Allgemeines Verwaltungsrecht [Reprint 2019 ed.] 9783110880632, 9783110132380


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German Pages 805 [812] Year 1992

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Table of contents :
Vorwort zur neunten Auflage
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Autoren- und Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
ERSTER ABSCHNITT. Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat
ZWEITER ABSCHNITT. Die Quellen des Verwaltungsrechts
DRITTER ABSCHNITT. Das Verwaltungshandeln
VIERTER ABSCHNITT. Das Verwaltungsverfahren
FÜNFTER ABSCHNITT. Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen
SECHSTER ABSCHNITT. Das Recht der öffentlich-rechtlichen Schadensersatzund Entschädigungsleistungen
SIEBENTER ABSCHNITT. Verwaltungsorganisation
Sachverzeichnis
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Allgemeines Verwaltungsrecht [Reprint 2019 ed.]
 9783110880632, 9783110132380

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de Gruyter Lehrbuch

Allgemeines Verwaltungsrecht Herausgegeben von Hans-Uwe Erichsen und Wolfgang Martens

bearbeitet von Peter Badura

Fritz Ossenbühl

Dirk Ehlers

Walter Rudolf

Hans-Uwe Erichsen

Wolfgang Rüfner

Ingo von Münch

Jürgen Salzwedel

9., neubearbeitete Auflage Zitiervorschlag z. B. Badura in Erichsen/Martens Allg. VerwR, 9. A., § 36 Rn. 2

w DE

G 1992

Walter de Gruyter • Berlin • New York

Die Deutsche Bibliothek

-

ClP-Einheitsaufnahme

Allgemeines Verwaltungsrecht / hrsg. von Hans-Uwe Erichsen und Wolfgang Martens. Bearb. von Peter Badura ... - 9., neubearb. Aufl. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1991. (De-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-013237-0 kart. ISBN 3-11-013238-9 Gb. NE: Erichsen, Hans-Uwe [Hrsg.]; Badura, Peter

© Copyright 1991 by Walter de Gruyter Sc Co., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Satz und Druck: Arthur Collignon G m b H , 1000 Berlin 30. Buchbinderei: Lüderitz Sc Bauer, 1000 Berlin 61 Printed in Germany

Vorwort zur neunten Auflage Die vorgelegte Neubearbeitung des Allgemeinen Verwaltungsrechts erfaßt Gesetzgebung, Rechtsprechung und Schrifttum bis Ende Juni 1991. Die durch die Deutsche Wiedervereinigung vom 3. Oktober 1990 eingetretenen Veränderungen wurden an entsprechender Stelle berücksichtigt. Ebenso wurde den sich aus der fortschreitenden Europäischen Integration ergebenden Einwirkungen auf das Verwaltungsrecht Rechnung getragen. Für die Neuauflage konnte mit Dirk Ehlers, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, ein neuer Autor gewonnen werden. Er hat zum einen ein neues Kapitel für den Ersten Abschnitt verfaßt (Die Einwirkungen des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf das Verwaltungsrecht, § 3 I). Zum anderen stammen aus seiner Feder die neu gestalteten § 1 IV (Das Personal der öffentlichen Verwaltung), § 2 II 1 (Die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht), § 3 II 1 und 2 (Die Einwirkungen des Verfassungsrechts auf das Verwaltungsrecht, Demokratie, Bundesstaat) und § 4 (Die öffentliche Verwaltung im technischen Zeitalter). Für die restlichen Ausführungen des Ersten Abschnitts zeichnet nach wie vor Ingo von Münch, Universität Hamburg, verantwortlich. Es ist geplant, daß der gesamte Erste Abschnitt ab der 10. Auflage von Dirk Ehlers übernommen wird. In Fortsetzung und Ergänzung dieses Werkes liegt das von Ingo von Münch herausgegebene und teilweise von denselben Autoren mitverfaßte Lehrbuch „Besonderes Verwaltungsrecht" vor, das demnächst ebenfalls in 9. Auflage erscheinen wird. Für Anregungen und Kritik sind Autoren und Herausgeber dankbar. Hans-Uwe

Erichsen

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage Das Allgemeine Verwaltungsrecht mit seinen Rechtsinstituten, seinen Grundsätzen und seiner inneren Systematik muß sich an dem Fortgang der Staatsaufgaben und an der Entwicklung der Rechtsformen des Verwaltungshandelns orientieren. Autoren und Herausgeber haben sich das Ziel gesetzt, die damit gestellten Anforderungen zu erreichen. Das Buch ist zuerst auf die Bedürfnisse der Studenten zugeschnitten. Ihnen will es allerdings mehr geben als eine Einführung oder ein Kurzlehrbuch. Auf der anderen Seite bringt es die Absicht, ein Hilfsmittel für Studium und Prüfung zur Verfügung zu stellen, mit sich, daß nach Stoffverarbeitung und Darstellung nicht die Ansprüche eines großen Lehrbuchs oder Handbuchs angestrebt werden. Autoren und Herausgeber haben freilich auch das Ziel verfolgt, durch die selbständige Behandlung des umfangreichen Materials und durch die Auseinandersetzung mit Literatur und Rechtsprechung zur wissenschaftlichen Durchdringung des Allgemeinen Verwaltungsrechts beizutragen und dem Interesse der Praxis an den dogmatischen Grundlagen und Zusammenhängen des Verwaltungsrechts entgegenzukommen. Das Werk ist eine Gemeinschaftsarbeit. Autoren und Herausgebern war von Anbeginn klar, daß die Gesamtdarstellung des Allgemeinen Verwaltungsrechts durch mehrere Autoren ein Wagnis ist. Diese Überzeugung hat sich im Verlauf der Entstehung des Werkes bestätigt und noch verstärkt. Sie hoffen aber, daß es — bei aller Unterschiedlichkeit der acht Autoren in einzelnen Standpunkten — gelungen ist, ein Werk zustande zu bringen, das durch die Verbindung systematischen Vorgehens mit eingearbeiteten Fällen und Beispielen sowohl eine Veranschaulichung der Fragestellungen und Probleme des Allgemeinen Verwaltungsrechts als auch eine wissenschaftliche Fundierung dieses Rechtsgebiets fördern kann.

Autoren- und Inhaltsübersicht Dr. Ingo von Münch o. Professor an der Universität Hamburg Dr. Dirk Ehlers o. Professor an der Universität Münster Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat

1

Dr. Fritz Ossenbühl o. Professor an der Universität Bonn Die Quellen des Verwaltungsrechts

101

Dr. Hans-Uwe Erichsen o. Professor an der Universität Münster Das Verwaltungshandeln

179

Dr. Peter Badura o. Professor an der Universität München Das Verwaltungsverfahren

423

Dr. Jürgen Salzwedel o. Professor an der Universität Bonn Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen

515

Dr. Wolfgang Rüfner o. Professor an der Universität Köln Das Recht der öffentlich-rechtlichen Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen 575 Dr. Walter Rudolf o. Professor an der Universität Mainz Verwaltungsorganisation

681

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

XXI

ERSTER

ABSCHNITT

Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat §1

§2

Begriff der öffentlichen Verwaltung

1

II. Abgrenzung von Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung

3

III. Merkmale der öffentlichen Verwaltung 1. Handeln im öffentlichen Interesse 2. Handeln durch öffentlich-rechtlich organisierte Rechtsträger 3. Handlungsfreiheit und Kontrolle 4. Handeln in verschiedenen Rechtsformen IV. Das Personal der öffentlichen Verwaltung

5 6 9 10 13 13

Arten der öffentlichen Verwaltung I. Möglichkeiten der Unterteilung II. Hoheitliche Verwaltung 1. Die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht . . . 2. Eingriffsverwaltung 3. Leistungsverwaltung 4. Planende Verwaltung

§3

1

I. Allgemeine Umschreibung des Begriffs öffentliche Verwaltung

15 15 17 17 33 34 38

III. Fiskalische Verwaltung 1. Begriff der fiskalischen Verwaltung 2. Arten der fiskalischen Verwaltung

39 39 40

Die Abhängigkeit des Verwaltungsrechts vom Recht der Europäischen Gemeinschaften und vom Verfassungsrecht

46

I. Die Einwirkungen des Rechts der Europäischen Gemeinschafen auf das Verwaltungsrecht 1. Der Begriff des Gemeinschaftsrechts und der Aufbau der Europäischen Gemeinschaften 2. Das primäre und sekundäre Gemeinschaftsrecht 3. Das Verhältnis von Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht . . 4. Der Vollzug des Gemeinschaftsrecht 5. Rechtsschutz

46 47 48 53 57 65 IX

Inhaltsverzeichnis II. Die Einwirkungen des Verfassungsrechts auf das Verwaltungsrecht 1. Demokratie 2. Bundesstaat 3. Rechtsstaat 4. Sozialstaat §4

. . . .

Die Öffentliche Verwaltung im technischen Zeitalter

65 67 75 77 86 87

I. Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechniken . . . 1. Die Verwendung technischer Hilfsmittel in der Verwaltung 2. Entwicklung der automatischen Datenverarbeitung in der Verwaltung 3. Die Einsatzmöglichkeiten

87 87 88 89

II. Auswirkungen für Verwaltung und Bürger 1. Veränderungen der Verwaltungsorganisation 2. Datenschutzrechtliche Anforderungen 3. Die Grenzen der Ersetzung menschlicher Tätigkeit 4. Verwaltungsverfahrensrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen

90 90 91 96 98

ZWEITER

ABSCHNITT

Die Quellen des Verwaltungsrechts §5

Verwaltung und Recht I. Bedeutung des Rechts für die Verwaltung II. Gesetzmäßigkeit und Rechtmäßigkeit der Verwaltung

§6

Rechtsquelle und Rechtsnorm I. Der Begriff der Rechtsquelle II. Der Begriff der Rechtsnorm 1. Der historisch-konventionelle Rechtssatzbegriff 2. Der rechtstheoretische Rechtssatzbegriff III. Aufgabe der Rechtsquellenlehre

§7

103 110 111 112 112 113 114

Arten der Rechtsquellen

114

I. Verfassungsgesetze

115

II. Gesetze 1. Begriff des Gesetzes 2. Gegenwärtige Problematik der (förmlichen) Gesetze 3. Recht und Technik 4. Gesetzgebungslehre 5. Kodifikationsproblem III. Rechtsverordnungen 1. Begriff und Funktion 2. Verhältnis von Gesetz und Verordnung 3. Verordnungsgeber 4. Verfahren

X

101 101

116 116 118 121 121 122 123 123 124 127 127

Inhaltsverzeichnis IV. Verwaltungsvorschriften 1. Begriff und Terminologie 2. Typologie der Verwaltungsvorschriften 3. Rechtsnatur 4. Bindungswirkung 5. Rechtserzeugung V. Sonderverordnungen 1. Begriff 2. Problematik VI. Satzungen 1. Begriff und Funktion 2. Abgrenzung zu verwandten Rechtsquellen 3. Inhalt der Satzungen 4. Rechtserzeugung VII. Gewohnheitsrecht 1. Die herkömmliche Lehre und Rechtsprechung 2. Neuere Ansätze einer Negation des Gewohnheitsrechts VIII. Richterrecht 1. Das Problem 2. Auffassungen in Lehre und Rechtsprechung 3. Lösungsansätze IX. Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts 1. Begriff 2. Beispiele 3. Rechtsnatur X. Europäisches Gemeinschaftsrecht 1. Grundlagen 2. Normschichten und Normkategorien 3. Fundstellen XI. Völkerrecht §8

Rangordnung der Rechtsquellen I. Notwendigkeit der Rangordnung II. Völkerrecht und innerstaatliches Recht

§9

129 130 131 133 135 142 143 143 143 146 146 147 149 150 151 151 153 154 155 156 158 160 160 161 162 165 165 166 167 168 169 169 170

III. Europäisches Gemeinschaftsrecht und innerstaatliches Recht 1. Europäisches Gemeinschaftsrecht und innerstaatliche Gesetze 2. Europäisches Gemeinschaftsrecht und Grundrechte

170 170 172

IV. Stufen der innerstaatlichen Rangordnung

173

Geltungsbereich der Rechtsquellen I. Zeitlicher Geltungsbereich 1. Inkrafttreten 2. Außerkrafttreten 3. Rückwirkung 4. Fortgelten vorkonstitutionellen Rechts II. Räumlicher Geltungsbereich III. Persönlicher Geltungsbereich

174 174 174 175 175 176 177 177 XI

Inhaltsverzeichnis DRITTER

ABSCHNITT

Das Verwaltungshandeln § 10 Verwaltungshandeln und Verwaltungsrechtsverhältnis I. Übersicht über die Handlungsformen der Verwaltung II. Rechtsbindung der Verwaltung und Ermessen 1. Unbestimmte Rechtsbegriffe 2. Ermessen III. Das Verwaltungsrechtsverhältnis 1. Die Begründung von Verwaltungsrechtsverhältnissen 2. Die Rechtsfähigkeit 3. Die verwaltungsrechtliche Handlungsfähigkeit 4. Der Inhalt von Verwaltungsrechtsverhältnissen 5. Die subjektiv-öffentlichen Rechte 6. Die Nachfolge im Verwaltungsrechtsverhältnis 7. Die Beendigung des Verwaltungsrechtsverhältnisses

179 179 180 180 186 193 197 200 203 206 210 220 223

1. Teil: Der Verwaltungsakt

227

§ 1 1 Bedeutung und Begriff des Verwaltungsaktes

227

I. Geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Bedeutung II. Die einzelnen Merkmale der Definition des Verwaltungsaktes 1. Die M a ß n a h m e 2. Die Behörde 3. Die Gebietsklausel 4. Die Regelung 5. Die unmittelbare Rechtswirkung nach außen 6. Der Einzelfall § 12 Wirksamkeit und Bindungswirkung des Verwaltungsaktes § 13 Nebenbestimmungen I. Arten 1. Befristung, Bedingung und Widerrufsvorbehalt 2. Auflage und Auflagenvorbehalt II. Zulässigkeit § 14 Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten I. Der rechtmäßige Verwaltungsakt 1. Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt 2. Zuständigkeit, Verfahren, Form 3. Inhaltliche Anforderungen II. Der rechtswidrige Verwaltungsakt 1. Begriffliche Abgrenzung 2. Rechtsfolgen der Rechtswidrigkeit 3. Teilrechtswidrigkeit XII

227 231 231 232 236 238 246 252 257 261 261 261 262 264 266 267 268 270 273 278 278 278 281

Inhaltsverzeichnis § 15 A u f h e b u n g von Verwaltungsakten durch die Verwaltung - E i n f ü h r u n g . . . . I. Grundlagen II. Begünstigende und nicht begünstigende Verwaltungsakte § 16 Die R ü c k n a h m e rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte I. Entwicklung und G r u n d s t r u k t u r e n der geltenden Regelungen II. Die R ü c k n a h m e von Geld- oder Sachleistungsverwaltungsakten 1. Vertrauensschutz als Bestandsschutz 2. Begrenzungen des Ausschlusses der R ü c k n a h m e 3. Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

284 286 288 288 291 291 295 296

III. Die R ü c k n a h m e anderer begünstigender Verwaltungsakte

297

IV. Die zeitliche Begrenzung der R ü c k n e h m b a r k e i t g e m ä ß § 48 Abs. 4 VwVfG

299

§ 17 Der Widerruf begünstigender Verwaltungsakte I. N o t w e n d i g k e i t des Widerrufs

§ 18

284

303 303

II. Die Regelung des Widerrufs begünstigender Verwaltungsakte 1. Spezialgesetzliche Regelungen 2. Entwicklung und Inhalt der Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder

304 304

Die A u f h e b u n g von Verwaltungsakten mit D r i t t w i r k u n g

313

I. Die Qualifikation von Verwaltungsakten mit D r i t t w i r k u n g als begünstigende Verwaltungsakte

314

II. Die A u f h e b u n g begünstigender Verwaltungsakte mit D r i t t w i r k u n g w ä h r e n d des Rechtsbehelfsverfahrens 1. Verfassungsrechtliche Probleme des § 50 VwVfG 2. Anwendungsbereich und Voraussetzungen

315 315 317

§ 19 Widerruf und R ü c k n a h m e belastender Verwaltungsakte I. Materiellrechtliche G r u n d s ä t z e f ü r Widerruf u n d R ü c k n a h m e belastender Verwaltungsakte 1. Widerruf 2. R ü c k n a h m e II. D a s Wiederaufgreifen des Verfahrens 1. D a s Wiederaufgreifen nach § 5 1 VwVfG 2. Das Wiederaufgreifen nach §§ 48, 49 VwVfG III. Der Rechtsschutz des Betroffenen § 20 Vollstreckung von Verwaltungsakten I. Vollstreckung von Geldforderungen II. Erzwingung von H a n d l u n g e n , Duldungen und Unterlassungen

305

320 320 320 321 322 322 326 328 330 331 334 XIII

Inhaltsverzeichnis 2. Teil: Plan und Planung

339

§ 21 Gegenwärtige Bedeutung

339

§ 22 Der Plan als Handlungsform

342

§ 23 Planaufstellung, Planänderung und Plangewährleistung

347

3. Teil: Verwaltungsrechtlicher Vertrag und andere verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen

351

§ 23 a Die verwaltungsrechtliche Willenserklärung

351

I. Definition und Einordnung

351

II. Die Regelungen des VwVfG

353

III. Die Auslegung verwaltungsrechtlicher Willenserklärungen

355

IV. Die Anfechtung verwaltungsrechtlicher Willenserklärungen

356

§ 24 Begriff und Arten des verwaltungsrechtlichen Vertrages

357

§ 25 Die Zuordnung eines Vertrages zum öffentlichen Recht

359

I. Die Notwendigkeit der Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag II. Unterscheidungskriterien

359 360

III. Der öffentlich-rechtliche Vertrag unter Privaten

365

IV. Die Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze

365

§ 26 Der koordinationsrechtliche Vertrag

366

§ 27 Der subordinationsrechtliche Vertrag

368

I. Die Zulässigkeit des subordinationsrechtlichen Vertrages

368

II. Abschlußfreiheit, Form und Verfahren

369

III. Die Freiheit inhaltlicher Gestaltung

373

IV. Der fehlerhafte subordinationsrechtliche Vertrag

378

§ 28 Vertragserfüllung und Leistungsstörungen

385

§ 29 Die Vollstreckung aus subordinationsrechtlichen Verträgen

388

§ 30 Andere verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen

389

I. Das verwaltungsrechtliche Verwahrungsverhältnis

391

II. Die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag

392

III. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch

399

4. Teil: Handeln der Verwaltung in privatrechtlichen Formen

404

§ 31 Freiheit der Formenwahl

404

§ 32 Die Bindung der Verwaltung beim Handeln in privatrechtlichen Formen XIV

. . .

406

Inhaltsverzeichnis 5. Teil: Der Verwaltungs-Realakt

411

§ 3 3 Begriff und Bedeutung

411

§ 34 Rechtliche Einordnung

412

I. Kriterien der Z u o r d n u n g zum öffentlichen Recht II. Maßstäbe der Rechtmäßigkeit

416

§ 35 Das sogenannte informale Verwaltungshandeln

VIERTER

412

419

ABSCHNITT

Das Verwaltungsverfahren § 36 Rechtsquellen und Literatur I. Rechtsquellen II. Das Kodifikationsproblem III. Das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) IV. Ausland V. Literatur § 37 Was ist das Verwaltungsverfahren? I. Verwaltungsverfahren, Verwaltungsverfahrensrecht und Allgemeines Verwaltungsrecht II. Der Begriff des Verwaltungsverfahrens

423 423 426 429 431 432 434 434 436

III. Nichtförmliche und förmliche Verwaltungsverfahren

437

IV. Typischer Ablauf eines Verwaltungsverfahrens

438

§ 38 Die Zuständigkeit zur Entscheidung I. Die Behörde II. Unparteilichkeit der Amtsführung und Ausschluß wegen Befangenheit . . III. „Partizipation" an Verwaltungsentscheidungen § 39 Die Einleitung des Verwaltungsverfahrens I. Beginn des Verfahrens von Amts wegen oder auf Antrag II. Der Antrag III. Antrags- und mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt § 40 Das Verfahren vor der Entscheidung I. Die Beteiligten II. Die Verfahrensgrundsätze 1. Untersuchungsgrundsatz, Mitwirkungspflicht der Beteiligten 2. Beweisaufnahme 3. Das Recht auf Gehör 4. Akteneinsicht 5. Auskunfts- und Beratungspflicht der Behörde 6. Grundsätze der Rechtsanwendung

439 439 440 442 443 443 444 446 446 446 448 448 449 450 452 454 455 XV

Inhaltsverzeichnis III. Die M i t w i r k u n g anderer Behörden oder Verwaltungsträger

457

IV. Die Amtshilfe

460

§ 41 Die Entscheidung

462

I. Der Verwaltungsakt als Bescheid

462

II. F o r m und Inhalt des Verwaltungsaktes 1. Formvorschriften 2. Automatisierte Bescheide, Datenschutz 3. Begründung und Begründungszwang 4. Rechtsmittelbelehrung 5. Inhalt, Auslegung und Bestimmtheit des Verwaltungsaktes 6. Bekanntgabe und Zustellung des Verwaltungsaktes 7. Vorbescheid und Teilgenehmigung, „ S t u f u n g " des Entscheidungsvorgangs III. Bedeutung und Heilung von Verfahrensmängeln 1. Verfahrensmängel und Verfahrensfehler 2. Angreifbarkeit von Verfahrenshandlungen 3. Geltendmachung von Verfahrensmängeln 4. Heilung von Verfahrensfehlern IV. Nachschieben von Gründen und Konversion V. Die Bestandskraft des Verwaltungsaktes 1. Bestandskraft oder Rechtskraft? 2. Berichtigung von Verwaltungsakten 3. Wiederaufgreifen eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens, wiederholende Verfügung und Zweitbescheid, R ü c k n a h m e und Widerruf von Verwaltungsakten § 42 D a s Planfeststellungsverfahren

477 479 479 480 481 485 486 489 489 492

492 496

I. Grundlagen des Planfeststellungsverfahrens 1. Die Planaufstellung als Rechtsinstitut des Fachplanungsrechts 2. Inhalt und rechtliche Bindung der Planungsentscheidung II. Besonderheiten des Verfahrens

496 496 500 504

III. Der Planfeststellungsbeschluß

FÜNFTER

463 463 464 470 472 472 475

508

ABSCHNITT

Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen § 43 Zwei Formen der Inanspruchnahme von Daseinsvorsorge § 44 Die Anstaltsnutzung I. öffentlich-rechtliche und privatrechtliche N u t z u n g II. Z u l a s s u n g und Benutzung III. Benutzung und Sonderbenutzung, Benutzungsordnung IV. Rechtsschutz für die Benutzer V. Benutzungsgebühren und Entgelte VI. H a f t u n g der Anstalt XVI

515 517 517 521 523 526 528 531

Inhaltsverzeichnis § 45 Begriff der öffentlichen Sache

533

I. Öffentlich-rechtliches Regime

534

II. W i d m u n g

535

III. ö f f e n t l i c h e s Sachenrecht als Statusrecht

537

IV. ö f f e n t l i c h e Sache und Verwaltungsvermögen

538

§ 46 ö f f e n t l i c h e Sachen im Gemeingebrauch

538

I. Beteiligte

539

II. Individuelles Recht auf Gemeingebrauch III. Sondernutzungen

543 547

IV. Eigentum und K o n t r a h i e r u n g s z w a n g V. Anlieger

550 551

VI. Verkehrssicherungspflicht

553

VII. Enteignungsverfahren

554

§ 47 Öffentliche Sachen im Sondergebrauch

556

I. W i d m u n g

557

II. Eigentum und Duldungspflichten

559

III. Wasserrechtliches N a c h b a r r e c h t

560

IV. Erlaubnis und Bewilligung

562

V. R ü c k n a h m e und Widerruf

563

VI. Polizeiliche Befugnisse

566

VII. Verkehrsgebrauch und wasserwirtschaftliche Benutzung § 48 Öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch

566 568

I. Verhältnis des Anstalts- zum Sachenrecht II. U m f a n g der sachenrechtlichen W i d m u n g von Anstaltsgegenständen . . . .

569 570

III. Schutz vor Z w e c k e n t f r e m d u n g und M i n d e s t a n f o r d e r u n g e n an Publizität

571

IV. N o t w e n d i g e W i d m u n g

572

§ 49 Öffentliche Sachen im Verwaltungsgebrauch

SECHSTER

572

ABSCHNITT

Das Recht der öffentlich-rechtlichen Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen § 50 Einleitung §51 Amtshaftung I. Grundlagen 1. Geschichtliches 2. Geltendes Recht

575 582 582 582 584 XVII

Inhaltsverzeichnis II. Amtshaftung wegen Verletzung von Amtspflichten im öffentlich-rechtlichen Rechtskreis 1. Anspruchsgegner 2. Begriff des Beamten 3. Amtspflicht gegenüber einem Dritten 4. Kausalität 5. Verschulden 6. Mitverschulden und Versäumung eines Rechtsmittels 7. Verjährung 8. Exkurs: H a f t u n g im Recht der Europäischen Gemeinschaft

585 585 589 590 597 597 600 602 602

III. Amtshaftung wegen Verletzung einer Amtspflicht im privatrechtlichen Rechtskreis 1. H a f t u n g des Beamten 2. H a f t u n g des Dienstherrn

603 603 604

IV. Art und H ö h e des Schadensersatzes

604

§ 52 Enteignung und Aufopferung

605

I. Grundlagen 1. Geschichtliche Entwicklung 2. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. 7. 1981 (Naßauskiesung) und ihre Konsequenzen 3. Der Eigentumsschutz im Prozeß der deutschen Einigung

605 605 611 615

II. Rechtmäßige Enteignung im einzelnen 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen 2. Tatbestand der Enteignung 3. Entschädigung 4. Enteignungsverfahren

617 617 618 629 633

III. Enteignungsgleicher und enteignender Eingriff 1. Tatbestand 2. Entschädigung

636 637 646

IV. Aufopferung 1. Tatbestand 2. Entschädigung

649 649 653

§ 53 Ergänzungen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Schadensersatz- und Entschädigungsrechts

653

I. Sonderbestimmungen des Polizeirechts

654

II. Entschädigung bei Widerruf oder Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte

654

III. Soziale Entschädigung

655

IV. Schadensersatzansprüche aus verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen

657

V. Folgenbeseitigungsanspruch und Herstellungsanspruch 1. Entwicklung und Grundlagen des Folgenbeseitigungsanspruchs 2. Einzelheiten 3. Ansprüche im Umkreis des Folgenbeseitigungsanspruchs 4. Der Herstellungsanspruch XVIII

. . . .

661 661 664 668 670

Inhaltsverzeichnis VI. De lege lata diskutierte Ansprüche 1. Öffentlich-rechtliche Gefährdungshaftung 2. Plangewährleistungsanspruch § 54 Reform des Staatshaftungsrechts

672 672 673 674

I. Geschichte

674

II. Grundzüge des StHG vom 26. 6. 1981

SIEBENTER

677

ABSCHNITT

Verwaltungsorganisation § 55 Grundlagen der gegenwärtigen Verwaltungsorganisation I. Bedeutung der Organisation II. Geschichtliche Entwicklung der Verwaltungsorganisation 1. Landesverwaltung 2. Reichsverwaltung III. Verfassungsrechtliche Grundlagen § 56 Organisationsrecht I. Organisationsgewalt der Verwaltung

681 681 683 683 688 689 693 693

II. Verwaltungsträger 1. Unmittelbare und mittelbare staatliche Verwaltung 2. Juristische Personen des öffentlichen Rechts 3. Sonstige Verwaltungsträger III. Behörden und sonstige Verwaltungsstellen 1. Amt und Behörde 2. Sonstige Verwaltungsstellen

696 697 699 704 705 706 712

IV. Institutionelle Beziehungen in der Verwaltung 1. Zuständigkeit 2. Beziehungen innerhalb eines Verwaltungsträgers 3. Beziehungen zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern

713 714 717 720

§ 57 Überblick über die Verwaltungsorganisation in Bund, Ländern und Gemeinden

721

I. Bundesverwaltung 1. Unmittelbare Bundesverwaltung 2. Bundesmittelbare Verwaltung

721 722 725

II. Landesverwaltung 1. Unmittelbare Landesverwaltung 2. Mittelbare Landesverwaltung

727 727 729

III. Kommunalverwaltung 1. Gemeindeverwaltung 2. Verwaltung der Gemeindeverbände Sachverzeichnis

730 731 734 741 XIX

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. AbfG AbgO ABl. abl. Abs. Abschn. abw. Achterberg, Allg. VwR Achterberg/Püttner, Bes. VwR AcP a. E. ähnl. a. F. AFG AG AGB AGBG AGVwGO Allg. Teil ALR a. M . (Amtl.) Begr. Anh. Anm. AO AO (1977) AÖR AOK AP ApothekenG ApothG

anderer Ansicht am angegebenen O r t Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) vom 27. 8. 1986 (BGBl. I S. 1410, ber. S. 1501) s. AO (1977) Amtsblatt ablehnend Absatz Abschnitt abweichend Norbert Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage 1986 Norbert Achterberg/Günter Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 1, 1990 Archiv für die civilistische Praxis am Ende ähnlich alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz vom 25. 6.1969 (BGBl. I S. 582) Amtsgericht; Aktiengesellschaft; Ausführungsgesetz Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9.12.1976 (BGBl. I S. 3317) Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung Allgemeiner Teil s. PrALR anderer Meinung (Amtliche) Begründung Anhang Anmerkung s. ReichsabgabenO Abgabenordnung vom 16.3.1976 (BGBl. I S. 613) Archiv des öffentlichen Rechts Allgemeine Ortskrankenkasse Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichtes Gesetz über das Apothekenwesen i. d. F. vom 15.10.1980 (BGBl. I S. 1993) s. ApothekenG XXI

Abkürzungsverzeichnis ArchivPF ARD Art. AS AtG

AtomG AtVfV

Aufl. AuR AuslG AVR AWD AWG BAB1. Bachof, Rspr. BVerwG I, II

BAföG

BAG BAGE Battis, Allg. VwR BauGB BauR BaWÜGO BaWüVerwPr. BaWÜVwVfG Bay. BayBauO BayBS BayEDVG BayGemO BayGO BayJagdG BayKomZG BayObLG XXII

Archiv für Post- und Fernmeldewesen Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Artikel Amtliche Sammlung Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) i. d. F. vom 15. 7. 1985 (BGBl. I S. 1565) s. AtG Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomrechtliche Verfahrensverordnung) i.d.F. vom 31. 3. 1982 (BGBl. I S. 411) Auflage Arbeit und Recht Ausländergesetz vom 28.4.1965 (BGBl. I S. 353) Archiv des Völkerrechts Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Außenwirtschaftsgesetz vom 28.4.1961 (BGBl. I S. 481) Bundesarbeitsblatt O t t o Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Bd. I, 3. Auflage 1966; Bd. II 1967 Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) i. d. F. vom 6. 6. 1983 (BGBl. I S. 645, ber. S. 1680) Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Ulrich Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1985 Baugesetzbuch i. d. F. vom 8. 12. 1986 (BGBl. 1 S. 2253) Baurecht, Zeitschrift f ü r das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Gemeindeordnung für Baden-Württemberg i. d. F. vom 3.10.1983 (GBl. S. 578, ber. S. 720) Baden-Württembergische Verwaltungspraxis Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg vom 21.6.1977 (GBl. S. 227) Bayern, bayerisch Bayer. Bauordnung i.d.F. vom 2.7.1982 (GVB1. S. 419, ber. S. 1032) Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts Gesetz über die Organisation der elektronischen Datenverarbeitung im Freistaat Bayern vom 12.10.1970 (GVB1. S. 457) s. BayGO Bayerische Gemeindeordnung i.d. F. vom 11.9.1989 (GVB1. S. 585) Bayerisches Jagdgesetz vom 13.10.1978 (GVB1. S. 678) Bayer. Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit vom 12.7.1966 (GVB1. S. 218, ber. S. 314) Bayerisches Oberstes Landesgericht

Abkürzungsverzeichnis BayRS BayStrWG BayVBl. BayVerfGH BayVerfGHE BayVerwGH, BayVGH BayVGHE BayVwVfG BayWG BB BBahnG BBankG BBauBl. BBauG BBesG BBG Bd. Bde. BDSG

BEG

Bern. Benda/Maihofer/ Vogel, HdbVerfR ber. Berl. BerlBauO BerlStrG BerlVwVfG BerlWG bes. Bes. VwR Betr. betr. BezO BezVerwG d. amerik. Sektors BFH BFHE

Bayerische Rechtssammlung Bayerisches Straßen- und Wegegesetz i.d.F. vom 5. 10. 1981 (GVB1. S. 448/BayRS 94-1-1) Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz vom 2 3 . 1 2 . 1 9 7 6 (GVB1. S. 544) Bayerisches Wassergesetz i. d. F. vom 3 . 2 . 1 9 8 8 (GVB1. S. 33) Der Betriebs-Berater Bundesbahngesetz vom 13.12.1951 (BGBl. I S. 955) Bundesbankgesetz vom 2 6 . 7 . 1 9 5 7 (BGBl. I S. 745) Bundesbaublatt Bundesbaugesetz i. d. F. vom 18.8.1976 (BGBl. I S. 2557, ber. BGBl. I S. 3617) Bundesbesoldungsgesetz i.d.F. vom 21. 2. 1989 (BGBl. I S. 261) Bundesbeamtengesetz i. d. F. vom 27. 2. 1985 (BGBl. I S. 480) Band Bände Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz) vom 27.1.1977 (BGBl. I S. 201) Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz) i.d.F. vom 2 9 . 6 . 1 9 5 6 (BGBl. 1 S. 559) Bemerkung Ernst Benda/Werner Maihofer/Hans-Jochen Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1983 berichtigt Berlin, berlinisch Bauordnung für Berlin vom 28. 2. 1985 (GVB1. S. 522) Berliner Straßengesetz vom 28. 2. 1985 (GVBL. S. 518) Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 8 . 1 2 . 1 9 7 6 (GVBl. S. 2735) Berliner Wassergesetz vom 2 3 . 2 . 1 9 6 0 (GVBl. S. 133) besonders Besonderes Verwaltungsrecht Der Betrieb betreffend Bezirksordnung Bezirksverwaltungsgericht des amerikanischen Sektors Bundesfinanzhof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs XXIII

Abkürzungsverzeichnis BFStrG BGB BGBl. BGBl. I BGBl. II BGBl. III BGB-RGRK BGH BGHLM BGHSt BGHZ BGSG BHO BImSchG

BK Bleckmann, EuR BM BNotO BPersVertrG BR-Drucks. Brem. BremPG BremVwVfG Brit. Militärregierung (Mil. Reg.) Brit. Z o n e BRRG BRS BSeuchG

BSG BSGE BSHG Bsp. BT BT-Drs., BT-Drucks. Buchholz

XXIV

s. FStrG Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl. S. 195; BGBl. III 400 - 2) Bundesgesetzblatt (1949/50; dann zerfallend in Teile) Bundesgesetzblatt Teil I (1951 ff.) Bundesgesetzblatt Teil II (1951 ff.) Bundesgesetzblatt Teil III (1958 ff.) Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, hrsg. v. Mitgliedern des Bundesgerichtshofs, 12. Auflage 1 9 7 4 - 1 9 8 4 Bundesgerichtshof Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. v. Lindenmaier, Möhring u . a . (LoseblSlg.; 1951 ff.) Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Gesetz über den Bundesgrenzschutz vom 18.8.1972 (BGBl. I S. 1834) Bundeshaushaltsordnung vom 19. 8.1969 (BGBl. I S. 1284) Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz) vom 14.5.1990 (BGBl. I S. 880) Kommentar zum Bonner Grundgesetz - Bonner Kommentar Loseblattkommentar, Stand: 61. Lieferung (Dez. 1990) Albert Bleckmann, Europarecht, 5. Aufl. 1990 Bundesminister, Bundesministerium Bundesnotarordnung vom 24.2.1961 (BGBl. I S. 98) Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15.3.1974 (BGBl. I S. 693) Drucksache des Deutschen Bundesrates Bremen, bremisch Bremisches Personalvertretungsgesetz vom 5.3.1974 (GBl. S. 131) Bremisches Verwaltungsverfahrensgesetz vom 15.11.1976 (GBl. S. 243) Britische Militärregierung Britische Z o n e Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz) i.d.F. vom 27.2.1985 (BGBl. I S. 463) Baurechtssammlung Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) i. d. F. vom 18. 12. 1979 (BGBl. I S. 2262, ber. BGBl. 1980 I S. 151) Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundessozialhilfegesetz i.d.F. vom 20. 1. 1987 (BGBl. I S. 401, ber. BGBl. I S. 494) Beispiel Bundestag Drucksache des Deutschen Bundestages (Wahlperiode und Nummer) Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, hrsg. von K. Buchholz

Abkürzungsverzeichnis Bull, Allg. VwR BVerfG BVerfGE BVerfGG

bzw.

Hans Peter Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage 1985 Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht i.d.F. vom 12. 12. 1985 (BGBl. I S. 2229) Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) i.d.F. vom 22.1.1982 (BGBl. I S. 21) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) i.d.F. vom 3.9.1971 (BGBl. I S. 1565) s. BVersG Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz vom 27.4.1953 (BGBl. I S. 157) Baden-Württemberg, baden-württembergisch Bundeswasserstraßengesetz vom 2.4.1968 (BGBl. II S. 173) Baden-Württembergische Bauordnung i.d.F. vom 28.11.1983 (GBl. S. 770) s. BaWÜGO Baden-Württembergisches Polizeigesetz i.d.F. vom 16.1.1968 (GBl. S. 61, ber. S. 322) s. BWaStrG Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt (Jg. 1956-1972) Baden-Württembergischer Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergische Verwaitungspraxis Baden-Württembergisches Wassergesetz i.d.F. vom 1.7.1988 (GBl. S. 269) beziehungsweise

CC CR

Code Civil Computer und Recht

DAAD DAngVers. DAR DB DDR Degenhart, StR I dens. ders. DGO d. h. d. i. Die Gemeinde (BWGZ)

Deutscher Akademischer Austauschdienst Die Angestelltenversicherung Deutsches Autorecht Deutsche Bundesbahn Deutsche Demokratische Republik Christoph Degenhart, Staatsrecht I, 6. Aufl. 1990 denselben derselbe Deutsche Gemeindeordnung vom 30.1.1935 (RGBl. I S. 49) das heißt das ist

BVersG BVerwG BVerwGE BVFG BVG BVwVG BW BWaStrG BwBauO BWGemO BWPolG BWStrG BWVB1. BWVGH BWVPr. BWWG

Diss. diss. op. DJT

Zeitschrift für die Städte und Gemeinden für Stadträte, Gemeinderäte und Ortschaftsräte, Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg Dissertation Sondervotum Deutscher Juristentag XXV

Abkürzungsverzeichnis DÖD DÖV Dr. Drews/Wacke/ Vogel/Martens, Gefahrenabwehr DRiZ, D R Z DStR DV DVB1. EAG EAGV

Der öffentliche Dienst Die öffentliche Verwaltung Doktor Bill Drews/Gerhard Wacke/Klaus Vogel/Wolfgang Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage 1986 Deutsche Richterzeitung Deutsches Steuerrecht Die Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt

Europäische Atomgemeinschaft Vertrag über die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) vom 25.3.1957 (BGBl. II S. 1014) ebd. ebenda EDV Elektronische Datenverarbeitung EEA Einheitliche Europäische Akte EG Europäische Gemeinschaft(en) EGGVG Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 (RGBl. S. 77) EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl EGKSV Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft f ü r Kohle und Stahl (Montan-Union) vom 18.4.1951 (BGBl. 1952 II S. 445) EheG Ehegesetz vom 20.2.1946 ( = Gesetz Nr. 16 des Kontrollrats, Amtsblatt des Kontrollrats S. 77, ber. S. 294) Einl. Einleitung Einschr. Einschränkung EisenbahnverkehrsO Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 8.9.1938 (RGBl. II S. 663) EMRK Europäische Menschenrechtskonvention endg. endgültig Erg. Ergebnis; Ergänzung Erichsen, StR u. VerfGbkt I, II Hans-Uwe Erichsen, Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit I, 3. Aufl. 1982, II, 2. Aufl. 1979 EStG Einkommensteuergesetz i. d. F. vom 7 . 9 . 1 9 9 0 (BGBl. I S. 1898) ESVGH Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder ET Energiewirtschaftliche Tagesfragen (Zeitschrift) etc. und so weiter EuGH Europäischer Gerichtshof EuGHE Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes EuGRZ Europäische Grundrechte Zeitschrift EuR Europarecht europ. europäisch e. V. eingetragener Verein Ev. Evangelisch EvStL Evangelisches Staatslexikon EVwVfG 1963 Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, 1964, 2. Aufl. 1968 XXVI

Abkürzungsverzeichnis EVwVfG 1970 EVwVfG 1973 EWG EWGV Eyermann/Fröhler, VwGO

f. Faber, VwR Festschr. FeuerbG ff. Fg. FinVwG FleischbeschauG Fn. Forsthoff, VwR Fs., FS FStrG Fußn. G GastG GaststättenG GBl. GBO G/B/T/E, EWGV I, II gem. GemO GesBl. GeschO GeschOBReg GewArch. GewO GG ggf. GGO GjS

Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (BT-Drucks. 6/1173) Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (BT-Drucks. 7/910) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.3.1957 (BGBl. II S. 766) Erich Eyermann/Ludwig Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 9. Auflage 1988 folgend; für Heiko Faber, Verwaltungsrecht, 2 Auflage 1989 Festschrift Gesetz über die Feuerbestattung vom 15.5.1934 (RGBl. I S. 380) folgende Festgabe Gesetz über die Finanzverwaltung i. d. F. vom 30. 8.1971 (BGBl. 1 S. 1426) Fleischbeschaugesetz; jetzt Fleischhygienegesetz i. d. F. vom 24.2. 1987 (BGBl. I S. 649) Fußnote Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, Allgemeiner Teil, 10. Auflage 1973 Festschrift Bundesfernstraßengesetz i. d. F. vom 8. 8.1990 (BGBl. I S. 1714) Fußnote Gesetz(e) Gaststättengesetz vom 5.5.1970 (BGBl. I S. 465, ber. S. 1298) s. GastG Gesetzblatt Grundbuchordnung i. d. F. vom 5.8.1935 (RGBl. I S. 1073) Hans von der Groeben/Hans von Boeckh/Jochen Thiesing/ClausDieter Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Bd. I und II, 3. Aufl. 1983 gemäß Gemeindeordnung s. GBl. Geschäftsordnung Geschäftsordnung der Bundesregierung Gewerbearchiv Gewerbeordnung i. d. F. vom 1.1.1987 (BGBl. I S. 425) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 (BGBl. S. 1) gegebenenfalls Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (Reichsministerien) Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften i. d. F. vom 12.7.1985 (BGBl. I S. 1502) XXVII

Abkürzungsverzeichnis GKG GmbH GMB1. Gms-OGB GO GoA Grabitz, E W G V GrdStVG

Grimm/Papier, StVwR N W Gr. Sen. GS GSNW GüKG GVB1. GVG GVNW GVOB1. GWB

Gerichtskostengesetz i. d. F. v o m 15.12.1975 (BGBl. I S. 3047) Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g Gemeinsames Ministerialblatt Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes Gemeindeordnung Geschäftsführung ohne Auftrag Eberhard Grabitz, K o m m e n t a r zum EWG-Vertrag, Stand: Sept. 1989 Gesetz über M a ß n a h m e n zur Verbesserung der A g r a r s t r u k t u r und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstückverkehrsgesetz) vom 28. 7. 1961 (BGBl. I S. 1091, ber. S. 1652 u. 2000) Dieter G r i m m / H a n s - J ü r g e n Papier (Hrsg.), Nordrhein-westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1986 großer Senat (preußische) Gesetzessammlung S a m m l u n g des bereinigten Landesrechts von Nordrhein-Westfalen (bis 1956) Güterkraftverkehrsgesetz i. d. F. vom 1 0 . 3 . 1 9 8 3 (BGBl. I S. 256) Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz i. d. F. vom 9 . 5 . 1 9 7 5 (BGBl. I S. 1077) Gesetzes- und Verordnungsblatt f ü r das Land Nordrhein-Westfalen s. GVB1. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen i. d. F. vom 2 0 . 2 . 1 9 9 0 (BGBl. I S. 235)

Heft Halbband Halbsatz H a m b u r g , hamburgisch H a m b u r g i s c h e B a u o r d n u n g vom 1. 7. 1986 (GVB1. S. 183) H a m b u r g i s c h e s Gesetz zur O r d n u n g deichrechtlicher Verhältnisse (Deichordnungsgesetz) i . d . F . vom 1. 8. 1977 (GVB1. S. 274) H a m b E n t e i g n u n g s G H a m b u r g i s c h e s Enteignungsgesetz i . d . F . v o m 11.11.1980 (GVB1. S. 305) HambSOG H a m b u r g i s c h e s Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und O r d n u n g vom 1 4 . 3 . 1 9 6 6 (GVB1. S. 77) HambVwVfG H a m b u r g i s c h e s Verwaltungsverfahrensgesetz vom 9 . 1 1 . 1 9 7 7 (GVBl. S. 333) HambWG H a m b u r g i s c h e s Wegegesetz i. d. F. vom 2 2 . 1 . 1 9 7 4 (GVBl. S. 41) HandwO Gesetz zur O r d n u n g des H a n d w e r k s ( H a n d w e r k s o r d n u n g ) i. d. F. vom 2 8 . 1 2 . 1 9 6 5 (BGBl. 1966 I S. 1) HaushaltsGesetz über die G r u n d s ä t z e des Haushaltsrechts des Bundes und der grundsätzeG Länder v o m 1 9 . 8 . 1 9 6 9 (BGBl. I S. 1273) s. H a m b E n t e i g n u n g s G HbgEG HdbDStR H a n d b u c h des Deutschen Staatsrechts, hrsg. von G. Anschütz und (HDStR) R. T h o m a , Bd. I 1930, Bd. II 1932 H. Halbbd. Halbs. Hamb. HambBauO HambDeichOG

XXVIII

Abkürzungsverzeichnis HdbStKirchR Hess. HessBauO HessEG Hesse, VerfR HessGO HessSOG HessVGH HessVwVfG HEW HGB HGrG Hinw. h.L. h.M. HochSchG Hrsg., hrsg. ibid. i. d. F. i.d.R. i.e. insbes. i.S. i.S.v. Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I - I V , VI i.V. (m.) JA Jahrb. Jan. JAO Hessen

Jarass/Pieroth, GG Jb. W. Jellinek, VwR JGG JIR JK

Handbuch des Staatskirchenrechts, hrsg. von E. Friesenhahn und U. Scheuner, 2 Bände, 1975 Hessen, hessisch Hessische Bauordnung i.d.F. vom 16. 12. 1977 (GVB1. 1978 I S. 1) Hessisches Enteignungsgesetz vom 4.4.1973 (GVB1. I S. 107) Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Auflage 1990 Hessische Gemeindeordnung i.d.F. vom 1.4.1981 (GVB1. I S. 66) Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung i. d. F. vom 26.6.1990 (GVB1. I S. 197, ber. S. 534) Hessischer Verwaltungsgerichtshof Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz vom 1.12.1976 (GVB1. 1976 I S. 454, ber. 1977 I S. 95) Hamburgische Elektrizitätswerke Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl. S. 219) s. HaushaltsgrundsätzeG Hinweis (e) herrschende Lehre herrschende Meinung Hochschulgesetz Herausgeber, herausgegeben ibidem (lat. — ebenda) in der Fassung in der Regel im einzelnen insbesondere im Sinne im Sinne von

Josef Isensee/Paul Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, II 1987; Bd. III 1988; Bd. IV, VI 1989 in Verbindung (mit) Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch Januar Juristische Ausbildungsordnung für Hessen vom 10. 9.1965 (GVB1. I S. 193) aufgehoben durch Gesetz über die juristische Ausbildung (Juristenausbildungsgesetz - JAG - ) vom 12.3.1974 (GVB1. I S. 157) i.d.F. vom 7.11.1985 (GVB1. I S. 212, II S. 3 2 2 - 6 7 ) H a n s D. Jarass/Bodo Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 1989 Jahrbuch Walter Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Auflage 1931, Neudruck 1966 Jugendgerichtsgesetz i. d. F. vom 11.12.1974 (BGBl. I S. 3427) Jahrbuch für Internationales Recht Jurakartei (Juristische Ausbildung) XXIX

Abkürzungsverzeichnis JöR JR Jura JURIS Jurjb. JuS JW JZ

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristisches Informationssystem Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

KAGe der Länder

Kommunalabgabengesetze der Länder Bay: i. d. F. vom 4.2.1977 (GVB1. S. 82) BW: i. d. F. vom 15.2.1982 (GBl. S. 57) Brem: vom 15. 5. 1962 (GBl. 139) Hess: Gesetz über kommunale Abgaben vom 17.3.1970 (GVB1. I S. 225) Nds: i. d. F. vom 5. 3. 1986 (GVB1. S. 79) N W : vom 21. 10. 1969 (GV N W S. 712) RhPf: vom 5. 5. 1986 (GVB1. S. 103) Sa: i. d. F. vom 15. 6. 1985 (ABl. S. 729) SH: i. d. F. vom 17. 3. 1978 (GVOB1. S. 71) Kapitel Kammergericht Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz i. d.F. vom 2.9.1971 (BGB1.I S. 1545) Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung Kommunal-Kassen-Zeitschrift Hans Joachim Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 3. Auflage 1989 Kommission Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, hrsg. von H a n s Peters, 3 Bde., 1956 ff.; 2. Auflage, hrsg. von Günter Püttner, 6 Bde., 1981 ff. Kommentar s. KSVG Ferdinand O. Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Auflage 1989 Ferdinand O. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Auflage 1986

Kap. KG KGfEG KGSt KKZ Knack, VwVfG KOM KomHdb.

Komm. KommSelbstVerwG Kopp, VwGO Kopp, VwVfG Kottenberg-Steffens, Rechtsprechung Rechtsprechung zum kommunalen Verfassungsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, Loseblattsammlung, Stand: 31. Lieferung (Sept. 1990) KPD Kommunistische Partei Deutschlands KrO Kreisordnung KSchG Kündigungsschutzgesetz i.d.F. vom 25.8.1969 (BGB1.I S. 1317) KStG Körperschaftssteuergesetz i. d. F. vom 10.2.1984 (BGBl. I S. 217) KStZ Kommunale Steuerzeitschrift KSVG Kommunalselbstverwaltungsgesetz des Saarlandes i.d.F. vom 18.4. 1989 (ABl. S. 557) LadenschlußG LAG XXX

Gesetz über den Ladenschluß vom 28. 11. 1956 (BGBl. I S. 875) Lastenausgleichsgesetz i.d.F. vom 1.10.1969 (BGB1.I S. 1909)

Abkürzungsverzeichnis LBauO LBG Leits. LG LKO LOG N W LPersVG LS LStrG RhPf. LT lt. LuftVG LV LVbO LVwG LVwGSH LWG m. v. Mangoldt/Klein, GG

v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG Maunz/Dürig, GG Maunz/Zippelius, StaatsR Maunz/Zippelius, StR Maurer, Allg. VwR F. Mayer/Kopp, Allg. VwR O. Mayer, VwR 1, II MDR MenschRKonv.

Landesbauordnung Landbeschaffungsgesetz vom 23.2.1957 (BGBl. I S. 134) Leitsatz Landgericht Landkreisordnung Landesorganisationsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.7.1962 (GV N W S. 421/SGV N W 2005) Landespersonalvertretungsgesetz Leitsatz Landesstraßengesetz für Rheinland-Pfalz i. d. F. vom 1.8.1977 (GVB1. S. 274) Landtag laut Luftverkehrsgesetz i. d. F. vom 14.1.1981 (BGBl. I S. 61) Landesverfassung Landschaftsverbandsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F. vom 27. 8. 1984 (GV N W S. 544) Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz) i.d.F. vom 19. 3. 1979 (GVB1. S. 181) s. LVwG Landeswassergesetz

Hermann v. Mangoldt/Friedrich Klein, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, 3 Bde.; Bd.I, 2. Auflage 1957, Bd. II, 2. Auflage 1964, Bd. III, 2. Auflage 1974 Hermann v. Mangoldt/Friedrich Klein/Christian Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, 3. Auflage 1985 Theodor Maunz/Günter Dürig, Grundgesetz, (Loseblatt-) Kommentar, Stand: 28. Lieferung (Dez. 1989) Theodor Maunz/Reinhold Zippelius, Deutsches Staatsrecht, Kurzlehrbuch, 27. Auflage 1988 s. Maunz/Zippelius, StaatsR Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage 1990 Franz Mayer/Ferdinand Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage 1985 Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2 Bde., 3. Auflage 1924, Neudruck Bd. I 1961, Bd. II 1969 Monatsschrift für Deutsches Recht Konvention über Menschenrechte vom 4.11.1950 (BGBl. II 1952, S. 686) XXXI

Abkürzungsverzeichnis Meyer/Borgs, VwVfG MRVO I. v. Münch, Bes. VwR I. v. Münch, GGK I, II, III m. w. Hinw. m. (w.) N. Nachw. Nds. NdsBauO NdsGO NdsSOG NdsVwVfG NdsWG n.F. NJW NJW-CoR Nr. NRW NS ns. NSEG NStZ NuR NVwZ NVwZ-RR NW NWBauO NWGkG NWGemO NWGO NWOBG

NWVBL XXXII

Hans Meyer/Hermann Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 2. Auflage 1982 Militärregierungsverordnung Ingo v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Auflage 1988 Ingo von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 3. Auflage 1985, Bd. II und III, 2. Auflage 1983 mit weiteren Hinweisen mit (weiteren) Nachweisen Nachweise Niedersachsen, niedersächsisch Niedersächsische Bauordnung i. d. F. vom 6.6.1986 (GVB1. S. 157) Niedersächsische Gemeindeordnung i. d. F. vom 22.6.1982 (GVB1. S. 229) Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 17.11.1981 (GVB1. S. 347) Vorläufiges Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Niedersachsen vom 3.12.1976 (GVB1. S. 311) Niedersächsisches Wassergesetz i. d. F. vom 28.10.1982 (GVB1. S. 425) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Computerreport der Neuen Juristischen Wochenschrift Nummer Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westfälisch Nationalsozialistisch(e) niedersächsisch Niedersächsisches Enteignungsgesetz i. d.F. vom 6.4.1981 (GVB1. S. 83) Neue Zeitschrift für Strafrecht Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westfälisch Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 26.6.1984 (GV N W S. 419) Nordrhein-Westfälisches Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit i. d. F. vom 1.10.1979 (GV N W S. 621/SGV N W 202) s. N W G O Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 13.8.1984 ( G V N W S. 4 7 5 / S G V N W 2023) Nordrhein-Westfälisches Gesetz über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz) i. d. F. vom 13.5.1980 (GV N W S. 528/SGV N W 2060) Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter

Abkürzungsverzeichnis NWVwVfG NWVwVG

Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21.12.1976 ( G V N W S. 4 3 8 / S G V N W 2010) Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen i.d.F. vom 13.5.1980 ( G V N W S. 5 1 0 / S G V N W 2010)

o. oben o. ä. oder ähnlichem Obermayer, VwVfG Klaus Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1990 Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OpferentOEG schädigungsgesetz) i.d.F. vom 7.1.1985 (BGB1.I S. 1) öffentliches Recht ÖR Offene Handelsgesellschaft OHG ohne Jahr o.J. Oberlandesgericht OLG Thomas Oppermann, Europarecht, 1991 Oppermann, EuR Oberverwaltungsgericht OVG OVGE Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg mit Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen und des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten i.d.F. vom 19.2.1987 (BGBl. I S. 602) PartG PBefG PersBefG PersV POG PolG Pos. PostG PostVerfG PostVG

Pr. PrALR PrEG preuß. PrKAG PrOVG PrOVGE

Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) i.d.F. vom 3. 3. 1989 (BGBl. I S. 327) Personenbeförderungsgesetz vom 8. 8.1990 (BGBl. I S. 1690) s. PBefG Die Personalvertretung (Zeitschrift) Polizeiorganisationsgesetz Polizeigesetz Position Gesetz über das Postwesen vom 3.7.1989 (BGBl. I S. 1449) Gesetz über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost (Postverfassungsgesetz) vom 8. 6. 1989 (BGBl. 1 S. 1026) Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost (Postverwaltungsgesetz) vom 24.7.1953 (BGB1.I S. 676), aufgehoben durch PostVerfG vom 8. 6. 1989 (BGBl. I S. 1026) Preußen, preußisch Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten, gültig ab I.6.1794 Preußisches Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum vom I I . 6 . 1 8 7 4 (GS S. 221) preußisch Preußisches Kommunalabgabengesetz vom 14.7.1893 (GS S. 152) Preußisches Oberverwaltungsgericht Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts XXXIII

Abkürzungsverzeichnis PrPVG PrVereinfEG PStG Püttner, Allg. VwR PVG RAO Rdn., Rdnr. RdWWi. Redeker/v. Oertzen, VwGO ReichsabgabenO RelKErzG RG RGBl. RGBl.. 1 RGBl. II RGSt RGZ RHeimstG RhPf. RhPfBauO RhPfEG RhPfGO RhPfPVG RhPfVwVfG Rhld-Pf. VwVG Rhld-Pf.WG RhPfZweckVG RiA RIW RL R N , Rn., RNr. ROG RS, Rs Rspr. RuStAngG XXXIV

Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz vom 1.6.1931 (GS S. 77) Preußisches Gesetz über ein vereinfachtes Enteignungsverfahren vom 26.7.1922 (GS S. 211) Personenstandsgesetz i. d. F. vom 8.8.1957 (BGBl. I S. 1126) Günter Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auflage 1983 Polizeiverwaltungsgesetz s. ReichsabgabenO Randnummer Recht der Wasserwirtschaft Konrad Redeker/Hans-Joachim von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 9. Auflage 1988 Reichsabgabenordnung vom 13.12.1919 i.d. E vom 22.5.1931 (RGBl. I S. 161) Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15.7.1921 (RGBl. S. 939) Reichsgericht Reichsgesetzblatt (1871 - 1 9 2 1 , dann aufgeteilt in Teile I u. II) Reichsgesetzblatt, Teil I (1922-1945) Reichsgesetzblatt, Teil II (1922-1945) Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Reichsheimstättengesetz i. d. F. vom 25.11.1937 (RGBl. I S. 1291) Rheinland-Pfalz, rheinland-pfälzisch Landesbauordnung für Rheinland-Pfalz vom 28. 11. 1986 (GVB1. S. 307) Rheinland-Pfälzisches Enteignungsgesetz vom 22.4.1966 (GVB1. S. 103) Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz vom 14.12.1973 (GVB1. S. 491) Polizeiverwaltungsgesetz von Rheinland-Pfalz i.d.F. vom 1.8.1981 (GVB1. S. 179, ber. S. 232) Landesgesetz über das Verwaltungsverfahren in Rheinland-Pfalz vom 23.12.1976 (GVB1. S. 308) Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz vom 8.7.1957 (GVB1. S. 101) Wassergesetz des Landes Rheinland-Pfalz vom 4.3.1983 (GVB1. S. 31) Zweckverbandsgesetz f. Rheinland-Pfalz vom 22.12.1982 (GVB1. S. 476) Das Recht im Amt Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Randnummer Raumordnungsgesetz vom 19.7.1989 (BGBl. I S. 1461) Rechtssache Rechtsprechung Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22.7.1913 (RGBl. S. 583)

Abkürzungsverzeichnis RVO

RWE RWW

S. s. Sa Saarl. VwVG SaarlWG Sartorius schlesw.-holst. LVwG SchlHVwG W. Schmidt, Einf. VwR

Reichsversicherungsordnung i. d. F. des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30.4.1963 (BGBl. I S. 241); Rechtsverordnung Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke Recht der Wasserwirtschaft, Veröffentlichungen d. Instituts f. d. Recht der Wasserwirtschaft a. d. Universität Bonn Satz; Seite siehe Saarland, saarländisch Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Saarlandes vom 27.3.1974 (ABl. S. 430) Wassergesetz des Saarlandes i.d.F. vom 11.12.1989 (ABl. S. 1641) Verfassungs- und Verwaltungsgesetze der Bundesrepublik s. SHLVwG s. SHLVwG

Walter Schmidt, Einführung in die Probleme des Verwaltungsrechts, 1982 Schwarze, Eur. VwR Jürgen Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. I und II, 1988 Schweitzer/ Hummer, EuR Michael Schweitzer/Waldemar Hummer, Europarecht, 3. Aufl. 1990 SGb Die Sozialgerichtsbarkeit (Zeitschrift) SGB Sozialgesetzbuch SGB-AT Sozialgesetzbuch — Allgemeiner Teil — vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) SGB X Sozialgesetzbuch, X. Buch - Verwaltungsverfahren — vom 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) SGG Sozialgerichtsgesetz i. d. F. vom 23.9.1975 (BGBl. 1 S. 2535) Sammlung des bereinigten Gesetz- und Verordnungsblattes für das SGV N W Land Nordrhein-Westfalen (Loseblatt-Sammlung; 1962 ff.) Schleswig-Holstein, schleswig-holsteinisch SH SHBauO Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein vom 24. 2. 1983 (GVOBl. S. 86) SHGO Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein i.d.F. vom 11.11.1977 (GVOBl. S. 410) s. LVwG SHLVwG SH W G Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein i.d.F. vom 17.1.1983 (GVOBl. S. 24) Staats- und Kommunal-Verwaltung SKV Sammlung Slg. Gesetz zur Milderung dringender sozialer Notstände vom 8.8.1949 SoforthilfeG (WiGBl. S. 205) aufgehoben durch LAG vom 14.8.1952 (BGBl. I S. 446) i.d.F. vom 1.10.1969 (BGBl. I S. 1909) Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung SOG sogenannt sog. Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) i. d. F. SoldatenG vom 19.8.1975 (BGBl. I S. 2273)

XXXV

Abkürzungsverzeichnis Sp. SPE StabG StaG Statist. Jb. StBFG

Steiner, Bes. VwR Stelkens/Bonk/ Leonhardt, VwVfG Sten. Ber. Stern, StR, Bd. I - I I I / l StGB StGH StHG StiftG StPO StrG BW StrWG N W StuW StVG StVO StVollzG

St VwR N W StVZO SVG

TA TA Luft

TierseuchG XXXVI

Spalte Sammlung schul- und prüfungsrechtlicher Entscheidungen s. StaG Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8.6.1967 (BGB1.I S. 582) Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland (hrsg. vom Statistischen Bundesamt) Gesetz über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (Städtebauförderungsgesetz) i. d. F. vom 18.8.1976 (BGBl. I S. 2318, ber. S. 3617) aufgehoben durch das Gesetz über das Baugesetzbuch vom 8. 12. 1986 (BGBl. I S. 2191) Udo Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1988 Paul Stelkens/Heinz J. Bonk/Klaus Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 3. Auflage 1990 Stenographischer Bericht Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, Bd. II 1980, Bd. III/l 1988 Strafgesetzbuch i.d.F. vom 10. 3. 1987 (BGBl. I S. 945, ber. S. 1160) Staatsgerichtshof Staatshaftungsgesetz vom 26.6.1981 (BGBl. I S. 553), für nichtig erklärt durch Urteil d. BVerfG v. 19. 10. 1982 (BGBl. I S. 1493) Stiftungsgesetz Strafprozeßordnung i. d. F. vom 7. 4. 1987 (BGBl. I S. 1074, ber. S. 1319) Straßengesetz für Baden-Württemberg i. d. F. vom 26. 9. 1987 (GBl. S. 477) Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 1. 8. 1983 (GV N W S. 306 / SGV N W 91) Steuer und Wirtschaft Straßenverkehrsgesetz vom 19.12.1952 (BGBl. I S. 837) Straßenverkehrsordnung vom 16.11.1970 (BGBl. I S. 1565, ber. BGBl. 1977 I S. 38) Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz) vom 16.3.1976 (BGBl. I S. 581) s. Grimm/Papier, StVwR N W Straßenverkehrs-Zulassungsordnung i. d. F. vom 28. 9.1988 (BGBl. I S. 1793) Gesetz über die Versorgung f ü r die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz) i.d.F. vom 21.4.1983 (BGBl. I S. 457) Technische Anleitung Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) vom 27.2.1986 (GMB1. S. 95, ber. S. 202) Tierseuchengesetz i.d.F. vom 28. 3. 1980 (BGBl. I S. 386)

Abkürzungsverzeichnis TÜV TVG

Technischer Uberwachungsverein Tarifvertragsgesetz i. d. F. vom 2 5 . 8 . 1 9 6 9 (BGBl. I S. 1323)

u. u. a. Ule, VerwGbarkeit Ule, VerwprozeßR

u n d ; unten und andere; unter anderem Carl H e r m a n n Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Auflage 1962 Carl H e r m a n n Ule, Verwaltungsprozeßrecht, Studienbuch, 9. Auflage 1987

Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht umf. unzutr. UPR Urt. usw. u. U. UWG UZwG

v. VA VB1BW VereinsG VerfGH VerfR Verh. VersG VersR VerwArch. VerwprozeßR VerwRspr. VEW VG VGH V G H Bad.-Württ. V G H n. F. Vgl. VkBl. VO VOBlbrZ

Carl H e r m a n n Ule/Hans-Werner Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage 1986 umfassend unzutreffend Umwelt- und Planungsrecht Urteil und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7 . 6 . 1 9 0 9 (RGBl. S. 499) Gesetz über den unmittelbaren Z w a n g bei A u s ü b u n g öffentlicher G e w a l t durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 1 0 . 3 . 1 9 6 1 (BGBl. I S. 165) v o m ; von Verwaltungsakt Verwaltungsblätter f ü r B a d e n - W ü r t t e m b e r g (Jg. 1980 ff.) Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts vom 5 . 8 . 1 9 6 4 (BGBl. I S. 593) Verfassungsgerichtshof Verfassungsrecht Verhandlungen Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) i . d . F . vom 15.11.1978 (BGBl.l S. 1790) Versicherungsrecht (Zeitschrift) Verwaltungsarchiv Verwaltungsprozeßrecht Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland. S a m m l u n g obergerichtlicher Entscheidungen aus d e m Verfassungs- und Verwaltungsrecht Vereinigte Elektrizitätswerke Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergischer Verwaltungsgerichtshof Amtliche S a m m l u n g von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. N e u e Folge vergleiche Verkehrsblatt Verordnung Verordnungsblatt f ü r die britische Z o n e XXXVII

Abkürzungsverzeichnis Vorbem. VR VSSR VVDStRL VwGO VwR VwVfG VwVfGe des Bundes und der Länder

VwVG WaffG Wallerath, Allg. VwR WaStrG WHG WiGBl. WiR WissHG WissR WiVerw WM 2. WoBauG Wolff/Bachof, VwR 1, II, III

Wolff/Bachof/ Stober, VwR II

Vorbemerkung Verwaltungsrundschau Vierteljahresschrift f ü r Sozialrecht Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung i . d . F . vom 1 9 . 3 . 1 9 9 1 (BGBl. I S. 686) Verwaltungsrecht Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes vom 2 5 . 5 . 1 9 7 6 (BGBl. I S. 1253) und Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder: BaW ü V w V f G , BayVwVfG, BerlVwVfG, BremVwVfG, H a m b V w V f G , Hess VwVfG, N d s VwVfG, N W V w V f G , R h P f V w V f G , SaVwVfG s. BVwVG Waffengesetz i. d. F. vom 8 . 3 . 1 9 7 6 (BGBl. I S. 432) Maximilian Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage 1985 s. BWaStrG Gesetz zur O r d n u n g des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) i . d . F . vom 2 3 . 9 . 1 9 8 6 (BGB1.I S. 1529, ber. S. 1654) Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Zeitschrift Wirtschaftsrecht Gesetz über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes N o r d rhein-Westfalen vom 2 0 . 1 1 . 1 9 7 9 (GV N W S. 926/SGV N W 223) Wissenschaftsrecht Wirtschaft und Verwaltung s. W P M Zweites Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) i . d . F . vom 11.6.1985 (BGBl. I S. 1284, ber. S. 1661) H a n s J. W o l f f / O t t o Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Auflage 1974, Verwaltungsrecht II, 4. Auflage 1976, Verwaltungsrecht III, 4. Auflage 1978

WRV WuV

H a n s J. W o l f f / O t t o Bachof/Rolf Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Auflage 1987 Wahlperiode Wehrpflichtgesetz i. d. F. vom 13.6.1986 (BGBl. I S. 879) Zeitschrift f ü r Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapier-Mitteilungen Teil IV Weimarer Reichsverfassung v o m 11. 8.1919 (RGBl. S. 1383) Wirtschaft und Verwaltung

ZAR z. B. ZBR ZfW

Zeitschrift f ü r Ausländerrecht und Ausländerpolitik zum Beispiel Zeitschrift f ü r Beamtenrecht Zeitschrift f ü r Wasserrecht

WP WPflG WPM

XXXVIII

Abkürzungsverzeichnis ZHR Ziff. zit. ZMR ZögU ZPO ZRP z.T. Ztschr. Ztschr. f. Schweiz. Recht zust. z. Z . ZZP

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer zitiert Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen Zivilprozeßordnung i. d. F. vom 12.9.1950 (BGBl. S. 533) Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil Zeitschrift Zeitschrift für Schweizerisches Recht zuständigkeitshalber zur Zeit Zeitschrift für Zivilprozeßrecht

XXXIX

ERSTER

ABSCHNITT

Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat Ingo von M ü n c h und D i r k Ehlers

§1 Begriff der öffentlichen Verwaltung I. Allgemeine Umschreibung des Begriffs öffentliche Verwaltung „Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare." Treffender als der 1 Volksmund mit diesem Spruch kann man die Einbindung des Menschen in Verwaltungsvorgänge nicht beschreiben. Ein Mensch wird — vielleicht in einem städtischen Krankenhaus — geboren: Die Geburt ist dem Standesbeamten anzuzeigen, der sie in das Geburtenbuch einträgt und den Geburtsschein ausstellt; das Einwohnermeldeamt ergänzt die Meldekartei; dem Finanzamt ist Mitteilung zu machen, damit gegebenenfalls die Steuerklasse neu festgesetzt wird; über das Arbeitsamt erfolgt die Zahlung des Kindergeldes; die Allgemeine Ortskrankenkasse leistet Mutterschaftshilfe. Die Liste der Berührungen mit der öffentlichen Verwaltung wäre lang, wenn der Lebensweg eines Menschen (Schule, Arbeitsplatz, Freizeit, Altersversorgung usw.) bis hin zum Tode weitergezeichnet würde. Neben den Sachverhalten, in denen ganz offensichtlich ein Handeln der öffentlichen Verwaltung vorliegt, gibt es aber auch Situationen, für welche diese Feststellung zweifelhaft sein kann: Das städtische Wasserwerk versorgt private Haushalte mit Wasser; ein Elektrizitätswerk, dessen Aktien sich teils im Eigentum mehrerer Städte, teils im Eigentum von Privatpersonen befinden, liefert Strom; Straßenbahn und Bundesbahn befördern Fahrgäste; ein Bundesland kauft Bleistifte und Bücher für seine Universität; eine Rundfunkanstalt verkauft Sendezeiten für Werbung. Ist das alles öffentliche Verwaltung? Die Frage zielt auf den Begriff der öffentlichen Verwaltung 1 . Das Bemühen, 2 diesen Begriff zu definieren, beschäftigt die deutsche Verwaltungsrechtswissen1

Zur Geschichte der öffentlichen Verwaltung vgl. Ellwein, in: König/von Oertzen/ 'Wagener (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 1981,

1

Ingo von Münch

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6

schaft seit mehr als hundert Jahren 2 . Eine Legaldefinition ist nicht vorhanden. Für Ernst Forsthoff ist öffentliche Verwaltung überhaupt nicht definierbar, sondern nur beschreibbar: „die Mannigfaltigkeit, in der sich die einzelnen Verrichtungen der Verwaltung ausfächern, spottet der einheitlichen Formel" 3 . Indessen kann nur das geregelt werden, was auch definiert werden kann. Richtig ist allerdings, daß der Begriff Öffentliche Verwaltung mehrdeutig ist 4 : Öffentliche Verwaltung kann als Verwaltungstätigkeit (das Verwalten) verstanden werden — öffentliche Verwaltung im materiellen Sinne (z. B. Versetzung oder NichtVersetzung eines Schülers; Verkehrsregelung durch einen Polizeibeamten; Gewährung einer Ausbildungsförderung; Ausstellung eines Reisepasses; Schließung eines Gewerbebetriebes; Erteilung einer Baugenehmigung). Öffentliche Verwaltung kann aber auch die Einrichtungen (d. h. die Behörden) meinen, durch die verwaltet wird — öffentliche Verwaltung im organisatorischen Sinne (z. B. Jugendamt; Justizprüfungsamt; Gewerbeaufsichtsamt; Baubehörde; Finanzamt; Arbeitsamt; Wasser- und Schiffahrtsdirektion) 5. Öffentliche Verwaltung kann schließlich alle von der Verwaltung im organisatorischen Sinne ausgeübte Tätigkeiten bezeichnen, und zwar gleichgültig, ob es sich dabei um Verwaltung im materiellen Sinne handelt oder nicht — öffentliche Verwaltung im formellen (funktionalen) Sinne (z.B. Finanzamt erläßt Steuerbescheid; Finanzamt kauft Aktenordner; Finanzamt macht Betriebsausflug). Am schwierigsten zu fassen ist der Begriff der öffentlichen Verwaltung im materiellen Sinne, da er weder — wie der Begriff der öffentlichen Verwaltung im organisatorischen Sinne — an reale organisatorische Einheiten („Zuständliches") 6 anknüpft, noch — wie der Begriff der öffentlichen Verwaltung im funktionalen Sinne — undifferenziert jede Tätigkeit der Verwaltungsbehörden umgreift. Nach Hans Julius Wolff ist öffentliche Verwaltung im materiellen Sinne „die mannigfaltige, konditional oder nur zweckbestimmte, also insofern fremdbestimmte, nur teilplanende, selbstbeteiligt entscheidend ausführende und gestaltende Wahrnehmung der Angelegenheiten von Gemeinwesen und ihrer Mitglieder als solcher durch die hierfür bestellten Sachwalter des Gemeinwe-

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2

S. 37 ff.; Stern, StR, Bd. II, § 4 1 II, IV 1 - 3 , sowie - umfassend Jeserich/Pohl/v. Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I u. II, 1983; Bd. III, 1984; Bd. IV, 1985; Bd. V, 1986; Bd.VI, 1988. Zutreffend ist der Hinw. von Stern, StR, Bd. II, §41 I I , daß die Überlegungen dazu bis heute noch keinen endgültigen Abschluß gefunden haben. Forsthoff, VwR, S. 1; vgl. dazu Rengeling, DVB1. 1976, 354. Vgl. zum Folgenden Achterberg, Allg. VwR, § 1 Rn. 7 ff., und Wolff/Bachof, VwR I, § 2 IV, die über die nachstehende Aufzählung hinaus noch (nach dem Grad der Weisungsabhängigkeit) die öffentliche Verwaltung im modalen Sinne nennen; wie hier auch Maurer, Allg. VwR, § 1 Rn. 1 - 4 . Kritik am materiellen Verwaltungsbegriff bei Winkler, Orientierungen im öffentlichen Recht, 1979. Vgl. dazu unten §§ 55 - 57. Ausdruck von Forsthoff, VwR, S. 13.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§1

II

sens" 7 . Diese und ähnliche 8 Definitionen sind aber (notgedrungen) so allgemein und abstrakt geraten, daß sie kaum handhabbar sind. Statt einer positiven herrscht deshalb eine negative Begriffsbestimmung vor. So hat z. B. Walter Jellinek, einer der bedeutendsten Verwaltungsrechtslehrer in der Zeit der Weimarer Republik, die öffentliche Verwaltung im materiellen Sinne als die „Tätigkeit des Staates oder eines sonstigen Trägers öffentlicher Gewalt außerhalb von Rechtsetzung und Rechtsprechung" definiert 9 . Diese als „Subtraktionsdefinition" bezeichnete Begriffsbestimmung trifft insoweit zu, als sie die öffentliche Verwaltung von Gesetzgebung und Rechtsprechung abgrenzt, so wie dies Art. 1 Abs. 3 GG in seiner ursprünglichen Fassung („Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht") zum Ausdruck brachte. Die Subtraktionsdefinition (Negativdefinition) ist jedoch unvollständig, da sie 7 den ebenfalls von der Verwaltung abzugrenzenden Bereich der Regierung nicht erwähnt 10 . Zwar steht die Verwaltung der Regierung näher als der Gesetzgebung und der Rechtsprechung, weshalb sich die Zusammenfassung von Verwaltung und Regierung unter dem in Art. 1 Abs. 3 GG (neue Fassung) 11 verwendeten Oberbegriff „vollziehende Gewalt" rechtfertigen läßt. Aber dennoch bleiben Regierung und Verwaltung zwei voneinander unterscheidbare Tätigkeiten; richtig formuliert die Verfassung von Berlin (West): „Die vollziehende Gewalt liegt in den Händen der Regierung und der ihr nachgeordneten Verwaltung 12 ." Die klassische Subtraktionsdefinition muß also erweitert werden zu dem Leitsatz: Der Begriff der öffentlichen Verwaltung umfaßt die staatliche Tätigkeit, die nicht Gesetzgebung, Regierung oder Rechtsprechung ist.

II. Abgrenzung von Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung Das Griffige, fast Simple dieser Umschreibung verführt zu der Annahme, 8 daß das Problem der Bestimmung des Begriffs öffentliche Verwaltung damit zufriedenstellend gelöst sei. Das ist jedoch nicht der Fall, und zwar deshalb nicht, weil auch die Begriffe Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung ihrerseits nicht trennscharf voneinander abgrenzbar sind.

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Wolff/Bachof, VwR I, § 2 III. Kritisch dazu Faber, VwR, S. 18 ff. Vgl. Stern, StR, Bd. II, § 41 I 3 b; weitere Nachw. bei Maurer, Allg. VwR, § 1 Rn. 7. Jellinek, VwR, S. 6. Vgl. auch O. Mayer, VwR I, S. 7. Siehe hierzu Achterberg, Allg. VwR, § 8; Maurer, Allg. VwR, § 12 Rn. 6; Schröder, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 67 Rn. 29 f. Durch 7. Gesetz zur Änderung des GG v. 19. 3. 1956 (BGBl. I, S. 111); die neue Fassung wurde in das GG eingefügt, um auch die Bundeswehr, die nicht Verwaltung im engeren Sinne ist, in Art. 1 Abs. 3 GG unterzubringen. Art. 3 Abs. 1 S. 2. - Zur Verwaltung als „eigenständiger Staatsgewalt" vgl. auch die Hinw. bei Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 229.

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§ 1 II

Ingo von Münch

Das Prinzip der Gewaltentrennung13 kann nämlich nicht dahin verstanden werden, daß hier wie in einem Küchenschrank fest umwandete Gefäße mit Zucker, Pfeffer und Salz nebeneinander stehen; denn das Gewaltentrennungsprinzip soll nicht logisch-puristischer Begrifflichkeit dienen, sondern hat eine aus geschichtlichen Erfahrungen gewachsene Funktion, die konkret von der Ausgestaltung der jeweiligen Verfassung bestimmt wird 14 . Dabei ist es im vorliegenden Zusammenhang gleichgültig, ob die Gewaltentrennung primär als eines von mehreren Mitteln zur Sicherung der individuellen Freiheit (nämlich durch Verhinderung von Machtkonzentration) gesehen wird oder vor allem als eine Frage der sachgemäßen Bestimmung und Zuordnung der staatlichen Funktionen und der sie wahrnehmenden Organe 15 . Nach beiden Auffassungen sind Überschneidungen zwischen den verschiedenen Staatsgewalten möglich: für erstere solange die Durchbrechung der Gewaltentrennung nicht in den Kernbereich einer anderen Gewalt eingreift16, für letztere solange das prinzipielle Verbot der Wahrnehmung oder Zuweisung von Funktionen, die der Struktur des Organs und der von ihm wahrzunehmenden Grundfunktion nicht entsprechen, eingehalten wird. Mit dem Grundsatz der Gewaltentrennung sind deshalb gewisse Verwischungen der Grenzlinie zwischen den Staatsgewalten vereinbar. Beispiele hierfür sind die Parlamentsverwaltung (z. B. die Ausübung des Hausrechts und der Polizeigewalt durch den Bundestagspräsidenten im Bundestagsgebäude gem. Art. 40 Abs. 2 S. 1 GG), die Rolle der Regierung in der Normsetzung durch Gesetzesinitiative und Verordnungsgebung und die Justizverwaltung (z. B. die Abnahme der juristischen Staatsprüfungen durch die Justizprüfungsämter)17. 9

Die auf der Trennung der Staatsgewalten beruhende Definition der Verwaltung ist also nur brauchbar, wenn man sich der Relativität der Gewaltentrennung und damit auch der Relativität jener Definition bewußt bleibt. Die Verwaltung läßt sich von den anderen Staatsgewalten im Sinne der Subtraktionsdefinition nur abgrenzen, wenn man auf die für Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung typischen und ihnen wesenseigenen Tätigkeiten abstellt. Als typisch und wesenseigen wird für die Gesetzgebung „die Setzung genereller, abstrakter Rechtsnormen" 18 angesehen, für die Regierung „die wesentlich vom Politischen her bestimmte Leitung der Verwaltung" 19 , und für die Rechtsprechung „die zu rechts-

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Literaturhinweise bei Stern, StR, Bd. II, § 36. — Der Sprachgebrauch ist nicht einheitlich: Hesse, VerfR, Rn. 475 ff., verwendet den Ausdruck „Gewaltenteilung"; Achterberg, Allg. VwR, § 7, verwendet den Ausdruck „Funktionenordnung". Hesse, VerfR, Rn. 481 ff. Hierzu und zum Folgenden: Erichsen, StR u. VerfGbkt II, S. 98 f. Im letzteren Sinne Hesse, VerfR, Rn. 481 ff. Vgl. BVerfGE 34, 52, 59 - JAO Hessen. Vgl. hierzu Achterberg, Allg. VwR, § 9. Forsthoff, VwR, S. 9; Wolff/Bachof, VwR I, § 17 II b; Erichsen, StR u. VerfGbkt II, S. 101 f. Forsthoff, VwR, S. 17; Schröder, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 67 Rn. 30.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§1

III

kräftiger Entscheidung führende rechtliche Beurteilung von Sachverhalten in Anwendung des geltenden objektiven Rechts durch ein unbeteiligtes (Staats-) Organ" 20 . Selbst angesichts dieser Relativität bleiben noch Fragen offen; erinnert sei hier nur an die Diskussion um die Zulässigkeit sog. „Maßnahmegesetze", d. h. auf einen konkreten Sachverhalt abgestellter Gesetze, von denen gesagt worden ist, daß sie „in ihrer logischen Struktur dem Verwaltungshandeln verwandt" seien21, sowie an das Ineinanderfließen von Regierung und Verwaltung21. Schließlich gibt es Institutionen, deren Tätigkeit nicht von vornherein erkennbar oder nicht notwendig der Gesetzgebung, Regierung, Rechtsprechung oder Verwaltung zuzuordnen ist. Beispiele hierfür sind der Bundesrechnungshof und die Rechnungshöfe der Länder, die Bundesbank und die Landeszentralbanken, der Wehrbeauftragte des Bundestages und der in neuerer Zeit häufig diskutierte Bürgerbeauftragte (ombudsman)23. Zusammenfassend läßt sich also feststellen: Eine begrifflich ganz saubere 1 0 Abgrenzung der Verwaltung von der Gesetzgebung, der Regierung und der Rechtsprechung ist nicht möglich, weil 1. auch die Organe der Gesetzgebung, der Regierung und der Rechtsprechung (wenn auch in beschränktem Umfang) echte Verwaltungstätigkeit ausüben, 2. Gesetze in Form von Maßnahmegesetzen dem Verwaltungshandeln verwandt sind, und 3. weil es Institutionen gibt, die nicht von vornherein entweder der Verwaltung zugeordnet oder von ihr abgesondert werden können. Die erweiterte Subtraktionsdefinition (Verwaltung ist die staatliche Tätigkeit, die nicht Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung darstellt) ist also nur als Grobraster brauchbar.

III. Merkmale der öffentlichen Verwaltung Eine positive Ausfüllung des Begriffs der öffentlichen Verwaltung wird sich 11 damit begnügen müssen, die Merkmale aufzusuchen, die das Wesen der öffentlichen Verwaltung ausmachen. Auch hier kann es sich wieder nur um die skizzenhafte Aufzeichnung einiger Hauptlinien handeln, nicht um die enzyklopädische Erfassung aller Details.

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Wolff/Bachof, VwR I, § 19 I c. Forsthoff, VwR, S. 10. - Das BVerfG hat den Begriff des Maßnahmegesetzes für verfassungsrechtlich irrelevant erklärt (BVerfGE 25, 371, 396 - lex Rheinstahl). Vgl. F. Mayer/Kopp, Allg. VwR, § 1 III; Püttner, Allg. VwR, S. 25. Vgl. auch Maurer, Allg. VwR, § 1 Rn. 6. Zu Beauftragten allg. fuchs, „Beauftragte" in der öffentlichen Verwaltung, 1985; speziell zu Ausländerbeauftragten: Grindel, Ausländerbeauftragte - Aufgaben und Rechtsstellung, 1984; Kempf/Uppendahl (Hrsg.), Ein deutscher Ombudsman. Der Bürgerbeauftragte in Rheinland-Pfalz, 1986.

5

§1

II11

Ingo von Münch

1. Handeln

im öffentlichen

Interesse

12

Merkmal der öffentlichen Verwaltung ist zunächst, daß sie im öffentlichen Interesse handelt 2 4 . Während Privatpersonen (und ihren Zusammenschlüssen) innerhalb der Grenzen der Privatautonomie das Recht zusteht, beliebige Ziele zu verfolgen, kommt der Verwaltung eine solche Freiheit nicht zu; denn aus dem Rechtsstaatsprinzip i. V. m. den Grundrechten ergibt sich, daß die Verwaltung für jedes Handeln einer besonderen kompetenziellen Rechtfertigung bedarf. Als ein solcher Rechtfertigungsgrund kommt dabei nur ein öffentlicher Zweck 2 5 bzw. ein öffentliches Interesse in Betracht. 13 Hinter der einfachen und selbstverständlich klingenden Feststellung, daß das Handeln im öffentlichen Interesse ein Merkmal der öffentlichen Verwaltung ist, verbirgt sich ein Problem von großer Schwierigkeit und verwickelter Komplexität, nämlich die Frage: Was ist im öffentlichen Interesse, was dagegen nur im privaten Interesse? Es geht hier also um die Bestimmung des Rechtsbegriffs „öffentlich" 2 6 . 14 Der Begriff „öffentlich" wird in zahlreichen Gesetzen verwendet. So gewährt das Versammlungsgesetz (§ 1 Abs. 1) jedermann das Recht, „öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen". Nach Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG 2 7 müssen die politischen Parteien „über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel sowie über die Vermögen öffentlich Rechenschaft geben". Die Polizei- und Ordnungsbehörden haben aufgrund der Polizei- und Ordnungsgesetze der Länder die Aufgabe und Befugnis, Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird 2 8 . Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind gem. § 1 Abs. 6 BauGB „die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen". Die Errichtung eines Kernkraftwerkes darf nur genehmigt werden, wenn „überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Reinhaltung des Wassers, der Luft und des Bodens, der Wahl des Standorts der Anlage nicht entgegenstehen (§ 7 Abs. 2 Nr. 6 AtomG) 2 9 . 24

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Fleiner-Gerster, Grundzüge des allgemeinen und schweizerischen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., 1980, sieht das entscheidende Merkmal der öffentlichen Verwaltung in der Verwirklichung des öffentlichen Interesses (S. 16). Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 87. Vgl. dazu W. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969; Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, 1970, beide m. w. Hinw. Vgl. auch Faber, VwR, S. 389: Das Öffentliche im Verwaltungsrecht zielte ursprünglich auf die Entfeudalisierung ab. In der Neufassung v. 21. 12. 1983 (BGBl. 1983 I, S. 1481). Vgl. z. B. §S 1, 3 BWPolG; 1, 3 H a m b S O G ; 1, 11 NdsSOG; 1, 14 N W O B G . § 1 Abs. 1 BWPolG verlangt zusätzlich, daß die Gefahrenabwehr im öffentlichen Interesse geboten ist. Nur auf die öffentliche Sicherheit stellen die §§ 1, 10 BremPolG; 1, 8 NWPolG ab. Vgl. auch Art. 19 Abs. 4 GG (öffentliche Gewalt); Art. 33 Abs. 4 GG (öffentlicher Dienst); Art. 34 GG (öffentliches Amt); § 36 G e w O (öffentliche Bestellung); § 1 FStrG (öffentliche Straßen); § 18 Abs. 1 N W G O (öffentliche Einrichtungen).

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§ 1

III 1

Die Beispiele zeigen, daß der Begriff „öffentlich" mehrdeutig ist. Im Fall der 1 5 öffentlichen Versammlungen geht es darum, daß eine unbestimmte Zahl von Personen die Möglichkeit des Zugangs hat. Nicht auf den Zugang, wohl aber auf die Wahrnehmbarkeit durch eine unbestimmte Zahl von Personen kommt es bei der Verpflichtung der politischen Parteien, über ihre Mittel und ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft abzulegen an, wobei das Parteiengesetz (§ 23 Abs. 2 S. 2) die Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache vorschreibt. Das Vorliegen einer Gefahr, durch welche die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne des Polizeirechts bedroht wird, ist wiederum unabhängig von Zugangsmöglichkeit und Wahrnehmbarkeit; hier geht es vielmehr um den Schutz von Individual- und Gemeinschaftsgütern (z. B. Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit und Vermögen des Bürgers sowie der Einrichtungen des Staates), ohne daß es in der Regel auf Publizität ankommt. So kann die Polizei z. B. in einen abgeschlossenen, nicht einsehbaren Raum eindringen, um den Selbstmordversuch eines Geisteskranken zu vereiteln. „Öffentliche Belange" und „öffentliche Interessen" i. S. des Baurechts betreffen schließlich nur einen kleinen Teil der Güter, die der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unterfallen. Jedenfalls ist der Begriff des öffentlichen Interesses von der Ausrichtung auf 16 das Ganze der menschlichen Gemeinschaft geprägt. Die Verwaltung soll, um die Formulierung des Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG zu gebrauchen, dem Wohle der Allgemeinheit dienen, und zwar — insofern anders als die Sozialbindung des Privateigentums — nicht „zugleich", sondern primär. Dabei kann nicht verheimlicht werden, daß die Formel „Wohl der Allgemeinheit" terminologisch in bedenklicher Nähe zu dem in der nationalsozialistischen Zeit häufig gebrauchten und mißbrauchten „Gemeinwohl" steht 30 . Eine bloße Ähnlichkeit im Wortklang kann jedoch kein Grund zur Aufregung sein. Entscheidend ist vielmehr, daß die Verwaltung unter dem Grundgesetz das Allgemeinwohl nicht nach dem Motto „Du bist nichts, Dein Volk ist alles" bestimmen kann, sondern — wie unten noch auszuführen sein wird31 — die Wertordnung des Grundgesetzes, insbesondere also die Grundrechte, das Demokratiegebot, das Sozialstaatsgebot und das Rechtsstaatsgebot zu erfüllen hat. Festzuhalten ist dabei auch, daß eine Verwaltungstätigkeit nicht unbedingt im 17 unmittelbaren Interesse oder auch nur im Interesse der Mehrzahl der Bürger in dem Sinne liegen muß, daß allen oder den meisten Bürgern direkt Schutz oder Zuwendung geleistet wird 32 . Hilfe für Heimatvertriebene, Obdachlose,

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Vgl. dazu Hempfer, Die nationalsozialistische Staatsauffassung in der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, 1974; Stolleis, Gemeinwohlformeln im nationalsozialistischen Recht, 1974.

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Vgl. § 3 II. Die öffentlichen Interessen sind also nicht mit den übereinstimmenden Interessen aller oder auch nur der meisten Rechtsgenossen gleichzusetzen; so zutreffend W. Martens (Fn. 26), S. 177 m. w. Hinw.

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§1

1111

Ingo von Münch

Sozialhilfeempfänger, Förderungsmaßnahmen für Landwirtschaft und Gewerbe in wirtschaftsschwachen Gebieten, Zahlung von Ausbildungshilfen an Studenten, ja selbst die Subventionierung eines Theaters, das vielleicht nur von einem winzigen Bruchteil der Bevölkerung einer Großstadt besucht wird, — alles das sind Maßnahmen zum Wohle der Allgemeinheit, weil mit der Hilfe für den einzelnen primär ein gesamtgesellschaftliches Interesse erfüllt wird. Selbst das Interesse eines Privaten kann zum Gegenstand eines inhaltsgleichen öffentlichen Interesses werden und z. B. ein polizeiliches Einschreiten zum Schutz privater Rechte 33 oder die Enteignung zugunsten privater Industriebetriebe 34 gebieten. Welche Maßnahmen die Verwaltung im Einzelfall zu ergreifen oder zu unterlassen hat, um dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen, kann ausgehend von der jeweiligen normativen Regelung nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte festgestellt werden („differenzierende und spezialisierende Interpretation" 3 5 ). In jedem Falle sind das unmittelbar anwendbare Europäische Gemeinschaftsrecht und die Verfassung (GG und die Verfassung des betreffenden Bundeslandes) zu beachten. 18 Die Erfüllung öffentlicher Interessen ist kein Monopol der öffentlichen Verwaltung. Unzweifelhaft handeln auch Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung in Erfüllung öffentlicher Interessen. Darüber hinaus können auch gesellschaftliche Gruppen oder Instanzen öffentliche Aufgaben erfüllen (wie z. B. die Presse 36 ) oder öffentliche Verantwortung tragen (wie Unternehmen, die freiwillig Umweltschutzmaßnahmen durchführen) 3 7 . Schließlich ist es auch privaten Einzelpersonen möglich, im öffentlichen Interesse tätig zu werden — wie das Beispiel der Verfolgung und Festnahme eines flüchtigen Verbrechers durch Passanten zeigt 38 .

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Vgl. etwa § 1 Abs. 2 NWPolG. Vgl. BVerfGE 66, 248, 257; 74, 264, 284ff.; v. Brünneck, N V w Z 1986, 425, 430; ScbmidtAßmann, N J W 1987, 1587ff.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 R n . 4 9 9 f f . Für Enteignungen zugunsten Privater verlangt das BVerfG, daß eine fortdauernde Gemeinnützigkeit des Eigentumsentzuges gesichert ist. W. Martens, (Fn. 26), S. 199. - Z u den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung vgl. Thieme, in: König/v. Oertzen/Wagener (Fn. 1), S. 177 ff. Vgl. auch Wagener (Hrsg.), Zukunftsaspekte der Verwaltung, 1980. Vgl. etwa § 3 NWPresseG. Z u r Unterscheidung von öffentlichen und staatlichen Aufgaben vgl. H. H. Klein, D Ö V 1965, 755 ff.; Peters, in: Festschrift für H. C. Nipperdey, Bd. II, 1965, S. 877 ff.; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 47 ff. Zur Indienstnahme Privater für staatliche Zwecke siehe Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 100 f.; R.Schmidt, in: Achterberg/Püttner, Bes. VwR, Bd. I, 1/1 Rn. 75 ff. Vgl. § 127 Abs. 1 StPO. Vgl. auch § 539 Abs. 1 Nr. 9 RVO.

§1

Verwaltung und Verwaltungsrecht

2. Handeln durch öffentlich-rechtlich

organisierte

III 2

Rechtsträger

Die Tatsache, daß auch Private im Einzelfall im öffentlichen Interesse handeln 1 9 können, darf jedoch nicht den Blick auf den Regelfall verstellen, der eben gerade nicht in der Erfüllung öffentlicher Interessen durch Private liegt. Deshalb kann als weiteres Merkmal der öffentlichen Verwaltung das Handeln durch öffentlichrechtlich organisierte Rechtsträger genannt werden. In der Terminologie der oben vorgenommenen allgemeinen Umschreibung bedeutet dies: Öffentliche Verwaltung im materiellen und im formellen (funktionalen) Sinne wird — im Regelfall - von öffentlicher Verwaltung im organisatorischen Sinne ausgeübt 39 . Der Hinweis auf den Regelfall enthält zugleich die Erwähnung der möglichen Ausnahmen. Zu nennen sind einerseits die sog. Beliehenen 40 , d. h. die mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen ausgestatteten Privatpersonen (Polizeibefugnisse des Flugkapitäns an Bord eines Flugzeuges oder des Feld- und Forsthüters; andere Beispiele: Bezirksschornsteinfeger, Bestattungsverein; TÜV 4 1 ). Andererseits gehören hierhin die Privatrechtsträger, die ausschließlich im Eigentum der öffentlichen Hand stehen 42 . Sie dienen vielfach der Daseinsvorsorge 43 (z. B. Betrieb kommunaler Stadthallen oder kommunaler Verkehrsbetriebe durch städtische Gesellschaften oder Betrieb staatlicher Forschungsaufgaben durch privatrechtliche Stiftungen des Staates 44 ), können aber auch primär wirtschaftliche Zielsetzungen verfolgen. Nicht zur öffentlichen Verwaltung sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu zählen, die in der gesellschaftlichen Sphäre wurzeln 45 (wie die korporierten Religionsgemeinschaften ^ das Bayerische Rote Kreuz und — teilweise — auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten 47 ). Auszuklammern sind ferner die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß an ihnen neben einem Träger von Staatsgewalt auch Private beteiligt sind (so z. B. die Deutsche Lufthansa-AG, die zu knapp 7 0 % im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland steht) 48 .

Vgl. unten § § 5 5 - 5 7 . Vgl. dazu Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff.; Gallwas, ebd., 211 ff.; v. Mutius, VerwArch. 64 (1973), 433 ff.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975; Greifeid, DÖV 1981, 906 ff., 912; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, 1982; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 104; ferner die Ausf. unten zu § 56 Rn. 26. 41 Vgl. Götz/Lukes, Zur Rechtsstruktur der Technischen Überwachungs-Vereine, 2. Aufl. 1980. 42 Ehlers, J Z 1990, 1089, 1095 f. 43 Zum Begriff vgl. unten § 2 Rn. 5. 44 Zu weiteren Beispielen vgl. B. Becker, ZögU 1 (1978), 1 ff.; Dittmann, DV 1975, 431 ff.; Ehlers (Fn. 25), S. 7 ff.; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 104 a. 45 Näher dazu Mronz, Körperschaften und Zwangsmitgliedschaft, 1973, S. 165 ff. « Vgl. Ehlers, ZevKR 32 (1987), 158 (165 ff.). 47 Vgl. Bullinger, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. VI, § 142 Rn. 89 ff. 48 Allerdings unterstellt das BVerfG auch die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen der Grundrechtsbindung (JZ 1990, 335). Kritisch dazu die Ausf. zu § 3 Rn. 62 a. E.

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§1

III 3

Dirk Ehlers

3. Handlungsfreiheit 20

und

Kontrolle

Merkmal der öffentlichen Verwaltung ist ferner, daß sie umfassender Leitung und Kontrolle unterliegt, jedoch mit großem Handlungspielraum ausgestattet ist 49 . Leitung und Kontrolle sind dabei in weitem Sinne zu verstehen. Geleitet wird die öffentliche Verwaltung zunächst vom Gesetz, das ihr als Rahmen und Aufgabe vorgegeben und aufgegeben ist. Anders als das Parlament kann die Verwaltung Gesetze nicht ändern, und anders als die Verfassungsgerichte kann die Verwaltung Parlamentsgesetze nicht aufheben 50 . Geleitet und kontrolliert wird die Verwaltung durch die ihr eigentümliche Entscheidungsfindungsstruktur, die — auch in den Formen des Kollegialprinzips oder des Teamworks — hierarchisch gebunden und der Regierung nachgeordnet ist. Rechtsaufsicht (d. h. Aufsicht über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns), Fachaufsicht (d. h. Aufsicht über die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns) und Dienstaufsicht (d. h. Aufsicht vornehmlich über die Erfüllung der Pflichten der einzelnen Bediensteten) mögen hier als Stichworte genügen 51 . Kontrolle der Verwaltung findet auch in der Form des Rechtsschutzes des einzelnen gegen Handlungen oder Unterlassungen der Verwaltung durch die Gerichte — insbesondere die Verwaltungsgerichte — statt 52 . Nicht justizförmig, aber oft nicht weniger wirksam ist die Kontrolle durch die öffentliche Meinung, vor allem durch die Massenmedien (Presse, Hörfunk, Fernsehen). Auch Petitionen53 können in diesem Zusammenhang genannt werden, selbst wenn ihre Wirkung als Kontrollinstrument nicht allzuhoch veranschlagt werden kann. Daneben gibt es zahlreiche sonstige informelle individuelle Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Verwaltung, z. B. im Bereich der Schule durch Schüler, Eltern, Verbände usw. Insgesamt gesehen steht die Verwaltung unter dem ständigen Druck individueller oder organisierter Einwirkungen 54 , nicht zuletzt heute auch von Bürgerinitiativen55.

Vgl. dazu W. Schmidt, Einf. VwR, Rn. 69 ff. Z u r Verwaltungskontrolle durch Regierung und Parlament vgl. Klatt, Z B R 1986, 65 ff. 50 Z u r Geltungsprüfung vgl. Wolff/Bachof, VwR I, § 28 II, sowie unten § 3 Rn. 10, 22. 51 Vgl. zur Fach- und Dienstaufsicht die Legaldefinitionen der §§ 12, 13 N W L O G . Die obersten Behörden unterliegen ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle. Vgl. Ehlers (Fn. 25), S. 124 ff.; Oebhecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, 1986, S. 95 ff.; Haverkate, VVDStRL 46 (1988), S. 217, 223 f. 5 2 Vgl. dazu Scholz, VVDStRL 3 4 (1976), S. 145 ff.; Schmidt-Aßmann, ebd., S. 221 ff. » Z u m Begriff „Petition" vgl. BVerwG N J W 1976, 637. 5 4 Vgl. dazu W. Schmidt, VVDStRL 33 (1975), S. 183 ff.; Bartlsperger, ebd., S. 221 ff. 55 Z u Bürgerinitiativen allg. vgl. Blümel, in: Festschrift für W. Weber, 1974, S. 541; Schuppert, A ö R 102 (1977), 369 ff.; W. Schmidt, J Z 1978, 293 ff.; Guggenberger, Bürgerinitiativen in der Parteiendemokratie, 1980; C. Meyer-Tasch, Die Bürgerinitiativbewegung, 1985. - Z u m Begriff „Bürgerinitiative": B G H D Ö V 1979, 641, 642.

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Verwaltung und Verwaltungsrecht

§1

III 3

Trotz dieses Bündels von Leitung und Kontrolle bleibt der öffentlichen Verwal- 2 1 tung eine weite Handlungsfreiheit. Die öffentliche Verwaltung ist, worauf im Abschnitt „Die Quellen des Verwaltungsrechts" zutreffend hingewiesen wird, eben nicht „eingeklemmt zwischen erster und dritter Gewalt" 5 6 . Für das Verhältnis zur dritten Gewalt — insbesondere also zur Verwaltungsge- 2 2 richtsbarkeit 57 - ist dies offenkundig: Eine gerichtliche Kontrolle findet nur statt, wenn gerichtlicher Rechtsschutz begehrt wird („Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter"), also nur in den Fällen, in denen das Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung auf das Äußerste gestört ist. Gemessen an der Gesamtzahl der täglich vorgenommenen Verwaltungshandlungen bilden die Fälle, die vor Gericht kommen, nur einen winzigen Bruchteil. Zwar gibt es keine genaue Statistik über die Zahl der Verwaltungshandlungen in der Bundesrepublik Deutschland, und eine solche könnte wohl auch gar nicht erstellt werden, zumal wenn man sich vor Augen hält, daß z. B. auch jede mündlich gegebene Anweisung eines Polizeibeamten und jedes Signalzeichen einer Verkehrsampel eine Verwaltungshandlung darstellt; aber anhand der bekannten Zahl der Gerichtsverfahren wird eine Schätzung nicht fehlgehen, die das Verhältnis verwaltungsrechtlicher Streitfälle zu den nicht streitigen Fällen weit unterhalb der Promille-Grenze ansetzt. Zur Veranschaulichung: Im Bezirk der Oberpostdirektion Hamburg wurden im Jahre 1990 rund 21 Mill. Fernmelderechnungen abgesandt; davon wurden 4 5 0 0 hinsichtlich der Gebührenhöhe auf Verlangen der Fernsprechteilnehmer überprüft; in 13 (!) Fällen haben Fernsprechteilnehmer den Rechtsweg beschritten. Seit einigen Jahren bahnt sich allerdings eine neue Entwicklung an. Mehr und mehr werden die Gerichte angerufen. So stieg die Zahl der Neuzugänge bei den Verwaltungsgerichten im Land Rheinland-Pfalz von 1971 bis 1980 um 250% an 58 . Die Feststellung ist kaum übertrieben, „daß heute keine Ablehnung eines Asylantrages und keine Genehmigung oder Planfeststellung eines Großvorhabens rechtskräftig wird, bevor nicht alle Instanzen — und wenn es geht auch mehrfach — angerufen worden sind" 5 9 . Einwendungen und Klagen gegen Bauvorhaben werden organisiert und gebündelt; sie führen zu der neuen Erscheinung von sog. Massenverfahren60. Im Planfeststellungsverfahren gegen die Erweiterung

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Unten § 5 Rn. 1 ff. Dazu: Scholz, VVDStRL 34 (1976), S. 145 ff.; Schmidt-Aßmantt, ebd., S. 221 ff.; Papier, Die Stellung der Verwaltungsgerichtsbarkeit im demokratischen Rechtsstaat, 1979. LT Rhld.-Pf.-Drucks. 9/1775, S. 1, mit dem Hinw.: „Auch für die Zukunft dürfte wegen der umfangreichen Tätigkeit von Rechtsschutzversicherungen, als Folge des Inkrafttretens des Gesetzes über die Prozeßkostenhilfe und wegen teilweise mangelnder Akzeptanz von Rechtsnormen eine Tendenzwende nicht zu erwarten sein." Evers, AöR 105 (1980), 663. Vgl. dazu Gerhardt/Jacob, DÖV 1982, 345 ff.; ]. Meyer-Ladewig, NVwZ 1982, 349 ff.; Schmel, Massenverfahren vor den Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten,

1982; }. Schmidt, DVB1. 1982, 148 ff.

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§ 1 III 3

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Ingo von Münch

des Flughafens D ü s s e l d o r f wurden ca. 3 0 0 0 0 E i n w e n d u n g e n e r h o b e n , gegen das K e r n k r a f t w e r k Wyhl c a . 1 0 0 0 0 0 6 1 . W a s das Verhältnis der öffentlichen V e r w a l t u n g zum ( P a r l a m e n t s - ) G e s e t z betrifft, so besteht hier aufgrund des D e m o k r a t i e g e b o t e s und des R e c h t s s t a a t s g e botes eine strikte B i n d u n g der Verwaltung an das G e s e t z 6 2 . D e n n o c h führt diese B i n d u n g weder rechtlich n o c h t a t s ä c h l i c h zum „ E i n g e k l e m m t - S e i n " der V e r w a l t u n g 6 3 . G e w i ß gibt es S i t u a t i o n e n , in denen ein Gesetz so eindeutige, detaillierte und zwingende Verhaltensweisen v o r s c h r e i b t , d a ß die ö f f e n t l i c h e Verwaltung nur Vollzugsorgan ist. A b e r dem steht die g r o ß e Z a h l der S i t u a t i o n e n gegenüber, in denen das Gesetz die Verwaltung a m langen Z ü g e l laufen läßt, indem es ihr einen Beurteilungsspielraum e i n r ä u m t oder ihr freistellt, ob sie tätig wird (Entschließungsermessen) bzw. wie sie tätig wird ( A u s w a h l e r m e s s e n ) 6 4 . So hat das L G H a n n o v e r 6 5 — in diesem Fall allerdings w o h l fälschlich — es für r e c h t m ä ß i g e r k l ä r t , d a ß die Polizei a u f A n w e i s u n g des L a n d e s i n n e n m i n i s t e r s f ü n f T a g e lang der g e w a l t s a m e n B l o c k a d e und völligen L a h m l e g u n g des S t r a ß e n b a h n - und O m n i b u s v e r k e h r s in H a n n o v e r zusah, o h n e einzugreifen. Auch h a b e n die G e r i c h t e den Polizei- und O r d n u n g s b e h ö r d e n hinsichtlich des Z e i t p u n k t e s der R ä u m u n g widerrechtlich besetzter H ä u s e r einen weiten Spielraum zugestand e n 6 6 . Z w a r k a n n die E n t s c h e i d u n g der B e h ö r d e , in e i n e m b e s t i m m t e n Fall nicht tätig zu w e r d e n , in e i n e m so h o h e n M a ß e fehlerhaft sein, d a ß sie nicht m e h r von der Entscheidungsfreiheit der Verwaltung gedeckt i s t 6 7 . J e d o c h sind diese Zum Einfluß der Großtechnik auf Verwaltungs- und Prozeßrecht vgl. H. Hofmann, UPR 1984, 73 ff. 62 Vgl. dazu Stern, StR, Bd. 1, § 20 IV 4 b a, ß: negative und positive Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. ^ Vgl. Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, 1985. 64 Zu Gestaltungsfreiheit, Beurteilungsspielraum, Ermessen und gesetzesfreien Verwaltungsakten vgl. unten § 10 Rn. 3 ff., sowie Stern, StR, Bd. II, § 4 1 III 3 ß, y; Badura, in Festschrift für Bachof, 1984, S. 169 ff.; Bullinger, J Z 1984, 1001 ff.; Brohm, DVBl. 1986, 321 ff. « DVBl. 1970, 520 ff. 66 Vgl. VG Berlin DVBl. 1981, 785 f.; VG Freiburg VB1BW 1987, 349 ff; siehe auch Schlink, NVwZ 1982, 529 ff. 67 Vgl. dazu BVerwGE 11, 95, 97 - Belästigung der Nachbarn eines Kohlen- und Fuhrgeschäfts durch Staub und Lärm; BVerwGE 37, 112, 113 - Versperrung einer Garagenausfahrt; BGH VerwRspr. 5 (1953), 319ff. - Minen im Garten; BGH VerwRspr. 5 (1953), 832 ff. - Räuberbande; OVG Saarlouis N J W 1976, 908 - Anspruch des Nachbarn auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten; OVG Hamburg N J W 1977, 1254 — Pflicht der Universität zur Ermöglichung des Vorlesungsbesuches bei Vorlesungsboykott; OVG Berlin N J W 1980, 2484 - Ansprüche eines Obdachlosen auf zeitlich beschränkte polizeiliche Wiedereinweisung in gekündigte Wohnung, s. dazu Greifeid, JuS 1982, 819; VGH Kassel N J W 1984, 2305 - Beseitigung des Zustands der Obdachlosigkeit; OVG Lüneburg N J W 1985, 2966 u. BVerfG N J W 1987, 1096 Errichtung einer Ampelanlage.

61

12

§ 1 III 4, IV

Verwaltung und Verwaltungsrecht

Fälle der Verpflichtung der Behörden zu einem bestimmten Handeln (und eines entsprechenden Anspruchs des Bürgers darauf) nicht notwendige Folge der gesetzlichen Bindung der Verwaltung an das Gesetz; eine derartige Bindung würde auch, weil das Gesetz selbst bei detaillierter Regelung abstrakt bleiben muß, der Gerechtigkeit, die sich letztlich nur am Einzelfall konkretisieren kann, widersprechen: Die Verwaltung hat vor der Gesetzgebung den Vorsprung der Betroffenennähe, d. h. der Nähe der verwalteten Person, der Nähe des verwalteten Raumes und der Nähe der verwalteten Zeit. Deshalb sind Ermessen und Beurteilungsspielraum ein Lebensgesetz der Verwaltung, und der Gesetzgeber wäre gut beraten, nicht durch perfektionistische Gesetze die Entscheidungsfreiheit der Verwaltung zu strangulieren. „Entgesetzlichung" bedeutet nicht „Entrechtlichung" 68 .

4. Handeln in verschiedenen

Rechtsformen

Zu den Merkmalen der öffentlichen Verwaltung gehört schließlich, daß sie in 25 verschiedenen Rechtsformen tätig werden kann. Ganz überwiegend bewegt sich das Handeln der Verwaltung in der Form des öffentlichen Rechts; jedoch bedient sie sich in nicht unerheblichem Umfang auch des Privatrechts. Darauf wird noch einzugehen sein63.

IV. Das Personal der öffentlichen Verwaltung In der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung wurden im Jahre 1986 ca. 26 4,6 Mill. Personen beschäftigt. Dies entspricht einem Anteil von 17,4% an der Zahl der Gesamterwerbstätigen70. Die öffentlichen Bediensteten teilen sich vornehmlich in zwei große Gruppen auf: die Beamten einerseits und die Angestellten bzw. Arbeiter des öffentlichen Dienstes andererseits. Während die Beamten in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, werden die Angestellten und Arbeiter aufgrund privatrechtlicher Dienstverträge beschäftigt. Diese Unterscheidung hat sich historisch herausgebildet. Im Vergleich zu den Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes stehen die Beamten in einer besonders engen Beziehung zum Staat. Dieser soll sich gerade auch in schwierigen Zeiten auf die Beamten verlassen können. Die „hergebrachten

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Zum Problem allg., insbes. auch zur sog. Deregulation, vgl. R. Voigt (Hrsg.), Gegentendenzen zur Verrechtlichung, Jb. f. Rechtssoziologie u. Rechtstheorie, Bd. 9 (1983); D. Strempel (Hrsg.), Mehr Recht durch weniger Gesetze?, Beiträge eines Forums des BMJ zur Problematik der Verrechtlichung, 1987; Laufer, „Der überregelte Staat", in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 15/87 S. 27 ff. Vgl. § 2 R n . 5 8 f f . ; § 3 R n . 62. Vgl. Lecheler, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 72 Rn. 5. 13

§1

IV

Dirk Ehlers

Grundsätze des Berufsbeamtentums" haben in Art. 33 Abs. 5 G G eine verfassungsrechtliche Absicherung erfahren. Zu diesen Grundsätzen gehören insbesondere das Prinzip der Anstellung auf Lebenszeit, das Leistungsprinzip, die überkommenen Beamtenpflichten (z. B. unparteiische und parteipolitisch neutrale Amtsführung, Einsatz der vollen Arbeitskraft, außerdienstliche Verhaltensanforderungen, Streikverbot), das Alimentationsprinzip (Anspruch auf standesgemäße Dienst- und Versorgungsbezüge) und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn 7 1 . Im einzelnen ist das Beamtenrecht insbesondere im Beamtenrechtsrahmengesetz, im Bundesbeamtengesetz und in den Beamtengesetzen der Länder kodifiziert worden. Dagegen wird das Recht der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst in Tarifverträgen (z. B. Bundesangestelltentarifvertrag) geregelt. In ihrem materiellen Gehalt haben sich das Beamtenrecht und das Recht der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in den letzten Jahrzehnten immer mehr angenähert 7 2 . Auch setzen sich die Personalvertretungen in den Verwaltungen aus allen Beschäftigungsgruppen zusammen 7 3 . Nach wie vor gibt es aber einige bedeutende Unterschiede. So gilt das Streikrecht 7 4 und die Sozialversicherungspflicht nur für die Angestellten und Arbeiter 7 5 . 27

Die Wahl zwischen den beamten- und den privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen steht der Verwaltung nicht frei. Nach Art. 33 Abs. 4 G G ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse 7 6 als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Angesichts einer vermehrten „Flucht" der öffentlichen Hand in privatrechtliche Beschäftigungsverhältnisse — im Jahre 1989 standen z. B. rund 150 000 Beamten ca. 840 000 Angestellte und Arbeiter bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden gegenüber 7 7 — ist in vielen Fällen zweifelhaft, ob die Praxis noch mit den grundgesetzlichen Anforderungen in Einklang steht 7 8 .

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76 77 78

14

Vgl. dazu im einzelnen 1. v. Münch, Bes. VwR, S. 36 ff. Vgl. Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bericht der Kommission, 1973, S. 49. Der Vorschlag der Studienkommission, das Dienstrecht für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes nach einheitlichen Grundsätzen zu gestalten, ist in der Praxis nicht aufgegriffen worden. Vgl. z.B. SS 12ff. BPersVG.

H. M. Vgl. Stern, StR, Bd. I, S 11 IV 3 a ß.

Während eines Streiks der Angestellten und Arbeiter sind die Beamten nach h. M. zur Streikarbeit und damit auch zur Verrichtung unterwertiger Arbeit auf bestreikten Arbeitnehmer-Dienstposten verpflichtet (vgl. BVerwGE 69, 208 ff.; BAG J Z 1986, 596ff.; a. A. Rüthers, ArbuR 1987, 37ff.; Büchner, ebd., 60ff.). Vgl. dazu Lecheler, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, S 72 Rn. 26 ff. Vgl. Statistisches Jahrbuch 1990 für die Bundesrepublik Deutschland, 1990, S. 457 f. Kritisch Ehlers (Fn. 25), S. 123, mit Vorschlägen de lege ferenda (S. 520ff.). Zur EGProblematik vgl. S 3 Rn. 30.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§2 Arten der öffentlichen Verwaltung I. Möglichkeiten der Unterteilung In der allgemeinen Umschreibung des Begriffs der öffentlichen Verwaltung 1 war bereits auf die Mehrdeutigkeit dieses Begriffs hingewiesen worden. Geburtshilfe in einem städtischen Krankenhaus, Benotung einer Klassenarbeit in der Schule, Anschaffung von Heizöl für eine Universität, Verkehrsregelung durch Polizeibeamte usw. — alle diese Vorgänge haben einen Bezug zur öffentlichen Verwaltung, aber offensichtlich zu verschiedenen Arten der Verwaltung. An Versuchen, die verschiedenen Arten der Verwaltung in Kategorien zu unterteilen, hat es in der Verwaltungsrechtswissenschaft nicht gefehlt. Die verschiedenen Arten der Einteilung werden dabei an unterschiedliche, aber einander nicht immer ausschließende Gesichtspunkte angeknüpft, so daß insgesamt ein sich vielfältig überschneidendes Bild entsteht 1 . Zunächst kann die Unterteilung der Arten der Verwaltung an die Organisa- 2 tion, genauer: an den Träger, anknüpfen 2 — dann ergibt sich die Dreiteilung von Bundesverwaltung, Landesverwaltung und Kommunalverwaltung. Innerhalb der Staats(Bundes- oder Landes-)verwaltung kann weiter danach aufgefächert werden, ob sie unmittelbar durch ihre eigenen Behörden handelt (unmittelbare Staatsverwaltung) oder durch rechtlich verselbständigte Verwaltungseinheiten, die eigene Rechtsfähigkeit oder Teilrechtsfähigkeit besitzen (mittelbare Staatsverwaltung). Mittelbare Staatsverwaltung kann erfolgen durch Körperschaften des öffentlichen Rechts, d. h. mitgliedschaftlich strukturierte Verbände (z. B. Universität; Industrie- und Handelskammer), durch rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, d. h. Bestände an Sachmitteln, die in der Regel Benutzern zur Verfügung stehen (z. B. Bundesanstalt für den Güterfernverkehr, Sparkassen) 3 , und durch rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts, d. h. einem bestimmten Zweck gewidmete Vermögensmassen (z. B. Stiftung Preußischer Kulturbesitz; Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" [Contergan-Stiftung]; Stiftung „Mutter und Kind"). Eine andere Möglichkeit der Unterteilung der Arten der Verwaltung stellt auf 3 die Rechtsform4 ab: Wird die Verwaltung in der Form des öffentlichen Rechts tätig, so spricht man von hoheitlicher Verwaltung, während die in der Form des Privatrechts tätige Verwaltung als fiskalische Verwaltung bezeichnet wird.

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2

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Vgl. Wolff/Bachof, V w R I, § 3. Vgl. dazu im einzelnen § § 5 5 — 57; F. Mayer/F. Kopp, Allg. VwR, § 4 ; Eiselsteirt, JuS 1987, 30 ff. Zur öffentlich-rechtlichen Anstalt vgl. Löwer, DVB1. 1985, 928 ff.; K. Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 ff.; R. Breuer, ebd., S. 2 1 1 ff. Vgl. dazu Wolff/Bachof, VwR I, § 23, sowie unten § 2 Rn. 58.

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Ingo von Münch Wiederum eine andere Unterteilung geht von den Verwaltungsaufgaben und der Art ihrer Erfüllung aus: Gefahrenabwehr erfolgt vor allem durch Eingriffsverwaltung (z. B. Polizei; Ordnungsbehörden) 5 ; Eingriffsverwaltung ist auch die der Deckung des Finanzbedarfs dienende Abgabenverwaltung (Finanz- und Steuerbehörden). Demgegenüber erfolgt die Deckung des Personal- und Sachbedarfs durch die Bedarfsverwaltung (auch Intendanturverwaltung genannt) nur zu einem geringen Teil im Wege des Eingriffs — die Einstellung eines Bewerbers als Beamter ist zwar ein Hoheitsakt, aber kein Eingriff, und der Kauf von Heizöl ist noch nicht einmal ein Hoheitsakt, geschweige denn ein Eingriff. Bedarfsverwaltung im Sinne der Anschaffung der für die Verwaltungstätigkeit notwendigen Sachgüter (sog. Hilfsgeschäfte der Verwaltung)6 liegt dagegen nicht vor, wenn die öffentliche Hand eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit ausübt (z. B. Verkauf von Bier aus einer landeseigenen Brauerei; Verkauf von Holz aus einem Gemeindewald) 7 . Bedarfsverwaltung und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand haben aber — von den wenigen Ausnahmefällen abgesehen, in denen die Bedarfsverwaltung mit dem Mittel des Eingriffes tätig wird — gemeinsam, daß beide Tätigkeiten im Bereich der fiskalischen Verwaltung anzusiedeln sind. Der Daseinsvorsorge, d. h. der „Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse 5 zu sozial angemessenen Bedingungen" (Forsthoff), dient die Leistungsverwaltung (z. B. Arbeitsvermittlung; Sozialhilfe; Wirtschaftsförderungsverwaltung), die überwiegend gewährend, aber auch — obschon in geringerem Maße — eingreifend tätig wird 8 . Neben die Leistungsverwaltung wird vereinzelt noch ein Begriff der Lenkungsverwaltung gestellt; Merkmal der Lenkungsverwaltung soll nicht die Befriedigung eines Bedürfnisses sein, sondern die Gestaltung, wofür als Beispiel die sozial- oder wirtschaftspolitische Subventionsgewährung genannt wird 9 . Leistungsverwaltung und Lenkungsverwaltung lassen sich jedoch im Grunde nicht trennen; auch besteht, wenn der Begriff der Leistungsverwaltung weit genug gefaßt wird, kein Bedürfnis für eine solche Unterscheidung. Nur der einzelne Verwaltungsakt kann, wenn überhaupt, als eingreifend, leistend, planend oder ordnend charakterisiert werden 10 .

4

6

Im traditionellen Schema der Arten der Verwaltung fand die planende Verwaltung (z. B. Ausarbeitung eines Stadtentwicklungsplanes in einer Stadtverwaltung) keinen Platz; die wachsende Bedeutung dieses Bereiches der Verwaltung und

5 6 7 8 9 10

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Dazu unten § 2 Rn. 45 f. Dazu unten § 2 Rn. 60; § 3 Rn. 62. Zur Frage, ob eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit überhaupt zulässig ist, vgl. § 2 Rn. 62f. Dazu unten § 2 Rn. 47 ff. Badura, DÖV 1966, 630. Vgl. auch Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee und System, 1982, S. 21 f., zur sog. verteilenden Verwaltung. Schnapp, DÖV 1986, 812; Wallerath, Allg. VwR, $ 2 1 2 .

§ 2 II 1

Verwaltung und Verwaltungsrecht

seine Verschiedenheit von den übrigen Arten der Verwaltung lassen es aber heute angebracht erscheinen, sie gesondert aufzuführen 11 . Neben den hier genannten Arten der Verwaltung wird schließlich noch nach 7 dem Ausmaß der Bindung an das Gesetz unterschieden zwischen bestimmt gebundener, unbestimmt gebundener, ermessenfreier und frei gestaltender Verwaltung 12 . Jedoch handelt es sich bei dieser Unterscheidung nicht im eigentlichen Sinne um Arten der Verwaltung.

II. Hoheitliche Verwaltung 1. Die Unterscheidung

zwischen öffentlichem

Recht und

Privatrecht

Unterteilt man die Verwaltung danach, ob sie in öffentlich-rechtlicher oder 8 privatrechtlicher Form tätig wird, stellt sich zunächst die Frage, welche Bedeutung der Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht heute noch zukommt (a)). Zu untersuchen ist ferner, wie sich beide Rechtsgebiete auseinanderhalten lassen (b)) und wann das öffentliche, wann das private Recht gilt (c)). Schließlich sollen auch die Einwirkungen des öffentlichen und privaten Rechts aufeinander einer kurzen Betrachtung unterzogen werden (d)). a) Die Bedeutung

der Unterscheidung

von öffentlichem

und privatem

Recht.

Im Schrifttum ist die Ansicht vertreten worden, der Unterschied von öffentlichem und privatem Recht sei „nahezu völlig zertrümmert" und habe seine „Existenzberechtigung verloren" 13 . So wird darauf hingewiesen, daß die Zweiteilung der Rechtsordnung auf der überholten Vorstellung einer Trennung von Obrigkeitsstaat und bürgerlicher Gesellschaft beruhe. Auch seien Rechtsgebiete wie das Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialrecht längst aus dem Privatrecht herausgewachsen, ohne deshalb dem öffentlichen Recht zugerechnet werden zu können. Dieser Ansicht kann indessen nicht gefolgt werden. Zunächst ist zu berücksichtigen, daß sich die Zweiteilung des Rechts in öffentliches und privates Recht in einem langen geschichtlichen Prozeß 14 als qualitative Differenzierung innerhalb der Rechtsordnung herausgebildet hat. Sie beruht auf der Annahme, daß für den Staat prinzipiell andere Regelungen als für den einzelnen gelten müssen. An der Notwendigkeit einer Unterscheidung von Staat und Gesellschaft hat sich 11

12 13

14

Dazu unten § 2 Rn. 56 f. Wolff/Bachof, VwR I, § 3 Ie. Wiethölter, Rechtswissenschaft, 1968, S. 23, 167 f. Zur Kritik der Zweiteilung des Rechts in öffentliches und privates Recht vgl. ferner van der Veen, in: Festschrift für Nipperdey, Bd. II, 1965, S. 681 ff.; dens., in: Festschrift für Reinhardt, 1972, S. 167 ff.; Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, 1968, S. 75 ff. Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 30 ff.; Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. I, 1988, S. 126 ff., 394 ff. Nach Wyduckel, J u S Publicum, 1984, S. 111 ff., ist die Zweiteilung des Rechts nicht erst in der Zeit des Absolutismus, sondern schon weit davor entstanden.

17

9

§ 2 II 1

Dirk Ehlers

ungeachtet zahlreicher faktischer Verschränkungen rechtlich gesehen bis heute nichts geändert. So garantiert die Rechtsordnung dem Privaten eine Freiheit, die dem durch die Verfassung gebundenen Staat gerade nicht zukommt. Umgekehrt sind allein dem Staat zahlreiche Aufgaben und Befugnisse vorbehalten, damit dieser seiner Friedenssicherungsfunktion und Gemeinwohlverantwortung gerecht werden kann. 10 Vor allem aber knüpft das geltende Recht an die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht an. Beispielsweise hängt die Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten davon ab, ob das „bürgerliche Recht" (Art. 74 Nr. 1 GG) oder das öffentliche Recht betroffen ist 15 . Die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten lediglich für die „öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit" (§ 1 Abs. 1 VwVfG). Verwaltungsakt und verwaltungsrechtliche Verträge können schon nach ihren Legaldefinitionen nur „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" erlassen bzw. abgeschlossen werden (§§ 35, 54 VwVfG). Öffentlichrechtliche und privatrechtliche Entgelte unterliegen jedenfalls zum Teil anderen Anforderungen. So gilt etwa das Kostendeckungsprinzip vielfach für öffentlichrechtliche, nicht aber für privatrechtliche Entgelte. Auch beziehen sich die Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes lediglich auf die Vollstrekkung „öffentlich-rechtlicher" Geldforderungen (§ 1 VwVG). Eine Baugenehmigung oder eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben „öffentlich-rechtliche Vorschriften" nicht entgegenstehen (z. B. § 7 0 NWBauO; § 6 Nr. 2 BImSchG). Bestimmte Angehörige des öffentlichen Dienstes stehen in einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis" (Art. 33 Abs. 4 GG), andere in einem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis. Verletzt jemand „in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes" (d. h. im Zusammenhang mit einem öffentlich-rechtlichen Tätigwerden16) seine Amtspflicht, greift eine besondere Staatshaftung (Art. 34 GG), ansonsten die privatrechtliche Haftung ein. Für „öffentlich-rechtliche Streitigkeiten" sind die Verwaltungsgerichte (z. B. § 40 Abs. 1 VwGO) oder Verfassungsgerichte (z. B. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG), für „alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten" die ordentlichen Gerichte (§ 13 GVG) zuständig. 11

Im übrigen ist die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht auch dem Recht der Europäischen Gemeinschaften bekannt, wie Art. 181 EWGV oder verschiedene Richtlinien der EG 1 7 zeigen. In diesem Rechtsgebiet kommt der Trennung von öffentlichem Recht und Privatrecht bisher allerdings keine systemprägende Bedeutung zu. Das Gemeinschaftsrecht ist (bei Zugrundelegung der sogleich zu behandelnden Unterscheidungskriterien von öffentlichem und 15

16 17

18

So hat e t w a das BVerfG (BVerfGE 61, 149 ff.) das Staatshaftungsgesetz des Bundes für nichtig erklärt, weil es sich nicht um eine Angelegenheit des bürgerlichen Rechts, sondern des öffentlichen Rechts gehandelt habe und dem Bund insoweit keine umfassende Regelungskompetenz zustehe. Näher dazu § 5 1 R n . 7 f . Vgl. etwa ABl. L 2 1 0 / 1 v. 2 1 . 7 . 1983; ABl. C 2 6 4 / 2 2 v. 16. 10. 1989.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§ 2 II 1

privatem Recht) ganz überwiegend dem öffentlichen Recht zuzuordnen, da zumindest einer der angesprochenen Adressaten in der Regel ausschließlich ein Organ der EG oder ein Mitgliedstaat ist. Auch kennt das Gemeinschaftsrecht keine ausgebaute Privatrechtsordnung. Schließlich gibt es nur eine Gerichtsbarkeit. b) Die Unterscheidung der Rechtsgebiete. Bei der Abgrenzung von öffent- 12 lichem und privatem Recht geht es um die Unterscheidung von Rechtssätzen, nicht um die Qualifizierung von Rechtsverhältnissen oder Handlungsweisen18. Um die Rechtssätze dem einen oder anderen Rechtsgebiet zuweisen zu können, haben Rechtsprechung und Schrifttum eine Vielzahl von Theorien entwickelt. Im Jahre 1904 wurden bereits 17 solcher Theorien gezählt19. Heute sind etliche dazugekommen20. Im wesentlichen wird aber nur über drei Theorien gestritten: nämlich die Interessen-, die Subordinations- und die Subjektstheorie. Die Gerichte haben es bisher vermieden, sich generell auf eine dieser Theorien festzulegen. Sie bedienen sich vielmehr je nach Sachverhaltsgestaltung mal des einen, mal des anderen Ansatzes21. Jedoch kann die Subjektstheorie als diejenige Theorie bezeichnet werden, die heute in Rechtsprechung und Schrifttum vorherrscht. Eines Eingehens auf die Theorien bedarf es nur, wenn ein Zweifelsfall gegeben ist. Die Interessentheorie (die sich u. a. auf eine dem römischen Juristen Ulpian 13 zugeschriebene Digestenstelle beruft22) weist diejenigen Rechtssätze, die dem öffentlichem Interesse oder Allgemeininteresse dienen, dem öffentlichen Recht zu. Dagegen soll es sich um Privatrecht handeln, wenn die Rechtssätze Privatoder Individualinteressen im Auge haben 23 . Gegen diese Art der Abgrenzung spricht, daß öffentliche und individuelle Interessen keine unbedingten Gegensätze sind (wie schon die Grundrechtsbestimmungen zeigen) und sich die öffentlichen Interessen nicht hinreichend präzise definieren lassen. Die Interessentheorie wird daher - als alleiniger Ansatz für die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht — kaum noch vertreten. Erichsen, Jura 1982, 537 ff.; Christ, Die Verwaltung zwischen öffentlichem und privatem Recht, 1984, S. 26 ff.; Ehlers (Fn. 14), S. 52ff. " Holliger, Das Kriterium des Gegensatzes zwischen dem öffentlichen und dem Privatrecht, 1904, S. 11 ff. 2 0 Z. B. die „Wichtigkeitstheorie" (Püttner, Allg. VwR, S. 73), die „Traditionstheorie" (Püttner, ebd., S. 74; Bull, Allg. VwR, Rn. 115), die „Sachwaltertheorie" (Achterberg, Allg. VwR, § 1 Rn. 27, 30), die „Hoheitstheorie" (Zuleeg, VerwArch. 73 [1982], 384, 393 ff.) und die „Kompetenztheorie" (Gern, ZRP 1985, 56, 59f.). 21 Kritisch zum Hin- und Herspringen der Rechtsprechung Bachof, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerwG, 1978, S. 6. 22 Publicum ius est quod ad statum rei Romanae spectat, privatum quod ad singulorum utilitatem: sunt enim quaedam publice utilia, quaedam privatim! (Dig. 1, 1, 1, 2). 23 Vgl. etwa BVerfGE 58, 300, 344; BVerwGE 13, 47, 49 f.; 35, 103, 106; 38, 205, 206; 47, 229, 230; 247, 250; Eyermann/Fröhler, VwGO, § 40 Rn. 5; Redeker/ v. Oertzen, VwGO, § 40 Rn. 8; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 1 Rn. 55. 18

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§2

II 1

Dirk Ehlers

14

Nach der Subordinationstheorie (auch Subjektionstheorie genannt) sind Rechtssätze, die das Verhalten von Hoheitsträgern regeln, dann öffentlichrechtlich, wenn sie ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis betreffen. Dagegen sind Rechtssätze, die sich auf ein Gleichordnungsverhältnis beziehen, dem Privatrecht zuzuordnen24. Ob die Über- bzw. Unterordnung nicht Voraussetzung, sondern Folge der Anwendung öffentlichen Rechts ist, mag hier dahinstehen. Jedenfalls zeigen sich die Schwächen der Subordinationstheorie, wenn es darum geht, Rechtssätze zu klassifizieren, welche die Verwaltungsorganisation, den Abschluß von Verwaltungsverträgen, die Vornahme exekutiver Realakte (z. B. Erteilung von Auskünften oder Vornahme von Verrichtungen) oder eine Anspruchsberechtigung der Verwaltung (z. B. auf Erstattung zuviel gezahlter Gelder) regeln. Obwohl in solchen Fällen ein Über- oder Unterordnungsverhältnis nicht ersichtlich ist, besteht Übereinstimmung darüber, daß derartige Rechtssätze dem öffentlichen Recht angehören oder zumindest angehören können. 15 Für die Subjektstheorie liegt der Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Recht in der Verschiedenheit der Zuordnungssubjekte der die Rechtsordnung bildenden Rechtssätze 25 . Normen, die jedermann berechtigen und verpflichten (wie z. B. § 433 BGB), gehören dem Privatrecht an. Dagegen sind Rechtssätze, die sich an den Staat wenden (wie z. B. die Vorschriften des Polizeirechts), dem öffentlichen Recht zuzurechnen. Da sich das öffentliche Recht als Sonderrecht des Staates entwickelt hat, vermag diese Art der Abgrenzung grundsätzlich zu überzeugen. Die genaue Fassung der Subjektstheorie bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten. Im wesentlichen wird die Theorie heute in einer formalen und einer materiellen Ausprägung vertreten. 16 Nach der üblicherweise zugrundegelegten, von H. J. Wolff entwickelten formalen Subjektstheorie ist öffentliches Recht „der Inbegriff derjenigen Rechtssätze, deren berechtigtes oder verpflichtetes Zuordnungssubjekt ausschließlich ein Träger hoheitlicher Gewalt ist" 26 . 17 Fraglich ist bereits, welche Rechtsgebilde als Träger hoheitlicher Gewalt anzusehen sind. Geht man davon aus, daß sich Hoheitsgewalt durch die Fähigkeit zu einem Handeln nach Maßgabe öffentlichen Rechts auszeichnet, wird der zu definierende Begriff in der Definition vorausgesetzt27. Auch sprechen viele

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Vgl. BVerwGE 14, 1, 4; 29, 159, 161 f.; 37, 243, 245; BGHZ 14, 222, 227; 66, 229, 233 ff.; 67, 81, 84 f., 86 f., 92; BGH NJW 1978, 1860 f. Eyermann/Fröhler, VwGO, § 40 Rn. 4; Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts und Verwaltungsprozeßrechts, 3. Aufl. 1988, S. 15; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 1 Rn. 54. Zum Unterschied der sog. älteren und neueren Subjektstheorie vgl. Wolff/Bachof, VwR I, § 22 II c; Bachof (Fn. 21), S. 8; Faber, VwR, S. 125. Wolff/Bachof, VwR I, § 22 II c. Grundsätzlich zustimmend Erichsen, Jura 1982, 540 ff.; D. Schmidt, Die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht, 1985, S. 149 ff. Vgl. Erichsen, Jura 1982, 540. Ob es weiterhilft, stattdessen auf den Staat oder auf eine seiner Untergliederungen abzustellen (Erichsen, ebd.), ist allerdings ebenfalls zweifelhaft. Versteht man unter den Untergliederungen nur solche öffentlich-rechtlicher

Verwaltung und Verwaltungsrecht

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Vorschriften des öffentlichen Rechts sowohl den Staat als auch den Bürger an. So verpflichten die Grundrechte den Staat und berechtigen den Bürger. Notwendig ist also nur, daß eines der angesprochenen Zuordnungssubjekte ausschließlich ein Träger von Staatsgewalt ist. Des weiteren entziehen sich die Organisationsnormen, die den Hoheitsträger erst konstituieren, bei dieser Fassung der Subjektstheorie der Einordnung. Am schwersten wiegt der Einwand, daß die Anknüpfung am Zuordnungssubjekt eines Rechtssatzes kein endgültiges Urteil über den Rechtscharakter des Rechtssatzes erlaubt 2 8 . Einerseits gibt es Rechtssätze, die an einen Träger von Staatsgewalt adressiert sind, diesen aber nur in seiner Eigenschaft als Privatrechtssubjekt ansprechen und deshalb dem Privatrecht angehören 2 9 . So bestimmt z. B. § 2 4 S. 1 Nr. 2 AGB-Gesetz, daß bestimmte Vorschriften des AGB-Gesetzes auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden, keine Anwendung finden. Obwohl eines der Zuordnungssubjekte dieses Rechtssatzes eine juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist, dürfte kein Zweifel daran bestehen, daß die Vorschrift privatrechtlichen Charakter hat (nur dann besteht überhaupt eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes). Ebenso sind die Tarifordnungen der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, die deren privatrechtliche Verhältnisse regeln, dem Privatrecht zuzuordnen, obwohl die Tarifpartner der Angestellten und Arbeiter juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Keineswegs werden damit die (Außen-)Rechtsbeziehungen zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts und ihren Angestellten und Arbeitern dem öffentlichen Recht unterstellt. Es ist auch nicht ersichtlich, warum es dem Gesetzgeber verwehrt sein sollte, Sonderprivatrecht für die Träger von Staatsgewalt zu schaffen. Das Privatrecht kennt im übrigen weitere Sonderrechte (z. B. für die Kaufleute im H G B ) . Leugnet man die Möglichkeit, die Träger von Staatsgewalt in ihrer Eigenschaft als Privatrechtssubjekte anzusprechen, müßte man ihnen konsequenterweise auch die Fähigkeit absprechen, privatrechtlich handeln zu können' 0 . Ein solches Ergebnis stünde indessen offensichtlich im Gegensatz zum

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Art, ergibt sich wiederum das Problem einer definitio per ídem. Bezieht man auch privatrechtliche Untergliederungen ein, müßten bei Zugrundelegung der formalen Subjektstheorie Regelungen, die das Handeln von Privatrechtsträgern regeln (wie z. B. § 7 S. 1 PostG, der die Rechtsverhältnisse der privatrechtlichen Unternehmen der Bundespost dem Privatrecht unterstellt), dem öffentlichen Recht zugeordnet werden. Vgl. dazu Bettermann, NJW 1977, 513, 515 f.; Bachof (Fn. 21), S. 9; Zuleeg, VerwArch. 73 (1982), 384, 403; Ehlers (Fn. 14), S. 58 ff.; dens., DV 20 (1987), 373, 380ff. Auch Wolff räumt diese Möglichkeit ein (vgl. Wolff/Bachof, VwR I, § 22 II c), allerdings ohne sie bei der Formulierung der Subjektstheorie zu berücksichtigen und ohne Kriterien zu nennen, wann der Hoheitsträger als Privatrechtssubjekt berechtigt oder verpflichtet wird. Eine solche Ansicht wird bisher ganz vereinzelt vertreten. Vgl. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, 1986, S. 232 f., 270 ff., 460 ff. Vgl. auch Burmeister, in: Wadle (Hrsg.), Recht und Gesetz im Dialog, 1982, S. 105, 123. 21

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einfachen Gesetzesrecht. Auch das Verfassungsrecht gebietet dem Staat nicht, sich ausnahmslos der Formen des öffentlichen Rechts zu bedienen. Zahlreiche Vorschriften - wie z. B. die Art. 33 Abs. 4, 34 und 93 Abs. 1 Nr. 4 GG zeigen im Wege des Umkehrschlusses vielmehr, daß das Grundgesetz mit einem privatrechtlichen Handeln des Staates rechnet. Zudem gibt es, soweit ersichtlich, keine real existierende Rechtsordnung in der Welt, die — sofern ihr die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht überhaupt bekannt ist — den Staat dazu verpflichtet, ausnahmslos öffentlich-rechtlich tätig zu werden. 19 Andererseits können Rechtssätze dem öffentlichen Recht zuzurechnen sein, obwohl sie an „jedermann" adressiert sind, also nicht speziell einen Träger von Staatsgewalt als Zuordnungssubjekt ausweisen. Dies ist der Fall, wenn ein Rechtssatz in beiden Rechtsgebieten gemeinsam gilt (wie dies etwa auf § 242 BGB zutrifft). Sind gleiche Regelungen im privaten und im öffentlichen Recht angezeigt, ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, inhaltsgleiche Normen des privaten und öffentlichen Rechts zu schaffen. Er kann es vielmehr bei einem Rechtssatz belassen. Der Rechtssatz gehört dann den beiden Rechtskreisen gemeinsam an 31 . Dieses gemeinsame Recht ist keine dritte Kategorie neben dem privaten und öffentlichen Recht, sondern je nach Sachzusammenhang, in dem es im Einzelfall aktuell wird, entweder dem privaten oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen. So gibt § 3 AbgG dem Bewerber um einen Sitz im Bundestag einen Urlaubsanspruch zur Vorbereitung seiner Wahl. Wird der Anspruch von einem Arbeiter oder Angestellten gegen seinen privaten Arbeitgeber geltend gemacht, handelt es sich um Privatrecht. Dagegen liegt öffentliches Recht vor, wenn ein Beamter sich auf die Vorschrift beruft. Die Anhänger der formalen Subjektstheorie müßten dagegen immer Privatrecht annehmen (weil der Rechtssatz sich an „jedermann" wendet). Da die Beurlaubung eines Beamten aber unstreitig ein Vorgang des öffentlichen Rechts ist, käme man zu dem seltsamen, mit dem Sinn der Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht nicht zu vereinbarenden Ergebnis, daß aus einer privatrechtlichen Norm ein Anspruch auf ein öffentlich-rechtliches Verhalten hergeleitet wird. Als weiteres Beispiel für gemeinsames Recht sei auf § 70 Abs. 1 GewO hingewiesen. Nach dieser Vorschrift ist jedermann, der dem Teilnehmerkreis einer festgesetzten Veranstaltung angehört, nach Maßgabe der für alle Veranstaltungsteilnehmer geltenden Bestimmungen zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt. Da die Norm auch private Veranstalter verpflichtet und diese nicht als Beliehene anzusehen sind, müßte sie nach der formalen Subjektstheorie dem Privatrecht zuzurechnen sein. Ist eine Kommune Veranstalterin, halten die Gerichte aber gleichwohl den Verwaltungsrechtsweg für gegeben32. Dies läßt sich damit rechtfertigen, daß sich 31

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Vgl. die Nachw. in Fn. 2 4 . Kritisch z. B. Erichsen, J u r a 1982, 5 4 1 ; D. Schmidt (Fn. 26), S. 2 3 8 ff. Vgl. insbesondere O V G H a m b u r g G e w A r c h . 1987, 3 0 3 , 3 0 4 . Weitere Nachw. der Rspr. bei Wirth, Marktverkehr, Marktfestsetzung, Marktfreiheit, 1985, S. 2 1 1 ff. Vielfach wird auf die Zweistufentheorie abgestellt (z. B. Sieg/Leifermann/Tettinger, GewO,

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der Teilnahmeanspruch nach den Teilnahmebestimmungen richten soll. Da ein privater Veranstalter nur privatrechtliche Teilnahmebestimmungen aufstellen kann, ist der gegen einen solchen Veranstalter gerichtete Anspruch dem privaten Recht zuzuordnen. Handelt es sich bei der Veranstaltung dagegen um eine kommunale öffentliche Einrichtung, modifiziert § 70 Abs. 1 GewO den kommunalrechtlichen Anspruch auf Benutzung öffentlicher Einrichtungen. Dieser ist aber dem öffentlichen Recht zuzurechnen33. Möglicherweise gibt es weitere Fälle, in denen öffentliches Recht anzunehmen 2 0 ist, obwohl der Rechtssatz keinen Träger von Staatsgewalt als Zuordnungssubjekt ausweist. Das soll nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht der Fall sein, wenn ein Rechtssatz isoliert gesehen zwar keinen Hoheitsträger ausdrücklich benennt, der Hoheitsträger aber durch einen anderen Rechtssatz, der im systematischen Zusammenhang mit dem ersten Rechtssatz steht, in diesen einbezogen und dadurch dessen Zuordnungssubjekt wird. Ein solcher Fall soll insbesondere dann vorliegen, wenn ein Hoheitsträger Garant für die Durchsetzung dieses Rechtssatzes ist 34 . So zählen nach dieser Ansicht die Vorschriften des Straßenverkehrsrechts, die sich an jedermann wenden, deshalb zum öffentlichen Recht, weil der Staat die Einhaltung der jedermann obliegenden Pflichten überwacht und erforderlichenfalls erzwingt35. Diese Auffassung läßt allerdings noch viele Fragen offen, weil der Staat zahlreiche Verstöße gegen „Jedermann-Normen" sanktioniert, diese Normen deshalb aber nicht alle zum öffentlichen Recht gezählt werden können. Die materielle Subjektstheorie versucht den Einwänden gegen ein rein formales 21 Abstellen auf das Zuordnungssubjekt Rechnung zu tragen. Nach ihr ist öffentliches Recht die Gesamtheit jener Rechtssätze, bei denen mindestens ein Zuordnungssubjekt ein Träger von Staatsgewalt als solcher ist (weil er als solcher berechtigt, verpflichtet oder organisiert wird) 36 . Als Träger der Staatsgewalt sind neben dem Staat alle Organisationen anzuse- 2 2 hen, hinter denen unmittelbar oder mittelbar allein der Staat steht. Dazu sind nicht nur alle nicht in der gesellschaftlichen Sphäre wurzelnden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sondern auch sämtliche Privatrechtssubjekte zu rechnen, deren unmittelbarer oder mittelbarer Inhaber allein der Staat ist (also z. B. Eigengesellschaften)37. Private Rechtssubjekte und Privatrechtsvereini-

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5. Aufl. 1988, § 70 Rn. 18; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, 1989, § 70 Rn. 27; Wagner, in: Friauf, GewO, 1990, § 70 Rn. 62). Die Anwendung der Zweistufentheorie würde aber den Nachweis voraussetzen, daß § 70 Abs. 1 GewO (jedenfalls auch) öffentlich-rechtlichen Charakter hat. Vgl. Ehlers, in: Achterberg/Püttner, Bes. VwR, Bd. I, 1/2 Rn. 247 m. w. Nachw. Vgl. Bachof (Fn. 21), S. 13. Vgl. auch Barbey, WiVerw. 1978, 77, 82 ff.; W. Schmidt, Einf. VwR, Rn. 214. Vgl. Ehlers, DV 20 (1987), 373, 379. Ähnlich Bachof (Fn. 21), S. 20. Burmeister, in: Prütting (Hrsg.), Recht und Gesetz im Dialog III, 1986, S. 8; Ehlers, J Z 1987, 218, 224; Erichsen, Gemeinde und Private im wirtschaftlichen Wettbewerb, 1987, S. 27. A. A. z. B. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl. 1985, S. 136 f., 141. 23

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gungen, die von mindestens einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und einer privaten Person getragen werden, sind Träger von S t a a t s g e w a l t , wenn und soweit ihnen S t a a t s g e w a l t übertragen w u r d e (Beliehene) 3 8 . O b die R e c h t s s ä t z e einen T r ä g e r der S t a a t s g e w a l t als solchen oder als Privatrechtssubjekt ansprechen, ist den Rechtssätzen im Wege der A u s l e g u n g zu entnehmen. Hierbei kann in Zweifelsfällen auch auf die Kriterien der S u b o r d i n a tions- und Interessentheorie zurückgegriffen werden. H a n d e l t es sich bei den Trägern der S t a a t s g e w a l t nicht u m private R e c h t s s u b j e k t e oder Personen, die in einer jedermann zur Verfügung stehenden R e c h t s f o r m organisiert w o r d e n sind (positiv a u s g e d r ü c k t also u m juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Teile von ihnen), ist in der Regel d a v o n auszugehen, d a ß die Träger als solche berechtigt oder verpflichtet werden. E t w a s anderes gilt, wenn durch Außenrechtssatz eine Verhaltensweise geregelt wird, die sich auf die B e d a r f s d e c k u n g (z. B. A n k a u f von C o m p u t e r n ) , Vermögensverwertung (z. B. Verkauf von a u s r a n gierten Gegenständen) oder Teilnahme a m allgemeinen Wirtschaftsverkehr (z. B. unternehmerische Tätigkeit des Staates) bezieht. Insoweit werden nur mittelbar gegenüber d e m Partner der Rechtsbeziehungen öffentliche Z w e c k e erfüllt (z. B. liegt die B e s c h a f f u n g von Sachen, welche die Verwaltung benötigt, oder die Erzielung von E i n n a h m e n nur mittelbar im öffentlichen Interesse). E s fehlt bisher jedes Anzeichen d a f ü r , d a ß der Gesetzgeber die Träger der S t a a t s g e w a l t insoweit als solche und nicht nur als Privatrechtssubjekte ansprechen will. Selbstverständlich könnte aber in Z u k u n f t e t w a s anderes bestimmt w e r d e n 3 9 . A b g r e n z u n g s p r o bleme ergeben sich, wenn gleichzeitig mittelbar und unmittelbar öffentliche Z w e c k e verfolgt werden (z. B. wenn bei der A u f t r a g s v e r g a b e gezielt b e s t i m m t e Personenkreise bevorzugt werden sollen) 4 0 . Wenden sich die Gesetze ausschließlich an Träger der S t a a t s g e w a l t , die in einer „ J e d e r m a n n - F o r m " organisiert w o r d e n sind (z. B. an Eigengesellschaften), ist im Zweifel d a v o n auszugehen, d a ß die Träger auch als J e d e r m a n n (Privatrechtssubjekte) berechtigt oder verpflichtet werden sollen 4 1 . D a g e g e n dürften Rechtssätze, die sich an Private wenden, denen die Wahrnehmung von S t a a t s a u f g a b e n im Außenverhältnis übertragen w o r d e n ist (Beliehene), diese in der Regel als solche ansprechen, a l s o d e m öffentlichen Recht angehören. 38

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Vgl. aber auch BVerfG J Z 1990, 335, das gemischtwirtschaftliche Unternehmen in bestimmten Fällen an die Grundrechte bindet. Näher dazu § 3 Rn. 62 a. E. So unterwirft z. B. die sog. Überwachungsrichtlinie der EG (RL 665/89 v. 21. 12. 1989, ABl. L 395/33 v. 30 .12.1989) die Vergabe öffentlicher Aufträge zahlreichen Verfahrensbestimmungen (die dem Privatrecht bisher fremd sind). Es ist daher nicht ganz auszuschließen, daß dies den Gesetzgeber veranlassen könnte, einen Teil des Beschaffungswesens künftig „an das grelle Licht des öffentlichen Rechts" (vgl. zum Ausdruck Zuleeg, in: Festschrift für Fröhler, 1980, S. 278) zu ziehen. In vielen Mitgliedstaaten der EG erfolgt die Auftragsvergabe öffentlich-rechtlich, z. B. Frankreich (vgl. E. Schmitz, Das Recht der öffentlichen Aufträge im Gemeinsamen Markt, 1972, S. 36 ff.). Dazu Ehlers (Fn. 14), S. 202ff. Vgl. auch BVerwG DÖV 1990, 614 f.

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c) Die Geltung des öffentlichen und privaten Rechts. Die Unterscheidung des öffentlichen und privaten Rechts sagt noch nichts über die Geltung der beiden Rechtskreise aus. Vielfach kommen für die Beurteilung von Rechtsverhältnissen, an denen die Verwaltung beteiligt ist, sowohl Bestimmungen des öffentlichen als auch des privaten Rechts in Betracht, ohne daß Klarheit darüber herrscht, welche Rechtssatzgruppe zur Anwendung gelangen soll. So nützt es wenig zu wissen, daß Art. 34 GG eine Norm des öffentlichen, § 823 BGB eine Norm des privaten Rechts ist, wenn offen bleibt, welche der beiden Normen auf die schadensverursachende Handlung anzuwenden ist. Ebenso kann nicht zweifelhaft sein, daß die §§54 ff. VwVfG dem öffentlichen, die §§ 433 ff. BGB dem privaten Recht angehören. Die Frage ist aber gerade, ob die einen oder anderen Vorschriften für den von der Verwaltung abgeschlossenen Vertrag maßgebend sind. Erst die Bestimmung des Geltungsbereichs der Rechtssätze entscheidet somit über die Zuordnung des Verwaltungshandelns zum öffentlichen oder privaten Recht 42 . Entscheidend für die Qualifizierung der Verhaltensweisen ist zunächst der Normbezug. Läßt sich das Handeln nur unter einen (Außen-)Rechtssatz des öffentlichen Rechts subsumieren, ist es als öffentlich-rechtlich anzusehen. So stehen für die mit Eingriffsmitteln arbeitende Verwaltung in aller Regel nur öffentlich-rechtliche Normen zur Verfügung. Die Eingriffsverwaltung wird daher öffentlich-rechtlich tätig. Wird umgekehrt der Sachverhalt allein in einer Norm des privaten Rechts geregelt, gilt Privatrecht. Können auf das Handeln sowohl Rechtssätze des öffentlichen als auch des privaten Rechts angewendet werden (wie in der Regel bei vertraglicher Gestaltung) oder fehlt es an speziellen sachverhaltsregelnden Normen (wie z. B. bei einer behördlichen Warnung oder Empfehlung, die sich nur auf eine Aufgabennicht aber auf eine Befugnisnorm stützen kann), soll der Verwaltung nach h. M. eine Wahlfreiheit zwischen öffentlichem und privatem Recht zustehen43. Die Wahlfreiheit wird sowohl auf die Organisations- als auch auf die Handlungsformen bezogen. Hat sich die Verwaltung für eine privatrechtliche Organisationsform entschieden, soll sie hinsichtlich der Ausgestaltung ihrer Außenbeziehungen auf das Privatrecht festgelegt sein, bei der öffentlich-rechtlichen Organisation dagegen nicht. Für zulässig erachtet wird auch eine zweistufige Vorgehensweise (öffentlich-rechtliche Begründung und privatrechtliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen)44. An der These von der Wahlfreiheit der Verwaltung wird zunehmend Kritik geübt 45 . Wer der Verwaltung Formenwahlfreiheit zugesteht, gestattet ihr bei42 4! 44

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Grundlegend dazu Pestalozza, Formenmißbrauch des Staates, 1973, S. 172 ff. Vgl. dazu § 31 Rn. 1 ff. Zur Zweistufentheorie vgl. § 31 Rn. 2. Zu den zahlreichen Problemen, die eine zweistufige Verfahrensweise heraufbeschwört (insbesondere zu den Schwierigkeiten der Abgrenzung von erster und zweiter Stufe) Ehlers, VerwArch. 74 (1983), 112, 117. Vgl. etwa Pestalozza (Fn. 42), S. 167 ff.; Ehlers (Fn. 14), S. 66 ff.; Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, 1989, S. 91 ff.; kritisch zu letzterem Schnapp, DÖV 1990, 826 ff.

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spielsweise zugleich, über die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensrechts, die Art und Weise der Haftung sowie die gerichtliche Kontrollzuständigkeit zu verfügen. Dem Sinn der Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht dürfte es aber widersprechen, wenn der Verwaltung in so weitgehendem Ausmaß die Befugnis eingeräumt wird, über den Geltungsbereich des öffentlichen und privaten Rechts selbst zu befinden und sich damit nach Belieben dem eigens zu ihrer Disziplinierung geschaffenen Rechtsregime zu entziehen. Hinzu kommt, daß häufig unklar bleibt, welche Wahl die Verwaltung getroffen hat. Der Vorschlag, eine Vermutung für das öffentliche Recht eingreifen zu lassen, d. h. das Tätigwerden nach öffentlichem Recht zu beurteilen, „solange der Wille in privatrechtlicher Handlungsform tätig zu werden nicht in Erscheinung tritt" 46 , brächte insoweit zwar Besserung. Er würde aber nichts daran ändern, daß es die Verwaltung mittels einer eindeutigen Klarstellung in der Hand hätte, die gesamte nichtspezialgesetzlich geregelte Leistungsverwaltung mit privatrechtlichen Mitteln wahrzunehmen, während sie umgekehrt berechtigt wäre, für den Kohlenkauf des Finanzamtes oder den Lebensmitteleinkauf einer Justizvollzugsanstalt die Form des öffentlich-rechtlichen Vertrages zu wählen. Außerdem ist nur schwer verständlich, weshalb es bei Tathandlungen auf den Willen des Handelnden ankommen soll. Solche Handlungen sind gerade nicht final auf die Bewirkung bestimmter Rechtsfolgen gerichtet. Ihre Intention kann demnach nicht entscheidend sein. 28 Schließlich steht die These von der Wahlfreiheit in einem unklaren Verhältnis zu anderen Theorieansätzen der h. M. So wird etwa bei der Abgrenzung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen gemeinhin auf den „Gegenstand des Vertrages" abgestellt47, d. h. auf ein objektives Kriterium. Dieses Vorgehen ist aber mit einem subjektiven Bestimmungsrecht der Verwaltung nicht verträglich48. 29 Folgt man der Kritik an der h. M., sind an die Wahl privater Organisationsund Handlungsformen strengere Anforderungen zu stellen. So muß aus Gründen der demokratischen Legitimation, der parlamentarischen Verantwortlichkeit und der Gewährleistung rechtsstaatlicher Verhältnisse jede Ausgliederung aus der Verwaltungshierarchie in Form juristisch verselbständigtet Personen auf ein Gesetz zurückgeführt werden können49. Dies gilt auch bei der Verwendung 46

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Vgl. § 25 Rn. 7; § 34 Rn. 5. Ähnlich BSG J Z 1986, 501, 503; Zuleeg, VerwArch. 73 (1982), 384, 397; Lange, NVwZ 1983, 313, 318; F. Mayer/Kopp, Allg. VwR, § 4 IV 4. Nach Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 1 Rn. 59, soll die Vermutung öffentlich-rechtlicher Tätigkeit nur eingreifen, wenn die Behörde im Rahmen ihrer hoheitlichen Kompetenzen gehandelt hat (diese Auffassung überzeugt schon deshalb nicht, weil eine Behörde nur hoheitliche Kompetenzen hat). Vgl. § 25 Rn. 2. Vgl. auch Bosse, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag als Handlungsform öffentlicher Verwaltung, 1974, S. 25 ff. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, 1980, S. 135; Ehlers (Fn. 14), S. 91, 156. A. A. z. B. Ronellenfitscb, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 84 Rn. 38.

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privatrechtlicher Organisationsformen. Allerdings genügen dem Gesetzesvorbehalt grundsätzlich auch Bestimmungen, die sich darauf beschränken, die allgemeinen Voraussetzungen der Inanspruchnahme privatrechtlicher Organisationsformen zu regeln (wie dies im Falle von § 65 Abs. 1 BHO und den entsprechenden Haushaltsbestimmungen der Länder zutrifft)50. Den Kommunen wird bereits durch das verfassungsrechtlich gesicherte Selbstverwaltungsrecht (und nicht nur durch das einfache Gesetzesrecht51) das Recht der Selbstorganisation zugestanden. Dieses Recht schließt auch die Befugnis ein, sich zur Verwirklichung kommunaler Zwecke der privatrechtlichen Organisationsformen zu bedienen52. In jedem Falle bedarf die Verwendung privatrechtlicher Organisationsformen einer rechtfertigenden Begründung. Auch muß eine effektive Steuerung und Kontrolle der privatrechtlich organisierten Verwaltungsträger sichergestellt werden53. Das Handeln privatrechtlich organisierter Träger von Staatsgewalt (z. B. einer 3 0 kommunalen GmbH) ist grundsätzlich als privatrechtlich zu qualifizieren. Dagegen gilt für öffentlich-rechtlich organisierte Träger der Staatsgewalt immer öffentliches Recht, wenn es an einer gesetzlichen Regelung fehlt oder sich das Handeln sowohl einem Rechtssatz des öffentlichen als auch des privaten Rechts zuordnen läßt und die Verwaltung nicht auf dem Gebiet der Bedarfsdeckung, Vermögensverwertung oder Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr tätig wird (insoweit Privatrecht)54. Die Konsequenzen einer solchen Zuordnung sind beträchtlich. So müssen nicht nur Einzelmaßnahmen wie die Handlungsweisen zur Sicherung des Behördenhausrechts55, sondern alle Maßnahmen der Leistungsverwaltung vorbehaltlich abweichender gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher Regelungen dem öffentlichen Recht unterstellt werden. Zum Beispiel sind die Maßnahmen der Subventionsverwaltung grundsätzlich als öffentlichrechtlich zu qualifizieren. Nichts anderes kann für Realhandlungen gelten — es sei denn, daß diese in einem inneren und äußeren Zusammenhang mit der Wahrnehmung privatrechtlich zu erfüllender Aufgaben stehen. Dementsprechend unterfallen z. B. die Geruchsimmissionen kommunaler Kläranlagen oder die Geräuschbelästigungen kommunal betriebener Sportplätze dem öffentlichen Recht 56 . Dagegen sind Schadenszufügungen beim Ausprobieren eines Feuerwehr-

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Kritischer R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 1990, S. 528, 530. Vgl. z. B. § 89 NWGO. Erichsen (Fn. 37), S. 13. Näher dazu Ehlers, DÖV 1986, 897, 902 ff. Dies entspricht dem Ansatz der materiellen Subjektstheorie. Nach OVG Berlin DVB1. 1991, 584, 585, ergibt sich aus dem Treuhandgesetz und dem Einigungsvertrag, daß die Treuhandanstalt nach außen hin privatrechtlich tätig wird. Vgl. aber auch § 49 Rn. 4. Vgl. auch BVerwG DVB1. 1974, 239 f.; NJW 1984, 1982 f.; VGH München BayVBl. 1988, 241; BVerwG DÖV 1989, 675.

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löschwagens zum Zwecke der Anschaffung 57 oder ehrverletzende Äußerungen eines Verwaltungsbediensteten gegenüber einem staatlichen Auftragnehmer aufgrund des engen Zusammenhangs zu den privatrechtlichen Bedarfsdeckungsgeschäften dem Privatrecht zuzuordnen 5 8 . Eine Wahlfreiheit der Verwaltung ist damit nicht ausgeschlossen. Doch kann es eine solche „Freiheit" 5 9 nur geben, wenn und soweit sie sich aus dem positiven Gesetzesrecht oder zumindest dem Gewohnheitsrecht entnehmen läßt. Dies dürfte etwa im Hinblick auf die Nutzung öffentlicher Einrichtungen der Fall sein 60 . So kann den kommunalrechtlichen Bestimmungen mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß die Kommunen das Recht haben sollen, die Regelung ihrer Nutzungsverhältnisse öffentlich-rechtlich, zweistufig öffentlich- und privatrechtlich oder nur privatrechtlich auszugestalten 61 . Soll die Zulassung zur Nutzung oder die Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse rechtsgeschäftlich geregelt werden, ist im Zweifelsfall von privatrechtlichen Nutzungsverhältnissen auszugehen 62 . Anderes ist anzunehmen, wenn eine Satzung vorliegt oder wenn die Gewährung und Inanspruchnahme der Leistungen faktisch erfolgt (wie z. B. bei der Benutzung von Kinderspielplätzen oder Trimm-Dich-Pfaden) 6 3 . Auf den Anwendungsbereich der Rechtssätze kommt es ausnahmsweise nicht an, wenn eine rechtsgeschäftliche (d. h. final auf Bewirkung einer bestimmten 57

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Anderes gilt für Schadenszufügungen bei der Vorführung eines Feuerwehrwagens. Vgl. BGH M D R 1962, 803. Ehlers (Fn. 14), S. 501 ff. m. w. Nachw. Vgl. aber § 34 Rn. 4 ff. Der Ausdruck „Freiheit" ist mißverständlich, weil den Trägern der Staatsgewalt nur pflichtgebundene Gestaltungsspielräume zustehen können. Im Ergebnis ganz h. M. Vgl. Erichsen, Jura 1986, 148, 150; Schmidt-Aßmann, in: I. v. Münch, Bes. VwR, S. 171 ff.; ferner § 4 4 R n . 1. Vgl. z. B. § 6 I NWKAG (Benutzungsgebühren sind für Einrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen zu erheben, „sofern nicht ... ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird"). A. A. die h. M., die im Zweifelsfall öffentliches Recht annimmt (vgl. statt vieler Erichsen, Jura 1982, 537, 545; Maurer, Allg. VwR, § 3 Rn. 26; Schmidt-Aßmann, in: I. v. Münch, Bes. VwR, S. 171 ff.). Da der öffentlich-rechtliche Vertrag wegen des Schriftformerfordernisses (§ 57 VwVfG) in aller Regel ausscheidet, es faktische Verträge des öffentlichen Rechts nicht gibt und ein Verwaltungsakt zumindest bei der Begründung eines Anschluß- und Benutzungszwangs, der Erhebung einer Abgabe (Gebühr) und der Zulassung eines Minderjährigen einer satzungsmäßigen Grundlage bedürfte (vgl. Ehlers, DVB1. 1986, 912, 918 f.), würde die Zugrundelegung der h. M . rechtswidrige Zustände zur Folge haben. A. A. die ständige Rspr. des BGH, die von der Geltung des Privatrechts ausgeht und deshalb auch für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht die privatrechtliche Haftung eingreifen läßt (es sei denn, der Träger der Staatsgewalt hat durch Organisationsentscheidung etwas anderes bestimmt). Vgl. etwa BGH VersR 1977, 817f.; BGH N J W 1988, 2667 f.; Börner, Sportstätten - Haftungsrecht, 1985, S. 87 f. m. w. Nachw. Siehe auch § 46 Rn. 27. Zur Kritik dieser Rspr. vgl. statt vieler Papier, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 34 Rn. 135.

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Rechtsfolge gerichtete) Erklärung vorliegt, aus der sich eindeutig ergibt, daß sich der Handelnde nur auf das öffentliche bzw. private Recht gestützt hat. Es gilt dann das jeweils gewählte Rechtsregime 64 . So ist eine mit einer Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne der VwGO und der Androhung der Verwaltungsvollstrekkung versehene Zahlungsaufforderung der Verwaltung auch dann als Verwaltungsakt einzustufen, wenn eine privatrechtliche Forderung geltend gemacht wird (die Verwaltung also gar nicht zum Erlaß einer öffentlich-rechtlichen Erklärung befugt war). Rechtmäßigkeit und Rechtsnatur einer Maßnahme müssen auseinandergehalten werden. In keinem Falle kann ein und dieselbe Maßnahme (im Außenverhältnis) 3 3 sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich zu beurteilen sein 65 . Abzulehnen ist daher die ständige Rechtsprechung des BGH, welche ein wirtschaftlich relevantes Handeln der Verwaltung auch dann dem privatrechtlichen Wettbewerbsrecht unterstellt, wenn die Verwaltung gegenüber ihren Leistungsempfängern öffentlich-rechtlich tätig wird 66 . So sollen etwa private Krankenversicherungen gegenüber den Sozialversicherungsträgern einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Unterlassung bestimmter öffentlich-rechtlicher Werbemaßnahmen haben. Ein privatrechtlicher Rechtssatz kann der Verwaltung aber niemals ein öffentlich-rechtliches Verhalten ge- oder verbieten. Ferner ist für die Annahme eines zweistufigen öffentlich- und privatrechtlichen 3 4 Vorgehens von vornherein kein Raum, wenn nur eine Handlung feststellbar ist. Entgegen einer häufig vertretenen Ansicht 67 dürften z. B. die Kommunen die Nutzungsverhältnisse ihrer öffentlichen Einrichtungen in der Regel gerade nicht zweistufig ausgestaltet haben, weil über die Nutzung nur in einem Akt entschieden wird. Schaltet die Verwaltung private Erfüllungsgehilfen ein, hat dies nur interne Bedeutung. Läßt etwa die Polizei durch einen privatrechtlichen Unternehmer ein im Halteverbot stehendes Fahrzeug abschleppen, entstehen nur Rechtsbeziehungen zwischen der Polizei und dem Halter des Fahrzeugs, nicht zwischen dem Unternehmer und dem Halter 68 . Da das Innenverhältnis das Außenverhältnis nicht (unmittelbar) zu beeinflussen vermag, bestehen keine Bedenken dagegen, das Außenverhältnis dem öffentlichen und das Innenverhältnis dem privaten Recht zu unterstellen.

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Vgl. BVerwG J Z 1990, 862; Ehlers (Fn. 14), S. 434ff.; a. A. Schenke, NVwZ 1990, 1009 (1013 f.). Näher dazu und zum folgenden Ehlers (Fn. 14), S. 178 f., 363 f., 504 ff. BGHZ 66, 229 ff.; 67, 81 ff.; 82, 375, 383; BGH NJW 1986, 2359, 2360. Kritisch Bettermann, DVB1. 1977, 180, 182; Erichsen (Fn. 37), S. 39 f.; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unerlaubter Wettbewerb, 2. Aufl. 1987, S. 102 ff. Vgl. nur BVerwG NJW 1990, 134ff., 135. Vgl. OVG Münster NJW 1980, 1974; Kottmann, DÖV 1983, 493, 502. Schädigt der Unternehmer den Halter, hat dieser daher nur einen Amtshaftungsanspruch gegen die Polizei, nicht einen privatrechtlichen Anspruch gegen den Unternehmer. A. A. BGH BayVBl. 1980, 312, 313; Maurer, Allg. VwR, § 25 Rn. 13.

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Die Qualifikation des Verwaltungshandelns wird durch einen von den Vorstellungen des Handelnden abweichenden Kausalverlauf nicht beeinflußt. Zum Beispiel kann sich ein öffentlich-rechtliches Übungsschießen der Bundeswehr nicht wegen eines Querschlägers in ein privatrechtliches verwandeln69. Ebenso behalten beamtenrechtliche Beihilfezahlungen, die dem Erben des Beihilfeberechtigten zugeflossen sind, ihren öffentlich-rechtlichen Charakter 70 . In der Rechtsprechung wird vielfach versucht, zwischen Zahlungen an den vermeintlichen Berechtigten und den sonstigen Nichtberechtigten zu differenzieren. Im ersten Fall soll die Zahlung öffentlich-rechtlicher, im zweiten privatrechtlicher Natur sein71. Doch vermag diese Unterscheidung nicht zu überzeugen. Zum Beispiel unterliegt eine Sozialleistung immer öffentlich-rechtlicher Beurteilung, auch wenn der Beitrag irrtümlich auf ein fremdes Konto überwiesen wird. 36 In Grenzfällen bereitet die Zuordnung der Verwaltungshandlungen zum öffentlichen oder privaten Recht immer wieder Schwierigkeiten. Eine Zauberformel, die rechtslogische Gewißheit verschafft oder alle Zweifel beseitigt, gibt es nicht. Tröstlich mag sein, daß auch berufene Stellen ihre Probleme mit der Abgrenzung haben. So hat schon ein Bundesjustizminister (Dehler), der den Bundeskanzler (Adenauer) vor den Zivilgerichten auf Herausgabe des Tonbandprotokolls eines Regierungskoalitionsgespräches verklagt hat, sich vom BGH darüber belehren lassen müssen, daß sich die Streitigkeit nach öffentlichem Recht richte, also nicht die ordentlichen, sondern die Verwaltungsgerichte zuständig seien72. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch die Entscheidung des BGH nicht korrekt war, da es sich um einen verfassungsrechtlichen Streit gehandelt haben dürfte73. 37 d) Die Einwirkungen des öffentlichen und privaten Rechts aufeinander. Gilt das öffentliche oder private Recht, bedeutet dies noch nicht, daß das jeweils andere Rechtsgebiet für die Rechtsordnung ohne Bedeutung ist. Öffentliches und privates Recht stehen sich nicht wie fensterlose Monaden ohne jede Möglichkeit der Verständigung gegenüber, sondern wirken in vielfältiger Weise aufeinander ein. Im folgenden kann dies nur anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden. 38 (1) Die Einwirkungen des öffentlichen Rechts auf das Privatrecht. Das öffentliche Recht strahlt in immer stärkerem Ausmaß auf das Privatrecht aus. Seitens der Privatrechtler ist dem öffentlichen Recht sogar vorgehalten worden, daß es eine Usurpation des Zivilrechts anstrebe74.

Vgl. auch Renck, JuS 1978, 459, 462. BVerwG DVB1. 1990, 870. A. A. VGH BW VB1BW 1989, 265; BayVGH BayVBl. 1989, 600. 71 BGHZ 71, 180 ff.; 73, 202, 203 f.; BVerwG JZ 1990, 862f. Kritisch Bethge, NJW 1978, 1801 f.; Ehlers (Fn. 14), S. 508. Vgl. auch Maurer, J Z 1990, 863 ff. 72 BGH J Z 1959, 499 ff. " Vgl. Vle, JZ 1959, 501. 74 Vgl. Diederichsen, in: Verh. d. 56. DJT, Bd. II, 1986, L 48, 69. 69 70

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Bedient sich die Verwaltung des Privatrechts, regelt dieses niemals ausschließlieh das Tätigwerden der Verwaltung. Vielmehr gilt sog. Verwaltungsprivatrecht75. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Verwaltung öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegt, die das Privatrecht ergänzen und modifizieren. Es kann sich hierbei um Bindungen des Verfassungsrechts (insbesondere Geltung der bundesstaatlichen Kompetenzordnung und der Grundrechte76) oder des Verwaltungsrechts handeln. Zum Beispiel sind Privatrechtsgeschäfte, die ohne die aufgrund der Kommunalgesetze erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde abgeschlossen werden, nach den Bestimmungen des Kommunalrechts unwirksam77. Darüber hinaus entfalten Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht zahlreiche weitere Wirkungen im Privatrecht. Hinsichtlich des Verfassungsrechts sei auf die sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte hingewiesen, d. h. auf die Ausstrahlung der Grundrechte auf die auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffe des Privatrechts 78 . Das Verwaltungsrecht kann privatrechtsbindende und indizielle Wirkungen entfalten. Im ersten Fall müssen die Vorgaben des Verwaltungsrechts im Privatrecht zwingend berücksichtigt werden, im zweiten stellen sie nur zu beachtende Anhaltspunkte dar 79 . So schreibt sich das Verwaltungsrecht vielfach ausdrücklich eine privatrechtsgestaltende Wirkung vor. Zum Beispiel kann eine Gemeinde durch Ausübung eines Vorkaufsrechts mittels Verwaltungsaktes gem. § 28 Abs. 2 BauGB in einen privatrechtlichen Vertrag eintreten. Im Immissionsschutzrecht (§ 14 BImSchG), Wasserrecht (§ 11 WHG) und Planungsrecht (§75 Abs. 2 S. 1 VwVfG) schließen bestimmte Genehmigungen und Zulassungen des öffentlichen Rechts privatrechtliche Ansprüche aus 80 . Nicht selten knüpfen ferner die Tatbestandsmerkmale der privatrechtlichen Normen an die Vorschriften des Verwaltungsrechts an. So stellt etwa das Umwelthaftungsgesetz auf besondere Betriebspflichten ab und definiert diese als „solche, die sich aus verwaltungsrechtlichen Zulassungen, Auflagen und vollziehbaren Anordnungen und Rechtsvorschriften ergeben, soweit sie die Verhinderung von solchen Umwelteinwirkungen bezwecken, die für die Verursachung des Schadens in Betracht kommen" 81 . Auch können die Regelungen des Verwaltungsrechtes Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB bzw. Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB darstellen82. 75 76 77 78 79

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Vgl. § 2 Rn. 66; § 32 Rn. 2. Vgl. § 3 Rn. 62; § 32 Rn. 2. Vgl. etwa § 104 Abs. 1 NWGO. Vgl. BVerfGE 7, 198, 205 f.; 73, 261, 269. Vgl. zu dieser Unterscheidung sowie zu den Einzelheiten Jarass, VVDStRL 50 (1991), 238, 250 ff. Zahlreiche weitere Beispiele bei Ossenbühl, DVB1. 1990, 963, 965. Vgl. § 6 Abs. 3 des Gesetzes über die Umwelthaftung v. 10. 12. 1990 (BGBl. 1, S. 2634). Zu §134 BGB vgl. Ehlers (Fn. 14), S. 232f.; zu §823 Abs. 2 BGB: Palandt, BGB, 50. Aufl. 1991, Rn. 140ff.; nach Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, 2. Aufl. 1987, S. 29, soll jede nach öffentlichem Recht rechtswidrige Wirtschaftsbetäti31

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Fehlen ausdrückliche Regelungen, ist heftig umstritten, ob und ggf. inwieweit das Verwaltungsrecht als Vorgabe für das Privatrecht in Betracht kommt. In der Praxis stellt sich vor allem die Frage, ob unter den genannten Voraussetzungen öffentlich-rechtliche Planungs- und Einzelentscheidungen sowie die Standards des öffentlichen Umweltrechts (etwa TA Luft und TA Lärm) 83 , das private Nachbarrecht und das private Immissionsschutzrecht zu beeinflussen vermögen 84 . Die Zivilgerichte lehnen dies vielfach ab. So soll nach der bekannten Tennisplatz-Entscheidung des BGH 8S die Benutzung eines in einem Bebauungsplan zugelassenen Tennisplatzes privatrechtlich verhindert werden können. Da sich der BGH auf die „Besonderheiten im Einzelfall" beruft 86 , läßt sich diese Entscheidung aber gerade nicht verallgemeinern. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß außenverbindliche Planungsentscheidungen des öffentlichen Rechts wie insbesondere die Bebauungspläne auch im Privatrecht zu berücksichtigen sind. Die prinzipielle Zulässigkeit (das „Ob") der Anlage kann dann nicht mehr privatrechtlich in Frage gestellt, die anlagentypische Nutzung nicht mehr gänzlich untersagt werden. Dagegen entscheidet das öffentliche Recht in solchen Fällen nicht abschließend über das Ausmaß der Nutzung (also das „Wie")87. Baugenehmigungen werden kraft ausdrücklicher Bestimmung „unbeschadet der privaten Rechte Dritter" erteilt 88 . Dies schließt aber nicht aus, ihnen insoweit Wirkung auf das Privatrecht einzuräumen, als sie Planungsentscheidungen verbindlich konkretisieren 89 . 44 (2) Die Einwirkungen des Privatrechts auf das öffentliche Recht. Auch das öffentliche Recht kann ausdrücklich oder stillschweigend auf das Privatrecht verweisen. Eine ausdrückliche Verweisung stellt etwa § 62 S. 2 VwGO dar, wonach die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches unter bestimmten Vor-

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gung der öffentlichen Hand zugleich sittenwidrig i. S. d. § 1 UWG sein. Kritisch dazu Ehlers, JZ 1990, 1089, 1098. Vgl. dazu die — allerdings wegen der neuen Gesetzeslage (vgl. Fn. 81) überholte — Kupolofenentscheidung des BGH (BGHZ 92, 143, 151). Zum Nachbarrecht vgl. Peine, JuS 1987, 169 ff. m. zahlr. Nachw.; zum Immissionsschutzrecht: Marburger, Verh. d. 56. DJT, Bd. 1, 1986, C 102 ff.; Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, 1989, § 2 Rn. 14 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, 1989, § 4 Rn. 295 ff. BGH NJW 1983, 751 f. Das Schlafzimmer des Nachbarn befand sich 5 m vom Tennisplatz entfernt. Vgl. zum Streitstand auch Kleinlein, NVwZ 1982, 668 ff.; Breuer, DVB1. 1983, 431, 438; Salzwedel, UPR 1985, 210, 212 f.; Gaentzsch, NVwZ 1986, 601, 604ff.; Papier, NVwZ 1986, 624 ff.; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, 1990, S. 129 ff.; Vieweg, JZ 1987, 1104ff.; Gerhardt, BayVBl. 1990, 549, 553 ff.; Jarass, VVDStRL 50 (1991), 238, 259 ff. Vgl. z. B. § 70 Abs. 3 NWBauO. Dies ist der Fall, wenn die Baugenehmigung den Bebauungsplan vollzieht bzw. auf § 31 BauGB gestützt wird. Anders zu beurteilen sind Baugenehmigungen, die Vorhaben i. S. d. SS 34, 35 BauGB betreffen. Vgl. Peine, JuS 1987, 169, 176, der allerdings weitergehend als hier — von einer privatrechtsgestaltenden Wirkung ausgeht.

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aussetzungen für öffentlich-rechtliche Verträge gelten. Stillschweigend auf das Privatrecht verweist Art. 14 Abs. 1 GG, weil das Eigentum im Sinne dieser Vorschrift nicht nur durch das öffentliche, sondern auch durch das private Recht bestimmt wird 90 . Weiterhin können die Vorschriften des Privatrechts in vielen Fällen zur Auslegung und Lückenschließung im öffentlichen Recht herangezogen werden: sei es, daß sie einen allgemeinen Rechtsgedanken wiedergeben, der auch im öffentlichen Recht gilt, oder sei es, daß sie sich im Wege des Analogieschlusses in das öffentliche Recht übertragen lassen91. Vor allem gelten die Regelungen des privaten Schuldrechts häufig sinngemäß im öffentlichen Recht. Schließlich kann Privaten die Befugnis zukommen, im Wege des privatrechtlichen Vertragsabschlusses über die Übernahme oder Ausübung öffentlicher Rechte und Pflichten zu disponieren. Sie wirken damit mittelbar auf öffentlich-rechtliche Sachverhalte ein. So ist es hinzunehmen, wenn sich ein Privater in einem Abfindungsvertrag gegen Zahlung einer Geldsumme gegenüber einem anderen Privaten verpflichtet, keinen Widerspruch gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung einzulegen. Der Vertrag verstößt aber gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), wenn sich ein Träger von Staatsgewalt an der Zahlung der Geldsumme beteiligt. Gleichwohl hat der BGH in der Bergkamen-Entscheidung einen entsprechenden Vertragsschluß für wirksam gehalten 92 . 2.

Eingriffsverwaltung

Auf dem Feld des öffentlichen Rechts operiert die Eingriffsverwaltung; ihr 4 5 Wesen liegt darin, daß hier „Subjekte öffentlicher Verwaltung einseitig verbindlich regelnd, d. h. abstrakt oder konkret verbietend, gebietend, entscheidend, Zwang androhend oder anwendend (z. B. durch Polizeibefehl, Ordnungsanordnung, Steuerbescheid und deren Durchsetzung) in die Freiheitssphäre der Verwalteten eingreifen" 93 . Kürzer formuliert: sie ist die Verwaltung, „die mit Erlaubnisvorbehalten, Befehlen und notfalls mit Zwang in das freie Belieben der Menschen eingreift" 94 . Paradebeispiele sind die Gefahrenabwehr durch die Polizei- und Ordnungsbehörden9S, wie sie sich insbesondere in den dem § 14 PrPVG nachge90 91 92

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Vgl. BVerfGE 58, 300, 335 f. Vgl. dazu § 7 Rn. 94; ferner: BVerwGE 71, 85, 87 ff.; Wolff/Bachof, VwR I, § 22 II c. Vgl. BGH N J W 1981, 811 f.; kritisch Frank, Publizistik 1980, 290 ff.; Kloepfer (Fn. 84), § 4 Rn. 294. Wolff/Bachof, VwR I, § 23 III a. Wolff/Bachof, VwR I, § 3 I c 2. Vgl. dazu Friauf, in: I. v. Münch, Bes. VwR, S. 213 ff.; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl. 1988, § 5 Rn. 71 ff.; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 3. Aufl. 1989, § § 1 0 f f . ; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, § § 8 ff.; Schenke, in: Steiner, Bes. VwR, II Rn. 18 ff.; Wagner, Polizeirecht, 2. Aufl. 1985, B VI. Zu Wandlungen im Recht der Gefahrenabwehr vgl. W.Martens, DÖV 1982, 89ff.; Faber, VwR, S. 209 ff. 33

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bildeten Bestimmungen der Polizeigesetze und Ordnungsbehördengesetze, noch handgreiflicher im Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) und den ihm entsprechenden Gesetzen der Länder manifestiert, sowie die Deckung des Finanzbedarfs durch die Abgaben-(Steuer-)Verwaltung96. 46 Instrument der Eingriffsverwaltung ist der belastende Verwaltungsakt. Eingriffsverwaltung ist stets hoheitliche Verwaltung; umgekehrt ist nicht jede hoheitliche Verwaltung Eingriffsverwaltung. Die rechtsdogmatische und praktische Bedeutung der Einordnung einer Verwaltung als Eingriffsverwaltung liegt im sog. Vorbehalt des Gesetzes (Gesetzesvorbehalt). Der Vorbehalt des Gesetzes, auf den unten noch näher eingegangen wird 97 , bedeutet, daß (jedenfalls) Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Bürgers einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Derartige Eingriffe darf die Verwaltung also nicht von sich aus vornehmen, sondern nur in Anwendung eines dazu berechtigenden Gesetzes: Eingriffe in Freiheit und Eigentum sind dem Gesetz vorbehalten. Eingriffsverwaltung ist also strikt gesetzesgebunden: nicht nur in dem Sinne, daß die Eingriffsverwaltung wie jede Verwaltung nicht gegen das Gesetz handeln darf, sondern auch in dem Sinne, daß ihr Handeln nur mit einem Gesetz möglich ist. Das Gesetz ist für die Eingriffsverwaltung also Bremse und Gaspedal zugleich: ohne Gesetz kann die Eingriffsverwaltung nicht fahren. 3. 47

Leistungsverwaltung

Auch in der Form des öffentlichen Rechts, jedoch nicht nur in ihr, handelt die Leistungsverwaltung (leistende Verwaltung)98. Die Leistungsverwaltung wird umschrieben als die Verwaltung, „die für die Lebensmöglichkeit und Lebensverbesserung der Mitglieder des Gemeinwesens sorgt, indem sie deren Interessenverfolgung durch Gewährungen unmittelbar fördert" 99 . Beispiele für Handlungen der Leistungsverwaltung, die mehr und mehr an Bedeutung gewinnt, sind die Leistungen der Arbeitslosenversicherung nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG), die Gewährung von Hilfen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), 96 97 98

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Vgl. die Hinw. bei Wolff/Bachof, VwR I, § 42. Vgl. § 2 Rn. 51; § 3 Rn. 59; § 5 Rn. 7 ff. Der Begriff der Leistungsverwaltung ist herausgearbeitet worden vor allem von Forsth o f f , Die Verwaltung als Leistungsträger, 1938. Vgl. auch dens., DÖV 1959, 22 ff.; Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, 1966; ders., DÖV 1966, 624ff.; Ossenbühl, DÖV 1971, 513ff.; W.Martens, in: Festschrift für Hans J. Wolff, 1973, S. 429 ff. Zum Verwaltungsrecht des Leistungsstaates: Erichsen, DVB1. 1983, 289 ff. Zum Freiheitsschutz im leistenden Staatshandeln: Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates, 1983. Zu den Rechtsverhältnissen in der Leistungsverwaltung: Ehlers, DVB1. 1986, 912 ff.; Hill, N J W 1986, 2602 ff.; Schnapp, DÖV 1986, 811 ff.; Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 210 ff. Wolff/Bachof, VwR 1, § 3 1 b 2.

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die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen nach dem Bundesgesetz über die Ausbildungsförderung (BAföG), die Gewährung von Wirtschaftssubventionen (Grüner Plan; Filmförderung u. ä.) und die Bereitstellung von öffentlichen Krankenhäusern, Kindergärten, Museen usw.100. Instrument der Leistungsverwaltung, soweit sie in öffentlich-rechtlicher Form 4 8 tätig wird, ist insbesondere der begünstigende Verwaltungsaktm. Jedoch ist Kennzeichen der Leistungsverwaltung gerade auch die Vielfältigkeit ihres Instrumentariums. So ist z. B. die Entscheidung über die Gewährung einer Subvention häufig ein begünstigender Verwaltungsakt, während die Abwicklung der Subvention in privatrechtlicher Form, etwa als Darlehen, erfolgen kann (sog. ZweiStufen-Theorie) 102. Bei vorhandener oder drohender Massenarbeitslosigkeit spielen Subventionierungen von einzelnen Wirtschaftszweigen zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen eine erhebliche wirtschafts- und sozialpolitische Rolle 103 . Die Gewährung einer Subvention104 an einen Wirtschaftszweig oder an ein- 4 9 zelne Unternehmen und die darin liegende Begünstigung kann aber zugleich auch eine Belastung bilden — eine Belastung nämlich des konkurrierenden Wirtschaftszweiges bzw. Unternehmens (z. B. Subventionierung der Steinkohle als Konkurrent des Heizöls; Subventionierung kleiner und mittelgroßer Ölmühlen als Konkurrenten großer Ölmühlen 105 ; Subventionierung kleiner Zeitungsunternehmen als Konkurrenten größerer Zeitungsunternehmen106). Die Leistung an den einen kann also einen Eingriff gegenüber einem anderen darstellen, wie

100 Ygl. dazu Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung, 1973; zu den Spielräumen kommunaler Subventionsgewährung Ehlers (Hrsg.), Kommunale Wirtschaftsförderung, 1990; zu den kommunalen öffentlichen Einrichtungen Erichsen, Jura 1986, 148 ff. 101 Differenzierende Einzelheiten dazu unten in § 15 Rn. 4 ff. und § 18 Rn. 1. 102 Die Zwei-Stufen-Theorie ist entwickelt worden von H. P. lpsen, öffentliche Subventionierung Privater, 1956. Vgl. auch BVerwGE 13, 307; BayVGH DVB1. 1967, 383; BGH DÖV 1969, 640; BGH NJW 1972, 210. - Kritisch zur Zwei-Stufen-Theorie Bethge, JR 1972, 139 ff.; Erichsen, VerwArch. 65 (1974), 219; Maurer, Allg. VwR, § 17 Rn. 11; oben Rn. 34 und unten § 31 Rn. 2. Zu den Handlungsformen bei der Vergabe von Wirtschaftssubventionen allg.: Ehlers, VerwArch. 74 (1983), 112ff. 103 Vgl. dazu Zuleeg, in: Kittner (Hrsg.), Arbeitsmarktpolitik — ökonomische, soziale und rechtliche Grundlagen, 1982, S. 155 ff. 104 Zum Begriff der Subvention vgl. die Legaldefinition der Subvention i. S. des Strafrechts in § 264 StGB i. d. E des 1. G. zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität v. 29. 7. 1976 (BGBl. I, S. 2034). Zu Rechtsfragen des Subventionswesens allg. vgl. Badura, in: I. v. Münch, Bes. VwR, S. 324ff.; ferner H. P. lpsen, VVDStRL 25 (1967), S. 257ff.; Zacher, ebd., S. 308 ff.; Bleckmann, Subventionsrecht, 1978; Joos, RiA 1987, 73 ff., 97 ff.; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, 1989, §§ 110, 111. Zu Subventionen im Gemeinsamen Markt: § 3 Rn. 25 ff. 105 Dieser Fall lag der Entscheidung in BVerwGE 6, 287 ff. zugrunde. 106 Dieser Fall lag der Entscheidung des OVG Berlin DÖV 1974, 100 ff. zugrunde. Vgl. dazu auch Schenke, Der Staat 15 (1976), 553 ff. 35

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überhaupt auch die Leistungsverwaltung Zwang und Eingriffe kennt. Leistungsverwaltung und Eingriffsverwaltung sind also kein strenger Gegensatz 107 . 50 Eine von Otto Bachof vertretene Ansicht geht über diese Feststellung noch hinaus und verneint schon die Trennbarkeit: Es „lassen sich Eingriffs( = ordnende) und Leistungsverwaltung weder nach Zwecken und Aufgaben noch nach dem Instrumentarium einigermaßen deutlich scheiden. Eine Zerlegung des Verwaltungsrechts „in zwei Teile von je ausgeprägter struktureller Eigentümlichkeit" ( F o r s t h o f f ) läßt sich anhand jener Unterscheidung nicht vornehmen" 108 . Der Begriff der leistenden Verwaltung sei — ebenso wie die Begriffe Daseinsvorsorge, ordnende, lenkende, austeilende und umverteilende Verwaltung — nur ein heuristischer Begriff 109 , aber kein Rechtsbegriff; er habe keine dogmatische und keine systematische Bedeutung 110 . 51 Wäre die Auffassung von der Untrennbarkeit von Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung richtig, so hätte dies eine erhebliche praktische Bedeutung, nämlich für die Frage der Geltung des Gesetzesvorbehaltsln. Nach bisheriger Ansicht steht die Leistungsverwaltung nicht im gleichen Maße unter dem Gesetzesvorbehalt wie die Eingriffsverwaltung: Die Gewährung von Leistungen bedarf danach — anders als Eingriffe — nicht unter allen Umständen einer gesetzlichen Grundlage 112 ; diese ist vielmehr nur dann erforderlich, wenn durch eine Regelung „eine untrennbare Wechselbeziehung zwischen der Auferlegung von Belastungen und der Gewährung von Begünstigungen geschaffen wird" 113 . Im Normalfall, d. h. wenn keine solche untrennbare Wechselbeziehung zwischen Begünstigung und Belastung besteht, ist nach noch h. L. jede parlamentarische Willensäußerung (z. B. ein einfacher Parlamentsbeschluß), ja schon die bloße etatmäßige Bereitstellung der finanziellen Mittel für die Gewährung der Leistung eine hinreichende Legitimation. Erwogen werden Ordnungsrahmen für das Recht der Subventionen 114 und eine lenkende Veröffentlichung von Subventionsrichtlinienns. 52 Es mehren sich allerdings die Stimmen, die auch die Leistungsverwaltung dem Gesetzesvorbehalt unterwerfen wollen (sog. Totalvorbehalt)n6, wobei die 107 108 109 110 111 112 113 114 1,5 116

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Zutreffend Wolff/Bachof, VwR I, § 3 I b 2, § 3 I c 2. Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193, 242, 227 f. D. h. lediglich ein methodisch-didaktisches Hilfsmittel zur wissenschaftlichen Erkenntnisfindung (vom griechischen „heurein" = finden). Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193, 242; vgl. auch Schnapp, SGb 1979, 201; Ebsen, DVB1. 1988, 883, 885 f. Vgl. dazu unten § 3 Rn. 59 und § 5 Rn. 7 ff. Speziell zur Frage des Gesetzesvorbehaltes bei Subventionen: H. Bauer, DÖV 1983, 53 ff.; Jarass, NVwZ 1984, 473 ff. Vgl. dazu BVerfGE 8, 155, 167 - Lastenausgleich; W. Martens (Fn. 98), S. 433 ff. BVerwGE 6, 282 (Ölmühlen-Fall); BVerwG DÖV 1977, 606 f. (Prämie für Verpachtung eines geerbten landwirtschaftlichen Betriebes). Bleckmann, in: Verh. d. 55. DJT, Bd. I, 1984, D; Oldiges, NJW 1984, 1927 ff. Schwerdtfeger, NVwZ 1984, 486 ff. OVG Münster DVB1. 1963, 860; weitere Hinw. in OVG Berlin DÖV 1974, 102. Vgl. auch BVerfGE 33, 303, 331, 333 f.; Kisker, NJW 1977, 1313 ff., 1316; Krebs, Vorbehalt

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Bereitstellung der betreffenden finanziellen Mittel im Haushaltsplan nicht als ausreichende gesetzliche Grundlage angesehen wird 117 . Das BVerfG bezeichnet es heute bereits als „ständige Rechtsprechung, daß der Gesetzgeber verpflichtet ist, — losgelöst vom Merkmal des „Eingriffs" — in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung ... alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen" 118 (Wesentlichkeitstheorie). Zur Begründung führt das BVerfG u. a. an: „Staatliches Handeln, durch das dem Einzelnen Leistungen und Chancen gewährt und angeboten werden, ist für eine Existenz in Freiheit oft nicht weniger bedeutungsvoll als das Unterbleiben eines Eingriffs'" 1 1 9 . Damit würden auch Leistungsverwaltung und Eingriffsverwaltung nicht egalisiert, weil nach Ansicht des BVerfG im Bereich der gewährenden Verwaltung (sprich: Leistungsverwaltung) „eine besondere Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers"120 (sprich: eine besonders weite Gestaltungsfreiheit) besteht. Die Schwierigkeiten der Abgrenzung von Leistungs- und Eingriffsverwaltung 5 3 zeigen sich auch dann, wenn es nicht um begünstigende Akte mit drittbelastender Doppelwirkung geht. Wie war etwa die Pockenschutzimpfung zu qualifizieren? War sie (wenn gesetzlich angeordnet und das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit berührend) Eingriffsverwaltung oder war sie (weil kostenlos und gerade zum Schutz des Grundrechts der körperlichen Unversehrtheit vorgenommen) Leistungsverwaltung121? Wie ist der Anschluß- und Benutzungszwang an gemeindliche Versorgungseinrichtungen (z. B. Wasserleitung, Fernwärmeversorgung) einzuordnen? Liegt hier der Schwerpunkt im Eingriff oder in der Leistung122? Wie ist die Zwangsernährung eines im Hungerstreik befindlichen Untersuchungs- oder Strafgefangenen zu beurteilen? Steht hier Zwang im Vordergrund oder Gewährung123? Nicht leicht einzuordnen ist auch der Bereich der Schule; sie wird traditionell als Leistungsverwaltung begriffen124. Aber ist dies

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des Gesetzes und Grundrechte, 1975, S. 118 ff.; Grosser, Die Spannungslage zwischen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit bei der Vergabe von staatlichen Wirtschaftssubventionen durch die öffentliche Hand, 1983; Achterberg, Allg. VwR, § 18 Rn. 7 ff., 29; Maurer, Allg. VwR, § 6 Rn. 13 ff. Zu der negativ zu beantwortenden Frage, ob der einzelne aus dem Haushaltsgesetz unmittelbare Ansprüche auf Gewährung einer Subvention herleiten kann, vgl. BVerfGE 38, 121, 126. BVerfGE 49, 89, 126; vgl. auch BVerfGE 40,237, 249. Vgl. auch Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986, S. 316 ff. BVerfGE 40, 237 ff., 249; dazu W. Martens, J R 1976, 193. BVerfGE 6, 77; 11, 60; 12, 166; 17, 216. Vgl. dazu BVerwGE 9, 78 ff. (Der Impfzwang ist inzwischen aufgehoben). Vgl. dazu Frotscher, Die Ausgestaltung kommunaler Nutzungsverhältnisse bei Anschluß- und Benutzungszwang, 1974, S. 14; zur Frage der Zulässigkeit der Einführung eines Anschluß- und Benutzungszwanges vgl. BGH NJW 1980, 2705 ff.; Haase, BB 1984, 1268 ff. Vgl. dazu § 101 StVollzG, sowie die Hinw. bei /. v. Münch, GGK I, Art. 2 Rn. 42. So z. B. Wolff/Bachof, VwR I, § 2. 37

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wirklich richtig? Ist obligatorischer Sexualkundeunterricht für Zehnjährige eine Leistung oder ein Eingriff oder beides zugleich125? 54 Offensichtlich gehen Leistungsverwaltung und Eingriffsverwaltung ineinander über 126 . Man spricht dann von einem sog. „Verwaltungsakt mit Mischwirkung" 127 . Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung — die typische Aufgabe der Eingriffsverwaltung — ist eben auch staatliche Leistung im weitesten Sinne 128 ; deshalb ist es auch folgerichtig, wenn es heute nicht mehr nur um den Anspruch des Bürgers auf Unterlassen polizeilicher Handlungen (d. h. die Abwehr von Eingriffen) geht, sondern auch ein Anspruch des Bürgers auf Tätigwerden der Polizei (also auf Gewährung) diskutiert und bejaht wird 129 . 55 So sehr die Grenzen zwischen Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung auch fließend sein mögen, so ist doch zu bedenken, daß der größte Teil des Verwaltungshandelns sich (noch) klar und eindeutig entweder der Leistungsverwaltung oder der Eingriffsverwaltung zuordnen läßt, und daß die Unterscheidung wegen der in beiden Bereichen unterschiedlichen Maßstäbe für das Handeln des Gesetzgebers und der Verwaltungsbehörden auch (noch) sinnvoll ist. Die Durchführbarkeit dieser Unterscheidung wird sich vor dem Hintergrund der sich wandelnden Verwaltungsaufgaben und -technik ständig neuer Uberprüfung aussetzen müssen. 4. Planende 56

Verwaltung

Die Verschiebung des Schwergewichts von der Eingriffsverwaltung zur Leistungsverwaltung geht einher mit einer immer wichtiger werdenden besonderen Form der Verwaltung, nämlich der planenden Verwaltung. Die Tätigkeit der planenden Verwaltung ist ein Teil der staatlichen Planung überhaupt 130 . Ziel der Planung ist „die programmierende Gestaltung eines Sachbereichs unter 125

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Vgl. dazu BVerfGE 47, 46 ff.; OVG Berlin NJW 1973, 819 ff.; OVG Hamburg DÖV 1973, 574 ff.; Evers, JZ 1973, 555 f.; Jessen, NJW 1973, 1340ff.; Stober, DÖV 1973, 554 ff.; Oppermann, JZ 1978, 289 ff. Vgl. dazu Beinhardt, DVB1. 1961, 608 ff.; v. Unruh, DVB1. 1972, 469. Für den Bereich des Sozialrechts vgl. Schnapp, DÖV 1986, 811 ff. Vgl. unten § 15 Rn. 6. Zutreffend E. Becker, Die Leistungsaufgaben der öffentlichen Verwaltung, 1956. Kritisch dazu, weil damit die Begriffe der Daseinsvorsorge und der Leistungsverwaltung ihren spezifischen Sinn verlieren, Forsthoff, VwR, S. 370 Fn. 3. Vgl. die Hinw. in § 1 Fn. 67. Zu den Begriffen „Planung" und „Plan" vgl. Hoppe, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerfG, Bd. I, 1976, S. 663, 665 ff.; Maurer, Allg. VwR, § 16; Achterberg, Allg. VwR, § 22 IV Rn. 159 ff. - Einzelheiten bei Kaiser (Hrsg.), Planung, Bd. VI, 1972; Steiger, in: Festschrift für H. J. Wolff, 1973, S. 385 ff.; Ossenbühl, in: Verh. d. 50. DJT, Bd. I, 1974, B 1 ff.; zu Strukturproblemen der planenden Verwaltung vgl. Brohm, JuS 1977, 500 ff.; zur Rolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit gegenüber der planenden Verwaltung ders., DÖV 1982, 1 ff.; ferner unten § § 2 1 - 2 3 .

§2

Verwaltung und Verwaltungsrecht

III 1

Abwägung und Ausgleichung aller betroffenen Rechte und Interessen und unter Berücksichtigung aller erheblichen Umstände" 1 3 1 . Die Entwicklung der Planung zeigt die Veränderungen in der Staatstätigkeit seit der Anerkennung des Verwaltungszweckes der Daseinsvorsorge: Begann die Verwaltung zunächst lediglich als eine Art „sozialer Pannendienst" 1 3 2 mit lediglich reaktivem Verwaltungshandeln 1 3 3 , so geht die Entwicklung nunmehr dahin, daß der Staat „sich die Verspätung als Regelfall nicht mehr leisten kann" 1 3 4 . Das bedeutet, daß frühzeitig geeignete Vorstellungen entwickelt werden müssen, um Notsituationen vorzubeugen, d. h. es muß geplant werden - Stichwort: „Planende Verwaltung als Aufgabe der Gegenwart 1 3 5 ". Im Umweltschutz geht es heute nicht mehr nur um den Schutz vor Gesundheitsgefahren, sondern auch um die vorsorgende Planung und Verteilung der Ressourcen Wasser, Erde und Luft 1 3 6 . Die Planung wirft verfassungsrechtliche und verwaltungsrechtliche Probleme auf. Die verfassungsrechtlichen Fragen beziehen sich auf das Verhältnis von Parlament und planender Exekutive 1 3 7 (Stichwort: Entmachtung des Parlaments 1 3 8 ). Die verwaltungsrechtlichen Fragen, z. B. zur Selbstbindung der planenden Verwaltung 1 3 9 und zur gerichtlichen Kontrolle 1 4 0 planender Verwaltung, sind so vielschichtig, daß sie hier nicht näher erörtert werden können. Es wird insoweit auf die späteren Ausführungen verwiesen 1 4 1 .

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III. Fiskalische Verwaltung 1. Begriff der fiskalischen

Verwaltung

Fiskalische Verwaltung ist Verwaltung durch den Fiskus. Die Geschichte des Fiskusbegriffes, die eine Geschichte seiner Wandlungen ist, kann hier im einzel131 132 133 134

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So § 42 Rn. 1. Vgl. aber § 21 Rn. 5. Denninger, in: Görlitz (Hrsg.), Handlexikon zur Rechtswissenschaft, Bd. 2, 1974, S. 428. Forsthoff, VwR, S. 59. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 424. W. Weber, zit. bei Blümet, in: Festschrift für W. Weber, 1974, S. 1. Dazu Breuer, in: I. v. Münch, Bes. VwR, S. 630ff. Zum Vorsorgeprinzip R.Schmidt/ H. Müller, JuS 1985, 694 ff.; Hoppe/Beckmann (Fn. 84), § 1 Rn. 50; Kloepfer (Fn. 84), § 3 Rn. 5. Dazu Brünner, Politische Planung im parlamentarischen Regierungssystem, 1978; Graf Vitzthum, Parlament und Planung, 1978; Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, 1979. Vgl. dazu Erichsen, StR u. VerfGbkt II, S. 97 ff.; Böckenförde, Der Staat 11 (1972), 429 ff.; Kewenig, DÖV 1973, 23 ff.; Liesegang, ZRP 1972, 259 ff.; ders., DÖV 1972, 847 ff.; Schlußbericht der Enquete-Kommission Verfassungsreform (BT-Drucks. 7/5924, Kap. 6.1); Frowein, VVDStRL 31 (1973), S. 13 ff.; v. Münch, ebd., S. 51 ff. Vgl. dazu Hoppe, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 71 Rn. 126 ff. Vgl. dazu Hoppe, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerfG (Fn. 111), S. 663 ff.; Papier, NJW 1977, 1714 ff. Vgl. § § 2 1 - 2 3 , 42. 39

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nen nicht nachgezeichnet werden 142 . Grob skizziert lassen sich drei Fiskustheorien festhalten 143 . Im Zeitalter des Absolutismus wurde der Fiskus zunächst als eine neben dem obrigkeitlich handelnden Staat stehende selbständige Rechtsperson angesehen, an die der Bürger, wenn er durch den obrigkeitlich handelnden Staat geschädigt war, sich mit finanziellen Ersatzansprüchen halten konnte. Der Bürger vermochte also zwar obrigkeitliche Eingriffe nicht zu verhindern, aber er konnte vor Gericht den Fiskus finanziell zur Rechenschaft ziehen („dulde un^l liquidiere"). Für diesen Fiskusbegriff war kein Raum mehr, als man im 19. Jahrhundert begann, den Staat als eine einheitliche Rechtsperson zu begreifen. Als Fiskus verstand man nunmehr den Staat in seiner Eigenschaft als Vermögensträger; auch diese Konstruktion diente dem Rechtsschutz des Bürgers, weil einerseits alle Vermögensrechte dem Privatrecht zugeordnet wurden, andererseits gerichtlicher Rechtsschutz nur für privatrechtliche Streitigkeiten eröffnet war. Heute bezeichnet man als Fiskus den Staat oder einen der ihm eingegliederten öffentlich-rechtlichen Verbände in seiner Eigenschaft als Privatrechtssubjekt, d. h. als Teilnehmer (Partner) am Privatrechtsverkehr. Der Staat geht hier, um ein Bild von Walter Jellinek zu gebrauchen, nicht in Uniform, sondern in Zivil 144 . 2. Arten der fiskalischen

Verwaltung

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Die Verwaltung geht in Zivil bei drei Tätigkeitsarten: 1. als Bedarfsverwaltung im Sinne der Anschaffung der für die Verwaltungstätigkeit notwendigen Sachgüter, sog. Hilfsgeschäfte der Verwaltung; 2. bei erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit der öffentlichen Hand; 3. wenn die Verwaltung sich im Bereich der Leistungsverwaltung der Rechtsform des Privatrechts bedient 145 . 60 Verhältnismäßig unproblematisch ist von diesen Fällen derjenige der Hilfsgeschäfte der Verwaltung, d. h. der Anschaffung der für die Verwaltungstätigkeit notwendigen Sachgüter 146 . Es bedarf keiner Erläuterung, daß tagtäglich eine außerordentlich große Zahl von Sachgütern angeschafft werden muß, um die Verwaltungsmaschinerie am Laufen zu halten: Bücher für Universitäten, Streifen142 143

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Vgl. Ehlers (Fn. 14), S. 76 f. Zum Folgenden vgl. Zeidler, VVDStRL 19 (1961), S. 221 ff.; Forsth6ff, VwR, S. 112; O. Mayer, VwR I, S. 49 ff.; Erichsen, StR u. VerfGbkt I, S. 112 f.; Burmeister, DÖV 1975, 695 ff. Jellinek, VwR, S. 25. Kritik an der Fiskustheorie bei Ehlers (Fn. 14), S. 78; Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, 1986. Vgl. dazu allg.: Binder, Der Staat als Träger von Privatrechten, 1980; Ehlers (Fn. 14), S. 74 ff.; Krebs, NVwZ 1985, 609 ff.; Löwer, DVB1. 1985, 928 ff. Vgl. dazu Badura, in: I. v. Münch. Bes. VwR, S. 344 ff.; Kunert, Staatliche Bedarfsdekkungsgeschäfte und Öffentliches Recht, 1977; Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, 1978; Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung und Verfassungsrecht, 1988.

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wagen für die Polizei, Flugzeuge für die Bundeswehr, Bau einer Schule — alle diese Güterbeschaffungsvorgänge werden in Form des Privatrechts (meist durch Kauf von Waren, aber auch durch Mieten von Gebäuden und durch andere Rechtsgeschäfte nach BGB) abgewickelt. Der Staat tritt also als Käufer, Mieter oder Pächter auf147, ohne allerdings Privatautonomie in Anspruch nehmen zu können148. In den letzten Jahren hat sich zunehmend das Europäische Gemeinschaftsrecht der öffentlichen Auftragsvergabe angenommen149. Größere Schwierigkeiten ergeben sich für die Erwerbstätigkeit der öffentlichen 61 Handuo. Bund, Länder und Gemeinden nehmen in großem Maße am Wirtschaftsleben teil, indem sie sich als Unternehmer wirtschaftlich betätigen. Lufthansa und Saarbergwerke AG sind Beispiele für Bundesbeteiligungen151. Erheblich gewachsen ist die Zahl der Bundesbeteiligungen mit der Vereinigung Deutschlands durch Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Die ehemals volkseigenen Kombinate, Betriebe, Einrichtungen und sonstigen juristisch verselbständigten Wirtschaftseinheiten der DDR sind in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden, deren Anteile von der Treuhandanstalt gehalten werden — einer bundesunmittelbaren Anstalt unter der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesministers der Finanzen152. Die Treuhandanstalt galt Ende 1990 als der größte Konzern der Welt mit rund 8 000 Gesellschaften, 6 Mill. Beschäftigten und einem Vermögen, das auf mehrere 100 Mrd. DM geschätzt wurde153. Allerdings sollen die Gesellschaften nicht auf Dauer gehalten, sondern privatisiert bzw. aufgegeben oder auf andere Verwaltungsrechtsträger (Länder und Kommunen) übertragen werden154. Auch für die Länder und Kommunen läßt sich eine eindrucksvolle Liste von Beteiligungen aufstellen; schon seit langem ist die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand über die klassischen Regiebetriebe (Königlich Preußische Porzellanmanufaktur; Staatsforsten; Domänen; Bierbraue-

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Kritisch dazu Zuleeg, VerwArch. 73 (1982), 384ff., 401 f. Dazu unten Rn. 66. Vgl. statt vieler Stober, in: Hoppe/Schink (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung und europäische Integration, 1990, S. 116 ff. Vgl. dazu H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, 1969; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl. 1985; Ehlers (Fn. 14), S. 88 f.; Stober (Fn. 104), §45; R.Schmidt, öffentliches Wirtschaftsrecht, 1990, §11. Zur Zweckbindung der gemeindlichen wirtschaftlichen Unternehmen vgl. Hidien, DÖV 1983, 1002 ff. Die Bundesregierung verfolgt seit längerem ein Privatisierungskonzept und hat deshalb z. B. die Beteiligungen des Bundes an der Veba-AG, Viag-AG, Volkswagen-AG und Salzgitter-AG aufgegeben. Vgl. Ehlers, J Z 1990, 1089, 1099. Vgl. Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens v. 17. 6. 1990, GBl. der DDR 1990, Teil I Nr. 33, S. 300; Art. 25 Einigungsvertrag v. 31. 8. 1990, BGBl. II, S. 889. Ehlers, J Z 1990, 1089, 1099. Zu den Rechtsproblemen vgl. z.B. VG Berlin NJW 1991, 376ff.; Krebs, ZIP 1990, 1513 ff. 41

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reien) hinausgewachsen; selbst als Damenstrumpfproduzent (Tilly's Strumpffabrik) hat sich der Bund schon versucht155. Angesichts der ebenso vielfältigen wie umfangreichen erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand ist der Formulierung zuzustimmen, die den Fiskus als „erstaunlichen Karrieremacher und Allroundman" bezeichnet, „der es vom ,Prügelknaben' zum Wirtschaftsmagnaten gebracht hat" 156 . Die Unterscheidung der erwerbswirtschaftlich-fiskalischen Tätigkeit einerseits von der Erfüllung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in Form der Daseinsvorsorge andererseits kann im Einzelfall schwierig sein157. 62 Zugleich stellt sich aber die Frage ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit. Im Verhältnis zu den privaten nichtstaatlichen Unternehmen hat die öffentliche Hand den Vorteil, daß sie Verluste, die sie bei ihrer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit erleidet, mit Mitteln aus den öffentlichen Haushalten (sprich: den Steuereinnahmen) „ausbügeln" kann. Diesem Startvorteil am Markt steht kein entsprechender Nachteil gegenüber; denn von der die Daseinsvorsorge verwirklichenden Leistungsverwaltung durch Bundespost, Bundesbahn und die kommunalen Versorgungsbetriebe (Gas- und Wasserversorgungsunternehmen; Verkehrsbetriebe) unterscheidet sich die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand durch das Fehlen eines besonderen öffentlichen Interesses gerade gegenüber ihren (Vertrags-)Partnern158. Dies zeigt sich vor allem darin, daß die öffentliche Hand bei ihrer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit keine „sozialen Preise" — z. B. durch Fahrpreisermäßigung für Schülerfahrkarten, durch Aufrechterhaltung des Bahnbetriebes auf unrentablen Strecken in Förderungsgebieten (früher Zonenrandgebiete genannt) usw. — zu gewähren hat. Die öffentliche Hand kann sich hier vielmehr grundsätzlich wie jeder andere Marktbewerber verhalten. 63 Gleichwohl lehnt es die traditionelle Ansicht ab, aus dem Verfassungsrecht Beschränkungen für die staatliche erwerbswirtschaftliche Tätigkeit abzuleiten, die über die für alle geltenden Beschränkungen hinausgehen159. Demgegenüber verbieten nach neuerer, im Vordringen befindlicher Auffassung das Rechtsstaatsprinzip und das Bekenntnis des Grundgesetzes zum Steuerstaat ein ausschließliches Gewinnstreben des Staates. Der Staat ist danach zwar zur Gewinnmitnahme berechtigt, muß seine Teilnahme am Wirtschaftsleben aber anderweitig

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Das Unternehmen hatte als Unternehmen des Reiches im Zweiten Weltkrieg Socken für die Wehrmacht produziert und war dann gem. Art. 134 Abs. 1 GG Bundesvermögen geworden. Mallmann, VVDStRL 19 (1961), S. 165. Vgl. z. B. zur Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute (Sparkassen u. a.) OLG Hamm DVB1. 1981, 228 m. Anm. Oebbecke (zur Westdeutschen Landesbank). Zum Begriff der öffentlichen Aufgabe allg.: Schuppert, VerwArch. 71 (1980), 309 ff. Vgl. auch Badura, in: I. v. Münch, Bes. VwR, S. 344 ff. Vgl. auch Emmerich (Fn. 150), S. 86 ff.; Barura, in: I. v. Münch, Bes. VwR, S. 344ff.; ders., in: Festschrift für H. J. Schlochauer, 1981, S. 3 ff., 19 ff.

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rechtfertigen können (z. B. mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit oder mit strukturpolitischen Zielsetzungen)160. Daneben wird von dieser Ansicht auch eine Bindung des Staates an die bundesstaatliche Kompetenzordnung (Art. 30, 83 ff. GG) 1 6 1 und an die Grundrechte der Kunden und der Konkurrenten 162 bejaht. Unberührt bleibt die Bindung an die allgemeinen Gesetze — wie z. B. das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 163 und das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) 164 . Im Gegensatz zur staatlichen erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit ist die wirt- 6 4 schaftliche Tätigkeit der Gemeinden165 näher gesetzlich geregelt worden. Die dem § 67 DGO nachgebildeten Bestimmungen der Gemeindeordnungen der Länder (z. B. § 88 NWGO) fordern, daß 1. ein (dringender) öffentlicher Zweck das wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde erfordert, 2. dieser Zweck durch andere (d. h. nichtgemeindliche) Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann 166 , und 3. das wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zur voraussichtlichen Belastung steht. Die Nutzung von Vermögen und die erwerbswirtschaftliche Betätigung von Gemeinden ist somit „nur im Zusammenhang mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zulässig" 167 . Nach Ansicht des BGH im Blockeis-Fall (eine Gemeinde und ein Privat160

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Vgl. Ehlers (Fn. 14), S. 92 ff.; ders., J Z 1990, 1089, 1091; Püttner (Fn. 150), S. 128 ff., 165; Stober (Fn. 104), § 45 IV. A. A. Dickersbach, WiVerw. 1983, 187, 202; Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, § 16 Rn. 23; R. Schmidt (Fn. 150), § 11 11 c. Vgl. Battis/Gusy, öffentliches Wirtschaftsrecht, 1983, S. 186; Ehlers (Fn. 14), S. 113 ff.; Erichsen, Gemeinde und Private im wirtschaftlichen Wettbewerb, 1987, S. 16 ff.; a. A. H. H. Klein (Fn. 150), S. 149 f., 195 f.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, 1980, S. 131. Vgl. dazu statt vieler Ehlers, J Z 1990, 1089, 1096 m. w. Nachw.; ferner die Ausf. unten zu § 3 Rn. 62. Zum Schutz gegen Verwaltungsmonopole vgl. BVerfGE 21, 245, 248; 41, 205, 218; VGH München NJW 1978, 2410 m. Anm. Badura, 2413 f. Zur Frage des Rechtsweges gegen die öffentliche Hand als Wettbewerber vgl. Rn. 65 m. Fn. 173. Vgl. Ehlers (Fn. 14), S. 352 ff.; Stober, in: Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, 2. Aufl. 1985, § 122. Ausführlich zur Frage des zulässigen Umfangs wirtschaftlicher Betätigung der Gemeinden: BVerwGE 39, 329 ff.; BGH NJW 1987, 60 ff. u. 62 f. (alle zum gemeindlichen Bestattungswesen); Hoffmann-Becking, in: Festschrift für H. J. Wolff, 1973, S. 445 ff.; Hidien, Gemeindliche Betätigungen rein erwerbswirtschaftlicher Art und „öffentlicher Zweck" kommunaler wirtschaftlicher Unternehmen, 1981; Gerke, Jura 1985, 349 ff.; Erichsen (Fn. 161), S. 12ff. Diese Subsidaritätsklausel ist nicht enthalten in der BWGO (§ 102) - vgl. zu § 85 a. F. BVerwGE 39, 336 - und in der HessGO (§ 121). Vgl. demgegenüber § 88 NWGO; § 106 KommSelbstVwG Saarl.; § 101 SchlHGO. BVerfG NJW 1982, 2173, 2175 - Verpachtung von Grundstücken.

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unternehmen stellten Blockeis her; das Privatunternehmen klagte auf Unterlassung) ist § 69 Abs. 1 a. F. ( = §88 Abs. 1 n. F.) NWGO allerdings kein Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB; denn in § 69 Abs. 1 ( = § 88 Abs. 1 n. F.) NWGO „steht das eigene Interesse der Gemeinden an einer gesunden Gemeindewirtschaft im Vordergrund und stellt der Schutz des beschränkten Personenkreises der Inhaber von privaten wirtschaftlichen Unternehmen nur einen Nebenzweck von nachgeordneter Bedeutung dar" 1 6 8 . Neuerdings scheint sich eine Entwicklung anzubahnen, von den Gemeinden wahrgenommene Aufgaben zu privatisieren169. Die Befürworter der Privatisierung (Entstaatlichung) öffentlicher Aufgaben begründen dies mit dem Vorteil größerer Effizienz und niedrigerer Kosten; tatsächlich sind denn auch die von öffentlichen Monopolunternehmen (z. B. Verkehrsbetrieben) festgesetzten Preise prozentual stärker gestiegen als die von Privatunternehmen. Jedoch sind die Auffassungen zum Thema Privatisierung öffentlicher Aufgaben — weil auch ideologisch befrachtet — sehr unterschiedlich170. Entbürokratisierung ist jedenfalls eine wichtige politische Aufgabe 171 . 65 Die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden kann verschieden organisiert sein 172 ; sie kann vorgenommen werden 1. durch unselbständige Anstalten mit unmittelbarer Verwaltung durch gemeindliche Ämter (z. B. Fuhrpark; Badeanstalt; Schlachthof); 2. durch Eigenbetriebe, d. h. gemeindliche Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit, die nach den EigenbetriebsVOen der Länder als Sondervermögen unter gesonderter Verwaltung und gesonderter Kassenführung >*» BVerfG DVB1. 1990, 1401 f. 160 Vgl. auch Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 22 Rn. 13; Oebbecke (Fn. 151), S. 82f.; a. A. Ehlers, J Z 1987, 218, 219. 155

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ten zu können, muß zwischen der personellen und der direktiven Mitbestimmung unterschieden werden. 41 Die personelle Mitbestimmung bezieht sich auf die innerdienstlichen, sozialen oder persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten. Sie ist für das Personal in der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung in den Personalvertretungsgesetzen, für die Beschäftigten in der privatrechtlich organisierten Verwaltung im Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Da die insoweit bestehenden Beteiligungsrechte der Beschäftigten im Sozialstaatsgedanken wurzeln und auf Vorstellungen zurückgehen, die auch den Grundrechtsverbürgungen der Art. 1, 2 und 5 Abs. 1 GG zugrundeliegen161, bedarf es insoweit keiner demokratischen Legitimation. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Personal- und Betriebsräte von den jeweiligen Beschäftigten gewählt werden und in erster Linie diese Beschäftigten und nicht das Gesamtvolk vertreten. 42 Die direktive Mitbestimmung geht über die personelle weit hinaus. Sie zieht auf eine Beteiligung an den staatlichen Leitungsentscheidungen ab. Darunter sind alle Entscheidungen zu verstehen, die nicht die innerdienstlichen, sozialen oder personellen Angelegenheiten, sondern die sonstigen Aufgaben des Staates betreffen (insbesondere die Gestaltung der Außenrechtsbeziehungen zum Bürger). Diskutiert und vielfach praktiziert wird eine solche Art der Mitbestimmung z. B. in den wirtschaftlichen Unternehmen der öffentlichen Hand 162 , den Richterwahlausschüssen163 sowie den Theatern 164 und Museen 165 . Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen bedürfen alle Mitglieder kollegialer Gremien einer demokratischen Legitimation 166 . Dagegen wird in der Literatur vielfach eine Veto- oder Mehrheitsposition der demokratisch legitimierten Amtswalter für ausreichend gehalten 167 . Den Vorzug dürfte die zuerst genannte Ansicht verdienen, da „alle" Staatsgewalt und nicht nur ein Teil der Staatsgewalt der demokratischen Legitimation bedarf. Eine Vetoposition ermöglicht keine positiven Entscheidungen. Auf Mehrheitsverhältnisse kann es 161 162

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BVerfGE 28, 314, 323; 51, 43, 58. Vgl. Schneider, DÖV 1972, 598 ff.; Obermayer, Mitbestimmung in der Kommunalverwaltung, 1973; Püttner, DVB1. 1984, 165 ff.; Ossenbübl, Grenzen der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, 1986, S. 37 ff.; Tettinger, Mitbestimmung in der Sparkasse und verfassungsrechtliches Demokratiegebot, 1986, S. 31 ff.; Ehlers, J Z 1987, 218 ff.; Nagel/ Bauers, Mitbestimmung in öffentlich-rechtlichen Unternehmen und Verfassungsrecht, 1990, S. 38 ff. Vgl. dazu Böckenförde, Verfassungsfragen der Richterwahl, 1974. Vgl. BVerwGE 62, 55, 59 f.; VG Berlin DVB1. 1979, 470 m. Anm. Köper; Kunig, DÖV 1982, 765 f.; Ossenbühl, DÖV 1983, 788 ff.; Oebbecke (Fn. 151), S. 192 ff. Vgl. dazu H. P. lpsen, DVB1. 1982, 112ff.; Oebbecke (Fn. 151), S. 201 ff. VerfG NW J Z 1987, 242 ff. Im wesentlichen zustimmend Ehlers, J Z 1987, 218 ff. A. A. Nagel/Bauers (Fn. 162), S. 52. Vgl. K. lpsen, DÖV 1971, 469, 474; Biback, Die Mitwirkung der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, 1983, S. 45 ff.; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 22 Rn. 19.

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jedenfalls solange nicht ankommen, wie die Gruppendisziplin nicht rechtlich zwingend vorgeschrieben ist 168 . Dies schließt eine Heranziehung des Sachverstandes der Arbeitnehmer oder der Mitglieder gesellschaftlicher Gruppen nicht aus, sofern diese zu gemeinwohlgebundenen Amtswaltern bestellt und individuell berufen werden 169 . Auch die Bindung an Vorschlagslisten gesellschaftlicher Gruppen oder von Personalversammlungen kann in den hier erwähnten Beispielsfällen hingenommen werden, falls dem demokratisch legitimierten Entscheidungsorgan eine hinreichende Auswahlmöglichkeit verbleibt 170 . (2) Zulässigkeit ministerialfreier Räume. Die inhaltlich-demokratische Legiti- 43 mation der Verwaltung wird maßgeblich über die parlamentarische Verantwortung der Regierung und der Minister sichergestellt. Da nur derjenige Verantwortung tragen kann, der über ausreichende Ingerenzbefugnisse verfügt, schreibt Art. 65 S. 2 GG vor, daß jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig leitet. Vergleichbare Regelungen enthalten die meisten Landesverfassungen. Ministerialfreie — d. h. weisungsfreie und damit dem Einflußbereich des zuständigen Ministers entzogene — Räume darf es vorbehaltlich abweichender verfassungsrechtlicher Regelungen danach nicht geben 171 . Dennoch kennt das geltende Recht unabhängige Einrichtungen in der Verwaltung, die sich nur schwer mit dem demokratischen bzw. parlamentarischen Prinzip vereinbaren lassen, gleichwohl aber von der ganz h. M. für zulässig erachtet werden. Das bekannteste Beispiel hierfür bildet die Deutsche Bundesbank, die nach § 12 S. 2 BBankG bei der Ausübung ihrer Befugnisse von Weisungen der Bundesregierung unabhängig ist 172 . Im Schrifttum werden ministerialfreie Entscheidungsräume nicht selten bereits dann als gerechtfertigt angesehen, wenn die gesetzlich übertragene und umschriebene Aufgabe nach ihrer spezifischen Eigenart eine solche Weisungsfreiheit notwendig erfordert (wie etwa im Prüfungswesen) 173 . b) Selbstverwaltung im demokratischen Staat. Träger der demokratischen 4 4 Legitimation und damit Legitimationsspender ist das Volk. Es muß sich aber nicht notwendigerweise um das Staatsvolk handeln. Vielmehr kann u. U. auch ein durch den Verfassungs- oder Gesetzgeber eingesetztes sog. Teilvolk in Be168

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Ob dies alles auch für privatrechtlich organisierte Unternehmen gilt, ist zweifelhaft. Vgl. dazu Ehlers (Fn. 131), S. 124ff.; ders., J Z 1987, 218, 224 ff.; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl. 1985, S. 136 f., 141. A. A. Stober, Wasserverbandsrecht und Arbeitnehmermitbestimmung, 1989, S. 60. Vgl. Ehlers, J Z 1987, 218, 223; Oebbecke, VerwArch. 81 (1990), 349, 367 f. Vgl. zur Problematik BVerfGE 9, 268, 282; £. Klein, Die verwaltungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raums, 1974, S. 191 ff.; Oebbecke (Fn. 151), S. 92ff.; P. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 59 Rn. 101; Krebs, ebd., § 69 Rn. 82. Vgl. dazu Uhlenbruck, Die verfassungsmäßige Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank und ihre Grenzen, 1968; Lampe, Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, 1971; Stern, StR, Bd. II, § 3 5 14; Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 238 ff.; Grämlich, Bundesbankgesetz, 1988, § 12 Rn. 3, 6. Vgl. dazu Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 22 Rn. 24.

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tracht kommen 174 . Den Charakter eines Teilvolkes können und dürfen von Verfassungs wegen aber nur die Mitglieder von Selbstverwaltungsträgern haben. Die Selbstverwaltung stellt sich als ganz oder teilweise selbständige, fachweisungsfreie Wahrnehmung öffentlicher Angelegenheiten durch unterstaatliche Träger öffentlicher Verwaltung im eigenen Namen dar 175 . Durch Beteiligung der Staatsbürger an der Gestaltung ihres engeren Lebenskreises soll ein weiteres Stück Demokratie gesichert werden. Hinsichtlich der verschiedenen Arten der Selbstverwaltung ist zwischen der kommunalen und der funktionalen Selbstverwaltung176 zu unterscheiden177. 45 (1) Die kommunale Selbstverwaltung wird durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet. Danach wird den Gemeinden das Recht eingeräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft 178 im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG muß das Volk in den Gemeinden und Kreisen eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist 179 . Volk i. S. dieser Verfassungsnorm ist — nach Auffassung des BVerfG — die Gesamtheit der in dem jeweiligen Wahlgebiet ansässigen Deutschen (Art. 116 Abs. 1 GG) 1 8 0 . Die Ausländer sind daher nicht wahlberechtigt. In der Umgangssprache werden die kommunalen Volksvertretungen häufig Kommunalparlamente genannt. Indes handelt es sich nicht um Parlamente im Rechtssinne, d. h. um legislative Einrichtungen, sondern um unmittelbar demokratisch legitimierte Organe der Exekutive. 46 (2) Die funktionale Selbstverwaltung bestimmt sich nicht ausschließlich nach der Wohnsitznahme im Hoheitsbereich einer Körperschaft, sondern nach gruppenspezifischen Kriterien, wie besonderen Eigenschaften, Funktionen oder Interessen 181 . Dazu gehören z. B. die Hochschulen, die Sozialversicherungsträger, die Kammern der freien Berufe (für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Architekten), die wirtschaftsständischen Kammern (Industrie- und Handelskammern, Hand-

174 175

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Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 II, Rn. 56 f. Vgl. Wolff/Bachof, VwR II, § 84 IV b. Ferner: Stern, StR, Bd. I, § 12 I 2; Achterberg, Allg. VwR, § 11 Rn. 1 ff.; Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, 1984. Zur Eigenständigkeit der gemeindlichen Selbstverwaltung vgl. Benz, DÖV 1986, 375 ff.; Brohm, DÖV 1986, 397 ff.; v. Unruh, DÖV 1986, 217 ff. - Zur Frage, ob eine Gemeinde sich zu einer „atomwaffenfreien Zone" erklären darf, vgl. BVerwG DVB1. 1991, 491 ff. VGH BW NVwZ 1984, 659 ff. Vgl. auch BVerfG DVB1. 1990, 1397, 1400. Vgl. Stern, StR, Bd. I, § 12 I 2 m. w. Nachw. BVerfGE 79, 127, 143 ff. Näher dazu Ehlers, Jura 1988, 337 ff. Vgl. BVerfG DVB1. 1990, 1397 ff. A. A. z. B. Zuleeg, ZAR 1988, 13 ff. Vgl. BVerfG DVB1. 1990, 1397, 1400.

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§ 3 II 1

Werkskammern, Landwirtschaftskammern), die Handwerksinnungen, die Wasser- und Bodenverbände, die Teilnehmergemeinschaften bei der Flurbereinigung sowie die Jagd- und Fischereigenossenschaften 1 8 2 . Da es sich einerseits bei diesen Körperschaften um Träger von Staatsgewalt und nicht (auch nicht teilweise) um gesellschaftliche Interessenverbände handelt 1 8 3 , andererseits „alle" Ausübung von Staatsgewalt einer demokratischen Legitimation bedarf, findet entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht 1 8 4 das Demokratieprinzip auf die Selbstverwaltungsträger Anwendung. Ihre demokratische Legitimation erhalten die Entscheidungsorgane und Selbstverwaltungsträger durch das Verbandsvolk 1 8 5 . Anders als im Falle von Bund, Ländern und — nach Auffassung des BVerfG — auch kommunalen Gebietskörperschaften ist der Begriff des Verbandsvolkes grundgesetzlich nicht festgelegt, so daß hier ein Wahlrecht für Ausländer rechtmäßig ist 1 8 6 . In welchem Umfang eine funktionale Selbstverwaltung vorgesehen werden 47 soll, steht grundsätzlich im Ermessen des Gesetzgebers. Allerdings verlangt das Demokratieprinzip, daß die der Staatsgewalt unterworfenen Personen im wesentlichen identisch mit jenen Personen sein müssen, denen die Staatsgewalt ihre Einsetzung verdankt 1 8 7 . Auch der Gesetzgeber darf daher eine Selbstverwaltung nur einrichten, wenn das Prinzip der Selbstbetroffenheit 1 8 8 beachtet wird. Somit ist es unzulässig, Selbstverwaltungsträger mit der Wahrnehmung von Aufgaben zu betrauen, die alle Staatsbürger betreffen (z. B. Außenpolitik, Verteidigung, Steuererhebung). Ferner müssen die Grundrechte der Verbandsmitglieder (i. d. R . handelt es sich um Zwangsmitglieder) beachtet werden 1 8 9 . Schließlich darf der Gesetzgeber sich seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und die Regelung des Selbstverwaltungsbereichs ganz den körperschaftlichen Organen überlassen. Insbesondere bedürfen Eingriffe in den Grundrechtsbereich einer parlamentarisch-gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage 1 9 0 . 182 183

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Näher dazu Hendler (Fn. 175), S. 208 ff.; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, §§ 93 ff. Vgl. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 84 IV Rn. 37; a. A. Fröhler/Oberndorfer, Körperschaften des öffentlichen Rechts und Interessenvertretung, 1974, S. 14ff.; Biback, Die öffentliche Körperschaft, 1976, S. 315 ff.; Oberndorfer, WiVerw. 1979, 129 ff.; Hoppe/ Beckmann, Rechtsgrundlagen und verfassungsrechtliche Grenzen der Gründung und Auflösung von Wasser- und Bodenverbänden, 1988, S. 59 ff. Zu den Innungen vgl. Ehlers, in: Achterberg/Püttner, Bes. VwR, Bd. I, 1/1 Rn. 305. Isensee, VVDStRL 32 (1974), S. 50, 96ff.; Breuer, Festgabe für v. Unruh, 1983, S. 855, 878; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 22 Rn. 33 f.; Schink, DVB1. 1988, 417, 425. Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 II Rn. 56; Schmidt-Aßmann, in: Gedächtnisschrift für W. Martens, 1987, S. 257 und 263. Vgl. BVerfG DVBl. 1990, 1397, 1400. Herzog, in: Maunz/Dürig, GG Art. 20 II Rn. 56 f. Vgl. Hendler (Fn. 175), S. 284; Ehlers, JZ 1987, 218, 221. Vgl. z. B. BVerfGE 15, 235, 239 ff.; 32, 54, 64 f.; BVerwGE 64, 115, 117; Messerschmidt, VerwArch. 81 (1990), 55 ff. Vgl. BVerfGE 33, 125, 158. 73

§3

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c) Partizipation an Verwaltungsentscheidungen. Unter einer Partizipation an Verwaltungsentscheidungen soll hier die Teilhabe der Bürger an der Verwaltung verstanden werden, die sich nicht als Ausübung von Staatsgewalt unmittelbar durch das Volk darstellt 191 . Soweit das Staatsvolk oder Verbandsvolk seinen Willen in Wahlen oder Abstimmungen äußert 192 , tritt der Souverän selbst in Erscheinung und wirkt nicht an Handlungen anderer mit. Hinzuweisen ist einerseits auf die Parlaments-, Kommunal- oder sonstigen Körperschaftswahlen, andererseits auf die Abstimmungen in Form von Volksbegehren und Volksentscheiden 193 oder Beschlußfassungen der Mitgliederversammlungen einer Gemeinde 194 bzw. einer Körperschaft. Auch allgemeine (nicht nur repräsentative) Volksbefragungen fallen in diesen Bereich. Sie sind zwar verfassungsrechtlich im G G nicht vorgesehen, aber zulässig 195 , sofern dadurch nicht das Bekenntnis der Verfassungen zur repräsentativen Demokratie unterlaufen und in die Kompetenzen anderer Rechtsträger eingegriffen wird 196 . 49 Das Demokratieprinzip steht einer Partizipation der Bürger an Verwaltungsentscheidungen positiv gegenüber 197 , gebietet eine solche in aller Regel aber nicht zwingend. Berühren die Verwaltungsentscheidungen Rechte der Bürger, kann zwar eine Beteiligung namentlich in Gestalt einer vorherigen Anhörung verfassungsrechtlich geboten sein. Doch wurzeln die diesbezüglichen Beteiligungsrechte der Bürger zumindest schwerpunktmäßig im Rechtsstaatsprinzip und in den Grundrechten 198 , nicht aber im Demokratieprinzip 199 . Das einfache Gesetzesrecht kennt zahlreiche Formen der Partizipation. Sie lassen sich danach systematisieren, ob den Bürgern die Möglichkeit gegeben wird, sich an die Verwaltung zu wenden, oder ob die Beteiligung auf Seiten der Verwaltung

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Zum Begriff der Partizipation vgl. auch Hartisch, Verfassungsrechtliches Leistungsprinzip und Partizipationsverbot im Verwaltungsverfahren, 1975, S. 80 ff. Vgl. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG. Vgl. etwa Art. 68 NWVerf.; § 21 BWGO. Zum sog. Bürgerantrag (Verpflichtung der Volksvertretung, binnen einer bestimmten Frist eine Angelegenheit zu erörtern und zu entscheiden) vgl. etwa § 20 b BWGO. Vgl. Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG. Vgl. Pestalozzi, N J W 1981, 733, der in der Volksbefragung ein demokratisches Minimum sieht. Vgl. BVerfGE 8, 104, 115 ff., wonach die Zuständigkeit der Bundesorgane zur ausschließlichen eigenverantwortlichen Bewältigung einer Sachaufgabe schon dann beeinträchtigt wird, wenn die Länder die Bundesorgane durch den in einer von ihnen angeordneten amtlichen Volksbefragung liegenden politischen Druck zwingen wollen, die von ihnen getroffenen Sachentscheidungen zu ändern (wie bei einer Volksbefragung über Atomwaffen). In Art. 56 der Hamburgischen Verfassung heißt es sogar ausdrücklich: „Das Volk ist zur Mitwirkung an der Verwaltung berufen. Die Mitwirkung geschieht insbesondere durch die ehrenamtlich tätigen Mitglieder der Verwaltungsbehörden ...". Vgl. Rn. 61, 64. Vgl. aber auch Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), S. 179, 209 ff.

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Verwaltung und Verwaltungsrecht

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erfolgt. In die erste Gruppe fällt z. B. das Recht der Bürger auf Einreichen von Petitionen 200 , frühzeitige Erörterung von Planungsentscheidungen der Verwaltung201 und Erhebung von Einwendungen gegen ausgelegte Pläne 202 . Der zweiten Gruppe sind die Mitwirkungshandlungen der ehrenamtlich tätigen Bürger und Ehrenbeamten 203 sowie der Angehörigen gesellschaftlicher Gruppen in den Kollegialorganen der Verwaltung zuzurechnen. Erwähnt seien nur die Wahlhelfer, sachkundigen Bürger und sachkundigen Einwohner in bestimmten Gemeindeausschüssen204, ehrenamtlichen Bürgermeister205 und Leiter freiwilliger Feuerwehren 206 sowie die bestimmten Interessengruppen angehörenden Verwaltungsratsmitglieder der Deutschen Bundesbahn207 bzw. Aufsichtsratsmitglieder der Unternehmen der Deutschen Bundespost208. Bei der Mitwirkung auf Seiten der Verwaltung müssen die Bürger bzw. Angehörigen gesellschaftlicher Gruppen in jedem Falle auf das Gemeinwohl verpflichtet werden. Sie werden somit als Volksvertreter und nicht als eigennützige Individuen oder Gruppenvertreter tätig 209 . Schließlich muß die Heranziehung der genannten Personen sachgemäß sein und darf nicht zu übermäßigen Einflußnahmemöglichkeiten führen.

2.

Bundesstaat

Der Bundesstaat ist dadurch gekennzeichnet, daß auf demselben Staatsgebiet 5 0 zwei staatliche Gewalten gleichzeitig wirken. Daher sind die Gesetzgebungsund Verwaltungskompetenzen geteilt. a) Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern. 51 Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Bei den Kompetenzen des Bundes kann es sich um ausschließliche (Art. 73), konkurrierende (Art. 74, 74 a) oder Rahmen- bzw. Grundsatzgesetzgebungsbefugnisse (Art. 75, 91 a Abs. 2, 109 Abs. 3) handeln. Neben den enumerativ aufgeführten Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes werden auch ungeschriebene Bundes-

200 201 202 203 204 205 206 207 208 209

Vgl. Art. 17 GG; § 6 c NWGO. Vgl. etwa §§ 3 Abs. 1 BauGB, 6 b NWGO. Vgl. § 73 Abs. 4 VwVfG. Vgl. z. B. §§ 177 BBG; 115 BRRG; 20 N W G O ; 81 ff. VwVfG. Vgl. etwa § 42 Abs. 3 und 4 NWGO. Z. B. Art. 75 BayGO. § 8 Abs. 1 NWFSHG. Vgl. § 10 Abs. 1 BBahnG. Vgl. §§ 16, 17 PostVerfG. Anderes gilt für die Mitwirkung der Erziehungsberechtigten in der Schule (vgl. z. B. § § 4 , 11 NWSchMG). Die Heranziehung der Erziehungsberechtigten dürfte in erster Linie grundrechtlich fundiert sein und sich im übrigen aus dem Selbstverwaltungsgedanken legitimieren lassen.

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§3

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kompetenzen kraft Natur der Sache oder Sachzusammenhangs sowie Annexkompetenzen als zulässig angesehen210. 52 Ein einheitliches Rechtsgebiet „Verwaltungsrecht" kennt das Grundgesetz nicht. Die Kompetenzen verteilen sich somit auf Bund und Länder, so daß sowohl das allgemeine als auch das besondere Verwaltungsrecht aus Bundesund Landesrecht bestehen. Das Schwergewicht liegt heute auf dem Bundesrecht. Zum Beispiel wird nahezu das gesamte Wirtschaftsrecht (insbesondere über Art. 74 Nr. 11 GG) und ein Großteil des Umweltrechts (insbesondere über Art. 74 Nr. I I a , 20, 24, 75 Nr. 3 und 4 GG) in Bundesgesetzen geregelt. Zu den Rechtsgebieten des Landesrechts, die sich der Sogkraft des „unitarischen Bundesstaates" 21 ' entziehen konnten, gehören insbesondere das (Landes-)Verwaltungsverfahrens-, Kommunal-, Polizei- und Ordnungs-, Schul- und Hochschul- sowie das Rundfunkrecht. Vielfach haben die Länder hierbei ihre Rechtssetzung freiwillig untereinander abgestimmt. So bestehen zwischen den Bauordnungen der Länder kaum nennenswerte Unterschiede. Nicht selten findet auch eine Kooperation mit dem Bund statt. Insbesondere haben die Länder ihre Verwaltungsverfahrensgesetze dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes angepaßt: sei es durch Verweisung auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes oder durch Erlaß nahezu inhaltsgleicher Landesgesetze212. 53

b) Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern. Während bei der Gesetzgebung häufig das Bedürfnis nach Rechtseinheit für eine Kompetenz des Bundes spricht, kann die Ausführung der Gesetze in der Regel sachgerechter und lebensnäher durch eine föderal strukturierte bzw. dezentralisierte Verwaltung „vor Ort" bewerkstelligt werden213. Demgemäß liegt das Schwergewicht der Verwaltungskompetenzen bei den Ländern. Die grundsätzliche Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern ergibt sich aus den Art. 30, 83 ff., 108 und 120 a GG. Danach ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt. Insbesondere obliegt den Ländern der Vollzug der Landesgesetze und der sonstigen Verwaltungsaufgaben, die nicht dem Bund zugewiesen worden

210 211 212

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Vgl. Stern, StR, Bd. I, § 19 III 3. Vgl. dazu Hesse, Der unitarische Bundesstaat, 1962, S. 12 ff. In Berlin und Rheinland-Pfalz verweisen die Landesverwaltungsverfahrensgesetze auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes „in der jeweils geltenden Fassung". Es handelt sich also um dynamische Verweisungen. Zur Zulässigkeit solcher Verweisungen vgl. BVerfGE 47, 285, 310 ff.; Clemens, AöR 111 (1986), 63, 100 ff. - die zumindest Verweisungen in grundrechtsrelevanten Bereichen als verfassungswidrig ansehen (kritischer Ehlers, DVB1. 1977, 693 ff.; der im Bereich ausschließlicher Landeskompetenzen eine dynamische Verweisung des Landesrechts auf das Bundesrecht für stets ungültig hält). Allgemein zur Bewertung des sog. kooperativen Föderalismus Hesse, VerfR, Rn. 234. Vgl. auch Maunz/Zippelius, StR, § 38 II.

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sind. Grundsätzlich führen die Länder auch die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten aus (Art. 83, 84 GG). Für bestimmte Sachbereiche sieht das Grundgesetz einen Vollzug der Bundesgesetze durch die Länder im Auftrag des Bundes vor (Bundesauftragsverwaltung) 214 . Die Länderbehörden unterstehen insoweit der Weisungsgewalt und der Fachaufsicht des Bundes 215 . Schließlich hat sich der Bund den Vollzug von Bundesgesetzen und sonstigen Verwaltungsaufgaben in den Sachgebieten der Art. 87 ff. und 108 Abs. 1 GG selbst vorbehalten. Die Verteilung der Verwaltungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern 5 4 ist vom Grundgesetz erschöpfend und grundsätzlich unabdingbar geregelt. Hiervon abweichende Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern (insbesondere Mischverwaltung 216 ) sind deshalb grundsätzlich unzulässig. Einen Ausnahmefall sieht das Grundgesetz in Art. 91 a GG für die Mitwirkung des Bundes auf den Gebieten der Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben durch die Länder vor 217 . Ferner können Bund und Länder gem. Art. 91 b G G aufgrund von Vereinbarungen bei der Bildungsplanung und bei der Forschungsförderung (z. B. Max-Planck-Gesellschaft) zusammenwirken. Im Bereich ihrer Verwaltungszuständigkeiten haben die Länder die Möglich- 5 5 keit, durch Abkommen Gemeinschaftseinrichtungen zur Wahrnehmung gemeinsamer Länderaufgaben zu errichten. Dabei konzentrieren sich die Abkommen insbesondere auf die Gebiete Rundfunk und Fernsehen (z. B. Zweites Deutsches Fernsehen), Wissenschaft und Ausbildung (z. B. Verwaltungshochschule Speyer, Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen) sowie Kultur (z. B. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder) 218 . 3. Rechtsstaat Von großer Bedeutung für die Verwaltung und das Verwaltungshandeln ist 5 6 das Bekenntnis des Grundgesetzes zum Rechtsstaat, das in Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG ausdrücklich zum Ausdruck kommt und sich daneben aus zahlreichen anderen Vorschriften des Grundgesetzes (z. B. Art. 20 Abs. 3 GG und den Rechtsschutzvorschriften) herleiten läßt 2 1 9 . Das BVerfG zählt den Rechtsstaatsgrund214 215

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217 218 219

Vgl. Art. 85 GG. Zur Rechtsnatur des Weisungsrechts vgl. BVerfGE 81, 310, 335 ff.; Schulte, VerwArch. 81 (1990), 415, 425 ff. Vgl. Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1975; Loeser, Theorie und Praxis der Mischverwaltung, 1976. Vgl. I. v. Münch, VVDStRL 31 (1973), S. 52ff. BVerwGE 22, 299, 306; Kisker, JuS 1969, 466ff.; Ehlers (Fn. 131), S. 335 f. Vgl. zum Rechtsstaatsprinzip Scheuner, in: Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Deutschen Juristentages II (1960), S. 229 ff.; Böckenförde, in: Festschrift für Arndt, 1969, S. 54ff.; vgl. auch Benda, in: Benda/Maihofer/Vogel, HdbVerfR, S. 477 ff.; Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986; Stern, StR, Bd. I, § 2 0 ; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/ Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 24 Rn. 21 ff.

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satz zu den elementaren Prinzipien des Grundgesetzes220. Er sei eine „Leitidee" 221 , ein Verfassungsgrundsatz, der je nach den sachlichen Gegebenheiten einer Konkretisierung bedürfe 222 . Unterschieden wird i. d. R. zwischen dem formellen und dem materiellen Rechtsstaat. Der formelle Rechtsstaat bezeichnet einen Staat, in dem alle staatlichen Machtäußerungen anhand von Gesetzen meßbar sind. Für den materiellen Rechtsstaatsbegriff ist wesentlich, daß der Staat auf die Idee der Gerechtigkeit bezogen ist 223 . Der Rechtsstaatsbegriff des Grundgesetzes umfaßt sowohl das formelle als auch das materielle Verständnis224. Die Einwirkungen des Rechtsstaatsgedankens auf das Verwaltungsrecht sind so vielfältig und zahlreich, daß sie hier nicht im einzelnen dargestellt werden können 225 . Hingewiesen sei nur auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (a)), die Grundrechtsbindung der Verwaltung (b)), die rechtsstaatlichen Anforderungen an Organisation und Verfahren der Verwaltung (c)) und die rechtsstaatlichen Handlungsmaßstäbe der Verwaltung (d)). 57 a) Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Gemäß Art. 20 Abs. 3 GG ist die Vollziehung der Staatsgewalt an Gesetz und Recht gebunden. Das darin enthaltene Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bezieht sich sowohl auf den Vorrang als auch auf den Vorbehalt des Gesetzes226. 58 Der Vorrang des Gesetzes besagt, daß die Verwaltung bei ihrem Handeln nicht gegen Rechtsnormen verstoßen darf 227 . Das gilt für jegliches Verwaltungshandeln — unabhängig davon, ob es um interne oder Außenrechtsregelungen, Rechtsakte oder Realakte, belastende oder begünstigende Handlungen geht. 59 Mit dem Vorbehalt des Gesetzes228 bezeichnet man demgegenüber das Erfordernis einer besonderen gesetzlichen Grundlage für das Verwaltungshandeln. Dieser Grundsatz kann neben dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip auch aus anderen Bestimmungen des Grundgesetzes abgeleitet werden: insbesondere aus den Grundrechtsbestimmungen, dem Demokratieprinzip, verschiedenen haushalts-, finanz- und organisationsrechtlichen Bestimmungen (Art. 105 f£, 110, 115 GG) sowie Art. 20 Abs. 3 GG 2 2 9 . Wie schon ausgeführt wurde 230 , ist die Geltung 220 221 222 22J 224 225 226 227 228

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BVerfGE 20, 323, 331. BVerfGE 2, 380, 403. BVerfGE 7, 89, 92 f. Vgl. Schnapp, in: I. v. Münch, GGK I, Art. 20 Rn. 22. Vgl. statt vieler Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 24 Rn. 18 f. Vgl. dazu Küttig (Fn. 219), S. 373 ff., 421 ff., 438 ff. Zu den Einzelheiten vgl. § 5 Rn. 7 ff. Pietzcker, JuS 1979, 710ff.; Stern, StR, Bd. I, § 20 IV 4 b. Vgl. dazu Kisker, NJW 1977, 1313 ff.; Krebs, Jura 1979, 304 ff.; Kloepfer, J Z 1984, 686 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 24 Rn. 63 ff. Die Bindung an das Gesetz wäre sinnlos, wenn nicht schon die Verfassung selbst verlangen würde, daß staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen nur Rechtens ist, wenn es durch ein förmliches Gesetz legitimiert wird; vgl. BVerfGE 40, 237, 248 f. Vgl. § 2 Rn. 51 f.

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des Gesetzesvorbehalts außerhalb der Eingriffsverwaltung umstritten. Das BVerfG lehnt einen Totalvorbehalt des Gesetzes für die gesamte Verwaltungstätigkeit ab, verlangt aber, daß der Gesetzgeber alle wesentlichen Fragen regelt, auch dann, wenn es nicht um Eingriffe geht 231 . Als Kriterium für die „Wesentlichkeit" wird insbesondere die Grundrechtsrelevanz der Maßnahmen herangezogen 232 . In die wissenschaftliche Diskussion ist neuerdings der Begriff des Verwaltungsvorbehalts eingeführt worden233. Gemeint sind damit Bereiche eines Reservates („Hausgut") der Verwaltung (z. B. Beurteilungs- und Bewertungsspielraum; Personal" und Organisationsgewalt), die dem „Zugriff" des Gesetzgebers verschlossen sein sollen. Die verfassungsrechtliche Anerkennung dieses Begriffes und seine Existenzberechtigung werden überwiegend kritisch beurteilt234. In der Tat ist fraglich, ob neben dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) und den sonstigen verfassungsrechtlichen Zuweisungen (z. B. im Bereich der Regierung, Art. 65 S. 1 und 2 GG) die Kategorie eines Verwaltungsvorbehaltes noch Sinn hat. b) Verwaltung und Grundrechte. Besonderer Hervorhebung bedarf die in 6 0 Art. 1 Abs. 3 GG angeordnete Bindung der vollziehenden Gewalt an die Grundrechte. (1) Die Grundrechte haben verschiedene Funktionen. Sie enthalten in erster 61 Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat 235 . Sie verpflichten daher auch die Verwaltung, Eingriffe in die Freiheitssphäre des einzelnen zu unterlassen und die Folgen rechtswidriger Eingriffe zu beseitigen236. Darüber hinaus werden den Grundrechten zusätzliche Wirkungen entnommen, wobei im einzelnen streitig ist, inwieweit den objektiven Verfassungsaufträgen ein subjektives Recht des Bürgers entspricht. So wird aus den Grundrechten eine Pflicht des Staates abgeleitet, die grundrechtlich geschützten Güter vor rechtswidrigen Eingriffen Privater zu schützen237. Ferner sind den Grundrechten Organisationsmaximen für eine freiheitliche Aus111

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Vgl. BVerfGE 33, 303, 345; 34, 165, 192; 40, 237, 249; 45, 406, 417; 42, 46, 48; BVerfG DVB1. 1989, 869, 870. Kritisch dazu § 5 Rn. 18. Vgl. Maurer, VVDStRL 43 (1985), S. 135 ff.; Schnapp, ebd., S. 173 ff. Zur Diskussion allg. vgl. Degenhart, N J W 1984, 2184 ff.; Eberle, DÖV 1984, 485 ff.; W.Schmidt, NVwZ 1984, 545ff.; Schröder, DVB1. 1984, 814ff.; Stettner, DÖV 1984, 611 ff. Vgl. BVerfGE 1, 97, 104; 7, 198, 204 f.; 21, 362, 369. Zur Herleitung des Folgenbeseitigungsanspruchs aus den Grundrechten vgl. Schoch, VerwArch. 79 (1988), 1 ff. Vgl. BVerfGE 39, 1, 42 ff.; 46, 160, 164; 77, 170, 214 f.; 79, 174, 201 f.; Alexy, Theorie der Grundrechte, 1985, S. 410ff.; Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, 1985, S. 88 ff.; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, 1987, S. 187 ff.; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, 1987, S. 121 ff.; Klein, N J W 1989, 1633 ff.

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gestaltung staatlicher Einrichtungen entnommen worden 238 . Diese werden insbesondere in Lebensbereichen relevant, in denen der Staat ein rechtliches oder faktisches Monopol besitzt, wie bei den Hochschulen und früher bei den Rundfunkanstalten 239 . Schließlich enthalten die Grundrechte Verfahrensgarantien 240 . Angesprochen sind damit nicht nur die eigentlichen Verfahrensgrundrechte wie die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG oder der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG), sondern die darüber hinausgehende Ergänzung des materiellrechtlichen Gehalts der Grundrechte durch verfahrensrechtliche Komponenten. Zum Beispiel verpflichtet das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung 241 (Datenschutz) den Gesetzgeber, verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken 242 . Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verlangt nicht nur Vorkehrungen zum Schutz von Leben und Gesundheit, sondern auch eine entsprechende Verfahrensgestaltung, so z. B. im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren 245 . Art. 12 Abs. 1 GG fordert für die Vergabe von Notarstellen ein Verfahren, zu dem auch eine Stellenausschreibung gehört 244 . Auch gibt es Grundrechte, die überhaupt erst im Verwaltungsverfahren realisiert werden — wie z. B. die Anerkennung von Kriegsdienstverweigerern und Asylbewerbern. Dagegen verbürgen die Grundrechte nach h. M. keine originären Teilhabe- und Leistungsrechte 245 . Grundrechte können nur dann verletzt werden, wenn ihre Geltung außer Frage steht. Im Zusammenhang mit dem Tätigwerden der Verwaltung stellen sich hierzu zwei Fragen, nämlich die nach der sog. Fiskalgeltung der Grundrechte und die nach der Geltung der Grundrechte im sog. besonderen Gewaltverhältnis. 62 (2) Fiskalgeltung der Grundrechte. Umstritten ist, ob sich der Bürger gegenüber dem fiskalisch (d. h. privatrechtlich) handelnden Staat und seinen Untergliederungen auf die Grundrechte berufen kann 24é . Die traditionelle Auffassung versucht, zwischen einer fiskalischen Verwaltung im engeren Sinne (Tätigwerden der Verwaltung zum Zwecke der Bedarfsdeckung und Erwerbswirtschaft) und der privatrechtlichen Verwaltung zu differenzieren, die zur unmittelbaren Erfül238

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241 242 243 244 245 246

80

Vgl. BVerfGE 35, 79, 119; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, 6. Aufl. 1990, Rn. 112 ff. Vgl. dazu Kupp, AöR 101 (1976), 161,187; Starck, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerfG, Bd. II, 1976, S. 480 ff.; Rethge, N J W 1982, 1, 3. Vgl. dazu Goerlich, DVBl. 1978, 362ff.; ders., Grundrechte als Verfahrensgarantien, 1981; Bethge, N J W 1982, 1, 4 ff.; Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, 1984. Vgl. S 4 Rn. 7. BVerfGE 65, 1, 44. BVerfGE 53, 30, 60 ff. BVerfGE 73, 280, 296. Vgl. Stern, StR, Bd. III/l, § 67; Pieroth/Schlink (Fn. 238), Rn. 123. Vgl. dazu Ehlers (Fn. 131), S. 212ff.; Stern, StR, Bd. III/l, § 7 4 IV; vgl. auch § 3 2 Rn. 2 ff.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§ 3 113

lung von Verwaltungsaufgaben tätig wird 2 4 7 . Im zweiten Fall sollen die Grundrechte gelten, im ersten dagegen nicht. Dies hätte etwa die Konsequenz, daß die öffentliche Hand, die im Bauwesen der größte Auftraggeber ist 2 4 8 , bei der Vergabe von Bauaufträgen Bewerber aus konfessionellen Gründen bevorzugen oder benachteiligen dürfte. Die Lehre von der begrenzten Grundrechtsbindung der privatrechtlichen Verwaltung vermag nicht zu überzeugen. Nach Art. 1 Abs. 3 G G binden die Grundrechte nicht nur die Gesetzgebung und Rechtsprechung, sondern auch die vollziehende Gewalt. Die Erwähnung der vollziehenden Gewalt im Zusammenhang mit der Gesetzgebung und der Rechtsprechung spricht dafür, daß der Grundgesetzgeber in der Sprache der Gewaltenteilungslehre auf die Verwaltung schlechthin Bezug nehmen wollte 2 4 9 . Bestätigt wird diese Auslegung des Art. 1 Abs. 3 G G durch die Entstehungsgeschichte der Normen. Statt von „vollziehender G e w a l t " sprach Art. 1 Abs. 3 G G ursprünglich von „Verwaltung". Die Änderung des Grundgesetzes durch Gesetz vom 19. 3. 1956 2 5 0 wurde vorgenommen, um die Geltung der Grundrechtsbestimmungen auch gegenüber den damals neu geschaffenen Streitkräften sicherzustellen. Eine Beschränkung der Grundrechtsgeltung war nicht beabsichtigt. Es ist daher davon auszugehen, daß die gesamte Verwaltung einschließlich der privatrechtlich tätigwerdenden Verwaltung der Grundrechtsbindung unterliegt. Die Befürchtung, daß die Verwaltung dadurch zu sehr eingeengt wird, ist unberechtigt. Es gibt keine „fiskalischen Aufgaben", deren sachgemäße Bewältigung einen Dispens von den Freiheits- und Gleichheitsrechten erfordert 2 5 1 . Nicht durch die Grundrechte geschützt, sondern gebunden werden ferner die privatrechtlichen Organisationen, die unmittelbar oder mittelbar allein vom Staat bzw. seinen öffentlich-rechtlichen Untergliederungen getragen werden (wie z. B. die Eigengesellschaften der öffentlichen Hand) 2 5 2 . Auch sie stellen „vollziehende G e w a l t " dar. Das BVerfG hat daher zu Recht den Eigengesellschaften die Grundrechtsberechtigung abgesprochen 2 5 3 . Problematisch ist dagegen die Annahme des Gerichts, daß auch die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen keinen Grundrechtsschutz genießen, soweit sie „öffentliche Aufgaben" wahrnehmen und von der Vgl. statt vieler Wolff/Bachof, VwR I, § 23 II a. Zu den Rechtsbindungen der Vergabe öffentlicher Aufträge allgemein: Pietzcker, AöR 107 (1982), 61 ff.; zum Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge: ders., NVwZ 1983, 121 ff.; Zuleeg, WiVerw. 1984, 112 ff. 249 Vgl. Ehlers, DVBl. 1983, 422, 424. «o BGBl. I, S. 111. 251 Vgl. auch Hesse, VerfR, Rn. 347. 252 Str. Näher dazu § 32 Rn. 7 ff. 253 Vgl. BVerfGE 45, 63, 80; BVerfG NJW 1980, 1093. In den entschiedenen Fällen ging es um die Wahrnehmung von Aufgaben der Daseinsvorsorge. Doch kann für die Wahrnehmung anderer öffentlich-rechtlicher Aufgaben nichts anderes gelten. Sind die öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger und ihre privatrechtlichen „Trabanten" hinsichtlich des Grundrechtsschutzes gleich zu behandeln, muß für die Grundrechtsbindung dasselbe angenommen werden. 247 248

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§3

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Ingo von Münch

öffentlichen Hand beherrscht werden 254 . Diese Ansicht berücksichtigt nicht die Rechte der privaten Anteilseigner255. Die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen werden daher durch die Grundrechte geschützt, aber nicht gebunden. Unberührt bleibt die Verpflichtung der öffentlichen Anteilseigner, ihre mit den Anteilen verbundenen Einwirkungsrechte unter Beachtung der Grundrechte auszuüben256. 63 (3) Grundrechte im besonderen Gewaltverhältnis. Als besonderes Gewaltverhältnis bezeichnete Otto Mayer „die verschärfte Abhängigkeit, welche zugunsten eines bestimmten Zweckes öffentlicher Verwaltung begründet wird, für alle einzelnen, die in den vorgesehenen besonderen Zusammenhang treten" 257 . Als Beispiele nannte Otto Mayer insbesondere die „Dienstgewalt über die Beamten" und „die Anstaltsgewalt über alles, was in den Betrieb der öffentlichen Anstalt aufgenommen ist" 258 . Das besondere Gewaltverhältnis mit seinen erhöhten Pflichten war als das Gegenstück zum (allgemeinen) Gewaltverhältnis gedacht, dieses wiederum als „die umfassende rechtliche Abhängigkeit ..., in welcher der Untertan zum Staat steht" 259 . Der Ausdruck „besonderes Gewaltverhältnis" ist von anderen Autoren durch andere Ausdrücke („Sonderrechtsverhältnis"; „gesteigertes Abhängigkeitsverhältnis"; „besonderes Pflichtverhältnis"; „Sonderstatus", „personales Kontaktverhältnis") ersetzt worden; an der Sache — nämlich dem Merkmal einer besonders engen Bindung des Bürgers durch die staatliche Gewalt - ändert sich durch derlei Wortspiele nichts. Als Beispiele solcher Rechtsverhältnisse, in denen die Intensität der Bindung des Betroffenen über diejenige des allgemeinen Rechtsverhältnisses zwischen Bürger und Staat hinausgeht, werden Beamtenverhältnis, Wehrdienstverhältnis, Hochschulverhältnis, Schulverhältnis und Strafvollzugsverhältnis genannt; dagegen gilt die bloße Anstaltsbenutzung (z. B. Museumsbesuch; Postbenutzerverhältnis) entgegen Otto Mayers Ansicht heute nicht mehr als besonderes Gewaltverhältnis 260 , vor allem deshalb, weil bei der Anstaltsnutzung eine (wenn überhaupt) nur kurzzeitige Bindung des Benutzers eintritt. Die Konstruktion des besonderen Gewaltverhältnisses fand ihren Sinn darin, Grundrechtseinschränkungen im besonderen Gewaltverhältnis auch ohne Gesetz zu rechtfertigen und damit den Vorbehalt des Gesetzes beiseite zu räumen 261 . 254

256 257

259 260 261

82

BVerfG J Z 1990, 335 m. kritischer Anm. von Kühne, 335 f. Vgl. auch Ehlers, J Z 1990, 1089, 1096; Schmidt-Aßmann, BB 1990, Beil. zu Heft 27, 1, 10 ff.; ders., in: Festschrift für Niederländer, 1991, S. 383, 392. Vgl. Ehlers, J Z 1990, 1089, 1096. O.Mayer, VwR I, S. 101. - Die Rspr. und Lit. zum besonderen Gewaltverhältnis ist inzwischen fast unübersehbar geworden. Vgl. nur Erichsen, in: Festschrift für H. J. Wolff, 1973, S. 219 ff.; Konellenfitsch, DÖV 1981, 933 ff.; ders., VerwArch. 73 (1982), 245 ff.; ders., DÖV 1984, 781 ff.; W. Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, 1982. O. Mayer, VwR I, S. 102. O. Mayer, VwR I, S. 107. Im Ergebnis ebenso (mit anderer Begründung) Wolff/Bachof, VwR I, § 32 IV c 4. Vgl. zum Folgenden die Darstellung der Entwicklung bei Erichsen (Fn. 257), S. 220 ff.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§3

113

Die Rechtsgrundlage der Grundrechtseinschränkung wurde zunächst im Verzicht des Gewaltunterworfenen zwar nicht auf das betreffende Grundrecht selbst, wohl aber auf die Ausübung des Grundrechts gesehen („volenti non fit iniuria"). Die Problematik dieser gekünstelten Konstruktion führte dazu, daß man später eine gesetzliche Grundlage für die Grundrechtseinschränkung auch im besonderen Gewaltverhältnis forderte; jedoch wurde bei Fehlen eines solchen Gesetzes die Rechtsgrundlage der Grundrechtseinschränkung auch in der Verfassungsbestimmung gesehen, die — wie z. B. Art. 7 Abs. 1 GG das Schulverhältnis und Art. 104 Abs. 1 und 2, Art. 74 Nr. 1 GG das Strafvollzugsverhältnis - das besondere Gewaltverhältnis institutionalisiert262. Der Umfang der zulässigen Grundrechtseinschränkung war allerdings in mehrfacher Weise beschränkt: Nicht jedes Grundrecht sollte im besonderen Gewaltverhältnis eingeschränkt werden können (z. B. nicht das Grundrecht der Menschenwürde — Art. 1 Abs. 1 GG), und auch die an sich im besonderen Gewaltverhältnis einschränkbaren Grundrechte sollten diese Einschränkungen nur insoweit erdulden müssen, als die Funktion (der Zweck) des in Rede stehenden besonderen Gewaltverhältnisses gerade diese Einschränkung notwendig macht 263 . Im Hinblick auf den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz wurde zwischen Grundverhältnis und Betriebsverhältnis unterschieden264. Maßnahmen, die das Grundverhältnis ( = den Status als solchen) des Gewaltunterworfenen betreffen (z. B. Verweis eines Schülers von der Schule [Relegation]), wurden als Verwaltungsakte qualifiziert und damit verwaltungsgerichtlich angreifbar gemacht, wohingegen nur das Betriebsverhältnis berührende Maßnahmen (z. B. Anordnung an einen Beamten, eine bestimmte Akte vorzulegen) als verwaltungsgerichtlich nicht anfechtbare innerdienstliche Weisungen qualifiziert wurden. Für generelle und abstrakte Regelungen der Verwaltung im besonderen Gewaltverhältnis wurde der Begriff „Sonderverordnungen"265 empfohlen; ihr Erlaß gehöre nicht in den Vorbehaltsbereich des Gesetzgebers, da der Gesetzesvorbehalt nur auf die Eingriffe in Freiheit und Eigentum der Bürger im Staat-Bürger-Verhältnis gemünzt sei. Die Frage der Einschränkbarkeit von Grundrechten im besonderen Gewaltverhältnis ist vom BVerfG für den Strafvollzug dahingehend beantwortet worden, daß auch die Grundrechte von Strafgefangenen nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden können 266 . Zur Begründung weist das Vgl. auch Art. 17 a Abs. 1 GG (Einschränkung von Grundrechten bei Soldaten) und Art. 33 Abs. 5 GG. 243 Vgl. Wolff/Bachof, VwR I, § 32 IV c 3. 264 Dazu auch unten § 11 Rn. 36; zum Rechtsschutz im besonderen Gewaltverhältnis aus heutiger Sicht vgl. OVG Lüneburg DÖV 1981, 107 m. Anm. Scbwerdtner (Weigerung eines Lehrers, türkische Jugendliche zu unterrichten). 265 Vgl. dazu Ossenbühl, Böckenförde/ Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968; Grawert, AöR 95 (1970), 1 ff.; Erichsen (Fn. 257), S. 219 ff.; Wolff/Bachof, VwR I, § 25 VIII; H. H. Kupp, JuS 1975, 609 ff.; Weyreuther, DVBl. 1976, 853 ff. 2« BVerfGE 33, 1 ff.; vgl. dazu Rupprecht, NJW 1972, 1345 f.; Starck, J Z 1972, 360 ff.; Erichsen (Fn. 257), S. 238 ff. m. w. Hinw. 262

83

§3

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Ingo von Münch

BVerfG auf Art. 1 Abs. 3 GG hin und führt dazu aus: „Dieser umfassenden Bindung der staatlichen Gewalt widerspräche es, wenn im Strafvollzug die Grundrechte beliebig oder nach Ermessen eingeschränkt werden könnten. Eine Einschränkung kommt nur dann in Betracht, wenn sie zur Erreichung eines von der Wertordnung des Grundgesetzes gedeckten, gemeinschaftsbezogenen Zweckes unerläßlich ist und in den dafür verfassungsrechtlich vorgesehenen Formen geschieht" 267 . Das BVerfG scheint damit den Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses über Bord geworfen zu haben. Dem BVerfG schließt sich in immer stärkerem Umfang die übrige Rechtsprechung an. Hingewiesen sei nur auf die Rechtsprechung im Schulrecht 268 : „Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes verpflichten den Gesetzgeber, bei der Regelung des Schulverhältnisses die grundlegenden Entscheidungen selbst zu treffen und nicht dem Ermessen der Verwaltung zu überlassen" 269 (Parlamentsvorbehalt), d. h. der Gesetzgeber muß zwar nicht alle Einzelregelungen treffen, wohl aber die wesentlichen Entscheidungen (sog. Wesentlichkeitstheorie)270. Für die Entbehrlichkeit des Begriffes besonderes Gewaltverhältnis sprach in der Tat von Anfang an, daß voneinander sehr verschiedene Rechtsverhältnisse (z. B. das Beamtenverhältnis einerseits — das Strafvollzugsverhältnis andererseits) unter ein Begriffsdach gezwängt wurden. Aber es läßt sich auch nicht bestreiten, daß zumindest einige dieser Rechtsverhältnisse — so jedenfalls das Strafvollzugsverhältnis, das Wehrdienstverhältnis und das Beamtenverhältnis — durch eine besonders starke Pflichtenbindung charakterisiert sind; Beispiele hierfür bilden § 16 SoldatenG, der dem im Ausland befindlichen Soldaten „jede Einmischung in die Angelegenheiten des Aufenthaltsstaates versagt", und § 54

267

268

269

270

84

BVerfGE 33, 1, 11. Der Gesetzgeber ist der Forderung des BVerfG mit dem StrafvollzugsG v. 16. 3. 1976 (BGBl. I, S. 581) nachgekommen; dazu Müller-Dietz, NJW 1976, 913 ff.; C. Hoffmeyer, Grundrechte im Strafvollzug, 1979; G. Kaiser/Kerner/Schöch, Strafvollzug, 3. Aufl. 1982. Zu diesem Rechtsgebiet allg.: Oppermann, Verh. d. 51. DJT, Bd. 1, 1976, Gutachten C. BVerwGE 47,201 (5-Tage-Woche an Hamb. Schulen); BVerwGE 47,194 (Sexualkundenunterricht); vgl. zu den Entsch. des BVerwG Erichsen, VerwArch. 67 (1976), 93 ff. — Für die Schulverweisung: OVG Münster J Z 1976, 273 ff. m. zust. Anm. Evers; für die Versetzung BVerfGE 58, 257 = DÖV 1982, 239 m. Anm. Bryde; BVerwGE 56, 155; für die sog. Schrägversetzung: VG Schleswig NJW 1876, 989; für den Ausschluß von einer Einrichtung des zweiten Bildungsweges BVerfGE 41, 251 = J Z 1976, 363 m. Anm. Dietze S. 367; für die Bestimmung der Pflichtfremdsprache: BVerfGE 64, 308. Zum Vorbehalt des Gesetzes im Schulwesen allg. vgl. Loehning, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, 1974; Niehues, DVBl. 1980, 465; Nevermann, VerwArch. 71 (1980), 241 ff. Vgl. BVerfGE 45, 297, 331 - Hamb. EnteignungsG; BVerfGE 45, 400, 417 - Reform der gymnasialen Oberstufe; Kisker, NJW 1977, 1313 f., 1317; v. Arnim, DVBl. 1987, 1241 ff.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§ 3 II 3

S. 3 BBG, wonach das Verhalten des Beamten „innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden (muß), die sein Beruf erfordert". Vermag nach der Ansicht des BVerfG der Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses per se keine Grundrechtseinschränkungen mehr zu rechtfertigen, so bleibt der Begriff als Kategorie für einige, bestimmte rechtliche Gemeinsamkeiten aufweisende Rechtsverhältnisse brauchbar. Die Nachrufe, welche die herrschende Lehre auf das besondere Gewaltverhältnis verfaßt 271 , treffen deshalb nur einen Scheintoten 272 . c) Rechtsstaatsprinzip und Verwaltungsverfahren. Aus dem Rechtsstaatsprin- 6 4 zip ergeben sich auch Anforderungen an die Organisation und das Verfahren der öffentlichen Verwaltung, die über die bereits aus den Grundrechten zu gewinnenden Direktiven hinausgehen273. Was das Organisatorische anbelangt, so müssen insbesondere klare, für den Bürger einsichtige Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten geschaffen werden. Verfahrensrechtlich bedarf es einer Anhörung oder Beiladung derjenigen, die vom Verfahrensergebnis in ihren Rechten beeinträchtigt werden können. Rechtsstaatlich geboten ist z. B. die Verpflichtung zur umfassenden Klärung der Sach- und Rechtslage, der Ausschluß von befangenen Amtswaltern im Verwaltungsverfahren, das Recht der Beteiligten, sich prinzipiell eines Bevollmächtigten oder eines Beistands bedienen zu dürfen sowie die Begründung und Bekanntmachung von Verwaltungsakten. Für den Bereich der Normsetzung gilt das Gebot der Publikation administrativer Normen. Es betrifft Verordnungen (vgl. Art. 82 Abs. 1 S. 2 GG) und Satzungen, nicht aber in jedem Falle Verwaltungsvorschriften274. d) Rechtsstaatliche Handlungsmaßstäbe. Neben den schon erwähnten Prinzi- 6 5 pien für das Verwaltungshandeln enthält das Rechtsstaatsprinzip weitere Handlungsmaßstäbe wie etwa den Grundsatz der Rechtssicherheit, der Einzelfallgerechtigkeit sowie das Übermaßverbot. So beruhen etwa die Regelungen der §§ 48, 49 VwVfG auf einer Abwägung zwischen Gesetzmäßigkeitsprinzip einerseits und Rechtssicherheit (Vertrauensschutz) andererseits. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen auch im Vordergrund bei der Selbstbindung der Verwaltung durch eine ständige Verwaltungspraxis275. Besonders wichtig ist das Übermaßverbot. Es hat seinen Platz im Bereich der Ermessensentscheidungen und verpflichtet den Staat, bei Verfolgung legitimer Zwecke nur die geeigneten, erforderlichen und verhältnismäßigen Mittel einzusetzen. Die getroffenen Maßnahmen müssen den angestrebten Zweck erreichen (Geeignetheit), dürfen den Adressaten nicht

271 272 273

274 275

Vgl. Erichsen (Fn. 257), S. 236; Fuss, DÖV 1972, 765; Bryde, DÖV 1981, 195. Vgl. auch Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 99 IV; Ronellenfitsch, DÖV 1981, 933 ff. Vgl. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, 1971, S. 54 ff.; SchmidtAßmann, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 24 Rn. 75 ff.; Küttig (Fn. 219), S. 362 ff. Vgl. BVerwGE 61, 15; BVerwG N J W 1984, 2590; kritisch § 7 Rn. 57. Vgl. Scheuing, VVDStRL 40 (1982), S. 153 ff.; Hoffmann-Riem, ebd., S. 187ff.; Raschauer, ebd., S. 240 ff. 85

§3

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Ingo von Münch

mehr als unbedingt notwendig belasten (Erforderlichkeit) und nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg außer Verhältnis steht (Verhältnismäßigkeit) 276 . 4. Sozialstaat 66

Das Sozialstaatsprinzip 277 ist vor allem ein Schutzprinzip für die wirtschaftlich Schwachen 278 . Es verpflichtet den Staat nicht nur, bestehende Notlagen zu beheben. Vielmehr hat das BVerfG ganz allgemein davon gesprochen, daß der Staat die Pflicht habe, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen 279 . Insbesondere soll ein Ausgleich zwischen wirtschaftlich Schwachen und Starken gefunden und allen Bürgern ein menschenwürdiges Dasein und eine angemessene Beteiligung am allgemeinen Wohlstand gewährleistet werden. Ein erheblicher Teil der Ausgaben der öffentlichen Haushalte (einschließlich der Sozialversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit) fließt daher heute in die soziale Sicherung. 67 Die Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips obliegt in erster Linie dem Gesetzgeber 280 . Aber auch für die Verwaltung ist das Sozialstaatsgebot in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen bildet das Sozialstaatsprinzip für die gesetzesvollziehende Verwaltung eine Richtlinie für die Auslegung wertausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriffe (wie z. B. „gute Sitten", „Notlage" usw.) und für Ermessensspielräume 281 . Zum zweiten gewinnt das Prinzip der Sozialstaatlichkeit auch Bedeutung für die Auslegung anderer Verfassungsbestimmungen. So verpflichtet das Sozialstaatsprinzip alle staatlichen Gewalten, die Bedingungen der Freiheit zu schaffen und zu sichern und dem einzelnen ein menschenwürdiges Dasein zu garantieren. Dementsprechend muß die Verwaltung etwa in Notfällen schnelle und unbürokratische Hilfe im Einzelfall leisten. Schließlich hat die Rechtsprechung aus dem Sozialstaatsprinzip eine — wenn auch nicht generelle, sondern aus konkreten Einzelumständen folgende — Pflicht der Verwaltung zur Belehrung des Bürgers über die Rechtslage oder über für ihn bedeutsame tatsächliche Umstände abgeleitet. So gehöre „gerade in einem sozialen Rechtsstaat zu den Amtspflichten der mit der Betreuung der sozialschwachen Volkskreise betrauten Beamten, diesen zur Erlangung und Wahrung der ihnen vom Gesetz zugedachten Rechte und Vorteile nach Kräften beizustehen" 282 . In späteNäher hierzu § 10 Rn. 20; § 14 Rn. 19; § 53 Rn. 13. 277 yg] näher dazu Benda, in: Benda/Maihofer/Vogel, HdbVerfR, S. 477 ff.; Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. I, § 25 Rn. 19 ff.; Badura, DÖV 1989, 491 ff. 278 BSGE 10, 100. 2 7 9 BVerfGE 22, 180, 204; vgl. ferner BVerfGE 5, 85, 198; 27, 253, 283; 33, 303, 334 f. 2 8 0 Vgl. BVerfGE 1, 97, 105; 8, 274, 329; 22, 180, 204; 27, 253, 283; Stern, StR, Bd. I, § 21 III. 281 Vgl. Maunz/Zippelius, StR, § 13 I. 2 8 2 BGH N J W 1957, 1873 f. 276

86

§ 4 I1

Verwaltung und Verwaltungsrecht

ren Entscheidungen haben die Gerichte die Schwierigkeit eines Spezialrechtsgebietes für einen rechtsunkundigen Antragsteller283 und das vorgerückte Alter des Betroffenen284 als Anlaß für eine Belehrungspflicht genommen. Dementsprechend sieht das Erste Buch des Sozialgesetzbuchs in Konkretisierung des Sozialstaatsgebotes Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten vor, die weitergehen als diejenigen im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht285.

§4

Die öffentliche Verwaltung im technischen Zeitalter I. Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechniken 1. Die Verwertdung technischer Hilfsmittel in der Verwaltung Die menschliche Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung wird im Industrie- 1 Zeitalter seit langem von technischen Hilfsmitteln unterstützt oder sogar durch sie ersetzt1. Ihr Einsatz ist äußerst vielfältig und hängt im einzelnen von dem Stand der Technik, den Kosten und der jeweiligen Verwaltungstätigkeit ab. Fast überall gebräuchlich sind so wirkungsvolle Mittel wie Telefone, Schreibmaschinen, Diktier- und Kopiergeräte oder Kraftfahrzeuge. Auch Steuerungsgeräte (z. B. Verkehrsampeln) oder Kontrolleinrichtungen (z. B. Überwachungskameras und Stechkarten zur Arbeitszeitkontrolle) gehören zum täglichen Erscheinungsbild der Verwaltung2. Selbstverständlich bedient sich die Verwaltung ferner dort der modernen Techniken, wo sie selbst Sachleistungen anbietet oder Verrichtungen durchführt (wie z. B. in der Krankenversorgung, der Abfallentsorgung oder dem Straßenbau). Zu einer qualitativen Veränderung des Technikeinsatzes in der Verwaltung hat aber erst die Einführung der automatischen Datenverarbeitung (ADV)3 — auch elektronische Datenverarbeitung (EDV) genannt — geführt. Sie hat durch die Verwendung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken (IuK-Techniken) eine weitere Steigerung erfahren4. 283 284 285 1

2

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BGH NJW 1965, 1226, 1227. BVerwG Buchholz 427.3 § 258 LAG Nr. 4. Vgl. §§ 13, 14, 15 SGB AT. Zur Bewältigung neuer technischer Entwicklungen durch das Verwaltungsrecht vgl. Degenhart, NJW 1989, 2435 ff.; lpsen, VVDStRL 48 (1990), S. 177ff.; Murswiek, ebd., S. 207 ff.; Schlink, ebd., S. 235 ff. Vgl. zu den technischen Arbeitsmitteln Thieme, Verwaltungslehre, 4. Aufl. 1984, Rn. 682 ff.; Püttner, Verwaltungslehre, 2. Aufl. 1989, S. 226. Zur Funktionsweise vgl. § 41 Rn. 7ff.; Püttner (Fn. 2), S. 229 f. Vgl. statt vieler Eberle, in: Thieme (Hrsg.), Veränderung der Entscheidungsstruktur in einer öffentlichen Verwaltung, 1988, S. 95 ff., der von einer „kopernikanischen Wende" spricht (S. 95). 87

§ 4 12 2. Entwicklung 2

Dirk Ehlers

der automatischen

Datenverarbeitung

in der

Verwaltung

Die öffentliche Verwaltung bedient sich der A D V seit Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre. Drei Entwicklungsstufen lassen sich unterscheiden 5 : Am Anfang stand der Einsatz zentraler Großrechner zur Bearbeitung von Massendaten. Der Stand der Computertechnik, die fehlenden Fachkenntnisse des Personals sowie die hohen Gerätekosten ließen dezentrale Lösungen noch nicht zu. So wurden z. B. kommunale Datenzentralen gegründet 6 . Sie übernahmen für ihre Mitgliedsgemeinden beispielsweise die Berechnung und Zahlung von Leistungen, die Veranlagung von Abgaben, die Buchung von Kassenbewegungen und die Führung von Einwohnerdaten. Ende der siebziger Jahre führte der Siegeszug der Mikrocomputertechnik zu weitreichenden Veränderungen. Die Computer wurden kleiner, um ein Vielfaches leistungsfähiger und billiger. Ihre außerordentliche Speicher- und Verarbeitungskapazität übertraf nicht selten diejenige der früheren Großrechner. Das ermöglichte dezentrale Lösungen mit Hilfe sog. Personalcomputer. Zu Beginn der neunziger Jahre erlaubt eine Digitalisierung der Sprachkommunikation die Schaffung sog. multifunktionaler Bildschirmarbeitsplätze 7 . Sie zeichnen sich durch integrierte Daten-, Text-, Sprach- und Bildverarbeitung sowie -kommunikation aus. Die Vernetzung der Verwaltungen zur internen und externen Tele- (Teletex/Telex, B t x , Telefax, Datex-P, Datex-L), Text- und Datenkommunikation hat eine neue „informationstechnische Infrastruktur" 8 geschaffen. Im Vordergrund des Interesses steht die individuelle Nutzung der Informationstechnik 9 . Die Datenverarbeitungszentralen verlieren dadurch nicht ihre Bedeu-

5

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7 8

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88

Näher dazu Wagener, DÖV 1979, 639 f.; Reinermann, DV 1985, 289, 292 ff.; Eberle, DV 1987, 459 ff.; Giehl, BayVBl. 1988, 321 ff.; Oechsler/Gröner, in: Reinermann/ Fiedler/Grimmer/Lenk/Traunmüller (Hrsg.), Neue Informationstechniken — neue Verwaltungsstrukturen?, 1988, S. 95 (96 ff.); Lazaratos, Rechtliche Auswirkungen der Verwaltungsautomation auf das Verwaltungsverfahren, 1990, S. 35 ff., 115 ff.; Scblink, VVDStRL 48 (1990), S. 235, 238 ff. Z. B. mußten nach § 9 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über die Organisation der automatisierten Datenverarbeitung in Nordrhein-Westfalen v. 12. 2. 1974 (GVB1. NW 1974, S. 66) mehrere Gemeinden und Gemeindeverbände i. d. R. eine gemeinsame kommunale Datenverarbeitungszentrale benutzen. Der Innenminister konnte die Anzahl und die Einzugsbereiche der kommunalen Datenverarbeitungszentralen festlegen (vgl. dazu VerfGH NW DÖV 1979, 637 f.). Durch Gesetz v. 9. 1. 1985 (GVBl. NW 1985, S. 41) sind diese Bestimmungen ersatzlos aufgehoben worden. Giehl, BayVBl. 1988, 321, 324. Vgl. für den Bereich der Kommunalverwaltung: Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt-Gutachten), Informationstechnische Infrastruktur in Kommunalverwaltungen, Köln 1989, passim. Zur Telekommunikation vgl. T h i e m e , JuS 1989, 791 ff. Eberle, in: Thieme (Fn. 4), S. 95. Zu den Perspektiven der modernen Informationstechniken vgl. auch Ostermann, DV 1988, 291 ff.

§ 4 13

Verwaltung und Verwaltungsrecht

tung, erhalten aber eher die Aufgabe von Datenbanken mit großer Speicherkapazität, auf die von den (dezentralen) Computern der einzelnen Verwaltungen aus zugegriffen werden kann.

3. Die

Einsatzmöglichkeiten

Der Einsatz moderner Informationstechniken betrifft die Informationsauf- 3 nähme, -speicherung und -Verarbeitung und damit den Kern der Tätigkeit öffentlicher Verwaltung. Die Informationsaufnahme und deren Speicherung ist auf leistungsfähige Datenbanken angewiesen, von denen derzeit mehr als 3 0 0 0 weltweit öffentlich zugänglich sind. Für die Verwaltung in der Bundesrepublik sind etwa die Datenbanken J U R I S (Juristisches Informationssystem) 1 0 , C E L E X (EG-Recht und EG-Rechtsprechung) 1 1 , ZEVIS (Zentrales Verkehrsinformationssystem mit Verkehrszentralregister und zentralem Fahrzeugregister mit über 500 angeschlossenen Polizeiterminals) 1 2 oder APIS (eine Datei über Personen, Institutionen, Objekte und Sachen des Bundeskriminalamtes) 1 3 von besonderer Bedeutung. Vielfach werden die Datenbanken zu Verbundsystemen zusammengeschlossen, wie etwa im Falle von I N P O L (Datenverbund zwischen Bundeskriminalamt und Landeskriminalämtern) 1 4 oder SIS (Schengener Informationssystem, das polizeiliche Maßnahmen als Ausgleich für den nach dem Schengener Abkommen vorgesehenen Wegfall der Grenzkontrollen erleichtern und verbessern helfen soll) 1 5 . Zunehmend gibt es neben den zentralen Einrichtungen auch zentral erstellte Dateien, die auf Diskette oder C D - R O M den Anwendern dezentral zur Verfügung gestellt werden 1 6 . Im einzelnen dienen die IuK-Techniken als verwaltungsinternes Kommunika- 4 tionssystem (z. B. elektronische Post, mit der innerhalb der Verwaltung papierlos Informationen ausgetauscht werden), Buchungssystem (z. B. Führung von Konten), Rechensystem (etwa Berechnung der Steuern, Renten oder Dienstbezüge), System zur Koordinierung und Vorbereitung von Planungsmaßnahmen, System zur Herstellung von Bescheiden (z. B. Zahlungsaufforderungen, Mahnungen usw.) und Uberwachungssystem (z. B. Einhaltung von Zahlungsterminen usw.) 1 7 .

Vgl. dazu Rühle, NJW-CoR 3/90, 25 ff. Vgl. Goebel, CR 1988, 177. 12 Näher dazu Brinkmann, DÖV 1985, 889 ff.; Fluckner, CR 1988, 411 ff.; Bäumler, CR 1989, 1008 ff. » Vgl. Reichert, CR 1990, 213 ff. 14 Vgl. Ringwald, ZRP 1988, 178 (179 m. w. Nachw.). 15 Näher dazu Weichert, CR 1990, 62 ff. - Text des Schengener Übereinkommens in: AVR 27 (1989), 487 ff. 16 Vgl. van Raden, NJW 1988, 2451 ff.; Rühle, NJW-CoR 3/90, 25 ff. m. w. Nachw. 17 Vgl. statt vieler Püttner (Fn. 2), S. 230 f.; zum Einsatz der IuK-Techniken in der Gefahren- und Risikovorsorge Schlink, VVDStRL 48 (1990), S. 235, 253 ff. 10 11

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§ 4 II 1

Dirk Ehlers

In jüngster Zeit bemüht m a n sich u m die E i n f ü h r u n g von D i a l o g - und Expertensystemen. D a s D i a l o g s y s t e m soll nicht nur alle benötigten D a t e n a m Arbeitsplatz v e r f ü g b a r halten, sondern auch mit d e m A n w e n d e r „ i m G e s p r ä c h b l e i b e n " und ihn selbsttätig bei der Arbeit unterstützen: z. B. durch die Überprüf u n g von E i n g a b e n des Bürgers (etwa im Hinblick a u f die Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Plausibilität der A n g a b e n ) , durch die V o r g a b e von Checklisten für die Entscheidung, durch d a s Bereitstellen v o n Textbausteinen s o w i e durch eine Termin- und W i e d e r v o r l a g e ü b e r w a c h u n g . Solche Systeme finden zur Zeit etwa bei der Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen, im M e l d e w e sen, im Steuerrecht oder bei der Stellen- und Personalverwaltung A n w e n d u n g 1 8 . D a g e g e n befinden sich die E x p e r t e n s y s t e m e bisher erst in der E r p r o b u n g . Sie gehen noch einen Schritt weiter als die D i a l o g s y s t e m e , sollen d a s benötigte Expertenwissen etwa wie ein vergleichbares F a c h b u c h speichern und g e n a u p r o g r a m m i e r t e E n t s c h e i d u n g s p f a d e vorgeben, die wesentliche G e s i c h t s p u n k t e von unwesentlichen trennen k ö n n e n 1 9 . A u ß e r d e m sollen sie aus v o r h a n d e n e m Wissen neues Wissen ableiten 2 0 .

II. A u s w i r k u n g e n für Verwaltung und Bürger 1. Veränderungen der

Verwaltungsorganisation

N o c h vor wenigen J a h r e n m u ß t e befürchtet werden, d a ß die N u t z u n g der A D V in der Verwaltung zu einer ebenen- und Zuständigkeitsüberschreitenden Zentralisierung führen w e r d e 2 1 . Unitarisierend wirkte vor allem der Einsatz zentraler Großrechner, d a s Streben nach einem D a t e n v e r b u n d , die Koordinierung und Vereinheitlichung der S o f t w a r e (im Interesse einer K o m p a t i b i l i t ä t der Systeme) sowie die g e r a d e auch unter EDV-Spezialisten verbreitete Tendenz zur Bildung „vertikaler F a c h b r u d e r s c h a f t e n " 2 2 . M i t der E i n f ü h r u n g der M i k r o c o m putertechnik und der d a d u r c h möglich g e w o r d e n e n N u t z u n g der A D V für eine stärkere D e l e g a t i o n und ganzheitliche A u f g a b e n z u s a m m e n f ü h r u n g sind diese G e f a h r e n z w a r nicht beseitigt, aber d o c h a b g e s c h w ä c h t w o r d e n . Die Z u s a m m e n -

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Vgl. dazu die Angaben von Brugger, CR 1988, 932 ff.; Eberle, in: Thieme (Fn. 4), S. 96; Giehl, BayVBl. 1988, 321, 323. Zum Einsatz der ADV im Besteuerungsverfahren vgl. Birk, in: Dörner/Ehlers (Hrsg.), Rechtsprobleme der EDV, 1989, S. 134 ff. Vgl. KGSt-Gutachten (Fn. 8), S. 60. Näher dazu Lazaratos (Fn. 5), S. 44. Vgl. Eberle, Organisation der automatisierten Datenverarbeitung, 1976, S. 62 ff., 111 ff., 139ff.; Scholz, BayVBl. 1981, 193, 196 f. m. w. Nachw. Vgl. zu diesem Begriff, der das Zusammenwirken von fachlich gleichgerichteten Bediensteten unterschiedlicher Behörden und Verwaltungsträger zu umschreiben sucht, Wagener, VVDStRL 37 (1979), S. 215, 238 ff. Zu den vielfachen rechtlichen Fragestellungen, die sich aus der Verselbständigung der DV-Organisation ergeben können, vgl. Lazaratos (Fn. 5), S. 137 ff.

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§ 4

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führung arbeitsteilig getrennter Funktionen beim „allzuständigen" Mitarbeiter führt nicht nur zu mehr Bürgerfreundlichkeit der technisierten Verwaltung, sondern auch zur Aufwertung der Verantwortungsbereiche der Stelleninhaber23. Es sind aber auch neue Problemstellungen entstanden. Zum Beispiel kann die Computertechnik zu einer Direktkommunikation genutzt werden, die dem in der Verwaltung geltenden Hierarchie- und Dienstwegprinzip24 zuwiderläuft und die Vorgesetzten umgeht. Solchen und ähnlichen Gefahren muß durch organisatorische und technische Maßnahmen vorgebeugt werden25.

2. Datenschutzrechtlicbe

Anforderungen

a) Die Möglichkeiten und Grenzen der automatisierten Datenverarbeitung 7 sind zwar nicht Grund und Ursache für die Schutzbedürftigkeit persönlicher Daten, haben aber die Notwendigkeit eines solchen Schutzes deutlicher hervortreten lassen26. Verfassungsrechtlich werden die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt. Das BVerfG spricht im Volkszählungsurteil davon, daß sich dieser Schutz auf die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten beziehe und der einzelne ein Recht darauf habe, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (sog. informationelles Selbstbestimmungsrecht)27. Allerdings darf der Schutzbereich dieses Rechts nicht im Sinne eines rein individualistischen Verständnisses bis in das Uferlose ausgedehnt werden. Je nach den Umständen des Einzelfalls — insbesondere auch den Nutzungsmöglichkeiten und dem Verwendungszweck — kann es Trivialkommunikationen geben, die das informationelle Selbstbestimmungsrecht unberührt lassen28. So greift die Frage eines kommunalen Stromablesers, wann der Nachbar zu Hause anzutreffen sei, noch nicht in die Grundrechte des Nachbarn ein.

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Vgl. Lazaratos (Fn. 5), S. 154 f.; zum Modell „Bürgeramt Unna" Dunker, in: Reinermann/Fiedler/Grimmer/Lenk/Traunmüller (Fn. 5), S. 259 ff. Zum Hierarchieprinzip vgl. Loschelder, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 68 Rn. 3 ff. m. w. Nachw. Zu den in Betracht kommenden Möglichkeiten vgl. etwa Keinermann!Ehlers, JA 1990, 103, 106. Vgl. BVerfGE 78, 77, 84; Ehlers, in: Dörner/Ehlers (Fn. 18), S. 69, 82; Pardey, N J W 1989, 1647, 1648 m. w. Nachw. A. A. z. B. Gallwas, luR 1986, 150, 151 ff.; ders., VVDStRL 46 (1988), S. 310 f. - der die Schutzbedürftigkeit davon abhängig macht, daß der einzelne den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung ausgesetzt wird. BVerfGE 65, 1, 41 ff. Vgl. Baumann, DVB1. 1984, 612, 614; Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. VI, § 129 Rn. 97; Ehlers/Heydemann, DVB1. 1990, 1, 2. 91

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Die juristischen Personen und teilrechtsfähigen Personenvereinigungen privater Provenienz genießen zwar keinen Persönlichkeitsschutz, wohl aber einen Funktionsschutz, der einerseits durch die Spezialgrundrechte i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG, andererseits durch Art. 9 und Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG gewährleistet wird 29 . Tatbestandlich bleibt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der juristischen Personen und Personenvereinigungen hinter dem Selbstbestimmungsrecht der natürlichen Personen i. d. R. zurück, greift aber immer noch weit aus. Zum Beispiel wird den juristischen Personen die Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen grundrechtlich garantiert. 9 Soweit der grundrechtliche Datenschutz reicht, darf die Verwaltung Daten grundsätzlich nur noch „verarbeiten" 30 , wenn ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügendes Gesetz dies erlaubt oder der Betroffene wirksam in die Datenverarbeitung eingewilligt hat 31 . Die Einwilligung stellt sich als Grundrechtsgebrauch oder Grundrechtsverzicht dar 32 . 10 Fehlen die genannten Voraussetzungen, könnte man unter Umständen daran denken, zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen die Datenverarbeitung noch für eine Übergangsfrist hinzunehmen33. Doch werden im Schrifttum zunehmend Bedenken gegen die Rechtsfigur einer übergangsweisen Hinnahme rechtswidriger Zustände erhoben 34 . Auch ist zweifelhaft, wie lange ein solcher Übergangsbonus vorhalten soll 35 .

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Vgl. auch Schröder, UPR 1985, 394, 396 ff.; Kau, Vom Persönlichkeitsschutz zum Funktionsschutz, 1989, S. 104 ff.; Ehlers/Heydemann, DVB1. 1990, 1, 2 f. Der Begriff der Verarbeitung wird hier in einem weiten Sinne verstanden. Darunter fällt nicht nur die Speicherung, Veränderung, Übermittlung, Sperrung und Löschung von Daten (so § 3 Abs. 5 S. 1 BDSG v. 20. 12. 1990, BGBl. I, S. 2955), sondern auch das Erheben und Nutzen (i. d. S. z. B. § 3 Abs. 3 DSG NW). Vgl. auch § 4 BDSG; § 4 DSG NW. Die Antragstellung im Verwaltungsverfahren kann nicht als Blankoeinwilligung verstanden werden; vgl. auch Lazaratos (Fn. 5), S. 153 f. m. w. Nachw. Allgemein zum Grundrechtsgebrauch oder Grundrechtsverzicht: Pietzcker, Der Staat 17 (1978), 527 ff.; Robbers, JuS 1985, 925 ff.; Sachs, VerwArch. 76 (1985), 398 ff.; Bleckmann, J Z 1988, 57 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge, 1988, S. 115 f. Speziell zum Datenschutz: Ehlers, in: Dörner/Ehlers (Fn. 18), S. 88 f.; Geiger, NVwZ 1989, 35 ff. Generell dazu: BVerfGE 33, 1, 12; 41, 251, 267; 51, 268, 291 f.; BVerwGE 69, 53, 59. Allgemein: ]. Ipsen, Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit von Norm und Einzelakt, 1980, S. 114 ff., 214 ff. Für den Bereich des Datenschutzes: Vogelgesang, DVB1. 1989, 962 ff.; Simitis/Fuckner, NJW 1990, 2713, 2714 f. Vgl. ferner Pitschas/Aulehner, NJW 1989, 2353, 2358 f. Für den Bereich des Datenschutzes hat das BVerwG im Jahre 1990 dem Gesetzgeber noch eine Ubergangsfrist zum Erlaß bereichsspezifischer Vorschriften zugestanden. Vgl. BVerwG NJW 1990, 2761, 2763 f. und 2765, 2767; kritisch Simitis/Fuckner, NJW 1990, 2713, 2714 f.

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Da die grundrechtlichen Bestimmungen prinzipiell jeden Umgang des Staates 11 mit Personendaten erfassen und mit einer Einwilligung des Betroffenen vielfach nicht gerechnet werden kann, hängt das Tätigwerden der Verwaltung in der Regel von dem Bestehen einer Befugnisnorm ab. Bloße Aufgabenbestimmungen reichen nicht aus 36 . Berücksichtigt man, daß die Verwaltungstätigkeit im wesentlichen aus Datenverarbeitung besteht 37 , wird deutlich, in welchem Ausmaße das Handeln der Verwaltung damit gewissermaßen über die Hintertür des informationellen Selbstbestimmungsrechts einem Gesetzesvorbehalt unterstellt wird. Die gesetzliche Regelung der Eingriffsvoraussetzungen muß dem Grundsatz 1 2 der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen, darf also das Recht der informationellen Selbstbestimmung nur soweit beschränken, als dies zum Schutz der öffentlichen Interessen unerläßlich ist. Sie hat darüber hinaus dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit zu entsprechen38. Zwar bedarf es keineswegs durchgehend bereichsspezifischer Normen. Vielmehr kommt auch das Datenschutzrecht ohne Generalklauseln nicht aus. So ist es z. B. nicht zu beanstanden, wenn die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder die Speicherung personenbezogener Daten seitens einer Behörde oder öffentlichen Stelle ebenso wie das Übermitteln personenbezogener Daten innerhalb des öffentlichen Bereichs grundsätzlich bereits dann zulassen, wenn dies zur rechtmäßigen Aufgabenerfüllung erforderlich ist 39 . Bereichsspezifische Normen sind aber z. B. für den Verfassungsschutz, die Polizei und zahlreiche andere Rechtsgebiete geboten. Der traditionelle Normenbestand reicht insoweit in vielerlei Hinsicht nicht mehr aus 40 . Während die Landesgesetzgeber in den vergangenen Jahren zum Teil neue landesrechtliche Datenschutzbestimmungen geschaffen haben 41 , liegt für den Bereich des Bundes erst seit Ende 1990 ein neues Bundesdatenschutzgesetz vor 42 . Ob dieses Gesetz in allen Punkten den verfassungsrechtlichen Erfordernissen genügt, war während der langwierigen Gesetzesberatung streitig. b) Da sich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur auf die 13 Erhebung und Speicherung, sondern auch auf die Verwendung und Weitergabe Zur Unzulässigkeit eines Schlusses von der Aufgabe auf die Befugnis vgl. BVerfGE 8, 274, 325; BVerwG NJW 1980, 1970, 1971; Schlink, Die Amtshilfe, 1982, S. 85 ff.; Ossenbühl, Umweltpflege durch staatliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 33 ff.; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen im Umwelt- und Gesundheitsrecht, 1989, S. 202 ff. Vgl. aber auch BVerwG NJW 1990, 2761, 2763; 2765, 2766 ff. A. A. etwa Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. 1991, Rn. 147 ff. 37 Haverkate, VVDStRL 46 (1988), S. 217, 249. 38 Grundlegend zu diesen Anforderungen BVerfGE 65, 1, 44 ff. 39 Vgl. §§ 14, 15 BDSG; §§ 13, 14 DSG NW. 4 0 Vgl. für den Verfassungsschutz: Ehlers, in: Festschrift für Lukes, 1989, S. 337, 343 f.; für das Polizeirecht: Knemeyer, NVwZ 1988, 193 ff.; Schenke, in: Steiner, Bes. VwR, II Rn. 70. 41 Vgl. für Nordrhein-Westfalen die Übersicht bei Ehlers/Heydemann, DVB1. 1990, 1. « BGBl. I, S. 2955. 36

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(bzw. Übermittlung43) der personenbezogenen Daten bezieht, unterliegen diese Daten einer Zweckbindung44. Sollen die Daten zu anderen Zwecken verwendet oder übermittelt werden, ist dies nur zulässig, wenn der Betroffene wirksam eingewilligt hat oder eine Rechtsvorschrift dies erlaubt bzw. anordnet 45 . Einfachgesetzlich wird die Zweckbindung insbesondere durch die Datenschutzgesetze sowie die Geheimhaltungsvorschriften z. B. des Steuerrechts (§ 30 AO), des Sozialrechts (§ 35 Abs. 2 SGB I) und des Verwaltungsverfahrensrechts (§ 30 VwVfG 46 ) gesichert. Im Gegensatz zu den datenschutzrechtlichen Regelungen beziehen die genannten Geheimhaltungsvorschriften nicht nur die Daten natürlicher Personen, sondern auch die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ein. 14 Eine Mißachtung der Zweckbindung durch Übermittlung personenbezogener Daten an Außenstehende liegt etwa vor, wenn eine Planfeststellungsbehörde im Rahmen der öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses auch die Namen, Eigentumsverhältnisse oder sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse von Planbetroffenen und Einwendern offenlegt 47 . Bei einer solchen Bekanntgabe handelt es sich um Datenübermittlung „auf Vorrat", weil weder vorhersehbar noch bestimmbar ist, wer von diesen Daten Kenntnis erlangen wird und wie sie verwendet werden können. Es reicht aus, wenn mit Chiffren gearbeitet wird und der Planbetroffene in Erfahrung bringen kann, welche Angaben sich auf ihn beziehen. Soll eine Bekanntgabe der personenbezogenen Daten an andere Planbetroffene zulässig sein, müßte zumindest zuvor ein rechtliches Interesse nachgewiesen werden. 15 Die Zweckbindung der Daten schränkt auch den Informationsaustausch zwischen den Verwaltungsträgern und Behörden ein. So dürfen die Finanzbehörden und Sozialversicherungsträger den Gewerbebehörden Auskünfte über Steuerschulden bzw. nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge der Gewerbetreibenden nur geben, wenn und soweit das Steuer- und Sozialrecht dies erlauben 48 . Besteht eine Geheimhaltungspflicht, darf sie nicht durch Rückgriff auf die allgemeinen Amtshilfevorschriften umgangen werden, da sich die Zulässigkeit der Amtshilfe nach dem Recht der ersuchten, nicht der ersuchenden Behörde richtet 49 . 43

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Unter Übermitteln ist die Weitergabe von Daten und das Bereithalten der Daten zur Einsicht oder zum Abruf zu verstehen. Vgl. § 3 Abs. 5 Nr. 3 BDSG; § 3 Abs. 2 Nr. 4 DSG NW. Vgl. BVerfGE 65, 1, 46. § 14 Abs. 2 BDSG; § 13 Abs. 2 DSG NW. Vgl. auch § 3 a VwVfG NW. BVerfG DVB1. 1990, 1041, 1042. Die Gerichte halten die bestehenden gesetzlichen Grundlagen für ausreichend. Vgl. BVerwGE 65, 1, 5 ff.; BVerwG GewArch. 1988, 89; NVwZ 1988, 432; BFH GewArch. 1987, 335, 336 ff. A. A. Krause/Steinbach, DÖV 1985, 549 ff.; Arndt, GewArch. 1988, 281 ff.; Dittmann, DV 1988, 43 ff. Vgl. §§ 5 Abs. 2 S. 2, 7 Abs. 1 VwVfG; BVerwG NVwZ 1986, 467, 468; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, S 30 Rn. 20 m. Nachw. zum Streitstand. Siehe auch S 13 BDSG; S 14 DSG NW.

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Ferner muß innerhalb der organisatorischen Einheit Behörde allen jenen Stellen und Bediensteten der Zugriff auf die personenbezogenen Daten verwehrt werden, die für die Erledigung der Verwaltungsaufgaben nicht zuständig sind 5 0 . Zum Beispiel darf das Amt für Statistik in einer Gemeinde seine Daten nicht an das Ordnungsamt weitergeben oder zur Einsichtnahme bereithalten. Nach alledem kann von einer „Öffentlichkeit" der Verwaltung im Gegensatz etwa zu den USA 5 1 nur sehr bedingt gesprochen werden 5 2 . Auch stellt die Verwaltung keine Informationseinheit dar. Andererseits sind die datenschutzrechtlichen Regelungen überwiegend so flexibel gefaßt, daß die Effektivität der Verwaltung gewährleistet erscheint 5 3 und die Verwaltung keineswegs durchgehend auf eine „informationelle Gewaltenteilung" 5 4 festgelegt wird.

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c) Die Datenverarbeitungsanlagen müssen nicht nur vor Systemausfällen, Zerstörungen und sonstigem Verlust von Daten, sondern auch vor unbefugten Zugriffen gesichert werden. Dies macht besondere organisatorische, verfahrensrechtliche und technische Vorkehrungen erforderlich 5 5 . Zum Beispiel können (teure) Abschottungsregelungen — etwa in Großraumbüros oder im Verhältnis von Beihilfestellen und Personalverwaltungen — geboten sein 5 6 . Wegen des größeren Gefahrenpotentials und der leichteren Mißbrauchsmöglichkeiten gelten für die automatisierten Dateien strengere Anforderungen als etwa für Akten. Erforderlich sind aber nur solche Sicherungsmaßnahmen, deren Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht 5 7 . d) Die Datensicherheit darf nicht nur vorgeschrieben, sie muß auch kontrolliert werden. Dem dienen einerseits die besonderen Rechte des Betroffenen auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Sperrung oder Schadensersatz 5 8 , andererseits die Kontrollrechte des unabhängigen, nur dem Gesetz unterworfenen (Bundesoder Landes-)Beauftragten für Datenschutz 5 9 . Darüber hinaus haben die Behörden selbst für interne Kontrollmaßnahmen zu sorgen 6 0 . Dies zwingt nicht unbedingt zur Einrichtung eines behördlichen Datenschutzbeauftragten. Zum Beispiel

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Bonk, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 30 Rn. 19; Obermayer, VwVfG, § 30 Rn. 34. 51 Dort geht der „Freedom of Information Act" grundsätzlich von einer Offenlegung der Verwaltungsvorgänge aus. Vgl. Scherer, Verwaltung und Öffentlichkeit, 1978, S. 42 ff. 52 Zum Zugang in bezug auf Umweltdaten vgl. Schröder, NVwZ 1990, 905 ff. » Vgl. auch Bull, DÖV 1983, 829. 54 Das BVerfG (NJW 1988, 959, 961) verwendet diesen Ausdruck in bezug auf die Gemeindeverwaltung. Zur informationellen Gewaltenteilung im Sozialrecht vgl. Ebsett, in: Dörner/Ehlers (Fn. 18), S. 119 ff. 5 5 Vgl. auch BVerfGE 65, 1, 44. 56 Vgl. zu weiteren Möglichkeit der Datensicherung Schlink, VVDStRL 48 (1990), S. 235, 245 m. w. Nachw. 5 7 § 9 S. 2 BDSG; § 10 Abs. 1 S. 2 DSG NW; BVerfG NJW 1988, 959, 960. 50

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Vgl. §§ 7, 8, 19, 20 BDSG; § 5 DSG NW. ö 22 ff. BDSG; §§ 22 ff. DSG NW. § 9 BDSG; § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 10 DSG NW.

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kann die Überwachung auch durch den Behördenleiter oder die Amtsleiter wahrgenommen werden. Die Kontrolle muß aber so organisiert werden, daß eine Interessenkollision ausgeschlossen ist. Jedenfalls bei größeren Behörden empfiehlt es sich daher, eine interne Überprüfungsinstanz zu schaffen, die in unregelmäßigen Abständen kontrolliert und die Kontrollergebnisse der Leitung vorlegt 61 .

3. Die Grenzen der Ersetzung menschlicher 19

Tätigkeit

Computer sind Werkzeuge des Menschen. Sie arbeiten auf der Grundlage menschlicher Programmierung. Die von ihnen gefertigten und ausgedruckten Erklärungen sind daher dem Anlagenbetreiber bzw. Auftraggeber der Datenverarbeitung zuzurechnen 62 . Dementsprechend können z. B. auch Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen werden (§ 37 Abs. 4 VwVfG). Dies bedeutet aber nicht, daß die Entscheidungen und der Umgang mit dem Bürger ohne weitere Zwischenschaltung des Verwaltungspersonals allein der programmierten ADV-Anlage überlassen bleiben darf. Die vollständige Ersetzung menschlicher Tätigkeit dürfte nicht zu beanstanden sein, wenn es z. B. um das Herstellen und Versenden von Telefonrechnungen, eine Verkehrsregelung durch Ampeln oder die Zulassung zu bestimmten öffentlichen Einrichtungen wie Schwimmbädern durch Schließanlagen geht, die auf den Einwurf von Geldmünzen reagieren 61 . Je stärker die Eigentums- und Freiheitsinteressen aber berührt werden, desto eher verbietet es der grundrechtlich geschützte personale Status des einzelnen, die Entscheidungen und den Umgang mit den Betroffenen ausschließlich Computern anzuvertrauen, und desto mehr Gründe sprechen dafür, den Einsatz der Technik vom Bestehen einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage abhängig zu machen 64 . Stets unzulässig ist ein Verwalten allein durch Maschinen, wenn eine Anhörung erforderlich ist, den Behörden ein Beurteilungsrespektive Ermessensspielraum zukommt oder eine Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen verlangt wird. In atypischen Fällen muß auf das tatsächliche Vorbringen und die Umstände des Einzelfalls eingegangen werden können. Dies ist einem Computer nicht möglich. So bestehen zwar keine Bedenken, daß allein auf Veranlassung von Radarmeßgeräten den Haltern von Kraftfahrzeugen bei festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen automatisch ein Anhörungsbogen gem. § 55 OWiG zugesandt wird. Äußert sich der Betroffene, muß die (im Ermessen der Verwaltung liegende) Entscheidung aber von den Bediensteten der Behörde getroffen werden (höchstpersönliche Wertung). 61 62

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Vgl. Ehlers/Heydemann, DVB1. 1990, 1, 10. Heute allgemeine Auffassung. Vgl. § 11 Rn. 8; §41 Rn. 13 f. Ferner: Bull, Verwaltung durch Maschinen, 2. Aufl. 1964, S. 67, 84; Redeker, NVwZ 1986, 545. Teilweise a. A. offenbar Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 37 Rn. 47. Vgl. für Verkehrsampeln § 37 StVO.

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Finden die ADV-Anlagen als Hilfsmittel der Verwaltung Anwendung, dürfen 2 0 sie entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht 65 auch in der Ermessensverwaltung eingesetzt werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Anlagen der Entscheidungsfindung dienen. Computerprogramme wirken ähnlich wie Verwaltungsvorschriften 66 . Im Ermessensbereich liefern sie der Verwaltung Entscheidungsmaßstäbe und Entscheidungsmuster für eine sachgemäße Ausübung des Ermessens. Mittelbar wirken sie sich insofern auf das Außenverhältnis aus, als sie durch ständige Anwendung eine gleichmäßige Verwaltungspraxis steuern. Durch diese Praxis bindet sich die Verwaltung, so daß sie gleichgelagerte Fälle nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandeln darf (Selbstbindung der Verwaltung). Entscheidend ist aber, daß die Bindung hinter einer Gesetzesbindung zurückbleibt. Von einer allgemeinen Verwaltungspraxis kann und muß in besonders gelagerten Fällen abgewichen werden 67 . Die Selbstbindung reicht daher nicht so weit, daß die gesetzliche Pflicht zur Ausübung eines die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Ermessens beseitigt wird. Auch der Gleichheitssatz verlangt die Berücksichtigung etwaiger Ausnahmeumstände. Bereits bei der Sachverhaltsermittlung sind die Grenzen der Verwaltungsauto- 21 mation zu beachten. Die ADV-gerechte Ausgestaltung des Verfahrens geht nämlich zumeist mit einer verstärkten Verwendung von Vordrucken und Formularen einher. Dies beschwört die Gefahr einer „Anpassung" des Sachverhalts an vorgegebene Standards herauf, um die automatisierte Bearbeitung zu gewährleisten 68 . Jede Typisierung muß sich jedoch an dem rechtsstaatlich gebotenen Erfordernis der Einzelfallgerechtigkeit messen lassen 69 . Schleichen sich bei der computergestützten Ermittlung des Sachverhaltes oder bei der Programmierung Fehler ein, die sich auf das Ergebnis auswirken, ist das Handeln der Verwaltung rechtswidrig oder nichtig 70 . 65 66

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Birk, in: Dörner/Ehlers (Fn. 18), S. 137. Ob man sie stets als Verwaltungsvorschriften ansehen kann - vgl. § 41 Rn. 13; ferner: W. Schmidt, AöR 96 (1971), 321, 352; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 37 Rn. 48; ausführlich: Lazaratos (Fn. 5), S. 208 ff. - , ist zumindest dann zweifelhaft, wenn der Sachbearbeiter ein eigenes Programm benutzt. Vgl. § 7 Rn. 52; Maurer, Allg. VwR, § 24 Rn. 23. Vgl. Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 37 Rn. 26; Redeker, NVwZ 1986, 545, 546; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 10 Rn. 7. Vgl. auch Scholz, BayVBl. 1981, 193, 196; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, 1986, S. 164. Allgemein zu den Grenzen einer Typisierung in der Verwaltung: Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976, S. 133 ff., 140 ff. Ausführlich zum Zielkonflikt von Effizienz und Einzelfallgerechtigkeit: Lazaratos (Fn. 5), S. 60 ff. (insbesondere S. 113 ff.). Für den Anwendungsbereich des § 129 AO vertritt der BFH in ständiger Rspr. (vgl. z. B. BFH BStBl. II 1985, S. 32 = NVwZ 1985, 448) die Auffassung, Programmierfehler seien offenbare Unrichtigkeiten, die die Verwaltung zur Berichtigung des Verwaltungsaktes berechtigen. Diese Rechtsprechung beruht auf dem von § 42 VwVfG abweichenden Wortlaut des § 129 AO und läßt sich daher nicht in das Verwaltungsrecht übertragen. Vgl. dazu Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 42 Rn. 9 ff. Zur unterschiedlichen Auslegung der Normen Lazaratos (Fn. 5), S. 278 ff. 97

§ 4 114 4. Verwaltungsverfahrensrechtlicbe

Dirk Ehlers

und haftungsrechtliche

Konsequenzen

22

Die fortschreitende Automatisierung und Technisierung der Verwaltung haben den Verwaltungsverfahrensgesetzgeber zu einigen Sonderregelungen veranlaßt, die den Erfordernissen der ADV Rechnung tragen sollen. So bedarf es nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG nicht unbedingt einer Anhörung, wenn die Behörde Verwaltungsakte mit Hilfe automatisierter Einrichtungen erlassen will. Da das Absehen von der Anhörung im Ermessen der Behörde steht, ist diese nicht davon entbunden, im Einzelfall zu prüfen, ob eine Anhörung geboten ist oder nicht. Diese Ermessenserwägungen hat die Behörde in entsprechender Anwendung des § 39 VwVfG zu begründen 71 . Kann wegen des Fehlens der Begründung nicht auf anderem Wege nachgewiesen werden, daß die Behörde ordnungsgemäße Ermessenserwägungen angestellt hat 72 , ist von einem Anhörungsmangel auszugehen 73 . Damit werden die Vorteile, die § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG der Behörde einräumt, zum Teil wieder zunichte gemacht. 23 Zur Inhaltsangabe eines Verwaltungsaktes können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, aufgrund der dazu ergehenden Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungaktes eindeutig erkennen kann (§ 37 Abs. 4 S. 2 VwVfG). Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde. Wegen des geringen Nutzens von Schlüsselzeichen und der mangelnden „Bürgerfreundlichkeit" sollte die Verwaltung möglichst auf sie verzichten. Wird der Name desjenigen, an den die Behörde den Verwaltungsakt richtet, dem Programm der elektronischen Datenverarbeitung angepaßt (z. B. „oe" statt „ö"), liegt darin keine Grundrechtsverletzung 74 . Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG bedarf es keiner Begründung eines Verwaltungsaktes, wenn die Behörde die Akte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erläßt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist. An die Entbehrlichkeit der Begründung sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Verwaltungsakt muß für einen durchschnittlichen Betroffenen aus sich heraus verständlich sein. Weiterhin können bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, Unterschrift (d. h. eigenhändige Unterzeichnung) und Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten fehlen (§ 37 Abs. 4 S. 1 VwVfG) 75 . Ist Schriftform vorgeschrieben, reicht die elektronische Übermittlung des Verwaltungs71

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Vgl. Ehlers, D V 1984, 295, 308 f.; Lazaratos (Fn. 5), S. 188ff.; a. A. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 39 Rn. 18 m. w. N a c h w . Die Begründungspflicht kann unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 VwVfG, insbesondere Nr. 3, wieder entfallen. Die Behörde hat spätestens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ihre Gründe offenzulegen, vgl. BVerwG DVB1. 1983, 997, 1000. Vgl. Ehlers, D V 1984, 295, 316. BVerwGE 31, 236, 237 f.; 45, 189, 192. Kritisch zum Verzicht auf eine Namenswiedergabe: v. Mutius, VerwArch. 67 (1976), 116 ff.; Popper, DVBl. 1977, 509 ff.; Maurer, Allg. VwR, § 18 Rn. 7.

Verwaltung und Verwaltungsrecht

§ 4 II 4

aktes allein nicht aus 7 6 . Der Inhalt der Erklärung muß vielmehr ausgedruckt werden (was allerdings auch beim Empfänger geschehen kann, wie z. B. im Falle der Benutzung von Telex) 7 7 . Der ausgedruckte Verwaltungsakt muß zu den Akten genommen werden. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine schriftliche und vollständige Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar. Dies macht die Führung von schriftlichen, wahrheitsgetreuen und vollständigen Akten erforderlich, ohne daß dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte 7 8 . Anders könnte auch dem Akteneinsichtsrecht des Bürgers nicht genügt werden. D a s Führen ausschließlich elektronischer Akten ist daher unzulässig. Bekanntgegeben sind elektronisch gefertigte oder übermittelte Verwaltungsakte bzw. sonstige Willenserklärungen der Verwaltung, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangen und dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, von ihnen Kenntnis zu nehmen 7 9 . Erleidet ein Außenstehender infolge eines Versagens oder sonstigen Fehlers der 24 ADV-Anlage einen Schaden, muß die Verwaltung dafür genauso wie für d a s Fehlverhalten des Verwaltungspersonals einstehen. In der Regel dürfte sowohl ein Amtshaftungsanspruch als auch ein aus dem Aufopferungsgedanken abgeleiteter Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs gegeben sein. Die Amtshaftung setzt zwar öffentlich-rechtliches Handeln bzw. Unterlassen sowie Verschulden voraus. D o c h hat die Verwaltung nicht nur für die fehlerhafte Programmierung, sondern auch für die mangelhafte Wartung der technischen Anlagen nach öffentlichem Recht einzustehen 8 0 . Auch wird in den meisten Fällen zumindest ein Organisationsverschulden anzunehmen sein 8 1 . Fehlt es an einem Verschulden, verbleibt es bei dem Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs 8 2 .

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Weitergehend Redeker, NVwZ 1986, 545, 547. Umgekehrt erfordert der Grundsatz der Schriftlichkeit für die Schriftsätze des Bürgers dessen Unterschrift. Diese darf nur unter engen Voraussetzungen fehlen. Vgl. BVerwGE 81, 32, 36; BayVBl. 1990, 670; BAG NJW 1990, 3165; OVG Münster, NJW 1991, 1197; Broß, VerwArch. 81 (1990), 451 ff. BVerfG NJW 1983, 2135; BVerwG NVwZ 1988, 621, 622. Vgl. auch BVerwGE 13, 1, 7. Im Falle des Betriebs von Ampelanlagen hat der BGH dagegen nur die Programmierung, nicht aber die Wartung dem öffenlichen Recht unterstellt. Die Haftung für eine fehlerhafte Wartung soll sich nach den Grundsätzen einer Verletzung der privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht richten. Vgl. BGH NJW 1971, 2220 ff.; NJW 1972, 1268 f. Kritisch dazu mit Recht Ossenbühl, JuS 1973, 421 ff. Vgl. zu dieser Rechtsfigur: Papier, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. III/2, 2. Aufl. 1986, § 839 Rn. 238, 247 f. m. w. Nachw. Näher dazu B G H Z 99, 249 ff., der sich - wiederum bezogen auf das Versagen einer Ampelanlage - zwar nur auf § 39 Abs. 1 b OBG NW stützt, in dieser Vorschrift aber nur eine „spezialgesetzliche Konkretisierung des aus dem allgemeinen Aufopferungsgedanken abgeleiteten Entschädigungsanspruchs wegen enteignungsgleichen Eingriffs" sieht (255). Näher zu dieser Entscheidung: Ossenbühl, JuS 1988, 193 ff. Ausführlich zu den Problemen der Staatshaftung für DV-Maßnahmen: Lazaratos (Fn. 5), S. 379 ff. 99

ZWEITER

ABSCHNITT

Die Quellen des Verwaltungsrechts Fritz Ossenbühl §5 Verwaltung und Recht I. Bedeutung des Rechts für die Verwaltung Die Bedeutung des Rechts für die Verwaltung bleibt den meisten Studenten 1 mangels Kenntnis der Verwaltungspraxis verschlossen. Das hat seinen Grund in der juristischen Sichtweise, die sie im Zivil- und Strafrecht erfahren und mit der sie auch an das Verwaltungsrecht herangehen. Das Recht erscheint als ein Reservoir von Konfliktregelungen, denen der urteilende Richter seine Maßstäbe für die Entscheidung des ihm unterbreiteten Falles entnimmt. Auch im Verwaltungsrecht ist es — leider — weithin üblich, das Verwaltungshandeln ausschließlich aus der Perspektive des entscheidenden Richters und damit der Prozeßsituation zu betrachten. Mit diesem Prozeßdenken sind Fehlvorstellungen und Verzerrungen verbunden, die sich bei dem Betrachter der Verwaltung und des Verwaltungsrechts einstellen. Der verwaltungsprozessuale Aspekt bringt immer nur die sog. „Pathologie der Verwaltung" (Werner Weber) zum Vorschein. Das Bild der Verwaltung wird vom Ausnahmefall geprägt. Verwaltung erscheint im wesentlichen als Gesetzesvollzug. Es entsteht das Trugbild einer Verwaltung, die — gewissermaßen eingeklemmt zwischen erster und dritter Gewalt — die Entscheidungen des Parlaments vollstreckt und durch die Gerichte hierbei kontrolliert wird. Verdeckt bleibt bei dieser Sichtweise, daß die Verwaltung in großem Stile 2 auch ohne besondere gesetzliche Vorschriften ständig Werte für das Gemeinwesen schafft und damit unmittelbar dem Gemeinwohl dient und die Staatszwecke in gleicher Weise wie die Legislative eigengestaltend verwirklicht1. Das gilt namentlich für den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung, die einen großen 1

Hierauf hat namentlich Hans Feters (Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 5 f.; in: Festschrift für Wilhelm Laforet, 1952, S. 19 ff.; Die Wandlungen der öffentlichen Verwaltung in der neuesten Zeit, 1954) unermüdlich hingewiesen. 101

Fritz Ossenbühl

Teil jener Aufgaben zu bewältigen hat, die der Daseinsfürsorge und Daseinsvorsorge der Bürger dienen (z. B. Verkehrs- und Versorgungsbetriebe, Badeanstalten, Krankenhäuser, Schulen, Altersheime, Sportplätze, Grünflächen, Parkanlagen, Theater, Museen usw.). — Unberücksichtigt bleibt ferner jener weite und praktisch bedeutsame Bereich, in dem die Verwaltung vom Parlament nur grobe Zielweisungen etwa in Gestalt von Vermerken im jährlich zu erlassenden Haushaltsgesetz empfängt, im übrigen aber nach selbstbestimmtem Verteilungsschlüssel Milliardenbeträge an Subventionen ausschüttet, sei es im Interesse sektoraler oder territorialer Wirtschaftspolitik, sei es im Interesse der Unterstützung hilfsbedürftiger Bevölkerungsgruppen. Hinzu tritt der Bereich der Planung, der in der Regie der Exekutive liegt und auf weiten Strecken gesetzlicher Vorschriften oder Richtschnuren entbehrt. — Schließlich darf die Gleichung: Verwaltung = Gesetzesvollzug selbst dort, wo der Gesetzgeber Sonderbereiche gesetzlich durchnormiert hat (wie etwa im Polizei- und Ordnungsrecht, im Sozialhilferecht oder im Ausländerrecht), nicht zu der Annahme verleiten, das Verwaltungshandeln sei rechtlich vollständig determiniert und auf die Realisierung eines vorgegebenen, fremden, nämlich des parlamentarischen Willens beschränkt. Vielmehr sind auch in den gesetzlich durchnormierten Bereichen in unterschiedlicher Dosierung Räume administrativer Beurteilungs- und Gestaltungsfreiheit offengehalten, die sich bei unbestimmten Rechtsbegriffen rechtsdogmatisch als Beurteilungsspielräume, bei der Rechtsfolgebestimmung (Verwaltungsermessen) als administrative Wahlfreiheit oder im Planungsbereich als „Planungsermessen" der Verwaltung niederschlagen2. 3

Zuweisungsgehalt und Bindungsdichte der Gesetze sind also in vielfacher Weise abgestuft3. Verwaltung erschöpft sich keineswegs im Gesetzesvollzug. Vielmehr läßt sich die Bedeutung des Gesetzes für die Verwaltung in dreifacher Richtung bestimmen4: 4 1. Das Gesetz gibt der Verwaltung den Auftrag, in Recht transformierte politische Ziele zu verwirklichen. Dabei können sowohl die Zieldirektiven wie auch die vorgesehenen Mittel in ganz unterschiedlicher Weise konkretisiert sein. 5 2. Das Gesetz schafft im Rahmen des sog. Gesetzesvorbehalts die rechtliche Grundlage für administrative Eingriffe in den Rechtskreis des Bürgers (Eingriffsermächtigung). Belastungen des Bürgers bedürfen im demokratischen Rechtsstaat eines förmlichen, d. h. verfassungsmäßig zustandegekommenen Gesetzes. Es bildet - in der Terminologie des Zivilrechts gesprochen — die Anspruchsgrundlage im Verhältnis zwischen Hoheitsträger und Bürger. 6 3. Das Gesetz zieht der Verwaltung Schranken, soweit sie im gesetzesfreien oder gesetzlich nicht abschließend normierten Raum eigene Zwecksetzungen 2 3

4

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Vgl. unten § 10 Rn. 3 ff. Vgl. zum Problem: Ossenbühl, Vom unbestimmten Gesetzesbegriff zur letztverbindlichen Verwaltungsentscheidung, DVB1. 1974, 309 ff.; Brohm, Situative Gesetzesanpassung durch die Verwaltung, N V W Z 1988, 794 ff. Vgl. Scheuner, DÖV 1969, 585 ff.

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 5 II

trifft oder mit selbstgewählten Mitteln ihre Ziele verfolgt. Von hier aus gesehen tritt der Verwaltungsbeamte im Bereich frei gestaltender Verwaltung5 aus einer anderen Perspektive dem Recht gegenüber als der Richter. Für den Richter liefert das Recht Entscheidungsmaßstäbe, mit deren Hilfe ein Konfliktfall gelöst werden soll. Der Verwaltungsbeamte trifft im gestaltenden Bereich nicht nur Konfliktentscheidungen, sondern er realisiert im Interesse des Gemeinwohls ins Auge gefaßte Projekte; er fragt danach, ob und wie ein Projekt im Einklang mit der Rechtsordnung verwirklicht werden kann. Wenn beispielsweise die Pflege des „guten Films" als öffentliches Bedürfnis empfunden wird, hat die Gemeinde zu überlegen, ob sie etwa ein kommunales Kino einrichten darf, in welcher Rechtsform dies ggf. geschehen soll, welche Eintrittspreise erhoben werden dürfen etc. 6 . II. Gesetzmäßigkeit und Rechtmäßigkeit der Verwaltung Die Bedeutung des Gesetzes für die Verwaltung und die damit verbundene 7 Beziehung zwischen Gesetzgebung und Verwaltung findet ihren Ausdruck in dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) 7 . Inhalt und Tragweite dieses Prinzips sind in der Theorie nach wie vor umstritten, bereiten jedoch der Praxis keine nennenswerten Schwierigkeiten mehr. Das Gesetzmäßigkeitsprinzip enthält zwei Ausprägungen: den Vorrang und den Vorbehalt des Gesetzes. Der Gesetzesvorrang bringt die Überlegenheit des förmlichen Gesetzes gegenüber allen abgeleiteten Rechtsquellen zum Ausdruck und bestimmt, daß die Verwaltung das Gesetz anwenden muß (Anwendungsgebot), nicht vom Gesetz abweichen (Abweichungsverbot) und nicht gegen das Gesetz verstoßen darf 7a . Mit dem Begriff „Vorbehalt des Gesetzes" ist die grundlegende und schwierige Frage aufgeworfen, welche Sachentscheidungen

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7a

Vgl. zum Begriff: Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 315. Weiteres Beispiel: Kommunale Wohnungsvermittlung; dazu z.B. Rocke, DVB1. 1973, 398 ff. Die Literatur zu diesem Thema ist kaum mehr überschaubar. Gesamtdarstellungen: Selmer, JuS 1968, 489ff.; Ossenbühl (Fn. 5), S. 2 0 8 - 2 4 9 ; Walter Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte, 1975; ders., Zum aktuellen Stand der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, Jura 1979, 304 ff.; Pietzcker,Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, JuS 1979, 710 ff.; Ernst-Wolfgang Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Auflage, 1981, S. 375 ff.; Kloepfer, Der Vorbehalt des Gesetzes im Wandel, J Z 1984, 685 ff.; Ossenbühl, Der Vorbehalt des Gesetzes und seine Grenzen, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, 1985, S. 9 ff.; Papier, ebenda, S. 36 ff.; Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, 1986; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 62. Vgl. Gusy, Der Vorrang des Gesetzes, JuS 1983, 189 ff.; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 62 Rn. 1 - 6 . 103

§ 5 II

Fritz Ossenbühl

und Sachbereiche dem Parlament zur Entscheidung per Gesetz verfassungsrechtlich „vorbehalten" sind, anders gesagt: ob und gegebenenfalls welche Sachbereiche die Verwaltung selbständig, d. h. ohne parlamentarisches Gesetz, ordnen kann. 8 Für eine Reihe von Sachbereichen enthält das Grundgesetz ausdrückliche spezielle Gesetzesvorbehalte 7 b . Neben den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten (z. B. Art. 12 I 2, 14 I 2) bestehen vielfältige institutionell-organisatorische Gesetzesvorbehalte, die wichtige Verfassungsinstitutionen wie die kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 II), das Beamtentum (Art. 33 V) und die Parteien (Art. 21 III) sowie die Bildung, Verfahrensweise und Verfassung von Staatsorganen (z. B. Art. 54 VII; 94 II, 95 III 2) und die Organisation und das Verfahren der Verwaltung betreffen ( z . B . Art. 84 I, 85 1, 87 III). Wichtige geschriebene Gesetzesvorbehalte bestehen ferner auf dem Gebiet des Finanzwesens (z. B. Art. 110, 107 II, 109 III) und der internationalen Beziehungen (Art. 2 4 1 , 59 II). 9 Neben den vorgenannten speziellen geschriebenen Gesetzesvorbehalten der Verfassung besteht ein allgemeiner ungeschriebener Gesetzesvorbehalt. Die Frage, auf welche Bereiche und Gegenstände sich dieser allgemeine Gesetzesvorbehalt 7 c erstreckt, gehört zu den ewigen Streitfragen des Staats- und Verfassungsrechts. 10 Die Problematik des allgemeinen Gesetzesvorbehalts in seiner gegenwärtigen Gestalt erschließt sich nur demjenigen, der bereit ist, einige Grundtatsachen der neueren deutschen Verfassungsentwicklung zur Kenntnis zu nehmen. Dazu sind hier nur einige skizzierende Bemerkungen möglich 8 . — Das Vorbehaltsproblem als Kompetenzproblem konnte historisch erst in dem Augenblick auftreten, in dem die im Absolutismus in der Hand des Landesherrn monopolisierte Staatsgewalt auf verschiedene Gewaltenträger aufgeteilt wurde. Eine solche Auflösung des landesherrlichen Gewaltmonopols war das Ziel und Ergebnis der liberalen Verfassungsbewegung in Deutschland. Die konstitutionellen Bestrebungen richteten sich jedoch nicht auf Mitgestaltung der Staatsordnung, sondern auf die Kontrolle der herkömmlicherweise dem Landesherrn zukommenden Staatsgewalt und damit auf die Sicherung der Individualsphäre. Diese Individualsphäre der bürgerlichen Gesellschaft konstituierte sich durch persönliche Freiheit und Privateigentum. In diese Rechte sollte die Exekutivgewalt, verkörpert durch den Monarchen, künftig nur noch und erst eingreifen können, wenn und soweit die betroffene bürgerliche Gesellschaft über ihr Repräsentationsorgan, nämlich das

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Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 62 Rn. 26 ff. Manche sprechen beim allgemeinen Gesetzesvorbehalt auch vom „Vorbehalt des Gesetzes", um eine terminologische Abgrenzung zu den speziellen geschriebenen Gesetzesvorbehalten zu schaffen. Ausführlicher und mit Nachweisen: Selmer, JuS 1968, 489, 490; Staupe, aaO. (Fn. 7).

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 5 II

Parlament, ihr Placet erteilt hatte. Diese Legitimation der Exekutive zum Eingriff wurde in der Form des Gesetzes abgegeben. Daraus ergibt sich, daß in dem politischen Antagonismus zwischen M o n a r c h und Bürgertum, der sich verfassungsrechtlich in dem Gegenüber von Exekutive und Parlament ausdrückte, das „Gesetz" lediglich die Chiffre für die Grenzziehung zweier Machtsphären darstellte. Umfang und Inhalt des Gesetzesbegriffs bestimmten das M a ß der Machtbeschränkung des M o n a r c h e n , positiv gewendet: das M a ß der Mitbestimmung des Bürgertums. Der Gesetzesbegriff war damit als Kompetenzbegriff nur ein „juristischer Problemausdruck" für die sich dahinter verbergende realpolitische Rivalität zwischen M o n a r c h und Parlament 9 . Entsprechend der politischen Zielsetzung der liberalen Verfassungsbewegung waren der Regelung durch Gesetz nur solche Anordnungen „vorbehalten", die in die Individualsphäre des Bürgers, d. h. in „Freiheit und Eigentum" eingriffen. Damit erwies sich der „Gesetzesvorbehalt" als „Eingriffsvorbehalt" und hatte als solcher seine politische Stoßrichtung und verfassungsrechtliche Sicherungswirkung gegenüber der Exekutive. Zugleich leuchtet unmittelbar ein, warum das Gesetz ursprünglich als Regelung, die in Freiheit und Eigentum eingreift, definiert wurde. Jenseits des Sachbereichs „Freiheit und Eigentum" blieb die gesetzesunabhängige Exekutivgewalt erhalten. Relikte solcher vom Gesetz nicht geregelter Räume reichen bis in die Gegenwart, werden aber zunehmend beseitigt (Stichwort: Besondere Gewaltverhältnisse) 1 0 . „Gesetzesvorbehalt" und „Gesetzesbegriff" sind also in eine bestimmte historisehe Epoche verstrickt, anders gesagt: auf eine bestimmte politische Konstellation und Verfassungsstruktur hin definiert und damit als historisch-konventionelle Begriffe gekennzeichnet. Es lag deshalb auf der Hand, nach dem grundlegenden Wandel der Verfassungsstrukturen (Wegfall der konstitutionellen M o n a r chie, Begründung des demokratischen Rechtsstaates) auch „Gesetzesvorbehalt" und „Gesetzesbegriff" neu zu orientieren. Solche Versuche liegen vor 1 1 . Die radikalste Form in Gestalt eines „Totalvorbehalts", d . h . einer durchgehenden,

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Vgl. Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. II, 3. Aufl. 1988, S. 16 ff. Aus gegenwärtiger Sicht geht es um die Kompetenzabgrenzung zwischen Parlament und Regierung, wofür beispielsweise die Diskussion um den Gesetzesvorbehalt im Schulrecht beispielhaft ist; dazu Niehues, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulwesen, DVB1. 1980, 465 ff.; Erichsen, Schule und Parlamentsvorbehalt, in: FS zum 125jährigen Bestehen der Jur. Gesellschaft zu Berlin, 1984, S. 113 ff. Vgl. z.B. BVerfGE 33,1 = NJW 1972,811 (Strafvollzugsgesetz); BVerwGE 47,194 (Sexualerziehung). Hervorzuheben sind: Jesch, Gesetz und Verwaltung, 2. unveränd. Aufl. 1968; Imboden, Das Gesetz als Garantie rechtsstaatlicher Verwaltung, 2. Auflage 1962; Kupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 135; Kloepfer, Vorbehalt des Gesetzes im Wandel, J Z 1984, 685 ff. 105

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§ 5 II

Fritz Ossenbühl

umfassenden Gesetzesabhängigkeit der Verwaltung wird allerdings von niemandem konsequent vertreten. Ein solcher „Totalvorbehalt" wäre auch von den praktischen Notwendigkeiten und Möglichkeiten her gesehen pure Utopie. Allerdings liegen beachtliche Konzeptionen vor, die mit unterschiedlichen Gründen, einerseits mit Hilfe des Demokratiegebotes12, andererseits auf der Grundlage des Rechtsstaatsprinzips13, einen Gesetzesvorbehalt fordern, der das gesamte unmittelbar an den Bürger gerichtete Verwaltungshandeln umfaßt. Solche Theorien erscheinen unter dem Aspekt des Wandels der Verfassungsstrukturen und der politischen Realien folgerichtig und einleuchtend, haben sich aber in ihrer Tendenz zur Subalternisierung der Exekutive aus vielen Gründen nicht durchsetzen können. 12 Richtig ist an der Argumentation aus dem demokratischen Prinzip, daß die Exekutive mit dem Wegfall der Monarchie — jedenfalls verfassungsrechtlich — ihre Führungsrolle im Staat verloren hat, und daß das Parlament, das früher nur als „beschränkendes Element" 14 der monarchischen Gewalt fungierte, zum obersten Staatsorgan avanciert ist. Indessen vermag diese Spitzenstellung des Parlaments wohl den Vorrang parlamentarischer Willensakte gegenüber exekutiven Entscheidungen zu begründen, nicht aber Anhaltspunkte für einen totalen Gesetzes vorbehält zu liefern. Daß überdies in unserem Verfassungssystem auch die Exekutive auf eine eigene demokratische Legitimation verweisen kann, wird 13 oft übersehen15. — Ein anderer Begründungsversuch setzt bei der inhaltlichen Veränderung des Freiheitsbegriffs an 16 . In der liberalen Epoche habe der Freiheitsbegriff eine autonome Eigensphäre des einzelnen bezeichnet, in die der Staat nur durch Gesetz eindringen konnte. An die Stelle der autonomen Eigensphäre, eines selbstbeherrschten und auch als beherrschbar gedachten Lebensraumes, sei die völlige soziale Abhängigkeit vom Staat getreten. Damit habe der Freiheitsgedanke heute eine andere Zielrichtung. Der Bürger versuche, die in der sozialen Abhängigkeit liegende Unfreiheit durch gesetzliche Rechtsverbürgungen abzuschütteln und die Freiheit wieder herzustellen. „Freiheit" bedeute demnach heute nicht - nur - Abwesenheit staatlicher „Eingriffe", sondern auch „Teilhabe" an staatlichen Leistungen. Deshalb müsse der Gesetzesvorbehalt über den „Eingriffsvorbehalt" hinaus auf die gesamte leistende Verwaltung erstreckt werden. 14 Das Bestreben, dem Bürger unter den gewandelten Daseinsbedingungen einen gefestigten status positivus socialis zu verschaffen, ist legitim und verfassungs12 13 14 15

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So Jesch (Fn. 11). So Rupp (Fn. 11). Meyer/Anschütz, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, 7. Auflage, 1919, S. 2 6 8 , 3 3 4 . Vgl. zu dieser Legitimation: Ossenbühl (Fn. 5), S. 198 ff.; zust. BVerfGE 49, 89, 125 (Kalkar); 68, 1 (87f.) (Raketenstationierung). Vgl. Rupp, DVB1. 1959, 81, 84; ders. (Fn. 11), S. 113 ff.; Mallmann, VVDStRL 19 (1961), 190; Stern, J Z 1960, 525; Friauf, DVB1. 1966, 737; schon vorher Scheuner, VVDStRL 11 (1954), 17.

Die Quellen des Verwaltungsrechts

rechtlich geboten (Sozialstaatsprinzip!). Diesem Ziel kann aber durch eine Erweiterung des Gesetzesvorbehaltes nicht wirksam gedient werden. Vielmehr erweisen sich solche Postulate nach Vorbehaltserweiterungen für den Bürger letztlich als Danaergeschenk. Denn: daß der Gesetzgeber die leistende Verwaltung nach der geltenden Verfassung ohne weiteres mit gesetzlichen Grundlagen versehen kann, ist völlig unbestritten. Insoweit zieht der Gesetzesvorbehalt keine Kompetenzgrenze mehr, die den parlamentarischen Entscheidungsbereich beschneiden könnte. Ein „Totalvorbehalt" hätte danach vornehmlich nicht die Wirkung, dem Parlament neue Entscheidungsmöglichkeiten zu eröffnen, sondern den Aktionsraum der Exekutive einzuengen. Wer deshalb für den „Totalvorbehalt" optiert, raubt dem Bürger die Chance, Leistungen in einem Bereich zu erhalten, in dem der Gesetzgeber bislang keine eigene Initiative ergriffen hat, sei es, weil er bewußt untätig bleibt, sei es, weil er effektiv nicht in der Lage ist, den „Normhunger der Verwaltung"17 zu stillen18. Konsequenterweise müßte nach der Konzeption eines Totalvorbehaltes auch die seit über zwanzig Jahren praktizierte, ausgedehnte Subventionsverwaltung19 für verfassungswidrig erklärt werden, obwohl die Verwaltung nichts anderes tut, als im parlamentsbeschlossenen Haushaltsgesetz eingesetzte Milliardenbeträge nach den Zielweisungen des Gesetzgebers — aber selbstgesetztem Verteilungsschlüssel in Gestalt von Subventionsrichtlinien — auszuschütten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung20 umgeht die Vorbehaltsproblematik im Subventionsbereich, indem sie zwar an dem Erfordernis einer gesetzlichen Legitimation für die Darreichung von Subventionen festhält, aber eine ausreichende gesetzliche Legitimation als gegeben erachtet, wenn — im Haushaltsplan als Bestandteil des förmlichen Haushaltsgesetzes entsprechende Mittel eingesetzt sind, — innerhalb des Haushaltsplans eine ausreichende Umreißung der Zweckbestimmung dieser Mittel vorgesehen ist, — die Vergabe dieser Mittel zu den den betreffenden Verwaltungsinstanzen zugewiesenen verfassungsmäßigen Aufgaben gehört. 17 18

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So eine plastische Formulierung von Forsthoff, VwR, S. 136. Vgl. Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt, 1962, S. 96; Wolff/Bachof, VwR III, § 138 III b; Ossenbühl (Fn. 5), S. 217; Kisker, Neue Aspekte im Streit um den Vorbehalt des Gesetzes, N J W 1977, 1313 ff. Dazu namentlich ipsen/Zacher, VVDStRL 25 (1967), 257ff., 308 ff.; Küfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967; Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, 1973; zur Frage des Gesetzesvorbehaltes: Jarass, Der Vorbehalt des Gesetzes bei Subventionen, NVwZ 1984, 473 ff.; Bauer, Der Gesetzesvorbehalt im Subventionsrecht, DÖV 1983, 53 ff. Vgl. BVerfGE 8 , 1 5 5 ; BVerwGE 6, 282; N J W 1959, 1098 = DÖV 1959, 706 = DVBl. 1959, 573; DÖV 1961, 426; DVBl. 1961, 207; DÖV 1963, 387; BVerwGE 18, 352 = DVBl. 1964, 824; DÖV 1977, 606; DVBl. 1979, 881 mit Anm. Götz; BVerwGE 58, 45, 48; OVG Lüneburg DVBl. 1956, 24, 25; VGH Kassel ESVGH 6, 231; 14, 50 = DVBl. 1963, 443; DVBl. 1968, 259, 261; BayVGH BayVBl. 1970, 408.

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Fritz Ossenbiihl

Ob man allerdings das Haushaltsgesetz als geeignete formalgesetzliche Grundlage im Sinne des Gesetzesvorbehaltes ansehen kann, ist umstritten 21 . Hiergegen sprechen eine Reihe nicht unerheblicher Bedenken, namentlich das sog. Bepakkungsverbot (Art. 110 Abs. 4 Satz 1 GG) 2 2 und die Beschränkung der haushaltsgesetzlichen Bestimmungen auf den sog. innerorganschaftlichen Rechtskreis, also die fehlende Außenwirkung im Verhältnis Staat — Bürger 23 . Überdies wird man zumindest die Frage stellen müssen, ob die weitgreifenden und hochabstrakten Ziel- und Zwecksetzungen, die in Haushaltsvermerken zum Ausdruck kommen, nicht eine so (abgeschwächte) „minimale Orientierung" der Verwaltung am Gesetz darstellen, dai? von einer Gesetzesbindung der Exekutive schlechterdings keine Rede mehr sein kann 24 . Das Bundesverwaltungsgericht25 hat sich — z. T. auch gegen die Kritik einiger Instanzgerichte26 — über diese Bedenken hinweggesetzt. 15

Eine breite, durch zahlreiche und vielfältige praktische Konfliktsfälle genährte Diskussion betrifft die Geltung des Gesetzesvorbehaltes im Schulrecht. Die vor allem in den 70er Jahren auch in der Tagespresse notierten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen über die Einführung der Sexualkunde27, der Mengenlehre 28 , der 5-Tage-Woche in der Schule 29 , über die Reform der gymnasialen Oberstufe 30 , die Einführung der obligatorischen Förderstufe 30a , den Erlaß von Prüfungs- und Versetzungsordnungen31, die Zulässigkeit von Schulstrafen und Schulverweisen32 etc. sind im Zusammenhang mit dem Gesetzesvorbehalt zu sehen33. Es geht um das Problem, ob die Schulverwaltung die vorgenannten

' Vgl. z. B. Stern, J Z 1960, 521 f.; Kupp, N J W 1966, 1098; BVerfGE 20, 56 = N J W 1966, 1499 (Parteienfinanzierung); Seilmann, Der schlichte Parlamentsbeschluß, 1966; Jesch (Fn. 11), S. 227; lpsen, VVDStRL 25 (1967), 291; Selmer, VerwArch. 59 (1968), 140; Scheuner, DÖV 1969, 585, 591. 2 2 Dazu A. v. Portatius, Das haushaltsrechtliche Bepackungsverbot, 1975; BSGE 37, 144. 23 Vgl. dazu BVerfGE 20, 56. 2 4 Vgl. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 299. 25 Vgl. etwa BVerwGE 18, 352 (Honnefer Modell). 2 6 Vgl. z. B. VG Frankfurt DVB1. 1961, 52; OVG Münster DVBl. 1963, 860, 861. 2 7 BVerwGE 47, 194. 2 8 BayVerfGH DVBl. 1975, 425. 2 9 BVerwGE 47, 201. 3 0 VGH Kassel N J W 1976, 1856. 3 0 a HessStGH, ESVGH 35,1 = DÖV 1984, 718. 31 HessStGH ESVGH 21, 1; VG Freiburg N J W 1976, 865 = DÖV 1976, 56; BVerwGE 56, 155. 3 2 BVerfGE 4 1 , 2 5 1 . 33 Vgl. Ossenbühl, Zur Erziehungskompetenz des Staates, in: Festschrift für F. W. Bosch, 1976, S. 751 ff.; ders. (Fn. 9), S. 21 ff.; Oppermann Gutachten C zum 51. DJT, 1976, S. 52ff.; Niehues, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulwesen, DVBl. 1980, 465; Lerche, Bayerisches Schulrecht und Gesetzesvorbehalt, 1981; Heußner, Vorbehalt des Gesetzes und „Wesentlichkeitstheorie", in: Festschrift für Erwin Stein, 1983, S. 111 ff.; Erichsen, 2

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Die Quellen des Verwaltungsrechts Fragen aus eigener Kompetenz regeln und ordnen kann oder o b sie hierzu gesetzlicher Zielweisungen und Ermächtigungen bedarf. Nach grundlegenden und richtungweisenden Urteilen des Bundesverfassungsgerichts 34 hat sich hier bereits recht schnell ein gewisser Grundkonsens eingestellt 35 . Veranlaßt durch die Neuorientierung des Gesetzesvorbehaltes in der Rechtsprechung setzte in den Ländern eine Normierungswelle ein, die darauf gerichtet war, das Schulwesen als überkommene „Lücke des Rechtsstaates" aus der administrativen Alleinherrschaft herauszuführen. O b dies überall in dem erforderlichen M a ß e gelungen ist, mag auf sich beruhen 3 6 . — Die Problematik des Gesetzesvorbehaltes hat sich auf das Prüfungsrecht verlagert 3 6 3 . — Nicht mindere Aktualität besitzt die Frage des Gesetzesvorbehaltes im Kernenergierecht. Sie betrifft hier die Problematik der parlamentarischen Mitwirkung bei der Standortplanung, der Einführung neuartiger Technologien und der Genehmigung einzelner Kernkraftwerke. Zu diesen Fragen hat der für die Orientierung des Gesetzesvorbehalts wichtige Kalkar-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts erste wesentliche Grundlagen geschaffen 3 7 . Für Aufsehen gesorgt hat ein Beschluß des Hessischen V G H , der entschieden hat, daß Anlagen, in denen mit gentechnischen Methoden gearbeitet wird, nur aufgrund einer ausdrücklichen Zulassung durch den Gesetzgeber errichtet und betrieben werden dürfen 3 7 3 . Die Entscheidung hat vielfältigen Widerspruch erfahren 371 '. Ihre praktische Bedeutung hat sich nach Erlaß des Gentechnikgesetzes vom 20. 6. 1990 (Sartorius Nr. 270) erledigt. Aber es bleibt das allgemeine Problem, inwieweit technische Innovationen ausdrücklicher gesetzlicher Gestaltung bedürfen und vor allem die Frage, wie dem Gesetzesvorbehalt zur Bewältigung neuer Technologien Genüge getan werden kann. Theorie und Praxis versuchen, das Vorbehaltsproblem mit der sog. Wesentlichkeitstheorie zu bewältigen 3 8 . Danach sind alle wesentlichen Entscheidungen Schule und Parlamentsvorbehalt, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, 1984, S. 113 ff. 34 BVerfGE 33, 1 (9) (Strafvollzugsgesetz); 33, 125 (157) (Facharztausbildung); 33, 303, 346 (numerus clausus); 41, 251 (Schulverweis); zusammenfassend BVerfGE 58, 257 (Schulentlassung). 35 Vgl. Beschluß des 51. Deutschen Juristentages 1976, Sitzungsbericht M; wiedergegeben in BVerfGE 45,400, 418 f.; BVerfGE 58, 257, 268; Heußner, Vorbehalt des Gesetzes und „Wesentlichkeitstheorie", in: Festschrift für Erwin Stein, 1983, S. 111. 36 Vgl. Ossenbübl, Schule im Rechtsstaat, DÖV 1977, 801 ff. 36a Vgl. Becker, Der Parlamentsvorbehalt im Prüfungsrecht, NJW 1990, 273 ff. 37 BVerfGE 49, 89. 37a HessVGH NJW 1990, 336 mit Anm. Deutsch-, JZ 1990, 88 m. Anm. Kupp. 37b Vgl. Rose, Gentechnik und Vorbehalt des Gesetzes, DVB1. 1990, 279 ff.; Gersdorf, Parlamentsvorbehalt versus Gesetzesvorbehalt?, DÖV 1990, 514 ff., Sendler, Gesetzesund Richtervorbehalt im Gentechnikrecht, NVwZ 1990, 231 ff. 38 Vgl. Oppermann, Gutachten C zum 51. DJT, 1976, S. 48; BVerfGE 33, 303; 34, 165; BVerwGE 47,194; 47, 201; Heußner (Fn. 33); Umbach, Das Wesentliche an der Wesent109

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§6

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dem Parlament vorbehalten (sog. Parlamentsvorbehalt)383. Das Kriterium der Wesentlichkeit ist jedoch nur dann praktikabel, wenn es in konkreten Maßstäben ausgeprägt wird. Insoweit liegen höchst unterschiedliche Ansätze vor 39 . Bedeutung hat vor allem der Gesichtspunkt der „Grundrechtsrelevanz" einer Entscheidung gewonnen. Danach sollen Regelungen, die sich maßgeblich auf Grundrechtspositionen auswirken, dem Parlament vorbehalten sein. Die Bemühungen, die Wesentlichkeitstheorie für die Praxis anwendbar zu machen, waren bisher jedoch nicht erfolgreich. 19 Abschließend sei ein weiterer Gedanke hervorgehoben. Wie weit man auch immer die Reichweite des Gesetzesvorbehaltes ziehen mag, die Verwaltung ist, auch wenn und soweit sie im sog. gesetzesfreien Raum agiert, keineswegs rechtlich ungebunden. Die nicht selten stillschweigend und zuweilen auch unreflektiert vollzogene Gleichung: „gesetzesfreie Verwaltung = rechtsfreie Verwaltung" ist schlicht falsch. Wie jede andere staatliche Instanz unterliegt die Verwaltung den Bindungen der Verfassung. Insoweit hat die Rechtsprechung namentlich unter Heranziehung des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Verwaltung Bindungen auferlegt, von denen man mit Recht sagen kann, daß ihnen gesetzesgleiche Wirkung zukommt40.

§6 Rechtsquelle und Rechtsnorm 1

Eine Skizze der Rechtsquellenlehre kann nicht eröffnet werden, ohne jene Begriffe zu erläutern, die immer wieder auftauchen: Rechtsquelle und Rechtsnorm. Dies ist um so notwendiger, als zahlreiche Kontroversen in der Rechtsquellenlehre ihren Grund ausschließlich in der mangelnden Klärung des begrifflichen Instrumentariums haben. Andererseits ist eine Beschränkung auf die herrschende

lichkeitstheorie, in: Festschrift für Faller, 1984, S. 120 ff.; zur verfassungsdogmatischen Bedeutung der Wesentlichkeitstheorie: E. W. Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Auflage, 1981, S. 391 ff.; von Arnim; zur „Wesentlichkeitstheorie" des Bundesverfassungsgerichts, DVB1. 1987, 1241 ff.; Ossenbiihl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1989, § 62 Rn. 41 ff. Kloepfer, Wesentlichkeitstheorie als Begründung oder Grenze des Gesetzesvorbehalts?, in: Hill (Hrsg.), Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, 1989, S. 187 ff. "»Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), StStR III, 1988, § 6 2 Rn. 32 ff.; Erichsen, VerwArch. 67 (1976), 93, 97 f.; Eberle, Gesetzesvorbehalt und Parlamentsvorbehalt, DÖV 1984, 485; BVerfGE 57, 295 (321); 58, 257 (268). - Der Parlamentsvorbehalt ist ein zum Delegationsverbot verdichteter Gesetzesvorbehalt (Erichsen (Fn. 33), S. 113). 39 Vgl. Kisker, Neue Aspekte im Streit um den Vorbehalt des Gesetzes, NJW 1977, 1313; Ossenbühl, in: Festschrift für F. W. Bosch, 1976, S. 751, 759 ff. 40 Dazu unten § 7 Rn. 46 ff. 110

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 6 I

Position geboten, obgleich, wie es in einer Spezialuntersuchung heißt, „die Unklarheiten hinsichtlich des Gesetzesbegriffs noch übertroffen (werden) durch diejenigen, die den Begriff der Rechtsquelle verdunkeln"1.

I. Der Begriff der Rechtsquelle2 Was man sich unter dem „sympathischen Bild der Quelle" 3 in Verbindung mit dem Recht alles vorstellen kann, ist vielfach beschrieben worden. Insoweit ist eine Reihe von „Quellen-Kategorien" aufgestellt worden4. Von diesen seien die wichtigsten genannt. 1. Recbtserzeugungsquellen, die Vorstellung und Verhalten der Menschen und damit das Recht bestimmen. Sie sind praktisch kaum abzugrenzen, weil sie von der Religion über das Klima eines Landes bis zu den Produktionsverhältnissen reichen. 2. Rechtswertungsquellen, welche die Maßstäbe für die Rechtsordnung angeben (z. B. Gerechtigkeit, Gleichheit, Rechtssicherheit, Vernunft). 3. Rechtserkenntnisquellen als Rechtsquellen im engeren Sinne, denen das geltende Recht unmittelbar entnommen werden kann (z. B. Gesetze, Verordnungen, Satzungen usw.). Solche Systematisierungen sind gewiß wertvoll, weil sie den Prozeß der Rechtserzeugung im Schnittpunkt zahlreicher Disziplinen (Soziologie, Theologie, Völkerkunde, Philosophie usw.) sehen. Für eine Betrachtung der Rechtsquellenlehre unter dem speziellen Aspekt der Rechtstheorie sind sie nur bedingt verwendbar. Für die juristisch-technische, rechtstheoretische Fragestellung ist immer noch die im Jahre 1929 von Alf Ross5 aufgestellte Definition maßgeblich, nach der die Rechtsquelle bestimmt wird als „Erkenntnisgrund für etwas als Recht"6. In diesem Sinne sind als Rechtsquellen alle Handlungsanweisungen und Maßstäbe

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Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, 1971, S. 49. Literatur: Ross, Theorie der Rechtsquellen, 1929; Liver, Der Begriff der Rechtsquelle, in: Rechtsquellenprobleme im Schweizerischen Recht, 1955, S. 1 ff.; Meyer-Cording (Fn. 1) S. 49 ff.; Theodor Bühler, Rechtserzeugung, Rechtserfragung, Legitimität der Rechtsquellen, 1985; Wolff/Bachof, VwR I, § 24. Meyer-Cording (Fn. 1) S. 50. Vgl. Ross (Fn. 2) S. 290 ff.; Liver (Fn. 2) S. 3 ff.; Meyer-Cording (Fn. 1) S. 50 ff.; Paul Kirchhof, Rechtsquellen und Grundgesetz, in: Festgabe BVerfG II, 1976, S. 50 ff. (Fn. 2) S. 291 f. Vgl. W. Jellinek, VwR, S. 117; Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, 3. Aufl. 1974, S. 134 ff.; Adomeit, Rechtsquellenfragen im Arbeitsrecht, 1969, S. 78 f.; Kruse, Das Richterrecht als Rechtsquelle des innerstaatlichen Rechts, 1971, S. 1; Wolff/Bachof, VwR I, § 24 I und Liver (Fn. 2) S. 12 (die letzteren mit dem Zusatz: „Erkenntnisgrund für etwas als positives Recht").

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§ 6 II 1

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zu verstehen, die Verhaltensmuster vorschreiben, Ziele und Mittel des Verwaltungshandelns festlegen und die rechtliche Entscheidung von Konflikten bestimmen, gleichgültig in welcher äußeren Form sie auftreten. II. Der Begriff der Rechtsnorm7 7

Richard Thoma8 schrieb im Jahre 1916, daß der Begriff des Rechtssatzes (der Rechtsnorm) mehrdeutig sei und deshalb „unsere bedeutendsten Staatsrechtslehrer in unfruchtbare Streitigkeiten verwickelt" habe. Diese Feststellung gilt mit geringen Abstrichen auch heute noch. Die verschiedenen Rechtssatzdefinitionen aufzuführen, die in den letzten hundert Jahren geprägt worden sind, ist hier unmöglich9. Wichtig erscheint es jedoch zu wissen, daß gegenwärtig vielfach noch Rechtssatzbegriffe verwendet werden, die entweder historisch überholt oder unter einem dogmatisch verengten Blickwinkel gebildet worden sind, aber gleichwohl als allgemeingültige Definitionen ausgegeben werden. Dieser Umstand hat, wie noch zu zeigen sein wird, auch den Blick für die Quellen des Verwaltungsrechts erheblich verkürzt. 1. Der historisch-konventionelle

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Rechtssatzbegriff

Die Überlegungen zum Gesetzesvorbehalt haben bereits gezeigt, in welcher Weise der Gesetzesbegriff an einer bestimmten historischen Situation und Verfassungsstruktur orientiert war. Die Gleichsetzung von Gesetz und Recht und die damit einhergehende Definition des Rechtssatzbegriffs als einer Regelung, die Freiheit und Eigentum der Bürger berührt oder darin eingreift10, ließ von vornherein weite Bezirke außerhalb der so verstandenen Rechtsordnung. Dazu gehörten sowohl der sog. Innenbereich des Staates, namentlich die innere Organisation und das Funktionieren der Verwaltung, als auch die staatlichen Anstalten, die dem Bürger, anstatt Eingriffe zuzufügen, Leistungen darboten. Diese Bereiche waren der Notwendigkeit einer Regelung durch Rechtssätze entzogen und der Handlungsfreiheit der Verwaltung überlassen. Zum selben Ergebnis kam jene für die spätkonstitutionelle Staatsrechtslehre maßgebliche Auffassung, nach der das wesentliche Merkmal für den Rechtssatz7

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Literatur: Meyer-Cording (Fn. 1) S. 17 ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 154ff.; Jesch, Gesetz und Verwaltung, 2. unveränd. Aufl. 1968, S. 9 ff.; E. W. Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Aufl. 1981; Roellecke, Der Begriff des positiven Gesetzes und das Grundgesetz, 1969; Achterberg, DÖV 1973, 289; Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, 1970. In: Festgabe für Otto Mayer, 1916, S. 176. Vgl. dazu Böckenförde (Fn. 7). Namentlich Anschütz, Kritische Studien zur Lehre von Rechtssatz und formeller Gesetze, 2. Auflage, 1913, S. 68, 97, 163 und passim.

§6

Die Quellen des Verwaltungsrechts

112

begriff in der Schrankenziehung zwischen selbständigen Willenssphären bzw. Rechtssubjekten gesehen wurde11. Auch der Staat wurde ebenso wie jeder andere Hoheitsträger als impermeables Rechtssubjekt begriffen, dessen innere Vorgänge als „Verwaltungsinterna" sich außerhalb der Rechtsordnung bewegten. Die „innere Ordnung" des Staates stellte keine Schrankenziehung zwischen selbständigen Rechtssubjekten dar und blieb deshalb per definitionem außerhalb des Rechts. Die historisch-konventionelle Verengung des damit verbundenen Rechtssatzbegriffs und die auf Laband12 zurückgehende zivilistische Denkweise (Schrankenziehungsformel) sind längst erkannt worden. Trotz dieser Erkenntnis sind bis heute jedoch die notwendigen Folgerungen — auch für die Rechtsquellenlehre — nicht gezogen worden.

2. Der rechtstheoretische

Rechtssatzbegriff

Eine zeitgemäße Rechtsquellenlehre kann nicht mit einem Rechtssatzbegriff 9 operieren, der der Verfassungsdogmatik des 19. Jahrhunderts zugeordnet ist. Andererseits ist nicht viel gewonnen, wenn man den historisch-konventionellen Rechtssatzbegriff kurzerhand durch einen rechtstheoretischen Rechtssatzbegriff ersetzt und Rechtssatz beispielsweise definiert als Satz, welcher dazu bestimmt ist, „an einen vorausgesetzten Tatbestand subjektive Rechte und Pflichten zu begründen oder mit einem gewissen Tatbestand gewisse Rechte und Pflichten zu verknüpfen" 13 . Freilich würde auf diese Weise erreicht, daß die bislang aus dem Verwaltungsrecht oder doch der Rechtsquellenlehre verdrängten Regelungsphänomene wie etwa die Verwaltungsvorschriften und Sonderverordnungen nicht mehr bedenkenlos als Nicht-Recht abgestempelt werden könnten. Indessen liegt das Problem anderswo. Die aktuellen Fragen der Rechtsquellenlehre können nicht dadurch gelöst werden, daß man einen neuen Rechtssatzbegriff aufstellt. Denn die Problematik liegt keineswegs in der Definition des RechtsRechtssatzes, sondern vielmehr in der Heterogenität der vorhandenen sätze14. Kurz gesagt: Rechtssatz ist nicht gleich Rechtssatz. Denn schon die herkömmlich als solche anerkannten Rechtssätze weisen etwa nach dem Rang im Rechtsquellensystem, ihren Erzeugungsbedingungen, Adressaten, Verletzungsfolgen usw. erhebliche Unterschiede auf.

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Namentlich Laband und G. Jellinek; inzwischen dazu Böckenförde (Fn. 7) S. 233 ff., 257 ff., 272 ff. Vgl. dazu Böckenförde (Fn. 7) S. 226 ff. So schon Haenel, Das Gesetz im formellen und materiellen Sinne, 1888, S. 122; ferner Engisch, Einführung in das juristische Denken, 8. Aufl. 1983, S. 20; Radbruch, Rechtsphilosophie, 8. Aufl. 1973, S. 125. Näheres bei Ossenbühl (Fn. 7) S. 159. 113

§ 6 III, § 7

Fritz Ossenbühl

III. Aufgabe der Rechtsquellenlehre 10

Aus dieser Erkenntnis folgt unmittelbar die Aufgabe der Rechtsquellenlehre. Es gibt weder eine Emfce/isrechtsquelle noch einen Einheitsrechtssati. Vielmehr haben die Rechtssätze unterschiedliche Eigenschaften. Diese Eigenschaften (Erzeugungsmodus, Geltungsbereich, Kontrolle, Rang im Rechtsquellensystem, Verletzungsfolgen etc.) sind in vielfacher Weise abgestuft und kombiniert und führen zu Klassifikationen der Rechtssätze, die von erheblicher rechtlicher Bedeutung sind. Welche Eigenschaften einem Rechtssatz zukommen, ist namentlich der Verfassung zu entnehmen. Aufgabe der Rechtsquellenlehre ist es deshalb, die verschiedenen Rechtssätze und Rechtsquellen anhand ihrer Eigenschaften zu beschreiben, zu erklären und in einen systematischen Zusammenhang zu bringen.

§7 Arten der Rechtsquellen 1

Verschiedene Arten von Rechtsquellen sind nur dort denkbar, wo die Rechtsetzungsmacht nicht bei einer Instanz monopolisiert ist, sondern mehrere Normgeber in sachgegenständlich, personal oder territorial unterschiedlichen Bereichen Rechtsetzungsgewalt ausüben. Die Vielzahl der Rechtsquellen im Verwaltungsrecht, ihre Abstufung nach Inhalt, Wirkungsgrad und Form, ist deshalb Konsequenz und Spiegelbild der Verfassungsstruktur; sie hat ihre Ursache namentlich in drei Besonderheiten der deutschen Verfassungsentwicklung: 1. In der Differenzierung der Staatsgewalt, die sich in Deutschland mit der Verfassungsbewegung im 19. Jahrhundert als Ergebnis des gewaltenteilenden Rechtsstaates eingestellt hat. 2. In der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik, in der neben dem Bund die Länder als selbständige Staaten mit eigener Gesetzgebungsgewalt existieren. 3. In der rechtlichen Verselbständigung gewachsener oder geschaffener Lebensbereiche mit eigener gegenständlich, personell und territorial beschränkter Rechtsetzungsbefugnis (z. B. Autonomie der Gemeinden, Universitäten, Rundfunkanstalten, Sozialversicherungsträger). Für alle vorgenannten Instanzen und Lebensbereiche ist die Rechtserzeugung in Verfassungen und Gesetzen im einzelnen geregelt. Neben den auf diese Weise organisierten Rechtsquellen steht das nichtorganisierte, gewachsene Recht (Gewohnheitsrecht). Nach der Herkunft des Rechts und der Qualität des Normsetzers wird dementsprechend in der herkömmlichen Rechtsquellenlehre unterschieden zwischen dem geschriebenen (kodifizierten, gesetzten, positiven) Recht und dem ungeschriebenen Recht (Gewohnheitsrecht, Observanzen); ferner zwischen staat114

Die Quellen des Verwaltungsrechts

lichem und autonomem Recht. Das staatliche Recht teilt sich infolge der föderalistischen Struktur und der Gewaltenteilung wiederum auf in Bundesrecht und Landesrecht sowie in originäres und abgeleitetes Recht, je nachdem, ob dem Normsetzer (wie etwa dem Bundestag) eine eigene verfassungsverbürgte Rechtsetzungsgewalt zukommt oder ob er (wie die Bundesregierung oder einzelne Minister) nur aufgrund einer durch ein parlamentsbeschlossenes Gesetz erteilten Ermächtigung (Delegation) Normen schaffen darf. Die folgende Einzelbetrachtung geht von der üblichen Einteilung der Rechtsquellen nach der normsetzenden Instanz aus.

I. Verfassungsgesetze1 Wo das Verhältnis von Verfassung und Verwaltung zur Sprache kommt, gehört 2 es zum üblichen Ritual, zwei einander entgegengesetzte Zitate anzuführen, die sich inzwischen zu geflügelten Worten des Verwaltungsrechts entwickelt haben. Das erste Wort stammt von Otto Mayer, der gegen Ende des vorigen Jahrhunderts das Verwaltungsrecht als eigenständige Disziplin begründet hat. Im Vorwort seines 1924 in 3. Auflage erschienenen „Deutschen Verwaltungsrechts" heißt es: „Groß Neues ist ja seit 1914 und 1917 (den beiden Vorauflagen, die noch vor der Gründung der Weimarer Demokratie in der Zeit der konstitutionellen Monarchie erschienen waren) nicht nachzutragen. Verfassungsrecht vergeht, Verwaltungsrecht besteht."2 - In diesem meist mißverstandenen Satz 3 kommt eine gewisse Indolenz oder doch Beharrungskraft des Verwaltungsrechts gegenüber sich wandelnden Verfassungsstrukturen zum Ausdruck. Eine solche Resistenz des deutschen Verwaltungsrechts gegenüber verändertem Verfassungsrecht war bis weit nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes zu beobachten, ist aber heute eher einer die Verfassungsabhängigkeit des Verwaltungsrechts überbetonenden und übertreibenden Haltung gewichen. Das Wort von Fritz Werner4, der das „Verwaltungsrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht" apostrophiert hat, ist viel zitiert worden und hat die Neigung des unmittelbaren Zugriffs auf die Verfassung im Prozeß der Rechtsanwendung verstärkt 5 . Die Verfassung wird nun nicht mehr nur als geistiger Überbau der (einfachen) Gesetze betrachtet, sondern wirkt unmittelbar in die tägliche Arbeit des Rechtsanwenders hinein.

' Zur Bedeutung der Verfassung als Rechtsquelle der Verwaltung: Z. Giacometti, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, 1. Bd., 1960, S. 141 ff.; Rainer Wahl, Der Vorrang der Verfassung, Der Staat 20 (1981), 485 ff.; ders., Der Vorrang der Verfassung und die Selbständigkeit des Gesetzesrechts, NVwZ 1984, 401 ff. 2 Otto Mayer, Dt. VwR, 3. Auflage, 1924, Bd. 1, S. VI. 3 Klärend: Bachof, VVDStRL 30 (1972), 193, 204. 4 DVB1. 1959, 527. 5 So auch die Beurteilung von Bachof (Fn. 3) 193 ff., 195. 115

Fritz Ossenbühl

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Der übliche Weg ist freilich der, daß verfassungsrechtliche Wertentscheidungen und Grundprinzipien in erster Linie in Form des Gesetzes durch den Gesetzgeber selbst konkretisiert, ausgeprägt und dadurch in anwendbares Recht umgesetzt werden. Aber in vielen Fällen muß der Rechtsanwender seine Entscheidungsmaßstäbe auch selbst unmittelbar der Verfassung entnehmen. Das gilt namentlich für jenen Bereich, in dem einfache, die Verfassung konkretisierende Gesetze fehlen. Häufig wird der Rechtsanwender aber auch mit Gesetzen konfrontiert, die angesichts gewandelter Grundrechtsauffassungen heute anders interpretiert werden müssen als früher. Ein einleuchtendes und in den vergangenen Jahren aktuelles Beispiel hierfür bildet etwa die Rechtsprechung und Lehre zur Versammlungsfreiheit und zur politischen Werbung im öffentlichen Verkehrsraum 6 . - Größte Bedeutung, insbesondere auch im Rahmen der Rechtsquellenlehre, kommt ferner dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu. Auf dem Boden dieses Verfassungsartikels ist praktisch ein neues eigengeartetes Administrativrecht entwickelt worden 7 . Grundlegend sind auch andere, nicht ausdrücklich als solche formulierte, aber anerkannte und mit Verfassungsrang ausgestattete Prinzipien, die das Verwaltungshandeln in der täglichen Arbeit des Beamten und Richters bestimmen. Hervorzuheben ist namentlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 8 . Schließlich hat die Verfassung unmittelbare Bedeutung für die Verwaltungsorganisation 9 . Hingewiesen sei insbesondere auf die Art. 83 ff. und Art. 28 des Grundgesetzes. II. Gesetze

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1. Der Begriff des Gesetzes ist mehrdeutig. Kennzeichnend für die deutsche Staats- und Verwaltungsrechtslehre ist der bis heute verwendete dualistische Gesetzesbegriff10. Er geht zurück auf einen der maßgebenden Staatsrechtslehrer des 19. Jahrhunderts: Paul Laband11. Der von Laband gemeinte Doppelsinn des Vgl. Ossenbühl, Versammlungsfreiheit und Spontandemonstration, Der Staat 10 (1971), 53; Martin Stock, Straßenkommunikation als Gemeingebrauch, 1979; Steinberg/Herbert, Grenzen politischer Meinungsäußerung auf der Straße, JuS 1980, 108; BVerwGE 56, 24 ff. und 63 ff. 7 Dazu unten Rn. 49 f. 8 Vgl. Wittig, DÖV 1968, 817; Gentz, NJW 1968, 1600; Grabitz, AöR 98 (1973), 568 ff.; Lothar Hirschberg, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1981; Michael Ch. Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, DVB1. 1985, 97; Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, 1989. ' Dazu unten Siebter Abschnitt. 10 Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Aufl. 1981; H. W. Kopp, Inhalt und Form der Gesetze, 2 Bände, 1958; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 54 ff.; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 560 ff. 11 Das Budgetrecht nach den Bestimmungen der Preußischen Verfassungsurkjinde unter Berücksichtigung der Verfassung des Norddeutschen Bundes, Berlin 1871. 6

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Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 7 II

Gesetzesbegriffs knüpft an den Inhalt und an die Form des Gesetzes an. Inhaltlich, materiell gesehen, ist Gesetz jeder Rechtssatz. Gesetz, Rechtssatz, Rechtsnorm sind danach synonyme Begriffe für abstrakt-generelle Anordnungen (Imperative), die menschliches Verhalten regeln. — Der formelle (förmliche) Gesetzesbegriff knüpft dagegen nicht an den Norminhalt, sondern an das Zustandekommen des Gesetzes an. Gesetz im formellen Sinne ist danach jeder im verfassungsmäßig vorgesehenen (förmlichen) Gesetzgebungsverfahren zustande gekommene Willensakt der Gesetzgebungsorgane ohne Rücksicht auf den Inhalt 12 . „Gesetz im materiellen Sinne und Gesetz im formellen Sinne verhalten sich daher zueinander nicht wie Gattung und Art, wie ein weiterer und ihm untergeordneter engerer Begriff, sondern es sind zwei durchaus verschiedene Begriffe, von denen jeder durch ein anderes Merkmal bestimmt wird, der eine durch den Inhalt, der andere durch die Form einer Willenserklärung" 13 . Nach einem Bild von Albert Haenel14 sind beide Gesetzesbegriffe zwei sich teilweise deckenden, einander schneidenden Kreisen vergleichbar: was dem Bereich des einen angehört, kann, muß aber nicht, auch in den des anderen fallen. Gesetze können zugleich formellen und materiellen Charakter tragen (Regelfall bei parlamentsbeschlossenen Bundes- und Landesgesetzen) oder solche im nur formellen (z. B. denkbar bei Zustimmungsgesetzen nach Art. 59 Abs. 2 GG) oder nur materiellen Sinne sein (z.B. Rechtsverordnungen, Satzungen, Gewohnheitsrecht). Die Entgegensetzung von „materiellem" und „formellem" Gesetz hatte zu 5 Labands Zeiten eine konkrete politisch-staatsrechtliche Funktion 15 . Der materielle Gesetzesbegriff war nichts anderes als die juristische Übersetzung „jenes eigentümlichen Spannungsverhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft, für das der konstitutionelle Staat des monarchischen Prinzips' das getreue juristische Abbild war" 1 6 . „Inhalt und Umfang des Gesetzesbegriffs bezeichneten (daher) das Maß, in dem die Gesellschaft sich den Staat erobert hatte und ihn dirigieren konnte" 17 . Die Verstrickung des dualistischen Gesetzesbegriffs in eine bestimmte politische Zeitsituation und sein historisch-konventioneller Charakter sind längst erkannt 18 . Namentlich das Haushaltsgesetz, für Laband das thema probandum (Budget- 6 recht!) und Prototyp eines förmlichen Gesetzes, wird heute in einem anderen 12 13 14 15

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Wolff/Bacbof, VwR I, § 24 He; BVerfGE 18, 389, 391. Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. II, 5. Auflage, 1911, S. 63. Studien zum Deutschen Staatsrechte, II. Bd., 1888, S. 110. Vgl. namentlich Böckenförde (Fn. 10) S. 226 ff.; H. W. Kopp, Inhalt und Form der Gesetze, 1958, Bd. I, S. 32 ff.; Jesch, Gesetz und Verwaltung, 2. unveränd. Aufl. 1968, S. 12 ff., 15 ff. Jesch (Fn. 15) S. 20. Böckenförde (Fn. 10) S. 131. Vgl. außer den vorgenannten Autoren: Forsthoff, VwR, S. 133; Wolff/Bachof, VwR I, § 24 II c); Bachof, Rspr. BVerwG I, S. 246; Ossenbühl (Fn. 10) S. 54ff.; Ernst-Wolfgang Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 61 ff.; Bökkenförde/Grawert, AöR 95 (1970), 1, 6 ff. 117

§ 7 II

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Licht gesehen19. Kompetenzscheidende Kraft und Bedeutung kommt dem Gesetzesbegriff gegenwärtig nicht mehr zu. Das Parlament kann nicht unter Berufung auf den konkret-individuellen Gehalt einer Maßnahme oder Willenserklärung von deren Regelung durch (förmliches) Gesetz abgehalten werden. Demgemäß hat auch die Rechtsprechung20 sog. Individual- und Maßnahmegesetze, die sich trotz ihrer abstrakten Formulierung nur auf eine einzelne bestimmte Maßnahme oder bestimmte Personen beziehen21, für verfassungsrechtlich zulässig und den Begriff des Maßnahmegesetzes für „verfassungsrechtlich irrelevant" erklärt 22 . Deshalb stellt sich die Frage, ob uns der dualistische Gesetzesbegriff heute noch etwas bieten kann oder in die Rumpelkammer des konstitutionellen Staatsrechts gehört. Hierauf ist zu antworten, daß der doppelte Gesetzesbegriff durch die Veränderung der Verfassungsstruktur seine politisch-staatsrechtliche Brisanz verloren hat, aber gleichwohl noch in der gegenwärtigen Begriffswelt eine Verständigungsfunktion erfüllen kann und auch vom Gesetzgeber selbst zuweilen in diesem Sinne benutzt wird (z. B. Art. 104 Abs. 1 GG). Taucht in einem Gesetz oder in der Verfassung der Begriff „Gesetz" auf, bedarf es häufig der Präzisierung, ob nur das förmliche oder jedes materielle Gesetz gemeint ist 23 . Freilich ist dies eine Aufgabe, für die der dualistische Gesetzesbegriff als solcher keine (Auslegungs-)Hilfe zu bieten vermag. 7 2. Die gegenwärtige Problematik der (förmlichen) Gesetze liegt nicht in ihrem Charakter als Rechtsquelle, sondern vielmehr in der Frage, ob sich das überkommene, verfassungsrechtlich vorgesehene Gesetzgebungsverfahren und damit das Gesetz als geeignet erweist, um die gegenwärtigen Aufgaben der staatlichen Daseinsfürsorge und -Vorsorge zu bewältigen, oder ob die tradierten Rechtsund Entscheidungsformen des liberalen Rechtsstaates den sozialstaatlichen Anforderungen inadäquat sind und durch flexiblere Rechtsetzungsformen ergänzt werden müssen24. Sichtbaren Ausdruck findet diese Problematik in der vielbe19

20 21 22 23

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Vgl. BVerfGE 20, 56, 89 ff. unter ausdrücklicher Ablehnung der Auffassung von Laband; Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz, 1976. BVerfGE 4, 7, 8 f.; 10, 89, 108; 15, 126, 146 f.; 24, 33, 52; 25, 371, 396; 36, 383, 400. Dazu Meessen, DÖV 1970, 314 ff. BVerfGE 25, 371, 396; 36, 383, 400. Z. B. Art. 2 Abs. 2 GG (Gesetz = förmliches Gesetz); Art. 3 Abs. 1 GG (Gesetz = materielles Gesetz); Art. 100 Abs. 1 GG (Gesetz = förmliches (nachkonstitutionelles) Gesetz); BVerfGE 1, 18 ff.; 124ff.; kritisch: Stern, Bonner Kommentar Art. 100, Zweitbearbeitung (1967), Rdnr. 59 ff.; den., Staatsrecht II, 1980, S. 567. - „Gesetz" im Sinne des Art. 20 III, 97 I GG sind die Verfassungen des Bundes und der Länder, förmliche Gesetze, Rechtsverordnungen, autonome Satzungen und Gewohnheitsrecht {BVerfGE 78, 214, 227). Vgl. Ossenbühl, Aktuelle Probleme der Gewaltenteilung, DÖV 1980, 545, 551; Herzog, Verwaltung und Verwaltungsrecht in der freiheitlichen Industriegesellschaft, 1970, S. 12; aufschlußreich und lehrreich in diesem Zusammenhang die Typologie von „Leistungsgesetzen" bei Häberle, in: Festschrift für G. Küchenhoff, 1972, S. 453 ff., 456; Eichenberger/Novak/Kloepfer, Gesetzgebung im Rechtsstaat, VVDStRL 40 (1982), S. 7ff.; Leis-

Die Quellen des Verwaltungsrechts

klagten Hypertrophie der Gesetze und der — schon durch den Ausdruck selbst hinreichend charakterisierten - Gesetzgebungsmaschine, die auf Bundesebene alle drei Tage ein Gesetz produziert 25 und maßgeblich zu der oft beschworenen „Informationskrise des Rechts" 2 6 beiträgt. Mit diesem Befund wird der Anfänger namentlich im Verwaltungsrecht konfrontiert, weit mehr als im Zivil- oder Strafrecht. Niemand kann alle Gesetze — auch nur dem Namen nach — kennen. Für den Neuling im Verwaltungsrecht ebenso wie für den Praktiker kommt es deshalb darauf an, erstens die für die jeweilige Entscheidung einschlägige Rechtsnorm aufzufinden und zweitens das gefundene Gesetz sachgemäß zu erfassen, d. h. seinen Sinn und Zweck zu ermitteln, es auszulegen und in seinen oft vagen und mehrdeutigen Formulierungen die Kategorien und Denkfiguren des allgemeinen Verwaltungsrechts (z.B. unbestimmter Gesetzesbegriff, Verwaltungsermessen, Erlaubnis, Dispens usw.) wiederzufinden. Der Griff zum einschlägigen Gesetz setzt eine genaue Kenntnis der Vorschriften 8 des Grundgesetzes über die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen voraus (Art. 70 ff., 105 GG). Aus ihnen ergibt sich, ob eine bestimmte Regelungsmaterie durch Bundes- oder/und Landesrecht geordnet werden kann. Die wichtigsten Gesetze, Verordnungen und Satzungen des Bundes und der Länder sind in verschiedenen Textsammlungen systematisch zusammengefaßt. Bundesrecht: Sartorius 1, Verfassungs- und Verwaltungsgesetze der Bundesrepublik. Loseblattsammlung; die Sammlung ist nicht vollständig, sie klammert wichtige Sondermaterien, wie z. B. Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht aus, für die besondere Textsammlungen bestehen. Besonderheiten ergeben sich für das Gebiet der neu hinzu gekommenen fünf Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen. Die Rechtsangleichung für diese Länder ist Gegenstand

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ner, „Gesetz wird U n s i n n . . . " , DVB1. 1981, 849ff.; Degenhart, Gesetzgebung im Rechtsstaat, DÖV 1981, 477 ff. Vgl. die Nachweise für die ersten vier Legislaturperioden bei Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 334, 436 f.; zuletzt Ziller, Bundesgesetzgebung 1949 bis 1986. 10 Legislaturperioden im Spiegel der Zahlen. Bulletin v. 10. 3. 1987 (Nr. 23), S. 181 ff.; Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages, 1 9 4 9 - 1 9 8 2 , 3. Aufl. 1984, S. 679ff., 1 9 8 0 - 1 9 8 4 , 1986, S. 632 ff.; ferner: Hans-Jochen Vogel, Zur Diskussion um die Normenflut, J Z 1979, 321; Starck, Übermaß an Rechtsstaat, Z R P 1979, 209; Maassen, Die Freiheit des Bürgers in einer Zeit ausufernder Gesetzgebung, N J W 1979, 1473; Klaus Lange, Eindämmung der „Vorschriftenflut" im Verwaltungsrecht?, DVB1. 1979, 533. So die gleichnamige Schrift von Spiros Datenverarbeitung, 1970.

Simitis, Informationskrise des Rechts und

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des Einigungsvertrages263. Nach Art. 8 des Einigungsvertrages ist in dem Gebiet der genannten Bundesländer mit dem Wirksamwerden des Beitritts das Bundesrecht in Kraft getreten, soweit durch den Vertrag, insbesondere dessen Anlage I, nichts anderes bestimmt ist. Die Anlage I enthält auf mehreren hundert Seiten eine Aufzählung der Vorschriften, die nicht oder in modifizierter Form übergeleitet worden sind. Das fortgeltende Recht der früheren DDR ist in Anlage II aufgeführt. Soweit es Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes betrifft, gilt es als Bundesrecht fort. Soweit es Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung oder der Rahmengesetzgebung betrifft, gilt es als Bundesrecht fort, wenn und soweit es sich auf Sachgebiete bezieht, die im übrigen Bundesgebiet bundesrechtlich geregelt sind. DDR-Recht gilt nur insoweit fort, als es mit dem Grundgesetz sowie mit dem unmittelbar geltenden Recht der Europäischen Gemeinschaften vereinbar ist. Landesrecht: Baden-Württemberg: Günter Dürig, Gesetze des Landes Baden-Württemberg, Loseblattsammlung; Harald Fliegauf, Verfassungs- und Verwaltungsgesetze in Baden-Württemberg. Bayern: Georg Ziegler/Paul ern, Loseblattsammlung. Berlin: Kuhle/Steuerwald,

Tremel, Verwaltungsgesetze des Freistaates BayBerliner Gesetze, Loseblattsammlung.

Hamburg: Grapengeter/Becker/Mascheck, Hamburgisches Landesrecht, Loseblattsammlung; Hans Peter Ipsen, Hamburgisches Staats- und Verwaltungsrecht. Hessen: Eberhard Fuhr/Erich Pfeil, Hessische Verfassungs- und Verwaltungsgesetze, Loseblattsammlung; Hubert Görg/Klaus Müller, Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Landes Hessen, Loseblattsammlung. Niedersachsen: Gert März, Niedersächsische Gesetze, Loseblattsammlung; Werner Weber, Niedersächsisches Landesrecht, Loseblattsammlung. Nordrhein-Westfalen: Ernst v. Hippel/Helmut Rehborn, Gesetze des Landes Nordrhein-Westfalen, Loseblattsammlung; Klaus Müller, Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Landes Nordrhein-Westfalen, Loseblattsammlung; Norbert Achterberg, Staats- und verwaltungsrechtliche Gesetze in Nordrhein-Westfalen. Rheinland-Pfalz: R. Rumetsch, Landesrecht in Rheinland-Pfalz, 3 Bände, Loseblattsammlung; Rudolf Stich, Die wichtigsten Landesgesetze von RheinlandPfalz, Loseblattsammlung. Schleswig-Holstein: W. Bausenhart/Guilleaume, Verfassungs- und Verwaltungsrecht in Schleswig-Holstein, 2 Bände, Loseblattsammlung. 26a

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BGBl. 1990 II S. 885.

Die Quellen des Verwaltungsrechts

Saarland: Sammlung des bereinigten saarländischen Landesrechts, hrsg. von der Regierung des Saarlandes, 3 Bände, Loseblattsammlung; Klaus Hümmerich/ Reinhold Kopp, Saarländische Gesetze, Loseblattsammlung. Gesetzessammlungen der neu hinzugekommenen Länder Brandenburg, Mek- 9 klenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dürften sich in Vorbereitung befinden. Fortbestehendes Recht der früheren DDR gilt als Landesrecht in diesen Ländern fort, soweit es sich auf Gegenstände der ausschließlichen Landesgesetzgebung bezieht oder solche Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung betrifft, die im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht bundesrechtlich geregelt sind. 3. Die Krise des (förmlichen) Gesetzes und des Gesetzgebungsverfahrens hat ihre Ursache darin, daß das Gesetz nicht nur „bleibender Ausdruck sozialethischer und rechtlicher Bewertung menschlicher Handlungen", sondern im modernen Industrie- und Sozialstaat insbesondere auch „Instrument zur Steuerung gesellschaftlicher Prozesse" ist 26b . Namentlich die zunehmende Technisierung wirft grundsätzliche Regelungsprobleme auf 2 6 c , die sich vor allem im technischen Sicherheitsrecht zeigen. Regeln und Maßstäbe für die rechtliche Beurteilung technischer Anlagen (z. B. Kraftwerke) sind hier nicht in parlamentsbeschlossenen Gesetzen festgelegt, sondern werden vielmehr durch Expertengremien vorgeformt 2 6 d . Das Problem besteht hier darin, die politische Entscheidungsverantwortung auch im technischen Bereich zur Geltung zu bringen. 4. In der gegenwärtig besonders sichtbar werdenden Krise der Gesetzgebung 1 0 (Stichworte: Vorbehalt des Gesetzes, Gesetzeshypertrophie, Recht und Technik) gewinnt eine Wissenschaftsdisziplin zunehmend an Beachtung, die allzu lange im Schatten der an der Rechtsanwendung orientierten Dogmatik gestanden hat: die Gesetzgebungslehre26c. Sie befaßt sich nicht nur mit den herkömmlichen BVerfGE 39, 1, 59. BVerfGE 49, 89 (betr. § 7 II Nr. 3 Atomgesetz); grundsätzlich Hans Huber, Das Recht im technischen Zeitalter, in: ders., Rechtstheorie, Verfassungsrecht, Völkerrecht, 1971, S. 57; ferner: Backberms, Recht und Technik, JuS 1980, 9; Ossenbübl, Die Bewertung technischer Risiken bei der Rechtsetzung, D Ö V 1982, 833 ff. 26d Vgl. Näheres bei Peter Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979; Andreas Rittstieg, Die Konkretisierung technischer Standards im Anlagenrecht, 1982. M c Vgl. z. B. Peter Noll, Gesetzgebungslehre, 1973; Kurt Eicbenberger u. a., Grundfragen der Rechtssetzung, 1978; Georg Müller, Inhalt und Formen der Rechtssetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, 1979; Kindermann (Hrsg.), Studien zu einer Theorie der Gesetzgebung, 1982; Hans Schneider, Gesetzgebung, 1982; Hermann Hill, Einführung in die Gesetzgebungslehre, 1982; Achterberg, Gesetzgebung als Wissenschaftsdisziplin, D Ö V 1982, 976 ff.; Dieter Wyduckel, Gesetzgebungslehre und Gesetzgebungstechnik. Aktueller Stand und künftige Entwicklungstendenzen, DVB1. 1982, 1175 ff.; Reinhold Hotz, Methodische Rechtsetzung, 1983; Stolzlechner, Rationalisierung der Gesetzgebung, DÖV 1983, 25; Heinz Scbäffer/Otto Triffterer (Hrsg.), Rationalisierung der Gesetzgebung, 1984; Thaysen, Gesetzgebungslehren, ZParl. 1984,

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Problemen der Rechtsquellenlehre, sondern auch mit der Gesetzgebungstechnik, der Funktionenlehre, außerrechtlichen Einflüssen im Normsetzungsverfahren und anderen Fragen. Die Gesetzgebungslehre vermag nicht nur dem Studierenden eine vertiefte und erweiterte Sicht der Normsetzung zu vermitteln, sie ist auch imstande, der Gesetzgebungspraxis Hilfen zu geben. 11 5. Eine besondere Schwierigkeit des Verwaltungsrechts besteht darin, daß die Grundsätze und Institutionen des allgemeinen Verwaltungsrechts nicht zusammenfassend kodifiziert sind. Die Ursache hierfür ist namentlich die, daß das Verwaltungsrecht noch ein recht junges Gebiet darstellt, dessen kaum begonnene Tradition überdies durch das Inkrafttreten des Grundgesetzes in weiten Partien unterbrochen worden ist 27 . Die Entwicklung des Verwaltungsrechts unter der Geltung des Grundgesetzes ist deshalb besonders stark im Fluß. Über die Kodifikationsreife des allgemeinen Verwaltungsrechts ist viel gestritten worden 28 . Gleichwohl hat es nicht an Anläufen gefehlt, die auf eine Kodifizierung des allgemeinen Verwaltungsrechts abzielten25. Im Lande Schleswig-Holstein besteht seit 1967 ein Allgemeines Verwaltungsgesetz30. Nach langjährigen Beratungen31 und mehreren Anläufen im Gesetzgebungsverfahren32 ist im Jahre 1976 auch für den Bund ein Verwaltungsverfahrensgesetz erlassen worden 33 . Ihm sind in den wesentlichen Punkten gleichlautende Gesetze der Länder gefolgt 333 . Die Verwaltungsverfahrensgesetze sind, obwohl sie das allgemeine Verwaltungsrecht nur partiell erfassen, eine wichtige Grundlage zur Erfassung der Probleme des allgemeinen Verwaltungsrechts.

137 ff.; Werner Hugger, Gesetze — Ihre Vorbereitung, Abfassung und Prüfung, 1983; Norbert Achterberg, Die Bedeutung der Gesetzgebungslehre für die Entwicklung einer Allgemeinen Regelungstheorie, ZG 1986, 221 ff.; Hermann Hill, Einführung in die Gesetzgebungslehre, Jura 1986, 57 ff., 286ff. (jeweils mit zahlr. w. Nachw.); Schreckenberger, Gesetzgebungslehre, 1986. 27 Vgl. dazu die Bestandsaufnahmen von Bachof, Über Entwicklungstendenzen im gegenwärtigen Verwaltungsrecht, in: Staatsbürger und Staatsgewalt, 1963, S. 3 ff.; Zeidler, Der Staat 1 (1962), 321; Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, 1966; ders., DÖV 1968,446; ders., Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967; Friauf, Der Staat 9 (1970), 223. 28 Vgl. die Gutachten, Referate und Diskussionsbeiträge auf dem 43. Deutschen Juristentag 1960 in München, in: Verhandlungen des 43. DJT (1960); weitere Nachweise bei Ossenbühl, Die Rücknahme fehlerhafter begünstigender Verwaltungsakte, 2. Auflage 1965, S. 161 mit Fußnoten S. 157, 158. 25 Vgl. Brintzinger, DÖV 1968, 16. 3 0 LVwG Schleswig-Holstein vom 18. 4.1967, GVB1. SH, S. 131. 31 Vgl. Sendler, Zum Stand der Erörterungen über ein Verwaltungsverfahrensgesetz, AöR 94 (1969), 130 ff. 32 Vgl. BT-Drucks. 6/1173; 7/910; BR-Drucks. 269/70; 227/73. 33 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 25. Mai 1976 (Sartorius I Nr. 100). 33a Vgl. die Aufstellung bei Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Aufl. 1986, S. 42 ff., 574 f.

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Die Quellen des Verwaltungsrechts

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III 1

III. Rechtsverordnungen 3 4

1. Begriff und

Funktion

Vergegenwärtigt man sich Begriff und Funktion der Rechtsverordnungen, so 12 wird deutlich, daß sie als Rechtsquelle in der gegenwärtigen Form erst mit dem gewaltenteilenden Rechtsstaat auftauchen und aus noch näher zu erläuternden Gründen seit dem Ersten Weltkrieg in der Rechtsetzungspraxis eine ständig zunehmende Bedeutung gewinnen. — Nach dem Schema der Gewaltengliederung steht die Rechtsetzungsgewalt prinzipiell allein dem Gesetzgeber (Parlament, ggf. zweite Kammer) zu. Aus mancherlei Gründen (z. B. Langwierigkeit des Gesetzgebungsverfahrens; entscheidungsarmer, bloß technischer oder kurzfristiger Gehalt bestimmter Regelungen) bedarf der Gesetzgeber der Entlastung. Deshalb eröffnen die Verfassungen ihm den Weg der partiellen Übertragung von Rechtsetzungsgewalt auf die Exekutive, die diese ihr zustehende Gesetzgebungsbefugnis durch den Erlaß von Rechtsverordnungen betätigt. Rechtsverordnungen sind damit als abgeleitete Rechtsquellen Ausdruck einer delegierten Rechtsetzung, einer Dekonzentration der Gesetzgebung. Als hoheitliche, abstrakt-generelle Regelungen der Regierungs- und Verwaltungsorgane sind Rechtsverordnungen ebenso wie förmliche Gesetze Rechtsquellen, aus denen allgemein-verbindliches, d. h. für den Bürger ebenso wie für den Beamten und den urteilenden Richter maßgebliches und zu beachtendes Recht fließt. Die Rechtsverordnung soll das Gesetz nicht ersetzen, sondern von technischen 1 3 Details und ephemeren Regelungen sowie rein fachorientierten, sachbedingten Anordnungen ohne oder mit nur geringem politischem Entscheidungsgehalt entlasten 35 . Insoweit ist das Rechtsverordnungsrecht der Exekutive nicht nur 34

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Literatur: Wilke, Bundesverfassungsgericht und Rechtsverordnungen, AöR 98 (1973), 196 ff.; Z. Giacometti (Fn. 1) S. 148 ff.; Wolfgang Sturmhöfel, Das Verordnungsrecht im Gewaltenteilungssystem des Grundgesetzes, Diss. Mainz, 1964; Magiera, Allgemeine Regelungsgewalt („Rechtssetzung") zwischen Parlament und Regierung, Der Staat 1974, 1 ff.; Kirchhof, Rechtsquellen und Grundgesetz, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Bd. II, 1976, S. 50 ff. (82ff.); Heinz Mayer, Die Verordnung, 1977; Manfred Lepa, Verfassungsrechtliche Probleme der Rechtsetzung durch Rechtsverordnung, AöR 105 (1980), 337 ff.; Hans Schneider, Gesetzgebung, 1982, S. 133; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 646 ff.; Ossenbühl, Richterliches Prüfungsrecht und Rechtsverordnungen, in: Festschrift für Hans Huber, 1981, S. 283 ff.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, S. 397 ff.; Hans Spanner, Grenzen des Rechts zum Erlaß von Verordnungen und Satzungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BayVBl. 1986, 225 ff.; Badura, Das normative Ermessen beim Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, in: Gedächtnisschaft für Martens, 1987, S. 25 ff.; Thomas von Danwitz, Die Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers, 1988; Ossenbühl, Rechtsverordnung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 64; Schwabe, Zum Entschließungsermessen des Verordnungsgebers, DVB1. 1989, 1144. Triepel, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, 1942, S. 111; Wilke, AöR 98 (1973), 196ff., 213.

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verfassungsrechtlich legitim, sondern schlechthin unentbehrlich. Eine besonnene Anwendung der Rechtsverordnungsbefugnis führt keineswegs zu einem Machtverlust des Parlaments im legislativen Bereich, sondern hat im Gegenteil den Effekt, daß das (förmliche) parlamentsbeschlossene Gesetz seine eigentliche Aufgabe und Funktion, nämlich in der Flut der Paragraphen die tragenden politischen Entscheidungen für das Gemeinwesen zu treffen, wiedergewinnt. Die praktische Bedeutung der Rechtsverordnung mußte somit in dem Maße zunehmen, in dem der Staat im Zeichen eines weit verstandenen Sozialstaatsprinzips ein umfassendes Mandat für eine aktive Wirtschafts-, Gesellschafts- und Kulturpolitik für sich in Anspruch nahm. In den ersten zehn Wahlperioden (1949 — 1987) sind 3990 Bundesgesetze erlassen worden. Zur Ausführung dieser Bundesgesetze ergingen 12639 Rechtsverordnungen (also etwa pro Werktag eine Rechtsverordnung)36. Bezeichnend ist, daß die meisten Rechtsverordnungen im Bereich des Finanz- und Wirtschaftsrechts sowie des Sozialrechts gezählt wurden, also in Bereichen, in denen die Rechtsordnung in besonderem Maße auf Wandel und Wechsel angelegt ist. 2. Verhältnis von Gesetz und

Verordnung

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Schon diese Zahlen erwecken den Eindruck, als träte die Rechtsverordnung im modernen Industriestaat in Konkurrenz zum Gesetz. Geschichtliche Erfahrungen in Deutschland bestätigen diese Vermutung. Deshalb hat das Verhältnis von Gesetz und Rechtsverordnung in der deutschen Verfassungsentwicklung stets besondere Beachtung gefunden37. 15 a) Dogmatisch ist dieses Verhältnis von Gesetz und Rechtsverordnung nach geltendem Verfassungsrecht prinzipiell eindeutig. Eine echte Konkurrenz zwischen beiden Rechtsetzungsformen kann es nicht geben. Die Verordnungsermächtigung bedeutet Übertragung rechtsetzender Gewalt durch die Legislative auf die Exekutive. Nach der seit Triepel38 eingebürgerten Terminologie erweist sich diese Übertragung als Fall einer unechten Delegation, weil der Gesetzgeber die Delegation „stets unter stillschweigendem Vorbehalt künftiger und jederzeit möglicher eigener Ausübung seiner Zuständigkeit" vornimmt, also im Gegensatz zur echten (devolvierenden) Delegation kein Kompetenzverlust eintritt 39 . Das Zugriffsrecht des Parlamentes bleibt von der Delegation unberührt. Überdies wird die Überlegenheit des Gesetzes gegenüber der Rechtsverordnung durch den sog. Vorrang des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) gesichert.

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Bulletin der Bundesregierung vom 14. März 1987, Nr. 23, S. 182; Statistische Jahrbücher 1960, S. 140; 1968, S. 122; 1976, S. 146; 1986 S. 93. Vgl. Bossung, Gesetz und Verordnung, 1936; Stratenwerth, Verordnung und Verordnungsrecht im Deutschen Reich, 1936; Roethe, AÖR 59 (1931), 194, 321; Jacobi, AöR 39 (1920), 273; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 64 Rn. 8 ff. Delegation und Mandat, S. 58. Vgl. Peter, AöR 92 (1967), 357 ff., 368.

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Allerdings schützt diese dogmatische Konstruktion nicht vor einer politischen Praxis, in der der Gesetzgeber die „Flucht aus der Verantwortung" 40 antritt und die ihm zustehende und obliegende Rechtsetzungsmacht im Übermaß auf die Exekutive delegiert. Namentlich diese Gefahr, freilich auch umgekehrt die einer Kompetenzusurpation durch die Regierung und Verwaltung, muß man im Auge behalten, wenn man die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das eine Verordnungsermächtigung enthaltende Gesetz (Art. 80 GG) betrachtet 41 . b) Das Erfordernis einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den 1 6 Erlaß von Rechtsverordnungen folgt prinzipiell schon aus deren Charakter als abgeleiteter Rechtsquelle. Indessen kann diese Ermächtigungsgrundlage unterschiedlich aussehen. Sie kann sowohl in der Verfassung wie auch in einem förmlichen Gesetz enthalten sein und inhaltlich entweder allgemein oder nur für bestimmte Materien und Fragen spezifiziert erteilt sein. Spezifizierende Einengungen der exekutivischen Verordnungsgewalt waren der Weimarer Verfassung fremd. Nicht einmal die Bindungen der Verfassung selbst galten für eine vom Gesetzgeber entsprechend ermächtigte Exekutive als unüberwindbar 42 . Der Erlaß von Rechtsverordnungen avancierte damit zur „vereinfachten Form der Gesetzgebung" 43 . Hinzu kamen die Erfahrungen mit den sog. Diktaturverordnungen auf der Grundlage des Art. 48 Abs. 2 WRV 4 4 , die „das förmliche Gesetz fast zur Ausnahmeerscheinung gegenüber der Rechtsverordnung machten" 4 5 . Schließlich folgte die förmliche Inthronisierung der Reichsregierung als Gesetzgeber im nationalsozialistischen Staat 46 . — Als Antwort des Verfassunggebers auf diesen Verfall rechtsstaatlicher und 1 7 demokratischer Prinzipien ist Art. 80 GG zu verstehen 47 , der verfassungsrechtliche Kautelen gegen eine geräuschlose Verschiebung der Rechtsetzungsmacht auf die Exekutive vorsieht. Deshalb müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Dieser Bestimmtheitsgrundsatz liefert jedoch für die Entscheidung des Einzelfalles keine konkreten Maßstäbe. Der disziplinierende Effekt des Art. 80 GG Vgl. Friedrich Klein, Die Übertragung rechtsetzender Gewalt nach deutschem Verfassungsrecht, in: Übertragung rechtsetzender Gewalt im Rechtsstaat, 1952, S. 79 ff., 85; Maunz bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 80 Rn. 2. 41 Dazu unter dem besonderen Aspekt der Weimarer Verhältnisse: Jacobi, Die Rechtsverordnungen, HdbDStR II, § 77, S. 239; ferner BVerfGE 34, 52, 59 = DÖV 1973, 132. 42 Vgl. Jacobi (Fn. 41) S. 240f.; Carl Schmitt, in: ZaöRV VI (1936), S. 252ff., 261 Fn. 21: „Die schrankenlose Delegationsbefugnis des schrankenlosen Gesetzgebers stand außer Zweifel". « Vgl. Wilke bei von Mangoldt/Klein, GG, Bd. III, Art. 80 Anm. II 1 a, S. 1905. 44 Vgl. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, 14. Aufl. 1933, S. 279 f. 40

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So Jacobi (Fn. 41) S. 239.

Art. 4 des Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 (RGBl. I S. 75): „Die Reichsregierung kann neues Verfassungsrecht setzen". Vgl. Wilke bei von Mangoldt/Klein, GG, Bd. III, Art. 80 Anm. II 1 c, S. 1906. 125

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hängt deshalb weitgehend von der Rechtsprechung ab. Die Auffassungen und Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts schwanken und werden im Schrifttum unterschiedlich gewürdigt48. Nach der Rechtsprechung des BVerfG genügt es, „wenn Inhalt, Zweck und Ausmaß einer Ermächtigungsvorschrift nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen aus ihrem Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften des Gesetzes und aus dem von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgten Ziel unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ermittelt werden können" 49 . Kritik an einer angeblichen Engherzigkeit der Rechtsprechung läßt sich aufgrund dieser allgemein gehaltenen Formulierungen wohl kaum rechtfertigen50. 18 Dem Bestimmtheitserfordernis, das auch in einigen Landesverfassungen wiederkehrt 51 , genügen auch die landesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen52 für den Erlaß von Polizeiverordnungen bzw. Ordnungsverordnungen53, denn die Formel „Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung" hat durch jahrzehntelange Lehre und Rechtsprechung eine konkrete Gestalt gewonnen54. 19 Umstritten ist die Frage, ob auch gesetzändernde Rechtsverordnungen zulässig sind55. Über diese Frage abstrakt-dogmatisch zu diskutieren, würde an den praktischen Problemen vorbeiführen. Trotz eines starken Gegenargumentes aus Art. 129 Abs. 3 GG besteht ein unabweisbares „Entlastungsinteresse" des delegierenden Gesetzgebers, welches zu einer ausnahmsweisen Zulässigkeit gesetzändernder Rechtsverordnungen nötigt 56 . § 10 des Ladenschlußgesetzes bildet hierfür ein einleuchtendes Beispiel57. 20 Gesetzvertretende Rechtsverordnungen sind dagegen verfassungswidrig, sofern das Grundgesetz sie für Einzelfälle nicht selbst ausnahmsweise zuläßt (vgl. Art. 119 GG) 5 8 . 48 49

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Vgl. die sorgfältige Analyse von Hasskarl, AöR 94 (1969), 85 ff. BVerfGE 26, 16, 27; 29, 198, 210; 55, 207, 226; 69, 162, 167; BVerwGE 30, 287, 292; 36, 61, 66; 45, 331, 333; 56, 186, 189; 65, 323, 326; 68, 277, 280. („Tendenz und Programm" müssen so genau umrissen sein, daß schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll). Vgl. Wolff/Bachof, VwR I, § 25 Vlla) 1. BW Art. 61; Hamb. Art. 53; Nds. Art. 34; NW Art. 70; SH Art. 33; anders Hess. Art. 118; im übrigen sind die in Art. 80 1 GG ausgeprägten, aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem des Grundgesetzes folgenden Grundsätze auch für die Landesgesetzgebung verbindlich (BVerfGE 55, 207). Für die Art. 80 GG als bundesgesetzliche Vorschrift nicht unmittelbar gilt (BVerfGE 12, 319, 325; 19, 253, 256). Vgl. §§ 25 ff. NW OBG. Vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl. 1988, S. 37 ff. Dazu Peter, AÖR 92 (1967), 357 ff.; Schack, J Z 1964, 252; Hans-Richard Lange, JR 1968, 8; Sinn, Die Änderung gesetzlicher Regelungen durch einfache Rechtsverordnung, 1971; Wilke, AöR 98 (1973), 196 ff., 243 ff. Vgl. Peter, AöR 92 (1967), 357 ff., 375; Wolff/Bachof, VwR 1, § 25 VII b) 1 ß. Sartorius I Nr. 805. Wolff/Bachof, VwR I, § 25 VII b) 2.

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c) Die formalgesetzliche Ermächtigungsgrundlage begründet eine Gestaltungs- 21 freiheit des Verordnungsgebers (Verordnungsermessen), die ihn instand setzt, das Gesetz im Rahmen der vorgegebenen Direktiven nach eigenen Vorstellungen auszufüllen und zu konkretisieren 583 . Das Verordnungsermessen umschließt grundsätzlich auch die Freiheit, eine Rechtsverordnung zu erlassen oder von einem solchen Erlaß abzusehen (Entschließungsermessen)58b. Allerdings kann der Verordnungsgeber aus verschiedenen Gründen zum Erlaß einer Rechtsverordnung verpflichtet sein. Dasselbe gilt für die Aufhebung einer Rechtsverordnung 58c . 3.

Verordnungsgeber

Die potentiellen Verordnungsgeber sind nicht auf die Exekutivspitze be- 2 2 schränkt, sondern auf alle Verwaltungsstufen verteilt. Rechtsverordnungen können von der Regierung, von einzelnen Ministern, aber auch von nachgeordneten Behörden (Regierungspräsidenten, Polizeipräsidenten, Ordnungsbehörden) erlassen werden. a) Art. 80 Abs. 1 GG zählt als potentielle Adressaten einer Verordnungser- 2 3 mächtigung die Bundesregierung, einen Bundesminister und die Landesregierungen auf. Erläßt eine Landesregierung auf bundesgesetzlicher Grundlage Rechtsverordnungen, so entsteht die Frage, ob diese Verordnungen (territorial beschränktes) Bundesrecht oder Landesrecht darstellen. Die Rechtsprechung qualifiziert sie als Landesrecht59. b) Meist eröffnen die Verfassungen die Möglichkeit zu bestimmen, daß die 2 4 Verordnungsermächtigung an nachgeordnete Instanzen weitergegeben werden kann 60 . Einen solchen Weg genereller Subdelegation eröffnet das Bundesgesetz über Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen 61 den Landesregierungen. 4.

Verfahren

Das Verfahren für das ordnungsgemäße Zustandekommen von Rechtsverord- 2 5 nungen ist unterschiedlich geregelt 612 . Für Polizei- und Ordnungsverordnungen Thomas von Danwitz, Die Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers, 1989; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 1988, § 64 Rn. 33 ff. S8b Dazu BVerfGE 78,249; Schwabe, Zum Entschließungsermessen des Verordnungsgebers, DVB1. 1989, 1144. 58c Robbers, Anspruch auf Normerlaß, JuS 1988, 949; v. Barley, Der Anspruch auf Erlaß einer Rechtsverordnung, NJW 1989, 80; Robbers, Anspruch auf Normergänzung, JuS 1990, 978. 5» BVerfGE 18, 407; BayVerfGH DVB1. 1963, 101; HessStGH ESVGH 20, 217; a. A. mit beachtlichen Gründen: Wilke bei von Mangoldt/Klein, GG, Bd. III, Art. 80 Anm. V 4 c, S. 1928 ff.; Menger/Erichsen, VerwArch. 1966, 64 ff. 60 Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG, Art. 70 Satz 4 LV NW. 61 Sartorius I Nr. 8. 61a Vgl. Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, 1986, S. 66 ff. 58a

127

§7

1114

Fritz Ossenbühl

bestehen durchweg detaillierte Regelungen über Form und Verfahren, die sich aus den Länderverfassungen und speziellen Polizei- und Ordnungsgesetzen ergeben62. 26 a) Der Erlaß von Bundesrechtsverordnungen ist nur sporadisch geregelt. Das (interne) Verfahren ergibt sich aus der Geschäftsordnung der Bundesregierung63 und der gemeinsamen Geschäftsordnung für die Bundesministerien64. 27 b) Nach Art. 80 Abs. 2 GG bedürfen bestimmte Gruppen von Rechtsverordnungen der Zustimmung des Bundesrates. Statistisch ist dies etwa die Hälfte aller Rechtsverordnungen des Bundes65. 28 Die Zustimmung des Bundestages ist als Gültigkeitsvoraussetzung für Rechtsverordnungen im Grundgesetz nicht vorgesehen. Gleichwohl werden parlamentarische Zustimmungsverordnungen allgemein für zulässig gehalten, weil der parlamentarische Zustimmungsvorbehalt „im Vergleich zur vollen Delegation der Rechtsetzung auf die Exekutive ein Minus" darstellt 66 . Die Zustimmungsverordnung hat sich namentlich im finanz- und wirtschaftspolitischen Bereich als ein geeignetes Regelungsinstrument erwiesen67, das die Vorteile der Verordnungsgebung und die Bewahrung der Verantwortung des Bundestages in glücklicher Weise miteinander verbindet. Die Mitwirkung des Bundestages beim Erlaß von Rechtsverordnungen der Bundesregierung erschöpft sich jedoch nicht in der gesetzlich teilweise vorgesehenen Zustimmung. Vielmehr hat sich in der Staatspraxis eine reichhaltige Typologie anderer Mitwirkungsformen herausgebildet673. Die Zulässigkeit eines Zustimmungsvorbehaltes zugunsten von Parlamentsausschüssen ist strittig68. Die ablehnenden Begründungen erscheinen indessen zu Vgl. Götz (Fn. 54) S. 240 ff. Sartorius I Nr. 38, §§ 15 I b, 26 II, 30. 64 Lechner/Hülshoff, Parlament und Regierung, 3. Auflage 1971, S. 414 (GGO II). 65 Handbücher des Bundesrates 1989/90, S. 244. « BVerfGE 8, 274, 321; BayVGH DVB1. 1983, 1157, 1158; Grupp, Zur Mitwirkung des Bundestages bei dem Erlaß von Rechtsverordnungen, DVB1. 1974, 177; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, S. 401 ff. 67 Vgl. z.B. § 5 1 Abs. 2 EStG in der durch § 2 6 Nr. 3 Stabilitätsgesetz neu geschaffenen Fassung (BGBl. 1967 I, S. 582); dazu Wilke, AöR 93 (1968), 270, 299; vgl. ferner § 27 Abs. 2 AWG (Recht des Bundestages, die Aufhebung in Kraft getretener Rechtsverordnungen zu verlangen); die Staatspraxis kennt die Zustimmungsverordnung seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland; vgl. Jekewitz, Möglichkeiten der Einflußnahme des Deutschen Bundestages auf Rechtsverordnungen der Bundesregierung, in: Festschrift für Werner Blischke, 1982, S. 111, 124. 67a Vgl. Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1980 bis 1984, S. 664 ff.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, 1986, S. 401; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 64 Rn. 50 ff. 68 Bejahend: Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art 80 Rn. 60; ablehnend: Dickersbach bei Geller/Kleinrahm/Fleck, Die Verfassung des Landes NRW, 3. Aufl. (Loseblatt, Stand: 1982), Art. 70, Anm. 12b); Kisker, Zulässigkeit und Konsequenzen einer Mitwirkung des Parlaments beim Erlaß von Rechtsverordnungen, in: Schule im Rechtsstaat II, 1980, 9, 34 ff. 62 63

128

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§7

IV

pauschal. Die Aktivierung der Parlamentsausschüsse auch für die Verordnungsgebung kann in gewissen Grenzen durchaus sinnvoll erscheinen 69 . c) Wie alle Rechtsnormen bedürfen Rechtsverordnungen schließlich der ordnungsgemäßen Verkündung. Rechtsverordnungen des Bundes werden im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger 70 , Rechtsverordnungen der Landesregierungen und Landesminister in den Gesetz- und Verordnungsblättern der Länder verkündet 7 1 . Für Rechtsverordnungen nachgeordneter Instanzen bestehen besondere Verkündungsblätter.

29

IV. Verwaltungsvorschriften 72 Die Verwaltungsvorschriften werden auch in den herkömmlichen Darstellungen des Verwaltungsrechts im Kapitel der Rechtsquellenlehre mitbehandelt; dies

69

70

71 72

Vgl. Scholz/Bismark, Schulrecht zwischen Parlament und Verwaltung, in: Schule im Rechtsstaat II, 1980, 73 (126 ff.); ferner zum Problem: von Lucius, Gesetzgebung durch Parlamentsausschüsse, AöR 97 (1972), 568; Wilfried Berg, Der Staat 9 (1970), 21; Albert Hüser, Die Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften an dem Erlaß von Rechtsverordnungen, Diss. Göttingen 1978. Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. Januar 1950 (Sartorius Nr. 70). Vgl. z. B. Art. 71 Abs. 2 LV NW. Literatur: Brohm, Verwaltungsvorschriften und besonderes Gewaltverhältnis, DÖV 1964, 238; Hans Klein, Rechtsqualität und Rechtswirkung von Verwaltungsnormen, in: Festgabe für Ernst Forsthoff, 1967, S. 163; Ossenbübl, Die Verwaltungsvorschriften in der verwaltungsgerichtlichen Praxis, AÖR 92 (1967), S. 1; ders. (Fn. 10); ders., Zur Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften, in: Festgabe BVerwG, 1978, S. 433; Walter Schmidt, Gesetzesvollziehung durch Rechtsetzung, 1969; Selmer, Rechtsverordnung und Verwaltungsvorschrift, VerwArch. 59 (1968), 114; Kupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 19 ff.; Hans-Jürgen Hansen, Fachliche Weisung und materielles Gesetz, 1971; Menger, Verwaltungsrichtlinien — autonome Rechtsetzung durch die Exekutive?, in: Demokratie und Verwaltung, Schriftenreihe der Hochschule Speyer 1972, S. 299; Kirchhof (Fn. 34) S. 88 ff.; Joachim Martens, Verwaltungsvorschriften zur Beschränkung der Sachverhaltsermittlung, 1980; Krebs, Zur Rechtsetzung der Exekutive durch Verwaltungsvorschriften, VerwArch. 1979, 259; Schenke, Der Rechtsschutz des Bürgers gegen Verwaltungsvorschriften, DÖV 1979, 622; Scheffler, Wachsende Bedeutung der Verwaltungsvorschriften, DÖV 1980, 236; Weyreuther, Über die Rechtsnatur und die Rechtswirkung von Verwaltungsvorschriften, DVB1. 1976, 853 ff.; Andreas Hamann, Rechtsfragen zu ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften, VerwArch. 1982, 28 ff.; Gusy, Das Rätsel Subventionsrichtlinie - Rechtsfragen außenwirksamer Verwaltungsvorschriften, GewArch. 1980, 324ff.; Joachim Martens, Rechtsanwendung und Rechtssetzung durch Verwaltungsvorschriften, in: Tipke (Hrsg.), Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, 1982, S. 165ff.; Trzaskalik, Steuerverwaltungsvorschriften aus der Sicht des Rechtsschutzes, in: Tipke (Hrsg.), wie vor, S. 315ff.; Walter Leisner, Verwaltungsvorschriften als „Nebengesetze" im Steuerrecht?, 1982; Winfried Brohm, Verwaltungs129

30

§ 7 IV 1

Fritz Ossenbiihl

jedoch nicht deswegen, weil man die Verwaltungsvorschriften als Rechtsnormen betrachtet, sondern weil sich in der Gegenüberstellung von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften die nach der konstitutionellen Lehre echten Rechtsquellen in anschaulicher Weise von den Regelungen im sog. Innenbereich der Verwaltung, die nicht dem Recht zugerechnet wurden, abtrennen lassen 73 . Mit dem Wegfall der Grundlagen der konstitutionellen Verwaltungsrechtslehre ist diese Gegenüberstellung von Recht und Nicht-Recht hinfällig geworden. Die deutsche Verwaltungsrechtslehre und noch zögernder die Judikatur haben indessen erst spät begonnen, aus dieser Erkenntnis die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Der sachgerechte Einbau der Verwaltungsvorschriften in die Rechtsquellenlehre ist als Gegenwartsaufgabe erkannt und schon teilweise vollzogen.

1. Begriff und 31

Terminologie

Die Schwierigkeiten einer Darstellung der im Wandel befindlichen Kategorie der Verwaltungsvorschriften setzen schon bei der rein sprachlichen Verständigung ein 74 . Unter Verwaltungsvorschriften 75 versteht man heute solche Regelungen, die innerhalb der Verwaltungsorganisation von übergeordneten Verwaltungsinstanzen oder Vorgesetzten an nachgeordnete Behörden oder Bedienstete ergehen und die dazu dienen, Organisation und Handeln der Verwaltung (z. B. Gesetzesvollzug, Ermessensausübung, Verwaltungsverfahren) näher zu bestimmen 7 6 . Die Bezeichnungen sind unterschiedlich. Ministerielle Verwaltungsvorschriften ergehen regelmäßig als Erlasse; Verwaltungsvorschriften anderer Behörden heißen Verfügungen, Dienstanweisungen, Richtlinien, Anordnungen usw.

73

74 75 76

130

Vorschriften als administrative Rechtsquelle — ein ungelöstes Problem des Innenrechts, in: ders. (Hrsg.), Drittes deutsch-polnisches Verwaltungssymposion, 1983, S. 11 ff.; Hengstscbläger, Die Rechtsqualität der Steuererlässe, in: Festschrift für Karl Wenger, 1983, S. 507ff.; Oldiges, Richtlinien als Ordnungsrahmen der Subventionsverwaltung, N J W 1984, 1927ff.; Lerche, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 84 Rdnr. 92 ff. (Stand: Januar 1985); Mechthild Müller, Verwaltungsvorschriften im Ausländerrecht, 1986; Manfred Schröder, Verwaltungsvorschriften in der geschichtlichen Kontrolle, Diss. Bielefeld, 1987; Beckmann, Die gerichtliche Uberprüfung von Verwaltungsvorschriften im Wege der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle, DVB1. 1987, 611 ff.; Papier, Bedeutung der Verwaltungsvorschriften im Recht der Technik, in: FS für Lukes, 1989, S. 159 ff.; Ossenbühl, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften als Neben- oder Ersatzgesetzgebung?, in: Hill (Hrsg.), Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, 1989, S. 99 ff.; ders., Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 65. Zur Dichotomie von Innenrecht und Außenrecht: Brohm, Verwaltungsvorschriften als administrative Rechtsquelle, aaO. (Fn. 72), S. 18 ff. Vgl. Ossenbühl (Fn. 10) S. 29 ff. Heute weniger gebräuchlich: Verwaltungsverordnungen. Wolff/Bachof, VwR I, § 24 Ild) 2.; Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), 1, 20.

§7

Die Quellen des Verwaltungsrechts

IV 2

Die am Gesetzesvorbehalt orientierte konstitutionelle Verengung des Rechtssatzbegriffs hat früher dazu geführt, daß unter dem Sammelbegriff Verwaltungsvorschriften alle Regelungen zusammengefaßt wurden, die nicht in den Vorbehaltsbereich der Legislative fielen 77 . Deshalb wurden auch die sog. Anstaltsordnungen zu den Verwaltungsvorschriften gerechnet. Zum Teil sind jedoch die Regelungen in besonderen Gewaltverhältnissen (Schule, Universität, Strafanstalt usw.) als eigene Kategorie aus den Verwaltungsvorschriften eliminiert und unter dem Terminus „Sonderverordnungen" zusammengefaßt worden 78 .

2. Typologie

der

Verwaltungsvorschriften

Obgleich die Kategorie der Verwaltungsvorschriften durch die Ausklammerung der Sonderverordnungen kräftig entschlackt worden ist und rechtliches Profil gewonnen hat, ist ihr denkbarer sachgegenständlicher Inhalt sehr unterschiedlich; er deckt sich praktisch mit der Weite des Funktionsbereichs der Verwaltung schlechthin. Die folgende Ubersicht gibt nur eine grobe, weiterer Differenzierung bedürftige Einteilung wieder 79 . a) Organisatorische Vorschriften regeln den Aufbau und die innere Ordnung, sowie Zuständigkeiten und Verfahren der Behörden im Rahmen der exekutiven Organisationsgewalt 80 . b) Verhaltenslenkende Verwaltungsvorschriften leiten die Verwaltung in ihren Aktionen. aa) Als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften 81 (Auslegungserlasse) dienen sie der Klärung rechtlicher Zweifelsfragen, die bei jedem Gesetz aufzutauchen pflegen, nehmen dem Heer von rechtsanwendenden Bediensteten an der Verwaltungsfront zeitraubende und oft auch dort nicht zu bewältigende Denkarbeit ab und tragen damit zur Rationalisierung der Verwaltungsarbeit und Vereinheitlichung der Rechtsanwendung bei 82 .

77 78 79 80

81 82

Vgl. noch Forsthoff, VwR, S. 139. Dazu unter Rn. 58 ff. Näheres bei Ossenbübl (Fn. 10) S. 250 - 450. Dazu Ernst-Wolf gang Böckenförde (Fn. 18) S. 21 ff.; Ossenbübl (Fn. 10) S. 250 ff. Beispiele: Geschäftsordnungen der Regierungspräsidenten; Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) nach § 63 AMC. Zur Rechtsnatur von gerichtlichen Geschäftsverteilungsplänen: BayVerfGHE (NF) 38, 90 = NJW 1986, 1673 mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes. Zur Rechtsnatur der Geschäftsordnungen von Kollegialorganen: Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 1990, S. 525 und unten Rn. 67. BVerwGE 34, 278, 281; dazu besonders Joachim Martens (Fn. 72), Rechtsanwendung, S. 167ff. Ossenbübl (Fn. 10) S. 284. 131

32

33

34 35

§ 7 IV 2

Fritz Ossenbühl

bb) Als Ermessensrichtlinien82a liefern die Verwaltungsvorschriften Entscheidungsmaßstäbe und Entscheidungsmuster für eine sachgemäße Ausübung des Verwaltungsermessens. Unter ihnen bilden die Subventionsrichtlinien die praktisch bedeutsamste, aber auch rechtlich problemreichste Kategorie, weil das „subventionäre" 8 5 Ermessen über die Kapazität des herkömmlichen gesetzesakzessorischen, d. h. gesetzlich weitgehend determinierten und dirigierten administrativen Ermessens weit hinausgeht, so daß den Subventionsrichtlinien die „Funktion von gesetzesvertretenden Verordnungen" 8 4 zufällt. 37 cc) Als Vereinfachungsanweisungen sind Verwaltungsvorschriften namentlich im Steuerrecht gang und gäbe, und sie dienen hier dazu, den Vorgang der Besteuerung durch Pauschalierungen, Bagatellgrenzen und Schätzungsrichtlinien zu vereinfachen 85 . 38 dd) In zunehmendem Maße übernehmen Verwaltungsvorschriften auch die Funktion, technische Regeln und Standards für die Verwaltungsbehörden verbindlich zu machen 8 5 3 . 39 ee) Ferner vervollständigen Verwaltungsvorschriften das förmliche Gesetzesrecht, indem sie bewußt offengelassene Gesetzeslücken schließen oder durch formalgesetzliche Verweisung in den Regelungszusammenhang des Gesetzes einbezogen werden 8 5 b . Auf diese Weise avancieren die Verwaltungsvorschriften zu administrativem ErgänzungsrechtiSc. 36

Andreas Hamann, Rechtsfragen zu ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften, VerwArch. 73 (1982), 28 ff.; BVerwGE 71, 342; DVB1. 1986, 110. 83 lpsen, VVDStRL 25 (1967), 282. 84 Friedrich Klein, Verfassungsrechtliche Grenzen der Gemeinschaftsaufgaben, in: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Band 11,1961, S. 25 (171); Menger (Fn. 72), S. 310; Oldiges (Fn. 72); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 1990, S. 527. 85 Dazu Kampe, Verwaltungsvorschriften und Steuerprozeß, 1965, S. 31 ff.; Jaenke, Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, 1959, S. 117 ff.; Osterloh, JuS 1989, 500; kritisch Joachim Martens (Fn. 72); aus der Rspr.: BVerwG v. 5. 10. 1979 - Buchholz Folge 3 238. 41 § 5 SVG Nr. 3 (S. 9); BVerfGE 78, 214 (228); Oserloh, Typisierende Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, JuS 1990, 100; grundlegend: Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976. 85a BVerwGE 55, 250 BVerwG, NVwZ 1988, 824 (TA Luft); BVerwGE 72, 300, 319 ff. (Wyhl); OVG Lüneburg, OVGE 38, 407 = DVB1. 1985, 1322 (TA Luft); OVG Münster NVwZ 1988, 173 (TA Luft); OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 1990, 213 (Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete). Andreas Rittstieg, Die Konkretisierung technischer Standards im Anlagenrecht, 1982; Papier, Bedeutung der Verwaltungsvorschriften im Recht der Technik, in: FS für Lukes, 1989, S. 159 ff.; Lübbe-Wolff, Konstitution und Konkretisierung außenwirksamer Standards durch Verwaltungsvorschriften, DÖV 1987, 89b; Kunert, Normkonkretisierung im Umweltrecht, NVwZ 1989, 1018. 85b £)ie Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik gewinnt im gesamten Bereich der Rechtsquellen zunehmend an Bedeutung; DIN Deutsches Institut für Normung e. V. (Hrsg.), Verweisung auf technische Normen in Rechtsvorschriften, 1982; vgl. aus der Rspr.: BVerfGE 26, 338, 363ff.; 47, 285; 64, 208; BVerwGE 27, 243; OLG Hamburg 82a

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Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 7

IV 3

c) Schließlich können Verwaltungsvorschriften auch über den Bereich eines Verwaltungsträgers hinausreichen und sich an die Adresse eines anderen Verwaltungsträgers richten. Solche intersubjektiven Verwaltungsvorschriften existieren nicht nur im Verhältnis zwischen Bund und Ländern (Art. 84 Abs. 2 , 8 5 Abs. 2 GG) sowie Ländern und Gemeinden, sondern auch zwischen anderen Verwaltungsträgern 8 6 .

3.

40

Rechtsnatur

Die Frage nach der Rechtsnatur, genauer: nach dem Rechtsquellencharakter der Verwaltungsvorschriften gilt weithin als das Kernproblem dieser Regelungskategorie. Die einen konstatieren apodiktisch „keine Rechtsnormen" 8 7 , die anderen schreiben „zweifellos Rechtsnormen" 8 8 . Solche Evidenz, mit der diametral gegenüberstehende Feststellungen getroffen werden, kann ihren Grund nur in einer unterschiedlichen Sichtweise haben. In der Tat wird seit Jahrzehnten ständig auf zwei verschiedenen Ebenen diskutiert 8 9 , ohne daß dies — namentlich in der Judikatur — voll bewußt geworden wäre.

NJW 1980, 2830; BAG AP § 1 TVG Nr. 7 mit Anm. Wiedemann; BayVerfGH NJW 1989, 1018; aus dem Schrifttum: Ossenbühl, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, DVB1. 1967, 401 ff.; Hans-Ulrich Karpett, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970; Arndt, Die dynamische Rechtsnormverweisung in verfassungsrechtlicher Sicht, JuS 1979, 784ff.; Baden, Dynamische Verweisungen und Verweisungen auf Nichtnormen, NJW 1979, 623 ff.; Fuß, Zur Verweisung des deutschen Umsatzsteuergesetzes auf den gemeinsamen Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften, in: Festschrift für Paulick, 1973, S. 293 ff.; Hömig, Zur Zulässigkeit statischer Verweisung des Bundesrechts auf nichtnormative Regelungen, DVB1. 1979, 307ff.; Schenke, Die verfassungsrechtliche Problematik dynamischer Verweisungen, NJW 1980, 743 ff.; Staats, Verweisung und Grundgesetz, in: Rödig (Hrsg.), Studien zu einer Theorie der Gesetzgebung, 1976, S. 244ff.; Krey, Zur Verweisung auf EWG-Verordnungen in Blankettstrafgesetzen, in: Schriftenreihe zum Europäischen Weinrecht, 1981, 109ff.; Sachs, Die dynamische Verweisung als Ermächtigungsnorm, NJW 1981, 1651; Hill, Zur Verweisung auf Richtlinien im Kassenarztrecht, NJW 1982, 2104ff.; Ebsen, Fremdverweisungen in Gesetzen und Publikationsgebot, DÖV 1984, 654ff.; Brugger, Rechtsprobleme der Verweisung im Hinblick auf Publikation, Demokratie und Rechtsstaat, VerwArch. 78 (1987), 1 ff.; Clemens, Die Verweisung von einer Rechtsnorm auf andere Vorschriften, AöR 111 (1986), 63 ff. 85c Ossenbühl, in: Festgabe BVerwG, 1978, S. 433, 437 mit Nachweisen aus der Rspr.; HessVGH DVB1. 1979, 83 Leitsatz 3; Scheuing, VVDStRL 40 (1982), 158 f. 86 Näheres bei Ossenbühl (Fn. 10) S. 3 6 2 - 4 5 0 . 87 Franz Mayer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage 1972, S. 15; etwas abgemildert in der 4. Auflage, 1977, S. 21; Mayer/Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage 1985, S. 101 f. 88 Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, 1971, S. 119. 89 Eindringlich dargestellt bei Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), 1, 6 ff. 133

41

§7

IV 3

Fritz Ossenbühl

Die Gleichung: Verwaltungsvorschriften = Nicht-Recht stimmt nur in dem Koordinatensystem des Rechts, welches dem historisch-konventionell verengten Rechtssatzbegriff des 19. Jahrhunderts zugrunde liegt. Dagegen sind Verwaltungsvorschriften unter rechtstheoretischem Aspekt in der Tat „zweifellos Rechtsnormen" 90 . Der entscheidende, aber längst erkannte Fehler liegt nun darin, daß das historisch-konventionelle Begriffsarsenal der Rechtsquellenlehre verabsolutiert, d. h. als rechtstheoretisches Rüstzeug ausgegeben wird. Auf diese Weise hat sich eine verhängnisvolle Befangenheit im Denken entwickelt, die es der Verwaltungsrechtslehre und namentlich der Judikatur verwehrt, über den Schatten der eigenen Vergangenheit zu springen. Mit am geltenden Recht orientierten dogmatischen Begriffen lassen sich nun einmal keine rechtstheoretischen Aussagen machen; umgekehrt gilt dasselbe. Demnach erweist sich die Frage nach der Rechtssatzeigenschaft der Verwaltungsvorschriften als ein Scheinproblem. Ob sie Rechtssätze im Sinne der konstitutionellen Doktrin darstellen, interessiert für das geltende Recht nicht mehr 91 . Andererseits besagt die Feststellung, daß Verwaltungsvorschriften Rechtssätze im rechtstheoretischen Sinne sind, nichts für die praktisch interessierenden Fragen nach den Modalitäten der Rechtserzeugung, der Bindungswirkung und dem Rechtsschutz. Diese Fragen lassen sich nur nach geltendem Recht und nur in differenzierender Sicht beantworten 92 . Dabei muß trotz der notwendigen Begriffsabhängigkeit des Denkens bewußt bleiben, daß der verfassungsdogmatische Begriff des Rechtssatzes selbst nur verfassungsrechtliche Machtlagen und Funktionsbereiche einfangen und verbal fixieren soll. In differenzierteren Rechtssystemen sind Rechtsquellen stets nach ihrer Eigenart verschieden. Diese Eigenart festzustellen, ist Aufgabe der Rechtsquellenlehre. Mit der Subsumtion unter vorgefaßte Begriffe läßt sich hier kein Problem lösen. Die Zweiteilung in Innenrecht ( = Verwaltungsvorschriften) und Außenrecht ( = Gesetze, Rechtsverordnungen etc.) führt ebenfalls nicht weiter 923 . Sie kann Diese Erkenntnis ist schon klar ausgesprochen von Erich Kaufmann, Artikel „Verwaltung, Verwaltungsrecht", in: von Stengel-Fleischmann, Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, 1914, Bd. III, S. 688, 696 r. Sp.; Thotna, Der Vorbehalt des Gesetzes im preußischen Verfassungsrecht, in: Festgabe für Otto Mayer, 1916, S. 107, 176; ders., Grundbegriffe und Grundsätze, HdbDStR II, S. 124 f.; Hinweise auch schon bei Bierling, Juristische Prinzipienlehre, Bd. II, Neudruck 1961, S. 190 Fn. 6. Vgl. aus neuerer Zeit Meyer-Cording (Fn. 88); Ossenbühl (Fn. 10) S. 160ff.; Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), 1, 18 f.; Walter Schmidt, Gesetzesvollziehung durch Rechtsetzung, 1969, passim; ders., JuS 1971, 184, 187 ff. 91 Daran kranken auch die Ausführungen von Menger (Fn. 72) S. 301, der stillschweigend von einem überholten Begriff der Rechtsnorm ausgeht; vgl. dagegen Walter Schmidt, JuS 1971, 184, 187 f. 9 2 Vgl. Böckenförde (Fn. 18) S. 69; Ossenbühl (Fn. 10) S. 154ff.; Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), 19. 9 2 a Vgl. dazu Brohm, Verwaltungsvorschriften als administrative Rechtsquelle (Fn. 72), S. 18 ff.; Lerche, in: Maunz/Dürig, Art. 84 Rdnr. 96 ff.

90

134

§ 7 IV 4

Die Quellen des Verwaltungsrechts

allenfalls eine veranschaulichende Funktion haben. Wie noch zu zeigen sein wird, haben nämlich auch eine Reihe von Verwaltungsvorschriften Außenwirkung. Unterschiede zu den klassischen überkommenen Rechtsquellen bestehen nicht in der Außenwirkung, sondern in den Modalitäten und in der Intensität der Bindungswirkung. 4.

Bindungswirkung

Unter den verschiedenen Eigenarten und Eigenschaften einer Rechtsquelle 42 steht sicherlich deren Bindungswirkung im Vordergrund. Um den verschiedenen Verwaltungsvorschriften nach der Intensität und Reichweite ihrer Bindungswirkung gerecht zu werden, muß in mehrfacher Weise differenziert werden. Nach ständiger Rechtsprechung sind Verwaltungsvorschriften keine Gesetze im Sinne des Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG 9 2 b . Aber dies bedeutet keineswegs, daß sich der Richter ohne weiteres über die in den Verwaltungsvorschriften enthaltenen Regelungen hinwegsetzen kann. Vielmehr ergeben sich auch für ihn vielfältig abgestufte Bindungswirkungen. a) Die Verwaltungsvorschriften sind durchweg an nachgeordnete Behörden 43 oder Bedienstete adressiert, die kraft der Geschäftsleitungs- oder/und Organisationsgewalt der vorgesetzten Stelle an diese Vorschriften gebunden sind. Diese sog. Innenwirkung der Verwaltungsvorschriften ist niemals kontrovers gewesen. Aber sie ist lange Zeit als die einzige rechtliche Bindungswirkung der Verwaltungsvorschriften erachtet worden. Bis in die Gegenwart werden die Verwaltungsvorschriften gerade wegen dieser Beschränkung auf den „Innenbereich" den Rechtsverordnungen gegenübergestellt, denen unmittelbare Verbindlichkeit im „Außenbereich", d. h. im Verhältnis Hoheitsträger — Bürger zukommt 93 . b) Indessen wird bei einer solchen pauschalierenden Entgegensetzung von 44 „Innenbereich" und „Außenbereich" außer Ansatz gelassen, daß von jeher rechtliche Verknüpfungen zwischen beiden Bereichen bestanden, durch die Verwaltungsvorschriften extravertiert wurden. So hat schon das Reichsgericht 94 anerkannt, daß Amtspflichten, deren Verletzung nach § 839 BGB die Amtshaftung auslöst, durch allgemeine Dienstbefehle und Einzelbefehle an Bedienstete der öffentlichen Verwaltung begründet werden können. In diesen Zusammenhang gehören ferner die Fälle, in denen Gesetze Verwaltungsvorschriften durch Ver»2b BVerfGE 78, 214, 227 m. Nachw. « Vgl. BVerwG, NJW 1972, 1483 m. Anm. Helmers, ebenda S. 2012. 94 RG JW 1906,745 (Beachtung der Dienstvorschriften über Schußwaffen der Polizeibeamten schließt Rechtswidrigkeit i. S. v. § 839 BGB aus!), Warneyer Erg.-Bd. 1915, 481 ff.; JW 1925, 956 Nr. 26; JW 1934, 2398, 2399; RGZ 148, 256; 145, 215; 105, 100; 87, 414; 51, 261. - Ebenso BGHZ 10, 389, 390; 26, 232, 234; 27, 278, 282 = NJW 1958, 1234, 1235 m. Anm. Nedden ebenda S. 1819; 34, 375 = VersR 1961, 471; VersR 1961, 512; 1963, 845. 135

§7

IV 4

Fritz Ossenbühl

Weisung in ihren Tatbestand einbeziehen 94 ". Ähnliche Verflechtungen zwischen Verwaltungsvorschriften und Gesetzesrecht lassen sich im Strafrecht nachweisen 95 . 45 c) Darüber hinaus geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, daß Zuständigkeitsvorschriften und Verfahrensregelungen der Verwaltung, die eine bewußt offengelassene Regelungslücke ausfüllen und ein förmliches Gesetz erst vollziehbar machen, eine unmittelbare, nicht erst durch Gesetze vermittelte Außenwirkung haben und damit allgemeinverbindliches Recht erzeugen 96 . Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen können, müssen aber nicht ausschließlich durch förmliches Gesetz oder Rechtsverordnung getroffen werden, unterliegen also jedenfalls nicht in toto dem Gesetzesvorbehalt. Andererseits sind die Zuständigkeit der Behörden und das Verwaltungsverfahren, was sich namentlich im Verwaltungsprozeß zeigt, auch im Verhältnis zwischen Hoheitsträger und Bürger von oft ausschlaggebender Bedeutung 97 . Regeln aber solche administrativen Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften (Verwaltungsvorschriften) mit allgemeinverbindlicher Wirkung das Staat-Bürger-Verhältnis, so stehen sie auch in der Bindungswirkung den Rechtsverordnungen im herkömmlichen Sinne nicht nach; im Gegenteil: sie erweisen sich als nicht von der Legislative abgeleitetes, als originäres Exekutivrecht. Freilich ist auch hierbei die Wirkungsweite des Gesetzesvorbehaltes zu beachten. Deshalb können als Verwaltungsvorschriften nicht solche Verfahrensregelungen erlassen werden, die einschneidende Eingriffe in Grundrechtspositionen enthalten oder solche Positionen maßgeblich ausprägen. So hat das Bundesverwaltungsgericht mit Recht die Vergaberichtlinien für die Bewerberauswahl bei der Zuteilung von Güterfernverkehrsgenehmigungen für verfassungswidrig erklärt, weil sie in das Grundrecht des Art. 12 I GG eingreifen und deshalb der gesetzlichen Grundlage bedürfen 973 . 46 d) Man muß indessen noch einen Schritt weitergehen. In weit intensiverem Maße als durch organisatorische Regelungen wird das Staat-Bürger-Verhältnis durch verhaltenslenkende Verwaltungsvorschriften tangiert und determiniert. Man denke nur etwa an die Vielzahl der Steuerrichtlinien, die die Praxis der Finanzbehörden widerspiegeln und auch beim Steuerpflichtigen häufig mehr Beachtung finden als die förmlichen Steuergesetze. Erwähnt seien ferner ministe-

94a

Vgl. oben bei Fn. 85c.

95

Vgl. Ossenbühl (Fn. 10), S. 491 ff.

Vgl. BVerwGE 36, 327 = DÖV 1971, 317; DÖV 1972, 129; BayVGHE 23, 136; betr. Verfahrensvorschriften: BVerfGE 40, 237; 78, 214, 227; HessVGH, DÖV 1986, 661, der der Verfahrensordnung für die FBW Bindungswirkung zuspricht, aber gleichwohl Rechtsnormqualität abspricht; Ossenbühl, in: Festgabe BVerwG, 1978, S. 433, 437 ff.; anders Lerche, in : Maunz/Dürig, Art. 84, Rdnr. 99. 97 Näheres bei Ossenbühl (Fn. 10) S. 597 ff. 97a BVerwGE 51, 235; dazu Seltner, JuS 1977, 616; ebenso BVerwG DVB1. 1987, 364 betr. Subventionsrichtlinien, die nur bestimmte Unternehmer als Betreuer zulassen. 96

136

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 7 IV 4

rielle Auslegungsvorschriften zum Wehrpflichtgesetz oder Subventionsrichtlinien, die den vitalen Lebenskreis der Bürger oft stärker und nachhaltiger berühren als Gesetz und Verfassung. Von zentraler Bedeutung für die Rechtsposition des Bürgers sind auch jene Verwaltungsvorschriften, die gesetzesergänzend und gesetzeskonkretisierend Maßstäbe und Standards im technischen Sicherheitsrecht und im Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz festlegen. Inwieweit solche verhaltenslenkenden Verwaltungsvorschriften das sog. Außenverhältnis mitgestalten, hängt von ihrem Inhalt ab. Betrifft dieser Inhalt den von Verfassungs wegen der Verwaltung zugeordneten oder eröffneten Funktionsbereich, kann man, wie bei den Zuständigkeitsvorschriften, die Annahme einer Außenwirkung von Verfahrensvorschriften nicht ausschließen. aa) Bei den norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften wird im allgemei- 4 7 nen ein eigenfunktioneller Bereich der Verwaltung nicht anerkannt 98 . Nur in Ausnahmefällen wird der Verwaltung hier ein Beurteilungsspielraum zugestanden". Prinzipiell gilt aber die Interpretation des Gesetzes als ureigene Aufgabe des Richters 100 . Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben deshalb für den Richter keinen größeren „Beweis- und Bindungswert" als Stellungnahmen des Schrifttums. Problematisch wird die Lage im Normauslegungsbereich dann, wenn die Verwaltung in ihren Auslegungserlassen zu Eingriffsgesetzen einen für den Bürger günstigeren Standpunkt einnimmt als die Gerichte, diesen Standpunkt jedoch in Einzelfällen nicht einhält101. Dann stehen Gesetzesbindung der Verwaltung und Gleichheitsgebot einander unversöhnlich gegenüber. Die überwiegend vertretene Auffassung102, es gebe keine Gleichheit im Unrecht und keinen Anspruch auf

98

99

100 101

102

Vgl. BVerwG NJW 1972, 1483 m. Anm. Helmers, ebenda S. 2012; OVG Münster NJW 1976, 2360 = DVB1. 1976, 790. Vgl. BVerwGE 39, 197; dazu Bachof, J Z 1972, 208; Ossenbühl, DÖV 1972, 401; Schmidt-Eichstaedt, AöR 98 (1973), 173 ff.; ferner BVerwG DVB1. 1972, 895 mit Anm. Redeker (Importquotenurteil); VG Berlin NJW 1973, 1148; dazu Ossenbühl, DVB1. 1974, 309; Tettinger, Überlegungen zu einem administrativen „Prognosespielraum", DVB1. 1982, 421 ff.; Ossenbühl, Die richterliche Kontrolle von Prognoseentscheidungen der Verwaltung, in: Festschrift für Menger, 1985, S. 731 ff. - Für den Bereich dieser Beurteilungsspielräume kommt dann freilich auch eine Gleichheitsbindung der Verwaltung durch norminterpretierende Verwaltungsvorschriften in Betracht; vgl. Walter Schmidt, JuS 1971, 184, 188; Menger, VerwArch. 63 (1972), 213. Vgl. Jesch (Fn. 15) S. 233; ders., J Z 1961, 520. Dazu BVerwGE 34, 278 = NJW 1970, 675 = DÖV 1970, 275; 36, 313 = NJW 1971, 1578; NJW 1972, 1483 mit Anm. Helmers, NJW 1972, 2012; HessVGH, NJW 1984, 318; ESVGH 35, 287 = NVwZ 1986, 683; BW VGH, NJW 1984, 319; Menger, VerwArch. 63 (1972), 213; Ossenbühl, DÖV 1970, 264; Rechenbach, NVwZ 1987, 383; Sachs, JuS 1987, 903. BVerwGE 5, 1, 8; BSGE 7, 75, 78; 15, 137, 141; BGHZ 19, 348; OVG Münster OVGE 11, 196, 201; Ipsen, Gleichheit, in: Die Grundrechte II, 111, 148; Dürig, Der Gleichheitssatz als Verfassungsrechtssatz, in: Staatslexikon, Bd. II, 7. Aufl., 1986, 137

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Fritz Ossenbühl

Fehlerwiederholung, vermag dann nicht stets zu befriedigenden Ergebnissen zu führen103; sie erscheint aber unvermeidlich, will man nicht mit dem Hebel des Gleichheitssatzes die Gesetzesbindung der Verwaltung aus den Angeln heben104. Neuere Untersuchungen hingegen tendieren zu einer differenzierenden Betrachtungsweise1043. 48 bb) Anders liegen die Dinge bei den anderen verhaltenslenkenden Verwaltungsvorschriften, namentlich den Ermessensrichtlinien. Sie betreffen im Gegensatz zu den norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften einen Bereich, in dem die Verwaltung eigene Maßstäbe setzen kann und einen Entscheidungsspielraum hat, der nur in beschränktem Umfang der richterlichen Kontrolle unterliegt. Hier geht es nicht um eine vollständige Determinierung des Verwaltungshandelns, dessen gesetzliche Direktiven nur verdeutlicht, nicht aber ergänzt oder ausgefüllt werden können 104b . Deshalb entfällt hier der Konflikt zwischen Gesetzesbindung der Verwaltung und Gleichheitsgebot. Vielmehr ist der Gleichheitssatz die dogmatische Brücke, über die sich die Verwaltungsgerichte Zugang zu dem „inneren Bereich" der Verwaltung verschaffen. Auf der Grundlage des Gleichheitsgebotes haben Lehre und Judikatur eine dogmatische Hilfskonstruktion entwickelt, die zu einer durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelten Außenwirkung der Verwaltungsvorschriften führt (sog. Theorie der Selbstbindung der Verwaltung)™5, welche die Verwaltungsvorschriften den herkömmlichen Rechtsquellen wie Gesetz und Rechtsverordnung immer mehr annähert. Sp. 1069; ders. bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 I Rdnr. 437; Mertens, Die Selbstbindung der Verwaltung auf Grund des Gleichheitssatzes, 1963, S. 26; Stern, Ermessen und unzulässige Ermessensausübung, 1964, S. 33 mit Fn. 119; Bettermann, Die Bindung der Sozialbehörden an Gesetz und Recht, in: Rechtsschutz im Sozialrecht, 1965, 47, 61; Bachof, J Z 1962, 399 (402); Kandelzhofer, J Z 1973, 536 ff. "M Allerdings ist der Fall des VGH Mannheim DVB1. 1972, 186 = ESVGH 21, 195 entgegen Götz (Urteilsanmerkung DVB1. 1972, 189 sowie DVB1. 1968, 93) hierfür kein Beleg (vgl. zutreffend Dürig bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 I Rdnr. 185 a, 186). 104 Vgl. Näheres bei Ossenbühl, DÖV 1970, 264; zustimmend VG Berlin NJW 1974, 330, 332; ferner Walter Schmidt, JuS 1971, 184 ff.; Arndt, Ungleichheit im Unrecht?, in: Festschrift für Armbruster, 1976, S. 233. 104a Vgl Arndt, Ungleichheit im Unrecht?, in: Festschrift für Armbruster, 1976, S. 233; Dürig bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 I Rdnr. 185a, 186; Götz, Der allgemeine Gleichheitssatz und die Rechtsanwendung im Verwaltungsrecht, NJW 1979, 1478; Berg, Keine Gleichheit im Unrecht?, JuS 1980, 418; Wolny, Gleichbehandlung „im Unrecht", UPR 1987, 121. 104b Vgl. BVerwGE 71, 342 (Beihilfevorschriften); Osterloh, JuS 1986, 571. 105 Schrifttum: Hans-Joachim Mertens, Die Selbstbindung der Verwaltung auf Grund des Gleichheitssatzes, 1963; Dax, Das Gleichbehandlungsgebot, 1967; Scholler, Selbstbindung und Selbstbefreiung der Verwaltung, DVB1. 1968, 409; ders., Die Interpretation des Gleichheitssatzes, 1969, bes. S. 59 ff.; Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968; Dicke, Der allgemeine Gleichheitssatz und die Selbstbindung der Verwaltung, VerwArch. 59 (1968), 293; Ossenbühl (Fn. 10) S. 514ff.; Walter Schmidt, Gesetzesvoll138

Die Quellen des Verwaltungsrechts

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Der Gedanke der Selbstbindung der Verwaltung ist keineswegs neu. Unbegründetes Abweichen von selbstgesetzten Entscheidungsmaßstäben im Ermessensbereich galt von jeher unter dem Aspekt des Willkürverbotes als „klassischer" Ermessensfehler 1 0 6 . Erst unter der Geltung des Grundgesetzes ist die administrative Selbstbindung aus Art. 3 Abs. 1 G G abgeleitet worden 1 0 7 . Der Gleichheitssatz verlangt, daß die Verwaltung ihr Ermessen gleichmäßig ausübt. Gleichbehandlung ist jedoch nur im Hinblick auf vorentschiedene Fälle denkbar. Unter Hinweis auf das Gleichbehandlungsgebot kann ein betroffener Bürger Abweichungen von Ermessensrichtlinien immer nur mit der Behauptung geltend machen, andere in gleicher Lage befindliche Bürger hätten bereits entsprechend den Richtlinien bestimmte Vergünstigungen erhalten. Anknüpfungspunkt für die Gleichheitsprüfung, Vergleichsmerkmal im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 G G , sind nicht die Verwaltungsvorscbriften, sondern die ständige Verwaltungspnw's (Verwaltungs«i>«Mg) 108 . Die Verwaltungsvorschriften sind lediglich Indizien für das Vorhandensein einer entsprechenden Verwaltungspraxis 1 0 8 3 . Denn kraft der für die Bediensteten der öffentlichen Verwaltung geltenden Gehorsamspflicht besteht eine tatsächliche Vermutung, daß Verwaltungsvorschriften und Verwaltungspraxis sich decken. Deshalb kann ein Abweichen von den Verwaltungsvorschriften unmittelbar als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz qualifiziert werden. Art. 3 G G fungiert damit als „Umschaltnorm" 1 0 9 , die verwaltungsinterne Weisungen in die das Staat-Bürger-Verhältnis unmittelbar regelnde (Außen-) Rechtsordnung extravertiert.

49

Dies wird besonders in jenen Entscheidungen deutlich, in denen der komplizierte Unterbau der Selbstbindungskonstruktion mit den Verwaltungsvorschriften als bloßen Indizien nicht mehr in Erscheinung tritt, sondern für die Frage

50

Ziehung durch Rechtsetzung, 1969, S. 15 ff.; ders., Die Gleichheitsbindung an Verwaltungsvorschriften, JuS 1971, 184; Dürig, bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 I Rdnr. 428 ff.; Pietzcker, Selbstbindungen der Verwaltung, NJW 1981, 2087ff.; Ossenbühl, Selbstbindungen der Verwaltung, DVB1. 1981, 857ff.; ders., in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, §65 Rn.44ff.; Scheuing/Hoffmann-Riem/Raschauer, Selbstbindungen der Verwaltung, VVDStRL 40 (1982), 153ff. Rechtsprechung: Vgl. die Darstellung von Ossenbühl, Die Verwaltungsvorschriften in der verwaltungsgerichtlichen Praxis, AöR 92 (1967), 1, 13 ff. (Stand: 1967); aus der Zeit danach: BVerwGE 34, 278, 280; 36, 313; 36, 323; 44, 1; 44, 136; Ossenbühl, in: Festgabe BVerwG, 1978, S. 433; Krebs, VerwArch. 70 (1979), 259. 106 Vgl. die Nachweise bei Walter Jellinek, Gesetz, Gesetzanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung, 1913, S. 323 ff.; ders., VwR, S. 446. 107 Zuerst VG Stuttgart, DRZ 1950, 571, 572. 108 Vgl. Ossenbühl, AöR 92 (1967), 1, 14ff.; Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 I Rdnr. 432 ff. Das BVerwG leitet daraus ein Interpretationsverbot von Vergaberichtlinien durch den Richter ab (DVB1. 1979, 881 mit Anm. Götz); ebenso für Verwaltungsanweisungen im Steuerrecht: BFH NJW 1979, 392 (nur Leitsatz). i08a BVerwG DVB1. 1981, 1149; BVerwGE 61, 15, 18, 21; BVerwG DVB1. 1986, 110, 111. 109 Zacher, VVDStRL 24 (1966), 237. 139

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Fritz Ossenbühl

der Verletzung des Gleichheitssatzes unmittelbar an die Verwaltungsvorschriften selbst angeknüpft und zum Ausdruck gebracht wird, daß sich die Verwaltung durch diese Vorschriften (und nicht erst durch die VerwaltungsM^HMg) gebunden habe 110 . Damit bahnt sich fast unmerklich eine entscheidende Wendung an. Denn nunmehr tritt die Selbstbindung der Verwaltung nicht erst kraft administrativen Handelns (Verwaltungspraxis, Verwaltungsübung) ein, sondern kraft eines - in den Verwaltungsvorschriften - verlautbarten Willensaktes der Verwaltungnl. Damit ist die auf Art. 3 GG basierende Selbstbindungskonstruktion aufgegeben, ein selbständiger rechtserzeugender Normwille der Verwaltung im eigenen Funktionsbereich anerkannt, letztlich ein originäres Administrativrecht mit Außenwirkung kreiert 1113 . 51

Es wäre in der Tat besser, ein solches selbständiges Verordnungsrecht anzuerkennen 112 , anstatt sich mit der Fiktion einer „antizipierten Verwaltungspraxis" zu behelfen 113 , die dazu gedacht ist, die alte Selbstbindungs&o«strw&iz'oM zu erhalten, aber gleichwohl eine Selbstbindung schon mit dem Erlaß der Verwaltungsvorschriften, also mit deren erster Anwendung zu begründen. So wird denn auch in anderen Urteilen für eine Begründung der administrativen Selbstbindung (schon) von der Bekanntgabe der Verwaltungsvorschriften ab mit Recht nicht mehr auf Art. 3 GG zurückgegriffen, sondern der Vertrauensschutzgedanke herangezogen 114 . Doch bedarf es auch dieser Krücke nicht, wenn man erkennt und anerkennt, daß die Verwaltung im Ermessensbereich eigene Maßstäbe setzen kann, und zwar auch mit selbstbindender Außenwirkung. 52 Der Einwand, ein selbständiges Verordnungsrecht der Exekutive widerspreche dem Grundgesetz, geht solange fehl, wie das Verwaltungsermessen selbst verfas110 111

lila 112

113

114

Nachweise bei Ossenbühl, A ö R 92 (1967), 1, 15 ff. So OVG Koblenz DVB1. 1962, 757 = VerwRspr. 15, 282 unter Berufung auf Menger, VerwArch. 51 (1960), 71 Fn. 33; vgl. auch BVerwG ZBR 1965, 212; V G H Kassel ESVGH 14, 50, 54 ff.; BVerwGE 35, 159, 162 (Einfuhrausschreibungen nach § 1 2 II AWG); vgl. auch Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 3 8 5 f f . Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Auflage, 1981, S. 391. Hans Klein, in: Festschrift für Forsthoff, 1967, S. 163, 186; Magiera, in: Der Staat 1974, 1, 24; vgl. auch Joachim Martens (Fn. 72), Rechtsanwendung, S. 195; ErnstWolfgang Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Auflage, 1981, S. 394; Pietzcker, Selbstbindungen der Verwaltung, N J W 1981, 2087, 2090; vgl. auch Weyreuther, DVB1. 1976, 857ff.; Scheffler, D Ö V 1980, 236, 239; Krebs, VerwArch. 1979, 259, 265; Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, 1985, S. 121; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 1990, S. 534 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR I 1987 § 2 4 Rn. 40. krit.: Hans-Joachim Mertens, Leges praeter legem, AG 1982, 29, 39; Osterloh, JuS 1990, 100, 102 f. So BVerwG D Ö V 1971, 748; D Ö V 1982, 76 (betr. Prüfungsordnung für den Auswärtigen Dienst); DVB1. 1982, 195, 197 (Prüfungsordnung für den nichttechnischen Verwaltungsdienst). So BVerwGE 35, 159, 162 = N J W 1970, 1563 = D Ö V 1971, 173; O V G Münster GewArch. 1976, 290.

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sungsrechtlich abgesichert ist 1 1 5 . Deshalb erscheint es auch nicht angebracht, die Verwaltungsvorschriften als leges praeter legem 115 " einzuordnen. Eine gefahrdrohende Zementierung der Verwaltungspraxis steht nicht zu befürchten, weil die Selbstbindung der Verwaltung anders wirkt als die Gesetzesbindung im herkömmlichen Sinne 1 1 6 . Dies ist auch der Grund, warum keine völlige Egalisierung zwischen Rechtsverordnungen im überkommenen Sinne und Verwaltungsvorschriften eintritt. Denn die Bindungsintensität beider Regelungskategorien ist unterschiedlich. Administrative Selbstbindung bewirkt eine elastische, d. h. Abweichungen für besondere Ausnahmen zulassende Bindung. Gesetzesbindung ist prinzipiell strikte Bindung, sie duldet keine Ausnahmen. Der Charakter der administrativen Selbstbindung erweist sich dagegen am Ausnahmefall. Aus besonderen, in der individuellen Sachlage liegenden Gründen kann die Verwaltung von ihren Entscheidungsmustern abweichen 1 1 7 . Überdies ist ihr Differenzierungsschema insgesamt disponibel, d. h. sie kann ihre Richtlinien jederzeit aus sachlichen Gründen ändern 1 1 7 '. cc) Bemerkenswert ist, daß die neuere Rechtsprechung im technischen Sicher- 5 3 heitsrecht und im Umweltschutzrecht ein Mandat der Verwaltung zur Konkretisierung gesetzlicher Normen durch Verwaltungsvorschriften offen anerkennt und den normergänzenden und normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften eine modifizierte Bindungswirkung auch für den Richter zuspricht 1 1 7 b . M i t diesem Schritt wird endlich einer seit Jahrzehnten existierenden und funktionierenden Rechtspraxis auch der rechtliche Segen erteilt 1 1 7 0 . e) Sofern eine Regelungslücke im Bereich des Vorbehalts des Gesetzes besteht, 54 übernehmen Verwaltungsvorschriften die Funktion des „Ubergangsrechts", wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung unvermeidbar ist 117d . Vgl. dazu Horst Joachim Müller, Das Ermessen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, DÖV 1969, 119 ff., 127. 1,Sa So die vorzügliche gleichnamige Studie von Hans-Joachim Mertens, AG 1982, 29, 39. 116 Näheres bei Ossenbühl (Fn. 10) S. 522 ff.; vgl. ferner BVerwGE 52, 193; BVerwG DVB1. 1982, 195 (Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Verwaltungspraxis bei Prüfungsordnungen). 117 Vgl. Walter Schmidt, JuS 1971, 184, 186; BVerwG NJW 1980, 75 (kein Besitzstand für die Zukunft); BVerwGE 71, 228 = DÖV 1985, 682, 684 (Nachzug der 2. Ehefrau eines Ausländers); OVG NW, DÖV 1985, 204. 117a Vgl. z.B. BVerwG DVB1. 1981, 1062 = DÖV 1982, 80; BVerwGE 70, 127, 136. U7b BVerwGE 72, 300, 320 (Wyhl); BVerwG, NVwZ 1988, 824 (TA Luft); BVerfGE 78, 214, 227 OVG Lüneburg OVGE 38, 407 = DVB1. 1985, 1322 (TA Luft); OVG Münster, NVwZ 1988, 173 (TA Luft); VGH Baden-Württemberg DVB1. 1990, 108 (Anleitung zur Berechnung von Fluglärm); vgl. zu den normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften: Gerhardt, NJW 1989, 2233; Erbguth, DVB1. 1989, 473; Hill, NVwZ 1989, 401; Wallerath, NWVB1. 1989, 513; Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung im BImSchG, 1989, S. 322 ff. Zu den Arzneimittelrichtlinien: Baader, JZ 1990, 409 ff. I17c Zum Problem: Brohm, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit als Steuerungsmechanismen in einem polyzentrischen System der Rechtserzeugung, DÖV 1987, 265 ff. I17dVgl. z.B. BVerwG DVB1. 1982, 301 (303); ferner unten Fn. 127. 115

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IV 5

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5.

Rechtserzeugung

a) Die Befugnis zum Erlaß der Verwaltungsvorschriften ist der Exekutivgewalt inhärent. Gesetze, die den Erlaß von Verwaltungsvorschriften regeln, sind deshalb im allgemeinen lediglich Kompetenznormen, nicht dagegen Ermächtigungsgrundlagen. Grundlage für den Erlaß von Verwaltungsvorschriften ist die auf die verschiedenen Verwaltungsinstanzen verteilte Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt der Exekutive. Jede Behörde und jeder Verwaltungsträger kann nur soweit Verwaltungsvorschriften erlassen, wie seine Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt reicht. Deshalb bedarf es für intersubjektive Verwaltungsvorschriften im Regelfalle einer besonderen gesetzlichen Grundlage. Die Art. 84 Abs. 2 und 85 Abs. 2 GG erweisen sich damit als Ermächtigungsnormen118. 56 b) Gesetzliche Regelungen über die Form und das Verfahren beim Erlaß von Verwaltungsvorschriften sind nur sporadisch und in zahlreichen Spezialgesetzen zu finden119. Daneben enthält die gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO II) detaillierte Regelungen über die äußere Form 120 . Die Beteiligung inner- und außeradministrativer Stellen (z. B. Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen, Berufsverbände) beim Erlaß von Verwaltungsvorschriften reicht von der Anhörung über die Mitberatung und Mitwirkung bis zur Zustimmung und Genehmigung. 57 c) Als Rechtssätze bedürfen Verwaltungsvorschriften für ihre Wirksamkeit der Publikation. Die Verkündung muß sich an jene richten, die durch die Verwaltungsvorschrift betroffen sind. Die Mindestanforderungen an die Verkündung richten sich nach den personellen, zeitlichen und räumlichen Dimensionen der angesprochenen Personenkreise121.

55

118 119 120 121

142

Näheres bei Ossenbühl (Fn. 10) S. 453; ebenso BVerfGE 26, 338, 397. Nachweise bei Ossenbühl (Fn. 10) S. 459 ff. § § 7 2 ff. GGO II. Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), 1, 36; Lübbe-Wolff, Der Anspruch auf Information über den Inhalt ermessensbindender Verwaltungsvorschriften, DÖV 1980, 594; Gusy, Die Pflicht zur Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften, DVB1. 1979, 720. OVG Berlin DVB1. 1976, 266 = DÖV 1976, 53; VGH Baden-Württemberg N J W 1979, 2117. Das BVerwG ist noch sehr zurückhaltend. Es konzediert den „Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens" ein Auskunftsrecht betreffend Ermessensrichtlinien, versagt aber Rechtsanwälten sowohl einen Anspruch auf Bekanntgabe (BVerwGE 61, 15 = N J W 1981, 535) wie auch auf Auskunft (BVerwGE 61, 40 = DVB1. 1981, 190); zuletzt BVerwGE 69, 278 = N J W 1984, 2590; N J W 1985, 1234; krit.: Hansjörg jellinek, Veröffentlichung von verwaltungsinternen Richtlinien, N J W 1981, 2235; Schulze-Osterloh, JuS 1981, 683; Scheuing, VVDStRL 40 (1982), S. 159 f.; Ketteier, Veröffentlichungspflicht und Bekanntgabe von Verwaltungsvorschriften, VR 1983,174ff.; Almut Wittling, Die Publikation von Rechtsnormen einschließlich der Verwaltungsvorschriften, Diss. Bonn 1990.

§7

Die Quellen des Verwaltungsrechts

V 1, 2

V. Sonderverordnungen 1 2 2 Die rechtliche Problematik der Verwaltungsvorschriften und deren Qualifikation und Behandlung durch Lehre und Judikatur gelten in weiten Partien auch für die Sonderverordnungen.

1.

Begriff

Diese Vergleichbarkeit der Problemlage rührt daher, daß die Sonderverordnungen aus der Kategorie der Verwaltungsvorschriften ausgeschieden sind und als eigene Regelungsgattung angesehen werden 1 2 3 . Allerdings hat der Begriff der Sonderverordnungen in der Rechtsprechung noch keine Verbreitung gefunden. M i t Sonderverordnungen sind jene Vorschriften der Verwaltung gemeint, die innerhalb sog. besonderer Gewaltverhältnisse (z. B. Wehrdienst, Schule, Universität, öffentlicher Dienst, Anstalten) ergehen. Als Anstaltsordnungen, namentlich Schulordnungen, Prüfungsordnungen, Versetzungsrichtlinien, Dienstordnungen, Hausordnungen usw. richten sie sich an die Sonderstatusinhaber (Soldaten, Schüler, Beamte, Strafgefangene usw.) und haben die Aufgabe, die innere Ordnung und das Funktionieren des besonderen Gewaltverhältnisses zu regeln und zu gewährleisten.

2.

123

59

Problematik

Die Kategorie der Sonderverordnungen wird vom besonderen Gewaltverhältnis her definiert und teilt deshalb auch seine Problematik. Diese besteht darin, daß die konstitutionelle Verwaltungsrechtslehre unter dem Begriff der besonde122

58

Literatur: Wolff/Bachof, VwR I, § 25 VIII; Brohm, Verwaltungsvorschriften und besonderes Gewaltverhältnis, DÖV 1964, 238 ; Böckenförde/Grawert, Sonderverordnungen zur Regelung besonderer Gewaltverhältnisse, AöR 95 (1970), 1; Groß, Die Rechtsqualität der Sonderverordnungen für besondere Gewaltverhältnisse und der Organisationsbestimmungen, NJW 1969, 2186; ders., Zur originären Rechtsetzung der Exekutive, DÖV 1971, 186; Rupp, Ministerialerlasse - Ausdruck originärer Rechtsetzung der Exekutive?, NJW 1970, 412; Peter Becker, Prüfungsordnungen und Rechtsstaatsgebot, DÖV 1970, 730; Walter Schmidt (Fn. 105) S. 182, 205; Erichsen, Besonderes Gewaltverhältnis und Sonderverordnung, in: Festschrift für Hans J. Wolff, 1973, S. 219 ff. Vgl. schon Nebinger, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 1949, S. 190, 192; ferner Wolff/Bachof, VwR I, § 25 VIII; Dürig, bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 IV Rn. 30; Vogel, VVDStRL 22 (1965), 158; Thieme, Zur Systematik verwaltungsrechtlicher Handlungsformen, in: Festschrift für Friedrich Schack, 1966, S. 157 ff., 164; ders., DÖV 1956, 521 ff., 526; Brohm, DÖV 1964, 238; Ossenbühl (Fn. 10) S. 23; Böckenförde/ Grawert, AöR 95 (1970), 1, 21; Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 1983, S. 116. - Ablehnend dagegen HessStGH ESVGH 21, 1; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, S. 301. 143

60

§7

V2

Fritz Ossenbühl

ren Gewaltverhältnisse eine Reihe von Lebensbereichen aus dem (historischkonventionellen) Gesetzesbegriff ausklammerte und damit für eine originäre Regelungsgewalt der Exekutive reservierte124. Entsprechend dem historisch-konventionellen Gesetzes- und Rechtsbegriff bildeten die besonderen Gewaltverhältnisse auf diese Weise gleichsam rechtsfreie Enklaven (daher Gewalt- nicht Rechtsverhältnisse!), deren innere Ordnung eben durch die als Nicht-Rechtssätze qualifizierten Verwaltungsvorschriften geregelt war. Diese eingefahrene Vorstellung hat sich erstaunlich lange gehalten; sie wird erst in der Gegenwart konsequent abgebaut. 61 Daß die besonderen Gewaltverhältnisse in Wirklichkeit Sonderrechfsverhältnisse sind, wird nicht mehr ernstlich bestritten. Desgleichen kann der Rechtsquellencharakter der Sonderverordnungen trotz bis in die Gegenwart zu konstatierender gegenteiliger Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Zweifel gezogen werden125. Denn wer vermöchte einzusehen, daß Zulassungsordnungen, Schulaufnahmeordnungen, Versetzungsrichtlinien, Prüfungsordnungen, Strafvollzugsordnungen etc., die in intensivem Maße in den vitalen Lebenskreis des einzelnen Bürgers eingreifen und ihm Lebens-, Erfolgs- und Aufstiegschancen zuteilen oder versperren, keine Rechtsnormen sein sollten. Die Frage ist allein die, wer (Legislative oder Exekutive) dieses „Sonderrecht" setzen darf. Anders ausgedrückt: es geht darum, ob die Regelung besonderer Gewaltverhältnisse insgesamt dem Gesetzesvorbehalt unterliegt oder — wenigstens partiell — durch originäres Administrativrecht getroffen werden kann. Diese Frage kann man (theoretisch) bejahen oder verneinen oder differenziert beantworten. Wer für eine — wenn auch nur partielle — Erstreckung des Gesetzesvorbehaltes auf die Sonderrechtsverhältnisse plädiert, sieht sich dann allerdings sofort mit einer ausgedehnten rechtswidrigen Verwaltungspraxis konfrontiert. Das bestehende Gesetzesvakuum kann nicht von heute auf morgen aufgefüllt werden. Man muß entweder zu den Krücken einer gewohnheitsrechtlichen Ermächtigung der Exekutive zur Rechtsetzung in besonderen Gewaltverhältnissen greifen126 oder eine durch Verfassungswandel verursachte Übergangszeit der „Rechtlosigkeit" konstatieren, die alsbald durch den Gesetzgeber zu beenden ist127. Vgl. Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, 1972; Kiepe, Entwicklungen beim besonderen Gewaltverhältnis und beim Vorbehalt des Gesetzes, DÖV 1979,399; Ronellenfitscb, Das besondere Gewaltverhältnis - ein zu früh totgesagtes Rechtsinstitut, DÖV 1981, 933 ff.; ders., Entwicklungstendenzen in der Rechtsprechung zum besonderen Gewaltverhältnis, VerwArch. 73 (1982), 245ff.; Ludwig 'Wenninger, Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, 1982; Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, 1982; Ronellenfitscb, Das besondere Gewaltverhältnis im Verwaltungsrecht, DÖV 1984, 781 ff.; Luthe, Besonderes Gewaltverhältnis und „Sachstrukturen", DVB1. 1986, 440. i " Vgl. etwa OVG Münster NJW 1967, 949 mit krit. Anm. von Selmer, NJW 1967, 1435; vgl. dagegen VGH Kassel ESVGH 24, 46 (Ausbildungs- und Prüfungsordnungen). 126 So Wolff/Bachof, VwR I, § 25 VIII b. 127 Vgl. BVerfGE 33, 1 = NJW 1972, 811, 812 (Strafvollzugsgesetz); BVerwGE 41, 261, 266 (Ärztliche Notfalldienstregelung); 42, 296 (Richtlinien für die Zulassung zum

124

144

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§7 V 2

Die pragmatisch verfahrende Rechtsprechung behilft sich mit dem Institut der 6 2 Selbstbindung der Verwaltung und kommt auf diese Weise zu Resultaten, die den Individualrechtsschutz durchweg gewährleisten128. Soweit allerdings Regelungen von Sonderstatusverhältnissen nach neuerer Erkenntnis dem Gesetzesvorbehalt unterfallen, gelten die überkommenen Verwaltungsvorschriften kraft „Notkompetenz der Verwaltung" als „Übergangsrecht" bis zum Inkrafttreten unverzüglich zu erlassender rechtsstaatlich einwandfreier Normen weiter, sofern die Funktionsfähigkeit notwendiger Verwaltungstätigkeit dies erfordert. Das Problem der Ermächtigungsgrundlage verliert mit der zunehmenden formalgesetzlichen Regelung, namentlich im schulischen Bereich, an Gewicht. Indessen zeigen gerade die Schulgesetze aus jüngerer Zeit 129 die Grenzen einer Regelungsmöglichkeit von Sonderstatusverhältnissen durch den Gesetzgeber. Im Rahmen weitgesteckter Ermächtigungen und Generalklauseln130 wird die Detailregelung stets der Verwaltung überlassen bleiben müssen. Deshalb ist der praktische Unterschied zur gegenteiligen Auffassung, die wohl ein Zugriffs recht des Gesetzgebers anerkennt, jedoch einen Gesetzes vorbehält ablehnt und den Regelungsrahmen der Exekutive durch den Verwaltungszweck und die Funktionsbestimmung des besonderen Gewaltverhältnisses begrenzt und bestimmt 131 , als gering zu erachten, wenngleich die Ausgangspunkte beider Standpunkte dogmatisch einander diametral gegenüberstehen. Die Alternative: Sonderverordnungen als abgeleitete Rechtsquellen oder originäres Administrativrecht ist lediglich eine andere Einkleidung der Frage nach den Funktionsbereichen der Legislative und Exekutive. Dieser Frage wird man nur in differenzierenden Lösungen gerecht werden können. Dies zeigt einschlägige Rechtsprechung im Schulrecht sehr deutlich 132 . Medizinstudium); 48, 305, 312 (Graduierung von Ingenieuren); 51, 235, 242f. (Vergabe von Güterfernverkehrsgenehmigungen); OVG Berlin JR 1975, 348 (Reifeprüfungsordnung); BVerwG DVB1. 1982, 301, 303 (Auswahlverfahren im Kraftdroschkengewerbe) VGH Baden-Württemberg NVwZ 1990, 87 (Zulassungsregelungen zum Deutsch-Französischen Gymnasium). 128 VG Kassel DÖV 1956, 636 (Versetzungsrichtlinien); VG Düsseldorf, Recht der Jugend 1965, 45, 47 (Versetzungsordnung); BVerwG NJW 1959, 1843 (Prüfungsverfahren); DÖV 1963, 474 = DVB1. 1963, 104 (Versetzungsrichtlinien); OVG Lüneburg DVB1. 1962, 271 (Zulassung zum Hochschulstudium); OVG Münster NJW 1967, 949, 952 (Prüfungsordnung); VGH Kassel DÖV 1956, 629, 630 (Gymnasialaufnahmebestimmungen). 12» Vgl. z. B. § 58 HessSchVG (Fuhr/Pfeil Nr. 150); § 26 SchVG NW (von Hippel/Rehborn Nr. 76). 130 Zur Unvermeidbarkeit von Generalklauseln vgl. auch BVerfGE 33, 1 = NJW 1972, 811, 812. 131 So Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), 1, 31 f. 132 Vgl. zur Sexualkunde: BVerwGE 47, 194; OVG Hamburg DÖV 1973, 574; OVG Berlin OVGE 12, 132; VGH Mannheim SPE I A II S. 1; VG Hamburg DÖV 1973, 54; zur 5Tage-Woche: BVerwGE 47, 201; VG Berlin SPE I A IV S. 11; VG Hamburg SPE I A VI S. 1; ferner: BayVerfGH DVB1. 1975, 425 (Mengenlehre); BVerfGE 34, 165 (Hess. Förderstufe); VGH Mannheim DÖV 1974, 858; DÖV 1975, 568 (Schulversuch); OVG Berlin JR 1975, 348 (Reifeprüfungsordnung); OVG Münster DVBI. 1975, 445 = NJW 145

§7 vu

Fritz Ossenbühl VI. Satzungen 1 3 3 1. Begriff

63

und

Funktion

Satzungen sind Rechtsvorschriften, die von in den Staat eingeordneten juristischen Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Gemeinden, Universitäten, Berufsverbände wie Architekten- und Ärztekammern, Sozialversicherungsträger, Wasserverbände, Rundfunkanstalten, Deutsche Bundesbank) im Rahmen der ihnen gesetzlich verliehenen Autonomie (Rechtsetzungsgewalt, Satzungsbefugnis) erlassen werden 1 3 4 . Die Satzungsgewalt ist teils unmittelbar durch die Verfassung verbürgt 1 3 5 , teils beruht sie auf der Grundlage einfacher (förmlicher) Gesetze 1 3 6 .

133

1976, 725 (SchulVerweisung); VG Schleswig NJW 1976, 989 (Orientierungsstufe); VGH Kassel NJW 1976, 1856 (Oberstufenreform). Literatur: Hans Peters, Die Satzungsgewalt innerstaatlicher Verbände, in: HdbDStR II, S. 264; Hans Schneider, Autonome Satzung und Rechtsverordnung, in: Festschrift für Philipp Möhring, 1965, S. 521; Badura, Rechtsetzung durch Gemeinden, DÖV 1963, 561; Conrad, Gemeindliche Autonomie und Gesetzesvorbehalt, BayVBl. 1970, 384; Starck, Autonomie und Grundrechte, AöR 92 (1967), 449; ders., Regelungskompetenzen im Bereich des Art. 12 Abs. 1 GG und ärztliches Berufsrecht, NJW 1972, 1489; Stern, in: Bonner Kommentar, Art. 28 Rdnr. 105 ff. (Zweitbearbeitung); Jakob, Eingriff kommunaler Satzungen in „Freiheit und Eigentum", DÖV 1970, 666; Kirchhof (Fn. 34) S. 85 ff.; Meyn, Autonome Satzung und demokratische Legitimation, DVB1. 1977, 593 ff.; Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981; ders., Die Rechtsetzungsbefugnis der kommunalen Körperschaften, in: Festschrift für von Unruh, 1983, S. 607ff.; Bethge, Parlamentsvorbehalt und Rechtssatzvorbehalt für die Kommunalverwaltung, NVwZ 1983, 577ff.; Hans Schneider, Gesetzgebung, 1982, S. 159ff.; Kleine-Cosack, Berufsständische Autonomie und Grundgesetz, 1986; Hans Spanner, Grenzen des Rechts zum Erlaß von Verordnungen und Satzungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BayVBl. 1986, 225, 229; Josef Isensee, Satzungsautonomie und Dispensbefugnis im Bereich der Arbeitskampf-Neutralität, DB 1985,2681 Ossenbühl, Satzung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66; SchmidtJortzig, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden?, DVB1. 1990, 920; Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden, Gutachten D zum 58 DJT, 1990; ebenda die Referate von Schlichter, Schmidt-Aßmann und Vechtrup; Schoch, NVwZ 1990, 801 ff., Oerder, Grenzen der kommunalen Satzungsautonomie, NJW 1990, 2104 ff.; Jörn Ipsen, JZ 1990, 789 ff. §§ 40, 44, 49, 65 ff. SHLVwG.

BVerfGE 33, 125, 156 = NJW 1972, 1504, 1506 (Facharztbeschluß); BVerfGE 10, 20, 49 f.; Starck, AöR 92 (1967), 449 f. 135 Di e gemeindliche Satzungsautonomie folgt schon aus Art. 28 Abs. 2 GG („regeln"); dazu BVerwGE 6, 247, 252; Gönnenwein, Gemeinderecht, 1963, S. 144 mit Nachweisen; ferner Stern, Bonner Kommentar, Art. 28 Rdnr. 105; Hans Schneider, in: Festschrift für Möhring, 1965, S. 521; für die Universitäten vgl. z. B. Art. 16 LV NW. 136 Beispiele: Handwerksinnungen: § 55 HandwO. Ärztekammern: § 17 Satz 1 HeilBerG NW. Rundfunkanstalten: § 1 Abs. 2 ZDF-Staatsvertrag.

134

146

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 7

VI 2

Die Autonomie ist Normsetzungsmacht zur Festlegung der inneren Ord- 6 4 nung137 und zur Bewältigung der Aufgaben138 staats- oder regierungsunabhängiger rechtlich selbständiger Verwaltungseinheiten139, insbesondere der Selbstverwaltungskörperschaften140. Bei den territorial 141 oder gruppenplural142 orientierten Selbstverwaltungseinheiten hat die Verleihung der Autonomie einen doppelten Sinn. Sie dient der Aktivierung gesellschaftlicher Kräfte, die durch parlamentarische Vertretungen in einem überschaubaren Bereich kraft ihrer besonderen Sachkunde eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und dadurch den Abstand zwischen Normgeber und Normadressat verringern. „Zugleich wird der Gesetzgeber davon entlastet, sachliche oder örtliche Verschiedenheiten berücksichtigen zu müssen, die für ihn oft schwer erkennbar sind und auf deren Veränderungen er nicht rasch genug reagieren könnte." 143 Deshalb ist der Autonomiegedanke nicht nur politisch sinnvoll, sondern entgegen vereinzelten Stimmen im Schrifttum 144 auch verfassungskonform145. 2. Abgrenzung zu verwandten

Rechtsquellen

a) Satzungen sind ebenso wie Rechtsverordnungen abgeleitete Rechtsquellen 6 5 und materielle Gesetze mit allgemeinverbindlicher Geltung und Wirkung. Dennoch bestehen zwischen Satzungen und Rechtsverordnungen grundlegende Unterschiede146. Allerdings sind die Grundlagen der Autonomie und der Verordnungsbefugnis identisch; auch die Autonomie wurzelt im staatlichen Recht, beruht auf staatlicher Verleihung147. Rechtsetzungsmacht innerstaatlicher Verwaltungseinheiten und Verbände - auch der Gemeinden148 — existiert nur 137

138

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144 145 146 147

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Z . B . Satzung des Westdeutschen Rundfunks Köln (v. 26. 11. 1985, GVB1. NW 1985, 769); Hauptsatzung der Gemeinden. Z. B. Gebührenordnungen, Beitragssatzungen, gemeindliche Satzungen über den Anschluß* und Benutzungszwang, Marktordnungen etc. Staatsunabhängig: z . B . Rundfunkanstalten (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG). Regierungsunabhängig: z. B. Deutsche Bundesbank, vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl., 1985, S. 216; Uhlenbruck, Die verfassungsmäßige Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank und ihre Grenzen, 1968; Lampe, Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, 2. Aufl. 1971. Z. B. Gemeinden, Universitäten, Berufsverbände, Wasserverbände. Gebietskörperschaften (Gemeinden, Gemeindeverbände). Z. B. Berufsverbände (Ärzte- und Notarkammern, Handwerkskammern). BVerfGE 33, 125, 157ff. = N J W 1972, 1504, 1506 (Facharztbeschluß); BVerwGE 6, 247, 251; Starck, AöR 92 (1967), 449, 451. Z. B. Andreas Hamann, Autonome Satzungen und Verfassungsrecht, 1958, S. 65 f. BVerfGE 33, 125, 157 ff. = N J W 1972, 1504, 1506. Dazu: Hans Schneider (Fn. 133) S. 521; Wilke (Fn. 59) S. 1917; Badura, DÖV 1963, 561. BVerwGE 6, 247, 249 f.; Badura, DÖV 1963, 561 f.; Wilke (Fn. 59) S. 1919; ebenso Hans Schneider (Fn. 133) S. 523 (mit allerdings feinerer Differenzierung). Badura, DÖV 1963, 561 ff. 147

§ 7 VI 2

Fritz Ossenbiihl

aufgrund und im Rahmen staatlicher Ermächtigung. Eine Konkurrenz zwischen staatlicher und autonomer Rechtsetzungsmacht besteht insoweit nicht. An dieser „zivilisatorischen" Errungenschaft der staatlichen Souveränität gegenüber der Anarchie unkoordinierter Rechtsschöpfung partikulärer Rechtsgemeinschaften 149 ist festzuhalten, und das Bundesverfassungsgericht hat hieraus mit Recht die notwendigen Konsequenzen gezogen150. Mit der Unterscheidung zwischen Rechtsverordnungen und Satzungen zieht die Rechtsquellenlehre lediglich die Konsequenzen aus zwei voneinander zu trennenden innerstaatlichen Organisationsprinzipien: der Dekonzentration und der Dezentralisation 151 . Durch Verordnungsermächtigung wird die dem (parlamentarischen) Gesetzgeber zustehende Normsetzungsbefugnis partiell an eine Stelle der bürokratisch-hierarchisch organisierten staatlichen Exekutive abgegeben (Dekonzentration). Dagegen wird durch gesetzliche Verleihung der Autonomie einer selbständigen, vom staatlichen Verwaltungsapparat separierten Verwaltungseinheit (Dezentralisation) die Befugnis eingeräumt, nicht nur partiell, sondern in dem umfassenden Rahmen ihres gesamten Kompetenzbereiches Recht zu setzen152. Rechtsverordnungen sollen das Parlament in seiner Rechtsetzungsaufgabe entlasten, Satzungen sollen Selbstverwaltungseinheiten instandsetzen, sich zu organisieren und ihre Aufgaben auch durch den Erlaß abstrakt-genereller Anordnungen wirksam zu erfüllen 153 . Die Autonomie ist deshalb der Selbstverwaltungsidee zwar nicht notwendig immanent 154 , aber für ihre Realisierung im allgemeinen unentbehrlich. 66 Rechtsverordnungen sind demnach Ausdruck einer dekonzentrierten, Satzungen dagegen Instrumente einer dezentralisierten Rechtsetzung 155 . Die Autonomie als Attribut — wenn auch nicht als essentiale - des Selbstverwaltungsgedankens unterliegt wegen dieses Zusammenhangs nicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG 1 5 6 . Überdies wird die Satzungsgewalt im allgemeinen durch besondere demokratisch legitimierte Organe (z. B. Gemeinderat) betätigt 157 . Deshalb genügt die pauschale Einräumung von Rechtsetzungsmacht für „alle eigenen Angelegenheiten" des selbständigen Verwaltungsträgers. Badura, DÖV 1963, 561 Fn. 2. BVerfGE 33, 125, 157 ff. = N J W 1972, 1504, 1506 ff.; dazu Starck, N J W 1972, 1489. 151 Zur Unterscheidung: Bachof, Artikel „Verwaltung", in: EvStL, 2. Aufl. 1975, Sp. 2771 ff.; Hans Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S . 4 4 f f . , 94 ff.; Thieme, Verwaltungslehre, 4. Aufl. 1984, Rdnr. 252. 152 Haug, N J W 1962, 675 „Sie (die Autonomie) ist blanko und auf Vorrat verliehene Gesamtbefugnis innerhalb abgesteckter Grenzen". Wilke (Fn. 59) S. 1919. 154 Vgl. aber BVerfGE 12, 319, 325: „Ein wesentliches Element der Selbstverwaltung". 155 Vgl. Hans Peters, HdbDStR II S. 264, 270. 15« BVerfGE 12, 319, 325; 19, 235, 267; 21, 54, 62; 32, 346, 360 f.; 33, 125, 157 ff. = NJW 1972, 1504, 1506; Menger, VerwArch. 63 (1972), 447ff. 157 Zu diesem umstrittenen „demokratischen Argument": BVerfGE 21, 54, 62f. = JZ 1967, 485, m. Anm. Stern/Püttner, ebenda S. 488; BVerfGE 33, 125, 157 = N J W 1972, 1504, 1506 mit Kritik von Starck, N J W 1972, 1489, 1490. 149

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§7

Die Quellen des Verwaltungsrechts

VI 3

Soweit allerdings ein Selbstverwaltungsträger, wie beispielsweise die Gemeinde, zugleich als Vollzugsinstanz im staatlichen R a u m agiert 1 5 8 , bedarf es für diesen Bereich spezieller Verordnungsermächtigungen, so daß sich - zumal im gemeindlichen Bereich — Satzungen und Rechtsverordnungen nur vom Aufgabenbereich (Selbstverwaltungsaufgaben — staatliche Aufgaben) her sachgemäß abgrenzen lassen 1 5 9 . b) Satzungen müssen ferner entgegen einer sowohl im Schrifttum 1 6 0 als auch in der Rechtsprechung 1 6 1 anzutreffenden verwirrenden Terminologie von den Geschäftsordnungen staatlicher Organe streng unterschieden werden 1 6 2 . Die Befugnis dieser Organe, ihre innere Ordnung im Rahmen der Gesetze und der Verfassung selbst zu bestimmen, mag man als Geschäftsordnungsautonomie bezeichnen, muß dann aber im Auge behalten, daß diese mit dem der Selbstverwaltungsidee verbundenen Autonomiebegriff nichts zu tun hat. Geschäftsordnungen staatlicher Organe werden in Wahrnehmung einer staatlichen Kompetenz erlassen und sind daher staatliches, nicht autonomes Recht 1 6 3 .

67

Auch Geschäftsordnungen von Selbstverwaltungsorganen (z. B. Gemeinderat) sind zwar Rechtsquellen, aber nicht Satzungen, weil sie nicht über den Organbereich hinauswirken. 3. Inhalt der

Satzungen

a) Die Satzungsgewalt wird im Regelfall pauschal für die „eigenen Angelegenheiten" des betreffenden Selbstverwaltungsträgers erteilt. Die Autonomie bezieht sich damit auf einen „von vornherein durch Wesen und Aufgabenstellung der Körperschaft begrenzten Bereich" 1 6 4 . Satzungen dienen danach namentlich der normativen Festlegung der Selbstorganisation einer rechtsfähigen Verwaltungseinheit und der sachgerechten Erledigung der Selbstverwaltungsaufgaben. Um den potentiellen Inhalt von Satzungen zu bestimmen, muß also von den Selbstverwaltungsaufgaben der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger ausgegangen werden. Beispiele aus dem Bereich der Universitäten sind Immatrikulationsordnungen, Prüfungsordnungen sowie Habilitations- und Promotionsordnungen.

Zum Dualismus des Aufgabenkreises der Gemeinden: vgl. Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. 1, 2. Aufl. 1975, S. 168 ff.; Ossenbühl (Fn. 10) S. 385 ff. 159 Dazu Badura, DÖV 1963, 521. 160 Ygi etwa Maunz bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 80 Rdnr. 52. 161 Vgl. BVerfGE 1, 144, 148, wo das Gericht apodiktisch feststellt, die GeschO des Bundestags sei eine „autonome Satzung". 162 Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde (Fn. 80) S. 116 ff.; Klaus Friedrich Arndt, Parlamentarische Geschäftsordnungsautonomie und autonomes Parlamentsrecht, 1966, S. 156 ff.; Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989; Dreier, Regelungsform und Regelungsinhalt des autonomen Parlamentsrechts, JZ 1990, 310 ff. 163 Böckenförde (Fn. 18) S. 120. 164 BVerfGE 12, 319, 325; BVerfGE 33, 125, 157 ff. = NJW 1972, 1504, 1506. 158

149

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§7 69

VI 4

Fritz Ossenbühl

b) Umstritten ist die Frage, o b und inwieweit Satzungen ohne spezielle formalgesetzliche Ermächtigung in den Rechtskreis des Bürgers, namentlich in seine Grundrechte, eingreifen können 1 6 5 . Die Antwort kann nur differenzierend ausfallen. Wie schon hervorgehoben, verbergen sich hinter der Entgegensetzung von staatlichem oder autonomem Recht Gemeinwohl und Partikularinteressen (Gruppeninteressen). Hüter des Gemeinwohls gegenüber Gruppeninteressen ist der staatliche Gesetzgeber. Er hat deshalb auch die grundrechtsprägenden Entscheidungen selbst zu treffen und nicht einem möglicherweise gruppenegoistischen Zunftdenken zu überlassen, welches namentlich bei Berufsverbänden nahe liegt. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht mit Recht unter Heranziehung der am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichteten Stufentheorie zu Art. 12 G G im Bereich des Facharztwesens den Erlaß der statusbildenden Normen (Voraussetzungen für die Facharztanerkennung, zugelassene Fachrichtungen, Mindestdauer der Ausbildung, Anerkennungsverfahren etc.) dem Gesetzgeber vorbehalten 1 6 6 . Diese Grundsätze gelten nicht nur für die berufsständische, sondern auch für die kommunale Selbstverwaltung und andere Selbstverwaltungsbereiche. Der Auffassung, Satzungen könnten schon aufgrund der generellen Verleihung von Autonomie auch in Freiheit und Eigentum der Bürger eingreifen 167 , wird man deshalb ebensowenig das Wort reden können wie der Meinung, Grundrechte seien „autonomiefest" 1 6 8 .

4. 70

Rechtserzeugung

Das Verfahren über das Zustandekommen, die Ausfertigung 1683 und die Verkündung 1681 ' von Satzungen ist regelmäßig spezialgesetzlich geregelt 1 6 9 . Häufig bedürfen Satzungen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde 1 7 0 . Sie ist Wirksamkeitsvoraussetzung und gegenüber dem Satzungsgeber ein Verwaltungsakt 1 7 1 . i« Vgl. Starck, AöR 92 (1967), 449; Conrad, BayVBl. 1970, 384; Jakob, DÖV 1970, 666; Friehe, JuS 1979, 465; Betbge, NVwZ 1983, 577. •« BVerfGE 33, 125, 157 ff. = NJW 1972, 1504, 1506; dazu Häberle, DVB1. 1972, 909ff.; BVerfGE 76, 171 NJW 1988, 191 und 194 (betr. Standesrichtlinien der Rechtsanwälte); dazu Kleine-Cosack, NJW 1988, 164; Zuck, NJW 1988, 185; ders., EuGRZ 1987, 585. 167 Vgl. Jakob, DÖV 1970, 666; Wolff/Bachof, VwR I, § 25 IX b). 168 Vgl. Hans Peters, HdbDStR II S. 266; Köttgen, DVB1. 1955, 445. 168a Ziegler, Die Ausfertigung von Rechtsvorschriften, insbesondere von gemeindlichen Satzungen, DVB1. 1987, 280 ff. 168b Wolfgang Ziegler, Die Verkündung von Satzungen und Rechtsverordnungen der Gemeinden, 1976. 169 Vgl. z.B. für Gemeinden: §§4, 43 Abs. 2, 6 4 - 6 7 GO NW; für Universitäten: §130 WissHG NW. 170 Im Kommunalrecht gilt der Grundsatz der Genehmigungsfreiheit (vgl. Schmidt-]ortzig, Kommunalrecht, 1982, S. 213), im Hochschulrecht ist die Genehmigungspflicht die Regel (vgl. Hans Schneider, Gesetzgebung, 1982, S. 168). 171 Vgl. BVerfGE 10, 20, 50; BVerfG DÖV 1968, 290; OVG Lüneburg, DVB1. 1969, 849. 150

§ 7 VII 1

Die Quellen des Verwaltungsrechts

VII. Gewohnheitsrecht172 Mit dem Gewohnheitsrecht wird eine seit langem unangefochtene Rechts- 71 quelle angesprochen, die zu dem noch zu erörternden „Richterrecht" und zu den „allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts" so enge Verbindungen aufweist, daß eine thematische Trennung kaum möglich erscheint. Dennoch besteht kein Anlaß, den Begriff des Gewohnheitsrechts zu einem Sammelbegriff für das gesamte, nicht gesetzte Recht auszuweiten173. Das Gewohnheitsrecht ist als Rechtsquelle kein spezifisch verwaltungsrechtliches Problem174. Vielmehr stammen die grundlegenden Werke des zivilrechtlichen Bereichs zum Gewohnheitsrecht schon aus einer Zeit, in der das Verwaltungsrecht noch nicht als selbständige Rechtsdisziplin ausgeprägt war 175 . Die Frage nach Existenz, Voraussetzungen und Anerkennung des Gewohnheitsrechts ist ein Problem jeder Rechtsordnung.

1. Die herkömmliche

Lehre und

Rechtsprechung

Nach der überkommenen, auch heute nur vereinzelt, wenngleich energisch 7 2 angegriffenen Auffassung steht die Existenz von Gewohnheitsrecht außer Frage, a) Rechtserzeugungsvoraussetzungen sind: 73 — eine langdauernde und allgemeine Übung (longa consuetudo) (objektives Element); — die Überzeugung der Beteiligten von der Rechtmäßigkeit der Übung (opinio iuris) (subjektives Element); — die Formulierbarkeit der Übung als Rechtssatz (formales Element)176. 172

173

174 175

176

Literatur: Höhn, Gewohnheitsrecht im Verwaltungsrecht, 1960; Forsthoff, VwR, S. 144 ff.; Gröpper, Gewohnheitsrecht, Observanz, Herkommen und unvordenkliche Verjährung, DVB1. 1969, 945; Tomuschat, Verfassungsgewohnheitsrecht?, 1972; Friauf, Artikel „Gewohnheitsrecht", in: EvStL, Bd. I, 3. Aufl., 1987, Sp. 1150 ff.; Josef Esser, Richterrecht, Gerichtsgebrauch und Gewohnheitsrecht, in: Festschrift für Fritz von Hippel, 1967, S. 95; Hubmann, Entstehung und Außerkrafttreten von Gewohnheitsrecht, JuS 1968, 61; Adomeit, Rechtsquellenfragen im Arbeitsrecht, 1969, S. 53 ff.; Ulrich Meyer-Cording (Fn. 88) S. 70 ff.; Z. Giacometti (Fn. 1) S. 169 ff.; Kirchhof (Fn.34) S. 92 f. So z. B. Reichel, Gesetz und Richterspruch, 1915, S. 102; Wackernagel, in: Festschrift für Karl Haff, 1950, S. 360 ff.; hiergegen: Liver, in: Rechtsquellenproblem im Schweizerischen Recht, 1955, S. 1, 25; Höhn (Fn. 172) S. 43 ff.; Tomuschat (Fn. 172) S. 45. Vgl. Friauf (Fn. 172) Sp. 874 ff. Vgl. Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Auflage 1959, 1. Halbband, S. 261 ff. mit weiteren Nachweisen; ferner Nörr, in: Festschrift für Wilhelm Felgentraeger, 1969, S. 353 ff. Vgl. Wolff/Bachof, VwR I, § 25 III; BVerwGE 8, 317, 321; DVB1. 1979, 116, 117. 151

§7

74

VII 1

Fritz Ossenbühl

Gewohnheitsrecht entsteht danach durch eine lange allgemeine Übung, die durch Rechtsüberzeugung getragen wird 1 7 7 . Es ist deshalb von den Rechtsbeteiligten und Betroffenen selbst geschaffenes Recht, Urrecht; im Gegensatz zum geplanten, gesetzten Recht (allmählich) gewachsenes Recht. b) Der Geltungsraum des Gewohnheitsrechts deckt sich naturgemäß im wesentlichen mit dem Bereich, für den geschriebenes Recht fehlt. Jedoch hat das Gewohnheitsrecht nicht nur im Verhältnis zum geschriebenen Recht ergänzende und lückenfüllende Funktion; es kann sich auch ausnahmsweise gegen Gesetze (contra legem) entwickeln und durchsetzen (consuetudo abrogatoria) 1 7 8 . Freilich hat die Zunahme und Verbreitung des kodifizierten Rechts den Entstehungsbereich für Gewohnheitsrecht zunehmend schrumpfen lassen. Indessen ist zumal für das Verwaltungsrecht typisch das Nebeneinander von minuziöser Detailregelung (im besonderen Verwaltungsrecht) und gesetzlichem Vakuum (im allgemeinen Verwaltungsrecht). Mangels einer Kodifikation des sog. allgemeinen Verwaltungsrechts scheint das Gewohnheitsrecht hier als (Ersatz-) Rechtsquelle seinen ureigenen Entstehungsraum zu finden. In der Tat besteht trotz der inzwischen erlassenen Verwaltungsverfahrensgesetze ein großer Teil des allgemeinen Verwaltungsrechts, insbesondere des Staatshaftungsrechts 1 7 9 aus ungeschriebenen Regeln. Einige Grundsätze (z. B. Aufopferungsgrundsatz 1 8 0 , Grundsatz der freien Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte 1 8 1 , Befugnis der Verwaltung, im Verhältnis hoheitlicher Überordnung sich ergebende Rechtsfolgen durch Verwaltungsakt geltend zu machen 1 8 1 3 , das behördliche Hausrecht 1811 ") sind auch ausdrücklich als Gewohnheitsrecht bezeichnet und anerkannt worden. Namentlich im Bereich der Gemeinden begegnet man örtlich beschränkten Gewohnheitsrechtssätzen (sog. Observanzen), die sich seit

Forsthoff, VwR, S. 146; BSGE 24, 118, 120 = NJW 1966, 692, 693; OVG Münster DÖV 1976, 677. 178 Strittig! Vgl. BVerwGE 8, 317, 321; BVerfGE 9, 213, 221; VGH Baden-Württemberg DÖV 1978; 696; BVerwG DVB1. 1979, 116, 118; Wolff/Bachof, VwR I, §25 III; Forsthoff, VwR, S. 147; Friauf (Fn. 172) Sp. 874 ff.; ablehnend für die Annahme gewohnheitsrechtlich begründeter Eingriffsermächtigungen der Verwaltung: Jesch (Fn. 15) S. 115 f.; vgl. demgegenüber BVerwGE 19, 245. 179 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl. 1983, passim; Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage, 1974, S. 42 f. und passim. 180 Z. B. BGHZ 16, 374; Forsthoff, VwR, S. 354 f.; Schuck, NJW 1959, 307; Josef Esser, in: Festschrift für Fritz von Hippel, 1967, S. 96; zu anderen Begründungen vgl. Wolff/ Bachof, VwR I, § 61. 181 Vgl. Ossenbühl (Fn. 28) S. 51 ff.; BVerwG DÖV 1977, 606; jetzt kodifiziert in § 48 VwVfG. isla BVerwG ZBR 1965, 87, 88; DÖV 1977, 606, 607. i8ibVgl. Ronellenfitsch, VerwArch. 73 (1982), 470; abl. Knemeyer, Das Hausrecht der öffentlichen Verwaltung, VB1BW 1982, 249, 252. 177

152

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§7

VII 2

altersher etwa im Wasser- und Wegerecht, aber auch im Nachbarrecht gebildet haben 1 8 2 . c) Dennoch ist ein Faktum auffällig: die richterlichen Entscheidungen und die Stellungnahmen des Schrifttums, die sich auf Gewohnheitsrecht berufen und stützen, sind selten. Dies hat namentlich zwei Gründe. Einmal ist das allgemeine Verwaltungsrecht, einschließlich Staatshaftungsrecht seit Ende der fünfziger Jahre in einem raschen Wandel begriffen. Die Kontinuität überkommener Grundsätze des Verwaltungsrechts ist angesichts der grundgesetzlichen Regelung weithin unterbrochen oder doch in Frage gestellt. Deshalb fehlt es für die Feststellung von Gewohnheitsrecht an der longa consuetudo. Die opinio iuris allein erzeugt kein Gewohnheits-Recht; sie ist vom Standpunkt der herkömmlichen Auffassung allenfalls Grundlage „allgemeiner Grundsätze des Verwaltungsrechts", die, von Lehre und Judikatur aufgestellt, Gewohnheitsrecht lediglich anbahnen, sich als „Gewohnheitsrecht in statu nascendi" darstellen 1 8 3 . — Ein zweiter, selten bewußt gewordener Grund, hat tiefere Ursachen. Sie liegen in der Rationalität zivilisierter Rechtsordnungen 1 8 4 . Das Argument: „Das haben wir immer so gemacht" ist in einer sog. pluralistischen Gesellschaft, der die Homogenität des Rechtsempfindens weithin verloren gegangen ist, verfemt. Als Recht, auch als Gewohnheitsrecht., wird nur das anerkannt, was als vernünftig und einleuchtend begründet angesehen werden kann 1 8 5 .

2. Neuere Ansätze einer Negation des

Gewohnheitsrechts

M i t dem zuletzt aufgenommenen Gedanken ist das Gewohnheitsrecht als Rechtsquelle im Kern berührt. Der „Selbstand" von Gewohnheitsrecht als Rechtsquelle scheitert an den (eigenen) Rechtserzeugungsvoraussetzungen. Ist es schon schwer genug, ja häufig ein Akt der Dezision der letztverbindlich Recht anwendenden Instanz, also der Gerichte, die longa consuetudo festzustellen 186 , so gilt dies um so mehr für die Rechtsüberzeugung der Beteiligten. Abgesehen davon, daß sich allgemeine Rechtsüberzeugungen wegen der Komplexität des

182

183

184 185 186

75

Vgl. dazu Gröpper, DVB1. 1969, 945, 946; OVG Münster DÖV 1976, 677; BVerwG DVB1. 1979, 116; keine gewohnheitsrechtliche Entstehung von Bebauungsplänen: BVerwGE 55, 369. Aufschlußreich jene Anekdote (vgl. Rümelin, Die bindende Kraft des Gewohnheitsrechts, 1929, S. 14), nach der ein alter schwäbischer Richter, der einen Referendar auf ein angebliches Gewohnheitsrecht hinwies, auf dessen Einwand, ein solches lasse sich aus der bisherigen Rechtsprechung nicht nachweisen, bemerkte: „Wisse Se, so a Gewohnheitsrecht muß au amol anfange". Dazu Meyer-Cording (Fn. 88) S. 70 ff. Meyer-Cording (Fn. 88) S. 73. Vgl. z. B. BVerwGE 22, 299, 300 = DVB1. 1966, 567, mit der im Jahre 1965 getroffenen Feststellung, seit Inkrafttreten des Grundgesetzes könne sich „schwerlich" bereits ein neues Gewohnheitsrecht gebildet haben. 153

76

§7

Vili

Fritz Ossenbühl

Verwaltungsrechts im Volke kaum entwickeln können und auch bezeichnenderweise am Gerichts- und Verwaltungsbrauch abgelesen werden 1 8 7 , filtern letztlich die Gerichte nach eigener Wertung jene Verhaltensweisen und Übungen heraus, denen sie das Prädikat „Gewohnheitsrecht" zusprechen. — Da jedoch dieses einmal festgestellte Gewohnheitsrecht allgemeinverbindliche, d. h. prinzipiell auch den Richter bindende Kraft hat, ist es zumal in der Judikatur beliebter, (lediglich) von allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts auszugehen 188 . In einiger Überspitzung wird von dieser Sicht aus das Resultat unausweichlich: „Das Gewohnheitsrecht ist nichts anderes als Richterrecht" 1 8 9 . Denn realistisch betrachtet, gewinnt Gewohnheitsrecht seine praktische Relevanz erst durch „richterliche Anerkennung" 1 9 0 . — Ob man freilich aus diesem Faktum den weitgehenden Schluß einer Negation des Gewohnheitsrechts ziehen darf, erscheint zumindest fraglich 1 9 1 . Konsequenterweise würde dies zur Inthronisierung eines totalen Richterrechts führen. Denn letztlich hängt auch die (reale) Geltung von gesetzten Normen weitgehend davon ab, daß und vor allem wie die Gerichte diese auslegen. VIII. Richterrecht 1 9 2 77

Damit ist die Brücke zu einem der umstrittensten Phänomene der Rechtsquellenlehre geschlagen: dem Richterrecht. Ebenso wie beim Gewohnheitsrecht liegt auch dem Problem des Richterrechts keine spezifisch verwaltungsrechtliche Vgl. Ossenbühl (Fn. 28) S. 52; Höhn (Fn. 172) S. 55 f.; Josef Esser (Fn. 180) S. 125; BSGE 24, 118, 120 f. = NJW 1966, 692, 693 f. 188 Gewohnheitsrecht steht der richterlichen Rechtsfortbildung allerdings offen; vgl. BGH VerwRspr. 10, 522 (betr. Aufopferungsanspruch), BVerfGE 15, 226, 233. 189 So Meyer-Cording (Fn. 88) S. 70. 190 Adomeit (Fn. 172) S. 56; Josef Esser (Fn. 180) bes. S. 124 ff.; Hans Ryffel, Grundprobleme der Rechts- und Staatsphilosophie, 1969, S.429; weitere Nachweise bei Tomuschat (Fn. 172) S. 55 Fn. 49; ferner schon Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 1968, S. 469 unter Hinweis auf Max Weber, Rechtssoziologie, 1960, S. 464. Bemerkenswert BGHZ 34, 64, 69 = NJW 1961, 313, 315: „Die zur Bildung eines Gewohnheitsrechts erforderliche gemeinsame Rechtsüberzeugung entfällt nämlich schon deswegen, weil es an einer bestätigenden Rechtsprechung fehlt." Abgewogen und im Sinne der herkömmlichen Theorie zutreffend dagegen BGH VerwRspr. 10, 522, 523 f. 191 Vgl. auch Tomuschat (Fn. 172) S. 55. 192 Literatur: Reinhold Zippelius, Zum Problem der Rechtsfortbildung, NJW 1964, 1981; Hans Peter Schneider, Richterrecht, Gesetzesrecht und Verfassungsrecht, 1969; Germann, Probleme und Methoden der Rechtsfindung, 2. Aufl. 1967, S. 227 ff.; Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 1968, S. 457 ff.; Baring, Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts als Rechtsquelle?, in: JJb., Bd. 6 (1965/66), S. 27 ff.; Kruse, Das Richterrecht als Rechtsquelle des innerstaatlichen Rechts, 1971; Josef Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, 3. Aufl. 1974; ders. (Fn. 172) S. 95 ff.; Ossenbühl, Die Bindung der Verwaltung an die höchstrichterliche Recht187

154

§7

Die Quellen des Verwaltungsrechts

VIII 1

Fragestellung zugrunde. Vielmehr handelt es sich, ohne Übertreibung gesprochen, um ein existentielles Problem der gesamten Rechtsordnung, genauer gesagt: der Rechtswissenschaft193.

1. Das

Problem

Die Problematik des Richterrechts resultiert aus der inzwischen Allgemeingut gewordenen Erkenntnis, daß jede von Menschen stammende Gesetzesordnung unvollständig ist und daß auch sorgfältig durchdachte und abgewogene Kodifikationen für einzelne Bereiche der Rechtsordnung ebenso viele Lücken und Probleme enthalten wie legislative Entscheidungen. Dieses Faktum steht mit dem verfassungsrechtlich begründeten Postulat strikter Gesetzesunterworfenheit des Richters in unversöhnlichem Widerspruch. Die überkommene Lehre versucht den Widerspruch dadurch aufzuheben, daß sie das richterliche Urteil als einen Akt der Erkenntnis wertet, der nach den anerkannten Regeln juristischer Interpretation abläuft und die verborgene, aber im Gesetz vorgedachte eine richtige Entscheidung für den Einzelfall erschließt 194 . Es ist einleuchtend, daß die Diskussion um das Richterrecht von hier aus einerseits in den breiten Strom der Erörterungen um die Methodik der rechtswissenschaftlichen Erkenntnis und der

1,3

194

sprechung, AöR 92 (1967) S. 478; Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung, 2. Aufl. 1976, S. 243; Robert Fischer, Die Weiterbildung des Rechts durch die Rechtsprechung, 1971; Tomuschat (Fn. 172) S. 51 ff.; Meyer-Cording (Fn. 88) S. 60 ff.; Redeker, Legitimation und Grenzen richterlicher Rechtsetzung, NJW 1972, 409; Scholz, Arbeitsverfassung und Richterrecht, in: Der Betrieb 1972, 3 ff., 7 ff.; Badura, Grenzen und Möglichkeiten des Richterrechts, 1973; Rainer Stahl, Die Bindung der Staatsgewalten an die höchstrichterliche Rechtsprechung, 1973; Dreier, Probleme der Rechtsquellenlehre, in: Festschrift für Hans J. Wolff, 1973, S. 3 ff.; Jörn Ipsen, Richterrecht und Verfassung, 1975; Roellecke/ Starck, Die Bindung des Richters an Gesetz und Verfassung, VVDStRL 34 (1976), S. 7ff., 43 ff.; Going, Zur Ermittlung von Sätzen des Richterrechts, JuS 1975, 277 ff.; Bruno Heusinger, Rechtsfindung und Rechtsfortbildung im Spiegel richterlicher Erfahrung, 1975; Gerhard Müller, Gedanken zum Richterrecht, AuR 1977, S. 129; Rolf Wank, Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, 1978; Gerd Roellecke (Hrsg.), Zur Problematik der höchstrichterlichen Entscheidung, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1982; Fritz Bydlinsky, Hauptpositionen zum Richterrecht, J Z 1985, 149; Theo Mayer-Maly, Über die der Rechtswissenschaft und der richterlichen Rechtsfortbildung gezogenen Grenzen, J Z 1986, 557; Paul Kirchhof, Richterliche Rechtsfindung, gebunden an „Gesetz und Recht", NJW 1986, 2275; Festschrift der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg: Richterliche Rechtsfortbildung, 1986; Friedrich Müller, „Richterrecht", 1986. Vgl. dazu Latenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. 1983, S. 6; Stern, NJW 1958, 695. Bülow, Gesetz und Richteramt, 1885 (Neudruck 1972), S. 29; Heck, Das Problem der Rechtsgewinnung, 2. Aufl. 1932, S. 1; Rümelin, Werturteile und Willensentscheidungen, Tübinger Kanzlerrede 1891. 155

78

§ 7

Vili 2

Fritz Ossenbühl

Wissenschaftlichkeit der Jurisprudenz schlechthin einmündet 195 , andererseits mit grundlegenden Problemen der Verfassungsstruktur (Gewaltenteilung, Funktionenlehre) verknüpft ist 196 . Es geht etwa um folgende Fragen: Ist richterliche Tätigkeit, also Rechtsanwendung, durchweg ein rational begründbarer Vorgang mit intersubjektiv verifizierbaren Resultaten oder enthält sie auch volitive Elemente, Bestandteile einer eigenbestimmten Rechtsefzw«g? Wenn solche richterliche Rechtsetzung bejaht wird, wie ist sie dann verfassungsrechtlich gegenüber der gesetzgebenden Aufgabe des Parlaments zu legitimieren197, wie ist ihr Verhältnis zur grundgesetzlich instituierten Legislative, wo liegen die Grenzen eines solchen Richterrechts 198 ?

2. Auffassungen 79

in Lehre und

Rechtsprechung

a) Die Existenz und Legitimität von Richterrecht ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nie in Zweifel gezogen worden 199 ; im Gegenteil: nach dem Selbstverständnis der deutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt „die Aufstellung allgemeiner Rechtsgrundsätze in der Natur der Tätigkeit der höheren Gerichte" 200 . - Noch entschiedener und klarer heißt es im Jahresbericht 1966 für den Bundesgerichtshof: „Darüber ist jedenfalls unter Juristen kein Zweifel möglich, daß in allen übersehbaren Zeiträumen das verwirklichte Recht eine Mischung von Gesetzesrecht und Richterrecht gewesen ist und daß dasjenige Recht, das sich in den Erkenntnissen der Gerichte verwirklicht hat, sich niemals in allem mit demjenigen Recht gedeckt hat, das der Gesetzgeber gesetzt hatte" 201 . — Zu bemerken ist schließlich, daß das Bundesverfassungsgericht im Gleichberechtigungsurteil dem Richter die Schließung einer Gesetzeslücke in „schöpferischer Rechtsfindung" aufgetragen hat mit dem Hinweis, solche schöpferische Füllung weiter Lücken auf der Grundlage einer richtungsweisenden Klausel (hier Art. 3 Abs. 2 GG) sei „eine herkömmliche und stets bewältigte richterliche Aufgabe" 202 . Diese Feststellung wird durch die einschlägigen Prozeß-

195 196 197 198

199

200 201 202

156

Vgl. besonders: Rüthers (Fn. 192); Hans Peter Schneider (Fn. 192), S. 24ff. Vgl. Hans Peter Schneider (Fn. 192), S. 30 ff.; Kruse (Fn. 192) S. 12ff. Vgl. Robert Fischer (Fn. 192), S. 6; Redeker, N J W 1972, 409. Hans Peter Schneider (Fn. 192), S. 30 ff.; Redeker, N J W 1972, 409; Franz-)ürgen Säcker, Grundprobleme der kollektiven Koalitionsfreiheit, 1969, S. 123. Vgl. z.B. BVerfGE 1 3 , 3 1 8 , 3 2 8 ; 1 8 , 2 2 4 , 2 3 7 ; 26, 327, 337; 34, 269, 287ff. (SorayaBeschluß); 65, 182, 190 (Sozialplanabfindung); BAGE 23, 292, 319 f. („gesetzesvertretendes Richterrecht" im Arbeitskampf); BVerwG M D R 1968,348; ferner Hans Peter Schneider (Fn.192); Robert Fischer (Fn. 192) und Rüthers (Fn. 192), S. 466ff. mit Nachweisen. BVerfGE 26, 327, 337. N J W 1967, 816. BVerfGE 3, 225, 243. Weitere Beispiele ähnlicher Art bei Robert Fischer (Fn. 192).

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§ 7

VIII

2

Ordnungen bestätigt, die den Gerichten die „Rechtsfortbildung" zur Aufgabe machen (z.B. § 11 Abs. 4 VwGO, § 137 GVG). Damit ist zugleich angedeutet, in welchem Raum des Verwaltungsrechts sich 8 0 Richterrecht entfalten kann. Einmal in jenen Bereichen, in denen (einfach-) gesetzliche Bestimmungen fehlen, zum andern aber auch und namentlich dort, wo der Gesetzgeber sich mit der Aufstellung von Generalklauseln und der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe begnügt und sachnotwendig begnügen muß203. So ist beispielsweise die polizeiliche Generalklausel durch eine jahrzehntelange Rechtsprechung in einer Weise konkretisiert worden, daß ihre Anwendung heute keine nennenswerten Schwierigkeiten mehr bereitet204. Aufschlußreich und paradigmatisch ist auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung des Begriffs „Eignung zur sittlichen Jugendgefährdung"205. Sie legt Zeugnis davon ab, daß der Umfang des Jugendschutzes und der ihm korrespondierenden Verlegerfreiheit weitgehend von der konkretisierenden Auslegung bestimmt werden, die der Richter bei einem unbestimmten Rechtsbegriff vornimmt (z. B. gefährdungsgeneigter Jugendlicher oder Durchschnittsjugendlicher usw.)206. Die ständige Konfrontation der richterlichen Praxis mit ergänzungsbedürftigen Gesetzen und völligen Rechtslücken hat auf diese Weise das Selbstverständnis der Judikatur geprägt. Richterrecht ist ihr zwar problematisch207, aber vertraut, auch wenn es nicht immer unter dieser Bezeichnung in Erscheinung tritt 208 oder gar die Gleichung: richterliche Rechtsschöpfung = Rechtsetzung apodiktisch verneint wird209. b) In der Rechtslehre sind die Vorbehalte gegen die Anerkennung von Richter- 81 recht stärker verbreitet210, aber zunehmend im Abbau begriffen211. Es geht im Grunde nicht mehr um das Ob, sondern um das Maß und die Grenzen des Richterrechts. Dazu namentlich Kruse (Fn. 192), S. 7. Vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 219 ff. 2 0 5 BVerwGE 39, 197 = DÖV 1972, 419 = N J W 1 9 7 2 , 5 9 6 m. Anm. Müller, ebenda S. 1587. 2 0 i Dazu Ossenbübl, DÖV 1 9 7 2 , 4 0 1 (403). 2 0 7 Dazu Robert Fischer (Fn. 192), S. 2 5 , 3 8 ; B G H Z 54, 3 3 2 , 3 3 7 = N J W 1971, 32 (Ampelunfall); 55, 229, 232 = N J W 1971, 607 (Wasserrohrbruch). 208 M e i s t ¡ s t lediglich die Rede von „allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts" (dazu sub Rn. 87 ff.) o. ä. 2 0 9 Z . B . BVerfGE 1 8 , 2 2 4 , 2 3 8 . 2 1 0 Vgl. Hirsch, J R 1966, 334; Flume, Richter und Recht, 1967; Z. Giacometti (Fn. 1) S. 176 ff.; Friedrich Müller (Fn. 192); abwägend Scholz, Der Betrieb 1972, 3 ff., 7ff. 211 Vgl. namentlich Georg Dahm, Deutsches Recht, 1963, S. 35; Kruse (Fn. 192); MeyerCording (Fn. 88) S. 66 ff.; Kr tele (Fn. 192) S. 243 ff.; Robert Fischer (Fn. 192); Hans Peter Schneider (Fn. 192); Josef Esser (Fn. 180); Franz-Jürgen Säcker (Fn. 198) S. 95 ff.; Germann (Fn. 192); Redeker, N J W 1972, 409, 411; Rüthers (Fn. 192) S. 471 f., alle mit weiteren Nachweisen. 203

204

157

§ 7 VIII 3

Fritz Ossenbühl

Man kann sich dem Problem des Richterrechts von verschiedenen Ansatzpunkten her nähern. Wer vom verfassungsdogmatischen Standpunkt ausgeht, wird es unter dem Aspekt der Gewaltenteilung und der Rechtsunterworfenheit des Richters schwerer haben, zur Anerkennung des Richterrechts zu gelangen. Demgegenüber setzt sich in neuerer Zeit immer mehr eine realistische Betrachtungsweise durch, die von dem Faktum ausgeht, daß sich das geltende Recht niemals nur aus dem Gesetz erschließen läßt, sondern stets die Rechtsprechung hinzugenommen werden muß 212 , ja, daß vielfach das genaue Studium der Judikatur wichtiger ist als Gesetzeskenntnis. Von hier aus wird versucht, das Richterrecht in die Rechtsquellentheorie einzubauen. Diesem Anliegen ist zuzustimmen. Denn eine Theorie, die eine breite und die Rechtsordnung beherrschende Wirklichkeit wie die des Richterrechts ignoriert oder nicht verarbeiten kann, ist unglaubwürdig und wertlos 213 . 3.

Lösungsansätze

82

Wenn im folgenden von Verbindlichkeit von Richterrecht die Rede ist, so sind jene verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ausgeklammert, denen kraft einfachgesetzlicher Anordnung ohnehin Gesetzeskraft zukommt 214 . 83 a) Daß man dem Richterrecht die Eigenschaft einer Rechtsquelle abgesprochen hat und auch heute noch ausdrücklich oder stillschweigend abspricht, hat nicht zuletzt seinen Grund darin, daß das richterliche Urteil nicht dieselbe Verbindlichkeit aufweist wie die „klassischen" Rechtsquellen (z. B. Gesetze und Rechtsverordnungen). Der schwächere Grad der Verbindlichkeit des Richterrechts rechtfertigt es jedoch nicht, ihm das Prädikat einer Rechtsquelle vorzuenthalten 215 . Der häufig zu hörende Einwand, das richterliche Urteil erzeuge nur Wirkungen und Bindungen zwischen den Prozeßparteien (inter partes), gilt wohl für die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits als solchem, nicht aber für den im Urteil zum Ausdruck kommenden, vom Richter aufgestellten Rechtsgrundsatz, der sich über den Einzelfall erhebt und als Entscheidungsmaßstab für künftige Streitfälle sowohl die Judikatur als auch die übrige Praxis formt und bestimmt 216 . 212

213 214 215

216

158

Vgl. eindrucksvoll Rüthers (Fn. 192); ferner Kriele (Fn. 192) S. 243 ff.; Kruse (Fn. 192) S. 4; Esser (Fn. 180) S. 118 f.; Robert Fischer (Fn. 192). Vgl. auch Robert Fischer (Fn. 192) S. 7, 10 f.; Kruse (Fn. 192) S. 20. Z. B. § 31 Abs. 2 BVerfGG. Insoweit stellt Rüthers (Fn. 192) S. 472, mit Recht fest, daß es sich bei dem Streit um die Rechtsquellennatur des Richterrechts in erheblichem Maße um „Konstruktionsund Formulierungskontroversen" handelt. Vgl. Dahm (Fn. 211) S. 35 („Kristallisationspunkte für die zukünftige Praxis"); Robert Fischer (Fn. 192) S. 24 f. unter Hinweis auf das Phänomen des sog. Musterprozesses; Meyer-Hentschel, Das Bundesverwaltungsgericht als Koordinator der öffentlichen Verwaltung, DÖV 1978, 596 ff.

Die Quellen des Verwaltungsrechts

§7

VIII 3

Freilich besteht keine im echten Sinne normative und deshalb prinzipiell unüberwindliche Bindung an Präjudizien; weder für die Verwaltung noch für den Bürger und ebenso nicht für den Richter selbst. Aber der Richter kann in Zukunft nicht ohne weiteres an den Vorentscheidungen vorbeijudizieren; er wird und muß sich mit ihnen auseinandersetzen. Es entsteht eine Argumentationslast, die man mit Kriele als „präsumtive Verbindlichkeit" (Vermutung zugunsten des Präjudizes) bezeichnen kann 2 1 7 . Die Beachtung von Präjudizien bedeutet nicht Erziehung zur unkritischen Autoritätsgläubigkeit, zur Unwissenschaftlichkeit, sondern zur Bewahrung einer gewissen Kontinuität der Rechtsordnung, deren Eigenwert häufig und teilweise aus einer modischen Denkweise heraus allzu leicht verkannt wird. b) Die vorstehenden Ergebnisse lassen sich auch aus dem Blickwinkel der rechtsanwendenden Verwaltungsbehörden bestätigen. Die Verwaltung ist zwar bei der Auslegung von Gesetzen prinzipiell nicht an die Judikatur gebunden. Sie kann sich in Ausnahmefällen sogar gegen eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung entscheiden 2 1 8 . Doch obliegt ihr die Argumentationslast und Begründungspflicht. — Freilich ist die Negation der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Verwaltung kein vordringliches praktisches Problem. Denn in der täglichen Praxis ist die Verwaltung im Regelfall für jede klärende richterliche Grundsatzentscheidung dankbar, weil sie einen Zustand der Rechtsungewißheit beendet, klare Bahn schafft. Vielfach wird die Rechtsprechung im rechtsanwendenden Bereich „zu der eigentlich entscheidenden Erkenntnisquelle für das Handeln der Verwaltung" 2 1 9 . Doch gibt es auch viel beachtete und kritisierte Fälle einer hoheitlich angeordneten Nichtbeachtung höchstrichterlicher Urteile, namentlich im Steuerrecht 2 1 9 a . Davon abgesehen gehen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber auch konkret faßbare rechtliche Bindungseffekte für die Verwaltung aus. Denn - abermals aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung (diesmal des R G und B G H ) — ist allgemein anerkannt, daß ein Bediensteter der öffentlichen Verwaltung, der ohne neue und gewichtige Gründe von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht, sich einer Amtspflichtverletzung schuldig macht, die zu entsprechenden Schadensersatzansprüchen des betroffenen Bürgers gegen die Anstellungskörperschaft (z.B. Bund, Land, Gemeinden usw.) führt 2 2 0 . Die präsumtive Verbindlichkeit des höchstrichterlichen Präjudizes erfaßt also auch die administrative Rechtsanwendung. Sie

Kriele (Fn. 192) S. 243 ff. Näheres bei Ossenbühl, AöR 92 (1967), 478 ff. 219 Robert Fischer (Fn. 192) S. 23. 215a Vgl. Ossenbühl, AöR 92 (1967), 478 ff.; Felix, Zur Zulässigkeit von Verwaltungsanweisungen über die Nichtbeachtung von Urteilen des Bundesfinanzhofs, StuW 1979, 65 ff.; Walter Leisner, Die allgemeine Bindung der Finanzverwaltung an die Rechtsprechung, 1980; Joachim Mertens (Fn. 72), Rechtsanwendung, S. 190ff. 220 Vgl. Ossenbühl, AÖR 92 (1967), 478, 486; ders., Staatshaftungsrecht, 3. Aufl. 1983, S. 44ff. mit Nachweisen. 217

218

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löst eine auf Argumentationslast abgeschwächte Bindung der Verwaltung aus, die mit Hilfe des Amtshaftungsanspruchs indirekt sanktioniert wird. 85 c) Schließlich ist zu bemerken, daß die höchstrichterliche Rechtsprechung das von ihr geschaffene Richterrecht auch in bestimmten Beziehungen wie Gesetzesrecht im herkömmlichen Sinne behandelt. So hat das Bundesverwaltungsgericht unter Zustimmung des Schrifttums 221 auch jene „allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts", die sich bei näherem Zusehen als Richterrecht erweisen, als revisibles Bundesrecht im Sinne des § 137 VwGO qualifiziert 222 . Ferner sieht das Bundessozialgericht eben diese „allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts" als „Gesetze" im Sinne des § 77 SGG an 223 , weil sie „nach ständiger Rechtsprechung wie geschriebene Normen angewendet werden" 224 . 86 d) Zieht man ein Resümee, so läßt sich feststellen, daß nur derjenige dem Richterrecht die Qualität einer Rechtsquelle absprechen kann, der den Rechtsquellenbegriff ebenso wie den Rechtssaizbegriff lediglich auf die herkömmlich anerkannten Rechtsquellen bezieht, ihn also historisch-konventionell einengt225. Eine zeitgemäße, die Rechtswirklichkeit einbeziehende Rechtsquellentheorie kann sich diese Fixierung auf das Begriffsarsenal des 19. Jahrhunderts auf die Dauer nicht weiter leisten. Versteht man, wie dargetan, die Rechtsquelle als „Erkenntnisgrund für etwas als geltendes Recht", so ist auch das Richterrecht als Rechtsquelle anzusehen226.

IX. Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts227 1. 87

Begriff

Eine Darstellung der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts ist dadurch erheblich erschwert, daß sich noch keine einheitliche Terminologie durch-

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Ule, VerwprozeßR, S. 273; Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, Diss. Würzburg, 1969, S. 110 ff.; Heinrich Schleifenbaum, Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts als revisibles Bundesrecht, Diss. München, 1966. BVerwG DÖV 1971, 857 m. Anm. Bachof, ebenda S. 859, 860 (Betrifft: Folgenbeseitigungsanspruch); BVerwG DVB1. 1973, 373, 374. § 77 SGG lautet: „Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist." BSG DVB1. 1963, 249; vgl. auch BVerwG DÖV 1961, 382. Vgl. oben § 6 Rn. 7 f. Vgl. auch Menger, in: Festschrift für Walter Bogs, 1967, S. 89, 90, 92. Literatur: Baring, Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts - eine Rechtsquelle?, in: JJb. 6 (1965/66), S. 27; Hardt (Fn. 221); ders., Die allgemeinen Verwaltungsgrundsätze, DÖV 1971, 685; ders., Die Revisibilität der allgemeinen Verwaltungsgrund-

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gesetzt hat, vielmehr fast jeder Autor eigene Begriffsvorstellungen zugrunde legt 2 2 8 . Die bestehende Verwirrung wird nicht unbeträchtlich verstärkt, indem auch die Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts in die Begriffsbildung einbezogen wird 2 2 9 . Unbestritten ist im Grunde nur die banale Feststellung, daß die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts prinzipiell für alle Gebiete des Verwaltungsrechts gelten und nicht auf Sondermaterien beschränkt sind. — Im übrigen empfiehlt es sich, zur Erfassung des Phänomens der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts induktiv vorzugehen.

2.

Beispiele

Auf der Suche nach Grundsätzen, die unter den Terminus „allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts" rubriziert werden, stößt man beispielsweise auf folgende Regeln: a) die Grundsätze über Bestand, Widerruf und Rücknahme von Verwaltungsakten 2 3 0 ; b) die Grundsätze über die Nichtigkeit von Verwaltungsakten 2 3 1 ; c) die Grundsätze über die Verwirkung im öffentlichen Recht 2 3 2 ; d) die Grundsätze über die Selbstbindung der Verwaltung 2 3 3 ;

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sätze, DVB1. 1973, 235; Menger, Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts als Rechtsquellen, in: Festschrift für Walter Bogs, 1967, S. 89; Schleifenbaum, Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts als revisibles Bundesrecht, Diss. München, 1966; ders., Die Revisibilität des Grundsatzes von Treu und Glauben im Verwaltungsprozeß, DVB1. 1969,350; Höhn (Fn. 172) S. 56; Tomuschat (Fn. 172) S.46ff.; Z. Giacometti (Fn. 1) S. 283 ff; Hans-Werner Rengeling, Rechtsgrundsätze beim Verwaltungsvollzug des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1977, S. 90 ff.; Alexy, Zum Begriff des Rechtsprinzips, in: Rechtstheorie, Beiheft 1, 1979, S. 59 ff.; ders., Rechtsregeln und Rechtsprinzipien, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Beiheft 25, 1985, S. 13 ff.; ders., Theorie der Grundrechte, 1986, S. 71 ff.; Penski, Rechtsgrundsätze und Rechtsregeln, J Z 1989, 105 ff.; Weyreuther, Bemerkenswertes über Grundsätzliches, DÖV 1989, 321 ff. Vgl. Schleifenbaum (Fn. 227) S. 71 ff.; ders., DVBl. 1969, 351; Weyreuther, DÖV 1989, 321 ff.; Penski, J Z 1989, 105 ff. Z. B. Gleichsetzung der „allgemeinen Grundsätze" mit Gewohnheitsrecht oder Richterrecht. Dazu Kimminich, Rücknahme und Widerruf begünstigender Verwaltungsakte, JuS 1965, 249; Becker, Zur Rücknahme fehlerhafter begünstigender Verwaltungsakte in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, DÖV 1967, 729; ders., DÖV 1973, 379; BVerwG DVBl. 1973, 373, 374; jetzt normiert in den §§ 48, 49 VwVfG. Erbel, Die Unmöglichkeit von Verwaltungsakten, 1972; jetzt § 44 VwVfG. BVerwGE 6,204, 205. Vgl. Ossenbühl, AöR 92 (1967), 1, 13 ff.; BVerwGE 34, 278, 280. 161

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e) die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit234; f) die Grundsätze über das Verwaltungsverfahren (z.B. rechtliches Gehör, Verbot der Entscheidung in eigener Sache, Interessenkollision und Befangenheit) 2342 . g) die Grundsätze über die öffentlich-rechtliche Entschädigung235; h) die Grundsätze über den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch236 und Folgenbeseitigungsanspruch237; i) der Grundsatz des Vertrauensschutzes2373. Dies sind nur einige Beispiele. Die vorstehende Aufzählung ließe sich erheblich erweitern2371'. 3. 89

Rechtsnatur

Geht man den Ursprüngen, der Entstehungsweise und der Bedeutung der hier gemeinten „allgemeinen Grundsätze" nach, so sind zunächst zwei Feststellungen bemerkenswert. Erstens können diese Grundsätze auf ein unterschiedliches Alter verweisen; einige sind über hundert, andere erst wenige Jahre alt. Zweitens: alle sog. „allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts" werden ohne Rücksicht auf Alter und Herkunft „nach ständiger Rechtsprechung wie geschriebene Normen angewendet" 238 . Dies ist zunächst der empirische Befund. Stellt man die Frage nach der Rechtsnatur, so zeigt sich, daß die „allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts" in Wahrheit keine eigene neue Rechtsquellenkategorie darstellen, sondern als Sammelbegriff für verschiedene — meist ungeschriebene — Rechtsnormen dienen, die sich bei näherem Zusehen als Gewohnheitsrecht oder — häufiger Grundlegend: Lerche, Ubermaß und Verfassungsrecht, 1961; ferner: Wittig, DÖV 1968, 817; BVerwG DÖV 1971, 857, 858; Hans Huber, Über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Verwaltungsrecht, in: Ztschr. f. Schweiz. Recht 96 (1977), 1 ff.; Lothar Hirschberg, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1981; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, DVB1. 1985, 97; Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot 1989. 2343 Jetzt kodifiziert im Verwaltungsverfahrensgesetz. 235 Dazu Bender (Fn. 179). 236 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl. 1983, S. 210ff.; BVerwGE 18,308, 314; 20, 295, 297. 237 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl. 1983, S. 192 ff.; Friedrich Schock, Folgenbeseitigung und Wiedergutmachung im öffentlichen Recht, VerwArch. 79 (1988), S. lff. 2373 Vgl. Ossenbühl, Vertrauensschutz im sozialen Rechtsstaat, DÖV 1972, 25 ff.; Kisker/ Püttner, Vertrauensschutz im Verwaltungsrecht, VVDStRL 32 (1974), 149 ff., 200 ff.; Beatrice Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, 1983; Pieroth, Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundsatz des Vertrauensschutzes, J Z 1984, 971 ff.; § 48 Abs. 2 VwVfG. 23711 Vgl. die umfangreiche Aufzählung bei Weyreuther, DÖV 1989, 321 ff. 238 So BSGE 18, 22 = DÖV 1963,182; DVB1. 1963, 249. 234

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als Richterrecht, zuweilen auch als Gesetzesrecht erweisen, also in den bereits dargestellten Kategorien von Rechtsquellen aufgehen 239 . a) So findet beispielsweise der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit seinen 9 0 positivrechtlichen Ausdruck in den Polizeigesetzen der Länder 24q . Im Polizeirecht als einer der Materien des „klassischen" Verwaltungsrechts ist dieser Grundsatz auch ursprünglich entwickelt, aber sein Anwendungsbereich inzwischen auf das gesamte Verwaltungsrecht ausgedehnt worden. Überdies wird diesem Grundsatz heute sogar verfassungsrechtlicher Rang zugesprochen 241 . b) Eine Reihe von „allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts" stellt 91 sich als Gewohnheitsrecht dar. Dies gilt beispielsweise für den Grundsatz der freien Rücknahme rechtswidriger, belastender Verwaltungsakte 242 (jetzt in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kodifiziert) oder die Grundsätze über die öffentlichrechtliche Entschädigung bei Aufopferung für das Gemeinwohl 243 . c) Die weitaus überwiegende Zahl der „allgemeinen Grundsätze des Verwal- 9 2 tungsrechts" hat jedoch die Qualität von Richterrecht 244 . Diese Feststellung ist daraus zu erklären, daß einerseits ein „allgemeines Verwaltungsgesetz", welches die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts normiert, fehlt, andererseits der Rückgriff auf gewohnheitsrechtliche Prinzipien weitestgehend versagt, weil sich das Verwaltungsrecht seit Inkrafttreten des Grundgesetzes in einem Umbruch befindet. Dieser Umbruch, d. h. die Anpassung der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts an die Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes, vollzieht sich vorerst durch die Rechtsprechung in Form des Richterrechts, um sich nach praktischer Bewährung und Übung entweder zu Gewohnheitsrecht zu verfestigen oder, wie etwa in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder, in förmlichen Gesetzen eine festere normative Gestalt anzunehmen. Die vorerst als Richterrecht ausgeprägten allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts lassen sich nach ihrer Herkunft wie folgt differenzieren. aa) Zum großen Teil sind diese Grundsätze Konkretisierungen aus fundamen93 talen Verfassungsprinzipien14S. So ist beispielsweise auf der Grundlage der Konkretisierungskette: Rechtsstaatsgebot — Rechtssicherheit — Vertrauensschutz des 239 Vgl. auch BVerwG DÖV 1971, 857 m. Anm. Bacbof, ebenda S. 859, 860. 240 Nachweise bei Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl. 1988, S. 123, 127. 241 Dazu Wittig, DÖV 1968, 817; Gentz, NJW 1968,1600; Grabitz, AöR 98 (1973), 568 ff.; Götz, Bundesverfassungsgericht und Vertrauensschutz, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, 1976, Bd. II, S. 421 ff.; Lothar Hirschberg, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1981. 242 Vgl. Ossenbühl (Fn. 28) S. 51, BVerwG DÖV 1977,606. 243 Vgl. die Nachweise in Fn. 235. 244 Vgl. Bachof, Rspr. BVerwG II Nr. 290. 245 Vgl. Bachof, Rspr. BVerwG II Nr. 290; Stern, JZ 1962, 263, 268; Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm in der verfassungskonformen Auslegung und Rechtsfortbildung, 1969, S. 26 ff.; Giacometti (Fn. 1) S. 180, 283 ff.

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Bürgers ein Fundus von Entscheidungsregeln für die Rücknahme fehlerhafter begünstigender Verwaltungsakte entwickelt worden, der sich bewährt hat und inzwischen in § 48 II - IV VwVfG kodifiziert worden ist. Die Ableitung von Grundsätzen aus Verfassungsprinzipien ist erst nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes in Mode gekommen und durch die Vorstellung vom „Verwaltungsrecht als konkretisiertem Verfassungsrecht" beflügelt worden. Sie ist die heute gängigste, wenngleich schwierigste Methode der Rechtsfindung und Rechtsschöpfung im öffentlichen Recht 246 . 94 bb) In den Hintergrund geraten ist auf diese Weise eine andere Methode, derer sich namentlich das Reichsgericht bediente 247 , die aber auch heute in der Rechtsprechung248 noch eine nicht unerhebliche Rolle spielt: die Analogie. Problematisch ist im Verwaltungsrecht namentlich die Frage der Zulässigkeit von Analogien zu zivilrechtlichen Vorschriften249. Sie wird zum Teil wegen der Strukturunterschiede zwischen dem öffentlichen Recht und dem Privatrecht prinzipiell verneint, aber überwiegend, wenn auch mit Vorbehalten, bejaht. Bei der Verwendung zivilrechtlicher Rechtsvorschriften im öffentlichen Recht zeigen sich zwei Spielarten, die allerdings häufig ineinanderfließen250. Einmal kann nach den Grundsätzen der Analogie eine Vorschrift des bürgerlichen Rechts im öffentlichen Recht deshalb Verwendung finden, weil der dieser Vorschrift zugrunde liegende Rechtsgedanke auch hier gilt und die Privatrechtsnorm sich deshalb zur Lösung anbietet 251 . Zum andern kann die zivilrechtliche Norm Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens sein, der als solcher auch im öffentlichen Recht unmittelbare Geltung hat 252 . In der Rechtsprechung werden die „allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts" in der Regel als „Gewohnheitsrecht in statu nascendi" gedeutet, als Grundsätze, die der Rechtsüberzeugung der Beteiligten entsprechen, die aber (noch) kein Gewohnheitsrecht darstellen, weil es an der ständigen Übung fehlt 253 . 246 247

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Vgl. vorige Fußnote. Dazu Friedrich Schack, „Analogie" und „Verwendung allgemeiner Rechtsgedanken" bei der Ausfüllung von Lücken in den Normen des Verwaltungsrechts, in: Festschrift für Laun, 1948, S. 275. Vgl. B G H Z 58, 386, 392 ff. = DVB1. 1972, 672, 673 = N J W 1972, 1364 (Anwendung von § 313 BGB auf Erschließungsverträge nach § 123 Abs. 3 BBauG a. F., jetzt § 124 Abs. 1 BauGB). Dazu Schack (Fn. 247); Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, 1967, S. 87 ff.; Flückiger, Das Zivilrecht als Rechtsquelle des Verwaltungsrechts, in: Rechtsquellenprobleme im schweizerischen Recht, 1955, S. 137 ff.; Gern, Analogie im Verwaltungsrecht, DÖV 1985, 558. Vgl. schon Schüle, VerwArch. 38 (1933), 405 ff.; zuletzt B G H Z 5 8 , 3 8 6 , 392 ff. = DVB1. 1972, 672, 673 = N J W 1972, 1364. Beispiel: B G H Z 58, 386, 392 ff. = DVB1. 1 9 7 2 , 6 7 2 , 6 7 3 = N J W 1972,1364. Beispiel: Öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruch; BVerwGE 18, 308, 314; 20, 295, 297. Vgl. BSG DVB1. 1963, 249, 250; Höhn (Fn. 172) S. 56 ff.

§7 X1

Die Quellen des Verwaltungsrechts

Solche Qualifikationen fußen ersichtlich auf den Vorstellungen der herkömmlichen Rechtsquellendoktrin und können nach dem Gesagten nur mit Vorbehalten zur Kenntnis genommen werden. X . Europäisches Gemeinschaftsrecht 2 5 4 Wenn das Europäische Gemeinschaftsrecht 2 5 5 erst an letzter Stelle erwähnt 9 5 wird, so indiziert dies keineswegs Bedeutung und Rang dieser Rechtsquelle im Verwaltungsrecht 256 ; ihr würde man nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung eher gerecht, wenn man das Europäische Gemeinschaftsrecht an die Spitze stellte, was freilich der Entwicklungsgeschichte nicht entspräche. Über den hohen Stellenwert des Europäischen Gemeinschaftsrechts in unserer Rechtsordnung besteht im Prinzipiellen kaum Streit 2 5 7 . Um so merkwürdiger erscheint die Feststellung, daß das Europäische Gemeinschaftsrecht in neueren verwaltungsrechtlichen Darstellungen entweder ganz fehlt oder nur am Rande erwähnt wird. 1.

Grundlagen

Europäisches Gemeinschaftsrecht ist das Recht der drei Europäischen GemeinSchäften (EGKS, EAG, EWG), welches als „primäres Gemeinschaftsrecht" in den europäischen Verträgen 2 5 8 normiert ist und als „sekundäres Gemeinschaftsrecht" 254

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256 151

238

Literatur: Hans Peter lpsett, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, insbes. S. 4 ff., 62 ff., 107 ff., 120 ff., 447 ff.; Zuleeg, Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Recht, 1969; ders., Neue Literatur zum Europarecht: Gemeinschaftsrecht und nationale Gesetze, AöR 97 (1972), 423; Pescatore, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, NJW 1969, 2065; Fuß, Rechtssatz und Einzelakt im Europäischen Gemeinschaftsrecht, NJW 1964, 327, 945, 1600; Runge, Einführung in das Recht der Europäischen Gemeinschaften, 2. Aufl. 1975, S. 63 ff.; Kirchhof (Fn. 34) S. 93 ff.; Jürgen Schwarze, Die Befugnis zur Abstraktion im europäischen Gemeinschaftsrecht, 1976; Albert Bleckmann, Europarecht, 4. Aufl. 1985; Gert Nicolaysen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1979. Die Terminologie ist nicht einheitlich; synonym werden benutzt: Europarecht, Recht der Europäischen Gemeinschaften, Europäisches Recht. Vgl. z. B. Schmidt, DVB1. 1972, 247, 253. Vgl. Stettner, Europäisches Gemeinschaftsrecht als Quelle der Rechtsfindung deutscher Gerichte 1974-1984, AÖR 111 (1986), 359ff., 537ff. Fundstellen (Gründungsverträge): Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS): BGBl. 1952 II S. 447; Europäische Atomgemeinschaft (EAG): BGBl. 1957 II S. 1014, 1678; Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG): BGBl. 1957 II S. 766, 1678; (BGBl, jeweils Text in 4 Sprachen); Sartorius II, Internationale Verträge — Europarecht; Wohlfarth/Everling/Glaesner/ Sprung, Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, 1960 (Anhang mit deutschem und französischem Text). 165

96

§7 X 2

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(„Folgerecht", „Organrecht") 259 in Gestalt von verbindlichen Regelungen (Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen, Empfehlungen) der Gemeinschaftsorgane (Rat, Kommission) zum Ausdruck kommt. Das Europäische Gemeinschaftsrecht steht in keinem Ableitungszusammenhang mit den unter I. — IX. angeführten nationalen Rechtsquellen. Mit der Errichtung der Europäischen Gemeinschaften ist kein Bundesstaat, auch keine internationale Organisation im herkömmlichen Sinne, sondern ein verfaßter Verband eigener Art entstanden, dem eine originäre supranationale öffentliche Gewalt zukommt. Dieser Verband bildet eine eigene Rechtsgemeinschaft der „Marktbürger" mit eigenen Organen, eigenem Rechtsschutzsystem und eigener Rechtsordnung. Das Gemeinschaftsrecht und das innerstaatliche, nationale Recht der Mitgliedstaaten sind „zwei selbständige, voneinander verschiedene Rechtsordnungen" 260 . Damit soll zum Ausdruck kommen, daß das sekundäre Gemeinschaftsrecht weder von der nationalen Hoheitsgewalt abgeleitet noch von ihr abhängig ist. Andererseits entfaltet das Gemeinschaftsrecht auch im innerstaatlichen Raum unmittelbare Wirkung und überlagert und verdrängt entgegenstehendes nationales Recht 261 . 2. Normschichten

und

Normkategorien

a) Die verschiedenen Ansätze einer Strukturierung des Gemeinschaftsrechts können hier nicht dargeboten werden262. Auf die Unterscheidung zwischen Primärrecht und Sekundärrecht ist bereits hingewiesen worden. Notwendig erscheint noch eine weitere Auffächerung des Sekundärrechts. 98 b) Das Sekundärrecht umfaßt Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen (Art. 189 EWGV, Art. 161 EAGV), Empfehlungen und allgemeine Entscheidungen (Art. 14 EGKSV). Die Verordnungen haben allgemeine Geltung. Sie sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten „unmittelbar in jedem Mitgliedstaat" (Art. 189 Abs. 2 EWGV; Art. 161 Abs. 2 EAGV). So können z. B. durch Gemeinschaftsverordnungen Zahlungsansprüche des einzelnen Marktbürgers gegen einen Mitgliedstaat begründet werden, deren Entstehung auch durch innerstaatliche Haushaltsvorschriften nicht gehindert werden kann, und die die innerstaatlichen Gerichte in unmittelbarer Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu wahren haben 263 . — Richtlinien sind dagegen nach dem Wortlaut der Römischen Verträge (Art. 189 Abs. 3 EWGV; Art. 161 Abs. 3 EAGV) für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet sind, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlassen jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel. Die

97

Ipsen (Fn. 254) S. 6, 111. BVerfGE 22, 293, 296 f.; 37, 271, 277; BVerwGE 38, 90, 94; ipsen (Fn. 254) S. 62 f. 261 BVerfGE 3 1 , 1 4 5 , 174; siehe auch unter § 9. 2 6 2 Dazu Ipsen (Fn. 254) S. 119. 2 « Vgl. EuGH, Urt. v. 12. 5. 1972, RS 93/71, N J W 1972, 1639 = DVB1. 1 9 7 3 , 7 2 (betr. Zahlung einer Schlachtprämie). 259

260

166

§7 X 3

Die Quellen des Verwaltungsrechts

normative Zielbestimmung der Gemeinschaften bedarf danach noch ergänzender nationaler Rechtsetzungen über Form und Mittel der Zielverwirklichung. Dies schließt aber nicht aus, daß einer Richtlinie auch „Durchgriffcharakter" zukommt mit der Konsequenz, daß der einzelne Marktbürger sich vor nationalen Gerichten unmittelbar auf eine Gemeinschaftsrichtlinie berufen kann. Eine solche unmittelbare Wirkung der Richtlinien in Verbindung mit Ratsentscheidungen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) erstmals in der Leber-Pfennig-Entscheidung angenommen 264 . Diese Position hat der EuGH in weiteren Entscheidungen bekräftigt 2643 und zu dem allgemeinen Satz verdichtet, der Marktbürger könne sich „in Ermangelung von fristgemäß erlassenen Durchführungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen innerstaatlichen, nicht richtlinienkonformen Vorschriften berufen" 2641 '. Auf derselben Linie liegt die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts264*. Für Empfehlungen nach Art. 14 Abs. 3 EGKSV gilt dasselbe, weil sie kraft Legaldefinition — in freilich verwirrender Terminologie - den Richtlinien nach Art. 189 Abs. 3 EWGV entsprechen. Sekundäre Rechtsnormen sind schließlich die allgemeinen Entscheidungen i. S. der Art. 14 Abs. 2, 15 Abs. 3 EGKSV, die nicht „einen Einzelfall betreffen" 265 . 3.

Fundstellen

a) Das primäre Gemeinschaftsrecht ist im Bundesgesetzblatt Teil II veröffent- 99 licht. Nichtamtliche Textsammlung: Sartorius II, Europarecht und internationale Verträge. b) Das sekundäre Gemeinschaftsrecht wird im Amtsblatt der Gemeinschaften publiziert. * * EuGH, Urt. v 6. 10. 1970 - RS 9/70, AS IX, 1 = DVB1. 1971,44 = DÖV 1971,310 = NJW 1970,2182; dazu lpsen (Fn. 254) S. 124 ff.; Grabitz, Entscheidungen und Richtlinien als unmittelbar wirksames Gemeinschaftsrecht, EuR 1971,1; krit. Rambow, DVB1. 1971,46; ferner: Wägenbaur, DVB1. 1972, 244. 2S*> Vgl. EuGH, Urt. v. 1. 2. 1977, RS 51/76, Slg. 1977, 113, 126 f.; Urt. v. 23. 11. 1977, RS 38/77, Slg. 1977, 2203, 2211; Urt. v. 9. 3. 1978, RS 106/77, NJW 1978, 1741; Urt. v. 5. 4. 1979, RS 148/78, NJW 1979, 1764. 264b EuGH, Urt. v. 19. 1. 1982, RS 8/81, EuGH, Slg. 82, 53 = NJW 1982, 499, 500 (6. Richtlinie zur Umsatzsteuerharmonisierung); anders: BFHE 143, 383, 386 ff. = RIW/ AWD 1981, 691 m. Anm. Heydt; dazu Dänzer-Vanotti, Unmittelbare Wirkung der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie, BB 1982, 1106; zusammenfassend: Everling, Zur direkten innerstaatlichen Wirkung der EG-Richtlinien: Ein Beispiel richterlicher Rechtsfortbildung auf der Basis gemeinsamer Rechtsgrundsätze, in: Festschrift für Karl Carstens, Bd. 1, 1984, S. 95 ff.; Seidel, Die Direkt- und Drittwirkung von Richtlinien des Gemeinschaftsrechts, NJW 1985, 517; Pieper, Die Direktwirkung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft, DVB1. 1990, 684 ff. M4 Vgl. BGH NJW 1965, 1907, 1908 (U-Bahnbau an der Buschkrugbrücke in Berlin); vgl. auch BGH JR 1976, 478, 480 f.; BGH NJW 1976, 1312. Ältere Entscheidungen zeigen in dieser Frage Unklarheit: BGH NJW 1964, 104; BGH DÖV 1965, 203; B G H Z 28, 310; B G H Z 37, 44. 642

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§52

III 1

hätte klar sein müssen, daß eine Duldungspflicht der Betroffenen — sah man den Eingriff im Sinne des weiteren Enteignungsbegriffs als Enteignung an — schon wegen Verletzung der Junktim-Klausel nicht bestand 1 6 2 , der Eingriff also, wo es nicht um unvorhersehbare und nicht abwehrbare Zufallsfolgen rechtmäßiger Handlungen ging, rechtswidrig war. Die Rechtsprechung zum enteignenden Eingriff, der trotz Fehlens einer Ent- 6 0 schädigungsnorm rechtmäßig sein soll, kann in der bisherigen Form nach BVerfGE 58, 300 nicht in vollem Umfang aufrecht erhalten werden. Selbst, wenn der B G H sich darauf zurückzieht, daß es sich nicht um Enteignungen im Sinn des Art. 14 Abs. 3 G G handele und Entschädigung wegen „enteignenden Eingriffs" nach Aufopferungsgrundsätzen zugesprochen werden könne 1 6 2 3 , so bleibt doch das Problem des vorrangigen Primärrechtsschutzes. Davon sind die Fälle der unvorhersehbaren unfallartigen 162b unzumutbaren Zufallsfolgen hoheitlicher Maßnahmen, z. B. Schäden aus Kanalarbeiten 1 6 3 nicht betroffen. Insoweit kann der „enteignende Eingriff" — ob unter dieser oder unter einer anderen Bezeichnung - aufrechterhalten bleiben 1 6 3 3 . Die Frage einer Duldungspflicht stellt sich ebensowenig wie die der vorrangigen Abwehrklage 1 6 4 . Schwieriger steht es in allen Fällen, in denen über das zu duldende M a ß hinausgehende Eigentumsbeeinträchtigungen vorhersehbar und deshalb auch abwehrbar sind. Zu denken ist an Schädigungen durch Straßen- und U-BahnBauarbeiten und durch Immissionen öffentlicher Unternehmungen aller Art, z. B. auch durch Straßenlärm. Der Bürger kann sich hiergegen je nach Lage des Falles in verschiedenen Formen wehren, z.B. durch Anfechtung von Genehmigungen, Planfeststellungen, Normenkontrollanträge gegen Bebauungspläne nach § 47 VwGO oder auch durch schlichte Unterlassungsklagen 165 . Zwar läßt sich im allgemeinen Aufopferungsanspruch auch insoweit eine Grundlage für eine Entschädigung finden 1 6 J a , jedoch wird der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Vorrang des Primärrechtsschutzes mißachtet, wenn ohne weiteres EntschäVgl. dazu Bothe, JuS 1976, 516; Schmidt, J Z 1977, 123ff.; Weyreuther (Fn. 20) S. 32ff.; für die Möglichkeit einer Duldungspflicht wegen der richterrechtlich gewährleisteten Entschädigungspflicht Schwerdtfeger (Fn. 19) S. 37. l i 2 a So B G H Z 91, 20, 28; 97, 114, 117; 99, 24, 29. 162b So Schmitt-Kammler, N J W 1990, 2520. 163 BGH DÖV 1965, 203; vgl. auch B G H Z 28, 310; 45, 150 (negativ entschiedener Fall des Elbleitdamms); ferner B G H Z 78, 41; BGH N J W 1980, 1679. Vgl. zu diesen Problemen Peter, J Z 1969, 549, 557. m' Bender, J Z 1986, 829 möchte den enteignenden Eingriff auf diese Fälle der Zufallschäden beschränken; ähnlich Schmidt-Aßmann (Fn. 42), S. 122. 164 Vgl. Ossenbühl (Fn. 25) S. 27, der jedoch den Bereich des enteignenden Eingriffs zu weit ausdehnt; Boujong, UPR 1984, 142. Vgl. zur „Zufallsenteignung" Kimminich, Natur + Recht 1985, lff. bes. 7. 165 Die Auffassung Papiers (Fn. 25), S. 39 f., wegen der Nebenfolgen hoheitlicher Realakte sei ein primärer Rechtsschutz immer ausgeschlossen, geht zu weit. 1653 B G H Z 91, 20, 28; 97, 114, 117 betrafen solche Fälle. 162

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digung zugesprochen wird, ohne Rücksicht darauf, ob der Bürger sich um eine mögliche Abwehr der Beeinträchtigung bemüht hat. Die Verweisung auf die Möglichkeit der Entschädigung nach allgemeinen Grundsätzen der Aufopferung vermag jedenfalls die Maßnahme und damit eine Duldungspflicht nicht zu rechtfertigen165b. 61 Der BGH hat zu diesen Fragen noch keine klare Linie gefunden. Er ist bestrebt, die bisherige Rechtsprechung auch in diesem Bereich im Ergebnis möglichst aufrecht zu erhalten und die Verweisung auf den Primärrechtsschutz nicht zu überdehnen. Dies ist rechtspolitisch, wie bemerkt 166 , sinnvoll, aber dogmatisch schwer zu begründen. Keine Bedenken bestehen nur dort, wo für bestimmte Beeinträchtigungen spezielle Entschädigungsregelungen bestehen, z. B. nach § 8 a Abs. 4 und 5 FStrG und den entsprechenden Bestimmungen in den Straßengesetzen der Länder sowie nach § 74 Abs. 2 S. 3 der Verwaltungsverfahrensgesetze1662. Bei Immissionen durch öffentliche Unternehmungen ist daran zu denken, § 906 Abs. 2 S. 2 BGB entsprechend im öffentlichen Recht anzuwenden, wenn ein Abwehranspruch, aus welchem Grunde auch immer, ausgeschlossen ist. Der BGH hat indes bisher nur materiell auf § 906 BGB rekurriert und hiernach das Maß der zu duldenden Immissionen bestimmt, aber auf § 906 Abs. 2 S. 2 BGB als Anspruchsgrundlage nicht zurückgegriffen. Er bleibt vielmehr beim enteignenden Eingriff, der im allgemeinen Aufopferungsgrundsatz seine Grundlage habe 167 und verweist auf § 19 Abs. 5 Fernstraßengesetz und die Enteignungsgesetze der Länder als zusätzliche Möglichkeit 1672 . 62 d) Unmittelbarkeit des Eingriffs. Durch den Verzicht des BGH auf den gezielten Eingriff haben sich der enteignungsgleiche und der enteignende Eingriff fast zu einer öffentlich-rechtlichen Gefährdungshaftung ausgeweitet168. Keine Entschädigung wird jedoch gewährt, wenn sich als Folge rechtmäßigen staatlichen Handelns, das den Betroffenen keiner rechtswidrigen Gefährdung aussetzte, das allgemeine Lebensrisiko realisiert hat 169 . Im übrigen hat der BGH, seit er auf l65b

Vgl. o. R n . 3 3 .

166

Vgl. oben § 5 2 , R n . 18. Vgl. dazu BVerwG DVB1. 1988, 5 3 8 . B G H Z 91, 20, 2 8 ; 97, 114, 117; auch 97, 3 6 1 , 3 6 2 f . ; kritisch zur Terminologie des B G H Härtung (Fn. 157) S. 160. B G H Z 97, 114, 117. Besonders deutlich B G H Z 28, 3 1 0 ; 37, 4 4 ; auch B G H N J W 1976, 1840; vgl. zu diesem Problemkreis Wagner, N J W 1967, 23, 3 3 f f . ; Peter, J Z 1969, 5 4 9 , 5 5 0 ; Ossenbühl (Fn. 8) S. 154. Diese Art von Gefährdungshaftung w a r freilich auch früher schon in der etwas anders definierten Aufopferung teilweise vorhanden, vgl. Bender (Fn. 29) N r . 47 f. Z u m enteignungsgleichen Eingriff durch „hoheitliche Teilnahme a m Straßenverkehr" vgl. B G H N J W 1964, 104 (Schützenpanzer-Fall) und B G H VersR 1976, 7 5 7 , 7 5 8 f., w o klargestellt wird, daß eine Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs nur in Frage k o m m t , wenn die Auswirkungen von der Eigenart der hoheitlichen M a ß n a h m e ausgehen.

167a 168

169

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So die Argumentation in B G H Z 4 6 , 3 2 7 (Turnunfall in der Schule, zur Aufopferung).

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den gezielten Eingriff verzichtete, betont, daß nur ein unmittelbarer hoheitlicher Eingriff, der ein Sonderopfer auferlege, einen Entschädigungsanspruch begründen könne. Das schwer abzugrenzende Kriterium der Unmittelbarkeit 1 7 0 ist häufig zur Begrenzung der ansonsten sehr weit ausgedehnten Haftung wegen enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs herangezogen worden. Nebenund Fernwirkungen einer Maßnahme und auch im bürgerlichen Recht nicht zu ersetzende Drittschäden sollen ausscheiden 171 . Adäquate Verursachung im Sinn des Zivilrechts reicht nicht aus, wenn die Einwirkung auf die Rechtsposition des Bürgers erst auf eine näherliegende Zwischenursache zurückzuführen ist 1 7 2 . Gewisse Parallelen zur Theorie der unmittelbaren Verursachung im Polizeirecht drängen sich auf. So versagte der BGH früher unter Berufung auf die fehlende Unmittelbarkeit Ersatzansprüche wegen der Schäden, die durch Versagen einer Verkehrsampel verursacht worden waren. Die Stadt habe durch die Ampelanlage lediglich eine Gefahrenlage geschaffen, die erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände zum Schaden geführt habe 1 7 3 . Inzwischen hat er allerdings der berechtigten Kritik an dieser Entscheidung Rechnung getragen. Er sieht jetzt den einzelnen Ampelbefehl als Verwaltungsakt im Sinne einer Allgemeinverfügung und damit als Maßnahme an, die den Schaden unmittelbar verursacht hat 1 7 3 a . Eine Stadt muß nach Auffassung des B G H nicht für Wasserschäden infolge eines Rohrbruchs in ihrem Leitungssystem eintreten. Die Verlegung und Unterhaltung der Wasserleitung schaffe lediglich eine Gefahrenlage, die erst durch Hinzutreten weiterer Umstände zum Schaden führen könne. Der Schaden des Klägers habe sich ganz außerhalb einer von der Stadt getroffenen hoheitlichen Maßnahme auf Grund dieser Gefahrenlage konkretisiert 1 7 4 . Diese Wendungen und auch die weitere Argumentation des B G H in diesem Fall, insbesondere seine Ablehnung einer öffentlich-rechtlichen Gefährdungshaftung, zeigen, daß das Gericht die Haftung

170

171

172 173 173a 174

Vgl. Schuck, DÖV 1974, 390ff.; kritisch Bender (Fn. 29) Nr. 100 f.; Ossenbühl (Fn. 8) S. 153ff.; ders., JuS 1988, 195; ders. (Fn. 651), S. 489 f.; Olivet, NVwZ 1986, 434 f. Vgl. Wagner, N J W 1966, 569 ff.; Bender (Fn. 29) Nr. 100 f.; Schuck, DÖV 1973, 390 ff.; ausführlich Gronefeld, Preisgabe und Ersatz des enteignungsrechtlichen Finalitätsmerkmals, 1972, S. 98 ff.; zum Drittschaden vgl. B G H Z 31, 1. Vgl. Buduru, AöR 98 (1973), 153, 170f. B G H Z 54, 332, 338; dazu kritisch Ossenbühl, JuS 1971, 575, 577 ff. B G H Z 99, 249 (zu § 39 Abs. l b NWOBG); dazu Ossenbühl, JuS 1988, 193 ff. B G H Z 55, 229; als Gegenbeispiele vgl. B G H Z 57, 370; BGH J R 1976, 478; BGH N J W 1978, 1051. Besonders deutlich zeigt BGH N J W 1980, 770, wie unsicher das Kriterium der Unmittelbarkeit ist. Der BGH gewährt danach Entschädigung, wenn sich eine besondere typische Gefahr verwirklicht. Dies gilt z. B. nicht, wenn eine beschlagnahmte Sache durch Dritte beschädigt wird, B G H Z 100, 335, 338 f.; Unmittelbarkeit wurde auch für die Waldschäden verneint, B G H Z 102, 350, 358. Bei Schäden, die durch von vornherein fehlerhafte öffentliche Einrichtung oder Bauten verursacht werden, ist anders zu entscheiden: BayObLG N J W - R R 1990, 284 (Überschwemmung wegen zu engen Brückendurchlasses).

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aus Enteignung nicht ohne weiteres zu einer Gefährdungshaftung werden lassen wollte. Hier scheint derzeit die Hauptbedeutung der Unmittelbarkeit zu liegen 175 . Die Rechtsprechung nähert sich in den Ergebnissen teilweise wieder der früheren Lehre vom gezielten Eingriff 1 7 6 .

2.

Entschädigung

63

a) Grundsätze. Grundsätzlich kann hier auf die Ausführungen zu II 3 verwiesen werden. Allerdings kann bei rechtmäßiger Enteignung diskutiert werden, welche Entschädigung der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit festzusetzen hat. Er ist, wie oben erwähnt wurde, nicht unter allen Umständen gehalten, dem Enteigneten einen vollen Ausgleich entsprechend dem Marktwert zu gewähren 1 7 7 . Beim enteignungsgleichen Eingriff kann eine Diskussion darüber, in welcher Höhe die Entschädigung zuzubilligen und ob sie mit Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit niedriger anzusetzen ist, de lege lata kaum geführt werden. Die Festsetzung der Entschädigung ist bei Enteignungen Sache des Gesetzgebers, der bei enteignungsgleichen Eingriffen — abgesehen von Sonderregelungen 1 7 8 — nicht bemüht wird. Der B G H hat es sogar abgelehnt, bei rechtswidrigen Eingriffen eine niedrigere Entschädigung zu berücksichtigen, die gesetzlich für einen entsprechenden rechtmäßigen Eingriff vorgesehen war 1 7 9 . Basis der Entschädigung ist, da es an einem regelnden Gesetz fehlt, der allgemeine Gedanke des Ausgleichs eines Sonderopfers, der notwendigerweise zur vollen Entschädigung für den Substanzverlust führen muß 1 8 0 .

64

b) Entschädigung und Schadensersatz. Auch die Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs ist freilich kein Schadensersatz. Sie beschränkt sich darum auf den Substanzverlust; für verlorene Chancen und Gewinnmöglichkeiten wird Ersatz nicht geleistet, auch wenn sie im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Beweis- oder Schätzungsprobleme mehr aufwerfen. So gibt es keine Entschädigung für die Miete, die aus einem Haus hätte gezogen werden

175

Vgl. zur Unmittelbarkeit noch BGHZ 48, 46, 49, wo allerdings der tragende Entscheidungsgrund ein anderer ist. Ferner BGH VersR 1972, 1047 - keine Unmittelbarkeit bei Schädigung eines Polizisten durch einen Diensthund, der ihm zugeteilt war —, wo eine öffentlich-rechtliche Gefährdungshaftung wiederum abgelehnt wird; BGHZ 91, 243, 253 f. m. w. N.

176

Vgl. Ossenbühl, JuS 1971, 575, 578.

177

Vgl. o. § 5 2 , Rn. 40 f. Vgl. u. § 5 3 , Rn. 2 f. BGHZ 13, 395, 398. Die Ablösung des enteignungsgleichen Eingriffs von der Enteignung könnte auf längere Sicht auch die Anbindung der Entschädigung an die Enteignungsentschädigung lockern. Vgl. dazu Ossenbühl (Fn. 25) S. 20 f.

178 179 180

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1112

können, dessen Bau zu Unrecht nicht erlaubt worden war 1 8 1 . Ein derartiger Folgeschaden ist vom Ersatz ebenso ausgeschlossen wie der Schaden, der einem Bauherrn bei Verzögerung durch steigende Baukosten oder an anderer Stelle aufzuwendende Mieten entsteht 1 8 2 . Allerdings wäre es verfehlt, die Begrenzung der Entschädigung auf die Formel 6 5 „kein Ersatz für entgangenen Gewinn" zu bringen. Vielmehr wird zumindest bei rechtswidrigen Eingriffen in Gewerbebetriebe regelmäßig entgangener Gewinn ersetzt. Wird eine Verkaufsveranstaltung verboten 1 8 3 , eine Werbemöglichkeit rechtswidrig beeinträchtigt 184 oder die Vermietung eines vorhandenen Gegenstandes verhindert 185 , so wird Entschädigung gezahlt, obwohl in allen genannten Fällen entgangener Gewinn in Frage steht. Die Möglichkeit, vorhandene Vermögensgegenstände — zu denen nicht zuletzt auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb gehört — zu nutzen, ist nämlich durch Art. 14 G G geschützt. Die Nutzungsmöglichkeit ist ein gegenwärtiger konkreter Wert, der sich bei einem etwaigen Verkauf im Verkaufspreis, bei einer Vermietung im Mietpreis niederschlägt. Ihr Entzug ist ein Eingriff in das Objekt 1 8 6 , also in die Substanz. Dagegen sind Gewinne, die aus erst zu schaffenden Anlagen, aus einer Geschäftserweiterung 187 oder gar aus einem erst noch zu errichtenden Betrieb gezogen werden könnten 1 8 8 , nicht zu berücksichtigen. Freilich ist diese Einschränkung in der Praxis weniger fühlbar, als es bei theoretischer Betrachtung scheint: Die meisten Gewinnchancen schlagen sich im Verkaufs- oder Mietwert des Objekts nieder und werden dadurch entschädigungsfähig. Zwar wird der Ausfall der normalen Miete aus einem noch zu errichtenden Gebäude dem Eigentümer des Grundstücks nicht ersetzt, aber in der Endabrechnung hat er doch häufig keinen oder jedenfalls keinen hohen Schaden. Er erhält Entschädigung dafür, daß er sein Grundstück nicht nutzen konnte, und zwar in Höhe der Bodenrente 189 . Im übrigen hat er statt der Miete bis zum Bau noch entsprechend der Höhe der Baukosten Zinseinnahmen aus 181 182

183

184 185 186

187

>88 189

B G H Z 30, 338, 352. B G H Z 30, 338, 354 f.; einen Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwerts erkennt BGH N J W 1981, 1663 an, dagegen nicht einen solchen auf Verzugszinsen, vgl. BGH N J W 1982, 1277. B G H Z 32, 208; zur Berechnung bei vorübergehenden und dauernden Eingriffen vgl. BGH BauR 1972, 364. BGH N J W 1960, 1995. BGH N J W 1965, 1912, 1913. B G H Z 3 0 , 3 3 8 , 3 5 1 f.; 91, 20, 30 f.; die Entschädigung für den Ertragsausfall ist nur eine vereinfachte Berechnung, vgl. B G H Z 5 7 , 3 5 9 , 3 6 8 . Konsequent gewährt BGH N J W 1975, 1966 Entschädigung auch bei vorübergehenden Eingriffen in Gewerbebetriebe, die mit Verlust arbeiten. B G H Z 34, 188; vgl. jedoch auch BGH N J W 1980, 387. BGH N J W 1962, 2347. Vgl. zur Berechnung im einzelnen B G H Z 30, 338, 352 f.; vgl. ferner B G H Z 65, 182, 189; BGH N J W 1980, 1567, 1571; zur Vorteilsausgleichung BGH N J W 1989, 2117.

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d e m angesparten K a p i t a l oder er erspart Z i n s e n für F r e m d k a p i t a l . Schwer trifft ihn allerdings die E r h ö h u n g der B a u k o s t e n infolge der Verzögerung des B a u s . Problematisch ist, d a ß der B G H die C h a n c e der branchenüblichen Weiterentwicklung eines Gewerbebetriebs nicht zur geschützten S u b s t a n z zählt 1 9 0 . In älteren Entscheidungen hatte er z w a r auch die C h a n c e einer echten Erweiterung oder Neuerrichtung nicht berücksichtigt, aber E n t s c h ä d i g u n g gewährt, als die M o d e r n i s i e r u n g eines G e s c h ä f t s verhindert 1 9 1 oder die B e b a u u n g eines bereits als Betriebsgrundstück vorgesehenen G r u n d s t ü c k s verboten w u r d e 1 9 2 . D i e ältere Rechtsprechung konnte dahin verstanden werden, d a ß diejenigen Möglichkeiten der Weiterentwicklung eines G e s c h ä f t s , die sich bereits in dessen Wert, d e m sogenannten „ g o o d will", niedergeschlagen hatten, zu dessen S u b s t a n z gehörten. D a r u n t e r fällt auch die C h a n c e der branchenüblichen Weiterentwicklung. Ein G e s c h ä f t , d a s auf den gegenwärtigen U m s a t z und G e w i n n beschränkt ist, w ü r d e von einem Erwerber geringer bezahlt als ein G e s c h ä f t , dem die n o r m a l e n Möglichkeiten offenstehen. Insofern ist die C h a n c e der Weiterentwicklung schon ein gegenwärtiger konkreter Wert. N i m m t m a n hinzu, d a ß der gegenwärtige N o m i n a l u m s a t z und N o m i n a l g e w i n n , schon u m seinen realen Wert zu halten, mit der allgemeinen Inflation steigen müßte, wird die F r a g w ü r d i g k e i t der neueren Rechtsprechung des B G H b e s o n d e r s deutlich 1 9 3 . c) Berücksichtigung eines Mitverschuldens. Der A n s p r u c h aus enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff hat sich in der Rechtsprechung des B G H zu einem T a t b e s t a n d des S t a a t s h a f t u n g s r e c h t s entwickelt, der d a s ü b e r k o m m e n e A m t s h a f t u n g s r e c h t ergänzt und sich von der Enteignung teilweise gelöst hat. D a s führt notwendigerweise in der F r a g e des Mitverschuldens zu K o n s e q u e n z e n : Der G e s c h ä d i g t e m u ß sich ein Mitverschulden wie bei jeder anderen H a f t u n g s n o r m anrechnen lassen 1 9 4 . Dies gilt auch, wenn er es v e r s ä u m t hat, den Schaden durch z u m u t b a r e Rechtsmittel a b z u w e n d e n 1 9 5 .

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BGHZ 57, 359, 368 ff.; BGH NJW 1972, 1574 f.; vgl. jedoch BGHZ 60, 126, 131, 133 f., wo eine Entschädigung wegen Versagung einer noch nicht begonnenen Auskiesung gewährt wurde. Vgl. dazu o. Fn. 93. BGH NJW 1959, 1775 f. BGH NJW 1965, 2101, 2104, ein Grenzfall, wie sich am Vergleich zu B G H Z 30, 281, 286 ff., BGH DVB1. 1968, 216 und BGH NJW 1980, 387 zeigt. Vgl. jedoch auch BGH NJW 1976, 1312, wo bei einem länger andauernden Eingriff durch S-Bahnbau Mindererträge berücksichtigt wurden, die dadurch entstanden, daß während der Behinderung rechtmäßig errichtete Bauten nicht voll benutzt werden konnten. Vgl. BGHZ 56, 57, 64 ff., allerdings in den tragenden Gründen auf § 254 Abs. 2 BGB beschränkt. Vgl. ebenso schon vorher zur Aufopferung B G H Z 45, 290, 294ff.; BGHZ 91, 243, 258 ff.; Bettermann, Grundrechte III/2, S. 779, 864; im Gegensatz zum Amtshaftungsanspruch werden Ausländer nicht schlechter gestellt als Inländer, vgl. BGH NJW 1980, 1567, 1570. Vgl. dazu o. § 52, Rn. 18.

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IV 1

d) Anspruchsgegner. Entschädigungspflichtig ist wie bei der Enteignung 6 7 grundsätzlich der Begünstigte. Allerdings ist möglicher Anspruchsgegner beim rechtswidrigen enteignungsgleichen Eingriff immer nur die öffentliche Hand, nicht ein Privater, der zufällig aus dem Eingriff Vorteile gezogen hat. Überhaupt wird es beim enteignungsgleichen Eingriff selten sein, daß Vorteile im Sinn des Enteignungsrechts entstanden sind. Mangels eines konkreten Vorteils tritt an die Stelle des Begünstigten derjenige Verwaltungsträger, dessen Aufgaben erfüllt wurden, d. h. in der Regel der, der eingegriffen hat 196 . Bei rechtmäßigen enteignenden Eingriffen konnte auch ein Privater entschädigungspflichtig werden 197 .

IV. Aufopferung 1.

Tatbestand

a) Objekt der Aufopferung. Die Entschädigung wegen Aufopferung wird 6 8 entsprechend der Entschädigung wegen Enteignung oder enteignungsgleichen Eingriffs gewährt, wenn durch einen Hoheitsakt in nichtVermögenswerte Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder persönliche Freiheit eingegriffen und dadurch dem Betroffenen ein besonderes Opfer zugunsten der Allgemeinheit auferlegt wird, das Vermögensschäden zur Folge hat. Ob und inwieweit außer den genannten Rechtsgütern noch weitere in den Schutzbereich der Aufopferung einbezogen werden können, ist zweifelhaft. In der Diskussion ist eine Erweiterung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das die Ehre des Menschen umfaßt. Wenn eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts Schadensersatzansprüche auslösen kann, wäre es an sich konsequent, das Recht auch als Schutzgut der Aufopferung zu betrachten 198 . Sehr große praktische Bedeutung dürfte diese Erweiterung jedoch kaum erlangen, da es sich bei den Ansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zumeist

196

Vgl. dazu BGHZ 40, 49, 52 m. w. N.; bestätigt durch BGHZ 60, 126, 143 ff.; BGH NJW 1976, 1840, 1841 f.; BGHZ 90, 17, 20f.; BGHZ 91, 243, 253f.; BGH J Z 1973, 630 nimmt an, daß im Zweifel die überörtliche Gemeinschaft, nicht die Gemeinde als begünstigt anzusehen ist, wenn die Gemeinde nicht selbst eingegriffen hat. BGHZ 99, 262, 272 ff. lehnt eine Haftung der Gemeinde ab, die zu einem einen Dritten schädigenden Bauvorhaben ihr Einvernehmen erklärt hatte. Vgl. zu diesem Komplex Schack, JuS 1965, 295 ff.; ferner BGHZ 65, 182, 189. Vgl. im übrigen zu der Frage, inwieweit der enteignende Eingriff aufrechterhalten werden kann, o. Rn. 59 ff.

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Vgl. BGHZ 60, 126, 143; Ossenbühl (Fn. 8) S. 163; vgl. auch BGH DVB1. 1975, 39 mit Anm. Schwabe zur Haftung des Anliegers gegenüber seinem Nachbarn. Vgl. in diesem Sinn Dürig in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 27; ebenso Papier, ebenda, Art. 34 Rn. 53; Maurer (Fn. 9) § 26 Rn. 59 m; unentschieden BGHZ 50, 14, 18 f.; angesichts der Anforderungen, die BGH DÖV 1972, 206 und BGH DVB1. 1977, 183 (beide zur Amtshaftung) an die Verletzung des Persönlichkeitsrechts stellt, dürften praktische Fälle selten werden.

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um Schmerzensgeldansprüche handelt, die bei der Aufopferung ohnehin nicht berücksichtigt werden. Immerhin könnte z. B. die in der Vorenthaltung einer verdienten Qualifikation (Examen!) liegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch einmal Vermögensschäden zur Folge haben. Noch weiter gehen Forderungen, welche andere grundrechtlich geschützte Positionen einbeziehen wollen und so auch bei Eingriffen in die Berufsfreiheit zur Aufopferungsentschädigung kommen. Damit ließen sich über die Aufopferung Beschränkungen der Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs überspielen, die der B G H bisher mit seinem Abstellen auf den Bestandsschutz aufrechterhalten hat 1 ' 9 . Die rechtswidrige Untersagung einer beruflichen Betätigung, z. B. der Eröffnung eines Gewerbebetriebes, wäre dann ein Aufopferungsentschädigung auslösender Eingriff in die Berufsfreiheit 2 0 0 . 69 b) Abgrenzung der Aufopferung. Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit spielen bei der Aufopferung nicht ganz dieselbe Rolle wie bei der Enteignung. Der rechtmäßige entschädigungspflichtige Eingriff in Leben oder Gesundheit ist kaum denkbar, denn wann sollte der Staat — abgesehen von den Fällen des rechtmäßigen Vorgehens gegen Rechtsbrecher — das Recht haben, Leben oder Gesundheit seiner Bürger zu zerstören oder ernsthaft zu beeinträchtigen 2 0 1 ? Als Fälle rechtmäßiger Aufopferung verbleiben daher nur diejenigen, in denen der Bürger durch hoheitliche Maßnahmen rechtmäßig einer besonderen Gefahr ausgesetzt wird, die sich in einzelnen Fällen realisiert und dadurch dem Betroffenen ein besonderes Opfer auferlegt 2 0 2 . Das gilt z. B. für die Impfschäden, die der B G H im Gegensatz zum R G als Aufopferungsschäden anerkannt hat 2 0 3 . 70

Im übrigen ist die Aufopferung dem enteignungsgleichen bzw. dem enteignenden Eingriff vergleichbar. Es handelt sich also entweder von vornherein um rechtswidrige Eingriffe oder um rechtswidrige Zufallsfolgen, für welche der Staat einzustehen hat. Immer wieder auftretende Beispiele bietet das Polizeirecht: Verletzt ein Polizist einen Passanten durch einen Fehlschuß, also durch rechtswidriges (fahrlässiges) Handeln, so ist ebenso Entschädigung zu leisten wie für rechtmäßiges Handeln, das infolge eines technischen Fehlers (der berühmte „Querschläger") zu einem Schaden führt 2 0 4 . Wie bei der Enteignung kann aus

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Vgl. die o. Fn. 90 und 91 angeführten Entscheidungen. In diesem Sinne Battis, Erwerbsschutz durch Aufopferungsentschädigung, 1969 S. 98 ff. m. w. N.; Löwer, Staatshaftung für unterlassenes Verwaltungshandeln, 1979 S. 418 ff.; Scheuing (Fn. 135), S. 362; Schenke, NJW 1991, 1777, 1779 f.; vorsichtige Öffnung befürwortend Ossenbühl (Fn. 651), S. 496; kritisch zu solchen Tendenzen Wolff/Bachof, VwR I, § 61 I e. Vgl. Rüfner (Fn. 13) S. 34 f. Vgl. Ossenbühl, JuS 1970, 276, 277, 281, der mit Recht darauf hinweist, daß nur sehr selten der Zwang selbst die Sonderopferlage begründe. B G H Z 9, 83; vgl. dazu jetzt § 51 ff. BSeuchG; vgl. Schiwy, Impfung und Aufopferungsentschädigung, 1974; BGH NVwZ 1990, 2311. Die Fälle sind vielfach im Polizeirecht besonders geregelt, vgl. unten § 53 Rn. 2 f.

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IV 1

der Gesetzwidrigkeit des staatlichen Handelns auf das Sonderopfer geschlossen werden 2 0 5 . Bei sonstigen Eingriffen muß dagegen wie bei der Enteignung das Sonderopfer besonders begründet werden. Die Beeinträchtigung des Betroffenen muß über das hinausgehen, was allen (u. U. allen aus einer Gruppe) zugemutet wurde 2 0 6 . Aus diesen Gründen sind normale Impfreaktionen entschädigungslos hinzunehmen 2 0 7 . Der BGH ist anscheinend auch der Meinung, daß Tod und schwere Gesundheitsbeschädigung zu den entschädigungslos in Kauf zu nehmenden Folgen des Wehrdienstes gehörten. Er lehnt Aufopferungsansprüche der Kriegsopfer mit dem Argument ab, die Wehrdienstgesetze verlangten ganz allgemein von allen dazu tauglichen Männern, im Krieg Wehrdienst zu leisten und die damit verbundenen Nachteile und Gefahren auf sich zu nehmen 2 0 8 . Er verkennt dabei, daß, wie bei der Impfung, nur die Gefährdung, nicht die Folgen für die Betroffenen gleich sind 2 0 9 . Kein Sonderopfer ist auch dort anzunehmen, wo sich nur das allgemeine Lebensrisiko realisiert hat, wenn auch zufällig im staatlichen Bereich. Mit dieser Begründung lehnte der BGH eine Aufopferungsentschädigung wegen eines Turnunfalls in der Schule ab, der trotz Beachtung aller Sorgfalt vorgekommen war 2 1 0 . Überhaupt muß das Risiko, das zu der Beschädigung geführt hat, dem Staat zugerechnet werden können. Ist das nicht der Fall, ist die Opfergrenze nicht überschritten 2 1 1 . Vgl. jedoch BGHZ 65, 196, 206 ff.: Kein Sonderopfer des Wehruntauglichen, der zum Wehrdienst einberufen wird und dadurch Zeit verliert, da das „Mehr an Freiheit" nicht Zweck seiner Verschonung ist. Vgl. auch BGHZ 66, 118, 122, dazu Pagenkopf, NJW 1977, 1519 f. 206 Vgl. BGHZ 36, 379, 391; der BGH war allerdings einer dezidierten Stellungnahme enthoben. Grundsätzlich hierzu Krumbiegel (Fn. 73) S. 27 f. 207 Vgl. jetzt § 52 BSeuchG, der auf der Rspr. des BGH beruht. 208 Vgl. BGHZ 20, 61, 64; auch BGH NJW 1970, 1231; im Sinne des BGH Bender (Fn. 29) Nr. 125; anders, Aufopferung bejahend Kohwer-Kahlmann, in: Festschrift für Bogs 1959 S. 303 ff.; ders., Zeitschrift für Sozialreform 1970, S. 260; Obermayer, Rechtsnatur der Kriegsopferansprüche, München o. J. (ca. 1964); Berg, in: Festschrift für Bogs, 1967 S. 19ff. 209 Vgl. Rüfner (Fn. 13) S. 34f.; BGH NJW 1980, 770 läßt (für den enteignenden Eingriff) eine besondere von der Verwaltung geschaffene Gefahrenlage genügen. 210 BGHZ 46, 327; vgl. dazu Ossenbühl, JuS 1970, 276 ff.; Forkel, J Z 1969, 7 ff. Siehe jetzt § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO. 211 Vgl. BGHZ 17, 172, 174 ff. (Gefährdung durch Strafvollzug geht zu Lasten des Gefangenen); dazu kritisch Tiedemann, NJW 1962, 1760, 1761 f.; differenzierter BGHZ 60, 302, 303 ff. (bei einem Untersuchungsgefangenen kommt es darauf an, ob er die Freiheitsentziehung selbst verschuldet hat). Bei Unterbringung eines Geisteskranken in einer Heil- und Pflegeanstalt bejaht BGH NJW 1971, 1881, 1882 f. die Aufopferungslage. Danach dürfte die Gurtanlegepflicht entgegen Müller, NJW 1983, 593 ff. keine Aufopferungsansprüche begründen können. Zu Entschädigungsansprüchen staatlich geförderter Hochleistungssportler vgl. Burmeister, NJW 1983, 2617ff. 205

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Zur Begrenzung der Aufopferung kann ansonsten im wesentlichen auf das verwiesen werden, was zur Enteignung ausgeführt wurde. Akte der Rechtsprechung können grundsätzlich keine Ansprüche auslösen 212 . Eine Aufopferung durch Unterlassen scheidet ohnehin aus. Die Unmittelbarkeit wird ebenso wie beim enteignungsgleichen Eingriff gefordert, nicht aber die Finalität 213 . Der Eingriff muß wenigstens seiner Intention nach (auch) dem Wohl der Allgemeinheit dienen 214 . Dagegen ist der BGH in der Frage des Zwangs großzügig gewesen. Zwar lösen freiwillige Opfer keine Ansprüche aus, es genügt jedoch das „psychologische Abfordern", etwa durch eine allgemeine Empfehlung einer Impfung215. Auch wird die Entschädigung nicht verweigert, wenn ein Kranker einer gesetzlichen Pflicht zur ärztlichen Behandlung freiwillig nachgekommen ist 216 . 72 c) Aufopferung und Spezialregelungen. Eine wesentliche Beschränkung des Aufopferungsanspruchs ergibt sich daraus, daß zwar eine Konkurrenz mit dem Amtshaftungsanspruch möglich ist, daß aber spezielle Ansprüche gegen die öffentliche Hand, die auf dem Aufopferungsgedanken beruhen oder einen Schadensausgleich anstreben, den allgemeinen Aufopferungsanspruch ausschließen. Das steht mit dem heute überwiegend angenommenen Verfassungsrang der Aufopferung nicht im Widerspruch. Ersichtlich bewertet zwar das GG, das Menschenwürde, Freiheit und Unverletzlichkeit der Person im Katalog der Grundrechte voranstellt, Leben und Gesundheit nicht geringer als Vermögenswerte. Das heißt jedoch nicht, daß sich aus dem GG schon auf Heller und Pfennig die Höhe der Aufopferungsentschädigung herauslesen ließe. Der Gesetzgeber kann daher Art und Ausmaß der Entschädigung in billiger Weise regeln217. Die §§51 ff. BSeuchG schließen daher für Impfschäden den allgemeinen Aufopferungsanspruch aus. Die Aufopferung hat für Impfschäden somit de lege lata keine praktische Bedeutung mehr. Besondere Ausprägungen des Aufopferungsgedankens enthalten auch die Entschädigungsvorschriften des Polizeirechts, soweit sie sich auf Personenschäden beziehen218, und die Regelungen über die Entschädigung wegen unschuldig erlittener Haft 219 . Sehr wichtig ist, daß Aufopferungsan-

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B G H Z 36, 379, 383 f.; 50, 14, 19 ff.; dazu kritisch Konow, J R 1969, 6 ff. Vgl. Bender (Fn. 29) Nr. 120 f. Im Ampelfall, B G H Z 54, 332, wäre also auch für eine etwaige Körperverletzung die Entschädigung versagt worden. Vgl. jedoch die Formulierung des BGH in N J W 1971, 1881, 1883, wonach das Opfer nicht unmittelbar durch den Eingriff bewirkt sein müsse. Zum Ampfelfall vgl. im übrigen o. § 52 Rn. 62 bei Fn. 173, 173 a. Vgl. B G H Z 36, 379, 388; Ossenbübl (Fn. 8) S. 82f.; ausführlich zum besonderen Opfer Forkel, JZ 1969, 7 ff. Vgl. B G H Z 24, 45; B G H Z 31, 187; für die Impfung siehe jetzt § 5 1 BSeuchG. BGHZ 25, 238, 242. Vgl. Wolff/Bachof, VwR I, § 61 I b m. w. N.; Bender (Fn. 29) Nr. 756 ff.; Rüfner (Fn. 13) S. 36; s. auch BVerfGE 31, 212. Vgl. dazu unten § 53, Rn. 2. Vgl. dazu das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8 . 3 . 1 9 7 1 , BGBl. 1157, das eine Ausprägung des Aufopferungsgedankens ist, vgl. Schätzler, Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, 1972, Einlei-

Öffentl.-rechtl. Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen

§ 52

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Sprüche nicht entstehen, soweit der Schaden durch die Sozialversicherung abgedeckt wird, da der Geschädigte seinen Schaden bereits auf die Allgemeinheit abwälzen kann. Es gilt also nicht die allgemeine Regel, nach der der Anspruch gem. § 116 SGB X auf die leistende Versicherung übergeht. Vielmehr entsteht der Aufopferungsanspruch überhaupt nicht 220 . 2.

Entschädigung

Zur Höhe der Entschädigung fehlen so fest umrissene Kriterien wie bei der 7 3 Enteignung, bei der ein berechenbarer Vermögensschaden ausgeglichen werden soll. Grundsätzlich ist angemessener Ausgleich des durch den Eingriff verursachten Vermögensschadens geboten, ein Schmerzensgeld ist ausgeschlossen221. § 844 BGB ist anzuwenden222. Da die Berechnung des angemessenen Ausgleichs bei Körperschäden erhebliche Schwierigkeiten bereitet, neigt der BGH in neuerer Zeit dazu, die Kriegsopferversorgung zum Maßstab der Entschädigung zu nehmen. Der Gesetzgeber hat sich dem bei der Neuregelung des Impfschädenrechts angeschlossen223, mit einer weiteren Entwicklung in dieser Richtung ist zu rechnen. Zur Entschädigung verpflichtet ist wie bei der Enteignung grundsätzlich der begünstigte Verwaltungsträger. Regelmäßig ist jedoch bei Gesundheitsbeschädigungen kein Begünstigter vorhanden, so daß der Verwaltungsträger Entschädigung leisten muß, dessen Aufgaben erfüllt wurden224.

§53 Ergänzungen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Schadensersatzund Entschädigungsrechts Das allgemeine öffentlich-rechtliche Schadensersatz- und Entschädigungsrecht 1 wird durch eine Vielzahl von Bestimmungen über Schadensersatz und Entschädigung in besonderen Fällen abgeändert und ergänzt. Sie gehören zum größten

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tung Nr. 23, S. 30. - Zum Ausschluß des allgemeinen Aufopferungsanspruchs vgl. BGHZ 45, 58, 76 ff. (entschieden für den Anspruch aus Art. 5 Abs. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention). Vgl. BGHZ 20, 81; der BGH erklärt es für unerheblich, daß die Sozialversicherungsrente anders berechnet wird als eine etwaige Aufopferungsentschädigung. Vgl. zur Subsidiarität des Aufopferungsanspruchs Konow, DVB1. 1968, 205 ff. Vgl. BGHZ 20, 61, 68 ff. BGHZ 18, 286, 289 ff.; 34, 23. Vgl. BGHZ 20, 61, 68 ff.; § 51 BSeuchG. BGH NJW 1963, 1828, 1830 (für die Schule Staat, nicht Gemeinde entschädigungspflichtig). Vgl. zu diesen Fragen Schack, JuS 1965, 295 ff.

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§53

I, II

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Teil in spezielle Gebiete des besonderen Verwaltungsrechts und können hier nicht alle aufgeführt werden. Die folgende Darstellung kann nur einen Überblick über die wichtigsten ergänzenden Grundsätze bieten.

I. Sonderbestimmungen des Polizeirechts 2

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Im Polizeirecht gibt es verschiedentlich besonders geregelte Entschädigungsansprüche der Bürger. Nach allen Landesgesetzen ist dem im polizeilichen Notstand in Anspruch genommenen Nichtstörer Entschädigung zu gewähren. Im übrigen divergieren die Regelungen etwas. Entsprechende Ansprüche werden unbeteiligten Dritten teils kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift (so § 189 LVwGSH), teils im Wege der Analogie zugebilligt, wenn sie durch polizeiliche oder ordnungsbehördliche Maßnahmen einen Schaden erlitten haben. Einen generellen Entschädigungsanspruch wegen rechtswidriger Eingriffe der Ordnungsbehörden gewährt z. B. % 39 Abs. 1 Buchst, b O B G N R W 1 . Soweit diese Sonderbestimmungen nicht eingreifen, bestehen die allgemeinen Ansprüche wegen enteignungsgleichen Eingriffs und Aufopferung. Sie können allerdings — im Gegensatz zu den Amtshaftungsansprüchen — nicht mit den Ansprüchen aus den erwähnten Sonderregeln konkurrieren: Die Sonderregeln sind nämlich verfassungsrechtlich unbedenkliche Einzelausgestaltungen der Ansprüche aus Aufopferung und enteignungsgleichem Eingriff, die an die Stelle der Ansprüche nach den allgemeinen Grundsätzen treten. Das gilt nicht nur für die Aufopferung, die ohnehin gegenüber anderen Ansprüchen gegen die öffentliche Hand subsidiär ist 2 , sondern auch für den enteignungsgleichen Eingriff, dessen Einzelausgestaltung dem nach der Kompetenzordnung des G G zuständigen Gesetzgeber zusteht 3 .

II. Entschädigung bei Widerruf oder Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte 4

Die Entschädigungspflichten bei Widerruf oder Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte sind grundsätzlich ähnlich zu bewerten. 1

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Generelle Ansprüche bei rechtswidrigen Eingriffen gewähren außerdem § 37 Abs. 2 des Berliner ASOG, § 56 Abs. 1 S. 2 des bremischen Polizeigesetzes und § 34 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesgrenzschutzgesetzes. Vgl. zu den polizeirechtlichen Entschädigungsvorschriften im einzelnen Hans ]. Wolff, VwR III § 130; Friauf, in: /. v. Münch, Bes. VwR, S. 278 ff., Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1985, S. 664 ff.; V. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl. 1988 Rn. 278 ff.; kritisch Papier, DVB1. 1975, 571 ff. Zu § 39 OBG NRW vgl. BGHZ 92, 302 und BGHZ 99, 249; einschränkend BGHZ 86, 356 (keine Entschädigung des Nachbarn, wenn keine nachbarschützende Norm verletzt). Vgl. oben § 52, Rn. 72. Vgl. BGHZ 72, 273, 276 f.; 82, 361, 363 f.

Öffentl.-rechtl. Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen

§ 5 3 III

Entschädigungspflichten bei Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte finden sich bereits seit älterer Zeit im Polizei- und Ordnungsrecht 4 neuerdings auch in § 49 Abs. 5 VwVfG sowie in § 21 BImSchG sowie in Spezialgesetzen 4 3 . Der Widerruf, welcher die Entschädigungspflicht auslöst, wird, wenn nicht immer, so doch in der Regel ein Eingriff in das Eigentum sein. Der ausdrücklich statuierte Entschädigungsanspruch ist darum vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (§ 49 Abs. 5 S. 3 V w V f G 5 , § 21 Abs. 4 BImSchG). Die Entschädigungspflichten bei Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte, die sich in § 48 Abs. 3 VwVfG, den entsprechenden Bestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder und neuerdings zunehmend auch im Baurecht 5 a finden, werfen größere Probleme auf. Auch hier lassen sich Ansprüche wegen Eingriffs in das Eigentum (bzw. aus Aufopferung) konstruieren, und zwar mit dem Argument, der erworbene, nicht durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, aber durch den Vertrauensschutz gewährleistete Bestand sei eine rechtlich geschützte Vermögenswerte Position, in die durch die Rücknahme eingegriffen werde 6 . Dagegen spricht freilich, daß nach der üblichen Auffassung als Eigentum nur Rechtspositionen bewertet werden, die mit eigener Arbeit oder eigenem Kapitalaufwand erworben wurden 7 . Dies dürfte die Auffassung des Gesetzgebers sein 8 , der in § 48 Abs. 6 VwVfG für die Entschädigungsansprüche den Verwaltungsrechtsweg vorgeschrieben hat, allerdings nicht, soweit eine Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs in Betracht k o m m t 9 .

III. Soziale Entschädigung Von der Verwaltungsrechtslehre wenig bemerkt, ist in den vergangenen Jahrzehnten eine große Zahl von Fällen, für die eine Entschädigung der öffentlichen

Vgl. zu den Ansprüchen bei Widerruf begünstigender Verwaltungsakte im Polizeirecht Friauf (Fn. 1) S. 279; Götz (Fn. 1) Rn. 461 f. 4a Zum Widerruf atomrechtlicher Genehmigungen vgl. Schock, DVB1. 1990, 549 ff. 5 Vgl. dazu Maurer in: Schmitt Glaeser (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, 1977, S. 253 f., der sich mit Recht gegen die Begründung in BT-Drucks. 7/910 (zum Entwurf des VwVfG), S. 73 wendet, wo vom enteignungsgleichen Eingriff die Rede ist. Zum Entschädigungsanspruch nach § 21 BImSchG. OLG Hamm NVwZ 1990, 693. 5a Vgl. § 90 Abs. 3 NdsBauO; § 98 Abs. 2 SHLBauO; § 105 Abs. 2 HambBauO; in NRW ist § 24 OBG aufgehoben worden, so daß jetzt im (allgemeinen) Ordnungsrecht und auch im Baurecht § 48 VwVfG gilt. 6 So Maurer (Fn. 5) S. 247 ff.; für Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff aufgrund allgemeiner Erwägungen bereits vor Erlaß des VwVfG Schmidt, JuS 1973, S. 534 f. 7 Maurer (Fn. 5) S. 250 will auf dieses Kriterium verzichten. 8 Vgl. BT-Drucks. 7/910, S. 70. 9 Diese Bestimmung wird wegen ihrer Unklarheit mit Recht kritisiert, vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl. 1986, § 48, Rn. 108.

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§ 5 3 III

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Hand erforderlich erschien, sozialrechtlich geregelt worden. Hier ist vor allem auf den langen Katalog des § 539 Abs. 1 RVO hinzuweisen, in dem immer wieder Fallgruppen auftauchen, welche an sich unter die Aufopferung zu rechnen sind oder ihr wenigstens nahestehen. Es sind u. a. zu nennen: die Verwaltungshelfer (Nr. 9 b), die Luftschutzhelfer (Nr. 12), die Blutspender (Nr. 10), die Entwicklungshelfer (Nr. 16) u. a. m. Es besteht die Tendenz, immer dann, wenn sich ein Bedürfnis nach Entschädigung für Körperschäden zeigt, dem die überkommene Aufopferung nicht gerecht wird, den § 539 Abs. 1 RVO zu erweitern. Typisch dafür war etwa die Reaktion des Gesetzgebers auf B G H Z 46, 37, wo der B G H eine Aufopferungsentschädigung wegen eines unverschuldeten und nicht auf rechtswidriges Handeln zurückzuführenden Turnunfalls verweigert hatte: Die Entscheidung führte zur Neufassung der Nr. 14 des § 539 Abs. 1 RVO. Danach sind jetzt Kinder beim Besuch von Kindergärten, Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen und Studierende an Hochschulen durch die Unfallversicherung geschützt. Es handelt sich dabei nicht um eine echte Unfallversicherung, für die Beiträge gezahlt werden, sondern nur um eine Leistungspflicht der öffentlichen Hand entsprechend den Leistungen der Unfallversicherung. Konkurrierende Amtshaftungsansprüche sind teilweise ausgeschlossen 10 . Für die Impfschäden hat der Gesetzgeber in den §§ 51 ff. BSeuchG Versorgung nach den Vorschriften über die Kriegsopferversorgung (BVG) vorgeschrieben 11 . Desgleichen richtet sich die Entschädigung der Opfer von Tumultschäden nach dem BVG 1 2 . Die erkennbare Neigung, die Aufopferungsentschädigung nach den Maßstäben des B V G zu bemessen, wurde schon erwähnt 1 3 . § 5 SGB-AT hat die soziale Entschädigung grundsätzlich umrissen. Es heißt 6 dort: „Wer einen Gesundheitsschaden erleidet, für dessen Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einsteht, hat ein Recht auf 1. die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit und 2. angemessene wirtschaftliche Versorgung." Damit ist, da § 5 wie alle anderen Bestimmungen über die sozialen Rechte unmittelbar keine Ansprüche schafft, zwar erst ein Programm entworfen. Die Weichen für die künftige Entwicklung sind jedoch gestellt. Die soziale Entschädigung soll, soweit die Gesetzgebungskompetenz des Bundes dies er-

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Vgl. dazu §§ 6 3 6 f. RVO. Dadurch k o m m t die Amtshaftung z. B. Schülern nur noch für Sachschäden zugute, vgl. Schmitt, DVB1. 1977, 698. Konkurrierende Amtshaftungsansprüche sind nicht ausgeschlossen, § 5 4 Abs. 4 BSeuchG, dazu B G H N J W 1990, 2 3 1 1 ; zur Rechtsprechung des BSG Wuttke, Z f S H / SGB 1986, 5 2 9 ff. Vgl. dazu R ü f n e r , Verhandlungen des 4 9 . Deutschen Juristentags, Bd. 1, Gutachten E, S. 9 f. m. w. N . ; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl. 1983, S. 178; Brintzinger, D Ö V 1972, 2 2 7 ff.; Karpen, N J W 1987, 3 4 9 ff. Die Rechtslage ist im einzelnen sehr unübersichtlich. Vgl. oben § 52, Rn. 7 3 .

Öffentl.-rechtl. Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen

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IV

l a u b t U a , auf lange Sicht nach dem Muster der (noch fortzuentwickelnden und auf die Bedürfnisse der Friedensgesellschaft auszurichtenden) Kriegsopferversorgung geregelt werden. M i t dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten ( O E G ) hat der Gesetzgeber erstmals nach Erlaß des S G B - A T diesen Prinzipien entsprochen 1 4 . Inhaltlich unterscheidet sich die sozialrechtliche Entschädigung nach Höhe 7 und Art von der allgemeinen Aufopferungsentschädigung: Es werden feste Sätze gezahlt, die den individuellen Schaden nur beschränkt berücksichtigen. Für die Heilung wird zumeist Leistung in Natur geboten, also nicht nur Geldersatz.

IV. Schadensersatzansprüche aus verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen Schon das R G hatte Regeln des privaten Schuldrechts auf entsprechende Rechtsverhältnisse des öffentlichen Rechts angewendet. Es hat diese Analogie vor allem am Recht der öffentlich-rechtlichen Verwahrung, der nutzbaren Anstalten und am Beamtenverhältnis entwickelt und die zur positiven Forderungsverletzung herausgearbeiteten Grundsätze auf zivilrechtsähnliche öffentlichrechtliche Rechtsverhältnisse (verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse) übertragen. Der B G H hat diese Rechtsprechung, die allerdings für das Beamtenrecht durch die gesetzliche Fixierung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht eine andere Grundlage erhalten hat, bestätigt und ausgeweitet 15 . Grundsätzlich ist heute anerkannt, daß auf verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse die Haftungsregeln des bürgerlichen Vertragsrechts entsprechend oder als Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze anzuwenden sind. Diese Haftung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bietet dem Bürger gegenüber dem Amtshaftungsanspruch manche Vorteile: Für die meisten Fälle der positiven Forderungsverletzung gelten die Beweislastregeln der §§ 282,

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Vgl. dazu Rüfner, in: Wannagat, Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, §§ 5, 24 AT, Rn. 4 f. OEG v. 11.5. 1976, BGBl. I, 1181; vgl. dazu Rüfner, NJW 1976, 1249 f.; Röhmel, JA 1977, 39 ff., 87 ff.; Schoreit/Düsseldorf, Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG), 1977; Schulz-Lüke/Wolf, Gewalttaten und Opferentschädigung, 1977; rechts vergleichend Jung, in: Das Verbrechensopfer, hrsg. von G. F. Kirchhoff und K. Sessar, 1979, S. 379 ff. - Grundlegend zur sozialen Entschädigung Schulin, Soziale Entschädigung als Teilsystem kollektiven Schadensausgleichs, 1981; zum Ausschluß der Entschädigung wegen Unbilligkeit (§ 2 Abs. 1 OEG) vgl. BSG NJW 1985, 647 m. w. N. Vgl. RGZ 99, 96, 97 ff.; BGHZ 17, 191, 192 f.; 54, 299, 302 ff.; 59, 303, dazu Stürner, JuS 1973, 749 ff.; BGH NJW 1974, 1816; BGH NJW 1977, 197, 198; BGHZ 71, 386; BGHZ 109, 8, 9 ff.; auch BGH JuS 1974, 191f. zur öffentlich-rechtlichen Verwahrung; Janson, DÖV 1979, 696 ff. Sehr kritisch zu dieser Haftung Papier, Die Forderungsverletzung im öffentlichen Recht, 1970, S. 99 ff.; ders., JZ 1975, 585 ff. Vgl. ergänzend zu diesem Abschnitt o. § 30. 657

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285 B G B , so daß der Schuldner für sein Nichtverschulden beweispflichtig ist 1 6 . Die Subsidiarität der Amtshaftung entfällt 1 7 , der Geschädigte ist nicht auf Geldersatz beschränkt, sondern kann Naturalrestitution verlangen. Die Haftung für Hilfspersonen richtet sich nach § 278 B G B , die kurze Verjährung der deliktischen Ansprüche gilt nicht. Für Schmerzensgeld bietet die quasivertragliche Haftung allerdings keine Grundlage 1 8 . In den Einzelheiten besteht noch viel Unklarheit. Die Rechtsprechung hat sich kasuistisch vorangetastet, ohne den Begriff des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses eindeutig abzugrenzen 1 9 . Sie hat dabei auf das besonders enge Verhältnis des einzelnen zum Staat und auch darauf abgestellt, ob das Handeln des Staates im Rahmen des betreffenden Rechtsverhältnisses Ausfluß einer fürsorgerischen Tätigkeit in bezug auf den einzelnen sei 20 . Anerkannt ist die Anwendung des bürgerlichen Haftungsrechts bei der öffentlich-rechtlichen Verwahrung, der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag 2 1 , den verwaltungsrechtlichen Verträgen 2 2 und — hier war die praktische Bedeutung am größten — bei den öffentlich-rechtlichen Benutzungs- und Leistungsverhältnissen 2 3 . Dazu treten die heute im Hinblick auf die Fürsorgepflicht besonders geregelten Beamtenverhältnisse 2 4 . Für die Rechtsverhältnisse der Strafgefangenen 2 5 und Schüler 2 6 hat der B G H dagegen die Anwendung der Regeln des bürgerlichen Vertragsrechts abgelehnt 2 6 3 . Vgl. BGHZ 23, 288 und 28, 251; BGH DVBl. 1978, 108, 109 f.; BVerwGE 13, 17, 24 f.; BGH DVBl. 1983, 1062. 17 BGHZ 63, 167, 171 ff. 18 Auch ansonsten kann die Amtshaftung gelegentlich vorteilhafter sein. Vgl. etwa BGHZ 76, 16, 30 f., wonach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB der Amtshaftung nicht entgegengesetzt werden kann. Vgl. im übrigen zu den Unterschieden der Haftung Ossenbühl (Fn. 12), S. 221 f. 19 Vgl. Ossenbühl (Fn. 12) S. 230. 20 BGHZ 21, 214, 218 ff.; kritisch zur begrifflichen Abgrenzung Ossenbühl (Fn. 12) S. 230 ff.; Papier, JZ 1975, 586 ff. 21 BGHZ 63, 167, 170. 22 Vgl. dazu H. Meyer, Das neue öffentliche Vertragsrecht und die Leistungsstörungen, NJW 1977, 1705 ff., bes. 1711 ff.; Bullinger, Leistungsstörungen bei öffentlich-rechtlichen Verträgen, DÖV 1977, 812 ff. (mit differenzierter Stellungnahme); Obermayer, BayVBl. 1977, 546 ff. 23 Vgl. Ossenbühl (Fn. 12) S. 226 ff.; Bettermann/Papier, Die Verwaltung 1975, 173 f. 24 BGHZ 43, 178, 184 f.; BVerwGE 13, 17; 25, 138, 141; BVerwG DVBl. 1963, 677. 25 BGHZ 21, 214. 26 BGH NJW 1963, 1828 und BGH DVBl. 1964, 584; vgl. jedoch auch BGH DVBl. 1964, 813; dazu kritisch Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl. 1974, Nr. 194; Menger, VerwArch. 56 (1965), 90ff.; Meyer, in: I. v. Münch GGK II Art. 34 Rn. 20 26a In der Literatur zeichnet sich die Tendenz ab, das Verwaltungsrechtsverhältnis überhaupt als besonderes Rechtsverhältnis anzusehen und das verwaltungsrechtliche Schuldverhältnis in ihm aufgehen zu lassen. Vgl. Papier, Die Forderungsverletzung (Fn. 15), S. 17 ff.; Löwer, Staatshaftung für unterlassenes Verwaltungshandeln, 1979, S. 454 ff.; 16

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§ 5 3 IV

Nicht abschließend geklärt ist auch, welche Regeln des privaten Schuldrechts 1 1 auf verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse anzuwenden sind. Die Rechtsprechung neigt dazu, nach Bedarf im Einzelfall auf alle dem jeweiligen Fall angemessenen Bestimmungen zurückzugreifen 2 7 . Im Vordergrund standen stets die Schadensersatzansprüche, insbesondere die Schadensersatzansprüche wegen positiver Forderungsverletzung. Solche Schadensersatzansprüche sind gem. § 40 Abs. 2 S. 1 V w G O grundsätzlich vor den Zivilgerichten geltend zu machen 2 8 , soweit es nicht um die Verletzung von Pflichten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen geht 2 8 a . Im Zusammenhang mit der vertragsähnlichen Haftung, insbesondere bei der Nutzung öffentlicher Einrichtungen, stellt sich häufig die Frage, ob Haftungsbeschränkungen, wie sie im bürgerlichen Recht üblich sind, auch in verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen zulässig sind. Die Praxis bejaht das, und zwar ungeachtet des grundsätzlich zwingenden Charakters des öffentlichen Rechts zu Recht. Die Haftungsregeln des bürgerlichen Rechts sind nicht zwingend, können es auch nicht sein, weil eine Anpassung an die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls gestattet werden muß. Sie können deshalb auch nicht ohne die Möglichkeit der Modifikation in das öffentliche Recht übertragen werden.

Häberle, in: Das Sozialrechtsverhältnis (Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Bd. XVIII), S. 60 ff. 27 Vgl. etwa OVG Münster DÖV 1971, 276; BGHZ 71, 386, 392 ff. und 76, 343, 348 f. sowie BGH DVB1. 1986, 409 zur Haftung aus culpa in contrahendo. Vgl. dazu Littbarski, JuS 1979, 537 ff. Zur Sachmängelhaftung nach Kaufrecht vgl. BGHZ 59, 303, 305 f.; BGH DVB1. 1977, 893. Zu den öffentlich-rechtlichen Verträgen vgl. die in Fn. 22 zitierten Aufsätze von Meyer und Bullinger. 28 Vgl. zu dieser bestrittenen und kaum befriedigend lösbaren Frage Ossenbübl (Fn. 12) S. 237 ff. - Für Zivilrechtsweg BGHZ 43, 34; BGH NJW 1977, 197; BGH DVBl. 1978, 108, 109 mit Anm. Grave auf S. 450; BGH DÖV 83, 289; BGH DVBl. 1983, 1062; BVerwGE 37, 231 wegen des Sachzusammenhangs mit der Amtshaftung; ähnlich OVG Münster JuS 1974, 191; BGHZ 71, 386, 388 und 76, 343, 348 für Ansprüche aus culpa in contrahendo; BGH DVBl. 1986, 409 hält auch für § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO n. F. für Ansprüche aus culpa in contrahendo am Zivilrechtsweg fest; vgl. dazu Bender, J Z 1986, 839 und Scherer, NVwZ 1986, 540 f.; vorsichtiger BVerwG DÖV 1971, 707, wo beim Übergang vom Haupt- ( = Erfüllungs-) zum Schadensersatzanspruch ein Wechsel des zulässigen Rechtswegs ausgeschlossen wird. Aus ähnlichen Gründen hält BVerwG DÖV 1974, 133 den Verwaltungsrechtsweg für zulässig, wenn ein Anspruch aus culpa in contrahendo geltend gemacht wird, der nicht im Zusammenhang mit einem Amtshaftungsanspruch steht. Für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nimmt das BVerwG - vgl. Fn. 24 - wegen § 126 Abs. 1 BRRG Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs an. Allgemein spricht sich Papier, in: Maunz/Dürig! Herzog! Scholz, Art. 34 GG Rn. 67 für die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs entsprechend der Regelung für öffentlich-rechtliche Verträge aus. Zur Haftung des Bürgers gegenüber dem Staat vgl. Hüttenbrink, DÖV 1982, 489 ff. 281 Vgl. dazu BGHZ 87, 9; BGH DVBl. 1986, 409 (jedoch anders für culpa in contrahendo). 659

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IV

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Anderenfalls wäre die Verwaltung oft gezwungen, um der Freizeichnung willen in das Privatrecht auszuweichen 29 . Die Kompetenz, Haftungsbeschränkungen zu statuieren, fällt demjenigen zu, der zur Ausgestaltung des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses berechtigt ist. Bei öffentlich-rechtlichen Verträgen kann die Haftung daher nur durch den Vertrag, bei anderen verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen jedoch einseitig durch die Verwaltung beschränkt werden. Üblich sind Haftungsbeschränkungen in Satzungen, es genügt aber grundsätzlich jede Rechtsform, in der die Einzelheiten eines verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses überhaupt festgelegt werden können (also u. U. auch eine schlichte Benutzungsordnung oder ein Verwaltungsakt) 30 . 13 Grenzen dieser „Freizeichnung" ergeben sich zunächst aus dem bürgerlichen Recht. Haftungsbeschränkungen, die im bürgerlichen Recht wegen Monopolmißbrauchs oder Sittenwidrigkeit nicht zu tolerieren sind, sind auch im öffentlichen Recht unwirksam. Das AGB-Gesetz ist, soweit Regelungen durch Rechtsnormen (Gesetz, Verordnung, Satzung) getroffen worden sind, zwar nicht unmittelbar anwendbar 3 0 3 , eine entsprechende Anwendung ist jedoch bei gegebenem Anlaß möglich 3 0 b . Schlichten Anstalts- und Benutzungsordnungen kann das AGB-Gesetz jedenfalls entgegengesetzt werden 3 0 c . Darüber hinaus sind die verwaltungsrechtlichen Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu wahren. Haftungsbeschränkungen dürfen nicht mit den Zwecken der Verwaltung im Widerpruch stehen und z. B. nicht die Haftung für die Erreichung der Ziele ausschließen, deretwegen die öffentliche Hand eine Leistung anbietet. So wäre etwa der Ausschluß der Haftung für ernsthafte Gesundheitsschäden, die durch Lieferung schlechten Wassers entstehen, grundsätzlich unwirksam. Im übrigen muß die Verwaltung eine gerechte Risikoverteilung anstreben, ist aber dabei nicht notwendig an die zivilrechtlichen Kategorien von Vorsatz, grober und leichter Fahrlässigkeit gebunden. Der Ausschluß der Haftung für leichtere Schäden, die den einzelnen wenig beeinträchtigen, aber wegen ihrer Summierung den Träger einer öffentlichen Einrichtung schwer belasten können, ist im InterVgl. dazu Forsthoff, VwR, S. 4 2 2 f.; Schneider, N J W 1962, 7 0 5 , 7 0 7 f.; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen; 2. Aufl. 1985, S. 2 5 4 f f . ; Götz, JuS 1971, 3 4 9 f f . ; Rüfner, D Ö V 1973, 8 0 8 , 809; Tiemann, BayVBl. 1974, 5 7 ff.; ders., VerwArch. 65 (1974), 3 8 1 , 3 9 7 f f . ; Erichsen, VerwArch. 6 5 (1974), 2 1 9 f f . ; Frotscher, Die Gemeinde 1975, 1 3 9 f f . ; BayVerfGH D Ö V 1970, 4 8 8 ; B G H Z 61, 7, 12 f. 3 0 Vgl. Rüfner, D Ö V 1973, 8 0 8 , 8 0 9 ; anders Götz, JuS 1971, 3 4 9 , 3 5 2 , der eine objektivrechtliche Regelung fordert. 3 0 a Vgl. Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 4 9 . Aufl. 1990, § 1 A G B G , Anm. 1. 30b Vgl. hierzu Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 2. Aufl. 1989, Einl. Rn. 2 0 m. w. N . ; vgl. auch §§ 2 6 f. A G B G . 3 0 c M a n m a g auch hier von einer entsprechenden Anwendung sprechen. Sie ist jedoch unausweichlich, weil die Verwaltung beim Rückgriff auf das Zivilrecht an die Einschränkungen der Privatautonomie gebunden werden muß, die zum Schutz des Geschäftspartners erforderlich sind. 29

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esse niedriger Gebühren oft zu tolerieren. Dagegen darf dem Bürger kein unerträgliches Risiko aufgebürdet werden, insbesondere nicht das Risiko schwerer Gesundheitsschäden31. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang, ob mit der Vertrags- 1 4 ähnlichen Haftung zugleich die Haftung aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG ausgeschlossen werden kann. Der BGH scheint das zu verneinen32, ohne zu erkennen, daß die „Freizeichnung" im öffentlichen Recht weitgehend wirkungslos bleibt, wenn sie nicht auch die Amtshaftung einschließt. Ein Verstoß gegen Pflichten aus einem verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis ist in aller Regel ohne eine gleichzeitige Amtspflichtverletzung kaum denkbar 323 . Der Verwaltung steht es zu, die Pflichten aus verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen und somit auch die Amtspflichten der beteiligten Beamten auszugestalten. Die Beschränkung der Haftung für Pflichtverletzung ist als ein zulässiges Minus gegenüber der Beschränkung der Pflichten anzusehen. Allerdings ist demnach eine Beschränkung der Amtshaftung nur insoweit möglich, als die Verwaltung befugt ist, die Rechtsverhältnisse der Beteiligten zu regeln. Die Haftung für Amtspflichten, die unabhängig vom verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis bestehen, kann nicht ausgeschlossen werden33. V. Folgenbeseitigungsanspruch und Herstellungsanspruch 1. Entwicklung

und Grundlagen

des

Folgenbeseitigungsanspruchs

Ausgangspunkt der Diskussion um den Folgenbeseitigungsanspruch war ein 1 5 typischer Fall der Nachkriegszeit. Eine Wohnung wurde beschlagnahmt, die Beschlagnahme für sofort vollziehbar erklärt, später auf Klage wieder aufgehoben. Die Zwangsmieter saßen aber in der Wohnung. Bachof entwickelte in seiner grundlegenden Monographie „Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung" 34 ausgehend von diesem Fall einen FolgenbeseitigungsanVgl. Küfner, DÖV 1973, 808, 810 f. BGHZ 61, 7, 14 f., wo ein Ausschluß der Haftung wegen Verletzung der allgemeinen Amtspflichten durch kommunale Satzung nicht zugelassen wird. Ob der BGH für spezielle, nur aus dem Schuldverhältnis entstehende Amtspflichten eine andere Lösung für möglich hält, steht dahin, ist aber kaum anzunehmen. Ebenso gegen einen Ausschluß der Amtshaftung Tiemann, BayVBl. 1974, 57, 60 ff.; Schwarz, JuS 1974, 641 ff.; Brehm, DÖV 1974, 416 f.; Frotscher, Die Gemeinde 1975, 142. 32a Vgl. Papier, Die Forderungsverletzung (Fn. 15), S. 108; aber auch BGHZ 87, 9 , 1 7 f. zum Verhältnis von Amtspflichten und Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. 33 In diesem Sinn Rüfner, DÖV 1973, 808, 809 f. m. w. N.; präzisierend und mit Recht korrigierend weist Seibert, DÖV 1986, 965 darauf hin, daß die Zulassung zur Benutzung einer Einrichtung nicht den Ausschluß allgemeiner Pflichten erlaubt, insbes. nicht der Verkehrssicherungspflicht. 34 Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, 1951 S. 98 ff. 31

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spruch gerichtet auf Beseitigung der fortdauernden Beeinträchtigungen aus dem Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, den er aus allgemeinen Prinzipien des Entschädigungsrechts, dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und hilfsweise auch mit Verweisung auf die Bestimmungen der ZPO über die Vollstreckung nicht rechtskräftiger Entscheidungen begründete. 16 Der Folgenbeseitigungsanspruch gehörte also von Anfang an in den Zusammenhang der vielfältigen Bemühungen, die Lücken des Staatshaftungsrechts zu schließen und insbesondere eine verschuldensunabhängige Haftung für staatliches Unrecht zu schaffen. Er richtete sich im Gegensatz zu der kurz nach Erscheinen von Bachofs Schrift einsetzenden Rechtsprechung zum enteignungsgleichen Eingriff auf Naturalrestitution und beschränkte sich in der ursprünglichen Konzeption Bachofs auf die Beseitigung der unmittelbaren Folgen eines vor Bestandskraft vollzogenen Verwaltungsakts. Der Folgenbeseitigungsanspruch war also zunächst kein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Wiedergutmachungsanspruch, wie er später insbesondere von Menger und Haas postuliert wurde35, sondern nur ein partieller Anspruch auf Beseitigung der Schäden aus bestimmten Handlungen der Verwaltung, der sich auf Naturalrestitution richtete und beschränkte. 17 Die weitere Diskussion über den Folgenbeseitigungsanspruch36 führte zu dem Ergebnis, daß die Begrenzung auf die Folgen des Vollzugs rechtswidriger Verwaltungsakte (Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch) zu eng war. Für den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch gelten zwar gewisse prozessuale Besonderheiten (vgl. §113 Abs. 1 S. 2 VwGO) 37 , die Folgen rechtswidrigen Verwaltungshandelns können aber nicht prinzipiell verschieden sein, je nachdem, ob ein Verwaltungsakt durchgesetzt wurde oder ob die Verwaltung ohne Verwaltungsakt im Wege des Realakts vorgegangen war. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist also nach heutigem Verständnis generell auf die Beseitigung der Folgen rechtswidrigen Verwaltungshandelns gerichtet 38 . Er soll die Verwaltung verpflichten, einen

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36 37

38

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Vgl. Menger, Gedächtnisschrift für W. Jellinek, 1955 S. 350 ff.; ders., in: Grundrechte III/2, S. 717, 733; D. Haas, System der öffentlich-rechtlichen Entschädigungspflichten, 1955, S. 63 ff.; vgl. auch }. Kohl, Die Lehre von der Unrechtsunfähigkeit des Staates, 1977, S. 116 ff.; partiell Franke, VerwArch. 57 (1966), 357, 364ff.; in diesem Sinn auch Haueisen, DVB1. 1973, 739 ff., der dem Gedanken eines umfassenden öffentlichrechtlichen Wiedergutmachungsanspruchs mit der Bezeichnung Folgenbeseitigungsanspruch zuneigt. Vgl. die Darstellung der Entwicklung in BVerwGE 69, 366, 368 ff. Zur lediglich prozessualen Bedeutung dieser Bestimmung vgl. BVerwG DÖV 1971, 857, 858 entgegen einer mißverständlichen Äußerung in BVerwGE 28, 155, 164. BVerwG DÖV 1971, 857 mit zustimmender Anmerkung Bachof = DVB1. 1971, 858 mit kritischen Anmerkungen von Grave und Kupp in DVB1. 1972, 231 ff. - Die Entscheidung folgt weitgehend Gedankengängen, die Weyreuther in seinem Gutachten zum 47. Deutschen Juristentag (Verhandlungen Bd. I, Gutachten B) vorgezeichnet hatte.

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§53 V 1

rechtswidrigen Zustand, dessen Entstehung ihr zugerechnet werden kann, durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu beseitigen. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist im geltenden Recht nicht positiviert, allerdings in § 113 Abs. 1 S. 2 V w G O vorausgesetzt. Wie er zu begründen ist, ist streitig geblieben. Vielfach bleibt die Ableitung im Dunkel, man beruft sich auf den allgemein anerkannten Folgenbeseitigungsanspruch wie auf gefestigtes Gewohnheitsrecht 3 9 . Dies verdeckt die Probleme, welche das vermeintlich allgemein anerkannte Rechtsinstitut nach wie vor stellt. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist nicht auf bestimmte einzelne positive Sätze des geltenden Rechts zu stützen und auch nicht (wie etwa der enteignungsgleiche Eingriff) in Weiterentwicklung bestimmter altüberlieferter Ansprüche zu begründen. Es handelt sich vielmehr um einen neuen Typus eines Anspruchs, dessen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen ungeklärt sind. Eine isolierte Betrachtung der Rechtsgrundlagen ohne Blick auf Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen ist daher nicht möglich 4 0 . Z w a r gibt es eine grundsätzliche Übereinstimmung darüber, daß es in einem Rechtsstaat nicht angehen kann, rechtswidrige Zustände, welche die Verwaltung geschaffen hat, bestehen zu lassen. Inwieweit es dazu jedoch über die bestehenden Ansprüche aus dem Staatshaftungsrecht hinaus eines zusätzlichen eigenständigen Folgenbeseitigungsanspruchs bedarf, ist zweifelhaft. Die Begründung dieses zusätzlichen Anspruchs ist umso schwieriger, je weiter er reichen und je mehr er das Staatshaftungsrecht revolutionieren soll. Ist der Folgenbeseitigungsanspruch nur ein Beseitigungsanspruch im Sinn einer actio negatoria des öffentlichen Rechts, so genügt es, darauf zu verweisen, daß die Freiheitsrechte Abwehrrechte des Bürgers sind, die nicht nur die Grundlage für die Abwehr belastender Verwaltungsakte bieten, sondern auch Ansprüche auf Abwehr tatsächlicher Beeinträchtigungen begründen 4 1 . Der Abwehranspruch ergibt sich aus den einzelnen Grundrechten oder auch aus einfachgesetzlich begründeten Rechten der Bürger und dem Vorbehalt des Gesetzes. Der Folgenbeseitigungsanspruch als Rechtsbegriff ist in einer solchen Konzeption 4 2 nur eine zusammenfassende Bezeichnung für einen Abwehranspruch, der im öffentlichen

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Vgl. schon BVerwG DÖV 1971, 857, 858; Ossenbühl (Fn. 12), S. 179 m.w.N. Vgl. Ossenbühl (Fn. 12), S. 194. Vgl. Fiedler, NVwZ 1986, 972. Vgl. zur Konzeption eines rein negatorischen Folgenbeseitigungsanspruchs grundlegend Bettermann, DÖV 1955, 528 ff.; ders., Grundrechte III/2, S. 802 f.; Papier, DÖV 1972, 845 ff.; zum Zusammenhang von Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch vgl. Erichsen/Hoffmann-Becking, JuS 1971, 144, 148 und berichtigend Erichsen, VerwArch. 63 (1972), 220f.; Hoffmann-Becking, JuS 1972, 509, 510ff.; H. Kupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 249 ff.; Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, 1968, S. 65 ff. Vom negatorischen Anspruch geht auch Schoch, VerwArch. 79 (1988), 32 ff. aus, will ihn aber zu einem restitutorischen Beseitigungsanspruch erweitern (46 f.). 663

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Recht ebenso wie im Zivilrecht besteht, wenn in (absolute) Rechte der Bürger eingegriffen wird und daraus eine fortdauernde Beeinträchtigung entsteht 43 . 20 Schwieriger ist es, einen über die actio negatoria hinausgehenden Folgenbeseitigungsanspruch zu begründen, der nicht nur auf Störungsbeseitigung, sondern generell auf Wiederherstellung gerichtet ist und sich damit entgegen allen Behauptungen einem Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch nähert. Einen solchen Anspruch allein auf die Grundrechte und die Erwägung zu stützen, eine Grundrechtsverletzung müsse durch einen Ausgleichsanspruch kompensiert werden44, reicht nicht aus. Der Folgenbeseitigungsanspruch als allgemeiner Wiedergutmachungsanspruch bedarf vielmehr einer zusätzlichen Begründung, die nicht in einzelnen Vorschriften der Verfassung oder des einfachen Rechts zu finden ist. Als Wiedergutmachungsanspruch ist der Folgenbeseitigungsanspruch letztlich nur durch Rückgriff auf die Argumente zu begründen, mit denen schon früher — damals noch ohne Erfolg — versucht wurde, einen allgemeinen öffentlich-rechtlichen Wiedergutmachungsanspruch abzuleiten: Ein umfassender Schutz des Bürgers gegen die öffentliche Gewalt wird vom Grundgesetz ersichtlich angestrebt. Er ist nur möglich, wenn über die Abwehr belastender Eingriffe hinaus Restitution, ja sogar Kompensation gewährt wird, wo die Abwehr nicht ausreicht. Daß das Grundgesetz diese Kompensation im Prinzip fordert, läßt sich nicht nur aus Rechtsstaatsprinzip, sondern auch aus Art. 34 GG schließen45. Der Folgenbeseitigungsanspruch, der über einen Abwehranspruch hinausgeht, ist darum nichts anderes als ein verschuldensunabhängiger Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch, der die vorhandenen Lücken des Staatshaftungsrechts schließen soll.

2. 21

Einzelheiten

a) Der Folgenbeseitigungsanspruch als actio negatoria. Der Folgenbeseitigungsanspruch als actio negatoria des öffentlichen Rechts ist in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt. Er kann gegen alle rechtswidrigen Störungen geltend gemacht werden, die auf Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung

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Vgl. Fiedler, N V w Z 1986, 9 7 2 unter Bezugnahme auf BVerwG N J W 1985, 1481, w o das BVerwG sich wesentlich auf Art. 14 G G stützt und den Folgenbeseitigungsanspruch nur nebenbei erwähnt. Vgl. aber in diesem Sinne Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 3 4 G G R n . 5 8 ; auch M . Redeker, D Ö V 1987, 195 ff. Vgl. zu der Begründung des Folgenbeseitigungsanspruchs Fiedler, N V w Z 1986, S. 9 7 0 ff., der mit Recht betont, daß die Einzelausgestaltung des Rechtsinstituts nicht aus dem Grundgesetz abzulesen sei. Vgl. aus der Rechtsprechung etwa BVerwG N J W 1985, 1481.

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zurückzuführen sind 4 6 , gleichgültig, ob es um die Folgen eines rechtswidrigen bereits vollzogenen Verwaltungsakts oder um die Folgen schlichten Verwaltungshandelns geht. Der Folgenbeseitigungsanspruch kann Grundlage des Verlangens auf Widerruf einer ehrenkränkenden Behauptung im öffentlich-rechtlichen Bereich 4 7 oder der Abwehr von Immissionen durch öffentlich-rechtlich handelnde Unternehmen 4 8 sein 4 8 ". Desgleichen kann die Beseitigung der fortdauernden tatsächlichen Beeinträchtigungen aus einem aufgehobenen 4 9 rechtswidrigen Verwaltungsakt unter dem Titel der Folgenbeseitigung verlangt werden. Die Verwaltungsgerichte gehen dabei so weit, dem Nachbarn, der sich mit Erfolg gegen eine rechtswidrige Bauerlaubnis zur Wehr gesetzt hat, einen Anspruch auf Anordnung des Abrisses zu geben 5 0 , obwohl nicht lediglich ein Verwaltungsakt vollzogen wurde, sondern der Bürger die Beseitigung der weitergehenden Konsequenzen eines aufgehobenen Verwaltungsakts anstrebt 5 1 . Einen Folgenbeseitigungsanspruch auf Räumung seiner Wohnung hat nach Ablauf der Beschlagnahmefrist auch der Wohnungseigentümer, dessen Wohnung zur Abwehr von Obdachlosigkeit vorübergehend beschlagnahmt wurde 5 1 3 .

Vgl. BVerwG DÖV 1971, 857; BVerwG DÖV 1985, 362; BVerwGE 80, 178, 179 formuliert: „Nach allgemeiner Auffassung kommt ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert". 47 Vgl. BGHZ 34, 99, 108 f.; BVerwGE 38, 336, 346; BVerwGE 59, 319, 326 f.; BVerwGE 75, 354. 48 Vgl. BVerwG NJW 1974, 817; OVG Hamburg NJW 1978, 658; OVG Münster DÖV 1983, 1020 mit Anm. Schwabe, DÖV 1984, 387 (der berechtigte Kritik an dem übertriebenen argumentativen Aufwand des OVG übt). 48a Zum Folgenbeseitigungsanspruch zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung Fiedler/ Fink, DÖV 1988, 317 ff. 4 ' Auf die vorherige Aufhebung des Verwaltungsakts ist besonderes Gewicht zu legen. Solange der Verwaltungsakt noch besteht, ist die Beeinträchtigung durch ihn gedeckt, vgl. Ossenbühl (Fn. 12), S. 201. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO läßt es jedoch zu, die Aufhebung eines Verwaltungsakts und die Folgenbeseitigung in derselben Klage geltend zu machen. 5 0 OVG Lüneburg DVB1. 1962, 418, 420; OVG Lüneburg DVB1. 1975, 915, 917 f.; OVG Saarlouis NVwZ 1983, 685; nur eine Folgenbeseitigungslast erkennt OVG Lüneburg BauR 1982, 147 an; anders, Folgenbeseitigungsanspruch und Folgenbeseitigungslast verneinend, aber trotzdem regelmäßig eine Pflicht zum Einschreiten gegen den illegalen Bau annehmend OVG Münster NJW 1984, 883. Horn, DÖV 1989, 976 ff. sieht im Folgenbeseitigungsanspruch eine eigenständige Ermächtigung zum Einschreiten und bejaht jedenfalls regelmäßig eine Pflicht zum Einschreiten aufgrund spezialgesetzlicher Ermächtigungen, welche eine Abbruchsanordnung zulassen. Als ausreichende Ermächtigungsgrundlage mit Rechtsanspruch des belasteten Dritten sieht Schenke, DVB1. 1990, 328 ff. den Folgenbeseitigungenanspruch an. Gegen den Folgenbeseitigungsanspruch als Rechtsgrundlage Fiedler/Fink, DÖV 1988, 321. 51 OVG Saarlouis NVwZ 1983, 685. VGH Mannheim NJW 1990, 2770. 46

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b) Der Folgenbeseitigungsanspruch als Restitutionsanspruch. Die neuere Rechtsprechung und Lehre neigt dazu, über diesen negatorischen Anspruch hinauszugehen und den Folgenbeseitigungsanspruch als einen besonderen Wiederherstellungsanspruch zu betrachten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich von Anfang an nicht auf einen bloßen Beseitigungsanspruch im Sinn der actio negatoria festgelegt und bereits 1971 auch beim Folgenbeseitigungsanspruch Mitverschulden, also eine Kategorie des Schadensersatzsrechts, berücksichtigt52. Neuerdings spricht es von einem Anspruch auf Naturalherstellung, wie er in § 249 S. 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden habe, und meint, der Folgenbeseitigungsanspruch sei auf die Beseitigung der rechtswidrigen Folgen eines Tuns oder Unterlassens der vollziehenden Gewalt gerichtet und gewähre einen Ausgleich in natura 53 . Die genauen Grenzen, die diesem Anspruch gezogen werden sollen, sind bislang aus Rechtsprechung und Literatur nicht erkennbar. Es gibt noch keine höchstrichterliche Entscheidung, welche einen Anspruch, der über eine actio negatoria hinausging, zubilligte und sich darum mit dessen Höhe beschäftigen mußte. Ein voller Schadensersatz soll jedenfalls nicht gewährt werden. Vielmehr kann nur Naturalrestitution verlangt werden, und zwar beschränkt auf die Herstellung des Zustandes, der vor dem rechtswidrigen Tun oder Unterlassen bestanden hat 54 . So kann als Folgenbeseitigung nicht etwa eine Einstellung in ein Beamtenverhältnis als Schadensausgleich begehrt werden55. Entgangener Gewinn ist schon deshalb ausgeschlossen, weil er nicht als Wiederherstellung eines früheren Zustandes gewährt werden kann. Ursprünglich lehnte das BVerwG jeglichen Geldanspruch56 und folgerichtig auch eine Schadensteilung bei Mitverschulden56a ab. Daran hält das Gericht nicht mehr fest. Soweit die Herstellung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, tritt auch beim verschuldensunabhängigen Folgenbeseitigungsanspruch einem allgemeinen Rechtsgrundsatz entsprechend an die Stelle der Wiederherstellung ein Geldanspruch. Dies ermöglicht auch eine Schadensteilung56b. Im übrigen sind Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche aus anderen Anspruchsgrundlagen zu begründen57.

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Unmittelbar intendierte Folgen einer Amtshandlung müssen beseitigt werden 58 . Inwieweit im Rahmen der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenBVerwG DÖV 1971, 857, 859; vgl. dazu kritisch Kupp, DVB1. 1972, 233; Schoch, VerwArch. 79 (1988), 53 f. « BVerwGE 69, 366, 371; dazu Maaß, BayVBl. 1987, 520 ff. 54 BVerwGE 69, 366, 371; vgl. ferner Ossenbühl (Fn. 12), S. 198; Papier, in: Maunz/Dürig/ Herzog/Scholz, Art. 34 GG Rn. 59; Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl. 1974, Rn. 221; ders. J Z 1986, 844. 55 Vgl. BVerwG DVBl. 1979, 852. « BVerwGE 69, 366, 371. 56a BVerwG DÖV 1978, 857, 859. 56b BVerwGE 82, 24, 28 f. 57 Vgl. Ossenbühl (Fn. 12), S. 206 ff. 58 Vgl. Ossenbühl (Fn. 12), S. 199, der den Folgenbeseitigungsanspruch auf die unmittelbaren Folgen beschränken will. 52

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V 2

den Kausalität auch mittelbare adäquate Folgen berücksichtigt werden, ist bisher offengeblieben. Art. 20 Abs. 3 G G , der nach neuerer Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts dem Folgenbeseitigungsanspruch zugrundeliegt, gebietet die Beseitigung sonstiger Folgen jedenfalls dann nicht, wenn sie erst durch das Verhalten des Betroffenen verursacht oder mitverursacht worden sind, das auf dessen eigener Entschließung beruht 5 9 . M i t Hinweis darauf versagte das Bundesverwaltungsgericht einem Kläger, welcher rechtswidrig ein zinsloses Bardepot hatte unterhalten müssen, die Entschädigung für die aufgewendeten Kreditzinsen, obwohl er sie nicht vermeiden konnte, wenn er dem Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehung angeordnet worden war, Folge leisten wollte 6 0 . Der Folgenbeseitigungsanspruch, wie ihn das Bundesverwaltungsgericht heute versteht, ist damit über einen nur negatorischen Beseitigungsanspruch hinausgewachsen und zu einem gleichsam verkürzten Restitutionsanspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen durch hoheitliches Verwaltungshandeln veränderten tatsächlichen Zustandes geworden 6 1 . Er hat den Charakter eines Ersatzanspruchs und ist ein Institut des Staatshaftungsrechts geworden. Er würde also auch — dies entspricht einer alten Entscheidung des Württemberg-Badischen V G H 6 2 — das Begehren rechtfertigen, ein rechtswidrig abgerissenes Haus wieder in natura aufzubauen. Allenfalls könnte dagegen eingewendet werden, die Naturalrestitution sei in einem solchen Fall nicht zumutbar 6 3 , der Geschädigte könne sich mit einer Geldentschädigung begnügen, die er aus enteignungsgleichem Eingriff erhalten könne. Die neuere Lehre und Rechtsprechung zum Folgenbeseitigungsanspruch läuft damit ziemlich genau auf das Ergebnis hinaus, das mit § 3 des für verfassungswidrig erklärten Staatshaftungsgesetzes 6 4 vermutlich erreicht worden wäre 6 5 . Die Frage ist berechtigt, o b es in der legitimen Kompetenz der Rechtsprechung liegt, in dieser Weise ein gescheitertes Reformgesetz doch noch durchzusetzen. Die Frage ließe sich leichter bejahen, wenn zu belegen wäre, daß dieser Fortschritt der Rechtsprechung einem dringenden Bedürfnis entspräche und eine für den Bürger schmerzliche Haftungslücke schlösse. Dies muß indes bezweifelt werden: Gegenüber dem enteignungsgleichen Eingriff, der mit dem

59 BVerwGE 69, 366, 372 f. « BVerwGE 69, 366, 373 f.; vgl. dazu kritisch Bender, VB1BW 1985, 203; Fiedler, NVwZ 1986, 973, 975; M. Redeker, DÖV 1987, 200. 61 Vgl. Bender, JZ 1986, 844; Köckerbauer, JuS 1988, 782 ff. 61 VGH Württemberg-Baden VwRspr. 1, 342, 344; anders VGH Mannheim NVwZ-RR 1990, 449, da Schadensersatz nicht gefordert werden könne und die alte abgerissene Mauer, um die gestritten wurde, ohnehin nicht mehr aufgebaut werden könne, sondern nur eine neue Mauer. 63 Vgl. zur Zumutbarkeit, Ossenbühl (Fn. 12), S. 205. 64 Vgl. dazu Schäfer, in: Schäfer/Bonk, Staatshaftungsgesetz, 1982, § 3, insbesondere auch zu Abs. 2 und 3. 65 Besonders deutlich ist diese Orientierung am Staatshaftungsgesetz bei Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, § 25, Rn. 8 ff.

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V 3

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Folgenbeseitigungsanspruch, soweit er über einen negatorischen Anspruch hinausgeht, beim Eingriff in Vermögenswerte Rechte regelmäßig konkurrieren wird 6 6 , ergeben sich für den Bürger keine nennenswerten Vorteile. Die Naturalrestitution ist in einer funktionierenden Geldwirtschaft unwichtig. Der Geschädigte wird den Geldersatz zumeist vorziehen. Haftungslücken, welche der als Wiederherstellungsanspruch verstandene Folgenbeseitigungsanspruch schließen müßte, sind angesichts des weit ausgedehnten enteignungsgleichen Eingriffs (bzw. auch des Anspruchs aus rechtswidriger Aufopferung) schwerlich erkennbar. Dies gilt auch für die Beseitigung der Folgen rechtswidrigen Unterlassens 6 7 , da Unterlassen (jedenfalls schlichtes Unterlassen) 6 8 regelmäßig allenfalls zu Folgen führen wird, die durch eine actio negatoria abzuwehren sind. 25

Allerdings kann der Folgenbeseitigungsanspruch auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung zu einem umfassenden Grundtatbestand des Staatshaftungsrechts entwickelt werden, der den enteignungsgleichen Eingriff weitgehend überflüssig und die Amtshaftung auf eine ergänzende Funktion in Randbereichen (Differenz zum vollen Schadensersatz) beschränken könnte 6 9 . Dazu müßte freilich das Bundesverwaltungsgericht seine Zurückhaltung überwinden, die es bislang noch zeigt, wenn es hervorhebt, die Grenzen zum Amtshaftungsanspruch dürften nicht verwischt werden 7 0 .

3. Ansprüche 26

im Umkreis des

Folgenbeseitigungsanspruchs

Bis in die Mitte der 60er Jahre zeigten Literatur und Rechtsprechung Neigung, viele längst anerkannte öffentlich-rechtliche Ansprüche, die auf rechtswidriges Verwaltungshandeln zurückzuführen waren, als Folgenbeseitigungsansprüche zu bezeichnen, vor allem dann, wenn sie auf einem rechtswidrigen Verwaltungsakt beruhten. So sind gelegentlich Erstattungs- 7 1 , Herausgabe- 7 2 oder sogar Amtshaftungsansprüche 7 3 und Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff Folgenbesei66

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Die Konkurrenz besteht nicht in dem Sinne, daß aus verschiedenen Anspruchsgrundlagen dasselbe gefordert werden kann, wohl aber in dem Sinne, daß der Bürger die Wahl zwischen Wiederherstellung und Entschädigung hat. Insoweit nicht ganz zutreffend Ossenbühl (Fn. 12), S. 207. Vgl. zum Unterlassen BVerwGE 69, 366, 371. Vgl. zum qualifizierten Unterlassen oben § 52, Rn. 54. Vgl. in diesem Sinn Fiedler, NVwZ 1986, 977; M. Kedeker, DÖV 1987, 198 ff. BVerwGE 69, 366, 373. Die letzten Konsequenzen zieht Kreßel, Öffentliches Haftungsrecht und sozialrechtlicher Herstellungsanspruch 1990. Bachof{Fn. 34), S. 100ff.; anders ders. im Vorwort zum Nachdruck ( = 2. Aufl. 1968), S. XV; Wolff, VwR I, 6. Auflage, § 54 II b, anders ders., 8. Auflage ebenda und Wolff/ Bachof, VwR I, 9. Auflage, § 54 II j; neuestens zum Rechtsgrund des Erstattungsanspruchs Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 516. HessVGH DÖV 1963, 389. Theune, BayVB1. 1963, 103 ff.

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tigungsansprüche genannt worden. In neuerer Zeit sieht man davon mit Recht ab 7 4 , obwohl für Ansprüche auf Erstattung und Herausgabe die Vorschrift des S 113 Abs. 1 S. 2 V w G O Bedeutung hat. Es bleibt eine Fallgruppe, die früher häufiger unter dem Stichwort Folgenbesei- 2 7 tigungsanspruch diskutiert wurde und bei der heute nicht selten von Folgenbeseitigungslast die Rede ist: Die Verwaltung hat zu Unrecht eine Vergünstigung abgelehnt oder einen begünstigenden Verwaltungsalct nicht erlassen. Nachträglich, insbesondere während des Rechtsmittelverfahrens, haben sich dem Erlaß des begehrten Akts Hindernisse in den Weg gestellt. Beispiele finden sich vor allem im Berufszulassungsrecht: Ein Bewerber wurde zu Unrecht nicht zugelassen, anschließend wurden die Zulassungsvoraussetzungen verschärft, so daß er nach neuem Recht nicht mehr zugelassen werden dürfte, aber den erstrebten Beruf ausüben könnte, wenn er rechtzeitig zugelassen worden wäre. Hier haben sich die Gerichte auf den Standpunkt gestellt, die frühere rechtswidrige Ablehnung dürfe dem Bewerber nicht zum Nachteil gereichen, er sei also so zu behandeln, wie wenn er rechtzeitig zugelassen worden wäre. Eine andere Entscheidung laufe auf eine Rückwirkung der neuen ungünstigeren Norm hinaus 7 5 . Das BVerwG hat es jedoch in gefestigter Rechtsprechung abgelehnt, dieses 2 8 Prinzip auf das Baurecht zu übertragen 7 6 . Hier sprechen in der Tat erhebliche Bedenken dagegen, der Planung widerstreitende Bauanträge kurz vor Planänderungen durch eine auf die Rechtslage der Vergangenheit abstellende Rechtsprechung zu begünstigen 7 7 . Dem zu Unrecht zur Zeit der Geltung des alten günstigeren Rechts abgewiesenen Bewerber hilft jedoch ein anderer Gedanke: Jede Behörde ist kraft ihrer „Folgenbeseitigungslast" gehalten, bei späteren Ermessensentscheidungen ihren früheren Fehler zu berücksichtigen und nach Möglichkeit wiedergutzumachen. Aus der früheren rechtswidrigen Ablehnung ergibt sich also bei einer neuen Ermessensentscheidung eine Ermessensbindung, die bis zu einer Ermessensreduzierung auf nur eine Entscheidung reichen kann 7 8 . So ist u. U. einem Bauwilligen ohne Verstoß gegen das neue Baurecht durch einen Dispens zu helfen. Bei der Entscheidung über den Dispens ist die frühere 74

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Vgl. dazu - noch vor BVerwG DÖV 1971, 857 - Schmidt, JuS 1969, 166 ff. (kritisch zu BVerwGE 28, 155). Vgl. BVerwGE 1, 291, 295 f.; 4, 81, 88; BVerwG DVB1. 1959, 775 ff.; BVerwG DVB1. 1960, 778 f.; BVerwG DVB1. 1961, 447 ff.; BSGE 5, 238, 242. BGHZ 37, 179, 181; OVG Hamburg VerwRspr. 9, 635 ff. wendet das Prinzip auf eine Änderung von Prüfungsbestimmungen an; anders insoweit BayVGH DVB1. 1981, 1158. BVerwG DVB1. 1962, 178, 179; NJW 1962, 507f.; BBauBl. 1963, 605 ff.; a. A. OVG Lüneburg E 18, 501, 506. Die Begründungen des BVerwG überzeugen nicht, immerhin läßt §236 BauGB (früher § 174 Abs. 2 BBauG) erkennen, daß im Baurecht grundsätzlich das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht anzuwenden ist. Vgl. dazu Dürr, in: Baugesetzbuch Kommentar (Kohlhammer), 2. Lieferung, Juni 1987, § 236 Rn. 1. Der Gedanke ist von Weyreuther, (Fn. 38) S. 107 ff. entwickelt worden; vgl. dazu BVerwG NJW 1968, 2350; dazu Menger und Ericbsen, VerwArch. 60 (1969), 171 ff. 669

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rechtswidrige Ablehnung in die Erwägungen einzubeziehen. Ähnlich ist der zurückgewiesene Bewerber um eine Beamtenstelle oder der zu Unrecht nicht beförderte Beamte zu behandeln 79 . 29 Die Folgenbeseitigungslast schafft nicht ohne weiteres strikte Rechtsansprüche der Betroffenen, gibt ihnen aber doch eine günstige Position. Für die Behörde hat sie gegenüber einem strikten Rechtsanspruch den Vorteil, daß sie die Berücksichtigung öffentlicher Interessen erlaubt. Im Zweifel droht freilich bei einer Entscheidung gegen den Bürger die Amtshaftungsklage wegen der früheren rechtswidrigen Versagung. Da die Behörden gewillt sein werden, der Amtshaftung auszuweichen, wird — auch ohne Folgenbeseitigungslast — ihre Neigung gering sein, den Antrag des Bürgers abzuweisen. Insofern ist die praktische Bedeutung der Folgenbeseitigungslast oft begrenzt.

4. Der 30

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Herstellungsanspruch

Der Folgenbeseirigungsanspruch beschränkt sich in seiner bisherigen Ausgestaltung auf die Eingriffsverwaltung. Wenn der Leistungsverwaltung Fehler unterlaufen, schafft sie regelmäßig nicht rechtswidrige Zustände, die beseitigt werden müssen 80 . Sie verweigert nur Leistungen, die noch nachträglich erbracht werden können. Soweit das aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder zum Schadensausgleich nicht ausreicht, stellen sich die üblichen Probleme des Schadensersatzes, für den der Folgenbeseitigungsanspruch ohnehin keine Grundlage bietet. Das Problem der Folgen rechtswidrigen Verwaltungshandelns tritt in der Leistungsverwaltung in anderer Form auf: Häufig sind Leistungen von Dispositionen des Bürgers, insbesondere von rechtzeitiger Beitragszahlung, rechtzeitigen Anträgen oder richtiger Entscheidung für die eine oder die andere Leistungsform abhängig. Diese möglichen Dispositionen stellen den Bürger insbesondere im Sozialrecht vor schwierige Fragen, für die er die Hilfe der Verwaltung braucht. Die §§ 13 —15 SGB 1 enthalten deshalb ausführliche Vorschriften über Aufklärung, Auskunft und Beratung. Eine Verletzung dieser Betreuungspflichten kann Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung oder Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Pflichten im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis auslösen. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung hat darüber hinaus einen verschuldens-

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Eine sofortige Einstellung oder Beförderung scheitert zumeist daran, daß die Stelle durch einen Konkurrenten besetzt worden ist. Die h. M . läßt — entgegen Solte, N J W 1980, 1027 ff., dort und bei Battis, N J W 1 9 8 7 , 1803 weitere Nachweise eine Anfechtung der Ernennung des Konkurrenten nicht zu.

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Vgl. Bieback, DVB1. 1983, 1 6 4 ; anders Ebsen, DVB1. 1987, 3 9 3 f., der die Nichterfüllung von Sozialleistungsansprüchen mit Rücksicht auf die sozialen Rechte in SGB I einem Eingriff gleichstellt.

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V 4

unabhängigen sog. Herstellungsanspruch entwickelt 81 . Danach hat der Bürger, der durch einen Betreuungsfehler (falsche oder pflichtwidrig unterlassene Beratung oder Auskunft, sonstige Irreführung oder andere Fehler) 8 2 einen Nachteil erlitten hat, einen Anspruch auf Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn sich der Sozialleistungsträger rechtmäßig verhalten hätte 8 3 . Dem Bürger wird danach gestattet, nach Fristablauf Anträge zu stellen oder Beiträge nachzuzahlen oder sich in nunmehr richtiger Erkenntnis der Rechtslage entgegen an sich unwiderruflichen Erklärungen für eine andere Gestaltung zu entscheiden. Die Grundlage dieses Herstellungsanspruchs, der über den Bereich der sozialgerichtlichen Rechtsprechung hinaus Beachtung verdient 84 , sieht das BSG in seiner neueren Rechtsprechung in einer Parallele zum Folgenbeseitigungsanspruch. Dies ist nur möglich, wenn der Folgenbeseitigungsanspruch nicht nur als negatorischer Beseitigungsanspruch 85 , sondern als Ausgleichsanspruch des Staatshaftungsrechts aufgefaßt wird 8 6 . Davon geht auch das BSG ersichtlich aus 8 7 . Auch der Herstellungsanspruch tendiert damit zu einem verschuldensunabhängigen Wiedergutmachungsanspruch 8 7 3 . Wie beim Folgenbeseitigungsanspruch war die Entwicklung eines solchen Wiedergutmachungsanspruchs im

Vgl. dazu Bieback, DVB1. 1983, 159 ff.; Ebsen, DVB1. 1987, 389ff.; Wallerath, DÖV 1987, 505 ff.; Brugger, AöR 112 (1987), 389 ff., alle m. w. N. der umfangreichen Literatur und Rechtsprechung; aus der Rechtsprechung vgl. insbesondere BSGE 41, 126; 49, 76; 50, 12, 13 ff.; 51, 89, 92 ff.; 57, 288, 290; 60, 245, 246 f. 82 Vgl. die Zusammenstellung der Fälle bei Wallerath, DÖV 1987, 506. 83 Definition nach Wallerath, DÖV 1987, 506. - Dem Bürger muß Gelegenheit gegeben werden, umzudisponieren. Die Verwaltung hat sich aber nicht so zu verhalten, als wäre die Beratung richtig gewesen. Vgl. dazu BSGE 25, 219; 32, 60, 65; BSG SGb 1977, 120 mit Anm. Thieme. 84 Vgl. Bieback, DVB1. 1982, 170, der freilich mit Recht auf die außerhalb des Sozialrechts weniger ausgebildete Beratungspflicht hinweist; die Beschränkung auf den Bereich des Sozialrechts, die Ebsen, DVB1. 1987, 395 fordert, ist trotzdem nicht überzeugend. 85 Anders, von seinem Standpunkt aus konsequent, Ebsen, vgl. o. Fn. 80; ähnlich Brugger, AöR 112 (1987), 410 ff., der in der Fehlbetreuung einen Eingriff in grundrechtsrelevante Rechte sieht: gegen diesen Gedanken Schoch, VerwArch. 79 (1988), 56 f. 86 Wallerath, DÖV 1987, 513 weist zu Recht auf den Restitutionsgedanken im Folgenbeseitigungsanspruch hin. 87 BSGE 49, 76, 78; bestätigt in BSGE 51, 89, 94. Richtig ist allerdings, daß der Herstellungsanspruch — wie der Folgenbeseitigungsanspruch — dem Erfüllungsanspruch näher steht als andere Ansprüche des Staatshaftungsrechts. Vgl. in diesem Sinne Brugger, AöR 112 (1987), 406. Brugger weist (442ff.) mit Recht auf Parallelen des Herstellungsanspruchs zu den o. § 53, Rn. 27 erwähnten Ansprüchen auf Behandlung nach älterem günstigeren Recht hin. Einen neuen Ansatz bringt Ladage, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch. Ein Sonderfall materiellrechtlicher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 1990. 871 Vgl. dazu ablehnend Schock VerwArch. 79 (1988), 55. 81

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VU

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Grunde für die bisher entschiedenen Fälle nicht erforderlich 8 7 b . Soweit verschuldensabhängige Ansprüche nicht ausreichten, hätte der Gedanke genügt, daß der Verwaltung nicht erlaubt sein kann, aus ihrem eigenen rechtswidrigen Verhalten Vorteile zu ziehen, den Bürger an entsprechenden Dispositionen festzuhalten und deshalb Leistungen zu verweigern. Dies gilt, allerdings unter einer gewissen Erweiterung des Verbots des venire contra factum proprium 8 8 , auch für die Fälle, in denen die falsche Disposition nicht durch den Leistungsträger selbst, sondern durch einen anderen Träger der öffentlichen Verwaltung, insbesondere durch einen anderen Sozialleistungsträger, verursacht war 8 9 . Wie im allgemeinen Verwaltungsrecht bei der Entwicklung des Folgenbeseitigungsanspruchs scheint aber auch im Sozialrecht der Impetus übermächtig zu sein, einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schaffen. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung dürfte prozessualer Art sein: Die allgemeinen und besonderen Verwaltungsgerichte wollen entgegen § 40 Abs. 2 V w G O auch die in ihrem Bereich einschlägigen Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche soweit wie möglich selbst beurteilen, um dem Bürger nicht ein zusätzliches Verfahren vor dem ordentlichen Gericht zuzumuten. Dies scheint wesentlich wichtiger zu sein als die Frage Naturalrestitution oder Geldersatz 9 0 . VI. De lege lata diskutierte Ansprüche 1. Öffentlich-rechtliche

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Gefährdungshaftung

Für eine öffentlich-rechtliche Gefährdungshaftung hat sich vor allem Forsthoff 9 1 eingesetzt. Er geht davon aus, daß die moderne Verwaltung vielfach erhöhte Gefahrenlagen entstehen lasse, in denen es für den einzelnen keinen Schutz vor Schaden gebe. Die Tätigkeit der Verwaltung komme der Allgemeinheit zugute, es sei daher billig und i. S. der justifia distributiva gerecht, wenn dem Opfer eine Entschädigung von der Allgemeinheit gezahlt werde. Diesem Argument ist kaum zu widersprechen. Der B G H hat indes eine Gefährdungshaftung klar abgelehnt 9 2 . Seine Rechtsprechung zum enteignungs87b 88

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Vgl. Schock, VerwArch. 79 (1988), 59. Vgl. Wallerath, DÖV 1987, 509 f., der diese Erweiterung zu Unrecht nicht für möglich hält. BSGE 51, 89, 94 ff.; 57, 288, 290. Dieser Gedanke klingt in BSGE 57, 288, 290 an; desgleichen bei Ebsen, DVB1. 1987, 389 f., der aber den Gedanken des materiell-rechtlichen Anspruchs auf unmittelbare Wiedergutmachung noch sehr in den Vordergrund stellt. Vgl. Forsthoff, VwR, S. 359 ff.; vgl. zu diesem Problemkreis Jaenicke/Leisner, VVDStRL 20, 135 ff.; Ossenbühl (Fn.12) S. 165 ff.; Kohl (Fn. 57), S. 113 ff.; K.-H. Vogt, Die Entwicklung der „Responsabilité sans faute" in der neueren französischen Lehre und Rechtsprechung, 1975. BGHZ 54, 332, 336 f.; 55, 229, 232 f. und BGH VersR 1972, 1047.

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gleichen und enteignenden Eingriff sowie zur Aufopferung wird den praktischen Bedürfnissen im wesentlichen gerecht. Eine kritische Überprüfung zeigt, daß Abgrenzungskriterien, die für eine Gefährdungshaftung maßgebend sein müßten, jetzt unter dem Gesichtspunkt der Unmittelbarkeit behandelt werden. Der BGH lehnt eine Entschädigung wegen enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs nicht ab, wenn durch eine hoheitliche Maßnahme eine große außergewöhnliche Gefahrenlage geschaffen wird, die den Eintritt eines Schadens sehr wahrscheinlich macht. Als Beispiele mögen etwa der Schützenpanzerfall 93 oder der Treckerfall 94 dienen. Soweit der BGH in neuerer Zeit eine Entschädigung wegen mangelnder Unmittelbarkeit abgelehnt hat, lag eine solche außergewöhnliche Gefährdung nicht vor. Der Bürger, der durch den Bruch einer gemeindlichen Wasserleitung einen Schaden erlitt 95 , war ebensowenig einer besonderen Gefährdung ausgesetzt wie der Polizist, der seinen Diensthund in seinem Wagen mitnehmen mußte 96 . Auch der Gesichtspunkt, eine bestimmte hoheitlich auferlegte Gefährdung sei nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinausgegangen und daher im Schadensfall nicht zu entschädigen 97 , ließe sich ebenso zur Abgrenzung einer Gefährdungshaftung verwenden. Davon unberührt bleibt die spezialgesetzlich geregelte Gefährdungshaftung der Träger öffentlicher Verwaltung. Hier ist z. B. die Haftung nach § 34 AtomG 9 8 zu nennen. Auch die Haftung des Staates nach O E G " ist einer Gefährdungshaftung zumindest ähnlich. Im übrigen trifft die Träger öffentlicher Verwaltung die in besonderen Vorschriften des Privatrechts angeordnete Gefährdungshaftung auch bei öffentlich-rechtlichem Handeln 100 .

2.

Plangewährleistungsanspruch

Unter Plangewährleistungsanspruch ist in erster Linie ein Anspruch der Betrof- 36 fenen auf Einhaltung und auf eine gewisse Konstanz staatlicher Pläne zu verstehen. Soweit es dem Bürger darum oder um eine hinreichende Berücksichtigung seiner Interessen in Form von Übergangslösungen und dergl. bei Planänderungen

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BGH NJW 1964,105; ob der Schaden in diesem Fall durch rechtswidriges Handeln oder durch technische Mängel verursacht wurde, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. BGHZ 28, 310. BGHZ 55, 229. Immerhin läßt sich über das Ergebnis streiten, vgl. Ossenbühl (Fn. 12) S. 176. BGH VersR 1972, 1047; BGHZ 54, 332 (Ampelfall) war freilich auch unter diesem Blickwinkel falsch entschieden; vgl. dazu jetzt BGHZ 99, 249, dazu o. § 52, Rn. 62. BGHZ 46, 327 (Turnunfall in der Schule). Vgl. dazu Schmitt, DVB1. 1977, 699. Vgl. dazu o. Rn. 6. Vgl. z. B. § 22 WHG, § 7 StVG.

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geht, fällt die Plangewährleistung aus dem Bereich des Schadensersatz- und Entschädigungsrechts heraus und kann hier nur erwähnt werden 101 . Ansätze zu einem Plangewährleistungsanspruch in Form eines Entschädigungsanspruchs bei Planänderungen fanden sich in der bisherigen Praxis zum enteignungsgleichen Eingriff der Legislative. Die einschlägigen Entscheidungen waren zwar im Ergebnis fast durchweg negativ, zeigten aber doch die grundsätzliche Möglichkeit, einen Plangewährleistungsanspruch als Entschädigungsanspruch im „anerkannten Anspruchssystem zu plazieren" 1 0 2 . Wenn der BGH neuerdings Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff wegen der nachteiligen Auswirkungen eines verfassungswidrigen formellen Gesetzes und seines Vollzuges grundsätzlich verneint, ist dieser Weg nicht mehr gangbar 1 0 3 . Der Bürger ist dann auf seinen Anspruch auf Einhaltung der Pläne angewiesen und kann allenfalls Eingriffe in sein Eigentum abwehren, die durch Planänderung in Gesetzesform entstehen.

§54

Reform des Staatshaftungsrechts I. Geschichte 1

Der Deutsche Juristentag stellte bereits 1955 die Frage, ob die verschiedenen Pflichten des Staates zur Entschädigungsleistung aus der Wahrnehmung von Hoheitsrechten neu zu regeln seien. Er kam damals nur zu der Empfehlung 1 , die geltende Regelung über die Entschädigungspflicht aus Staatshaftung (Art. 34 GG, § 839 BGB) zu überprüfen 2 . Im Jahre 1968 beschäftigte sich der Deutsche Juristentag wieder mit dem Staatshaftungsrecht, wenn auch nach der Themen-

Vgl. Ossenbühl, Verhandlungen des 50. Deutschen Juristentages, Bd. I, Gutachten B, S. 202, der der Schadensabwendung mit Recht Vorrang vor dem Schadensersatz gibt; ders. JuS 1975, 545 ff., 549, wo außer auf die Notwendigkeit differenzierter Anpassung der Pläne in Übergangslösungen auch auf die Möglichkeit vertraglicher Regelung der Verbindlichkeit von Plänen und der Folgen etwaiger Änderungen hingewiesen wird; vgl. ferner dens. (Fn. 12) S. 184 ff.; Thiele, DÖV 1980, 109 ff. 102 So die Formulierung von Ipsen, in FS E. R. Huber, 1973, S. 219, 233; Burmeister, Die Verwaltung 1969, 41 ff.; vgl. im übrigen die o. § 5 2 , Rn. 56 in Fn. 145 a zitierten Entscheidungen. "» B G H Z 100, 136, vgl. dazu oben § 52, Rn. 56. 101

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Vgl. Beschluß der Ersten Abteilung des 41. Deutschen Juristentags, Verhandlungen Bd. II C, S. 114. Zu den inzwischen überholten Vorschlägen zur Änderung des § 839 BGB im Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung schadensersatzrechtlicher Vorschriften von 1967 vgl. Hinke, DVB1. 1967, 641 ff.

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Stellung vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung und Folgenentschädigung. Die Verhandlungen zeigten alsbald, daß einzelne Teile des Staatshaftungsrechts nicht isoliert behandelt werden konnten. Der Juristentag empfahl 3 daher, die verschiedenen Bereiche der Staatshaftung untereinander und mit dem Rechtsschutz zu harmonisieren und umfassend bundesgesetzlich zu regeln. Leitgedanke sollte eine Haftung für staatliches Unrecht sein, die an die Rechtswidrigkeit als solche anknüpft 4 . Auf Anregung des Deutschen Juristentags hat die Bundesregierung Anfang 2 1970 eine unabhängige Kommission mit der Aufgabe betraut, eine umfassende gesetzliche Neuregelung des Staatshaftungs- und des Tumultschädenrechts 4a vorzubereiten. Die Kommission hat 1973 ihren Bericht „Reform des Staatshaftungsrechts" 5 vorgelegt, der Grundlage der 1976 unter demselben Titel veröffentlichten Referentenentwürfe geworden ist 6 . Im Jahre 1978 legte die Bundesregierung den Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes (StHG) 7 und gleichzeitig den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes 8 vor. Beide Gesetze sollten am 1. 1. 1982 in Kraft treten. Der Plan einer Grundgesetz-Änderung, welche „die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Reform des Staatshaftungsrechts" schaffen sollte 9 , wurde jedoch später, da nicht realisierbar, nicht weiterverfolgt. Der Rechtsausschuß legte dem Bundestag im Juli 1980 nur den Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes 10 vor, der auf die ursprünglich vorgesehene Regelung des Tumultschädenrechts verzichtete, im übrigen den Regierungsentwurf redaktionell verbesserte und der Tatsache Rechnung zu tragen versuchte, daß eine Grundgesetzänderung nicht mehr vorgesehen war. Wegen des Widerstands des Bundesrats wurde dieser Entwurf in der

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Vgl. den Beschluß der öffentlich-rechtlichen Abteilung des 47. Deutschen Juristentags, Verhandlungen Bd. II, L, S. 144 f. Grundsätzlich zur Reform H.-J. Vogel, Die Verwirklichung der Rechtsstaatsidee im Staatshaftungsrecht, 1977. Vgl. zum geltenden Tumultschädenrecht o. § 53 Rn. 5. Vgl. dazu Haueisen, DÖV 1974, 454ff.; Papier, DVB1. 1974, 573 ff.; ders. J Z 1975, 585 ff.; Bender, VersR 1974, 1 ff.; Dagtoglou, VerwArch. 65 (1974), 345 ff. Vgl. dazu Küchenhoff, BayVBl. 1976, 740 ff.; Haverkate, ZRP 1977, 33 ff.; Schmidt, J Z 1977, 123 ff.; Schäfer, Bundeswehrverwaltung 1977, 241 ff.; Oldiges, DÖV 1977, 77 ff. (zum Vollzug verfassungswidriger Gesetze); Millarg, Z R P 1977, 224ff. (betr. Rechtssetzung, die gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft verstößt). Rechts vergleichende Gutachten sind von Rehbinder und vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht erstattet und vom Bundesministerium der Justiz 1975 herausgegeben worden. BT-Drucks. 8/2079; vgl. dazu Ossenbühl, JuS 1978, 720 ff.; Bender, DÖV 1979, 109 ff.; ferner zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes Zuleeg DVB1. 1963, 320 ff.; vgl. ferner o. § 52, Rn. 48 und zum Landespolizeirecht § 53, Rn. 2 f. BT-Drucks. 8/2080. So die Einführung in BT-Drucks. 8/2080, S. 1. BT-Drucks. 8/4144; dazu Bericht des Abgeordneten Westphal, BT-Drucks. 8/4145.

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§54 I

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Wolfgang Rüfner

8. Wahlperiode des Bundestages nicht mehr endgültig verabschiedet. Er wurde mit geringfügigen Änderungen im 9. Bundestag erneut eingebracht 1 1 und gegen den Widerstand des Bundesrats, der das Gesetz für verfassungswidrig, jedenfalls für zustimmungsbedürftig hielt, verabschiedet. Das Staatshaftungsgesetz (StHG) wurde danach am 26. Juni 1981 verkündet und sollte am 1. 1. 1982 in Kraft treten 1 2 . In seiner Entscheidung vom 19. 10. 1982 - 2 BvF 1/81 - erklärte das BVerfG das Gesetz für nichtig, weil es eine Regelung treffe, für die dem Bund in wesentlichen Teilen die erforderliche Gesetzgebungskompetenz fehle 1 3 . Das BVerfG gesteht zwar zu, daß der Begriff des bürgerlichen Rechts in Art. 7 4 Nr. 1 G G aus der Tradition heraus auszulegen sei und deshalb auch die Haftung des Beamten aus öffentlich-rechtlichem Handeln umfassen könne 1 4 . Der Bund habe aber weder aus Art. 74 Nr. 1 G G , noch aus Art. 34 G G , der überhaupt keine Kompetenznorm sei, eine umfassende Zuständigkeit zur Regelung des Staatshaftungsrechts. Da das StHG an die Stelle der im B G B vorgesehenen Haftung des Beamten (mit grundsätzlichem Eintreten der Anstellungskörperschaft gem. Art. 34 G G und Einzelregelungen hierzu in Bundes- und Landesgesetzen) die unbedingte Haftung des Staates habe treten lassen, habe es jegliche Verbindung zur persönlichen Haftung des Beamten aufgegeben und die Kompetenzen des Bundes überschritten. Das Gesetz in Teilen aufrechtzuerhalten 1 5 , z . B . für die Bundesverwaltung, lehnte das BVerfG ab, da dies der gesetzgeberischen Intention zuwiderlaufen würde, eine prinzipielle Neuordnung unter Wahrung der Rechtseinheit zu schaffen. Die Konsequenzen des Urteils sind wichtig sowohl für die Auslegung der Kompetenzvorschriften des G G (der hier nicht nachzugehen ist) wie auch insbesondere für die künftige Gestaltung des Staatshaftungsrechts. Vorbehaltlich einer Grundgesetzänderung hat der Bund für eine Bund und Länder umgreifende Gesetzgebung nur die Kompetenz zur Änderung des § 839 B G B . Er kann weder den Eintritt des Staates für den an sich aus § 839 B G B persönlich haftenden Beamten noch eine unmittelbare Staatshaftung oder eine Folgenbeseitigungspflicht der Verwaltung regeln. 11 12

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BT-Drucks. 9/25. BGBl. I, 553. Zu dem Gesetz sind zahlreiche Einführungsaufsätze in den Zeitschriften erschienen. Sie werden bei Maurer, Die Verwaltung 1983, 45 ff., der einen umfassenden Überblick über die Probleme des StHG gibt, nachgewiesen. An Gesamtdarstellungen sind zu nennen: B. Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl. 1981; K.-H. Boos/H. Haarmann, Das Recht der Staatshaftung, 1982; R. Jacobs, Staatshaftungsrecht, 1982; Papier, Staatshaftungsgesetz, in: Münchener Kommentar, Ergänzungsband, 3. Lieferung, 1982; A. Schäfer/H. ]. Bonk, Staatshaftungsgesetz, Kommentar, 1982. BVerfGE 61, 149 = DÖV 1982, 982 mit Anm. Ossenbühl. Die Literatur zur Frage der Bundeskompetenz ist im Urteil des BVerfG zusammengestellt. DVB1. 1982, 1135, 1136. Das war in der Literatur diskutiert worden, vgl. Rupp, N J W 1982, 1731 ff.

Öffentl.-rechtl. Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen

§54

II

II. Grundzüge des S t H G vom 26. 6. 1981 Unter diesen Umständen ist ohne Verfassungsänderung ein Gesetz, das dem vom BVerfG verworfenen S t H G ähnlich ist, verfassungsrechtlich ausgeschlossen 1 5 3 . Wenn trotzdem nachstehend Grundzüge dieses Gesetzes dargestellt werden, so geschieht dies in der Erwartung, daß eine Verfassungsänderung die Möglichkeit schaffen wird, das Reformanliegen wieder aufzugreifen. Wenn die verfassungsrechtlichen Hindernisse beseitigt werden können, wird man auf die bisherigen Vorarbeiten der Reform mit Sicherheit zurückgreifen. Im übrigen gibt es in Rechtsprechung und Literatur zum Folgenbeseitigungsanspruch Tendenzen, sich an Vorstellungen des S t H G zu orientieren 1 5 b .

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Das S t H G sollte eine verschuldensunabhängige unmittelbare nichtsubsidiäre 6 Staatshaftung für rechtswidriges hoheitliches Handeln begründen, wonach sowohl Ansprüche auf Geldersatz wie auf Naturalrestitution geltend gemacht werden konnten. In dieser umfassenden Staatshaftung sollte sowohl die bisherige Amtshaftung wie auch die Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff und aus rechtswidriger Aufopferung aufgehen. Der Grundsatz der verschuldensunabhängigen unmittelbaren Staatshaftung (§ 1 Abs. 1 StHG), die auch für das Versagen technischer Einrichtungen gelten sollte (§ 1 Abs. 2 S t H G ) , wurde für die Fälle der Naturalrestitution (Folgenbeseitigung) und des Geldersatzes mit unterschiedlicher Konsequenz durchgeführt. Im Grundsatz schuldete der Träger öffentlicher Gewalt Folgenbeseitigung gem. § 3 Abs. 1 S t H G ; dieser lautete: „Besteht der Schaden in der Veränderung eines tatsächlichen Zustandes zum Nachteil des Geschädigten, so hat der Träger diese Folgen durch Herstellung des früheren oder, falls dies unzweckmäßig ist, eines gleichwertigen Zustandes zu beseitigen. Entsprechendes gilt, wenn ein durch die öffentliche Gewalt herbeigeführter Zustand nachträglich rechtswidrig wird, diese Folgen ihr als fortwirkender Eingriff zuzurechnen und nicht schon nach anderen Rechtsvorschriften zu beseitigen sind." Der Geschädigte hatte jedoch die Wahl, statt der Folgenbeseitigung Geldersatz zu verlangen. Auf Geldersatz war er verwiesen, wenn eine Herstellung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar war (§ 3 Abs. 2 StHG). Eine Folgenbeseitigung schied von vornherein bei reinen Vermögensschäden aus. Beim Geldersatzanspruch wurde indes schon in den ersten Entwürfen das Prinzip der vollen uneingeschränkt verschuldensunabhängigen Haftung nicht ganz verwirklicht 1 6 . Im Laufe der Beratungen kam es aus fiskalischen Gründen zu einer immer engeren Begrenzung der Haftung, die schließlich entfallen sollte, Zur Möglichkeit einer abgestimmten Gesetzgebung von Bund und Ländern vgl. Lerche, FS K. Carstens, 1984, S. 687 ff. 15b Vgl. dazu o. §53, Rn. 22 ff. 16 Vgl. schon den Bericht der Kommission „Reform des Staatshaftungsrechts", 1973, § 2 Abs. 2, S. 84 f. und den Referentenentwurf 1976, § 2 Abs. 3, S. 86 ff. 15a

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§54

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Wolfgang Rüfner

wenn die Pflichtverletzung auch bei Beachtung der den Umständen nach erforderlichen Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können (§ 2 Abs. 1 S. 1 StHG). Das S t H G beharrte also auf dem Prinzip der Verschuldenshaftung, wenn auch unter Umkehr der Beweislast (§ 2 Abs. 1 S. 2 StHG). Damit wäre das Gesetz freilich hinter der Rechtsprechung des B G H , die unter Berufung auf das Verfassungsrecht Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs und rechtswidriger Aufopferung gewährte, zurückgeblieben. Da das vermieden werden mußte, bestimmte § 2 Abs. 2 S t H G : „Besteht die Pflichtverletzung in einem rechtswidrigen Grundrechtseingriff, so ist der Schaden auch bei Beachtung der nach Abs. 1 gebotenen Sorgfalt in Geld zu ersetzen." In diesem Fall sollten jedoch ebenso wie beim Versagen technischer Einrichtungen weder Nichtvermögensschäden noch entgangener Gewinn ersetzt werden (§ 2 Abs. 3 S. 2 StHG). Besonders diese Bestimmung über den Grundrechtseingriff wurde in der Literatur mit Recht als unklar kritisiert, weil sie der Sache nach auf die in ihren Abgrenzungen sehr unsichere Rechtsprechung des BVerfG zur Grundrechtsverletzung durch (unrichtige) Gesetzesanwendung hinauslief 1 7 . Was die Rechtsprechung aus diesen Bestimmungen gemacht hätte, ist schwer zu sagen. Sicher ist, daß bei der Definition des Grundrechtseingriffs wie auch bei der Abgrenzung von unmittelbarem Schaden und entgangenem Gewinn infolge der Unklarheit des Gesetzes sehr schwierige Interpretationsprobleme entstanden wären, welche die Rechtsprechung über lange Zeit beschäftigt hätten. Weitere wichtige Regelungen des Gesetzes betrafen die Haftung für Rechtsprechung und Gesetzgebung (§ 5 StHG) und das Verhältnis der neuen Staatshaftung zu Enteignung und Aufopferung (§ 14 StHG). In § 17 S t H G wurde die Haftung wegen öffentlich-rechtlichen Handelns nach dem S t H G zur privatrechtlichen Haftung neu abgegrenzt. Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht wurde — allerdings mit der wichtigen Ausnahme der öffentlichen Straßen, Wege, Plätze, Wasserstraßen und Wasserflächen — dem Privatrecht zugeordnet; desgleichen die Teilnahme am Verkehr, die Beförderung von Personen und Gütern durch Verkehrsbetriebe und die Versorgung mit Wasser und Energie. Sowohl bei öffentlich-rechtlichem wie bei privatrechtlichem Handeln eines Trägers öffentlicher Verwaltung sollte die Haftung des Bediensteten gegenüber dem Geschädigten entfallen (§ 1 Abs. 3, § 17 Abs. 4 StHG). Auch bei privatrechtlichem Handeln sollte unmittelbare Staatshaftung nach den allgemeinen Deliktsvorschriften - die vertragliche Haftung blieb ohnehin unberührt - eintreten. 7

Das S t H G hätte an manchen Stellen rechtsdogmatische Klarheit gebracht und das unübersichtlich gewordene Richterrecht ersetzt. Verbesserungen für den Bürger hätten sich jedoch in sehr engen Grenzen gehalten, da die verschuldensun-

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Vgl. Rüfner, AÖR 106 (1981), 556 ff. m. w. N.; Bender (Fn. 12), Rn. 354; Jacobs (Fn. 12), S. 137 ff.; Papier (Fn. 12), S. 15 ff.

öffentl.-rechtl. Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen

§ 54 II

abhängige Haftung nicht konsequent beibehalten worden war. Der verschuldensunabhängige Folgenbeseitigungsanspruch hätte, obwohl er zu einem Schadensersatzanspruch auf Naturalrestitution ausgestaltet worden war, gerade in den wichtigsten Fällen versagt und einen vollen Schadensausgleich in Geld nicht ersetzen können, weil er nur bei Veränderung eines tatsächlichen Zustandes gegeben war. Dazu kommt, daß die Rechtsprechung wichtigen Reformanliegen bereits Rechnung getragen hatte: Die Umkehr der Beweislast für das Verschulden konnte angesichts der geringen Anforderungen, die noch an den Verschuldensnachweis gestellt werden, kaum mehr von substantiellem Gewicht sein. Ganz abgesehen davon half schon bisher fast immer der „enteignungsgleiche Eingriff", durch den der B G H eine weitreichende verschuldensunabhängige Staatshaftung begründet hatte. Die Subsidiaritätsklausel in § 839 Abs. 1 S. 2 B G B ist neuerdings vom B G H so entschärft worden, daß ihre Abschaffung nur noch einer Rechtsbereinigung gleichkam. Als wichtige Verbesserung verblieb letztlich die Haftung für das Versagen technischer Einrichtungen. Angesichts dieser geringen, für den Bürger nur in wenigen Fällen fühlbaren Verbesserungen erscheint die Beanstandung durch das BVerfG nicht als schwerer Rückschlag 1 8 . Das S t H G D D R in der Fassung des Einigungsvertrages 1 8 3 stellt den Bürger deutlich besser als das S t H G vom 26. 6. 1981. Eine Reform des Staatshaftungsrechts wird zwar weiterhin ein Diskussionsthema bleiben 1 8 b . Als dringlich kann sie jedoch — vorausgesetzt, der enteignungsgleiche Eingriff wird nicht ersatzlos aufgegeben 1 9 — kaum bezeichnet werden, zumal nicht, wenn sie dem Bürger so wenig gibt wie das S t H G von 1981. Es ist zu wünschen, daß ein neuer Versuch nicht allzu sehr von kleinlichen Rücksichten auf die Staatsfinanzen bestimmt wird und zu einem Gesetz von größerer Klarheit führt. Insoweit sollte das Verdikt des BVerfG auch als Chance zu einem neueren besseren Anfang begriffen werden. O b die gegenwärtige Finanzkrise ihn in absehbarer Zeit erlaubt, sei dahingestellt.

Vgl. Ossenbühl, DÖV 1982, 987. S. dazu o. §50, Rn.7ff. 18b Vgl. den vom Bundesministerium oder Justiz im Oktober 1987 herausgegebenen Bericht einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Bundes und der Länder zur Neuregelung der Staatshaftung „Zur Reform des Staatshaftungsrechts". Vgl. dazu Scbullau, BayVBl. 1990, 360 ff. 19 Vgl. dazu o. §52, Rn. 15 ff., 53 ff. 18

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SIEBENTER

ABSCHNITT

Verwaltungsorganisation Walter Rudolf §55

Grundlagen der gegenwärtigen Verwaltungsorganisation I. Bedeutung der Organisation Jedes auf Dauer angelegte zweckorientierte soziale Gebilde bedarf der Organi- 1 sation. Man versteht darunter dreierlei: Erstens die innere Ordnung dieses Gebildes, zweitens das System seiner institutionellen und menschlichen Beziehungen und drittens den Vorgang des Organisierens, d.h. die Errichtung, Veränderung und Beseitigung des sozialen Gebildes und die Einführung und Änderung seiner Bezugssysteme1. Außerdem gibt es den Fall, daß das soziale Gebilde selbst als Organisation bezeichnet wird2. Organisation ist Gegenstand verschiedener Fachgebiete, vor allem der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre und der Organisationssoziologie3. Die Rechtswissenschaft muß sich mit ihr befassen, weil Organisation in ihrer strukturellen, funktionalen und dynamischen Bedeutung von rechtlichen Normen und Normenkomplexen betroffen und geregelt wird. Gerade die öffentliche Verwaltung, die ständig soziale Abläufe zu ordnen und Leistungen regelmäßig zu erbringen hat, bedarf rechtlicher Regelungen als Mittel der Organisation. Deshalb muß sich auch die Verwaltungsrechtslehre mit Organisation beschäftigen.

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Vgl. etwa Mayntz, Soziologie der Organisation, 1963, S. 7 f.; B. Becker, öffentliche Verwaltung, 1989, § 14 (S. 190ff.); v. Heppe/U. Becker, Zweckvorstellungen und Organisationsformen, in: Morstein Marx (Hrsg.), Verwaltung, 1965, S. 87ff.; Wolff/Bachof, VwR II, § 711; U. Becker, in: U. Becker/Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, Heft 3.1, 1976, S. 1 ff.; H. Siepmann/U. Siepmann, Verwaltungsorganisation, 1981, S. 3 ff. So z. B. ausdrücklich bei zahlreichen internationalen Organisationen: Organisation der Vereinten Nationen, Internationale Arbeitsorganisation, Organisation der Amerikanischen Staaten. Einen Überblick über die Bandbreite der Organisationslehre gibt das von Grochla herausgegebene Handwörterbuch der Organisation, 2. Aufl. 1980. 681

§55

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Das ist angesichts einer einseitig vom subjektiven Recht her betrachteten Verwaltung, deren „Innenrecht" die Rechtsqualität abgesprochen wurde, nicht immer geschehen 4 . Gegenwärtig fehlt jedoch die Behandlung des Organisationsrechts und seiner leitenden Prinzipien nicht nur in keinem Lehrbuch des allgemeinen Verwaltungsrechts mehr, sondern der Verwaltungsorganisation sind sogar besonders gründliche und umfangreiche Darstellungen gewidmet 5 . Die Organisation eines sozialen Gebildes richtet sich nach den von ihm 2 verfolgten Zielen. Ein Industrieunternehmen wird also strukturell und funktional entsprechend seinen Zielen und den daran orientierten Aufgaben organisiert sein. Die Organisation kann sich neuen Zielen anpassen und das, wenn es notwendig ist, sehr rasch, elastisch und oft ohne Rücksicht auf überkommene Organisationsstrukturen. Für die öffentliche Verwaltung besteht diese Relation von Aufgabe und Organisation auch, doch sind die Möglichkeiten der Anpassung begrenzt. Auf der einen Seite existiert eine historisch gewachsene Verwaltungsorganisation des Staates, die in ihrer Grundstruktur selbst verfassungsrechtliche Umwälzungen überdauern kann und der neue Aufgaben übertragen werden müssen, ohne daß sie für die Erfüllung gerade dieser Aufgaben speziell geschaffen ist. Auch wenn neue Verwaltungsorgane gebildet werden, sind diese in der Regel in das allgemeine Organisationssystem einzufügen. Zum anderen ist die staatliche Verwaltungsorganisation an Rechtsnormen orientiert. Sie folgt nicht unmittelbar den Aufgaben, sondern für die einzelnen Verwaltungsträger und deren Verwaltungsorgane sind sachliche und räumliche Kompetenzen für die Erledigung von Verwaltungsaufgaben festgelegt 6 . Da die Organisation der öffentlichen Verwaltung insoweit eher durch Starrheit als durch Flexibilität gekennzeichnet ist, müssen Verwaltungsträger und Verwaltungsstellen gegenüber neuen Aufgaben unbedingt aufnahmefähig sein; denn neue Aufgaben sind in der Regel innerhalb der bestehenden Organisation zu erfüllen. Werden für neue Aufgaben jeweils spezialisierte Verwaltungseinrichtungen neu geschaffen — wie dies in Entwicklungsländern häufig der Fall ist —, muß im Laufe der Zeit wegen der Vielzahl von Verwaltungsstellen mit erheblichen Kompetenzüberschreitungen 4

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Zum Behörden- und Organisationsrecht in den Lehrsystemen des deutschen Verwaltungsrechts vgl. Forsthoff, VwR, S. 431f. Zur Diskussion im Organisationsrecht vgl. den Überblick von Schnapp, AöR 105 (1980), 243 ff. Grundbegriffe und ausgewählte Probleme behandelt ders., Jura 1980, 68 ff., 293 ff. Zu dieser Entwicklung trug maßgeblich Hans J. Wolff bei. Vgl. z. B. Organschaft und juristische Person, 2 Bände, 1933, 1934. Badenhoop, öffentliche Verwaltung, Organisation der, in: Handwörterbuch der Organisation (Fn. 3), Spalte 1056. Vgl. auch Brohm, JuS 1977, 500 ff. Einen Überblick über die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gibt Thieme, in: König/v. Oertzen/Wagener (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 1981, S. 177ff. Zur Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung vgl. Pitschas, VerwArch. 72 (1981), lff.; Wunderer, VerwArch. 73 (1982), 273ff.; R. Koch, Management von Organisationsänderungen in der öffentlichen Verwaltung, 1982; Thieme, Verwaltungslehre, 4. Aufl. 1984, Rdnr. 236ff.

§ 5 5 II 1

Verwaltungsorganisation

gerechnet werden, denen nur mit zusätzlich zu errichtenden Koordinationsstellen begegnet werden kann. Dem System, eine bestehende intakte Verwaltungsorganisation mit neuen anfallenden Aufgaben zu betreuen, ist deshalb vor einer Aufsplitterung der Verwaltung durch vielfach spezialisierte Verwaltungseinheiten grundsätzlich der Vorzug zu geben. II. Geschichtliche Entwicklung der Verwaltungsorganisation Die gegenwärtige Organisation der öffentlichen Verwaltung in der Bundesre- 3 publik Deutschland ist nur vor dem Hintergrund der Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts zu verstehen. Das gilt sowohl für die organisatorische Trennung von Reichs- bzw. Bundes- und Landesverwaltung und für die Organisation der Selbstverwaltung, insbesondere der Kommunalverwaltung, als auch für die territoriale und funktionale Verwaltungsgliederung.

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Landesverwaltung

a) Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Entwicklung der Verwaltungsorga- 4 nisation durch zwei Tendenzen bestimmt: zum einen durch die Stärkung des monarchischen Verwaltungsapparates unter Zurückdrängung altständischer Verwaltungsstrukturen und zum anderen durch die Beteiligung der Bürger an der Verwaltung, vor allem an einer ausgedehnten kommunalen und regionalen Selbstverwaltung7. Die staatliche Behördenorganisation knüpfte teils an vorhandene Einrichtungen, teils an das durch die französische Revolution geschaffene und während der napoleonischen Herrschaft in einigen Staaten des Rheinbundes kopierte straffe französische Verwaltungssystem an 8 . So entstand in den einzelnen deutschen Staaten eine unitarische Verwaltungsorganisation als Grundlage für eine planvolle, rationale Verwaltung. Die durch den Freiherrn vom Stein 1808 in Preußen initiierte und seit 1818 auch in den süddeutschen Staaten eingeführte kommunale Selbstverwaltung brachte eine mehr oder weniger starke Beteiligung der Bürger an den städtischen Angelegenheiten und wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts auf die Landgemeinden ausgedehnt. Die alten feudalen Ordnungen und lokale und regionale Verschiedenheiten wurden damit zum größten Teil beseitigt. Sowohl die Einrichtung einer unitarischen staatlichen Verwaltungsorganisation als auch die Einführung kommunaler Selbstverwaltung

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Zur Kommunalverwaltung vgl. Schmidt-Aßmann, in: /. v. Münch, Bes. VwR, 2. Abschn. Zu den Zusammenhängen zwischen den Ideen zu den Verwaltungsreformen von Montgelas, Stein und Hardenberg siehe Becker, BayVBl. 1986, 705 ff. und 744 ff. Dazu Knemeyer, Regierungs- und Verwaltungsreformen in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts, 1970; ders., Beginn der Reorganisation der Verwaltung in Deutschland, in: Jeserich u. a., Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. 2, 1983. 683

§ 5 5 111

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lagen im Interesse der Staatsraison. Beides war Voraussetzung für die Konsolidierung der Territorialstaaten durch Überwindung der ständischen Mediatisierung der Bürger. Die staatliche Verwaltungsorganisation wurde in den großen deutschen Staaten (Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden und HessenDarmstadt) in drei, in den meisten anderen Staaten 9 in zwei Stufen gegliedert, wobei den Behörden jeder Stufe bestimmte Aufgaben zugewiesen waren. Behörden der höheren Stufe besaßen ein Aufsichts- und Weisungsrecht gegenüber den ihnen untergeordneten Behörden. Als zentrale Behörden wurden monokratisch organisierte Ministerien (Departements) errichtet und in einem kollegialen Staatsministerium vereinigt. Diese Ministerien waren ressortmäßig (nach Sachgebieten) und nicht mehr regional aufgebaut. Ihre Zahl betrug zunächst fünf (Äußeres, Inneres, Justiz, Finanzen, Krieg), wurde aber noch im 19. Jahrhundert erhöht (z. B. in Preußen: Kultus, Handel, Landwirtschaft, öffentliche Arbeiten) 10 . Von den zentralen Behörden weisungsabhängig waren die regional gegliederten Mittelbehörden (in Preußen: Regierungen; in Baden, Bayern und Württemberg: Kreisregierungen; in Sachsen: Kreishauptmannschaften; in Hannover und Hessen: Provinzen). Bei ihnen war für das jeweils verwaltete Gebiet die gesamte staatliche innere Verwaltung ohne Rücksicht auf die Ressorts der Zentralverwaltung zusammengefaßt. Ihr zu Anfang des 19. Jahrhunderts festgelegter räumlicher Kompetenzbereich hat sich bis zur Gebietsreform vor ca. 20 Jahren kaum verändert und ist in einigen Bundesländern auch heute noch fast gleich geblieben. Im Laufe der Zeit wurden dann aber für die Erledigung einzelner Verwaltungsaufgaben besondere Mittelbehörden geschaffen, wie z. B. die Oberbergämter in Preußen. Keine Mittelbehörde war der in Preußen für jede Provinz vom König eingesetzte Oberpräsident. Er war politischer Vertreter der Krone und ständiger Kommissar des Ministeriums in der Provinz, die einen höheren Selbstverwaltungsverband bildete. Ihm standen nur wenige Verwaltungskompetenzen zu11. Als untere staatliche Verwaltungsbehörden wurden in Preußen und Hessen die Kreise eingerichtet, denen in Baden die Amtsbezirke, in Bayern die Bezirksämter, in Württemberg die Oberämter und in Sachsen die Amtshauptmannschaften entsprachen. Auch die kleineren deutschen Staaten führten eine dem preußischen Kreis entsprechende untere Verwaltungsbehörde ein. Diese unteren Verwaltungsbehörden wurden durch einen vom Monarchen ernannten Beamten (in Preußen: Landrat) geleitet. Größere Städte blieben kreisfrei, d. h. ihren Selbstverwaltungsorganen wurden die Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde ganz oder teilweise zur Erledigung im Auftrag und auf Weisung des Staates übertragen. 9

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Eine einstufige Verwaltungsorganisation bestand in den Hansestädten Lübeck, Hamburg und Bremen und in den Fürstentümern Lippe, Schaumburg-Lippe und Reuss ältere Linie. Vgl. Forsthoff, VwR, S. 459 ff.

» So mit Recht: Wolff/Bachof, 684

VwR II, § 80 IIb. A. M. Forsthoff,

VwR, S. 463.

Verwaltungsorganisation

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Auch in den kreisangehörigen Gemeinden gab es keine staatliche Verwaltung mehr. Die staatlichen Verwaltungsaufgaben, vor allem Polizeiangelegenheiten, wurden auf kommunaler Ebene von den Selbstverwaltungsorganen in Auftragsverwaltung erledigt 1 2 . Angesichts der geringen Zahl staatlicher Verwaltungsaufgaben im liberalen Rechtsstaat des 19. Jahrhunderts konnte der preußische Staat beim Landrat aufhören. Im Laufe der Zeit entwickelten sich auf der unteren staatlichen Verwaltungsebene für spezielle Aufgaben besondere, von der allgemeinen inneren Verwaltungsorganisation getrennte Behörden. b) Die Verwaltungsorganisation der deutschen Staaten blieb auch nach deren 9 Vereinigung zum Deutschen Reich und auch noch in der Weimarer Republik im wesentlichen unangetastet. Änderungen gab es nur in einzelnen Ländern. Das 1920 durch die Vereinigung von 8 Ländern gebildete Land Thüringen verzichtete auf Mittelbehörden, und Württemberg schaffte 1924 die Kreisregierung ab. In Preußen wurden anfangs der 30er J a h r e die Zahl der Kreise verringert und vor allem im Ruhrgebiet zahlreiche Gemeinden in die kreisfreien Städte eingemeindet. Schon 1920 wurde durch die Vereinigung von 94 Städten, Landgemeinden und Gutsbezirken die Stadt Groß-Berlin gebildet. Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurden die Länder 1934 1 0 gleichgeschaltet, die Landesregierungen unter Reichsstatthaltern in Mittelbehörden des Reiches umgewandelt, die preußischen zentralen Behörden (ohne das Finanzministerium) mit den entsprechenden Behörden des Reiches vereinigt und der Behördenaufbau vereinheitlicht, ohne daß freilich der Unterschied zwischen Ländern bzw. Reichsgauen mit drei- oder zwei- oder einstufigem Verwaltungsaufbau beseitigt wurde 1 3 . Auch gab es einige Veränderungen der regionalen Verwaltungsorganisation, wie etwa die Bildung von Groß-Hamburg, einen Gebietstausch zwischen Preußen und Oldenburg sowie Preußen und Braunschweig, die Vergrößerung der unteren Verwaltungsbezirke in Württemberg, Baden und Oldenburg, die Aufhebung der Kreisfreiheit zahlreicher bayerischer Städte und die Beseitigung der meisten Enklaven der Länder. Im wesentlichen blieb die Verwaltungsorganisation — auch hinsichtlich der territorialen Gliederung — unverändert. Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde die Verwaltungsorganisation in den 1 1 westlichen Besatzungszonen „von unten nach o b e n " entwickelt. Eine Folge davon war die Kommunalisierung ehedem staatlicher Aufgaben auf und unterhalb der Ebene der unteren Verwaltungsbehörde. Im Rahmen der neugebildeten Länder wurde jedoch die überkommene Struktur staatlicher Verwaltung, wie sie sich seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt hatte, übernommen, obwohl die Zahl der staatlichen Verwaltungsaufgaben rapide hochschnellte und

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In den östlichen preußischen Provinzen wurde die gutsherrliche Polizei erst durch die Kreisordnung von 1872 abgeschafft. Die Texte der einschlägigen Gesetze sind zusammengestellt bei: /. v. Münch/Brodersen, Gesetze des NS-Staates, 2. Aufl. 1982, S. 41ff.

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die zunehmend größer werdenden Aufgaben der Daseinsvorsorge den Charakter der Verwaltung jedenfalls teilweise veränderten. Soweit die Verwaltungsorganisation bisher dreistufig war, blieb sie es auch, ebenso wie sie in Schleswig-Holstein und im Saarland 1 4 zweistufig und in den Stadtstaaten im wesentlichen einstufig gelassen wurde 1 5 . Auch die territoriale Verwaltungsorganisation blieb innerhalb der neuen Ländergrenzen im wesentlichen unverändert erhalten. Sie entsprach damit freilich nicht mehr überall den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die Wirtschaftsstruktur eines Gebietes kann zwar von der regionalen Verwaltungsorganisation bestimmt werden, doch läßt sich die wirtschaftliche Entwicklung nicht von traditionellen Verwaltungsgrenzen auf längere Zeit einengen. Bei der Raumordnung und Landesplanung hatten die neugeschaffenen Planungsräume oft keinen Bezug mehr zu der bestehenden territorialen Verwaltungsorganisation. Die in den Ländern gebildeten Regionen decken sich deshalb regelmäßig nicht mit den bereits vorhanden Verwaltungsbezirken. Sie sind größer als die Landkreise, aber kleiner als die Regierungsbezirke 16 . Ihre Grenzen durchschneiden mitunter die Gebiete mittlerer und sogar unterer staatlicher Verwaltungsbehörden 17 . c) Angesichts der quantitativen und zum Teil auch qualitativen Veränderung staatlicher Verwaltungsaufgaben wurde nach der Phase der Konsolidierung der Verwaltungsorganisation der Länder zunehmend der Ruf nach Verwaltungsreformen laut 1 8 . Darunter wird in erster Linie eine Rationalisierung der Verwaltungs14

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Das Saarland verfügt ausnahmsweise über Landesmittelbehörden. Vgl. § 6 Landesorganisationsgesetz vom 2. 7. 1969 (ABl. S. 445). In Berlin und Hamburg werden staatliche und gemeindliche Verwaltung nicht getrennt. In Bremen besteht diese Trennung hinsichtlich der Stadt Bremerhaven. Vgl. Wolff/ Bachof, VwR II, § 83 II c; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 87 Rn. 71. Thieme (Fn. 6), Rn. 342ff. Das Bundesraumordnungsprogramm vom 14. 2. 1975 sieht sogar drei Landesgrenzen übergreifende Gebietseinheiten vor: Die Region 3 (Hamburg) umfaßt neben dem Stadtstaat auch niedersächsisches und schleswig-holsteinisches Gebiet, die Region 25 (Mainz-Wiesbaden) hessisches und rheinland-pfälzisches und die Region 28 (RheinNeckar-Südpfalz) rheinland-pfälzisches und baden-württembergisches Gebiet. Zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz existiert ein Staatsvertrag vom 8. 3. 1974 über die Zusammenarbeit bei der Raumordnung in den Gebieten Mittlerer Oberrhein und Südpfalz (BWGB1. 1975 S. 1; GVB1. Rheinland-Pfalz 1974 S. 291), ohne daß freilich eine gemeinsame Region gebildet wurde. Zur Bildung von Regionen vgl. Brösse, Raumordnungspolitik, 2. Aufl. 1982, S. 85 ff. Das verwaltungsrechtliche, verwaltungswissenschaftliche und organisationssoziologische Schrifttum zur Verwaltungsreform ist inzwischen unübersehbar geworden. Vgl. z. B. die Beiträge zur Verwaltungsreform in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland, D Ö V 1956, 321ff.; Markull, VerwArch. 48 (1957), 5 ff. Weichmann, VerwArch. 48 (1957), l l l f f . ; Gülich, Verwaltungsreform in Deutschland, 1961; Grauhan, Modelle politischer Verwaltungsführung, 1969; Loschelder, DÖV 1969, 225 ff.; Schnur, DVB1. 1970, 753 ff.; Brückmann, Verfassungsfragen bei den Reformen im örtlichen Bereich, 1972; Wagener, Neubau der Verwaltung, 2. Aufl. 1974; König, Zeitschrift für Verwal-

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Organisation verstanden; die Verwaltungsabläufe sollen wirtschaftlicher, reibungsloser und zügiger gestaltet werden. Es werden leistungsfähigere Verwaltungseinheiten gefordert, was eine neue regionale und funktionale Verwaltungsgliederung voraussetzt, damit auch moderne Arbeitsmethoden angewandt werden können und der Einsatz technischer Mittel möglich wird. Als Ergebnis der Bemühungen um eine solche Reform ist eine zum Teil erhebliche Vergrößerung einzelner Verwaltungsträger und Verwaltungsstellen zu beobachten. Die in allen Flächenstaaten durchgeführten Gebietsreformen brachten neben einer drastischen Reduzierung der Zahl der G e m e i n d e n " eine Vergrößerung der Gebiete der unteren Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung 2 0 . Hinsichtlich der staatlichen Mittelbehörden wurden in vier Ländern Regierungsbezirke zusammengelegt 2 1 . M i t der Bildung größerer Verwaltungseinheiten sind die Voraussetzungen für eine Verlagerung von Verwaltungsaufgaben — meist von oben nach unten — und eine Straffung der Verfahrensabläufe (funktionale Verwaltungsreform) geschaffen worden. Durch das Gesetz zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern (Zuständigkeitslockerungsgesetz) vom 10. 3. 1975 2 2 und der Zuständigkeitslockerungsverordnung 2 3 hat der Bund den bundesrechtlich erforderlichen Beitrag für eine funktionale Verwaltungsreform bei wichtigen Materien geleistet. Die personellen und sachlichen Voraussetzungen für den Einsatz technischer Mittel und neuer Arbeitsmethoden können allerdings in dem erforderlichen Umfang nur langsam geschaffen werden. M i t zunehmender Größe nimmt zudem

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tung 1978, 241 ff.; Wagener, Zeitschrift für Verwaltung 1979, 289 ff.; Stüer, Funktionalreform und kommunale Selbstverwaltung, 1980; ders., DÖV 1983, 745 ff. Durch Zusammenlegung und Eingemeindungen wurde die Zahl der Gemeinden von 24282 auf 8518 reduziert. Vgl. den statistischen Überblick bei Mattenklodt, in: HKWP., 2. Aufl., Bd. 1, 1981, S. 156ff. Zur Gebietsreform vgl. v. Utiruh/Thieme/Scheuner, Die Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981; Thieme/Prillwitz, Durchführung und Ergebnisse der kommunalen Gebietsreform, 1981; Poschen, Die ökonomischen Folgen der kommunalen Gebietsreform für die betroffenen Bürger und Unternehmen, 1983; Tbieme/Blumenthal, Die Auswirkungen einer Behördenverlegung auf die Sitzgemeinde, 1983. Deren Zahl wurde z. B. in Bayern von 143 Gebietseinheiten auf 71 mehr als halbiert. Landkreisverband Bayern, Die bayerischen Landkreise und ihr Verband, 1977, S. 7. In Rheinland-Pfalz die Regierungsbezirke Koblenz und Montabaur sowie Pfalz und Rheinhessen; in Hessen die Regierungsbezirke Darmstadt und Wiesbaden; in Nordrhein-Westfalen die Regierungsbezirke Aachen und Köln; in Niedersachsen wurden mit Wirkung vom 1. 2. 1978 aus 6 Regierungsbezirken und 2 Verwaltungsbezirken 4 Regierungsbezirke (Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Weser-Ems) geschaffen. Gemäß Art. 1 § 1 G zur Neuorganisation der Regierungsbezirke und der Landesplanung vom 15. 10. 1980 (GVB1.1 S. 377) wurde in Hessen ein neuer Regierungsbezirk (Gießen) eingerichtet. BGBl. I S. 685. Vom 18. 4. 1975, BGBl. I S. 967. 687

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der prozentuale Anteil der Verwaltungsgeschäfte zu, wodurch sich die Verhältnisse innerhalb der Verwaltung24, aber auch zwischen Verwaltung und Bürger komplizieren können. Die Bildung größerer Verwaltungseinheiten bewirkt einen Bürokratisierungseffekt, der im einzelnen durchaus zu begrüßen sein mag, aber zur Folge haben kann, daß „bürgernahe" Verwaltung verlorengeht. Die gleichzeitig erhobenen Forderungen nach mehr Information und „Transparenz" und nach „Demokratisierung" der Verwaltung kontrastieren nicht selten zu den Vorstellungen von einer an Effizienz und Rationalität ausgerichteten „technokratischen" Verwaltungsorganisation25. Ein Vertrauensschwund gegenüber der Verwaltung und letztlich auch ein Verlust an Verwaltungsleistung tritt dann ein, wenn eine Konsolidierung der reformierten Verwaltungsorganisation nicht erreicht werden kann. Verwaltungsreform als „permanente Aufgabe" birgt die Gefahr, lebendige Tradition zu zerschlagen, ohne schöpferische Mobilität freizusetzen26. 2. 15

Reichsverwaltung

Nach dem Zusammenschluß der deutschen Staaten nördlich der Mainlinie zum Norddeutschen Bund 1867 und der Verbindung der süddeutschen Staaten mit diesem zum Deutschen Reich 1871 wurde es nötig, auch auf der Ebene des Bundesstaates eine Verwaltungsorganisation einzurichten. Die Verwaltungskompetenzen des Reiches waren freilich zunächst gering. Leiter der Reichsverwaltung war der Reichskanzler, dem die Reichsämter untergeordnet waren. Bis 1879 wurden 8 Reichsämter eingerichtet: Reichskanzleramt, Auswärtiges Amt, Reichsmarineamt, Reichseisenbahnamt, Reichspostamt, Reichsjustizamt, Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen und Reichsschatzamt. 1907 wurde das Reichskolonialamt aus dem Auswärtigen Amt ausgegliedert. An der Spitze jedes dieser Ämter stand ein beamteter Staatssekretär, der seit 1878 für sein Ressort mit der Vertretung des Reichskanzlers in der Gegenzeichnung beauftragt werden konnte. Daneben bestanden weitere zentrale Verwaltungsbehörden, die zum Teil auch verwaltungsgerichtliche Funktionen wahrzunehmen hatten, wie z. B. das Reichspatentamt, das Reichsoberseeamt oder das Reichsversicherungsamt. Einen Verwaltungsunterbau gab es für den Auswärtigen Dienst, die dreistufig organisierte Reichspostverwaltung — wobei Bayern und Württemberg ihre eigene Post behielten —, die Marine, das Kolonialwesen und im Reichsland Elsaß-Lothringen 27 .

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Parkinson, Parkinson's Gesetz, 1958, S. 13 ff. Dazu grundsätzlich: König, in: Demokratie und Verwaltung, 1972, S. 271ff.; Herzog, ebenda, S. 485 ff. Zur „Bürgernähe" bzw. „Bürgergemäßheit" vgl. Hegner, DV 1979, 187ff.; Wagener, VerwArch. 73 (1982), 153ff.; ders., DÖV 1983, 745. Vgl. Luhmann, Recht und Politik, 1968, S. 49 ff. Vgl. E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, 2. Aufl. 1969, S. 821ff.

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Ein stärkerer Ausbau der Reichsverwaltung setzte bereits im ersten Weltkrieg 16 ein (Reichsernährungsamt, Reichswirtschaftsamt, Reichsarbeitsamt) und wurde unter der wesentlich zentralistischeren Weimarer Verfassung intensiviert. Die ehemaligen Reichsämter gingen in den Reichsministerien als zentrale Verwaltungsbehörden auf, wobei nur das Auswärtige Amt seine alte Bezeichnung — bis heute — beibehielt. Angesichts der dem Reiche zustehenden Verwaltungskompetenzen wurden mehrere Verwaltungszweige des Reiches mit Mittel- und Unterbehörden geschaffen, so für die Reichswehr, die Reichsbahn, die Reichswasserstraßen, die Reichspost, die Versorgung der Kriegsopfer und seit der Erzbergerschen Finanzreform 1919 für alle Zölle und Reichssteuern. Die Arbeitsverwaltung wurde 1927 der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung mit eigenem Verwaltungsunterbau von Mittel- und Unterbehörden übertragen. Während des nationalsozialistischen Regimes wurden mehrere Verwaltungen der Länder unmittelbar vom Reich übernommen, vor allem die Polizei 28 . Nach dem Zusammenbruch von 1945 entstanden länderübergreifende zentrale 17 Verwaltungsbehörden zunächst auf zonaler, dann auf bizonaler Ebene, und 1948 wurde für die drei westlichen Besatzungszonen die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gebildet, die aus sechs Ressorts (Ernährung und Landwirtschaft, Verkehr, Wirtschaft, Finanzen, Post- und Telegraphenwesen, Arbeit), drei weiteren Ämtern (Personal, Statistik, Recht) und der Bank Deutscher Länder bestand. Ein Verwaltungsunterbau war nicht vorhanden. Zur Durchführung seiner Gesetze mußte sich der Wirtschaftsrat der Verwaltung der Länder bedie-

III. Verfassungsrechtliche Grundlagen Das Grundgesetz brachte eine von der Kompetenzabschichtung der Weimarer 18 Republik abweichende Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern. Grundsätzlich ist die Verwaltung Landesangelegenheit (Art. 30 GG). Die Länder führen auch die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt (Art. 83 GG). Der Bund besitzt allerdings unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zur Regelung der Behördeneinrichtung und des Verwaltungsverfahrens, zum Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften, zur Rechtsaufsicht über die Landesexekutive von Bundesgesetzen und ein Weisungsrecht im Einzelfall (Art. 84 GG). Für die deutsche Verwaltungsgeschichte neu ist die vom Kommunalrecht inspirierte Einrichtung einer Bundesauftragsverwaltung der Länder (Art. 85 GG).

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Über die Verwaltungsorganisation des Reiches unterrichtet die Kommentarliteratur zur Verfassung von 1871 und zur Reichsverfassung von 1919. Vgl. F. Klein, Neues Deutsches Verfassungsrecht, 1949, S. 173 ff. 689

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Eine bundeseigene Verwaltungskompetenz besteht gemäß Art. 87 ff. GG nur für einige, darunter allerdings personell und materiell umfangreiche Sachgebiete. Dabei ist zu unterscheiden zwischen bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau und polizeilichen und nachrichtendienstlichen Zentralstellen gemäß Art. 87 Abs. 1 GG einerseits und bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts gemäß Art. 87 Abs. 2 GG andererseits. Eine Bundesverwaltungskompetenz besteht ferner hinsichtlich der Streitkräfte (Art. 87 a GG), der Bundeswehrverwaltung (Art. 87b GG), des Luftverkehrs (Art. 87d GG) und der Währungs- und Notenbank (Art. 88 GG). Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG sieht die Möglichkeit vor, für Angelegenheiten, für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue, bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts zu errichten. Der Umfang dieser Kompetenz, der zunächst strittig war, ist in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Kreditwesengesetz näher umrissen30. Schließlich läßt Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG unter erschwerten Umständen die Errichtung bundeseigener Mittel- und Unterbehörden zu31. 20 Soweit das Grundgesetz dem Bunde Verwaltungskompetenzen nicht ausdrücklich zugewiesen hat, besitzt er Kompetenzen nur noch kraft Natur der Sache. Das ist der Fall, wenn nur der Bund eine Verwaltungsaufgabe zu erledigen vermag oder wenn die Verfassung Organe ohne ausdrücklich zugewiesene Verwaltungsaufgaben nennt, wie z. B. die Bundesministerien32. Ansonsten besitzt der Bund keine Verwaltungszuständigkeiten. Die Kompetenz zur Verwaltung steht auch bei überregionalen Aufgaben den Ländern zu 33 . Das Grundgesetz hat freilich insoweit einen Einfluß auf die Gestaltung der Verwaltungsorganisation der Länder, als einmal die Regelung der Behördeneinrichtung und des Verwaltungsverfahrens Sache des Bundes sein kann (Art. 84 Abs. 1 GG) 3 4 , zum anderen den Gemeinden das Recht gewährleistet sein muß, alle Angelegenheiten der 30

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BVerfGE 14, 197 ff.; vgl. auch Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 87, Rn. 46 ff.; Scheuner, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 797 ff.; H. H. Kupp, in: Festschrift für Heinz Kaufmann, 1972, S. 328 ff.; H. H. Klein, in: BVerfG und GG, Bd. 2, 1976, S. 277ff. Zu den Verwaltungskompetenzen des Bundes vgl. die Kommentarliteratur zu Art. 87 ff. GG sowie Maunz/Zippelius, StaatsR, S. 277ff.; Hesse, VerfR, Rn. 245ff. Dazu H. H. Kupp, in: Scritti in Onore di Gaspare Ambrosini, 1970, S. 1743 ff.; Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 30. Vgl. auch BVerfGE 11, 6, 17 f.; 22, 180, 217; 26, 246, 257; 41, 291, 312. BVerfGE 12, 205, 250 f. Deshalb ist die in § 9 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus vom 16. 8. 1980 (BGBl. I S. 1457) i. d. F. des Gesetzes vom 12. 2. 1982 (BGBl. I S. 136) enthaltene Kompetenz des Bundesministers für Wirtschaft zur Erteilung von Berechtigungen verfassungsrechtlich bedenklich. Das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) des Bundes vom 25.5. 1976 (BGBl. I S. 1253) gilt auch für bestimmte öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeiten der Behörden der Länder und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen; vgl. § 1 VwVfG.

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örtlichen Gemeinschaft zwar im Rahmen der Gesetze, aber in eigener Verantwortung zu regeln (Art. 28 Abs. 2 GG). Landesgesetze dürfen nur das Ausmaß kommunaler Aufgaben im einzelnen gesetzlich regeln, nicht aber den Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung antasten 35 . Ein unmittelbarer Durchgriff auf die Gemeinden ist dem Bunde allerdings versagt36. Die Verwaltungsorganisation der Gemeinden zu bestimmen, ist deshalb' Landes-, nicht Bundessache. Es bestehen jedoch Ausnahmen, da der Bundesgesetzgeber Ingerenzrechte zu direkten Einflußnahmen auf Grund verfassungsrechtlicher Sonderkompetenzen besitzt 37 . Eine faktische Einschränkung der Länder auch hinsichtlich der Verwaltungsor- 21 ganisation ist für die Materie der 1969 eingeführten Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91a GG zu verzeichnen. Der Bund wirkt zwar nach dem Verfassungswortlaut bei der Erfüllung von Landesaufgaben lediglich mit, doch hat sich in Gestalt der Planungsausschüsse eine Art Mischverwaltung von Bund und Ländern etabliert 38 . Es handelt sich dabei zwar nur um „Einrichtungen für eine gemeinsame Rahmenplanung" (Art. 91a Abs. 3 GG); die paritätische Besetzung führt aber zu einem Übergewicht des Bundes. Dieser kann einmal mit „befreundeten" Ländern zwar nicht rechtlich, wohl aber tatsächlich zumindest ärmere Länder majorisieren. Außerdem besteht immer ein Mitspracherecht des Bundes schon wegen der Mitfinanzierungskompetenz. In der Praxis des Planungsausschusses für Hochschulbau deutet sich z. B. ein Einfluß des Bundes sogar auf die Struktur der Hochschulen an 39 . Mischverwaltungen von Bund und Ländern und der Länder untereinander 2 2 sind im gesamten Bereich des kooperativen Föderalismus anzutreffen. Die durch Abkommen zwischen den Beteiligten, also durch Ausübung staatlicher Organisationsgewalt geschaffenen Verwaltungseinrichtungen weisen zum Teil recht unterschiedliche Organisationsformen auf 40 . Bekannte Beispiele gemeinsamer Verwal35

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BVerfGE 17, 172, 182; 22, 180, 205; 23, 353, 365; 26, 172, 180 f.; 38, 258, 278; 52, 95, 116 f.; 65, 283, 290; zum verfassungsrechtl. Wesensgehalt zuletzt BVerfGE 79, 127 ff. BVerfGE 8, 122, 137; 26, 172, 181. Vgl. auch Lerche, BayVBl. 1965, 145 ff. Niemeier, Bund und Gemeinden, 1972, S. 24 ff. Zur finanziellen Belastung und zur Handlungsbindung der Kommunen durch den Bundesgesetzgeber vgl. Schmidt-Eichstaedt, Bundesgesetze und Gemeinden, 1981. Kisker (Fn. 32), S. 287ff.; Frowein, VVDStRL 31- (1973), 19ff. 1. v. Münch, VVDStRL 31 (1973), 67 ff. Eine derartige Gestaltungsbefugnis kann der Bund nur auf Grund seiner Rahmengesetzgebungskompetenz für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 a GG) in Anspruch nehmen. Vgl. hierzu das Hochschulrahmengesetz vom 26. 1. 1976 (BGBl. I S. 185) i. d. F. der Bek. v. 9. 4. 87 (BGBl. I S. 1170); Kimminich, in: /. v. Münch, Bes. VwR, 11. Abschn. II 2, 3. Kölble, in: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, 1961, S. 17 ff.; Grawert, Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern in der Bundesrepublik Deutschland, 1967, S. 205 ff.; Grassl, Staatsverträge und Verwaltungsabkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 128 ff.; Kisker (Fn. 32), 691

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III

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tungseinrichtungen der Länder sind die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder, deren Sekretariat dem Lande Berlin zugeordnet ist 4 1 , oder das Zweite Deutsche Fernsehen, das unmittelbar kein „Muttergemeinwesen" besitzt 42 . Gemeinschaftseinrichtungen von Bund und Ländern sind z. B. der Wissenschaftsrat 4 3 , die Vermittlungsstelle für deutsche Wissenschaftler im Ausland oder das Oberprüfungsamt für die höheren technischen Verwaltungsbeamten in Frankfurt 4 4 . Die Errichtung solcher gemeinschaftlicher Verwaltungsapparate ist bislang verfassungsrechtlich unbedenklich 45 . 23 Von erheblicher Bedeutung für die Verwaltungsorganisation sind der Gewaltenteilungsgrundsatz und das Prinzip der parlamentarischen Kontrolle der Verwaltung. Ein Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip würde vorliegen, wenn sich Organisationsregelungen häuften, welche die Regierung erheblich einengten, sei es durch unmittelbare Verwaltungskompetenzen des Parlaments, sei es durch ministerialfreie Verwaltung. Die parlamentarische Kontrolle erstreckt sich auf die Verantwortung der Regierung als oberstes Leitungsorgan der gesamten Verwaltung für alle Exekutivtätigkeiten, die ihrer Aufsicht unterstehen. Neben dem Regierungschef trifft die parlamentarische Kontrolle die Minister bzw. Senatoren, die nach den Vorschriften des Grundgesetzes und der Landesverfassungen innerhalb der Richtlinien der Politik ihren Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung leiten 46 . Unter Berufung auf das verfassungsrechtliche Prinzip der parlamentarischen Kontrolle wurde die Auffassung vertreten, im Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung dürfe es keine ministerialfreien Räume geben, soweit Ausnahmen nicht verfassungsrechtlich ausdrücklich vorgesehen sind 47 . Demgegenüber weist die ständige Staatspraxis unter dem

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S. 307 ff. Zur Mischverwaltung vgl. ferner Ronellenftisch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1975; Loeser, Theorie und Praxis der Mischverwaltung, 1976; ders., Die bundesstaatliche Verwaltungsorganisation in der Bundesrepublik Deutschland, 1981; Maurer, VwR § 22 Rn. 45 ff. Kisker (Fn. 32), S. 248, Fn. 916. Kölble, N J W 1962, 1084; Walter, DÖV 1967, 626; Grawert (Fn. 40), S. 258 f.; Rudolf, Bund und Länder im aktuellen deutschen Verfassungsrecht, 1968, S. 30; Kisker, JuS 1969, 468 f.; vgl. aber auch BVerwGE 22, 299, 311f. Kisker (Fn. 32), S. 325 f. Grawert (Fn. 40), S. 246. Dieses Amt ressortiert beim Bundesminister für Verkehr. Zur Tätigkeit des Oberprüfungsamtes vgl. Duvenbeck, DÖV 1974, 161ff. Rudolf (Fn. 42), S. 31f.; Kisker (Fn. 32), S. 246 ff. Art. 65 Satz 2 GG; Art. 49 I 4 Verfassung des Landes Baden-Württemberg; Art. 52 I Verfassung des Freistaates Bayern; Art. 43 V 1 Verfassung von Berlin; Art. 120 I 1 Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen; Art. 42 I 1 Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg; Art. 102 Satz 2 Verfassung des Landes Hessen; Art. 28 I 2 Vorläufige Niedersächsische Verfassung; Art. 55 II Verfassung für das Land NordrheinWestfalen; Art. 104 Satz 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz; Art. 91 II Verfassung des Saarlandes; Art. 24 II Landessatzung für Schleswig-Holstein. Loening, DVB1. 1954, 173, 175ff. Vgl. auch Art. 53 Satz 2 BayVerf.: Jede Aufgabe der Staatsverwaltung ist einem Geschäftsbereich zuzuteilen.

Verwaltungsorganisation

§ 56 I

Grundgesetz ministerialfreie — und damit parlamentsfreie48 - Räume auf 49 . Auch das Bundesverfassungsgericht50 und der überwiegende Teil der Literatur 51 halten mit unterschiedlichen Begründungen ministerialfreie Räume in engen Grenzen für zulässig. Da die Lückenlosigkeit der parlamentarischen Verwaltungskontrolle weder durch das Grundgesetz noch durch die Landesverfassungen vorgeschrieben ist, kann das Parlament durch Gesetz auf Kontrollkompetenzen verzichten52. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Grenzen, innerhalb deren ministerialfreie Räume zulässig sind, stellt das Bundesverfassungsgericht auf das politische Gewicht der Verwaltungsaufgaben ab 53 . Ferner werden die Quantität der dem Regierungseinfluß entzogenen Aufgaben 54 sowie ein Regel-AusnahmeVerhältnis55 als Maßstab für die Begrenzung genannt.

§ 56 Organisationsrecht I. Organisationsgewalt der Verwaltung Organisationsgewalt ist die Kompetenz zur Bildung, Errichtung, Einrichtung, 1 Änderung, Aufhebung und Abwicklung von Verwaltungsträgern, Behörden und anderen Verwaltungsstellen durch die Bestimmung ihrer Zuständigkeiten, ihrer Zusammenhänge und ihrer inneren Ordnung sowie durch ihre persönliche und sachliche Ausstattung 1 . Sie umfaßt somit einen Komplex einzelner Zuständigkeiten, die differenzierter rechtlicher Beurteilung bedürfen. Unter Bildung und 48

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Ministerialfrei und parlamentsfrei sind synonyme Begriffe. Vgl. E. Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, 1974, S. 67. Vgl. die umfangreichen Beispiele bei Fichtmüller, AöR 91 (1966), 297, 301 ff.; Füsslein, Ministerialfreie Verwaltung, Begriff, Erscheinungsformen und Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, Diss. Bonn 1972, S. 155ff.; E. Klein (Fn. 48), S. 58ff. BVerfGE 9, 268, 279ff.; 22, 106, 113 f. Vgl. die Nachweise bei E. Klein (Fn. 48), S. 144ff.; v. Mangoldt/Klein, Grundgesetz, Art. 83, Vorbem. III, Nr. 2; Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, G G , Art. 83, Rn. 79; Stern, Staatsrecht, Bd. 2, 1980, S. 790 f. Vgl. etwa E. Klein (Fn. 48), S. 190ff. Zu den verfassungsrechtlichen Schranken des Verzichts: ebenda, S. 207ff. BVerfGE 9, 268, 282. Ebenso: BVerwGE 46, 55, 57; StGH Bremen, N J W 1974, 2223, 2230 f. Vgl. auch E. Klein (Fn. 48), S. 211 ff.; auf eine zeitlich und sachlich beschränkte Regelung stellt ab: BVerwGE 12, 20, 28 f. Fichtmüller, AÖR 91 (1966), 297, 353 ff. v. Mangoldt/Klein, Grundgesetz, Art. 83, Vorbem. III, Nr. 3; Stern (Fn. 51), S. 791. Wolff/Bachof, VwR II, § 78 I a. Zum Problem der Einheit der Verwaltung s. Oldiges, NVwZ 1987, 737 ff.; Schuppert, D Ö V 1987, 757 ff.; Mogele, BayVBl. 1987, 545 ff. und Oebbecke, DVB1. 1987, 866 ff.; Bryde, VVDStRL 1988 (46), S. 181 ff. 693

§56 I

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Errichtung von Organen versteht man die rechtliche Anordnung, daß eine Verwaltungseinrichtung mit bestimmter sachlicher und örtlicher Kompetenz bestehen soll, wobei zwischen beiden Begriffen entweder gar nicht unterschieden wird oder Bildung den abstrakten, Errichtung den konkreten bzw. konkretisierenden normativen Akt bezeichnet. Einrichtung einer Verwaltungsbehörde ist deren tatsächliche Etablierung und Equipierung. Die Terminologie ist freilich weder in der Gesetzessprache noch im Schrifttum einheitlich 2 . 2 Das entscheidende Kriterium der Organisationsgewalt ist die Festlegung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit. Verwaltungsträgern, Behörden und Verwaltungsstellen müssen Aufgaben zugewiesen werden, und sie müssen mit Kompetenzen ausgestattet sein, um diese Aufgaben erfüllen zu können. Die Kompetenzen müssen sachlich und regional festgelegt sein, damit keine Überschneidungen bei der Aufgabenerfüllung eintreten. Neben der organisatorischen Notwendigkeit der Zuständigkeitsfestlegung besitzt diese aber noch eine rechtsstaatliche Komponente. M a g ein Anspruch auf den „gesetzlichen Verwaltungsbeamten" auch nicht in dem Sinne bestehen wie das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) 3 , so bewirkt die Verletzung von Zuständigkeitsregelungen im Verwaltungsverfahren doch die Rechtswidrigkeit, in bestimmten Fällen sogar die Nichtigkeit der getroffenen Verwaltungsentscheidung 4 . Zuständigkeit bedeutet auch, daß Verwaltungshandeln nicht von außerhalb der Verwaltung stehenden Kräften beherrscht sein darf. Ein „imperatives Mandat" von Organwaltern durch Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Verbände, Unternehmen oder die „Basis" ist rechtsstaatlich indiskutabel. 3 Bei der Organisationsgewalt handelt es sich vor allem um verfassungsrechtliche Probleme. Ursprünglich galt die Organisationsgewalt als Prärogative des Monarchen, und auch nach dem Untergang der Monarchie in Deutschland wurde sie im Bereiche von Regierung und Verwaltung noch als „Hausgut der Exekutive" charakterisiert, soweit sie dieser nicht durch Verfassung oder Gesetz entzogen war. Das Verfassungsrecht der deutschen Staaten kennt allerdings schon seit dem Konstitutionalismus — in Württemberg seit 1819 — den institutionellen Gesetzesvorbehalt, der die Organisationsgewalt der Krone beschneiden sollte 5 . Fehlte ein Gesetzesvorbehalt, hatte die Exekutive freie Bahn, wobei nur der Haushaltsplan und der ihm zugeordnete Stellenplan Schranken bildeten und

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Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 45 ff.; Scbmid-Aßmann, Verwaltungsorganisation zwischen parlamentarischer Steuerung und exekutivischer Organisationsgewalt, in: FS Ipsen, 1977, S. 333, 336 ff. Dazu: Mußgnug, Das Recht auf den gesetzlichen Verwaltungsbeamten, 1970; Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, 1983, S. 367 ff.; Schenke, VerwArch 68 (1977), 148 f.; ders., DÖV 1985, 452f.; Horn, NVwZ 1986, 808 ff. Vgl. § 44 BVwVfG sowie oben Erichsen/Martens, Verwaltungshandeln, § 14 Rn. 23 ff. Vgl. auch Bundesdisziplinargericht vom 24. 1. 1985 in DÖV 1985, 450 f. und NVwZ 1986, 866 f. Köttgen, VVDStRL 16 (1958), 161 ff.; Ermacora, VVDStRL 16 (1958), 202ff.

Verwaltungsorganisation

§56 I

die Gesamtheit der dem Staat zustehenden Hoheitsrechte nicht ohne einen Gesetzgebungsakt eingeschränkt oder verändert werden durfte6. Unter der Herrschaft der Weimarer Verfassung und des Grundgesetzes ist diese Auffassung erschüttert worden. Inzwischen besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß Organisationsgewalt heute nicht mehr als Bestandteil eines „Hausguts der Verwaltung" gedeutet werden kann, weil es keine Staatsgewalt außerhalb der Verfassung gibt 7 . Verfassungsrechtliche Regelungen über die Organisationsgewalt enthalten so- 4 wohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassungen. Gemäß Art. 86 S. 2 GG regelt die Bundesregierung die Einrichtung der Behörden, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt. Für die Errichtung selbständiger Bundesoberbehörden und neuer bundesunmittelbarer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts schreibt Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG ein Gesetz vor. Auch bundeseigene Mittel- und Unterbehörden zur Erledigung neuer Aufgaben können nur durch „qualifiziertes" Bundesgesetz errichtet werden (Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG). Die Landesverfassungen haben die Organisation der öffentlichen Verwaltung und ihre Regelung unterschiedlich geordnet. Nach den Verfassungen von Bayern (Art. 77), Niedersachsen (Art. 43), Nordrhein-Westfalen (Art. 77) und dem Saarland (Art. 112) bedarf nur die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung des Gesetzes, während in Baden-Württemberg (Art. 70), Hamburg (Art. 57) und Schleswig-Holstein (Art. 38) der Gesetzesvorbehalt nicht auf die allgemeine staatliche Verwaltung beschränkt ist. Die Einrichtung der staatlichen Behörden obliegt in allen genannten Ländern der Landesregierung. Keine einschlägigen Bestimmungen enthalten die Verfassungen von Bremen, Hessen und RheinlandPfalz8. Überall besteht ein Gesetzesvorbehalt hinsichtlich der Organisation der Kommunalverfassung. Umstritten ist die Rechtsgrundlage der Organisationsgewalt dann, wenn die 5 Verfassung keine diesbezüglichen Regelungen trifft. Hierzu werden zwischen den zwei extremen Positionen — daß die Verwaltung selbst aus der Natur der Sache oder aus anderen Gründen Rechtsgrundlage der Organisationsgewalt sei9 bzw. daß diese prinzipiell einer gesetzlichen Grundlage bedürfe10 — recht unterschiedliche Auffassungen vertreten. Überwiegend besteht Einigkeit darin, daß dann, wenn Organisationsakte zur Schaffung neuer Verwaltungsträger und Behörden die Rechtsstellung der Bürger oder sonstiger Dritter berühren, es einer gesetzlichen Grundlage bedarf, eine Norm des Innenrechts also nicht ausreicht11. Streitig ist, ob auch innerhalb einer bestehenden Zuständigkeitsordnung nur Forsthoff, VwR, S.435. Ossenbühl,Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 252 f. 8 Für Berlin vgl. Art. 4 Abs. 2 S. 2 und Art. 51 der Verfassung vom 1. 9. 1950. « So z. B. Böckenförde (Fn. 2), S. 78 ff. 10 So z.B. bereits Spanner, DÖV 1957, 640 ff.; siehe Stern, Staatsrecht, Bd. 2, 1980, S. 793 ff. 11 Ossenbühl (Fn. 7), S. 263 ff. 6 7

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§56

II

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durch gesetzliche Ermächtigung neue Behörden errichtet werden können und der Zuständigkeitsbereich anders abgegrenzt werden kann 12 . Nach der Verwaltungspraxis wird eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage auch hier für erforderlich gehalten, wenn die Rechtsstellung des Bürgers betroffen wird; es sei denn, es handele sich um rein „innerbetriebliche" Zuständigkeitsverlagerungen zwischen den Amtswaltern oder Behördenteilen innerhalb einer Verwaltungsbehörde. Es gibt jedoch auch Beispiele dafür, daß ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung neue Behörden errichtet und Zuständigkeiten anders abgegrenzt werden. So wird die Veränderung von Zuständigkeiten der Bundesministerien durch Organisationserlaß des Bundeskanzlers angeordnet, wobei umstritten ist, ob diese Praxis verfassungsgemäß ist, insbesondere ob § 9 GeschOBReg eine ausreichende Ermächtigung bildet, oder ob es hierfür einer Rechtsverordnung bedarf 13 . Für die Schaffung und Veränderung von Verwaltungseinrichtungen ohne hoheitliche Entscheidungsbefugnisse wird ein Gesetz grundsätzlich nicht verlangt.

II. Verwaltungsträger 6

Gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß auch Träger der Verwaltung das Volk ist, das die vollziehende Gewalt durch besondere Organe ausübt (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG). Rechtlich wird vollziehende Staatsgewalt dem Staat als juristischer Person zugerechnet. Die auf Eduard Albrecht zurückgehende Konstruktion des Staates als juristische Person 14 wird zwar kritisiert 15 , bestimmt aber nach wie vor die rechtliche Betrachtung. In einem vom Zivilrecht her entwickelten Rechtssystem ist die Rechtsfähigkeit des Staates sowohl für dessen Teilnahme am Rechtsverkehr als auch für den Rechtsschutz des Bürgers gegen staatliches Verwaltungshandeln bei unmittelbarer Haftung des Staates unverzichtbar. Für das Organisa12

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Bejahend: BayVerfGH, VerwRspr. 16, 515; Obermayer, in: Mang/Maurtz/Mayer/Obermayer, Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, 4. Aufl. 1975, S. 1 7 6 ; Wolff/Bachof, VwR II, § 78 II c 1. Verneinend: Böckenförde (Fn. 2), S. 93; Ossenbühl (Fn. 7), S. 266. So Wolff/Bachof, VwR II, § 78 II c 1. Vgl. Böckenförde (Fn. 2), S. 139 ff., 192 ff. Vgl. etwa den mit Wirkung vom 6. 6. 1986 in Kraft getretenen Organisationserlaß des Bundeskanzlers, BGBl. I S. 864, zur Errichtung eines BM für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und den mit Wirkung von 18. 1. 1991 in Kraft getretenen Organisationserlaß des Bundeskanzlers, BGBl. I S. 157, zur Errichtung eines BM für Gesundheit, eines BM für Familie und Senioren, die Änderung der Bezeichnung des BM für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit in BM für Frauen und Jugend und zur Auflösung des BM für innerdeutsche Beziehungen. Albrecbt, Rezension über Maurenbrechers Grundsätze des heutigen Staatsrechts, Göttinger gelehrte Anzeigen 1837 III, S. 1489 ff., 1508 ff. Vgl. etwa Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Aufl. 1981, S. 334; H. H. Kupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 22 f.

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tionsrecht ist diese Konstruktion der rechtsfähigen juristischen Person des Staates aber nicht überzubewerten16. Sie läßt vor allem keine Aussagen über die organisationsrechtlichen Verhältnisse innerhalb der Verwaltungsträger und Verwaltungsbehörden zu. Im übrigen wird auch hinsichtlich der Träger der Verwaltung die historische und rechtstheoretische Erkenntnis bestätigt, daß Rechtsfähigkeit immer nur relativ gesehen werden kann17. In der Verwaltung gibt es Gebilde mit Teilrechtsfähigkeit, die, obwohl sie nur in bestimmter Hinsicht Rechte und Pflichten besitzen, trotzdem insoweit Träger der Verwaltung sein können18. 1. Unmittelbare und mittelbare staatliche

Verwaltung

Träger der öffentlichen Verwaltung ist entweder der Staat in Gestalt von Bund 7 oder Land unmittelbar, oder es sind rechtsfähige Verwaltungseinheiten, die rechtlich verselbständigt sind, d. h. eigene Rechtsfähigkeit bzw. Teilrechtsfähigkeit besitzen. Ist der Staat unmittelbar Verwaltungsträger, so handelt er durch seine Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen — der Bund durch die unmittelbare Bundesverwaltung, das Land durch die unmittelbare Landesverwaltung. Werden rechtsfähige juristische Personen mit eigenen Verwaltungsbehörden von Bund oder Land im Rahmen ihrer Kompetenzen geschaffen, so handeln diese Behörden für die juristische Person. Auch teilrechtsfähige Verbände können Verwaltungsträger sein und als solche nach außen handeln, soweit ihre Rechtsfähigkeit reicht. Öffentliche Verwaltung durch vom Staat ausgegliederte rechtsfähige Verwaltungsträger des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts wird auch als mittelbare Staatsverwaltung bezeichnet19, wobei dieser Ausdruck mißverständlich ist, da es auch mittelbare öffentliche Verwaltung von Selbstverwaltungskörperschaften gibt (z. B. Sparkassen), der Verwaltungsträger also doppelt mediatisiert ist. Zudem gibt es juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen die Möglichkeit staatlicher Interventionen fast gar nicht vorhanden oder äußerst begrenzt ist (z. B. bei den Kirchen oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten). 16

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Einen weiterführenden, das Dogma von der juristischen Person überwindenden Weg, die Organisation des Staates rechtsbegrifflich zu erfassen und zu qualifizieren, zeigt Böckenförde, in: Festschrift für Hans J. Wolff, 1973, S. 294 ff. So auch Böckenförde (Fn. 16), S. 304. Zur Relativität der Rechtsfähigkeit vgl. z. B. Thoma, HdbDStR II, 1932, S. 611; Mosler, in: Festschrift für Richard Thoma, 1950, S. 131 f.; Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, 1963, S. 64; Rudolf, Völkerrecht und deutsches Recht, 1967, S. 41 f. Bachof, AöR 83 (1958), 208 ff., 259ff. Forsthoff, VwR, S. 471ff., S. 478 ff. — Zur Bedeutung der verselbständigten Verwaltungseinheiten vgl. Wagener (Hrsg.), Verselbständigung von Verwaltungsträgern, 1976; Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, 1981; ders., DÖV 1981, 153ff.; Laux, DÖV 1981, 861 ff. - Zu Zweifeln am Begriff der mittelbaren Verwaltung vgl. Bachof, EvStL, 2. Aufl. 1975, Sp. 2776.

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Ob der Staat unmittelbarer Träger der Verwaltung ist oder ob Aufgaben durch verselbständigte Rechtsträger erledigt werden, hängt von der historischen Entwicklung und der Zweckmäßigkeit und rechtlich von der Verfassung und der Entscheidung des Gesetzgebers ab. So ist grundgesetzlich vorgeschrieben, daß die Gemeinden alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln und Gemeindeverbände das Recht der Selbstverwaltung haben (Art. 28 Abs. 2 GG) und daß soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt, als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts zu führen sind (Art. 87 Abs. 2 GG), also jeweils eigene Verwaltungsträger sein müssen. Der rechtspolitische Grund für solche eigenständigen Verwaltungsträger ist, Verwaltung zu dezentralisieren, d. h. ein Korrektiv zur einheitlichen staatlichen Verwaltung zu bilden20. Außerdem diente die Schaffung eigener Verwaltungsträger in der Form der juristischen Person des öffentlichen Rechts der Reglementierung und Formierung ganzer Sozialbereiche, wie z. B. von Industrie, Handel, Handwerk, Landwirtschaft, Heilberufen und Anwaltschaft 21 . Ferner greift der Staat zum Mittel der Errichtung selbständiger Verwaltungsträger in privatrechtlichen Rechtsformen, oder er bedient sich bestehender privater juristischer und natürlicher Personen, um bestimmte Verwaltungszwecke besser erfüllen zu können. Die vom Staat getrennte eigene Verwaltungsträgerschaft wird hier mehr oder weniger aus verwaltungstechnischen Gründen gewählt, sei es, daß besoldungs- oder haushaltsrechtliche Normen unmittelbare Staatsverwaltung nicht empfehlen, sei es, daß andere sachliche oder personelle Gründe für eine „Privatisierung" sprechen. Beispiele bietet der Kultursektor: Das Theaterwesen ist teilweise in der Form der GmbH organisiert 22 , und die sog. Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturverwaltung und der Entwicklungshilfe werden in recht verschiedenen privatrechtlichen Rechtsformen (eingetragener Verein, Stiftung, GmbH) geführt 23 .

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Zum verfassungspolitischen Grund der Selbstverwaltung vgl. Leibholz, DVB1. 1973, 715 ff.; B. Becker, öffentliche Verwaltung, 1989, § 13, 3 (S. 183 ff.). Zwischen Selbstverwaltung und Autonomie wird begrifflich unterschieden. Vgl. Forsthoff, VwR, S. 479 ff. Zur Autonomie vgl. Haug, Autonomie im öffentlichen Recht, 1961. Zur Organisation der Wirtschaftsverwaltung vgl. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 69 ff.; Badura, in: I. v. Münch, Bes. VwR, 4. Abschn. III 1; Schmidt, in: Achternberg/Püttner, Bes. VwR I, 1990, 1/51 ff. Zu den Gründen für eine mittelbare Staatsverwaltung vgl. H. Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 105 ff.; Stern (Fn. 10), S. 791 ff. Uhde, Der Städtetag 1955, 438 ff.; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, 1969, S. 450. Z. B. als eingetragener Verein: Goethe-Institut zur Pflege deutscher Sprache und Kultur im Ausland, Inter-Nationes, DAAD, Carl-Duisberg-Gesellschaft; als Stiftung: Alexander von Humboldt-Stiftung, Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung; als GmbH: Deutscher Entwicklungsdienst. Das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart ist Anstalt des öffentlichen Rechts (des Landes Baden-Württemberg). Allgemein

§ 5 6 112

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2. Juristische

Personen des öffentlichen

Rechts

Als selbständige Verwaltungsträger öffentlichen Rechts haben sich drei Orga- 9 nisationstypen herausgebildet: die Körperschaft, die Anstalt und die Stiftung des öffentlichen Rechts. Alle drei sind eigenwüchsige Schöpfungen des öffentlichen Rechts 24 und unterscheiden sich von den starren Organisationstypen des Privatrechts durch die Breite der Gestaltungsmöglichkeiten. Alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden durch Hoheitsakt 1 0 errichtet, der auch den Umfang der Rechtsfähigkeit im öffentlich-rechtlichen Bereich und in der Privatrechtsordnung bestimmt. Dienstherreneigenschaft im Sinne des Beamtenrechts brauchen juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht zu besitzen, da sie auch von staatlichen Bediensteten verwaltet werden können. Neben den rechtsfähigen gibt es auch unselbständige Anstalten und Stiftungen, die nicht Selbstverwaltungsträger sein können 25 . Diese werden in der Regel mit den rechtlich selbständigen Anstalten und Stiftungen gemeinsam behandelt, sollten aber nicht mit ihnen begrifflich zusammengefaßt werden, da sie nur organisatorisch verselbständigte Verwaltungsstellen bilden26. Haushaltsrechtlich gelten für juristische Personen des öffentlichen Rechts besondere Vorschriften (SS 105 ff. BHO). a) Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein mitgliedschaftlich verfaß- 11 ter, unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehender, mit Hoheitsgewalt ausgestatteter Verwaltungsträger. Nach den Bindungen der Mitgliedschaft unterscheidet man vier Formen: Bei den Gebietskörperschaften, nämlich den Gemeinden und Gemeindeverbänden, ergibt sich die Mitgliedschaft kraft Gesetzes aus dem Wohnsitz eines Menschen oder dem Sitz einer juristischen Person 27 . Die Mitgliedschaft bei den Realkörperschaften richtet sich nach dem Eigentum an einer Liegenschaft oder dem wirtschaftlichen Sitz eines Betriebes (z. B. Jagdgenossenschaft, Industrie- und Handelskammer). Bei den Personalkörperschaften hängt die Mitgliedschaft von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Beruf oder einer sonstigen Eigenschaft oder dem Willen einer Person ab (z. B. Ärztekammer,

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zur Bundesverwaltung durch privatrechtlich organisierte Bundesunternehmen vgl. B. Becker (Fn. 20), § 15, 3 (S. 251 ff.). Dazu W. Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, 2. Aufl. 1943, S. 12. Zur Geschichte vgl. Bieback, Die öffentliche Körperschaft, 1976; Endrös, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 100 (1983), 292ff. Körperschaften des öffentlichen Rechts sind immer rechtsfähig. Weber (Fn. 24), S. 16; a. M. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 84 Rn. 17 ff. Vgl. zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts Broß, VerwArch 77 (1986), 65 ff., Hoppe/ Beckmann, Über die Grundrechtsfähigkeit von Wasser- und Bodenverbänden, DVB1. 1990, 177 ff. So auch Scheuner, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 800, Fn. 11. Nicht zu verwechseln mit der Gebietshoheit. Vgl. Wolff/Bachof!Stober, VwR II, § 84, Rn. 24, VwR II, § 84 III d l .

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Rechtsanwaltskammer, teilweise die Studentenschaften)28. Verbandskörperschaften sind solche, deren Mitglieder juristische Personen sind, so daß ein Durchgriff auf Mitglieder dieser Mitglieder nicht in Betracht kommt (z. B. kommunale Zweck verbände)29. Begründet werden kann die Mitgliedschaft kraft Gesetzes (Zwangsmitgliedschaft) oder durch freiwilligen Eintritt. Zwangsmitgliedschaft ist nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zulässig30. Grundsätzlich keine Mitglieder einer Körperschaft sind deren Bedienstete31. 12 Körperschaften des öffentlichen Rechts dienen — wie alle Verwaltungsträger — stets öffentlichen Zwecken. Sie sind mit Hoheitsgewalt ausgestattet, können also hoheitlich handeln und auch Zwang anwenden. Außerdem können sie, wie der Staat selbst auch, nicht-hoheitliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Neben ihren eigenen (freiwillig übernommenen oder gesetzlich zugewiesenen) Aufgaben, die sie eigenverantwortlich erfüllen, können ihnen Aufgaben zur Verwaltung nach Weisung oder im Auftrag des Staates übertragen werden. Die interne Verwaltungsorganisation kann in Behörden und andere Verwaltungsstellen aufgegliedert sein, doch braucht das nicht der Fall zu sein. 13 Ihren Finanzbedarf decken Körperschaften des öffentlichen Rechts durch Mitgliedsbeiträge (z. B. Kammerbeitrag, Verbandsumlage), die Erhebung von anderen Beiträgen (z. B. Erschließungsbeiträge) und Gebühren (z. B. Studiengebühr) und andere Einnahmen (z. B. Erträge aus Vermietung von Grundstücken). 14 Gebietskörperschaften und Kirchen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV) besitzen das Recht, Steuern zu erheben. Das Aufkommen aus bestimmten Steuern steht verfassungsrechtlich den Gemeinden und Gemeindeverbänden zu (Art. 106 Abs. 7 GG), die 1989 mit 13,75% am gesamten Steueraufkommen partizipierten32. 28

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Z. B. gem. § 106 Abs. 1 und 2 HochSchG Rheinland-Pfalz (GVB1. 1978, S. 507) i. d. F. v. 9. 9. 1987 (GVB1. S. 249). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit der Studentenschaften nach dem Hessischen Hochschulgesetz festgestellt (BVerwGE 59, 231). Vgl. demgegenüber den Vorlagebeschluß des VG Sigmaringen, DVB1. 1977, 465. Keine Körperschaften öffentlichen Rechts sind die Körperschaften genannten Kollegialorgane des Bundes und der Länder, wie z. B. Bundestag und Bundesrat, die Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG als Körperschaften bezeichnet. BVerfGE 10, 89 (Großer Erft-Verband); 15, 235 (Industrie-und Handelskammer); 32, 54 (Handwerkskammer); 38, 281 (Arbeitnehmerkammer); 71, 81, 95 (Arbeitnehmerkammer Bremen). Ausgenommen die Bediensteten der Hochschulen. Vgl. z. B. § 32 Abs. 1 HochSchG Rheinland-Pfalz (Mitglieder der Hochschule). Daß Bedienstete der Hochschule auch deren Angehörige sind, wird z. B. von der Westdeutschen Rektorenkonferenz nicht als systemwidrig angesehen. Vgl. das in BVerfGE 35, 79 ff., 100 ff. zitierte Gutachten von Mallmann und Strauch. Zur Körperschaft im einzelnen vgl. Scheuner (Fn. 26), S. 797ff.; Brohm (Fn. 21), S. 144 ff.; Rasch, DVB1. 1970, 765 ff.; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, §93. Statistisches Jahrbuch 1990, S. 452. Zum kommunalen Finanzausgleich im Zeichen der Landeshaushaltskonsolidierung vgl. Patzig, DVBl. 1985, 137ff.

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Eine besondere Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts stellen die Kirchen dar, die zwar in großem Umfange Aufgaben erfüllen, die sonst von der öffentlichen Hand erbracht werden müßten, aber nicht wirklich Träger öffentlicher Verwaltung sind 33 . b) Die Anstalt des öffentlichen Rechts ist ein nicht verbandsmäßig organisier- 1 5 ter rechtsfähiger Verwaltungsträger zur dauerhaften Verfolgung eines bestimmten Verwaltungszwecks des Anstaltsträgers34. Sie unterscheidet sich von der Körperschaft dadurch, daß sie nicht von Mitgliedern getragen wird, sondern nur Benutzer haben kann; doch gibt es auch nicht nutzbare Anstalten, die allerdings bloß nicht-rechtsfähige Verwaltungseinheiten bilden 35 . Ist bei einem als „Anstalt" bezeichneten Verwaltungsträger Mitgliedschaft vorgesehen, so handelt es sich in Wirklichkeit um eine Körperschaft (z. B. die Landesversicherungsanstalten)36. Die Abgrenzung zur Körperschaft bietet auch dann Schwierigkeiten, wenn eine Benutzungspflicht besteht. Das ist z. B. der Fall bei der anstaltlich organisierten Bayerischen Ärzteversorgung37. Errichtet, verändert und aufgelöst wird eine Anstalt als rechtsfähiger Verwal- 1 6 tungsträger durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes durch den Anstaltsträger. Anstaltsträger ist das übergeordnete Verwaltungssubjekt, das außerdem den Zweck der Anstalt bestimmt und begrenzt und die anstaltsleitenden Organe bestellt 38 . In der Regel ist das der Staat oder eine sonstige Gebietskörperschaft. Der 17 Anstaltsträger bestimmt auch Umfang und Grenzen der Rechtsfähigkeit der

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Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV. Vgl. die umfangreiche staatskirchenrechtliche Literatur, z. B. Mikat, in: Bettermann/Nipperdey/Scbeuner, Die Grundrechte, Bd. 4, 1. Halbband, 2. Aufl., 1972, S. lllff.; H. Weber, Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes, 1966; ferner die Abhandlungen in Quaritsch/H. Weber (Hrsg.), Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1967, und das ebenda, S. 446 ff., genannte Schrifttum, sowie Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1974, 1975. Vgl. die Definitionen bei O. Mayer, VwR II, S. 331; Weber (Fn. 24), S. 90 f.; Brobm (Fn. 21), S. 168 ff.; Wolff/Bacbof/Stober, VwR II, § 98, Rn. 1; Forsthoff, VwR, S. 495. Gegenteiliger Auffassung ist Forsthoff, VwR, S. 497: „Diese nutzbaren Anstalten sind . . . ein eindeutig abgegrenzter Sondertypus innerhalb der Gattung der rechtsfähigen Anstalt." Umgekehrt gibt es Körperschaften genannte Verwaltungsträger, die keine Mitglieder haben, also Anstalten sind. Bestritten ist dies bei der Bundesanstalt für Arbeit, die § 189 Abs. 1 AFG als Körperschaft bezeichnet und die teils als solche — z. B. Köttgert, JöR 3, 131, Schewe/Nordhorn, Übersicht über die soziale Sicherung, 8. Auflage 1970, S. 189; Rulartd, in: 1. v. Münch, Bes. VwR, 5. Abschn. V 1 - teils als Anstalt - z. B. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 100, Rn. 4 - charakterisiert wird. „Mitglieder der Anstalt sind alle approbierten Ärzte . . . " , Art. 47 Abs. 1 Bayerisches Versicherungsgesetz vom 7. 12.1933 (BayBS I S. 242); vgl. BVerfGE 10, 355. BGHZ 24, 83, 88 f. 701

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Anstalt. Angesichts der weiten Gestaltungsmöglichkeiten bei Errichtung öffentlichrechtlicher Anstalten kann die Rechtsfähigkeit z. B. auf den Privatrechtsverkehr beschränkt werden (so beim Bundesbahn-Sozial werk) 39 . Bei teilrechtsfähigen Anstalten kann der Charakter als juristische Person zweifelhaft sein. Das gilt etwa für die Deutsche Bundesbahn, die nur vermögensrechtlich und nur Dritten, nicht dem Bund gegenüber rechtsfähig ist; sie besitzt außerdem die Tarifpartnereigenschaft gegenüber ihren Arbeitnehmern40. 18 Die Organisation der Anstalt wird durch Gesetz oder die Anstaltssatzung geregelt, die entweder vom Anstaltsträger selbst oder aber von den Anstaltsorganen mit Genehmigung des Anstaltsträgers erlassen wird. Die Einflußmöglichkeiten des Anstaltsträgers auf die Verwaltung der Anstalt können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Die Anstalt kann ihre Kompetenzen durch eigene Verwaltungsstellen mit eigenem Verwaltungspersonal wahrnehmen (so z. B. die Studentenwerke in Rheinland-Pfalz, §§ llOff. HochSchG), doch kann auch der Verwaltungsträger durch seine Behörden und sein Personal die Anstalt verwalten (Organleihe)41. Der Anstaltsträger sorgt auch für den Finanzbedarf der Anstalt, der entweder aus Gebühren oder sonstigen Einnahmen der Anstalt oder aus Mitteln des Anstaltsträgers gedeckt wird. 19 Nach Rechtsstellung, Organisation, Zweck und Nutzbarkeit gibt es recht unterschiedliche Arten rechtsfähiger Anstalten. Eine besonders große Anstaltsverwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau ist die Bundesanstalt für Arbeit 42 . Die Rundfunkanstalten sind diejenigen, welche eine sehr weitgehende rechtliche Selbständigkeit von ihren Anstaltsträgern besitzen43. Bei den kommunalen Sparkassen haften die Anstaltsträger als Gewährträger für die Verbindlichkeiten der Sparkassen subsidiär unbeschränkt (Ausfallgarantie)44. Die Rechtsbeziehungen zwischen Anstalt und Benutzern bei benutzbaren Anstalten werden durch die Benutzungsordnung geregelt. Nach der Rechtsform ist zwischen Anstalten mit privatrechtlicher (z. B. Sparkassen) und öffentlich-rechtlicher (z. B. Rundfunkanstalten) Nutzung zu unterscheiden45. 39 40

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OVG Lüneburg E 19, 416, 417. Zur Rechtsstellung der Deutschen Bundesbahn vgl. Fromm, BB 1966, 297 ff.; ders., DVB1. 1982, 288ff.; Schmidt-Aßmann/Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, 1986. Zur Zulässigkeit der Organleihe bei sachlich eng umgrenzten Bereichen der Bundesverwaltung vgl. BVerfGE 63, 1; Hirschberger, Organleihe, 1989. Kuland (Fn. 36), 5. Abschn. V 1. Vgl. aber oben Fn. 36. Zur Rundfunkanstalt vgl. Herrmann, AöR 90 (1965), 286 ff.; Jank, Die Rundfunkanstalten der Länder und des Bundes, 1967; Rudolf, in: l. v. Münch, Bes. VwR, 12. Abschn. III 16. v. Mutius, in: HKWP., 2. Aufl., Bd. 5, 1984, S. 453 ff.; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 100, Rn. 11 ff. Zur Anstalt im einzelnen vgl. Je cht, Die öffentliche Anstalt, 1963; Wolff/Bachof.1 Stober, VwR II, § 98; Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169ff.; Breuer, ebd., S. 211 ff. Zur Anstaltsnutzung vgl. oben Salzwedel, Recht der öffentlichen Sachen, § 44.

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c) Stiftungen des öffentlichen Rechts als Verwaltungsträger sind rechtsfähige 2 0 Stiftungen, die ausschließlich öffentliche Zwecke verfolgen und zum Staat oder einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts in einer solchen organisatorischen Beziehung stehen, daß die Stiftung als eine öffentliche Einrichtung erscheint 46 . Es handelt sich bei ihnen um Verwaltungsträger, die mit einem Kapitaloder Sachbestand Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllen 47 . Sie sind von den Stiftungen des bürgerlichen Rechts (§§ 80 ff. BGB), den nicht-rechtsfähigen Stiftungen des Verwaltungsrechts48 und von den „öffentlichen Stiftungen" zu unterscheiden, unter denen man Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die nicht ausschließlich private Zwecke verfolgen, und öffentlich-rechtliche Stiftungen zusammenfaßt49. Das Spezifische der Stiftungen des öffentlichen Rechts besteht in der eigentümlichen Verbindung von Organisationsrecht und öffentlichem Sachenrecht 50 . In der sozialen Wirklichkeit spielen Stiftungen des bürgerlichen Rechts eine größere Rolle als die des öffentlichen Rechts. Errichtet werden Stiftungen des öffentlichen Rechts durch Gesetz oder auf 21 Grund eines Gesetzes (z. B. die „Stiftung Preußischer Kulturbesitz") 51 . Daneben ist auch die Errichtung ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung möglich 52 . Schließlich können Stiftungen des bürgerlichen Rechts in solche des öffentlichen Rechts umgewandelt werden53. Die Organisation der Stiftung wird durch Satzung geregelt. Die Stiftung ist 2 2 durch ihre Organe so zu verwalten, wie es die dauernde nachhaltige Verwirklichung des Stiftungszwecks mit Rücksicht auf den erkennbaren und mutmaßlichen Willen des Stifters erfordert. Das Recht, eigene Beamte zu haben, ist in der Satzung bzw. in der Verleihungsurkunde festzulegen. Der Bestand des Stiftungsvermögens ist tunlichst in seiner Zusammensetzung ungeschmälert zu erhalten. Das Stiftungsvermögen ist von anderen Vermögensmassen getrennt zu verwalten. Die Erträge sind ausschließlich für den Stiftungszweck zu verwenden 54 .

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Art. 1 Abs. 2 Bayerisches StiftG vom 26. 11. 1954 (BayBS II S. 661); § 2 Abs. 4 StiftG Rheinland-Pfalz vom 22. 4. 1966 (GVB1. S. 95). So § 46 LVwG Schleswig-Holstein. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 103 Rn. 11. Art. 1 Abs. 3 Bayerisches StiftG; § 2 Abs. 3 StiftG Rheinland-Pfalz. Köttgen, Die rechtsfähige Verwaltungseinheit, 1939, S. 77. Zur Stifung „Preußischer Kulturbesitz", die schlichte Verwaltungstätigkeiten wahrnimmt, vgl.: BVerfGE 10, 20; P. Hoffmann, Die Verwaltung 1988, 63 ff. Insgesamt gibt es nur 7 durch Gesetz errichtete Stiftungen; die jüngste ist die „Stiftung FriedrichEbert-Gedenkstätte", Gesetz vom 19. 12. 1986 (BGBl. I, S. 2553). So § 10 Abs. 1 StiftG Rheinland-Pfalz: „. . . bedarf ihre Errichtung der Genehmigung der Bezirksregierung." § 20 Abs. 1 StiftG Rheinland-Pfalz. Zur Stiftung des öffentlichen Rechts im einzelnen vgl. Ebersbach, Die Stiftung des öffentlichen Rechts, 1961; ders., Handbuch des deutschen Stiftungsrechts, 1972; Wolff/

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3. Sonstige

Verwaltungsträger

Neben den genannten drei Typen der rechtsfähigen juristischen Person des öffentlichen Rechts gibt es keine anderen öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltungsträger. Bei Regiebetrieben des Staates und Eigenbetrieben der sonstigen Gebietskörperschaften55 handelt es sich um haushaltsrechtlich und organisatorisch verselbständigte nicht-rechtsfähige dekonzentrierte Verwaltungsstellen, nicht aber um rechtlich selbständige dezentralisierte Verwaltungsträger. Die Vertretung des Eigenbetriebes nach außen durch die Werksleitung stellt eine Vertretung der dahinterstehenden Gebietskörperschaft in Ansehung des Sondervermögens des Eigenbetriebes dar, so wie ein Behördenleiter den Staat für den Bereich seiner Behörden nach außen vertritt. 24 Auf dem Gebiet der Leistungsverwaltung bedient sich die öffentliche Hand auch privatrechtlich organisierter Verwaltungsträger, die neben anderen als „öffentliche Unternehmen" bezeichnet werden56. Es handelt sich bei diesen „öffentlichen Unternehmen" um Verwaltung im funktionellen Sinne, die aber durch privatrechtlich organisierte Verwaltungsträger durchgeführt wird. Als Organisationstypen kommen vor allem die Aktiengesellschaft, die GmbH und die Kommanditgesellschaft auf Aktien in Betracht. Der Grund für die Privatisierung öffentlicher Verwaltungsträger liegt einmal in der erleichterten Errichtung privatrechtlich organisierter Gesellschaften durch die Verwaltungsbehörden, da der Gesetzesvorbehalt, der bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts besteht, überspielt werden kann (Flucht in das Privatrecht)57. Zum anderen ist mit privatrechtlichen Organisationsformen häufig eine flexiblere Verwaltung von Wirtschaftsbetrieben möglich. Im übrigen ist die Rechtsform allein kein Garant dafür, die Elastizität eines Verwaltungsträgers zu bewahren. 25 Schließlich ist die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand durch eigene Unternehmen und vor allem die Beteiligung an bestehenden privaten Unternehmen zu nennen58. Bedeutende gemischt-wirtschaftliche Unterneh23

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Bachof/Stober, VwR II, § 103; Totenhoefer-Just, Öffentliche Stiftungen, 1973; Strikkrodt, Stiftungen als urbildhaftes Geschehen im Gemeinwesen, 1984. Zu Rechts- und Organisationsfragen moderner Wirtschaftsführung von gemeindlichen Eigenbetrieben vgl. R. Scbolz/Pitschas, Gemeindewirtschaft zwischen Verwaltungsund Unternehmensstruktur, 1982. Zu den Rechtsformen öffentlicher Unternehmen existiert ein umfangreiches Schrifttum. Vgl. etwa Brohm (Fn. 21), S. 52; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl., 1985, S. 23 ff., 59ff.; Wenger, Die öffentliche Unternehmung, 1969, S. 256ff. (unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Rechts und rechtsvergleichend); Stober, NJW 1984, 449ff. Zur verfassungsrechtlichen Problematik vgl. Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, S. 244 ff.; Püttner (Fn. 56), S. 76 ff. Vgl. dazu H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968; Püttner (Fn. 56), S. 49 f.; Badura (Fn. 21), S. 311; Stober (Fn. 56), 449ff.

Verwaltungsorganisation

§ 5 6 III

men sind z. B. die Volkswagen-AG, die Deutsche Lufthansa, die RheinischWestfälische Elektrizitätswerke AG. Wieweit der wirtschaftlichen Betätigung des Staates Grenzen gesetzt sind, ist eine Frage des Verfassungsrechts. Für privatrechtlich organisierte Verwaltungsträger des Bundes und der Länder gelten ebenso wie für öffentlich-rechtlich organisierte Betriebe und Sondervermögen spezielle haushaltsrechtliche Regeln. Gemäß § 18 HGrG haben sie Wirtschaftspläne aufzustellen, falls kameralistisches Wirtschaften nicht zweckmäßig ist 59 . Um öffentliche Verwaltung zu dezentralisieren und zu entlasten, können auch 26 Private für Verwaltungsaufgaben in Dienst genommen werden 60 . Verwaltungsaufgaben, die solchen Beliehenen übertragen werden, reichen von der Einziehung der Lohnsteuer und der Beiträge zur Sozialversicherung durch die Arbeitgeber 61 über Schülerlotsen bis zu den Notaren 62 . In größerem Umfang werden die durch den Bund mitfinanzierten Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturverwaltung mit Verwaltungsaufgaben des Bundes betraut 63 . Handelt es sich um die Übertragung hoheitlicher Funktionen auf Private, bedarf die Beleihung einer gesetzlichen Ermächtigung 64 , sonst genügt eine vertragliche Vereinbarung. Rechte und Pflichten der Beliehenen ergeben sich, sofern sie nicht gesetzlich normiert sind, aus dem Beleihungsakt bzw. -vertrag. Die Rechtsverhältnisse zwischen Beliehenen und Dritten sind öffentlich-rechtlich, soweit sie auf öffentlich-rechtlichen Normen beruhen, im übrigen privatrechtlich 65 . III. Behörden und sonstige Verwaltungsstellen Um handelnd verwalten zu können, bedürfen die Verwaltungsträger organi- 2 7 sierter Verwaltungsstellen. Diese werden auch als Organe bezeichnet, ein historisch geprägter und in den einzelnen Rechtsdisziplinen vieldeutiger Begriff 66 . 59 60 61

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Für Beteiligungen vgl. § 44 H G r G , für Betriebe des Bundes § 26 BHO. Vgl. v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, 1982. Vgl. H. P. Ipsen, in: Festgabe für Erich Kaufmann, 1950, S. 145 ff.; a. M . Wolff/ Bachof/Stober, VwR II, § 104 Rn. 5, der die Inpflichtnahme Privater zu technischen Dienstleistungen nicht für einen Fall der Beleihung hält. Zu den Schülerlotsen vgl. W. Martens, N J W 1970, 1029 f. Hinsichtlich der Notare vgl. § 1 BNotO. Die BNotO gilt nicht für Bezirksnotare im OLG-Bezirk Stuttgart, die Beamte sind (§ 114 BNotO). Vgl. den Bericht der Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik des Bundestages, BT-Drucks. 7/215 (neu), S. 12 f. OVG Münster, N J W 1980, 1406. Zur Beleihung vgl. Ipsen (Fn. 61), S. 141ff.; H. H. Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen, 1963, S. 5 ff.; Brohm (Fn. 21), S. 202 ff.; W. Martens, öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 130 ff.; Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, 1971, S. 15 ff.; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 104; Maurer, Allg. VwR, § 23, Rn. 56 ff. Zum Organbegriff vgl. vor allem Wolff/BachofVwR II, § 74 I. Ferner Rupp (Fn. 15), S. 81 ff.; Böckenförde (Fn. 16), S. 270 ff.

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Unter Verwaltungsorganen versteht man gewöhnlich alle durch Organisationsnormen gebildeten Subjekte, die Angelegenheiten eines Verwaltungsträgers wahrnehmen67. Das bedeutet, daß ein Organ nicht für sich, sondern für den Verwaltungsträger handelt, dessen Einrichtung es ist. Verwaltungsorgane sind deshalb in der Regel nicht rechtsfähig. Es gibt aber auch rechtsfähige Organe, nämlich dann, wenn diese selbst Verwaltungsträger sind, wobei diese Rechtsfähigkeit wiederum relativ gesehen werden muß. So ist z. B. eine Gemeinde, die selbst als Gebietskörperschaft Verwaltungsträger ist, in Auftragsangelegenheiten Organ des Staates, weil sie insoweit für einen anderen Verwaltungsträger tätig wird. Als Verwaltungsstellen werden demgegenüber nur solche Subjekte bezeichnet, die ausschließlich Angelegenheiten eines Verwaltungsträgers wahrnehmen, also insoweit nicht selbst rechtsfähig sind. Verwaltungsstelle ist deshalb nicht die Gemeinde, sondern das zuständige Organ der Gemeinde, das die Auftragsangelegenheit des Staates für die Gemeinde verwaltet. Solche Verwaltungsstellen sind in erster Linie Behörden. Die Bezeichnung „Verwaltungsstelle" ist dem in der neueren Gesetzgebung verwendeten Begriff der Dienststelle, wie er etwa in § 6 BPersVertrG definiert ist, vorzuziehen, da als Dienststellen auch Behördenteile bezeichnet werden können.

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Behörde

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a) Die kleinste Verwaltungseinheit ist das Amt. Es ist die Amtsstelle oder der Dienstposten eines Menschen und bezeichnet dessen institutionell bestimmten konkreten Aufgabenbereich innerhalb der Verwaltungsorganisation. Organisationsrechtlich ist also mit jedem Amt eine Aufgabe und eine Zuständigkeit verbunden. So ist z. B. im Bundesministerium der Finanzen das Amt des Leiters der Haushaltsabteilung verknüpft mit der Aufgabe und den erforderlichen Kompetenzen, die Haushaltsabteilung zu leiten, d. h. letztlich die Verantwortung für alle im Bereich dieser Abteilung zu erledigenden Verwaltungsaufgaben zu tragen; oder das Amt des Hausmeisters einer Grundschule ist verbunden mit konkreten Aufgaben und Kompetenzen der Mitwirkung und Mitverantwortung zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit dieser bestimmten Schule. Amt ist also instituierte Zuständigkeit 68 . 29 Von dieser organisationsrechtlichen Bedeutung des Amtes ist die beamtenrechtliche zu unterscheiden. Der beamtenrechtliche Amtsbegriff ist bezogen auf das Dienstverhältnis, also auf die beamten-, besoldungs-, versorgungs- und disziplinarrechtliche Rechtsstellung eines Beamten als Rechtsperson ohne Rücksicht auf seine Aufgaben. Er bezeichnet die abstrakte Dienststellung bzw. den

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Wolff/Bachof, VwR II, § 74 II a. Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966, S. 256.

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bestimmten Dienstgrad (z. B. Ministerialdirektor, Oberamtsgehilfe). Demgegenüber ist Amt im organisationsrechtlichen Sinne die konkrete Dienststellung (z. B. Leiter der Haushaltsabteilung des Bundesministeriums der Finanzen, Hausmeister der Grundschule in Harxheim). Neben der organisationsrechtlichen und der beamtenrechtlichen Bedeutung kommt das Wort „Amt" noch als Bezeichnung einer Behörde oder des Teiles einer Behörde vor 69 . Behörden mit der Bezeichnung Amt sind zum Beispiel das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt oder ein Finanzamt. Teile einer Behörde mit der Bezeichnung Amt sind etwa das Ordnungsamt, das Rechtsamt oder das Bauaufsichtsamt einer Gemeindeverwaltung. Der Inhaber eines Amtes wird Amtsträger oder Amtswalter genannt. Er steht 30 in einem beamten- oder arbeitsrechtlichen Verhältnis zu seinem Dienstherrn und zugleich in einem organisationsrechtlichen Verhältnis zu dem Verwaltungsträger, in dessen Verwaltungsorganisation das von ihm besetzte konkrete Amt mit seiner Zuständigkeit im Außenverhältnis gegenüber Dritten und gegenüber anderen Verwaltungsstellen und Ämtern seines Verwaltungsträgers eingebunden ist 70 . In der Regel ist jedes organisationsrechtlich ausgewiesene Amt mit einem Amtswalter besetzt, und nur ausnahmsweise können sich mehrere Amtswalter in ein Amt teilen. Ein Fall einer Halbierung eines Dienstpostens liegt etwa bei halbtags beschäftigten Beamten vor. Auch bei der Teilung eines Amtes ist jeweils eine konkrete Aufgaben- und Kompetenzteilung hinsichtlich der Teile notwendig. Bei der Wahrnehmung der durch das Amt gekennzeichneten Aufgaben ist der Amtswalter dienstrechtlich zu unparteiischer und uneigennütziger Amtsführung verpflichtet71. b) In der Regel bilden mehrere Ämter eine Behörde. Das Bundesverfassungsge- 31 rieht faßt den Begriff der Behörde sehr weit und versteht darunter „eine in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln, die mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder von ihm geförderter Zwecke tätig zu sein" 72 . Noch weiter geht § 1 Abs. 4 BVwVfG, wonach Behörde im Sinne dieses Gesetzes jede Stelle ist, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Der Behördenbegriff ist im übrigen mehrdeutig73. Organisationsrechtlich knüpft er in erster Linie an die Ressortzuständigkeit und -abhängigkeit an, wobei es unerheblich ist, ob hoheitliche, fiskalische oder rein technische Aufgaben wahr69 70

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Weitere Bedeutungen bei Wolff/Bachof, VwR II, § 73 I b. Zum Organwalterverhältnis vgl. Kupp (Fn. 15), S. 19 ff.; Wolff/Bachof, VwR II, § 73 III. Zur Verwaltung durch Beauftragte vgl. Fuchs, DÖV 1986, 363 ff. §§ 35 Abs. 1 S. 1 und 2, 36 S. 2 BRRG. Vgl. oben Badura, Verwaltungsverfahren, § 38 Rn. 4 ff. BVerfGE 10, 20, 48. Zum Behördenbegriff vgl. B. Becker, (Fn. 20), § 15, 2 (S. 233 ff.) und die Kommentarliteratur zu § 1 VI VwVfG; z. B. Stelkens/Bonk/Leonhard 3. Aufl. 1990, Rn. 1 2 4 - 1 3 1 . Vgl. Böckenförde (Fn. 2), S. 31, Fn. 36.

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genommen werden, so daß auch selbständige Forschungsanstalten und kommunale Eigenbetriebe als Behörden bezeichnet werden können. Im Sinne des Verwaltungsprozeßrechts ist Behörde jede Stelle, die selbständig und eigenverantwortlich Verwaltungsakte erlassen kann 74 . Vom organisationsrechtlichen Behördenbegriff teilweise unterschieden ist der verfassungsrechtliche, wie er in Art. 84 ff. GG verwendet wird 75 . Organisationsrechtlich können Behörden nur diejenigen Verwaltungsstellen sein, die öffentlich-rechtlich geschaffen sind, nicht aber Organe einer juristischen Person des Privatrechts. Sie müssen ferner eigenständig sein. Ist das nicht der Fall, handelt es sich nur um einen Teil der Behörde (z. B. Ordnungsamt als Teil der Stadtverwaltung; Prüfungsausschuß als Teil des Prüfungsamts) und, falls sich dieser Teil nicht am Ort der Behörde befindet, um eine detachierte Außenstelle (z. B. Polizeireviere, Poststellen, Zollgrenzkommissariate). Da auch Anstalten des öffentlichen Rechts eine Behördenorganisation haben können, sind z. B. die eigenständig organisierten Landesarbeitsämter und die Arbeitsämter Mittelbzw. Unterbehörden der Bundesanstalt für Arbeit 76 . Dagegen sind die Außenstellen der Arbeitsämter nicht deren nachgeordnete Behörden, sondern deren Teile. Nach ihrer Stellung innerhalb der Behördenhierarchie eines Verwaltungsträgers wird zwischen obersten, oberen, mittleren und unteren Behörden unterschieden 77 . Die Bezeichnung für eine Behörde kann recht unterschiedlich sein. Häufig findet sich die Bezeichnung „Amt" (Bundeskanzleramt, Presse- und Informationsamt, Auswärtiges Amt, Bundeskriminalamt, Finanzamt). Daneben gibt es zahlreiche andere Bezeichnungen (z. B. Bezirksregierung, Oberpostdirektion). In den nord- und westdeutschen Ländern decken sich häufig der Name der Behörde und die Amtsbezeichnung des Behördenleiters (Der Minister des Inneren, Der Regierungspräsident, Der Oberkreisdirektor). Ihrer inneren Organisation nach ist zunächst zwischen kollegialen und monokratisch organisierten Verwaltungsbehörden zu unterscheiden. Bei Kollegialbehörden werden die Zuständigkeiten von mehreren gleichberechtigten Organwaltern wahrgenommen78. Es gibt Kollegialbehörden mit Entscheidungsbefugnissen,

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Die verwaltungsprozessuale Behördeneigenschaft ist immer dann zu bejahen, wenn die Verwaltungsstelle ein gewisses Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortung aufweist (BVerwGE 9, 172, 177f.). Der Behördenbegriff war früher in § 2 5 Abs. 2 VO Nr. 165 brit. Mil. Reg. definiert. Böckenförde (Fn. 2), S. 31. Bachof, Rspr. BVerwG I, S. 180. Vgl. auch BVerwGE 10, 161, 163. Dazu Thieme, Verwaltungslehre, 4. Aufl. 1984, Rn. 289 ff. Zur Kollegialbehörde und zu den Ausschüssen vgl. Thierfelder, VerwArch. 49 (1958), 249 ff.; Dagtoglou, Kollegialorgane und Kollegialakte der Verwaltung, 1960; P. Meyer, Die Verwaltungsorganisation, 1962, S. 269 ff.; Thieme (Fn. 77), Rn. 437ff.; Berggreen, Die „dissenting opinion" in der Verwaltung, 1972, S. 178 ff.; Wolff/Bachof, VwR II, § 75 III. Zu kollektiven Entscheidungen und ihren Entscheidungsregeln vgl. Thieme,

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wie z. B. die Kreis- und Stadtrechtsausschüsse in Rheinland-Pfalz und im Saarland 7 9 , wobei die Entscheidung durch Mehrheitsbeschluß getroffen wird. Daneben gibt es bloß beratende kollegial organisierte Verwaltungsstellen, die keinen Behördencharakter besitzen (z. B. der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) 80 . Solche Beiräte werden vor allem deshalb geschaffen, um sich den Sachverstand von Experten für die Verwaltung nutzbar zu machen. Sachverständige als Mitglieder solcher Kollegien sind weisungsfrei. Während die Zahl der Kollegialbehörden in der unmittelbaren staatlichen Verwaltung sehr stark zurückgegangen ist, hat sich die Zahl der Beiräte ständig erhöht. In der Regel sind Verwaltungsbehörden monokratisch aufgebaut. Das bedeu- 3 6 tet, daß die Zuständigkeiten der Behörde von einem leitenden Amtswalter oder für diesen von mehreren weisungsabhängigen Amtsträgern jeweils nach deren Zuständigkeitsbereich wahrgenommen werden. Die weisungsabhängigen Amtswalter sind dem Behördenleiter hierarchisch untergeordnet, d. h. der Leiter darf grundsätzlich allen Amtswaltern generelle oder spezielle Weisungen erteilen und jede Sache an sich ziehen und wieder abgeben (Evokationsrecht) 81 ; er hat in Zweifelsfällen das letzte Entscheidungsrecht. Demgegenüber ist der Leiter einer Kollegialbehörde in der Regel nur deren Verhandlungsleiter und Vertreter nach außen sowie zwischen den Sitzungen der Behörde mit der laufenden Verwaltung betraut. Waren die Verwaltungsbehörden im 18. Jahrhundert noch überwiegend kolle- 3 7 gial organisiert, so hat sich seit dem 19. Jahrhundert das monokratische Behördensystem durchgesetzt. Die Nachteile des Kollegialsystems — Schwerfälligkeit, Cliquenbildung, Anonymität der Verantwortung — wogen so schwer, daß es in der unmittelbaren Staatsverwaltung nur noch wenige kollegiale Entscheidungsorgane gibt 82 . Dagegen sind kollegiale Gremien zahlreicher in der mittelbaren Staatsverwaltung, vor allem bei Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts, anzutreffen, z. B. bei den Universitäten die Fachbereichsräte. Wichtigster Vorteil des monokratischen Systems ist die ständige Aktionsbereitschaft, die ein wesentliches Kriterium moderner Verwaltung ist; denn in der Verwaltung gibt es nichts den Gerichtsferien Vergleichbares. Weitere Vorteile sind Anpassungsfähigkeit, leichte Lenkbarkeit und Transparenz der Verantwortung. Einige dieser Vorteile werden allerdings durch bestimmte Nachteile in Frage

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Entscheidungen in der öffentlichen Verwaltung, 1981, S. 77ff. Zum Behördenbegriff im Kassenarztrecht unter besonderer Berücksichtigung von Ausschüssen vgl. Schnapp, in: Festgabe für Wilhelm Wertenbruch, 1984, S. 140ff. § 7 AGVwGO Rheinland-Pfalz; § 6 AGVwGO Saarland. Böckenförde (Fn. 2), S. 249ff. Wolff/Bachof, VwR II, § 75 II b. Zur Weisungsgebundenheit der Beamten vgl. § 37 BRRG, § 45 BBG. Beispiele bei Wolff/Bachof, VwR II, § 7 6 I d 7 . Zum Hierarchie- und Kollegialprinzip vgl. Püttner, Verwaltungslehre, 2. Aufl. 1989, S. 143 ff.

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gestellt, die vor allem mit der bürokratischen Organisation der Verwaltung verbunden sind 83 . Neuerdings ist das monokratische Behördensystem Gegenstand von Angriffen geworden, die sich gegen Technokratie, Bürokratie und Hierarchie in der Verwaltung richten und — sofern sie nicht bloß eine Flucht aus der Politik in die Utopie darstellen, mindestens — auf eine „Demokratisierung" der Verwaltungsorganisation zielen 84 . Teamarbeit statt Hierarchie gilt als zeitgemäß. In der Praxis haben sich bereits nicht-hierarchische Organisationsformen neben der üblichen Behördenorganisation bei einzelnen Verwaltungsbehörden eingebürgert, die als „Arbeitsgruppen" oder „Projektgruppen" bezeichnet werden 8 5 . Sie können an die Stelle monokratisch organisierter Einheiten treten, aber auch als bloße Beratungsgremien lose organisiert sein. Kennzeichnend für diese Arbeitsgruppen ist die Gleichrangigkeit ihrer Mitglieder bei der Willensbildung innerhalb der Gruppe. Das strenge monokratische System läßt sich auch durch ein in der privaten Unternehmensorganisation praktiziertes Management by Delegation auflockern, indem Kompetenzen zur selbständigen Entscheidung vom Behördenleiter delegiert werden. Dadurch tritt ein Entlastungseffekt für den Behördenleiter ein, die Amtswalter werden an ihrer Tätigkeit stärker interessiert und motiviert und in die Verantwortung genommen mit der Folge für den Bürger, daß die Arbeitsabläufe verkürzt und die Entscheidungen beschleunigt

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Zur Verwaltung als Bürokratie vgl. Morstein Marx, Einführung in die Bürokratie, 1959, S. 20 ff., 33 ff.; ders., in: Morstein Marx (Hrsg.), Verwaltung, 1965, S. 69 ff., 109ff.; Thieme (Fn. 77), Rn. 154f.; Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 3. Aufl. 1985, S. 109ff.; vgl. ferner die bei Mayntz (Hrsg.), Bürokratische Organisation, 2. Aufl., 1971, gesammelten Abhandlungen. Zum Stand der organisatorischen Verwaltungsreform im westeuropäischen Vergleich vgl. Glasl (Hrsg.), Verwaltungsreform durch Organisationsentwicklung, 1983. Zum Verhältnis von Verwaltung und Demokratie vgl. Schluchter, Aspekte bürokratischer Herrschaft — Studien zur Interpretation der fortschreitenden Industriegesellschaft, 1972; sowie die Beiträge von König, Herzog und Schnur, in: Demokratie und Verwaltung, 1972, S. 271ff., 485 ff. und 557 ff. Vgl. auch die verwaltungsrechtlichen Beiträge zur Partizipationsdiskussion, etwa Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 ff.; Hartisch, Verfassungsrechtliches Leistungsprinzip und Partizipationsverbot im Verwaltungsverfahren, 1975, S. 123 ff. Laux, in: Aktuelle Probleme der Ministerialorganisation, 1972, S. 317 ff.; K. Kühler/ H. Kübler, Moderne öffentliche Verwaltung - Eine Einführung anhand der Dienstordnung für die Staatsbehörden in Baden-Württemberg, 1971; Schnur (Fn. 84), S. 557 ff.; Kube, DVB1. 1973, 869 ff.; Brohm, JuS 1977, 501ff.; H. Scholz, DÖV 1979, 229 ff.; H. Kübler, Organisation und Führung in Behörden, 4. Aufl. 1980, Bd. 1, Rn. 99ff.; Lepper, in: König/v. Oertzen/Wagener (Hrsg.), öffentliche Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 1981, S. 115, 124ff.; Müller, DÖV 1986, lOff. Vgl. allgemein zur Organisation Haneke, Organisation und Gestaltung von Verwaltungssystemen, 1985, S. 37 ff. Zur Arbeit der Kommission Neue Führungsstruktur Baden-Württemberg s. Siedentopf, DÖV 1985,1033 ff.; Kohler/Teufel, DÖV 1985, 1051 ff. und Menz/Andriof/ Kohler/Teufel, DÖV 1987, 457 ff. Vgl. auch Thieme, DÖV 1987, 933 ff.

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werden. An dem rechtsstaatlich gebotenen System der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten darf freilich nicht gerüttelt werden. Verwaltungsbehörden werden entsprechend ihren Aufgaben nach dem Organisationsplan gegliedert. Dieser bestimmt die innerbetriebliche Zuständigkeitsordnung, indem er festlegt, welche Aufgaben und welche Kompetenzen den einzelnen Behördenteilen und Amtswaltern übertragen werden 86 . Der Geschäftsverteilungsplan legt die Verteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten auf die einzelnen Amtswalter fest. Im Stellenplan werden die der Behörde im Haushaltsplan zugewiesenen Planstellen ausgewiesen. Bei diesen Plänen handelt es sich um internes Organisationsrecht. Die innere Organisation der meisten monokratischen Behörden zeigt übereinstimmende Organisationsstrukturen unabhängig davon auf, ob es sich um Behörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden handelt, wobei die Größe des Verwaltungsapparates der einzelnen Behörden und Behördenteile stark variiert 87 . Unterste Einheit innerhalb einer Behörde ist meist das Referat oder Dezernat (in der Kommunalverwaltung: Amt) 8 8 . Es wird vom Referenten (Dezernenten, Amtsleiter) geleitet, dem Hilfsreferenten beigegeben sein können und der durch Sachbearbeiter unterstützt wird. Mehrere Referate bilden eine Abteilung. Abteilungen müssen einerseits genügend groß sein, um Schwankungen im Arbeitsanfall ausgleichen zu können, andererseits aber klein genug, um vom Abteilungsleiter überblickt und gesteuert werden zu können 89 . Bei den Bundesministerien

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Vgl. etwa den Mustergeschäftsverteilungsplan für die Regierungspräsidenten in Nordrhein-Westfalen (Ministerialblatt NW 1985, 456); vgl. auch das Schema der Organisation der Behörde des Regierungspräsidenten in Nordrhein-Westfalen, unten Anlage 1. So sind z. B. die Bundesministerien nach ihrer Größe sehr unterschiedlich. Großen Ministerien, wie dem Bundesministerium der Finanzen (1617 Bedienstete, davon 1080 Beamte), dem Bundesministerium für Wirtschaft (1647 Bedienstete, davon 924 Beamte) stehen kleinere gegenüber, wie z. B. das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (395 Bedienstete, davon 202 Beamte), Personalstandstatistik des öffentl. Dienstes, Stand: 30. 6. 1989. Ebenso differiert die Untergliederung der Ministerien in Hauptabteilungen (im Bund nur im Bundesministerium für Verteidigung), Abteilungen, Unterabteilungen und Referate. Mehrere Referate können in Gruppen zusammengefaßt sein. Stabsreferate (z. B. Presse oder Kabinettsangelegenheiten) sind abteilungsfrei. Es kann aber auch abteilungsfreie Fachreferate und Gruppen geben. Auch können Referate unterabteilungsfrei sein. Ebenso kann es referatsgleiche Gruppen geben. Die unterschiedliche Größe der Bundesministerien und ihrer Teile wirft für die Verwaltungsarbeit der Bundesregierung zusätzliche Koordinationsprobleme auf. Zu den Referaten vgl. Johnson, in: Aktuelle Probleme der Ministerialorganisation, 1972, S. 115 ff. und zu den Referaten in den Landesministerien Derlien, DÖV 1985, 1042 ff. Wolff/Bacbof, VwR II, § 76 III c. - Im Bundesministerium der Verteidigung sind mehrere Abteilungen unter Hauptabteilungsleitern zusammengefaßt. — Zur Ministerialverwaltung vgl. Kölble, DÖV 1969, 25 ff.; ders., in: Aktuelle Probleme der Ministerialorganisation, 1972, S. 171ff.; Karehnke, DÖV 1974, 46 ff.; ders., DÖV 1974, 115 ff.; Wahl,

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III 2

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sind deshalb zwischen Referat und Abteilung teilweise noch Unterabteilungen zwischengeschaltet. Außerdem werden in einigen Ministerien fachlich aufeinander bezogene Referate zu Gruppen zusammengefaßt bzw. Gruppen ohne Referatsgliederung eingerichtet oder den Unterabteilungen gleichgestellt. 40 Zur Erfüllung von Grund- und Querschnittsaufgaben können außerhalb der bestehenden Verwaltungsorganisationen Sonderbeauftragte bestellt werden, denen begrenzte Eingriffskompetenzen zugewiesen sein können. Ihre Aufgabe besteht darin, für die Beachtung ganz spezieller Gesichtspunkte in der Verwaltung zu sorgen oder Kontrollaufgaben wahrzunehmen. Als Beispiele sind zu nennen der Wehrbeauftragte des Bundestages gemäß Art. 45 b GG, der Bürgerbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz, Datenschutzbeauftragte, der Beauftragte für die Ausländerintegration der Bundesregierung, Europabeauftragte, Frauenbeauftragte, Organisationsbeauftragte und die Haushaltsbeauftragten gemäß § 9 I BHO 9 0 . 2. Sonstige 41

Verwaltungsstellen

Angesichts des weiten Behördenbegriffs des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind Behörden nicht nur die nach außen entscheidungsbefugten Verwaltungsstellen, sondern auch solche Verwaltungsstellen mit gewisser Selbständigkeit, die bloß beratende Funktionen zu erfüllen oder technische Dienste zu leisten haben, wie z. B. die Bundesstelle für Außenhandelsinformation, der Deutsche Wetterdienst in Offenbach, das Bundesinstitut für Bauforschung oder die Biologische Anstalt Helgoland. Die genannten Verwaltungsstellen sind Behörden des Bundes, unabhängig davon, ob sie als Bundesoberbehörde oder als unselbständige Anstalt gebildet sind 91 . Nicht-rechtsfähige Anstalten, wie z. B. öffentliche Schulen 92 , und Eigenbetriebe93 sind ebenso Behörden oder Teile davon wie die Verwaltungsstel-

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Der Staat 13 (1974), 883 ff.; Seemann, Abschied von der klassischen Ministerialverwaltung, 1978; Knöpfte, DV 1980, 93ff.; Schimanke, VerwArch. 73 (1982), 216ff. Vgl. Püttner (Fn. 82), S. 156. Zum Beauftragten für den Haushalt vgl. Röken, DVBl. 1982, 570ff. Zum Wehrbeauftragten vgl. Busch, Der Wehrbeauftragte, 1985. Zum Bürgerbeauftragten vgl. Matthes, Der Bürgerbeauftragte, 1981. Für die Stellung der Bundesstelle für Außenhandelsinformation als Bundesoberbehörde: Kasulke, Die Bundesstelle für Außenhandelsinformation, 1971, S. 36. Wolff/BachofStober, VwR II, § 101 Rn. 30. Bei manchen kommunalen Eigenbetrieben und auch bei staatlichen Regiebetrieben kann es zweifelhaft sein, ob sie Behörden sind. Stellt man auf die nach kaufmännischen Grundsätzen strukturierte Unternehmensform ab, so könnte dies verneint werden. Betrachtet man aber die organisatorische Einbettung des Eigenbetriebes in die öffentliche Verwaltung, seine Aufgaben und seine innere Organisation, so spricht alles für die Qualifizierung als Behörde bzw. als Teil einer Behörde. Wenn der die Dienststelle definierende § 6 Abs. 1 BPersVertrG und die übereinstimmenden Regelungen der Personalvertretungsgesetze der Länder (z. B. § 8 Abs. 1 LPersVG Rheinland-Pfalz, vgl. auch

Verwaltungsorganisation

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IV

len rechtsfähiger Anstalten, sofern sie nur mit gewisser Selbständigkeit ausgestattet sind. Besitzt eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts keine von der Anstalt tatsächlich zu trennenden selbständigen Verwaltungsstellen, so ist gleichwohl juristisch zwischen der Anstalt als Verwaltungsträger und als Behörde zu unterscheiden 9 4 . Trotzdem gibt es noch Verwaltungsstellen, die keinen Behördencharakter besitzen und auch nicht Teil einer Behörde sind. Es handelt sich dabei vor allem um Koordinationsgremien innerhalb eines Verwaltungsträgers oder um solche von mehreren Verwaltungsträgern. Beispiele bilden die interministeriellen Ausschüsse und Arbeitsgemeinschaften, die nicht bei einer bestimmten Behörde ressortieren. Nicht dazu gehören Koordinationseinrichtungen innerhalb einer Behörde, wie z. B. die Abteilungsleiterkonferenz im Bundesministerium für Verteidigung, die Teil dieser Behörde ist. Aus dem intraföderativen Bereich ist zum Beispiel die Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats 9 5 zu nennen, während das Sekretariat der Kultusministerkonferenz eine Behörde des Landes Berlin ist 9 6 . Auch die mittelbare intraföderative Verwaltung kennt solche Stellen, wie etwa das Sekretariat der Westdeutschen Rektorenkonferenz 9 7 . Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland besitzt dagegen keine eigenen Verwaltungsstellen, sondern Geschäftsführung und Vertretung der A R D obliegen einer geschäftsführenden Rundfunkanstalt 9 8 .

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IV. Institutionelle Beziehungen in der Verwaltung Um eine wirksame öffentliche Verwaltung zu gewährleisten, ist es notwendig, die Beziehungen zwischen den Verwaltungsstellen so zu gestalten, daß Reibungs-

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§ 84 Abs. 1 und 3) die Betriebe von den Behörden und den Verwaltungsstellen abheben, so hat das spezifisch personalvertretungsrechtliche Gründe. Mitbestimmung nach Personalvertretungsrecht ist wie nach Betriebsverfassungsrecht auch betriebliche Mitbestimmung. Es kommt also nicht auf die organisationsrechtlichen Strukturen an. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 98 Rn. 30: „Wegen ihrer Rechtsfähigkeit sind sie nicht Behörden, sondern haben sie Behörden." Art. 8 des Verwaltungsabkommens über die Errichtung eines Wissenschaftsrates vom 5. 9. 1957 (GMB1. 1957 S. 353). Abkommen über das Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland vom 20. 6. 1959 (GVNW 1960 S. 32). }. Fischer, Westdeutsche Rektorenkonferenz - Geschichte, Aufgaben, Gliederung, 3. Aufl., 1966. § 3 Abs. 1 der Satzung der ARD. Vgl. Brack, Organisation und wirtschaftliche Grundlagen des Hörfunks und des Fernsehens in Deutschland, 1968, S. 23; Rudolf, in: 1. v. Münch, Bes. VwR, 12. Abschn. III 3 d . Zu den verfassungsrechtlichen Problemen vgl. Börner, Organisation, Programm und Finanzierung der Rundfunkanstalten im Lichte der Verfassung, 1984.

713

43

§ 5 6 IV 1

Walter Rudolf

Verluste möglichst niedrig gehalten werden. Angesichts des Umfangs der öffentlichen Verwaltungstätigkeit bedeutet das, daß die Arbeitsteilung zwischen den Verwaltungsstellen auf eine Art geregelt sein muß, daß einerseits alle anstehenden Verwaltungsaufgaben zur Erledigung an Verwaltungsstellen verteilt, andererseits keine Aufgaben mehreren Verwaltungsstellen gleichzeitig übertragen werden. Vor allem letzteres ist in Anbetracht der Komplexität der Lebensverhältnisse in der modernen Industriegesellschaft nicht immer zu erreichen. 1. 44

Zuständigkeit

Das Mittel, die Verwaltungsträger und Verwaltungsstellen an ihre Aufgaben zu binden, ist die Kompetenz, d. h. die Zuständigkeit, eine Aufgabe wahrzunehmen. Kompetenzen sind in dreifacher Hinsicht festzulegen: einmal zwischen den Verwaltungsträgern (Bund, Länder, Gemeinden, andere Körperschaften usw.), zweitens innerhalb der Verwaltungsträger für die einzelnen Verwaltungsstellen und schließlich innerhalb der Verwaltungsstellen für deren Teile und die einzelnen Amtswalter. Diese Festlegung muß sowohl in sachlicher als auch in räumlicher Beziehung geschehen. Ist die Zuständigkeit einmal festgelegt, ist der betreffende Verwaltungsträger bzw. die betreffende Verwaltungsstelle berechtigt und verpflichtet, sie zur Erledigung der Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Mit welchen Mitteln — notfalls Zwangsmitteln — das zu geschehen hat, bedarf einer den Kompetenzträger ermächtigenden Regelung. Jedenfalls ist nicht davon auszugehen, daß eine Behörde, der eine Angelegenheit übertragen wird, auch ohne weiteres über die zur Erfüllung notwendigen Mittel verfügt. Sachliche Zuständigkeit bedeutet die Berechtigung und Verpflichtung, bestimmte Aufgaben dem Gegenstande nach wahrnehmen zu dürfen. Ihrem Umfang nach kann die Zuständigkeit durch Aufzählung einzelner Kompetenzen oder engerer oder weiterer Kompetenzkomplexe oder durch Übertragung aller Verwaltungsangelegenheiten in einem bestimmten Gebiet festgelegt werden. Eine solche Allzuständigkeit besteht z. B. für die Länder gemäß Art. 30 GG und für die Gemeinden gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Ansonsten gilt das Enumerationsprinzip. Die Bestimmung des Bezirks, in welchem die sachliche Zuständigkeit ausgeübt werden darf, nennt man die örtliche Zuständigkeit. Diese kann sich auf das gesamte Gebiet einer Gebietskörperschaft (Bundesgebiet, Landesgebiet, Gemeindegebiet) erstrecken, kann aber auch auf einen Teil dieses Gebietes begrenzt sein (Regierungsbezirk, Bezirk eines Postamts oder Finanzamts), was bei den meisten staatlichen Behörden die Regel ist". 99

Z u r örtlichen Zuständigkeit vgl. § 3 BVwVfG. Eine zeitliche Zuständigkeit neben sachlicher und örtlicher gibt es nicht, da bei zeitlichen Befristungen einer Zuständigkeit die sachliche Zuständigkeit auf die Dauer der Befristung begrenzt ist. Vgl. aber Wolff/

Bachof, VwR II, § 72111c. 714

Verwaltungsorganisation

§ 5 6 IV 1

Verwaltungsträger und Verwaltungsstellen sind an ihre rechtmäßig festgelegten 45 Zuständigkeiten gebunden, d. h. sie sind berechtigt, aber auch verpflichtet, sie wahrzunehmen. Jede Verwaltungsbehörde hat deshalb von Amts wegen ihre Zuständigkeit zu prüfen 100 . Sie darf weder Zuständigkeiten anderer Behörden an sich ziehen noch Befugnisse auf andere Behörden delegieren. Das gilt grundsätzlich auch im Verhältnis der höheren zur nachgeordneten Behörde (instanzielle Zuständigkeit). Nur bei Gefahr im Verzuge darf die höhere Behörde die Zuständigkeit der nachgeordneten und im allgemeinen auch die nachgeordnete Behörde die der höheren Behörde wahrnehmen (Notzuständigkeit) oder eine Aufsichtsbehörde anstelle der beaufsichtigten handeln (Selbsteintrittsrecht)101. Eine höhere Verwaltungsbehörde darf den ihr nachgeordneten Verwaltungsstellen grundsätzlich generelle oder konkrete Weisungen erteilen, ohne damit in deren Zuständigkeit einzugreifen. Dies gilt für alle Bereiche der Verwaltung, auch für die Staatsanwaltschaft, da diese nicht richterliche Unabhängigkeit gemäß Art. 97 Abs. 1 GG genießt 102 . Weiterhin ist auch das Weisungsrecht des Minister gegenüber den nachgeordneten Behörden ein im demokratischen Verfassungsstaat gefordertes Strukturelement103. Auf Grund einiger gesetzlicher Ausnahmen können bestimmte Verwaltungsträger ihre Zuständigkeit zu Lasten anderer ausweiten (Kompetenz-Kompetenz), wie z. B. in einigen Bundesländern die Landkreise 104 und in Rheinland-Pfalz die Verbandsgemeinden105 gegenüber den Gemeinden. Sind mehrere Behörden der Auffassung, daß sie zur Erfüllung einer Aufgabe 46 zuständig seien, spricht man von einem positiven Kompetenzkonflikt; hält sich überhaupt keine Behörde für zuständig, so liegt ein negativer Kompetenzkonflikt vor. Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsstellen desselben Verwaltungsträgers können durch eine gemeinsame Aufsichtsbehörde entschieden werden. In 100

101

102 103

1M W!

Das gilt auch für die Zuständigkeit des einzelnen Amtswalters nach dem Organisationsplan der Behörde. Zum Ausschluß der Amtsführung wegen Beteiligt- oder Betroffenseins vgl. § 20 BVwVfG sowie oben Badura, Das Verwaltungsverfahren, § 38 Rn. 4 ff. Vgl. z. B. § 53 Abs. 1 und Abs. 2 PolG BW; § 6 Abs. 1 NWOBG; § 14 Abs. 1 POG NW; § 80 Abs. 3 PVG Rheinland-Pfalz. Wegen der örtlichen Zuständigkeit bei Gefahr im Verzug vgl. auch § 3 Abs. 4 BVwVfG. Zu den Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts: W. Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1988, § 69 Rn. 44. Zu staatlichem Selbsteintritt und kommunaler Selbstverwaltung vgl. Engel, DVB1. 1982, 757ff. BVerfGE 32, 199, 216 f.; 56, 111, 125. Brandner, DÖV 90, 966, will allerdings dieses formal uneingeschränkte Weisungsrecht auf die Fälle beschränken, in denen das tatsächliche Verhalten oder ein Rechtsfehler der nachgeordneten Behörde eine Weisung der vorgesetzten Behörde sachlich rechtfertigt oder gebietet. Eine solche restriktive Auslegung verhindere sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Wertungswidersprüche zu den eingeschränkten Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts. Vgl. z. B. § 2 Abs. 2 LKO BW; § 2 Abs. 2 S. 1 LKO Rheinland-Pfalz. § 67 Abs. 3 S. 1 GO Rheinland-Pfalz. 715

§ 5 6 IV 1

Walter Rudolf

besonderen Fällen von Organstreitigkeiten ist verwaltungsgerichtliche Entscheidung möglich 1 0 6 . Ein Kompetenzkonflikt zwischen Verwaltungsbehörden verschiedener Verwaltungsträger kann, falls vorhanden, von einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde, sonst nur gerichtlich entschieden werden. Da Verwaltungsträger und ihre Behörden nur im Rahmen ihrer Zuständigkeit handeln dürfen, ist es grundsätzlich nicht zulässig, daß eine Verwaltungsbehörde in Kompetenzen einer anderen eingreift. Daraus folgt aber nicht, daß Verwaltungsbehörden bei der Ausübung von Fiskaltätigkeit von der Befolgung allgemeiner Rechtsnormen befreit wären. Gegenüber nicht-hoheitlich handelnden Verwaltungsbehörden kann von hoheitlich tätigen Behörden zur Durchsetzung der Rechtsordnung eingegriffen werden. So sind Verwaltungsträger insoweit auch polizeipflichtig 107 . Auch bei der Ausübung hoheitlicher Zuständigkeiten haben sich Verwaltungsbehörden an alle ressortfremden, örtlich geltenden allgemeinen Gesetze und Rechtsverordnungen zu halten 1 0 8 . Hoheitsträger können einem Zustimmungsverfahren unterworfen werden, wie z. B. in Baurechtssachen nach einigen Landesbauordnungen 1 0 9 . Darüber hinaus gibt es Fälle, wo Verwaltungsbehörden und deren Amtswalter Anordnungen ressortfremder Behörden — sogar fremder Verwaltungsträger — Folge zu leisten haben. So unterliegen z. B. Bundeswehr und Bundesgrenzschutz den Anordnungen der Verkehrspolizei 110 . Ebenso hat ein von der Bundesbahn transportierter Truppenverband die Anordnungen des Bahnpersonals zu befolgen. Ein Eingriff in die rechtmäßig ausgeübte Kompetenz eines Hoheitsträgers durch eine ressortfremde Verwaltungsbehörde ist darin jedoch nicht zu erblicken. Vielmehr handelt es sich darum, daß eine für ein bestimmtes Sachgebiet zuständige Behörde auch anderen Hoheitsträgern Anweisungen erteilen kann, wenn diese in ihrem Ressort (Straßenverkehr, Eisenbahntransport) in Erscheinung treten. Diese Regelung gilt ganz allgemein für das Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander. Deshalb darf jede Polizeibehörde für die ihr anvertrauten Rechtsgüter im Rahmen ihrer Kompetenz und ihrer gesetzlichen Ermächtigung auch gegen andere Hoheitsträger einschreiten, sofern diese in der rechtmäßigen Ausübung der ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben nicht gehindert werden 1 1 1 , d. h. Übergriffe und Eingriffe in die fremde Kompetenz unterbleiben 1 1 2 . 106

107 108

]09 110 111 112

716

Kisker, Insichprozeß und Einheit der Verwaltung, 1968, S. 15 ff. und 38 ff.; Bethge, DVB1. 1980, 311 ff. Rudolf, Polizei gegen Hoheitsträger, 1965, S. 13 f.; Wolff/Bachof, VwR III, § 127 Id 5. BVerwGE 29, 52, 57 f.; Rudolf (Fn. 107), S. 15 ff.; R. Scholz, DVB1. 1968, 737; Wolff/ Bachof, VwR III, § 127 I d 5, mit weiteren Nachweisen. Z. B. § 75 NWBauO, § 69 Abs. 2 BWBauO. Sonderrechte gem. § 35 StVO. Rudolf (Fn. 107), S. 32. BVerwGE 29, 52, 59. Vgl. auch Reichl, DÖV 1967, 398; R. Scholz, DVB1. 1968, 738; W. Wagner, Die Polizeipflicht von Hoheitsträgern, 1971, S. 105 ff. (mit Differenzierung, ob es sich um Maßnahmen gegen Behörden des eigenen oder eines anderen Verwaltungsträgers handelt).

§56

Verwaltungsorganisation

IV 2

Nach herrschender Auffassung hat eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich kein subjektives Recht auf Kompetenz 1 1 3 . Ausnahmsweise wird jedoch einer Verwaltungsstelle, die besondere Interessen geltend zu machen hat ( K o n t r a s t o r gan), das Recht attestiert, einen Kompetenzstreit mit anderen Organen auszutragen 1 1 4 . Es gäbe nämlich „zwischen der bloß dienenden Kompetenz und dem rein partikularinteressennützigen subjektiven Recht offenbar vielerlei Zwischenstufen, die bislang noch nicht hinreichend und rechtssystematisch erfaßt worden sind" 1 1 5 .

2. Beziehungen innerhalb eines Verwaltungsträgers Innerhalb der Verwaltungsorganisation eines Verwaltungsträgers sind die einzelnen Verwaltungsstellen einander hierarchisch zugeordnet. Es besteht ein Überordnungsverhältnis höherer Verwaltungsbehörden über nachgeordnete Mittelund Unterbehörden.

Beispiel: Zentralstufe:

BUNDESANSTALT FÜR ARBEIT

Mittelstufe:

LANDESARBEITSAMT

Untere Stufe:

ARBEITSAMT

Das hierarchische System gilt jedoch nur innerhalb jeweils eines Zweiges der Verwaltung. Keine hierarchischen Beziehungen bestehen z. B. zwischen dem Kultusministerium als Behörde der Zentralstufe und dem Finanzamt als Behörde der unteren Stufe, weil das Finanzamt nicht dem Kultusministerium, sondern dem Finanzministerium zugeordnet ist. In der Zentralstufe sind die Behörden grundsätzlich gleichgeordnet. Dies gilt vor allem für die Ministerien. Meinungsverschiedenheiten zwischen Ministerien sind entweder durch Vermittlung eines interministeriellen Ausschusses, durch Kabinettsbeschluß oder, wenn dies verfassungsrechtlich zulässig ist, durch Entscheidung des Regierungschefs zu bereini-

113 114

ns

Vgl. etwa Rupp (Fn. 15), S. 99 f.; Forsthoff, VwR, S. 452. Kisker (Fn. 106), S. 38; Wolff/Bachof, VwR II, § 74 I f 1; Maurer (Fn. 65), § 21 Rn. 28 f. Nach der von einzelnen Autoren vertretenen Lehre von den „Organpersonen" wurden Befugnisse auch früher schon als subjektive Rechte qualifiziert. Vgl. etwa Preuss, Schmollers Jahrb. 26 (1902), 590; Goessl, Organstreitigkeiten innerhalb des Bundes, 1961, S. 54 ff.; Bethge, DV 1975, 459 ff. Kisker (Fn. 106), S. 58. Für eine Umpolung organschaftlich zugeordneter Kompetenzen in eigene subjektive Rechte der Organe Bethge, DVB1. 1980, 312 f. und 825; vgl. aber auch Böckenförde (Fn. 16), S. 303. 717

47

§ 5 6 IV 2

Walter Rudolf

gen. Dem Regierungschef und seinem Apparat obliegt die Koordination der Regierung und damit auch der Ministerien sowie die Prioritätensetzung 116 . 48 Jede Verwaltung kann den ihr nachgeordneten Verwaltungsstellen sowohl generelle als auch in einer konkreten Angelegenheit spezielle Anordnungen erteilen. Damit verbunden ist die Befugnis, die nachgeordneten Behörden zu beaufsichtigen 117 . Mit der Fachaufsicht können Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit von Entscheidungen nachgeordneter Behörden überprüft werden. Zu unterscheiden ist davon die Dienstaufsicht, die eine allgemeine Behördenaufsicht über nachgeordnete Verwaltungsstellen desselben Ressorts darstellt und im wesentlichen Personalaufsicht ist. So steht die Dienstaufsicht über den Regierungspräsidenten dem Innenminister zu, während sich die Fachaufsicht jeweils nach den vom Regierungspräsidenten zu erledigenden Angelegenheiten richtet, so daß z. B. in Polizeiangelegenheiten der Innenminister, in Verkehrssachen der Verkehrsminister und in Schulangelegenheiten der Kultusminister die Fachaufsicht ausübt. 49 Die Verwaltung eines Verwaltungsträgers kann konzentriert oder dekonzentriert organisiert sein. Von Konzentration der Verwaltung spricht man, wenn möglichst viele Zuständigkeiten bei einer Verwaltungsbehörde zusammengefaßt sind. Mit Dekonzentration wird die Verteilung von Kompetenzen auf mehrere Verwaltungsbehörden bezeichnet. Konzentration bzw. Dekonzentration ist sowohl vertikal als auch horizontal möglich. Vertikale Konzentration bedeutet eine Zusammenfassung von Kompetenzen in zentralen Verwaltungseinrichtungen, während bei der vertikalen Dekonzentration die Kompetenzen bei Mittel- und Unterbehörden angesiedelt werden. Beispiel: Vertikale Konzentration (Kompetenzverlagerung nach oben)

OBERBEHÖRDE MITTELBEHÖRDE UNTERBEHÖRDE

Vertikale Dekonzentration (Kompetenzverlagerung nach unten)

Für eine vertikale Konzentration von Verwaltungsaufgaben, also eine Kompetenzverlagerung nach oben, sprechen leichtere Durchsetzbarkeit des politischen Willens der Zentrale, Gleichmäßigkeit des Verwaltungsvollzuges und bessere sachliche Arbeitsteilung. Nachteile einer vertikalen Konzentration sind die Gefahr der Überdimensionierung der Oberbehörde, womit Reibungsverluste durch Koordinationserfordernisse innerhalb der Behörde entstehen, und Ortsferne der Verwaltung. Ob eine Verwaltung besser vertikal konzentriert oder dekonzentriert

1,6

117

718

Vgl. die Beiträge bei Siedentopf (Hrsg.), Regierungspolitik und Koordination, 1976, insbesondere Schnur, ebenda, S. 59 ff., und Lepper, ebenda, S. 433 ff. Z u r Aufsicht vgl. Giere, in: Morstein Marx (Hrsg.), Verwaltung, 1965, S. 315 ff.

§ 5 6 IV 2

Verwaltungsorganisation

zu organisieren ist, läßt sich nicht generell beantworten, sondern hängt von den jeweiligen Verwaltungsaufgaben und anderen Umständen ab. Bei der horizontalen Konzentration handelt es sich um die Zusammenfassung von Kompetenzen bei einer Behörde in einem bestimmten Bezirk. Werden für einen Verwaltungsbezirk die Kompetenzen auf mehrere Behörden aufgeteilt, spricht man von horizontaler Dekonzentration. Eine (relative) Konzentration existiert gegenwärtig für die Mittelbehörden der allgemeinen inneren Verwaltung (Bezirksregierungen, Regierungspräsidenten). Beispiel einer horizontalen Dekonzentration in der Zentral- und und einer horizontalen Konzentration in der Mittelinstanz: OBERBEHÖRDE

OBERBEHÖRDE

Unterinstanz

OBERBEHÖRDE

MITTELBEHÖRDE UNTERBEHÖRDE

UNTERBEHÖRDE

UNTERBEHÖRDE

Für eine horizontale Konzentration spricht die für den Bürger überschaubare Einheit der Verwaltung in einem Bezirk. Der mögliche Nachteil ist auch hier die Überdimensionierung der Behörde118. Ein mit der Dekonzentration zusammenhängendes organisatorisches Problem 50 ist das der richtigen Größe von Verwaltungsbezirken und ihrer Abgrenzung voneinander119. Der gegenwärtig zu beobachtende Hang zur Vergrößerung von Verwaltungsbezirken birgt durchaus auch Gefahren. Je größer ein Verwaltungsbezirk ist, desto größer ist der Grad der Bürokratisierung seiner Verwaltung. Werden bei der Abgrenzung von Verwaltungsbezirken nur wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt, die historische Entwicklung und besondere geographische Umstände aber völlig außer acht gelassen, ist in der Regel mit einem Nachlassen der Verwaltungsleistung zu rechnen. Eine schematische Beurteilung ist bei der Festlegung der Größe von Verwaltungsbezirken deshalb grundsätzlich fehl am Platze120. Das gilt auch für die Vereinheitlichung von Verwaltungsgren-

118

115 120

Zur Konzentration und Dekonzentration vgl. Bericht der Sachverständigen-Kommission für die Vereinfachung der Verwaltung beim Bundesminister des Inneren, 1960, S. 30ff.; Meyer (Fn. 78), S. 223 ff.; Ublitz, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 248 ff. Zur Entwicklung, Gestaltung und Durchsetzung von Regierungspolitik und den Einrichtungen und Verfahren der Koordination vgl. Siedentopf (Fn. 116). Dazu: Thieme (Fn. 77), Rn. 258 ff., und das ebenda genannte Schrifttum. Das gilt auch für den Gesichtspunkt der administrativen Leistungsfähigkeit bei der Neugliederung der Länder gemäß Art. 29 Abs. 1 GG. Einige der von der Sachverständigen-Kommission für die Neugliederung des Bundesgebietes aufgestellten Kriterien für 719

§ 5 6 IV 3

Walter Rudolf

zen. Zwar ist es grundsätzlich zu begrüßen, wenn sich der räumliche Kompetenzbereich der verschiedenen Behörden deckt, also mit dem räumlichen Kompetenzbereich der Behörden der allgemeinen inneren Verwaltung zusammenfällt, doch kann es aus unterschiedlichen Gründen notwendig sein, Verwaltungsbezirke für einzelne Behörden anders abzugrenzen121. 3. Beziehungen

zwischen

verschiedenen

Verwaltungsträgern

Werden Verwaltungskompetenzen vom Staat auf selbständige Verwaltungsträger übertragen, spricht man von Dezentralisation. Je mehr Kompetenzen der unmittelbaren Staatsverwaltung gegeben werden, desto stärker ist ein Staat zentralisiert. Die Verwaltung der Bundesrepublik zeichnet sich durch einen hohen Grad von Dezentralisation aus, wofür vor allem die in Art. 28 Abs. 2 GG vorgeschriebene kommunale Selbstverwaltung ursächlich ist. Dazu kommt noch die Dezentralisation infolge der Teilung der Staatsgewalt zwischen Bund und Ländern 122 . Dezentralisierte Verwaltung wird dadurch gekennzeichnet, daß grundsätzlich kein hierarchisches Verhältnis zwischen staatlichen Behörden einerseits und Behörden von selbständigen Verwaltungsträgern andererseits besteht. Das gilt auch für das Verhältnis von Bundes- und Landesbehörden zueinander. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht dann, wenn es sich um teilrechtsfähige Gebilde handelt, die administrativ mit der staatlichen Verwaltung verzahnt sind, etwa im Falle der Organleihe. Auch unterliegen die von der öffentlichen Verwaltung geschaffenen juristischen Personen des Privatrechts der Disposition der zuständigen Verwaltungsbehörde im Rahmen ihrer Kompetenz. Schließlich besteht ein Weisungsrecht des Staates gegenüber Verwaltungsträgern der mittelbaren Staatsverwaltung, wenn diese durch ihre Einrichtungen Aufgaben des Staates im Auftrag oder auf Weisung ausführen. 52 Wird eine Angelegenheit von einer Verwaltungseinrichtung eines Verwaltungsträgers der mittelbaren Staatsverwaltung im Auftrag oder auf Weisung des Staates administriert, übt die zuständige Aufsichtsbehörde des Staates insoweit Fachaufsicht aus. Ein Weisungsrecht besteht auch im Falle der Bundesauftragsverwaltung der Länder gemäß Art. 85 GG. Weisungsbefugt sind jedoch nur die 51

121 122

720

Funktionsgrößen (Bericht der Sachverständigen-Kommission für die Neugliederung des Bundesgebietes, Vorschläge zur Neugliederung, 1973, S. 82 ff.) lassen erkennen, daß die meisten Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen nicht den Anforderungen genügen würden, die an ein Bundesland zu stellen sind. Vgl. dazu die kritischen Bemerkungen in den Beiträgen zur Neugliederung in DÖV 1974, lff. Beispiel: Bezirk eines Postamts. Dazu: Zur Struktur der deutschen Verwaltung - Föderalismus und Probleme der Zentralisation und Dezentralisation, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 33, 1967. Vgl. allgemein Wagener (Hrsg.) (Fn. 19); zum Abbau politischer Konfliktüberlastung durch Dezentralisierung: Kisker, ebenda, S. 73 ff. Zur Frage der Anerkennung eines Hoheitsaktes eines Bundeslandes in einem anderen vgl. Bleckmann, NVwZ 1986, lff.

§57 I

Verwaltungsorganisation

zuständigen obersten Bundesbehörden und Weisungsempfänger in der Regel nur die obersten Landesbehörden123. Handelt es sich um Selbstverwaltungsaufgaben, so ist grundsätzlich nur 53 Rechtsaufsicht des Staates möglich, d. h. Aufsicht über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns des beaufsichtigten Verwaltungsträgers124. Beaufsichtigungsobjekt sind nicht etwa die Verwaltungsbehörden, geschweige denn die einzelnen Amtswalter des selbständigen Verwaltungsträgers, sondern dieser selbst. Von dem Selbstverwaltungsträger entliehene Staatsorgane können aber vom Staate hierarchisch geleitet werden, wie z. B. der an die Kommunalverwaltung entliehene Oberkreisdirektor125. Freilich kann eine weitergehende Aufsicht dann zulässig sein, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, was hinsichtlich des Finanzgebarens nicht selten der Fall ist. So unterstehen z. B. die Studentenwerke in Rheinland-Pfalz als Anstalten des öffentlichen Rechts bei der Personal-, Haushalts- und Vermögensverwaltung nicht nur der Rechts-, sondern auch der Fachaufsicht des Kultusministers126. Alle Behörden des Bundes und der Länder einschließlich derjenigen der mittelbaren Staatsverwaltung haben sich gegenseitig Amtshilfe zu leisten (Art. 35 Abs. 1 GG) 127 .

§ 57 Überblick über die Verwaltungsorganisation in Bund, Ländern und Gemeinden I. Bundesverwaltung Die Bundesverwaltung ist auf Grund der verfassungsrechtlichen Kompetenz- 1 Verteilung zwischen Bund und Ländern verhältnismäßig stark vertikal konzentriert. Es gibt recht viele Bundesbehörden auf der Zentralstufe, aber nur verhältnismäßig wenige auf der Mittel- und Unterstufe. Neben der unmittelbaren Bundesverwaltung gibt es eine ziemlich stark ausgebaute mittelbare Verwaltung des Bundes durch Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts 1 . 123 124

125

126 127

1

Dazu: Schäfer, D Ö V 1960, 641ff., sowie die Kommentarliteratur zu Art. 85 GG. Dazu: Salzwedel, Staatsaufsicht in der Verwaltung, VVDStRL 22 (1965), 206 ff. Zur Aufsicht der Landesverwaltung durch den Bund vgl. Frowein, Die selbständige Bundesaufsicht nach dem Grundgesetz, 1961, sowie die Kommentarliteratur zu Art. 84 GG. Baumann, Die allgemeine untere staatliche Verwaltungsbehörde im Landkreis, 1967, S. 35 ff.; W. Weber, Der Staat in der unteren Verwaltungsinstanz, 1964, S. 13 ff. § 114 Abs. 1 HochSchG Rheinland-Pfalz. Vgl. § 4 BVwVfG sowie oben Badura, Das Verwaltungsverfahren, § 4 0 R n . 3 4 f f . Zum Anwendungsbereich der Amtshilfevorschriften s. Schnapp, DVB1. 1987, 561 ff. Das Gesetz spricht von bundesunmittelbaren Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Vgl. Art. 87 Abs. 2 und 3 S. 1 GG. — Zur Bundesverwaltung vgl. 721

§57

I1

Walter Rudolf

1. Unmittelbare 2

Bundesverwaltung

Im Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung wird auf der Zentralstufe zwischen obersten Bundesbehörden und Bundesoberbehörden unterschieden. Letzteren sind die nicht-rechtsfähigen Bundesanstalten gleichgestellt, da sie unmittelbar einem Bundesminister nachgeordnet sind. Oberste Bundesbehörden sind diejenigen, denen Verfassungsrang zukommt. Neben ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag nach dem Grundgesetz haben sie Verwaltungsaufgaben zu erfüllen und können, wie manche Bundesministerien, sogar an der Spitze einer stark ausgebauten Verwaltungshierarchie von nachgeordneten Behörden stehen. Oberste Bundesbehörden sind der Bundespräsident mit dem Bundespräsidialamt, das Präsidium des Bundestages mit der Bundestagsverwaltung2, der Bundesrat3, der Bundeskanzler mit dem Bundeskanzleramt, die Bundesministerien, das Bundesverfassungsgericht4, der Bundesrechnungshof5 und die Bundesbank. Die Zahl der Bundesministerien und die Abgrenzung ihrer Zuständigkeiten wird durch Organisationserlaß des Bundeskanzlers bestimmt. Werden Geschäftsbereiche von Bundesministern neu abgegrenzt, so gehen die in Gesetzen und Rechtsverordnungen einem Bundesminister zugewiesenen Zuständigkeiten auf den nach der Neuabgrenzung zuständigen Bundesminister über 6 . Derzeit bestehen 18 Bundesministerien, nämlich Auswärtiges Amt, BM des Inneren, BM der Justiz, BM der Finanzen, BM für Wirtschaft, BM der Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, BM für Arbeit und Sozialordnung, BM der Verteidigung, BM für Familie und Senioren, BM für Frauen und Jugend, BM für Gesundheit, BM für Verkehr, BM für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BM für Post und Telekommunikation, BM für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BM für Forschung und Technologie, BM für Bildung und Wissenschaft, BM für wirtschaftl. Zusammenarbeit. Der Chef des Bundeskanzleramts ist derzeit ebenfalls ein Bundesminister.

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3

4

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einführend Ktrschenmann, JuS 1977,565 ff., sowie zur Lage nach 30 Jahren Grundgesetz Hartkopf, DÖV 1979, 349 ff. Die Bundestagsverwaltung wird vom Präsidium des Bundestages, insbesondere vom Präsidenten des Bundestages geleitet. Oberster Verwaltungsbeamter ist der Direktor des Bundestages. Die Verwaltung wird vom Präsidenten des Bundesrats geleitet. Oberster Verwaltungsbeamter ist der Direktor des Bundesrats. Die Verwaltung des Bundesverfassungsgerichts wird von dessen Präsidenten geleitet. Oberster Beamter ist der Direktor beim Bundesverfassungsgericht, dem der Wissenschaftliche Hilfsdienst und die allgemeine Verwaltung unterstehen. Reger, Verwaltung und Rechnungshof, BayVBl. 1963, 329 ff.; Bochmann, Der Bundesrechnungshof, 1967; Tiemann, Die staatsrechtliche Stellung der Finanzkontrolle des Bundes, 1974; Stern, Bundesrechnungshof und Finanzkontrolle aus verfassungsrechtlicher Sicht, DÖV 90, 261. Der Bundeskanzler weist auf die Zuständigkeitsänderung und den Zeitpunkt des Übergangs im Bundesgesetzblatt hin. § 56 ZuständigkeitsanpassungsG vom 18. 3. 1975 (BGBl. I S. 705).

Verwaltungsorganisation

§57

I1

Bundesoberbehörden sind Verwaltungsstellen, die aus den Ministerien ausge- 3 gliedert und als selbständige Behörden eingerichtet sind. Sie haben keinen Verwaltungsunterbau, können aber unselbständige detachierte Außenstellen einrichten. Bundesoberbehörden von der Größe eines großen oder mittleren Bundesministeriums sind das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, das Statistische Bundesamt (in Wiesbaden), das Bundeskriminalamt (in Wiesbaden), das Bundesverwaltungsamt (in Köln), das Deutsche Patentamt (in München), das Kraftfahrt-Bundesamt (in Flensburg), der Deutsche Wetterdienst (in Offenbach), das Bundesgesundheitsamt (in Berlin) und das Bundesamt für Zivilschutz (in Bonn). Kleinere Bundesoberbehörden sind z. B. das Umweltbundesamt und das Bundeskartellamt (beide in Berlin). Nicht-rechtsfähige Bundesanstalten, die einem Bundesministerium unmittel- 4 bar nachgeordnet sind, sind ebenfalls zentrale Verwaltungsbehörden der unmittelbaren Bundesverwaltung. Von ihnen entspricht die Physikalisch-Technische Bundesanstalt ihrer Größe nach einem großen, die Bundesanstalt für Materialprüfung einem mittleren Bundesministerium. Die dem Bundesminister für Verkehr nachgeordnete Bundesanstalt für Flugsicherung übertrifft an Personal sogar jedes Bundesministerium. Kleinere nachgeordnete Anstalten sind etwa die Deutschen Historischen Institute in Rom und Paris und das Kunsthistorische Institut in Florenz, die sämtlich dem Bundesminister für Forschung und Technologie nachgeordnet sind 7 . Einen eigenen Verwaltungsunterbau besitzt der Bund gemäß Art. 87 Abs. 1 G G 5 nur für den Auswärtigen Dienst, für die Bundesfinanzverwaltung, die Bundeswasserstraßen- und Schiffahrtsverwaltung, die Bundespost, die Bundesbahn und für den Bundesgrenzschutz. Dem Auswärtigen Amt nachgeordnet sind die Vertretungen des Bundes im Ausland (Botschaften, Gesandtschaften, Generalkonsulate, Konsulate) und das Deutsche Archäologische Institut in Berlin 8 . Dem Bundesminister der Finanzen nachgeordnet sind 15 Oberfinanzdirektionen als Mittelbehörden. Sie sind gleichzeitig auch Behörden der Länder. Der Leiter einer Oberfinanzdirektion (Oberfinanzpräsident) ist sowohl Bundes- als auch Landesbeamter 9 , während die Abteilungen entweder Teil der Bundesbehörde oder Teil der Landesbehörde Oberfinanzdirektion sind. Unterbehörden der Finanzverwaltung des Bundes sind vor allem die Hauptzollämter, Zollfahndungsämter, Bundesvermögensämter und die Bundesforstämter 10 . Die Bundeswasserstraßen Verwaltung

Die zentralen nichtministeriellen Organisationseinheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung sind genannt bei B. Becker, öffentliche Verwaltung, 1989, § 17, 2 Abb. 34 (S. 293 ff.), Stand 1987. 8 Dieses ist dekonzentriert in die Römisch-Germanische Kommission Frankfurt, die Kommission für alte Geschichte und Epigraphik München, die Kommission für allgemeine vergleichende Archäologie Bonn und die Abteilungen Rom, Athen, Istanbul, Madrid, Kairo, Bagdad, Sanaa, Damaskus und Teheran. » § 9 Abs. 2 S. 1 FinVwG. 10 Dem Bund gehören 23 Forsten unter der Verwaltung je eines Bundesforstamtes. 7

723

§57 I1

Walter Rudolf

untersteht dem Bundesminister für Verkehr und gliedert sich in Wasser- und Schiffahrtsdirektionen als Mittelbehörden und Wasserstraßenämter als untere Behörden. Außerdem besitzt der Bund Verwaltungen mit Verwaltungsunterbau für die Streitkräfte (Art. 87 a GG) und für die Bundeswehrverwaltung (Art. 87 b GG) 1 1 . Diese ist dem Bundesminister für Verteidigung nachgeordnet und gliedert sich territorial in 6 Wehrbereichsverwaltungen als Mittelbehörden und ihnen nachgeordnete untere Behörden, darunter die Standortverwaltungen12. Der wehrtechnische Bereich und die Streitkräfte besitzen eine eigene Verwaltungsorganisation 13 . Eine Bundesoberbehörde mit eigenem Verwaltungsunterbau, aber ohne Mittelbehörden ist das Bundeswehrverwaltungsamt, das eigene Bundeswehrverwaltungsstellen im Ausland als selbständige untere Verwaltungsbehörden hat. 6 Eine gewisse Sonderstellung innerhalb der Organisation der Bundesverwaltung nimmt die Deutsche Bundespost ein. Sie wird als öffentlich-rechtliche Anstalt angesehen14, die einerseits in hoheitlicher Hinsicht als Zweig der unmittelbaren Bundesverwaltung vom Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen und in unternehmerischer Hinsicht vom Direktorium der Deutschen Bundespost15 geleitet wird. Das Personal der Bundespost besteht aus Bediensteten des Bundes. Im Rechtsverkehr können die Bundespost und die Unternehmen der Bundespost unter ihrem Namen handeln, klagen und verklagt werden16. Das dem Post- und Fernmeldewesen gewidmete und bei seiner Verwaltung erworbene Bundesvermögen wird als Sondervermögen, gegliedert in die Teilsondervermögen POSTDIENST, POSTBANK und TELEKOM mit eigener Haushalts- und Rechnungsführung verwaltet. Es dient lediglich der Fungibilität der Bundespost zur Steigerung ihrer Effektivität 17 . Die Bundespost besitzt einen umfangreichen Verwaltungsunterbau mit Behörden der Mittelstufe (z. B. Oberpostdirektionen) und unteren Behörden (z. B. Postämter). Die ehemalige Post der DDR wurde nach Art. 27 des Einigungsvertrages am 03. 10. 1990 mit der Deutschen Bundespost vereinigt; die Aufteilung des Sondervermögens Deutsche Post auf die 3 Unternehmen der Deutschen Bundespost regelt der Bundespostminister. 7

Die Deutsche Bundesbahn unterscheidet sich von der Bundespost dadurch, daß sie nicht unter Leitung eines Bundesministers steht, sondern nur vom Bundesminister für Verkehr beaufsichtigt wird. Leitungsorgan der Bundesbahn

11 12 13 14 15 16 17

724

Dazu Rauschning, in: I. v. Münch, Bes. VwR, 13. Abschn. Vgl. Rauschning (Fn. 11), 13. Abschn. II 2. Zu der Verwaltung der Streitkräfte vgl. Rauschning (Fn. 11), 13. Abschn. II 2 - 4 . Kämmerer, DVB1. 1966, 399 f.; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 9 8 Rn. 12. Zusammensetzung: § 7 PostVerfG. Aufgaben: § 8 PostVerfG. § 5 PostVerfG. Kämmerer, DVB1. 1966, 400; zur Neustrukturierung der Deutschen Bundespost vgl.: Stollberg, in: Das Deutsche Bundesrecht (Kommentar zum PostVerfG); Grämlich, VR 90, 86 ff.; Schatzschneider, N J W 89, 2371 ff.; Büchner, JA 90, 194, 198.

§57

Verwaltungsorganisation

12

ist der Vorstand, der von einem 20-köpfigen Verwaltungsrat unterstützt wird 18 . Ihrer Rechtsform nach ist die Bundesbahn ein von der Bundesrepublik verwaltetes Sondervermögen mit eigener Wirtschafts- und Rechnungsführung19. Sie besitzt Rechtsfähigkeit im privaten Rechtsverkehr 20 und wird deshalb als teilrechtsfähige Anstalt qualifiziert21. Gegliedert ist sie in Mittelbehörden (z. B. Bundesbahndirektionen) und Behörden der Unterstufe (z. B. Bahnbetriebsämter). Das Vermögen der Deutschen Reichsbahn ging ebenso wie die Verbindlichkeiten und Forderungen aufgrund Art. 26 des Einigungsvertrages in die Hand der Bundesrepublik über. Dem Bundesgrenzschutz, der dem Bundesminister des Inneren untersteht22, 8 obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes, soweit nicht die badenwürttembergische Landespolizei, die bayerische Grenzpolizei und die bremische oder hamburgische Wasserschutzpolizei in ihrem Zuständigkeitsbereich diese Aufgabe wahrnehmen23. Die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs (z. B. Paßnachschau) wird jedoch an den meisten Grenzübergängen von den Zollbehörden durchgeführt24. Weitere Aufgaben sind dem Bundesgrenzschutz durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes übertragen. Bundesgrenzschutzbehörden sind als Mittelbehörden z. B. die Grenzschutzkommandos und als Unterbehörden die Grenzschutzämter25.

2. Bundesmittelbare

Verwaltung

Als bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts sind vor 9 allem diejenigen sozialen Versicherungsträger zu führen, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (Art. 87 Abs. 2 GG). An erster Stelle ist hier die Bundesanstalt für Arbeit26 (in Nürnberg) zu nennen, Zum Vorstand vgl. §§ 8 ff. BBahnG; zum Verwaltungsrat: §§ 10 ff. BBahnG. Zur Änderung des BBahnG vom 22. 12. 1981 vgl. Battis, ZBR 1982, 37ff.; Fromm, BB 1982, 264 ff.; Finger, DÖV 85, 227 ff.; Schmidt-Aßmann/Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, 1986. " § 1 BBahnG. 20 § 2 Abs. 1 BBahnG. 21 So von Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 98 Rn. 20; vgl. auch Fromm, BB 1966, 297 ff.; BVerwG 64, 202 (205). 22 § 42 Abs. 1 BGSG. Zum Bundesgrenzschutz vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, § 5 Nr. 1 b); allgemein zu Organisation und Umfang der polizeilichen Kompetenzen des Bundes vgl. ß. Becker, DVB1. 1977, 945 ff. 23 § 1 Nr. 1 und § 63 BGSG. Vgl. Wehrl, Die Polizei, 1962, S. 21. Zu den Aufgaben und der Rechtsstellung der Bayerischen Grenzpolizei siehe Köhler, BayVBl. 1985, 673 ff. 24 § 62 BGSG. 25 § 43 Abs. 1 BGSG. 26 Dazu Ruhland, in: l. v. Münch, Bes. VwR, 5. Abschn. V 1; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 100 Rn. 1 ff. 18

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§57

12

Walter Rudolf

die einen eigenen Verwaltungsunterbau mit Landesarbeitsämtern in der Mittelstufe und Arbeitsämtern als untere Verwaltungsbehörden besitzt. Der Versicherungsträger der Bergleute, die Bundesknappschaft (in Bochum), wird als Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt27. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (in Berlin) und die Berufsgenossenschaften haben die Rechtsform von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Landesversicherungsanstalten sind demgegenüber Verwaltungsträger der Länder mit Ausnahme der länderübergreifenden Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen, die zur bundesmittelbaren Verwaltung gehört. Außerdem hat der Bund bundesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts gemäß Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG als Träger mittelbarer Bundesverwaltung errichtet. Unter ihnen nehmen die Rundfunkanstalten des Bundes wegen ihrer weitreichenden Selbstverwaltung eine besondere Stellung ein. Bundesrundfunkanstalten sind die für den Auslandsdienst zuständige „Deutsche Welle" und der „Deutschlandfunk" 28 . Die gemäß Art. 88 GG errichtete Bundesbank ist als juristische Person des öffentlichen Rechts 29 ebenfalls Teil der mittelbaren Bundesverwaltung30. Im Gegensatz zu allen übrigen durch die Ministerverantwortlichkeit unmittelbar oder mittelbar parlamentarischer Kontrolle unterworfenen Verwaltungseinrichtungen des Bundes besitzt die Bundesbank einen Parlaments- und regierungsfreien, unkontrollierten, autonomen Verwaltungsbereich31. Einen Verwaltungsunterbau aus selbständigen Behörden hat die Bundesbank nicht 32 . Die Landeszentralbanken sind Abteilungen der Bundesbank, und auch die Hauptstellen und weitere Untergliederungen sind deren unselbständige Teile.

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Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 96 Rn. 30. Lerche, Zum Kompetenzbereich des Deutschlandfunks, 1963; Herrmann, AöR 90 (1965), 293f.; Leisner, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Rechtsstaat, 1966, S. 108 ff.; Brack, Organisation und wirtschaftliche Grundlagen des Hörfunks und des Fernsehens in Deutschland, 1968, S. 17; Ossenbübl, Rundfunkfreiheit und die Finanzautonomie des Deutschlandfunks, 1969, S. 3 ff.; Rudolf, in: 1. v.Münch, Bes. VwR, 12. Abschn. III 2. § 2 Satz 1 BBankG. Zur Organisation der Bundesbank vgl. Seeck/Steffens, Die Deutsche Bundesbank, 4. Aufl. 1979; Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 114 f. und die Nachweise bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, zu Art. 88. Uhlenbruck, Die verfassungsmäßige Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank und ihre Grenzen, 1968; Brohm (Fn. 30), S. 114ff.; Dahlgrün, in: Demokratie und Verwaltung, 1972, S. 323 ff; W. Schmidt, Der Staat, Beiheft 5 (1981), 61 ff.; Papier, ebenda, 109 ff.; Hahn, BayVBl. 1982, 33 ff., 70 ff. Der Behördencharakter des Unterbaus der Bundesbank wird vom Bundesverfassungsgericht offengelassen. Das Bundesverfassungsgericht hat nur festgestellt, daß die Bundesbank mit Mittel- und Unterbehörden errichtet werden konnte (vgl. BVerfGE 14, 197, 215).

Verwaltungsorganisation

§57

111

II. Landesverwaltung Auch in den Ländern ist zwischen unmittelbarer und mittelbarer Staatsverwal- 1 0 tung zu trennen. Hier spielt die mittelbare Staatsverwaltung wegen der kommunalen Selbstverwaltung eine besonders große Rolle. Keine Trennung von staatlicher und gemeindlicher Verwaltung gibt es in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, ausgenommen die Kommunalverwaltung der bremischen Stadt Bremerhaven 33 . Die Verwaltungsorganisation der Stadtstaaten ist in ihren Grundzügen bereits durch deren Verfassungen detaillierter geregelt. Der Stadtstaatcharakter bedingt, daß zu der Verwaltungsorganisation der übrigen Länder erhebliche Unterschiede bestehen.

1. Unmittelbare

Landesverwaltung

Ebenso wie im Bund ist auch auf der Zentralstufe der Landesverwaltung 11 zwischen obersten Landesbehörden und Landesoberbehörden zu unterscheiden. Oberste Landesbehörden sind die Landesregierung (in Bayern: Staatsregierung), der Ministerpräsident mit der Staatskanzlei (in Baden-Württemberg: Staatsministerium) 34 , die Ministerien, der Landtagspräsident, der Landesrechnungshof und in Hessen zusätzlich das Landespersonalamt. Oberbehörden spielen in den Ländern nicht die Rolle wie im Bunde. Solche Landesoberbehörden sind etwa die Statistischen Landesämter, die Landeskriminalämter und die Landesversicherungsanstalten 35 . Auf der Mittel- und Unterstufe bestehen zwischen den einzelnen Ländern 1 2 Unterschiede in der Verwaltungsorganisation. In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gibt es einen

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Wolff/Bachof, VwR II, § 83 II; Wolff/Bachof! Stober, § 87 Rn. 71. Zu den Stadtstaaten vgl. Wolff/Bachof, VwR II, § 83 II; Thieme, Verwaltungslehre, 4. Aufl. 1984, Rn. 347 f. und 532; Püttner, Verwaltungslehre, 2. Aufl. 1989, 104 f. Zu Berlin: Püttner, DÖV 1969, 829 ff.; Machalet, in: HKWP., 2. Aufl., Bd. 2, 1982, S. 264 ff.; zu Hamburg: H. P. lpsen, Hamburgs Verfassung und Verwaltung, 1956, S. 337 ff.; U. Becker/G. Schneider, in: HKWP., 2. Aufl., Bd. 2, 1982, S. 285 ff.; zu Bremen: Heise, in: HKWP., 2. Aufl., Bd. 2, 1982, S. 310 ff. - Zur Stadtstaatenklausel in Bundesgesetzen vgl. Kirchhof, DÖV 1983, 798 ff. - Zur Lage der Länderverwaltung vgl. Schnoor, DÖV 1979, 355 ff. Eine umfassende Gesamtdarstellung der Länderverwaltung liefert R. Wahl, Die Organisation und Entwicklung der Verwaltung in den Ländern, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, 5. Bd. (1987), 208 ff. Vgl. die Beiträge in: Die Staatskanzlei: Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise auf vergleichender Grundlage, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 34, 1967; zur Staatskanzlei (Hessen) vgl. Borchmann, VR 90, 130. Zu den Ministerien und den Grundsätzen für die Geschäftsverteilung und Organisation vgl. Laux, DÖV 1986, 1 ff. Für Nordrhein-Westfalen vgl. das Schema über den Aufbau der Landesbehörden, unten Anlage 3.

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§57

13

II 1

Walter Rudolf

dreistufigen Behördenaufbau, während im Saarland 3 6 und in Schleswig-Holstein 37 die Mittelstufe fehlt. Die mittleren Landesbehörden haben vor allem die Aufgabe, die zentralen Behörden zu entlasten und die nachgeordneten Behörden zu koordinieren, sowie die Aufsicht über nachgeordnete Behörden und Selbstverwaltungsträger auszuüben. Für die Mittelstufe besteht weitgehend der Grundsatz der Einheit der Verwaltung, d. h. eine horizontale Konzentration bei der Verwaltungsbehörde des Regierungsbezirkes 38 . Die Regierungsbezirke sind in den einzelnen Ländern nach Bevölkerungszahl und Fläche nicht mehr ganz so unterschiedlich wie vor der Gebietsreform. Baden-Württemberg39 gliedert sich in 4 Regierungsbezirke (Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen) 4 0 . Bayern41 ist in 7 Regierungsbezirke (Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken und Schwaben) eingeteilt. In Hessen42 gibt es 3 Regierungsbezirke (Darmstadt, Gießen und Kassel). Aufsichtsbehörde der Städte Frankfurt und Wiesbaden ist nicht der Regierungspräsident in Darmstadt, sondern der Minister des Inneren 43 . Niedersachsen44 besteht mit Wirkung vom 1. 2. 1978 aus 4 Regierungsbezirken (Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Weser-Ems). Nordrhein-Westfalen45 36

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Vgl. Gesetz Nr. 883 über die Organisation der Landesverwaltung (Landesorganisationsgesetz) i. d. F. vom 2. 7. 1969 (ABl. S. 445), zuletzt geändert am 28. 1. 1987 (ABl. S. 122). Vgl. auch Thieme, DVBl. 1958, 261 ff. Vgl. Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz) i. d. F. vom 19. 3. 1979 (GVOB1. S. 181), zuletzt geändert am 3. 10. 1986 (GVOBl. S. 209). Zu den Regierungsbezirken im Gesamtaufbau der Verwaltung vgl. Wagener, VerwArch. 73 (1982), 153 ff. Vgl. auch Loschelder, VerwArch. 48 (1957), 37 ff. Vgl. LandesverwaltungsG i. d. F. vom 2. 1. 1984 (GBl. S. 101), zuletzt geändert am 8. 1. 1990 (GBl. S. 1). Gem. § 25 KreisreformG vom 26.7. 1971 (GBl. S. 314) war die Abschaffung der Regierungspräsidien zum 1. 1. 1977 vorgesehen. Vgl. auch Rochleder, Verwaltung ohne Regierungspräsidien, BWVB1. 1970, 166 ff. § 25 KreisreformG wurde aber zwischenzeitlich aufgehoben. Vgl. Verordnung über die Errichtung der staatlichen Behörden i. d. F. vom 31. 3. 1954 (BayBS I S. 37). Vgl. auch Mang, in: Mang/Maunz! Mayer! Obermayer, Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, 4. Aufl. 1975, S. 113 ff. Vgl. Gesetz über die Mittelstufe der Verwaltung und den Landeswohlfahrtsverband Hessen vom 7. 5. 1953 (GVB1. S. 93), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. 12. 1987 (GVB1. 1987 I S. 225), sowie Gesetz zur Neuorganisation der Regierungsbezirke und der Landesplanung vom 15. 10. 1980 (GVB1. I S. 377). Vgl. auch Rasch, Die Verwaltungsorganisation in Hessen, in: v. Brauchitsch/Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. 1, 1. Halbband: Verwaltungsorganisation und Verwaltungsverfahren (bearbeitet von Rasch/Patzig), 1962, S. 428 ff. § 136 Abs. 1 HessGO. Vgl. Art. II und XIII des Achten Gesetzes zur Verwaltungs- und Gebietsreform vom 28. 6. 1977 (GVBl. S. 233), zuletzt geändert am 18. 11. 1984 (GVB1. S. 267). Vgl. Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung (Landesorganisationsgesetz) i. d. F. vom 10. 7. 1962 (GVNW S. 421), zuletzt geändert am 20. 10. 1987 (GVNW

§ 5 7 112

Verwaltungsorganisation

gliedert sich in 5 Regierungsbezirke (Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster). In Rheinland-Pfalz46 bestehen 3 Regierungsbezirke (Koblenz, Rheinhessen-Pfalz und Trier). Die untere Verwaltungsbehörde der allgemeinen staatlichen Verwaltung ist in 1 4 allen Ländern außer den Stadtstaaten auf der Ebene des Landkreises eingerichtet (Landrat, Landratsamt, Oberkreisdirektor)47. In kreisfreien Städten werden die Aufgaben der allgemeinen unteren staatlichen Verwaltungsbehörde in der Regel von den Gemeinden als übertragene Verwaltungsaufgaben administriert. Auch können größeren Gemeinden (z. B. den Großen Kreisstädten in Baden-Württemberg und Bayern oder den großen kreisangehörigen Städten in Rheinland-Pfalz) Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde übertragen werden. Neben der allgemeinen inneren Verwaltung gibt es in allen Ländern Sonderver- 15 waltungen mit eigenem Verwaltungsunterbau, z. B. die Landesfinanzverwaltung mit Mittel- und Unterbehörden (Oberfinanzdirektionen, Finanzämter) oder die Forstverwaltung mit Unterbehörden (Staatliche Forstämter). Außerdem bestehen auch in den Ländern Verwaltungseinrichtungen in der Form nicht-rechtsfähiger Anstalten, bei denen insgesamt ein nicht geringer Anteil des Verwaltungspersonals beschäftigt wird48.

2. Mittelbare

Landesverwaltung

Der wichtigste Bereich mittelbarer Landesverwaltung ist die Kommunalver- 16 waltung. Daneben spielt die Verwaltung durch andere Körperschaften und Anstalten sowie Stiftungen des öffentlichen Rechts eine erhebliche Rolle. Zu nennen sind hier vor allem die Kammern (Ärztekammern, Rechtsanwaltskammern, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern usw.), die Versicherungsträger des Landes (z. B. Landesversicherungsanstalten) und die öffentlich-rechtlichen Bank- und Kreditinstitute (z. B. die Landesbanken und Girozentralen) sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Hochschulen49.

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S. 366). Vgl. auch Rietdorf, in: Loschelder/Salzwedel (Hrsg.), Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 1964, S. 105 ff.; Achterberg in: Grimm/ Papier (Hrsg.), Nordrhein-Westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1986, S. 93 f. Gipp, in: Ley/Prümm (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Rheinland-Pfalz, 2. Aufl. 1990, S. 105, Rn. 42. Vgl. z. B. § 9 Abs. 2 LOG NW: „Untere Landesbehörden sind die Oberkreisdirektoren als untere staatliche Verwaltungsbehörden . . . " und § 4 7 Abs. 1 KrO NW: „Die Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde werden vom Oberkreisdirektor und vom Kreisausschuß wahrgenommen". Rietdorf (Fn. 45), S. 101, nennt für Nordrhein-Westfalen 16% der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Vgl. Kimminich, in: i. v. Münch, Bes. VwR, 11. Abschn.

729

§57

III

Walter Rudolf III. Kommunalverwaltung

17

G e m ä ß Art. 28 Abs. 2 G G ist den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung gewährleistet 5 0 . Die Regelung der Organisation der Kommunalverwaltung obliegt den Ländern insoweit, als die Verfassung der Gemeinden und Gemeindeverbände betroffen ist. Für die fünf neuen Länder bleibt allerdings entgegen der Kompetenzordnung des Grundgesetzes die noch von der Volkskammer der D D R verabschiedete Kommunalverfassung vom 17. 5. 1990 gemäß Art. 9 des Einigungsvertrages in Kraft. Abgesehen von den Stadtstaaten, die keine Trennung von Staats- und Selbstverwaltung k e n n e n s i , ist die Kommunalverwaltung durch die von den Ländern erlassenen Gemeindeordnungen 5 2 und Kreisordnungen 5 3 geregelt. Dazu kommen noch in einzelnen Ländern 50

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Zur Lage der kommunalen Selbstverwaltung vgl. Stern, in: Festschrift für Ludwig Fröhler, 1980, S. 473 ff.; Rommel, DÖV 1979, 362 ff.; Pappermann, DVB1. 1981, 1040ff.; nach dem Rastede-Beschluß des BVerfG, Scboch, VerwArch. 81 (1990), 18 ff. Vgl. die Ausnahme für Bremerhaven, das die unechte Magistratsverfassung mit Stadtverordnetenversammlung, Magistrat und Oberbürgermeister hat. Vgl. Wolff/Bachof/ Stober, VwR II, § 87 Rn. 71. Zur Stadtstaatenklausel in Bundesgesetzen siehe F. Kirchhof, DÖV 1983, 798 ff. Vgl. die Gemeindeordnungen für die fünf neuen Länder Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen: GO (Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR) vom 17.5. 1990 (GBl. DDR I, S. 255); Baden-Württemberg: GO vom 25. 7. 1955 (GBl. S. 129), i. d. F. vom 3. 10. 1983 (GBl. S. 578), zuletzt geändert am 18. 5. 1987 (GBl. S. 161); Bayern: CO vom 25. 1. 1952 (BayBS I S. 461), i.d.F. vom 11.9. 1989 (GVBl. S. 585); Hessen: GO i. d. F. vom 1. 4. 1981 (GVBl. I S. 66), zuletzt geändert am 21. 12.1988 (GVBl. I S. 419); Niedersachsen: GO i.d.F. vom 22. 6. 1982 (GVBl. S. 229), zuletzt geändert am 11. 9. 1989 (GVBl. S. 345); Nordrhein-Westfalen: GO vom 28. 10. 1952 (GSNW S. 179, 180), i. d. F. vom 13. 8. 1984 (GVNW S. 475), zuletzt geändert am 20. 6.1989 (GVNW S. 362); RheinlandPfalz: GO vom 14. 12. 1973 (GVBl. S. 419), zuletzt geändert am 5. 5.1986 (GVBl. S. 103); Saarland: GO (KSVG, Teil A) i. d. F. vom 18. 4. 1989 (ABl. S. 557); SchleswigHolstein: GO vom 24.1. 1950 (GVBl. S. 25), i. d. F. vom 2. 4. 1990 (GVOB1. S. 160). Die Gemeindeordnungen sind abgedruckt in dem Sammelwerk von Schmidt-Eichstaedt/ Stade/Borchmann (Bearb.), Die Gemeindeordnungen und die Kreisordnungen in der Bundesrepublik Deutschland, Loseblattwerk, Stand September 1989. Vgl. die Landkreisordnungen für die fünf neuen Länder: LKO (Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR) vom 17. 5. 1990, GBl. DDR I, S. 255 (265); Baden-Württemberg: LKO vom 10. 10. 1955 (GBl. S. 207), i. d. F. vom 19. 6. 1987 (GBl. S. 289), zuletzt geändert am 5. 12. 1988 (GVBl. S. 398); Bayern: LKO vom 16. 2. 1952 (BayBS I S. 515), i. d. F. vom 11. 9. 1989 (GVBl. S. 612); Hessen: LKO i.d.F. vom 1.4.1981 (GVBl. I S. 97), geändert am 16.6. 1988 (GVBl. I S. 235); Niedersachsen: LKO i. d. F. vom 22. 6. 1982 (GVBl. S. 256), zuletzt geändert am 26. 11. 1987 (GVBl. S. 214); Nordrhein-Westfalen: KrO vom 21. 7. 1953 (GSNW S. 208), i. d. F. vom 13. 8. 1984 (GVNW S. 497), zuletzt geändert am 6. 10. 1987 (GVNW S. 342); Rheinland-Pfalz: LKO vom 14. 12. 1973 (GVBl. S. 451), zuletzt geändert am 27. 3. 1987 (GVBl. S. 64); Saarland: LKO (KSVG, Teil B) i. d. F. vom 18. 4. 1989 (ABl. S. 557);

Verwaltungsorganisation

§ 57 III 1

Gesetze über Gemeindeverbände unterhalb der Kreisebene 54 und über höhere Kommunalverbände 55 . Schließlich sind die Regelungen über Zweckverbände zu nennen.

1.

Gemeindeverwaltung

Wichtigste Träger kommunaler Selbstverwaltung sind die Gemeinden. Sie sind 1 8 Gebietskörperschaften und in ihrem Gebiet im Rahmen der Gesetze unter eigener Verantwortung Träger der gesamten örtlichen öffentlichen Verwaltung. Obwohl nach Einwohnerzahl und Fläche recht starke Unterschiede zwischen den Gemeinden bestehen, wird darauf bei der Gemeindeverfassung kaum Rücksicht genommen. Erst ab einer je nach Bundesland unterschiedlichen, bestimmten Größe genießen Gemeinden eine Sonderstellung. So haben in allen Ländern größere Städte die Stellung von kreisfreien Städten, d. h. sie gehören keinem Landkreis an und unterliegen nicht der Aufsicht der unteren Verwaltungsbehörde. Darüber hinaus gibt es in Baden-Württemberg und Bayern noch Große Kreisstädte, in Rheinland-Pfalz große kreisangehörige Städte, die zwar zum Landkreis gehören, in zahlreichen Verwaltungsangelegenheiten aber unmittelbar der Aufsicht der mittleren Verwaltungsbehörde unterliegen 56 . Die Organisation der Gemeindeverfassung ist in den einzelnen Ländern unter- 1 9 schiedlich geregelt. Dazu kommen weitere Differenzierungen innerhalb der Länder je nach der Größe der Gemeinden. Übereinstimmung besteht darin, daß jede Gemeinde eine gewählte kollegiale Vertretung haben muß; es sei denn, daß in Kleinstgemeinden anstelle der Vertretung die Gemeindeversammlung aller wahlberechtigten Bürger tritt. Die Gemeindevertretung wird Gemeinderat bzw. Stadtrat (so z. B. in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland) oder Rat (Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen) oder Stadtverordnetenversammlung (so in hessischen Städten) oder Ortsgemeinderat (in verbandsangehörigen Gemeinden in Rheinland-Pfalz) genannt. Sie ist nicht nur satzungge-

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Schleswig-Holstein: KrO vom 27. 2. 1950 (GVB1. S.49), i.d.F. vom 2. 4. 1990 (GVOB1. S. 193). Die Landkreisordnungen sind abgedruckt bei Schmidt-Eichstaedt/Stade/Borchrnann (Fn. 52). Zur Frage der Abgrenzung der gemeindlichen Aufgaben von den Aufgaben der Kreise gemäß Art. 28 Abs. 2 GG BVerfGE 79, 127ff.; Schoch (Fn. 50). Vgl. für Rheinland-Pfalz: § § 6 4 - 7 3 GO; Schleswig-Holstein: Amtsordnung vom 17. 6. 1952 (GVB1. S. 95), i. d. F. vom 2. 4. 1990 (GVOB1. S. 209). Vgl. für Bayern: BezO vom 27. 7. 1953 (BayBS I S. 529), i. d. F. vom 11. 9. 1989 (GVB1. S. 634); Nordrhein-Westfalen: LVerbO vom 12.5.1953 (GSNW S. 217), i.d.F. vom 27. 8.1984 (GVNW S. 544), zuletzt geändert am 6.10.1987 (GVNW S. 342); RheinlandPfalz: BezO für den Bezirksverband Pfalz vom 14. 12. 1973 (GVB1. S. 466), zuletzt geändert am 27. 2. 1984 (GVB1. S. 54). Zu den kreisfreien Städten und den Großen Kreisstädten vgl. etwa Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 3. Aufl. 1980, S. 44f., mit weiteren Literaturangaben. 731

§ 5 7 III 1

Walter Rudolf

bendes Organ, sondern besitzt je nach Bundesland mehr oder weniger starke Verwaltungskompetenzen. 20 Recht unterschiedliche Regelungen bestehen über die Organisation des gemeindlichen Vollzugsorgans. Als solches kommt entweder ein Bürgermeister oder Gemeindedirektor allein oder neben der Gemeindevertretung oder ein kollegiales Organ (Magistrat) in Betracht. Versucht man, die verschiedenen Organisationsformen der Gemeindeverfassung zu systematisieren, so schälen sich fünf Gruppen von Organisationstypen heraus: die norddeutsche Ratsverfassung, die Bürgermeisterverfassung, die Magistratsverfassung, die süddeutsche Ratsverfassung und die Kommunalverfassung in den fünf neuen Ländern 57 . 21 Nach der in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bestehenden norddeutschen Ratsverfassung ist wichtigstes Organ der Rat der Gemeinde, dessen Vorsitzender der von ihm gewählte Bürgermeister (in kreisfreien Städten: Oberbürgermeister) ist. Zweites Organ ist der Gemeindedirektor (in Städten: Stadtdirektor, in kreisfreien Städten: Oberstadtdirektor), der den Geschäftsgang der Verwaltung leitet. In Niedersachsen gibt es noch als drittes Organ den Verwaltungsausschuß, der über Angelegenheiten beschließt, die weder dem Rat noch dem Gemeindedirektor vorbehalten sind. Den Vorsitz in ihm führt der Bürgermeister. In Nordrhein-Westfalen besitzt der Bürgermeister weitere Kompetenzen, vor allem die Vertretung des Rats nach außen 58 . 22 Die Bürgermeisterverfassung kennt neben der gewählten Gemeindevertretung als zweites Organ den Bürgermeister (in kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten: Oberbürgermeister, in Rheinland-Pfalz in verbandsangehörigen Gemeinden: Ortsbürgermeister), dem die Führung der Verwaltungsgeschäfte obliegt. Er wird von der Gemeindevertretung gewählt und führt in ihr den Vorsitz. Sein allgemeiner Vertreter ist der erste Beigeordnete (in kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten: Bürgermeister). Weitere Beigeordnete können ehren- und hauptamtlich bestellt werden. Diese Organisation der Gemeindeverfassung ist in den kleinen Gemeinden Hessens, in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in den Landgemeinden Schleswig-Holsteins anzutreffen. Für Städte, die zwei oder mehr hauptamtliche Beigeordnete haben, ist nach der

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Zum folgenden vgl. Schmidt-Aßmann, in: I. v. Münch, Bes. VwR, 2. Abschn. III 1; B.Becker (Fn. 7), §19, 1, Abb. 43 ff. (S. 343 ff.); Wolff/Bachofi Stober, VwR II, § 8 7 Rn. 44 ff. und Schmidt-Jortzig, DÖV 1987, 281 ff. Zur Stellung des Bürgermeisters in Baden-Württemberg siehe auch Wehling, DÖV 1986, 1048 ff.; Wehling/Siewert, Der Bürgermeister in Baden Württemberg, 2. Aufl. 1987; Maurer, in: Maurer/Hendler, Baden-Württembergisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1990, 215; zur Kommunalverfassung in den fünf neuen Ländern vgl. Schmidt-Eichstaedt, DVB1. 90, 848 ff.; Petzold, DÖV 90, 816 ff. Zum Bürgermeister in Nordrhein-Westfalen vgl. Rauball/Pappermann/Roters, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 3. Aufl. 1981, § 3 2 Rdnr. 16 ff.

Verwaltungsorganisation

§ 57 III 1

Gemeindeordnung von Rheinland-Pfalz ein Stadtvorstand zu bilden, der einzelne Aufgaben wahrnimmt, die sonst dem Bürgermeister obliegen würden59. Bei der Magistratsverfassung gibt es zwei Organe: Gemeindevertretung und 23 Magistrat. Beide Gremien sind personell getrennt, da Magistratsmitglieder nicht der Gemeindevertretung angehören dürfen. Den Vorsitz in der Gemeindevertretung führt nicht der Bürgermeister, sondern in den Städten Hessens ein Stadtverordnetenvorsteher, in den Städten Schleswig-Holsteins ein Stadtpräsident. Der Magistrat ist ein kollegiales Verwaltungsorgan, das aus ehrenamtlich oder hauptamtlich tätigen Mitgliedern (Beigeordneten, Stadträten) unter dem Vorsitz eines Bürgermeisters durch Beschluß der Gemeindevertretung gebildet wird. Während nach der preußischen Städteordnung von 1808 der Magistrat neben der Stadtverordnetenversammlung Beschlußorgan war (sog. echte Magistrats Verfassung), ist er nach der heute für die meisten Gemeinden Hessens, die Städte SchleswigHolsteins und die Stadt Bremerhaven geltenden unechten Magistratsverfassung nur Vollzugsorgan. Nach der süddeutschen Katsverfassung bestehen zwei Organe, nämlich der 24 Gemeinderat und der Bürgermeister (in kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten: Oberbürgermeister). Der Gemeinderat ist zugleich beschließendes und vollziehendes Organ, während der Bürgermeister, der unmittelbar von den Bürgern gewählt wird, den Vorsitz im Gemeinderat führt, dessen Beschlüsse er vollzieht. Dieses System ist in Baden-Württemberg und Bayern anzutreffen. In Hessen wird nach der Volksabstimmung des 20. Januar 1991 demnächst der Bürgermeister ebenfalls unmittelbar von den Bürgern gewählt. Die Kommunalverfassung in den fünf neuen Ländern wurde zwar anhand der 25 oben genannten Typen erarbeitet, stellt aber ein eigenes Modell dar. Neben der unmittelbar gewählten Gemeindevertretung (in Städten: Stadtverordnetenversammlung) ist der Bürgermeister (in kreisfreien Städten: Oberbürgermeister) das entscheidende Organ. Er ist Leiter der Gemeindeverwaltung und besitzt de facto durchaus eigene Kompetenzen gegenüber der Gemeindevertretung, was u. a. in seiner Funktion als Leiter des Hauptausschusses deutlich wird. De jure kann aber die Gemeindevertretung wiederum alles an sich ziehen. Der Bürgermeister darf auch nach seiner Wahl zum Bürgermeister noch der Gemeindeversammlung zugehörig bleiben, wenn er als ordentliches Mitglied gewählt worden ist. Deswegen kann er in kleineren Gemeinden auch Vorsitzender der Vertretungskörperschaft bleiben oder werden, aber nur in dem Fall, wenn er ehrenamtlich tätig ist. Sonst müssen diese Ämter getrennt vergeben werden60.

59

60

§§ 57 ff. GO Rheinland-Pfalz, insoweit besteht eine Ähnlichkeit mit der unechten Magistratsverfassung. Vgl. §§ 22 Abs. VIII, 23 Abs. II S. 4 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR; dazu Petzold (Fn. 57), Scbmidt-Eichstaedt (Fn. 57); Melzer, DVB1. 90, 404 ff. (auch zur Verwaltungsreform in den fünf neuen Ländern). 733

§57

26

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Unterhalb der landesgesetzlich detailliert vorgeschriebenen Gemeindeverfassung ist die Organisation der Gemeindeverwaltung Angelegenheit der Gemeinden selbst, wobei allerdings durch andere Bestimmungen der Gemeindeordnung und einschlägiger Gesetze der Organisationsgewalt der Gemeinden tatsächlich Grenzen gesetzt sind 61 . Von den Gemeindeordnungen einiger Länder ist die Einrichtung von Gemeindebezirksverwaltungen vorgeschrieben62. Die Bildung von Ortsbezirken dient der Förderung des örtlichen Gemeinschaftslebens und der Übersichtlichkeit gemeindlicher Verwaltung für den Bürger, die durch die Eingemeindungsbewegung vor ca. 20 Jahren unterzugehen drohte. Durch die Einrichtung von Ortsbeiräten, Ortsvorstehern und Verwaltungsstellen in Ortsbezirken soll in den Ortsteilen die Verwaltung wieder näher an die Bürger herangerückt werden63. 2. Verwaltung der

Gemeindeverbände

27

Gemeindeverbände sind Gebietskörperschaften zur Erfüllung übergemeindlicher oder im Falle der Samtgemeinden auch gemeindlicher Aufgaben. Mit Ausnahme der Stadtstaaten gibt es sie in allen Bundesländern in Gestalt der Landkreise. Die Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein kennen darüber hinaus noch Samtgemeinden (Verbandsgemeinden)64. Besondere Verwaltungseinheiten sind die Verwaltungsgemeinschaften in Bayern, die aus mehreren Mitgliedsgemeinden bestehen 65 . In den fünf neuen Ländern sind ebenfalls Verwaltungsgmeinschaften ermöglicht. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gibt es außerdem noch höhere Kommunalverbände. Schließlich sind noch die Zweckverbände zu nennen. 28 Samtgemeinden sind aus mehreren benachbarten Gemeinden innerhalb eines Landkreises gebildete Gemeindeverbände. Sie führen Verwaltungsgeschäfte im eigenen Namen, im Auftrag der Gemeinden und sind vornehmlich für die Verwaltungsaufgaben nach Weisung des Landes und die Auftragsangelegenheiten zuständig. Ihre Verfassung entspricht der der Gemeinden des jeweiligen Landes mit einer Samtgemeindevertretung als Repräsentativorgan (in Niedersachsen: 61 62 63

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Vgl. dazu NWVerfGH, JuS 1980, 232 f. R. Rauball, Die Gemeindebezirke, Bezirksausschüsse und Ortsvorsteher, 1972, S. 18 ff. So besonders in Rheinland-Pfalz. Vgl. §§74 ff. GO Rheinland-Pfalz. Während dem Ortsbeirat hier in erster Linie beratende Funktion zukommt (§ 75 GO RheinlandPfalz), sind dem Stadtbezirksrat in Niedersachsen bestimmte Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zur Entscheidung zugewiesen ( § 5 5 c GO Niedersachsen). Zum folgenden vgl. Schmidt-Aßmann (Fn. 57), 2. Abschn. VIII 1; Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 88. Nach der bayerischen Gebietsreform gab es 1983 346 Verwaltungsgemeinschaften, denen 1085 Gemeinden angehörten. Vgl. Tschira, in: Schmitt Glaeser (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Richard Boorberg Verlags, 1977, S. 280.

Verwaltungsorganisation

§ 5 7 1112

Samtgemeinderat, in Rheinland-Pfalz: Verbandsgemeinderat, in Schleswig-Holstein: Amtsausschuß), deren Vorsitzender in Niedersachsen ein Samtgemeindebürgermeister, in den übrigen Ländern mit Samtgemeinden der leitende Verwaltungsbeamte ist. Niedersachsen kennt außerdem einen kollegialen Samtgemeindeausschuß. Das Vollzugsorgan heißt in Niedersachsen „Samtgemeindedirektor", in Rheinland-Pfalz „Bürgermeister" (im Gegensatz zum „Ortsbürgermeister" der verbandsangehörigen Gemeinden) und in Schleswig-Holstein „Amtmann". Die bayerischen Verwaltungsgemeinschaften sind Zusammenschlüsse benachbarter kreisangehöriger Gemeinden, die alle Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises ihrer Mitgliedsgemeinden wahrnehmen, ausgenommen den Erlaß von Satzungen und Verordnungen. Daneben können sie durch Zweckvereinbarung einzelne Aufgaben und Befugnisse des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden übernehmen66. Vor dem Hintergrund einer sehr kleinteiligen Struktur ist auch in der Kommunalverfassung der fünf neuen Länder die Bildung von „Verwaltungsgmeinschaften" oder von gemeinsamen „Verwaltungsämtern" vorgesehen, die für die beteiligten Gemeinden Aufgaben des eigenen oder des übertragenen Wirkungskreises durchführen67. Einzelheiten sind den betreffenden Gemeinden überlassen, die entsprechende Vereinbarungen treffen müssen. Die Verfassung der Landkreise ist in den einzelnen Bundesländern ebenfalls 2 9 unterschiedlich geregelt. Die unmittelbar vom Volk gewählte Vertretungskörperschaft trägt überall die Bezeichnung „Kreistag"'. Vorsitzender des Kreistages ist in Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ein Mitglied (in Hessen und in den fünf neuen Ländern: Kreistagsvorsitzender, in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen: Landrat, in Schleswig-Holstein: Kreispräsident). In den übrigen Ländern führt der Hauptverwaltungsbeamte den Vorsitz. Kollegiales Verwaltungsorgan ist der Kreisausschuß (in BadenWürttemberg und im Saarland: Kreisrat), der in den einzelnen Ländern unterschiedlich zusammengesetzt ist 68 . Vollzugsorgan des Kreises ist immer ein Berufsbeamter, der in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen „Oberkreisdirektor", in allen übrigen Ländern „Landrat" heißt. Er ist zugleich allgemeine untere staatliche Verwaltungsbehörde und damit Bindeglied zwischen staatlicher und Selbstverwaltung im Landkreis. Berufen wird er in Bayern und nach der Volksabstimmung des 20. Januar 1991 demnächst auch in Hessen durch unmittelbare Wahl, in den fünf neuen Ländern, Niedersachsen und im Saarland durch den Kreistag ohne Mitwirkung des Landes, in Baden-Württemberg, NordrheinWestfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz durch den Kreistag unter Mitwirkung des Landes 69 . 66 67

68 69

Vgl. Verwaltungsgemeinschaftsordnung vom 25. 9. 1979 (GVB1. S. 314). § 31 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR. Vgl. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 89 Rn. 16. Zur Stellung der Hauptverwaltungsbeamten auf Kreisebene vgl. Weilhammer, Der Landkreis 1988, 523 ff. Zu den fünf neuen Ländern vgl. von Hausen, Der Landkreis 1990, 310 ff. 735

§57

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Höhere Kommunalverbände sind die 7 bayerischen Bezirke, die beiden nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände, der rheinland-pfälzische Bezirksverband Pfalz, die baden-württembergischen Landeswohlfahrtsverbände Baden und Württemberg-Hohenzollern, der Landeswohlfahrtsverband Hessen und in Niedersachsen die Ostfriesische und die Oldenburgische Landschaft und der Bezirksverband Oldenburg 70 . Sie sind aus benachbarten Landkreisen und kreisfreien Städten zusammengesetzt. Dabei muß unterschieden werden, ob ihre Mitglieder unmittelbar die Bürger sind, die auch das satzunggebende Organ direkt wählen, oder die Landkreise und kreisfreien Städte. Unmittelbare Wahl ist vorgesehen für die Bestellung der Mitglieder der Bezirkstage der bayerischen Bezirke und des Bezirkstags des Bezirksverbands Pfalz 71 , während die Abgeordneten der Landschaftsversammlung der nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe von den Kreistagen und Räten der kreisfreien Städte bestellt werden. Der kollegiale Verbandsausschuß (in Bayern und Rheinland-Pfalz: Bezirksausschuß, in Nordrhein-Westfalen: Landschaftsausschuß) besteht aus dem Vorsitzenden und mehreren Mitgliedern der Verbandsvertretung. Vollziehendes Organ ist bei den nordrhein-westfälischen Landschaftsverbänden der Direktor des Landschaftsverbandes, bei den bayerischen Bezirken der Bezirkstagspräsident und bei dem Bezirksverband Pfalz der Regierungspräsident.

31

Zur gemeinsamen Erfüllung bestimmter Aufgaben, zu deren Durchsetzung sie berechtigt oder verpflichtet sind, können Gemeinden und Gemeindeverbände sich zu Zweckverbänden zusammenschließen oder zu solchen zusammengeschlossen werden72. Hauptorgane sind stets ein Repräsentativorgan, in dem die Mitglieder vertreten sind, und ein Verbandsvorsteher, der die laufenden Verwaltungsgeschäfte führt. Daneben können ein Verbandsausschuß und weitere beschließende Ausschüsse zur Entlastung der Verbandsversammlung gebildet werden. Zu den durch Gesetz errichteten Zweckverbänden, denen überörtliche Aufgaben in größerem Umfange — vor allem auf dem Gebiet der Raumplanung — übertragen sind und noch weitere Aufgaben übertragen werden können, gehören die Regionalverbände in Baden-Württemberg, die bayer. Planungsregionen, der Kommunalverband Ruhr, die rheinland-pfälzischen Planungsgemeinschaften, den Zweckverband Raum Kassel und der Verband Kieler Umland 73 . 70

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73

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Zu den höheren Gemeindeverbänden vgl. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 9 0 ; Witti, in: HKWP., 2. Aufl., Bd. 2, 1982, S. 432 ff.; Meyer-Schwickerath, ebenda, S. 452ff. Zu den Regierungsbezirken in Bayern s. Emmerig, BayVBl. 1988, 65 ff. Art. 12 BayBezO; § 5 Abs. 1 BezO Rheinland-Pfalz. Zu dem in Bayern vorgeschriebenen (Art. 35 BayBezO) Verwaltungsverbund zwischen der Selbstverwaltung der Bezirke und der Regierung als staatlicher Mittelinstanz vgl. Simnacber, BayVBl. 1981, 385 ff. Zum Zweckverband vgl. Wolff/Bachof/Stober, VwR II, § 91, mit weiteren Nachweisen. Zu den Formen interkommunaler Zusammenarbeit vgl. Rengeling, in: HKWP., 2. Aufl., Bd. 2, 1982, S. 385 ff. Zu den Stadt-Umland-Verbänden vgl. Wagener, ebenda, S. 413 ff. B. Becker, (Fn. 7) § 19,2 (S. 359 f.) m.w.N.; Zu den Formen und Grenzen interkommunaler Zusammenarbeit durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen vgl. Scbink, DVB1. 1982, 769 ff.

Anlage 1

Organisationsplan der Behörde des Regierungspräsidenten in Nordrhein-Westfalen

Anlage 2 Stand: 1.11.1990

Organisationsplan des Bundesminister!

isteriums für Bildung und Wissenschaft

Anlage 3

Aufbau der Landesbehörden in Nordrhein-Westfalen Stand: 1. Februar 1991 MMeftertum für BundeeMIQSltQM* ImMM

Ministerium für die Gleichstellung von Frau und Mann

Oberste . Landesbehorden )

Oberbehörden

Landesmittelbehorden

Untere Landesbehörden

Dienst- und Fachaufsicht über nachgeordnete Landesbehörden

Fachautsicht der obersten Landesbehörden über Regierungspräsidenten und Autsicht über untere Landesbehörden

Nur Rechtsaufsicht, soweit es sich um Selbstverwaltungsangelegenheiten handelt

Geschäftsführer2) der Kreisstellen

Staatliche Forstimter und d. Leiter d. Forstämter der Landwirtschaftskammern als Landesbeauftragte

Amter für Agrarordnung

OberkretodireMo als unsere siaall. waltungsbehördi

Kreispolizeibehörden7)

') Dem ktnenminteterhjm angegliedert Oer Landesbeauftregte für den Datenschutz *) Oie genaue Bezeichnung dieser Behörden lautot GeadUUtafOhrer der Kreisstellen der Landwirtschaftskammern als Landesbeauftragte im Kreise 3) Da» Landesamt für Ausbildungtförderung irrterliegt auSerdem der Fachaufsicht des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung

*) Oer Regierungspräsident hat die Funktion einer aligemeinen Verwaltungsbehörde in der Mittelinstanz und ist als solcher der allgemeine Vertreter der Landesregierung in seinem Bezirfc. In *) Obersten Landesbehörden gleichgestellt ist der Landesrechnungshof *) Zugleich Höhere Forstbehörde 7

) Die Oberfcreisdirektoren als unter staatliche Verwaltungsbehörde sind (mit Ausnahme der Kreise Aachen und Heckinghausen) zugleich Kreispolizeibehörde Die Abteilungen .Arbeitsschutz" der Staad Gewerbeaufeichtsämter unterliegen der Dienst- und Fachaufsicht des Ministeriums für Arbeit Gesundheit und Soziales

* m Bezirk. In seiner Behörde bündeln sich die meisten staatlichen Aufgaben. Er unterliegt insoweit der Aufsicht des zuständigen Fechministeriums

Sachverzeichnis Die Angaben beziehen sich auf die Paragraphen und Randnummern

Abfallgesetz § 42, 6 Abteilung § 56, 39 Abwägungsgebot „ Planfeststellung § 40, 10, 12, 23 Abwehranspruch § 34, 2, 10 acte administratif $ 11, 1 Administrativrecht § 7 , 3 , 3 0 ff., s. auch Verwaltungsvorschriften A D V s. Datenverarbeitung Änderung der Sach- und Rechtslage § 16, 5; § 19, 9 f. Äquivalenzprinzip Anstaltsbenutzungsgebühren § 44, 20 Entwässerungsgebühren § 44, 24 Telefongebühren § 44, 22 Ärztekammer § 56, 11; § 57, 16 Akteneinsicht, Recht auf § 36, 13, 15; § 37, 10; § 4 0 , 3, 16 ff. Planfeststellungsverfahren § 42, 16 Äktenöffentlichkeit, beschränkte § 40, 18 Allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts Begriff § 7, 87 Beispiele § 7, 88 Herkunft - aus Analogien § 7, 94 — aus konkretisierten Verfassungsprinzipien § 7, 93 Rechtsnatur § 7, 89 ff. Allgemeines Verwaltungsrecht § 36, 9 Allgemeinverfügung § 11, 47; § 41, 31 Allgemeinwohl s. öffentliches Interesse Allzuständigkeit $ 56, 44 Ampelanlage § 4, 24 Fn. 80 Amt § 56, 28, 31, 34 Amtsausübung, unparteiliche § 38, 4 Amtshaftung § 51

Amtshilfe § 4, 15; § 40, 34 ff.; § 56, 33 ersuchende Behörde § 40, 35 ersuchte Behörde § 40, 35 Amtspflichtverletzung §§ 50, 51 Amtspflicht § 5 1 , 12 ff., 32 — und Dienstpflicht § 51, 12, 32 — gegenüber einem Dritten § 44, 27; § 5 1 , 13 ff. — gegenüber anderen Verwaltungsträgern § 51, 18 — gegenüber Ausländern § 51, 9 Anstellungskörperschaft § 51, 7 Ausschluß der Staatshaftung § 51, 9 Beamtenhaftungsgesetze § 5 1 , 3 Beamter des auswärtigen Dienstes §51,9 Begriff des Beamten § 51, 3 ff., 11, 32 beliehener Unternehmer § 51, 10 Bundespost § 51, 8 f. Dienstfahrt § 51, 8, 15 Ehrenkränkung § 51, 34 Ermessen § 51, 16, 21 Europäische Gemeinschaften § 51, 31 Funktionstheorie § 51, 9 Fn. 19 Gebührenbeamter § 5 1 , 9 Haftungsausschluß § 44, 28 Haftungsbeschränkungen § 53, 12 ff. Hoheitsfahrt § 51, 15, s. auch Dienstfahrt Kausalität § 51, 20 f. Kollegialbehörden § 5 1 , 11 legislatives Unrecht § 51, 19 Mitverschulden § 5 1 , 27 f. mitwirkendes Verschulden § 44, 26 Naturalrestitution § 51, 34 Nennung des schuldigen Beamten § 51, 9 Fn. 27

741

Sachverzeichnis Nichtausschöpfung von Rechtsmitteln § 44, 26; § 51, 28 Parlamente § 5 1 , 11 Präjudizierung im Verwaltungsprozeß §51,29 privatrechtliches Handeln § 51, 14 Rechtsanwendung § 40, 28 rechtswidrige Erlaubnis § 51, 14 rechtswidrige Weisung § 51, 12 richterliches Urteil § 51, 23 Schadensersatz in Geld § 51, 34 Subsidiarität § 5 1 , 1, 23 ff., 32 Unrecht, legislatives § 51, 19 Verjährung § 51, 30 Verkehrssicherungspflicht § 51, 8 Versäumung eines Rechtsmittels § 51, 28 Verschulden § 5 1 , 22 ff. verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis § 53, 14 Verwaltungsverfahren § 40, 11, 23, 28 Amtswalter § 56, 30 Analogie § 7, 94, s. auch Verwaltungsrechtsverhältnis Androhung eines Zwangsmittels § 20, 16 ff. Anfechtungsklage § 14, 27 und Amtshaftung § 51, 29 f. gegen — Maßnahmen im Grundverhältnis § 4 4 , 16 — Nebenbestimmungen § 14, 33 — beschränkt begünstigenden Verwaltungsakt § 14, 29 ff. — Vollstreckungsmaßnahmen § 20, 7 ff. — Zwangsmaßnahmen § 20, 18 Anhörung Beteiligter § 36, 15 des Betroffenen s. Verwaltungsakt Gebot der - § 40, 13 mitwirkungsberechtigter Stellen § 40, 30 Nachholung § 40, 15 Anlieger § 46, 6, 25; § 52, 58 Anliegergebrauch § 46, 26 Anschluß- und Benutzungszwang § 10, 30, 49; § 44, 1 ff.; § 52, 31 Anspruch, s. auch subjektiv-öffentliches Recht

742

auf fehlerfreie Ermessensausübung § 10, 57 Fn. 237 auf polizeiliches Einschreiten § 51, 16 auf Fehlerwiederholung § 10, 21 verfahrensrechtlicher § 40, 14 Anstalt § 43; § 56, 9 f., 15 ff., 41 f.; § 57, 16 Benutzer, Rechtsposition § 43 Bundesanstalt § 57, 4 bundesunmittelbare § 55, 19; § 56, 4; § 57, 1 Fn. 1, 9 nicht-rechtsfähige § 56, 41; § 57, 15 nutzbare § 43; § 44, 7 ff.; § 48; § 56, 15 Nutzungsordnung - öffentlich-rechtliche § 44, 3 ff. — privatrechtliche § 3 1 , 2 f . ; § 4 4 , 3 ff. Recht auf Zugang § 43 rechtsfähige § 56, 41 Rechtsfähigkeit § 56, 15 ff. Rechtsschutz des Benutzers § 44, 15 ff. teilrechtsfähige § 56, 17; § 57, 7 Träger § 5 6 , 16 ff. unselbständige § 56, 41 Zulassung zur Benutzung § 43; § 44, 7 ff. s. auch Anstaltshaftung, Anstaltsgebrauch, Anstaltsgegenstände, Anstaltsnutzung, Anstaltsorganisation, Anstaltsrecht, Anstaltszweck Anstaltsgebrauch öffentlicher Sachen § 48 Anstaltsgegenstände, sachenrechtliche Widmung § 48, 3 ff. Anstaltshaftung § 44, 26 ff. gegenüber dem Benutzer § 44, 26 gegenüber Dritten § 44, 27 Anstaltsnutzung § 44 Anspruch auf Benutzung § 44, 8 Ausschluß von der Benutzung § 44, 14 Benutzerpflichten § 44, 14 Benutzungsgebühren § 4 4 , 20 ff. Benutzungsordnung, Rechtsnatur § 44, 13 Benutzungspflicht § 56, 15 Entgelte § 4 4 , 20 ff.; § 4 6 , 24 Gemeinbenutzung § 44, 11 Grenzen fiskalischer Ausgestaltung § 4 4 , 2 ff. Grundrechtsbindung des Fiskus § 44, 4 Kontrahierungszwang § 44, 11 ff.; § 46, 24

Sachverzeichnis Liefersperre § 44, 14 Normalbenutzung § 44, 11 numerus clausus § 44, 8 Sonderbenutzung § 4 4 , 11 Vertrag, bürgerlich-rechtlicher § 44, 1 Verwaltungsgebühren § 44, 20 ff. Verwaltungszwang § 44, 14 Zulassung, öffentlich-rechtliche § 44, 1 Zulassung zur Benutzung § 43; § 44, 7 ff. Anstaltsorganisation und öffentliches Sachenrecht § 48, 3 ff. Anstaltsrecht und Sachenrecht § 48, 3 ff. Anstaltssatzung § 56, 18 Anstaltsträger § 56, 16 ff. Anstaltszweck § 43; § 44, 13 Antrag § 11, 19; § 39, 1, 2 ff. Anfechtung § 39, 3 Auslegung § 39, 4 Form § 39, 4 Frist § 39, 4 Mangel § 39, 7 Priorität § 39, 6 Reihenfolge § 39, 6 Rücknahme § 39, 3 Atomgesetz § 42, 6 Auflage § 13, 6ff., 11; § 14, 33 modifizierende § 13, 8; § 14, 33 Vorbehalt des Gesetzes § 13, 11 Aufklärungspflicht der Behörde § 40, 22 Aufopferung § 50; § 52, 1 ff., 68 ff. allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts § 7, 91 allgemeines Lebensrisiko § 52, 70 allgemeines Persönlichkeitsrecht § 52, 68 Beeinträchtigung, rechtswidrige § 52, 6, 68 f. Begriff § 52, 68 ff. Berufsfreiheit § 52, 68 besondere Gefährdung § 52, 69 Entschädigung § 50; § 52, 73 Erwerbsschutz § 52, 68 Finalität § 52, 71 Gefährdung, besondere § 52, 69 Gewohnheitsrecht § 7, 91 Grundrechte § 52, 68 immaterielle Rechtsgüter § 52, 6, 14, 68

Impfschäden § 52, 69, 72 f.; § 53, 5 Körper- und Gesundheitsschäden § 52, 14, 68 Kriegsopferversorgung § 52, 70, 73 Lebensrisiko, allgemeines § 52, 70 Mitverschulden § 52, 66 Fn. 194 nichtVermögenswerte Rechtsgüter § 52, 6, 14, 68 Objekt § 52, 68 Opfergrenze § 52, 70 Persönlichkeitsrecht, allgemeines § 52, 68 Rechtsgüter, immaterielle § 52, 6, 14, 68 rechtswidrige Beeinträchtigung § 52, 6, 69 f. richterliches Urteil § 52, 71 Schmerzensgeld § 52, 68, 73 Sonderopfer § 52, 70 soziale Entschädigung § 53, 5 ff. Spezialregelungen § 52, 72 Subsidiarität § 52, 72 Unmittelbarkeit § 52, 71; § 53, 71 Unterlassen § 52, 71 Urteil, richterliches § 52, 71 Verfassungsrang § 52, 7 Fn. 13, 72 Wohl der Allgemeinheit § 52, 71 Zwang und psychologisches Abfordern § 52, 71 Aufopferungsanspruch, privatrechtlicher § 42, 24 aufopferungsgleicher Eingriff § 52, 14 Fn. 29 Aufrechnung § 30, 2 Aufrechterhaltung rechtswidriger Verwaltungsakte, s. Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung Anfechtungsklage § 12, 2; § 47, 16 Widerspruch § 12, 2; § 47, 16 Ausbaupflicht, Wasserverbände § 47, 20 Ausführung, unmittelbare § 20, 17 f. Ausgeschlossene Personen Verwaltungsverfahren § 3 8 , 4 ff. Ausgleichsverfahren, wasserrechtliches § 47, 16 Auskunft § 11, 28 amtliche § 51, 14 behördliche § 4 0 , 22 ff. als Wissenserklärung § 33, 1

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Sachverzeichnis Auskunftspflicht von Behörden § 40, 22 ff. Ausländerwahlrecht, kommunales § 3, 13 Auslegung von — unbestimmten Rechtsbegriffen § 1 0 , 6 ff. — Willenserklärungen § 23 a, 12 ff. Auswahlermessen § 10, 14 Automation § 4; § 41, 8 Autonomie s. auch Satzungsautonomie Selbstverwaltung § 7, 63 ff. Baugenehmigungsverfahren § 40, 32 Baulandsachen, Kammer für § 46, 28 Bauleitplanung Amtspflichtverletzung § 51, 19 Beamtenrecht Kollision mit Gemeinschaftsrecht § 3, 16 f. Beamter § 1, 26, s. auch Amtspflichtverletzung Bebauungsgenehmigung § 41, 35 Bebauungsplan, öffentliche Straßen § 46, 3 Bedingung § 13, 4, 11 Anfechtung § 14, 33 Vorbehalt des Gesetzes § 13, 11 Befangenheit § 38, 5 Befristung § 13, 3, 11 Anfechtung § 14, 33 Begründung § 4 1 , 16 ff., 24 Mangel § 41, 19, 21 Planfeststellungsbeschluß § 42, 26 Begründungszwang § 4 1 , 16 ff., s. auch unter Verwaltungsakt Behörde § 38, 1 ff.; § 56, 27 ff., 31 Aufsichts- § 7, 70; § 56, 45, 52; § 57, 12 f. Auskunftspflicht § 40, 22 ff. Begriff § 11, 9 ff.; § 56, 31 Beratungspflicht § 40, 22 ff. Bundes- § 5 6 , 51 f.; § 5 7 , 2 f. — oberste § 56, 52; § 57, 2 bundeseigene Mittel- § 55, 19; § 56, 4 bundeseigene Unter- § 55, 19; § 56, 4 Bundesgrenzschutz- § 57, 8 Bundesober- § 55, 19; § 57, 3 — Errichtung § 56, 1

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Einrichtung § 56, 1 Kollegial- § 38, 2 f.; § 5 6 , 35 Landes- § 56, 51; § 57, 5 - oberste § 5 6 , 52; § 5 7 , 11 Landesober- § 57, 11 Mittel- § 55, 7, 16; § 56, 7 ff.; § 57, 5, 12 mittlere § 56, 33 mitwirkungsberechtigte § 40, 2, 29 f., 32 monokratische § 38, 2; § 56, 36 Ober- § 56, 49 obere § 56, 33 oberste § 56, 33 Polizei- § 56, 46 Teile einer - § 56, 32 Unter- § 55, 16; § 56, 32, 47; § 57, 5 f., 15 untere § 55, 8; § 56, 33; § 57, 14 im Verwaltungsverfahren § 37, 4; § 38, lff. Warnung durch § 34, 7 Wasser- § 47, 4 zentrale § 55, 6, 15 Zoll- § 57, 8 Bekanntmachung, öffentliche § 41, 31 Beigeordneter § 57, 22 Beihilfe nach Gemeinschaftsrecht § 3, 16 ff. Beitrag § 20, 4; § 56, 13 Anlieger- § 46, 6 Erschließungs- § 25, 4 Kammer- § 56, 13 Mitglieds- § 56, 13 Bekanntgabe von Verwaltungsakten, s. Verwaltungsakt Beleihung § 11, 14 Beliehene § 1, 29; § 56, 26 Beliehene Unternehmer § 51, 10 Benehmen § 40, 30 Benutzer s. Anstalt, Anstaltshaftung, Anstaltsnutzung Benutzung von Gewässern § 47 Befugnisse der Gewässerpolizei § 47, 18 Benutzungsrechte § 47, 13 ff. und Verkehrsgebrauch § 47, 19 ff. Benutzungsentgelt und Kontrahierungszwang § 46, 24 s. auch Anstalt, Anstaltsnutzung

Sachverzeichnis Benutzungsordnung, anstaltliche § 44, 13; § 56, 19, s. auch Anstalt, Anstaltsnutzung Benutzungszwang § 44, 2 Bepackungsverbot § 5, 14 beratender Einfluß einer Behörde § 40, 30 Beratungspflicht von Behörden § 40, 22 ff. Berichtigung von Verwaltungsakten, s. Verwaltungsakt Berufsgenossenschaft § 57, 9 Bescheid § 4 1 , 2 ff., 16 automatisierter § 41, 7 ff., s. auch Verwaltungsakt Beschlußverfahren § 38, 2 Beseitigungsanspruch allgemeiner § 10, 30 öffentlich-rechtlicher § 34, 2 und Unterlassungsanspruch des Gewässereigentümers § 47, 12 und Unterlassungsanspruch gegenüber Störungsursachen im Anstaltsbetrieb § 44, 28 Besitzeinweisung, vorläufige § 46, 8, 28 Besonderes Gewaltverhältnis § 3, 63; § 5, 15; § 7 , 31, 58 ff.; § 14, 16; § 44, 13 f. Verwaltungsaktualität von Maßnahmen s. Verwaltungsakt Besorgnis der Befangenheit § 38, 5 f. Bestandskraft von Verwaltungsakten, s. Verwaltungsakt Bestandsschutz der wasserrechtl. Genehmigung § 47, 14 ff. bestimmender Einfluß einer Behörde § 40, 30 Bestimmtheit von Verwaltungsakten, s. Verwaltungsakt Betätigung, gewerbliche auf Straßen § 46, 12 auf Wasserstraßen § 46, 12 Beteiligter Verwaltungsverfahren § 38, 8; § 40, 2 ff. Betriebsverhältnis § 3, 63; § 11, 36; § 44, 13, 16 ff. Betroffener, Drittbetroffener Verwaltungsverfahren § 38, 8; § 4 0 , 2 f.; § 41, 40 Beurteilung, dienstliche § 10, 10 Beurteilungsspielraum § 1, 24; § 5, 2; § 10, 8 ff.; § 4 4 , 19

im pädagogisch-fachlichen Bereich § 4 4 , 19 Bevollmächtigter im Verwaltungsverfahren §40,4 Beweisaufnahme im Verwaltungsverfahren § 4 0 , 8 ff. Beweislast § 40, 10 Bewertungsmaßstab s. Prüfungsentscheidungen Bewilligung, wasserrechtliche § 47, 13 Bestandsschutz § 47, 14 ff. Einwendungen im Verfahren § 47, 12 Widerruf § 47, 16 Bewirtschaftung von Gewässern § 47 Bezirksverband § 57, 30 Billigkeitsausgleich, planungsrechtlicher § 42, 10, 23 Bindungswirkung von Verwaltungsakten, s. Verwaltungsakt Binnenmarkt § 3, 4 Boxberg-Fall § 52, 22 Bürgerbeauftragter § 1, 9; § 56, 40 Bürgerinitiative § 1, 20 Bürgermeister § 57, 20 ff. Bürgermeisterverfassung § 57, 20, 22 Bundesanstalt § 57, 4 Arten § 57, 4 für Arbeit § 56, 19, 47; § 57, 9 Bundesauftragsverwaltung § 5 5 , 1 8 ; § 5 6 , 5 2 Bundesbahn § 10, 33; § 56, 46; § 57, 7 Bundesbahngesetz § 42, 6 Bundesbank § 57, 9 Bundesbehörde Anstalt § 57, 4 Obere § 57, 3 Oberste § 57, 2 Bundesdatenschutzgesetz § 4 1 , 9, 11 Bundesgrenzschutz § 56, 46; § 57, 8 Bundesknappschaft § 57, 9 Bundesministerium § 57, 2 Bundespost § 10, 33; § 57, 6 Bundesstaat § 3, 50 Bundesstaatsprinzip s. Bundesstaat Bundesversicherungsanstalt für Angestellte §57,9 Bundesverwaltung § 57, 1 ff. mittelbare § 57, 9 unmittelbare § 57, 2 ff. Verwaltungsunterbau § 57, 3, 5 ff.

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Sachverzeichnis Bundeswasserstraße Gestattungsvertrag § 46, 22 Gemeingebrauch § 46, 14 Bundeswasserstraßengesetz § 42, 6 Bund und Länder § 3, 50 ff. Gemeinschaftsaufgaben § 3, 54 Gemeinschaftseinrichtungen § 3, 55 Gesetzgebungskompetenzen § 3, 51 f. Verwaltungskompetenzen § 3, 53 ff. Chancengleichheit § 44, 19 Daseinsvorsorge § 2, 5, 56, 62; § 44, 1 Definition § 2, 5 im kommunalen Bereich § 2, 59 ff.; § 5, 2; § 4 8 nutzbare Anstalten § 48 Organisationsform § 31, 1 ff.; § 44, 3 und Verwaltungszweck § 32, 2 f. Datenschutz § 4, 7 f f . ; § 40, 21, 37; § 41, 9 f f . Datenverarbeitung § 4 elektronische § 41, 7 ff. D D R , ehemalige § 3, 15 Deutsche Post § 57, 6 Deutsche Reichsbahn § 57, 7 Eigentumsschutz im Einigungsvertrag § 52, 20 enteignungsgleicher Eingriff § 50, 10 Kommunalverfassung § 57, 17, 25 Staatshaftungsgesetz § 50, 7 ff. Deichgrundstücke, Hamburger § 52, 41 Dekonzentration horizontale § 56, 49 vertikale § 56, 49 Demokratie § 3, 35 ff. Grundgesetz § 3, 35 demokratische Legitimation § 3, 3 7 f f . , s. auch Verwaltung Partizipation § 3, 48 f. Selbstverwaltung § 3, 44 Staatsgewalt § 3, 37 ff. Volkssouveränität § 3, 36 Demokratieprinzip s. Demokratie Demokratisierung der Verwaltung § 55, 14; § 56, 37 Deutsche Einheit § 3, 34 Dezentralisation $ 56, 8, 51 Dezernat § 56, 39

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Dienstanweisungen § 7, 31, s. auch Verwaltungsvorschriften Dienstaufsicht § 1, 20; § 56, 48 Dienstaufsichtsbeschwerde § 5 1 , 28 Dienstbarkeit, öffentlich-rechtliche § 45, 5; §46,20 und gemietete Sache § 48, 5 an Gewässern § 47, 8 Dienstfahrt s. Amtspflichtverletzung Dienstherr § 56, 30 Dienstherreneigenschaft § 56, 10 Dienstleistungsverkehrsfreiheit § 3, 4 Dienstordnung § 7, 59 Dienstpflicht s. Amtspflichtverletzung Dienststelle § 56, 27 Direktorium der Deutschen Bundespost §57,6 Diskriminierungsverbot § 3, 4 Doppelwirkung von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Drittwirkung von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Duldungspflicht des Eigentümers bei Sondernutzung § 46, 20 Gewässereigentum § 47, 7 gesteigerte § 34, 9 des Grundeigentümers bei Immissionen § 34, 8 ff. des Straßeneigentümers § 46, 16 Durchführung des Gemeinschaftsrechts § 3, 16 ff. EDV-Anlagen § 41, 7 ff., 13 Effet-utile § 3, 7 Ehrenkränkung, Beseitigung § 51, 34; § 53, 21 Eid § 40, 8 Eigenbetrieb § 56, 23, 41 Fn. 93 der Gemeinde § 44, 3; § 48, 4 Eigentum § 50; § 51, 1 ff. Ansprüche aus der Sozialversicherung § 52, 24 Bausperre § 52, 39 Bestandsschutz § 52, 25 f. Denkmalschutz § 52, 39 Eingriff in Substanz und gegenwärtige konkrete Werte § 52, 25 f.

Sachverzeichnis Einzelakttheorie § 52,4, 36 Gleichheitsverstoß § 52, 36 Inhalt und Schranken § 52, 24 ff. und Kontrahierungszwang § 46, 24 Naturschutz § 52, 39 obligatorische Rechte § 52, 3, 24 an öffentlichen Sachen § 45, 2 ff. öffentliches § 45, 4 Opfergrenze § 52, 36 Privatnützigkeit § 52, 36 Schutzbereich § 52, 24 ff. Schutzwürdigkeitstheorie § 52, 36 Situationsgebundenheit § 52, 39 Sonderopfer § 52, 36 und Sondernutzung § 46, 18 ff. Sozialbindung § 52, 28, 38 Sozialpflichtigkeit § 52,25 Fn. 59,38 ff. Straßenbauarbeiten § 52, 58 Straßenlärm § 52, 58 subjektive öffentliche Rechte § 52, 24 U-Bahn-Bau § 52, 58 ff. Eingriff in das Eigentum s. Eigentum Eingriffsermächtigung § 5, 5 Eingriffsverwaltung s. Verwaltung Eingriffsvorbehalt § 5, 7 ff. Einheitliche Europäische Akte § 3, 13 Einleitung in Gewässer § 47, 3 ff. Einrichtungen, öffentliche der Kommunen §48 Einrichtungsgarantie § 48, 8 Einschätzungprärogative der Verwaltung §42, 11 Einschreiten, Anspruch auf polizeiliches §51, 16 Einvernehmen § 40, 30 der Gemeinde § 11, 40 Einwendungen im Enteignungsverfahren § 46, 28 im Planfeststellungsverfahren § 46, 4 im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren § 47, 12 Einzelakt und Rechtssatz § 11, 41 ff. Einzelakttheorie § 52, 36 Einziehung und Gemeingebrauch § 46, 16 einer Straße § 46, 16 Eisenbahnkreuzungsgesetz § 42, 6 enteignender Eingriff § 34, 1; § 52, 59 f., s. auch enteignungsgleicher Eingriff

Enteignung Abgrenzung § 52, 24 ff. Eingriff in Substanz und gegenwärtige konkrete Werte § 52, 25 f. Enteignungsbegünstigter § 52, 47 Entschädigung § 52, 40 ff., s. auch Enteignungsentschädigung entschädigungslose § 52, 3 Entzug von Rechten § 52, 17, 28 ff. klassischer Enteignungsbegriff § 52, 1 Objekt der - § 52, 24 obligatorischer Rechte § 52, 3, 24 Opfergrenze § 52, 36 Planfeststellung § 42, 25 Sonderopfer § 52, 36 für Straßenzwecke § 46, 28 Unterlassen § 52, 27 Verfahren § 52, 48 ff. - Einwendungen § 46, 28 Verkehrsplanung § 46, 3 Wohl der Allgemeinheit § 52, 21 ff. zugunsten Privater § 52, 22 ff., s. auch Eigentum Enteignungsbegünstigter § 52, 47, 67 Enteignungsbeschluß § 46, 28; § 52, 49 f. Enteignungsentschädigung § 52, 63 ff. angemessene § 52, 2, 40 Bauerwartung § 52, 43 Beschränkung auf Substanz und gegenwärtige konkrete Werte § 52, 43 Bodenpreise § 52, 45 entgangener Gewinn § 52, 43 Erfordernis einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage § 52, 15 ff. Folgekosten § 52, 42 Gewinn, entgangener § 52, 43 Gruppenenteignung § 52, 41 Junktimklausel § 52, 12, 15 ff., 28 ff. Sozialisierung § 52, 41 Spekulationspreise § 52, 45 f. Verkehrswert/Marktwert § 52, 40 f. Wertminderung des Restgrundstücks § 52, 42 Wiederbeschaffungskosten § 52, 42 Wiederbeschaffungswert § 52, 41 enteignungsgleicher Eingriff § 50, 5 f.; § 52, 9 f., 53 ff. Abgrenzung § 52, 53 ff. 747

Sachverzeichnis

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allgemeines Lebensrisiko § 52, 70 Anliegerrechte § 52, 58 Anspruchsgegner § 52, 67 Ausgestaltung durch den Gesetzgeber § 52, 13; § 53, 3 Begünstigter § 52, 67 Datenverarbeitung, fehlerhafte § 4, 24 D D R § 50, 10 Entschädigung § 52, 63 ff. — Beschränkung auf gegenwärtige konkrete Werte § 52, 65 — Erhöhung der Baukosten § 52, 64 — Erwerbschancen § 52, 64 — Gewinn, entgangener § 52, 65 — good will § 52, 65 — Junktimklausel § 52, , 59 ff. — Verkaufswert/Mietwert § 52, 65 — Weiterentwicklung eines Gewerbebetriebs § 52, 65 Finalität § 52, 59 gezielter Eingriff § 52, 59 legislatives Unrecht § 52, 56; § 53, 36 Lebensrisiko, allgemeines § 52, 70 Mitverschulden § 52, 66 Nutzungsmöglichkeiten § 52, 65 Objekt § 52, 57 f. Plangewährleistung § 53, 36 Primärrechtsschutz § 52, 17 ff. richterliches Urteil § 52, 55 Sonderopfer § 52, 54 Unmittelbarkeit § 52, 62; § 53, 35 Unrecht, legislatives § 52, 56; § 53, 36 Unterlassen § 52, 54 Verfassungsrang § 52, 13 Versagung einer Bauerlaubnis § 52, 54 Versäumung eines Rechtsmittels § 52, 66

Wohl der Allgemeinheit § 52, 55 Enteignungsverfahren § 46, 28; § 52, 48 ff. Entgelt für Anstaltsnutzung § 44, 20 ff. Entnahme aus Gewässern § 47, 4 Entschädigung Aufopferung $ 52, 73 Enteignung s. Enteignungsentschädigung enteignungsgleicher und enteignender Eingriff s. enteignungsgleicher Eingriff, Entschädigung 748

Festsetzung § 46, 28 Polizeirecht § 53, 2 f. Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten § 52, 4 soziale § 53, 5 f. Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft § 3, 6, 8 Entschließungsermessen § 10, 14 Entwässerungsgebühren, Äquivalenzprinzip § 44, 21 f. Entwidmung § 46 Publizität § 48, 7 eines Unternehmens § 48, 5 Enumerationsprinzip § 11, 3; § 56, 44 Entwurf einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg § 36, 7 Erforderlichkeit § 7, 88 s. auch Verhältnismäßigkeit Erlasse § 7, 31, s. auch Verwaltungsvorschriften Erlaubnis Gaststätten- § 13, 10 straßenrechtliche § 46, 21 wasserrechtliche § 47, 13 — Rücknahme § 47, 15 Ermächtigung s. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Ermächtigungsgrundlage § 14, 14 ff., 28, s. auch Vorbehalt des Gesetzes Ermessen § 1 24; § 10, 13 ff.; § 14, 19 Auswahl § 10, 14 Bindungen § 10, 19 ff. Bewirtschaftungs- (Wasserbehörde) §47,4 Entschließung- § 10, 14 grundrechtliche Schranken § 10, 20 f. schulisches § 44, 18 ff. und subjektiv-öffentliches Recht § 10, 57 und subordinationsrechtliche Verträge § 27, 9, 13 und Verwaltungsakt — Nebenbestimmungen § 13, 11 f. - Rücknahme § 16, 23; § 18, 6; § 19, 4 ff. - Widerruf § 17, 13; § 18, 6; § 19, 2 f. verwaltungsgerichtliche Uberprüfung § 10, 17

Sachverzeichnis und Wiederaufgreifen des Verfahrens § 1 9 , 18 ff., 24 anstaltliches Zulassungs- § 44, 18 und Zweitbescheid § 19, 24 Ermessensausübung, Anspruch auf fehlerfreie $ 10, 57 Fn. 237 Ermessensentscheidung Begründung § 41, 18 Nachschieben von Gründen § 41, 44 Verfahrensfehler § 41, 39 Ermessensfehler § 10, 18 ff. als Amtspflichtverletzung § 10, 17 Fehlgebrauch § 10, 17, 19 ff. Koppelungsverbot § 10, 19 Mangel § 10, 18 Mißbrauch § 10, 19 ff. Überschreitung § 10, 18 Unterschreitung § 10, 17 f. Emiessensreduzierung § 10, 22 auf Null § 10, 22 Ermessensrichtlinien § 7, 36, 48 Ermessensschranken § 10, 19 ff., s. auch Ermessensfehler Erörterungstermin § 42, 15 f. Ersatzvornahme § 20, 12, 14; § 30, 14 aufsichtliche § 38, 1 Erschließungsbeitrag § 25, 4 Erschließungsvertrag § 25, 4 Erstattungsanspruch, öffentlich-rechtlicher § 16, 16 ff.; § 3 0 , 19 ff. bei Widerruf § 30, 23 ff. bei Zweckverfehlung § 30, 24 ff. Erwerbstätigkeit der öffentlichen Hand § 2, 61 ff. Estoppel-Prinzip § 3, 7 Fn. 36 Etat s. Haushaltsplan Europäischer Gerichtshof § 3, 2, 31 Europäisches Gemeinschaftsrecht § 3, 1 ff.; § 7 , 95 ff. Binnenmarkt § 3, 4 Dienstleistungsverkehrsfreiheit § 3, 4 Diskriminierungsverbot § 3, 4 Effet-utile § 3, 7 Entscheidung § 3, 6, 8 Europäischer Gerichtshof § 3, 2, 31 Europäische Grundrechte § 3, 5 Gemeinsamer M a r k t § 3, 4 Grundfreiheiten § 3, 4

und innerstaatliches Recht § 8 , 3 ff. Personenverkehrsfreiheit § 3, 4 primäres Gemeinschaftsrecht § 3, 3; § 7, 96, 97, 99 Rechtsschutz gegen EG-Normen § 3, 31 Richtlinien der EG § 3, 6 Rücknahme von Verwaltungsakten § 3, 25 ff. sekundäres Gemeinschaftsrecht § 3, 6 ff.; § 7 , 96, 97, 99 Transformation des Gemeinschaftsrechts § 3, 18 f. Vollzug des Gemeinschaftsrechts § 3, 16 ff. Vorrang des Gemeinschaftsrechts § 3, 11 ff. Warenverkehrsfreiheit § 3, 4 Europäische Grundrechte § 3, 5 Evokationsrecht § 56, 36 Fachaufsicht § 1, 20; § 56, 48, 52 Fachbereichsrat § 56, 37 Fachplanung § 42, 3 Bauleitplanung § 42, 3 Raumordnung und Landesplanung §42,3 falsa demonstratio § 14, 21 Fehlerhaftigkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Fehlerwiederholung, Anspruch auf § 10, 21 Feststellungswirkung von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Finanzvermögen § 45, 13 Fiskalgeltung der Grundrechte § 3, 62 Fiskus § 2 , 58 ff. Begriff § 2, 58 Fiskustheorien § 2, 58 Grundrechtsbindung § 44, 4; § 46, 24 - modifizierte § 44, 4 Flughafenanlegung/-änderung § 4 2 , 6 Folgenbeseitigungsanspruch § 20, 18; § 34, 2; § 5 3 , 15 ff. actio negatoria § 53, 19, 21 Entwicklung und Grundlagen § 53, 15 ff. Herstellungsanspruch § 53, 30 ff. Restitutionsanspruch § 53, 22 ff.

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Sachverzeichnis Folgenbeseitigungslast § 53, 28 ff. Form eines Antrags § 39, 4 von automatisierten Bescheiden § 41, 14 des Verwaltungsaktes § 41, 5 ff., s. auch Verwaltungsakt von Willenserklärungen § 23 a, 6 Formenwahl, Freiheit der § 31 Formulare § 4, 21 Formvorschriften § 4, 23 Frist für Antrag § 39, 4 Funktionstheorie s. Amtspflichtverletzung

Gemeingebrauch § 43; § 45, 3, 5; § 46, 1 ff. an Bundeswasserstraßen § 46, 14 und Einziehung § 46, 16 gesteigerter § 46, 26 an öffentlichen Sachen § 46, 2 ff. - Beteiligte §46, 2 ff. Recht, individuelles auf - § 46, 10 ff. Rechtsnatur § 46, 16 an Straßen § 46, 14 Wesensmerkmale § 46, 11 Gemeinsamer M a r k t § 3, 4 Gemeinsames Recht § 2, 19 Gemeinschaftsaufgaben § 55, 21 Gemeinschaftseinrichtungen § 55, 22 Genehmigung

Gebäude, öffentliche, Hausrecht § 49 Gebühr § 20, 4; § 44, 1; § 56, 13, 18 Benutzungs- § 44, 20 — für privilegierte Sondernutzung §44, 22 und Entgelt § 44, 1 kommunale Entwässerungs- § 44, 24 Studien- § 56, 13 Telefon- § 44, 22 Gebührenbescheid § 44, 25 Gebührenmaßstab § 44, 21 ff. Gebührensatz § 44, 21 ff. Gefährdungshaftung, öffentlich-rechtliche

Bau- § 10, 3; § 11, 40; § 13, 4 kommunalaufsichtsbehördliche § 11, 39 Fn. 161 schiffahrtspolizeiliche § 46, 22 strompolizeiliche § 46, 18 ff. Generalermächtigung, Generalklausel § 7, 80; § 10, 13 Geschäftsführung ohne Auftrag § 30, 8 ff. Erstattungsfähigkeit von Kosten zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung § 30, 12 ff. Finanzausgleich § 30, 12 ff. Geschäftsführung durch den Bürger § 30, 15

§ 52, 62; § 53, 35 Gefahrenabwehr § 2, 4, 45 Gemeinbenutzung, Anstaltsnutzung § 44, 11 Gemeinde § 55, 20; § 56, 8, 11, 27, 44 ff.; § 57, 14, 18 ff. Allzuständigkeit § 56, 44 Beteiligung an Planungen § 42, 20 kreisangehörige § 55, 8 Mitwirkung an Planungen § 42, 4 Planungshoheit § 42, 4, 20, 28 Gemeindebezirksverwaltung § 57, 26 Gemeindedirektor § 57, 21 Gemeindeordnung § 57, 17 ff. Gemeinderat § 57, 19 ff. Gemeindeverband § 56, 8,11; § 57, 26 ff. Gemeindeverfassung §57, 18 ff. Gemeindeversammlung § 57, 19 Gemeindevertretung §57, 19 f., 22 f. Gemeindeverwaltung §57, 18 ff.

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Untätigkeit der Behörde § 30, 18 Geschäftsordnung § 7, 67 Geschäftsverteilungsplan § 56, 38 Gesetz als Auftrag § 5, 4 als Eingriffsermächtigung § 5, 7 ff. als Schranke des Verwaltungshandelns §5, 6 Begriff § 5 , 11; § 6 , 8; § 7, 4 ff. - dualistischer § 7, 4 - formeller § 7, 5 - materieller § 7, 5 und Verwaltungsvorschrift § 7, 42 s. auch Rechtssatz, Rechtsnorm Gesetzesfreie Verwaltung § 14, 19 Gesetzesvollziehungsanspruch § 10, 52 Gesetzesvorbehalt § 2, 46, 51 f.; § 3, 59; § 5, 5, 7 ff. allgemeiner § 5, 9 Begriff § 2, 46

Sachverzeichnis und besonderes Gewaltverhältnis § 3, 63; § 7 , 60 ff. und Eingriffsverwaltung § 2, 45 f. institutioneller § 56, 3 und Leistungsverwaltung § 2, 47 ff. und Organisation der Verwaltung § 56, 3 f. und Pressesubventionierung § 14, 18 Problematik § 5 , 10 ff. und Schulverhältnis § 14, 16 spezieller § 5, 8 und verwaltungsrechtlicher Vertrag § 2 7 , 10 ff. und Verwaltungsvorschriften § 7, 31 und Zuständigkeitsregelungen § 7, 45 s. auch Vorbehalt des Gesetzes Gesetzgebung, Begriff § 1, 8 ff. Gesetzgebungsbefugnis § 3, 51; § 7, 12 Gesetzgebungskompetenzverteilung § 3, 19, 51 ff. Gesetzgebungslehre § 7, 10 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung § 40, 26 s. auch Verwaltung, öffentliche, Vorbehalt und Vorrang des Gesetzes Gestaltungsformen der Leistungsverwaltung § 44, 1 ff. Gestaltungsfreiheit planerische § 42, 8, 11, 13 des Verordnungsgebers § 7, 21 Gestattungsvertrag (Bundeswasserstraße) § 46, 22 Gewässer Benutzung § 47 - erlaubnisfreie § 47 Bewirtschaftung § 47, 3 Bewirtschaftungsermessen § 47, 3 Dienstbarkeit, öffentlich-rechtliche §47, 8 Gütezustand, Mindestbestandsschutz § 47, 10 schiffbare - Unterhaltungspflicht § 47, 20 - Widmung, doppelte § 47, 19 Widmung § 47, 3 ff. Gewässerausbau § 42, 6 Gewässerbenutzungsverträge § 47, 8 Gewässerbett Inanspruchnahme § 47, 10 Gewässereigentum Duldungspflichten § 47, 7 ff.

Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche § 47, 11 ff. Gewässernutzung dualistisches System § 47, 7 Zwangsrechte § 47, 8 Gewaltenhemmung § 12, 5, s. auch Gewaltentrennung Gewaltenkontrolle § 12, 5, s. auch Gewaltentrennung Gewaltenteilung § 12, 5, s. auch Gewaltentrennung informationelle § 4, 16 Gewaltentrennung § 1, 8 Gewaltenverlagerung § 12, 5, s. auch Gewaltentrennung Gewaltenverschränkung § 12, 5, s. auch Gewaltentrennung Gewaltverhältnis, besonderes § 14, 16 s. auch besonderes Gewaltverhältnis Gewohnheitsrecht § 7, 71 ff., 91 allg. Grundsätze des Verwaltungsrechts und § 7, 74 ff. Erstattungsanspruch § 30, 20 Geltungsraum § 7, 74 Observanz § 7, 74 Rechtserzeugungsvoraussetzungen § 7, 73 gleichförmige Eingaben § 40, 4 gemeinsamer Vertreter § 40, 4 Gleichheit im Unrecht § 7, 47; § 10, 21 Gleichheitssatz § 7, 3, 48 f.; § 10, 20 f.; § 47, 18 f. Grundfreiheiten § 3, 4 Grundrechte § 3, 60 als Ermessensschranken § 10, 20 Besonderes Gewaltverhältnis § 3, 63 Fiskalgeltung § 3, 62 als objektivrechtliche Wert- und Steuerungsvorhaben § 10, 55 als Organisationsmaximen und Verfahrensgarantien § 3, 61 als subjektiv-öffentliche Rechte § 10, 53 ff. und Verwaltung § 3, 33 ff., 60 ff. Grundverhältnis § 3, 63; § 11, 36; § 44, 13, 16 ff. Gruppe § 56, 37, 39 Haftung für Hochwasserschäden § 47, 20 Handlungsfähigkeit verwaltungsrechtliche § 10, 39 ff. 751

Sachverzeichnis verwaltungs-verfahrensrechtliche § 10, 41 f. Handlungsformenwahl und Übermaßverbot § 27, 3; § 35, 4 Handwerkskammer § 57, 16 Haushaltsgesetz § 5, 14; § 7, 6 Bepackungsverbot § 5, 14 Haushaltsplan § 2, 52; $ 5, 14; § 14, 18; § 21, 1; §22, l f f . Haushaltsrecht an öffentlichen Gebäuden §49,4 Hausverbot § 49, 4 Heilung rechtswidriger Verwaltungsakte s. Verwaltungsakt Heilung von Verfahrensfehlern § 40, 15; §41, 19, 31, 41 ff. Herstellungsanspruch § 53, 30 ff. Hilfsreferent § 56, 39 Hochschule § 57, 16, s. auch Universität Hochwasserschäden, Haftung § 47, 20 hoheitlich (Definition) § 11, 18 Hoheitsfahrt s. Amtspflichtverletzung Identität der Verfassung § 3, 12 Immissionen § 52, 60; § 53, 21 hoheitlich bewirkte § 34, 8 ff. Impfschäden § 52, 69, 72 f.; § 53, 5 Inanspruchnahmeverfügung § 45, 10; § 46, 8 Indienststellung § 45, 7; § 46, 7 Individualgesetze § 7, 6 Individualrechtsschutz in der EG § 3, 31 Industrie- und Handelskammer §56, 11; § 57, 16 informales Verwaltungshandeln § 35 Information, Recht auf § 40, 7 informationelle Selbstbestimmung § 3, 61; §4, 7; §41, 10 Ingerenzrecht § 55, 20 Inhalt und Schranken des Eigentums s. Eigentum Interessentheorie § 2, 13 Inventarisierung, Widmung § 48, 7; § 49 Junktimklausel § 52, 1 Juristische Person des öffentlichen Rechts § 56, 10 Jus eminens § 52, 1 Justizförmigkeit der Verwaltung § 36, 6 752

Kabinettsorder, preußische von 1831 § 52, 1, 56 Kapitalverkehrsfreiheit § 3, 4 Kehrseitentheorie § 30, 29 Kirche § 56, 7, 14 Klagebefugnis § 11, 38; § 19, 23; § 40, 2 Planfeststellung §41, 28 f. Wiederaufgreifen des Verfahrens § 19, 23 Klagefrist § 15, 1 Körperschaft § 2, 2; § 56, 11 ff.; § 57, 9, 16 bundesunmittelbare § 55, 19; § 56, 4; § 57, 1 Fn. 1 Gebiets- §56, 11; §57, 18, 27 Personal- § 56, 11 Real- §56, 11 Selbstverwaltungs- § 56, 7, 37 Verbands- § 56, 11 Kollegialbehörde § 56, 35 Kollusion § 27, 21 Kommunalaufsicht § 11, 39 Kommunalverfassung, D D R , fünf neue Länder § 57, 17, 25 Kommunalverwaltung § 2, 2; § 57,16, 17 ff. Kommunikationsfunktion der Straße § 46, 12 Kompetenz § 56, 44 ff., 47ff., 51 ff. kraft der Natur der Sache § 55, 20 Kompetenz-Kompetenz § 56, 45 Kompetenzkonflikt § 56, 46 Konkordanzprinzip § 8, 11 Kontrahierungszwang § 32, 5 Anstaltsnutzung § 44, 1 ff. und Benutzungsentgelt § 46, 24 und Eigentum § 46, 24 Sondernutzung § 46, 24 Kontrastorgan § 56, 46 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten § 7, 103 Konversion § 41, 42 ff. von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt, Umdeutung Konzentration horizontale § 56, 49; § 57, 12 vertikale § 56, 49 Konzeptgenehmigung § 41, 32 Konzesssionsvertrag § 46, 21 Kopplungsverbot § 10, 19; § 27, 14

Sachverzeichnis Kopplungsvorschrift § 10, 24 Kosten Verwaltungsakt § 41, 23 Widerspruchsbescheid § 41, 23 Kostendeckungsprinzip § 44, 23 Kostenentscheidung bei Verwaltungsakten § 41, 23, s. auch Verwaltungsakt Kreis § 55, 8 Kreisausschuß § 57, 29 Kreisordnung § 57, 17 Kreistag § 57, 29 Kriegsopferversorgung § 52, 70; § 53, 5 Landesbehörde mittlere § 57, 12 obere § 57, 11 oberste §57, 11 untere § 57, 14 Landesversicherungsanstalt § 57, 9 , 1 1 Landesverwaltung § 57, 10 ff. mittelbare § 57, 16 unmittelbare § 57, 11 ff. Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein § 36, 4, 14 Landgemeinde § 55, 4, 9; § 57, 22 Landkreis § 55, 9 ff.; § 57, 14, 18, 27 ff. Landrat § 56, 53; § 57, 14 Landratsamt § 57, 14 Landschaftsverband § 57, 30 Landwirtschaftskammer § 57, 16 Lebensrisiko, allgemeines § 52, 70 legislatives Unrecht § 51, 19; § 52, 56 Leistungsbescheid § 16, 18; § 20, 5; § 30, 29 Leistungsklage, allgemeine § 34, 2; § 44, 17 Leistungsverwaltung s. Verwaltung Gestaltungsformen § 44, 1 ff. lex-posterior-Regel § 9, 4 lex-specialis-Regel § 8, 11 Linienführung, Bundesfernstraße § 41, 33; § 42, 20 Luftverkehrsgesetz § 42, 6 Magistratsverfassung § 57, 23 Mandat, imperatives § 56, 2 Massenverfahren § 1, 23; § 36, 15; § 40, 4; § 4 1 , 31; §.42, 5 Massenverwaltungsakt s. Verwaltungsakt Maßnahmegesetz § 1, 9 f.; § 7. 6 Ministerialfreier Raum § 3, 43

Mischverwaltung § 55, 21 f. Mitbestimmung § 3, 40 direktive § 3, 42 personelle § 3, 41 Mitverschulden Amtspflichtverletzung § 5 1 , 27 f. Aufopferung § 52, 66 Fn. 194 enteignungsgleicher Eingriff § 52, 66 Folgenbeseitigung § 53, 22 Mitwirkung von Behörden und Verwaltungsträgern § 4 0 , 29 ff. von Bürgern § 3, 48 f. Nachholung § 40, 33 Mitwirkungsakt § 40, 31 Mitwirkungspflicht des Beteiligten § 40, 6 f. Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes § 36, 13 Nachbar, Verkehrsweg § 46, 5 Nachbarrecht, wasserrechtliches § 47, 11 Nachschieben von Gründen §41, 19, 42 ff. Nebenbestimmungen § 13; § 14, 33 eines Verwaltungsakts s. Verwaltungsakt, Auflage, Bedingung, Befristung Nichtakt § 11, 15; § 14, 21 Nichtigkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Normalbenutzung bei Anstaltsnutzung §44, 12 Normenhierarchie § 8, 8 ff. Normverwerfungskompetenz der Verwaltung § 3, 10, 22 Notar § 56, 26 Notzuständigkeit § 56, 45 numerus clausus bei Anstaltsnutzung § 44, 8, 16 Nutzungsordnung, anstaltliche § 10, 49; § 4 4 , 2 ff. - öffentlich-rechtliche § 44, 2 ff. - privatrechtliche § 31, 3; § 44, 2 ff. - und Rechtsweg § 44, 3 f. Oberfinanzdirektion § 57, 5 Oberfinanzpräsident § 57, 5 Oberkreisdirektor § 56, 53; § 57, 14 Oberlieger § 47, 11 Observanz § 7, 74 Öffentliche Meinung § 1, 20 753

Sachverzeichnis Öffentliche Sicherheit und Ordnung § 1 , 1 4 ; §2,54 Öffentlicher Dienst § 1, 26 f. Öffentliches Interesse § 1, 12 ff.; § 2, 3, 62; § 15, 1; § 16, 8 öffentliches Recht Einwirkungen auf das Privatrecht § 2, 38 ff. Existenzberechtigung § 2, 9 Geltung § 2, 2 4 ff. Handlungsform des — § 10, 1 f. Unterscheidung vom Privatrecht 5 2, 12 ff. Wahlfreiheit zwischen öffentlichem und privatem Recht § 2, 26 ff. Öffentliche Verwaltung s. Verwaltung, öffentliche Offizialprinzip § 39, 1 Opfergrenze Aufopferung § 52, 7 0 Eingriff in das Eigentum § 5 2 , 36 Opportunitätsprinzip und Amtspflichtverletzung § 51, 16 Optimierungsgebot § 42, 9 Organisation § 5 5 , 1 ff. Organisationsakt s. Verwaltungsakt Organisationserlaß, Bundeskanzler § 5 6 , 5; § 57, 2 Organisationsform der Daseinsvorsorge §44,3 Organisationsgewalt § 56, 1 ff. Organisationsplan § 5 6 , 36 Organisationsrecht § 5 6 Organleihe § 56, 18 Organrecht § 10, 3 6 , 65 Organwalter § 56, 35 Ortsbezirk § 5 7 , 2 6 Parteien, politische, Rechenschaft über ihre Mittel § 1, 14 Partizipation § 3, 48 f.; § 3 8 , 8 f. Personal s. Verwaltung Personalakten § 4 0 , 20 Personenbeförderungsgesetz § 4 2 , 6 Personenbezogene Daten § 4 1 , 10 Übermittlung § 4 0 , 36 Zweckbindung § 41, 10 Personen Verkehrsfreiheit § 3, 4

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Persönlichkeitsbeeinträchtigung § 3 4 , 7 Petition § 1, 2 0 Pflichtennachfolge s. Rechtsnachfolge Plan §§ 21, 22, 23 Arten § 2 1 , 1 f.; § 2 2 Bebauungsplan § 21, 1; § 2 2 , 2 ff.; § 2 3 , 3; § 2 5 , 4; § 46, 3 Geschäftsverteilungsplan § 5 6 , 38 als Handlungsform § 2 2 Haushaltsplan § 5, 14; § 21, 1; § 22, 1 ff.; § 5 6 , 3, 38 imperativer § 22, 4 indikativer § 22, 4 influenzierender § 22, 4 normativer § 22, 4 Organisationsplan § 56, 38 Raumordnungsplan § 2 2 , 8 Stellenplan § 5 6 , 38 Wirtschaftsplan § 5 6 , 25 Plänänderung § 2 3 , 4 ff. Planfeststellung abschnittsweise § 42, 8 Anhörungsverfahren § 4 1 , 14 f. Anspruch auf - § 42, 1 Antrag auf - § 4 2 , 15 Einheitlichkeit § 4 2 , 7, 22 Enteignung § 4 2 , 25 ergänzend § 42, 8 Ersetzungswirkung § 42, 2 2 Gegenstand § 4 2 , 21 gemeinnützige § 4 2 , 12 Gestaltungswirkung § 4 2 , 7 , 2 1 , 23 gesetzliche § 4 2 , 7 Inhalt § 4 2 , 8 ff. Konzentrationswirkung § 4 2 , 2, 7 , 21 f. Nebenbestimmungen § 4 2 , 23 Planänderung § 4 2 , 8, 16, 2 9 Planaufhebung § 4 2 , 29 Planergänzung § 4 2 , 8, 29 Planrechtfertigung § 42, 9, 12 Planprüfung, gerichtliche § 4 2 , 13 privatnützige § 4 2 , 12 privatrechtsgestaltende § 4 2 , 2 4 Prognose § 4 2 , 11 Rechtmäßigkeit § 4 2 , 18 Rechtsschutz § 4 2 , 27 Rechtsstaatlichkeit § 42, 18 Schutznorm § 4 2 , 2 9

Sachverzeichnis Planbefolgung § 23, 5 Planfeststellungsbeschluß § 41, 21; § 42, 1, 5, 21 ff.; § 46, 3 ff. Auflagen § 42, 23 Bedingungen § 42, 23 Begründung § 42, 26 Bestandskraft § 42, 26 Planfeststellungsrecht § 42, 1 ff. Planfeststellungsverfahren § 22, 2; § 37, 11; §42, l f f . , 14 ff.; § 4 6 , 3 Anhörungsverfahren § 42, 14 f., 18 Einwendungen § 42, 15 f. enteignungsrechtliches § 46, 28 Entscheidung § 42, 18 Klagebefugnis § 42, 28 f. Planfeststellungsvorbehalt § 42, 7 Planfortbestand, Anspruch auf § 23, 5 Plangenehmigung § 42, 7 Plangewährleistung § 23, 4 ff. Begriff § 23, 4 präventive § 23, 6 Planung §§ 21, 22, 23 Abwägungsgebot § 23, 1 Anspruch auf § 23, 3 Arten §§ 21, 22 Bauleitplanung § 22, 7; § 46, 3 Fach- § 22, 7 Flexibilität und Kontinuität § 23, 4 f. Gesamt- § 22, 7 Planungsermessen § 5, 2; § 23, 1; § 42, 8, 13 Begriff § 23, 1 Beschränkungen § 23, 1 Planungshoheit, Gemeinde § 42, 4, 20, 28 Planungsleitsätze § 42, 9 Planungsschranken, rechtliche § 42, 7 Planungsverband § 26, 2 Planvollzug, Anspruch auf § 23, 5 Polizei Amtshaftung § 51, 16 Entschädigungsvorschriften § 53, 2 f. Polizeipflicht, Behörde s. Verwaltungsträger Postzustellungsurkunde § 41, 30 Potestativbedingung § 13, 4, 7 Präjudiz § 7, 83 f. Präklusion von Einwendungen § 41, 34 im Planfeststellungsverfahren § 42, 16 Präklusionswirkung § 19, 23

Pressesubventionierung § 14, 18, Fn. 62 Primäres Gemeinschaftsrecht § 3 , 3 ff. Prinzip der Einzelermächtigung § 3, 6 Privatnützigkeit § 52, 36 Privatrecht Einwirkungen auf das öffentliche Recht § 2, 44 Flucht in das § 31, 3 Geltung § 2, 24 ff. Handlungsformen des § 10, 2 Unterscheidung vom öffentlichen Recht § 2 , 12 ff. Wahlfreiheit zwischen öffentlichem und privatem Recht § 2, 26 ff. Privatrechtsordnung und EG § 3, 17 Problembewältigung, Grundsatz der § 42, 7, 10, 23 Projektgruppe § 56, 37 Prozessualisierung des Verwaltungshandelns § 36, 10 f. Prüfungsakten § 40, 20 Prüfungsentscheidungen und verwaltungsgerichtliche Nachprüfung § 10, 10; § 4 4 , 19 Prüfungspflicht der Verwaltung gegenüber Normen § 40, 23 Publizität der Entwidmung § 48, 7 der Widmung § 48, 7 Rat, behördlicher § 40, 22 ff. Ratsverfassung norddeutsche § 57, 21 süddeutsche § 57, 24 Realakt § 20, 18; §§ 33, 34 Recht, formelles s. subjektiv-öffentliches Recht Recht auf Gehör § 36, 13, 15; § 38., 8; § 40, 2, 12 ff.; § 41, 46. Rechtliches Gehör s. Recht auf Gehör Rechtmäßigkeit der Verwaltung § 5, 7 ff. von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Rechtsanwaltskammer § 56, 11; § 57, 16 Rechtsaufsicht § 1, 20; § 56, 53 Rechtsbegriff, unbestimmter § 7, 80; § 10, 4 ff. Rechtsfähigkeit § 2, 2; § 10, 31 ff.; § 56, 7 f., 10, 15 ff., 27 755

Sachverzeichnis Innenrechtsfähigkeit § 10, 36, 38 Teilrechtsfähigkeit § 2, 2; § 10, 33; §56,7 Vollrechtsfähigkeit § 10, 33 Rechtshilfe § 40, 34 Rechtsinformatik § 41, 7, 12 Rechtskraft § 41, 47 f., s. auch Verwaltungsakt Rechtsmittelbelehrung § 41, 20 Fehler § 41, 20 Zweitbestand § 19, 22 Rechtsnachfolge § 10, 66 ff.; § 30, 28 Rechtsnorm $ 6 Begriff § 6, 7 ff. und Einzelakt § 11, 42 ff. und Rechtsquelle § 6, 2 ff. Rechtsprechung § 1, 9 f. Rechtsquellen §§ 6 ff. abgeleitete § 7, 12, 16, 62, 65 Arten § 7 — allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts § 7, 87 ff. — Europäisches Gemeinschaftsrecht § 7 , 95 ff. — Gesetz § 7 , 2 ff. förmliches § 7, 7 — Gewohnheitsrecht § 7, 71 ff. — Rechtsverordnung § 7, 12 ff. — Richterrecht § 7, 77 ff. — Satzung § 7, 63 ff. — Sonderverordnungen § 7, 58 ff. — Verfassungsgesetze § 7, 2 f. — Verwaltungsvorschriften § 7, 30 ff. — Völkerrecht § 7, 100; § 8, 2 Begriff § 6 , 2 ff. Geltungsbereich § 9 — räumlicher § 9, 8 — persönlicher § 9, 9 — zeitlicher § 9, 1 ff. Außerkrafttreten § 9, 2 ff. Inkrafttreten § 9, 1 Rückwirkung § 9, 6 vorkonstitutionelles Recht § 9, 7 Rangordnung § 8 Textsammlungen § 7, 8 Rechtsquellenlehre $ 6 Aufgabe § 6, 10

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Rechtssatzbegriff historisch-konventioneller § 6, 8; § 7, 41, 60, 86 rechtstheoretischer § 6, 9 Rechtssatz und Einzelakt Rechtsschutz § 1, 20; § 3, 31, 56; § 11, 3; § 1 2 , 5; § 5 6 , 6 des Anstaltsbenutzers § 44, 15 ff. - Klageart § 4 4 , 15 ff. — bei Prüfungsentscheidungen § 44, 19 - Umfang § 44, 15 ff. automatisierter Bescheid § 41, 14 gegen EG-Normen § 3, 31 unanfechtbarer Verwaltungsakt § 19, 21 ff. Verwaltungsvollstreckung § 20, 7 ff., 18 f. s. auch Anfechtungsklage, Leistungsklage, Verpflichtungsklage Rechtssetzung dekonzentrierte § 7, 66 delegierte § 7, 12 dezentralisierte § 7, 66 rechtswidrige s. Unrecht, legislatives Rechtssicherheit § 16, 2, 27; § 17, 3; § 19, 5 Rechtsstaat § 3, 56 ff. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung § 3, 57 ff. Handlungsmaßstäbe für die Verwaltung § 3, 65 und Verwaltungsverfahren § 3, 64; §37, 8 Vorbehalt des Gesetzes § 3, 59 Vorrang des Gesetzes § 3, 58 Rechtsstaatsprinzip § 16, 2, s. auch Rechtsstaat Rechtssubjektivität § 10, 35 Rechtsverhältnis § 10, 2 s. auch Verwaltungsrechtsverhältnis Rechtsverletzung § 44, 15 Rechtsverordnung § 7, 12 ff., 30, 65; § 10, 1 Bundesrechtsverordnung § 7, 26 - Zustimmung des Bundesrates § 7, 27 — Zustimmung des Bundestages § 7, 28 — Zustimmung durch Parlamentsausschüsse § 7, 28

Sachverzeichnis Erlaßverfahren § 7, 25 ff. Ermächtigungsgrundlage § 7, 16 - Bestimmtheitsgrundsatz § 7, 18 Gesetz und - § 7, 14 ff. gesetzesändernde § 7, 19 gesetzesvertretende § 7, 20, 36 Polizeiverordnung § 7, 18; § 9, 3, 5 Subdelegation § 7, 24 Verkündung § 7, 29 Verordnungsermächtigung § 7, 15 ff., 23, 65 Verordnungsermessen § 7, 21 Verordnungsgeber § 7, 22 ff. - Gestaltungsfreiheit § 7, 21 Rechtsweg § 2, 65 Realakt § 34, 2 verwaltungsrechtlicher Vertrag § 28, 5 f. verwaltungsrechtliches Verwahrungsverhältnis § 30, 7 Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Referat § 56, 39 Referentengruppe § 56, 39 Regelung § 11, 20 ff. Regiebetrieb § 2, 61; § 56, 23, 41 Fn. 93 Regierung § 1, 7 ff. Regierungsbezirk § 56, 12 ff.; § 57, 13 Regierungspräsident § 56, , 48; § 57, 13, 30 Regime, öffentlich-rechtliches § 4 5 , 2 ff.; §46,2 Region § 55, 12 Regionalverband § 57, 31 Reichsämter § 55, 15 f. Reichsgesetze § 9, 7 Reichsverwaltung § 55, 15 ff. Remonstration § 40, 27; § 44, 26 Richterrecht § 7, 71, 77 ff., 92 Generalklausel und — § 7, 80 Gewaltenteilung und — § 7, 81 Problematik § 7, 78 Rechtsfortbildung § 7, 79 unbestimmte Rechtsbegriffe und

Ermessensrichtlinien § 7, 36, 48 der Europäischen Gemeinschaften § 3, 6 ff.; § 7 , 96, 98 Steuerrichtlinien § 7, 46 Subventionsrichtlinien § 7, 36, 46 Versetzungsrichtlinien § 7, 59, 61 Rücknahme von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt nach Gemeinschaftsrecht § 3, 25 ff. Rückwirkung von Gesetzen § 9, 6 Rundfunkanstalt § 2, 65; § 56, 7, 19, 42; § 57, 9, 16 Sachbearbeiter § 56, 39 Sache fremde, Widmung § 46, 28 gemietete und öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit § 48, 5 öffentliche § 43; §§ 45 ff. — Anstaltsgebrauch § 48 - Begriff § 4 5 — Gemeingebrauch § 46 - Sondergebrauch § 47 — Verwaltungsgebrauch § 49 Sachenrecht, öffentliches und Anstaltsorganisation § 48, 3 ff. und Anstaltsrecht § 48, 3 ff. Statusrecht § 45, 12 Sachverständiger § 40, 2, 8 Samtgemeinde § 57, 28 Satzung § 7, 63 ff.; § 10, 1, 49; § 56, 22 Abgrenzung zur - GeschäftsO § 7, 67 - RechtsVO § 7, 65 f. Begriff § 7, 63 Funktion § 7, 63 Genehmigung gemeindlicher Satzung

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§ 7 , 80 Verbindlichkeit § 7, 82 ff. Verwaltung und - § 7, 84 Richtlinien § 7, 31, s. auch Verwaltungsvorschriften

§ U , 39 Inhalt § 7, 68 f. Rechtserzeugung § 7, 70 Satzungsgewalt § 7, 63, 68 Grundrechte und - § 7, 69 Schadensersatz, Abgrenzung zur Entschädigung § 52, 64 f. Schiffahrtsrecht § 46, 14 Schülerlotse § 56, 26 Schuldverhältnisse, verwaltungsrechtliche § 1 0 , 50; § 3 0 , 1 ff.; § 53, 8 ff.

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Sachverzeichnis Schule, öffentliche § 56, 41 Schulverhältnis und Gesetzesvorbehalt § 14, 16 Schutznormlehre § 10, 58 Schutzwürdigkeitstheorie § 52, 36 Selbstbindung der Verwaltung § 4, 20; § 7, 48 f., 88, 102; § 10, 20 ff.; § 14, 19; § 4 1 , 56 Selbsteintrittsrecht § 38, 1; § 56, 45 Selbstverwaltung § 3, 44 ff.; § 38, 8; § 57, 9, s. auch Demokratie kommunale § 3, 45; § 5, 2; § 55, 8, 20; § 5 6 , 51, 53; § 5 7 , 10, 17 ff. funktionale § 3, 46 f. Sonderabnehmer § 44, 11 Sonderbenutzung, Anstaksnutzung § 44, 11 Sondergebrauch öffentlicher Sachen § 43; §47 Sondernutzung § 46, 18 ff. Duldungspflichten des Eigentümers § 46, 20 und Eigentum § 46, 21 ff. Friedhöfe § 44, 12 Kontrahierungszwang § 46, 24 an Straßen § 46, 12 Straßenhandel § 46, 23 System, dualistisches § 46, 20 ff. Sonderrechtstheorie § 34, 3 Sonderrechtsverhältnis § 7, 61 s. auch Besonderes Gewaltverhältnis Sonderverbindungen zwischen Verwaltung und Bürger § 10, 27; § 30, 1 ff. Geltung der Vorschriften des B G B § 30,

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Sondervermögen § 56, 23; § 57, 6 f. Sonderverordnung § 6, 9; § 7, 31, 58 ff. Begriff § 7, 59 Problematik § 7, 60 ff. Sozialbindung des Eigentums § 1, 16; § 52, 28, 38 ff. Sozialisierung § 52, 41 Sozialpflichtigkeit des Eigentums § 52, 25 Fn. 59, 38 ff. Sozialstaat § 3, 41, 66 f. Sozialstaatsprinzip § 5, 14; § 7, 13; § 10, 20; § 21, 2; § 23, 3, 5 Sozialversicherung s. Versicherungsträger Sparkasse, kommunale § 56, 19 758

Staatsgewalt § 2, 22 f.; § 3, 36 ff., s. auch Demokratie Staatshaftung Amtshaftung § 5 1 , 7 ff. Aufopferung § 52, 68 ff. enteignungsgleicher Eingriff § 52, 9 ff. Staatshaftungsgesetz § 54, 1 ff. der D D R § 5 0 , 7 ff. Grundzüge § 54, 5 ff. Verfassungswidrigkeit § 54, 3 Staatshaftungsrecht, Lücke im § 50, 3 Staatsverwaltung, mittelbare § 2, 2; § 56, 7, 37, 51, 53 unmittelbare § 56, 35, 37, 51 Stadt kreisangehörige § 57, 18 kreisfreie § 5 5 , 9 f.; § 5 7 , 18 Stadtdirektor § 57, 21 Stadtrat § 57, 19 Stadtstaat § 55, 11; § 57, 10, 14, 27 Standort-Vorbescheid § 41, 32 Stellenplan § 56, 38 Steuer § 20, 4; § 56, 14 Stiftung des öffentlichen Rechts § 2, 2; § 56, 20 ff. Straße Bebauungsplan § 46, 3 Gemeingebrauch § 46, 10 ff. gewerbliche Betätigung § 46, 12 Kommunikationsfunktion § 46, 12 Verkehrsfunktion § 46, 12 Straßenbahnbau/-änderung § 42, 6 Straßenbaulastträger § 46, 6, 21, 27 Straßeneigentümer, Duldungspflicht § 46, 23 Straßenhandel, Sondernutzung § 46, 23 Straßenrecht § 46 Studentenschaft § 56, 11 Studentenwerk § 56, 18, 53 Subjektionstheorie § 2, 14 Subjektiv-öffentliches Recht § 10, 52 ff.; § 4 4 , 17; § 4 6 , 10 ff. Außenrechts-/Innenrechtsbereich § 10, 55 Begriff § 10, 52 bei Betroffenheit von Nichtadressaten § 10, 54 ff. Schutznormlehre § 10, 58

Sachverzeichnis des Staates § 10, 64 im Verfahrensrecht § 10, 62 f. Subjektstheorie § 2, 15 ff.; § 25, 5 formale § 2, 16 ff. materielle § 2, 21 ff. Subordinationstheorie § 2, 14 Subventionen § 2, 48 f.; § 5, 2, 14; § 14, 18 Rückforderung nach Gemeinschaftsrecht § 3, 25 ff. Subvenrionsverwaltung Haushaltsplan und - § 5, 14 Subventionsrichtlinien § 7, 36 Suspensiveffekt § 20, 15, s. auch aufschiebende Wirkung System, dualistisches Gewässernutzung § 46, 21; § 47, 7 ff. Sondernutzung § 46, 18 ff. Tatbestandswirkung § 12,4, s. auch Verwaltungsakt Tathandlungen §§ 33, 34 Technisches Recht § 7, 9 Teilgenehmigung § 10, 25 f.; § 41, 32 Teilhabeanspruch § 10, 57 Teilrechtswidrigkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Telefongebühren, Äquivalenzprinzip § 44, 22 Telegraphenwegegesetz § 42, 6 Totalvorbehalt § 2, 52; § 3, 59; § 5, 11 ff.; § 14, 18 Transformation des Gemeinschatsrechts § 3 , 18 f. Treu und Glauben § 10, 73 Tumultschäden § 53, 5; § 54, 2 Typisierung § 4, 21 Ubermaßverbot § 10, 20; § 14, 19; §34, 7 und Handlungsformenwahl § 27, 3; §35,4 Umdeutung von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Umsetzung § 11, 37 Umweltschutz § 2, 56 Umweltverträglichkeitsprüfung § 42, 19 Unanfechtbarkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt

unbestimmter Rechtsbegriff § 5 , 2 ; § 10,4 ff. Einschätzungsprärogative der Verwaltung § 10, 9 Unfallversicherung s. Entschädigung, soziale Universität § 55, 37, s. auch Hochschule Unparteilichkeit der Amtsführung § 38, 4, 5 Unrecht, legislatives § 51, 19; § 52, 56 Unrichtigkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt offenbare § 41, 53 Unterabteilung § 56, 39 Unterhaltungspflicht § 46, 2 schiffbarer Gewässer § 47, 20 Wasserverbände § 47, 20 Unterlassungsanspruch § 44, 29; § 47 Unterlieger § 47, 11 Unternehmen gemischtwirtschaftliche § 2, 65; § 3, 62; §56,25 öffentliche § 56, 24 - Entwidmung § 48, 5 f. - Widmung §48, 5 f. Untersuchungsgrundsatz § 40, 6 f., 8; § 42, 18 Unzweckmäßigkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Urteil, richterliches Amtspflichtverletzung § 51, 23 Aufopferung § 52, 71 enteignungsgleicher Eingriff § 52, 55 Rechtskraft § 19, 22 Verbandsgemeinde § 57, 28 Verbandsumlage § 56, 13 Vererblichkeit s. Rechtsnachfolge Verfahren im Rechtssinn § 37, 2 Verfahrensfehler §41, 35 ff. Antragsmangel § 39, 7 Begründungsmangel § 41, 19 Beweisaufnahme, ungenügende § 40, 11 Erheblichkeit § 41, 35, 38 f. Fehlen einer erforderlichen Mitwirkung § 40, 32 f. Geltendmachung § 41, 37 ff., 40 Heilung § 40, 15; § 41, 19, 31, 41 ff. Rechtsanwendung, unrichtige § 40, 25 759

Sachverzeichnis Rechtsfolgen § 41, 35, 37 ff. Verletzung des Rechts auf Gehör § 40, 15 Verfahrenshandlung, Angreifbarkeit § 41, 36 Verfahrensmangel s. Verfahrensfehler Verfahrensrecht und .materielles Recht § 36, 8; § 37, 3, 5; § 41, 2 Verfügung § 41, 2, s. auch Verwaltungsakt wiederholende § 41, 56 Verhältnismäßigkeit, Grundsatz der § 7, 3, 88; § 10, 20; § 13, 7 Verhältnismäßigkeitsprinzip in der EG § 3, 5 Verjährung § 10, 74 Amtshaftung § 51, 30 Verkehrsampel, Versagen § 52, 62 Verkehrsfunktion der Straße § 46, 12 Verkehrsgebrauch und wasserwirtschaftliche Benutzung § 47, 19 Verkehrsplanung § 46, 3 Enteignungsverfahren § 46, 4 Nachbar § 46, 5 Verkehrsrecht § 46, 14 Abgrenzung zum Wegerecht § 46, 14 Verkehrssicherungspflicht § 46, 27; § 51, 8 Haftungsgrundlagen § 46, 27 Haftungsprivileg § 46, 27 Verkehrszeichen § 11, 49 Verordnung s. Rechtsverordnung der Europäischen Gemeinschaften § 3, 6 f.; § 7, 96, 98 Verordnungsermessen § 7, 21 Verpflichtungsklage auf -

Mitwirkungsakt § 11, 40 Rücknahme des Leistungsbescheides § 20, 9 zugrundeliegenden Verwaltungsaktes § 2 0 , 19 - Zweitbescheid § 20, 19 bei - Realakt § 34, 2 - beschränkt begünstigendem Verwaltungsakt § 14, 33 Versäumung eines Rechtsmittels § 51, 28; § 52, 18, 66

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Vertrag §§ 24 ff.; § 41, 1 und Amtspflichtverletzung § 53, 14 Fn. 32 a Austauschvertrag § 25, 3; § 27, 11 ff. - hinkender § 27, 12 Eingemeindungsvertrag § 26, 2 Erfüllung § 28, 2 Erschließungsvertrag § 25, 4 Gegenstand § 25, 2 f. gemischt öffentlich-rechtlich/privatrechtlicher § 25, 3 f. Handlungsform des öffentlichen Rechts § 24, 1 Klage auf Erfüllung § 28, 5 koordinationsrechtlicher § 26 - Arbeitsgemeinschaft § 26, 2 - Definition § 24, 2 Nichtigkeit nach Gemeinschaftsrecht §3,29 öffentlich-rechtlicher unter Privaten §25,9 - Anwendbarkeit der VwVfGe § 25,

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Schadensersatzklagen § 28, 6 subordinationsrechtlicher § 27 - Abschlußfreiheit § 27, 3 f. - clausula rebus sie stantibus § 27, 29 - Definition § 24, 2 - fehlerhafter § 2 7 , 18 ff. - Freiheit inhaltlicher Gestaltung § 2 7 , 9 ff. - Nichtigkeit § 2 7 , 20 ff. - Vollstreckung § 29 - Vorbehalt des Gesetzes § 27, 10 ff. - Vorrang des Gesetzes § 27, 9 - Zulässigkeit § 27, 1 f. Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem § 25, lff. verwaltungsrechtlicher - Definition § 24, 1 Vertrauensschutz § 9, 6; § 16; § 17, 3 f.; § 18 und Erstattungsanspruch § 30, 20 und Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte §§ 16, 18 und Widerruf begünstigender Verwaltungsakte § 17, 3 f.; § 18 und Rückwirkung von Rechtsvorschriften § 9, 6

Sachverzeichnis Vertretungsfiktion § 40, 4 Verwahrungsverhältnis, verwaltungsrechtliches § 10, 30; § 3 0 , 4 ff. Verwaltung Abgabenverwaltung § 2, 4, 45 Arten § 2 automatisierte § 4; § 11, 8 Bedarfsverwaltung § 2, 4, 60 Begriff § 1 Bindung - an das Gesetz § 1, 24 - an Grundrechte § 3, 33, 56, 60 ff.; § 14, 19 Bundes- § 2, 2; § 57, 1 ff. - mittelbare § 56, 7 f.; § 57, 9 - unmittelbare § 56, 8; § 57, 2 ff. Bundesauftrags- § 55, 18; § 56, 52 bundeseigene § 55, 19, s. auch BundesBundesstaat § 3, 50 ff. Datenverarbeitung § 4 Demokratie § 3, 35 ff. Eingriffsverwaltung § 2, 4, 45 f.; § 3, 59; § 11, 5 freigestaltende § 2, 7; § 5, 6 fiskalische § 2, 3, 58 ff.; § 3, 62 Gemeinde- § 57, 18 ff. gesetzesfreie § 5, 19 Gesetzmäßigkeit der - § 3, 57 ff.; § 5, 7 ff. - Begriff u. Inhalt § 3, 57; § 5, 7 - u. Erstattungsanspruch § 30, 20 - u. Grundrechte § 3, 59 - u. Verwaltungsakt § 14, 13 ff. und Grundrechte § 3, 60 ff. Handeln in privatrechtlichen Formen §§ 31, 32 Hilfsgeschäfte § 2, 4, 59 hoheitliche § 2, 3, 8 Kommunalverwaltung § 2, 2 Kontrolle § 1 , 21 ff. Landes- § 2, 2; § 55, 4 ff., 18; § 57,10 ff. - mittelbare § 57, 16 - unmittelbare § 56, 8; § 57, 11 ff. landeseigene s. Landesverwaltung leistende § 5, 13 f. Leistungsverwaltung § 2, 5, 47 ff., 59; § 3 , 36; §11, 5; § 5 6 , 24 - und Vorbehalt des Gesetzes § 14, 18

Leitung § 1, 20 f. Lenkungsverwaltung § 2, 5 Merkmale § 1, 11 ff. Misch- § 55, 21 f. Mitbestimmung § 3, 40 ff. öffentlich-rechtliche § 3, 62 Partizipation § 3, 35, 48 f. Personal § 1, 26 f. Pflicht zur Belehrung des Bürgers § 3, 67 planende § 2, 6, 56 f. privatrechtliche § 3, 62 Recht und - § 5, 1 ff. Rechtsformen § 1, 25 ff. Rechtsstaat § 3, 64 ff. Sozialstaat § 3, 66 ff. Steuerverwaltung § 2, 45 Subventionsverwaltung § 5, 14 unmittelbare und mittelbare § 56, 7 f. Verfassung § 3, 32 ff. Wahlfreiheit § 2, 26 ff. Verwaltung, öffentliche bürgernahe § 55, 14 Demokratisierung § 55, 14; § 56, 37 Leistungsverwaltung § 56, 24 Transparenz § 55, 14 Verwaltungsakt §§ 11 ff. Änderung § 41, 55 Änderung der Sach- und Rechtslage § 1 6 , 5; § 19, 9 f.; § 41, 58 f. Anfechtbarkeit § 14, 27 f. Anhörung des Betroffenen § 3, 49, 64; §4,22 antragsbedürftiger § 39, 7 Arten § 11, 23 Aufhebbarkeit § 14, 27 f.; § 41, 35, 38 Aufhebung § 41, 55 Auflage § 13, 6 ff., 11; § 14, 33 Aufsichtsmaßnahmen als — § 11, 39 Auslegung §41, 24 automatisierter § 4, 19; § 11, 8; § 41, 7 ff., 15 Bedeutung § 11, 2 ff. Bedingung § 13, 4, 11 befehlender § 11, 23 Befristung § 13, 3, 11 Begründung § 4, 23; § 41, 16 ff., 21, 42 begünstigender § 2, 48; § 15, 5 f. 761

Sachverzeichnis - mitwirkungsbedürftiger § 1 1 , 19 - und Nebenbestimmung § 13, 10 ff. - Rücknahme § 15, 4 ff.; § 16; § 18 - Widerruf § 15, 4 ff.; § 17; § 18 Bekanntgabe § 4, 23; § 13, 1; § 41, 26 ff. belastender § 2, 46, 49, 53 - Rücknahme § 15, 4 ff.; § 19 - Widerruf § 1 5 , 4 ff.; § 1 9 Berichtigung § 14, 21; § 41, 53 Bestandskraft § 11, 3 f.; § 15, 1 f.; § 41, 3, 26 f., 47 ff., 55, 60 Bestimmtheit § 14, 11; § 41, 24 Bindungswirkung § 12, 3 ff.; § 41, 3, 7, 50 mit Dauerwirkung § 14, 2; § 16, 12, 14 Definition § 11 Definitionsmerkmale - Behörde § 11, 9 ff. - auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts § 11, 16 ff. - Einzelfall § 11, 41 ff. - Maßnahme § 11, 7 f. - Regelung § 11, 20 ff. adressatlose § 11, 42 - unmittelbare Rechtswirkung nach außen § 11, 32 ff dinglicher § 11, 49 Doppelwirkung § 18, 1 ff., s. auch Drittwirkung, Mischwirkung Drittwirkung § 18; § 41, 22, 27, 40 - Aufhebung § 18, 5 ff. - Rücknahme § 18, 5 ff. - Widerruf § 18, 5 ff. Durchsetzung § 41, 3 eingeschränkter Rechtsschutz § 11, 3 Entscheidungswirkung § 41, 3, 47 fehlerhafter § 41, 37 s. auch rechtswidriger feststellender § 11, 23 f.; § 20, 1 Feststellungswirkung § 12, 4; § 41, 52 Form § 4 , 23; § 14, 12; § 4 1 , 5 ff. und formelles Recht § 41, 2 Funktion § 37, 5; § 41, 2 geschichtliche Entwicklung § 11, 1 ff. gestaltender § 11, 23; § 2 0 , 1 grundrechtliche Bindungen § 15, 19 Handlungsform, Zulässigkeit der § 14, 4 ff.

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Inhalt § 41, 21 ff. Kosten § 41, 23 Massen- § 41, 6 f. Maßgeblichkeit § 41, 51 Maßnahme im besonderen Gewaltverhältnis als § 11, 36 f. und materielles Recht § 41, 2 mehrstufiger § 11, 40 Mischwirkung § 15, 6 Mitwirkungsakte als § 11, 40 mitwirkungsbedürftiger § 11, 19 Nebenbestimmungen § 13; § 41, 22, s. auch Auflage, Bedingung, Befristung Nichtigkeit § 7, 88; § 11, 4; § 12, 1; § 14, 24 ff.; § 4 1 , 24, 35 ff. Organisationsakte als § 11, 38 privatrechtsgestaltender § 11, 17 — Beispiele § 11, 7 — wasserrechtliche Bewilligung § 47, 13 — gemeindliches Vorkaufsrecht § 11, 16 rechtmäßiger § 14, 3 ff. Rechtsbeständigkeit § 41, 21, 25, 35, 42 f. rechtswidriger § 14, 21 ff.; § 16, 4; § 41, 35 — Aufrechterhaltung § 14, 28 — Heilung § 14, 28 rechtswidrig werdender § 16, 5 Rücknahme § 7, 88, 91; § 15, 3; § 16; § 18, 5; § 19, 4 ff.; § 4 1 , 54 ff. — Entschädigung § 53, 4 — wasserrechtliche Erlaubnis § 47, 15 Schriftform § 41, 5 — bei elektronischer Übermittlung §4,23 streitentscheidender § 41, 51 Tatbestandswirkung § 12, 4; § 41, 52 teilrechtswidriger § 14, 23 ff. Umdeutung § 14, 28; § 41, 46 Unanfechtbarkeit § 15, 1 ff.; § 19, 21; § 2 0 , 8 f., 15, 19; § 4 1 , 26, 29 unrichtiger § 14, 21; § 41, 53 auf Unterwerfung § 11, 19; § 13, 11 Unwirksamkeit s. Verwaltungsakt, Nichtigkeit unzweckmäßiger § 14, 21

Sachverzeichnis Verfahren § 15, 10 Verfahrensmangel s. Verfahrensfehler Verfügungssatz § 41, 24 Vertrauen, schutzwürdiges § 41, 51, 61 Vollstreckung § 20 Vollstreckungsmaßnahmen als — § 20, 7 Vollziehbarkeit § 41, 26 vorläufiger § 11, 31 Widerruf § 7, 88; § 15, 3; § 17; § 18, 5 ff.; § 19, l f f . - Entschädigung § 53, 4 Widerrufsvorbehalt § 13, 5; § 17, 7 Wirksamkeit § 11, 4; § 12; § 14, 27; § 41, 26 Zuständigkeit § 14, 5 ff. Zustellung § 41, 29 ff. Verwaltungsämter in den fünf neuen Ländern § 57, 28 Verwaltungsbehörde s. Behörde Verwaltungsbezirk § 56, 50 Verwaltungsfabrikat § 11, 8 Verwaltungsgebrauch, öffentliche Sachen §49 Verwaltungsgebühren § 41, 23 Anstaltsnutzung § 44, 20 Verwaltungsgemeinschaften § 57, 27 in den fünf neuen Ländern § 57, 28 Verwaltungskompetenz § 55, 18 ff.; § 57, 19 beim Vollzug von EG-Recht § 3, 21 ff. Verwaltungsorgan § 55, 2; § 56, 27 Verwaltungsorganisation $ 55 Aufsplitterung § 55, 2 Bedeutung § 55, 1 f. Auswirkungen der Datenverarbeitung §4, 6 Geschichte § 55, 3 ff. Grundsatz der Gewaltenteilung § 55, 23 ministerialfreie Räume § 55, 23 Prinzip der parlamentarischen Kontrolle § 55, 23 Sonderbeauftragte § 56, 40 technokratische § 55, 14 unitarische § 55, 4 verfassungsrechtliche Grundlagen § 55, 18 ff. Verwaltungsprivatrecht § 2, 66; § 32, 2 ff.; §44,4

Verwaltungsrat Bundesbahn § 3, 49; § 57, 7 Bundespost § 3, 4 9 verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse s. Schuldverhältnisse verwaltungsrechtlicher Vertrag s. Vertrag verwaltungsrechtlicher Verwaltungsrechtsschutz s. Rechtsschutz, subjektiv-öffentliches Recht Verwaltungsrechtsverhältnis § 10, 25 ff. Anwendung von BGB-Vorschriften § 1 0 , 41 ff., 51; § 16, 17; § 2 7 , 22 ff.; § 28, 1 ff.; § 30, 1 f.; § 53, 8 ff. Beendigung § 10, 70 ff. Begründung § 10, 30 ff. Definition § 10, 26 Hauptleistungspflichten § 10, 47 ff. Inhalt § 10, 46 ff. Unterschied zum privatrechtlichen Rechtsverhältnis § 10, 46 und Verwaltungsrechtsdogmatik § 10, 29 Verwaltungsreform § 55, 13 f. Verwaltungsstelle § 56, 1, 41 f. Verwaltungsstreitverfahren § 40, 19 Verwaltungsträger § 4 8 , 4 ; § 5 5 , 2 ; § 5 6 , 6 ff., 41 f., 44 ff. polizeipflichtiger § 56, 46 privatrechtlich organisierter § 56, 24 Verwaltungsübung § 7, 49 Verwaltungsverfahren §§ 36 ff. Ablauf § 37, 12 Abschluß § 41, 1 von Amts wegen § 39, 1 auf Antrag § 39, 1 Begriff § 3 7 , 1, 4, 8 f. Beteiligte § 38, 8; § 4 0 , 2 ff. EG-Recht, Vollzug von § 3, 17, 25 ff. Einleitung § 39, 1 ff.; § 40, 3 förmliches § 37, 11; § 38, 8; § 42, 1 Grundsätze § 40, 5 ff. Hinzuziehung als Beteiligter § 40, 2, 3 mehrstufiges § 11, 25 ff. - Bindungswirkung von Teilentscheidungen § 12, 3 Mitwirkungsverbot § 38, 4 ff. nichtförmliches § 37, 10 Nichtförmlichkeit, Grundsatz der § 36, 10; § 37, 10

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Sachverzeichnis Sachverhaltsermittlung § 4, 21 Stufung § 41, 33 ff.; § 42, 20 und verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz § 36, 11; § 4 1 , 16 Wiederaufgreifen § 19, 7 ff.; § 36, 15; § 4 1 , 54 ff. Ziel § 4 1 , 1 zuständige Behörde § 38, 1 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes § 36, 2, 13 ff. Anwendungsbereich § 36, 2 f. Entstehung § 36, 13 ff. Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder § 36, 2, 4 Anwendungsbereich § 36, 3 Verwaltungsverfahrensrecht §§ 36 ff.; § 37, 2 ff. ausländisches § 36, 16 f. Begriff § 37, 4 f. Europäisches Gemeinschaftsrecht § 36, 17 Gesetzgebungszuständigkeit § 36, 1 Kodifikation § 36, 4, 7 ff. Rechtsquellen § 36, 2, 4 Revisibilität § 36, 3; § 37, 5 Verwaltungs vermögen § 45, 13 Verwaltungsvollstreckung § 20; § 37, 2; § 41, 3, s. auch Verwaltungsakt Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes § 36, 5 Verwaltungsvorbehalt § 3, 59 Verwaltungsvorschrift § 6, 9; § 7, 30 ff.; § 8, 12; § 1 0 , 1; § 1 1 , 32; § 5 5 , 18 mit Außenwirkung § 7, 41 ff. Begriff § 7, 31 Bindungswirkung § 7, 42 ff. Computerprogramme § 4, 20 und Gesetz § 7, 42 Leges praeter Legem § 7, 52 norminterpretierende § 7, 35, 47 originäres Administrativrecht § 7, 50, 61 originäres Exekutivrecht § 7, 45 Rechtserzeugung § 7, 85 ff. — Erlaßbefugnis § 7, 55 — Form und Verfahren § 7, 56 — Verkündung § 7, 57 Rechtsnatur § 7, 41

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Sonderverordnung, s. dort Typologie §7,32 — Ermessensrichtlinien § 7, 36, 48 — intersubjektive § 7, 40 — norminterpretierende § 7, 35, 47 — organisatorische § 7, 33 — Vereinfachungsanweisungen § 7, 37 Übergangsrecht § 7, 54 verhaltenslenkende § 7, 34, 46 Verwaltungswissenschaft § 37, 7; § 41, 4, 12 Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes § 36, 5; § 41, 29 Verwaltungszwang § 20, 11 ff., 17 Anstaltsnutzung § 44, 6, 14 Verwirkung § 10, 73; § 30, 2 Verzicht § 10, 72; § 30, 2 Völkerrecht § 7, 100 ff. allg. Regeln § 7, 101; § 8, 2 und innerstaatliches Recht § 8, 2 Staatsvertrag § 7, 102 Transformationslehre § 7, 100 Verwaltungsabkommen § 7, 102 völkerrechtliche Verträge § 7 , 1 0 2 ; § 24, 1 Vollzugslehre § 7, 100 Volkssouveränität § 3, 36 ff., s. auch Demokratie Vollrechtsfähigkeit s. Rechtsfähigkeit Vollstreckungsanordnung § 20, 5 Vollstreckungsgegenklage § 20, 9 Vollstreckungstitel § 11, 4; § 29 Vollstreckungsverfahren § 20, 6 Vollziehende Gewalt, Begriff § 1 , 7 Vollziehung, sofortige § 20, 15 Vollzug des Gemeinschaftsrechts § 3, 16 ff. Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch s. Folgenbeseitigungsanspruch Vorbehalt des Gesetzes § 2, 46; § 3, 59; § 5, 5, 7, 9; § 1 4 , 14 ff.; § 3 0 , 29 Begriff § 2, 46; § 3, 59 und besonderes Gewaltverhältnis § 3, 63; § 14, 16 Geschichte des Vorbehalts § 5, 10 bei Nebenbestimmungen § 13, 11 Problematik § 5, 10 und Realakt § 34, 7 Totalvorbehalt § 2, 52; § 3, 59; § 5, 11 ff.; § 14, 18

Sachverzeichnis und verwaltungsrechtlicher Vertrag § 2 7 , 10 ff. und Vollstreckungsmaßnahmen § 20, 3 s. auch Gesetzesvorbehalt Vorbescheid § 11, 30; § 4 1 , 3 2 ff. Vorkaufsrecht der Gemeinden § 11, 16 vorkonstitutionelles R e c h t § 9, 7 Vorläufiger Verwaltungsakt § 11, 31 Vorrang des Gemeinschaftsrechts § 3, 11 ff., s. auch Europäisches Gemeinschaftsrecht Vorrang des Gesetzes § 3, 58; § 5, 18; § 12, 21; § 14, 14 und Realakt § 34, 7 und koordinationsrechtlicher Vertrag §26,2 und subordinationsrechtlicher Vertrag § 2 7 , 9, 25 Vorverfahren, verwaltungsgerichtliches s. Widerspruchsverfahren Wahlfreiheit der Verwaltung § 2, 26 ff. Waren Verkehrsfreiheit § 3, 4 Warnung durch Behörde § 34, 7 Wasserstraßen, gewerbliche Betätigung § 46, 12 Wasserverbände, Ausbaupflicht § 4 7 , 19 f. Unterhaltungspflicht § 4 7 , 19 f. Wasserwegeherr § 4 6 , 2 Wasserwegerecht § 4 6 , 14 Wegeherr § 4 5 , 4; § 4 6 , 2, 23 Wegenachbar s. N a c h b a r Wegerecht § 4 6 , 14 Abgrenzung z. Verkehrsrecht § 4 6 , 14 Weisung § 11, 32 f., 37 Wesentlichkeitstheorie § 5, 18; § 14, 18 Widerruf von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt Widerruf der wasserrechtlichen Bewilligung § 47, 16 Widerrufsvorbehalt § 13, 5; § 17, 7 Widerspruch § 12, 2; § 2 0 , 18; § 4 7 , 16 Widerspruchsbehörde § 41, 4 5 f. Entscheidungsbefugnis § 41, 4 4 , 4 6 Kontrollbefugnis § 4 1 , 4 4 , 46 Widerspruchsfrist § 11, 3; § 15, 1; § 19, 6 Widerspruchsverfahren § 10, 16; § 14, 2 1 , 27; § 2 0 , 7 ; § 3 6 , 2; § 3 7 , 12 Kosten § 4 1 , 23 isoliertes § 41, 23

Widmung § 11, 49; § 43; § 4 4 , 4; $ 4 5 , 2, 6 ff.; § 4 6 , 2, 6 ff.; § 4 8 , 3 von Anstaltsgegenständen § 4 8 , 5 f., 7 , 8 doppelte - schiffbarer Gewässer § 4 7 , 19 fremder Sachen § 4 6 , 28 von Gewässern § 4 7 , 3 durch Inventarisierung § 4 8 , 7; § 49 notwendige § 4 8 , 8 öffentlicher Sachen § 4 5 , 6 ff. Publizität § 48, 7 Rechts Wirkungen § 4 6 , 6, 7 einer Straße § 11, 4 9 straßenrechtliche § 11, 19 eines Unternehmens § 4 8 , 5 f. zweite § 4 5 , 9 Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens § 1 9 , 6 ff., 21 ff. nach §§ 4 8 , 49 VwVfG § 19, 16 ff. nach § 5 1 VwVfG § 19, 7 ff. - M a ß s t a b für die Sachentscheidung § 19, 15 -

Wiederaufgreifensgründe § 19, 8 ff. - Zulässigkeit des Antrags § 19, 14 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 3 9 , 4; § 4 1 , 1 Wiedergutmachung allgemeiner Anspruch auf — aus Folgenbeseitigungsanspruch und Herstellungsanspruch entwickelt § 5 3 , 20, 34 wiederholende Verfügung § 11, 27; § 19, 16, 23 Willenserklärung § 11, 19, 22; § 23 a; § 2 7 , 5; § 39, 3 Anfechtung § 23 a, 15 f. Auslegung § 23 a, 12 ff. Begriff § 23 a, 1 BGB-Regelungen § 23 a, 8 ff. Form § 23 a, 6 konkludente § 23 a, 3 öffentlich-rechtliche Regelungen § 23 a, 5 ff. Willensmängel § 23 a, 15 f. Wirksamkeit von Verwaltungsakten s. Verwaltungsakt

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Sachverzeichnis Wissenschaftsrat § 55, 22 Wohl der Allgemeinheit § 1, 16 A u f o p f e r u n g § 52, 71 Enteignung § 52, 21 ff. enteignungsgleicher Eingriff § 52, 55 Zeuge § 40, 8 Zulassungspflicht, gesetzliche § 48 Zulassung zur Anstaltsnutzung, Rechtsnatur § 4 4 , 7 ff. Z u s a g e § 11, 29 Zusicherung § 11, 29 Zuständigkeit § 14, 5 ff.; § 38, 1 ff.; § 56, 2 ff., 44 ff. instantielle § 56, 45 örtliche § 56, 44 sachliche § 56, 44 Zuständigkeitskonzentration bei der Planfeststellung § 42, 22

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Zuständigkeitsregelungen § 7, 45 Zustellung des Verwaltungsakts s. Verwaltungsakt Z u s t i m m u n g der Behörde § 11, 40; § 40, 23 Zwang sofortiger § 20, 17 f. unmittelbarer § 20, 14 Zwangsgeld § 20, 13 Zwangsmitgliedschaft § 5 6 , 11 Zwangsmittel § 20, 11 ff. Zwangsrechte, Gewässernutzung § 47, 8 Zwangsverfahren § 20, 15 ff. Zweckverband, k o m m u n a l e r § 26, 2; § 56, 11; § 5 7 , 3 1 Zwei-Stufen-Theorie § 2, 26, 34, 48; § 31, 2; § 44, 1 Zweitbescheid § 11, 27; § 1 9 , 1 6 , 21 ff.; § 20, 19; § 4 1 , 5 6 Zweites Deutsches Fernsehen § 55, 22