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German Pages 59 [60] Year 1933
Die „Hamburger Reditastudien" erscheinen in zwangloser Folge und sind einzeln in jeder Buchhandlung käuflich
Bisher sind erschienen: Heft 1: Der Begriff des Versicherungsfalles in der Seeversicherung Alexander Bene. Groß-Oktav. 75 Seiten. 1928
Von Dr. F. RM 4.—
Heft 2: Die Bedeutung des Interesses für die Veräußerung der versicherten Sache. Von Dr. Hermann Heinrich Elkan. Groß-Oktav. 58 Seiten. 1928. RM 3.60 HeJt 3: Aktiensonderdepot und Legitimationsübertragung. Frohner. Groß-Oktav. 121 Seiten. 1929
Von
Dr.
Günther RM 6.30
Heft 4: Die Gewinnversicherung. Von Dr. Helmut Winkler. Groß-Oktav. 31 Seiten. 1930. RM 1.80 Heft 5: Der Konnossement-Teilschein. 79 Seiten. 1930. Heft 6: Die Order-Police. 95 Seiten. 1930.
Von
Dr.
Von
Dr.
Alexander
Heinz N.
Behlert.
Groß-Oktav. RM 4.50
Tsirintanis.
Groß-Oktav. RM 5.40
Heft 7: Reine Konnossemente gegen Revers. Von Dr. Robert Lion. 78 Seiten. 1930. Heft 8: Versicherung für Rechnung wen es angeht. Groß-Oktav. 39 Seiten. 1930.
Groß-Oktav. R M 4.50
Von Dr. Helmuth Embden. RM 270
Heft 9: Die guten Sitten in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung nach dem Kriege. Von Dr. Fritz Oettinger. Groß-Oktav. 84 Seiten. 1931. RM 4.50 Heft 10: Wandlung und Minderung bei einer Mehrheit von Käufern oder Verkäufern. Von Dr. Hans Wogatzky. Groß-Oktav. 115 Seiten. 1931. RM 6.— Heft 11: Das Versicherungs-Zertifikat. 96 Seiten. 1932.
Von Dr. Rudolf Nothmann.
Heft 12: Die Versicherung der Havariegrosse-Schäden. Groß-Oktav. 56 Seiten. 1932.
Von
Groß-Oktav. RM 5.—
Dr. Hans Cramer. R M 3.—
Heft 13: Die Staatshaftung für den Hamburger Hafenlotsen. Von Dr. Erwin Mumssen. Groß-Oktav. 110 Seiten. 1932. RM 5.— Heft 14: Gleichberechtigung der Geschlechter im künftigen Elternrecht. Charlotte Cohn. Groß-Oktav. X I u. 56 Seiten. 1932.
Von Dr. RM 3.50
Heft 15: Die Speditionsversicherung in den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen. Von Dr. Willi Schiering. Groß-Oktav. 74 Seiten. 1932. R M 4.50 Heft 16: Bessergebotsklausel (in diem addictio) im römischen Kaufrecht. Von Dr. jur. Harald Sieg. Groß-Oktav. 43 Seiten. 1933. RM 3.— Heft 17: Kostfrachtgeschäft und
laufende Versicherung.
Groß-Oktav. 46 Seiten. 1933.
Von Dr. Detlev Himer. RM 3 —
Acatholicus
Eine Untersuchung über die Stellung der Ungetauften und der Apostaten, Häretiker und Schismatiker sowie der sonstigen exkommunizierten Christen im geltenden kanonischen Recht von
Dr. iur. Walter Böhm
Hamburg Friederidisen, de Gruyter & C o . m. b. H . 1933-
Hamburger Juristisdie Doktor-Dissertation. Referent: Professor Dr. iur. Albredit v. Wrodiem. Korreferent: Professor Dr. iur. Kurt Perels.
Gedruckt bei C. Trute, Quakenbrütk i H.
Meinen hodioerehrien Lehrern!
Inhaltsverzeichnis. A. Das Wesen des kanonischen Rechtes B. Katholiken und Niditkatholiken
Seite 9 .12
C. Die Stellung der acatholici baptizati et non baptizati sowie der sonstigen exkommunizierten Christen im Codex J u r i s Canonici 19 I. In den allgemeinen Bestimmungen 19 I I . Im Personenredit 19 I I I . Im Sachenrecht 24 IV. Im Prozeßrecht 41 V. Im Straf recht 43 D. Ergebnis der Untersuchung
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E. Quellen- und Literaturverzeichnis
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A. Das Wesen des kanonischen Rechtes. „Omnes Christi fideles de necessitate salutis subsunt Romano Pontifici, qui utrumque gladium habet, et omnes indicat, a nemini autem indicatur " Extravagantes I/VIII Cap. I. Die katholische Kirche lehrt, ihr Stifter, J e s u s von Nazareth, sei der Christus, d. h. Gottes Sohn, gewesen, wie es im Nicaenum heißt: „Credo . . . . in unum Dominum Jesum Christum, filium dei unigenitum et ex patre natum ante omnia saecula, Deum a Deo, lumen a lumine, Deum verum a Deo vero, genitum non factum, consubstantialem patri per quem omnia facta sunt . . ." Jesus Christus, Gottes Sohn, aber bildet mit Gottvater und dem von beiden ausgehenden Heiligen Geist zusammen eine allmächtige Gottheit, wie im Symbolum Athanasianum contra Arianos scriptum in den Artikeln 6, 13 und 14 gesagt wird: „Sed patris et filii et spiritus sancti una est divinitas, aequalis gloria, coaeterna majestas . . . similiter omnipotens pater, omnipotens filius, omnipotens spiritus sanctus et tarnen non tres omnipotentes sed unus omnipotens." Von Gott selbst also ist — ihrer Lehre nach — die katholische Kirdie gestiftet. Und so wie J e s u s Christus sich die Aufgabe gestellt hatte, die Menschheit von der Erbsünde zu erlösen und dieses Ziel durch seinen Opfertod am Kreuz erreicht hat, so hat er seiner Kirdie die Aufgabe erteilt, nunmehr alle Völker zu lehren und zu leiten, damit jedem Menschen der Weg zur ewigen Seligkeit offen gehalten würde. In diesem Glauben, den wir — ebenso wie alle anderen Lehren der katholischen Kirche — als richtig unterstellen, indem wir diese Lehren insgesamt als bekannt voraussetzen, hat Papst Benedikt XV. dem auf Geheiß des Papstes Pius X. verfaßten Codex J u r i s Canonici Gesetzeskraft verliehen und ihn bekanntgemacht durch seine Konstitution vom Pfingstfest des Jahres 1917, die folgendermaßen beginnt: „Providentissima Mater Ecclesia, ita a Conditore Christo constituta, ut omnibus instructa esset notisquae cuilibet perfectae societati congruunt, inde a suis primordiis, cum, Dominico obsequens mandato, docere ac regere omnes gentes incepit, aggressa est iam tum sacri ordinis virorum christianaeque plebis disciplinam datis legibus moderari ac tueri." Danach hält also die katholische Kirche nicht nur ihr allgemeines Lehramt auch heute noch aufrecht, sondern beansprucht wie in ihren ersten
10 Tagen so audi jetzt das R e i t , zu leiten (regere) alle Völker, und es ist für sie selbstverständlich, daß sie aus eigenem Recht — also unabhängig von jeder staatlichen Gewalt — (vergl. die canones 218 § 2, 1160, 1322 § 2, 1529, 1553, 1556) — diejenigen Gesetze erläßt, welche für die Disziplin der Geistlichkeit, als der Kirchenherrschaft, und der Laien, als dem dienenden, untertänigen Kirchenvolke, notwendig sind. Dabei gehören ohne weiteres alle gültig Getauften — ob sie wollen oder nicht — zu dem der katholischen Kirche untertänigen Kirchenvolke, alle Ungetauften aber müssen, damit dem Befehl des Stifters Folge geleistet wird, getauft werden und durch die Taufe in das untertänige Kirchenvolk aufgenommen werden; der zustimmende oder ablehnende Wille der Staatsgewalt spielt hierbei keine Rolle. Im Gegenteil, auch die Staatsgewalt ist der Kirche unterworfen. Man könnte das schon aus den oben angeführten Worten der Bulle Providentissima Mater „ . . . cum Dominico obsequens mandato, docere ac regere omnes gentes incipit . . ." entnehmen, es ist aber ausdrücklich erklärt in der auch heute noch in Kraft befindlichen Bulle Unam sanctam, die im Jahre 1302 vom Papste Bonifacius V I I I . erlassen wurde. Im Schlußsatze dieser Bulle lehrt uns der Papst, dessen Lehramt nach der dem Codex Juris Canonici vorgedruckten Professio Catholicae Fidei unfehlbar ist, und dessen Unfehlbarkeit gem. Concilium Vaticanum Sess. IV. Cap. I V immer bestanden hat 1 ), folgendes: „ P o r r o subesse Romano Pontifici omni humanae creaturae declaramus dicimus, diffinimus et pronunciamus omnio esse de necessitate salutis". Also um des Seelenheiles willen sagt, erklärt und verkündet der Papst, müsse alle menschliche Kreatur dem römischen Pontifex Untertan sein. Und ausdrücklich wird in derselben Bulle gesagt, daß auch jede Staatsgewalt, das „weltliche Schwert", zu eben derselben Untertänigkeit dem Papste gegenüber verpflichtet sei: „ . . . In hac eiusque (Christi vidilicet et Christi vicarii Petri, Petrique successoris) potestate duos esse gladios, spiritualem vidilicet et temporalem evangelicis dictis instruimur. Nam dicentibus Apostolis „Ecce gladii duo hic", in ecclesia scilicet, quum apostoli loquerentur, non respondit Dominus, nimis esse, sed satis. Certe qui in potestate Petri temporalem gladium esse negat, male verbum attendit Domini proferentis. „Converte gladium in viginam". Uterque ergo est in potestate ecclesiae, spiritualis scilicet et materialis. Sed is quidem pro ecclesia ille vero ab ecclesia exercendus. Ille sacerdotis, is manu regum et militum sed ad nutum et patientiam sacerdotis." Dieser Rechtsanspruch der Kirche wird auch durch die Staatstheorie des Papstes Leo XIII. bestätigt, wenngleich dieser Papst die Zuständigkeit der Kirche nur für alles das beansprucht, „was immer im Leben des Menschen heilig ist, was immer seiner Natur oder Zweckbestimmung nach auf das Seelenheil und den Dienst Gottes Bezug hat." s ) Und mit Recht weist Günther Buch a. a. 0 . darauf hin, daß die Abgrenzung dieses Gebietes — die doch wieder nur durch den Papst erfolgen kann — äußerst schwierig ist; vor allen Dingen schließt sie causae mixtae nicht aus. >) Mansi, Joannes Domìnicus, Sacrorum Conciliorum Nova et Amplissima Collectio, Tomus L H , Pars Secunda, 1927, columna 1333 sqq. ") Günther Buch, Die Rechtsstellung des Lehrers zu Kirche und Staat bei der Erteilung des Religionsunterrichts, Hamburger Dissertation 1932, S. 16.
11 Nachdem wir so festgestellt haben, daß nadi dem Anspruch der Kirdie omnis humana creatura um ihres Seelenheiles willen dem Papste Untertan sei, ganz besonders aber die Mitglieder der Kirche, omnes Christi fideles, alle gültig getauften Menschen, werden wir nun untersuchen müssen, was das geltende kanonische Recht unter Nichtkatholiken im Gegensatz zu den Katholiken versteht und welche Stellung die Nichtkatholiken im geltenden kanonischen Recht haben.
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B. Katholiken und Nichtkatholiken. Es gibt nur eine Kirdie, deren Haupt J e s u s Christus ist. Diese Kirdie ist nach katholischer Auffassung als Rechtskirche auf Erden sichtbar vorhanden; sie wird von dem Statthalter Christi, dem Papste, regiert. Christliche Religionsgesellschaften, welche nicht dem Papste unterstehen, werden von der katholischen Kirdie als Sekten bezeichnet, denen anzugehören den Christen nach dem Rechte der Kirdie verboten ist. Die Mitgliedschaft der einen, der katholischen Kirdie erwirbt der Mensch durch die Taufe (can. 87). Infolgedessen sind alle — gültig — Getauften Mitglieder der katholischen Kirche im Rechtssinne. So schrieb auch am 7. August 1873 gelegentlich des „Kulturkampfes" Papst Pius IX. an Wilhelm I., deutschen Kaiser und König von Preußen: „ . . . jeder, welcher die Taufe empfangen hat, gehört in irgendeiner Beziehung oder auf irgendeine Weise dem Papste an . . . " s ) . Die Taufe muß, um gültig zu sein, „cum praescripta verborum forma" durch eine Abwaschung (ablutio) des Täuflings mit wirklichem und natürlichem Wasser vollzogen sein (can. 737 § 1). Durch die gültige Taufe also wird der Mensch Katholik, „cum omnibus christianorum iuribus et officiis, nisi, ad iura quod attinet* obstet obex, ecclesiasticae communionis vinculum impediens, vel lata ab ecclesia censura" (can. 87). Wenn wir also zunächst die Menschen einteilen können in Nichtkatholiken, die Ungetauften, zu denen auch die ungültig Getauften zu rechnen sind, und in Katholiken, die — gültig — Getauften 4 ), so ersehen wir aus dem Nachsatze des can. 87, daß auch für Getaufte das Band der Kirche gehemmt sein kann. Das Hindernis (obex), welches das Band der Kirche hemmt, ist nach Anton Perathoner „die Todsünde (Hindernis zum Empfang gewisser Sakramente) und das Stehen außerhalb der Kirche (Apostasie, Häresie, Schisma)" die Zensuren — d. h. Medizinalstrafen — sind die Exkommunikation (can. 2257 ff.) und das persönliche Interdikt (can. 2275), von denen jedoch nur die Exkommunikation das Band hemmt. Ausdrücklich muß darauf hingewiesen werden, daß durch den obex und die Exkommunikation die Getauften nicht etwa aus der katholischen Kirche ausgeschlossen werden, vielmehr werden sie nur in ihren Rechten beschränkt, ihre Pflichten bestehen in vollem Umfange weiter, sie sind gewissermaßen Kirchenmitglieder zweiter Klasse. Die Todsünden, besonders ») Alfred Funke, Das Bismardcbudi des deutschen Volkes, I I . Bd. S. 31, 1921. «) Im weiteren Verlauf der Arbeit verstehen wir unter G e t a u f t e n immer nur die gültig Getauften; die ungültig Getauften sind im Reditssinne Ungetaufte! 6 ) Anton Perathoner, Das kirchliche Gesetzbuch, 5. Aullage, Verlag von A. Weger, Brisen 1933, S. 75, Anm. 1.
13 Apostasie, Häresie und Schisma, aber sind Delikte, die mit der Exkommunikation bestraft werden. Durch die Exkommunikation wird der Missetäter ausgesdilossen „a communione fidelium" (can. 2257 § 1), das Interdikt aber läßt die Bestraften in der Gemeinschaft der Gläubigen. Dodi werden vom Rechte nidit alle Exkommunizierten als „acatholici" bezeichnet, sondern nur die Apostaten, Häretiker und Schismatiker, die sonstigen exkommunizierten Christen heißen genau so wie die nicht exkommunizierten „Katholiken"; aber nur diejenigen Katholiken, welche in communione fidelium leben, welche nicht exkommuniziert sind, sind Vollbürger der katholischen Kirche. Wir sehen also, daß der C.J.C. unter dem Worte Akatholiken ganz verschiedene Menschen zusammenfaßt, nämlich Nichtmitglieder der Kirche, die Ungetauften, und solche Mitglieder, deren Mitgliedrechte beschränkt sind, die Apostaten, Häretiker und Schismatiker. Den letzteren wieder ähneln die sonstigen Exkommunizierten, denen der C.J.C. den Namen Katholiken (fideles) läßt, obgleich sie im Rechte in vieler Beziehung ebenso gestellt sind wie die getauften Akatholiken. Die Bezeichnungen und Begriffe Akatholiken und Exkommunizierte decken, überschneiden sich teilweise; darum müssen wir bei Betrachtung der Rechtsstellung der Akatholiken auch die „sonstigen" Exkommunizierten mit berücksichtigen. Um ein Bild zu gebrauchen, stehen gewissermaßen in drei konzentrischen Kreisen die Nichtkatholiken („acatholici, sive baptizati sive non baptizati") und die sonstigen Exkommunizierten um die Vollbürger der katholischen Kirche herum. Und zwar stehen im äußersten Kreise die Ungetauften (infideles); alle Menschen haben einmal zu dieser Gruppe gehört; denn jeder wird als acatholicus non baptizatus — gleichgültig von welchen Eltern — geboren. Die ungetauften Nichtkatholiken sind nicht Mitglieder der Kirche. Im mittleren Kreise stehen die getauften Nichtkatholiken, das sind alle Christen, die zwar durch die Taufe — und, wie hier noch ein letztes Mal betont werden soll, nur die gültige Taufe ist Taufe im Rechtssinne, nur die gültig Getauften sind Getaufte, sind Christen, — in die Gemeinschaft der Gläubigen, in die Kirche, aufgenommen worden sind, die aber nach erlangtem Vernunftgebraudi und erlangter Mannbarkeit sich der Kirche nicht angeschlossen, den rechten Glauben nicht angenommen haben, oder gar, nachdem sie schon in der Gemeinschaft der Kirche im rechten Glauben gelebt haben, vom katholischen Glauben ganz oder teilweise abgefallen sind bezw. sich von der Gemeinschaft der Gläubigen getrennt haben. Diese alle sind gem. can. 2314 § 1 Ziffer 1 ipso facto exkommuniziert. Im Gegensatz zu den nichtgetauften Akatholiken sind sie aber — obgleich vom Rechte auch acatholici genannt — doch Mitglieder der Kirche mit allen Verpflichtungen der Kirchenmitglieder. Nur hinsichtlich der Rechte (ad iura quod attinet, can. 87) sind sie beschränkt, aus der Gemeinschaft der Gläubigen sind sie ausgeschlossen. Ebenso sind von der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen die sonstigen Exkommunizierten, die von der Kirche für andere Missetaten als gegen den Glauben und die kirchliche Einheit exkommuniziert worden sind. Aber diese sonstigen Exkommunizierten stehen der Kirche doch näher als die getauften Akatholiken, deswegen, weil sie den rechten Glauben haben und sich des Schismas nicht schuldig machten. Und darum müssen wir ihnen in unserem Bilde den engsten Kreis unmittelbar herum um die Vollbürger der
14 Kirche, die nidit exkommunizierten Christen, die vollberechtigten Katholiken, anweisen. In den frühesten Zeiten der Kirdie wurden a l l e Exkommunizierten als Akatholiken angesehen, obgleich sie ja auch damals wegen des character indelebilis, den die Taufe verleiht, nidit ganz aus der Kirdie ausgestoßen, sondern gewissermaßen, um Worte des Apostels Paulus zu benutzen, dem Teufel übergeben wurden, „damit sie unterwiesen werden, nidit mehr zu lästern" *). Hinsichtlich eines jeden Exkommunizierten aber hieß es, er solle denjenigen gleidigeaditet werden, die gar nicht zur Kirdie gehören: „Er sei Dir wie der Heide und Zöllner" 7 ). Und der hl. Hieronymus lehrte: „Wie im alten Bunde derjenige, der den Priestern nicht gehorchte, vor das Lager geführt und vom Volke gesteinigt wurde oder mit dem Tode durchs Schwert seine Widerspenstigkeit sühnte, so wird jetzt der Ungehorsame mit dem geistigen Schwerte getötet, das heißt, aus der Kirche verstoßen und den grimmigen Nachstellungen der bösen Geister preisgegeben""). F. Kober berichtet auch, daß von Anfang an die Kirche die Strafe der Exkommunikation auch gegen Häretiker angewendet habe; so hätte Papst Viktor im zweiten Jahrhundert den Häretiker Theodotus, den Aelteren, aus der Kirchengemeinsdiaft ausgeschlossen s ). Hinsichtlich des Personenkreises, gegen den die Exkommunikation angewendet werden könne, erzählt Kober, daß in der frühen Zeit sogar Heiden und Tote exkommuniziert worden seien. Doch sei die Exkommunikation von Toten — die ja auch damals der Kirche nicht mehr Untertan waren, sondern vor Gottes Gericht, genau so wie heute, kompetierten —, nur geschehen, um die Lebenden abzuschrecken. Und hinsichtlidi der Ungläubigen — soll heißen der Ungetauften — habe das kanonische Recht immer auf dem Standpunkt gestanden, daß sie unfähig wären, mit dem Kirchenbanne belegt zu werden, und es habe von diesem Gesichtspunkt aus wiederholt erklärt, daß, wenn sie — die Ungetauften — sich eines Vergehens, auf welches die Exkommunikation ipso facto gesetzt ist, schuldig machen, sie dennoch in dieselbe nicht verfallen, vielmehr sollen sie vom Bischöfe mit irgendeiner zeitlichen Strafe belegt und im äußersten Falle den Gläubigen der Umgang mit ihnen untersagt werden •). „Anders verhält es sich mit Häretikern und Apostaten: obwohl sie von der Kirche und ihrem Glauben bereits abgefallen sind, stehen sie vermöge des unauslöschlichen Charakters, den die Taufe mitteilt, auch nach dem Abfalle immer noch in Verbindung mit der Kirche, werden gewissermaßen noch als deren Glieder angesehen und sind ihren Gesetzen und ihrer Autorität immer noch unterworfen. Wie diese Anschauung schon in den ältesten Zeiten sich findet und bis auf die Gegenwart festgehalten wurde, so ist auch immer die Exkommunikation, und zwar die ipso iure eintretende, gegen Häretiker und Apostaten in Anwendung gebracht worden. Daher der Satz der Canonisten: Excommunicatio haeresi cohaeret, sicut lepra leproso et homini umbra (Guttierez, Quaestion, can. L. I c «) ') ») »)
F. F. F. F.
Kober, Kober Kober Kober,
Der a. a. a. a. a. a.
Kirchenbann, 1863, S. 13. O. S. 9 nach Matth. X V I I I O. S. 14 u. 15. O. S. 93 f.
15 ff.
15 1. u. 9)" 10). Zu den Häretikern und Apostaten redinet Kober offenbar audi die Sdiismatiker. Er macht gar keinen Unterschied zwischen gutgläubigen und nicht gutgläubigen Häretikern usw., unterscheidet nicht zwischen solchen, die den katholischen Glauben bereits angenommen hatten und wieder abgefallen sind, und solchen, die seit frühester Jugend im Unglauben erzogen wurden, zwischen solchen, die von einem katholischen Priester getauft, und solchen, die von einem akatholischen Religionsdiener getauft wurden. Er spricht einfach von Häretikern und Apostaten und meint alle im Vernunftgebrauch befindlichen Christen, die Häretiker usw. geworden sind. Anders als F. Kober im Jahre 1863 urteilt Paul Hinschius im Jahre 1895. Er sagt hinsichtlich der Bestrafung der Ketzer, daß die Kirche die Mitglieder der akatholischen christlichen Religionsparteien, soweit sie in diesen Religionsparteien geboren und erzogen seien, strafrechtlich nicht als Ketzer behandle, ja, er sagt sogar, daß diejenigen Mitglieder solcher Religionsparteien, welche über die katholischen Glaubenslehren nicht genügend Kenntnis erhalten haben, nach katholischen Grundsätzen keine formellen Häretiker wären, und daß sie infolgedessen nach dem Strafrecht der Kirche nicht einmal strafbar wären " ) . Auch Johannes Baptist Sägemüller vertritt anscheinend noch im Jahre 1909 diesen Standpunkt 1 3 ). Wir können, gestützt auf den C.J.C., dem nicht zustimmen; denn es gibt nach dem Rechte der Kirche nur eine einzige Taufe und auch nur eine einzige, die katholische Kirche, in welche der Mensch durch die Taufe aufgenommen wird, was übrigens auch Sägmüllers Ansicht ist. Und can. 87 bestimmt einfach: Baptismate homo constituitur in Ecclesia Christi . . .; das Gesetz schreibt nicht vor, daß die Taufe durch einen katholischen Priester bezw. Diakon oder in der katholischen Kirche zu vollziehen sei; und die Taufe, die durch einen akatholisdien Religionsdiener vollzogen worden ist, ist, — wenn vielleidit auch z. B. bei Erlangung der Priesterweihe einige Nachteile damit verbunden sind — genau so gültig wie jede andere Taufe. J a , die nicht feierliche Taufe kann sogar von jedermann, a quovis, vollzogen werden und ist gültig servata debita materia, forma et intentione (can. 742). Eine Taufe, eine Kirche! Und alle Getauften sind Mitglieder dieser einen Kirche und sind dem Gesetz der Kirche immer und überall unterworfen, so will es das Recht, und so ist es nach unserer Auffassung immer gewesen. Freilich gab es zu Hinschius' Zeit noch sog. nichttridentinische Orte, an denen hinsichtlich der Eheschließung alle oder einige Christen von der sonst vorgeschriebenen Form durch Gesetz befreit waren. Freilich galt das Verbot, daß ein excommunicatus toleratus passiv am Gottesdienst teilnehme, als durch Gewohnheitsrecht abgeschafft 13 ). Es ist sogar in einigen deutschen Stiftskirchen die Communicatio in sacris im 17. und 18. Jahrhundert und bis zur Säkularisation dieser Stifter im Anfang des 19. Jahrhunderts von der katholischen Kirche stillschweigend zugelassen worden, in der oldenburgischen Gemeinde Goldenstedt hat bis •o) F. Kober, a. a. 0 . S. 95. » ) Paul Hinschius, Das Kircbenredit der Katholiken und Protestanten in Deutschland, V. Band, 1895, S. 683. " ) Jobannes Baptist Sägemüller, Lehrbuch des kath. Kirchenredits, I I . Aufl., Freiburg i. Br., S. 69. '») Anton Perathoner a. a. 0 . S. 688 Anm. 1.
16 zum Jahre 1850 — geleitet von einem katholischen Pfarrer und einem evangelischen Küster — die Communicatio in sacris nadi der Verfassung der dortigen Kirche rechtmäßig bestanden, und tatsächlich kommt sie in üestalt der Teilnahme der evangelischen Landbevölkerung an der Messe zu Christi Verklärung (6. August) in dem ostpreußischen Masuren noch heute vor1*). Ja, es konnte sogar „nach einer Entscheidung des Heiligen Offiziums vom 20. Juli 1898 Häretikern und Schismatikern die Absolution bedingt gespendet werden: 1. wenn sie bona fide waren, 2. sich in Todesgefahr befanden und 3. wenn jedes Aergernis ausgeschlossen war. (A.S.S. XXXI 253)". Doch ist diese Entscheidung am 17. Mai 1916 wieder aufgehoben worden1*), das Verbot der — wenn auch nur passiven — Teilnahme des excommunicatus am Gottesdienst wird durch den C.J.C. aufrecht erhalten — nur hinsichtlich der Teilnahme an der Predigt macht can. 2259 § 1 eine Ausnahme — und die nichttridentinischen Orte sind durch das Dekret der Konzilskongregation Ne temere vom 2. August 1907 mit Rechtswirksamkeit vom 19. April (Ostern) 1908 aufgehoben, und es sind damit alle Abweichungen von der tridentiniscben Eheschließungsform, die durch oder im Anschluß an das Dekret Tametsi (Trid. sess. 24 cap. 1 de ref. matrimonii) bislang erlaubt waren, ausdrücklich verboten worden, und das Recht des C.J.C. kennt keine nichttridentinischen Orte mehr. So scheint uns, daß die Haltung der Kirche den getauften Akatholiken gegenüber wieder strenger geworden ist, nachdem sie vielleicht eine Zeitlang temporum rationibus hominumque moribus mutatis die Zügel etwas lockerer gelassen hatte. Alle Autoren, die nach Erlaß des C.J.C. zur Frage der getauften Akatholiken Stellung genommen haben, teilen unsere Ansicht; nur Sägmüller scheint seinen alten Standpunkt noch aufrechtzuerhalten. So lehrt auch Anton Perathoner ie ), daß jeder Getaufte den Pflichten eines Christen, d. h. den allgemeinen Kirchengeboten, unterworfen ist. „Jeder Getaufte", sagt er, nicht etwa „Jeder Katholik", in keiner Weise läßt er Ausnahmen für irgendwelche Akatholiken gelten (abgesehen natürlich von allen solchen Christen, die nicht im Vernunftgebrauch sind). Und so sagt auch Mario Falco: „Wie man sieht, sind nach der Auffassung der Kirche ihren Gesetzen nicht nur die in der katholischen Kirche Getauften unterworfen, sondern alle jene, die die Taufe empfangen haben, daher auch die Häretiker und die Schismatiker. Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß diejenigen, welche selbst den katholischen Glauben aufgeben und zu einem anderen Bekenntnis übergehen, den Gesetzen der Kirche unterworfen sind. Dagegen kann ein Zweifel bezüglich derjenigen Getauften entstehen, die seit ihrer Geburt oder ihrer Kindheit zu einer akatholischen Sekte gehören, so daß man sagen kann, sie stehen in gutem Glauben außerhalb der katholischen Kirche; gleichwohl sind auch diese, abgesehen von der erwähnten Ausnahme, den kirchlichen Gesetzen unterworfen einschließlich derjenigen, welche auf die Heiligung der einzelnen Personen hinzielen, und zwar den Gesetzen über die Festtage, die Fasten, die Abstinenz usw." 17). ") meyer ") ") ")
Hermann Nottorp: Zur Communicatio in sacris cum haereticis, Max NieVerlag, Halle-Saale 1933. Anton Perathoner a. a. O. S. 291, Anm. 2. Anton Perathoner a. a. O. S. 75 Anm. 1. Mario Falco, Oorso (Ii Diritto Ecrtesiasticn 1930 S. 41, I I , Abs. 2.
17 Hinsiditlich des guten Glaubens derjenigen Christen, die seit ihrer Geburt oder ihret Kindheit zu einer akatholisdien Sekte gehören, sind wir der Auffassung, daß ihr guter Glaube kein Strafausschließungsgrund ihrer Ketzerei wegen ist; denn can. 2202 § 1 bestimmt ausdrücklich, daß nur dann die Unkenntnis die Verletzung eines nicht gekannten Gesetzes nidit anrechenbar macht, wenn die Unkenntnis unverschuldet ist. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß jedes Kirchenmitglied sich mit den kirchlichen Gesetzen und den Geboten Gottes und der Kirche, ganz besonders aber auch mit dem katholischen Glaubensbekenntnis, bekannt machen muß. S o sagt auch Sägmüller: „Der gültig Getaufte ist als Glied der Kirche verpflichtet, deren Glauben anzunehmen und deren Gesetze zu erfüllen" 18 ). E r zieht aber nicht die aus dieser Erkenntnis folgende Konsequenz. Kann sich ja auch der Staatsbürger bei Uebertretung von Staatsgesetzen nicht damit entschuldigen, daß ihm die ordnungsmäßig verkündeten und in Kraft getretenen Gesetze nicht bekannt gewesen seien. So sagt auch Anton Perathoner mit Recht: „Jeder Getaufte ist den Pflichten eines Christen, d. i. den allgemeinen Kirchengeboten, unterworfen""). Und Ulrich Stutz — nachdem er auf die durch den C.J.C. neuerdings, aber anders als vor 1907 und 1908, den Nichtkatholiken gewährte Befreiung von der katholischen Eheschließungsform hingewiesen hat — schreibt in seinem „Geist des Codex iuris canonici": „Wer mit dem katholischen Kirchenrecht und seiner Geschichte nicht vertraut ist, mag finden, diese Bestimmung stelle eigentlich einen Uebergriff auf ein Gebiet dar, das der katholischen Kirchenordnung entzogen sei, Nichtkatholiken gingen den katholischen Gesetzgeber überhaupt nichts an. Doch wird man richtiger darin ein vom Standpunkt der katholischen Kirche sehr anerkennenswertes Entgegenkommen Pius X. und der von ihm eröffneten Kirchenrechtsära erblicken müssen. Im übrigen sind und bleiben auch nach dem Kodex die nichtkatholischen Christen, namentlich die Evangelischen, wegen Ketzerei exkommunizierte Katholiken, aber Excommunicati tolerati" 20 ). Wollen wir nun nach dem oben Gesagten die Menschheit nach einem übersichtlichen Schema einteilen, so müßte es folgendermaßen aussehen: I. Ungetaufte, acatholici non baptizati. II. Getaufte. 1. Exkommunizierte, in den Rechten beschränkte Kirchenmitglieder. catholici. In unserem Bilde stehen dann die unter I genannten Ungetauften, die acatholici non baptizati, im äußersten Kreise, sodann folgen die unter II 1 a genannten Apostaten, Häretiker und Schismatiker, die acatholici baptizati, diesen folgen im innersten Kreise die vom Kodex bereits als catholici bezeichneten sonstigen Exkommunizierten II 1 b, — wir müssen 1 8 ) Johannes Baptist Sägemüller, Lehrbuch des katholischen Kirchenredits, 1909, S. 68. I 0 ) Anton Perathoner a. a. 0 . S. 75 Anm. 1. 2 ») Ulrich Stutz, Der Geist des Codex iuris caninici, Stuttgart 1918, S. 90.
18 aber bedenken, daß auch sie genau so wie die Apostaten, Häretiker und Schismatiker in ihren Rechten beschränkte Kirchenmitglfbder sind, — und in der Mitte des Kreises finden wir die vollberechtigten Kirchenmitglieder II 2, die auch vom Rechte catholici genannt werden. Die Rechtsstellung der Ungetaulten ist einfach zu ermitteln. Schwieriger ist es mit der Rechtsstellung der Apostaten, Häretiker und Schismatiker. Denn der Kodex spricht sehr häufig nur von den Exkommunizierten insgesamt; es wird dann von Fall zu Fall ermittelt werden müssen, ob an der einzelnen Stelle auch acatholici baptizati gemeint sind. Bevor wir uns nun der Betrachtung der Rechtsstellung der Akatholiken und der „sonstigen Exkommunizierten" in den einzelnen Bestimmungen des C.J.C. zuwenden, wiederholen wir nochmals, daß wir im weiteren Verlauf dieser Arbeit nur den gültig Getauften als getauft ansehen, weil diese Auffassung dem Rechte entspricht. Wir sehen es auch als erwiesen an, daß der acatholicus baptizatus ein exkommunizierter Katholik ist »)•
" ) Auch Sägemüller kann uns nicht davon überzeugen, daß die „Evangelischen" in Deutschland nur materielle Häretiker — und darum nicht exkommunizierte Christen — sind. E r schreibt 1925 in der vierten Auflage seines Kirchenrechts I . Bd. 1. Teil S ; . 119, nachdem er zuvor vom Verbrechen der Häresie gesprochen hat: „Dagegen ist unbewußter Irrtum keine formelle, sondern nur eine materielle Häresie. Formalle Häretiker sind namentlich diejenigen nicht, welche keine Kenntnis von den Lehren der Kirche haben, was besonders leicht bei jenen der F a l l ist, welche von häretischen Eltern abstammen". Wir müssen dagegen einwenden, daß u. E. jedermann in Deutschland die katholische Kirche und ihre Lehre kennt; dafür spricht auch die Aufhebung der nichttridentinischen Orte und der nordischen Mission in Deutschland. Die nichttridentinischen Orte sind in aller Welt aufgehoben; so sind wir der Meinung, daß bei den heutigen Verkehrsmitteln die ganze Christenheit die katholische Kirche und ihre Lehre kennt. Zum mindesten müßte jeder Christ nach dem Rechte des C J C . diese Kenntnis haben. Selbstverschuldete Unkenntnis aber würde nicht vor Strafe schützen.
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C. Die Stellung der acatholici baptizati et non baptizati sowie der sonstigen exkommunizierten Christen im Codex Juris Canonici. I.
In den
allgemeinen
Bestimmungen.
Can. 12 sagt, daß die Ungetauften — ebenso wie die eines hinreichenden Vernunftsgebraudies entbehrenden Getauften und diejenigen Getauften, welche das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben — den „legibus mere ecclesiasticis", den rein kirchlichen Gesetzen, nicht unterworfen sind, wenn nicht vom Rechte etwas anderes ausdrücklich bestimmt wird. „Wohl aber gilt für sie das natürliche Recht. Nach ihm also werden etwaige Rechtssachen derselben, z. B. Ehesachen, vor dem kirchlichen Forum behandelt" "). Das menschliche Recht der Kirche verpflichtet — von den beiden oben genannten Ausnahmen abgesehen — nur die Kirchengenossen, und zwar alle Kirchengenossen im weitesten Sinne. Alle Menschen aber, die Getauften und die Ungetauften, können gem. can. 36 vom Papst und den anderen Ordinarien Reskripte erlangen, das sind Gnadenerweise oder Dispensationen, wenn sie nicht etwa — und das ist nur bei Getauften möglich — post sententiam condemnatoriam vel declaratoriam persönlich exkommuniziert, interdiziert oder suspendiert worden sind; doch kann auch in den letztgenannten drei Fällen ein Reskript erlangt werden, wenn nur die Zensur im Reskript ausdrücklich erwähnt wird. II. I m P e r s o n e n r e c h t . Das Personenrecht des C.J.C. handelt von Klerikern, Religiösen und Laien; Kleriker sind diejenigen Christen, „qui divinis ministeriis per primam tonsuram mancipati sunt (can. 108 § 1), und die Laien sind das gem. can. 948 von den Priestern abgeteilte Kirchenvolk; und nur die von der katholischen Kirche geweihten Diener Gottes heißen Kleriker, nur die Mitglieder des katholischen Kirchenvolkes einschließlich aller Exkommunizierten werden Laien genannt. „Duo sunt genera christianorum", Kleriker und Laien 23 ). Hinsichtlich der Religiösen ist bekannt, daß sie keinen eigentlichen Kirchenstand im Sinne von Klerus und Laien bilden, daß vielmehr Kleriker und Laien Religiöse sein können, daß das Recht aber doch die Religiösen ihrer besonderen Rechte und Pflichten wegen wie einen Stand behandelt und auch — can. 487 — status religiosus nennt. » ) Johannes Baptist Sägernüller a. a. 0., 1919, S. 67. ") Johannes Baptist Sägemüller a. a. O. S. 172.
20 Die Frage, ob auch Kleriker akatholisch werden können, müssen wir bejahen, mit einer Ausnahme allerdings. Akatholik wird der Christ durch die auf Grund einer Missetat gegen den Glauben und die Einheit der Kirdie gegen ihn verhängte Exkommunikation. Die Kleriker sind dem Gesetz der Kirdie unterworfen, können daher audi exkommuniziert werden, mit Ausnahme des Papstes; denn vom Papst sagt can. 1556: Prima Sedes a nemini iudicatur. Der akatholisdi gewordene Kleriker wird vom Redite ebenso geschützt wie der katholische (can. 119). Audi hinsichtlich der Standespfliditen der Kleriker machen die canones 124—144 keine Ausnahme hinsichtlich der Akatholiken. Infolgedessen kann der Kleriker mit höheren Weihen, der Priester zum Beispiel, auch dann keine christliche Ehe eingehen — naturrechtlidie Ehen können Christen überhaupt nicht schließen (can. 1012) — wenn er sich von der Gemeinschaft der katholischen Kirche trennt und etwa einer lutherischen Religionsgemeinschaft beitritt, also Schismatiker, Häretiker und damit Akatholik wird; denn die Priesterweihe verleiht einen Charakter indelebilis; wenn er trotzdem heiratet, so ist die Ehe ungültig, ist keine Ehe, sondern ein Konkubinat. Und heiraten kann und darf der Kleriker mit höheren Weihen nur dann, wenn ihn der Papst vom Bande gelöst hat, was allerdings nur bei laisierten Klerikern, nicht bei aktiven geschehen wird. Das ist möglich, weil das Eheverbot für den Priester des lateinischen Ritus nicht göttliches Recht ist, sondern ius mere ecclesiasticum, also menschliches Recht. Der Papst aber kann gem. can. 80 in Verbindung mit can. 218 von allen menschlichen Gesetzen der Kirdie dispensieren. Ebenso auch von denjenigen göttlichen Gesetzen, deren Verpflichtung vom Willen des Menschen ausgeht, wie z. B. super matrimonio rato non consummato (can. 1119), worauf auch mit Bezug auf die hier gedachten göttlichen Gesetze Anton Perathoner a. a. 0 . S. 72 Abs. 2 ausdrücklich hinweist. Can. 167 § 1, der von den Wahlen zu geistlichen Körperschaften handelt, bestimmt, daß vom Wahlrecht ausgeschlossen seien „ . . . 3. Censura vel infamia iuris affecti, post sententiam tarnen declaratioram vel condemnatoriam; 4. Qui sectae haereticae vel sdiismaticae nomen dederunt vel publice adhaeserunt . . ." Nicht aber des Wahlrechts vollständig beraubt sind hiernach excommunicati tolerati, und zwar gleichgültig, ob sie wegen Delikts gegen den Glauben und die Einheit der Kirche oder wegen eines anderen Delikts exkommuniziert wurden, also im engsten oder im zweiten Kreis der Exkommunizierten stehen. Wenn nun solch ein excommunicatus toleratus — ausdrücklich sei nochmals unterstrichen, daß das gem. can. 2314 § 1 n. 1 auch ein geheimer Apostat, Häretiker oder Schismatiker sein kann — an einer Wahl teilnimmt, so ist diese Teilnahme durch den oben angezogenen can. 167 § 1 nn. 3 und 4 nicht für unmöglich erklärt. Zwar sagt can. 2264, daß jeder kirchliche Jurisdiktionsakt des Exkommunizierten illicitus sei; aber invalidus sei er doch nur „ . . . si lata fuerit sententia condemnatoria vel declaratoria . . salvo praescripto can. 2261 § 3. Weiter bestimmt zwar can. 2265 § 1 „Quilibet Excommunicatus: 1. Prohibetur iure elegendi . . . .", i.ber § 2 desselben Kanon bestimmt: „Actus tarnen positus contra praescriptum § 1 nn. 1, 2 non est nullus, nisi positus fuerit ab excommunicuto
21 vitando vel ab alio excommunicato post sententiam declaratoriam vel condemnatoriam . . ." Wir haben hier also eine zwar nicht erlaubte, aber immerhin gültige Jurisdiktionshandlung eines Nichtkatholiken innerhalb der katholischen Kirche vor uns. Wir werden aber später auch nodi erlaubte — und selbstverständlich gültige — Jurisdiktionshandlungen von Akatholiken innerhalb der katholisdien Kirche kennen lernen; kann dodi die Nottaufe sogar von Ungetauften, Akatholiken des äußersten, dritten Kreises, rechtsgültig vollzogen werden. Aber kehren wir zu den kirchlichen Wahlen gem. can. 167 zurück, so müssen wir die Einschränkung beachten, die can. 188 bringt: „Ob tacitam renunciationem ab ipso iure admissam quaelibet officia vacant ipso facto et sine Ulla declaratione si clericus . . . . 4" A fide catholica publice defecerit." Wenn beispielsweise ein Domherr insgeheim vom katholischen Glauben abgefallen und dadurch lata sententia gem. can. 2314 n. 1 excommunicatus toleratus, aber immerhin doch schon Akatholik geworden ist, so kann er nach den obigen Ausführungen zu can. 167 noch an den vom Domkapitel vorzunehmenden Wahlen teilnehmen, er ist — unbeschadet des etwaigen weiteren Verfahrens aus can. 2314 n. 2 — zunächst noch Domherr. Aber wenn der gedachte Kleriker öffentlich vom katholischen Glauben abgefallen ist, dann hat er damit stillschweigend — ipso facto et sine ulla declaratione — auf seine Domherrnstelle verzichtet und ist durch diesen Verzicht auch seines Wahlrechtes im Domkapitel restlos beraubt worden. Der stillschweigende Verzicht aus can. 188 n. 4 gilt für alle Aemter (quaelibet officia) der Kirche, also auch für das officium des Papstes. Hatten wir auf S. 27 gesehen, daß der Papst nicht Akatholik werden kann, da er der Strafe der Exkommunikation nicht unterliegt, wie ja auch die Strafe von einem etwa zum Papst gewählten exkommunizierten Kardinal sofort mit Annahme der Wahl abfällt, so sehen wir jetzt, daß durch stillschweigenden Verzicht der Papst von seinem Amte zurücktritt, wenn er öffentlich „a fide catholica defecerit". Dann ist er nicht mehr Papst. Denn sein Rücktritt bedarf gem. can. 221 nicht der Genehmigung der Kardinäle oder anderer. Es tritt dann Sedisvakanz ein, und die Kardinäle müssen gem. can. 160 auf Grund der Konstitution Pius X. Vacante Sede Apostolica vom 25. XII. 1904 zur Papstwahl schreiten. Der zurückgetretene Papst aber verfällt unmittelbar nadh seinem Rücktritt ipso facto der Exkommunikation nach can. 2314 § 1 n. 1 und wird dadurch zum Akatholiken. Denn vom Augenblick der Resignation an ist er wieder ein der kirchlichen Gerichtsbarkeit unterworfener Kleriker wie jeder andere seines ordo. Im Hinblick auf die im I. Kapitel (S. 1 ff.) bereits betonte Souveränität des Papstes im Sinne völliger Unabhängigkeit von jeder menschlichen Gewalt sei es erlaubt, hier auf can. 218 § 2 hinzuweisen, der ausdrücklich betont, daß des Papstes „potestas vere episcopalis, ordinaria et immediata" ist „a quavis humana auctoritate independens." Bei der Papstwahl ist n. 29 der Constitutio Pii P P X „Vacante Sede Apostolica" ganz besonders zu beachten. Denn sie bestimmt, daß kein Kardinal „cuiuslibet excommunicationis, suspensionis, interdicti aut alius ecclesiastici impedimenti praetextu vel causa" vom aktiven oder passiven
22 Wahlredit ausgeschlossen werden darf. D. h. auch als vitandus, auch wenn er nominatim vom heiligen Stuhl exkommuniziert, die Exkommunikation veröffentlicht wurde und im Urteil ausdrücklich gesagt ist, daß er zu meiden sei, audi dann darf und muß der Kardinal an der Papstwahl teilnehmen; die Strafe weicht gewissermaßen von ihm für die Dauer des Wahlaktes zurück. Der Bischof hat sein Amt zwar auch direkt von Gott (can. 329 § 1), aber er untersteht doch der Autorität des Papstes und damit dem kirchlichen Gericht. Er kann bezw. muß exkommuniziert werden, wenn er tatbestandsmäßig handelt. Und es bestimmt für diesen Fall der can. 429 § 5, daß dann der Metropolit, oder, wenn es sich um diesen selbst handelt, der älteste Suffraganbischof, bei exemten Bischöfen oder bei sonstigen Prälaten, die direkt dem Papst unterstehen, der von diesen gem. can. 285 erwählte Metropolit, an den Papst zu berichten hat, damit der Papst selbst Fürsorge treffe. Das Kapitel hat in diesem Falle keine Gewalt; auch die Gewalt des Generalvikars erlischt (vergl. Canon 371); der Papst veranlaßt alles weitere. Es ist im Personenrecht, im zweiten Buche des C.J.C., nichts Besonderes über den excommunicatus als Pfarrer oder Kirchenrektor gesagt. Wir werden später noch von den Maßregeln hören, die die Kirche gegen exkommunizierte Kleriker ergreift, wenn wir das fünfte Buch: De delictis et poenis behandeln. Hinweisen aber müssen wir noch auf can. 469, der den Pfarrer verpflichtet, darüber zu wachen, daß in den öffentlichen Schulen und Privatschulen nicht Lehren vorgetragen werden, welche gegen Glauben und Sitten verstoßen, und ihn ferner verpflichtet, Liebeswerke und fromme Einrichtungen nach Kräften zu fördern, ohne daß hiervon also der pfarramtlichen Schulaufsicht und Liebestätigkeit irgendwelche Ausnahmen hinsichtlich der Akatholiken gemacht werden»«); offenbar soll (vergl. can. 1350 § 1) sich der Pfarrer audi in dieser Hinsicht der Akatholiken seiner Parodiie annehmen. Wenden wir uns nunmehr dem Rechte der Religiösen zu, so sagt uns gleich der erste Kanon des Abschnitts „De Religiosis", can. 487, daß der status religiosus aus Katholiken (fideles) besteht. Und wir finden nun hier zum ersten Mal das Wort „catholicus" anstelle der sonst für den Katholiken üblichen Bezeichnung „fideles", nämlich im can. 538: „ In religionem admitti potest catholicus qui nullo legitimo detineatur impedimento". Ebenso begegnet uns zum ersten Mal das Wort „acatholicus", und zwar im can. 542/1: „ . . . Invalide ad novitiatum admittuntur; qui sectae acatholicae adhaeserunt; . . ."«). Die canones 598 und 600, welche bestimmen, « ) Die hiervon abweichende Fassung des can. 1372 kann u. E. nicht für getaufte Schulkinder gelten, die noch nicht mannbar sind, also auch santanbia lata noch nicht exkommuniziert sein können^ diese Schulkinder sind alle fideles, zum mindesten aber catholici. ") Dazu bemerkt Anton Perathoner a. a. 0 . S. 235 in der Anmerkung 1: „Darunter (nämlich denen, qui sectae acatholicae adhaeserunt) sind nur solchr zu verstehen, die vom katholischen Glauben abgefallen und einer Sekte beigetreten sind. Convertiten hingegen, welche in der Häresie oder im Schisma geboren wurden, sind vom Eintritt in ein Ordensnoviziat nicht ausgeschlossen. So erklärte die Kommission zur Interpretation des Kodex am 16. Oktober 1919
23 daß kein Weib die Klausur der Möndie, kein Mann mit Ausnahme der Kardinäle, des Ordinarius und des Regularoberen mit dem jeweiligen Begleiter, des Beiditvaters, der Ärzte, Chirurgen und derjenigen Männer, quorum opera sit necessaria, also etwa der Handwerker, die Klausur der Nonnen betreten darf, madien von ihrem Verbot eine Ausnahme bei Mönchsklausuren hinsichtlich der Gemahlinnen der Staatsoberhäupter und ihrer Gefolge, bei Nonnenklausuren hinsiditlich der Staatsoberhäupter selbst und ihrer Gefolge; und zwar allgemein; gleichgültig, ob sie Katholiken oder Niditkatholiken sind, so daß wir hier konstatieren müssen, daß als Staatsoberhäupter oder deren Gemahlinnen oder in deren Gefolge, sowie als Arzt, Chirurg oder Handwerker auch der Akatholikus — und zwar jeder Akatholikus — die Klausur betreten darf. Die Religiösen können ebenso wie andere Katholiken auf Grund von Delikten exkommuniziert, also auch Akatholiken werden; wir verweisen diesbezüglidi auf die Besprechung des Strafrechtes. Gibt es nun bestimmte Standesdelikte, durch die der Religiöse exkommuniziert wird? Diese Frage ist hinsiditlich des Abfalls von der Religiosengemeinschaft (apostasia a religione, can. 644 § 1 u. 2) für alle Religiösen aus can. 2385 zu bejahen; denn die Strafe ist die von selbst eintretende Exkommunikation. Für den flüditigen Religiösen, von dem es in can. 644 § 3 heißt: „Fugitivus est qui, sine Superiorum licentia, domum religiosam deserit cum animo ad religionem redeundi", gilt dies nidit; falls er die höheren Weihen hatte, wird er suspendiert, er verliert das Amt, weldies er in seiner Gemeinschaft bekleidete und wird im übrigen nadi den Regeln seiner religio gewissermaßen disziplinarisch bestraft. Aber hinsiditlich der Nonnen gibt es noch ein der Flucht ähnliches mit Exkommunikation bedrohtes Vergehen — dessen Tatbestand übrigens durdi die fugitiva immer erfüllt sein dürfte —, ein Vergehen, von dem can. 2342 sagt: „Plectuntur ipso facto excommunicatione Sedi Apostalicae simpliciter reservata: 3 ° Moniales e clausura illegitime exeuntes contra praescriptum can. 601". Doch gilt auch hinsichtlich der Nonnen wie von jedem von seiner Gemeinschaft abgefallenen oder aus ihr geflohenen Religiösen der Satz: „Superiores debent eos sollicite requirere, et ipsos, si vera poenitentia acti redeant suscipere;. . . (can. 645 § 2). J a , für die Nonne — nicht für den Mönch — wird sogar noch weiter an derselben Stelle befohlen: „ . . . reditum vero monialis apostatae vel fugitivae caute curet loci Ordinarius, et, si agatur de monasterio exempto, etiam Superior regularius". Zu beachten ist endlich noch can. 646 § 1: „ Ipso facto habendi sunt tamquam legitime dimissi religiosi: 1.° Publici apostatae a fide catholica; 2.° Religiosus, qui fugam arripuerit cum muliere; aut religiosa quae cum viro; 3.° Attentantes aut contrahentes matrimonium aut etiam vinculum, ut aiunt, civile". Wer diese Tatbestände erfüllt, wird aber nicht nur aus seiner Gemeinschaft dimittiert, sondern verfällt auch von selbst der Exkommuni(A. A. S. 477 n 7)." Verfasser schließt a u s dieser Stellungnahme der Kommission z u r I n t e r p r e t a t i o n des Kodex, daß hier den in der H ä r e s i e bezw. im Schisma geborenen getauften Akatholiken ihre frühere Unkenntnis als mildernder Ums t a n d im Sinne des can. 2202 angerechnet wird.
24 kation und zwar wegen n 1 aus can. 2314 § 1 n 1 u. 3 und wegen n 2 u. 3 aus can. 2388 § 1 und 2. Alle Kirchenmitglieder (alle Getauften), die nicht dem Klerus angehören, heißen Laien. Und diesen spricht der can. 682 das Recht zu: „recipiendi a clero, ad normam ecclesiasticae disciplinae, spiritualia bona et potissimum adiumenta ad salutem necessaria". Allen Laien spricht der can. 682 dieses Redit zu, nidit nur den Vollbürgern der Kirdie, auch den Exkommunizierten und unter diesen auch den acatholici baptizati. Der folgende can. 683 spricht ein Verbot aus: „Non licet laicis habitum clericalem deferre . . auch ein Gesetz, das sich an alle, also auch an die akatholischen Laien, wendet. Es gilt also auch gegenüber den Predigern der deutschen evangelischen Landeskirchen, die ja nach katholischem Kirchenrecht nicht Kirchen, sondern verbotene Sekten sind. Doch steht der weltliche Arm zur Durchführung dieses Gesetzes der Kirche in Deutschland nicht zur Verfügung. Nachdem der Kodex in den canones 682 u. 683 das oben angeführte Recht der Laien gegenüber dem Klerus und das Verbot des geistlichen Gewandes für die Laien behandelt hat, übermittelt er uns in den canones 684—725 das laikale Genossenschaftsrecht der Kirche. Hinsichtlich der Akatholiken entnehmen wir aus dem can. 693 § 1, daß Akatholiken von der Aufnahme in kirchliche Genossenschaften ausgeschlossen sind. In Verbindung mit dieser Bestimmung sagt can. 696 § 2, daß aus einer solchen Gesellschaft ausgeschlossen wird derjenige, für den can. 693 § 1 zutrifft; also: wird der Gläubige Akatholik, so wird er aus der Gesellschaft ausgeschlossen. ebenso ausgeschlossen werden auch alle sonstigen Exkommunizierten, die notorisch zensuriert sind, und „damnatae sectae adscripti", also nicht nur die Angehörigen akatholischer Sekten, sondern, um ein Beispiel zu nennen, auch die Freimaurer. Uns scheint aus dem Satz „Acatholici et damnatae sectae adscripti . . ." in can. 693 § 1 klar hervorzugehen, daß nicht nur die einer akatholischen Sekte angeschlossenen Christen vom C.J.C. Akatholiken genannt werden, sondern eben auch die Apostaten, Häretiker und Schismatiker, die sich keiner Sekte angeschlossen haben. III.
Im
Sachenrecht.
Das kanonische Sachenrecht „De Rebus" hat mit weltlichem Sachenrecht, wie es etwa im dritten Buche des B.G.B, enthalten ist, kaum etwas zu tun. Man könnte es vielleicht dem staatlichen Verwaltungsrecht gleichsetzen. Die ersten fünf Kanons (can. 726—730) des Buches „De Rebus" enthalten eine Einleitung, sodann folgen in sechs Teilen 1. das Recht der Sakramente, 2. das Recht der heiligen Orte und Zeiten, 3. der Gottesdienst, 4. das kirchliche Lehramt, 5. das Reiht der Benefizien und anderen nidit kollegialen kirchlichen Einrichtungen, 6. das kirchliche Vermögensrecht. Gleich der erste Kanon (731) im ersten Teil dieses Buches handelt in seinem § 2 von Häretikern und Schismatikern, Akatholiken also. Es wird verboten, diesen die Sakramente zu spenden, auch wenn sie im guten Glauben irren, es sei denn, daß sie zuvor ihren Irrtum abgelegt und sich mit der Kirche ausgesöhnt hätten. Hierdurch schließt sich also der Kodex an der bereits am 17. V. 1916, wie schon auf S. 19 erwähnt, erfolgten Aufhebung der Entscheidung des Hl. Offiziums vom 20. J u l i 1898. (A.S.S. X X X I
25 253), wonadi auch Häretikern und Schismatikern die Absolution bedingt gespendet werden konnte Der Akatholik muß vorher in den Schoß der Kirche zurückgekehrt sein, zum mindesten muß man bei einem bewußtlos Sterbenden annehmen können, daß er Angesichts des Todes seinen Irrtum bereute. Sonst bleibt er von den Sterbesakramenten ausgeschlossen und geht, wenn er nicht doch noch angesichts des Todes vor dem Sterben zur Reue gekommen ist, der ewigen Seligkeit verlustig. Dem in re ungetauften Akatholiken läßt aber der can. 737 einen Weg zur Seligkeit offen, wenn er saltem in voto, durch seine Begierde zu Gott zu kommen also, getauft wurde. Damit wird der Satz der Professio catholicae fidei vom wahren katholischen Glauben, extra quam nemo salvus esse potest, durchbrochen. Auch Anton Perathoner betont a. a. 0 . S. 293 Anm. 2, daß durch die Begiertaufe (und die Bluttaufe, eine Abart der Begiertaufe) wohl der Gnadenstand begründet wird, aber doch nicht die Kirchenzugehörigkeit. Die Taufe, Sacramentorum ianua ac fundamentum, soll in feierlicher Form durch den Priester gespendet werden und ist pfarramtliches Recht, (can. 738 § 1). Erwachsene sollen nach Möglichkeit durch den Bischof oder seinen Delegaten in noch feierlicherer Form getauft werden, (can. 744). Doch kann, in periculo mortis muß sogar, die Privattaufe am Täufling vollzogen werden, und dazu bemerkt can. 742 § 1: „Baptismus non solemnis, de quo in can. 759 § 1, potest a quovis ministrari, . . .". A quovis, von jedem ohne Unterschied also, wie aus den §§ 2 u. 3 desselben Kanon hervorgeht, sogar von Frauen. A quovis, von jedermann, kann und soll die Privattaufe vollzogen werden, also auch vom Akatholiken; und da ganz uneingeschränkt „a quovis" im Kanon steht, da der Taufbefehl nicht ius mere ecclesiasticum, sondern göttlichen Rechtes ist, so vertritt Verfasser die Meinung, daß hier auch der acatholicus non baptizatus in den Begriff „jedermann" eingeschlossen ist. Und wir haben hier einen Fall, in dem nicht nur gültiger, sondern erlaubter, evtl. sogar gebotener Weise der Akatholik einen Jurisdiktionsakt, und sogar den wichtigsten, den die Kirche kennt, vornehmen darf. Durch die Taufe wird der Mensch von der Erbsünde errettet, ihm werden durch die Taufe alle vorher begangenen Sünden verziehen, und er wird durch die Taufe in die allein seligmachende Kirche aufgenommen. Dieser Jurisdiktionsakt ist der Kirche so wichtig — zumal mit der Begiertaufe in der Regel nicht gerechnet werden kann —, daß sie auch dem Niditkatholiken, ja sogar dem nichtgetauften Akatholikus das Recht gibt, ihn zu vollziehen. Es scheint auch — abgesehen vom Patronatsredit — der einzige Jurisdiktionsakt zu sein, den das Weib in der Kirche rechtsgültig vollziehen kann. Jeder Mensch wird als Akatholik geboren. Jeder Mensch ist, solange er noch ungetauft ist, subjectum capax baptismi (can. 745 § 1). Sind die Eltern ungetauft (can. 750) oder auch Häretiker, Schismatiker oder gar Apostaten (can. 751), so werden ihre Kinder in periculo mortis auch gegen den Willen der Eltern erlaubterweise getauft. Ist nur ein Elternteil katholisch, so ist das Kind nach dem Ritus des katholischen Elternteils zu taufen (can. 756 § 3). Obgleich die Taufe einen character indelebis verleiht, kann doch der Ortsordinarius die Wiederholung in forma privata gem. s
«) Anton Perathoner a. a. 0. S. 291.
26 can. 759 § 2 gestatten, wenn es sich um die bedingungsweise Taufe von Häretikern handelt, d. h. wenn Zweifel bestehen, ob der Häretiker früher rite oder wenigstens valide getauft worden ist, die Formel lautet dann: „ S i non es baptizatus, ego te baptizo in nomine . . diese Privattaufe wird durch den zuständigen Geistlichen vollzogen, sie darf nicht verwechselt werden mit der Privattaufe aus can. 759 § 9, die in periculo mortis von jedermann vollzogen werden kann. Obgleich die Niditkatholiken und Exkommunizierten reditsgültig taufen können, sind doch die meisten unfähig, Paten zu sein, nämlich alle Ungetauften und jene Getauften, die einer häretischen oder schismatischen Sekte angehören, und diejenigen Exkommunizierten und infamen Katholiken, welche sententia condemnatoria vel declaratoria ausgeschlossen bzw. infamiert worden sind. Von der Firmpatenschaft werden dieselben Menschen ausgeschlossen, welche nicht Taufpaten sein können; es wird aber außerdem noch jeder Katholik ausgeschlossen, der nicht selbst gefirmt ist. Beim dritten Sakrament der Allerheiligsten Eucharistie, erweckt can. 805 den Eindruck, als ob a 11 e Priester, also auch die akatholisch gewordenen oder diejenigen, welche sonstwie exkommuniziert sind, mehrmals im Jahre die heilige Messe zu zelebrieren hätten, denn es heißt ohne jede Einschränkung im can. 805: „Sacerdotes omnes obligatione tenentur Sacrum litandi pluries per annum; . . ." Wir werden später sehen, daß dem nicht so ist, da can. 2260 es ausdrücklich verbietet (Seite 94). Can. 823 verbietet das Zelebrieren der Messen „in templo haereticorum vel schismaticorum", und zwar auch dann, wenn der Altar einmal reditsgültig geweiht war; in sogen. Simultankirchen müssen entweder getrennte Räume oder zum mindesten besondere Altäre benutzt werden, oder es muß sich der katholische Priester eines tragbaren Altars bedienen; doch sind früher Abweichungen stillschweigend geduldet worden, (vergl. S. 19). Darf dem Akatholiken die Kommunion gereicht werden? Nach can. 853 sind alle Ungetauften ausgeschlossen; Getaufte nur, wenn das Gesetz es bestimmt. Und der gesetzliche Ausschluß gilt hinsichtlich der Schismatiker und Häretiker, die ja vom Empfang aller Sakramente ausgeschlossen sind, es sei denn, sie gäben ihren Irrtum auf und versöhnten sich mit der Kirche, (can. 731 § 2). Ebenso sind auszuschließen publice indigni, quales sunt excommunicati, interdicti manifestoque infames, nisi de eorum poenitentia et emendatione constet et publico scandalo prius satisfecerint (can. 855 § 1). Geheime Sünder — und man muß wohl annehmen, daß sie sententia lata exkommuniziert sind —, müssen aber zur Kommunion zugelassen werden, wenn sie es öffentlich verlangen und nicht ohne Erregung von Ärgernis übergangen werden können, (can. 855 § 2). Die Frage, wie denn überhaupt geheime Sünder bei der Spendung der hl. Kommunion übergangen werden könnten, muß dahin beantwortet werden, daß geheime Sünden wohl dem Spender der hl. Kommunion bekannt sein können; denn „geheim" bedeutet nicht „niemanden bekannt". Ein geheimes Delikt darf weder gerichtsnotorisch noch öffentlich bekannt sein oder doch so vielen bekannt, daß es nicht mehr verheimlicht werden kann. Aber über die Frage, wieviel Menschen das Delikt kennen müssen, um es bereits als öffentlich bekannt bezeichnen zu können, sind sich die Kanonisten nach
27 Anton Perathoner nicht einig; nadi manchen genügen sdion vier oder sedis Mensdien, danach könnte man sagen, was drei Menschen wissen, kann noch als geheim gelten. Die Edda läßt das Geheimnis nur zwischen zwei Personen gelten: „Denn was drei wissen, das weiß alle Welt""), was des Interesses wegen gestattet sei, hier einzufügen. Und d'Annibale definiert: „Occultum accipimus, quod non est notorium, et quod potest aliqua tergiversatione celari, etiamsi per aliquod testes probari possit, simodo adhuc latere queat" "). Anton Pera thoner fügt dieser Definition hinzu, daß ein Verbredien an einem Orte bekannt, am anderen aber geheim sein kann. Und Verfasser verweist auf die suspensio ex informata conscientia (can. 2186—2194), die der Ordinarius in klugem Ermessen gegen Kleriker wegen geheimer Verbredien verhängen kann. Empfänger der göttlichen Gnade im Bußsakrament kann nur der disponierte Katholik sein. (can. 870). Wir werden aber sehen, daß „legitimus minister" dieses Sakraments in periculo mortis audi der durch sententia condemnatoria vel declaratoria exkommunizierte Priester sein kann. Und wir haben hier wieder einen Fall, in dem auch der acatholicus baptizatus, sofern er nur Priester ist, erlaubterweise eine gültige Jurisdiktionshandlung der Kirdie vornehmen kann; denn can. 882 bestimmt: „ In periculo mortis omnes sacerdotes, licet ad confessiones non approbati, valide et licite absolvunt quoslibet poenitentes a quibusvis peccatis aut censuris, quantumvis reservatis et notoriis, etiamsi praesens sit sacerdos approbatus salvo praescripto canon. 884, 2252". Dazu bemerkt Anton Perathoner a. a. 0., S. 330 Anm. 2: Unter „alle Priester" sind auch Exkommunizierte, selbst vitandi, zu verstehen, weldie für die Todesgefahr die Vollmacht zum Absolvieren haben, allerdings nur, wenn sie von den Glädbigen ersucht werden (can. 2261 § 3); selbst die Absolution des Complex in peccato turpi ist in Todesgefahr gültig und, wenn eine Notwendigkeit vorhanden, auch erlaubt, (vergl. can. 884) . . ." Hinsichtlich des vom Gesetzgeber hier angezogenen can. 2252 bemerken wir folgendes: Der von einem nicht bevollmächtigten Priester in periculo mortis von reservierten Zensuren freigesprochene Christ hat — aus der Todesgefahr errettet — eine besondere Pflicht: Er muß auf Erden Genugtuung leisten. Und er muß sich die Vorschriften für diese Genugtuung von demjenigen geistlichen Vorgesetzten erbitten, dem seine Zensur reserviert war. Erteilt can. 882 allen Priestern, auch den exkommunizierten und darunter den akatholischen, das Recht, bei Todesgefahr den Gläubigen zu absolvieren, so befiehlt ihnen, wohl in notwendiger Ergänzung von 882, can. 892 § 2 mit den Worten: „et in mortis periculo omnes sacerdotes", die Beichte der Gläubigen ex caritate zu hören. Wir haben schon oben gesagt, daß nur dem disponierten Katholiken das Bußsakrament zuteil werden kann; trotzdem schreibt der can. 901 jedem, also auch dem acatholicus baptizatus, „qui post baptismum mortalia perpetravit, quae nondum per claves Ecclesiae directe remissa sunt", strikt vor, zu beichten. In Verbindung mit can. 731 § 2 und can. 870 muß man folgern, daß Schismatiker und Häretiker und natürlich auch die Apo*7) Sprüche des Hohen, dritte Gruppe, 62, V. (Die Edda, deutsch von Wilhelm Jordan, 1924, S. 194.) " ) Anton Perathoner a. a. O. S. 661 Anm. 3.
28 staten zunächst und vor allen Dingen mit der Bitte um Vergebung ihre Delikte aus can. 2314 § 1 zu beichten haben; und erst, wenn ihnen deswegen Absolution wurde, können sie um Vergebung ihrer sonstigen Sünden bitten. Wir kommen nun zum Sakrament der letzten Ölung und stellen zunächst aus can. 938 § 1 fest, daß dieses Sakrament nur vom Priester, aber audi von j e d e m Priester, also auch dem akatholisdi gewordenen, valide gespendet werden kann. Can. 939 befiehlt im Notfalle jedem Priester (quilibet sacerdos) ex caritate zu spenden. Die letzte Ölung ist also eine Weihehandlung, die gültig und erlaubt auch der Akatholik, wenn er nur Priester ist, vornehmen kann und in casu necessitatis vornehmen muB. Das Sakrament darf, wie alle anderen außer der Taufe, nur dem Katholiken gespendet werden, akatholischen Getauften also nur nadi Rückkehr in den Sdioß der Kirdie. Doch läßt can. 943 vermuten, daß es audi dem bewußtlosen akatholischen Getauften gespendet werden darf, wenn der Betreffende bei fortdauerndem Bewußtsein vermutlidi angesidits des Todes seinen Irrtum erkannt und sich mit der Kirdie versöhnt hätte. Diese Meinung vertritt audi mit Bezug auf den schon erwähnten can. 731 § 2 Anthon Perathoner a. a. 0 . S. 291 f. Anm. 2, wobei er sidi auf eine betr. die bewußtlosen Häretiker noch in Kraft befindliche Entscheidung des apostolischen Stuhles vom 17. Mai 1916 beruft. Besonders interessant ist die Stellung des Akatholiken als Empfänger, Inhaber und Spender der Weihegewalt. Can. 968 § 1 sagt mit seinem ersten Satz: „Sacram ordinationem valide recipit solus vir baptizatus;.. also audi der Akatholik kann valide geweiht werden, wenn er nur getauft ist „und der Ordination nidit absolut widerstrebt" 2B). Erlaubterweise aber (licite autem) kann nur geweiht werden, wer außerdem mit den vom kanonischen Rechte vorgeschriebenen Eigenschaften ausgestattet ist und von Weihehindernissen und Irregularitäten frei ist; wird ein anderer geweiht oder treten nach der Weihe Irregularitäten oder Weihehindernisse ein, so ist es dem Geweihten dodi untersagt, von seinen Weihen Gebrauch zu machen, (can. 968 § 2). Betrachten wir nun die Irregularitäten und einfachen Weihehindernisse, welche die Weihen und deren Ausübung zwar nicht ungültig, aber verboten machen, so gehört das Stehen außerhalb der Kirche und die Exkommunikation nicht zu den Irregularitäten ex defectu, weil es sich hierbei eben um Delikte handelt. Ex delicto aber sind gem. 985 irregulär jene, welche den Tatbestand des can. 2314 § 1 erfüllen, also als Apostaten, Häretiker oder Schismatiker Akatholiken sind. Ferner sind irregulär Personen, welche sich als Erwachsene ohne Not (praeterquam in casu extremae necessitatis) von einem Akatholiken haben taufen lassen, (can. 985. 2.). Die übrigen 30 ) Irregularitäten ex delicto sind nur dann wirksam, wenn die Delikte nach der Taufe »•) Johannes Baptist Sägemüller a. a. O. S. 182. »°) Wir sagten die „übrigen", weil doch das Delikt der ohne Not erfolgten Taufe eines Erwachsenen durch einen Nichtkatholiken in dem Ersuchen um diese Taufe und in der Hinnahme dieser Taufe zu sehen ist; keinesfalls ist dieses Delikt nadi der Taufe begangen; zum mindesten ist es mit der Vollendung der Taufe vollendet.
29 begangen sind. Hat aber der Ungetaufte eine Ehe anzustreben oder gar — soweit möglich — einzugehen gewagt, durdi welche das Land einer fremden Ehe oder Gelübde von Religiösen, wenn audi nur zeitliche oder einfädle, gestört oder verletzt worden wären, hat er einen freiwilligen Mord begangen oder eine Schwangerschaft unterbrochen, sei es als Täter, sei es als Mithelfer, hat er sich oder andere verstümmelt oder einen Selbstmordversuch begangen, begründet dieses alles gem. can. 986 für ihn keine Irregularität; die Taufe löst ihn von der Erbsünde und allen anderen Sünden, die vor der Taufe begangen worden sind. Aber selbst der durdi Apostasie, Häresie oder Schisma zum Akatholiken gewordene Gläubige kann licite geweiht werden; denn wenn er nur unverbrüchlich über diese 3 Delikte schweigt, so bilden auch sie, ebenso wie alle anderen nicht nach außen tretenden Delikte, die can. 986 aufführt, keine Irregularität. Danach könnte also auch der Akatholik licite zum Priester geweiht werden. (Vergl. auch can. 2232 § 1 u. 2). Unter den sieben einfachen Weihehindernissen, die von selbst wegfallen können im Gegensatz zu den Irregularitäten, die nur durch Dispens geheilt werden können, steht oben an der Umstand, daß die Eltern des Weihekandidaten im Irrtum verharrende Akatholiken sind. Dieses Weihehindernis hört von selbst auf, wenn die Eltern des Kandidaten durch die Taufe in die Gemeinschaft der Kirche eintreten oder als getaufte Akatholiken ihren Irrtum aufgeben und sich mit der Kirche versöhnen. Tun die Eltern das nicht, so kann von dem Hindernis dispensiert werden. Das Eherecht des C.J.C. gilt für alle Menschen, soweit es Naturrecht ist. Im übrigen sagt can. 1012 § 1: „(Christus Dominus ad sacramenti dignitatem evexit ipsum contractum matrimonialem inter baptizatos. § 2 Quare inter baptizatos nequit matrimonialis contractus validus consistere, quin sit eo ipso sacramentum". Auf den gallikanischen Versuch der Trennung von Ehevertrag und Ehesakrament, gegen den sich der letzte Satz in der Hauptsache richtet, wollen wir hier nicht näher eingehen. F ü r den Zweck unserer Arbeit genügt die Feststellung, daß auf Grund der beiden angeführten Paragraphen des can. 1012 das kirchliche Gesetzbuch das Eherecht für alle Getauften, also auch die getauften Akatholiken, enthält, ferner daß getaufte Akatholiken keine naturrechtliche Ehe eingehen können, wie etwa die Ungetauften. Aber auch hinsichtlich der nur naturrechtlichen Ehen der Ungetauften gilt der Hauptsatz des can. 1013 § 2: „Essentiales matrimonii proprietates sunt unitas ac indossolubilitas . . ." Auch für diese naturrechtlichen Ehen gilt der Grundsatz der Einheit und Unauflöslichkeit, von welchen Eigenschaften der dem bereits angeführten Hauptsatz des can. 1013 § 2 nachfolgende Relativsatz sagt: „quae in matrimonio christiano peculiarem obtinent firmitatem ratione sacramenti". Also die Einheit und Unauflöslichkeit erhält bei der christlichen Ehe durch den Sakramentscharakter ganz besondere Festigkeit. Can. 1014 besagt, daß sich die Ehe schlechthin (also auch die naturreditlidie Ehe der Ungetauften) des Rechtsschutzes erfreut, weshalb im Zweifel die Gültigkeit jeder Ehe anzunehmen ist, jedoch unbeschadet des in can. 1127 behandelten Glaubensprivilegs (Privilegium Paulinum), dessen Bestimmungen hinsichtlich der ausnahmsweisen Auflösbarkeit der naturrechtlichen Ehe im Interesse des Glaubens auf Grund positiven göttlichen Rechtes gem. 1. Korinther 7, 12—15 allen anderen Bestimmungen vorgeht.
30 Can. 1016 betont nochmals die oben bereits festgestellte Tatsache, daß jede Ehe unter Getauften, also auch die der getauften Akatholiken, nicht nur dem göttlichen Rechte sondern auch dem kirchlichen, also menschlichen Rechte der Kirche unterworfen ist, und zwar mit den Worten: „Baptizatorum matrimonium regitur inne non solum divino, sed etiam canonico, salva competentia civilis potestatis circa mere civiles eiusdem matriinonii effectus". Bei der Gelegenheit wollen wir bemerken, daß die sogen. Zivilehe höchstens nach einem Ausspruch Leos XIII. in der Konstit. Arcanum vom 10. II. 1880 eine Zeremonie bürgerlichen Rechtes ist („pluris esse non posse, quam ritum aut morem iure civili introductum."). Derselbe Papst hat etwa zwei Jahre vorher in der Konstitution „ Inscrutabili" vom 21. IV. 1878 gesagt, daß die Zivilehe „ein legalis concubinatus" " ) ist, und vor ihm belehrte Pius IX. in seiner Allucation vom 27. IX. 1852 die Katholiken — und im Lehramt ist der Papst unfehlbar — daß die Zivilehe nach kirchlichem Recht nichtig ist für den Katholiken; so entscheidet auch Anton Perathoner, gestützt auf Benedikt IV. a. a. 0 . S. 374. Was aber den Akatholiken anlangt — und zwar auch den Getauften — - der, wie wir noch sehen werden, von der dem Katholiken vorgeschriebenen Eheschließungsform befreit ist, so kann doch vielleicht auf das Zustandekommen einer naturrechtlichen Ehe bezw. einer sakramentalen Ehe präsumiert werden, wenn ungetaufte bezw. getaufte Akatholiken untereinander eine bürgerliche Ehe eingehen, da sie durchaus den convensus maritalis haben können, also den Willen, ihrem Bunde „unitas ac indissolubilitas" gem. can. 1013 § 2 zu verleihen. Wir haben schon gesagt, daß das Eherecht des C.J.C. für alle Menschen gilt. Das geht auch aus dem can. 1035 hervor. Mit diesem Kanon beginnt das zweite Kapitel des von der Ehe handelnden Abschnitts VII im Buche „De rebus", überschrieben: „De impedimentes in genere". Wir müssen nun feststellen, welche Hindernisse den Akatholiken im besonderen angehen. Für die Ungetauften bei Heiraten unter sich kommen nur die Ehehindernisse göttlichen Rechtes, z. B. ein bestehendes Eheband, in Frage. Wann allerdings ein solches Hindernis vorliegt, kann nur die höchste Kirchengewalt erklären (can. 1038 § 1). Deshalb ist es ja auch, wie schon oben (S. 7 f.) dargelegt, für all' und jeden Menschen notwendig, „ . . . subesse Romano Pontifici . . . . de necessitate salutis". Die Ehehindernisse göttlichen Rechtes — von denen auch der Papst nicht dispensieren kann — bestehen natürlich auch für alle Getauften, gleichgültig ob Katholiken oder Akatholiken. Darüber hinaus bestimmt der § 2 des schon genannten can. 1038, daß die oberste kirchliche Gewalt für alle Getauften weitere Ehehindernisse festsetzen kann, sowohl durch allgemeines Gesetz wie durch Partikulargesetzgebung. Also sind auch alle getauften Akatholiken in dieser Hinsicht dem menschlichen Rechte der katholischen Kirche unterworfen. Can. 1043, der für gewisse Fälle dem Ordinarius die Dispensationsgewalt des Heiligen Stuhles überträgt, bestimmt, daß bei Dispens von der Religionsverschiedenheit (disparitas cultus) und der Bekenntnisversdiiedenheit (mixta religio) vorher die üblichen Kautelen getroffen sein müssen. Mixta religio macht die Ehe zwar verboten, aber wenn sie trotz Verbots abgeschlossen ist, ist sie gültig; wäre aber die Gefahr vorhanden, " ) Anton Perathoner a. a. O. S 373 Anm. 1.
31 daß der Ehegenosse und die Nachkommenschaft dem katholischen Glauben entfremdet würden, dann wäre eine solche Mischehe sogar lege divina verboten (can. 1060). Die Kirche dispensiert gem. can. 1061 § 1 von diesem Verbot — soweit es menschlichen Rechtes ist — nicht, wenn nicht 1. Um gerechter und schwerwiegender Ursache willen; 2. Bei Gewährleistung des akatholischen Ehegenossen, abzuwenden vom katholischen Ehegenossen die Gefahr des Abfalls vom katholischen Glauben und die Kaution beider Ehegatten, die gesamte Nachkommenschaft katholisch taufen und erziehen zu lassen; 3. Bei moralischer Gewißheit, daß die diesbezüglichen Zusicherungen auch eingehalten werden. Und der § 2 des angezogenen Kanons bestimmt, daß die diesbezüglichen Versprechen in der Regel in schriftlicher Form erfolgen sollen " ) . Von den Mischehen handeln nun auch noch die canones 1062 bis 1065; can. 1066 interessiert nur deswegen, weil ein „publicus peccator aut censura notorie innodatus" im Zweifel immer exkommuniziert sein wird, zum mindesten sein kann; die 6 Kanons geben Anweisung, wie in den betr. Fällen nach Möglichkeit Schaden verhütet oder geheilt werden kann. Besonders hervorgehoben zu werden verdient, daß gem. can. 1062 der katholische Ehegenosse verpflichtet ist, sich um die Bekehrung des akatholischen Gatten in kluger Weise zu bemühen. Ist mixta religio ein verbietendes Hindernis, so ist disparitas cultus sogar irritierend, und zwar bei dem in can. 1070 § 1 genannten Tatbestand: „Nulluni est matrimonium contractum a persona non baptizata cum persona baptizata in Ecclesia catholica vel ad eandem ex haeresi aut schismate conversa". Offenbar soll hier wie bei religio mixta in erster Linie der katholische Glaube geschützt werden. Und man wird annehmen müssen, daß disparitas cultus hinsichtlich eines in den Wortlaut des oben angezogenen Kanons nicht eingeschlossenen getauften Akatholiken kein irritierendes Ehehindernis ist. Im übrigen ist disparitas cultus dispensabel; denn can. 1071 schreibt für den Abschluß einer solchen Ehe dieselben Bedingungen vor wie bei mixta religio. Auf Grund der canones 1094 bis 1107 sind, mit gewissen Ausnahmen wie bei Todesgefahr, die Katholiken und solche Akatholiken, welche wenigstens katholisch getauft oder aus Häresie oder Schisma zu der Kirche zurückgekehrt waren, an bestimmte Formen gebunden, und zwar auch dann, wenn der Ehegenosse Akatholik ist; halten sie sich nicht an diese Formen, so ist die Ehe nichtig (can. 1099 § 1); die getauften und nichtgetauften Akatholiken aber — mit obigen Ausnahmen — sind, sobald sie unter sich heiraten, nicht an die katholische Eheschließungsform gebunden, ebenso auch nicht diejenigen katholisch Getauften, welche von frühester Jugend an in Schisma, in der Häresie oder gar in völligem Unglauben erzogen worden sind (can. 1099 § 2); würde diese Ausnahme nicht vom Kirchenrecht auch für die betreffenden getauften Nichtkatholiken zugelassen sein, so wäre " ) Hierzu bemerkt Anton Perathoner zu dem unter 1 angeführten Grunde der wichtigen und gerechten Ursache a. a. O. S. 395 Anm. 1, „Solche Gründe sind: Nutzen für das öffentliche Wohl, Hoffnung auf Bekehrung des akatholischen Teils, Vermeidung schweren Aergernisses (z. B. Verhütung der akatholischen Trauung, Legitimierung von bereits vorhandenen Kindern).
32 es unmöglich für sie, eine Ehe einzugehen, es bestände die groBe Gefahr, gegen das sechste Gebot zu sündigen, etwa im Konkubinat zu leben, und das sollte durdi diese Ausnahme offenbar verhindert werden. Muß auch die Misdiehe zwisdien Katholiken und Akatholiken in der kanonischen Form geschlossen werden, so sind doch wieder, mit gewissen Ausnahmen, alle religiösen Kulthandlungen dabei zu unterlassen, besonders aber ist immer untersagt die Brautmesse (can. 1102 § 2); außerdem sollen Mischehen möglichst nicht in der Kirche abgeschlossen werden (can. 1109 § 3). Hinsichtlich der Rechtsfolgen der Ehe wendet sich can. 1110 zunächst wieder an alle Menschen mit den Worten: „Ex valido matrimonio enascitur inter conjuges vinculum natura sua perpetuum et exclusivum", um dann für alle Getauften fortzufahren: „matrimonium praeterea christianum conjugibus non ponentibus obicem gratiam confert". Ebenso wenden sich die noch folgenden die Ehe betreffenden Kanons an alle Menschen. Wir wollen nur das besondere Recht der Akatholiken hervorheben, und wir wollen besonders hinweisen auf can. 1118, wonach ein matrimonium validum ratum et consummatum von keinerlei mensthlicher Gewalt, also nur durch den Tod gelöst werden kann. Also kann insbesondere der Staat keine derartige Ehe scheiden; tut er es doch, so ist die Ehescheidung genau so wie die Zivilehe nichtig. Wenn aber die Ehe nicht ist validum ratum et consummatum, dann wird sie ipso iure durch feierlichen Ordensprofeß, kann auch aus rechtmäßigem Grunde vom Heiligen Stuhl, nicht jedoch durch den Staat, gelöst werden. Aber auf Grund des schon erwähnten Privilegium Paulinum, das ja positiv göttlichen Rechtes ist, auf 1. Korinther 7, 12—15 beruht und auch Privilegium fidei oder Casus Apostoli genannt wird, kann der Heilige Stuhl sogar ein matrimonium validum consummatum scheiden (can. 1120). Hervorzuheben sind in Verbindung mit dem Privilegium Paulinum noch die Kanons 1121, 1125 und 1126: can. 1121 enthält die beiden Interpellationen, die der getaufte Teil vor Eingehen einer neuen rechtsgültigen Ehe an den ungetauften Teil zu richten hat. Nur wenn beide Fragen verneint werden, tritt das Privilegium Paulinum in Kraft; doch kann gem. § 2 desselben can. 1121 der Apostolische Stuhl auch von diesen Interpellationen dispensieren. Can. 1125 dehnt die Verfügungen der Konstitutionen Pauls III. vom Jahre 1537, Pius V. vom Jahre 1571 und Gregors XIII. vom Jahre 1585 betreffs Anwendung des Privilegium Paulinum in Missionsgebieten auch auf andere Gebiete aus, wozu wohl die Gottlosenbewegung in Europa Veranlassung gegeben hat. Und can. 1126 zeigt so recht, daß der Codex Juris Canonici allen Menschen gegenüber Gehorsam beansprucht; denn dieser Kanon lautet: „Vinculum prioris conjugii, in infidelitate contracti, tunc tantum solvitur, cum pars fidelis reapse novas nuptias valide iniverit". Anton Perathoner bemerkt dazu a. a. 0. S. 426 u. 427: „Bei Anwendung des Paulinischen Privilegs wird das frühere gültige Eheband erst durch die Wiederverheiratung des gläubigen Teils gelöst, so daß auch der ungläubige Teil erst dann wieder heiraten kann. Bleibt der gläubige Teil ehelos, so ist auch der ungläubige Teil gebunden und kann keine gültige Ehe schließen." Im übrigen erfreut sich das Glaubensprivileg des (can. 1127).
Reditssdiutzes
33 Da das katholische Kirchenrecht, abgesehen von den oben angegebenen Fällen, eine Ehescheidung nicht zuläßt, da aber die Kirche trotzdem anerkennt, daß unter gewissen Umständen ein Zusammenleben der Eheleute unmöglich werden kann, so läßt sie die separatio a toro et mensa zu, wobei jedoch das Band der Ehe bestehen bleibt; die dadurch herbeigeführte Auflösung der Gemeinschaft kann für immer oder auf Zeit erfolgen. Unter den Gründen für eine zeitliche Trennung von Tisch und Bett führt der Kodex in can. 1131 § 1 an erster Stelle an: „Si alter conjux sectae acatholicae nomen dederit; si prolem acatholice educaverit . . ." Auf alle Fälle aber muß bei einer Trennung von Tisch und Bett die katholische Erziehung der gesamten Nachkommenschaft sichergestellt werden. Während es im allgemeinen und abgesehen von den oben behandelten vielfachen Ausnahmen verboten ist, dem Akatholiken außer der Taufe Sakramente zu spenden, so kann er doch der Sakramentalien, soweit nicht direkte Verbote dem entgegenstehen, wie in gewissen Fällen bei feierlichen Trauungszeremonien (can. 1102 § 2) und beim christlichen Begräbnis (can. 1240 § 1 n. 1), teilhaftig werden. Es kann sogar unter Umständen — wenngleich verbotener Weise — der exkommunizierte, also auch der akatholische Kleriker Sakramentalien spenden, wie aus dem can. 1147 hervorgeht; can. 2261 § 1 macht solche Spendung zwar verboten, aber nicht ungültig, und § 2 desselben Kanons gestattet ausdrücklich den Gläubigen ex qualibet iusta causa von dem excommunicatus — sofern er nur toleratus ist, Sakramentalien (wie auch Sakramente) zu erbitten; in diesem Falle ist die Spendung also erlaubt. Can. 1149 bestimmt ausdrücklich: „Benedictiones, imprimis impertiendae catholicis, dari quoque possunt catechumenis, imo nisi obstet Ecclesiae prohibitio, etiam acatholicis ad obtinendum fidei lumen vel, una cum illo, corporis sanitatem." Dasselbe gilt hinsichtlich der Exorzismen, die Anton Perathoner a. a. 0 . S. 436 erklärt als jeden kirchlichen Ritus, durch den eine Person oder eine Sache dem Fluche der Sünde und der Gewalt des bösen Feindes entzogen wird, gem. can. 1152: „Exorcismi a legitimis ministris fieri possunt non solum in fideles et catechumenos sed etiam in acatholicos vel excommunicatos." Die Worte „acatholicos vel excommunicatos" können nicht dahin ausgelegt werden, daß acatholici und excommunicati immer etwas Verschiedenes sind; es hätte sonst wohl heißen müssen „acatholicos e t excommunicatos", nicht „vel"; der Begriff „acatholicus" enthält auch den wegen Verbrechens gegen den Glauben und die Einheit der Kirche „Exkommunizierten", der Begriff des „excommunicatus" umfaßt auch den „acatholicus baptizatus", nicht aber den „acatholicus non baptizatus". Nachdem wir so die Stellung der Akatholiken und der sonstigen Exkommunizierten im Recht der Sakramente und Sakramentalien besprochen haben, wenden wir uns nunmehr dem Rechte der Heiligen Orte und Zeiten zu. Hier interessieren uns zunächst die Kanons 1154 und 1160. Ersterer umschreibt den Begriff der heiligen Orte, letzterer stellt die Exemption der loca sacra von der Jurisdiktion der Staatsgewalt fest. Wir sehen hier wieder den schon in der Bulle Unam sanctam enthaltenen Anspruch der Kirche auf Souveränität; zum mindesten aber wird der Anspruch erhoben, daß etwa bestehende auctoritas civilis sich nicht auf die loca sacra er-
34 streiken darf, gleichgültig, ob die auctoritas civilis in der Hand von Katholidien oder Akatholiken ist. Der Sprachgebrauch pflegt die diristlidien Gotteshäuser „Kirchen" zu nennen, nidit nur die der katholischen Kirche, sondern auch die der evangelischen Landeskirchen und der nicht dem Papste untergebenen orientalischen Kirdien. Das kirchliche Gesetzbuch bestimmt aber durch can. 1161 und 1162, daß nur ein solches dem Gottesdienst gewidmetes Gebäude (aedes) „Kirche" heißt, welches dedicata eum potissimum in finem ut ómnibus Christi fidelibus usui sit ad divinum cultum publice exercendum; und weiter, daß nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Orts-Ordinarius neue Kirchen gebaut werden dürfen. Das Gotteshaus der getauften Akatholiken nennt das kirchliche Gesetzbuch can. 823 templum haereticorum vel schismaticorum, und zwar auch dann, wenn der Altar dieses Gotteshauses einstmals rechtmäßig konsekriert und benediziert worden war. Ueber die sog. Simultankinhen haben wir schon gesprochen. (S. 19.) Die Kirche erfreut sich des Asylrechts, so daß der in die Kirche geflüchtete reus ohne Genehmigung der zuständigen kirchlichen Instanz nicht aus der Kirche herausgeholt werden kann, nisi necessitas urgeat (can. 1179) " ) ; durch den kleinen Nachsatz „wenn nicht die Not drängt", wird allerdings dies Asylrecht den staatlichen Polizeiorganen gegenüber durchaus problematisch. Can. 1206 § 1 bestimmt, daß die Kirche einen eigenen Kirchhof haben soll, auf dem die Getauften — soweit kein gesetzliches Hindernis besteht (can. 1240) — in geweihter (feierlich oder einfach benedizierter) Erde begraben werden sollen; dazu bestimmt der can. 1212 weiter, daß daneben möglichst noch ein anderer, nicht benedizierter Ort vorhanden sein soll, für die Beerdigung derjenigen, quibus sepultura ecclesiastica non conceditur, für die verstorbenen Akatholiken also. Kann die Kirche aber ihren Anspruch auf einen eigenen Friedhof nicht durchsetzen, ist sie vielmehr gezwungen, auf einem Gemeindefriedhof, zusammen mit allen anderen, auch den nicht katholischen Gemeindeangehörigen, ihre Toten zu begraben, so soll wenigstens versucht werden, von der Gemeinde auf dem Gemeindefriedhof einen reservierten Bezirk für die Beerdigung der Katholiken zu erwerben, der dann zu benedizieren ist; ist aber auch das nicht zu erreichen, wird vielmehr von weltlicher Gewalt die Beerdigung aller Verstorbenen der Reihe nach erzwungen, dann sind die einzelnen Katholikengräber jedesmal vor der Beerdigung zu benedizieren (can. 1206). Von korporativer Beteiligung an katholischen Leichenzügen sind Akatholiken nur insoweit ausgeschlossen, als can. 1233 § 2 bestimmt: „Nunquam admittantur societates vel insignia religioni catholicae manifeste hostilia". Prinzipiell wird der ungetaufte Akatholik vom kirchlichen Begräbnis ausgeschlossen; wenn aber der Ungetaufte als Katechumene, also in Vorbereitung auf die Taufe begriffen, verstorben ist, so ist er dem Getauften gleichzustellen, wenn der Tatbestand ohne sein Verschulden eingetreten ist (can. 1239 § 1 u. § 2); uns scheint, man könne beim ohne Schuld ungetauften Katechumenen unterstellen, daß er angesichts des Todes die Begier" ) Vergl. das polnische Konkordat vom 10. I I . 1925, Art. V I , A . A . S. X V I I . Jahrgang, Bd. X V I I Nr. 8 vom 2 Juni 1925, S. 273 ff.
35 taufe (can. 737) empfangen habe und dadurch zwar nicht die Kirchenzugehörigkeit, aber doch den Gnadenstand erworben habe. Alle Getauften aber sollen ein kirchliches Begräbnis erhalten; doch sind, wenn sie nicht vor dem Tode Zeichen der Reue gegeben haben, einige getaufte Akatholiken und sonstige Exkommunizierte, aber nicht alle, davon ausgeschlossen, nämlich besonders gem. can. 1240 § 1 n. 1, „Notorii apostatae a christiana fide, aut sectae haereticae vel schismaticae aut sectae massonicae aliisve ejusdem generis societatibus notorie addicti"; und gem. n. 2 „Excommunicati vel interdicti post sententiam condemnatoriam vel declaratoriam . . ." Nun kann es geschehen, daß trotzdem einer der vom christlichen Begräbnis Ausgeschlossenen — vielleicht irrtümlicherweise — auf dem Friedhof beigesetzt wird; war es ein toleratus, so wird man nichts weiter unternehmen; war es aber ein acatholicus vitandus, so ist nach Vorschrift des can. 1242 seine Leiche — wenn irgend möglich — zu exhumieren und an einem nicht geweihten Orte oder in der Ecke des Kirchhofs zu beerdigen, die für das Begräbnis der in can. 1240 § 1 n. 1 u. 2 bezeichneten Akatholiken reserviert ist. Die Kanons 1243—1254, welche von den heiligen Zeiten, Festtagen, Abstinenz und Abbruchtagen handeln, erwähnen den Nichtkatholiken nicht. Sie sind aber auch nicht ausschließlich an die „fideles", die Katholiken also, gerichtet, sondern offenbar an alle Menschen und verpflichten demgemäß wohl alle Menschen gleichmäßig, soweit nidit vom Redite etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Erinnert sei hier unter anderem nochmals daran, daß auch — wie bereits auf S. 21 angeführt — Mario Falco von den getauften Akatholiken lehrt, sie seien den kirchlichen Gesetzen unterworfen einschließlich derjenigen, welche auf die Heiligung der einzelnen Personen hinzielen, und zwar den Gesetzen über die Festtage, das Fasten, die Abstinenz usw." Im Rechte des göttlichen Kultus (De Cultu Divino) werden zunächst die Katholiken angesprochen. Da lesen wir im can. 1258 § 1, daß es den Katholiken verboten sei, irgendwie aktiv „partem habere in sacris acatholicorum." Nach § 2 kann die passive Teilnahme — etwa ehrenhalber — unter den nötigen Kautelen toleriert werden. Doch sagt Otto Fischer mit Recht: „Uebrigens bedeutet tolerare im kanonischen Recht „mit Widerwillen ertragen", mit Rücksicht auf die Verhältnisse, weil man doch nichts ändern kann. Tolerare ist also viel weniger als permittere oder erlauben""). Aber wir kommen später bei den von den Gelübden handelnden Kanons 1307—1315 zu der Auffassung, daß sich diese Vorschriften an alle richten, auch an alle Akatholiken, wie schon can. 1307 § 2 sagt: Nisi iure prohibeantur omnes congruenti rationis usu pollentes, sunt voti capaces". Ein gleiches gilt auch vom Eid (can. 1316—1321). Damit kommen wir zum Rechte des Lehramts der katholischen Kirche ,.De Magisterio Ecclesiastico". Diese Kanons sind ganz besonders wichtig für die Unterstellung sowohl des Akatholiken unter das kanonische Recht, wie auch die vollständige Unabhängigkeit und Ueberordnung der Kirche von und über jede Staatsgewalt; denn so lautet can. 1322 § 2: „Ecclesiae, " ) Otto Fischer, Das Verbot der Kultusgemeinsdiaft zwischen Katholiken und Nichtkatholiken, S. 183 Abs. 11, 2. Satz (abgedruckt im Verwaltungsarchiv, 34. Bd., 1929, S. 177 ff.).
36 indepententer a qualibet civili potestate, ius est et officium gentes omnes evangelicam doctrinam docendi: hanc vero rite ediscere veramque Dei Ecclesiam amplecti omnes divina lege tenentur." Nodi heute gilt also und wird bedingungslos aufrediterhalten jener Satz des Papstes Bonifatius VIII. aus der Bulle Unam sanctam, den wir schon mehrfach zitierten: „Porro subesse Romano Pontifici omni humanae creaturae declaramus, diffinimus et pronunciamus omnino esse de necessitate salutis. (Jnd wie Bonifatius VIII. schon im J a h r e 1302 aus der Bibel, aus positivem göttlichen Recht — gegen welches jedes weltliche Gesetz wirkungslos ist — den Nachweis für die Richtigkeit seines Lehrsatzes erbrachte, so lehrt nun auch Papst Benedikt XV. in Uebereinstimmung mit seinem Vorgänger Pius X. in dem 1917 erschienenen, dieser unserer Untersuchung zugrunde liegenden Codex J u r i s Canonici, daß divina lege alle Menschen der katholischen als der wahren Kirche Gottes angehören müssen. Die Kirche aber ist „independenter a qualibet civili potestate" in ihrem Lehramt, auch gegen jeden beliebigen Staats willen muß sie ihr Lehramt ausüben, eine Souveränität des Staates gegenüber der Kirche gibt es nicht, im Gegenteil, alle Völker (gentes omnes) müssen sich dem Kirchlidien Lehramt unterwerfen, alle ihre Staatsangehörigen müssen Untertanen der Kirche werden. Es geht eben noch heute, wie das schon in der Bulle Unam Sanctam mit den Worten: non autem ordinata essent, nisi gladius esset sub gladio, et tamquam inferior reduceretur per alium in suprema" 3 5 ) gelehrt wurde, das geistliche Schwert dem weltlichen Schwert vor. Und heute noch lehrt der Kodex: „Prima Sedes a nemini iudicatur (can. 1556)", wie es schon in den Extravagantes im Rubrum der Bulle Unam Sanctam heißt, daß der Papst „omnes iudicat, a nemini autem iudicatur". Can. 1323 umschreibt das, was der wahre göttliche und katholische Glaube ist; wir brauchen ihn hier nicht zu zitieren, weil wir die Kenntnis des katholischen Glaubens für unsere Arbeit vorausgesetzt und diesen Glauben als wahr unterstellt haben. Und can. 1324 sagt, daß nicht nur die Häresie zu vermeiden sei, sondern auch Abstand gehalten werden müsse von allen Lehren, die sich der Häresie irgendwie nähern. Sehr wichtig für die Bestimmung des Begriffes des acatholicus ist nun der Kanon 1325. Wenn dieser Kanon in seinem § 1 die fideles Christi anspricht, so sind damit offenbar alle Christen, auch die getauften Akatholiken, zu verstehen, während sonst unter der einfachen Vokabel „fideles" nur die Katholiken verstanden werden (vergl. can. 2257); so übersetzt Anton Perathoner a. a. O. S. 481 diese Stelle auch „die Christgläubigen", und es läßt der folgende § 2 die Bezeichnung „nomen retinens diristianum" auch für Häretiker, sogar für Apostaten und auch für Schismatiker gelten. Der § 2 can. 1325 erklärt von den Getauften für einen Häretiker denjenigen, welcher „nomen retinens diristianum, pertinaciter aliquam ex veritatibus fide divina et catholica credendis denegat aut de ea dubitat", für einen Apostaten denjenigen, welcher „a fide christiana totaliter recedit", und endlich für einen Schismatiker, welcher „subesse renuit Summo Pontifici aut cum membris Ecclesiae ei subjectis communicare recusat". Der Kanon 1325 fährt dann im § 3 fort: „Caveant catholici ne disputationes vel colla3 ' ) Corpus J u r i s Canonici. Gditio Lipiensis Secunda, Decretalium tiones, Extravagantes Decretales, Liber Primus, Tit. V I I I Cap. I.
Collec-
37 tiones, publicas praesertim, cum acatholicis habeant sine venia Sanctae Sedis aut, si casus urgeat, loci Ordinarii". Man sieht daraus, daß unter den Christen der Kodex im Gegensatz zu den Katholiken die im vorangehenden Paragraphen genannten Häretiker, Apostaten und Schismatiker als Akatholiken betrachtet; daß der Akatholik audi einer akatholisdien Religionspartei angehören muß, ist hier so wenig wie sonst irgendwo im Kodex gesagt. Der getaufte Akatholik aber ist durch die Exkommunikation wegen Delikt gegen Glauben und Einheit der Kirdie akatholisdi geworden, aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgestoßen worden, wie auch die sonstigen Exkommunizierten. Wir kommen auf S . 93 darauf zurück. Der Laie darf das Predigtamt nicht ausüben, dies gilt besonders für die Diener am Wort Gottes in denjenigen Religionsgesellschaften, die vom Kodex als häretische oder schismatische Sekten bezeichnet werden; denn can. 1328 befiehlt: „Nemini ministerium praedicationis licet exercere, nisi a legitimo Superiore missionem receperit, facultate peculiariter data, vel officio collato, cui ex sacris canonibus praedicandi munus inhaereat". Freilich steht zur Durchführung dieses Befehls — außer im Kirchenstaate — der weltliche Arm der Kirche heute in keinem Staate zur Verfügung, was am Bestehen dieses Gesetzes auf der anderen Seite freilich nichts ändert. Während also die Religionsdiener der akatholischen Religionsparteien das Wort Gottes nicht verkündigen dürfen, wird durch can. 1329 die katechetische Unterweisung des christlichen Volkes (populi christiani) den katholischen Seelsorgern als eigentlichste und hauptsächlichste Aufgabe hingestellt; die Unterweisung niÄt nur der Katholiken, sondern des ganzen christlichen Volkes, also auch der getauften Akatholiken, wie man den christlichen Akatholiken — wenn es nicht gerade vitandi sind — auch die nur passive, zuhörende Teilnahme am Gottesdienst ja auch gestatten kann (can. 2259). Zwar darf niemand gegen seinen Willen zur Annahme des katholischen Glaubens gezwungen werden (can. 1351), doch sollen sich die Ordinarien und die Pfarrer die in ihren Bezirken wohnenden Akatholiken im Herrn anbefohlen sein lassen (can. 1350 § 1). In anderen Bezirken hat sich der Heilige Stuhl die gesamte Sorge um die Mission der Akatholiken reserviert (1350 § 2). Aus diesem can. 1350 geht — wie aus anderen — zweifelsfrei hervor, daß die Kirche sowohl die nichtkatholischen Christen wie die Ungetauften als acatholici bezeichnet. Die Kirche rechnet das Schulwesen zu ihrer Kompetenz, und so enthält denn auch der Kodex eine Reihe von kirchlichen Gesetzen über die Schule, die nach kirchlicher Auffassung etwa entgegenstehende Staatsgesetze außer Kraft setzen; doch besteht auch hier, abgesehen vom Kirchenstaate, nur ein nicht immer realisierbarer Rechtsanspruch. Von den neueren Konkordaten läßt nur das Konkordat mit Bayern vom 29. III. 1924 der Kirche einen nachhaltigen Einfluß auf das Schulwesen» 8 ). Denn Art. 8 § 2 bestimmt für den gesamten Schulunterricht Bayerns: „Dem Bischof und seinen Beauftragten steht das Recht zu, Mißstände im religiös sittlichen Leben der katholischen Schüler wie auch ihre nachteiligen oder ungehörigen Beeinflussungen in der Schule, insbesondere etwaige Verletzungen ihrer Glaubensüberzeugung oder religiösen Empfindungen im Unterricht bei der 38) Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Bayern, 1925, S. 23 ff.
38 staatlichen Unterrichtsbehörde zu beanstanden, die für entsprechende Abhilfe Sorge tragen wird." Die Konkordate mit Polen vom 10. II. 2 5 " ) , Rumänien vom 10. III. 27 " ) , Italien vom 11. II. 29 " ) , Baden vom 7./10. XI. 32«°) enthalten nur Bestimmungen über den Religionsunterricht; im Konkordat mit Preußen " ) vom 14. VI. 1929 fehlen audi diese Bestimmungen. Bayern ist also den Ansprüdien der Kirche in Schulsachen am weitesten entgegengekommen, während Preußen dazu gar nicht Stellung genommen hat. Der Heilige Vater hat aber auf seine Rechtsansprüche in Sachen der Schule auch dem preußischen Staate gegenüber nicht verzichtet, vielmehr durch Schreiben seines Berliner Nuntius an den preußischen Ministerpräsidenten vom 5. August 1929 sein Bedauern darüber aussprechen lassen, daß die Schulfragen nicht geregelt worden seien. Der Schlußsatz dieses Schreibens lautet: „Er — der Hl. Stuhl — vermag indes nicht davon abzugehen, förmlich zu erklären, daß diese seine Stellungnahme niemals als Verzicht auf die Grundsätze gedeutet werden darf, die ihn zu der Forderung veranlaßt hatten, daß nämlich, wie in den anderen Konkordaten der neuesten Zeit, so auch in der feierlichen Uebereinkunft mit Preußen, die Schulfrage miteinbegriffen werde" " ) . Nach dem Wortlaut des Kanon 1372 § 1 bezieht sich die kanonische Schulgesetzgebung nur auf die Erziehung der Katholiken (fideles). Von Akatholiken ist nicht die Rede; doch ist zu bedenken, daß nach dem Rechte die gesamte nicht mannbare Jugend katholisch ist. Da aber auch der Staat die ausschließliche Schulhoheit beansprucht, wenn auch vielleicht, wie das Deutsche Reich, mit dem Zugeständnis, daß der Religionsunterricht „in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Religionsgemeinschaft", aber doch „unbeschadet des Aufsichtsrechtes des Staates" (RV. Art. 149 Abs. 1) erfolgen soll, so ist das sog. katholische Schulwesen die typische causa mixta. Es kann wohl in Schulsachen durch Konkordat ein Waffenstillstand geschlossen werden zwischen Staat und Kirche; tatsächlich aber ist Kriegszustand, der erst mit der Unterwerfung der weltlichen Gewalt enden könnte; denn die Herrschaft der Kirche soll bis zum jüngsten Tage dauern, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden. Hervorzuheben ist, daß katholische Kinder« 3 ) keine akatholischen, neutralen oder gemischten Schulen besuchen sollen (can. 1374) und daß die Kirche das Recht hat, „scholas cujusvis diseiplinae non solum elementarias sed etiam medias et superiores contendi (can. 1375); daß unter scholas superiores auch Hochschulen zu verstehen sind, geht aus dem folgen« ) A. A. S., X V I I S. 273 ff. »») A. A. S., X X I S. 441 ff. '•) Wrochem, Albrecht von, Das Konkordat vom 11. I I . 1929, abgeschlossen zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien. Amtlicher Wortlaut und deutsdie Obersetzung, Heft 22 der Abhandlungen und Mitteilungen aus dem Seminar für öffentliches Recht der Hamburgischen Universität, Heft 22, Hamburg 1929, Kommissionsverlag von Lütke und Wulff. «°) Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt, 1933, S. 19 ff. " ) Preußische Gesetzsammlung 1929 S 151 ff. « ) A. A. S., X X I . S. 536 ff. « ) Da wir alle nicht mannbaren getauften Schulkinder auf Grund des geltenden Rechtes catholici ansehen, wäre ihnen allen ohne Rücksicht auf das Bekenntnis der Eltern der Besuch der akatholischen u. neutralen Schulen verboten.
39 den Kanon (1376) hervor, wonach u. a. die Bestätigung der Statuten von Universitäten dem Hl. Stuhl vorbehalten bleibt. Ist im Kanon 1372 nur von der Erziehung der Gläubigen gesprochen, der Katholiken also, — wozu freilich die gesamte getaufte nicht mannbare Jugend gehört —, so läßt Kanon 1381, welcher die Unterstellung des Religionsunterrichtes der J u gend schlechthin der kirchlichen Autorität und Inspektion unterwirft, vermuten, daß hier unter Jugend die gesamte Jugend — auch die Kinder akatholischer Eltern — zu verstehen ist, wie ja auch Kanon 1328 die Ausübung des „ministerium praedicationis" niemandem gestattet, der nicht von dem legitimen kirchlichen Oberen damit beauftragt wäre. Von der Schule kommen wir zu den Büchern, und da lesen wir im can. 1384 § 1, daß es das Recht der Kirche ist, abgesehen von der etwa den katholischen Editoren gegenüber befohlenen Vorzensur, „libros . . . a quibusvis editos ex iusta causa prohibendi"; also auch von Akatholiken herausgegebene Bücher kann die Kirche verbieten. Es sind gem. can. 1399 verboten von Nichtkatholiken herausgegebene Texte und alte Uebersetzungen der heiligen katholischen Schriften, und ebenso sind mit gewissen Ausnahmen verboten von Nichtkatholiken herausgegebene Lehrbücher der Religion, „nisi constet, nihil in eis contra fidem catholicam contineri". Außerdem sind alle Bücher verboten, die akatholische Lehren enthalten oder kirchliche Einrichtungen oder gar die Kirche selbst verspotten. Personen, die theologischen oder biblischen Studien nachgehen, dürfen unter gewissen Kautelen auch die gem. can. 1399 n. 1 verbotenen Ausgaben von Akatholiken lesen (can. 1400), und die Kardinäle, Bischöfe einschl. der Titularbischöfe und die anderen Ordinarien sind necessariis adhibitis cautelis an das Büdierverbot nicht gebunden (can. 1401). Außerdem können der Papst und die Bischöfe Dispense gewähren (can. 1402 u. can. 1403). Doch ist „a prohibitione iuris naturalis" auch der vom Rechte oder von seinem Vorgesetzten Dispensierte verpflichtet, das Lesen verbotener Bücher sofort einzustellen, wenn sein Seelenheil darunter leidet (can. 1405 § 1). Im Rechte der kirchlichen Benefizien und der anderen nicht kollegialen Institute der Kirche wird der Akatholik nur im Patronatsredit erwähnt; bevor wir uns dieser Erwähnung zuwenden, wollen wir aber nodi den Kanon 1431 hervorheben, der wieder einmal die Allmacht des Papstes in der Kirche zeigt; es heißt dort: „ J u s Romano Pontifici est, beneficia in universa ecclasia conferendi eorumque collationem sibimet reservandi." Dieses Patronatsredit ist ein Rudiment aus der Zeit der germanischen Eigenkirdien " ) ; neue Patronate können unter keinem Titel mehr rechtskräftig gestiftet werden (can. 1450 § 1). Und die Ortsordinarien sollen auch hinsichtlich der bestehenden Patronate sich darum bemühen, daß die Patronatsherrschaften auf ihr Patronatsredit oder wenigstens das darauf begründete Präsentationsrecht gegen Gewährung geistlicher Güter verzichten. Verzichten aber die Patrone nicht, so behalten sie, obgleich Laien, denjenigen Teil der kirchlichen Jurisdiktion weiter, der in dem Präsentationsrecht liegt (can. 1451 § 1 u. 2). Das Prinzip, wonach der Laie keine Jurisdiktionshandlung in der Kirche haben kann, ist also auch hier durch" ) Stutz, Ulrich, Die Eigenkirche als Element des mittelalterlich germanischen Kirdienrechts, B e r l i n 1895.
40 brodien. Wie nun, wenn der Patron geborener Akatholik ist oder, obgleidt „katholisdi" getauft, Akatholik wird? Der Kodex schließt nicht alle Akatholiken vom Patronatsredite aus, sondern die excommunicati tolerati, sofern sie sich keiner im can. 1453 § 1 angeführten Delikte schuldig gemacht haben, werden als Patrone geduldet. Für Deutschland aber müssen wir annehmen, daß nur die acatholici vitandi vom Patronatsrecht ausgeschlossen sind (can. 1470 § 4), weil dem oben angeführten Kanon 1453 § 1 im übrigen das in Deutschland geltende Gewohnheitsrecht entgegensteht und weil dieses Gewohnheitsrecht nicht ausdrücklich verworfen ist, also gem. can. 5 toleriert werden kann und in Deutschland toleriert wird. Wir haben hier wieder einen Fall, wie bei der Taufe und dem Bußsakrament in periculo mortis, daß auch der Akatholik unter Umständen an der Jurisdiktion der katholischen Kirche erlaubterweise teilnehmen kann. Auch für das Vermögensrecht stellt der Kodex allen übrigen Kanons den Satz voran, daß independenter a civile potestate die Kirche das ius nativum hat, bona temporalia zu erwerben, zu besitzen und zu verwalten, und zwar die Gesamtkirche sowohl, wie der Apostolische Stuhl, wie die einzelnen Kirchen und sonstigen juristischen Personen des Kirchenrechtes, und zwar die beiden letztgenannten Gruppen ad normam sacrorum canonum (can. 1495 § 1 u. 2). Ebenso hat die Kirche das Recht, independens a civili potestate, ihren Gläubigen Kirchensteuern aufzuerlegen (can. 1496). Also ist die kirchliche Vermögensverwaltung von jeder Staatsgewalt, mag sie in Händen von Katholiken oder Akatholiken liegen, völlig unabhängig. Man gewinnt aber den Eindruck, als ob nur die fideles zu den Kirchenabgaben herangezogen werden sollen, und es entsteht die Frage, ob denn wirklich alle Akatholiken und auch die „sonstigen" Exkommunizierten damit von der Zahlung der kirchlichen Abgaben befreit wären; wir möchten diese Frage mit Bezug auf die Reallasten allgemein verneinen, wegen der sogen. Kirchensteuern (z. B. Zuschläge zur Einkommensteuer) kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. Aus der Literatur wollen wir nur anführen, was Paul Hinschius sagt: „Da die Exkommunikation Strafe ist, so kann dadurch die Rechtslage des Exkommunizierten n i e m a l s g e bessert werden. Daraus folgt zunächst, daß er durch dieselbe seinen kirchlichen Verpflichtungen, gleichviel welcher Art diese sind, nicht ledig wird . . . auch nicht der Pflicht der ihm obliegenden kirchlichen Abgaben wie der Zehnten und der Baulastbeiträge" *5). Die weitere Untersuchung dieser Frage würde uns hier zu weit führen; eine eingehende Rechtsprechung z. B . der Preuß. O.V.G. ist vorhanden. Wegen heiliger Gegenstände, die im Besitz von Privatpersonen sind, — also sowohl katholischen wie akatholischen Privatpersonen —, schreibt can. 1510 vor, daß sie von Privaten zwar besessen werden können, jedoch nicht zu profanen Zwecken benutzt werden dürfen; haben diese heiligen Gegenstände aber Konsekration oder Benediktion verloren, so dürfen sie auch von ihrem Besitzer zu weltlichen, aber nicht zu niederen (unflätigen) Zwecken verwendet werden. Kanon 1513 bestimmt, daß zu frommen Zwecken jeder, der ein Verfügungsrecht besitzt, seine Güter der Kirche vermachen kann; es sollen dabei — soweit als möglich — die Formen des weltlichen Rechtes eingehalten werden. Ist das aber nicht geschehen, ist «) Paul Hdnschius a. a. 0. S. 504.
41 also nach weltlidiem Redit die gedachte letztwillige Verfügung nichtig, so sollen die Erben ermahnt werden, trotzdem den Willen des Erblassers zu erfüllen, also auf ihr gesetzliches Erbrecht zugunsten der Kirche zu verzichten. Für die kirchliche Vermögensverwaltung soll — wenn nicht schon durch das Recht oder die Gewohnheit anders bestimmt ist, der Ordinarius in der Bischofsstadt einen Verwaltungsrat einsetzen, in den er zwei oder mehr rechtskundige Männer berufen soll. Da nicht vorgeschrieben ist, daB diese Männer fidelcs sein müssen, ist anzunehmen, daß der Bischof auch Akatholiken in den Verwaltungsrat berufen kann. (can. 1520 § 1). Ein ähnlicher Verwaltungsrat soll an den einzelnen Kirchen bestellt werden. Can. 1529 zeigt wieder, daß die Kirche der weltlichen Gewalt nicht unter-, sondern übergeordnet ist; denn es wird ausdrücklich bestimmt, daß für die kirchlichen Rechtsgeschäfte nur dann die örtlichen weltlichen Rechtsnormen einzuhalten sind, „nisi iuri divino contraria sint aut aliud iure canonico caveatur". Bei Veräußerung von Kirchengut, sei es durch Verkauf, sei es durch Verpachtung, gilt der Satz des can. 1531 § 2 „ . . . et res ei concedatur qui, omnibus perpensis, plus obtulerit". Danach ist es möglich, daß Kirchengut auch an Akatholiken veräußert wird; ebenso können auch Erbpächter (can. 1542 § 1 u. 2) und Darlehnsnehmer (can. 1543) der Kirche Akatholiken sein, da nichts Gegenteiliges bestimmt ist. Und es können auch Akatholiken fromme Stiftungen machen. Jedenfalls ist dieses bzw. die Annahme solcher Stiftungen nicht verboten, (can. 1544 bis 1551). IV. I m
Prozeßrecht.
Aus dem Wesen des katholischen Kirchenredites und aus dem Vorhergehenden muß geschlossen werden, daß auch das kirchliche Gerichtswesen den Nichtkatholiken angeht, und so macht auch der einleitende Kanon 1552 keinen Unterschied zwischen Katholiken und Nichtkatholiken. Daß in den kirchlichen Gerichten nur Kleriker Richter sein können — vielleicht auch exkommunizierte, evtl. auch acatholici baptizati — ist bekannt. Als Objekte werden im § 2 des Kanon 1552 nur die Rechte „personarum physicarum vel moralium" genannt; also können die physischen Personen katholisch oder akatholisch sein. Und can. 1553 § 1 nimmt für die Kirche die eigene ausschließliche Gerichtsbarkeit aus eigenem Recht in Anspruch in folgenden Fällen: „1.° De causis quae respiciunt res spirituales et spiritualibus adnexas. 2.° De violatione legum ecclesiasticarum deque omnibus in quibus inest ratio peccati, quod attinet ad culpae definitionem et poenarum exlesiasticarum irrogationem. 3.® De omnibus causis sive contentiosis sive criminalibus quae respiciunt personas privilegio fori gaudentes ad normam can. 120, 614, 680". Für sogen, causae mixtae aber bestimmt der § desselben Kanons: „ In causis in quibus tum Ecclesia tum civilis potestas aeque competentes sunt, quaeque dicuntur mixti fori, est locus praeventioni". Zu den erstgenannten Sachen gehören alle Ehesachen; weltliche Prozesse in Ehesachen der getauften Akatholiken sind nichtig, weil die Ehe
42 unter Getauften Sakramentscharakter hat (can. 1012 § 1); aber auch eine naturrechtliche Ehe der Ungetauften kann, des entgegenstehenden göttlidien Naturrechts wegen, von keiner weltlichen Gewalt geschieden werden. Zum Privilegium fori ist zu bemerken, daB es vielfach durch Gewohnheitsrecht durchbrochen ist. Wenn im can. 1597 gesagt wird, daß der Papst oberster Richter sei pro toto orbe catholico, so könnte auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, daß es daneben nodi einen akatholischen Erdkreis geben könnte; das ist aber der Natur der Sache nach unmöglich, würde auch gegen die Bulle Unam Sanctam verstoßen und verstoßen gegen den Geist der Katholizität; offenbar ist die Bezeichnung totus orbis catholicus nur eine andere Wendung für totus orbis terrarum. Vielleicht hat hier auch der Machtanspruch der Kirche nicht zu sehr hervorgehoben werden sollen. Richter in der katholischen Kirche sind der Bischof, der Erzbischof und der Papst und die von ihnen delegierten Priester. Mithin kann auch einmal ein excommunicatus, auch ein getaufter Akatholik Rifhter sein. Kläger und Angeklagte können auch Akatholiken, getaufte und ungetaufte sein; denn can. 1646 sagt ausdrücklich: „Quilibet potest in iudicio agere, nisi a sacris canonibus prohibeatur . . . ; can. 1654 § 1 enthält Beschränkungen, welche den excommunicatis vitandis aut toleratis post sententiam declaratoriam vel condemnatoriam auferlegt sind. Außer den Gerichtspersonen, außer dem Kläger und den Angeklagten, gehören zum Judicium Advokaten und Prokuratoren; von den letzteren beiden heißt es in can. 1657 § 1: „Procurator et advocatus esse debent catholici . . . ; acatholicus non admittitur, nisi per exceptionem et ex necessitate". Unter den Zeugen werden als verdächtige Zeugen bezeichnet Exkommunizierte und Infame „post sententiam declaratoriam vel condemnatoriam". (can. 1757 § 2 n. 1). Im übrigen gilt der Satz des Kanon 1756: „Omnes possunt esse testes, nisi expresse a iure repellantur vel in totum vel in parte". Es können auch die oben genannten verdächtigen Zeugen auf Beschluß des Richters vernommen werden; doch soll ihre Aussage nur als Indiz oder Beweisbehelf angesehen werden, und sie sollen im allgemeinen nicht vereidigt werden. Auch als Sachverständige können Akatholiken vor Gericht auftreten; denn can. 1795 u. 1796 unterwirft die Sadiverständigen — abgesehen davon, daß sie als S adivers tändige geeignet sein müssen — hinsichtlich ihrer Zulassung oder Zurückweisung den für die Zeugen geltenden Bestimmungen. Hinsichtlich des kanonischen Eheprozesses (can. 1960—92) haben wir unseren obigen (S. 83) Ausführungen gem. can. 1961 hier hinzuzufügen, daß Klagen, bei welchen es sich um rein bürgerliche Wirkungen der Ehe handelt, vor die weltlichen Gerichte kompetieren, also evtl. auch vor akatholische Gerichte; „ . . . si principaliter agantur . . . , sed si incidenter et accessorie, possunt etiam a iudice ecclesiastico ex propria potestate cognosci ac definiri" " ) . ••) Vergi, audi C J C canon 1016.
43 Im Selig- und HeiligsprediungsprozeB kommen Akatholiken als Zeugen und wohl auch als Sachverständige in Frage. Zunächst müssen gem. can. 2023 „omnes Christi fideles", also audi die getauften Akatholiken, der Kirche alles mitteilen, was etwa nach ihrer Meinung contra virtutem aut miracula aut martyrium des in Frage stehenden Dieners Gottes spricht, und zwar aus eigenem Antrieb. (. . . licet non vocati). Dann sind alle, die mit dem betreffenden Diener Gottes in Berührung gekommen sind, als Zeugen zu berufen (can. 2024), und wer von diesen etwa nicht vorgeladen wird, der soll sofort einen schriftlichen Bericht seinem Ordinarius schicken. Can. 2027 bestimmt ausdrücklich, daß auch haeretici quoque et infideles als Zeugen zugelassen werden. Und was für die Zeugen gilt, gilt offenbar auch für die bei Wundern als Sachverständige gebetenen Ärzte gem. can. 2028 § 1. Dieselbe Stellung wie im Selig- und HeiligsprediungsprozeB hat der Nichtkatholik auch in den besonderen Prozessen gegen Pfarrer und Kleriker, über die in den Kanons 2142—2194 gehandelt wird. Hinzuweisen wäre hier hinsichtlich der Suspension „ex informata conscientia" auf can. 2191 § 3; diese Vorschrift zeigt wieder, daß die Kirche den Staatsgesetzen nicht unterworfen ist, vielmehr ihren Willen nötigenfalls auch gegen die Staatsgesetze durchsetzt, weil eben das geistliche Schwert über dem weltlichen ist. V.
Im
Strafrecht.
Bezüglich des Strafrechtes der Kirche ist es äußerst interessant zu lesen, wie Anton Perathoner seine diesbezüglichen Ausführungen zum Fünften Buche des C.J.C. einleitet« 7 ): „Als vollkommene, selbständige Gesellschaft besitzt die Kirche Christi nicht bloß die Lehr- und Weihegewalt, sondern auch die Gesetzgebungs- und Strafgewalt. Letztere bezeichnet das Recht der Kirche, zum Schutze und zur Aufrechterhaltung ihrer Rechtsordnung Strafen festzusetzen, zu verhängen und zu vollziehen. Ohne Strafgewalt kann keine geordnete Gesellschaft bestehen und somit auch die Kirche nicht, die als unabhängige Gesellschaft mit allen zur Erreichung ihres Zweckes notwendigen Mitteln ausgerüstet sein muß. Die Strafgewalt der Kirche ergibt sich schon aus deren Gesetzgebungsrecht; denn dieses wäre nutzlos, wenn die Kirche nicht auch die Gewalt hätte, die Übertreter des Gesetzes zur Besinnung zu bringen und auf den Weg der Besserung zurückzuführen. Die Strafgewalt hat Christus seiner Kirche gegeben; die Apostel haben sie kraft göttlicher Anordnung ausgeübt und auf ihre Nachfolger übertragen. Die Behauptung, daß der Kirdie kein Strafzwang zustehe, ist von den Päpsten wiederholt als häretisch verworfen worden. Es ist somit Glaubenslehre, daß die katholische Kirche Strafgewalt besitzt. Gegenwärtig wendet die Kirche Laien gegenüber nur kirchliche Strafen an, d. h. solche, die dem rein religiösen Gebiete angehören; Strafen weltlichen Charakters, wie Vermögens- und Freiheitsstrafen, verhängt sie über Laien nicht mehr. Auch bestraft die Kirche nunmehr nur die delicta mere ecclesiastica, d. h. solche Handlungen, die das religiös-kirchliche Gebiet verletzen. Die Bestrafung der weltlichen und sogenannten gemischten Verbrechen ist der Staatsgewalt überlassen". Anthon Perathoner verAnton Perathoner a. a. O. S. 658 f.
44 meidet in diesen Sätzen vorsichtig, die Kirche souverän zu nennen. Dodi geht aus allen seinen Ausführungen hervor, daß er der Kirdie die Souveränität zuerkennt, die hödiste Gewalt auch der Staatsgewalt gegenüber, wenn audi „gegenwärtig" die Kirdie ihre Staatsgewalt der staatlichen Strafgewalt gegenüber etwas in den Hintergrund treten läßt. Das Strafredit des C.J.C. (De Delictis et Poenis) zerfällt in drei Teile, die von den Delikten, von den Strafen und von der Bestrafung der einzelnen Missetaten handeln. Wir wollen nachstehend die diesbezüglichen für die Rechtsstellung der Ungetauften, der getauften Akatholischen und der sonstigen Exkommunizierten maßgebenden canones besprechen (um damit den Abschnitt C unserer Arbeit abzuschließen). Hinsichtlich der Delikte fragt es sich, wie weit eine tatbestandsmäßige Handlung eines Nichtkatholiken ein Delikt ist, insofern nämlich die Übertretung des Gesetzes „sittlich anrechenbar" sein muß (can. 2195). Sittlich anrechenbar können nach Ansicht des Verfassers bei Akatholiken, die ohne eigenes Verschulden weder getauft sind noch Katechumenen-Unterricht genossen haben, nur sein Verstöße gegen das Naturrecht. Aber die Gebote des Naturrechts sind nicht mit einer wenigstens unbestimmten Strafandrohung verbunden, daher Verstöße gegen sie wohl nicht „delicta" genannt werden können. Darüber hinaus bestimmt — wie bereits angeführt — can. 12: „Legibus mere ecclesiasticis non tenentur qui baptismum non receperunt . . ." Und darüber hinaus heißt es im Kanon 2198: „Delictum quod unice laedit Ecclesiae legem, natura sua sola ecclesiastica auctoritas persequitur . . ." Solche delicta mere ecclesiastica sind: Vergehen gegen den Glauben und die kirchliche Einheit (can. 2314—2319), Vergehen gegen die kirchliche Autorität (can. 2330—2349), Vergehen bei Spendung und Empfang der Sakramente (can. 2364—2375), Vergehen gegen die eigenen klerikalen Standespflichten (can. 2376—2389), Vergehen bei Verleihung, Empfang und Niederlegung kirchlicher Würden, Ämter und Benefizien (can. 2390—2403) und Mißbrauch der kirchlichen Gewalt und des kirchlichen Amtes (can. 2404—2414). Es liegt in der Natur der Sache, daß ungetaufte Akatholiken sich der hier aufgeführten delicta mere ecclesiastica nicht schuldig machen können. Dagegen können sie sich wohl eines Delikts gegen die Religion (can. 2320—2329), z. B. Gotteslästerung (can. 2323), schuldig machen oder auch eines Vergehens gegen Leben, Freiheit, Eigentum, guten Ruf und gute Sitten (can. 2350—2359) sowie des Deliktes der Fälschung. Doch sind dies delicta mixti fori, in denen auch die weltliche Gewalt vorgehen darf und vorgehen muß; und wir haben bereits erwähnt, daß die Kirdie gegenwärtig die Bestrafung dieser Delikte der Staatsgewalt überläßt; außerdem sind die Niditgetauften dem menschlichen Rechte des C.J.C. nicht unterworfen, (can. 12). Hinsichtlich der getauften Katholiken nehmen wir die Zurechenbarkeit aller Delikte, auch der delicta mere ecclesiastica, an, wenngleich can. 731 § 2 zugibt, daß Häretiker und Schismatiker auch in gutem Glauben irren können. Straflosigkeit wegen Unkenntnis tritt nur ein, wenn die Unkenntnis unverschuldet ist (can. 2202 § 1), und das müssen wir, wie bereits auf S. 17 f. ausgeführt ist, bei den getauften Akatholiken verneinen. Die ungetauften Nichtkatholiken sind gegenwärtig, wie schon gesagt, nicht unterworfen der Strafgewalt der Kirche. Anders ist es mit den ge-
45 tauften Niditkatholiken; denn gleidi der erste Kanon in dem Abschnitt „De Poenis" sagt: „Nativum et proprium Ecclesiae ius est, independens a qualibet humana auctoritate, coercendi delinquentes sibi subditos poenis tum spiritualibus tum etiam temporalibus". (can. 2214 § 1). Da die Kirdie — audi nadi dem Rechte des CJC. — alle Getauften als ihre Untertanen ansieht, geht diese Strafgewalt also auch die getauften Akatholiken und sonstigen Exkommunizierten an. Auch diese sind den Zensuren unterworfen. (can. 2241 § 1). Und wir schließen uns in dieser Hinsicht F. Kobers Meinung an, daß audi diese, d. h. alle Exkommunizierten, — ohne vorher absolviert zu sein — aufs neue exkommuniziert werden können. Es „geht die Bedeutung und Wirksamkeit der zweiten Exkommunikation dahin, daß durch sie der bereits Ausgestoßene sich von der Kirdie noch weiter entfernt und dem ihrer Wohltaten Beraubten die Wiedererlangung derselben noch ferner gerückt wird"