Abwehr Volkerfriedensgefahrdender Presse Durch Innerstaatliches Recht: Eine Untersuchung Uber Inhalt, Voraussetzungen Und Erfullung Der Gesetzgebungspflichten Aus Art. 26 I 2 Gg (German Edition) 3428030397, 9783428030392


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German Pages 152 [153] Year 1974

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Abwehr Volkerfriedensgefahrdender Presse Durch Innerstaatliches Recht: Eine Untersuchung Uber Inhalt, Voraussetzungen Und Erfullung Der Gesetzgebungspflichten Aus Art. 26 I 2 Gg (German Edition)
 3428030397, 9783428030392

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GÖTZ FRANK

Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse durch innerstaatliches Recht

Berliner Abhandlungen zum Presserecht herausgegeben von Kar! August Bettermann, Ernst E. Hirsch und Peter Lerche

Heft 17

Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse durch innerstaatliches Recht Eine Untersuchung über Inhalt, Voraussetzungen und Erfüllung der Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG

Von

Dr. Götz Frank

DUNCKER &

HUMBLOT / BERLIN

Gedruckt mit Unterstützung des Kultusministeriums von Baden -Württemberg

Alle Rechte vorbehalten

© 1974 Duncker & Humblot. Berlln 41

Gedruckt 1974 bei Buchdruckerei Bruno Luck. Berlln 65 Prlnted In Germany ISBN 3 428 03039 7

Dem Andenken von Hanne gewidmet

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Universität Konstanz als Dissertation angenommen. Das Manuskript habe ich am 1. Februar 1972 abgeschlossen. Später veröffentlichte Literatur und Rechtsprechung konnte nur mehr vereinzelt berücksichtigt werden. Insbesondere auf dem G€biet des zwischenstaatlichen Gegendarstellungsrechts wurde die neuere Entwicklung bis Ende 1972 noch einbezogen. Meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Ekkehart Stein möchte ich an dieser Stelle für seine vielfache Förderung danken. Für Anregungen und Unterstützungen schulde ich weiterhin Herrn Dr. Heiko Faber und Herrn Dr. Martin Löffler Dank. Mein Dank gilt schließlich Herrn Prof. Dr. K. A. Bettermann und Herrn Ministerialrat a. D. Dr. Broermann für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe. Konstanz, im Juli 1973

Götz Frank

Inhaltsverzeichnis Einleitung ...... .. .... . . . , ......... . .. . ......... . .......... . ... . ... . . .

17

Erster Teil Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG A. Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG - Formale rechtliche Einordnung als Gesetzgebungsauftrag ..................................

22

B. Feststellung der zu prüfenden Voraussetzungen von Art. 26 I 2 GG ....

23

1. störungseignung der in Frage stehenden Handlungsweisen ....

23

II. Gerichtetheit gegen das friedliche Zusammenleben der Völker 26 C. Handlungsweisen der Presse, die potentiell völkerfriedensgefährdend sind .. . ...... . . ... . . .... . .. .. . .. . . ... ... ... ... . ..... . . . . . ..... . . . . . . 27 I. Zugrundegelegter Pressebegriff ............ .. ....... . . . ...... 11. Zeichnung eines Feindbildes ......... . .... . . . ......... . .......

27 28

1. Das Feindbild ......... . ..................................

a) Falsche oder verzerrte negative Vorstellungen .. . .. .. . .. b) Presse und Feindbild . . . . ..... . . . .. . ..... . ... . . . .... . ..

28 28 29

2. Äußere Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes .. a) Weglassen - Hervorheben...... . .. . ........... . ........ b) Unterschiedliches Bewerten, wenn zwei dasselbe tun . . .. c) Vermischen von Information und Kommentar . . .. .. . .. . d) Unklare Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Stereotypisierende Presse ....... . ...................... f) Affektive Presse .. . . .. ............ . ............ . . " . .. .. g) Unwahrheiten ..... .. .... .. ... . .. . . .. .. . ................

30 30 31 31 32 32 33 34

3. Möglichkeiten friedensgefährdender Auswirkung ... . . .. ... a) Prinzip der Erwartung ............. . . . .................. b) Bildung und Aufrechterhaltung nationaler Vorurteile. . .. aa) Die drei Aspekte des Vorurteils .. ......... . .... . ... bb) Der konative Aspekt insbesondere .... . .......... .. . c) Entstehung und Aufrechterhaltung nationaler Aggression

34 34 37 37 38 40

10

Inhaltsverzeichnis 4. Grenzen der Wirkungsmöglichkeiten bei der Zeichnung eines Feindbildes .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Aufstachelung zum Krieg ....................................

42

IV. Aufstachelung zum Völkermord oder Genocid ................

44

V. Aufstachelung zum Boykott ..................................

45

D. Erfassung der dargestellten völkerfriedensgefährdenden Handlungsweisen der Presse durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG? 47 I. Ausschließung von Handlungen zur Zeichnung eines Feindbildes nach der restriktiven Auslegung von Maunz.. . . . . . . . .. . . . . ... 47 II. Einbezug von Handlungen zur Zeichnung eines Feindbildes nach extensiverer Auslegung ...................................... 49 III. Das beschränkte Anwendungsfeld des restriktiven Friedensbegriffs - Verzicht auf die Teilnahme an einer umfassenderen Friedensplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 IV. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines weiteren Friedensbegriffs? ..................................................... 51 l. Zustandekommen von Art. 26 GG ..........................

52

2. übermäßige Einschränkung anderer Verfassungswerte bei extensiverer Auslegung? .................................. 53 V. Austragung der Konflikte eines weiteren Friedensbegrüfs mit anderen Verfassungswerten nach dem Prinzip praktischer Konkordanz? .................................................... 54 l. Formale Gleichrangigkeit zu anderen Verfassungswerten? ..

54

2. Geltung von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen für den Gesetzgeber bei Beruhren der Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG? 56 VI. Die Erörterung des Friedensbegriffs in der Friedensforschung ..

59

l. Negativer Friedensbegriff ..................................

59

2. Positiver Friedensbegriff ..................................

60

3. Der offene Friedensbegriff - Forschung zur Vermeidung negativer Ziele ............................................ 61 VII. Folgerungen für den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

61

E. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit in Art. 26 I 2 GG ..... . ......

63

I. Ausgestaltung der Strafrechtstatbestände ......................

63

l. Vorweggenommene Ausgestaltung in Art. 26 I GG? -

Mindestmaß für die Ausgestaltung? ............................ 63

2. Erforderliche Offenheit für die Ausgestaltung von Normen aufgrund des Art. 26 I 2 GG ................................ 63 3. Ausgestaltung nach dem Prinzip praktischer Konkordanz . . . .

64

Inhaltsübersicht

11

H. Ist Strafrecht das einzig gebotene rechtliche Mittel nach Art. 26 12 GG? ...................................................... 66 1. EI?:ts~ei~ung fü~. strafrechtliche Mittel nach Verhältnis-

maßlgkeltsgrundsatzen ....................................

67

2. Mittel außerhalb des Strafrechts, wenn Strafrecht nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen nicht mehr anwendbar erscheint.................................................... 69 IH. Grenzen der gesetzgeberischen Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse ................................................ 69

Zweiter Teil Innerstaatliche Normen zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse. Bestehendes Recht und weitere denkbare Ansätze zur Erfüllung des Gesetzgebungsauftrages aus Art. 26 I 2 GG A. Strafrecht ..........................................................

71

1. Zeichnung eines Feindbildes ..................................

71

1. Tatbestandsumschreibungen

und ihre Möglichkeiten, die Handlungsweisen zu erfassen .............................. 71 a) Knappe Formeln der Umschreibung .................... 71 b) Konkretisierende Tatbestandsumschreibungen .......... 73

2. Notwendigkeit der Einschränkung des hier vorgeschlagenen Tatbestandes .............................................. a) Notwendigkeit der Auslese des Nachrichtenstoffes und der Vereinfachung ................... " . " . .. . . . . ... . . . . .. .. b) Transaktionstheorien .................. . ................ c) Zwischenergebnis ...................................... H. Korrektive zum Tatbestand "Zeichnung eines Feindbildes" ....

75 75 76 77 78

1. Absichtsdelikt .............................................

78 a) Die "Absicht" in bisherigen Umschreibungen ............ 78 b) Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker. . .. 79 c) Geeignetheit des Absichtsdelikts, Handlungen zur Zeichnung eines Feindbildes abzuwehren .................... 79

2. Konkretes, abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt oder Verletzungsdelikt ............................................. a) Bisherige Ausgestaltungen als konkretes oder abstraktkonkretes Gefährdungsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Friedliches Zusammenleben der Völker ........... " . . . .. c) Erforderlichkeit einer Kausalitätsuntersuchung für den Richter bei beiden Einschränkungsmöglichkeiten ........ d) Verletzungsdelikte .....................................

81 81 82 83 83

Inhal tsverzeichnis

12

3. Kausalitäts- und Beweisproblematik dieser drei Einschränkungsmöglichkeiten, dargestellt am Stand der Entwicklung der Theorien zur Wirkungsproblematik des Massenmediums Presse .................................................... 84 a) Selektives Filtern des einzelnen Rezipienten ............ b) Einfluß der "Bezugsgruppen" auf den Meinungsbildungsprozeß - Die "Opinion-Leaders" ........................ c) Persönlicher Einfluß und die Wirkungen der Massenmedien ................................................ d) Andere Massenmedien .................................. e) Äußere Bedingungen, die die Wirkungsmöglichkeiten der Presse erhöhen ........................................

86 87 89 91 92

4. Zwischenergebnis ........................ . . . . . . . . . . . . . . . . ..

92

IH. Aufstachelung zum Krieg ....................................

93

1. Tatbestandsumschreibungen in bisherigen Straftatbeständen

93

2. Kritik dieser Umschreibungen ............................

94

3. Bezugsobjekt ..............................................

96

4. Geschütztes Rechtsgut ....................................

98

5. Erforderlichkeit der Einschränkung eines Straftatbestandes "Aufstachelung zum Krieg"? .............................. 99 IV. Aufstachelung zum Völkermord .............................. 100 V. Zwischenergebnis ............................................ 101 B. Normierung der Sorgfaltspflicht der Presse .......................... 102 C. Presseselbstkontrolle -

Der Deutsche Presserat .................... 103

1. Derzeitige Möglichkeiten und Aktivitäten des Deutschen Presse-

rates zur Abwehr der Presse, die an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist ...................................... 103

11. Möglichkeiten der mittelbaren Abwehr des Gesetzgebers durch Verleihung hoheitlicher Funktionen an ein Organ der Pressekontrolle .................................................... 104 D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht ...................... 107 1. Beitritt zur "Convention on the International Right of Correction" der Vereinten Nationen vom 16. Dezember 1952? ...... 107 11. Subjektive Erweiterung des durch die Länderpressegesetze eingeräumten Gegendarstellungsanspruchs auf fremde Staaten .... 109 1. Ausgang von der bisherigen Regelung in den Landespresse-

gesetzen .................................................. 110

2. Generelles Betroffensein .................................. 111 3. Geltendmachung durch die diplomatische Vertretung des betroffenen Staates ........................................ 111

Inhal tsverzeichnis

13

4. Gerichtliche Durchsetzung ............. .. ...... . ....... . .. 112 5. Gesetzgebungskompetenz .. . ..... ... .... .. . . .... .... .. . .. .. 112 III. Verhältnismäßigkeitserwägungen zur möglichen Einschränkung der Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG bei der Einführung eines Gegendarstellungsanspruchs für fremde Staaten .. . .. . .. . .. . .. 113 1. Übermäßige Ausdehnung des Kreises der Anspruchsberech-

tigten? .. . . ....... .. .... .. . . ...... .. .. . .. . . . . . .... . ..... . .. 113

2. Zu weite Anspruchsvoraussetzungen? ........... . ....... . .. a) Nur Tatsachenbehauptungen gegenüber Tatsachenbehauptungen ............ . .. . . . ... . . . ... .. .............. ... ... b) Materiell berechtigtes Interesse ........................ c) Angemessener Umfang . . . ... .... . .. .... .. . .. . .........

113 114 115 116

3. Geeignetheit, im Vergleich zu strafrechtlichen Mitteln ..... , 117 IV. Die Einseitigkeit des hier vorgeschlagenen zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruchs .................................. 119

Zusammenfassung

121

Schlußbemerkung

124

Dokumentation 1. Die Emser Depesche

127

H. Straftatbestände zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse . .. , 128 1. Rechtsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland -

Tatbestände deutscher Länder nach dem 2. Weltkrieg .......... .. .. . . 128

2. Tatbestände des Alliierten Kontrollrates ..... . ......... . ........ 130 3. Entwürfe früherer deutscher Rechtsentwicklung .... . ...... . . . .. 130 4. Straftatbestände der DDR ...... . ............................... 131 5. Entwürfe und Normen im deutschsprachigen Ausland . . . . . ..... 133 6. Übersetzungen von fremdsprachigen Entwürfen und Straftatbeständen aus dem Ausland . . ... .. ........ . ..... . .. . ... . ..... . ... 133 IH. Auszüge aus der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes ... . .................... .. ..... . ............. .. . 134 IV. Convention on the International Right of Correction ....... . ........ 135 V. Gallup-Umfrage zu "Images of Nations" .. ... . . .. . ... .. . ....... ... 139

Schrifttumsverzeichnis

143

Abkürzungsverzeichnis aA

anderer Ansicht

aaO

am angegebenen Ort

AT

Allgemeiner Teil

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

BGBI

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BT

Besonderer Teil

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

Diss.

Dissertation

Dok

Dokumentation

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DPA

Deutsche Presse-Agentur

DVBI

Deutsches Verwaltungsblatt

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch v. 18.8.1896

FN

Fußnote

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v. 23.5.1949

iVm Jg.

= in Verbindung mit Jahrgang

JR

Juristische Rundschau

JZ

Juristenzeitung

LPG

Gesetz über die Presse von Baden-Württemberg vom 14.1.1964 Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 11. November 1953

LV NdSSt

Niederschrüten über die Sitzungen der Großen Stratrechtskommission

NJ

Neue Justiz

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

15

Abkürzungsverzeichnis Rdz. RGStE RGZE Rspr.

Randziffer Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

= Entscheidungen

des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rechtsprechung

S.

Seite

SAVerhandl. SIZ

Verhandlungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Deutscher Bundestag Stenographischer Dienst Selbstkontrolle Illustrierter Zeitungen

s.o.

siehe oben

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschland

StGB

Strafgesetzbuch f. d. Deutsche Reich vom 15. 5. 1871 neu bekanntgemacht am 25.8.1953

Tätigkeitsbericht

Tätigkeitsberichte Godesberg

umstr. UN UN-Satzung ZV

des

Deutschen

Presserates,

Bad

umstritten

= United Nations (Vereinte Nationen) = Satzung der Vereinten Nationen vom

26.6.1945

Zeitungsverlag und Zeitschriftenverlag (Zeitschrift; Organ des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. und des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger e.V.)

Einleitung Die Problembereiche völkerfriedensgefährdender Presse waren nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes mit seinem inzwischen schon legendären Propagandaapparat Gegenstand umfangreicher Diskussionen in der Literatur1 , besonders aber in den nationalen Gesetzgebungsgremien sowie in den Gremien völkerrechtlicher Vereinbarungen2 • Trotzdem wurde in keiner der in der Bundesrepublik erschienenen Monographien Art. 26 I 2 GG als verfassungsrechtliche Grundlage der Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse in die Diskussion einbezogen, obgleich dessen Wortlaut dies eigentlich nahelegen würde. Verständlich wird das aber, wenn man feststellt, daß sich schon bald nach Inkrafttreten des Grundgesetzes die Meinung herausgebildet hatte, Art. 26 I 2 GG sei generell restriktiv auszulegen:!, er erfasse demnach auch nur die äußersten Erscheinungsformen völkerfriedensgefährdender Presse wie "kriegsanfeuernde Stimmungsmache" und "Kriegshetze"4. Bei Zugrundelegung dieses Verständnisses wird Art. 26 12 GG vom angeschnittenen Thema nämlich nur am Rande berührt. In jüngerer Zeit wurden demgegenüber wiederholt Stimmen laut, die den Umfang des Art. 26 I 2 GG als weiterreichend ansahen. Insbesondere die Diskussion um die mit dem 8. Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. 6. 1968 eingeführten §§ 80, 80 a StGB5 machte einen neuen abweichenden Standpunkt deutlich: Sah man die engen Straftatbestände der §§ 80, 80 a StGB auf der einen Seite als ausreichende Erfüllung der Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG an und folgte somit der überkommenen restriktiven AuslegungG, so hatte sich schon in der voran1 Vor allem Zellweger (1949) und Dambmann (1953) und die neueren Veröffentlichungen von F. C. Schroeder und Steinhausen. 2 über Aktivitäten der UN vgl. bei Eek, über Regierungsentwurf und SPDEntwurf zum Strafrechtsänderungsgesetz 1950, sowie Alternativentwurf und 8. Strafrechtsänderungsgesetz u. a. bei F. C. Schroeder; über Entwicklungen in Ostblockstaaten: G. Baumann und Bracht. 3 Vgl. unter den früheren Arbeiten die Arbeit von Schaer, S.238, insb. aber Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26 Rdz. 6 ff. 4 Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.20; Maunz, S. 291 f. G BGBI I, 741. 6 Willms in Leipziger Kommentar, Vorbem. § 80, Rdz.21, Krauth, JZ 68, S. 578; anscheinend auch Preisendanz in Petters-Preisendanz zu § 80, Anm. 1

2 Frank

18

Einleitung

gegangenen Arbeit im Sonderausschuß für die Strafrechtsreform eine Meinung herausgebildet, die den weiteren Inhalt des Art. 26 I 2 GG durch die §§ 80, 80 a StGB nicht umfaßt glaubte 7 • Initiiert und getragen wurde sie wohl vor allem von Klug8; ihren Niederschlag hatte sie schon zuvor in § A 3 des Alternativentwurfs gefunden9 • Allerdings war es nicht das erste Mal, daß verantwortliche politische Kreise den Umfang der Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG weiter ansahen als der überwiegende Teil der verfassungsrechtlichen Literatur: § A 3 des Alternativentwurfes findet seinen Vorgänger in § 80 Nr. 3 des Regierungsentwurfes 1950 10 , der aber auch an der offenbar mangelnden Konsensbereitschaft in diesem Bereich scheiterte. Die Vorbehalte gegen die weitere Auslegung der Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG gegenüber völkerfriedensgefährdender Presse haben solange ihre Berechtigung, als die unausgesprochenen Unsicherheiten hierzu nicht erheblich gemindert werden können. Sichtbar wurden sie in der buntscheckigen Vielfalt der bisher diskutierten Straftatbestände und zwar sowohl in der Umschreibung der Handlungsweisen als auch der Bestimmung der näheren Umstände, unter denen sie strafbar sein sollenll • Die vorliegende Arbeit versucht, durch Heranziehung verschiedener Aspekte zur Klärung der bestehenden Schwierigkeiten beizutragen: Zu der sicherlich unjuristischen Frage, welche Handlungsweisen in welcher Art friedensgefährdend sein können, werden Antworten aus der Publizistik, der Sozialpsychologie und der Friedens- und Konfliktsforschung gesucht. Erst nach dieser Vor klärung ist eine Stellungnahme zur Ausgestaltung der Straftatbestände möglich, erst dann ist aber auch die Erörterung des zentralen Problems möglich, welche dieser Handlungsweisen sich dem materiellen Umfang von Art. 26 I 2 GG zuordnen lassen, also die Frage nach dem Inhalt des Friedensbegriffs von Art. 26 GG. Vertreter des restriktiven Friedensbegriffs machen für ihre Auffassung geltend, es gäbe sonst letztendlich nichts, u. zu § 80 a Anm. 1; das entspricht auch dem Friedensbegriff von Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art.26, Rdz.20; auch Schröder sieht den Verfassungsauftrag als "im wesentlichen" erfüllt an, in Schönke-Schröder zu § 80, Anm.l. 7 Insbesondere Diemer-Nicolaus in der 103. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Stenographischer Dienst, S. 2027 f.; Näheres zu diesen strittigen Fragen unter Erster Teil, D 1. 8 s. die Ausführungen von Klug im Hearing vor dem Deutschen Bundestag, Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode, Stenographischer Dienst, 72. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform. 9 DokII 1 e. 10 Dok II 1 c. 11 VgI. Dok II und Zweiter Teil. Nähere Umstände sind insbesondere die Fragen nach dem Grad der Friedensgefährdung, der eingetreten sein muß.

Einleitung

19

was nicht als Bedrohung des Friedens angesehen werden könnte, eine weite Interpretation müßte zu einer unerträglichen Einschränkung von Grundfreiheiten und sonstigen Verfassungswerten führen 12 • Hier soll der Nachweis geführt werden, daß solche Bedenken nicht zu einer generellen Einschränkung des Friedensbegriffs führen müssen. Art. 26 I 2 GG muß seine Grenzen gewiß an den bestehenden übrigen Verfassungswerten finden, nicht aber durch eine kumulative Reduktion, sondern durch eine Konfliktsaustragung im Einzelfall, wie das nach dem Prinzip praktischer Konkordanz möglich ist. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, wie sich der in der Tatbestandsvoraussetzung des Art. 26 I 2 GG genannte, nun als solcher unabhängige Friedensbegriff umschreiben läßt. Die Diskussion um den Friedensbegriff in der Friedensforschung, die in die Untersuchung mit einbezogen wird, wird deutlich machen, daß eine allgemeingültige Umschreibung nicht möglich ist, sondern nur in den erfahrungswissenschaftlich genügend geklärten Gebieten geleistet werden kann. Dazu gehören bereits die im Laufe der Arbeit beschriebenen Handlungsweisen völkerfriedensgefährdender Presse. Auf der anderen Seite beschränkt sich, wie nachzuweisen sein wird, entgegen der vorherrschenden Auffassung die Tatbestandsfolge des Art. 26 I 2 GG nicht auf strafrechtliche Mittep:t. Der für unsere gesamte Rechtsordnung, insbesondere aber für das Verfassungsrecht anerkannte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führt zwingend zur Gebotenheit milderer Mittel, wenn diese ausreichend oder gar besser geeignet sind als das schärfere Mittel der Strafe. Für das Verhältnis zu Art. 5 I 2 GG wird von Bedeutung sein, ob formale Gleichrangigkeit besteht14 und ob für den Gesetzgeber bei Berühren der Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG Verhältnismäßigkeitsgrundsätze anwendbar sind15 • Können beide Fragen positiv beantwortet werden, so läßt sich die Abgrenzung zum Schutzbereich des Art. 5 I 2 GG im einzelnen an Hand der Untersuchung des Kreises normativer Alternativen auf ihre Verhältnismäßigkeit, insbesondere faktische Geeignetheit hin vorzunehmen. Legt man die in dieser Untersuchung erarbeiteten Thesen zugrunde, so wird die Bedeutung des Art. 26 I 2 GG dahingehend aktualisiert, daß Schaer, S. 238. Vgl. die einschlägige Kommentierung bei Maunz-Dürig-Herzog zu Art.26 GG, Hamann-Lenz zu Art.26 GG, Menzel in Bonner Kommentar zu Art. 26 GG, v. Mangoldt-Klein zu Art. 26 GG; die verschiedenen Entwürfe, inklusive Alternativentwurf für eine Strafgesetzgebung aufgrund von Art. 26 GG s. DokII. 14 Dem steht die These von Maunz und Killinger gegenüber, Art. 26 I 2 GG sei gegenüber Art. 5 I 2 GG lex specialis, so Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz. 20; Killinger, S. 93 f. 15 Dem widersprechen etwa Peters, S. 12 H. und ihm folgend Pohl, S. 109 ff. 12 13

20

Einleitung

nun die verfassungsrechtliche Grundlage gegeben ist, sich bei den Friedensbemühungen nicht auf das völkerrechtlich Gebotene zu beschränken, sondern darüber hinaus von innerstaatlicher Seite her nach Möglichkeiten rechtlicher Art zu suchen, Friedensstörungen abzuwehren. Dem läßt sich auch nicht die bisweilen vertretene Auffassung entgegenhalten, Friedensstörungen gehörten vor ein internationales Gericht l6 • Eine internationale sanktionsrechtliche Verfolgung gegenüber Privaten ist solange nicht möglich, als dafür weder Institutionen auf internationaler Ebene noch entsprechende Sanktionsnormen vereinbart werden können 17 • Bis dahin sind nur staatliche Institutionen in der Lage, gegen völkerfriedensgefährdende Presse vorzugehen. Dabei könnten die innerstaatlichen Rechtsvorschriften in diesem Bereich allerdings durch internationale übereinkommen zur innerstaatlichen Normsetzung weltweit vereinheitlicht werden. Internationale Bemühungen um Normen zur Bekämpfung völkerfriedensgefährdendel' Presse sind aber bisher weitgehend gescheitertl8 . Die Ebene des Völkerrechts und der internationalen Regelungen erscheint deshalb, trotz ihrer überragenden Bedeutung, aus den - bei den Bemühungen um internationale Kodifikationen anscheinend noch immer unüberwindlichen - machtpolitischen Gründen als eine besonders schwierige Ebene zur Bekämpfung völkerfriedensgefährdender Presse. So ergibt sich von daher zugleich eine politische Notwendigkeit, die Möglichkeiten auf niedrigeren Ebenen des Rechts zu untersuchen. Was aus der Befürchtung um Souveränitätsverluste einiger Staaten auf internationaler Ebene noch nicht möglich erscheint, könnte auf innerstaatlicher einseitiger Ebene - bei vorhandener Bereitschaft des jeweiligen Einzelstaates für seinen Rechtsbereich schon vorher realisierbar sein. Trotzdem soll hier nicht der Stellenwert von Modellen eines internationalen Friedensrechts, die den Vorteil der umfassenderen Regelung haben, herabgemindert werden. Zu den vielen Faktoren, die den Weg für ihr Zustandekommen ebnen könnten, gehören aber vor allem die den einzelnen Staaten möglichen Beiträge zu einer Annäherung an ein So Busch, S. 1; Maurach BT, 4. Aufl., S.365 u. a. G. Baumann, S.350; Fetscher, S.5, der eine "weltweite Rechtsordnung" als "ein den Frieden garantierendes Instrument" nur im Weltstaat möglich ansieht. Das erscheint aber vorerst utopisch. 18 Für die Zeit nach dem 1. Weltkrieg, Morgen, S. 96 ff., für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, Reich, S. 127 ff. 16

17

Einleitung

21

friedliches Zusammenleben der Völker, auch wenn die Gegenseitigkeit nicht garantiert ist1 9 • Es ist auch nicht auszuschließen, daß erfolgreich praktizierte Normen einzelner Staaten zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen für die internationale Ebene exemplarisch werden können20 • Abschließend ist an dieser Stelle noch auf die Problematik der thematischen Beschränkung dieser Arbeit hinzuweisen. Es wird nicht der Versuch unternommen, einen umfassenden Erklärungsansatz zum Entstehen von Friedensstörungen in der heutigen Gesellschaft zu liefern. Zu diesem würde vor allem auch die Frage nach den ökonomischen und sozialen Ursachen auf nationaler und internationaler Ebene gehören. Der bewußte Verzicht auf die Erörterung des weiteren Spektrums von Friedensstörungen begründet die Gefahr einer gewissen Einseitigkeit der Darstellung, gibt aber 2!ugleich die Chance, nun einen wichtigen Einzelbereich in besonderem Maße zu verdeutlichen. Angesichts des zunehmend komplexer erscheinenden Bezugsrahmens, wie er sich in den verschiedenen internationalen Richtungen der Friedensforschung abzeichnet, ist diese Beschränkung legitim, zugleich gehört das Sehen dieses Bezugsrahmens aber zum Vorverständnis einer Erörterung über völkerfriedensgefährdende Presse.

19 Kimminich sieht die Ebenen des einzelnen und die Ebene des Staates für die Friedensforschung als vorrangig an, um dann eine Verbindung zur Ebene des Zusammenlebens der Völker herzustellen. (Kimminich, S. 5.) 20 Die Einführung solcher Normen könnte UN-Mitgliedern zur Auflage gemacht werden. Ihre UN-Mitgliedschaft könnte davon abhängig gemacht werden. (So Berber In, S. 133.)

Erster Teil

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG Zur inhaltlichen Präzisierung der Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG ist zunächst ihre formale rechtliche Einordnung zu klären. Sodann ist nach den materiellen, vom Gesetzgeber zu prüfenden Voraussetzungen zu fragen, die diese Verpflichtung begründen. A. Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG Formale rechtliche Einordnung als Gesetzgebungsauftrag Die Formulierung des Art. 26 12 GG "sie sind unter Strafe zu stellen" legt nahe, diese Verpflichtung zur Normsetzung gegen Handlungsweisen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, als einen Verfassungsauftrag zur Gesetzgebung zu qualifizierenl • Problematisch erscheint eine solche Einordnung von Art. 26 I 2 GG nach der differenzierten Betrachtungsweise von Lerche, der den Verfassungs auftrag als "stetig bindenden Richtsatz für gesetzgeberisches Handeln"2 von dem "situationsbedingten, einmaligen Verfassungsbefehl "3 unterscheidet4 • Art. 26 I 2 GG enthält aber Elemente beider von Lerche geprägten Formen: Einerseits "Kodifikationstendenzen" (Art. 26 I 2 GG: "Sie sind unter Strafe zu stellen"), die dafür sprechen, daß die Gesetzgebung in einem Akt erfolgen soll5; andererseits sind die Auffassungen über Friedensstörungen im Laufe der gesellschaftlichen Auseinandersetzung über den Friedensbegriff6 und der Erfahrungen mit neuen, differenSo z. B.: Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Reiz. 36. Lerche, übermaß, S. 73. 3 Lerche, übermaß, S.63; ähnlich noch heute: Ritter, S. 45 f. 4 Inzwischen bildet Lerche zu "Gesetzgebungsaufträgen" vier Untergruppen: "Programmsätze", "Verfassungsbefehle", "Aufträge zur Verfassungsbildung" und "durchgehend formale Richtsätze". (Lerche, Verfassungsdirektiven, S. 341 ff.) 5 Vgl.: Ritter, S.45. 6 Siehe dazu bei Galtung, Frieden, über die Auseinandersetzung in der Friedensforschung. 1

2

B. Zu prüfende Voraussetzungen

23

zierten Spielarten der Friedensstörungen7 in einem permanenten Entwicklungsprozeß begriffen und deshalb nicht statisch fixierbar. Eine Gesetzgebung "uno actu" erscheint in diesem Bereich nicht möglich, die Differenzierung von Lerche nicht durchführbar". Der Differenzierung Lerches kann deshalb nicht Rechnung getragen werden; Art. 26 I 2 GG ist ein Gesetzgebungsauftrag der Verfassung. Im Gegensatz zu den Programmsätzen der Weimarer Zeit begründet ein solcher Verfassungsauftrag eine rechtlich verbindliche Pflicht für die gesetzgebenden Organe9 • Allerdings handelt es sich hierbei um sanktionsloses Verfassungsrecht. Eine verfassungsgerichtliche Entscheidung, die ein verfassungswidriges gesetzgeberisches Unterlassen in diesem Bereich feststellt, hat lediglich "moralische", keine "bindende Wirkung"10. Es ist ein "alleiniger Bereich politisch demokratischer Verantwortlichkeit" des Gesetzgebers11 • B. Feststellung der zu prüfenden Voraussetzungen von Art. 26 I 2 GG I. Störungseignung der in Frage stehenden Handlungsweisen

Art. 26 I 2 GG beauftragt zu einer Gesetzgebung gegen "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören". Aus der Formulierung "geeignet, ... zu stören" wird zumeist entnommen, daß hier der Nachweis einer konkreten Gefährdung zu erbringen ist!. Hamann-Lenz vertreten dagegen die Meinung, es müsse nur eine abstrakte Gefährdung vorliegen 2 • Charakteristisch für einen abstrakten Gefährdungstatbestand ist aber die gesetzliche Vermutung für die Gefährdung3 • Ein abstrakter Siehe dazu Kahn. Vgl.: Ritter, S. 46; ebenso: Denninger, S.771. 9 So: Denninger, S.772; Ritter, S.170; Wienholtz, S.120 u. a. 10 Schweda, S.150; vgl.: BVerfGE 6, 257 (266), 13, 54 (97); der Gedanke, ein nicht erfüllter Verfassungsauftrag lasse sich von der Rechtsprechung verwirklichen (BVerfGE 25, 167 [188]), läßt sich auf Art. 26 I 2 GG nicht übertragen: Für strafrechtliche Maßnahmen verbietet dies schon Art. 103 II GG; aber auch im übrigen wäre die Ersetzung nicht vorhandenen Gesetzesrechts durch judizielles Recht undenkbar. 11 Ritter, S.170. 1 So ausdrücklich Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.13; v. Mangoldt-Klein zu Art. 26, Anm. III 3 a; Potrykus, S.941. l! Hamann-Lenz zu Art. 26, Anm. B 2. 3 J. Baumann, S.120; Schwarz-Dreher vor § 1 B II 2 b; Schönke-Schröder, Vorbem. vor § 306, Rdz. 3 a, wonach diese Vermutung allerdings widerlegbar ist. 7

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Gefährdungstatbestand ist daher undenkbar, wenn für den Richter noch das Erfordernis des Nachweises einer Gefährdung besteht. Da der Verfassungsgeber in die Umschreibung des Tatbestandes des Art. 26 I GG ausdrücklich die Formulierung "geeignet ... zu stören" aufgenommen hat, muß für eine solche Geeignetheit auch der entsprechende Nachweis erbracht werden 4 • Dies gilt sowohl für eine richterliche Entscheidung nach Art. 26 I 1 GG als auch für den Entscheidungsprozeß des Gesetzgebers nach Art. 26 I 2 GG, da sich Art. 26 I 2 GG auf Art. 26 I 1 GG bezieht. Art. 26 I GG ist daher kein abstrakter Gefährdungstatbestand. Er ist auch kein konkreter Gefährdungstatbestand. Ein konkreter Gefährdungstatbestand müßte den Nachweis der Gefährdung nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfordern5 • Zu differenzieren davon sind "abstrakt-konkrete Gefährdungstatbestände" , bei denen zum Nachweis der Gefahr auch generelle Maßstäbe angewendet werden können. Sie liegen dann vor, wenn das Bezugsobjekt der Eignung "nicht durch nähere Kennzeichnung der Angriffsrichtung der Tat gegen bestimmte individuelle Schutzobjekte festgelegt ist"6. Den letzteren Tatbeständen läßt sich auch Art. 26 I GG zuordnen. Das "friedliche Zusammenleben der Völker" ist kein "individuelles Schutzobjekt" , es läßt sich nur durch eine Gesamtheit von Faktoren bestimmen. Obgleich die Voraussetzungen für Art. 26 I 1 GG dem Wortlaut nach mit denen des Art. 26 I 2 GG identisch zu sein scheinen, ergeben sich doch Unterschiede daraus, daß im Falle des Art. 26 I 1 GG die Prüfungskompetenz des Richters, in Art. 26 I 2 GG aber die des Gesetzgebers angesprochen wird. Ist nämlich die Prüfungsmaterie des Richters der konkrete Einzelfall, so sind es für den Gesetzgeber nur abstrakt umschreibbare Handlungsgruppen. Während der Richter für den Einzelfall nach generellen Maßstäben nachweisen muß, daß der Eintritt einer Gefahr für diesen Fall wahrscheinlich ist, er insofern mit einem in naher Zukunft liegenden potentiellen Kausalablauf des in Frage stehenden Einzelfalles konfrontiert 4 aA Jescheck, der schon bei einer Umschreibung "geeignet", den schädlichen Erfolg oder die Gefährdung herbeizuführen, wie in §§ 186, 187 und § 257 StGB ein abstraktes Gefährdungsdelikt annimmt. Im Gegensatz zu der obengenannten hL ist nach Jescheck für ein abstraktes Gefährdungsdelikt aber charakteristisch, "daß die Indizien der Gefährlichkeit im Gesetz selbst bindend festgelegt sind", es besteht so keine gesetzliche Vermutung für die Gefahr. (Jescheck, AT, S.179.) 5 Maurach, AT, S.202; Schröder, JZ 67, S.522. 6 Schröder, JZ 67, S.525.

B. Zu prüfende Voraussetzungen

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wird, kann der Gesetzgeber bei der Prüfung der Voraussetzungen von Art. 26 I 2 GG zu bestimmten Handlungsgruppen nur den möglichen Zusammenhang zu ihren denkbaren völkerfriedensgefährdenden Auswirkungen aufzeigen. Die unterschiedlichen Wirkungsabläufe der Einzelfälle sind für ihn in diesem Stadium der Untersuchung solange ohne Interesse, als die Wirkungen nicht überhaupt ausgeschlossen erscheinen7 • Selbst wenn ein friedensstörender Wirkungsablauf bei derselben gedachten Handlungsweise nur in einer geringeren Anzahl von Fällen wahrscheinlich ist, ergibt sich für den Gesetzgeber eine Pflicht, auch den verbleibenden Handlungsweisen, soweit ihm das möglich ist, entgegenzutreten8 • Dagegen sähe der Richter bei einer entsprechenden Vorhersage im Einzelfall die Wahrscheinlichkeit eines schädlichen Wirkungsablaufes derart in Frage gestellt, daß er auch nach generellen Maßstäben die Geeignetheit, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, verneinen müßte 9 . Bei der Prüfung der Störungseignung in Art. 26 I 2 GG genügt es daher für den Gesetzgeber, einen generellen Zusammenhang der in Frage stehenden Handlungsweisen zu einem möglichen friedensstörenden Wirkungsablauf herzustellen10 • Die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Art. 26 I GG, nämlich die "Absicht, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören", ist dagegen ausschließlich ein Problem des Einzelfalles. Der Nachweis der hinter einer Tat stehenden Absicht ist in jedem Fall subjektbezogen und läßt sich nur an Hand von konkreten Einzelfällen führen. Den Gesetzgeber interessiert zunächst nur der Zusammenhang bestimmter Handlungsgruppen zu möglichen Friedensgefährdungen. Die hinter einzelnen Handlungsweisen möglicherweise stehende Absicht gehört nicht in dieses Stadium der Untersuchung. Diese Frage bekommt erst dann eine Bedeutung, wenn eine Handlungsweise als friedensgefährdend anerkannt ist und nun im Hinblick auf die Gefährlichkeit 7 Etwa, weil der Presse insgesamt Wirkungen auf den öffentlichen Meinungsprozeß abgesprochen werden. Das wird auch nicht in der Diskussion um den Wirkungsprozeß der Pressekommunikation getan. Auch der Bericht der Günther-Kommission konnte deshalb zu Recht insofern von einer Unterstellung ausgehen. Siehe Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Drucksache

V, 3122, S.39.

8 Es sei denn, ein schadens bringender Wirkungsverlauf ist nur in einer so geringen Anzahl von Fällen denkbar, daß die friedensgefährdenden Elemente solcher Handlungsweisen irrelevant erscheinen. 9 Bei den an späterer Stelle erörterten abstrakt-konkreten Straftatbeständen ergäbe sich das schon aus dem Grundsatz in dubio pro reo. Siehe unter Zweiter Teil All 2 c. 10 Auf die Wirkungsproblematik des Einzelfalles wird erst bei der Untersuchung des Entscheidungsprozesses des Richters eingegangen. Siehe unter Zweiter Teil A II 3.

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 12 GG

des verbrecherischen Willens geprüft wird, ob schon die äußere Handlungsweise allein oder diese beim Hinzutreten von Absicht oder die Absicht ohne das Vorliegen einer äußeren Handlungsweise gesetzgeberisch erfaßt werden soll, also bei der Ausprägung der einzelnen Tatbestände. Die Willensrichtung des Einzelnen ist für Art. 26 I GG nur insoweit bedeutsam, als ihr bei der Entscheidung des Einzelfalles Rechnung zu tragen ist. Für die Vorfrage, ob der Gesetzgeber im Bereich des Art. 26 I 2 GG tätig werden muß, gehört sie nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen. Insgesamt beschränkt sich die Untersuchung der Voraussetzungen von Art. 26 I 2 GG somit auf das Aufzeigen eines generellen Zusammenhangs potentiell völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen der Presse mit der daraus möglicherweise entstehenden Gefährdung des friedlichen Zusammenlebens der Völker. Unberührt hiervon bleibt die Frage, ob die Ausgestaltung von Art. 26 I GG als abstrakt-konkreter Gefährdungstatbestand und Absichtstatbestand Konsequenzen für die Ausgestaltung der Einzeltatbestände durch den Gesetzgeber hat11 • 11. Gerichtetheit gegen das friedliche Zusammenleben der Völker

Erst anschließend ist zu prüfen, ob die dann aufgezeigten potentiell völkerfriedensgefährdenden Handlungsweisen auch gegen das in Art. 26 I GG als "friedliches Zusammenleben der Völker" umschriebene Rechtsgut gerichtet sind und daher vom Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG erfaßt werden. Obgleich zunächst daran zu denken wäre, die Erörterung des Schutzobjektes von Art. 26 I GG der Frage voranzustellen, inwieweit Handlungsweisen der Presse dieses Schutzobjekt denn gefährden, ergibt sich die Notwendigkeit zum umgekehrten Vorgehen aus den - im einzelnen erst an späterer Stelle dargestellten12 - besonderen Schwierigkeiten der Bestimmung dessen, was "friedliches Zusammenleben der Völker" (Art. 26 I GG) ist. Abstrakt läßt sich nach der dort vertretenen Auffassung der Friedensbegriff nicht umschreiben, das kann nur schrittweise und differenzierend bei der Klärung der spezifischen friedensgefährdenden Funktion von Einzelfällen geschehen. Aus dieser - vorgegriffenen Erkenntnis heraus erscheint es geboten, zunächst materiell die Störungseignung bestimmter Handlungsweisen der Presse 11 12

Vgl. dazu unter EI. Unter Erster Teil D.

C. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

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zu erörtern, um anschließend - nach einer Problematisierung des Schutzobjektes von Art. 26 I GG - an Hand dieser Fälle - zugleich die Frage ihrer Zuordnung zu diesem Schutzobjekt beantworten zu können.

c. Handlungsweisen der Presse, die potentiell völkerfriedensgefährdend sind I. Zugrundegelegter Pressebegrlff

Die Erörterung über potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen der Presse setzt eine Bestimmung des hierfür verwandten Pressebegriffs voraus. Der Pressebegriff wird in dem presserechtlichen Schrifttum überwiegend weit ausgelegt. Danach fallen unter diesen Begriff nicht nur periodisch erscheinende Druckschriften wie Zeitungen und Zeitschriften, sondern auch Bücher, Broschüren, Flugschriften, Plakate, ohne daß es dabei auf den Inhalt ankämet. Während die zuletzt genannten nur zum Teil Auslandsthemen behandeln und da auch vorwiegend nur aus dem Gesichtspunkt des rückblikkenden Betrachters, gehört die ständige Berichterstattung und Kommentierung über das Auslandsgeschehen zu den primären Aufgaben von Zeitungen und Zeitschriften. Bei der Unterschiedlichkeit möglicher Friedensgefährdungen beider Gruppen in Art und Relevanz erscheint es gerechtfertigt, die weitere Untersuchung auf aktuelle Berichterstattung, deren periodisches Erscheinen unabdingbar ist2 , zu beschränken. Der im folgenden verwandte enge Pressebegriff umfaßt somit nur periodische Druckschriften, also Zeitungen und Zeitschriften. Einbezogen sind allerdings "presseredaktionelle Hilfsunternehmen", also Nachrichtenagenturen, Pressekorrespondenten, Materndienste und ähnliche Unternehmen. Da die Nachrichtenbeschaffung für Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmen mit einem eigenen Redaktionsstab heute oft nicht mehr möglich ist, sind sie weitgehend auf die zum Teil schon vorgefertigten Nachrichten oder Hilfsunternehmen angewiesen3 • Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen der Presse sind insoweit auch Handlungsweisen dieser Hilfsunternehmen, auf die sich dann auch das gesetzgeberische Interesse erstrecken muß. 1 Löffler, H, zu § 1 LPG, Rdz. 35 ff.; Herzog in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 5, Rdz.132; weitere Hinweise bei Franz Schneider, S. 55 f. 2 Vgl. Franz Schneider, S. 57. 3 Näheres dazu bei Löffler H, § 7, Rdz. 43 ff.

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1. Teil: Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

11. Zeichnung eines Feindbildes

Zunächst sollen Handlungsweisen der Presse zur Zeichnung eines Feindbildes dargestellt werden, unter Einbezug ihrer potentiell völkerfriedensgefährdenden Wirkungsmöglichkeiten. Vorerst muß dazu erörtert werden, was unter einem "Feindbild" zu verstehen ist. 1. Das Feindbild

a) Falsche oder verzerrte negative Vorstellungen Unter dem Begriff des Feindbildes sind, wie die ausführliche Erörterung von Jerome D. Frank 4 deutlich macht, bestimmte falsche oder verzerrte negative Vorstellungen über ein fremdes Volk oder eine fremde Nation zu verstehen:5. Vorstellungsinhalte eines Feindbildes beschreibt Frank, indem er auf hierfür typische Untersuchungsergebnisse, insbesondere von Bronfenbrenner6 hinweist: Bei einem Besuch in der Sowjetunion konnte dieser in Interviews feststellen, daß Leute aus unterschiedlichen Berufen die Amerikaner für aggressiv und kriegstreiberisch hielten, ihre Regierung beute das Volk aus, eine riesige Arbeiterklasse werde durch eine kleine kapitalistische Clique getäuscht und betrogen, die Bevölkerung stehe der Regierung feindlich gegenüber, man könne den amerikanischen Führern nicht trauen und ihre Politik grenze an Wahnsinn. Ganz ähnliche Vorstellungen stellte Bronfenbrenner in der amerikanischen Bevölkerung über die Politik der Sowjetunion fest; er bezeichnet sie deshalb als Spiegelbild ("mirror image"). Bekannt sind unter anderem folgende Aspekte des amerikanischen Feindbildes: In Amerika sieht man jedes kommunistische Manöver als Teil einer genau geplanten weltweiten Verschwörung an7 • Mit dem demokratischen amerikanischen Selbstverständnis ist die Vorstellung einer eigenen aggressiven Politik nicht vereinbar; sie ist nur defensiv gegen den kommunistischen Aggressor, eine Politik der "angemessenen Antwort" (measured response)8. Das Bild vom Feinde drückt sich in zweierlei Arten der Beurteilung desselben Verhaltens aus, wenn es auf der einen oder anderen Seite geschieht. Schon amerikanische Schüler der 5. und 6. Klasse beantworFrank, Muß Krieg sein? Psychologische Aspekte von Krieg und Frieden. Im Gegensatz dazu steht die wertneutrale Freund-Feind-Theorie von earl Schmitt (S. 26 ff.). Vgl. dazu Schroers, S. 351 ff. 6 Vgl. zum Ganzen die angeführte Untersuchung von Bronfenbrenner. i Frank, S. 172. 8 Rapoport, S. 98-99. 4

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c. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

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teten die Frage, warum Russen entlang der Straße Bäume hätten mit: "damit die Leute nicht sehen können, was jenseits der Straße vor sich geht" oder "damit die Gefangenen Arbeit bekommen". Auf die Frage, warum Amerikaner seitlich der Straße Bäume eingepflanzt hätten, kamen Antworten wie: "wegen dem Schatten" oder "um den Staub abzuhalten"9. Die Einzelkomponenten eines Feindbildes und sein Anteil am Gesamtbild über die fremde Nation sind in den verschiedenen historisch-politischen Zeiträumen einer unterschiedlichen Entwicklung unterworfen. Aus Gallup-Umfragen in den Jahren 1942, 1961 und 1966 in den USN° wird ersichtlich, wie dort die Häufigkeit von Vorstellungen über Japaner und Deutsche mit Inhalten wie kriegerisch, grausam und verräterisch sank, während diese Inhalte in der gleichen Zeit beim Russenbild zunahmen und auch beim Chinesenbild entsprechend häufig sind. Auffallend ist die Zunahme solcher Vorstellungen über Russen im Krisenjahr 196pl. Daß in der gleichen Zeit Komponenten wie fleißig und fortschrittlich stark vertreten warenl2 , steht zu dem generellen überwiegen feindbildlicher Vorstellungen in keinem Widerspruch: Die andere Nation gilt dadurch nicht weniger als aggressiver gefährlicher Gegnerla. b) Presse und Feindbild Eine wichtige Rolle bei der Zeichnung des Feindbildes spielt die Presse. Weithin ist das Wissen über fremde Völker oder Länder gering; infolgedessen besteht auch hier eine beträchtliche Unsicherheit. Die Presse ist eine der verantwortlichen Institutionen im öffentlichen Leben, die Abhilfe schaffen könnte. Im Vergleich zu anderen Massenmedien ergibt sich für sie in der Auslandsberichterstattung eine gewisse Spezialisierung, sie wird durch gebildete und daher einflußreiche Schichten benutzt14 und im Vergleich zu anderen Kommunikationsmitteln hat sie eine geringere Vergänglichkeit l5 . 9 Frank, S.185, weitere Beispiele S.186 f.; vgl. auch bei Senghaas, Unilateralismus, S.5, der auf weitere amerikanische Untersuchungen in diesem Bereich hinweist; zum ganzen Komplex auch Hacker, S. 129 ff. 10 Abgedruckt unter Dok V. 11 Äußerlich wird schon so ein Zusammenhang der Intensität eines Feindbildes zu krisenhaften politischen Situationen deutlich: vgl. auch dazu das Bild über Deutsche und Japaner 1942 unter Dok V. 12 Wie übrigens auch im Bild über Deutsche und Japaner 1942, Dok V. 13 Der insofern von Joffe angeführte Einwand gegen die Intensität des amerikanischen Feindbildes ist deshalb unverständlich (s. Joffe, S. 143 f.). 14 Das gilt für die Tages-, nicht unbedingt für die Boulevardpresse. 15 Prinz, S. 205.

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Als einer der wichtigsten Informationsvermittler über das Ausland hat die Presse es dann auch in der Hand durch bestimmte Weisen der Informationsvermittlung an einem verzerrten Auslandsbild, einem "Feindbild" mitzuwirken. Bronfenbrenner führt das Entstehen eines Feindbildes im wesentlichen auf die Tätigkeit der Journalisten zurück16 • Ein Beispiel, wie sehr Presseberichterstattung das Auslandsbild bestimmen kann, gab der amerikanische Journalist Salisbury von der "New York Times" im positiven Sinne: Nach Hanoi geschickt, konnte er als einer der ersten westlichen Journalisten unabhängig über den Vietnamkrieg berichten und so einen Meinungsumschwung herbeiführen 17 • Mit welchen Arten der Informationsvermittlung die Presse ein Feindbild zeichnen kann, soll im folgenden dargestellt werden.

2. Äußere Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes 18 a) Weglassen -

Hervorheben

Ein Bericht über ein fremdes Volk oder ein anderes Land, in dem wesentliche Teile fehlen, vermittelt ein unvollständiges Bild. Er kann ein negatives Bild vermitteln, indem er entweder Teile, die positiv wirken könnten, ausläßt oder aber negativ wirkende Teile besonders hervorhebt19 • Der klassische Fall der Entstellung einer Nachricht durch Weglassen war die Emser Depesche2°. Obgleich sie wohl nicht der wirkliche Kriegsanlaß war, hatte sie doch aufgrund ihrer äußeren Legitimationswirkung eine teilbedingende Funktion. In breiter Ebene haben einige Zeitungen in der Bundesrepublik über Mißstände bei den ,,17 Millionen Brüdern und Schwestern im Osten" und den "Nächsten in Magdeburg, Dresden, Rostock und Ostberlin" berichtet, dabei aber so gut wie nichts über die wirtschaftlichen, sozialen, Bronfenbrenner, S. 48. Noack, Schneider, S.33. 18 Die hier verwandte Literatur beschreibt vorwiegend Beispiele aus der Springerpresse. Leider existieren über die übrige Presse der BRD noch zu wenig empirische Untersuchungen, um die sicherlich dort in kaum geringerem Maße aufzuzeigenden Beispiele verwenden zu können. 19 Der nationalsozialistische Propagandachef Goebbels umschrieb diese Art der Berichterstattung als "Blicke des Volkes auf das Wesentliche hinzulenken, da der Durchschnittsmensch sich in dem täglichen Nachrichtenstoff nicht zurechtfinden könne und der Leser nach einer objektiven Übermittlung so schlau wie vorher sei". (Zitiert bei Pohle, S.223.) 20 Vgl. dazu bei Faber, S.82, Anm.36; Wortlaut: Dok I. 18

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c. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

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psychologischen Lebensverhältnisse, die Lebenswirklichkeit bei diesen Menschen mitgeteilt21 • Besonders in Krisenzeiten dient das Hervorheben und überverdeutlichen einzelner Geschehnisse zum Anheizen der Gemüter. So wurde in denselben Zeitungen nach dem Berlin-Ultimatum im Jahre 1958 auf das Ansteigen der Fluchtbewegung in · großer Aufmachung hingewiesen, obgleich diese in den Jahren zuvor schon viel stärker war2 2 • Nach dem Mauerbau im August 1961 kamen in Artikeln mit überschriften in Balkenlettern Nachrichten wie: "Von der Vopo erschossen! Der zweite Fall in sechs Tagen. Moskau: Rekruten bleiben unter Waffen. Kreml droht mit Superbombe. Ulbrichts Hitlerjugend droht jetzt offen: Wir werden auf Deutsche schießen ...23." b) Unterschiedliches Bewerten, wenn zwei dasselbe tun Nachrichten über vergleichbare Ereignisse im eigenen oder fremden Land bekommen eine unterschiedliche Bedeutung durch die unterschiedliche Bewertung; sie müssen nur unterschiedlich bezeichnet werden. Spoo gibt dafür Beispiele aus der Tagespresse: So "warnen" Amerikaner die Sowjets, die Sowjets aber "drohen" den Amerikanern; die Bundesregierung "erklärt" einen Sachverhalt, die DDR-Regierung kann ihn nur "behaupten"24. c) Vermischen von Information und Kommentar Beim Lesen eines Kommentars hat der Rezipient die Möglichkeit, diese Art der Kommunikation mit dem Vorbehalt aufzunehmen, daß es sich um Meinungen und nicht um Tatsachen handelt. Berichte über aktuelle Ereignisse sind "nicht für ihn bestimmt", er meint sie "mehr zufällig zu lesen", ohne daß irgendjemand ihn zu einer bestimmten Meinung bringen will; er muß sich selbst seine Meinung dazu bilden. In Experimenten wurde nachgewiesen, daß diese Art der Kommunikation deswegen leichter Einfluß nehmen kann 25 • Werden aber persönliche Meinungen des Kommunikators so in Nachrichten eingeflochten, daß der Rezipient annehmen muß, auch hier handele es sich um aktuelle Information und nicht um Kommentierung, so rezipiert er mit geringerer Skepsis. 21 22 23 24

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H. D. Müller, S.306. Nachweise bei Peter Sörgel in Imperium Springer, S.90, 91. Nachweise und weitere Beispiele bei H. D. Müller, S. 89/90. Eckart Spoo in Imperium Springer, S. 215 mit weiteren Beispielen. Hinweise dazu bei Noelle-Neumann, Information, S.358.

1. Teil:

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Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Einen anschaulichen überblick über die verschiedenen Spielarten dieser Technik, persönliche Meinung in die Berichterstattung einfließen zu lassen, gibt Lenz 26 : die Kommentierung der Nachricht durch ihre überschrift, die "Nachricht" als Kommentar, die Manipulation der Nachricht durch Deutung und Vergleich, zusammenfassende wertende Darstellungen und weitere Beispiele. d) Unklare Quellen Um die Glaubwürdigkeit einseitiger Nachrichten anzuheben, können Nachrichtenlieferanten vorgeschoben werden, bei denen dem Leser nicht klarwerden kann, wer in Wahrheit der Nachrichtenlieferant ist. Es tauchen dann Formulierungen wie: "Kenner der Materie" sagen oder "viele in Bonn" empfinden so, "wie von informierter Seite in Washington verlautete" oder "ein junger Ostberliner Arbeiter" berichtete27 • Obgleich die unsichere Angabe über den Nachrichtenlieferanten eigentlich zur Vorsicht zwingen müßte, erwecken sie den Anschein, als ob hier ein besonders gut gehütetes Geheimnis gelüftet würde. Sie wirken auf die Weise besonders interessant und glaubwürdig28 • e) Stereotypisierende Presse Die Presseorgane schaffen teilweise selbst Stereotype oder benutzen schon vorhandene Stereotype. Nach der noch heute anerkannten Definition von Hofstätter sind Stereotype "geprägte Formeln", "die für die schnelle Orientierung in der Umwelt" dienen21l • In diesen Formeln sind feste, aber zumeist entstellte Vorstellungen enthalten, die unkritisch in das Denken übernommen werden30 • Aus der Unsicherheit gegenüber fremden Völkern heraus werden nationale Stereotype leicht übernommen31 ; als Mittel der Orientierung verschaffen sie eine scheinbare Sicherheit. Die Erkenntnis Hofstätters, daß Stereotype den tieferen Schichten des Denkens im assoziativen oder klanganmutendem Bereich zuzuordnen Reimar Lenz in Imperium Springer, S. 116 ff. Hinweise bei Morgen, S. 46 f.; und Reimar Lenz in Imperium Springer, S. 119 f. 28 Morgen, S. 46. 29 Hofstätter, Psychologie, S.30; weitere Nachweise zur Definition bei E. Roth, S. 52 ff. und Prinz, S. 197 f. 30 Hofstätter unterscheidet drei Stufen des Denkens: das Niveau des begrifflichen Denkens, das assoziative Niveau und das Klanganmuten. Die tieferen Schichten des Denkens sind die günstigste Voraussetzung für die Annahme von Stereotypen. (Hofstätter, S. 113 ff.) 31 Hofstätter, S. 49. 26

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c. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

33

sind32 , verdeutlicht die mit ihnen verbundenen Gefahren: Als leicht einprägsame, aber nicht ins kritische Bewußtsein gerückte Formen des Denkens sind sie ideale Voraussetzung, um schlagwortartig in den täglichen Sprachgebrauch der Massenmedien als Mittel der Manipulation Eingang zu finden. Die Verwendung von Stereotypen wird in der Kommunikationswissenschaft deshalb auch als besonders wirksam bezeichnet33 • Bekannte Beispiele von Stereotypen sind die vom arbeitsscheuen Südländer, vom aggressiven Massenvolk der Chinesen, von den irrational rachedürstigen arabischen Völkern oder auch die stereotypen Vorstellungen über die vom Kommunismus unterdrückten Bürger der DDR34. f) Affektive Presse Ebenso ist eine im affektiven Bereich verbleibende Presse imstande, kritisches Denken im Kreise der Rezipienten auszuschalten. Affektive Presse spricht die in weiten Bevölkerungskreisen vorherrschenden, eher gefühlsmäßig vorhandenen und verstandesmäßig kaum verarbeiteten Vorstellungen über fremde Völker oder aber die Stellung des eigenen Volkes zu fremden Völkern an. Nach den Frustrationen für den deutschen Nationalismus in diesem Jahrhundert ist zum Beispiel das Gefühl des Betrogenseins gut ansprechbar. Schon die "Dolchstoßlegende" war hierfür beispielhaft. Als Amerika nach dem Mauerbau in Berlin nicht sichtbar eingriff, tauchten Schlagzeilen auf, die ebenso exemplarisch waren: "Der Westen tut nichts", und später: "Wird Deutschland jetzt verkauft35 ?" Die Gefühle des "zweimal unterdrückten Volkes" wurden wieder wach, das auch Kritik schlecht verträgt: Von einer "antideutschen Agitation" war die Rede nach einer amerikanischen Kritik am China geschäft der Bundesregierung oder von einem "extrem deutschfeindlichen Kommentar", als eine ungarische Zeitung die Bonner Politik kritisierte36 • Sensationslust, Mitleid und Nationalismus werden angesprochen, wenn in übertriebener Form über das Schicksal der Opfer des feindlichen Landes die Rede ist. So, wenn die "BILD-Zeitung" in einer Human-interest-story unter den Schlagzeiten "Hilfe, ich verblute! Frau an der Zonengrenze niedergeschossen. Ihr Verlobter mußte sie zurücklassen" die Geschichte der Flucht von zwei Leuten aus der DDR lieferte, Vgl. die obige Anmerkung. Nachweise bei Silbermann-Zahn, S.384. 34 Nachweise zum letzteren bei H. D. Müller, S.306 und 307. 35 H. D. Müller, S. 91. 36 Reimar Lenz in Imperium Springer, S. 131. 32

33

3 Frank

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

die in der "Welt" schon wesentlich sachlicher dargestellt wurde und in anderen Blättern überhaupt nicht erschien. Wörtlich hieß es dazu in der "Welt": " ... Wenig später beobachtete sie, wie es (das Mädchen) von zwei sowjetzonalen Grenzsoldaten abgeführt wurde. Da es ohne Hilfe gehen konnte, vermutet der Zollgrenzdienst, daß das Mädchen, wenn überhaupt, nur leicht verletzt war ... Unklar ist ferner, ob es sich bei dem Mädchen um die Freundin des jungen Mannes handelt, wie er zunächst angegeben hatte. Später widerrief er diese Aussage und äußerte, er kenne die junge Frau nicht ...37." g) Unwahrheiten Nicht so gebräuchlich ist das Verbreiten gänzlicher Unwahrheiten in der Presse. Die Einflußmöglichkeit eines Kommunikators hängt wesentlich von seiner Glaubwürdigkeit ab. In Experimenten wurde nachgewiesen, daß gleiche Kommunikationsinhalte von zwei unterschiedlich glaubwürdigen Kommunikatoren in einem Fall als unfair und einseitig bezeichnet wurden, dagegen im anderen Fall eine beträchtlich höhere Wirkung auf die Meinung der Rezipientengruppe hatte 38 • Die Glaubwürdigkeit eines Presseorgans könnte beim häufigen Verbreiten von Unwahrheiten einbüßen. Trotzdem sind Fälle von Unwahrheiten in renommierten Presseorganen bekannt. Unter dem Titel "Das sind die Nazis von 66" hat die Pariser Illustrierte "Paris Match" am 18.6.1966 eine Reportage mit Bildern verbreitet, die dadurch zustande gekommen waren, daß junge französische Studenten in von einem Kostümverleih stammende NS-Uniformen gesteckt und dann in München als deutsche Nazis von 1966 photographiert worden waren39 • Im September 1967 berichtete die "BILD-Zeitung" über einen von dem polnischen Professor Kozlowski in Neu-Ulm verschuldeten Verkehrsunfall; dabei wurde wahrheitswidrig behauptet, Kozlowski hätte gesagt: "Mit Deutschen rede ich nicht40 ."

3. Möglichkeiten friedensgefährdender Auswirkung a) Prinzip der Erwartung Indem die Presse mit den beschriebenen Mitteln an der Zeichnung eines Feindbildes mitwirkt, verdrängt sie das zunächst latent vor37 Nachweise bei H.D. Müller, 5.370, 371; weitere Nachweise über die Rolle des Mitleids in der Publizistik finden sich bei Dovifat, Handbuch I, S. 128 ff., der auch auf die Greuelberichterstattung der vergangenen Weltkriege und die Rolle des Märtyrertums hinweist. 38 Nachweise bei Naschold, 5.89. 39

40

ZV 1966, S. 1246 f. ZV 1967, 5.2085.

C. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

35

handene Unsicherheitsgefühl gegenüber dem Ausland in eine bestimmte Richtung. Während zunächst die Meinung gegenüber dem Ausland noch nicht fest determiniert ist, beinhaltet das Feindbild nun konkrete, negativ verzerrte oder falsche Vorstellungen. Der angesprochene Rezipientenkreis kann sich mit solchen Vorstellungen entsprechend auf den Gegner einstellen, er kann seine eigenen Verhaltensweisen gegen die aggressiven Absichten des Gegners ausrichten. Die enge Verknüpfung eines Feindbildes mit dem internationalen System der gegenseitigen Abschreckungs- und Drohpolitik, verbunden mit ihrer sich ins Uferlose steigernden allseitigen Rüstung, stellt Senghaas in mehreren Veröffentlichungen anschaulich daru . Das Wesen der Abschreckungspolitik liegt danach darin, daß sie ständig mit dem Ernstfall rechnet und Kriegsvorbereitungen zu einem Dauerzustand werden läßt. Zu ihr gehört eine ständige Weiterentwicklung und Vervollkommnung der Kriegsmittel die, so paradox es klingt, aufgrund ihres Abschreckungseffektes wiederum Gewalt und Krieg verhindern sollen. Die Abschreckungspolitik wird erst im Rahmen eines umfassenden Gewaltspektrums glaubwürdig, wenn für sämtliche Intensitätsgrade einer denkbaren Auseinandersetzung Vorsorge getroffen ist. Zur fortwährenden Legitimierung der mit ihr verbundenen weltweiten immensen Rüstungsanstrengungen bedarf sie der Vorstellungen der schlechtesten aller Absichten beim Gegner und seiner besten Fähigkeiten in der Entwicklung von neuen Strategien und Waffentechnologien42 • Abschreckungspolitik basiert dergestalt auf den gesellschaftlichen Feindbildern; erst so erscheint jegliche Maßnahme potentiell gerechtfertigt43. Das Gewicht des Feindbildes für diese Politik hat Senghaas einmal in einer mathematischen Formel deutlich gemacht: Wahrnehmung = taxiertes Militärpotential X taxierte Absicht. Würde sich in dieser Gleichung einer der heiden Faktoren Null nähern, "so verringert sich die Drohung und zwar in einem objektiven und subjektiven Sinn" 44. Dieser Verknüpfung von Senghaas widerspricht Joffe. Nach seiner Auffassung muß man nicht auf Feindbilder zurückgreifen, um sich das destabilisierende System des Rüstungswettlaufs zu erklären. Die Ursachen seien vielmehr in den ständigen technologischen Innovationen U Siehe u. a. Senghaas, Abschreckung, Abschreckungspolitik und zuletzt die weiterführenden Ausführungen in Analyse. 42 Senghaas, Abschreckungspolitik, S. 122 f. 43 Senghaas, Abschreckungspolitik, S. 125 f. 44 Senghaas, Unilateralismus, S. 6.

3"

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1. Teil: Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

mit dem dann immer wieder auftauchenden Risiko eines unilateralen Durchbruchs des Gleichgewichts des Abschreckungssystems zu sehen45 • Joffe ist zuzugeben, daß die von Senghaas beschriebenen psychologischen Gründe des gegenwärtigen Abschreckungssystems nicht zu einer monokausalen Erklärung dienen können. Sein Versuch, die psychologischen Gründe als vollständig unerheblich abzutun, kann dagegen nicht überzeugen. Die Entwicklung technischer Abschreckungsapparate bleibt sinnlos, wenn nicht die Bereitschaft vorhanden ist, sie anzuwenden; insofern besteht in diesem System geradezu eine Notwendigkeit zur "psychologischen Militarisierung der Abschreckungsgesellschaft"46. Abschrekkungspolitik in ihrer gegenwärtigen hektischen Rüstungssteigerung läßt sich nicht hinreichend durch militärstrategische und außenpolitische Bedingungen erklären. Ihre Dynamik erhält sie durch ihre sozialpsychologischen Komponenten. Wenngleich eine Abschreckungspolitik ohne Feindbilder theoretisch vorstellbar ist, ist doch ihre Wirklichkeit von Feindbildern bestimmt47 . Diese psychologische Komponente der Abschreckung, die auf dem Feindbild basiert, kann man mit dem schon von Gordon Allport 1950 geprägten Begriff als "Prinzip der Erwartung" definieren. Ein Ereignis im Bereich der internationalen Beziehungen tritt mit größerer Wahrscheinlichkeit ein, wenn wir es erwarten und entsprechend handeln48 • Statt alle Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch eines Krieges zu verhindern, wird aufgrund der gegenseitigen Erwartungen das gefährliche Drohsystem aufrechterhalten. Das Verhältnis der Völker wird so von Mißtrauen und Furcht bestimmt. Das Mißtrauen, das ohnehin schon gegen Fremde besteht, wird im Feindbild durch das Gefühl des Bedrohtseins von einem aggressiven Gegner bestärkt. Ebenso ist das Fremde, Unbekannte schon allein Quelle der Angst49 . Je schwärzer und 45 Joffe, S. 139 ff. Der Kritik von Joffe schließt sich die Abhandlung von Forndran an. Auch Forndran kritisiert zu recht den monokausalen Erklärungsansatz von Senghaas. Gegen seine völlige Ablehnung (Forndran, S. 40 f.) der Verknüpfung von Feindbild und Abschreckungspolitik gelten aber ebenfalls die gegen Joffe angeführten Einwände. 46 Senghaas, Abschreckungspolitik, S. 126. 47 Senghaas, in der Erwiderung auf Joffe in Jahrbuch für Friedens- und Konfliktforschung, S. 195 ff., zum letzteren mit einem Hinweis auf die empirische Studie von Hans Helmut Thielen: Der Verfall der Inneren Führung, Frankfurt 1970. 48 Zitiert bei Klineberg, S. 106. "Die unerläßliche Vorbedingung eines Krieges ist die, daß die Menschen den Krieg erwarten und sich auf ihn vorbereiten müssen, ehe sie unter einer kriegs bereiten Führung Krieg führen. So beginen Kriege in dem Denken und Fühlen der Menschen." Gordon AIlport, zitiert bei Fulbright, S. 162. 49 Vgl. Frank, S. 168.

c. Potentiell völkerfriedensgefährdende

Handlungsweisen

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aggressiver das Bild vom Feind wird, um so stärker wird auch die Furcht vor den vermeintlich aggressiven Absichten. Mißtrauen und Angst schaffen einen instabilen psychischen Zustand, bei dem der Organismus versuchen wird, den Angstzustand wieder abzubauen 50 • Möglichkeiten dafür bietet die Superrüstung, hinter der man sich sicherer glaubt. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn Hermann Kahn sagte, das Schlimmste, was die Sowjetunion und die USA voneinander zu befürchten hätten, sei die Furcht selbst51 • b) Bildung und Aufrechterhaltung nationaler Vorurteile Den Zusammenhang von Feindbildern mit völkerfriedensgefährdenden Verhaltensweisen veranschaulicht von anderer Seite die Heranziehung des Begriffs nationaler Vorurteile. Nationale Vorurteile können definiert werden als negative oder ablehnende Einstellungen im internationalen Bereich52 • Als Unterfall einer Einstellung ist das Vorurteil tieferliegend als eine Meinung; es umfaßt zudem potentielles Verhalten53 • aa) Die drei Aspekte des Vorurteils Vorurteile enthalten, entsprechend den Einstellungen, drei Aspekte, in denen der Zusammenhang zwischen Feindbild und dem potentiellen Verhalten zum Vorschein tritt: Der kognitive Aspekt, der affektive Aspekt und der konative Aspekt: Der kognitive Aspekt umfaßt die Bereiche der Bilder, Vorstellungen und Stereotypen über andere Menschengruppen, mit denen das Vorurteil verbunden ist 54 • Das Feindbild, als die verzerrte negative Vorstellung über fremde Völker oder Länder hat den kognitiven Aspekt des nationalen Vorurteils zum Inhalt. Der affektive Aspekt will aufzeigen, wie Vorurteile in die Gesamtpersönlichkeit ihres Trägers eingebettet sind, und so in der GesamtmotiSchmidtchen, Manipulation, S. 26. Nachweis bei Senghaas, Unilateralismus, S.8; ganz ähnlich äußerte sich schon Präsident Roosevelt über die Sicherheit der Amerikaner, Nachweis bei Klineberg, S. 106. 52 So Davis, S.53; aA Horn, S. 251 ff., der Vorurteile als Meinungen definiert. dann aber die Analyse in die verschiedenen Aspekte des Vorurteils wie die Analyse von Einstellungen vornimmt. Im wesentlichen ergibt sich in der breiten Literatur über das Vorurteil übereinstimmung, daß Vorurteile Spezialfälle von Einstellungen sind. Bei abweichenden Definitionen sind sie hinsichtlich Genese. Struktur und Funktion den Einstellungen ähnlich. (E. Roth. S. 55.) 53 Davis, S. 51. 54 Davis, S.51; vgl. auch Horn, S.253. 50

51

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

vati on stark von dessen Affektleben beeinfiußt sind55• Die nationale Emotionalität ist ein wichtiger Bereich, der die Akzeptierung verzerrter negativer Bilder miterklärt; nicht zuletzt deswegen ist die Regression des Denkens in die tieferen affektiven Schichten als ein Mittel zur Zeichnung des Feindbildes bei affektiver und stereotypisierender Presse von bedeutender Rolle56 • bb) Der konative Aspekt inbesondere Den Ansatz zur Verdeutlichung des Zusammenhangs von Feindbildern mit völkerfriedensgefährdenden Verhaltensweisen gibt insbesondere der konative Aspekt des Vorurteils. Der konative Aspekt - auch Verhaltensaspekt genannt 57 - meint die Handlungsbereitschaft oder Neigung zum Verhalten, die aus den Vorurteilen heraus gegenüber seinem "Psychologischen Objekt" entstehen58 • Von den drei Aspekten des Vorurteils ist dieser allerdings bisher am wenigsten erforscht59 ; aus den bisherigen Forschungsergebnissen läßt sich lediglich entnehmen, daß eine signifikante Beziehung zwischen Einstellungen - und Vorurteilen als deren Spezialfälle - und Verhaltensweisen besteht; Einstellungen verursachen aber nicht notwendig bestimmte Verhaltensweisen60 • Man hat im Bereich der Forschung über nationale Vorurteile festgestellt, daß man sie nicht als Kriegsgrund ansehen kann 61 • Es lassen sich aber doch innere Beziehungen zwischen nationalen Vorurteilen und bestimmten friedensstörenden Verhaltensweisen feststellen. So sind sie zwar nicht Ursache, aber immerhin Bedingung des Krieges62 • Sie können nicht zur umfassenden psychologischen Erklärung für das Entstehen von Kriegen hinreichen, sie können nur Teilstück von Theorien der internationalen Beziehungen sein, in welchen psychologische Faktoren eine Rolle spielen83 • Diejenigen, die das internationale politische Geschehen bestimmen oder mitbestimmen, richten sich nicht nach "objektiven Faktoren" bei Davis, S. 52. Vgl. unter eIl 2 e u. f. 57 So z. B. Horn, S. 252. G8 Davis, S. 52; Horn, S.252. 59 Davis, S. 52; Horn, S. 252. 60 Nachweise bei Naschold, S. 92 f. 81 Levi belegt das mit dem Argument: wie wäre es sonst möglich, daß Völker, die sich im Krieg befunden haben, plötzlich Verbündete sein können? (Über die Ursachen des Krieges ... , S. 188.) 8% Levi, S.186; als Beispiel für seine Unterscheidung führt Levi folgendes an: "Der Besitz von Waffen ist zB. eine unverzichtbare Vorbedingung des modernen Krieges, aber nicht notwendigerweise sein Grund. Die Besetzung feindlichen Territoriums ist ein Kriegsgrund, falls der Feind Widerstand leistet, genauso wie der Widerstand des Feindes." 83 Keiman, S.146. 65

G8

c. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

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ihren Entscheidungen, sondern nach dem was sie als real ansehen. In ihrem Denken können bei den Entscheidungsprozessen ihre eigenen Vorurteile eine Rolle spielen64 . Die Presse, die die kommunikative Initiative gegenüber den politisch Führenden als eine ihrer Aufgaben ansieht65 , ist für solches Denken mitverantwortlich. Holsti hat die Politik von J. F. Dulles in den Jahren 1953-1958 in einer Contentanalyse untersucht, indem er dessen in jener Zeitspanne gehaltenen Reden hinsichtlich der Einstellung Dulles' gegenüber der Sowjetunion analysierte. Er konnte nachweisen, wie die Handlungen Dulles' von einem verzerrten, falschen Bild über die Sowjetunion beeinfiußt waren. Dulles legte die Abnahme von Feindseligkeiten als Schwäche aus, die Zunahme von Feindseligkeiten als Zeichen der Macht, der österreichische Vertrag war ein Zeichen für das Ende einer erfolgreichen Politik in Westeuropa, die Entlassung von 1200000 Soldaten geschah aus der geheimen Absicht, sie bei der Herstellung von tödlicheren Waffen einzusetzen66 . Trotz umfangreicher Informationen werten auch Politiker Tatsachen vorurteilbelastet. Ebenso können Vorurteile in der Bevölkerung Einfluß dergestalt auf das politische Geschehen nehmen, daß sie - zumindest durch passive Hinnahme einer friedensstörenden Politik - den verantwortlichen Politikern die erforderliche Legitimation verschaffen. Deutlich wird dies an der Rückkoppelungsfunktion zwischen den politischen Führern und der Bevölkerung, die nicht nur bei den zyklisch wiederkehrenden Wahlen aktuell wird, sondern auch in der permanenten Einflußnahme durch Interessengruppen und - bedingt durch die Funktion der Wahlen und der Tätigkeit der Opposition zwischen den Wahlen - durch die öffentliche Meinung67. Zwar besteht in der Öffentlichkeit nach allgemeinen Erfahrungen ein geringeres Interesse an der Außenpolitik als an den - den individuellen Lebenskreis (vordergründig) unmittelbar berührenden - innenpolitischen Fragen. Entpuppt sich aber die Außenpolitik als Kriegspolitik, so berührt sie sichtbar das lebenswichtige Interesse eines jeden Bürgers. Sie ist dann notwendig auf einen breiten "Bereitschaftszustand" hierfür angewiesen68 • 64 Holsti, Brody, North, S. 421; die Formulierung von Senghaas, "images ... als Muster die das Verhalten lenken und wichtige Orientierungsstützen geben" ... , (Senghaas, Unilateralismus, S.5) ist in diesem Zusammenhang deshalb zu weitgehend. 65 Ronneberger, S. 295. 6S Holsti, S. 244 ff. 67 Näheres hierzu bei Stein, S. 75 ff. 68 Keiman, S.202; ähnlich Mitscherlich, Idee des Friedens, S.123 und Krieg, S.87.

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG c) Entstehung und Aufrechterhaltung nationaler Aggression

Im Prinzip der Erwartung und im Zusammenhang zwischen kognitivem und konativem Aspekt nationaler Vorurteile kommt dem Feindbild eine (teil-)bedingende Funktion zu. Entsprechendes gilt insgesamt für die Entstehung und Aufrechterhaltung nationaler Aggression. Obgleich das in jüngster Zeit veröffentlichte Modell "organisierter Aggressionsbindungen"6'9 von Hacker zur umfangreichen Diskussion im Bereiche der Aggressionstheorien noch keine abschließende Erklärung liefert, vermag es doch gerade diesen Aspekt zu beleuchten. Ausgangspunkt seiner These sind die "Organisationen" - wie der Staat -, die ihre Energie aus dem Beitrag der "Aggressionen"70 beziehen, die sie den ihnen unterworfenen Individuen abfordern. Sie kanalisieren die freien, dem einzelnen Menschen innewohnenden Aggression, indem sie sie in gebundene, kollektive Aggression verwandeln. Freie Individualaggression stellt die "Organisation" so unter Kontrolle (Aggressionskontrolle). Diesen den Individuen auferlegten Triebverzicht macht sie teilweise wieder wett durch eine "Aggressionserlaubnis unter den von der Organisation bestimmten Regeln". Zur Aufrechterhaltung dieses Systems bedarf sie der freiwilligen inneren Zustimmung der Individuen, sie bedarf der Rechtfertigung, die sie im kollektiven Aggressionsobjekt "dem Feind oder Feindsymbol" findet. Verdrängte Individualaggressionen werden auf sie projiziert, um so zur Legitimierung kollektiver Gegenaggressionen zu dienen. In diesen Mechanismen wird die darin latent vorhandene Gefahr zur Brutalisierung der Gesellschaften deutlich: Sie können die Energien zu den gefährlichen Erscheinungsformen der Aggression freisetzen, zu Verhaltensformen, die darauf abzielen, andere zu verletzen, zu beschädigen71 oder zu zerstören, letztlich zur Gewalt als der äußersten Ausdrucksform der Aggression. Eine in diesem Sinne aggressive Politik stützt sich auf Begründungen, die ihr nationale Vorurteile - mit dem im kognitiven Aspekt liegen69 In Zusammenhang mit seiner "Theorie des Aggressionspluralismus", Hacker, S. 119 ff. 70 Das weitere Spektrum der Aggression reicht danach von "Aktivität bis zur Zerstörung ... bis zur Aggression als geplanter Strategie, von organisierter Struktur bis zur Gewalt"; Hacker, S. 119. 71 Vgl. Sears.

C. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

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den Feindbild - verschaffen7!, sie findet so ihre notwendige Resonanz in der Bevölkerung73 •

4. Grenzen der Wirkungsmöglichkeiten bei der Zeichnung eines Feindbildes Im allgemeinen sind der einseitig verzerrenden oder auch unwahren Massenkommunikation in ihrer Wirkungsmöglichkeit schon natürliche Grenzen gesetzt. Empirische Studien konnten nachweisen, daß langfristig eine objektivere, vielseitigere Berichterstattung ("two - sided presentation") größere Resonanz hat, es sei denn, man will nur Personen mit geringerer Kritikfähigkeit überzeugen oder eine schon bestehende Anhängerschaft in ihrer Meinung bestärken74 • Bei verzerrender Presse in der Auslandsberichterstattung hat diese allgemeine Aussage jedoch aus zweierlei Gründen nur bedingte Gültigkeit: Einmal bewegt diese Presse sich im Bereich "nicht verankerter Werte", in der die Presse erfahrungsgemäß "den stärksten meinungs bildenden Einfluß" hat7 5 • Zudem haben gruppenpsychologische Erklärungen über nationale Bilder verdeutlicht, daß für das Schaffen des Feindbildes aus der psychologischen Grundsituation her ein günstiger Boden besteht. Bei Experimenten in der Gruppenpsychologie wurde nachgewiesen, daß Gruppen sich Selbstbilder mit eher positiven Merkmalen und Fremdbilder über andere Gruppen mit tendenziell negativen Merkmalen schaffen76 • Im zwischennationalen Bereich ist diese Beobachtung, hier bezeichnet als Ethnozentrismus, als ein wichtiger Grund für das leichte Heranbilden nationaler Vorurteile anzusehen77 • Das Bestreben jedes Individuums, zu einer Gruppe zu gehören, verleitet den einzelnen einer Mitscherlich, Revision, S.10. Horn, S.255 mit weiteren Hinweisen auf Schriften von Horkheimer, Adorno und Marcuse hierzu; vgl. auch die grundlegende Schrift zur VerBindung nationaler Vorurteile zu nationalen Aggressionen von Adorno, Frenkel-Brunswik, Sanford u. a. 14 Nachweise bei Naschold, S.90 und Schmidtchen, Manipulation, S.36; ebenso Janis, S.76 u. a. 76 Noelle-Neumann, Pressekonzentration, S.119. 11 Nachweise bei Hofstätter, Gruppendynamik, S. 98 ff. und Hofstätter, Das Denken in Stereotypen, S. 16 ff. Hofstätter führte hierfür die Begriffe Auto- und Heterostereotype ein. (Gruppendynamik, S. 99.) 17 Siehe dazu insbesondere, Adorno, Frenkel-Brunswik, Sanford u. a., S.150; Horn, S.263; H. D. Müller, S.121, 122, der eine Stufenleiter des "ingroup-outgroup"-Verhältnisses bis zum Freund-Feind-Verhältnis aufzeigt und Hofstätter, Gruppendynamik. 72

73

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 12 GG

Nation zum Konformismus, zur Annahme der vorherrschenden Feindbilder78 • So trifft die Presse beim Zeichnen von Feindbildern auf schon vorherrschende Feindbilder oder auf eine Bereitschaft, solche anzunehmen.

m. Aufstadlelung zum Krieg Von den Handlungsweisen der Presse zur Zeichnung eines Feindbildes sind Handlungsweisen zu unterscheiden, durch die zu einem Krieg aufgestachelt wird. Während im ersten Fall ein negatives, verzerrtes Bild über die fremde Nation gezeichnet wird, geht diese Handlungsweise noch darüber hinaus: Sie versucht, feindliche Aktivitäten zu provozieren, die in eine kriegerische Auseinandersetzung münden sollen. Aus dem Feindbild können sich zwar auch aggressive Verhaltensweisen der Rezipienten entwickeln79 • Ein Aufstacheln zum Krieg zielt dagegen unmittelbar auf solche Verhaltensweisen ab. Man könnte hier von einer unmittelbaren Störaktion gegen den Völkerfrieden sprechen. Zwischen dem Zeichnen des Feindbildes, dem Feindbild, nationalen Vorurteilen und einem Aufstacheln zum Krieg besteht ein enger Zusammenhang: Im Feindbild und den daraus erwachsenden nationalen Vorurteilen sind potentiell nationale Aggressionen veranlagt80 • Die Presse stachelt zum Krieg auf, indem sie ein Feindbild in der Weise benutzt, daß sie damit zu kriegerischen Handlungsweisen provoziert, um so einen Krieg herbeizuführen. Das kann geschehen, ohne daß sie ausdrücklich zu solchen Handlungen auffordert. Aufstacheln ist eine indirekte Form der Kommunikation: bei der Aufstachelung zum Krieg wirkt die Presse auf das Feindbild und die nationalen Vorurteile mit einer solchen Intensität ein, daß sie auf eine übersteigerte nationale Aggressionsbildung und den Willen zur tätlichen Entäußerung hinlenkt81 • Diesen Mechanismus verdeutlicht Schmidtchen82 , indem er die Dissonanztheorie von FestingerB3 mit heranzieht. Die Dissonanztheorie geht von folgendem aus: Bewußtseinsinhalte sind entweder konsonant oder dissonant. Eine Dissonanz entsteht, wenn zwischen Meinungen und Informationen und dem tatsächlichen Verhalten eine Diskrepanz besteht. In diesem Fall besteht die Tendenz, die Dissonanz abzubauen, ent78 79

80 81 82

83

Davis, 5.59, 60; Mitscherlich, Revision, S.12. Vgl. unter eIl 3. Vgl. eIl 3 c. Ähnlich Kantorowicz, S. 151 f. zum Begriff des "Anreizens zum Krieg". Schmidtchen, Manipulation, S. 30 ff. Vgl. Festinger.

c. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

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weder durch Änderung der Verhaltensweisen oder durch MeinungsänderungS'. Die Stärke dieser im psychischen System veranlagten Kräfte ist abhängig von der Stärke der bestehenden Dissonanz85 • Der Journalismus kann solche Dissonanzen schaffen oder sich auf schon vorhandene stützen und Lösungsmöglichkeiten anbieten, um die Dissonanz zu reduzieren. Schmidtchen führt als Beispiele hierfür die Teilung Deutschlands und die Lage Berlins an: er deutet dabei schon Gefahren, die aus der als "unerträglich empfundenen" Lage entstehen könnten, an: Im vergangenen Jahrzehnt war das Bedürfnis nach nationaler Einheit in Deutschland noch vorherrschend. In Krisenzeiten, in denen die Angst um Berlin anwuchs, stieg auch die Zahl derer, die die deutsche Teilung als unerträglich empfanden, die Dissonanz wurde verschärft. "Je stärker die Dissonanz, desto stärker werden die Bemühungen die Dissonanzen zu reduzieren. Das äußert sich darin, daß die Menschen ein Bedürfnis haben, sich über Möglichkeiten zu unterrichten, wie man die Dissonanz reduzieren könnte. Je schärfer die Dissonanz, desto politisch kostspieligere Lösungen des Problems werden in Erwägung gezogen. Man könnte also theoretisch die Bevölkerung durch eine politische Krise, die an Schärfe vielleicht noch die bisher dagewesenen übertrifft, zu ungewöhnlichen politischen Lösungen drängen8l." Beim Prinzip der Erwartung wurde gezeigt, daß aus dem Feindbild resultierende Unsicherheit, Angst und Mißtrauen Aggressionen bedingen können. Ebenso zeigte der konative Aspekt des nationalen Vorurteils potentielle Auswirkungen auf nationale Aggressivität87 • Insgesamt bedingt das Feindbild eine Dissonanz, die sich manipulieren läßt, indem aggressive Verhaltensweisen gegenüber dem Feind angeboten werden. Daß diese Mechanismen im Tagesjournalismus bekannt sind, wird im Selbstverständnis der BILD-Zeitung deutlich, wenn es in der "Qualitativen Analyse der BILD-Zeitung" heißt: "Ein weiteres Mittel, um provozierte Ängste und daraus sich ergebende Aggressionen zu verarbeiten, ist die aggressive Haltung, die BILD oft an den Tag legt. Einfluß und Macht der Zeitung, Mut und Entschlossenheit, die teilweise als rücksichtslos und brutal erlebte Härte und Durchschlagskraft, geben dem Leser die Möglichkeit, sich mit diesem Angreifer zu identifizieren ...88." Im Rahmen dieses Mechanismus' ist auch die Aufstachelung zum Krieg zu verstehen. Nach den Erfahrungen mit Kriegen, die Deutschland in 84 85 88 87

88

Festinger, S. 29. Schmidtchen, Manipulation, S.30 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. Schmidtchen, Manipulation, S. 31/32. Vgl. unter C II 3. Qualitative Analyse, S. 186.

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1. Teil: Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

diesem Jahrhundert gemacht hat, muß die Dissonanz allerdings schon sehr groß sein, um die Rezipienten zu gewaltsamen feindlichen Handlungen zu provozieren89 • Immerhin klangen sie nach der Berlin-Krise 1961 90 oder während des Nahost-Krieges 1967 in einer Analogiejournalistik 91 an. Ein Spielen mit dem Gedanken der kriegerischen Auseinandersetzung kann zwar noch nicht als Aufstachelung zum Krieg gewertet werden. Symptomatisch wurde aber deutlich, daß in Krisenzeiten, in denen die Dissonanz am größten ist, die Aufstachelung zum Krieg in den Bereich des Möglichen rückt. Zwischen Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes und der Aufstachelung zum Krieg besteht somit ein Stufenverhältnis: Das Aufstacheln zum Krieg umfaßt eine negative Vorstellung über den Gegner, ein Feindbild, verbunden mit einer Aggressionsbereitschaft. Darauf aufbauend ist es eine unmittelbare, zielgerichtete Aktion gegen den Völkerfrieden, während das Zeichnen des Feindbildes nur den Boden für potentielle Völkerfriedensstörungen bereitet, ohne auf eine direkte Friedensstörung abzuzielen92 • IV. Aufstachelung zum Völkermord oder Genocid

In einem ähnlichen Stufenverhältnis zur Zeichnung des Feindbildes ist die Aufstachelung zum Völkermord zu sehen. Völkermord wurde in der von der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 9.12.1948 beschlossenen Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes als die vorsätzlich verübte, völlige oder teilweise Vernichtung bestimmter Gruppen durch physischen Zwang oder biologische Mittel definiert93 • Ein Völkermord an ausländischen 94 Gruppen ist nur im Rahmen einer kriegerischen Auseinander89 Vgl. G. Baumann, S.348, der solch einer Aktion, zumindest wenn sie "expressis verbis" zum Krieg aufruft, jede Erfolgsmöglichkeit abspricht. 90 "Berlin marschiert gegen die Mauer. Steinhagel gegen die Sowjets." (H. D. Müller, S. 97.) 91 "Es wäre fatal wenn zur gleichen Zeit, da die Juden sich als tapferes Soldatenvolk bewähren, ausgerechnet die Deutschen sich als ein Volk amoralischer Händler und Schieber erweisen sollten" (William Schlamm, zitiert bei H. D. Müller, S. 296). 92 Ähnlich Reich, S.125, der zwischen dem Verbreiten falscher, entstellter Nachrichten und feindlicher internationaler Propaganda ein "major-minusVerhältnis" sieht. 93 Genocide Convention in Art. 11, Text, Dok 111. 94 Innerstaatliche Gruppen gehören nicht zum Schutzobjekt des in Art. 26 I GG angesprochenen zwischenstaatlichen Friedens (vgl.: Maunz in MaunzDürig-Herzog zu Art. 26, Rdz. 12, nach dessen einengendem Friedensbegriff sogar nur vor "internationalen Krisen" geschützt wird; Menzel in Bonner Kommentar zu Art. 26 Anm. 11 2, der Begriff des friedlichen Zusammenlebens der Völker entstammt dem völkerrechtlichen, nicht dem innerstaat-

C. Potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen

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setzung denkbar. Man könnte diese Aufstachelung zum Völkermord als eine Art der Aufstachelung zum Krieg ansehenlls . Eine Aufstachelung zum Völkermord geht aber als Verbrechen gegen die Menschlichkeit über die Aufstachelung zum Krieg hinaus und ist deshalb eine weitere, besonders schwerwiegende Art der Völkerfriedensstörung. Genocid im weiteren Sinne ist nach der Auffassung von Raphael Lemkin die Desintegration der politischen und sozialen Einrichtungen, der Kultur, Sprache, Religion, der wirtschaftlichen Existenzmöglichkeiten96 , und der Freiheit einer solchen Gruppe9 7 • Zu Recht sieht Lemkin hier die Möglichkeit von Friedensstörungen: Die von ihm angesprochenen Handlungsweisen können den geschützten Gruppen ihre Existenzgrundlagen entziehen. Bisher wurde aber noch nicht hinreichend konkretisiert, unter welchen Umständen solche Handlungsweisen denkbar sind und in welchen äußeren Erscheinungsformen sie zu Friedensstörungen werden. Diese Frage bleibt insbesondere auch für Begehungsweisen an ausländischen Gruppen offen, die nur in besonderen Situationen98 zum eigenen staatlichen Machtbereich gehören. Ebensowenig konkretisierbar sind derzeitig die - hier zur Diskussion stehenden - kommunikativen Teilnahmeformen der Presse an diesen Handlungsweisen. Bei dem Stand der Entwicklung dieser Fragen erscheint es deshalb noch fraglich, inwieweit sich hier für den Gesetzgeber schon konkrete Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG ableiten lassen99 • V. Aufstachelung zum Boykott

Die Aufstachelung zum Boykott zielt auf den Abbruch, die Verringerung oder Störung der bestehenden Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu einem Land ablOO , also auf eine politische und zugleich wirtschaftspolitische Repressalie. Sie kann ebenfalls auf einem Feindbild basieren. lichen Bereich und v. Mangoldt-Klein zu Art. 26, Anm.III, er ist daher für das "gegenseitige Verhalten der staaten auszulegen"). Unter den Begriff des Völkermordes fällt - darüber hinaus - auch der Völkermord an den entsprechenden innerstaatlichen Gruppen. ("Ein räumlicher Zusammenhang der Gruppen" ist nicht erforderlich. Schönke-Schröder zu § 220 a, Rdz.3.) 95 Vgl. Dambmann, S.92. 96 Diese wird bei der Aufstachelung zum Boykott beachtet werden. 97 Hinweise bei Selmayr, S.80. 98 Etwa: Besetzung eines fremden Landes im Kriege. 99 Vgl. dazu unter D VII. 100 Reich, S.114; Dambmann, S.85.

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Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Die Frage, inwieweit Boykotthetze völkerfriedensgefährdend ist, setzt eine Erörterung über die völkerfriedensgefährdende Funktion des Boykotts selbst voraus. Im Völkerkriegsrecht wird nach dem sich auch in Deutschland immer mehr durchsetzenden anglo-amerikanischen Kriegsbegriff auch der Wirtschaftskrieg zu den Kriegsmaßnahmen gerechnet; das sind alle feindseligen, d. h. alle vorsätzlichen, die gegnerische Volkswirtschaft und ihre Einzelwirtschaften schädigenden Maßnahmen wirtschaftlicher Natur. Eine physische Erschöpfung des Gegners kann gerade auch durch Boykott oder Blockade erreicht werden101 • Demgegenüber gilt außerhalb des Völkerkriegsrechts im übrigen Völkerrecht die Regel, daß die Staaten nach freiem Belieben über ihre Wirtschafts- und Handelsbeziehungen entscheiden können102 • Obgleich im Völkerrecht die Regeln der freien Marktwirtschaft insoweit ihre Anerkennung gefunden haben, kann deren unbeschränkte Ausübung im Bereiche der Boykottmaßnahmen mit Friedensstörungen verbunden sein. Was nach den Regeln des Völkerrechts noch erlaubt erscheint, ist hierfür nicht mehr symptomatisch103 • Die friedensstörende Funktion des Boykotts läßt sich bei gewissen Fällen an dessen denkbaren Auswirkungen ersehen: Ein umfassender Boykott kann das betroffene Land an seine Existenzfrage heranführen. Eine solche Situation kann soziale Mißstände in der Bevölkerung schaffen oder vergrößern, die auch Boden für die Suche nach einer gewaltsamen Lösung sein können. Ein umfassender Boykott wäre beispielsweise gegenüber verschiedenen Entwicklungsländern in Lateinamerika leicht möglich. Diese sind meist von einer geringeren Anzahl von Rohprodukten exportabhängig104 • Nur wenige amerikanische Großfirmen - wie bei den hauptsächlich früchteexportierenden Ländern die "United-Fruit-Company" - sind die Abnehmer. Sie alleine könnten schon einen wirksamen Boykott durchführen105 • Umgekehrt wär es übertrieben, von einer Friedensstörung zu sprechen, wenn arabische Staaten auf Grund der Aufnahme diplomatischer Be101 Vgl. Menzel in Bonner Kommentar, Art.26, Anm. 114 d; Steinhausen, S. 58 f.; Kipp in Strupp-Schlochauer I, S.64; eine Aufzählung der Wirtschaftskriegsmaßnahmen findet sich bei Held in Strupp-Schlochauer 111, S.857 und bei Berber 11, S. 197. 102 Reich, S. 116, Dahm 11, S. 580 mit weiteren Nachweisen. 103 Auch hier zeigen sich die - aus machtpolitischen Gründen - derzeitig beschränkten Möglichkeiten des Völkerrechts. Vgl. dazu im Vorwort. 10' über 90 Ofo ihrer Exporte besteht aus landwirtschaftlichen Rohprodukten (Magdoff, S. 171). 105 Vgl. Magdoff.

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

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ziehungen der Bundesrepublik zu Israel Waren aus der Bundesrepublik boykottieren, oder wenn die Bundesrepublik die Lieferung von Röhren in die Sowjetunion einstellt. Hier ist eine Umorientierung des Marktes möglich, die Existenzfrage bleibt unberührt. Die Frage, wann ein Boykott und die Aufstachelung zum Boykott friedensstörend sind, führt letzten Endes zu der Frage, in welchem Maße und bei welchen Erscheinungsformen ein uneingeschränktes Ausüben der Regeln der freien Marktwirtschaft in den internationalen Beziehungen den Völkerfrieden beeinträchtigen kann. Das Problem ist somit aus dem Untersuchungsbereich über friedensgefährdende Presse in einen Bereich weltwirtschaftlicher überlegungen verlagert. Eine ausreichende Erörterung hierüber würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. D. Erfassung der dargestellten völkerfriedensgefährdenden Handlungsweisen der Presse durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG? Nachdem die potentiell völkerfriedensgefährdenden Handlungsweisen der Presse aufgezeigt wurden, ist zu fragen, welche dieser Handlungsweisen vom Gesetzgebungsauftrag in Art. 26 I 2 GG erfaßt werden1• Unstreitig gehört hierzu das Aufstacheln zum Krieg2 • Ebenso unproblematisch ist es, das Aufstacheln zum Völkermord in dem beschriebenen engeren Sinn hier einzuordnen: Als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist es eine noch schwerwiegendere Friedensstörung. Unterschiedlich sind die Meinungen zur Frage, ob Handlungen zur Zeichnung eines Feindbildes dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG zuzuordnen sind. I. Ausschließung von Handlungen zur Zeidmung eines Feindbildes nada der restriktiven Auslegung von Maunz

Maunz legt Art. 26 GG restriktiv aus 3 . Unter Art. 26 I GG fällt danach letztlich nur eine "kriegsanfeuernde Stimmungsmache" und "Kriegshetze". In weitere Handlungsbereiche der Presse eingreifende Gesetzgebungspflichten läßt Maunz an dem - nach seiner Auffassung - hier noch nicht lösbaren Konflikt zwischen "Meinungsäußerung und FrieVgl. BI!. Maunz, S.291; Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.20; Hamann-Lenz, Art.26, Anm.2; wohl auch MenzeI, in Bonner Kommentar zu Art. 26, Anm.5, der schon das mindere Propagieren von Völkerhaß dazurechnet. 3 Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz. 6 ff. 1

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

densstörung" scheitern. Unter den von ihm erörterten alternativen Formeln zur Grenzziehung sieht er noch keine praktikable Lösung4. Dieser Auslegung von Maunz entspricht eine weit verbreitete Meinung im strafrechtlichen Schrifttum, wonach der Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG mit der im Rahmen des 8. Strafrechtsänderungsgesetzes erfolgten Aufnahme von § 80 a StGB (Aufstachelung zum Angriffskrieg) erfüllt ist5 • Sie basiert auf einem restriktiven Friedensbegriff. Handlungen, die das friedliche Zusammenleben der Völker stören, werden "an den Sonderfall des Angriffskrieges herangerückt". Maunz beschränkt sie auf Auslöser "internationaler Krisen, d. h. ernsterer und nachhaltigerer Störungen des friedlichen Zusammenlebens der Völker"'. Was völkerrechtlich erlaubt ist, kann danach nicht friedensstörend im Sinne von Art. 26 I GG sein7 • Art. 26 I 2 GG soll so im wesentlichen nur die Beachtung völkerrechtlicher Verbote, wie das Verbot des Angriffskrieges8 im innerstaatlichen Recht konkretisieren. Art. 26 I 2 GG hat demnach keine wesentlich andere Bedeutung als sie der Art. 25 GG für das Friedensrecht hat, denn schon auf diesem Wege werden die völkerrechtlichen Verbote, die der Friedenserhaltung dienen sollen, zu innerstaatlichem Recht9 • Die Bedeutung des Art. 26 I 2 GG liegt dann nur noch im Auftrag an den Gesetzgeber, das ohnehin schon innerstaatlich geltende Völkerfriedensrecht in innerstaatliche Normen zu transponieren. Bei dieser Auffassung erscheint es nicht verständlich, warum der Verfassungsgeber es für nötig erachtet hat, es nicht bei Art. 25 GG zu belassen, sondern daneben noch einen eigenen Artikel zum Schutz des 4 Maunz, S. 291 f.; ebenso Maunz in Maunz-Dürig-Herzog, zu Art. 26, Rdz.20. 5 Willms in Leipziger Kommentar, Vorbem. § 80, Rdz.21; Krauth, JZ 68, S.578; anscheinend auch Preisendanz in Petters-Preisendanz zu § 80, Anm.1 und zu § 80 a Anm. 1; auch Schröder sieht den Verfassungsauftrag als "im wesentlichen" erfüllt an, in Schönke-Schröder zu § 80, Anm.1. 6 Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.12. 7 Maunz, S.287. 8 "Wenn man dies über die Partner des Kellog-Paktes hinaus als geltendes Völkerrecht ansieht", Maunz, S.293. Darüber, daß zumindest das Verbot des Angriffskrieges allgemeine Völkerrechtsregel ist, besteht aber übereinstimmung; Dahm 11, der dies aus der - insoweit bestehenden allgemeinen Verbindlichkeit der UN-Satzung folgert, S.357; ebenso Wengier 11 in einer ausführlichen Darstellung, S. 1050 ff.; Berber 11, S.40 sieht den Inhalt des Kellog-Paktes als allgemeines Gewohnheitsrecht an. 9 Maunz, S. 293 f., der einzige erkenntliche Unterschied liegt danach darin, daß Art. 25 GG zwischen Verfassungs- und Gesetzesrecht und Art. 26 GG auf die Stufe des Verfassungsrechts eingeordnet wird.

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

49

friedlichen Zusammenlebens der Völker zu schaffen, der ja nicht nur einen Gesetzgebungsauftrag enthält, sondern darüber hinaus völkerfriedensstörende Handlungen für verfassungswidrig erklärt. Daß das Friedensvölkerrecht innerstaatliche Geltung hat, muß nicht in Art. 26 I GG ein zweites Mal normiert werden. Sollte es aber nur um den Gesetzgebungsauftrag gehen, Friedensvölkerrecht in innerstaatliches Recht zu transponieren, so wäre dafür ein Verweis auf Art. 25 genügend10 • Der eigenständige Wortlaut des Art. 26 GG, der sich von Art. 25 GG abhebt11 , spricht dafür, daß hier eine weitere innerstaatliche Gesetzgebung zum Schutz des Völkerfriedens beabsichtigt ist, als sie durch innerstaatliche Garantie der engen völkerrechtlichen Verbote erreicht würde. 11. Einbezug von Handlungen zur Zeichnung eines Feindbildes nach extensiverer Auslegung

Nach der Auffassung von Klug fällt auch der Tatbestand der Völkerhetze unter den Gesetzgebungsauftrag von Art. 26 I 2 GG12. Dieser Auffassung entspricht sein Eintreten für die Aufnahme eines Völkerhetzetatbestandes, wie er unter seiner Mitarbeit in § A 3 des AlternativEntwurfes entworfen wurde18• Auch im Sonderausschuß für die Strafrechtsreform wurde vor allem von Frau Diemer-Nicolaus darauf hingewiesen, daß der weitere Inhalt des Art. 26 I 2 GG durch die §§ 80, 80 a StGB nicht umfaßt seP4. Die notwendige verfassungsrechtliche Begründung steht aber damit noch aus. Um über die enge Auslegung von Maunz hinaus zu kommen, ist zu klären, ob eine extensivere Interpretation des Begriffs "friedliches Zusammenleben der Völker" mit den Grundsätzen unseres Verfassungsrechts vereinbar ist. 10 Zu den materiellen Einwendungen gegen den Friedensbegriff von Maunz s. unter III und IV; der hier aufgezeigte Widerspruch ergibt sich für Maunz deshalb nicht, weil nach seiner Auffassung das Grundgesetz das Verbot der Aggression nicht für eine allgemeine Regel des Völkerrechts hält, Maunz, LB, § 33 IV; vgl. dazu aber die vorhergehende Anm. 11 Sonst hätte man sich an den Wortlaut in Art.25 angelehnt, Killinger, S.8I. 12 Klug, S. 168 f.; ebenso im Hearing vor dem Deutschen Bundestag, Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Stenographischer Dienst, 72. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform vom 18. Sept. 1967, S.138I. 13 Siehe Dok II 1 e; ebenso sind Hamann-Lenz dieser Auffassung, HamannLenz zu Art. 26, Anm. 2. 14 So vor allem in der 103. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Stenographischer Dienst, S. 2027 f.

4 Frank

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1. Teil: Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Einen verfassungsrechtlichen Ansatz zu einer extensiveren Auslegung gibt bisher nur Menzel. Auch er bezieht - basierend auf seinem extensiveren Friedensbegriff - Handlungen zur Zeichnung eines Feindbildes in den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG ein15 . Nach der Auslegung von Menzel entspricht der Begriff des "friedlichen Zusammenlebens der Völker" der in der Präambel der Satzung der Vereinten Nationen aufgestellten Forderung "to practice tolerance and to live together in peace with one another as good neighbours". Daraus erwächst nach Art. 1 Abs.2 der Satzung der Vereinten Nationen die Pflicht "to develop friendly relations among nations based on the respect for the principle of equal rights and self-determination of peoples and to take appropriate measures to strengthenuniversal peace"16. Art. 26 GG enthielte demnach nicht nur die nationale Konkretisierung der völkerrechtlichen Verbote zum Friedensschutz, sondern die Pflicht zur Konkretisierung des völkerrechtlichen Friedensgebotes 17 , und damit auch zum Bemühen um die Entwicklung entsprechender Normen18 . Gegen diesen Friedensbegriff macht Killinger geltend, daß er für den Erlaß von Strafvorschriften viel zu unscharf sei. In eine Strafnorm übernommen, würde er gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen. Würde er dagegen aufgelöst in mehrere Straftatbestände, so würde der Gesetzgeber, angesichts "der unübersehbaren Zahl der zu erfassenden Fälle vor eine unlösbare Aufgabe" gestellt1 9. Auf der anderen Seite würde dieser extensive Friedensbegriff (aufgrund der weitreichenden Folgen des Art. 26 I 1 GG) den Ermessensspielraum der Bundesregierung in der auswärtigen Politik in unzulässiger Weise einschränken. Auch der von Killinger vertretene Friedensbegriff rückt nach diesen Überlegungen in die Nähe des von Maunz vertretenen restriktiven Friedensbegriffs20 • 16 Danach gehört auch die "Propagierung von Rassen- und Völkerhaß" zu den friedensstörenden Handlungen des Art. 26 I GG. Menzel ist aber im Hinblick auf die Umschreibung von Tatbeständen skeptisch. (Menzel in Bonner Kommentar zu Art. 26, Anm. 11 5.) 16 Menzel in Bonner Kommentar zu Art. 26, Anm.1I1; ihm folgend: v. Mangoldt-Klein zu Art.26, Anm. 111 1; Hamann-Lenz zu Art.26, Anm.2; Schlabrendorff, S. 404, 405. 17 Schlabrendorff, S.404, 405. 18 Danach haben sich die Staaten einzusetzen "for the prevention and removal of threats to the peace, and for the supression of acts of agression or other breaches of peace" ... siehe Menzel in Bonner Kommentar zu Art. 26. 19 Killinger, S.83, 84. 110 Killinger, S.83, 84: "Geschütztes Rechtsgut des Art. 26 I GG ist das Interesse des Staates zu vermeiden, daß das Gebiet der Bundesrepublik wiederum zum Ausgangspunkt eines bewaffneten Konflikts wird."

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

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m. Das beschränkte Anwendungsfeld des restrlktlven Friedensbegriffs - Verzicht auf die TeUnahme an einer umfassenderen Friedensplanung Legt man dem Verständnis von Art. 26 I GG den restriktiven Friedensbegriff zugrunde, so bleibt die Aufgabe des Rechts zum Schutz des friedlichen Zusammenlebens der Völker auf Maßnahmen gegen die letzte Stufe, dem direkten Beginnen einer heißen Auseinandersetzung beschränkt. Ist aber erst die gesellschaftliche und gesamtpolitische Ent..; wicklung bis dahin gediehen, daß die Frage eines Angriffskrieges ernsthaft zur Debatte steht, wird es schwer und in vorgerückteren Stadien unmöglich, hier noch mit den zur Verfügung stehenden Mitteln des Rechts (vor allem Strafrecht) Veränderungen zu bewirken. Die Rechtswissenschaft verzichtet mit dem Beharren auf einem restriktiven Friedensbegriff auf die Teilnahme an einer umfassenderen Friedensplanung und kann so dem Friedensproblem nur schwer gerecht werden. Sie unternimmt den nur wenig erfolgversprechenden Versuch, die Erhaltung des Friedens durch Sanktionsnormen gegen heiße Auseinandersetzungen zu gewährleisten und berücksichtigt nicht die Entwicklung, die dahin führt21 • Vergegenwärtigt man sich, was Krieg als äußerste Friedensstörung bedeutet, so bleiben die minimalen Ansätze des restriktiven Friedensbegriffs vollends unbefriedigend: Nach einer sowjetischen Schätzung zahlte die Menschheit für die beiden vergangenen Kriege einen Zoll von 60 Millionen Toten, 100 Millionen Verwundeten und Verstümmelten und nahezu der Hälfte aller materiellen Werte, die die Welt besaß - die Kosten werden auf nahezu 2 Billionen Dollar und der Reichtum der gesamten kapitalistischen Welt auf 2 bis 2,5 Billionen Dollar geschätzt22 • Inzwischen sind die Zerstörungsmöglichkeiten um ein Vielfaches gestiegen. Die Diskussion um den Friedensbegriff des Art. 26 I GG kann nicht bei einer eher formellen Friedensdefinition als den "bestehenden, rein faktischen Zustand, in welchem ein Einsatz von Kriegswaffen zur Bereinigung zwischenstaatlicher Streitigkeiten nicht stattfindet", verbleiben. Es geht vielmehr um die Entwicklung eines "materiellen Friedensbegriffs"23. IV. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines weiteren Friedensbegriffs?

Eine weitere - materiell angereicherte - Interpretation des Friedensbegriffs von Art. 26 I GG ist möglich, wenn die restriktive Aus21 Wie die Handlungsweisen und Auswirkungen der Zeichnung eines Feindbildes. 22 Zitiert bei Galtung, Frieden, S. 20. 23 Maurach, BT,5. Aufl., S. 383 f.

1. Teil:

52

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

legung nicht verfassungs rechtlich geboten oder - umgekehrt ein weiterer Friedensbegriff verfassungsrechtlich zulässig erscheint. Unabhängig von den von Killinger geäußerten Bedenken gegen die von Menzel vorgeschlagene Interpretation zu Art. 26 I GG24 sind die grundsätzlichen Bedenken der Vertreter eines restriktiven Friederrsbegriffs gegen jegliche ausweitende Auslegung zu Art. 26 I GG auf ihre Begründetheit hin zu prüfen. Lassen sich diese Bedenken ausräumen, so steht der Weg für eine eigene weitere Interpretation offen25 . 1. Zustande kommen von Art. 26 GG

Killinger begründet seine restriktive Auslegung zu Art. 26 GG historisch: Nachdem mit Deutschland weltweit die Vorstellung einer Angreifernation verbunden wurde, sollte mit Art. 26 GG eine "moralische Grundlage für das Verhältnis der Bundesrepublik zu anderen Staaten" gelegt werden26 • Das geschützte Rechtsgut besteht demnach darin, "zu vermeiden, daß das Gebiet der Bundesrepublik wieder zum Ausgangspunkt eines bewaffneten Konflikts wird"27. Art. 26 GG hat aber nicht nur eine politisch-moralische Alibifunktion. Beim Zustande kommen von Art. 26 GG standen nicht das schlechte Ansehen Deutschlands, sondern die Schrecken des gerade beendeten Krieges im Vordergrund. Mit den anderen kriegsführenden Ländern des letzten Weltkrieges hat auch die deutsche Bevölkerung die Folgen dieses Krieges in besonderem Maße erlitten. Aus dieser Situation heraus ist die Entwicklung zu Art. 26 GG zu verstehen. Es sollte nicht nur vermieden werden, daß Deutschland wieder Angreifernation wird, vielmehr sollte nunmehr der neu entstandene Staat Bundesrepublik Deutschland das ihm Mögliche unternehmen, den Ursachen künftiger Kriege umfassend zu entgegnen28 • Siehe oben unter 11. Siehe dazu unter V und VI. 26 Killinger, S. 84. 27 Killinger, S.85. 28 Diese Auffassung wird bestätigt durch die in den Auseinandersetzungen des Parlamentarischen Rates vertretene Meinung, der spätere Art. 26 GG solle nicht nur die Vorbereitung von Angriffskriegen verhindern, sondern darüber hinaus "zum Ausdruck bringen, daß in einem geordneten Zusammenleben der Völker das, was man früher als die ultimata ratio regum, als das Souveränitätsrecht der Souveränitätsrechte ansah, schlechthin keine Stätte mehr haben soll", es solle allenfalls ein kollektiver Selbstschutz aller Nationen dafür sorgen, daß der Frieden erhalten bleibt. (So der Vorsitzende des Hauptausschusses Schmidt in Stenographische Berichte der Verhandlungen des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates, S. 72). Obgleich sie auf Widerspruch stieß (so u. a. von Brentano, am gleichen Ort, S. 72), findet sie doch ihren Niederschlag in Art. 26 I GG insofern, als das "friedliche 24

25

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

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Dieser Wille kommt auch in dem allgemeinen Friedensgebot der Verfassung zum Ausdruck: In der Präambel - "von dem Willen beseelt, ... dem Frieden der Welt zu dienen" - und in Art. 24 II und III GG (Einordnung in ein kollektives Sicherheitssystem "zur Wahrung des Friedens" und Beitritt zu einer internationalen Schiedsgerichtsbarkeit). Art. 26 I GG ist nur eine Spezifizierung des allgemeinen Friedensgebots 29 •

2. Übermäßige Einschränkung anderer Verfassungswerte bei extensiverer Auslegung? Hinter der weit verbreiteten Tendenz, den Friedensbegriff des Art. 26 I GG möglichst eng auszulegen, verbirgt sich aber vor allem die Sorge um eine sonst anscheinend unvermeidliche Einschränkung von Grundfreiheiten und auch anderen Verfassungswerten. Schaer gibt dieser Sorge in überspitzter Weise Ausdruck: "Es gibt letztendlich nichts, was man nicht auch als Bedrohung ansehen könnte. So etwa nicht nur eine Kriegsrüstung als solche, sondern schon die Möglichkeit einer Rüstung, ein Rüstungspotential, das Aufblühen bestimmter Industrien, ja sogar schon die bloße Steigerung der Bevölkerungsziffer3°." Ähnliche Sorgen könnten bei einer solchen Betrachtungsweise auch für die Pressefreiheit geäußert werden. Killinger befürchtet, daß der Ermessensspielraum der Bundesregierung in der auswärtigen Politik in unzulässiger Weise eingeengt würde31 . Eine weite Auslegung des Friedensbegriffs von Art. 26 I GG könnte schließlich zu einer "dauernden Unterdrückung und Niederhaltung eines Staates führen, weil schließlich jederzeit und alles was dieser Staat tut, als Bedrohung des Friedens aufgefaßt werden könnte"32. Würde man schrankenlos einen extensiven Friedensbegriff mit den rechtlichen Konsequenzen des Art. 26 I GG gelten lassen, so erschiene diese Sorge berechtigt. Auch die Vertreter eines extensiven Friedensbegriffs in der Friedensforschung sehen den entstehenden Konflikt zwischen dem Wert Frieden und Werten wie "Gerechtigkeit, Freiheit, Pluralismus und Fortschritt"33. Auch ein weiter Friedensbegriff bedarf deshalb eines restriktiven Korrektivs. Zusammenleben der Völker" genereller Terminus blieb, der "Angriffskrieg" aber nur als besonders schwerer Beispielsfall der Friedensstörung zu gelten hat. 29 Ritter, S.57. 30 Schaer, S. 238. 31 Killinger, S. 84. 32 Schaer, S.238 33 Galtung, Friedensforschung, S. 533.

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Hierbei erscheint es aber nicht notwendig, aus der Sorge um die sonst betroffenen anderen Verfassungsgüter den gesamten Friedensbegriff auf ein Minimum zu reduzieren. Die Konflikte des Friedensbegriffs sind mit dem jeweilig tangierten anderen Verfassungs gut verschiedenartig. Es ist daher sachgerecht, diese einzeln entstehenden Konflikte auch im Einzelfall auszutragen. Dabei werden die Grenzen zwischen Art. 26 I GG und der Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG anders zu ziehen sein, als zum Beispiel die Grenzen zum außenpolitischen Ermessensspielraum der Bundesregierung. Die Argumente für ein Zurücktreten des Wertes von Art. 26 I GG in einem Fall haben für den anderen Fall keine Bedeutung mehr. Es erscheint deshalb unzulässig, aus der Sorge für alle möglicherweise tangierten anderen Verfassungswerte heraus den Friedensbegriff einheitlich zu beschränken. Eine kumulative Aufzählung aller Grenzen für den Friedensbegriff, um ihn dann durch die gesamte Substraktion zu reduzieren, läßt den Verfassungswert des Art. 26 I GG in nicht sachgerechter Weise zur Bedeutungslosigkeit herabsinken. V. Austragung der KonfUkte eines weiteren Friedensbegrlffs mit anderen Verfusungswerten nach dem Prinzip praktischer Konkordanz?

Die Austragung der Konflikte von Art. 26 I GG mit anderen Verfassungswerten im Einzelfall wäre nach dem Prinzip praktischer Konkordanz möglich34 • Danach wären sowohl der Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG als auch der Verwirklichung des Friedensschutzes in Art. 26 GG Grenzen zu ziehen, damit beide zu einer optimalen Wirksamkeit kommen können. Als optimale Lösung gälte diejenige, die beide Verfassungsgüter am wenigsten beeinträchtigt, sie müßten nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit einander zugeordnet werden35 • Die Grenzziehung erfolgt dabei nur im jeweils konkreten Fall; allgemeingültige restriktive Auslegungsprinzipien zu Art. 26 I GG sind nicht mehr erforderlich. Der Friedensbegriff könnte somit losgelöst von den Sorgen um die Beschränkung anderer Verfassungswerte entwickelt werden.

1. FormaLe GLeichrangigkeit zu anderen Verfassungswerten? Das Prinzip praktischer Konkordanz setzt die formale Gleichrangigkeit zwischen den im Einzelkonflikt sich gegenüberstehenden Interessen voraus 36 • Im vorliegenden Fall ist dies nicht mit der von Maunz und 34

35

38

Ein von Hesse entwickeltes Prinzip, S. 28 f. Hesse, S. 28 f.; ebenso Stein, S. 181 f. Stein, S. 181 f .

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

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Killinger vertretenen These vereinbar, Art. 26 I 2 GG sei gegenüber Art. 5 I 2 GG lex specialis37 ; danach findet die Pressefreiheit hier keinen Raum mehr, das Interesse des Art. 26 I GG geht immer vor. Begründet wird diese These mit dem Wortlaut von Art. 26 I GG. Art. 26 I GG sei gegenüber Art. 5 I 2 GG lex specialis, weil Handlungsweisen, die gegen Art. 26 I GG verstoßen, verfassungswidrig sind38 • Der in der Tatbestandsfolge scheinbar klare Wortlaut von Art. 26 I GG ist aber in der Tatbestandsvoraussetzung, der Bestimmung völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen, noch weitgehend ungeklärt. Nur im Bereich der äußersten Friedensstörungen, die der restriktive Friedensbegriff erfaßt, läßt sich darüber schon eine Aussage gewinnen. Das sind die Fälle, die an den Beispielsfall des Art. 26 I GG, nämlich die Vorbereitung eines Angriffskrieges herangerückt sind, wie die Aufstachelung zum Krieg durch die Presse. Welche weiteren Handlungsweisen der Presse die Tatbestandsfolge des Art. 26 I GG tragen sollen, bleibt unbeantwortet. Der Maßstab von Maunz "was der Presse nach den Rechtsgrundsätzen des eigenen Staates über die eigene Regierung zu sagen freisteht, muß ihr auch freistehen, über eine ausländische Regierung zu sagen"39, ist hierzu unbefriedigend. Er orientiert sich nicht an dem zunächst entscheidenden Kriterium, welche Handlungsweisen der Presse den Völkerfrieden gefährden können und auf welche Weise und in welchem Ausmaß dies geschieht; er bleibt formeller Art40 • Abgrenzungen zwischen Art. 26 I GG und Art. 5 I 2 GG sind nur bei einer Gegenüberstellung der beiden materiellen Interessen möglich. Generalisierende Abgrenzungen sind erst zulässig, wenn sie mit der materiellen Einzelfallabgrenzung vereinbar erscheinen; solange Handlungsbereiche völkerfriedensgefährdender Presse materiell noch nicht definiert sind, bleiben sie unzulässig. Das Interesse des Art. 26 I GG kann daher nur differenzierend für die geklärten Fälle völkerfriedensgefährdender Presse vom Interesse des Art. 5 12 GG abgegrenzt werden. Somit ergibt sich auch die Verfassungswidrigkeit solcher Handlungsweisen aufgrund von Art. 26 I 1 GG erst aus der im Einzelfall vorgenommenen Lösung des Spannungsverhältnisses zu Art. 5 I 2 GG. So Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.20; KiIlinger, S. 93 f. Killinger, S. 93 f. 39 Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.20. 40 Inzwischen sieht auch Maunz dieses Abgrenzungskriterium als unbefriedigend an. Er sieht - nach der Erörterung weiterer Abgrenzungskriterien - für den Konflikt zwischen Art. 26 I GG und Art. 5 I 2 GG noch keine praktikable Lösung. Maunz, S. 291 f. 37 38

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1. Teil: Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen der Presse sind nicht in jedem Fall verfassungswidrig; Art. 26 I GG ist gegenüber Art. 5 I 2 GG nicht lex specialis. über ihre Verfassungwidrigkeit kann erst nach einer differenzierten Abgrenzung zu Art. 5 I 2 GG entschieden werden. Die Interessen von Art. 26 I GG und Art. 5 I 2 GG stehen sich dabei gleichrangig gegenüber 41 • Im Bereiche der äußersten Friedensstörungen kann allerdings das Interesse des Art. 26 I GG überwiegen. In den Bereichen, die der restriktive Friedensbegriff umfaßt, bei Handlungsweisen, die an die Vorbereitung eines Angriffskrieges herankommen, wird das Rechtsgut des Art. 26 I GG in der Regel in seinem Kern betroffen, während die Pressefreiheit hier nur am Rande berührt wird. Hier muß die Pressefreiheit zurücktreten42 • Ebenso ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, generell gegen materiell als völkerfriedensgefährdend angesehene Handlungsweisen der Presse einzuschreiten. Auch er muß zuvor das Spannungsverhältnis der einzelnen Handlungsgruppen zu Art. 5 I 2 GG lösen. Erst nach einer differenzierten Abgrenzung kann er gegen die dem Interesse von Art. 26 I GG zugeordneten Handlungsweisen entsprechende Maßnahmen ergreifen. Diesem Vorgang trägt das Prinzip praktischer Konkordanz mit der "optimalen Grenzziehung" Rechnung.

2. Geltung von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen für den Gesetzgeber bei Berühren der Pressefreiheit des Art. 5 12 GG? Die nach dem Prinzip praktischer Konkordanz vorzunehmende Grenzziehung zwischen Art. 26 I GG und Art. 5 I 2 GG muß verhältnismäßig sein43 • Ob für den Gesetzgeber bei einer den Art. 5 I 2 GG berührenden Normsetzung Verhältnismäßigkeitsgrundsätze bindend sind, ist umstritten. Normen gegen völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen der Presse dienen der Verwirklichung des Verfassungszieles von Art. 26 I GG. Sie richten sich nicht speziell gegen die Pressefreiheit und können somit grundsätzlich den Schranken von Art. 5 I 2 GG, den allgemeinen 41 Obgleich unter den in Art. 21 11 GG genannten Voraussetzungen Parteien "verfassungswidrig sind", ging auch das Bundesverfassungsgericht - trotz dieses Wortlautes - davon aus, daß die Rechtsgüter des Art. 21 11 GG und der politischen Meinungsfreiheit in der Verfassung gleichrangig nebeneinander stehen (BVerfGE 5, 85 [137 f.]). 42 vgl. Stein, S. 182. 43 Hesse, S.29.

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

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Gesetzen des Art. 5 II GG zugeordnet werden44 . Nach dem Prinzip praktischer Konkordanz müßte die Ausgestaltung der "allgemeinen Gesetze" dann aber in einer "verhältnismäßigen Zuordnung" zur Pressefreiheit erfolgen. Peters und, ihm folgend, Pohl lehnen eine Geltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ab 45 . Eine Bindung des Gesetzgebers an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, die eine so umfangreiche gerichtliche überprüfung der Gesetzgebung, wie die der Zweckmäßigkeit umfasse, verstoße gegen das Gewaltenteilungsprinzip der Art. 1 III und 20 III GG und gegen das Demokratieprinzip des Art. 20 I GG46. Lerche verneint die Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gerade im Hinblick auf die Ausgestaltung der "allgemeinen Gesetze" des Art. 5 II GG. Wenn das in Frage stehende Gesetz nicht einem "zielstrebigen Eingriff in das grundrechtliche Rechtsgut gleichzuachten ist" und damit schon als "allgemeines Gesetz unzulässig" ist47 , dann müsse das Gesetz frei sein von den Bindungen an das Erfordernis. Andernfalls würde das verwischt, was Funktion der "allgemeinen Gesetze" ist48 • Eine einschränkende Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für den Gesetzgeber vertritt Forsthoff: Danach sind Verhältnismäßigkeitsgrundsätze nur bei der überprüfung von Maßnahmengesetzen anzuwenden49 • Anerkannt wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für den Gesetzgeber in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts50 , des Bundesgerichtshofes51 und des Bundesverwaltungsgerichts52 • Auch in der Lehre tritt eine weitverbreitete Auffassung dafür ein63 • 44 Trotz der Umstrittenheit des Begriffs der "allgemeinen Gesetze" widerspricht eine solche Zuordnung nicht den hierzu entwickelten verschiedenen Grundsätzen. Z. B. Lerche, übermaß, S.114; Löffler I § 5, Anm. 91 ff.; weItere Nachweise bei Schwark, S. 15 ff. und Hamann-Lenz, Art. 5 Anm. 10 u.a. 45 Peters, S. 12 ff.; Pohl, S. 109 ff. 46 Pohl, S. 109. 47 Lerche, übermaß, S. 114. 48 Lerche, übermaß, S. 149. 49 Forsthoff, S. 234, 235 ff.; weitere Nachweise über ähnliche Auffassungen, siehe Schwark, S. 134, Anm. 24. 60 BVerfGE 7, 405 ff.; 17, 172 ff.; 18, 353 ff. 51 Unter Berufung auf Art. 1911 GG; vgl. BGH, Vorlagegutachten in DVBI 1953, S.470, Leitsatz 3. 62 BVerwG in DVBI 1954, S.259; weitere Nachweise zur Rechtsprechung bei Lerche, übermaß, S.251, FN 360. 53 Hamann-Lenz, Einführung, S.94; Ipsen, AÖR 78, S. 314 ff.; am Beispiel der Verhältnismäßigkeit des Mittels; Krüger, DVBI 1950, S.628; DÖV 55, S. 598, DÖV 56, S. 554 f., der den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus der

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Dabei hat das Bundesverfassungsgericht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Schrankensystem der "allgemeinen Gesetze" des Art. 5 II GG zu den durch Art. 5 I GG geschützten Freiheitsrechten dergestalt gesehen, "daß die allgemeinen Gesetze zwar dem Wortlaut nach dem Grundgesetz Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts ... selbst wieder eingeschränkt werden müssen"54. Eine solche wechselseitige Zuordnung kann, wie Hesse an diesem Beispiel deutlich macht, nach dem Prinzip praktischer Konkordanz vorgenommen werden, indem (durch eine wechselseitige verhältnismäßige Zuordnung) beide Güter zu einer optimalen Wirksamkeit kommen sollen55 • Den Bedenken gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die insbesondere das Gewaltenteilungsprinzip verletzt sehen56 , kann durch eine Differenzierung zwischen der Frage nach der Verhältnismäßigkeit und den Grenzen richterlicher Nachprüfung dieses Prinzips Rechnung getragen werden. Bei einer Ausgestaltung der Gesetze zu Art. 26 I GG gegen eine völkerfriedensgefährdende Presse können die Meinungen über die politische Bedeutung des Rechtsgutes "friedliches Zusammenleben der Völker" und das Rechtsgut Pressefreiheit für die angestrebte Ordnung des Gemeinwesens differieren. Deswegen kann die Frage der verhältnismäßigen Zuordnung verschieden beantwortet werden. Hierfür sind dann die Erwägungen des Gesetzgebers ausschlaggebend. Die Auffassung des Richters darf nicht an die Stelle der Mehrheit in den gesetzgebenden Körperschaften gesetzt werden. Erst eine offensichtliche Verletzung des Grundrechtes durch den Gesetzgeber kann gerichtlich gerügt werden57 • Das kann schon dann der Fall sein, wenn ein anderes, in gleicher Weise geeignetes allgemeines Gesetz einen geringeren Eingriff in die Pressefreiheit zur Folge hätte und dies offen zu Tage tritt, also eine Erforderlichkeit offensichtlich nicht besteht58 , ebenso dann, wenn das Gesetz offensichtlich zum erstrebten Zweck ungeeignet ist 59 • Obgleich also insgesamt die VerhältnismäßigkeitserRechtsstaatlichkeit ableitet, ebenso wie das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 19, 342 (348 f.); weitere Nachweise bei Lerche, übermaß, S.251, FN360. 54 BVerfGE 7, 198, 209. Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht bei einer Entscheidung zur Einschränkung der Informationsfreiheit Verhältnismäßigkeitsgrundsätze im Rahmen einer Güterabwägung angewandt (BVerf GE 15, 288 [294]) und entfernt sich so wieder von dieser Konstruktion. 55 Hesse, S. 29. 56 So Peters, S. 12 ff. und Pohl, S. 109 ff. 57 Vgl. Hesse, S.127, unter Hinweis auf BVerfGE 13, 97 (107). 58 Vgl. Schwark, S. 136. 59 Vgl. dazu Gentz, S.1603 f., unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

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wägungen des Gesetzgebers nur zum Teil kontrollierbar sind, ist er doch zu dem Anstellen solcher Erwägungen auch außerhalb der Kontrollierbarkeit verpflichtet. Aber auch die Schrankenfunktion der "allgemeinen Gesetze" kann unbeeinträchtigt bleiben60 , wenn die Rechtsgüter der "allgemeinen Gesetze" der Pressefreiheit in einer optimalen Verhältnismäßigkeit zugeordnet werden. Dabei kann die Eigenart der verschiedenen Rechtsgüter berücksichtigt werden, so daß die Befürchtung Lerches, die Funktion der allgemeinen Gesetze würde verwischt, nicht zutreffen muße1. Den Meinungen, die besagen, der Gesetzgeber sei bei Ausprägung von Schrankengesetzen des Art. 5 II GG an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze gebunden, ist daher der Vorzug zu geben.

Im Ergebnis steht damit der These, die Konflikte - bei einer Gesetzgebung gegen völkerfriedensgefährdendePresse - zwischen Art. 26 I GG und Art. 5 I 2 GG seien nach dem Prinzip praktischer Konkordanz auszutragen, nun nichts mehr im Wege. Die optimale Grenzziehung zwischen diesen bei den Verfassungswerten muß - im weiteren Verlauf der Arbeit - nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen erfolgen. Zugleich ist die Entwicklung des Friedensbegriffs des Art. 26 I GG unabhängig von den bisher additiv aufgezählten Bedenken wegen der sonst übermäßigen Beschränkung anderer Verfassungswerte: Was Frieden ist, oder - umgekehrt - wo die Friedensstörungen liegen, kann zunächst für die Bestimmung des Rechtsgutes von Art. 26 I GG in freier Forschung gesucht werden, um dann - in einem weiteren Stadium - die Grenzen des Art. 26 I GG an den im Einzelfall mit ihm entstehenden Konflikten zu definieren. Zur Ausfüllung des Friedensbegriffs können die Seinswissenschaften mit herangezogen werden, insbesondere Erörterungen der Friedensforschung, die hier ihr spezielles Anliegen sieht. VI. Die Erörterung des Friedensbegrlffs in der Frledensfonehung

1. Negativer Friedensbegriff

Der bisher vorherrschende negative Friedensbegriff geht zurück auf die Formel von Hugo Grotius in seinem Werk "De jure belli ac pacis" 60 s. o. die Bedenken von Lerche. 61 Vgl. Schwark, S.136.

60

1. Teil: Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

(1625): "Pax absentia belli"62. Danach wird Frieden als die Abwesenheit von Krieg oder organisierter kollektiver Gewaltanwendung verstanden63 •

Im Laufe dieses Jahrhunderts sind aber neue Möglichkeiten der Unterdrückung sichtbar geworden, die dieser Friedensbegriff nicht deckt, Mittel wie "wirtschaftlicher Boykott, wirtschaftliche Ausbeutung (Klassenkampf), gesellschaftlicher Boykott, Ostrazismus und Rassentrennung" ("Apartheid")61. Er berücksichtigt zudem nicht bestehende Unterdrückungs- oder Ausbeutungssysteme, sondern sanktioniert sie sogar möglicherweise, indem er den Status quo bestätigt. So kann der Friedensbegriff der Maxime von Ruhe und Ordnung in einer Diktatur ähnlich werden, Frieden kann zum "Friedhofsfrieden" werden 65 .

2. Positiver Friedens begriff Die Gegenposition ist der positive Friedensbegriff. Ihre Zielvorstellungen richten sich auf die Erforschung, Beschreibung und Durchsetzung eines gewünschten Friedenszustandes, der Eigenschaften enthalten soll "wie die Fähigkeit, ein Netzwerk von Rückkoppelungsketten durch gemeinsames Handeln, allgemeine Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen zu entwickeln"66. Der Friedensbegriff soll also konkrete Werte positiver Friedensvorstellungen enthalten, Werte wie "die Emanzipation des Individuums, Freiheit, Gerechtigkeit und überwindung der Ausbeutung"67. Zur Erreichung solcher Friedensziele wird zum Teil auch die "Legitimität einer unter bestimmten Bedingungen gegebenen progressiven Funktion von Gewalt" mit einbezogen68 , während andere die gewaltlosen Mittel als ausreichend ansehen und Gewalt ablehnen 69 . Neben der ungeklärten Frage der Funktion von Gewalt leidet der positive Friedensbegriff vor allen Dingen noch unter einer begrifflichen Unklarheit7o . überspitzt stellt das Klages dar, indem er Konsequenzen eines sehr extensiven positiven Friedensbegriffs aufzeichnet. 62 Kabel, S.9; Altmann, S.413. 63 Altmann;. Kaiser, .8. 31; Kabel, S.8; Galtung, Frieden, S.16 u. a. 64 Galtung, Frieden, S. 16. 65 Vgl. Kaiser, S. 31 f. 66 Galtung, Frieden, S. 17. 67 Kaiser, S. 32. 68 So Krippendorf, S. 21 f.; ähnlich Röling, S.181, der noch nichts sieht, was diese Funktion ersetzen könnte. Zur Fragwürdigkeit des Einbezugs von Gewalt in dem Friedensbegriff siehe die Kritik von Forndran, S. 10 ff. 69 So vor allem Ebert. 70 Rumpf, S. 331.

D. Erfassung durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

61

Dann könnten "alle Merkmale der sozialen Schichtung, wie Einkommensunterschiede, unterschiedliche Bildungsmöglichkeiten, unterschiedliche Chancen des Zugangs zu Entscheidungsprozessen zu anspruchsvollen Berufen und dergleichen mehr" zum positiven Frieden gerechnet werden. Klages wirft dem positiven Friedensbegriff Utopismus vor; er beschränke sich nicht auf Frieden als Einzelwert, sondern werde "in unreduzierbarer Breite und Tiefe in die Frage nach der Totalität einer humanen Zukunft des Menschen hineingerissen"71.

3. Der offene Friedensbegriff Forschung zur Vermeidung negativer Ziele Ein Konsens über den Friedensbegriff erscheint nicht erreichbar. Die Maximalforderung bleibt dem Vorwurf des Utopismus ausgesetzt, während die Minimalforderung gegenwärtige Probleme eines auch ohne Krieg latent vorhandenen Unfriedens nicht zu lösen vermag. Der Friedensbegriff bleibt vorerst offen. Das heißt aber nicht, daß damit die Friedensforschung arbeitsunfähig würde. Auch die Medizin hat keine Definition für Gesundheit1 2 , desgleichen muß die Rechtswissenschaft ständig bemüht sein, zu analysieren und nachzuprüfen, was Recht ist73 • Ebenso wie die Medizin das Gegenteil von Gesundheit, nämlich Krankheitssymptome erforscht, kann die Friedensforschung die Fehlentwicklungen, die zu großen Kriegen oder bewaffneten Auseinandersetzungen führen, erforschen. Im ersten Stadium kann deshalb Friedensforschung Forschung zur Vermeidung negativer Ziele sein74 • Das ist keine Rückkehr zum negativen Friedensbegriff, der negative Friedensbegriff wird aber mit einbezogen75 • Zugleich sollen die tieferen Ursachen der Friedensstörungen miterforscht werden und nach den Abwehrmöglichkeiten gesucht werden. Das kann nur schrittweise geschehen. Durch vertiefte Erforschung der Mittel und Wege werden auch die Ziele klarer76 • VII. Folgerungen für den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG

Die Diskussion um den Friedensbegriff in der Friedensforschung erhellt die Problematik des Begriffs "friedliches Zusammenleben der Völker" in Art. 26 I GG. 71 72 73 74 75 76

Klages, S. 627. VgI. Galtung, Friedensforschung, S.532; Kaiser, S.34. Kimminich, S. 4. Galtung, Friedensforschung, S. 533. VgI. Galtung, Frieden, S. 18. Galtung, Friedensforschung, S. 533.

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Zwar scheinen zunächst die Intentionen der Suche nach einer Umschreibung dessen, was Frieden ist, in den beiden Bereichen erheblich zu differieren: Im ersten Fall soll ein Forschungsgebiet abgegrenzt werden, im letzteren geht es um die Abgrenzung dessen, was nach Art. 26 I GG erlaubt ist, beziehungsweise, wann der Gesetzgeber eingreifen soll. Die letzteren Abgrenzungsschwierigkeiten können aber - wie oben ausgeführt wurde - nicht durch eine generalisierende Friedensdefinition zu Art. 26 I GG überwunden werden. Die Frage, was Frieden ist oder - umgekehrt - welche Handlungen oder gesellschaftlichen Phänomene den Frieden stören, muß davon unabhängig sein. Die Abgrenzung kann nur differenzierend, daß heißt bei den mit anderen Verfassungswerten entstehenden Konflikten im Einzelfall erfolgen. Ebenso wie in der Friedensforschung bleibt deshalb zu Art. 26 I GG die Frage offen, wie nun ein unabhängiger Friedensbegriff auszusehen hat. Die zunächst scheinbar rein verfassungsrechtliche Frage deckt sich jetzt mit dem gesellschaftswissenschaftlichen Forschungsinteresse der Friedensforschung; sie ist - so gestellt - nicht mehr ein Problem der Abgrenzung, sondern das der materiellen Ausfüllung des Friedensbegriffs. Bei der Auslegung von Art. 26 I GG ist daher insoweit ebenfalls vom Galtung'schen offenen Friedensbrief auszugehen. Damit verschließt sich die Rechtswissenschaft seinswissenschaftlich noch ungeklärten Bereichen der Friedensstörungen nicht; diese können aber in einem solchen Stadium der Forschung auch nicht Auslöser zu gerichtlichen oder gesetzgeberischen Aktivitäten auf Grund von Art. 26 I GG werden. Insoweit, als Ursache und Zusammenhänge, die zu kollektiven, gewaltsamen Auseinandersetzungen führen können, aufgedeckt sind, finden sich hier Ansätze für die Rechtswissenschaft, nach rechtlichen Abwehrmöglichkeiten zu suchen. Der derzeitige Stand der Forschung über die Zusammenhänge der Zeichnung des Feindbildes durch die Presse zu Mißtrauen, Angst und nationalen Aggressivitäten oder aber der konative Aspekt der Vorurteile in diesem Bereich geben solche Ansätze. Die Rechtsetzungsmöglichkeiten werden aber vom in Art. 5 I 2 GG geschützten Interesse der Pressefreiheit begrenzt; die optimale Grenzziehung muß im einzelnen nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen ermittelt werden. Die Einflußmöglichkeiten der Presse gegen die politischen, sozialen, kulturellen, religiösen und moralischen Grundlagen nationaler, religiöser und ethischer Gruppen des Auslandes 77 sind dagegen noch nicht 77 Dies fällt unter den von Raphael Lemkin vertretenen weiteren Genocidbegriff. Daneben auch noch ökonomische Grundlagen, die hier schon beim

E. Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit in Art. 26 I 2 GG

63

genügend konkretisiert, um rechtliche Ansatzmöglichkeiten zu finden 78 • Für diesen Bereich lassen sich deshalb noch keine Gesetzgebungspflichten aus Art. 26 I 2 GG ableiten. E. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit in Art. 26 I 2 GG nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen I. Ausgestaltung der Strafrechtstatbestände 1. Vorweggenommene Ausgestaltung in Art. 26 I GG? -

Mindestmaß für die Ausgestaltung?

Bei der Formulierung der Strafrechtstatbestände wäre eine Beschränkung des Gesetzgebers aufgrund der Ausgestaltung des Art. 26 I 1 GG als abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt und als Absichtsdelikt in der Weise denkbar, daß hierin auch schon vorbestimmte Richtlinien für die Ausgestaltung der einzelnen Strafrechtstatbestände zu sehen wären. So enthält nach Maunz die Ausgestaltung von Art. 26 I 1 GG das "Mindestmaß an Verpflichtung zur Rechtssetzung". Was der Gesetzgeber darüber hinaus tut, steht in seinem Ermessen!. Nach dieser Auslegung ist der Gesetzgeber durch den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG nur insoweit zu einem Eingreifen gegen völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen verpflichtet, als sich bei ihnen im Einzelfa1l 2 zugleich eine Friedensgefährdung und die Absicht der Friedensgefährdung nachweisen lassen, ebenso, wie es in Art. 26 I 1 GG formuliert ist. Eine weitere gesetzgeberische Abwehr gehört nicht mehr zum Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG. In der Konsequenz sind die Strafrechtstatbestände aufgrund von Art. 26 I 2 GG als abstrakt-konkrete Gefährdungsdelikte und kupierte Erfolgsdelikte zu fassen 3 •

2. Erforderliche Offenheit für die Ausgestaltung von Normen aufgrund des Art. 26 I 2 GG Eine Auslegung von Art. 26 I GG, wonach diese Bestimmung dem Gesetzgeber schon bestimmte Ausgestaltungsprinzipien auferlegt, ist Boykott behandelt wurden und physische und biologische Grundlagen, die als engerer Begriff der Aufstachelung zum Völkermord angesehen wurden. Vgl. Raphael Lemkin, S. 79 f.; zum Ganzen: siehe C V. 78 Ähnlich Selmayr, S. 81. 1 Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.16. II Maunz: nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, Maunz in: Maunz-Dürig~Herzog zu Art. 26, Rdz. 13. S Nach der Auffassung von Maunz als konkrete Gefährdungsdelikte und kupierte Erfolgsdelikte. Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog zu Art.26, Rdz.13 u. Rdz.38.

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1. Teil: Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

nur schwerlich damit in Einklang zu bringen, daß doch nur zum Teil bekannt ist, welche Handlungsweisen friedensgefährdend oder friedensstörend sein können. Erst wenn der Wirkungsablauf bestimmter derartiger Handlungsgruppen aufgedeckt ist, kann im Rahmen der überlegungen zu einer entgegnenden Gesetzgebung erörtert werden, welche Gesetzesmechanismen da zweckmäßig und verhältnismäßig erscheinen. Das "Mindestmaß an Verpflichtung zur Rechtsetzung" kann auch nicht durch bestimmte Tatbestandserfordernisse determiniert werden, wenn der Tatbestand im übrigen noch nicht bekannt ist. So enthält zum Beispiel § 80 a StGB in der Tatbestandsumschreibung "aufstacheln" schon subjektive Elemente, die den Nachweis einer Absicht weitgehend überflüssig machen. Der Verzicht auf den Nachweis einer Gefährdung im Einzelfall in § 80 a StGB wird durch das - verglichen mit § 80 StGB geringe Strafmaß gemildert. Das Maß des Eingriffs und des Umfangs der Entgegnung ergibt sich somit erst aus der Gesamtformulierung eines bestimmten Tatbestandes. Art. 26 12 GG enthält deshalb weder ein "Mindestmaß der Verpflichtung zur Rechtsetzung" noch sonstige schon vorbestimmte Ausgestaltungsprinzipien für die Einzelgesetzgebung. Die in Art. 26 I GG ersichtlichen Tatbestandsmerkmale haben nur für die richterliche Feststellung der Verfassungswidrigkeit Bedeutung4.

3. Ausgestaltung nach dem Prinzip praktischer Konkordanz Maßstäbe für die Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Strafgesetzgebers im Bereich des Gesetzgebungsauftrages von Art. 26 I 2 GG sind vielmehr die nach dem Prinzip praktischer Konkordanz anzuwendenden Verhältnismäßigkeitsgrundsätzetl • Bei der hiernach vorzunehmenden Beurteilung der Fassung eines bestimmten Tatbestandes zur Abwehr einer bestimmten völkerfriedensgefährdenden Handlungsweise wird für die Erwägungen der optimalen Grenzziehung von Art. 26 I GG zur Pressefreiheit allerdings bedeutsam, ob dieser Tatbestand entweder als abstraktes, abstrakt-konkretes oder konkretes Gefährdungsdelikt formuliert wird. Das läßt sich veranschaulichen an den unterschiedlichen Freiheitsbeschränkungen bei dem von Maunz als Mindesterfordernis der Aus4 Damit ist zugleich die unter B I noch offen gebliebene Frage, ob der Gesetzgeber nur abstrak-konkrete Gefährdungsdelikte und Absichtsdelikte fassen darf, negativ beantwortet. 5 Siehe unter D V 2.

E. Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit in Art. 26 I 2 GG

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gestaltung angesehenen konkreten Gefährdungsdelikt und einem abstrakten Gefährdungsdelikt. Ein konkretes Gefährdungsdelikt in diesem Bereich müßte das Erfordernis des Nachweises einer konkreten Gefahr für das durch Art. 26 I GG geschützte Rechtsgut, also "das friedliche Zusammenleben der Völker" enthalten~. Nach den konkreten Umständen des Einzelfalles müßte der Richter nachweisen, daß nach vernünftigen Lebenserfahrungen der Eintritt eines Schadens - im engeren Bereich des Friedensschutzes also Krieg - wahrscheinlich ist7 • Es müßte eine Kausalität zwischen der Handlungsweise und einem dadurch eingetretenen ungewöhnlichen politischen Zustand aufgezeigt werdens, in der nach den konkreten Umständen damit zu rechnen ist, daß ein Kriegsausbruch wahrscheinlich ist9 • Demgegenüber würde beim abstrakten Gefährdungsdelikt dieser Nachweis nicht erforderlich sein, da eine gesetzliche Vermutung für eine solche Gefahr bestünde10 • Die Nachteile der Beweislast auf der Seite der Presse im zweiten Fall würden eine stärkere Einschränkung der Pressefreiheit durch eine frühzeitigere Unterbindung von Pressetätigkeit in diesem Bereich bedeuten. Nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen ist zu ergründen, inwieweit das geboten erscheintll . Eine gesetzliche Vermutung für die Gefährdung bestünde auch beim abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt nicht. Auch ihm gegenüber erschiene die Ausgestaltung als abstraktes Gefährdungsdelikt aufgrund der schlechteren Beweislage schwerwiegender. Eine Entscheidung zwischen diesen Ausgestaltungsmöglich6 Maurach AT, S.202; Schröder, JZ 67, S.522; Schönke-Schröder, Vorbem. vor § 306, Rdz. 2 ff.; Gefahr wird dabei im Strafrecht als die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines in der Zukunft liegenden Ereignisses und dem schädigenden Charakter dieses Ereignisses definiert. Vgl. Lackner, S.16 und Steinhausen, S.95 mit weiteren Nachweisen. Schaden ist zumindest der Eintritt eines Krieges. Auch gegen einen Krieg, lIder nur Vorteile herbeiführt", schützt Art. 26 I GG, auch dieser ist Schaden. (Anders F. C. Schroeder, S.47, der bezweifelt, ob die "kampflose Eroberung eines fremden Staatsgebietes" Schaden ist. Ebenso wie hier: Steinhausen, S.95.) 7 VgI. Steinhausen, S.95. S Lackner, S. 7 ff.; ebenso Schwarz-Dreher vor § 1 B II 2 b; aA zum Teil Welzel in Niederschriften über die Sitzungen der großen Strafrechtskommission 8. Band, Bes.Teil, 89. Sitzung, S. 430 f., der die Kausalität zu der der Erfolgsdelikte unterscheiden will; vgI. Zweiter Teil, All 2 b. 9 So jedenfalls im engeren Bereich des Friedensschutzes. VgI. Steinhausen, S.97. 10 J. Baumann, AT, S.120; Schwarz-Dreher vor § 1 B II 2 b; SchönkeSchröder Vorbem. vor § 306, Rdz. 3 a, wonach diese Vermutung allerdings widerlegbar ist. 11 Vgl. BVerfGE 28, 175 (188 f.).

5 Frank

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

keiten kann wiederum nur nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen getroffen werden. Ebenso bringt die Entscheidung für oder gegen die Ausgestaltung als kupiertes Erfolgsdelikt unterschiedliche Beschränkungen der Pressefreiheit mit sich. Es müßte hier die Absicht, die bei dieser Handlungsweise spezifische Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Völker herbeizuführen, nachgewiesen werden. Die Tatbestandshandlung müßte durch diesen darüber hinausgehenden angestrebten Erfolg ergänzt werden l2 • Der potentielle Erfolg der Handlung, eben diese spezifische Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker, der nicht im objektiven Tatbestand auftaucht, müßte sich dennoch in der Willensrichtung widerspiegeln l3 • Eine solche Erweiterung der Tatbestandshandlung bedeutet in der Regel eine Erschwernis des Nachweises der vorgeworfenen Handlungsweise und würde gegenüber der Ausgestaltung ohne einen solchen erforderlichen Nachweis die Pressefreiheit geringer beschränken. Bei all diesen Fragen der Ausgestaltung des Tatbestandes und schließlich auch noch bei der Ausgestaltung des Strafmaßes sind Verhältnismäßigkeitsgrundsätze zu beachten. 11. Ist das Strafrecht das einzig gebotene redttliche Mittel nach Art. 26 I 2 GG?

Nach dem Wortlaut von Art. 26 I 2 GG sind die Handlungen, die als geeignet anzusehen sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, unter Strafe zu stellen. Dieser Formulierung wurde bisher wörtlich entsprochen, indem sowohl in den entscheidenden Gesetzesgremien als auch in der Kommentierung zu Art. 26 I 2 GG ausschließlich strafrechtliche Mittel erörtert wurden und man nicht danach fragte, ob auch andere Mittel des Rechts in Erwägung zu ziehen sind14 • Oben15 wurde bereits im Zusammenhang mit der Einführung des Prinzips praktischer Konkordanz für die Gesetzgebung im Bereich des Art. 26 I 2 GG die Geltung von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen bejaht. Zum Tragen kommen diese gerade bei der gesetzgeberischen EntscheiJescheck AT, S.215. Maurach, AT, S.203: "Delikte mit überschießender Innentendenz." 14 Vgl. die einschlägige Kommentierung bei Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26 GG, Hamann-Lenz zu Art. 26 GG, Menzel in Bonner Kommentar zu Art. 26 GG, v. Mangoldt-Klein zu Art. 26 GG; die verschiedenen Entwürfe, inklusive Alternativentwurf für eine Strafgesetzgebung aufgrund von Art. 26 GG s. DokII. 15 Unter DV. 12 13

E. Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit in Art. 26 I 2 GG

67

dung für oder gegen Strafrecht. Insoweit ist auch einer "restriktiven Auslegung" von Art. 26 I 2 GG zuzustimmen, als nämlich nicht unbeschränkt strafrechtliche Mittel angewandt werden können16 •

1. Entscheidung für strafrechtliche Mittel nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen Im Rahmen dieser Prüfung sind mehrere Einzelgrundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips umfaßt. Unter diesen, der Verfassungslegitimität, der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erscheinen für die Verhältnismäßigkeitsprüfung des Einsatzes strafrechtlicher Mittel einige besonders betonenswert: Der verfassungslegitime Zweck ergibt sich schon aus Art. 26 I 2 GG, der den Erlaß strafrechtlicher Mittel gegen völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen vorsieht11 • Eine erst am Einzelbeispiel aufzeigbare Eignung zur Entgegnung völkerfriedensgefährdender Presse ist den strafrechtlichen Mitteln, soweit sie völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen zu erfassen vermögen, aufgrund ihrer generalpräventiven und spezialpräventiven Wirkungen generell nicht abzusprechen18 • Mehr Gewicht ist der Prüfung der Erforderlichkeit beizumessen, da Strafrecht als ein besonders schwerwiegendes Mittel anzusehen ist19 • So weist Lange auf das Wesen strafrechtlicher Mittel als einen "sozialethisch deklassierenden Tadel" mit ihren Folgen für den gesamten sozialen und unter Umständen auch rechtlichen Status hin20 , und auch naCh der Meinung von Sax dauert die sozialethisch diskriminierende Wirkung des Strafrechts meist über die Zeit der eigentlichen Strafverbüßung hinaus. Sax und, ihm folgend, Hamann, sehen strafrechtliche Mittel als "massiv sittliche Mißbilligung" an21 • Nach Erforderlichkeits16 Vgl. Güde, 103. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 5. Wahlperiode, Stenographischer Dienst, S.2028: "Nur solche Handlungen dürften unter Strafe gestellt werden, die sich für eine Pönalisierung eigneten." 11 Ebenso werden durch den Verfassungsauftrag des Art. 26 I 2 GG die in der Lehre von den objektiven Strafbarkeitsbedingungen geforderten Voraussetzungen der Verbotswürdigkeit (strafrechtlich relevantes Unrecht) und der (durch die strafrechtlich relevante Schuld begründeten) Strafwürdigkeit gedeckt. Näheres hierzu Rudolphi, S. 108, mit weiteren Hinweisen in Anm. 9. 18 Näheres zu den aufgezählten Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen bei Gentz, S. 1602 f., mit zahlreichen Hinweisen, insbesondere auf die Rechtsprechung d. Bundesverfassungsgerichts. 19 In der Lehre von den objektiven Strafbarkeitsbedingungen ist das in der Strafbedürftigkeit enthalten, bei der neben Geeignetheit auch Angemessenheit zu prüfen ist. (Vgl. Rudolphi.) 20 Lange in Kohlrausch-Lange, S. 15. 21 Sax, S. 924; Hamann, S.27.

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1. Teil:

Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

grundsätzen wird vor dem Erlaß strafrechtlicher Mittel daher regelmäßig zu prüfen sein, ob nicht derselbe oder ein besserer Erfolg, der erstrebt wird, mit einem geringeren Mittel erzielt werden könnte!2. Kann also ein minderschweres Mittel mit einer geringeren Beschränkung der Pressefreiheit denselben Erfolg erzielen, so müssen strafrechtliche Mittel ausscheiden. Präzisierungen für die Erforderlichkeitsprüfung beim Erlaß strafrechtlicher Mittel gibt Sax, indem er im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Mittel insbesondere auch eine Prüfung darüber verlangt, inwieweit der Gesetzgeber die Strafbarkeit in die Versuchsstrafbarkeit oder in die Unternehmens- oder selbständigen Vorbereitungstatbestände oder in den Bereich der bloßen Rechtsgutsgefährdung vorverlegen darf23 . Diese Prüfung entspricht der im Rahmen der Verhäl tnismäßigkeit vorzunehmenden Erforderlichkeitsprüfung bei der Ausgestaltung der Strafrechtstatbestände24 • Schließlich erscheint für die Prüfung, ob Strafrechtstatbestände einzuführen sind, noch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren oder eigentlichen Sinne bedeutsam, nach dem der angestrebte Zweck und die dafür eingesetzten Mittel nicht außer Verhältnis stehen dürfen. Die Schwere der Beschränkung der Pressefreiheit durch den Einsatz strafrechtlicher Mittel darf nicht außer Verhältnis zu den in der jeweiligen Stufe möglichen friedensgefährdenden Auswirkungen der betroffenen Pressetätigkeit stehen 25 • Strafrecht kommt schon dann nicht in Betracht, wenn ein erheblich minder schweres Mittel selbst unerheblich geringer zur Entgegnung völkerfriedensgefährdender Presse geeignet erscheint26 . Dem besonderen Gewicht des Strafrechts wird bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne die Umschreibung des "Strafverdienens" von Sax gerechnet. Danach muß der Unwertgehalt eines gemeinschaftsstörenden Verhaltens hinreichend massiv sein, um zu dem erheblichen Maß an Unrecht, das dem Handelnden durch Strafe bescheinigt wird, in eine erträgliche Proportion zu treten27 • 22 Vgl. Gentz, S.1603 f., mit zahlreichen Nachweisen. Strafrecht ist, wie Roxin überzeugend ausführt, insgesamt subsidiärer Natur. "Wo durch die Mittel des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts geholfen werden kann, hat das Strafrecht sich zurückzuziehen." (Roxin, S. 382.) 23 Sax, S. 925 f. 24 Vgl. die Fälle des letzten Kapitels. 25 Vgl. zu den einzelnen Prüfungsmaßstäben der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, Bettermann, S. 51 f. 26 Vgl. Gentz, S.1604. 27 Sax, S.927.

E. Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit in Art. 26 I 2 GG

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2. Mittel außerhalb des Strafrechts, wenn Strafrecht nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen nicht mehr anwendbar erscheint Aus den einzelnen Grundsätzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips ergibt sich, daß der Gesetzgeber über den Wortlaut des Art. 26 I 2 GG hinaus zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse nicht nur Strafrecht zur Anwendung kommen lassen darf. Sowohl aus dem Erforderlichkeitsprinzip als auch aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im engeren Sinne folgt die Pflicht, auch nach Mitteln zu suchen, die die Pressefreiheit minder schwer beschränken als Strafrecht. Man muß die Formulierung "sie sind unter Strafe zu stellen" durch den (nicht geschriebenen) Satz "soweit keine minder schweren Mittel zur Verfügung stehen" eingeschränkt sehen. Dem allgemeinen Friedensgebot des Grundgesetzes 28 , zu dem Art. 26 GG nur eine Spezifizierung ist, wird dieses Verständnis von Art. 26 I 2 GG auch eher gerecht als eine Auslegung, wonach die Pflichten des Gesetzgebers von vornherein nur auf die Mechanismen strafrechtlicher Sanktionen beschränkt sein sollen. Das allgemeine Friedensgebot legt dem Gesetzgeber die Pflicht zu einem umfassenden Bemühen um Normsetzung zur Entgegnung völkerfriedensgefährdender Presse auf; soweit strafrechtliche Normen dazu nicht in der Lage sind, müssen auch andere Normen in Erwägung gezogen werden. 111. Grenzen der gesetzgeberiscb.en Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse

Ein umfassendes Bemühen des Gesetzgebers ist aber nicht gleichzusetzen mit einer Reglementierung aller als friedensstörend angesehenen Handlungsweisen. Es bedeutet vielmehr eine "optimale Verwirklichung des Gesetzgebungsauftrages"29. Der Gesetzgeber muß es in Kauf nehmen, wenn Recht nur einen Teilbetrag zur Friedensgestaltung leisten kann, und sich dann auf das ihm sinnvollerweise Mögliche zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen beschränken30 • Aus dem übermaßverbot ergeben sich Grenzen für den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG für solche Bereiche, die sich einer gesetzlichen Regelung nicht zugänglich zeigen31 • In der Präambel und in Art. 24 II und III GG, siehe unter D IV 1. Vgl. Wienholtz, S.79, unter Bezugnahme auf Hesse. 30 Vgl. dazu die Hinweise von Lückert, S. 201; die Beschränkungen bei der Entgegnung völkerfriedensgefährdender Presse sind in der Schlußbemerkung zusammengefaßt. 31 Vgl. Wienholtz, S. 85 f. 28

29

1. Teil:

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Inhalt und Voraussetzungen des Art. 26 I 2 GG

Grenzen für die Pflicht zu gesetzgeberischem Tätigwerden bestehen auch dann, wenn das angestrebte Verfassungsziel auf anderem Weg schon erreicht ist. Ritter führt als Beispiel der anderweitigen Rechtserzeugung treffend die Rechtsprechung an32 •

32

Ritter, S. 94 ff.

Zweiter Teil

Innerstaatliche Normen zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse. Bestehendes Recht und weitere denkbare Ansätze zur Erfüllung des Gesetzgebungsauftrages aus Art. 26 I 2 GG Nachdem im Ersten Teil der Arbeit der Umfang des Gesetzgebungsauftrages in Art. 26 I 2 GG gegen völkerfriedensgefährdende Presse grundsätzlich durch keinerlei restriktive Auslegung eingeschränkt wurde, erfordert der Zweite Teil die Erörterung konkreter Möglichkeiten der Erfüllung eines so weiten Verfassungsauftrages. Da aber zudem im Ersten Teil die Geltung von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen für den hierbei tätigen Gesetzgeber begründet wurdet, ist nunmehr auch erforderlich, die aufzuzeigenden Möglichkeiten der Abwehr an ihrem im einzelnen unterschiedlichen Eingriff in die Pressefreiheit daraufhin zu prüfen, in wieweit sie noch verhältnismäßig sind. Ausgangspunkt der Erörterung sind bestehende Normen, frühere Entwürfe und rechtstechnische Ausbaumöglichkeiten des in Art. 26 I 2 GG vorgesehenen Strafrechts2 • A. Strafrecht I. Zeiclmung eines Feindbildes

1. Tatbestandsumschreibungen und ihre Möglichkeit, die Handlungsweisen zu erfassen a) Knappe Formeln der Umschreibung Zwei grundsätzlich verschiedene Tendenzen lassen sich in der bisherigen Strafgesetzgebung gegen Druckwerke, die an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt sind, aufzeigen. Entweder versuchten die 1 Das erfolgte in Zusammenhang mit der Einführung des Prinzips praktischer Konkordanz (Erster Teil D IV) und der daraus folgenden gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit in Art. 26 I 2 GG nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen (Erster Teil E). Z Daß Strafrecht nicht das nach Art. 26 I 2 GG allein gebotene Mittel ist, wurde unter Erster Teil Ellbegründet.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

Verfasser, solche Handlungsweisen im einzelnen zu umschreiben, oder aber sie suchten nach einer knappen Formel, die, ohne auf die einzelnen Handlungsweisen einzugehen, sie durch ihre spezifische Ausprägung erfaßt. In letztere Kategorie fällt die Umschreibung des § A 3 des Alternativentwurfes1 • Die dort gewählte Formulierung "zum Haß gegen ein anderes Volk aufstacheln" erfordert allerdings für den hier angesprochenen Handlungsbereich eine bestimmte Wertung, von der die Auslegung im einzelnen abhängt2. Ähnlich knappe Formulierungen finden sich in der gesamten Entwicklung der Strafgesetzgebung der DDR. So heißt es in § 1 des "Gesetzes zum Schutz des Friedens" vom 15. Dezember 19503 "wer andere Völker ... schmäht, gegen sie hetzt", in § 19 des Strafrechtsergänzungsgesetzes vom 11. Dezember 1957 4 "wer ... gegen andere Völker ... hetzt" und auch in § 92 des jetzt geltenden Strafrechtsgesetzbuches5 heißt es "wer Völkerhetze ... treibt". Auch der Regierungsentwurf der BRD von 1949 gebraucht in § 80 Nr.3 den Begriff der Hetze 6 • Unter Hetze werden im gewöhnlichen Sprachgebrauch Maßnahmen verstanden, durch die in anderen eine feindliche Einstellung gegen irgendjemanden oder irgendetwas erzeugt werden solF. Ebenso wie die Aufstachelung zum Haß gegen ein anderes Volk vermag auch diese Umschreibung bei einer im Einzelfall notwendigen Wertung Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes zu umfassen. Gerade darin, daß es weitgehend der richterlichen Wertung überlassen bleibt, ob im Einzelfall eine zulässige sachliche Kritik vorliegt oder schon Hetze oder Aufstachelung zum Haß, können die Gefahren dieser knappen Formelliegen8 • Die Auslegungsmöglichkeiten sind zu weit, die 1 Dok II le. 2 Ähnlich § 80 I Ziff.3 des Bayerischen Gesetzes Nr. 14: Außerungen des Völkerhasses Dok II 1 a. Dabei ist, wie der Abgeordnete Kübler in der 100. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode, Stenographischer Dienst, S. 1989) richtig erwähnte, die Aufstachelung zum Krieg ein wesentlich präziserer Begriff als die Aufstachelung zum Haß. Im ersteren Fall sollen ganz bestimmte Handlungsweisen provoziert werden (vgl. Erster Teil C III), im letzteren handelt es sich um eine allgemeine starke Einwirkung auf nationale Gefühle. 3 Dok II4a. 4 Dok II4b. Ii Dok II4c. S Dok II 1 c. 7 Zürcher, S. 37. 8 Gegen die Formulierung Aufstacheln zum Haß des Alternativentwurfes wurden solche Bedenken auch von Diemer-Nicolaus geäußert. (100. Sitzung

A. Strafrecht

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Begriffe zu unbestimmt9 • Soweit solche Tatbestände nicht eine weitere Präzisierung erfahren, ergeben sich für sie Bedenken aus dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 II GG. Politische Gefahren entstehen zudem daraus, daß das eigentlich zu schützende Rechtsgut, der Völkerfrieden, bei einer solchen Umschreibung des Tatbestandes zum Schutz des eigenen politischen Systems gekehrt werden kann. So sind diese Normen in der DDR Instrumente des Klassenkampfes und gegen die Westmächte gerichtet. Dies wird schon aus der Präambel zum "Gesetz zum Schutz des Friedens" vom 15.12.195010 und der Präambel des jetzt geltenden Strafgesetzbuches der DDR vom 12.1. 196811 deutlich. Nach dem letzteren gehen "die verbrecherischen Anschläge auf den Frieden" ... "vom westdeutschen Imperialismus und seinen Verbündeten aus. Dem Richter wird die systemkonforme Auslegung so schon vom Gesetzgeber vorgeschrieben l2 . Auch an Hand der hierzu ergangenen Urteile in der DDR ist das zu ersehen. Sie bezogen sich fast ausschließlich auf kritische Äußerungen gegenüber der Sowjetunion l3 . b) Konkretisierende Tatbestandsumschreibungen Konkretisierende Tatbestandsumschreibungen könnten in gerigerem Maße der Gefahr der Unbestimmtheit und des zu weiten Auslegungsspielraums unterliegen. In den bisher gefaßten konkretisierenden Tatbestandsumschreibungen wird im Vordergrund das Aufstellen oder Verbreiten falscher Nachrichten behandelt. Beispiele sind bekannt aus der übersetzung des Art. 163 des kubanischen Gesetzbuches der sozialen Verteidigung "... wer durch Presse . .. falsche Nachrichten ... verbreitet"14 und in der zurückliegenden Zeit die von Art.510 des Gesetzentwurfes von Brasilien von 1928, "Wer . .. erfundene . .. Mitteilungen dazu benutzt"16, d. Sonderausschusses f. d. Strafrechtsreform, Deutscher Bundestag, Stenographischer Dienst, 5. Wahlperiode, S. 1989.) 9 Vgl. die Kritik der Eingabe deutscher Strafrechtslehrer (Busch, S.7). Bei den anschließenden Beratungen über den § 80 Nr.3 des Regierungsentwurfes 1950 rückte der Unterausschuß von dem als "zu allgemein angesehenen Begriff" hetzen ab (Kurzprotokoll, S.6). 10 Dok II 4a. 11 Dok II 4c. 12 Vgl. Willms in Leipziger Kommentar, Vorbem. zu § 80, Rdz. 27; Schroeder, S. 43 f.; Bracht, S. 117 ff. 13 Vorwurf, die Sowjetunion habe Ungarn unterjocht; NJ 1958, 494; Äußerung, "der Russe sei für den Krieg", NJ 1959, 427; weitere Beispiele bei Zürcher, S. 51, Anm. 155. 14 Dok II6e. 15 Dok II 6 b.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

§ 115 des Österreichischen Strafgesetzbuchentwurfes von 1912 "Wer . .. unwahre ... Nachrichten verbreitet"16 und schließlich die Forderung von van Calker 190611 "leichtfertige Veröffentlichung und Verbreitung

von falschen Nachrichten".

Die von den Verfassern des Gesetzentwurfes der Bundesregierung 1950 in § 80 Nr.3 18 gewählte Umschreibung "wer ... wider besseres

Wissen eine unwahre Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet" hat gegenüber den zunächst aufgezählten Formulierungen noch einige Vorteile. Einmal beschränkt sich der Wortlaut Behauptungen nicht auf den Nachrichtenteil einer Zeitung und zudem werden

neben dem eigenen Aufstellen unwahrer Behauptungen noch das Weiterverbreiten auch von Presseagenturen übernommener unwahrer Behauptungen miterfaßt.

Insgesamt wird aber damit nur ein Teilbereich der Pressetätigkeit bei der Zeichnung eines Feindbildes umfaßt, nämlich der Bereich der Unwahrheiten 19 • Nicht behandelt wird das Aufstellen verzerrter Behauptungen, durch die die Presse nicht notwendig ein falsches, aber doch entstelltes negatives Bild zeichnet 20 • § 115 des Österreichischen Strafgesetzentwurfes 1912 21 war durch die Aufnahme "entstellter Nachrichten" ebenso wie Art. 510 des Gesetzentwurfes von Brasilien von 192822 mit der Umschreibung "gröblich entstellte Mitteilungen" auch auf diese Handlungsweisen ausgedehnt. Durch eine entsprechende Erweiterung aufbauend auf § 80 Nr.3 des Regierungsentwurfes 1950 ließen sich im einzelnen die Handlungsweisen der Presse zur Zeichnung eines Feindbildes in folgendem Wortlaut umfassen: Wer wider besseres Wissen öffentlich negative unwahre oder verzerrende Behauptungen tatsächlicher Art über ein anderes Volk aufstellt oder verbreitet, ... Dok II 5 a. Dok II3b. 18 Dok I11 C. 19 Vgl. Erster Teil C II 2 g. 20 Vgl. Erster Teil eIl 2 a-f; wenn der BGH in seiner Rechtsprechung zu §§ 1004, 823 BGB, Art. 5 GG (Negatorischer Rechtsschutz gegenüber ehrkränkenden Pressereportagen) auf dem Standpunkt steht "die Wahrheit" könne "auch durch Auslassungen und grob einseitige Berichterstattung verfälscht werden", so trifft er damit nur die äußersten Fälle der Verzerrung, in denen in der Tat die Grenze zur Unwahrheit nur noch schwer zu bestimmen ist. Im hier gemeinten Feld der Verzerrungen kann man noch nicht von einer derartigen Berichterstattung sprechen. 21 Dok II 5 a. 22 Dok II 6b. 16

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So schlug auch der Unter ausschuß bei den anschließenden Beratungen über den § 80 Nr.3 des Regierungsentwurfes in einem neu formulierten Tatbestand statt Hetze die Formulierung "wer gegen ein anderes Volk Haßgefühle hervorruft durch Verleumdungen oder grobe Entstellungen"23. 2. Notwendigkeit der Einschränkung des hier vorgeschlagenen Tatbestandes

Gegen die Einführung eines solchen Tatbestandes ergeben sich Bedenken aus Verhältnismäßigkeitserwägungen. Die Frage taucht auf, ob jegliche Handlungsweise zur Zeichnung eines Feindbildes in ihrem Unwertgehalt hinreichend massiv ist, um zu strafrechtlichen Mitteln in eine erträgliche Proportion zu treten24 • Dazu ist auf das Zustandekommen von Handlungsweisen der Presse zur Zeichnung eines Feindbildes und insbesondere auch auf die persönliche Situation des Journalisten näher einzugehen. a) Notwendigkeit der Auslese des Nachrichtenstoffes und der Vereinfachung Bei der Fülle der Nachrichten aus aller Welt ist eine gewisse Auslese des Nachrichtenstoffs notwendig. Keine Zeitung kann die "ganze Wahrheit" bringen; keine Zeitung könnte dann sinnvoll kalkulieren, und auch die Leser wären nicht imstande, diesen Informationsanfall zu verarbeiten25 • Ein Weglassen von Nachrichten und ein Hervorheben anderer Nachrichten ist bei einem solchen Ausleseprozeß also unvermeidbar 8 • Dabei bekommt die Nachricht allerdings die subjektive Färbung des Redakteurs, die auch verfälschend sein kann27 • Wegen der unübersehbaren Fülle des Nachrichtenstoffs ist der einzelne Journalist um der Verständlichkeit seiner Mitteilung willen auch in gewissem Maße zu einer vereinfachenden Darstellungsweise gezwungen. So meint Dovifat, daß die "Kunst der Vereinfachung" zum Herantragen dieser komplizierten Sachverhalte an eine breite Bevölkerung 23 Dok 11 1 d. Ähnlich wie § 100 d 111 StGB, der am 30.8. 1951 gegen landesverräterische Beziehungen eingefügt wurde und inzwischen gestrichen ist. (BGBI I, S.793.) Vgl. auch A 111 der Kontrollratsdirektive 38 "Erfindung und Verbreitung tendenziöser Gerüchte" vom 12. Okt. 1946. (s. Dok 112 b.) 24 Vgl. Sax, S.927. 25 Noack, Schneider, S.30. 28 Vgl. Erster Teil eil 2 a. 27 Noack, Schneider, S.31.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

geradezu "unentbehrlich" sei 28 • Diese Vereinfachung findet nicht nur bei der Auslese des Stoffs, sondern in der gesamten Art der Aufmachung statt, auch im sprachlichen Ausdruck und in der Verwendung von Stereotypen29 . Auch die Trennung von Information und Kommentar 30 erscheint im strengen Sinne nur beschränkt möglich, wenn bei der Auslese des Stoffs, bei der Form, in der der Journalist die Nachricht aufmacht, sie einrichtet oder umstilisiert, schon unbewußt seine Meinung in der veröffentlichten Nachricht durchschimmern muß31. b) Transaktionstheorien Neben den äußeren Bedingungen, die eine verzerrende Nachricht mitverursachen, ist auch die persönliche Situation des Journalisten komplexer zu sehen. Nach neueren amerikanischen kommunikationswissenschaftlichen Untersuchungen ist die Initiative für die Kommunikation nicht einseitig dem Kommunikator zuzurechnen. Der Kreis der Rezipienten wird insoweit selbst tätig, als er den Kommunikator aussucht, dem er seine Aufmerksamkeit zuwenden will. Bei diesem Entscheidungsprozeß urteilen die Rezipienten noch relativ autonom über Wert und Glaubwürdigkeit, die die Aussage für sie hat. Der Kommunikator muß sich von vorherein überlegen, wie seine Aussage ankommt. Es ergibt sich so beim Zustandekommen der Kommunikation eine Interaktion zwischen Kommunikator und Rezipienten. In den amerikanischen Untersuchungen spricht man hier von einem "transactional"-Prozeß32. Man kann dies auch mit der kapitalistischen Produktionsweise der Presse begründen: Als kapitalistische::; Unternehmen geht es den Presseunternehmen darum, ihren Absatz zu erhöhen, um die Profitrate zu steigern. Sie passen so ihre Waren den Wünschen und Richtungen des Publikums, ihrer Käufer, Abonnenten und vor allem auch Inserenten an33 . Die Art und das Zustandekommen der Kommunikation der Presse muß durch die Gesellschaft mitverantwortet werden. Der Journalist Dovifat Handbuch I, S.114 ff. Dövifat Handbuch I, S.116, der von "Schlagworten" spricht; vgl. auch die Darstellung zu "stereötypisierender Presse" in Erster Teil C II 2 f. 30 Vgl. dazu Erster Teil eIl 2 c. 31 Noack, Schneider, S. 29 f.; ebenso Dovifat, Zeitungslehre I, S.66. 32 Zahlreiche Literaturhinweise finden sich hierzu bei Silbermann-Zahn, S. 378 f. und bei Naschold, S. 106 ff. 33 So: W. Bauer, S. 48 f. 28

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gibt oft nur dem Ausdruck, was ohnehin vorherrschende Meinung ist. Dabei ist er von den Normen der Gruppen seiner Gesellschaft selbst mitgeprägt34 . Wenn er das fremde Volk negativer beurteilt als sein eigenes, wenn er unterschiedlich bewertet, wenn zwei dasselbe tun35 , so muß man die äußeren Zwänge der Gesellschaft, die ihn zu solch einem Schreiben mitveranlassen, ebenso berücksichtigen, wie die inneren Zwänge, die ihn zum Einhalten der Normen seiner Gruppe bringen. Emotionale Presse nationaler Art ist in einer Beziehung zu vorherrschenden nationalen Emotionen ihrer Gesellschaft zu sehen; die "Human-interest-Story" der Presse wird der Sensationslust ihrer Leser gerecht38 • c) Zwischenergebnis Berücksichtigt man die äußeren Faktoren des Zustandekommens von verzerrenden und vereinfachenden Nachrichten und sieht man zudem den verantwortlichen Journalisten in seiner spezifischen gesellschaftlichen Situation, so wird es fragwürdig, ihn uneingeschränkt für den Entstehungsprozeß solcher Kommunikation strafrechtlich verantwortlich zu machen. Der Unwertgehalt des von ihm hierfür zu verantwortenden Anteils scheint bei dieser Gesamtsicht nicht generell hinreichend massiv zu sein, um dem erheblichen Maß an Unrecht, das ihm durch strafrechtliche Mittel bescheinigt würde, gerecht zu werden37 • Auch die damit noch nicht angesprochenen Handlungsweisen der Zeichnung eines Feindbildes "Unklare Quellen"38 und "Unwahrheiten"39 begründen - jedenfalls alleine - noch nicht die Notwendigkeit zum Eingreifen durch den Strafgesetzgeber. Quellenangaben der Presse wie "Kenner der Materie sagen", "viele in Bonn empfinden so" und "wie von informierter Seite in Washington 34 Vgl. dazu Maletzke, Psychologie, S. 82 ff.; ebenso Dovifat, Zeitungslehre I, S. 66; Noack-Schneider, S.32. 35 Vgl. Erster Teil eIl 2 b. 38 Vgl. Erster Teil eIl 2 f. 37 Vgl. Sax, S.927 und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne unter Erster Teil E I 3. 38 Erster Teil C II 2 d. 39 Erster Teil C II 2 g.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

verlautete" geben, für sich alleine gesehen, noch keine verzerrende Behauptung ab. Sie können nur eine verzerrende Behauptung verstärken. Das Verbreiten ausgesprochener Unwahrheiten über ein fremdes Volk wird bei einer freien Presse weitgehend durch die Gefahr der Bloßstellung und der Unglaubwürdigkeit verhindert. Wenn nicht weitere, noch zu bestimmende erschwerende Merkmale hinzutreten, erscheint es nicht notwendig, dies unter Strafe zu stellen. Ein Straftatbestand der Zeichnung eines Feindbildes könnte diesen Verhältnismäßigkeitserwägungen erst gerecht werden, wenn einschränkende Tatbestandsmerkmale den Tatbestand auf Handlungsweisen von hinreichendem Unwertgehalt reduzieren können. 11. Korrektive zum Tatbestand "Zeiclmung des Feindbildes"

1. Absichtsdelikt Zu einer Einschränkung bietet sich zunächst die hierfür häufig verwendete Ausgestaltung als Absichtsdelikt an. a) Die "Absicht" in bisherigen Umschreibungen So verlangt Art. 26 I 1 GG zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer völkerfriedensgefährdenden Handlungsweise den Nachweis der Absicht. In Anlehnung daran wurde in § 80 Nr. 3 des Regierungsentwurfes 1950 40 die Formulierung "Absicht, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören" übernommen, ebenso wie in dem anschließend neu gestalteten Tatbestand des Unterausschusses bei den Beratungen über diesen § 80 Nr.3 41 • Die DDR nahm in ihren ersten Straftatbestand zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse, den § 1 des "Gesetzes zum Schutze des Friedens" vom 15. Dezember 195042 die Formulierung "um die friedlichen Beziehungen zwischen den Völkern zu stören" auf. Absicht ist bei der Aufnahme in den Tatbestand zur Zeichnung des Feindbildes im üblichen Sinne als die final gerade auf den Erfolg, die Störung des friedlichen Zusammenlebens gerichtete Willensrichtung des Täters zu verstehen43 • Sie braucht nicht Motiv gewesen zu sein44 • Dok II 1 C. Dok II 1 d. 42 Dok II 4 a. 4S Vgl. so u. a. Schönke-Schröder, § 59 Rdz. 49 ff. 44 aA für die Auslegung von Art. 26 I GG Maunz, in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz. 15, dessen Argumentation nur auf die friedensgefährdenden Handlungsweisen der Bundesregierung bezogen ist. 40

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b) Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker Der Bezug der Absicht, die Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker, muß im Gegensatz zu dem weitgehend offenen Friedensbegriff des Art. 26 I GG, der alle, auch die noch nicht erforschten Ursachen von Friedensstörungen umfassen so1l45, nach dem für diesen Straftatbestand zu erfassendem spezifischem friedensstörenden Element fest umschreibbar sein, um den Bestimmtheitserfordernissen des Art. 103 II GG zu genügen. Der vor allem von Maunz vertretene restriktive Friedensbegriff determiniert zwar die Störungen des friedlichen Zusammenlebens der Völker als solche Handlungsweisen, die "an den Sonderfall des Angriffskrieges herangerückt sind"46. Er erscheint aber auch hier zu eng. Der spezifische Friedensschutz zur Abwehr der Zeichnung eines Feindbildes befaßt sich nicht mit diesen äußersten Friedensstörungen, sondern mit vorgeschalteten Stadien. Als wesentliche Merkmale könnten zur Umschreibung dieser Friedensstörungen noch einmal folgende Merkmale hervorgehoben werden: Es sind die Möglichkeiten der Presse, die an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, zu einer nationalen Vorurteils- und daraus erwachsenden Aggressionsbildung oder -verstärkung beizutragen, die in Zusammenhang mit einer bestimmten Politik und der dazu notwendigen Bereitschaft der Bevölkerung steht, die die Gefahr einer heißen Auseinandersetzung wahrscheinlicher werden läßt47 . Auf diese Art der Friedensstörung muß sich die Absicht beziehen, nicht nur auf die Vorurteilsbildung oder -verstärkung schlechthin, sondern auch auf die weitere Folge, die damit zusammenhängenden friedensgefährdenden Auswirkungen in der gesamtpolitischen Situation. c) Geeignetheit des Absichtsdelikts, Handlungen zur Zeichnung eines Feindbildes abzuwehren Bei dieser Art der Ausgestaltung des Straftatbestandes erheben sich Bedenken gegen seine Eignung, Handlungsweisen der Presse zur Zeichnung eines Feindbildes abzuwehren. Da die Bestrafung von dem final auf den beschriebenen Erfolg gerichteten Willen abhängig gemacht werden soll, ist zu fragen, inwieweit im allgemeinen dieser Wille hinter den Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes steht und, darüber hinaus, auch nachweisbar erscheint. s. Erster Teil D VII. Maunz in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 26, Rdz.12. Vgl. Erster Teil D I. 47 Näheres hierzu Erster Teil C II 3 u. 4. 46 46

2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

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Ein Großteil der journalistischen Tätigkeit, die schon eine subjektive Verfärbung herbeiführen kann, besteht in der "Selektion des Stoffes"48, also in der Entscheidung über Weglassen und Hervorheben von Nachrichten in der gesamten Art der Aufmachung des Nachrichtenstoffes. Die Journalisten, die an diesem Entscheidungsprozeß teilnehmen, hat einmal der amerikanische Sozialpsychologe Kurt Lewis treffend "Gatekeeper"49 genannt50 • An den zahlreichen Stellen des Kommunikationsflusses, den lokalen Büros der Nachrichtenagenturen, den regionalen Büros, den Länderbüros bis zum zentralen Sitz der Agenturen, bis zu den Nachrichtenredakteuren oder an der verkürzten Linie von den eigenen Korrespondenten bis zur Redaktion einer Zeitung, entscheiden sie darüber, welche Information weitergeleitet werden soll51. Primäre Gesichtspunkte bei diesem Entscheidungsprozeß sind das Interesse des angesprochenen Leserkreises und die Aktualität. Einerseits wird es deshalb schwer beweisbar sein, welches Maß an Verantwortung der einzelne "Gatekeeper" für eine bestimmte Verzerrung trägt. Zudem kommt die Verzerrung meist durch ganz andere Inponderabilien zustande als durch den zielgerichteten Willen eines "Gatekeepers" , damit die Rezipienten in eine bestimmte Richtung zu lenken. Bei der Beurteilung des einzelnen Journalisten sind die Faktoren der oben genannten Transaktionstheorien52 zu berücksichtigen. Als Mitglied dieser Gesellschaft ist der Journalist oft durch dieselben nationalen Vorurteile befangen, er kann also schon unbewußt verzerrend darstellen. Sein Ziel ist es, bei den Lesern anzukommen. Auch wenn er einen Schritt weitergeht und in Kauf nimmt, daß er schon vorhandene Vorurteile seiner Leser verstärkt, so läßt sich das noch nicht als Absicht auslegen5s • Aber selbst der Journalist, der bewußt verzerrend schreibt, um nationale Vorurteile zu erzeugen oder zu verstärken, müßte darüber hinaus noch in seinen Willen aufgenommen haben, die Politik seines Landes in eine Richtung zu lenken, die eine heiße Auseinandersetzung wahrscheinlicher werden läßt. Dieser komplexe Zusammenhang, der über die nationalen Vorurteile zu einer veränderten Politik und letztlich zu einer höheren KriegswahrscheinIichkeit führt, ist aber kaum 48 Maletzke, Psychologie, S. 92 ff. 49 "Schleusenhüter", nach der übersetzung von Noelle-Neumann, Information, S. 358. S& Hinweise hierzu, bei Noelle-Neumann, Information, S.358 und Maletzke, Psychologie, S. 93. 51 Noelle-Neumann, Information, S.358. 62

12 b.

Seine Willensrichtung ist damit noch nicht final gerade auf diesen Erfolg gerichtet. (Vgl. Schönke-Schröder, § 59, Anm. 49 ff.) 58

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voraussehbar. Selbst wenn es seine Absicht ist, eine härtere, selbstbewußtere Politik zu begünstigen, so ist diese noch nicht eine notwendige Bedingung einer höheren Kriegswahrscheinlichkeit. Bis auf wenige Fälle wie die "Emser Depesche", hinter der eine solche Absicht stand und auch zum Erfolg führte54 , wäre der Straftatbestand bei der Einschränkung durch die "Absicht, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören", wirkungslos. Er ließe den größten Tätigkeitsbereich der Presse zur Zeichnung eines Feindbildes, der aus den Transaktionstheorien und der Gatekeepertheorie eher gesellschaftlich und aus der darin zu sehenden spezifischen Situation der Presse begründet ist, unberücksichtigt und beschränkte sich auf den hier nur wenig bedeutsamen Bereich, in dem ein solcher Wirkungsablauf durch die dahinterstehende Absicht des einzelnen Journalisten herbeigeführt werden soll. Die Verhältnismäßigkeit wäre durch die geringe Eignung dieses Straftatbestandes alleine allerdings noch nicht in Frage gestellt55. Das wäre erst der Fall, wenn ein geringeres Mittel zumindest ebenso geeignet wäre (Erforderlichkeit). 2. Konkretes, abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt oder Verletzungsdelikt a) Bisherige Ausgestaltungen als konkretes oder abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt56 Eine andere, nicht so sehr auf die subjektive Tatseite bezogene Einschränkungsmöglichkeit bietet die Ausgestaltung als konkretes Gefährdungsdelikt oder abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt. Dabei wurde das Erfordernis des Nachweises einer konkreten Gefährdung in bisherigen Tatbeständen folgendermaßen umschrieben: Direktive Nr.38 des Kontrollrates vom 12. Oktober 1946, A 1II57 " ... den Frieden des deutschen Volkes oder den Frieden der Welt gefährdet hat" ... § 115 des Österreichischen Strafgesetzentwurfes von 191258 " ••• durch welche die Beziehungen der Monarchie zu einem fremden Staat gefährdet werden", ... Wortlaut s. Dok I. Auch eine geringe Teileignung ist bereits ausreichend, Volleignung nicht erforderlich. (Gentz, S. 1603, mit zahlreichen Hinweisen.) 56 Näheres zur Unterscheidung: Schröder JZ 67, 522 ff., Erster Teil B I und in diesem Kapitel unter c. 57 Dok II2 b. 58 Dok !I5a. 54

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§ 95 d des Norwegischen Strafgesetzbuches vom 22. Mai 190259 "Wer das friedliche Verhältnis zwischen Norwegen und einem anderen Land durch ... gefährdet", ...

In Anlehnung an die Umschreibung des Art. 26 I GG "geeignet ..., das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören" ... haben dagegen die Verfasser des Regierungsentwurfes 1950 in § 80 Nr.3 60 in der Formulierung "geeignet ... , den Frieden zu gefährden" die Ausprägung als abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt gewählt. Ähnliche Ausgestaltungen klangen schon vorher in Art. 174 des "Stooßschen Vorentwurfes für ein Schweizer Strafgesetzbuch"61 " ... geeignet, die guten Beziehungen in der Eidgenossenschaft zu dem Ausland zu trüben" § 308 des Österreichischen Strafgesetzbuches62 "geeignet ... , die Öffentlichkeit zu beunruhigen ... " und in der Formulierung von Calkers63 "geeignet, das friedliche Verhältnis des Deutschen Reiches zu anderen Staaten zu stören" an. b) Friedliches Zusammenleben der Völker Im Gegensatz zu den Umschreibungen, die als Bezugsobjekt der Gefährdung mehr die nationale Sicherheit des Staates betonen, wird für die Abwehr der Zeichnung des Feindbildes das Bezugsobjekt durch Art. 26 I GG umgrenzt, dem internationalen "friedlichem Zusammenleben der Völker"64, und ergibt sich aus den durch Zeichnungen eines Feindbildes entstehenden spezifischen Gefahren. Diese entstehen aus den beschriebenen Störungsmöglichkeiten, dem Erwecken oder Verstärken nationaler Vorurteile, einer daraus erwachsenden Aggressionsbildung oder -verstärkung, die im Zusammenhang mit einer bestimmten politischen Gesamtentwicklung und der dazu notwendigen Bereitschaft der Bevölkerung steht, die die Gefahr einer heißen Auseinandersetzung wahrscheinlicher werden läßt 6l;. 59 Dok 11 6a. 60 Dok 11 1 C.

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Dok II 5 b.

62 Dok 115c. 63 Dok 113b. 64 Vgl. Steinhausen, S.96. 65 Vgl. 11 1 b und Erster Teil C 11 3 u. 4.

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c) Erforderlichkeit einer Kausalitätsuntersuchung für den Richter bei beiden Einschränkungsmöglichkeiten Eine solche Gefahr muß durch die Zeichnung des Feindbildes im Einzelfall entstehen. Ähnlich wie der Richter beim Erfolgsdelikt eine Kausalbeziehung zwischen der Tat und dem daraus schon entstandenen Erfolg nachweisen muß, muß der Richter, bei den Gefährdungsdelikten die Kausalbeziehung zu der aus der Tat entstehenden Gefahr herstellen. Das Gefährdungsdelikt ist insofern genauso strukturiert wie ein Erfolgsdelikt66 • Der Richter muß dazu auf den potentiellen Wirkungsprozeß der Pressekommunikation eingehen. Das gilt nicht nur für die Ausprägung als konkretes Gefährdungs· delikt, sondern auch für die als abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt Der Unterschied liegt bei den Einzelfaktoren, die der Richter zum Nachweis der Kausalität heranziehen muß. Beim konkreten Gefährdungsdelikt muß sich der Eintritt der Gefahr aus den konkreten Umständen des Einzelfalles ergeben67 • Hier wäre auch auf die Rezipienten des in Frage stehenden Presseorgans einzugehen68 und die Möglichkeiten, über sie friedensgefährdend auf die derzeitige Politik einzuwirken. Beim abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt könnte nach generellen Maßstäben beurteilt werden, ob eine bestimmte Kommunikation der Presse geeignet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören69 ; der Richter könnte auf den "allgemeinen Durchschnittsleser" abstellen70 • Der Richter muß aber auch hier nachweisen, daß der Eintritt der Gefahr wahrscheinlich ist71 • Wenn sich über den potentiellen Wirkungsablauf der Pressekommunikation bei dem in Frage stehenden Fall keine hinreichend klare Vorhersage treffen läßt, kann der Richter auch nach generellen Maßstäben nicht den Nachweis der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Gefahr führen. Er muß deshalb auch hier auf die Wirkungsproblematik dieser Handlungsweise eingehen. d) Verletzungs delikte Mit dieser Wirkungsproblematik wird der Richter ebenfalls bei der Ausgestaltung als Verletzungsdelikt konfrontiert, bei der er die Kausalität der Tat zum verletzten Rechtsgut nachweisen muß. 88 Lackner, S. 7 ff.; ebenso Schwarz-Dreher vor § 1 B II 2 b; aA Welzel, 89. Sitzung, Niederschriften über die Sitzungen der großen Strafrechtskommission, 8. Band, Bes. Teil, S. 430 f. 67 Schönke-Schröder, Vorbem. vor § 306, Rdz. 3 b. 68 So auch Roggemann, S.246, Anm.47. 89 Schröder, JZ 67, S.525. 70 Vgl. Roggemann, S. 246, mit Hinweisen auf die Rspr. des BGH hierzu. 71 Vgl. Erster Teil BI.

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Als Verletzungsdelikt haben in jüngster Zeit die Verfasser des Alternativentwurfs § A 372 ausgestaltet: "Wer ... in einer Weise, die das friedliche Zusammenleben der Völker stört, zum Haß ... aufstachelt" ... Es muß hier nicht eine Gefahr, sondern schon die Störung für das friedliche Zusammenleben der Völker hervorgerufen werden; der Eintritt der Störung ist nachzuweisen. Der Tatbestand erscheint so allzusehr in die Nähe der äußersten Friedensstörungen gerückt und als Abwehr der Zeichnung eines Feindbildes kaum praktikabeF3. Demgegenüber erscheint die Ausgestaltung als Verletzungs delikt, die der Unterausschuß bei den Beratungen über den Regierungsentwurf 1950 74 in seiner Neuformulierung wählte, sehr weit § 80 a: Wer ... Haßgefühle hervorruft, ... Obgleich hier nicht, wie bei der Aufstachelung zum Haß, auf die reine Tätigkeit abgestellt wird, sondern schon ein bestimmter Erfolg verlangt wird, so beschränkt sich dieser Erfolg doch auf die Bildung sehr negativer Einstellungen, ohne die dadurch erst mögliche Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Völker in den Tatbestand einzubeziehen. Aber auch hier muß der Richter auf die Wirkungsproblematik der Kommunikation eingehen, nämlich beim Nachweis des kausalen Zusammenhangs der Handlungsweise zur Entstehung von Haßgefühlen. Eine ähnliche Ausgestaltung wie im Alternativentwurf ist aus Art. 191 des Bayerischen Strafgesetzentwurfes von 1822 bekannt75 : "Wer ... auswärtige Staaten durch ... oder auf solche Weise angreift, daß gegen dergleichen Staaten oder Regierungen bei in- oder ausländischen Untertanen Verachtung, Haß oder feindliche Gesinnung geweckt oder unterhalten werden, ... "

3. Kausalitäts- und Beweisproblematik dieser drei Einschränkungsmöglichkeiten, dargestellt am Stand der Entwicklung der Theorien zur Wir1cungsproblematik des Massenmediums Presse Die Einschränkungen eines Straftatbestandes zur Abwehr der Zeichnung eines Feindbildes durch die Ausgestaltung als konkretes, abstrakt72 73

74 75

Dok 11 1 e. Vgl. F. C. Schroeder, S.46. Dok II 1 d. Morgen, S. 90.

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konkretes Gefährdungsdelikt oder als Verletzungsdelikt werfen alle die Frage auf, inwieweit sich die Wirkungen derartiger Kommunikation der Presse beweisen lassen. Dies gilt insbesondere für das Verletzungsdelikt, bei dem die Kausalität zu einer "Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker" oder zum Entstehen von Haßgefühlen nachzuweisen ist. Bei dem konkreten Gefährdungsdelikt ergeben sich die Probleme in ähnlicher Form, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles die Kausalität zur dadurch entstehenden Gefahr nachgewiesen werden muß. Roggemann und, ihm folgend F. C. Schroeder stellen daher in Frage, ob die Ausgestaltung von Äußerungsdelikten als konkreten Gefährdungsdelikten überhaupt praktikabel ist76 • Die Beweisschwierigkeiten, die sich aus der Ausgestaltung des § 95 des Norwegischen Strafgesetzbuches von 1902 77 als konkreten Gefährdungsdelikt ergaben, führten zur Aufhebung des hierzu ergangenen ersten Urteils in oberster Instanz. Nach diesem Vorfall und den ihm folgenden heftigen Auseinandersetzungen in Wissenschaft und Politik wurde die Vorschrift im Jahre 1909 wieder aufgehoben78 • Roggemann zieht de lege ferenda deshalb bei dem von ihm erörterten Äußerungs delikt eine Ausgestaltung mit dem "generell-abstrakten Merkmal der Eignung des Schriftinhaltes" - entsprechend dem hier besprochenen abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt - vor, weil die Rechtsprechung dann auf den "allgemeinen Durchschnittsleser" abstellen könne und der uferlose "Gegenbeweis" abgeschnitten sei79 • Für die Wirkungen der Presse auf Einstellungen der Bevölkerung und, als deren Spezialfall, nationale Vorurteile, führt aber bei dieser besonderen Art der Äußerungsdelikte der Vorschlag Roggemanns nicht aus den Schwierigkeiten heraus. Wenn auch der Richter generelle Maßstäbe bei der Beurteilung der Faktoren, die die "Eignung" begründen sollen, heranziehen kann, so muß er doch schon auf dieser eher theoretischen Ebene auf den potentiellen Wirkungsprozeß des betreffenden Presseorgans eingehen.

Aus den jüngeren Untersuchungen der Kommunikationswissenschaft wird aber deutlich, daß über den Anteil des Presseorgans neben anderen 76

77 78 i9

Roggemann, S.246; F. C. Schroeder, S.46. Dok II 6 a.

Morgen, S. 42. Roggemann, S.246 zu einer möglichen Neugestaltung des § 93 StGB.

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Faktoren, die einen solchen Wirkungsprozeß mitverursachen und, umgekehrt, über die Bedingungen, die einen solchen Wirkungsprozeß e:rschweren oder gar verhindern, schon auf theoretischer Ebene kaum eine klare Aussage zu treffen ist. Im folgenden sollen diese Schwierigkeiten an Hand einiger wichtig erscheinender Theorien der Kommunikationswissenschaft verdeutlicht werden. a) Selektives Filtern des einzelnen Rezipienten Ein Hindernis für das Wirksamwerden von Kommunikation besteht in der selektiven Wahrnehmung der Kommunikation durch den einzelnen Rezipienten. Sie läßt sich in drei Phasen aufzeigen: 1. der präkommunikativen Phase, in der der Rezipient eine Auswahl darüber trifft, welche Zeitungen oder Zeitschriften er überhaupt lesen will, 2. der Kommunikation selbst, während der bestimmte Informationen, die dem Rezipienten für die eigene Person wichtig erscheinen, aufgenommen werden, während andere Kommunikationen bewußt nicht oder nur verändert aufgenommen werden oder anders verstanden werden oder ganz übersehen werden und 3. der postkommunikativen Phase, in der noch einmal von der Erinnerung sortiert wird, was dem Rezipienten behaltenswert erscheint und unter welchen Vorzeichen er es in seine Erinnerung aufnimmt80• Die Selektionsfilter, die an diesen Stellen wirksam werden, bestehen einmal in den ichbezogenen Werten, überzeugungen und Interessen, die der Rezipient verteidigt, indem er entgegenstehende Mitteilungen zurückweist81 • Sie bestehen zudem aber auch in den Normen und überzeugungen seiner "Bezugsgruppen", das heißt der Gruppen, denen sich der Rezipient zuordnet, die er schätzt, wie seinen Freundeskreis, seine Familie, seine Arbeitskollegen oder Einrichtungen, denen er angehörtB 2 • 80 Noelle-Neumann, Information, S.356 und Pressekonzentration, S. 118 ff.; Schmidtchen, über die gesellschaftsbildende Kraft, S. 1334 f.; vgl. auch Silbermann-Zahn mit Hinweisen auf die empirischen Untersuchungen hierzu,

S. 398 f.

81 Schramm, S. 20 f.; Noelle-Neumann, Information, S.356; Peter Müller, S.133 f. 82 Schramm, S. 21 f.; Naschold, S. 97 f. mit weiteren Hinweisen auf Untersuchungen der amerikanischen Kommunikationswissenschaft.

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b) Einfluß der "Bezugsgruppen" auf den Meinungsbildungsprozeß - Die "Opinion-Leaders" Besonders die Wiederentdeckung der Kleingruppe, in Abwendung zur Theorie der Massengesellschaft, veranlaßt zu einer differenzierten Betrachtungsweise der Wirkungen von Pressekommunikation und läßt fraglich erscheinen, inwieweit noch die möglichen Wirkungen und daraus entstehenden Gefahren der Presse im Bereich der nationalen Vorurteile abschätzbar oder gar meßbar sind. Die Theorie der Massengesellschaft ging davon aus, daß aufgrund der Industrialisierung und Demokratisierung der Gesellschaft die Primärgruppen weitgehend zusammengebrochen, die einzelnen Individuen isoliert und nun atomisiert schutzlos der Massenkommunikation preisgegeben seien83 • Im Gegensatz dazu geht man seit der Wiederentdeckung der Kleingruppe in der KommunikationsforschungB4 davon aus, daß individuelle Einstellungen und Meinungen in zwischenmenschlichen Beziehungen verankert sind, daß die Gruppe Normen und Standards entwickelt, an denen sich der Einzelne orientiert und so als Rezipient der Massenkommunikation mit bereits vorhandenen Meinungen, Attitüden, den Normen seiner Gruppe gegenübersteht8ü • In der berühmt gewordenen Wahlstudie von Lazarsfeld, Berelson und Gaudet über die Präsidentschaftswahlen 1940 wiesen die Verfasser nach, daß da die persönliche Beeinflussung in den Kleingruppen, insbesondere auch in der Familie und im engen Bekanntenkreis häufiger und wirkungsvoller war als die der Massenmedien, und, daß die Massenmedien eigentlich nur Wirkungen zeitigten, wenn sie mit den Gruppennormen konform waren86 • Ein Nachwei'> der Völkerfriedensgefährdung durch ein Presseorgan, das an der Zeichnung des Feindbildes beteiligt ist, müßte den Einfluß der Gruppennormen berücksichtigen; je mehr Werte und Normen der Bezugsgruppen im Kreis der Rezipienten verankert sind, um so schwieriger wird es, dem betroffenen Presseorgan völkerfriedensgefährdende Wirkungen zuzurechnen87 • Nachweise Naschold, S.84. Der Durchbruch vollzog sich in der Howthorne-Studie, der Arbeit über den American Soldier und den Yankee-Series. (Nachweise Naschold, S.94.) 85 Nachweise bei Naschold, S. 94 ff. und Maletzke, Psychologie, S. 82 ff.; vgl. auch: Silbermann-Zahn, S.395; Schmidtchen, über die gesellschaftsbildende Kraft, S. 1336 f.; Schramm, S. 21 ff. Stereotypes Denken setzt daher schon lange, bevor Massenmedien in Anspruch genommen werden, ein. Vgl. Aschersleben, Stereotypisiertes Denken im Volksschulalter. 86 Lazarsfeld, Bereison, Gaudet, insbesondere S. 180 ff. 87 Vgl. Noelle-Neumann, Information, S.360. 83 84

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

In Zusammenhang mit den Einflüssen der Gruppennormen bei den Wirkungen der Presse ist die Rolle der "Opinion-Leaders" (Meinungsführer) zu sehen. Die schon erwähnte Wahlstudie von Lazarsfeld und seinen Mitarbeitern deckte auch auf, daß im Rahmen der persönlichen kommunikativen Kontakte zu Gruppenmitgliedern einige besonders häufig befragt wurden88 • Auf jedem Gebiet und für jede öffentliche Frage wurden bestimmte Personen bemerkt, die sich um diese Probleme besonders intensiv bekümmerten und die dann in diesen Fragen in ihrer Gruppe zu "Opinion-Leader" (Meinungsführer) wurden. So entstand die Theorie vom "Two-step flow of communication",die besagt, daß der Kommunikationsfluß meist nicht direkt vom Kommunikator zum Repizienten hin verläuft, sondern zweistufig, über die MeinungsführerB 9 • Diese Theorien wurden in späteren Studien meist wieder bestätigt90 • Die Bedeutung der Meinungsführer und der persönlichen Kommunikation wird auch aus den besonderen Umständen hierbei und der Motivation des Rezipienten deutlich: Bei persönlichen Kontakten trifft der Mitteilende den Rezipienten, der gar nicht vorhatte, sich über alle dann auftauchenden Punkte zu informieren, meist recht unvorbereitet an. Im Gegensatz zur Kommunikation durch Massenmedien ist der Rezipient hier dann weniger selektiv tätig91 • Es ist ein "feedback" vorhanden, d. h. der Rezipient kann für seine Konformität unmittelbar durch die anschließende Harmonie des Gesprächs belohnt oder durch eine Disharmonie bestraft werden. Im Gegensatz zum Massenmedium kann die Person Argumente einfließen lassen, die auch persönliche Bedeutung für den Rezipienten haben; Rückfragen können zudem sofort geklärt werden92 • Inzwischen wurde die Theorie vom Zweistufenfluß der Kommunikation verschiedentlich weiterentwickelt. So stellten amerikanische Forschungsgruppen die These vom vielstufigen Kommunikationsfluß auf, der über mehrere Zwischenglieder von Meinungsbildern läuft, die miteinander im Austausch stehen93 • V. C. Troldahl schlug vor, den "Two-step flow of communication" durch einen "Two-cycle flow" zu Lazarsfeld, Bereison, Gaudet, S. 84 ff. Lazarsfeld, Bereison, Gaudet, S. 191 ff. 90 Nachweise bei Naschold, S. 99 ff. und Maletzke, Psychologie, S. 81 f. 91 Lazarsfeld, Bereison, Gaudet, S. 192 f.; Maletzke, Psychologie, S.80; Lazarsfeld, Menzel, S. 120. 92 Lazarsfeld, Menzel, S.120; Lazarsfeld, Bereison, Gaudet, S. 194 f.; Maletzke, Psychologie, S.80 mit weiteren Hinweisen hierzu. 93 Nachweise Lazarsfeld, Menzel, S. 123. 88 89

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modifizieren, wonach zwar der Rezipient die Information zunächst vom Massenkommunikationsmittel erhält, er aber den Meinungsführer danach zu Rate zieht, um diese Information entsprechend ihren Einstellungen deuten zu können94 . Inwieweit diese Thesen auf bundes deutsche Verhältnisse übertragen werden können, ist im einzelnen noch unbeantwortet. Nach Holzer ist eine der wesentlichen Bedingungen für die Gültigkeit solcher Hypothesen "das amerikanische Leben in der städtischen oder ländlichen Gemeinde mit seinem Netz sehr persönlicher Beziehungen"95. Nach einer Studie von Wildenmann und Kaltefieiter glauben 26 0/0 der hiesigen Bevölkerung, daß sie durch das Gespräch mit politisch Informierten viel oder zumindest einiges über Politik erfahren, und 4 010 geben "sehr viel" an. Damit wurde aber noch nichts über den gesamten Gruppeneinfiuß auf Auswahl und Wertung der Informationen aus Massenmedien ausgesagt, der in dieser Studie als "erheblich" angesehen wird96 • Silbermann, Zahn ermittelten, daß 91 Ufo der Zeitungsleser über das Gelesene mit jemand sprechen und 96 Ufo der Fernsehzuschauer über das Gesehene 97 • Das Verhältnis von Massenkummunikation zu interpersonalen Wirkungen bleibt für die Bundesrepublik insgesamt noch weitgehend ungeklärt. Trotzdem kann sich eine Untersuchung über den Wirkungsprozeß der Massenmedien, die der Richter bei dem Nachweis der Friedensgefährdung oder der Eignung dazu führen müßte, nicht mehr über die Rolle der interpersonalen Beziehungen hinwegsetzen 98 • c) Persönlicher Einfluß und die Wirkungen der Massenmedien Ähnlich problematisch ist die Funktion des persönlichen Einflusses auf die Wirkungen der Massenkommunikation. Dieser ist einerseits komplementär, d. h. die Verbreitung der Massenkommunikation wird durch die Meinungsführer intensiviert, die Informationen werden gleichmäßig verteilt 99 • In Zusammenhang damit steht aber der Einfluß der Meinungsführer auf den Diffusionsprozeß. Auch die Meinungsführer selektieren in den verschiedenen Phasen der Kommunikation, auch bei ihnen sind per94 90

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Näheres hierzu: Troldahl, "Two-Step Flow of Communication". Holzer, S.35. Wildenmann, Kaltefleiter, S. 64. Silbermann-Zahn, S.416. Vgl. Naschold, S.103 f. Peter Müller, S. 126; Naschold. S. 102.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

sönliche Einstellungen und Gruppennormen dabei die selektiven Filter. Die Gruppenmitglieder werden durch die Selektion der Meinungsführer zusätzlich von nichtgruppenkonformen Informationsinhalten abgeschirmt, der Selektionsprozeß wird so potenziert1OO • Aus der Funktion des umfangreichen Selektionsprozesses, der dem Wirksamwerden von Massenkommunikation insgesamt vorangeht, lassen sich Thesen erklären, wonach die Wirkungen der Massenmedien hauptsächlich in einer Stützung oder auch Bestärkung schon vorhandener Meinungen bestehen sollen101 , weniger dagegen in einem kreativen oder Konversionseffekt des Meinungseinflüsses 102 • Gerade der Nachweis eines Verstärkereffektes ist aber mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die Intensität bestehender Meinungen müßte vor und nach einem kommunikativen Einfluß gemessen werden, um dann eine Steigerung feststellen zu können. Bei kurzfristigen Untersuchungen ist der Verstärkereffekt deshalb oft kaum von einer Wirkungslosigkeit zu unterscheiden; die Schwierigkeiten nehmen erst bei langfristigen Untersuchungen ab 103 • Langfristig sind bei einseitiger, punktueller Betonung latent zunächst erst im Ansatz vorhandener Meinungen auch Veränderungen - Konversionseffekt - durch ein damit einhergehendes Zurückgehen der vorher stärkeren Meinungen in demselben Meinungskomplex eher denkbar104 • So konnte das Demoskopieinstitut Allensbach in einer langfristigen Untersuchung über das Selbstbild der Deutschen in den Jahren 1952, 1962 u.nd 1963 deutliche Veränderungen aufzeigenlos. Langfristig werden zudem die Selektionsschranken geringer, wenn die Erinnerung an die zunächst abgelehnte Quelle der Kommunikation abgebaut wird106 • Die Schwierigkeiten bestehen aber dann darin, hier noch einen Zusammenhang zu der Kommunikation bestimmter Massenmedien aufzuzeigen. Eine Aussage über langfristige Wirkungen bestimmter Massenmedien kann nicht ohne Berücksichtigung der Einflüsse anderer Peter Müller. S. 127-136. Peter Müller, S. 132 ff.; die überragende Rolle des Verstärkereffektes heben ebenfalls hervor: Noelle-Neumann, Wirkung des Rundfunks, S.124, Wirkung der Massenmedien, S. 220; Lazarsfeld, BereIson, Gaudet, S. 124 ff.; Dröge, S. 194 ff. 1()2 Vgl. dazu Naschold, S. 104 f., der auf noch bestehende Unklarheiten dieser von Klapper eingeführten Unterscheidung hinweist. 103 Naschold, S.105. 104 Vgl. Dröge, S. 200 ff. 105 Noelle-Neumann, Pressekonzentration, S. 128 ff. 106 "Sleeper-Effekt"; vgl. dazu Maletzke, Psychologie, S. 208 f. und Grundbegriffe, S. 61; Silbermann-Zahn, S. 389. 100

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Faktoren gewonnen werden, der Selektionsphasen, der Gruppeneinflüsse und der schon vorhandenen Einstellungen der Rezipienten lo7 . d) Andere Massenmedien Um die Wirkungen einer bestimmten Kommunikation aus einem Presseorgan beurteilen zu können, sind schließlich auch noch die Einflüsse anderer Massenmedien in demselben Bereich zu berücksichtigen. Bei der Fülle des Angebots an Informationen in den verschiedenen Massenmedien wird es zusehends schwieriger, die Einflüsse eines Massenmediums - hier Presseorgans - herauszukristallisieren. Einmal besteht eine Konkurrenzsituation zu den Einflüssen von Rundfunk und Fernsehen. Als Medium für politische Informationen nimmt die Tageszeitung neben den anderen Massenmedien dabei allerdings noch immer einen hervorragenden Platz ein: Einerseits ist bei den überregionalen Tageszeitungen der Anteil politischer Informationen größer als bei den bei den anderen Massenmedienl08 • Zudem ist der Anteil derer, die täglich eine Zeitung lesen - einschließlich Boulevardzeitungsleser -, noch größer als der der täglichen Benutzer der anderen Massenmedien l09 • Zu berücksichtigen ist aber der Aktualitätsvorsprung von Fernsehen und Rundfunk gegenüber der Presse: Der zunächst aufgenommene Kurzimpuls dieser Massenmedien wird durch die Tagespresse aufgefüllt und erläutert110 • Es ergibt sich so eine Komplimentarität der Massenmedien111 • Die Beurteilung, welcher Einfluß welchem Massenmedium zuzurechnen ist, erscheint dabei ebenso schwierig, wie eine Voraussage darüber, ob sich aus der Kommunikation eines Massenmediums trotz konkurrierender anderer Informationsquellen schon eine Gefährdung ergeben kann.

Eine Konkurrenzsituation besteht zudem unter den einzelnen Presseorganen. Obgleich die Anzahl derer, die zwei oder mehrere PresseVgl. Horn, S. 244 f. 20-25 Ofo bei überregionalen Tageszeitungen, 13-15 Ofo bei Fernsehanstalten (Holzer, S. 26 ff. mit genauen Zahlen für mehrere große Tageszeitungen); ausgenommen sind die Regionalzeitungen und Boulevardblätter, bei denen der Anteil der politischen Informationen auch geringer sein kann. Anteil der "BILD-Zeitung" 5 Ofo (Holzer, S.30). 10. Nach den Untersuchungen von Silbermann, Zahn lesen 83,7 % täglich eine Zeitung, dagegen sehen nur 63,84 % täglich Fernsehen (SilbermannZahn, S.409). 110 Bericht der "Günther-Kommission" Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Drucksache V 3122, S. 40 f. 111 So auch Holzer, S.34. 107 108

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organe benutzen, gering ist 112 , kann die Konkurrenz über die interpersonale Kommunikation durch Informanden, die andere Medien benutzen, eine nur schwer abschätzbare Bedeutung bekommen. e) Äußere Bedingungen, die die Wirkungsmöglichkeiten der Presse erhöhen Bei einer stärkeren Tendenz zur Gleichschaltung der Massenmedien und bei einem gewissen Ausmaß an Konzentration im Pressewesen oder im gesamten Medienwesen können die selektiven Mechanismen gegen die Einflüsse der Presse verringert und ihre Wirkungsmöglichkeiten vergrößert werden113 • Die aufgezeigten Nebeneinftüsse auf den Kommunikationsprozeß114 können insgesamt an Relevanz verlieren. Mittelbar ergibt sich so auch eine Bedeutung des Problems der Pressekonzentration für die Presse, die an der Zeichnung des Feindbildes beteiligt ist. Eine geringere Bedeutung können die Selektionsschranken und die Nebeneinflüsse ebenso in Krisenzeiten bekommen, in denen eher die Tendenz besteht, bisher gehegte Auffassungen aufzugeben, und in denen Veränderungen gewünscht oder aber auch befürchtet werden115. Die erhöhten Wirkungsmöglichkeiten der Presse zeichnen sich dann schon äußerlich an einer steigenden Auflagenzahl ab 116 .

4. Zwischenergebnis Der Stand der Theorien zur Wirkungsproblematik des Massenmediums Presse macht deutlich, von welcher Fülle nur schwer zu beurteilender Faktoren eine Aussage über den Wirkungsverlauf der Kommunikation eines bestimmten Presseorgans abhängig gemacht werden müßte. Selbst wenn dieser problematische Entscheidungsprozeß eingeleitet würde, erschiene es nach den aufgezeigten Schwierigkeiten der Meßbarkeit oder Voraussehbarkeit der Wirkungen einzelner Presse112 Nach einer Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft mittlerer Tageszeitungen lesen 80 Ofo der Zeitungsleser nur eine Zeitung. (Günther-Kommission, S. 39, Anin. 1 mit weiteren Nachweisen.) 113 Noelle-Neumann, Pressekonzentration, S.119; hieraus ergibt sich eine der Gefahren der Pressekonzentration. (Vgl. Arndt, S. 38 ff., den Bericht der "Günther-Kommission" und die umfangreiche neuere Literatur zur Pressekonzentration.) 114 Selektives Filtern des einzelnen Rezipienten; Einfluß der "Bezugsgruppen"; interpersonaler Einfluß u. a. s. o. 115 Schmidtchen, über die gesellschaftsbildende Kraft, S.1336; Schramm, S.24; Beispiele bei H. D. Müller, S. 88 ff. 116 Noelle-Neumann, Information, S.357.

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produkte fraglich, ob er auch zu der im Strafprozeß erforderlichen hinreichend sicheren Aussage ("in du bio pro reo") führen würde. Insgesamt sind die so nur schwer zu handhabenden Straftatbestände der Zeichnung eines Feindbildes bei der Ausgestaltung als konkretes, abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt oder Verletzungsdelikt kaum geeignet, wirkungsvoll solche Handlungsweisen der Presse abzuwehren. Hier mag auch einer der Hauptgründe für die bisherige Untätigkeit des Gesetzgebers der Bundesrepublik in diesem Bereich liegen. Bei der geringen Eignung von strafrechtlichen Mitteln könnten gegen sie Bedenken aus Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen bestehen, wenn andere, minder schwerwiegende Mittel zumindest denselben oder gar einen besseren Erfolg erzielen könnten, weil strafrechtliche Mittel dann gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz verstießen. Vor der Erörterung anderer rechtlicher Mittel zur Abwehr der Zeichnung eines Feindbildes sind jedoch die Möglichkeiten strafrechtlicher Mittel, die Aufstachelung zum Krieg oder zum Völkermord abzuwehren, zu diskutieren. 111. Aufstacltelung zum Krieg

1. Tatbestandsumschreibungen in bisherigen Straftatbeständen In den bisherigen Ausgestaltungen zeichnen sich bei der Umschreibung der Handlungsweisen der Aufstachelung zum Krieg verschiedene Tendenzen ab: Die im achten Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. 6. 1968117 in § 80 a StGB vom Bundesgesetzgeber gewählte Umschreibung Aufstacheln lehnt sich an die Formulierung des § 130 StGB an. Der Begriff Aufstacheln erscheint für diesen Handlungsbereich noch in der übersetzung des Art. 225 I Nr.2 des Rumänischen Strafgesetzbuches 1936118 • Ähnlich im Sinngehalt ist die zur Zeit der Weimarer Republik mehrfach vorgeschlagene Formulierung Anreizen 119 • Kantorowicz nahm sie 1928 in § 95 a seines Gesetzesvorschlages auf l20 , ebenso wie die Vertreter der Sozialdemokratischen Partei in ihren Entwurf vom 10. April 1929 121 • In der übersetzung ausländischer Gesetzesentwürfe wurde die 117 118

BGBI I, 74l. Dok II 6 d.

119 Schönke-Schröder zu § 130, Anm. II 1 a sieht sie "im wesentlichen als gleichbedeutend" an. 120 Dok II 3 c. 121 Dok II 3 d.

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Umschreibung Anreizen für Art. 508 eines Gesetzentwurfes von Brasilien 1932 verwandtl22 • Demgegenüber sah der Entwurf der Bundesregierung 1950123 in § 80 Nr.1 die Umschreibung Fordern vor. Diese wurde im Entwurf des Unterausschusses bei den anschließenden Beratungen in § 80 IV124 beibehalten und auch wieder in § A 2 des Alternativentwurfes verwandtl25 • In § 12 I des Antrages der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei von 1950 1211 wurde mit Eintreten für eine dagegen weiter erscheinende Formulierung gewählt, die sich aber in ähnlicher Weise von dem Begriff Aufstacheln oder Anreizen abhebt; noch weiter ist in dieser Richtung die offizielle deutsche Fassung des Art. II 2 cl!7 des Gesetzes Nr. 10 des Kontrollrates mit dem Begriff Zustimmen l28 • Von Auffordern ist auch in der übersetzung des Art. 113, § 1 des Polnischen Strafgesetzbuches l29 die Rede. In Ostblockstaaten und insbesondere in der Strafgesetzgebung der DDR wurde noch häufig der Begriff Propaganda verwandtl30 • Die DDRStrafgesetzgebung gebrauchte den Begriff Propaganda in § 2 des "Gesetzes zum Schutze des Friedens" vom 15. Dezember 1950131 in § 19 I Nr.l des Strafrechtsänderungsgesetzes vom 11. Dezember 1957 132 und zuletzt in § 89 des Strafgesetzbuches vom 12. Januar 1968133 •

2. Kritik dieser Umschreibungen Gegenüber Propagierung eines Krieges erscheint die Erfassung der in Frage stehenden Handlungsweisen durch die Formulierung Aufstacheln präziser. Obgleich das Aufstacheln zugleich ein propagandistisches Element des Versuches, auf kommunikativem Wege kriegerische Handlungen herbeizuführen, enthältl3 4, drückt es zugleich darüberDok II 6 b. Dok II 1 c. 124 Dok II 1 d. 125 Dok II 1 e. 128 Dok II 1 b. 127 iVm Art. II 1 a. 128 Dok II 2 a. 129 Dok II 6 c. 130 Zu den Straftatbeständen der Ostblockstaaten, in denen es etwa nur heißt ... "Kriegspropaganda in jeglicher Form wird ... bestraft.. ... VgI. Killinger, S. 76. 131 Dok II 4 a. 132 Dok II 4 b. 138 Dok II 4 c. 134 VgI. Petters-Preisendanz zu § 80 a, Anm.2; Schwarz-Dreher zu § 80 a, Anm. 2; Willms in Leipziger Kommentar zu § 80 a, Rdz. 1. 12l!

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hinaus das Spezifische dieses Kommunikationsvorganges aus. Es bezieht das dabei vom Kommunikator benutzte Element, das Feindbild, mit ein, auf das der Kommunikator besonders intensiv einwirkt, um so zur tätlichen Entäußerung latent vorhandener nationaler Aggressionen zu provozieren135 ; auch die indirekte Form der Propaganda, bei der ein Verhalten über eine Meinungsbeeinflussung erreicht werden solP 36 , bezieht diese hier typisch erscheinenden Elemente nicht mit ein. Handlungsweisen der Aufstachelung zum Krieg wurden zudem zu den Handlungsweisen der Zeichnung eines Feindbildes aufgrund ihrer besonders intensiven Einwirkungen auf das Feindbild und den damit zusammenhängenden Provozierungen in ein Stufenverhältnis gestellt137 • Diese theoretische Unterscheidung muß im Ausdruck besonders scharf umschrieben sein, um nicht der Gefahr zu unterliegen, sich im einzelnen bei der Subsumption mit Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes zu überschneiden. Gegenüber dem ähnlichen Begrlif des _4.nreizens138 hat die Umschreibung Aufstacheln eine gesteigerte Form der so gearteten Provozierung feindseliger Tätlichkeiten zum Inhalt1 39 • Sie bringt die Beschränkung auf solche Kommunikation, die durch Einwirkung auf das Feindbild und nationale Vorurteile nationale Aggressionen und den Willen zur tätlichen Entäußerung provoziert, anschaulicher zum Ausdruck. Dagegen liegen die Formulierungen Fordern, Auffordern und auch Zustimmen, Dafür-Eintreten, Anstiften und Aufrufen auf einer anderen

Ebene. Sie verzichten auf den ausdrücklichen Einbezug eines indirekten Kommunikationsvorganges und lassen so den Entstehungsvorgang der Gefahr einer Presse unberücksichtigt, die versucht, Aktionen gegen den Völkerfrieden zu provozieren.

Verhaltensänderungen oder gar kriegerische Aktionen kann die Presse weniger durch eine bloße ausdrückliche Aufforderung dazu herbeiführen. Sie könnte so nur den letzten Anstoß geben, wenn die Bereitschaft zu kriegerischen Handlungen schon ohnehin hinreichend konkreti135

Näheres hierzu unter: Erster Teil C III; vgI. Maurach BT 5. AufI.

§ 44 II BI: "Durch die Verwendung des Ausdrucks Aufstacheln (statt Auf-

fordern oder Anreizen) soll klargestellt werden, daß nur besonders zielgerichtete, skrupellose, an niedere Instinkte appellierende, auf die Entfachung von Masseninstinkten gerichtete Äußerungen tatbestandsmäßig sind." 138 Dambmann, S. 14. 137 s. Erster Teil C III. 138 Einwirkung auf Sinne und Leidenschaften, um den Willen in der gewünschten Richtung zu beeinflussen (Kantorowicz, S. 152). Ähnlich für die Umschreibung Aufstacheln: Schönke-Schröder zu § 130, Anm. II 1 a. 139 VgI. Maurach BT, 5. Auf!. § 44 II BI; ebenso Schwarz-Dreher zu § 130, Anm.3A.

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siert erscheint. Beim Aufstacheln versucht sie erst die Bereitschaft auf dieses Ziel hin zu steigern, geht also von einer zwar latent vorhandenen, aber doch nicht bis dahin entwickelten Bereitschaft aus. Die letzte Situation entspricht deshalb eher den real denkbaren Situationen. Zu berücksichtigen ist dabei, daß der Presse ein "feedback" zu ihren Rezipienten weitgehend fehlt1 40 • Sie muß, um ihre Ziele bei den Rezipienten zu erreichen, erst Resonanz suchen. Die Tatbestandsumschreibung Aufstacheln, die das Ansprechen auf Gefühle und Leidenschaften umfaßt, wird diesem Vorgang besser gerecht l41 • Die Tatbestandsumschreibung Aufstacheln wird aber verschiedentlich als zu unscharf angesehen: sie würde der Gefahr einer extensiven Auslegung unterliegenl42 • Dieser Vorwurf erscheint weitgehend entkräftet durch den konkreten Bezug einer Aufstachelung zum Krieg, bei dem ganz bestimmte Handlungsweisen provoziert werden sollen, im Gegensatz zur Aufstachelung zum Haß143.

3. Bezugsobjekt Dabei erscheint ebenfalls zweifelhaft, wie das Bezugsobjekt der Aufstachelung zu umschreiben ist. Die bisherigen in der Bundesrepublik aufgrund von Art. 26 I GG gefaßten Gesetzesentwürfe lehnten sich weitgehend an den im Nebensatz des Art. 26 I GG als besonderen Beispielsfall gewählten Begriff des Angriffskrieges an144 • Dagegen stellte der SPD-Entwurf eines Gesetzes gegen die Feinde der Demokratie in § 12 J145 auf die Anwendung bewaffneter Gewalt ab und vermied so den nur schwer zu klärenden Begriff des Angriffskrieges. Vgl. 11 3 b. Anders kann dies bei interpersonaler Kommunikation sein, bei der ein "feedback" vorhanden ist (11 3 b). Die Möglichkeit einer bloßen Aufforderung erscheint da wegen ihrer größeren Erfolgschance realer. 142 So Diemer-Nicolaus in der 100. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Deutscher Bundestag, Stenographischer Dienst, 5. Wahlperiode, S. 1989; ebenso F. C. Schroeder, S.48. 143 Vgl. die Anmerkung unter I 1 und den Einwand von Kübler in der oben angegebenen Sitzung des Sonderausschusses. 144 Vgl.: § 80 Nr.l Regierungsentwurf 1950 (Dok 11 1 c); § 80 IV Entwurf des Sonderausschusses, der bei den anschließenden Beratungen "Angriffshandlung, die geeignet ist, einen Krieg auszulösen" vorsah (Dok 11 1 d); § A 2 des Alternativentwurfes: "Einsatz von Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland zu einem Angriffskrieg oder zu einem bewaffneten überfall" (Dok 11 1 e). § 80 a StGB übernahm im 8. Strafrechtsänderungsgesetz den Begriff des Angriffskrieges. 145 Dok 11 1 b. 140 141

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Klug führte zwar für die Justiziabilität des Begriffs Angriffskrieg an, daß es vor allem in der Geschichte des zweiten Weltkrieges eindeutige Fälle von Angriffskriegen gab und deswegen auch ein "Begriffskern" bestimmbar seP46. Inwieweit sich der Begriff des Angriffskrieges im Nachherein im einzelnen klären läßt, mag aber hier dahingestellt bleiben147 . Bei einer Aufstachelung zum Angriffskrieg ist im Vorhinein zu klären, ob die in Frage stehende Art der Kommunikation auf einen Angriffskrieg oder eine andere Kriegsbeteiligung abzielt. Eine solche Subsumption ist aber erst möglich, wenn schon präzisere Pläne oder Absichten ersichtlich sind. Ein Aufstacheln will zwar kriegerische Handlungen provozieren, im einzelnen lassen sich die intendierten Handlungen aber erst dann bestimmen, wenn das Aufstacheln mit einer gPnauer beschriebenen Aufforderung verbunden ist. Damit wird das Schwergewicht des Unwertgehaltes solcher Handlungsweisen der Presse wieder aus dem oben beschriebenen Gefahrenbereich einer besonders intensiven Einwirkung auf das Feindbild, um auf eine Entäußerung nationaler Aggressionen hinzulenken 148 , in den als unbedeutend angesehenen Bereich der wörtlichen Aufforderung zu bestimmten kriegerischen Handlungen durch Massenmedien verlagert1 49 . Für die Beschränkung dieses Straftatbestandes auf die Umschreibung

Angriffskrieg wird geltend gemacht, daß nur so die Erhöhung der

Bereitschaft zur Selbstverteidigung straflos bleibt150 . Eine Bereitschaft zur Anwendung bewaffneter Gewalt ist auch zur Verteidigung notwendig. Gegenüber dieser Formulierung erscheint dieser Einwand berechtigt.

Statt mit Angriffskrieg muß das Bezugsobjekt mit Krieg umschrieben werden151 . Dies unterscheidet sich von einer Aufstachelung zur Verteidigungsbereitschaft: Während das Ziel der ersten Kommunika146 Klug, S. 164 f. und in der 72. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 5. Wahlperiode, Deutscher Bundestag, Stenographischer Dienst, S. 1379 und 1383. Vgl. hierzu die Rechtsprechung der Nürnberger Militärtribunale in Heinze-Schilling. 147 Wie schwierig das noch erscheint, macht Schlabrendorff unter Bezugnahme auf Wengier im einzelnen deutlich (Schlabrendorff, S. 406 f.). Die Schwierigkeiten vergrößern sich bei der Suche der Atommächte nach einer "maximalen Koinzidenz von Angriff und Verteidigung, von Angriff und Gegenangriff" (Altmann, S. 415) und werden fragwürdig angesichts der Möglichkeiten eines ungewollten Kriegsausbruches. (Vgl. dazu Röling, S.184ff.). 148 s. Erster Teil C III. 149 Vgl. letztes Kapitel. 150 So vor allem Reich, S. 98 f. und Schaer, S. 493 f. 151 So auch der Antrag der SPD vom 10. 4. 1929, Dokumentation III 3 d, der allerdings nur Kriege, an denen das Reich beteiligt sein sollte, umfaßte. 7 Frank

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tion (Aufstachelung zum Krieg) darin besteht, einen Krieg herbeizuführen oder doch zumindest die Kriegsgefahr erheblich zu erhöhen i52 , zielt die letztere (Aufstachelung zur Verteidigungsbereitschaft) auf etwas grundsätzlich Gegensätzliches ab. Bei ihr soll sich der Rezipientenkreis auf einen schon ausgebrochenen Krieg oder auch eine bestehende Kriegsgefahr in seiner Verteidigungsbereitschaft einstellen. Diese Kommunikation will also niemals aus eigenem Interesse heraus die Kriegsgefahr erhöhen. Diese zwar theoretisch verständliche Düferenzierung kann aber in einer Situation kurz vor Ausbruch eines Krieges zu Schwierigkeiten bei der praktischen Unterscheidung führen. Hier kann die Frage hineinspielen, inwieweit eine Aufstachelung zu dem im gegebenen Fall vielleicht notwendigen Präventivschlag noch bloße Steigerung der Verteidigungsbereitschaft ist. Zudem ist in einer solchen äußersten Situation von sich heraus eine Verteidigungsbereitschaft mit eigener gewalttätiger Aggressivität vermischt; das trifft sowohl auf die Bevölkerung als auch auf den verantwortlichen Journalisten der Massenmedien zu. Bei einer hohen Kriegsgefahr wird es deswegen oft nicht mehr möglich sein, zu unterscheiden, ob nur eine Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft beahsichtigt war, die den Tatbestand der Aufstachelung zum Krieg ausschließt, oder aber der Kommunikator durch sein Zutun die Kriegsgefahr erhöhen wollte. Hier zeigen sich dann die Grenzen dieses Tatbestandes: Gerade dann wird aus den Unterscheidungsschwierigkeiten heraus der Tatbestand der Aufstachelung zum Krieg nach dem strafprozessualen Grundsatz "in dubio pro reo" an Bedeutung verlieren.

4. Geschütztes Rechtsgut Entgegen dem sich klar aus Art. 26 I GG ergebenden geschützten Rechtsgut für diesen Straftatbestand, nämlich dem friedlichen Zusammenleben der Völker als einem zwischenstaatlichen Friedenl53 , haben die Verfasser des § 80 a StGB unter Bezugnahme auf § 80 StGB nur die Aufstachelung zu einem solchen Angriffskrieg für strafbar erklärt, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll. Damit wird zwar einerseits der äußere Friedenszustand geschützt, aber auch nur, wenn die Bundesrepublik an dem friedensstörenden Angriffskrieg beteiligt ist, andererseits soll er aber zugleich die Bundesrepublik vor einem Angriffskrieg schützeni54 • Er erfüllt so zugleich Funktionen eines VgI. B III!. Maurach, BT, 5. Aufl., S. 383. 154 Schroeder bezeichnet diesen Tatbestand deshalb als "verwirrenden Zwitter", F. C. Schroeder, S.47; vgI. auch die Kritik von Steinhausen, S.96. 152

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Staatsschutztatbestandes155 und ist deswegen - entgegen Maurach nicht zu Unrecht den Delikten gegen den Staat zugeordnetl56 • Der vom Sonderausschuß für die Strafrechtsreform genannte Grund auch für eine solche Fassung des § 80 a StGB, es sei nicht Aufgabe deutscher Strafgerichte, eine Art internationaler Gerichtsbarkeit auszuüben167 , erscheint zumindest für die Ausgestaltung des § 80 a StGB - nicht stichhaltig. Bei der Aufstachelung zum Krieg wird nicht über schon entstandene Kriege an irgendeinem Ort in der Welt geurteilt, im Gegensatz zur Problematik der strafrechtlichen Sanktion des Verbots eines Angriffskrieges 158 • Da § 80 a StGB zudem auf den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes beschränkt bleibt, wird schon von daher ausreichend vermieden, daß deutsche Strafgerichte zu einer Art internationaler Gerichtsbarkeit werden.

5. Erforderlichkeit der Einschränkung eines Straftat bestandes "Aufstachelung zum Krieg"? Auch hier stellt sich die Frage, ob Verhältnismäßigkeitserwägungen Anlaß zur Einschränkung des Straftatbestandes Aufstachelung zum Krieg geben, ob also der Unwertgehalt solcher Handlungsweisen unumschränkt hinreichend massiv erscheint, um zu strafrechtlichen Mitteln in eine erträgliche Proportion zu treten159 • Diese Notwendigkeit sahen jedenfalls die Verfasser des Alternativentwurfes, als sie § A 2 als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestalteten160 • Gegenüber Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes hebt sich einerseits die Aufstachelung zum Krieg durch ihren besonders hohen Unwertgehalt ab 161 • Auf dem indirekten Wege über die intensive Einwirkung auf das Feindbild handelt es sich hier doch um eine unmittelbare, zielgerichtete Aktion gegen den Völkerfrieden. Sollte der 156 Schönke-Schröder, zu § 80 a, Rdz.2; Schwarz-Dreher vor § 80, Anm.3; Willms in Leipziger Kommentar zu § 80, Anm. 6. 158 Vgl. Maurach, BT, 5. Aufl., S.553. 167 Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses, BT-Drucksache, 5. Wahlperiode V 2680, S.2; zustimmend Woesner, S.2130. 168 Diese Unterscheidung wurde weder im oben genannten schriftlichen Bericht des Sonderausschusses deutlich noch in den dafür grundlegenden Ausführungen von Müller-Emmert und Maasen in der 100. Sitzung des Sonderausschusses; 5. Wahlperiode, Stenographischer Dienst, Deutscher Bundestag, S. 1983 f. 159 Vgl. I! 2. 180 s. Dok I! 1 e: '" "und dadurch eine ernste Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Völker herbeiführen ... ce. 161 Dargestellt als Stufenverhältnis zur Zeichnung eines Feindbildes unter Erster Teil B II!.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

hinter der Aufstachelung zum Krieg stehende Wille Erfolg haben, so würde es aufgrund dessen zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen. Die unmittelbare und besonders schwerwiegende Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Völker, auf die diese Handlungsweisen abzielen, rechtfertigt es, nicht mehr vom Richter den Nachweis der Entstehung dieser Gefahr zu verlangen, indem dieser Straftatbestand eine Ausgestaltung als konkretes Gefährdungsdelikt erfährt162 • Der Gesetzgeber kann vielmehr generell von der Gefährlichkeit solcher Handlungsweisen ausgehen163 • Zudem sind solche Handlungsweisen - anders als die Zeichnung eines Feindbildes - auch weder mit der gesellschaftlichen noch der persönlichen Situation der Journalisten zu erklären164 • Ein Aufstacheln zum Krieg ist notwendig mit dem unmittelbaren subjektiven Ziel des Täters verbunden, einen Krieg herbeizuführen, also mit dem höchsten friedensfeindlichen Willen165 • Das Stufenverhältnis zur Zeichnung eines Feindbildes findet in diesem subjektiven Element der Aufstachelung zum Krieg seinen spezifischen Ausdruck166 • Strafrechtliche Mittel erscheinen hier deshalb - auch ohne Einschränkung des Tatbestandes - zur frühzeitigen Abschreckung verhältnismäßig. IV. Aufstachelung zum Völkermord

Die Ausgestaltung eines Straftatbestandes der Aufstachelung zum Völkermord ist in ihrer Problematik weitgehend der der Aufstachelung zum Krieg ähnlich. Das Bezugsobjekt Völkermord ist im einzelnen in Art. II der UN"Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes" 162 Gegen die Ausgestaltung als konkretes Gefährdungsdelikt auch F. C. Schroeder, S.46. 163 Sogenanntes "abstraktes Gefährdungsdelikt", Schönke-Schröder, Vorbemerkung vor § 306 Rdz. 3. 164 Vgl. dagegen die Ausführung in 12 zur gesellschaftlichen und persönlichen Situation des Journalisten bei der Zeichnung eines Feindbildes. 165 Im Gegensatz zur Zeichnung eines Feindbildes, das "nur" auf die Erzeugung, Unterhaltung oder Bestärkung nationaler Vorurteile gerichtet ist. Demgemäß konnte da die Absicht nur mittelbar auf die Herbeiführung eines Krieges gerichtet sein. Das erschiene nach den obigen Ausführungen allerdings allzu theoretisch. (Siehe unter II 1 c.) 166 Aus diesen engen Tatbestandserfordernissen erklärt sich aber auch zugleich die geringe quantitative Bedeutung von Handlungsweisen der Aufstachelung zum Krieg, während die verzerrende Berichterstattung über das Ausland zu den häufigen Vorkommnissen im Pressewesen zählt. Die mit der Aufstachelung zum Krieg verbundene potentielle hohe Gefahr für den Völkerfrieden rechtfertigt trotzdem ihre strafrechtliche Sanktionierung.

A. Strafrecht

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umschrieben l6i , dem die Bundesrepublik durch das Gesetz vom 9.8.1954 168 beigetreten ist. Dem entspricht die Ausgestaltung des § 220 a StGBI69. Das geschützte Rechtsgut ist erst in zweiter Linie das friedliche Zusammenleben der Völker. Es handelt sich hier vor allem um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Schutz nationaler, rassischer, religiöser und ethischer Gruppen l70 . Nach der Auffassung von Robinson hat die Bundesrepublik mit der Einfügung von § 220 a StGB die Anforderungen dieser Konvention an den innerstaatlichen Strafgesetzgeber erfüllt171 • Zwar wurde in der Konvention nicht gesagt, was unter "Complicity in genocide"172 und "direct and public incitement to commit genocide"173 zu verstehen ist. Die Abgrenzung und Ausgestaltung dieser Begriffe sollten offensichtlich dem innerstaatlichen Gesetzgeber überlassen bleiben174 • Außer den im deutschen Strafrecht bekannten Teilnahmeformen

(§§ 47 ff. StGB) und der öffentlichen Aufforderung zu strafbaren Hand-

lungen des § 111 StGB bleiben weitere Tatbeiträge hierzu aber straflos. Zu vermissen bleibt der dort in Art. IIr c genannte Tatbeitrag "incitement", der mit "Anreizung" übersetzt wurde. Hierunter läßt sich der bei der Aufstachelung zum Krieg beschriebene Kommunikationsvorgang verstehen175 , der sich von einem Auffordern oder Anstiften unterscheidetl76 . Er ist entsprechend der Ausgestaltung der Aufstachelung zum Krieg, noch einzufügen. V. Zwischenergebnis

Zur Abwehr von Handlungsweisen der Aufstachelung zum Krieg und der Aufstachelung zum Völkermord sind die entsprechenden Straftat167 Siehe Dok III. 168 BGBI II, 729. 169 Bekanntmachung vom 14. 3. 1955, BGBI II, 210. 170 Vgl. Schönke-Schröder, § 220 a Rdz.2 u. 3. 171 Robinson, S. 78 f. 172 Art. III e, s. Dok III; offizielle deutsche übersetzung: Teilnahme am Völkermord. 173 Art. III c, s. Dok III; offizielle deutsche übersetzung: "unmittelbare und öffentliche Anreizung zur Begehung von Völkermord". 174 Jescheck, Genocidiums-Konvention, S. 213 f. 176 Erster Teil B III. 176 s. unter III1.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

bestände einschränkungslos verhältnismäßig. Sie genügen zudem den Bestimmungserfordernissen des Art. 103 II GG. Straftatbestände zur Abwehr der Zeichnung eines Feindbildes, der viel breitere völkerfriedensgefährdende Handlungsbereich der Presse 177 , erscheinen dagegen entweder zu weit oder - bei den erörterten Einschränkungsmöglichkeiten - in ihrer Eignung fragwürdig. Im weiteren Verlauf sind deshalb die gesetzgeberischen Möglichkeiten zur Abwehr der Zeichnung eines Feindbildes außerhalb des Strafrechts zu untersuchen. B. Normierung der Sorgfaltspflicht der Presse Schon in ihrer derzeitigen Normierung in den Länderpressegesetzen stellt sich die dort der Presse aufgelegte Sorgfaltspflicht als ein vom Gesetzgeber ergriffenes - allerdings ebenfalls nur beschränkt geeignetes - Mittel dar, Presse, die an der Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, abzuwehren1 • Danach ist die Presse zu einer möglichst wahrheitsgemäßen und objektiven Berichterstattung verpflichtet!. Zur Erfüllung dieser Wahrheitspflicht genügt das subjektive ernsthafte Bemühen der Presse um die Richtigkeit der Darstellung3 , die pflichtgemäße Prüfung erstreckt sich auf Inhalt, Herkunft und Wahrheitsgehalt der Berichterstattung!. Die Sorgfaltspflicht der Presse ist aber, soweit nicht Rechte Dritter berührt werden (bei mangelnder Sorgfalt könnte die Geltendmachung der "Wahrnehmung berechtigter Interessen" z. B. in § 193 StGB, § 824 II BGB und § 14 II UWG in Frage gestellt werden) nicht erzwingbar und strafrechtlich nicht sanktioniert5 • Eine denkbare Erweiterung der presserechtlichen Sorgfaltspflicht, etwa durch Einführung entsprechender Straftatbestände, würde die bereits erörterten Probleme der Ausgestaltung solcher Tatbestände aufwerfen. Das uneingeschränkte Unterstrafestellen verzerrender Presse würde wegen der Verletzung von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen einen Verstoß gegen die Pressefreiheit des Art. 5 I GG bedeuten6 • van Calker, Der Landesverrat, S. 251. Die einzelnen Normierungen der Länder finden sich bei Löffler 11 zu § 6; ausgegangen wird vom Wortlaut des § 6 LPG. 2 Rebmann-Ott-Storz, § 6, RdZ.7. 3 Löffler 11, § 6, Rdz.22; Rebmann-Ott-Storz § 6 Rdz.2. , Scheer zu § 6, Anm. B V. li (Löffler 11 zu § 6, Rdz.16; Rebmann-Ott-Storz zu § 6, Rdz.14.) Löffler bezeichnet sie deshalb zu Recht als eine "lex imperfecta" (Löffler 11 zu § 6, Rdz.31). e Siehe unter A 12. 177

1

c. Presse selbstkontrolle -

Der Deutsche Presserat

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Möglichkeiten zur Einschränkung von Straftatbeständen zur Abwehr solcher Presse lassen diese Tatbestände in ihrer Funktion nur noch beschränkt geeignet erscheinen7•

c. Presseselbstkontrolle -

Der Deutsche Presserat 1

I. Derzeitige Möglichkeiten und Aktivitäten des Deutschen Presserates zur Abwehr der Presse, die an einer Zeiclmung eines Feindbildes beteiligt ist Der Deutsche Presserat, eine freie Institution, hat nicht die Möglichkeit, objektive Berichterstattung mit staatlichen Zwangsmaßnahmen vergleichbaren Mitteln zu erreichen. Er wurde 1956 als "freiwillige Instanz der Selbstordnung"2 von den drei Berufsverbänden und zwar - auf der Verlegerseite - vom "Verband Deutscher Zeitungsverleger e.V." und vom "Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V." zusammen mit dem - die Journalistenseite vertretenden - "Deutschen Journalistenverband" ins Leben gerufen3 • Zu den Aufgaben, denen der Deutsche Presserat sich widmet, gehört die Bekämpfung von Mißständen im Pressewesen, um dadurch das Ansehen des Standes zu sichern und zu heben4 • So hat der Deutsche Presserat in verschiedenen Resolutionen an die Herausgeber und Redakteure appelliert, bei der Veröffentlichung von Bildern und Beiträgen über fremde Staatsoberhäupter journalistischen und politischen Anstand walten zu lassen5 • Insbesondere verzerrender Presse - auf allen Gebieten der Berichterstattung - ist der Deutsche J>resserat verschiedentlich entgegengetreten. So gehört es nach einer Resolution des Deutschen Presserates vom 27. November 1959 zur "journalistischen Anstandspflicht", daß nach Veröffentlichung einer sachlich unzutreffenden Meldung "nicht nur der wahre Sachverhalt veröffentlicht, sondern für den Leser erkennbar fest7 Siehe unter A 11; Bedenken gegen die staatliche Sanktionierung der presserechtlichen Sorgfaltspflicht äußert auch Löffler unter Hinweis auf die Diskussionen im Studienkreis für Presserecht und Pressefreiheit. (Löffler 11 zu § 6, Rdz. 31.) 1 Die SIZ wird in die Erörterung nicht mehr einbezogen. Nach einer DPAMeldung vom 15. Juli 1971 ist sie - nach Angaben ihres Vorsitzenden Eberhard Stammler - aufgelöst worden. (Der Südkurier, 15. Juli 1971, S. 2.) 2 Tätigkeitsbericht 1956-59, S. 7 ff. a Löffler in Löffler-Hebarre, S.61. 4 Löffler I, Kapitel 7, Rdz. 11; vgl. Punkt 1 b der Geschäftsordnung des Deutschen Presserates, abgedruckt im Tätigkeitsbericht 68, S. 76 ff. 5 Appell vom 26. März 1957 und Verlautbarung des Deutschen Presserates Zur Aussprache mit dem Bundesaußenminister über die Presseberichterstattung über fremde Länder und ihre Staatsoberhäupter vom 14. Juni 1961; entnommen aus Tätigkeitsbericht 1968, S. 41 und 50.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

gestellt wird, daß die vorangegangene Meldung ganz oder zum Teil unrichtig war"6. In einer Resolution vom 19.120. September 1968 aus Anlaß einer nach der Veröffentlichung als unzutreffend widerrufenen Verdächtigung, wonach die Bundeswehr während der Okkupation der CSSR angeblich einen als tschechischen Geheimsender getarnten Sender betrieben haben soll, bezeichnete es der Deutsche Presserat als unverantwortlich und der journalistischen Sorgfaltspflicht widersprechend. "vage Informationen ohne gewissenhafte und genaue Überprüfung zur Grundlage von Veröffentlichungen zu machen, durch die unter Umständen unabsehbarer Schaden für andere Staaten und Völker, aber auch für die Bundesrepublik Deutschland entstehen kann"7. Die bisherigen, hier beispielhaft aufgezeigten Aktivitäten des Deutschen Presserates bleiben insgesamt auf das ihm zustehende Mittel der öffentlichen Mißbilligung beschränkt. So ist der Deutsche Presserat eine Institution mit nur moralischer Wirkung, dem eine Befugnis zur Verhängung von Strafen oder sonstigen Sanktionen nicht zustehtB. Bei dieser Funktion kann die Tätigkeit des Deutschen Presserates noch nicht ausreichen, um etwa den Gesetzgeber im Bereich der Handlungsweisen der Presse, die an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, von seinem Gesetzgebungsauftrag zu entlastenD. Die Institution der Presseselbstkontrolle könnte aber Ansatzpunkte für den Gesetzgeber bieten, mittelbar durch eine Verleihung hoheitlicher Funktionen an sie Mißstände im Pressewesen, wie die Zeichnung eines Feindbildes, wirkungsvoller abzuwehren. 11. Möglidlkeiten der mittelbaren Abwehr des Gesetzgebers durch Verleihung hoheitlicher Funktionen an ein Organ der Presseselbstkontrolle

Die Presseselbstkontrollorgane in Italien, Südkorea und der Türkei können Disziplinarmaßnahmen von einer Verwarnung bis zum zeitlich begrenzten Schreibverbot und schließlich der Streichung aus der Berufsliste oder dem Ausschluß aus dem Berufsverband ergreifen10 • Während der Zeit der Weimarer Republik lagen in Deutschland ähnliche Gesetzesentwürfe vor. So sah der Regierungsentwurf eines 6 Entnommen aus Tätigkeitsbericht 68, S.47. 7 Entnommen aus Tätigkeitsbericht 68, S. 75. Weitere Beispiele zur Standesregel, Nachrichten korrekt wiederzugeben, in Tätigkeitsbericht 1966, S.54, 63, und zur Sachlichkeit der Darstellungen bei der Berichterstattung aus fremden Ländern, Tätigkeitsbericht 1966, S. 52-53. B Löffler I, Kap. 7, Rdz.14. DDas wäre erst dann der Fall, wenn so das Verfassungsziel des Art. 26 I 2 GG auch ohne Eingreifen des Gesetzgebers erreicht oder erreichbar wäre. (Vgl. Erster Teil E III und Ritter, S. 94 ff.) 10 Löffler in Löffler-Hebarre, S. 15.

C. Presseselbstkontrolle - Der Deutsche Presserat

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Journalistengesetzes aus dem Jahre 1924 Sanktionen der Pressekammern von einer Verwarnung und Geldstrafen bis zur auf Zeit beschränkten oder dauernden Unwürdigkeitserklärung zur Ausübung des Berufes als Schriftleiter vorl l . Die Zeit des nationalsozialistischen Regimes, in der das Schriftleitergesetz vom 4. Okt. 1933 galt, das ebenfalls Sanktionen bis zur Streichung aus der Berufsliste kannte, hat aber die Gefahren deutlich gemacht, die aus solch einer Art der Presseselbstkontrolle für die Pressefreiheit erwachsen können l2 . In der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat der Gedanke einer Ausstattung von Organen der Presseselbstkontrolle mit hoheitlichen Funktionen als Standesgerichtsbarkeit deshalb keinen Anklang mehr gefunden. Schon das (in der Vorgeschichte der Bundesrepublik) in der amerikanischen Zone am 5. November 1946 vom Länderrat der amerikanischen Zone verabschiedete Pressegesetz, das in § 38 einen Ausschluß von der Pressetätigkeit bis auf 5 Jahre vorsah, ist aufgrund der Widerstände dagegen niemals in Kraft getretenl3 • Voraussetzung für die Errichtung eines Organs der Presseselbstkontrolle mit einer Standesgerichtsbarkeit mit hoheitlichen Funktionen wäre einmal die gesetzliche 14 Einführung der Zwangsmitgliedschaft für eine solche Institution und die gesetzliche Verleihung entsprechender hoheitlicher Funktionen an die Standes gerichtsbarkeit, vergleichbar mit dem derzeitigen Status der Ärzte- und Anwaltkammern l5 • Beides ist durch die Bestimmungen der Länderpressegesetze für unzulässig erklärt worden l6 • Die Errichtung eines solchen Presseselbstkontrollorgans würde deshalb die Aufhebung oder Milderung dieser Bestimmungen der Länderpressegesetze voraussetzen. Selbst dann erschiene es aber fraglich, ob sie zulässig wäre. So meint Scheer, Zwangsorganisationen mit einer mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteten Standesgerichtsbarkeit widersprächen dem Wesen der Pressefreiheit und seien deshalb mit dem Grundgesetz nicht vereinbar l7 • Heinrichsbauer, S. 50 f. Siehe dazu Heinrichsbauer, S. 76 ff.; die einzelnen Bestimmungen des Schriftleitergesetzes, S. 82. 13 Heinrichsbauer, S. 86 ff.; die weiteren Auseinandersetzungen in der Bundesrepublik um das Zustandekommen einer Presseselbstkontrolle stellt Heinrichsbauer (S. 94 ff.) ausführlich dar. 14 Art. 58 LV; vgl. hierzu Rebmann-Ott-Storz zu § 1, Rdz.30. 15 Vgl. Löffler II zu § 1, Rdz. 100 f. 16 So in § 1 IV LPG und in den dem entsprechenden Gesetzesbestimmungen der übrigen Bundesländer, aufgeführt bei Löffler, II zu § 1, S. 15 f. 17 Scheer zu § 1, Anm. E. 11

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

Dagegen würde nach der Auffassung Löfflers die Errichtung solcher Zwangsorganisationen im Pressewesen, soweit kein Ausschluß aus dem Presseberuf vorgesehen ist, mit Art. 5 I GG vereinbar sein. Er beruft sich darauf, daß auch die Anwalts- und Ärztekammern die politische Betätigungsfreiheit und die Meinungsfreiheit ihrer Mitglieder nicht berühren18 • Die Erörterung dieser Frage ver anlaßt zu einer differenzierten Betrachtungsweise: Die Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG erschiene weniger durch die Zwangsmitgliedschaft als solche19 als durch die Sanktionsmöglichkeiten der Standesgerichtsbarkeit gegen bestimmte Handlungsweisen der Presse berührt. Unter den denkbaren Sanktionsmöglichkeiten einer Pressestandesgerichtsbarkeit 20 sieht Löffler zu Recht die äußerste Sanktion, den Ausschluß aus dem Presseberuf, als nicht mehr mit der Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG vereinbar an21 • Die Frage, inwieweit die mildernden Sanktionsmöglichkeiten mit Art. 5 I 2 GG vereinbar sind, ist davon abhängig zu machen, unter welchen Voraussetzungen diese Sanktionen verhängt werden könnten. Zwar würden standesgerichtliche Sanktionen den Betroffenen einen minder schweren Unwertgehalt ihrer Handlungsweisen bescheinigen, als das bei Strafrecht der Fall ist22 • Auf der niedrigeren Ebene der Standesgerichtsbarkeit sind sie aber doch - ähnlich wie Strafrecht - ebenfalls eine massive öffentliche Mißbilligung durch eine mit hoheitlichen Funktionen ausgestattete Institution, die erfahrungsgemäß auch wieder staatlichen Einfluß in Kauf nehmen müßte23. Der Beurteilungsspielraum eines Standesgerichts der Presse wäre - nach solchen überlegungen überdehnt, wenn es mit diesen Sanktionen allgemein "Mißständeim Pressewesen" belegen könnte24 ; aus Verhältnismäßigkeitserwägungen sind auch an die Sanktionstatbestände der Pressestandesgerichtsbarkeit Löffler II zu § 1 Rdz. 101. Hierzu wäre vor allem die Frage zu stellen, inwieweit das mit der negativen Koalitionsfreiheit des Art. 9 III GG vereinbar ist (Hesse, S.156). aA die Rspr. des BVerfG, die das in Zusammenhang mit der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 I GG sieht (BVerfGE 10, 89 [102 f.]; 10, 354 [361 ff.]; 11, 105 [126]; 12, 319 [323 f.]; 15, 235 [239]). Beurteilungskriterium ist dabei,ob sich aus dem öffentlichen Interesse heraus eine Legitimation für eine Zwangsmitgliedschaft ergibt. (BVerfGE 15, 235 [243 f.].) 20 Warnung, Verweis, Geldstrafe, zeitlich beschränkter oder unbeschränkter Ausschluß aus dem Presseberuf; vgl. entsprechende Entwürfe bei Heinrichsbauer, S. 50 ff. 21 Löffler II zu § 1, Rdz.l01. 22 Sie wären u. a. - dadurch nicht "vorbestraft". 23 Zum letzteren: Cron in Löffler-Cron, S.8. 24 So formuliert in Punkt 1 b der Geschäftsordnung des Deutschen Presserates, abgedruckt in Tätigkeitsbericht 68, S. 76 ff. 18 19

D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht

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Bestimmtheitsanforderungen und alle weiteren Einzelanforderungen der VerhältnismäßigkeW~6 zu stellen. Obgleich damit die Problematik der Ausformulierung von Sanktionstatbeständen zur Abwehr der Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes geringer zu sein scheint als die der Fassung von Strafrechtstatbeständen, unterliegt sie auf dieser niedrigeren Ebene denselben Schwierigkeiten, hinreichend präzise Umschreibungen solcher Pressetätigkeit zu finden. Entweder bestünde die Gefahr einer zu weiten Fassung, oder aber, bei den ersichtlichen Einschränkungsmöglichkeiten, eine allzu beschränkte Geeignetheit der Tatbestände26 • Die Verleihung hoheitlicher Funktionen an ein Organ der Presseselbstkontrolle erscheint deshalb gegenüber den strafrechtlichen Mitteln zwar als milderes, nicht aber als geeigneteres Mittel für den Gesetzgeber. D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht Eine Möglichkeit für eine Gesetzgebung zur Abwehr der Presse, die an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, könnte sich aber in einer innerstaatlichen Rezeption eines zwischenstaatlichen Gegendarstellungsrechts anbieten. Das Gegendarstellungsrecht würde dem durch einen verzerrenden negativen Presse artikel betroffenen Staat den Anspruch einräumen, dazu aus seiner Sicht Stellung zu nehmen. Es hat gegenüber dem ihm ähnlichen Berichtigungsrecht den Vorteil des rein formellen Charakters: Zu seiner Durchsetzung muß nicht ein richterliches Prüfungsverfahren zur Ermittlung der materiellen Wahrheit vorangehen, was meistens kaum möglich sein wird l . Das Gegendarstellungsrecht ist von formalen Voraussetzungen, wie vor allem dem "Betroffensein" abhängig. Es ist so leichter zu handhaben als das Berichtigungsrecht und kann damit auch eine größere praktische Bedeutung bekommen. I. Beitritt zur "Convention 01 tbe International Rigbt 01 Correction" der Vereinten Nationen vom 16. Dezember 19522

Ein Weg zu einer innerstaatlichen Rezeption eines Gegendarstellungsrechts könnte sich in dem Beitritt der Bundesrepublik zu der "Conven26 Siehe unter Erster Teil E 11 l. 26 Siehe unter A I und 11. I Siehe hierzu Löffler 11 zu § 11 Rdz. 37 ff. 2 Vollständiger Text des hier besprochenen Teils 11 der Konvention unter DokIV.

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

tion on the International Right of Correction" der Vereinten Nationen vom 16.12.1952 eröffnen; ein Beitritt zu einer UN-Konvention ist, wie schon das oben erwähnte Beispiel des Beitritts zur UN-"Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes" durch Gesetz vom 9.8.19543 deutlich machte, auch für die Bundesrepublik als Nichtmitgliedsstaat grundsätzlich möglich. Für einen Beitritt zur Konvention von 1952 aber ergibt sich formell von vornherein eine Besonderheit: Da die Bundesrepublik weder Mitglied der Vereinten Nationen ist noch zur Konferenz der Vereinten Nationen über die Informationsfreiheit 1948 geladen war, müßte sie zunächst nach Art. VII der Konvention 4 für "eligible"5 erklärt werden. Nach der Konvention von 1952 kann die Regierung des Landes, über das eine falsche oder verzerrte Nachricht verbreitet wurde, ihre Version über die behaupteten Tatsachen dem vertragsschließenden Land, in dem diese Nachricht verbreitet wurde, überstellen. In derselben Zeit wird eine Kopie des Kommuniques dem betreffenden Redakteuer oder dem Nachrichtendienst zugestellt6 • Spätestens 5 Tage nach Erhalt dieses Schreibens muß die Regierung des betroffenen Landes dem betreffenden Presseorgan den richtigen Sachverhalt zur Kenntnis bringen7 • Wenn dieses Land seiner vertraglichen Pflicht nicht nachkommt, kann die Regierung des verletzten Landes ihr Kommunique dem Generalsekretär der Vereinten Nationen unterbreiten. Dieser muß spätestens 10 Tage danach eine Wiederholung des Kommuniques in die ihm zur Verfügung stehenden Informationskanäle übermitteln, und zwar zugleich mit einem Kommentar des verletzten Landes, wenn ihm ein solcher zugesandt wurde s . Wie Köbl richtig bemerkt, handelt es sich bei dem in dieser Konvention als "right of correction" bezeichneten Anspruch in Wahrheit um ein echtes Entgegnungsrecht, ähnlich dem im deutschen Rechtssystem bekannten Gegendarstellungsanspruchs9 , da es für die Entstehung des Anspruchs genügt, wenn der betroffene Staat die Unwahrheit der beanstandeten Meldung behauptet1o • Die Konvention entspricht in der Ausgestaltung eines Gegendarstellungsrechts weitgehend der "Convention on the International TransBGBI II, 729, siehe oben A IV. Siehe Dok IV. 5 "Wählbar", hier wohl sinnvoller mit "erwünscht" zu übersetzen. 6 Art. II 1. 7 Art. III 1. S Art. IV. 9 So § 11 LPG; Texte der entsprechenden Normen der Länderpressegesetze bei Löffler II zu § 11. 10 Köbl, S. 30. 3

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D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht

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mission of News and the Right of Correction" 11 , die am 13.5.1949 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen zwar angenommen, aber bis heute nicht zur Unterzeichnung freigegeben wurde 12 • Sie ging auf einen Vorschlag der französischen Delegation zurück13 • Aber auch schon in der Zeit des Völkerbundes wurden ähnliche Vorschläge unterbreitet. So schlug die polnische Regierung 1931 vor, ein internationales Antwortrecht zu schaffen, und das "Institut für Geistige Zusammenarbeit" legte im Januar 1934 einen Entwurf vor, nach dem jede Mitteilung, die durch unrichtige Angaben geeignet ist, dem guten internationalen Einvernehmen zu schaden, unverzüglich durch die wirksamsten Mittel zu berichtigen ist14 • Die Konvention von 1952 konnte nach Art. Xps erst in Kraft treten, nachdem 6 Staaten sie ratifiziert hatten. Erst 10 Jahre nach ihrer Verabschiedung, 1962, konnte diese Voraussetzungs erfüllt werden; die Konvention gilt seitdem mit Wirkung für alle Signatarstaaten16 • Ihr beigetreten sind inzwischen 14 Staaten17 • Entgegen dem ursprünglichen französischen Vorschlag aus dem Jahre 1948, der eine Veröffentlichungspfiicht des Kommuniques vorsah1S , konnte in der Konvention von 1952 die Veröffentlichungspfiicht nicht durchgesetzt werden19 • Bei dieser nur unvollkommenen Form der Ausgestaltung des Entgegnungsrechts 20 wäre seine Aufnahme ins innerstaatliche Recht der Bundesrepublik gegenüber den erörterten strafrechtlichen Mitteln kein geeigneteres Mittel. 11. Subjektive Erweiterung des durcl1 die Länderpressegesetze eingeräumten Gegendarstellungsanspruclls auf fremde Staaten

Aufgrund der immer wieder auftauchenden Schwierigkeiten beim dem Versuch, auf internationaler Ebene ein wirksames Gegendarstellungsrecht zu institutionalisieren, wäre aber daran zu denken, auf staatText bei Terrou, S. 343 ff. Reich, S. 128. 13 Terrou, S.343; Löffler II zu § 11, RdZ.175. 14 Morgen, S. 25 ff. 15 Siehe Dok IV. 16 Löffler, Gegendarstellungsrecht, S.2162 . .• 17 Es sind dies nach Angabe von Löffler, Gegendarstellungsrecht, Anm.lO: Athiopien, Argentinien, Chile, Ekuador, Frankreich, Guatemala, Jamaika, Jugoslawien, Kuba, Paraguay, Peru, Salvador, Sierra Leone und die Vereinigten Arabischen Republiken (VAR). 18 Terrou, S. 343. 19 Löffler in NJW 62, S. 905. 20 Terrou, S. 345; vgl. auch Eek, S. 68. 11

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

licher Ebene, ohne die Voraussetzung der Gegenseitigkeit zu anderen Staaten, ein zwischenstaatliches Gegendarstellungsrecht einzuführen21 . Man würde damit fremden Staaten ein Gegendarstellungsrecht im eigenen Rechtsbereich einräumen, obgleich der Regierung des eigenen Staates in den Rechtssystemen der anderen Staaten ein entsprechendes Recht verwehrt bleibt. 1. Ausgang von der bisherigen Regelung

in den Landespressegesetzen

In der Bundesrepublik ließe sich das über eine Erweiterung der Anspruchsberechtigten des Gegendarstellungsrechts der Landespressegesetze auf fremde Staaten verwirklichen22 . Bisher beschränkt sich der Kreis der Anspruchsberechtigten auf natürliche oder juristische Personen und auf "Stellen"23, die von der durch eine Pressestelle aufgestellten Tatsachenbehauptung "betroffen" sind24 . Nach herrschender Auffassung steht schon nach der jetzigen Fassung dieser Normen das Gegendarstellungsrecht auch ausländischen Personen und Stellen ZU25 . SO war es auch dem polnischen Professor Kozlowski nach einem "Bild"-Artikel, in dem behauptet wurde, er hätte nach einem Unfall in Deutschland gesagt "mit Deutschen rede ich nicht", möglich, Klage auf Abdruck seiner Gegendarstellungen einzureichen26 • 21 Dem wäre nach wie vor ein unilaterales Abkommen mit Gegenseitigkeitsvereinbarung trotz alldem vorzuziehen, wenn eine konkrete Chance für dessen Zustandekommen bestünde. Nach einer mündlichen Auskunft von Dr. Martin Löffler bestehen solche Bestrebungen zur Zeit auf europäischer Ebene. Obgleich die modellhafte Wirkung einer europäischen Regelung eine weittragende Bedeutung erringen könnte, ersetzte sie als kontinental beschränktes Abkommen nicht die notwendige internationale und allseitig gültige Regelung. Solange die nicht zustandegekommen ist, muß die Forderung nach einer einseitigen Einräumung eines Gegendarstellungsrechts weiterhin aufrechterhalten bleiben. !2 Vgl. § 11 LPG. ~3 Das sind nicht nur Behörden, sondern auch alle sonstigen Körperschaften, Organisationen, Anstalten, Institute und Verbände, soweit sie nicht unter den Begriff der "Person" fallen. Übereinstimmend: Löffler II zu § 11 Rdz.43; Rebmann-Ott-Storz zu § 11 Rdz.1. 24 Vgl. § 11 LPG und die übrigen Normierungen der Landespressegesetze, zitiert bei Löffler II zu § 11. !lI Löffler II zu § 11, Rdz.45; Köbl, S.32; schon für das Kaiserreich: Kitzinger, S.73: "ohne Berücksichtigung auf Aufenthalts- und Wohnort"; ebenso: Krähling, S.54; nur Häntzschel, S.81, vertrat die Auffassung, daß der Gegendarstellungsanspruch gemäß Art. 31 EGBGB Ausländern entzogen werden könne. 26 ZV 67, S.2312.

D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht

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2. Generelles Betrojjensein Die bisherige Regelung in den Landespressegesetzen bietet einen individualen Rechtsschutz. Sie setzt demgemäß voraus, daß durch die Presseveröffentlichung der Anspruchsberechtigte individuell betroffen ist. Ein generelles Betroffensein einer Gruppe genügt hierfür nicht27 • Soll ein Staat anspruchsberechtigt sein, so nimmt er die Interessen seiner Bevölkerung28 wahr. Er repräsentiert somit immer eine Gruppe. Für den zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruch ist die Voraussetzung des individualen Betroffenseins zu eng. Zu der vorgeschlagenen Erweiterung des Gegendarstellungsrechts gehört deshalb für diesen Fall auch eine Tatbestandserweiterung, nach der dann ein generelles Betroffensein ausreichend ist, oder aber eine entsprechende erweiternde Auslegung.

3. Geltendmachung durch die diplomatische Vertretung des betroffenen Staates Zudem müßte eine Zuständigkeitsregelung für die Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruchs durch den betroffenen Staat in die innerstaatliche Normierung mit aufgenommen werden. Es ergeben sich keine Bedenken dagegen, daß solch eine Zuständigkeitsregelung ebenfalls nach innerstaatlichem Recht der Bundesrepublik vorgenommen würde. Nach den Grundsätzen des Völkerrechts können die Verfahrensvorschriften für Fälle, in denen fremden Staaten innerstaatliche Prozeßführungsrechte zugebilligt werden, von dem Staate erlassen werden, dessen Gerichte angerufen werden. Dazu gehört die Regelung über die Vertretung des fremden Staates29 • Entsprechendes muß auch für die bloße Geltendmachung von innerstaatlichen Rechten Bestand haben. Aus Gründen der Klarheit der Regelung empfiehlt es sich, jeweils nur einer Stelle des betroffenen Staates die Zuständigkeit zuzubilligen. Dabei erscheint es am sinnvollsten hierfür seine diplomatische Vertretung - seinen politischen Repräsentanten und Interessenwahrerao zu bestimmen31 • 27 Groß, S. 109; in Schrifttum und Rechtsprechung besteht hierzu Übereinstimmung: Vgl. Löffler 11 zu § 11 Rdz.52 mit zahlreichen Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung; Rebmann-Ott-Storz in § 11 Rdz.2; Köbl, S. 33f. u. a. 28 Das ist entweder das Staatsvolk oder aber in einem Vielvölkerstaat ein Volk dieses Staates. 29 Dahm I, S. 246. 30 Dahm I, S. 321. 31 Im internen Bereich der diplomatischen Vertretung dürften diese Fälle in der Regel Angelegenheit des Presseattaches sein.

112

2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

Staaten, mit denen keine diplomatischen Beziehungen bestehen, müßten die Möglichkeit haben, sich durch die diplomatische Vertretung eines von ihnen gewählten Landes vertreten zu lassen. Es würde dem Sinn des zwischenstaatlichen Gegendarstellungsrechts zuwiderlaufen, gerade diese Staaten, mit denen in der Regel mehr Spannungen bestehen als mit den vertretenen, vom Gegendarstellungsrecht auszuschließen. Gerade ihnen gegenüber könnte damit ein politisch besseres Klima erreicht werden. Auch noch nicht anerkannte Staaten müßten aus denselben Gründen diese Möglichkeit haben3!.

4. Gerichtliche Durchsetzung Keine Bedenken ergeben sich zudem dagegen, daß der ausländische Staat nach erfolgloser Geltendmachung des Abdruckverlangens den ordentlichen Rechtsweg in der Bundesrepublik gegen das betreffende Presseorgan beschreiten könnte, so, wie das in der jetzigen Regelung bestimmt ist33 • Er müßte sich der Jurisdiktion der Bundesrepublik für diese Klage unterwerfen. Trotz der insofern damit verbundenen teilweisen Einbuße der Souveränität des klagenden Staates erscheint eine solche Klage grundsätzlich zulässig34.

5. Gesetzgebungskompetenz Die Gesetzgebungskompetenz für die entsprechende Erweiterung der Landespressegesetze zum Gegendarstellungsrecht fremder Staaten und der Völker fremder Staaten liegt gemäß Art. 30 GG in Verbindung mit Art. 70 GG bei den Landesgesetzgebern35 • Der Bund hat allerdings gemäß Art. 75 Nr.2 GG eine Rahmenzuständigkeit, da sich hier schon aus der grenzüberbrückenden Problematik der Presse, die an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, ein Bedürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung begründen läßt36 • 32 In einer Reihe von Ländern haben sich die Gerichte auf den Standpunkt gestellt, daß die Wirkungen der Nichtanerkennung auf den politischen Bereich der diplomatischen Beziehungen, den Abschluß mit Verträgen und den sonstigen Staatsverkehr im engeren Sinne beschränkt werden müßten. Näheres hierzu Dahm I, S. 128. Obgleich das Gegendarstellungsrecht dem politischen Bereich zuzuordnen ist, dient es doch gerade einer politischen Normalisierung und müßte daher ebenfalls hiervon ausgenommen sein. 33 § 11 LPG und die entsprechenden Landesregelungen bei Löffler II zu

§11.

34 Dahm I, S. 245 ff.; vgl. RGZE 62, 165 (167), wobei Einzelfragen, wie die der Möglichkeit einer Widerklage noch strittig sind. (Dazu Dahm I, S. 246 f.) 35 Groß, S. 102 f. 36 Art. 75 GG iVm Art. 72 II Nr.3 GG; vgl. Groß, 5.102 f.

D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht

113

01. Verbältnismäßigkeitserwägungen zur möglichen Einschränkung der Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG bei der EInführung eines Gegendarstellungsanspruchs für fremde Staaten

Die gesetzliche Einräumung eines Gegendarstellungsanspruch.s an die durch Presseartikel "Betroffenen" wird schon für das jetzt geltende Gegendarstellungsrecht nicht als eine Beschränkung der Pressefreiheit des Art. 5 I GG angesehen: Bei der potentiellen Wirkungskraft der modernen Massenkommunikationsmittel und der "Autorität des geschriebenen Wortes" muß den durch solche Kommunikation Betroffenen alsbald die Möglichkeit gegeben sein, über dieselben Kommunikationskanäle die Dinge aus ihrer Sicht darzustellen37 • Das Gegendarstellungsrecht erweitert den Informationsgehalt der Presse; es beschränkt deshalb nicht die Pressefreiheit, sondern kann über die Gefahr einer zu einseitigen Darstellung hinwegführen durch die Möglichkeit zu einer ausgewogeneren Diskussion38 • Art. 5 I 2 GG legitimiert nicht falsche und verzerrte Nachrichten; unterlaufen aber solche, ist die Presse schon wegen ihrer Sorgfaltspflicht zu einer Berichtigung verpflichtet. Diesem Grundgedanken entspricht der Gegendarstellungsanspruch39 •

1. Übermäßige Ausdehnung des Kreises der Anspruchsberechtigten? Die Zulassung ausländischer Staaten und der Völker ausländischer Staaten zu den Anspruchsberechtigten eines Gegendarstellungsanspruchs könnte aber zu einer übermäßigen, der Presse nicht mehr zumutbaren Ausdehnung dieses Kreises und auf diesem Wege zu einer unzulässigen Einschränkung der Pressefreiheit führen. Die bisherige Beschränkung auf individuell Betroffene würde für einen Teilbereich auf generell Betroffene ausgedehnt, nämlich die Gesamtheit eines fremden Staates. Trotzdem bestünde nicht die Gefahr einer unübersehbaren Zahl von Anspruch.sberech.tigten, denn die Möglichkeit zur Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruch.s bliebe beschränkt auf eine zuständige Stelle, die diplomatische Vertretung. 2. Zu weite Anspruchsvoraussetzungen?

Trotz des somit überschaubaren Kreises von Anspruchsberech.tigten könnten die deutschen Presseorgane aber in Gefahr geraten, nun mit einer nicht mehr vertretbaren Fülle von Gegendarstellungen überS7 S8 S9

Löffler II zu § 11, Rdz. 2l. Löffler II zu § 11, Rdz. 166. Herzog in Maunz-Dürig-Herzog zu Art. 5 I 2, Rdz. 148 ff.

8 Frank

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

schüttet zu werden. Jede Tagesausgabe eines Presseorgans enthält Auslandsberichte. Stünden da nicht in gleichem Umfange Gegendarstellungen zu erwarten? Wäre diese Gefahr gegeben, so könnten zugleich Bedenken Raum gewinnen, mit dem Gegendarstellungsrecht räume man unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung feindlich gegenüberstehenden Systemen ein Propagandainstrument ein. Ähnliche Bedenken standen schon hinter der Ablehnung der ohnehin nur beschränkten Regelung der UN-Konvention von 195240 durch die USA, die UdSSR und England und verhinderten lange Zeit ihr Inkrafttreten41 • Für die Entstehung des Anspruchs genügt es, wenn ein fremder Staat durch eine in einem deutschen Presseorgan aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Betroffen ist er, wenn er dadurch unmittelbar oder mittelbar in seinen Interessen berührt ist4!. Nicht erforderlich ist, daß er dadurch verletzt oder auch nur angegriffen ist43 . Die bisherige einengende Auslegung, wonach ein individuelles Betroffensein verlangt wurdeH , entfällt. Die darüber hinaus bestehenden einengenden Tatbestandsvoraussetzungen der derzeitigen Ausgestaltung des Gegendarstellungsanspruchs geben aber hinreichend Schutz gegen eine sachlich ungerechtfertigte quantitative Zunahme von Gegendarstellungen im zwischenstaatlichen Bereich. a) Nur Tatsachenbehauptungen gegenüber Tatsachenbehauptungen So können sie nur gegenüber Tatsachenbehauptungen, nicht aber gegenüber in Presseartikeln geäußerten Meinungen und Werturteilen geltend gemacht werden. Dem entspricht die Regelung, daß sich auch der Anspruchsteller in seiner Gegendarstellung auf tatsächliche Angaben beschränken muß45. Diese Regelung zielt dagegen, daß Gegendarstellungen zur Austragung öffentlicher Polemiken mißbraucht werden46 • Für das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht bekommt sie eine vor40 Dok IV. 41 ZV 53, S. 114. 42 übereinstimmend: Löffler II zu § 11 Rdz.46; Rebmann-Ott-Storz zu § 11 Rdz.2. 43 So Löffler II zu § 11 Rdz. 54 mit zahlreichen Hinweisen auf die in dieser Frage einige Literatur; ebenso u. a.: Rebmann-Ott-Storz zu § 11 Rdz.4; Köbl, S. 35 f.; anderer Ansicht anscheinend nur Scheel' zu § 11, S.263, nach dem eine Beeinträchtigung oder Schmälerung der persönlichen Interessen erforderlich ist. 44 Siehe dazu oben unter II 2. 45 § 11 LPG, s. auch die entsprechenden Regelungen in den übrigen Landespressegesetzen bei Löffler II zu § 11. 48 Köbl, S. 50.

D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht

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rangige Bedeutung für die Abwehr eines propagandistischen Mißbrauchs. Die Meinungsbildung bleibt dem Leser überlassen; sie wird durch das Mehr an Informationen nur objektiviert. Allerdings können sich im einzelnen Schwierigkeiten zur Abgrenzung von Tatsachen und Werturteilen ergeben. Als Maßstäbe dienen hierfür dieselben Grundsätze, die in Rechtsprechung und Literatur vor allem zu den §§ 186, 187, 263 StGB entwickelt wurden47 , so unter anderem der des Reichsgerichts, wonach Tatsache alles ist, was dem Beweis zugänglich ist48 • Der Abwehr der Gefahr einer subjektiven Verfärbung zwischenstaatlicher Gegendarstellungen dient die bisherige Rechtsprechung, die die Begriffe "Meinung" und "Werturteil" im Gegendarstellungsrecht bei politischen Auseinandersetzungen weit auslegte 49 • b} Materiell berechtigtes Interesse Auch die Beschränkung auf Tatsachenbehauptungen läßt - jedenfalls alleine - die Möglichkeit offen, daß dann zumindest auf jede Tatsachenbehauptung in der Auslandsberichterstattung eine gegenteilige Tatsachenbehauptung als Gegendarstellung folgt. Die Regelung des § 11 II LPG, nach der die Pflicht zum Abdruck nicht besteht, wenn ein berechtigtes Interesse zur Veröffentlichung fehlt, bietet jedoch hiergegen einen hinreichenden Schutz50 • Dieser materielle Gesichtspunkt mildert den streng formellen Grundsatz des Gegendarstellungsrechts in sachgerechter WeiseS l • Ein berechtigtes Interesse fehlt danach, wenn eine Veröffentlichung der Gegendarstellung nach den Umständen des Einzelfalles weder geboten noch veranlaßt ist52 • Das ist einmal dann der Fall, wenn die in der Gegendarstellung behaupteten Tatsachen belanglos sind53 • 47 Zur umfangreichen Literatur vgl. Löffler II zu § 11, Rdz. 82 ff.; Rebmann-Ott-Storz zu § 11, Rdz. 10; Köbl, S.51. '8 RGStE 55, S. 131. 411 Hinweise hierzu bei Löffler II zu § 11 Rdz. 81. GO Diese Regelung ist auch in den meisten Landespressegesetzen enthalten. Vgl. die Texte bei Löffler II zu § 11. In den Ländern, in denen sie nicht ausdrücklich normiert ist, gilt sie als allgemeines Rechtsprinzip. (BGH in NJW 65, S. 1231.) 51 Dagegen hält Köbl diese Einschränkung für "rechtspolitisch kaum wünschenswert". Er hält es für hinreichend, daß ohnehin jede Rechtsausübung am Rechtsmißbrauch die Grenze findet. (Köbl, S.67.) Es ist aber dann nicht einzusehen, warum die beim Gegendarstellungsrecht spezifischen Mißbrauchsmöglichkeiten nicht ausdrücklich normiert werden sollen, wenn sie - wie hier - der Rechtssicherheit dienlich sind. 52 Rebmann-Ott-Storz zu § 11, Rdz.17. 63 Löffler II zu § 11, Rdz.69; Rebmann-Ott-Storz zu § 11 Rdz.17.

8"

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

Da der zwischenstaatliche Gegendarstellungsanspruch vor allem einer objektiven Berichterstattung dienen soll - im Gegensatz zum bestehenden Gegendarstellungsanspruch, der aus dem Persönlichkeitsrecht erwächst54 - wird man dies hier weiter auslegen können. Belanglos sind danach nebensächliche Dinge, die das Gesamtbild der Nachricht nicht wesentlich verändern. Im Vordergrund muß bei dieser Auslegung die mögliche Wirkung auf den Leser stehen. Ist diese durch die in der Gegendarstellung behaupteten Tatsachen nur unerheblich in einem gegenläufigen Sinne beeinflußbar, so besteht auch kein berechtigtes Interesse. Zu berücksichtigen ist bei der Auslandsberichterstattung dabei, daß das Informationsinteresse gröbere Strukturen aufweist als in der lokalen Berichterstattung. Es wird daher zu fragen sein, inwieweit der Rezipientenkreis noch gewillt und in der Lage ist, vor allem sehr ins einzelne gehende Informationen aufzunehmen. Ein berechtigtes Interesse ist aber auch dann nicht gegeben, wenn die Gegendarstellung offensichtlich unwahr ist. Mit dem Erfordernis des berechtigten Interesses werden zwischenstaatliche Gegendarstellungen somit auf ein für eine objektive Auslandsberichterstattung dienliches Maß beschränkt. c) Angemessener Umfang Zu erwähnen bleibt letztlich noch die Ausschlußmöglichkeit, wenn die Gegendarstellung einen unangemessen großen Umfang hat55 • Danach darf die Gegendarstellung nur soviel Raum in Anspruch nehmen, als zur klaren, konzentrierten Darstellung erforderlich ist; nach der in allen Landespressegesetzen (abgesehen von Bayern und Hessen) ausdrücklich bestimmten Regelungen darf sie jedoch mindestens die Länge des beanstandeten Textes haben.

Insgesamt gewährleisten diese Regelungen ein an Zahl, Inhalt und Umfang vertretbares Maß von Gegendarstellungen. Auch für den zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruch gilt das eingangs Gesagte 56 : Es würde nicht die Pressefreiheit beschränken, 54 Siehe hierzu Löffler II zu § 11, Reiz. 32 ff. (strittig); das gilt auch für Stellen, die in beschränktem Maß - zB. bei der Ehre - auch einen Schutz genießen, der aus dem Persönlichkeitsrecht erwächst. 55 § 11 II LPG. Entsprechende Regelungen finden sich auch in den übrigen Landespressegesetzen. 68 Siehe oben zu Beginn dieses 111. Kapitels.

D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht

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sondern das Diskussionsforum und damit auch die Information in der Bundesrepublik erweitern und ist insofern ganz der liberalen Institution der Presse- und Informationsfreiheit verpflichtet57 •

3. Geeignetheit, im Vergleich zu strafrechtlichen Mitteln Gegenüber den oben58 erörterten strafrechtlichen Mitteln zur Abwehr eines Presseorgans, das an der Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, berührt ein zwischenstaatlicher Gegendarstellungsanspruch die Pressefreiheit des Art. 5 I 2 GG demnach in geringerem Maße. Es bleibt aber zu erörtern, ob der Gegendarstellungsanspruch als Mittel der Abwehr solcher völkerfriedensgefährdender Presse im gleichem Maße geeignet oder sogar besser geeignet erscheint. Ließe sich das bejahen, so wäre die Erforderlichkeit strafrechtlicher Mittel in diesem Bereich abzulehnen59 • Der abschreckende Effekt durch die massive Drohung strafrechtlicher Sanktionen ist bei einem Gegendarstellungsanspruch nur in geringerem Maße gegeben. Er ist aber auch vorhanden. Ein Redakteur, der durch Verzerrungen oder auch Lügen an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, läuft Gefahr, bei Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruchs gegen seine Behauptungen im eigenen Presseorgan bloßgestellt zu werden. Darunter kann nicht nur die Glaubwürdigkeit in seinem eigenen Leserkreis leiden; auch für sein berufliches Fortkommen kann das Konsequenzen haben. Bei zu häufiger Bloßstellung kann auch sein Ansehen in seinem Berufskreis geschmälert werden60 • Entscheidende Vorteile bietet aber der Gegendarstellungsanspruch gegenüber strafrechtlichen Normen in diesem Bereich bei der Abwehr der Wirkungen schon erfolgter Massenkommunikationen. Strafrechtliche Sanktionen nehmen auf bereits entstandene oder im Entstehen begriffene Wirkungen einer völkerfriedensgefährdenden Kommunikation durch ein Presseorgan grundsätzlich keinen Einfluß mehr. Das Verfahren ist mit einer Bestrafung des betreffenden Redakteurs abgetan; der durch ihn entstandene Schaden bleibt bestehen. Reich, S. 128. Unter A. 59 Vgl. Erster Teil E II 1. 60 Vgl. die Präambel der UN-Konvention von 1952: " ... to heighten the sense of responsability of those regularly engaded in the dissemination of news." Dok IV. 57

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

Demgegenüber bietet der Gegendarstellungsanspruch dem betroffenen Staat die Möglichkeit, den Wirkungen einer schon veröffentlichten friedensgefährdenden Kommunikation nun noch im nachhinein unmittelbar zu begegnen. Dazu steht ihm derselbe Kommunikationskanal mit seinen Einflußmöglichkeiten zur Verfügung wie dem Verfasser des verletzenden Artikels. Es besteht so die Möglichkeit, ein schon entstandenes oder im Entstehen begriffenes Feindbild im Rezipientenkreis noch zu korrigieren. Der Gegendarstellungsanspruch greift also nicht nur in das erste Stadium völkerfriedensgefährdender Kommunikation ein, indem er den Entstehungsprozeß beim Kommunikator zu hindern sucht, sondern er setzt zugleich beim nächsten Stadium an: Er benutzt dasselbe Medium, um auf die Möglichkeiten friedensgefährdender Auswirkungen, das Prinzip der Erwartung und die Bildung und Aufrechterhaltung nationaler Vorurteile 61 einen gegenläufigen Einfluß zu nehmen. Allerdings dürfen auch die Möglichkeiten des Gegendarstellungsanspruchs nicht überschätzt werden. Negative Bilder entstehen schneller als positive Bilder. Ein schon entstandenes negatives Bild läßt sich durch ein nachgereichtes positives Bild nur schwer korrigieren6~. Das ist erklärbar aus der latenten Bereitschaft, fremde Völker in einem negativeren Bild zu sehen als das eigene Volk63 • Trotzdem erweist sich bei einem ständigen Wachsen realitätsgerechter Information nach neueren Erkenntnissen der Sozialpsychologie auch Feindschaft letztlich als eine korrigierbare Einstellung64. Insgesamt erscheint der zwischenstaatliche Gegendarstellungsanspruch zur Abwehr der Presse, die an einer Zeichnung eines Feindbildes beteiligt ist, besser geeignet als strafrechtliche Sanktionsnormen in diesem Bereich. Das ergibt sich auch aus der größeren Praktikabilität einer solchen Rechtsnorm: Da die Einräumung eines Gegendarstellungsanspruchs nicht notwendig mit einer Beschränkung der Pressefreiheit verbunden ist, ist es möglich, ihn von nur formellen Voraussetzungen abhängig zu machen, nämlich dem Betroffensein durch eine von dem betreffenden Presseorgan veröffentlichte Tatsachenbehauptung6G • Die bei den Strafrechtstatbeständen erörterte Problematik der zu weiten Fassung von Tatbeständen zur Entgegnung der Zeichnung eines Feindbildes und die Kausalitäts- und Beweisschwierigkeiten für die Entscheidung des 11 Siehe Erster Teil C II 3. Schmidtchen, Manipulation, S. 27 f. 63 Vgl. die gruppenpsychologische Erörterung unter Erster Teil eIl 4. 64 Mitscherlich, Krieg, S. 82. 85 So in § 11 LPG. Vgl. dazu Löffler II zu § 11 Rdz. 37 ff.

62

D. Das zwischenstaatliche Gegendarstellungsrecht

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Einzelfalls bei den oben aufgezeigten möglichen Korrektiven zu solchen Tatbeständen66 entfallen hier. IV. Die Einseitigkeit des hier vorgeschlagenen zwischenstaatlichen Gegendarstellungsansprucbs

Der hier erörterte Vorschlag eines zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruchs setzt keine Gegenseitigkeitsvereinbarung mit anderen Staaten voraus und macht ihn somit unabhängig von der Bereitschaft anderer Staaten zur Einführung einer entsprechenden Rechtsnorm. Das entspricht dem Grundgedanken von Art. 26 I 2 GG, nach dem der Gesetzgebungsauftrag, völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen abzuwehren, auch nicht davon abhängig ist, daß in anderen Staaten zu gleicher Zeit entsprechende Maßnahmen zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen ergriffen werden. Die Diskussion um strafrechtliche Tatbestände in diesem Bereich in der Bundesrepublik konnte folgerichtig ohne Rücksicht auf Gegenseitigkeitsvereinbarungen verlaufen67 • Bedenken gegen die einseitige Einführung eines zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruchs können daher nur politischer Art sein: Die Bundesrepublik könnte so - ohne daß sich dafür eine äußere Notwendigkeit ergibt - eine Art von Vorleistung erbringen ohne die konkrete Aussicht auf entsprechende Honorierung. Soweit dies ersichtlich ist, hat auch bisher kein Staat anderen Staaten entsprechende Rechte einseitig eingeräumt. Ein politischer Schaden stünde dagegen nicht zu befürchten. Eine Informationserweiterung in diesem Rahmen kann nur der Versachlichung außenpolitischer Diskussionen dienen. Gegen die zuerst genannten Bedenken ist auf den politischen Nutzen beschränkter einseitiger Maßnahmen als Beitrag zu internationalen Bemühungen um den Abbau von Spannungen hinzuweisen, den in der Friedensforschung die sogenannten Gradualisten deutlich machten: Einseitige Maßnahmen bestehen nach dem Konzept der Gradualisten zunächst in einseitigen symbolischen Schritten, die dem Gegner den eigenen echten Friedenswillen deutlich machen sollen und die Atmosphäre des Kalten Krieges überwinden helfen sollen. Ziel ist letztlich, eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens zu schaffen, in der die strittigen Fragen dann friedlich beigelegt werden können68 • Siehe A I und II. Im Gegensatz - zB - zum hierzu ergangenen § 2 von Art. 113 des polnischen StGB 1932, der Gegenseitigkeit voraussetzte. (Dok II 6 c.) 68 Siehe Etzioni, S. 92 ff.; vgl.· dazu Senghaas, Unilateralismus, S. 10 U. mit zahlreichen Hinweisen auf die verschiedenen Vertreter des Gradualismus. Hinweise auch bei Fetscher, S. 29 ff. und Bahr, S. 140 ff. 66

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2. Teil: Innerstaatliche Normen zur Abwehr

Die Gradualisten stehen in scharfem Gegensatz zu den Unilateralisten, die für radikale einseitige Maßnahmen - zunächst in der westlichen Welt - eintreten, wie eine totale einseitige Abrüstung89. Ihnen wird von den Gradualisten zu Recht vorgeworfen, sie würden zwar Leben retten und Krieg verhindern, könnten aber letztlich nicht der Gefahr entgehen, daß die ganze Welt mit dem Kommunismus überzogen wird70 • Zu den einseitigen Maßnahmen der Gradualisten gehört nicht nur die schrittweise Veränderung und Verkündung einer dementsprechenden Außen- und Militärpolitik; in derselben Zeit muß innenpolitisch auch die "Propaganda" reduziert werden 71 • Das hat für eine Politik der Entspannung in zweierlei Hinsicht Bedeutung: Einmal kann nur so der notwendige Rückhalt in der eigenen Bevölkerung für diese Politik geschaffen oder bestärkt werden. Zudem wird sie erheblich behindert, wenn sich der Gegner zur gleichen Zeit durch "Propaganda" aus dem entspannungswilligen Land angegriffen sieht. Hier wird der Stellenwert einseitiger innerstaatlicher Maßnahmen zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen der Presse und damit auch der Einführung eines einseitigen zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruchs deutlich. Wenngleich der zwischenstaatliche Gegendarstellungsanspruch das, was Etzioni "Propaganda" nennt, nicht von vornherein verhindern kann, gibt er doch dem "Gegner" die Möglichkeit, verzerrende Tatsachenberichte, die ihn betreffen, aus seiner Sicht darzustellen, um so selbst zu einer ausgeglicheneren MeinungsvielfaIt beizutragen.

89 70 71

Dazu Senghaas, Unilateralismus, S. 7 H. Etzioni, S. 76 ff. Etzioni, S. 93 f.

Zusammenfassung Um den Bereich des Gesetzgebungsauftrages von Art. 26 I 2 GG gegen völkerfriedensgefährdende Handlungsweisen der Presse zu umgrenzen, mußte zunächst ein genereller Zusammenhang solcher Handlungsweisen mit den daraus möglicherweise entstehenden Gefahren für das friedliche Zusammenleben der Völker beschrieben werden. Es ließen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche potentiell völkerfriedensgefährdende Handlungsgruppen der Presse aufzeigen: 1. Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes mit ihrem Zu-

sammenhang zum "Prinzip der Erwartung", der Bildung und Aufrechterhaltung nationaler Vorurteile und den daraus potentiell entstehenden nationalen Aggressionen. 2. Die Aufstachelung zum Krieg als eine unmittelbare, zielgerichtete Aktion gegen den Völkerfrieden, die im Stufenverhältnis der Zeichnung eines Feindbildes überzuordnen ist. Ähnlich der Aufstachelung zum Krieg ist die Aufstachelung zum Völkermord, die aber zugleich auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist. Die Frage, inwieweit die dargestellten völkerfriedensgefährdenden Handlungsweisen der Presse vom Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG erlaßt werden, setzte eine Erörterung über den Friedensbegriff des Art. 26 I GG voraus: Der Meinung, der Friedensbegriff des Art. 26 I GG sei wegen einer sonst unvermeidlich erscheinenden Einschränkung von Grundfreiheiten und anderen Verfassungsgütern generell restriktiv auszulegen, kann nicht zugestimmt werden. Sachgerechter erscheint es, die Konflikte des Friedensbegriffs des Art. 26 I GG mit dem jeweilig tangierten anderen Verfassungsgut im Einzelfall auszutragen. Dabei muß zwischen dem tangierten Verfassungsgut und dem in Art. 26 I GG geschützten Wert des Friedens eine optimale Grenzziehung nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen bei Anwendung des Prinzips praktischer Konkordanz erfolgen. Ein umfassender statischer Friedensbegriff, der sich nicht von vornherein auf ein Teilgebiet der Friedensproblematik beschränkt, wie etwa der restriktive Friedensbegriff, ist inexistent. Nur in Teilbereichen sind die Voraussetzungen eines friedlichen Zusammenlebens der Völker schrittweise zu klären. In Zusammenhang damit ist zu beantworten,

122

Zusammenfassung

welche potentiell völkerfriedensgefährdenden Handlungsweisen dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG zuzurechnen sind. Den hinreichend geklärten Bereichen völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen können die beschriebenen Handlungsgruppen der Presse zugeordnet werden. In Zusammenhang mit der Einführung der Grundsätze des Prinzips praktischer Konkordanz wurde die Geltung von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen für den Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG begründet. Hieraus ergaben sich zwei Folgerungen für den Gesetzgeber: 1. Art. 26 I 2 GG enthält keine vorweggenommenen Ausgestaltungsprinzipien für die Fassung von Straftatbeständen. Die Ausgestaltung muß vielmehr nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen erfolgen.

2. Strafrecht ist nicht das einzig gebotene gesetzgeberische Mittel nach Art. 26 I 2 GG. Sowohl aus dem Erforderlichkeitsprinzip als auch aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im engeren Sinne ergibt sich für den Gesetzgeber die Pflicht, nach Mitteln zu suchen, die die Pressefreiheit minder schwer beschränken als Strafrecht. Die Erörterung des zweiten Teils der Arbeit über Möglichkeiten des innerstaatlichen Gesetzgebers zur Abwehr völkerfriedensgefährdender Handlungsweisen der Presse führte zu den folgenden Ergebnissen: 1. Ein uneingeschränktes Unterstrafestellen der Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes ist ihrem Unwertgehalt nicht angemessen. 2. Die korrektive Ausgestaltung dieses Straftatbestandes als Absichtsdelikt ließe hier den größten Tätigkeitsbereich der Presse, der aus der Transaktionstheorie und der Gatekeepertheorie eher gesamtgesellschaftlich mit der darin zu sehenden spezifischen Situation der Presse begründet wurde, unberücksichtigt und beschränkte sich auf den hier nur wenig bedeutsamen Bereich, in dem ein friedensstörender Wirkungsablauf durch die dahinterstehende Absicht des einzelnen Journalisten herbeigeführt werden soll. Ein solcher Sanktionstatbestand wäre zur Abwehr nur wenig geeignet.

3. Ausgestaltungen als konkretes, abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt oder als Verletzungsdelikt sind bei der Beurteilung des Einzelfalles für den Richter mit den Schwierigkeiten der Erkenntnis eines nur schwer vorhersehbaren oder nachvollziehbaren Wirkungsprozesses der Presse in diesem Bereich verbunden. Die bei einer solchen Ausgestaltung entstehenden Beweisschwierigkeiten zur Kausalität lassen auch sie nur beschränkt geeignet erscheinen. 4. Gegen die tatbestandlich uneingeschränkte strafrechtliche Sank'tionierung unmittelbar zielgerichteter Aktionen gegen den Völker-

Zusammenfassung

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frieden, wie die der Aufstachelung zum Krieg und der Aufstachelung zum Völkermord, ergeben sich keine Bedenken aus Verhältnismäßigkeitserwägungen. 5. Die presserechtliche Sorgfaltspflicht ist in ihrer jetzigen Ausgestaltung zur Abwehr der Zeichnung eines Feindbildes nur eine "lex imperfecta". Ihre denkbare Erweiterung durch Sanktionsnormen würde zu den unter Punkt 1-3 erwähnten Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung in diesem Bereich führen. 6. Eine denkbare gesetzgeberische Verleihung hoheitlicher Funktionen an die derzeitig nur auf moralische Wirkung beschränkte Institution des Deutschen Presserates liefe den Bestimmungen der Landespressegesetze zuwider. Unabhängig davon würde die Sanktionierbarkeit letztlich trotz der niedrigeren Ebene mit der unter Punkt 1 bis 3 beschriebenen Problematik der Ausgestaltung der Sanktionstatbestände konfrontiert. 7. Als geeignetster Ansatz zur gesetzgeberischen Abwehr der Handlungsweisen der Presse zur Zeichnung eines Feindbildes erweist sich die subjektive Erweiterung des durch die Länderpressegesetze eingeräumten Gegendarstellungsanspruchs auf fremde Staaten. Der einseitig innerstaatlich normierte zwischenstaatliche Gegendarstellungsanspruch könnte nicht nur einen abschreckenden Effekt haben und so derartiger Massenkommunikation im Entsthungsprozeß entgegnen; er könnte auch noch in das nächste Stadium, den Wirkungsprozeß dieser Kommunikation, eingreifen, indem er die Möglichkeiten böte, ein schon entstandenes oder im Entstehen begriffenes Feindbild zu korrigieren.

Schlu6bemerkung Die vorgeschlagenen gesetzgeberischen Möglichkeiten - Straftatbestände gegen die Aufstachelung zum Krieg oder zum Völkermord und die Einführung eines einseitigen zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruchs zur Abwehr der Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes - können nur als Beitrag zur Lösung der Problematik völkerfriedensgefährdender Presse gelten; diese reicht im übrigen über die rechtlich erfaßbaren Sachverhalte hinaus. Zu dieser Feststellung veranlassen einmal die sich im Laufe der Arbeit abzeichnenden Grenzen des Rechts in diesem Bereich': Der abschreckende Effekt strafrechtlicher Sanktionsnormen kann Handlungsweisen der Aufstachelung zum Krieg nur teilweise verhindern. In einer krisenhaften Situation - kurz vor Ausbruch eines Krieges - ist die dann notwendig zulässige Aufstachelung zur Verteidigungsbereitschaft von einer Aufstachelung zum Krieg in vielen Fällen kaum zu unterscheiden!, der Straftatbestand ist damit in dieser aktuellen Situation schwerer zu handhaben. Den breiteren Bereich völkerfriedensgefährdender Presse, Handlungsweisen zur Zeichnung eines Feindbildes, kann die Einführung eines einseitigen zwischenstaatlichen Gegendarstellungsanspruchs - mit einem noch geringeren Abschreckungseffekt als Strafrecht - ebenfalls nur bedingt verhindern. Seine Chance entsteht nach der Veröffentlichung solcher Kommunikation; dann vermag er in einen im Entwicklungsstadium begriffenen Wirkungsprozeß solcher völkerfriedensgefährdender Presse einzugreifen. Die vorliegende Arbeit versuchte zudem zu zeigen, daß die Probleme völkerfriedensgefährdender Presse nicht nur in ihrem äußeren Erscheinungsbild und deren potentiellen Wirkungen zu sehen sind: Die Gesellschaft, der Kreis der Rezipienten völkerfriedensgefährdender Presse, ist an ihrem Entstehungsprozeß mitbeteiligt, wie das die Transaktionstheorien verdeutlichten3 • Der einzelne verantwortliche Journalist ist auch von den Normen dieser Gesellschaft geprägt und drückt so oft nur aus, was ohnehin schon vorherrschende Meinung ist. , Vgl. die Bemerkungen am Schluß des Ersten Teils E III. Siehe Zweiter Teil A III 3. S Zweiter Teil A I 2. 2

Schlußbemerkung

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Ein tiefer gehender Ansatz der Abwehr völkerfriedensgefährdender Presse müßte deshalb danach suchen, auf solche schon bestehenden Meinungen und Einstellungen und ihre permanente Tradierung einen gegenläufigen Einfluß zu gewinnen. In diesem Untersuchungsbereich hat vor allem die Friedenspädagogik einen hohen Stellenwert. Auf ihre Aufgaben und Möglichkeiten ist abschließend hinzuweisen: Aschersleben konnte in einer empirischen Studie eine beträchtliche Verbreitung nationaler Vorurteile schon im Vorschulalter nachweisen4 • Mehrere Entwicklungsstadien vom Vorschulalter an bezogen Renate und Egon Barrer in ihre Studie ein und konnten dabei feststellen, wie sich das Bild über fremde Völker im frühen Alter schrittweise ins Negative wandelt. Äußerten sich zunächst die befragten Kinder noch zu fünfzig Prozent positiv über fremde Völker, so verschlechterte sich das Verhältnis nur zwei Jahre später schon auf dreißig Prozent5 • Die gruppenpsychologisch erklärbare latente Bereitschaft zur Bildung negativer Bilder über fremde Völker6 wird in frühen Lernprozessen unterstützt. In diesen Stadien ergibt sich für eine Friedenspädagogik die Chance, dem entgegenzuwirken. Der einzelne Pädagoge spielt für ihre Ziele die Rolle eines "opinion leader"7. Friedenspädagogik erfordert vorweg die Revision von Schulbüchern, die bis in unsere Jahre erheblichen Anteil an der Zeichnung eines Feindbildes habenS. Die Didaktik klassischer Schulfächer wie Geschichte, Sozialkunde, Religion oder Deutsch müßte - auf die Ziele einer Friedenspädagogik hin - neu überdacht werden. Um Eingang in die gesamte Bildungspolitik zu finden, müßten Innovationen der Friedenspädagogik schließlich in die Diskussion um die Lehrpläne, die Sozialpädagogik und die Schulpsychologie, des Lehrstils und auch der Schulstruktur eingebracht werden9 • Die Friedenspädagogik hat bereits neue Bildungskonzepte entwickelt. So hat Paul F. Brandwein in Teamarbeit mit Soziologen, Psychologen und Pädagogen das Modell eines modernen Lehrsystems einer sozialen und politischen Basisorientierung für Vor- und Grundschulen erarbeitet10 • 4 Aschersleben, in einer Untersuchung an einer mittleren norddeutschen Industriestadt aus dem Jahre 1961, S. 212 ff. S Hinweise hierzu bei Weise, Vorurteile sind erlernt. e Vgl. Erster Teil C II 4. 7 Siehe Zweiter Teil A II 3; vgl. Senghaas, Abschreckung, S.267. 8 K. F. Roth, S. 88. 9 Kaiser, S.57. 10 Hinweise hierzu bei Lückert, S; 196 ff.

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Schlußbemerkung

Langfristig aber sind die erhofften Erfolge einer Friedenspädagogik und auch der kodifikatorischen Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben der Völker davon abhängig, daß zugleich die - für die Makrolernprozesse entscheidende - Tagespolitik vom Freund-FeindBild abrück:tl l . So stehen die völkerfriedensgefährdende Presse, Einstellungen und Meinungen der Bevölkerung und das tatsächliche politische Geschehen in einem (untrennbaren) mehrfachen Zusammenhang. Jede zur Verdeutlichung erforderliche Beleuchtung von Einzelaspekten - wie die der völkerfriedensgefährdenden Presse - ist nur sinnvoll, wenn sie sich einordnet in die synchronen Bemühungen von Wissenschaft und Politik auf all diesen Ebenen.

11 Senghaas, Abschreckung, S. 263 ff. Mikrolernprozesse der Friedenspädagogik werden sonst durch Makrolernprozesse zunichte gemacht.

Dokumentation I. Die Emser Depesche 1 Telegramm des Geheimrats Abeken

"S. M. der König (Se. Majestät) schreibt mir: "M. Benedetti (Graf Benedetti) fing mich auf der Straße (Promenade) ab, um auf zuletzt sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte ihn autorisieren (autorisiren), sofort zu telegraphieren (telegrahiren), daß ich für alle Zukunft mich verpflichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur (Candidatur) zurückkämen! (zurückkämen.) Ich wieß (wies) ihn, zuletzt etwas ernst, zurück, (ihn zuletzt etwas ernst zurück), da man atout jamais dergleichen engagements (Engagements) nicht nehmen dürfe noch könne. Natürlich sagte ich ihm, daß ich noch nichts erhalten hätte und, da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei, als ich, (sei als ich), er wohl einsähe, daß mein Gouvernement wiederum außer Spiel seL" "Seine Majestät hat seitdem ein Schreiben des Fürsten bekommen.

Bismarcks Redaktion "Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der kaiserlich französischen Regierung (Regirung) von der königlich spanischen amtlich mitgeteilt (mitgetheilt) worden sind, hat der französische Botschafter in Ems an Seine Majestät (an Seine Majestät den König) noch die Forderung gestellt,

ihn zu autorisieren (autorisiren), daß er nach Paris telegraphiere (telegraphire), daß S. M. (Seine Majestät) der König sich für alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur (Candidatur) wieder zurückkommen sollten.

1 Die beiden Fassungen der Emser Depesche, zitiert nach Faber, S. 197 f. Entnommen aus Hohfeld (Hsg.), Deutsche Reichsgeschichte in Dokumenten, Bd. 1 (1849-1906), S. 49, Nr. 18; und Bismarck, Gedanken und Erinnerungen, Bd.2, S.87 Fußnote 1 und S. 90 f. Wo die Hohfeldsche Dokumentation von Bismarcks Wiedergabe abweicht, ist die letztere in Klammern hinzugefügt.

Dokumentation

128

Telegramm des Geheimrats Abeken Da S. M. (Seine Majestät) dem Grafen Benedetti gesagt, daß er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat Allerhöchst derselbe (Allerhöchstderselbe), mit Rücksicht auf die obige Zumutung (Zumuthung), auf des Grafen Eulenburg und meinen Vortrag beschlossen, den Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur durch einen Adjutanten sagen lassen (sagen zu lassen) : daß S. M. (Seine Majestät) jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten, die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter nichts weiter zu sagen habe, S. M. (Seine Majestät) stellt Euer Exzellenz (Euer Excellenz) anheim, ob nicht die neue Forderung Benedettis (Benedetti's) und ihre Zurückweisung sogleich sowohl unseren (unsern) Gesandten als auch der Presse mitgeteilt (als in der Presse mitgetheilt) werden sollte."."

Bismarcks Redaktion

Seine Majestät (Seine Majestät der König) hat es darauf abgelehnt, den französischen Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjudanten vom Dienst sagen lassen, daß Seine Majestät dem Botschafter nichts weiter mitzuteilen (mitzutheilen) habe."

11. Straftatbestände zur Abwehr völkerfriedensgeflihrdender Presse! 1. Rechtsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland Tatbestände deutscher Länder. nach dem 2. Weltkrieg

a) § 80 I Ziff. 3 des Bayerischen Gesetzes Nr. 14 gegen Rassenwahn und Völkerhaß vom 13.3. 19463. "Wer durch Außerungen oder Handlungen des Rassenwahns oder Völkerhasses die Bevölkerung beunruhigt und dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet." b) Antrag der Fraktion der SPD: Entwurf eines Gesetzes gegen die Feinde der Demokratie 4• § 12

I) Wer öffentlich oder geheim für die Anwendung bewaffneter Gewalt gegen andere Völker eintritt oder wer Pläne entwirft, sich an einer Verbindung beteiligt oder Maßnahmen trifft, die vom Bundestag nicht 2 Die hier aufgeführte Dokumentation strafrechtlicher Normen umfaßt die aufgezeigten Rechtsentwicklungen nicht vollständig. Sie beschränkt sich auf die im Text besprochenen und zitierten Tatbestände. Zur weiteren, umfassender~n Information vor allem: Killinger, S. 76 ff.; Steinhausen, S.5!f. und für die zurückliegende Zeit auch Morgen, insbesondere für die frühe deutsche Rechtsentwicklung, S. 88 !f. a Zitiert nach Killinger, S. 78. 'Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode 1949, Drucksache Nr.563.

Dokumentation

129

gebilligt sind und einen Krieg vorbereiten sollen, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft. c) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, eingebracht von der Bundesregierung5 . § 80 Wegen Friedensverrats wird mit Zuchthaus bestraft, 1. Wer öffentlich oder geheim die Anwendung bewaffneter Gewalt zu einem Angriffskrieg fordert oder auf andere Weise die Führung eines Angriffskrieges vorbereitet oder 2.... oder 3. Wer in der Absicht, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, öffentlich gegen ein anderes Volk hetzt oder wider besseres Wissen eine unwahre Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, den Frieden zu gefährden.

d) Entwürfe des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht bei den Beratungen über den Entwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes der Bundesregierung 19506 • §80 Wer mit bewaffneter Gewalt eine Angriffshandlung, die geeignet ist, einen Krieg auszulösen, gegen das Gebiet eines fremden Staates unternimmt, wird wegen Friedensbruches mit Zuchthaus, in besonders schweren Fällen mit lebenslangem Zuchthaus bestraft. I)

II) u. III) ... IV) Wer in Versammlungen oder durch Mittel öffentlicher oder ge-

heimer Verbreitung ein solches Unternehmen fordert, wird mit Gefängnis bestraft. § 80 a

I) Wer in der Absicht, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, in Versammlungen oder durch Mittel öffentlicher Verbreitung gegen ein anderes Volk durch Verleumdungen oder grobe Entstellungen Haßgefühle hervorruft, wird wegen Friedensstörung mit Gefängnis bestraft.

e) Vorschläge im Alternativentwurf7• §A2 Aufforderung zum Friedensverrat Wer den Einsatz von Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland zu einem Angriffskrieg oder zu einem bewaffneten Uberfall fordert und dadurch eine ernste Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Völker herbeiführt, wird wegen Aufforderung zum Friedensverrat mit Freiheitsstrafe bis zu bestraft. §A3 Wer öffentlich in einer Weise, die das friedliche Zusammenleben der Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode 1949, Drucksache 1307. Letzteres siehe unter c; entnommen aus dem Kurzprotokoll der 87. Sitzung dieses Ausschusses vom 14. II. 1951, S. ~7. 7 Alternativentwurf, S.12 u. 14. 5

6

9 Frank

Dokumentation

130

Völker stört, zum Haß gegen ein anderes Volk aufstachelt, wird wegen Völkerverhetzung mit. " bestraft. 2. Tatbestände des Alliierten Kontrollrates

a) Gesetz Nr.

108 •

Art. II 1. Jeder der folgenden Tatbestände stellt ein Verbrechen dar: a) Verbrechen gegen den Frieden. Das Unternehmen des Einfalls in andere Länder und des Angriffskrieges unter Verletzung des Völkerrechts und internationaler Verträge, einschließlich der folgenden, den obigen Tatbestand jedoch nicht erschöpfenden Beispiele: Planung, Vorbereitung, Beginn oder Führung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzung von internationalen Verträgen, Abkommen oder Zusicherungen; Teilnahme an einem gemeinsamen Plan oder einer Verschwörung zum Zwecke der Ausführung eines der vorstehend aufgeführten Verbrechen. 2. Ohne Rücksicht auf ... wird eines Verbrechens nach Maßgabe von Ziffer 1 dieses Artikels für schuldig erachtet, wer a) als Täter oder b) als Beihelfer bei der Begehung eines solchen Verbrechens mitgewirkt oder es befohlen oder begünstigt oder c) durch seine Zustimmung daran teilgenommen hat oder ... b) Direktive Nr. 38, vom 12. Okt. 1946, bezüglich der Verhaftung und Bestrafung von Kriegsverbrechern, Nationalsozialisten und Militaristen und Internierung, Kontrolle und überwachung von möglicherweise gefährlichen Deutschen9 • AIII Aktivist ist auch, wer nach dem 8. Mai 1945 durch Propaganda für den Nationalsozialismus oder Militarismus oder durch Erfindung und Verbreitung tendenziöser Gerüchte den Frieden des deutschen Volkes oder den Frieden der Welt gefährdet hat oder möglicherweise noch gefährdet. 3. Entwürfe früherer deutscher Rechtsentwicklung

a) Art. 191 eines Entwurfes des Bayrischen Strafgesetzes von 182210• Wer Regierungen, Behörden und Einrichtungen auswärtiger Staaten, mit welchen friedliche Verhältnisse bestehen, in öffentlichen Reden, öffentlich verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen, durch spott, Lästerung, gehässige Beschuldigung oder auf solche Weise angreift, daß gegen dergleichen Staaten oder Regierungen bei in- oder ausländischen Untertanen Verachtung, Haß oder feindliche Gesinnung geweckt oder unterhalten werden, ist zu Arrest bis zu 3 Monaten zu verurteilen. Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr.3, 31. Jan. 1946. Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 11, 31. Okt. 1946. 10 Zitiert nach Morgen, S. 90.

8

9

Dokumentation

131

b) Forderung von Calkers aus dem Jahre 190611 • Es muß unter Strafe gestellt werden die leichtfertige Veröffentlichung und Verbreitung von falschen Nachrichten, welche geeignet sind, das friedliche Verhältnis des Deutschen Reiches zu anderen Staaten zu stören. c) Gesetzesvorschlag von Kantorowicz aus dem Jahre 192812 • § 95 a Kriegshetze Wer öffentlich oder in einer Vereinigung zu einem Angriffskrieg des Reichs oder gegen das Reich auffordert oder anreizt, wird mit Gefängnis bestraft. d) Antrag der Vertreter der Sozialdemokratischen Partei in der Sitzung des Strafrechtsausschusses des Reichstages vom 10. April 1929 auf Einführung folgender Bestimmungl3 . § 95 a

Wer öffentlich zu einem Krieg des Reiches oder zu einem Krieg gegen das Reich anreizt, wird mit Zuchthaus bestraft. 4. Straftatbestände der DDR

a) Gesetz zum Schutze des Friedens vom 15. Dezember 195014 • Vorspruch: Die aggressive Politik der imperialistischen Regierungen der USA, Großbritannien und Frankreichs, die auf ein neues Weltgemetzel hinzielt, droht das deutsche Volk in einen mörderischen Bruderkrieg zu verstricken. Die Remilitarisierung Westdeutschlands, die Bestrebung zur Wiederaufrichtung des deutschen Militarismus und Imperialismus stellen eine große Gefahr für die Existenz und Zukunft der deutschen Nation und für den Frieden und die Sicherheit Europas dar. Nur auf dem Wege der Demokratie und des Friedens kann die Einheit und Unabhängigkeit Deutschlands erreicht und gesichert werden. Die imperialistische Politik der Verstrickung Westdeutschlands in einen neuen verbrecherischen und von vornherein aUSSIchtslosen Krieg stellt eine Bedrohung unseres Volkes und Vaterlandes dar. Die Nation muß aus dieser Bedrohung befreit werden. Die Erhaltung des Friedens ist das dringlichste nationale Interesse und die Forderung aller demokratischen und patriotischen Kräfte des gesamten deutschen Volkes. Die Kriegspropaganda der anglo-amerikanischen Imperialisten und ihrer Helfershelfer stellt eine ernste Gefährdung für den europäischen Frieden und für die Freundschaft des deutschen Volkes mit allen friedliebenden Völkern dar. Die Kriegspropaganda, unter welchen Formen auch immer sie sich vollziehen möge, ist eines der schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 11 12 13 14

9'

van Calker, Friedensgefährdung, S.281. Kantorowicz, S. 151. Zitiert nach Morgen, S. 99. Gesetzblatt der DDR, Nr. 141 vom 22. Dezember 1950.

Dokumentation

132 §1

Wer andere Völker oder Rassen schmäht, gegen sie hetzt, zum Boykott gegen sie auffordert, um die friedlichen Beziehungen zwischen den Völkern zu stören und das deutsche Volk in einen neuen Krieg zu verwickeln, wird ... bestraft. §2

Wer eine Aggressionshandlung, insbesondere einen Angriffskrieg propagiert oder in sonstiger Weise zum Kriege hetzt, wer Deutsche zur Teilnahme an kriegerischen Handlungen, die der Unterdrückung eines Volkes dienen, anwirbt, verleitet oder aufhetzt, wird ... bestraft. b) Strafrechtsergänzungsgesetz vom 11. Dezember 195715 . § 19 I) Wer 1. Den Faschismus oder Militarismus verherrlicht oder propagiert oder gegen andere Völker oder Rassen hetzt, ... c) Strafgesetzbuch der DDR vom 12. Januar 196816 • Auszug aus der Präambel: Das sozialistische Strafgesetzbuch ist Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Rechtssytems der Deutschen Demokratischen Republik. Es dient insbesondere dem entschiedenen Kampf gegen die verbrecherischen Anschläge auf den Frieden und die Deutsche Demokratische Republik, die vom westdeutschen Imperialismus und seinen Verbündeten ausgehen und die Lebensgrundlagen unseres Volkes bedrohen. Es dient zugleich dem Kampf gegen Straftaten, die aus dem Fortwirken der überreste der kapitalistischen Zeit erwachsen und durch feindliche Einflüsse und moralische Verfallserscheinungen aus den imperialistischen Staaten genährt werden. Damit gewährleistet das sozialistische Strafrecht den wirksamen Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung und der sozialistischen Gesetzlichkeit. § 89 Kriegshetze und -propaganda

I) Wer einen Aggressionskrieg, einen anderen Aggressionsakt oder die Verwendung von Atomwaffen oder anderen Massenvernichtungsmitteln zu Aggressionszwecken propagiert oder zum Bruch völkerrechtlicher Vereinbarungen, die der Wahrung und Festigung des Friedens dienen, auffordert oder in diesem Zusammenhang zur Verfolgung von Anhängern der Friedensbewegung aufreizt, gegen diese Personen wegen ihrer Tätigkeit Gewalt anwendet, sie verfolgt oder verfolgen läßt, wird mit ... bestraft. § 92 Faschistische Propaganda, Völker- und Rassenhetze

I) Wer faschistische Propaganda, Völker- oder Rassenhetze treibt, die geeignet ist, zur Vorbereitung oder Begehung eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit aufzuhetzen, wird mit ... bestraft.

15 16

Gesetzblatt der DDR, Teil I, S. 643; entnommen aus Bracht, S. 118. Gesetzblatt der DDR Teil I Nr. 1 vom 22. Januar 1968.

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133

5. Entwürfe und Normen im deutschsprachigen Ausland

a) Österreichischer Strafgesetzentwurf von 191217 • § 115

Wer durch eine Druckschrift unwahre oder entstellte Nachrichten verbreitet, durch welche die Beziehungen der Monarchie zu einem fremden Staat gefährdet werden, wird mit ... bestraft.

b) "Stooßscher Vorentwurf für ein schweizerisches Strafgesetzbuch" 18. Art. 174 Wer Nachrichten veröffentlicht oder verbreitet, welche geeignet sind, das Ansehen oder die Interessen des Landes zu schädigen oder die guten Beziehungen der Eidgenossenschaft zu dem Ausland zu trüben, wird ... bestraft. c) § 308 des geltenden österreichischen Strafgesetzbuches 19. Wer ein falsches Gerücht, das geeignet ist, die Öffentlichkeit zu beunruhigen oder die öffentliche Meinung des Auslandes über die Verhältnisse im Inland im ungünstigen Sinne zu beeinflussen, ohne zureichende Gründe, es für wahr zu halten, oder eine sogeartete angebliche Vorhersagung ausstreut oder weiterverbreitet, ist ... zu bestrafen. 6. übersetzungen von fremdsprachigen Entwürfen und Straftatbeständen aus dem Ausland

a) § 95 des norwegischen Strafgesetzbuches vom 22. Mai 190220 • Wer das friedliche Verhältnis zwischen Norwegen und einem anderen Land durch öffentliche Verhöhnungen oder Anreizung zum Hasse gegen Norwegen oder die norwegische Regierung oder gegen ein anderes Land oder dessen Regierung oder dadurch gefährdet, daß er ohne nachweisbare Unterlagen einer Regierung ungerechte oder schändliche Handlungen beimißt, 'oder wer dazu mitwirkt, wird . .. bestraft. b) Gesetzentwurf der Republik der Vereinigten Staaten von Brasilien von 1928, ausgearbeitet von Virgilio de Sä. Pereira 21 • Art. 508 Wer in einer öffentlichen Versammlung oder durch die Presse durch Wort oder Schrift versucht, Brasilien zum Angriffskrieg oder Eroberungskrieg (durch Art.34 N. 11 und Art.89 der Verfassung verboten) wirksam anzureizen, wird . . . bestraft. Art. 510 Wer falsche oder verfälschte Urkunden, erfundene oder gröblich entstellte Mitteilungen dazu benutzt, die guten Beziehungen Brasiliens mit irgendeinem anderen Land zu stören, wird mit '" bestraft. Zitiert nach Morgen, S. 91. Ohne Jahresangabe, zitiert nach van Calker, Friedensgefährdung, S.280. (Aus dem Jahre 1906.) 19 Zitiert nach Österreichisches Recht, S. 230. 20 Zitiert nach van Calker, Friedensgefährdung, S. 280. 21 Zitiert bei Morgen, S. 24/25. 17 18

134

Dokumentation

c) Der auf Vorschlag von Rappaport 1932 in Polen aufgenommene Art. 113 poln. StGB2!. §1

Wer öffentlich zum Angriffskrieg auffordert, wird mit ... bestraft. §2

Die Verfolgung tritt nur dann ein, wenn die im § 1 bezeichnete Tat auch durch Gesetze desjenigen Staates als strafbar anerkannt ist, gegen den die Aufforderung gerichtet ist. d) Art. 225 I Nr.2 des rumänischen Strafgesetzbuches, 1936 auf Betreiben des Völkerrechtlers Pella aufgenommen 23 • Nach Art. 225 I Nr.2 rum. StGB wird bestraft, wer, um auf den rumänischen Staat einen Zwang in der Richtung auszuüben, daß er einen Angriffskrieg unternehme, die öffentliche Meinung in diesem Sinne durch direkte wie immer geartete Werbemittel aufstachelt; ebenso, wer durch die gleichen Mittel im Lauf der diplomatischen Verhandlungen über Lösung einer internationalen Unstimmigkeit, oder wer zur Zeit, da diese Unstimmigkeit bei einem zuständigen, internationalen Gericht anhängig ist, eine Volksbewegung entfesselt, um einen Druck auf die Regierung zugunsten des Kriegsausbruchs auszuüben, wodurch er ihr die Handlungsfreiheit nimmt. Abs.2 dieses Artikels besagt weiter: Die vorgesehene Handlung ist straffrei, wenn für ihre Begehung eine herausfordernde ausländische Veranstaltung bestimmend eingewirkt hat. e) Art. 163 C des kubanischen Gesetzbuches der sozialen Verteidigung24 • Wer durch Presse oder Radio falsche Nachrichten in der Absicht verbreitet, den internationalen Frieden oder die guten Beziehungen der Republik zu irgendeiner anderen Nation zu stören, wird bestraft.

10. Auszüge aus der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes25 Article 11

Artikel 1128

In the present Convention, genoeide means any of the following acts committed with intent to destroy, in whole or in part, anational, ethnical, raeial or religious group, as such:

In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe;

a) Killing members of the group;

Zitiert nach Schönke, S.285; siehe auch Steinhausen, S. 30 f. Zitiert nach Schönke, S.285; vgl. auch Steinhausen, S. 30 f. 24 Zitiert nach Killinger, S.77. 25 Entnommen aus dem Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu der Konvention vom 9. Dezember 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes. (BGBI 1954 Teil 11, S. 729 ff.) 28 Amtliche deutsche Übersetzung. 22

23

Dokumentation b) Causing serious bodily or mental harm to members of the group; c) Deliberately infticting on the group conditions of life calculated to bring about its physical destruetion in whole or in part; d) Imposing measures intended to prevent births within the group; e) Forcibly transferring children of the group to another group.

135

b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.

Artiele Irr

Artikel Irr

The following aets shall be punishable: a) Genocide; b) Conspiracy to commit genocide;

Die folgenden Handlungen sind zu bestrafen: a) Völkermord, b) Verschwörung zur Begehung von Völkermord, e) unmittelbare und öffentliche Anreizung zur Begehung von Völkermord, d) Versuch, Völkermord zu begehen, e) Teilnahme am Völkermord.

c) Direct and publie incitement to eommit genocide; d) Attempt to commit genocide; e) Complieity in genoeide.

IV. Convention on the International Right of Correction27 Adopted by General Assembly of the United Nations on 16. December 1952

Preamble The Contracting States, Desiring to implement the right of their peoples to be fully and reliably

informed

Desiring to improve understanding between their peoples through the free flow to information and opinion, Desiring thereby to protect mankind from the seourge of war, to prevent the recurrence of aggression from any source, and to combat a11 propaganda which is either designed or likely to provoke or encourage any threat to the peace, breach of the peace, or act of aggression, Considering the danger to the maintenance of friendly relations between peoples and to the preservation of peaee, arising from the publication of inaccurate reports, 27

Entnommen aus Eek, S. 151 ff.

136

Dokumentation

Considering that at its second regular session the General Assembly of the United Nations recommended the adoption of measures designed to combat the dissemination of false or distorted reports likely to injure friendly relations between States, Considering, however, that it is not at present practicable to institute, on the international level, a procedure for verifying the accuracy of areport which might lead to the imposition of penalties for the publication of false or distorted reports, Considering, moreover, that to prevent the publication of reports of this nature or to reduce their pernicious effects, it is above all necessary to promote a wide circulation of news and to heighten the sense of responsability of those regularly engaged in the dissemination of news, Considering that an effective means to these ends is to give States directly affected by areport, which they consider false or distorted and which is disseminated by an information agency, the possibility of securing commensurate publicity for their corrections, Considering that the legislation of certain States does not provide for a right of correction of which foreign governments may avail themselves, and that it is therefore desirable to institute such a right on the international level, and Having resolved to conclude a Convention for these purposes, Have agreed as follows:

Article I For the purposes of the present Convention: 1. "News despatch" means news material transmitted in writing or by means of telecommunications, in the form customarily employed by information agencies in transmitting such news material, before publication, to newspapers, news periodicals and broadcasting organizations.

2. "Information agency" means a Press, broadcasting, film, television or facsimile organization, public or private, regularly engaged in the collection and dissemination of news material, created and organized under the laws and regulations of the Contracting State in which the central organization is domiciled and which, in each Contracting State where it operates, functions under the laws and regulations of that State. 3. "Correspondent" means anational of a Contracting State or an individual employed by an information agency of a Contracting State, who in either case is regularly engaged in the collection and the reporting of news material, and who when outside his State is identified as a correspondent by a valid passport or by a similar document internationally acceptable. Article II 1. Recognizing that the professional responsability of correspondents and information agencies requires them to report facts without discrimination and in their proper context and thereby to promote respect for human rights and fundamental freedoms, to further international understanding and co-operation and to contribute to the maintenance of international peace and security,

Dokumentation

137

Considering also that, as a matter of professional ethics, all correspondents and information agencies should, in the case of news despatches transmitted or published by them and which have been demonstrated to be false or distorted, follow the customary practice of transmitting through the same channels, or of publishing, corrections of such despatches, The Contracting States agree that in cases where a Contracting State contends that a news despatch capable of injuring its relations with other States or its national prestige or dignity transmitted from one country to another by correspondents or infonnation agencies of a Contracting or nonContracting State and published or disseminated abroad is false or distorted, it may submit its version of the facts (hereinafter called "communique") to the Contracting States within whose territories such despatch has been published or disseminated. A copy of the communique shall be forwarded at the same time to the correspondent or infonnation agency concerned to enable that correspondent or infonnation agency to correct the news despatch in question. 2. A communique may be issued obly with respect to news despatches and must be without comment or expression of opinion. It should not be longer than is necessary to correct the alleged inaccuracy or distortion and must be accompanied by a verbatim text of the despatch as published or disseminated, and by evidence that the despatch has been transmitted from abroad by a correspondent or an infonnation agency. Article IH 1. With the least possible delay and in any case not later than five clear days from the date of receiving a communique transmitted in accordance with provisions of article H, a Contracting State, whatever be its opinion concerning the facts in question, shall:

(a) Release· the communique to the correspondents and infonnation agencies operating in its territory through the channels customarily used for the release of news concerning international affairs for publication; and (b) Transmit the communique to the headquarters of the infonnation agency whose correspondent was responsible for originating the despatch in question, if such headquarters are within its territory. 2. In the event that a Contracting State does not discharge its obligation under this article with respect to the communique of another Contracting State, the latter may accord, on the basis of reciprocity, similar treatment to a communique thereafter submitted to it by defaulting State. Article IV 1. If any of the Contracting States to which a communique has been transmitted in accordance with article 11 fails to fulfil, within the prescribed time-limit, the obligations laid down in article 111, the Contracting State exercising the right of correction may submit the said communique, together with a verbatim text of the despatch as published or disseminated, to the Secretary-General of the United Nations and shall at the same time notify the State complained against that it is doing so. The latter state may, within five clear days after receiving such notice, submit its comments to the

138

Dokumentation

Secretary-General, which shall relate only to the allegation that it has not discharged its obligations under article III. 2. The Secretary-General shall in any event, within ten clear days after receiving the communique, give appropriate publicity through the information channels at his disposal to the communique, together with the despatch and the comments, if any, submitted to hirn by the State complained against. Article V Any dispute between any two or more Contracting state concerning the interpretation or application of the present Convention which is not settled by negotiations shall be referred to the International Court of Justice for decision unless the Contracting States agree to another mode of settlement. Article VI 1. The present Convention shall be open for signature to all States Members of the Uni ted Nations, to every State invited to the Uni ted Nations Conference on Freedom of Information held at Geneva in 1948, and to every other State which the General Assembly may, by resolution, declare to be eligible. 2. The present Convention shall be ratified by the States signa tory hereto in conformity with their respective constitutional processes. The instruments of ratification sball be deposited with the Secretary General of the United Nations.

Article VII 1. The present Convention shall be open for accession to the states referred to in article VI (1). 2. Accession shall be effected by the deposit of an instrument of accession with the Secretary-General of the United Nations.

Article VIII When any six of the States referred to in article VI (1) have deposited their instruments of ratification or accession, the present Convention shall come into force among them on the thirtieth day after the date of the deposit of the sixth instrument of ratification or accession. It shall come into force for each State which ratifies or accedes after that date on the thirtieth day after the deposit of its instrument of ratification or accession. Article IX The provisions of the present Convention shall extend to or be applicable equally to a signatory metropolitan State and to all territories, be they nonself-governing, trust or colonial territories, which are being administered or governed by such metropolitan State. Article X Any Contracting State may denounce the present Convention by notification to the Secretary-General of the United Nations. Denunciation shall

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Dokumentation

take effect six months after the date of receipt of the notification by the Secretary-General. Article XI The present Convention sha11 cease to be in force as from the date when the denunciation which reduces the number of Parties to less than six becomes effective. Article XII 1. Arequest for the revision of the present Convention may be made at

any time by any Contracting State by means of a notification to the Secretary-General of the United Nations.

2. The General Assembly sha11 decide upon the steps, if any, to be taken in respect of such request. Article XIII The Secretary-General of the United Nations sha11 notify the States referred to in article VI (1) of the fo11owing: a) Signatures, ratifications and accessions received in accordance with articles VI and VII; b) The date upon which the present Convention comes into force in accordance with artic1e XIII; c) Denunciations received in accordance with artic1e X (1); d) Abrogation in accordance with artic1e XI; e) Notifications received in accordance with artic1e XII. Article XIV 1. The present Convention, of which the Chinese, English, French, Russian

and Spanish texts sha11 be equa11y authentie, sha11 be deposited in the archives of the United Nations.

2. The Secretary-General of the United Nations sha11 transmit a certified copy to each State referred to in artic1e VI (1). 3. The present Convention sha11 be registered with the Secretariat of the United Nations on the date of its coming into force.

v. Gallup Umfrage zu ..Images of Nations"28 Question: "From this list of words (list contains 23 words) which seems to you to describe the (German/Russian/Japanese/Chinese) people best?" Russians:

Hard-working Warlike 28

Entnommen aus Joffe, S. 143 f.

1966 Ufo

1961 Ufo

1942 Ufo

45 24

51 31

61 14

140

Dokumentation

Intelligent Progressive Treacherous Ordinary Sly Cruel Quick-tempered Practical Radical Arrogant Rude Brave Ignorant Unimaginative Conceited Dull Artistic Honest Religious Aristocratic Lazy No opinion Germans:

Hard-working Intelligent Progressive Practical Brave Honest Quick-tempered Warlike Arrogant Religious Ordinary Cruel Conceited Artistic Treacherous Sly Aristocratic Rude Radical Unimaginative

7 7 6 5 2 2 1 13

28 23 28 15 17 23 22 14 23 15 18 14 14 10 15 8 6 7 4 3 2

11

16 24 10 25 7 9 10 18 25 2 6 48 20 14 3 13 10 19 10 3 5 18

1966 °/0

1961 0/0

1942 Ofo

63 47 33 23 19 19 18 16 16 12

72 55 40 27

62 41 32 21 30 10 25 67 31 7

23 19 18 16 15 13 13 13 13 12 11

10 10 8

11

10 8 7 7 7 5 5 4 4

24

24 22 20 16 17 12 13 10 12 9 7 7 5 7 4

9

57 32 8 42 21 8 19 23 8

141

Dokumentation

Ignorant Dull Lazy No opinion Japanese:

Hard-working Intelligent Artistic Progressive Religious Sly Practical Brave Treacherous Warlike Ordinary Cruel Honest Arrogant Quick-tempered Aristocratic Ignorant Radical Conceited Lazy Rude Unimaginative Dull No opinion Red Chinese:

Hard-working Ignorant Warlike Sly Treacherous Intelligent Religious Cruel Artistic

3 2 2 6

2 2 2 6

1966 °/0

1961 °/0

1942 °/.

44 35 31 31 20 19 17 17 12

47 35 36 24 20 24 17 21 17 17

39 25 19 19 18 63 9 24 73 46 6 56 2 21 21 21 16 12 27 3 12 7

11 10

9 9 5 6 6 4 4 3 3 2 2 1 13

1966 Oft ---37 24 23 20 19 14 14 13 13

11

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10 8 11 8

7 10 6 3 4 3 3 12

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4

7

142

Dokumentation

Ordinary Radical Practical Quick-tempered Unigaminative Brave Progressive Arrogant Dull Lazy Rude Conceited Aristocratic Honest No opinion

12 9 8 7 7 7 7 6 6 5

4

3 2

14

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