 – IX R 11/09, BStBl. II 2011, 27. 164 Vgl. BFH v. 13.10.2015, BStBl. II 2016, 214; v. 8.4.2014, BFH/NV 2014, 1514. So nun auch BMF v. 4.3. 2016, BStBl. I 2016, 277. 165 BFH v. 13.10.2015, BStBl. II 2016, 214. So nun auch BMF v. 4.3.2016, BStBl. I 2016, 277. 166 BFH v. 4.3.2016, BFH/NV 2016, 925 mwN; v. 14.5.2003 – XI R 12/00, BStBl. II 2004, 449. 167 BFH v. 14.4.2015, BFH/NV 2015, 1354; v. 29.5.2008, BFH/NV 2008, 1666; v. 28.6.2006, BStBl. II 2006, 835 mwN. 168 BFH v. 29.5.2008, BFH/NV 2008, 1666; v. 24.1.2002 – XI R 2/01, BStBl. II 2004, 444. 169 BFH v. 3.7.2002, BFH/NV 2003, 448; v. 11.12.2002, BFH/NV 2003, 607; BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 14. 170 BFH v. 16.6.2001, BStBl. II 2004, 1055; BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 14. 171 BFH v. 24.1.2002 – XI R 2/01, BStBl. II 2004, 444; v. 14.8.2001, BStBl. II 2002, 180; BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 14. 172 BFH v. 15.10.2003 – XI R 17/02, BStBl. II 2004, 264; BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/ 13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 14. 173 BMF-Schreiben v. 1.11.2013 – IV C 4 - S 2290/13/10002, BStBl. I 2013, 1326 Rz. 14. 174 Vgl. zur Berechnung im Einzelnen mit Beispielen Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. G 59 sowie H 34.2 EStH 2018 „Berechnungsbeispiele“.

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Einvernehmliche Beendigung | Rz. 60 Kap. 23

die Lohnsteuerhaftung des Arbeitgebers nach § 42d EStG ausgeschlossen, während der Arbeitnehmer die höhere Steuer zahlen muss. Will der Arbeitnehmer sich schützen, muss er sein Wohnsitzfinanzamt um eine sog. verbindliche Auskunft bitten, auf die jedoch – anders als bei § 42e EStG – kein Anspruch besteht.175 j) Sozialversicherungsrecht aa) Allgemeines Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge sollten auch hinsichtlich ihrer sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen mit großer Sorgfalt gestaltet werden. Denn schlecht konzipierte Aufhebungsverträge können zu unliebsamen und teuren sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen führen. Der Arbeitnehmer möchte natürlich erreichen, dass es nicht zur Verhängung von Sperrzeiten oder zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs kommt; das erleichtert wiederum den Vertragsschluss auch für den Arbeitgeber.

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bb) Keine Beitragspflicht Abfindungen sind grundsätzlich sozialversicherungsfrei. Dies gilt unabhängig davon, ob sie nach §§ 24, 34 EStG steuerbegünstigt sind. Die Beitragsfreiheit beruht darauf, dass nur Arbeitsentgelt beitragspflichtig ist, Abfindungen aber kein Arbeitsentgelt darstellen, und zwar selbst dann nicht, wenn sie für künftig entgehendes Arbeitsentgelt entschädigen.176

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cc) Anspruchsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit Beim Abschluss von Abwicklungsverträgen kommt es häufig vor, dass die Parteien sich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem Termin einigen, zu dem ursprünglich gekündigt wurde. Daran besteht oftmals Interesse bei fristlosen Kündigungen, die im Zuge eines Abwicklungsvertrages in eine ordentliche Kündigung umgewandelt werden, oder bei ordentlichen Kündigungen, bei denen das Anstellungsverhältnis noch für weitere Monate fortdauern soll, etwa um die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen und Lücken im Lebenslauf zu vermeiden. Da solche Abwicklungsvereinbarungen häufig erst geschlossen werden, nachdem der Arbeitgeber die Gehaltszahlungen bereits einige Zeit eingestellt hatte (weil er ja von der Wirksamkeit der Kündigung zum ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt ausging), hat die Agentur für Arbeit in der Zwischenzeit meistens bereits Arbeitslosengeld gezahlt. Entstehen nun durch den Abwicklungsvertrag wegen der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses Gehaltsansprüche für Zeiten, für die die Agentur für Arbeit bereits Arbeitslosengeld gezahlt hat, kann sie das Arbeitslosengeld grundsätzlich nicht vom Arbeitnehmer zurückfordern. Vielmehr gehen die Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers in entsprechender Höhe auf die Bundesagentur für Arbeit über (§ 158 Abs. 4 SGB III iVm. § 115 Abs. 1 SGB X). Vielfach ist es dann günstiger, statt einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung zu zahlen, weil sonst von Gehaltsnachzahlungen wegen des Anspruchsübergangs für den Arbeitnehmer nicht viel übrig bleibt.

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dd) Ruhen des Arbeitslosengeldes nach § 158 SGB III Wird aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung gezahlt und ist die Zeit zwischen dem Abschluss des Aufhebungsvertrages und dem vorgesehenen Beendigungszeitpunkt kürzer als die vereinbarte ordentliche Kündigungsfrist, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für einen gewissen Zeitraum, § 158 SGB III: 175 Vgl. BMF-Schreiben v. 12.12.2017, BStBl. I 2017, 1656 Rz. 20; BMF-Schreiben v. 29.12.2003, BStBl. I 2003, 742. 176 BSG v. 21.2.1990, NZA 1990, 751; BAG v. 9.11.1988 – 4 AZR 433/88, NZA 1989, 270.

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Kap. 23 Rz. 61 | Einvernehmliche Beendigung (1) Entschädigungen iSv. § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III

61 § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III bezieht sich auf Abfindungen und sonstige „Entlassungsentschädigun-

gen“, egal ob in Geld- oder in Sachbezügen, soweit sie unmittelbar für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden.177 Nicht erfasst sind also sonstige Abfindungen, z.B. für Versorgungsanwartschaften und für Karenzentschädigungen sowie Übergangsgelder. Ferner sind Abfindungsansprüche ausgenommen, die nach Maßgabe von § 158 Abs. 1 Satz 6 SGB III unmittelbar in die Rentenversicherung des Arbeitnehmers nach § 187a Abs. 1 SGB VI oder in eine berufsständische Versorgungseinrichtung eingezahlt werden, § 158 Abs. 1 Satz 7 SGB III.178 (2) Maßgebliche Kündigungsfrist

62 Für die Bemessung der maßgeblichen Kündigungsfrist kommt es darauf an, welche Frist in dem

konkreten Arbeitsverhältnis gem. Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelvertrag gilt. Werden Aufhebungsverträge rückdatiert, um die Anrechnung nach § 158 SGB III zu vermeiden, erfüllt dies den Tatbestand des Betruges zu Lasten der Arbeitsverwaltung (s. Rz. 13 ff.)

63 Ist dem Abschluss des Auflösungsvertrages eine Kündigung vorangegangen, so ist für § 158 SGB III auf den Tag der Kündigung abzustellen, nicht auf das Datum des Abwicklungsvertrages.

64 Zu beachten ist, dass § 158 Abs. 1 Satz 3 SGB III hinsichtlich der maßgeblichen Kündigungsfrist für besonders geschützte Arbeitnehmergruppen Sonderregelungen enthält. Die Vorschrift unterscheidet vier Fälle:

(a) Ist die ordentliche Kündigung zeitlich befristet ausgeschlossen (Mutterschutz, Elternzeit, Betriebsratsmitglieder), so ist dies für die Berechnung nach § 158 SGB III unerheblich. (b) Ist die ordentliche Kündigung auf Dauer ausgeschlossen, was insb. bei einer tariflichen Alterssicherung der Fall ist, wird eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten zugrunde gelegt, § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III. (c) Liegen bei einem an sich tariflich unkündbaren Arbeitnehmer ausnahmsweise die Voraussetzungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist vor (insb. Betriebs- oder Abteilungsschließungen), so gilt für die Berechnung die Kündigungsfrist, die ohne Alterssicherung maßgebend wäre, § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB III. (d) Kann dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Abfindung etc. ordentlich gekündigt werden, so gilt eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr, § 158 Abs. 1 Satz 4 SGB III.

65 Unklar ist, welche (fiktive) Kündigungsfrist bei Arbeitsverhältnissen von schwerbehinderten Menschen aufgrund der notwendigen Einschaltung des Integrationsamtes anzusetzen ist.179 (3) Berechnung des Ruhenszeitraums

66 Die Berechnung des konkreten Ruhenszeitraums ist kompliziert. Das Gesetz geht bei der Berech-

nung von der unwiderleglichen Vermutung aus, dass die bezahlte Abfindung aus zwei Teilen besteht, nämlich zum einen aus einer „echten“ Abfindung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, zum zweiten aus einem „unechten“ Abfindungsbestandteil, der für die vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gezahlt wird. Das Verhältnis der beiden Anteile wird vom Gesetz unter Berücksichtigung von Lebensalter und Betriebszugehörigkeit festgelegt. Der anrechnungsfreie „echte“ Abfindungsanteil ist pauschal auf 40 % der Abfindung festgesetzt. Der 40 %-Anteil erhöht sich bei Arbeitnehmern nach Vollendung des 177 Hierzu ausführlich ErfK/Rolfs, § 158 SGB III Rz. 3 ff. 178 Zu Gestaltungsmöglichkeiten in Aufhebungsverträgen mit älteren Arbeitnehmern aufgrund dieser Vorschriften (damals noch § 143a SGB III) Schrader, NZA 2003, 593. 179 Vgl. Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. H 82.

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Einvernehmliche Beendigung | Rz. 72 Kap. 23

35. Lebensjahres und nach einer Betriebszugehörigkeit von fünf Jahren um jeweils 5 % für jede fünf zusätzlichen Lebens- bzw. Betriebszugehörigkeitsjahre, maximal aber auf 75 % der Abfindung, § 158 Abs. 2 Satz 3 SGB III. Gem. § 157 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nur so lange, wie der Arbeitslose bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gebraucht hätte, um den anrechenbaren Teil der Abfindung (also zwischen 60 % und 25 %) zu verdienen. Das ist aber nur der erste Schritt.

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Anschließend ist zu prüfen, ob nicht von Gesetzes wegen kürzere Ruhenszeiträume angesetzt werden müssen. So darf der Ruhenszeitraum grundsätzlich nicht länger sein als

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– ein Jahr, § 158 Abs. 2 Satz 1 SGB III – bis zum Ende der normalen oder fiktiven Kündigungsfrist, § 158 Abs. 1 SGB III – bis zum Ablauf einer vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses, § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III. (4) Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht ausnahmsweise dann nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gem. § 626 BGB zu kündigen, § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III. Die Regelung beruht auf der Überlegung, dass eine Abfindung nicht dem Ausgleich von während der ordentlichen Kündigungsfrist entgangenen Vergütungsansprüchen dienen kann, wenn diese Kündigungsfrist gar nicht hätte eingehalten werden müssen.180 Allerdings muss dann ggf. vor den Sozialgerichten die arbeitsrechtliche Frage nach der Wirksamkeit einer fiktiven außerordentlichen Kündigung geklärt werden.

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(5) Folgen des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs Während die Sperrzeit zu einem echten Anspruchsverlust führt (s. Rz. 74), bewirkt die Ruhenszeit nur eine Anspruchshemmung. Während der Ruhensfrist besteht zwar kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs führt aber nicht zu einer Verkürzung des Gesamt-Bezugszeitraums, denn der Arbeitslose wird während des Ruhenszeitraums nicht als arbeitslos behandelt. Der Gesamt-Arbeitslosengeldanspruch wird lediglich um die Ruhensfrist hinausgeschoben, kann also im Anschluss an die Ruhensfrist in vollem Umfang und für die volle Dauer geltend gemacht werden.

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(6) Ruhen wegen anderweitiger Sozialleistungen Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht auch für die Zeit, in der der Arbeitslose anderweitige Sozialleistungen gem. § 156 Abs. 1 Nr. 1–4 SGB III erhält, § 156 SGB III, oder in der der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder Urlaubsabgeltung erhält oder zu beanspruchen hat, § 157 Abs. 1 und 2 SGB III.

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ee) Sperrzeiten nach § 159 SGB III (1) Allgemeines Jeder Aufhebungsvertrag birgt das Risiko, dass eine Sperrzeit ausgelöst wird. Sperrzeiten entstehen, wenn der Arbeitslose schuldhaft seine Arbeitslosigkeit verursacht hat.181 Beim Abschluss von Auf180 BSG v. 17.2.1981 – 7 RAr 94/79, DB 1981, 1983. 181 Welcher Grad des Verschuldens zugrundezulegen ist, ist offen. So genügt es nach einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 1.8.2012 nicht ohne Weiteres, dass einem als Kraftfahrer beschäftigten Arbeitnehmer wegen einer Verkehrsstraftat die Fahrerlaubnis entzogen wurde; entscheidend ist, ob der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhalten beruht (LSG Baden-Württemberg v. 1.8.2012, ArbuR 2012, 443; andererseits LSG Baden-Württemberg v. 8.6. 2011, DAR 2011, 603).

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72

Kap. 23 Rz. 72 | Einvernehmliche Beendigung hebungsverträgen droht vor allem die Sperrzeit „wegen Arbeitsaufgabe“ nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III.

73 Die Verhängung einer Sperrfrist ist keine Ermessensentscheidung der Arbeitsverwaltung. Vielmehr

tritt die Sperrfrist bei Vorliegen der Voraussetzungen von Gesetzes wegen ein, der Bescheid der Agentur für Arbeit hat also nur feststellenden Charakter. Die Sperrzeit dauert grundsätzlich zwölf Wochen, § 159 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Allerdings reduziert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nicht nur um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe, sondern gem. § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III in Fällen einer Sperrzeit von 12 Wochen mindestens um ein Viertel der Anspruchsdauer, die der oder dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründet, zusteht.

Würde die zwölfwöchige Sperrzeit für den Arbeitslosen eine besondere Härte bedeuten, wird sie auf sechs Wochen reduziert, § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III. Auch insoweit hat die Agentur für Arbeit kein Ermessen; der Begriff der „Härte“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff.182 Bei einer Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses von sechs Wochen verkürzt sich die Sperrzeit auf drei Wochen, bei einer Restlaufzeit von zwölf Wochen auf sechs Wochen, § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2a SGB III.

74 Anders als beim Ruhenszeitraum nach § 158 SGB III führt die Sperrfrist zum endgültigen Verlust des Arbeitslosengeldanspruchs. Die Gesamt-Anspruchsdauer mindert sich also um die Anzahl der Tage der Sperrzeit oder, soweit diese länger ist, der Anspruchsminderung gem. § 148 SGB III.

(2) Echter Aufhebungsvertrag

75 Als kaum vermeidbar wurde die Sperrzeit längere Zeit angesehen, wenn dem Aufhebungsvertrag

(zum Abwicklungsvertrag vgl. Rz. 87) keine Kündigung vorangegangen war. Alleine die Darlegung, der Arbeitgeber habe eine (ordentliche oder fristlose) Kündigung zum gleichen Beendigungstermin für den Fall in Aussicht gestellt, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen hätte, reicht zur Vermeidung einer Sperrzeit nicht aus.183 Nach Ansicht der Bundesagentur für Arbeit soll es dem Arbeitnehmer grundsätzlich zuzumuten sein, statt des Aufhebungsvertrages die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten.

76 Diese Rechtsauffassung gilt jedoch nicht einschränkungslos. Zwar wird der Abschluss des Auf-

hebungsvertrages als Lösen des Arbeitsverhältnisses iSv. § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III angesehen, was grundsätzlich eine Sperrzeit zur Folge hat.184 Auch bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann die Sperrzeit jedoch vermieden werden, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses hatte.185 Dies gilt insb., wenn:186 – eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist, – die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte) Gründe gestützt wurde, – die Arbeitgeberkündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat, oder früher wirksam geworden wäre; bei einer einvernehmlichen Freistellung ist das Ende des Arbeitsverhältnisses maßgebend, wenn bis dahin Arbeitsentgelt gezahlt wird,

– im Falle der Arbeitgeberkündigung die Kündigungsfrist eingehalten wurde, – der Arbeitnehmer nicht unkündbar war 182 BSG v. 22.3.1979, BSGE 48, 114. 183 Fachliche Weisungen Arbeitslosengeld zu § 159 SGB III, Stand 7/2019, Ziff. 159.1.2.ff., https://www. arbeitsagentur.de/datei/fw-sgb-iii-159_ba015166.pdf. 184 BSG v. 12.7.2006 – B 11a AL 47/05 R, NZA 2006, 1359. 185 Fachliche Weisungen zu § 159 SGB III, Stand 7/2019, Ziff. 159.1.2.1.1. 186 Weitere Gründe enthalten die fachlichen Weisungen zu § 159 SGB III, Stand 7/2019, Ziff. 159.1.2.1.

968 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | Rz. 78 Kap. 23

und 1. Eine Abfindung von bis zu 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wird (in Anlehnung an § 1a KSchG). In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig ist, oder die Voraussetzungen der Spiegelstriche 1–5 erfüllt sind und 2. der Arbeitslose a) objektive Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung für sein berufliches Fortkommen vermieden hat; oder b) sonstige Gründe darlegt, aus denen er objektiv Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung befürchten musste. Solche Gründe können Vergünstigungen sein, auf die im Falle der Kündigung kein Anspruch bestanden hätte. Solche Vergünstigungen sind zB Abfindungen, die höher sind als 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr und auf die ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages kein Anspruch bestanden hätte (zum Beispiel eine um 10 % höhere Abfindung als bei einer Arbeitgeberkündigung). In den Fallgestaltungen nach den Nummern 2a) und 2b) kommt es darauf an, dass die drohende Kündigung rechtmäßig wäre.187 Bleibt die Abfindung nicht in diesem Rahmen, so entsteht trotzdem keine Sperrzeit,

77

– wenn der Arbeitnehmer auch bei Eigenkündigung einen wichtigen Grund zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes hätte, so dass bei Ausspruch einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers keine Sperrzeit eingetreten wäre. Das gilt beispielsweise bei Gründen im persönlichen Bereich (Zuzug zum Ehepartner, Herstellung einer Erziehungsgemeinschaft188 etc.). – wenn es sich um einen leitenden Angestellten iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG handelt, dem der Arbeitgeber jederzeit fristgerecht kündigen oder eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne nähere Begründung durchsetzen könnte (§ 9 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG).189 – wenn die Abwicklungsvereinbarung bei einem Prozessvergleich im späteren Kündigungsschutzverfahren geschlossen wird.190 Das gilt nicht, wenn ein Umgehungsgeschäft vorliegt.191 – wenn der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber Altersteilzeit im Blockmodell unter Umwandlung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses in ein befristetes vereinbart und bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigt, nach dem Ende der Altersteilzeit Altersrente zu beziehen und dabei prognostisch von einem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsleben nach der Freistellungsphase objektiv auszugehen ist.192 – wenn der Arbeitnehmer auf einer Namensliste zum Interessenausgleich aufgeführt ist, sodass gem. § 1 Abs. 5 KSchG vermutet wird, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist.193 Auch eine Kündigung wegen Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen einen Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 6 BGB löst keine Sperrzeit aus,194 denn der Widerspruch ist gerade darauf gerichtet, das 187 So der Wortlaut der fachlichen Weisungen zu § 159 SGB III, Stand 7/2019, Ziff. 159.1.2.1.1. 188 BSG v. 17.10.2007, SozR 4–4300 § 144 Nr. 16; fachliche Weisungen zu § 159 SGB III, Stand 7/2019, Ziff. 159.1.2.1. 189 BSG v. 17.11.2005, BSGE 95, 232. 190 BSG v. 17.10.2007, NZA-RR 2008, 383, 385 f.; v. 18.12.2003 – B 11 AL 35/03 R, NZA 2004, 661, 663. 191 BSG v. 17.10.2007, NZA-RR 2008, 383, 386. 192 BSG v. 21.7.2009 – B 7 AL 47/07 R, NZA 2010, 83. 193 BSG v. 25.4.2002, NZA-RR 2003, 105. 194 BSG v. 8.7.2009 – B 11 AL 17/08, BB 2010, 443, 444; Klumpp, NZA 2009, 354, 356, jeweils mwN.

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Kap. 23 Rz. 78 | Einvernehmliche Beendigung Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber zu erhalten und gibt damit als solcher keinen ausreichenden Anlass für eine etwaige Lösung des Beschäftigungsverhältnisses. ff) Anrechnung von Abfindungen auf Arbeitslosengeld

79 Es existiert – entgegen einer vielfach anzutreffenden Meinung – keine Regelung, wonach Abfindungen grundsätzlich auf das Arbeitslosengeld anzurechnen wären.

80 Die Zahlung von Abfindungen wirkt sich also auf die Höhe des Arbeitslosengeldes grundsätzlich nicht aus, wohl aber gem. § 158 SGB III auf den Gewährungszeitraum, sofern die Kündigungsfrist nicht eingehalten wird (dazu Rz. 60 ff.). Auch führt eine Abfindung in § 1a Abs. 2 KSchG nicht übersteigender Höhe nicht per se zu einer Sperrzeit.195 gg) Kürzung bei nicht rechtzeitiger Meldung

81 Meldet sich der Arbeitnehmer entgegen § 38 Abs. 1 SGB III nicht spätestens drei Monate vor Been-

digung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses oder – bei kürzerer Restlaufzeit – innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend, so entsteht eine Sperrzeit von einer Woche, § 159 Abs. 6 SGB III.196 Der Arbeitnehmer kann seinen Schaden nicht auf den Arbeitgeber abwälzen, auch wenn dieser ihn nicht gem. § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III auf seine Verpflichtung hingewiesen hat, sich rechtzeitig arbeitsuchend zu melden.197 hh) Erstattung von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose nach § 147a SGB III aF

82 Gem. § 147a SGB III war der Arbeitgeber insb. dann zur Erstattung von Arbeitslosengeld verpflichtet, wenn das Arbeitsverhältnis nach der Vollendung des 55. Lebensjahres beendet werden sollte, der Mitarbeiter länger als zehn Jahre beschäftigt war und das Unternehmen mehr als 20 Mitarbeiter hatte.

83 Der Arbeitgeber war in diesen Fällen verpflichtet, der Bundesagentur für Arbeit das Arbeitslosengeld nebst darauf entfallenen Sozialversicherungsbeiträgen für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer für 32 Monate zu erstatten. Die Erstattungspflicht betraf allerdings gem. § 434l Abs. 4 iVm. Abs. 1 SGB III aF nur Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31.1.2006 entstanden war. Für derzeit ausscheidende Arbeitnehmer gilt die Regelung daher nicht mehr.198 ii) Vorzeitige Altersrente

84 Vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages sollte man sich Klarheit über die Rentensituation des Ar-

beitnehmers verschaffen. Auf die diesbezüglichen Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden.199

jj) Ende des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses durch einvernehmliche unwiderrufliche Freistellung?

85 Die Sozialversicherungspflicht besteht auch bei unwiderruflicher Freistellung bis zum Ende der ar-

beitsvertraglichen Beziehungen fort. Sie endet somit nicht bereits mit dem Beginn der Freistellungs-

195 196 197 198 199

BSG v. 12.7.2006 – B 11a AL 47/05 R, NZA 2006, 1359; vgl. Rz. 76 ff. Zu Einzelheiten fachliche Weisungen zu § 159 SGB III, Stand 7/2019, Ziff. 159.1.1.8 ff. BAG v. 29.9.2005, BB 2006, 48; im Einzelnen Rz. 7 sowie Kap. 22 Rz. 183. Zur früheren Rechtslage verweisen wir auf die 2. Aufl. des Anwalt-Formularbuch Arbeitsrecht, S. 599. Vgl. die Darstellung bei Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. H 142 ff., ferner Kap. 7 Rz. 1 ff.

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Einvernehmliche Beendigung | Rz. 87 Kap. 23

phase.200 Offen ist jedoch, ob es im Hinblick auf einen Wegfall der Sozialversicherungspflicht eine zeitliche Grenze der Freistellung gibt. Nach dem Ergebnis der Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger v. 13./14.10.2009201 kann jedenfalls bei einem Verzicht auf die Arbeitsleistung von mehr als zehn Jahren eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht mehr angenommen werden. Entgegen früherer Auffassung der Bundesagentur in der Geschäftsanweisung zu § 150 Abs. 1 SGB III (Stand 7/2016) sind aufgrund der Rechtsprechung des BSG202 nach geänderter Weisungslage203 zur Bemessung von Arbeitslosengeld auch Zeiten unwiderruflicher Freistellung einzubeziehen.

2. Abwicklungsvertrag Beim Abwicklungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis nicht durch den Vertrag, sondern durch die vorangegangene Kündigung beendet. Die Parteien regeln dann einvernehmlich lediglich die Modalitäten der Beendigung.204 Bei der Vermeidung von Sperrzeiten, § 159 SGB III, kann der Abwicklungsvertrag vorteilhaft sein.

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a) Sperrzeiten nach § 159 SGB III Eine Sperrzeit wird ausgelöst, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft seine Arbeitslosigkeit verursacht. Das ist bei Aufhebungsverträgen zwar typischerweise der Fall, jedoch gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmen (s. Rz. 76 ff.). Das BSG hatte mit Urteil vom 9.11.1995205 die Auffassung vertreten, nur die Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung könne zu einer Sperrfrist führen. Daraus schloss man, dass ein Abwicklungsvertrag auf Grund einer Kündigung, welche vielleicht rechtswidrig, aber nicht offensichtlich rechtswidrig war, zulässig sei und sah darin einen Vorteil des Abwicklungsvertrages gegenüber dem Aufhebungsvertrag.206 Das BSG hat den Unterschied zwischen Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag jedoch später nivelliert mit der Begründung, beim Abwicklungsvertrag liege regelmäßig eine Vorfeldabsprache zwischen den Arbeitsvertragsparteien über den Ausspruch der Kündigung und den späteren Abwicklungsvertrag vor. Auch nach den fachlichen Weisungen zu § 159 SGB III207 sind „Abwicklungsverträge, die in eine Gesamtabsprache eingebunden sind (verdeckte Aufhebungsverträge) wie Aufhebungsverträge zu bewerten.“ Dabei wird jedoch nicht beachtet, dass eine solche – angebliche – mündliche „Vorfeldabsprache“ wegen § 623 BGB keinerlei Rechtswirkung entfaltet.208 Ein Aufhebungsvertrag soll jedenfalls dann keine Sperrzeit auslösen, wenn andernfalls eine wirksame Kündigung gedroht hätte (vgl. Rz. 76).209 Rechtstechnisch ist die unterschiedliche Bezeichnung der Verträge allerdings nach wie vor sinnvoll zur Unterscheidung, ob eine Kündigung zuvor ausgesprochen wurde oder nicht, ferner für die Rückabwicklung (Rz. 88) und zur Bezeichnung der typischen Auflösungsvereinbarungen nach Ausspruch der Kündigung vor den Arbeitsgerichten.

200 BSG v. 24.9.2008, NZA-RR 2009, 272 (dies gilt erst recht für eine widerrufliche oder einseitige Freistellung); v. 24.9.2008, NZA-RR 2009, 269, 271 („Altersteilzeit Null“); vgl. das Ergebnis der Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger v. 30./31.3.2009, www.aok-business.de. 201 Vgl. www.aok-business.de. 202 BSG v. 30.8.2018 – B 11 A 11 15/17 R, NZA-RR 2019, 217. 203 Fachliche Weisungen zu § 150 SGB III, Stand 2/2019, Seite 2 Ziff. 150.1.2, https://www.arbeitsagen tur.de/datei/fw-sgb-iii-150_ba015157.pdf. 204 Im Übrigen gilt auch für Abwicklungsverträge das oben (Rz. 1–56) Gesagte entsprechend. 205 BSG v. 9.11.1995 – 11 RAr 27/95, BB 1996, 1510. 206 Zum damaligen Stand Bauer/Hümmerich, NZA 2003, 1076 gegen Geiger, NZA 2003, 838. 207 Stand 7/2019, Ziff. 159.1.2.1.2. 208 Vgl. nur BAG v. 28.6.2005 – 1 ABR 25/04, NZA 2006, 48. 209 BSG v. 12.7.2006 – B 11a AL 47/05 R, NZA 2006, 1359; best. durch BSG v. 8.7.2009 – B 11 AL 17/08, BB 2010, 443, 444 und v. 2.5.2012, NZS 2012, 874.

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Kap. 23 Rz. 88 | Einvernehmliche Beendigung b) Rückabwicklung

88 Bedeutsam ist die Unterscheidung zwischen Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag für eine

nachträgliche Rückabwicklung. Wird ein Aufhebungsvertrag durch Widerruf, Rücktritt, Anfechtung oder im Rahmen der AGB-Kontrolle210 beseitigt, besteht das Arbeitsverhältnis fort (s. Rz. 23). Anders ist es dagegen, wenn ein Abwicklungsvertrag nachträglich beseitigt wird. Die Kündigung bleibt davon grundsätzlich unberührt. Wurde keine Kündigungsschutzklage erhoben oder diese – ggf. auf Grund des Abwicklungsvertrages – wieder zurückgenommen, dürfte für eine (neue) Kündigungsschutzklage regelmäßig die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG abgelaufen sein.211 Damit besteht das Risiko, dass der Arbeitnehmer, nachdem er den Aufhebungsvertrag wirksam beseitigt hat, letztlich mit leeren Händen dasteht. 210 BAG v. 12.3.2015 – 6 AZR 82/14, NZA 2015, 676. 211 Dazu insb. Meyer, BB 2016, 1589, 1593 f.; auch der Einwand fehlender Betriebsratsanhörung (BAG v. 28.6.2005 – 1 ABR 25/04, NZA 2006, 48) könnte dann nicht mehr erhoben werden, § 4 Satz 1 KSchG.

II. Muster M 23.1a Aufhebungsvertrag Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau1 […] wird Folgendes vereinbart2:

§ 1 Beendigung Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des […]3 auf Veranlassung des Arbeitgebers4 einvernehmlich enden wird/geendet hat.

§ 2 Abfindung5 Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt der Arbeitgeber Herrn/Frau […] eine am […] fällige,6 aber schon jetzt entstandene und damit vererbliche7 Abfindung8 iSd. §§ 9, 10 KSchG, §§ 24, 34 EStG von Euro […]. 1 In diesem wie auch in weiteren Mustern dieses Kapitels wurde zur besseren Lesbarkeit auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Arbeitnehmers in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls könnte man sich an den genderneutralen Formulierungen in Kap. 1, M 1.2.1 und M 1.2.2 orientieren. 2 Muster in Anlehnung an Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. L 26 ff. 3 Eine Mindestfrist zwischen Abschluss des Aufhebungsvertrages und Beendigungszeitpunkt ist nicht einzuhalten. Eine Unterschreitung der ordentlichen Kündigungsfrist kann allerdings zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 158 SGB III führen (vgl. Rz. 60 ff.). 4 Die hier vorgeschlagene Formulierung ist aus steuerlichen Gründen wegen §§ 24, 34 EStG nützlich, da auch für § 24 Nr. 1a EStG in der Regel verlangt wird, dass die Beendigung von dem Arbeitgeber veranlasst wurde und daher für den Arbeitnehmer unfreiwillig erfolgte (vgl. Rz. 45 sowie Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. G 35). Die Finanzverwaltung wird durch diese Klausel aber nicht gebunden. Ein Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss nicht angegeben werden. 5 Ein Arbeitgeber verletzt weder den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch verstößt er gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, wenn er die Zahlung einer freiwilligen Abfindung davon

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1a Kap. 23 evtl. Auf diese Abfindung wird die Abfindung aus dem zwischen der Gesellschaft und dem Betriebsrat des Betriebs […] am […] abgeschlossenen Sozialplan angerechnet.9 oder Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der damit verbundenen Aufgabe des sozialen Besitzstandes zahlt der Arbeitgeber Herrn/Frau […] eine einmalige, schon jetzt entstandene und damit vererbliche Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG,§§ 24, 34 EStG in Höhe von Euro […] brutto, zahlbar am Tag der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, jedoch nicht vor vollständiger Erfüllung der Rückgabepflichten von Herrn/Frau […] gemäß §§ 6 und 15. oder Der Arbeitgeber zahlt Herrn/Frau […] für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von Euro […] Die Abfindung reduziert sich für den Fall, dass Herr/Frau […] innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein neues Arbeits- oder Dienstverhältnis eingeht, und zwar für jeden vollen Monat der neuen Beschäftigung um Euro […]. Herr/Frau […] ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Eingehung des neuen Arbeits- oder Dienstverhältnisses innerhalb einer Woche nach Aufnahme der Tätigkeit mitzuteilen. Herr/Frau […] ist verpflichtet, eventuell überzahlte Beträge an den Arbeitgeber zurückzuzahlen.

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abhängig macht, dass der Arbeitnehmer gegen die Kündigung nicht gerichtlich vorgeht (BAG v. 15.2. 2005 – 9 AZR 116/04, BB 2006, 1391). Das BAG hat ferner eine Altersdiskriminierung verneint, wenn ein Arbeitgeber die über 55-jährigen Arbeitnehmer aus dem Personenkreis ausnimmt, denen er im Rahmen einer Personalabbaumaßnahme den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Abfindungen anbietet. Es fehlt bereits an einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Den älteren Arbeitnehmern bleibt ihr Arbeitsplatz erhalten. Sie werden deshalb nicht weniger günstig als die jüngeren Arbeitnehmer behandelt, die ihren Arbeitsplatz – wenn auch unter Zahlung einer Abfindung – verlieren (BAG v. 25.2.2010 – 6 AZR 911/08, NZA 2010, 561). Wird die Fälligkeit nicht geregelt, ist die Abfindung erst zum vertraglich vereinbarten Beendigungszeitpunkt fällig (BAG v. 15.7.2004 – 2 AZR 630/03, DB 2004, 2430; v. 9.12.1987 – 4 AZR 561/87, NZA 1988, 329). Es kann auch Ratenzahlung vereinbart werden. Zu beachten ist dann das Insolvenzrisiko, vgl. § 25 des Musters, bestehen steuerliche Risiken (Rz. 52). Will der Arbeitnehmer zB. aus steuerlichen Gründen, dass die Abfindung nicht vor einem bestimmten Termin – meist dem Jahreswechsel – gezahlt wird, so muss das ausdrücklich aufgenommen werden, etwa durch den Zusatz: „der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, vor Fälligkeit zu zahlen“. Ansonsten darf der Arbeitgeber auch vorfällig zahlen und haftet dann auch nicht für etwaige daraus entstehende Steuerschäden (BAG v. 23.6.2016 – 2 AZR 757/14, NZA 2016, 1459). Wichtig: Abfindungen, die beim Ableben des Arbeitnehmers bereits entstanden waren, sind vererblich. Ob sie bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen, ist eine Frage der Auslegung. Soll die Abfindung in erster Linie eine Gegenleistung für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein, so ist sie nicht davon abhängig, dass der Arbeitnehmer den Beendigungszeitpunkt erlebt (BAG v. 22.5.2003, DB 2004, 2816; v. 25.6.1987 – 2 AZR 504/86, NZA 1988, 466). Dient die Abfindung allerdings in erster Linie dazu, künftige Einkommenseinbußen zu mildern, so entsteht der Anspruch regelmäßig nur, wenn der Arbeitnehmer das vertraglich vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses erlebt (BAG v. 16.5.2000, NZA 2000, 1236; v. 26.8.1997 – 9 AZR 227/96, NZA 1998, 643). Daher sind auch Sozialplanansprüche regelmäßig vor dem Ausscheidenszeitpunkt nicht vererblich (BAG v. 27.6.2006 – 1 AZR 322/05, NZA 2006, 1238). Dasselbe gilt für Abfindungen nach § 1a KSchG (BAG v. 10.5.2007 – 2 AZR 45/06, NZA 2007, 1043). Um Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte der Arbeitnehmer daher anstreben, wie im Muster die sofortige Vererblichkeit zu vereinbaren. Diese kann an die Existenz bestimmter erbberechtigter Angehöriger gebunden werden. Die Höhe der Abfindung ist reine Verhandlungssache. Eingebürgert hat sich die Formel „halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“, ohne dass es dafür zwingende Gründe gibt. Zu der Abfindung können auch Sachbezüge wie Dienstwagen, Werkswohnung etc. gehören (s. unten §§ 6, 8). Für diese gelten auch die allgemeinen steuerlichen Regelungen, so dass sie zu versteuern sind. Die ausdrückliche Aufnahme der Anrechnung auch etwaiger Nachteilsausgleichsansprüche ist unseres Erachtens jedenfalls dann entbehrlich, wenn – wie üblich – eine umfassende Ausgleichsklausel vorgesehen ist, da diese auch Nachteilsausgleichsansprüche erfasst. Zur Verrechenbarkeit von Nachteilsausgleichsansprüchen und Sozialplanansprüchen BAG v. 12.2.2019 – 1 AZR 279/17, NZA 2019, 719.

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Kap. 23 M 23.1a | Einvernehmliche Beendigung und/oder Der Anspruch auf die Abfindung fällt weg, wenn der Arbeitgeber bis zu dem nach § 1 vorgesehenen rechtlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses wirksam gemäß § 626 BGB kündigt.10

§ 3 Freistellung Herr/Frau […] wird mit sofortiger Wirkung/wird ab […]/bleibt unwiderruflich11 freigestellt unter Fortzahlung der vertragsmäßigen Bezüge/der Fixbezüge bis zu dem in § 1 genannten rechtlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses. Er/Sie ist bis zu dem in § 1 genannten Zeitpunkt in der Verwertung seiner/ihrer Arbeitskraft frei, wobei ihm/ihr jede Beteiligung und/oder Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen untersagt ist.12 Während der Zeit der Freistellung findet § 615 Satz 2 BGB Anwendung/keine Anwendung.13 Durch die Freistellung sind sämtliche Urlaubsansprüche und Ansprüche auf Freizeitausgleich [evtl.: sowie Positivsalden auf dem Arbeitszeitkonto]14 abgegolten. oder15 Herr/Frau […] wird ab dem […] bis zum Ende des Anstellungsverhältnisses unter Fortzahlung der Vergütung16 und unter Anrechnung auf etwaige Ansprüche auf Freizeitausgleich17 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Herr/Frau […] nimmt seinen/ihren Urlaub in der Zeit vom […] bis zum […]18 10 Der Vertrag steht damit unter der auflösenden Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt fortbesteht. Endet es vorher durch eine außerordentliche Kündigung, wird der Aufhebungsvertrag gegenstandslos (BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 292/96, NZA 1997, 813); vgl. auch BAG v. 10.11.2011 – 6 AZR 357/10, NZA 2012, 205. 11 Auch bei der unwiderruflichen Freistellung endet das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis erst mit dem Ende der arbeitsvertraglichen Beziehungen, dh. zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt (BSG v. 24.9.2008, NZA-RR 2009, 272; dies gilt erst recht für eine widerrufliche oder einseitige Freistellung), zu Einzelheiten s. Rz. 85. 12 Ist die Anrechnung etwaigen anderweitigen Verdienstes vereinbart, kann der Arbeitnehmer jedenfalls bei einer unwiderruflichen Freistellung gem. § 157 BGB in der Regel davon ausgehen, in der Verwertung seiner Arbeitsleistung frei und nicht mehr an vertragliche Wettbewerbsverbote (§ 60 HGB) gebunden zu sein (BAG v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, DB 2006, 2583 Rz. 22). Soll hingegen anderweitiger Verdienst abweichend von § 615 Satz 2 BGB nicht angerechnet werden, so ist der Arbeitnehmer im Zweifel auch nicht vom Wettbewerbsverbot befreit (BAG v. 6.9.2006, DB 2006, 2583 Rz. 23). Eine ausdrückliche Regelung ist daher sowohl hinsichtlich der Anrechnung anderweitiger Vergütung, als auch hinsichtlich eines etwaigen Fortbestandes des Wettbewerbsverbotes ratsam. 13 Nach § 615 Satz 2 BGB muss der Arbeitnehmer sich anderweitigen Erwerb auf seinen Vergütungsanspruch aus § 615 Satz 1 BGB während des Annahmeverzugs anrechnen lassen. Bei einer einvernehmlichen Freistellung liegt aber kein Annahmeverzug vor (BAG v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11, NZA 2013, 207). Soll daher bei einvernehmlicher Freistellung anderweitige Vergütung angerechnet werden, muss das ausdrücklich vereinbart sein. Wird es ausdrücklich vereinbart, gilt im Zweifel das Wettbewerbsverbot nicht mehr. Soll es trotz Anrechnung weitergelten, muss auch das, wie im Muster, ausdrücklich vereinbart werden (vgl. BAG aaO.). 14 Die bloße Freistellungserklärung führt nicht zum Abbau eines Positivsaldos auf dem Arbeitszeitkonto. Dazu muss der Freizeitausgleich entweder ausdrücklich angeordnet werden, oder der Abbau der Ansprüche auf Freizeitausgleich muss im Aufhebungsvertrag ausdrücklich genannt werden; das gilt jedenfalls, sofern es keine allgemeine Ausgleichsklausel gibt (BAG v. 20.11.2019 – 5 AZR 578/18, NZA 2020, 386; dazu Fuhlrott, NJW 2019, 3762. 15 Die beiden nachfolgenden Alternativen regeln den Fall, dass eine Differenzierung zwischen widerruflicher und unwiderruflicher Freistellung gewünscht wird. 16 Mit der Vereinbarung einer unwiderruflichen Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung wird regelmäßig kein Rechtsgrund für eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers geschaffen, die über die gesetzlich geregelten Fälle der Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit hinaus geht (BAG v. 29.9.2004, DB 2005, 166; v. 23.1.2008 – 5 AZR 393/07, NZA 2008, 595). 17 Ergibt sich aus einem Arbeitszeitkonto ein Freizeitausgleichsanspruch des Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber diesen – anders als Urlaubsansprüche – auch durch eine widerrufliche Freistellung erfüllen (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 121), es bedarf jedoch der Regelung (s. M 23.1a Fn. 15). 18 Die genaue Angabe des Urlaubszeitraums ist bei der widerruflichen Freistellung erforderlich, da die widerrufliche Freistellung als solche den Urlaubsanspruch nicht erfüllt (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08,

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1a Kap. 23 Der Arbeitgeber behält sich vor, die Freistellung zu widerrufen und den Arbeitnehmer außerhalb des Urlaubszeitraums zu beschäftigen.19 oder20 Herr/Frau […] wird mit sofortiger Wirkung/wird ab […]/bleibt freigestellt bis zu dem in § 1 genannten rechtlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses, und zwar unter Fortzahlung der vertragsmäßigen Bezüge.21 Die Freistellung erfolgt zunächst unwiderruflich22 unter Anrechnung sämtlicher Urlaubsansprüche23 und Ansprüche auf Zeitguthaben.24 Im Anschluss an die damit verbundene Gewährung des Urlaubs und den Verbrauch etwaiger Zeitguthaben ist die Freistellung widerruflich; nur für diese Zeit behält der Arbeitgeber sich vor, Herrn/Frau […] während der Restlaufzeit des Vertrages teilweise oder ganz an den Arbeitsplatz zurückzurufen.25 Während der widerruflichen26 und der unwiderruflichen Freistellung ist anderweitiger Verdienst gemäß § 615 Satz 2 BGB anzurechnen. Während der Freistellung ist Herr/Frau […] weiter befugt, sämtliche Büroeinrichtungen einschließlich des in seiner/ihrer Wohnung installierten Diensttelefons auf Kosten des Arbeitgebers für Bewerbungsaktivitäten zu nutzen.27 evtl. Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt auch für die Dauer der Freistellung. Evtl. Herr/Frau […] ist berechtigt, das Arbeitsverhältnis abweichend von § 1 mit einer Ankündigungsfrist von […] zum Monatsende vorzeitig zu beenden.28 In diesem Fall zahlt der Arbeitgeber die dadurch frei werdenden monatlichen Bezüge in vollem Umfang/in Höhe von […] % ohne Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (Arbeitnehmerbrutto) zusätzlich als Abfindung nach § 2 mit der Maßgabe, dass die Gesamt-

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NZA 2009, 1211 mwN). Die erklärte Arbeitsbefreiung muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaub gewährt wird (vgl. BAG v. 20.1.2009, ArbRB 2009, 98). Formulierung nach Bauer/Krieger, DB 2005, 2242, 2244. S. M 23.1a Fn. 16. Durch einvernehmliche Freistellung gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug (Einzelheiten s. M 23.1a Fn. 14). Abweichende Regelungen, also etwa eine Beschränkung der Zahlung auf das Grundgehalt, sind im Aufhebungsvertrag möglich. Die Anrechnung von Urlaubsansprüchen ohne konkrete Angaben zum Urlaubszeitraum ist nur bei unwiderruflicher Freistellung zulässig (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211; v. 14.3.2006, EzA § 7 BUrlG Nr. 117 mwN). Daher sieht die Klausel zunächst eine unwiderrufliche und erst nach vollständig erfolgter Anrechnung eine widerrufliche Freistellung vor. Will man diese Zweiteilung vermeiden, muss der Arbeitnehmer unwiderruflich freigestellt werden, vgl. hierzu § 3 Alt. 3 und 4. Die bloße Freistellung ist keine stillschweigende Urlaubsgewährung (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211, 1212; v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, DB 2006, 2583 Rz. 19; v. 28.2.1991 – 8 AZR 196/90, NZA 1991, 944). Die Anrechnungsklausel darf daher nicht fehlen. Die Freistellung „unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am … von der Arbeitsleistung“ ist eine unwiderrufliche Freistellung, die Anrechnung der Urlaubsansprüche daher wirksam. Die zusätzliche Angabe eines konkreten Urlaubszeitraums ist bei der unwiderruflichen Freistellung nicht notwendig (BAG v. 16.7.2013, BeckRS 2013, 72234 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2013, 520). Bei einer widerruflichen Freistellung hingegen könnten auf diese Weise die Urlaubsansprüche nicht wirksam angerechnet werden (BAG v. 19.5.2009, NZA 2009, 1211; v. 14.3.2006, NZA 2006, 1008). Ergibt sich aus einem Arbeitszeitkonto ein Freizeitausgleichsanspruch des Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber diesen – anders als bei Urlaubsansprüchen – auch durch eine widerrufliche Freistellung erfüllen (BAG v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, NZA 2009, 1211). Die bloße Freistellung ist keine stillschweigende Urlaubsgewährung (BAG v. 28.2.1991 – 8 AZR 196/90, NZA 1991, 944; v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, DB 2006, 2583 Rz. 19). Die Anrechnungsklausel darf daher nicht fehlen. Wir halten es für sicherer, sie an die unwiderrufliche Freistellung zu knüpfen. Die vereinbarte Freistellung ist, soweit nichts Anderes vereinbart ist, nicht widerruflich. Die Widerruflichkeit muss daher ausdrücklich aufgenommen werden. Zur Notwendigkeit der Regelung s. M 23.1a Fn. 13. Auf Urlaubsansprüche wäre anderweitiger Verdienst jedoch nicht anzurechnen (BAG v. 19.3.2002 – 9 AZR 16/01, BB 2002, 1703). Dieser Satz findet sich eher in Auflösungsverträgen mit Führungskräften. Diese Beendigung ist eine Kündigung und bedarf daher der gesetzlichen Schriftform, § 623 BGB, Telefax reicht nicht aus, BAG v. 17.12.2015 – 6 AZR 709/14, NZA 2016, 361.

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Kap. 23 M 23.1a | Einvernehmliche Beendigung abfindung im Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird. Eine vorzeitige Beendigung ist im Interesse und entspricht dem Wunsch des Arbeitgebers.29

§ 4 Gewinnbeteiligung Herr/Frau […] hat für das laufende Geschäftsjahr/das Kalenderjahr […] Anspruch auf Gewinnbeteiligung in Höhe von […] % des Jahresgewinns. Diese Gewinnbeteiligung wird trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des […] für das ganze Jahr gezahlt.30 Die Auszahlung erfolgt drei Monate nach Feststellung der Handelsbilanz.31 oder Herr/Frau […] hat für das laufende Geschäftsjahr/Kalenderjahr […] Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung in Höhe von […] % des Jahresgewinns. Wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am […] wird die Gewinnbeteiligung zu […]/12 gezahlt. Die Auszahlung erfolgt drei Monate nach Feststellung der Handelsbilanz. oder Herr/Frau […] hat an und für sich Anspruch auf eine vertragliche Gewinnbeteiligung. Diese wird pauschal mit Euro […] abgegolten.

§ 5 Gratifikation Herr/Frau […] erhält am […] für das Jahr […] die vertraglich zugesagte Gratifikation trotz des Ausscheidens am […] ungekürzt. oder Die vertraglich zugesagte Gratifikation erhält Herr/Frau […] in diesem Jahr mit Rücksicht auf die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht. oder Herr/Frau […] erhält die vertraglich zugesagte Gratifikation am […] zu […]/12.

§ 6 Dienstwagen Herr/Frau […] ist verpflichtet, den Dienstwagen nebst sämtlichen Fahrzeugpapieren, Schlüsseln, allem Zubehör sowie der Tankkarte sofort an den Arbeitgeber zurückzugeben.32 evtl. Als Entschädigung enthält er/sie eine Pauschale von Euro […] oder Herr/Frau […] kann den Dienstwagen auch während der Zeit der Freistellung privat nutzen. Er/Sie ist verpflichtet, den Wagen nebst […] am […] an den Arbeitgeber zurückzugeben. 29 Mit dieser Formulierung soll erreicht werden, dass §§ 24, 34 EStG auf die restliche Abfindung anwendbar bleibt. Es kommt darauf an, dass auch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses „auf Veranlassung des Arbeitgebers“ erfolgt (vgl. hierzu Rz. 46 mwN). 30 Wird keine Regelung getroffen, mindert sich der Anspruch pro rata, dh. entsprechend der Dauer der Beschäftigung in dem betreffenden Jahr (so die Alternativklausel). 31 Der Anspruch auf die Tantieme wird erst mit Feststellung der Bilanz fällig (LAG BW v. 31.3.1969, DB 1969, 1923; LAG Berlin v. 7.10.1975, DB 1976, 636). Maßgebend ist die Handelsbilanz. Die Höhe der Tantieme kann daher durch Gewinne oder Verluste beeinflusst werden, die erst nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers eintreten. 32 Vgl. im Einzelnen Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. C 250 ff.; auch eine AGB-Kontrolle führt uE. nicht zur Unwirksamkeit der Klausel, schon weil es sich bei der Rückgabe des Dienstwagens um einen Teil der Abrede über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung handelt, dementsprechend findet eine vorzeitige Rückgabe des Dienstwagens regelmäßig Niederschlag in der Abfindungshöhe oder anderen Kompensationen im Rahmen des Aufhebungsvertrages.

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1a Kap. 23 oder Herr/Frau […] übernimmt den Dienstwagen am […] käuflich zum Buchwert.33 Der Preis beträgt somit Euro […] (inkl. etwaiger Mehrwertsteuer). Das Fahrzeug nebst […] wird am […] unter Aushändigung der Fahrzeugpapiere Herrn/Frau […] übergeben. Der Kaufpreis wird mit dem Nettobetrag der Abfindung nach § 2 verrechnet. Ggf. anfallende Steuern trägt Herr/Frau […] oder Der Dienstwagen nebst […] wird Herrn/Frau […] kostenlos34 mit Wirkung zum […] übereignet. Dadurch anfallende Steuern trägt Herr/Frau […] oder Die Parteien sind sich einig, dass Herr/Frau […] vorbehaltlich der Zustimmung der […] anstelle des Arbeitgebers zum rechtlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses in den Leasingvertrag vom […] mit der […] über den Dienstwagen (Typ […] amtliches Kennzeichen […]) auf seine/ihre Kosten eintritt. Der Arbeitgeber wird alle für die Vertragsübernahme notwendigen Erklärungen gegenüber der […] abgeben. Erteilt die […] ihre Zustimmung nicht bis zum […], so wird Herr/Frau […] den Dienstwagen nebst […] spätestens zum rechtlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses in ordnungsgemäßem Zustand an die Gesellschaft zurückzugeben.

§ 7 Urlaub35 Die Parteien sind sich darüber einig, dass Herr/Frau […] den ihm/ihr für das Jahr […] noch zustehenden Urlaub von […] Werk-/Arbeitstagen vom […] bis […] nehmen wird.36 oder Wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses konnte Herr/Frau […] den ihm/ihr für das Jahr […] zustehenden Urlaub von […] Werk-/Arbeitstagen nicht nehmen. Der Arbeitgeber zahlt deshalb eine Urlaubsabgeltung von Euro […], fällig am […].

§ 8 Werkswohnung Herr/Frau […] verpflichtet sich, die Werkswohnung in der […] straße Nr. […] in […] bis spätestens […] zu räumen.37 oder Die bisher benutzte Werkswohnung in der […] straße Nr. […] in […] wird an Herrn/Frau […] ab […] zu folgenden Bedingungen weitervermietet: […] oder Herr/Frau […] ist berechtigt, im Firmenhaus in der […] straße Nr. […] in […] bis zum […] zu den bisherigen Konditionen weiter zu wohnen. Der Arbeitgeber hat etwaige anfallende Steuern bis dahin zu übernehmen/nicht zu übernehmen. Herr/Frau […] ist verpflichtet/nicht verpflichtet, das Haus zu renovieren.

33 Der Verkauf zu einem niedrigeren als dem Marktpreis stellt einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil dar. 34 Auch hier handelt es sich um einen geldwerten Vorteil. 35 Die Regelungen sind vorgesehen für den Fall, dass nicht schon im Rahmen der Freistellung (§ 3) entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden. 36 Die Freistellung bedeutet nicht automatisch die Gewährung von Urlaub (vgl. hierzu im Einzelnen M 23.1a Fn. 24). Die Gewährung ist daher ausdrücklich zu regeln. Wird der Urlaub nicht während der Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses gewährt, ist er nach den allgemeinen Regeln des BUrlG abzugelten. Der Urlaubsanspruch ist in Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubs unabdingbar. 37 Fehlt eine solche Regelung, besteht das Mietverhältnis grds. über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus fort.

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Kap. 23 M 23.1a | Einvernehmliche Beendigung § 9 Darlehen38 Herr/Frau […] hat von dem Arbeitgeber am […] ein Darlehen iHv. Euro […] erhalten. Hierauf sind bis heute Euro […] zurückbezahlt. Herr/Frau […] zahlt den Restbetrag nebst vereinbarten Zinsen in monatlichen Raten von Euro […], zahlbar am […] eines jeden Monats, beginnend mit dem […], zurück.39 Kommt Herr/Frau […] mit mehr als einer Rate in Verzug, ist der gesamte Restbetrag fällig und ab diesem Zeitpunkt mit […] % pro Jahr zu verzinsen. evtl. Zur Sicherung des Darlehensrestanspruches tritt Herr/Frau […] hiermit zukünftige Entgeltforderungen gegen jeden neuen Arbeitgeber in Höhe des jeweils pfändbaren Betrages an den Arbeitgeber ab. oder Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag vom […] wird zu den vereinbarten Konditionen fortgeführt. Herr/Frau […] hat das Recht, die noch offene Darlehensschuld von Euro […] (Stand […]) vorzeitig durch eine Einmalzahlung abzulösen. oder Herr/Frau […] hat von dem Arbeitgeber am […] ein Darlehen iHv. Euro […] erhalten. Hierauf sind bis heute Euro […] zurückgezahlt. Der Restbetrag wird mit dem Nettobetrag der Abfindung gemäß § 2 verrechnet.

§ 10 Diensterfindung Herr/Frau […] erhält für die am […] gemeldete Diensterfindung eine Vergütung von Euro […] Weitere Ansprüche auf Grund des Arbeitnehmererfindungsgesetzes bestehen nicht.40 oder Die Parteien sind sich darüber einig, dass Herr/Frau […] für die am […] gemeldete Diensterfindung keine Vergütung erhält. oder Für sämtliche Erfindungen, die auf Herrn/Frau […] als Erfinder oder Miterfinder zurückgehen, erhält Herr/ Frau […] eine abschließende Abfindung von Euro […] Mit diesem Betrag sind alle Ansprüche von Herrn/ 38 Arbeitgeberdarlehen stehen in der Regel rechtlich selbstständig neben dem Arbeitsvertrag. Die Erledigungsklausel in § 26 umfasst Arbeitgeberdarlehen daher nur, wenn sie sich auch auf Ansprüche, die lediglich mit dem „Arbeitsverhältnis in Verbindung“ stehen, erstreckt (BAG v. 19.1.2011 – 10 AZR 873/08, NJW 2011, 2381). Beschränkt sie sich hingegen allgemein auf „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“, sind davon Arbeitgeberdarlehen nur ausnahmsweise erfasst, sofern eine zusätzliche Verknüpfung zum Arbeitsverhältnis besteht, zB bei Ansprüchen auf Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens, das gewährt wurde zur Finanzierung einer Mitarbeiterbeteiligung (BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896) oder zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen in einer stillen Gesellschaft (BAG v. 28.7.2009 – 3 AZR 250/07, NZA 2010, 356). 39 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses allein räumt dem Arbeitgeber nicht das Recht ein, die vorzeitige Darlehensrückzahlung zu verlangen. Dies kann jedoch vereinbart werden, da Kündigungs- und Fälligkeitsklausel, die an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, grundsätzlich zulässig sind. Allerdings sind solche Klauseln im Darlehensvertrag wegen unangemessener Benachteiligung gem. § 307 BGB unwirksam, wenn eine Kündigung des Darlehens auch bei Beendigungen aus Gründen möglich sein soll, die in der Sphäre des Arbeitsgebers liegen (BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, NJW 2014, 2138). S. M 12.24. 40 Die Abgeltung durch eine Pauschale ist grds. zulässig. Die §§ 22, 23 ArbNErfG lassen nachträgliche Vereinbarungen über Art und Höhe der Erfindervergütung zu, soweit sie nicht in erheblichem Maße unbillig sind. Auf die Unbilligkeit einer Vergütungsvereinbarung können sich beide Seiten gem. § 23 Abs. 2 ArbNErfG nur berufen, wenn die Unbilligkeit spätestens sechs Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Textform geltend gemacht wird. § 23 ArbNErfG gilt auch für Regelungen, wonach der Arbeitnehmer auf eine Vergütung völlig verzichtet. Eine solche Regelung ist also wegen Unbilligkeit unwirksam, wenn es sich um eine bedeutende Erfindung handelt, die für den Arbeitgeber von hohem Wert ist. Im Übrigen ist streitig, ob überhaupt die Grenzen der §§ 22, 23 ArbNErfG auf Vereinbarungen im Rahmen von Aufhebungsverträgen anwendbar sind (Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindergesetz, § 26 Rz. 60; Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. C 288 ff.).

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1a Kap. 23 Frau […] aus dem Arbeitnehmererfindungsgesetz für sämtliche während der Dauer des Anstellungsverhältnisses gemeldeten Diensterfindungen, Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen, die auf Herrn/ Frau […] als Erfinder oder Miterfinder zurückgehen, erfüllt. In diesem Betrag eingeschlossen sind also beispielsweise auch solche Beträge, die bei einer eventuellen Nutzung durch den Arbeitgeber entstehen würden oder entstanden, aber noch nicht vergütet sind. Die Auszahlung der Pauschalvergütung wird unter Abzug der gesetzlichen Steuern veranlasst.

§ 11 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot41 Das am […] von den Parteien vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot wird von dem vorliegenden Aufhebungsvertrag nicht berührt. evtl. Der Arbeitgeber nimmt zur Kenntnis, dass Herr/Frau […] am […] in die Dienste der Firma […] treten wird. Die Parteien sind sich darüber einig, dass diese Tätigkeit nicht gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstößt. oder Die Parteien ändern das am […] vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot so ab, dass Herr/Frau […] statt einer monatlichen Karenzentschädigung42 von Euro […] monatlich nur Euro […] erhält. Außerdem wird die Laufzeit des Wettbewerbsverbotes auf die Zeit vom […] bis […] beschränkt.43 oder Die Parteien heben das nachvertragliche Wettbewerbsverbot mit sofortiger Wirkung auf.44 oder Das in § […] des Anstellungsvertrages vom […] geregelte nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt für die Zeit vom […] bis […] Die für dieses Wettbewerbsverbot zu zahlende Karenzentschädigung in der von § 74 Abs. 2 HGB geforderten Höhe ist vollumfänglich in der Abfindung gemäß § 2 dieses Aufhebungsvertrages enthalten.45 Im Übrigen gelten für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot die Bestimmungen des Anstellungsvertrages und die §§ 74 ff. HGB. 41 Vgl. hierzu insb. Kap. 25; Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. C 294 ff. und Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rz. 494 ff. Aufgrund der Erledigungsklausel in § 26 muss ein Wettbewerbsverbot, das auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin bestehen bleiben soll, ausdrücklich aufgeführt werden (vgl. Rz. 36 ff.). Fehlt eine solche Regelung, kann eine Ausgleichsklausel auch ein zuvor vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot und die damit verbundene Karenzentschädigung umfassen (BAG v. 22.10.2008 – 10 AZR 617/07, NZA 2009, 139; v. 24.6.2009 – 10 AZR 707/08, NJW 2009, 3529). 42 Die Höhe der Karenzentschädigung richtet sich gem. § 74 Abs. 2 HGB nach der letzten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogenen vertragsgemäßen Vergütung. Dies gilt auch, wenn ein Arbeitnehmer Elternteilzeit gem. § 15 Abs. 6 BEEG in Anspruch genommen hat und sein Arbeitsverhältnis während der Elternzeit endet (BAG v. 22.10.2008 – 10 AZR 360/08, NZA 2009, 962). 43 Hier ist die Formvorschrift des § 74 Abs. 1 HGB zu beachten. Es gilt die gesetzliche Schriftform gem. § 126 BGB. Zudem ist dem Arbeitnehmer ein original unterzeichnetes Vertragsexemplar auszuhändigen. Inhaltlich müssen auch die Änderungen mit den §§ 74 ff. HGB vereinbar sein (BAG v. 3.5.1994 – 9 AZR 606/92, BB 1994, 2282). 44 Eine einvernehmliche Aufhebung des Wettbewerbsverbots ist jederzeit möglich (BAG v. 10.1.1989 – 3 AZR 460/87, NZA 1989, 797). Dann erlöschen alle gegenseitigen Rechte und Pflichten mit sofortiger Wirkung. Dies ist jedoch sorgfältig von dem Verzicht gem. § 75a HGB zu trennen, der die Entschädigungspflicht des Arbeitgebers nur mit Jahresfrist entfallen lässt. 45 Die Aufnahme der Karenzentschädigung in die Abfindung ist grds. zulässig. Das Wettbewerbsverbot ist bei dieser Gestaltung allerdings nur wirksam, wenn die Abfindung mindestens die Höhe des nach § 74 Abs. 2 HGB erforderlichen Betrages erreicht (Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. C 339; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rz. 85 ff., 88). Der ermäßigte Steuersatz gem. §§ 24, 34 EStG kommt dem Arbeitnehmer unabhängig davon zugute, ob mit der Entschädigung der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Wettbewerbsunterlassung ausgeglichen wird (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rz. 86). Die Aufnahme der Karenzentschädigung in die Abfindung dürfte allerdings im Zweifel dazu führen, dass anderweitiger Erwerb gem. § 74c HGB nicht mehr angerechnet werden kann (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rz. 86).

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Kap. 23 M 23.1a | Einvernehmliche Beendigung § 12 Geschäftsgeheimnisse, Wohlverhalten Herr/Frau […] ist verpflichtet, alle ihm/ihr während seiner/ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen vertraulichen betriebsinternen Angelegenheiten, vor allem Geschäftsgeheimnisse, geheim zu halten und sie weder zu eigenen Zwecken noch zugunsten Dritter zu verwerten. Das gilt insbesondere für die nachfolgend aufgeführten (Herstellungsverfahren/Rezepturen/[…]): […]. Daneben bleibt die kraft Gesetzes und kraft nachvertraglicher Treuepflicht geltende Verpflichtung zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen.46 [Evtl: Sollte die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht Herrn/Frau […] in seinem/ihrem beruflichen Fortkommen unangemessen behindern, hat er/sie gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung von dieser Pflicht.47] evtl. Beide Seiten verpflichten sich, negative Äußerungen über die jeweils andere Seite zu unterlassen. oder Der Arbeitgeber nimmt hiermit alle negativen Behauptungen über Herrn/Frau […] zurück. Herr/Frau […] sichert zu, sich nicht negativ über den Arbeitgeber zu äußern.

§ 13 Betriebliche Altersversorgung48 Die Parteien sind sich darüber einig, dass Herr/Frau […] keine unverfallbare Anwartschaft nach dem BetrAVG erworben hat. oder Herr/Frau […] hat aus der betrieblichen Altersversorgung des Arbeitgebers einen unverfallbaren Anspruch/ eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistung erworben.49 Die Bescheinigung nach § 4a BetrAVG wird gesondert erteilt. oder50 Die Parteien sind sich darüber einig, dass Herr/Frau […] eine unverfallbare Anwartschaft auf Grund der betrieblichen Altersversorgung des Arbeitgebers erworben hat. Der daraus entstehende Anspruch auf eine Altersrente, die im Alter […] einsetzt, beträgt Euro […]. Die Parteien vereinbaren, diese Altersrente gemäß § 3 Abs. 2 BetrAVG versicherungsmathematisch abzufinden. Herr/Frau […] erhält deshalb einen einmali46 Zu Geschäftsgeheimnisregelungen nach Inkrafttreten des GeschGehG s. Kap. 2, Einf., AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Geheimhaltungsklausel“, Kap. 2 Rz. 106b ff., sowie M 3.1 § 5). 47 Zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie zur Vermeidung eines entschädigungspflichtigen Wettbewerbsverbotes gem. § 74 HGB (BAG v. 15.12.1987 – 3 AZR 474/86, NZA 1988, 502) wird eine solche Öffnungsklausel in der Literatur vorgeschlagen, vgl. Hunold, SPA 21/2002, Satz 1; sie dürfte insb. sinnvoll sein zur Dokumentation, dass die Geheimhaltungsmaßnahmen „angemessen“ im Sinne von § 2 Nr. 1b GeschGehG ist. 48 Enthält der Aufhebungsvertrag eine Erledigung- bzw. Ausgleichklausel (vgl. § 26), werden von dieser Klausel Forderungen, auf die der Arbeitnehmer vertraglich nicht verzichten kann, nicht erfasst. Das gilt auch für die unverfallbaren Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung (§ 1b BetrAVG), ferner für entstandene tarifliche Rechte (§ 4 Abs. 4 TVG), Rechte aus einer Betriebsvereinbarung (außer bei Zustimmung des Betriebsrates, § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG), gesetzliche Urlaubsansprüche (§ 13 BUrlG) sowie den Zeugnisanspruch. Zur Frage, ob solche Ansprüche zur Vermeidung von Intransparenz in einer Ausgleichsklausel jeweils ausdrücklich vorbehalten werden müssen – uE. ist das nicht der Fall – Rz. 36 ff., sowie § 26 m. Anm. 49 Je länger das Arbeitsverhältnis dauert, umso höher ist die nach § 2 BetrAVG aufrechtzuerhaltende Anwartschaft. Besondere Vorsicht ist im Hinblick auf die Erfüllung der Unverfallbarkeitsfristen geboten. Unverfallbarkeit bedeutet, dass die Ansprüche trotz des Ausscheidens vor Erreichen der Altersgrenze nicht ersatzlos wegfallen, sondern mit einem Teilwert aufrechterhalten bleiben (§§ 1b, 2 BetrAVG), Einzelheiten Kap. 25 Rz. 4 ff. Die Wahl des Zeitpunkts der Auflösungsvereinbarung kann sich insoweit unmittelbar auswirken. 50 Vorsicht! § 3 Abs. 1 BetrAVG verbietet grds. die Abfindung einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft. Ausnahmen sind gem. § 3 Abs. 2 BetrAVG nur für geringwertige Versorgungsansprüche vorgesehen (vgl. dazu Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rz. C 399).

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1a Kap. 23 gen Pauschalbetrag von Euro […], fällig am […] Damit sind sämtliche Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung erledigt.51 oder Herr/Frau […] hat aus der betrieblichen Altersversorgung des Arbeitgebers eine unverfallbare Anwartschaft erworben. Bei Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze hat Herr/Frau […] einen Leistungsanspruch, der nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG gekürzt wird.52 oder Der Arbeitgeber tritt mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses die bei der […] Versicherung abgeschlossene Direktversicherung (Nr. […]) an Herrn/Frau […] ab und wird die dazu notwendigen Erklärungen/Anzeigen gegenüber dem Versicherer auf seine Kosten in der erforderlichen Form abgeben.53 oder Der Arbeitgeber räumt Herrn/Frau […] das Recht ein, die Direktversicherung Nr. […] mit eigenen Beiträgen fortzuführen und wird alle dazu erforderlichen Erklärungen abgeben. oder Der Arbeitgeber verpflichtet sich, auf Verlangen von Herrn/Frau […] die betriebliche Altersversorgung gemäß Zusage vom […] auf den von Herrn/Frau […] zu benennenden neuen Arbeitgeber zu übertragen.54

§ 14 Zeugnis55 Herr/Frau […] erhält das als Anlage zu diesem Aufhebungsvertrag beigefügte qualifizierte Zeugnis. oder Herr/Frau […] erhält das als Anlage zu diesem Aufhebungsvertrag beigefügte Zwischenzeugnis. Am […] erhält Herr/Frau […] ein mit dem Zwischenzeugnis übereinstimmendes Endzeugnis, dessen Schlussformel 51 Wird eine bereits gesetzlich unverfallbare Anwartschaft abgefunden, greifen §§ 24, 34 EStG nicht, da es an der notwendigen Kausalität zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Zahlung fehlt, denn der Anspruch bestand unabhängig von der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag. 52 Der Verzicht auf die in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG geregelte ratierliche Kürzung ist idR. von erheblichem Wert, der vor der Vereinbarung genau berechnet werden sollte. Er ist in der Praxis selten, findet sich jedoch gelegentlich in Verträgen mit Organmitgliedern. 53 Die Klausel zur Fortführung der Direktversicherung durch den Arbeitnehmer muss erkennen lassen, ob eine Abtretung oder nur ein Wechsel des Beitragsschuldners gewollt ist. Anderenfalls ist sie mehrdeutig und daher nicht vollstreckbar (BAG v. 31.5.2012 – 3 AZB 29/12, NZA 2012, 1117). Die Abtretung hier bezieht sich, wie typischerweise, auf eine Direktversicherung. Sollen demgegenüber Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung abgetreten werden, entstehen erhebliche versicherungsvertragliche und steuerliche Probleme (dazu Diller/Risse, DB 2016, 890 ff.). Will der Arbeitgeber nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG zur Vermeidung seiner Teilhaftung die versicherungsförmige Lösung wählen, muss er das innerhalb von drei Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers diesem und der Versicherung gegenüber ausdrücklich erklären; er kann die Erklärung allerdings im Zusammenhang mit dem Ausscheiden auch schon früher abgeben (BAG v. 19.5.2016 – 3 AZR 794/14, BB 2016, 2236, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2016, 481). 54 § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG lässt das Recht zur einvernehmlichen Übertragung der Versorgungszusage auf den neuen Arbeitgeber unberührt. Daneben gibt § 4 Abs. 3 BetrAVG einen Anspruch auf Übertragung des Übertragungswertes der betrieblichen Altersversorgung, der innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden muss. Der Anspruch besteht nur bei versicherungsförmigen Durchführungswegen, also Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung. Gem. § 4 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG ist der neue Arbeitgeber nur verpflichtet, eine dem Übertragungswert wertgleiche Zusage zu erteilen und diese über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchzuführen. Wegen der Geltendmachungsfrist empfiehlt es sich, den Anspruch in den Aufhebungsvertrag aufzunehmen, sofern der neue Arbeitgeber bereits feststeht. Andernfalls muss auf Seiten des Arbeitnehmers gesichert werden, dass die Jahresfrist eingehalten wird. Der Übertragungsanspruch des § 4 Abs. 3 BetrAVG gilt gem. § 30b BetrAVG erst für Zusagen, die nach dem 31.12.2004 erteilt wurden und unverfallbar sind. Für Altzusagen ist daher nur eine Übernahme oder Übertragung nach § 4 Abs. 2 BetrAVG möglich. 55 Zu Einzelheiten des Zeugnisanspruchs und -inhalts s. Kap. 24 Rz. 1 ff.

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Kap. 23 M 23.1a | Einvernehmliche Beendigung lauten wird: „Herr/Frau […] ist am […] auf eigenen Wunsch/auf Grund betriebsbedingter Kündigung ausgeschieden. Wir bedauern seinen/ihren Weggang und wünschen ihm/ihr für seinen/ihren weiteren Lebensweg alles Gute.“ oder Herr/Frau […] erhält ein wohlwollendes qualifiziertes Endzeugnis, in dem Verhalten und Leistung mit der Note „gut“ bewertet werden und welches folgende Schlussformel enthält: „Herr/Frau […] verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern seinen/ihren Weggang und wünschen ihm/ihr für seinen/ihren weiteren Lebensweg beruflich und privat alles erdenklich Gute.“

§ 15 Firmenunterlagen Herr/Frau […] wird am […] sämtliche dem Arbeitgeber gehörenden Unterlagen zurückgeben, insbesondere […]. oder Herr/Frau […] erklärt, dass er/sie – die Schlüssel und den Zugangsausweis für das Forschungs- und Entwicklungszentrum abgegeben hat, des Weiteren sonstige Schlüssel zu Firmengebäuden und -einrichtungen, ferner sämtliche nur ihm bekannte Passwörter, PIN-Codes und Zugangssperren im Hinblick auf EDV-Nutzung dem Arbeitgeber benannt hat und von diesen selbst keinen Gebrauch mehr machen wird. – alle ihm/ihr von dem Arbeitgeber überlassenen Gegenstände, Waren, Geräte, Apparaturen und alle Unterlagen, die im Zusammenhang mit seiner/ihrer Tätigkeit bei dem Arbeitgeber entstanden sind, vollständig an den Arbeitgeber zurückgegeben hat. Zu diesen Unterlagen zählen ua. Werksausweis, Tankidentitätskarte, Geschäftspapiere, Hard- und Software inkl. Disketten und USB-Sticks und alle gespeicherten Daten und Informationen, die den Arbeitgeber und die Gesellschaften der Firmengruppe betreffen, Zeichnungen, Skizzen, Briefe, Besprechungsberichte, Versuchsauswertungen, handschriftliche Notizen, Fotos, Literatur usw. sowie Kopien und Abschriften dieser Unterlagen, gleich auf welchem Datenträger.

§ 16 Spesen Eventuelle noch ausstehende Reise-/Spesenabrechnungen sind bis zum […] abzurechnen. Ein eventuell bestehender Reise- oder Spesenvorschuss muss bis zum […] zurückbezahlt werden.

§ 17 Zurückbehaltungsrecht Den Vertragsparteien steht kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der sich aus diesem Aufhebungsvertrag ergebenden Verpflichtungen zu.56

§ 18 Aufrechnungsverbot Eine Aufrechnung der Vertragsparteien mit den sich aus diesem Aufhebungsvertrag ergebenden finanziellen Verpflichtungen ist ausgeschlossen. Dies gilt nicht, soweit mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Ansprüchen aufgerechnet wird.57

56 In vorformulierten Verträgen sind Beschränkungen des Zurückbehaltungsrechts nach § 309 Nr. 2b BGB unwirksam. Allerdings ist der Arbeitnehmer an zur rein dienstlichen Nutzung überlassenen Gegenständen ohnehin nur Besitzdiener, so dass er insoweit kein Zurückbehaltungsrecht hat. Eine Einschränkung der Klausel sinngemäß auf den Ausschluss „soweit ihr jeweiliger Gegenanspruch nicht auf dem gleichen Vertragsverhältnis beruht“ (vgl. Palandt/Grüneberg, § 309 BGB Rz. 15) oder „Den Vertragsparteien steht ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen zu,“ ist uE daher nicht erforderlich, der Anwendungsbereich wäre ohnehin auch nur sehr klein. 57 In vorformulierten Verträgen kann die Befugnis des Arbeitnehmers, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen, nicht wirksam ausgeschlossen werden. § 309 Nr. 3 BGB.

982 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | M 23.1a Kap. 23

§ 19 Arbeitsbescheinigung Der Arbeitgeber stellt Herrn/Frau […] eine Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 Abs. 1 SGB III aus.58 evtl.

§ 20 Klageverfahren/Kosten Herr/Frau […] verpflichtet sich, die beim ArbG […]/LAG […]/BAG anhängige Klage (Az. […]) unverzüglich nach Unterzeichnung dieses Vertrages/nach Erhalt der Sicherheiten gemäß § 25/nach Erhalt der Abfindung gemäß § 2 zurückzunehmen.59 Jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten und die Hälfte der entstandenen Gerichtskosten. oder Der Arbeitgeber übernimmt die entstandenen Gerichtskosten; jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. oder Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. oder Der Arbeitgeber erstattet Herrn/Frau […] die diesem/dieser durch die Inanspruchnahme von Rechtsanwalt […] entstandenen Kosten iHv. Euro […]/bis zur Höhe von Euro […]/auf der Basis eines Streitwerts von Euro […], in Höhe von […]-Gebühren nebst Auslagen.

§ 21 Geheimhaltungsklausel Herr/Frau […] sichert zu, Stillschweigen hinsichtlich des finanziellen Inhalts dieser Vereinbarung gegenüber jedermann zu wahren, es sei denn, er/sie ist gesetzlich zur Auskunft verpflichtet oder die Auskunft ist aus steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Gründen gegenüber Behörden oder zur Wahrung von Rechtsansprüchen gegenüber Gerichten erforderlich.60 58 Den Arbeitgeber trifft aus § 312 Abs. 1 SGB III eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf dem vorgesehenen Vordruck alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können. Dazu gehört vor allem die Angabe des Grundes für die Beendigung, da davon die mögliche Verhängung einer Sperrzeit nach § 159 SGB III abhängt. Bei unrichtiger Erstellung der Bescheinigung kommen Schadensersatzansprüche der Bundesagentur für Arbeit gem. § 321 Nr. 1 SGB III in Betracht. Erklärt (umgekehrt) der Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III wahrheitsgemäß, aber entgegen der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag, dass keine betriebsbedingten Kündigungsgründe vorliegen, schuldet er dem Arbeitnehmer für eine verhängte Sperrzeit keinen Schadenersatz (LAG Hessen 17.7.2012 – 13 Sa 1053/11). Zu Rechtsfolgen unrichtig ausgefüllter Arbeitsbescheinigungen Lindemann/Polzer, DB 2016, 2935. 59 Das Muster betrifft einen Aufhebungsvertrag; regelmäßig ist diesem keine Kündigung vorausgegangen, so dass auch keine Klage erhoben wurde, die zu erledigen wäre. Bei vorausgegangener Kündigung wäre der Abwicklungsvertrag die passende Lösung (vgl. M 23.2 § 2). Die Klageerledigung ist daher nur vorsorglich in § 20 vorgesehen für den Fall, dass die Parteien gleichwohl den Aufhebungsvertrag wählen. Ein Arbeitnehmer kann nach Ausspruch der Kündigung durch den Arbeitgeber grundsätzlich auf die Erhebung oder die Durchführung einer Kündigungsschutzklage verzichten (zur Formbedürftigkeit des Klageverzichts vgl. Rz. 5). Ist die Verzichtsvereinbarung vom Arbeitgeber vorformuliert, muss sie nach Auffassung des BAG allerdings eine Gegenleistung für den Verzicht vorsehen, etwa in Form einer Abfindung. Der ohne eine solche Gegenleistung erklärte Verzicht stelle eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar (BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NJW 2015, 1038 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 155 (zur Ausgleichsquittung)). Ein Klageverzicht sollte zudem vorsorglich wie hier drucktechnisch besonders hervorgehoben werden, damit er nicht als überraschend nach § 305c BGB eingestuft wird (vgl. zur Wirksamkeit eines Klageverzichts Rz. 33 ff.). 60 Da der Schaden aus einer Verletzung der Geheimhaltungspflicht durch den Arbeitnehmer selten zu beziffern sein wird, wird dem Arbeitgeber kaum ein Schadensersatzanspruch zustehen. Daher kann die Vereinbarung einer Vertragsstrafe sinnvoll sein, sie ist aber wenig üblich.

Lingemann | 983

Kap. 23 M 23.1a | Einvernehmliche Beendigung § 22 Belehrung Herr/Frau […] bestätigt, dass er/sie über etwaige sozialversicherungsrechtliche Nachteile belehrt ist und hierüber der Sozialversicherungsträger verbindlich entscheidet, der zur Erteilung von Auskünften berufen und verpflichtet ist.61

§ 23 Hinweis nach § 38 SGB III Herr/Frau […] wird auf seine/ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche nach § 38 SGB III hingewiesen. Er/sie ist verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist nach den beiden vorhergehenden Sätzen reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder von dem Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Weiterhin ist Herr/Frau […] verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.62

§ 24 Sprachregelung Presseveröffentlichungen und andere Verlautbarungen an einen unbestimmten Personenkreis werden die Parteien jeweils nur in einer miteinander abgestimmten Form abgeben. Die Parteien vereinbaren als Richtschnur dafür folgenden Wortlaut: „[…]“63 oder Die Parteien werden als Richtschnur dafür unverzüglich nach Abschluss dieses Vertrages einen Wortlaut ausarbeiten.64

§ 25 Sicherheiten Der Arbeitgeber ist verpflichtet, innerhalb von fünf Tagen nach Unterzeichnung des vorliegenden Aufhebungsvertrages eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Bankbürgschaft einer deutschen Bank iHv. Euro […] zur Sicherung der nach § 2 geschuldeten Abfindung vorzulegen. Sollte die Bankbürgschaft nicht pünktlich und in rechtlich einwandfreier Form vorgelegt werden, so gilt der Aufhebungsvertrag als nicht geschlossen.65 61 Zu den Aufklärungspflichten des Arbeitgebers vgl. Rz. 7. In vorformulierten Verträgen wäre die Bestätigung wohl gem. § 309 Nr. 12b BGB unwirksam; der in § 22 enthaltene Hinweis ist damit gleichwohl erteilt. 62 Die Belehrung ist nicht zwingend, eine Unterlassung hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber zur Folge (BAG v. 29.9.2005, BB 2006, 48; Einzelheiten bei Rz. 7 sowie Kap. 22 Rz. 183). 63 In Betracht kommen etwa folgende Formulierungen: „Herr/Frau […] verlässt die Gesellschaft zum […], um sich anderen Aufgaben zu widmen“/„Herr/Frau […] und der Arbeitgeber trennen sich einvernehmlich wegen unterschiedlicher Auffassungen in der Geschäftspolitik zum […]“/„Herr/Frau […] scheidet im besten Einvernehmen/aus Altersgründen auf eigenen Wunsch zum […] aus und wird dem Unternehmen auch künftig als Berater zur Seite stehen.“ 64 Die letztere Variante kann man wählen, wenn man die Einigung daran nicht scheitern lassen will; die Praxis lehrt jedoch, dass die nachträgliche Vereinbarung häufig erhebliche Probleme bereitet. 65 Diese Klausel dient insb. der Sicherung des Arbeitnehmers für den Fall einer Insolvenz des Arbeitgebers. Die Abfindungsansprüche aus Aufhebungsverträgen genießen nämlich nach der InsO keine besonderen Vorrechte mehr; sie sind grundsätzlich nur Insolvenzforderungen nach § 38 InsO und nicht Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, auch wenn sie erst nach Insolvenzeröffnung entstehen (ausführlich zur Einordnung BAG v. 27.9.2007 – 6 AZR 975/06, NZA 2009, 89). Der Arbeitnehmer kann sich durch entsprechende Sicherheiten schützen oder eine auflösende Bedingung vereinbaren, wonach der Aufhebungsvertrag rückwirkend wegfallen soll, wenn die Zahlung der Abfindung nicht erfolgt. Die Vereinbarung ist jedoch wenig üblich.

984 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | M 23.1a Kap. 23

§ 26 Erledigungsklausel66 Die Parteien sind sich einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt sind.67 Dasselbe gilt für Ansprüche in Verbindung [oder: in Zusammenhang] mit dem Arbeitsverhältnis68 und seiner Beendigung.69 – Nicht erledigt sind Ansprüche wegen Vorsatzes sowie Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Erledigungsvereinbarung entzogen sind (zB. AEntG; MiLoG; BetrVG; TVG)70 66 Zu den inhaltlichen Anforderungen an eine Abgeltungsklausel vgl. Rz. 36 ff. 67 Um eine Unwirksamkeit der Abgeltungsklausel gem. § 305c BGB zu vermeiden, sollte sie vorsorglich drucktechnisch hervorgehoben werden (zu den Unwirksamkeitsgründen einer Abgeltungsklausel im Einzelnen vgl. Rz. 39). 68 Diese Klausel stellt klar, dass auch solche Ansprüche erledigt sein sollen, die aus gesondert abgeschlossenen Vertragsverhältnissen entstehen, wenn diese im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis abgeschlossen wurden. Dies betrifft etwa Ansprüche aus einem Darlehensvertrag oder einem Werkswohnungsmietverhältnis. Aufgrund der konkreten Ausgestaltung können Arbeitgeberdarlehen zwar ausnahmsweise auch schon von Satz 1 – „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ – erfasst sein (so zB Arbeitgeberdarlehen zur Finanzierung einer Mitarbeiterbeteiligung, BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896 oder Arbeitgeberdarlehen, die gewährt wurden, um Gesellschaftsanteile in einer stillen Gesellschaft zu erwerben, BAG v. 28.7.2009 – 3 AZR 250/07, NZA 2010, 356). Da dies jedoch nur möglich ist, wenn eine zusätzliche Verknüpfung zum Arbeitsverhältnis hergestellt werden kann, sollten sich Erledigungsklauseln, die auch Arbeitgeberdarlehen erfassen sollen, auf Ansprüche „in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis“ erstrecken. Diese Formulierung einer Ausschlussklausel hat das BAG im Urteil v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589 Rz. 43 gebilligt mit der Folge, dass die Ausschlussklausel auch einen Rückzahlungsanspruch aus Arbeitgeberdarlehen erfasste. Das dürfte uE. erst recht für Erledigungsklauseln gelten, auch die insoweit gebräuchlichere Formulierung „in Zusammenhang“ dürfte zulässig sein. Um zu vermeiden, dass etwaige Unklarheiten dieser Regelung auf die Ausgleichsklausel gem. Satz 1 durchschlagen, sollten die Regelungen in getrennten Sätzen stehen. („blue-pencil-Test“, im Einzelnen Kap. 2 Rz. 40). 69 Zur Wirksamkeit und zur Rechtsnatur von reinen Ausgleichsquittungen in AGB, zB „Herr/Frau erklärt, dass er/sie – gegen die Kündigung vom […] keine Einwendungen erhebt – die von ihm/ihr erhobene Klage auf Unwirksamkeit der Kündigung zurücknimmt – keine Forderungen – ganz gleich aus welchem Rechtsgrunde – mehr hat und alle seine/ihre Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten sind. Dies gilt auch für Ansprüche aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot.“ vgl. Rz. 39. Darüber hinaus gelten für Ausgleichsquittungen auch die Ausführungen zur Ausgleichsklausel in Rz. 36 ff. Zur Wirksamkeit des Klageverzichts vgl. Rz. 33 ff. Formulierungsvorschlag für die konkrete Benennung von Ansprüchen (uE. nicht erforderlich) wäre: „Folgende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind abgegolten: […]“; vgl. auch Kap. 2 Rz. 91, AGB-Klauselkontrolle von A–Z, „Ausgleichsquittung“. Für die Ausklammerung unverzichtbarer Ansprüche (uE ebenfalls nicht erforderlich) s. Satz 3 des Musters. Wegen der geringeren Wirksamkeitsrisiken ist die beidseitige Erledigungsklausel der Ausgleichsquittung klar vorzuziehen. Keinesfalls sollte man die Ausgleichsklausel und die Empfangsbestätigungen für Arbeitspapiere vermengen (BAG v. 25.9.2014 – 2 AZR 788/13, NJW 2015, 1038 m. Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2015, 155 – zur Ausgleichsquittung; v. 23.2.2005, NZA 2005, 1139; vgl. auch Rz. 39). 70 Ob auch bei der allgemeinen Ausgleichsklausel Ansprüche auf Mindestlohn ausdrücklich ausgenommen werden müssen, ist nicht geklärt. Dagegen spricht, dass die allgemeine Ausgleichsklausel – im Gegensatz zur Verfallklausel (Ausschlussklausel) – zur Erledigung von Ansprüchen dient, die in der Vergangenheit liegen. Das BAG hat auch zu keinem Zeitpunkt eine allgemeine Ausgleichsklausel als intransparent angesehen, weil sie Ansprüche auf Urlaub, Zeugnis oder unverfallbare Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung nicht ausdrücklich ausgenommen hat. Dies spricht dafür, dass auch Ansprüche auf Mindestlohn in allgemeinen Ausgleichsklauseln nicht ausgenommen werden müssen. Vorsorglich sieht das Muster aber die Herausnahme in allgemeiner Form vor (s. auch M 2.1a, Ziff. 10 m. Anm.). Es orientiert sich an der Formulierung von Roloff, FS Willemsen 2018, S. 407, 416 zur Verfallklausel, die das BAG offenbar gebilligt hat (BAG v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 Rz. 51). Ansprüche nach § 309 Nr. 7a und Nr. 7b BGB müssen uE. nicht ausdrücklich ausgenommen werden (zur Verfallklausel BAG v. 22.10.2019 – 9 AZR 532/18, NZA 2020, 513, Anm. Lingemann, ArbRAktuell 2020, 203). Dafür spricht bei der allgemeinen Ausgleichsklausel auch, dass §§ 309 Nr. 7a und b BGB nach Sinn und Zweck darauf abzielen, die künftige Ent-

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Kap. 23 M 23.1a | Einvernehmliche Beendigung evtl.71 Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass das gesetzliche Mindestentgelt vollständig gezahlt wurde/der Urlaub vollständig in natura gewährt wurde. evtl. Sollte der Arbeitgeber im Jahre […] einen Sozialplan aufstellen, der für Mitarbeiter Abfindungsleistungen bei Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht, und sollte sich aus diesem Sozialplan zu Gunsten von Herrn/Frau […] ein höherer Abfindungsbetrag als in dieser Vereinbarung vorgesehen ergeben, so berechnet sich die Abfindung abweichend von dieser Vereinbarung nach der Regelung des Sozialplans. Auf den sich aus dem Sozialplan ergebenden Anspruch wird die Abfindung gemäß § 2 dieser Vereinbarung dann angerechnet.

§ 27 Salvatorische Klausel72 Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen davon nicht berührt. Die Vertragsparteien sind im Falle einer unwirksamen Bestimmung verpflichtet, über eine wirksame und zumutbare Ersatzregelung zu verhandeln, die dem von den Vertragsparteien mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.73 […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschriften Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin und Arbeitgeber)

Rückgabe der Arbeitspapiere:74 Herr/Frau […] bestätigt hiermit, dass er/sie seine/ihre Arbeitspapiere erhalten hat. […]

[…]

(Ort, Datum)

(Unterschrift Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin)

71

72 73 74

stehung derartiger Ansprüche nicht durch AGB auszuschließen (vgl. auch MüKoBGB/Wurmnest, § 309 Nr. 7 BGB Rz. 2: „Anreiz des Verwenders zur sorgfältigen und vertragsgemäßen Leistung“; Palandt/Grüneberg, § 309 BGB Rz. 41: „Der Haftungsausschluss betrifft den Anspruchsgrund und hindert die Entstehung des Anspruches“), nicht aber darauf, eine Erledigung für die Vergangenheit zu verhindern. Ob das auch für Ansprüche wegen Vorsatzes gilt, ist offen. Sie wurden daher im Muster ausgenommen. Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindestlohn ist nicht zulässig, § 3 MiLoG, allerdings wird zT, wie beim gesetzlichen Mindesturlaub, ein Tatsachenvergleich bezogen auf den gesetzlichen Mindestlohn als zulässig angesehen (Lembke, NZA 2016, 1, 9). Einzelheiten und die Anforderungen an die Formulierung sind nicht geklärt. Zur salvatorischen Klausel s. M 3.1 § 26 m. Anm. S. M 3.1, § 26 m. Anm. In vorformulierten Verträgen ist die Bestätigung gem. § 309 Nr. 12b BGB gesondert zu unterschreiben.

M 23.1b Termination Agreement The Company […] (hereinafter: Company) and Mr./Ms. […] hereby agree as follows:

§ 1 Termination The Parties agree that the employment relationship will end/ended by mutual agreement and at the Company’s instigation upon the expiration of […]

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1b Kap. 23

§ 2 Severance payment Due to the termination of the employment relationship, the Company shall make a severance payment of EUR […] to Mr./Ms. […] which shall fall due on […], but has already arisen now, and thus is heritable within the meaning of sec. 9, 10 of the Protection Against Unfair Dismissal Act (KSchG) and sec. 24, 34 of the Income Tax Act (EStG). If applicable The severance payment arising from the social plan concluded between the Company and the works council of the establishment […] on […] shall be offset against this severance payment. or Due to the termination of the employment relationship and the associated loss of the vested rights, the Company shall make a one-time severance payment of EUR […] gross to Mr./Ms. […], which is payable on the day of the legal termination of the employment relationship, but has already arisen now, and thus is heritable pursuant to sec. 9, 10 of the Protection Against Unfair Dismissal Act (KSchG) and 24, 34 of the Income Tax Act (EStG), but not until Mr./Ms. […]’s duties to return company property pursuant to Clauses 6 and 15 have been complied with in full. or The Company shall make a severance payment of EUR […] to Mr./Ms. […] for the loss of his/her position pursuant to sec. 9, 10 of the Protection Against Unfair Dismissal Act (KSchG). The severance payment shall be reduced in the event that Mr./Ms. […] enters into a new employment or service relationship within six months of the termination of this employment relationship, namely by EUR […] for each full month of the new employment. Mr./Ms. […] shall be obligated to inform the Company of his/her entry into a new employment or service relationship within one week of assuming the position. Mr./Ms. […] shall be obligated to return any overpayments to the Company. and/or The claim for severance payment shall extinguish if the Company validly terminates the employment relationship pursuant to sec. 626 of the German Civil Code (BGB) prior to the legal termination date set forth in § 1.

§ 3 Release from work duties With immediate effect/with effect as of […], Mr./Ms. […] shall be/shall remain irrevocably released from his/her duties with continued payment of the sums set forth in the employment agreement up to the termination date set forth in § 1. Up to the termination date set forth in § 1, he/she shall be free to work elsewhere, whereby he/she is prohibited from engaging in any participation and/or work for a competing company. During the period of the release, sec. 615 sent. 2 of the German Civil Code (BGB) shall/ shall not apply. With this release from duties, all vacation claims and claims for time off in compensation for overtime [if applicable: as well as a positive balance in the working time account] shall be discharged. or Commencing on […], Mr./Ms. […] shall be released from his/her obligation to perform work up to the end of the employment relationship, with continued payment of the remuneration and taking into account any claims for time off in compensation for overtime. Mr./Ms. […] shall take his/her vacation in the period from […] to […] The Company reserves the right to revoke this release and assign tasks to the employee outside of the vacation period. or With immediate effect/with effect as of […], Mr./Ms. […] shall be/remains released up to the termination date set forth in § 1, with continued payment of the remuneration set forth in the employment agreement. This release shall initially be irrevocable, taking into account all vacation claims and claims for credit for overtime. Following the associated granting of the vacation and the utilization of any credit for overtime, the release shall be revocable; only for this period of time, the Company reserves the right to call Mr./Ms.

Lingemann | 987

Kap. 23 M 23.1b | Einvernehmliche Beendigung […] back to work in whole or in part for the remaining term of the contract. During the period of the revocable and irrevocable release, any income obtained in any other manner pursuant to sec. 615 sent. 2 of the German Civil Code (BGB) shall be credited against him/her. During the release, Mr./Ms. […] shall be entitled to use all office equipment, including the business telephone installed in his/her residence, at the Company’s expense for the purpose of seeking new employment. if applicable The contractual covenant not to compete shall also apply for the duration of the release from duties. if applicable Notwithstanding § 1, Mr./Ms. […] shall be entitled to end the employment relationship early with a notice period of […] to the end of the month. In that case, the Company shall additionally pay the entire amount/[…] % of the monthly remuneration that is therefore no longer due to Mr./Ms. […], without employer’s contributions to social security (employee gross), as a severance payment pursuant to § 2, whereby the total severance pay shall fall due at the time of the early termination of the employment relationship. An early termination is in the interest of and desired by the Company.

§ 4 Profit sharing Mr./Ms. […] is entitled to a share of the profits for the current fiscal year/calendar year […] in the amount of […] % of the annual profit. This share of the profits shall be paid for the entire year despite the termination of the employment relationship at the end of […]. The payment shall be made three months after adoption of the commercial balance sheet. or Mr./Ms. […] is entitled to a share of the profits for the current fiscal year/calendar year […] in the amount of […] % of the annual profit. Due to the early termination of the employment relationship on […], […]/12 of the share in the profits shall be paid. The payment shall be made three months after the adoption of the commercial balance sheet. or Under the contract, Mr./Ms. […] has a claim to a share of the profits. This claim shall be discharged in full by a lump sum in the amount of EUR […].

§ 5 Bonus Despite leaving the Company on […], Mr./Ms. […] shall receive the full bonus stipulated in the employment agreement for the year of […] on […]. or In view of Mr./Ms. […]’s early termination of the employment relationship, he/she shall not receive the bonus stipulated in the employment agreement this year. or Mr./Ms. […] shall receive […]/12 of the bonus stipulated in the employment agreement on […].

§ 6 Company car Mr./Ms. […] shall be obligated to return the company car, along with all vehicle documents, keys, all accessories and the business fuel card, to the Company without delay. if applicable As compensation he/she shall receive a lump sum in the amount of EUR […]. or Mr./Ms. […] may continue to use the company car privately, even during the period of his/her release from work duties. He/She shall be obligated to return the car, along with […], to the Company on […].

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1b Kap. 23 or Mr./Ms. […] shall purchase the company car at book value on […] The price amounts to EUR […] (including any VAT). The vehicle, along with […], shall be handed over to Mr./Ms. […], together with the vehicle documents, on […] The purchase price shall be set off against the net amount of the severance payment pursuant to § 2. Any taxes incurred thereby shall be borne by Mr./Ms. […]. or The company car, along with […], shall be conveyed to Mr./Ms. […] free of charge with effect as of […] Any taxes incurred thereby shall be borne by Mr./Ms. […]. or The Parties agree that, subject to the approval of […], Mr./Ms. […] shall enter into the leasing agreement of […] with […] for the company car (type […] license number […]) in place of the employer at his/her own cost as of the date upon which the employment relationship ends. The employer undertakes to deliver all declarations that need to be made to […] for transfer of the agreement to take place. Should […] not grant approval by […], the company car along with […] is to be returned to the Company in its due and proper state as of the date upon which the employment relationship ends at the latest.

§ 7 Vacation The Parties agree that Mr./Ms. […] will take the vacation of […] working days to which he/she is still entitled for the year of […] from […] to […]. or Due to the early termination of the employment relationship, Mr./Ms. […] was unable to take the vacation of […] working days to which he/she is entitled for the year of […] The Company shall therefore render him/her a vacation severance payment in the amount of EUR […], payable on […].

§ 8 Company apartment Mr./Ms. […] undertakes to vacate the company apartment located at […] street in […] by no later than […]. or The company apartment located at […] street in […] that has been used to date shall be sublet to Mr./Ms. […] commencing on […] at the following terms and conditions: […]. or Mr./Ms. […] shall be entitled to continue to live in the company building […] until […] at the current terms and conditions. The Company shall assume/shall not assume any taxes incurred up to that point. Mr./Ms. […] shall be obligated/shall not be obligated to renovate the building.

§ 9 Loan On […], Mr./Ms. […] received a loan from the Company in the amount of EUR […], of which EUR […] have been repaid to date. The remaining amount along with interest shall be repaid in monthly installments of EUR […], payable on […] of each month, commencing on […] Should Mr./Ms. […] be in default of more than one installment, the entire outstanding balance shall become due and payable. if applicable In order to secure the remainder of the loan claim, Mr./Ms. […] hereby assigns to the Company his/her future remuneration claims against any new employer in the amount of the respective sum that is not exempt from attachment. or The loan agreement concluded by the Parties on […] shall be continued at the agreed upon terms and conditions. Mr./Ms. […] shall have the right to redeem the outstanding loan debt of EUR […] (as of […]) early by making a one-time payment.

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Kap. 23 M 23.1b | Einvernehmliche Beendigung or On […], Mr./Ms. […] received a loan from the Company in the amount of EUR […], of which EUR […] have been repaid to date. The remaining amount shall be set off against the net amount of the severance payment pursuant to § 2.

§ 10 Service invention Mr./Ms. […] shall receive a remuneration of EUR […] for the service invention reported on […] No further claims on the basis of the Act on Employees’ Inventions (Arbeitnehmererfindungsgesetz) exist. or The Parties agree that Mr./Ms. […] will not receive any remuneration for the service invention reported on […] or Mr./Ms. […] shall receive a final severance payment of EUR […] for all inventions which accrue to Mr./Ms. […] as the inventor or co-inventor. With this sum, all of Mr./Ms. […]’s claims under the Act on Employees’ Inventions (Arbeitnehmererfindungsgesetz) are fulfilled for all service inventions reported in the course of the employment relationship, as well as all intellectual property rights or applications for intellectual property rights accruing to Mr./Ms. […] as inventor or co-inventor. This sum shall also include, for example, sums that have been or could be incurred by any use by the Company, but have not yet been remunerated. The lump sum remuneration shall be paid out after deduction of the statutory taxes.

§ 11 Post-contractual covenant not to compete The post-contractual covenant not to compete agreed upon by the Parties on […] shall not be affected by this Termination Agreement. if applicable The Company takes note of the fact that Mr./Ms. […] will begin working for the company […] on […] The Parties agree that this activity is not in violation of the agreed upon covenant not to compete. or The Parties hereby amend the post-contractual covenant not to compete that was agreed upon on […] to the effect that in lieu of a monthly compensation payment of EUR […], Mr./Ms. […] shall only receive EUR […] per month. Additionally, the term of the covenant not to compete shall be limited to the period from […] to […] or The Parties hereby cancel the post-contractual covenant not to compete with immediate effect. or The post-contractual covenant not to compete stipulated in § […] of the employment agreement of […] shall apply for the period from […] to […] The compensation payment for this covenant not to compete in the amount required under sec. 74 (2) of the German Commercial Code (HGB) is contained in full in the severance payment pursuant to § 2 of this Termination Agreement. In all other respects, the post-contractual covenant not to compete shall be governed by the provisions of the employment agreement and sec. 74 ff. of the German Commercial Code.

§ 12 Business secrets, good conduct Mr./Ms. […] shall be obligated to maintain secrecy with regard to all confidential internal company matters that have become known to him/her in the course of his/her activity, particularly any business secrets and not to exploit them either for his/her own purposes or to the benefit of third parties. This applies in particular to the following manufacturing procedures/formulae: […]. The obligation to safeguard business secrets, as determined by law and post-contractual duty of trust, shall continue to remain in force after the employment relationship ends as well. Should the post-contractual confidentiality duty unreasonably hinder Mr./Ms. […] in his/her professional advancement, he/she shall have the right to demand that the Company releases him/her from this duty.

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1b Kap. 23 if applicable Both sides undertake to refrain from making any negative statements regarding the respective other side. or The Company hereby retracts all negative allegations regarding Mr./Ms. […] Mr./Ms. […] affirms that he/ she will not make any negative statements about the Company.

§ 13 Company pension The Parties agree that Mr./Ms. […] has not acquired any vested expectancies pursuant to the Company Pension Act (Betriebsrentengesetz). or Mr./Ms. […] has acquired a vested claim/a vested right to payment under the Company’s pension plan. The certification pursuant to sec. 4a of the Company Pension Act (Betriebsrentengesetz) shall be issued separately. or The Parties agree that Mr./Ms. […] has acquired a vested expectancy on the basis of the Company’s pension plan. Based on this expectancy, the claim to old age benefits, which commences at the age of […], amounts to EUR […] The Parties agree that these old age benefits pursuant to sec. 3 (2) of the Company Pension Act (Betriebsrentengesetz) will be compensated on an actuarial basis. Mr./Ms. […] will therefore receive a one-time lump sum of EUR […], payable on […], with which all claims under the Company pension plan are discharged. or Mr./Ms. […] has acquired a vested expectancy on the basis of the Company’s pension plan. Upon reaching the normal statutory age of retirement, Mr./Ms. […] shall have a claim for payment that shall not be reduced pursuant to sec. 2 (1) sent. 1 of the Company Pension Act (Betriebsrentengesetz). or With the termination of the employment relationship, the Company assigns the direct insurance (policy no […]) that was taken out with the insurance company […] to Mr./Ms. […] and will render the necessary declarations/notifications in the appropriate form to the insurer at its own expense. or The Company shall grant Mr./Ms. […] the right to continue the direct insurance policy no. […] with his/her own contributions and will render all necessary declarations for this purpose. or At Mr./Ms. […]’s request, the Company undertakes to transfer the company pension plan in accordance with its commitment of […] to the new employer to be designated by Mr./Ms. […]

§ 14 Reference Mr./Ms. […] shall receive the qualified reference attached to this Termination Agreement. or Mr./Ms. […] shall receive the interim reference attached to this Termination Agreement. On […], Mr./Ms. […] shall receive a final reference identical to the interim reference, which shall end with the sentence: “Mr./Ms. […] left the Company on […] of his/her own volition/due to a dismissal for operational reasons. We regret his/her departure and wish him/her all the best in his/her future endeavors.” or Mr./Ms. […] shall receive a favorable qualified final reference, in which his/her conduct and performance shall be rated “good” and which shall end with the following sentence: “Mr./Ms. […] is leaving us of his/ her own volition. We regret his/her departure and wish him/her all the very best in his/her private and future endeavors.”

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Kap. 23 M 23.1b | Einvernehmliche Beendigung § 15 Company documents Mr./Ms. […] shall return all documents belonging to the Company on […], specifically […] or Mr./Ms. […] declares that he/she – has turned in the keys and access card to the research and development center, as well as all other keys to Company buildings and installations, and with regard to IT use, Mr./Ms. […] has notified the Company of any passwords, PIN code or blocked access known to him/her and shall not make any further use thereof himself/herself. – has returned to the Company in full all items, goods, devices, apparatuses provided to him/her by the Company and all documents that came about in connection with his/her activity with the Company. Such documents include inter alia company identification, gas station identification card, business papers, hard and software, including disks and USB sticks, and all stored data and information pertaining to the Company and its affiliates, drawings, sketches, letters, call reports, test evaluations, handwritten notes, photos, literature, etc. as well as copies and reproductions of these documents, regardless of the data carrier.

§ 16 Expenses Any outstanding travel or expense accounting shall be accounted for by […]. Any existing advance payments on travel or expenses must be repaid by […].

§ 17 Right of retention The Parties shall not be entitled to a right of retention with regard to the obligations deriving from this Termination Agreement.

§ 18 Prohibition of setoff The Parties may not perform setoffs against any financial obligations deriving from this Termination Agreement. This shall not apply where setoffs are performed with undisputed or final and binding claims.

§ 19 Certificate of employment The Company shall issue Mr./Ms. […] a certificate of employment pursuant to sec. 312 (1) of the Social Security Code (SGB) III. if applicable

§ 20 Litigation/costs Mr./Ms. […] undertakes to withdraw the complaint pending before the Labor Court (ArbG) […]/Higher Labor Court (LAG) […]/Federal Labor Court (BAG) (Case No.: […]) without delay following the signature of this Agreement/upon receiving the securities pursuant to § 25/after receiving the severance payment pursuant to § 2. Each Party shall bear its own out-of-court costs and half of the court costs incurred. or The Company shall assume the court costs incurred; each Party shall bear its own out-of-court costs. or The costs shall cancel each other out. or The Company shall reimburse Mr./Ms. […] for the costs he/she incurred due to the engagement of the attorney […] in the amount of EUR […].

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.1b Kap. 23 or The Company shall reimburse Mr./Ms. […] for attorneys’ fees on the basis of a value of dispute of EUR […] at a rate of […] fees plus expenses.

§ 21 Confidentiality Clause Mr./Ms. […] undertakes to maintain confidentiality with respect to the financial content of this Agreement vis-à-vis all others, unless he/she is legally obligated to provide information or the information must be disclosed to public authorities for tax or social security reasons or to courts in order to protect legal claims.

§ 22 Instruction Mr./Ms. […] confirms that he/she has been informed of potential disadvantages that may be incurred under the social security laws and that a binding decision on this will be made by the social security carrier that is called upon and obligated to provide information.

§ 23 Remark pursuant to sec. 38 Social Security Code (SGB) III Mr./Ms. […] is informed of his/her duty to seek employment promptly pursuant to sec. 38 of the Social Security Code III. He/She shall be obligated to register personally with the Agency for Labor (Agentur für Arbeit) to seek employment no later than three months prior to the termination of the employment relationship. Should less than three months elapse between the knowledge of the last day of employment and the termination of the employment relationship, the registration shall occur within three days of obtaining knowledge of the termination date. For compliance with the time period set forth in the two preceding sentences, a notification stating the personal data and the termination date shall be sufficient if the personal registration is performed upon appointment. The registration duty exists regardless of whether the continued existence of the employment relationship is claimed in court or the Company holds out the prospect of such a relationship. Mr./Ms. […] remains obligated to actively seek employment.

§ 24 Statements The Parties shall issue press releases and other announcements to an undefined group of people only in a form agreed upon between them. The Parties agree upon the following wording as a guiding principle: “[…]” or the Parties shall develop a text to be used as a guiding principle immediately following the conclusion of this Agreement.

§ 25 Securities With five days of signing this Termination Agreement, the Company shall be obligated to present an absolute, irrevocable bank guarantee for an unlimited period issued by a German bank in the amount of EUR […] as security for the severance payment owed pursuant to sec. 2. Should the bank guarantee not be presented in time and legally proper form, this Termination Agreement shall be deemed not to have been concluded.

§ 26 Discharge clause The Parties agree that with the fulfillment of this Agreement, all reciprocal claims arising from the employment relationship and its termination, regardless of their legal grounds, be they known or unknown, are discharged. The same applies to claims combined [or: in connection] with the employment relationship and its termination.

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Kap. 23 M 23.1b | Einvernehmliche Beendigung No discharge shall be made of claims due to intent and of claims of the employee which are excluded from this discharge clause by force of law (e.g. the Posted Workers Act (AEntG); Minimum Wage Act (MiLoG); Works Constitution Act (BetrVG); Collective Bargaining Act (TVG)) if applicable However, the Parties agree that the statutory minimum remuneration has been paid in full/the vacation has been fully granted in kind. if applicable Should the Company draw up a social plan (Sozialplan) in the year […], which provides for compensation payments for employees who lose their jobs, and should a higher compensation sum for Mr./Ms. […] result from this social plan than that provided for in this Agreement, then notwithstanding this Agreement, the severance payment shall be calculated in accordance with the social plan. The claim deriving from the social plan shall then be set off against the severance payment pursuant to sec. 2 of this Agreement.

§ 27 Severability clause Should a provision of this Agreement be invalid, this shall not affect the validity of the remaining provisions. In the event of an invalid provision, the Parties shall be obliged to negotiate a valid and reasonable substitute provision which comes as close as possible to the economic purpose the Parties had pursued with the invalid provision. […]

[…]

(City, date)

(signature of employee and employer)

Return of the employment documents: Mr./Ms. […] hereby confirms that he/she has received his/her employment documents. […]

[…]

(City, date)

(signature of employee)

M 23.2 Abwicklungsvertrag Zwischen der Firma […] (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn/Frau1 […] wird Folgendes vereinbart:

§ 1 Beendigung Beide Seiten sind sich einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund der Kündigung vom […] mit Ablauf des […] enden wird. oder Der Arbeitgeber hat das Arbeitsverhältnis am […] fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen zum […] gekündigt. 1 Im Muster wurde auf die Aufnahme weiterer Geschlechter als Herr/Frau als Alternative verzichtet. Dem Arbeitgeber wird das Geschlecht des Vertragspartners in aller Regel bekannt sein. Anderenfalls wäre die gewünschte Bezeichnung abzustimmen oder man könnte sich an den genderneutralen Formulierungen in Kap. 1, M 1.2.1 und M 1.2.2, orientieren.

994 | Lingemann

Einvernehmliche Beendigung | M 23.3 Kap. 23

§ 2 Klageverfahren/Kosten (1) Herr/Frau […] erhebt keine Kündigungsschutzklage. oder Herr/Frau […]verpflichtet sich, die beim ArbG […]/LAG […]/BAG anhängige Klage (Az. […]) unverzüglich nach Unterzeichnung dieses Vertrages/nach Erhalt der Sicherheiten gemäß § […]/nach Erhalt der Abfindung gemäß § […] zurückzunehmen.2 (2) Jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten und die Hälfte der entstandenen Gerichtskosten. oder (2) Der Arbeitgeber übernimmt die entstandenen Gerichtskosten; jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. oder (2) Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. oder (2) Der Arbeitgeber erstattet Herrn/Frau […] die diesem/dieser durch die Inanspruchnahme von Rechtsanwalt […] entstandenen Kosten iHv. Euro […]

§§ 3 ff. (vgl. M 23.1a) […] Unterschrift 2 Eine solche Regelung zum Verzicht auf gerichtliche Geltendmachung seiner Rechte bzw. Klagerücknahme durch den Arbeitnehmer soll als unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein, wenn sie ohne Gegenleistung, etwa in Form einer Abfindung, erfolgt (BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219 sowie Rz. 33). Sie sollte vorsorglich drucktechnisch besonders hervorgehoben werden, damit sie nicht als überraschend nach § 305c BGB eingestuft wird (vgl. auch LAG Köln v. 24.11.1999, LAGE § 4 KSchG Ausgleichsquittung Nr. 4 und LAG Berlin v. 18.1.1993, LAGE § 4 KSchG Ausgleichsquittung Nr. 3).

M 23.3 Anfechtung einer Eigenkündigung oder eines Aufhebungsvertrages durch

den Arbeitnehmer

Firma […] z. Hd. des Personalleiters (Ort, Datum) […] Sehr geehrter Herr […], hiermit fechte ich meine Kündigung vom […]/den mit Ihnen am […] abgeschlossenen Aufhebungsvertrag nach § 119/§ 123 BGB an, weil […]1

1 Es ist seit langem umstritten, ob sich der Anfechtungsgrund – also etwa Täuschung oder Drohung – und die tatsächlichen Gründe, auf die eine Anfechtung gestützt wird, aus der Erklärung ergeben müssen (MüKo BGB/Busche, § 143 BGB Rz. 7 f.). Sicherheitshalber sollte daher beides angegeben werden. Jedenfalls muss die Anfechtung unzweideutig formuliert sein und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden (Soergel/Hefermehl, § 143 BGB Rz. 3).

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Kap. 23 M 23.3 | Einvernehmliche Beendigung Meine Arbeitsleistung biete ich ab sofort wieder an. Außerdem bitte ich Sie, mir bis spätestens […] mitzuteilen, ob Sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses akzeptieren. Sollte die Frist fruchtlos verstreichen, werde ich Klage2 beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. […] (Herr/Frau) 2 Will der Arbeitnehmer eine ihm gegenüber ausgesprochene Anfechtung gerichtlich überprüfen lassen, ist er nach der früheren Rechtsprechung des BAG wohl nicht an die dreiwöchige Frist des § 4 KSchG gebunden (BAG v. 14.12.1979 – 7 AZR 38/78, DB 1980, 739). Es ist jedoch zu empfehlen, innerhalb der Frist zu klagen. Die Beweislast für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen trägt der Anfechtende. Richtige Klageart ist die Feststellungsklage.

M 23.4 Anfechtung eines Aufhebungsvertrages durch den Arbeitgeber Herrn/Frau […] (Ort, Datum) […] Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], hiermit fechte ich nach § 123 BGB meine Willenserklärungen an1, die auf den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit Ihnen vom […] gerichtet waren.

Begründung: Unmittelbar vor Abschluss des Aufhebungsvertrages habe ich Sie gefragt, ob Sie schon eine Anschlussbeschäftigung hätten. Darauf haben Sie geantwortet, Sie hätten noch keine Anschlussbeschäftigung, eine solche sei auch nicht in Sicht. Wie ich jetzt herausgefunden habe, war Ihre Angabe falsch. Sie sind seit dem […] bei der Fa. […] mit einer Vergütung von Euro […] beschäftigt, waren dies also auch schon zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages. Nur auf Grund Ihrer Angabe war ich bereit, mit Ihnen den Aufhebungsvertrag mit der darin enthaltenen Abfindung zu schließen.2 Gleichzeitig kündige ich ein dadurch ggf. wieder entstehendes Arbeitsverhältnis mit Ihnen aus wichtigem Grund fristlos sowie hilfsweise fristgemäß zum nächstzulässigen Zeitpunkt.3 Ich weise Sie auf Ihre Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hin. Sie sind verpflichtet, sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Zur Wahrung der Frist reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.4 Ich fordere Sie auf, die Abfindung in Höhe von Euro […] bis zum […] auf mein Konto […] zurückzuzahlen.5 […] (Unterschrift) 1 Die Anfechtungserklärung ist nicht in eine Widerrufserklärung umzudeuten, da Anfechtung und Widerruf unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen haben, BAG v. 12.3.2015, NZA 2015, 676. 2 Vgl. Rz. 27n. 3 Nicht für die Anfechtungserklärung, wohl aber für die fristlose und die hilfsweise fristgemäße Kündigung ist die vorherige Anhörung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG Wirksamkeitsvoraussetzung. 4 Auch ein Unterlassen des Hinweises hat allerdings keine Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber zur Folge (vgl. Kap. 22 Rz. 183). 5 Zur Klage des Arbeitnehmers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Anfechtung bzw. der Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages s. M 23.6.

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Einvernehmliche Beendigung | M 23.6 Kap. 23

M 23.5 Bestätigung eines anfechtbaren Aufhebungsvertrages durch den

Arbeitnehmer

Firma […] z. Hd. des Personalleiters (Ort, Datum) […] Sehr geehrter Herr […], hiermit bestätige, dass ich an dem Aufhebungsvertrag vom […] festhalte, obwohl Ihre Drohung mit einer fristlosen Kündigung jeder Grundlage entbehrt. […] Unterschrift (Herr/Frau)

M 23.6 Klage wegen Unwirksamkeit (Anfechtung) eines Aufhebungsvertrages An das Arbeitsgericht In Sachen […]/[…] (volles Rubrum)1 vertreten wir den Kläger. Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen: 1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien geschlossene Aufhebungsvertrag vom […] unwirksam ist. 2. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom […] nicht geendet hat. 3. und 4. (s. M 22.16, Ziff. 2 und 3)

Begründung: Der Kl. ist bei der Bekl., die ständig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, seit […] als Abteilungsleiter mit einem Gehalt von zuletzt Euro […] monatlich tätig. Am […] wurde der Kl. überraschend in das Büro des Personalleiters gebeten. Dort wurde ihm ein Schreiben überreicht, in dem eine fristlose Kündigung ausgesprochen wurde. Beweis: Kündigungsschreiben vom […], Anlage K 1 Mündlich wurde die Kündigung damit begründet, der Kl. habe hinter dem Rücken der Bekl. eine Beratertätigkeit für das Konkurrenzunternehmen Y-GmbH aufgenommen. Der Kl. bestritt diese Vorwürfe sofort. Der Personalleiter erklärte daraufhin, für das Unternehmen sei die Indizienkette lückenlos. Der Kl. habe aber die Möglichkeit, die Sache „aus der Welt zu schaffen“. Der Personalleiter legte dem Kl. daraufhin einen Aufhebungsvertrag vor, der eine Beendigung des Anstellungsverhältnisses zum […] nebst sofortiger Freistellung sowie eine Abfindung von Euro 2.000,– vorsah. Als der Kl. sich weigerte, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, drohte ihm der Personalleiter eine Schadensersatzklage „in Millionenhöhe“ an. Außerdem werde man ansonsten am nächsten Tag die Belegschaft durch Aushang darüber informieren, dass der Kl. ab sofort „wegen gravierender Verstöße gegen seine Treuepflicht“ nicht mehr im Hause tätig sei. Aus 1 S. M 101.1 und M 101.2.

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Kap. 23 M 23.6 | Einvernehmliche Beendigung Angst, von der Bekl. in ruinöse Schadensersatzprozesse verwickelt zu werden und seinen guten Ruf zu verlieren, unterzeichnete der Kl. daraufhin den Aufhebungsvertrag. Vor Unterzeichnung bat er noch um einen Tag Bedenkzeit, um die Sache in Ruhe überlegen zu können. Daraufhin erwiderte der Personalleiter, wenn der Kl. den Raum verlasse, ohne unterschrieben zu haben, sei das Angebot des Unternehmens vom Tisch und man werde wie angekündigt vorgehen. Beweis:2 Zeugnis des Personalleiters […] der Bekl., zu laden über diese Der Kl. hat den Aufhebungsvertrag am […] mit Anwaltsschreiben vom […] widerrufen und zugleich unter allen denkbaren Gesichtspunkten angefochten. Beweis: Schreiben des Unterzeichners vom […], Anlage K 2 Mit dem Klageantrag Ziff. 1 macht der Kl. die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages gemäß §§ 123, 142 BGB geltend. Die Anfechtung ist wegen widerrechtlicher Drohung begründet. Der Kl. ist nie für eine Konkurrenzfirma tätig gewesen. Folglich können der Bekl. auch keine Schadensersatzansprüche entstanden sein. Die Bekl. hatte keine vernünftigen Anhaltspunkte, eine Konkurrenztätigkeit d