Diskontinuierliche technologische Prozesse: Grundlagen, Analyse, Modellierung, Steuerung [Reprint 2021 ed.] 9783112568644, 9783112568637


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German Pages 278 [277] Year 1987

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Diskontinuierliche technologische Prozesse: Grundlagen, Analyse, Modellierung, Steuerung [Reprint 2021 ed.]
 9783112568644, 9783112568637

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G. Voigt • S. Cramer Diskontinuierliche technologische Prozesse

Diskontinuierliche technologische Prozesse Grundlagen • Analyse • Modellierung • Steuerung von Gerhard Voigt und Siegfried Cramer

mit 113 Abbildungen und 39 Tabellen

Akademie-Verlag Berlin 1 9 8 6

Verfasser: Prof. Dr. rer. n a t . et oec. habil. Gerhard Voigt Ingenieurhochschule Mittweida Prof. Dr.-Ing. Siegfried Cramer Ingenieurhochschule Dresden

I S B I V 3-05-500023-4

Erschienen im Akademie-Verlag Berlin, DDR-1086 Berlin, Leipziger Straße 3 — 4 © Akademie-Verlag Berlin 1986 Lizenznummer: 202 • 100/522/86 Printed in t h e German Democratic Republic Gesamtherstellung: V E B Druckerei „ T h o m a s Müntzer", 5820 Bad Langensalza L e k t o r : Dipl.-Phys. Gisela Lagowitz LSV 3045 Bestellnummer: 763 042 1 (6670) 04800

Vorwort

Zur effektiven Durchführung der diskontinuierlichen Fertigung gewinnen integrierte, flexible, weitgehend automatisierte Systeme zunehmend an Bedeutung. Das ist vor allem in Betrieben der Klein- und Mittelserienfertigung der Fall. Zunehmende Sortimentsbreiten, erforderliche schnelle Reaktionen auf Kundenwünsche, die Dynamik der Entwicklung der Erzeugnisse und Technologien und der Zwang zur kostengünstigen Fertigung, zum sparsamen Einsatz von Energie und Rohstoffen begründen diesen Trend. Andererseits wird er durch die Entwicklung der Automatisierungstechnik begünstigt. Hier spielen der Einsatz von Handhabegeräten, Robotern und Rechnersystemen eine besondere Rolle. Umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse werden gewonnen und Methoden entwickelt, mit denen eine effektive Gestaltung und Beherrschung der diskontinuierlichen Fertigungsprozesse möglich wird. Trotz der umfangreichen wissenschaftlichen Grundlagen, technischen Hilfsmittel und vorhandener Lösungen für mehr oder weniger komplexe Teilprozesse steht die Entwicklung einer adäquaten Theorie zur rechnergestützten Analyse, Modellierung, Planung, Überwachung und Steuerung diskontinuierlicher technologischer Prozesse noch am Anfang. Es existiert kaum Literatur, die in geschlossener Form die für die Gestaltung und Steuerung integrierter, flexibler, weitgehend automatisierter diskontinuierlicher Fertigungssysteme notwendigen Kenntnisse und Methoden vermittelt. Dieses Buch soll einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten. Es werden Grundlagen zur Gestaltung und Steuerung diskontinuierlicher technologischer Prozesse vermittelt und ihre Anwendung anhand von Beispielen erläutert. Besonderer Wert wird auf die Darstellung der Nutzung und des Zusammenwirkens unterschiedlicher wissenschaftlicher Verfahren der Analyse, der Modellierung und der Simulation beim Entwurf und der Realisierung von Steuerungsprozessen gelegt. Die zu behandelnden Probleme werden aus den spezifischen Eigenschaften der betrachteten Fertigungssysteme abgeleitet. Die Fertigung geschieht diskontinuierlich in einem im allgemeinen nichtlinearen, nichtzeitinvarianten, stochastischen System mit vektoriellen Eingangs-, Ausgangsund Steuergrößen, in dem das Verhalten der Menschen eine wesentliche Rolle spielt. Der Steuerungsprozeß wird von Menschen, die sich eines Systems von Automaten bedienen, oder teilweise automatisch durchgeführt. E r ist nur teilweise formalisierbar und wirkt auf technische Einrichtungen und das Verhalten von Menschen. E r wird durch Lern- und Adaptionsvorgänge ständig vervollkommnet und auf sich ändernde Bedingungen eingestellt. Die Fertigung und ihre Steuerung erfolgen arbeitsteilig in relativ selbständig und eigenverantwortlich handelnden Teilsystemen und Hierarchieebenen. Die Teilsysteme und Hierarchieebenen sind flexibel miteinander gekoppelt. Produziert wird an unterschiedlichen Arbeitsplätzen und in autonomen, flexiblen Fertigungszellen. Die Produktionshilfsprozesse sind voll in das System integriert. Ein durchgängiges System der rechnergestützten Konstruktion (CAD — Computer

VI

Vorwort

Aided Design), der rechnergestützten Planung (CAP — Computer Aided Planning) und der rechnergestützten Fertigung (CAM — Computer Aided Manufacturing) und der rechnergestützten Steuerung und Überwachung (CACS — Computer Aided Control and Supervising) sorgt für die Vorbereitung, Steuerung und Überwachung der Produktion. Anliegen dieses Buches ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden zur Gestaltung und Beherrschung von Systemen mit den oben beschriebenen Eigenschaften in möglichst geschlossener Form bereitzustellen. Es werden die Steuerung der Teilsysteme und des Zusammenwirkens der Teilsysteme, Hierarchieebenen und die damit zusammenhängenden Probleme der Analyse, Planung, Modellierung usw. behandelt. Auf die Steuerung und Regelung von Parametern an Einzelaggregaten und von Einzelaggregaten wird nicht explizit eingegangen. Der Leser wird auf die umfangreiche Literatur der Regelungs-, Steuerungs- und Automatisierungstechnik verwiesen. Wenn auch vorwiegend auf Probleme der Steuerung im integrierten, flexiblen, weitgehend automatisierten System Bezug genommen wird, so sind die in diesem Buch vermittelten Kenntnisse und Methoden auch bei der Bearbeitung von Rationalisierungsaufgaben geringeren Umfanges anwendbar und nützlich. Diese oben definierte Aufgabe wird mit der folgenden Grundkonzeption erfüllt: 1. Die Systeme werden mit diskontinuierlich-diskreten stochastischen Modellen beschrieben. Das geschieht mit endlichen Folgen von Vektoren und zwischen diesen Folgen bestehenden Relationen oder mit hierzu äquivalenten Darstellungsmitteln wie z. B. abstrakten stochastischen Automaten. 2. Die nur teilweise Formalisierbarkeit der Ziele, der Eigenschaften, des Verhaltens und der Steuerung der Systeme wird durch die Verwendung von klassifikatorischen Merkmalen, von Methoden der Entscheidungstechnik, von unscharfen Mengen und Forderungen sowie von Mensch-Maschine-Dialogsystemen berücksichtigt. 3. Die Systeme sind hierarchisch strukturiert. Die Teilsysteme und Hierarchieebenen sind durch unscharfe Kopplungsbeziehungen miteinander verbunden. Die Teilsysteme und Hierarchieebenen arbeiten im Rahmen vorgegebener Grenzen und Richtlinien selbständig und eigenverantwortlich. Dem System ist ein System von im allgemeinen im Verbund arbeitenden Rechnern zugeordnet. 4. Zur Modellierung des Verhaltens und der Steuerung wird vorwiegend die Simulation der Prozesse auf Digitalrechnern verwendet. 5. Ein Stimulierungssystem bewirkt, verbunden mit unscharfen zentralen Weisungen und Richtlinien, ein koordiniertes, auf die Ziele des Gesamtsystems ausgerichtetes Handeln der Teilsysteme und Hierarchieebenen. Beim Leser werden Kenntnisse auf dem Niveau der heute üblichen Hochschulausbildung für Technologen- vorausgesetzt. Insbesondere soll er über ein sicheres theoretisches Grundwissen der mathematischen Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung verfügen. Wesentliche Definitionen und Rechenoperationen der mathematischen Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung, die im Text als bekannt vorausgesetzt werden, sind im Anhang 1 zusammengestellt worden. Für eine eventuelle Einarbeitung in die mathematische Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung und ihre Anwendung in der Technologie wird der Leser auf die im Anhang 1 zitierte Literatur ver-

Vorwort

VII

wiesen. Besonders wird das dort zitierte, auf die Bedürfnisse des Technologen zugeschnittene Buch „Prozeßanalyse" von D R E Y E R und S A U E R empfohlen. Im Kapitel 7- wird an einem komplexen Beispiel gezeigt, wie die in den vorangegangenen Kapiteln vermittelten Grundlagen koordiniert zur Steuerung eines Industriebetriebes eingesetzt werden können. Um die Anwendung der dargestellten Grundlagen in unterschiedlichen Industriezweigen zu begünstigen, haben wir uns bei den einzelnen Beispielen und dem im 7- Kapitel dargestellten komplexen Beispiel auf das Wesentliche beschränkt. In den Anhängen A 2 bis A 4 werden Beispiele zur Simulation stochastischer Fertigungsprozesse behandelt. Sie demonstrieren das Vorgehen bei der Durchführung von Simulationsexperimenten, den Aufbau und die Wirkungsweise von Simulationsprogrammen und die Auswertung von Simulationsergebnissen. Für wertvolle Hinweise zur inhaltlichen Gestaltung des Manuskriptes möchten die Verfasser den Herren Prof. Dr. oec. habil. H . - J . L A U E N R O T H , Prof. Dr.-Ing. A. S C H R E I B E R , Prof. Dr.-Ing. habil. W. S A U E R und Dipl.-Ing. Ök. K . E C K herzlich danken. Herrn Dr.-Ing. R. K O C H danken wir für die Bereitstellung des Beispieles der Simulation eines Bedienungs-Prozesses, den Herren Dipl.-Ing. P. K R Ä U S L E I M und Dipl.-Ing. F. BERGMANN für die Bearbeitung der in den Anlagen A 2 und A 4 enthaltenen Simulationsbeispiele. Besonderer Dank für die sorgfältige Durchsicht des Manuskriptes und für viele wertvolle Hinweise und Anregungen gebührt den Herren Dr.-Ing. J . L I P P O L D und Dr.-Ing. G. Z I E G E R . Frau Dipl.-Phys. G. LAGOWITZ danken wir herzlich für eine Reihe nützlicher Hinweise zur inhaltlichen und technischen Gestaltung des Manuskriptes und für die verständnisvolle und konstruktive Zusammenarbeit. Mittweida, Dresden, Juli 1984 G . VOIGT S . CRAMER

Inhaltsverzeich nis

1.

Analyse und Modellierung diskontinuierlicher Fertigungsprozesse

1

1.1.

Eigenschaften von Systemen der diskontinuierlichen Fertigung

1

1.2.

G r u n d m o d e l l e i n e s F e r t i g u n g s s y s t e m s ; Ziel u n d G r u n d s t r a t e g i e n d e r S t e u e rung

1.3. 1.3.1. 1.3.2. 1.3.3.

Analyse von Fertigungssystemen Aufgabe und Verfahren der Analyse A n a l y s e d e r Ziele u n d M a ß n a h m e n ; E n t s c h e i d u n g s t e c h n i k Analyse der Eingangs-, Ausgangs- u n d Steuergrößen, der S t r u k t u r u n d des Verhaltens

23

Theoretische Grundlagen der Modellierung von Fertigungsprozessen Fertigungssystemen

26

2.

2 9 9 12

und

2.1.

Problemstellung

26

2.2.

Diskontinuierlich-diskrete Prozesse

30

2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.3. 2.312.3.2. 2.3-3. 2.3-4.

Determinierte Prozesse Probabilistische Prozesse Unscharf beschreibbare Prozesse Prozesse mit Eingangs- u n d Ausgangsgrößen Determinierte Prozesse m i t Eingangs- und Ausgangsgrößen Probabilistische Prozesse mit Eingangs- u n d Ausgangsgrößen Simulation probabilistischer Prozesse m i t Eingangs- und Ausgangsgrößen Bedienungsprozesse

31 34 49 52 53 57 63 68

2.4.

Kopplung von Systemen

74

2.4.1. 2.4.2.

K o p p l u n g von Teilsystemen innerhalb der S t r u k t u r e i n h e i t e n einer Hierarchieebene Kopplung von Hierarchieebenen

75 82

3.

Modellbildung und Parameterschätzung mit Hilfe der Systemanalyse . . . .

84

3.1.

Theoretische Systemanalyse

84

3.2.

Experimentelle Systemanalyse

86

3.2.1. 3.2.2. 3.2.33.2.4. 3.2.5. 3.2.6. 3.2.7.

Theoretische Grundlagen, Definitionen Regression Rekursive Regression Rekursive Regression m i t exponentiellem Vergessen (Modellanpassung) Weitere Schätzmethoden Qualität und Geschwindigkeit von Identifikationsprozessen Aktive Experimente, Versuchsplanung

-

86 94 98 . . 99 100 101 103

IX

Inhaltsverzeichnis 4.

Steuerung von Fertigungssystemen

4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.4.1. 4.4.2. 4.4.3-

Aufgabenstellung und Definitionen 109 Ziele der Steuerung 113 Grundgesetze der Steuerung 115 Grundstrategien und Modelle von Steuerungsprozessen 117 Mittelbare Steuereinwirkungen, generelle Regelungen, Ziel-, Motiv- und Interessenbeeinflussung 119 Unmittelbare Steuereinwirkungen 124 Adaption der Steuerung 128

5.

Hierarchisch strukturierte Fertigungssysteme

133

5.1. 5-2. 5-3-

Mehrebenensysteme, institutionelle Gliederung Mehrschichtensysteme, funktionelle Gliederung Gliederung nach Abstraktionsebenen bzw. Sprachen

136 141 145

6.

Anwendung automatisierter Systeme Steuerung diskontinuierlicher Prozesse

6.1. 6.1.1. 6.1.2. 6.2. 6.2.1. 6.2.2. 6.2.2.1. 6.2.2.2. 6.2.36.36-3-1. 6.3-2. 6.4. 6.4.1. 6.4.2. 6.4.2.1. 6.4.2.2. 6.4.2.3. 6.4.3-

109

der Informationsverarbeitung

zur 146

Automatisierte Informationsverarbeitung im Fertigungsbetrieb 146 Aufgaben der automatisierten Informationsverarbeitung im Betrieb . . . 1 4 6 Hierarchische S t r u k t u r des automatisierten Systems der Informationsverarbeitung im Betrieb 147 Automatisierte Informationsverarbeitung zur Steuerung des Fertigungsprozesses 151 Das Prozeßautomatisierungssystem 151 Aufgäben des Prozeßrechners im Prozeßautomatisierungssystem 155 Prozeßüberwachung 155 Prozeßsteuerung 159 Struktur des Prozeßautomatisierungssystems 164 Geräte- und Programmsystem eines Prozeßrechners 168 Prozeßrechnergerätesystem 168 Prozeßrechnerprogrammsystem 170 Einsatzvorbereitung eines Prozeßrechnersystems 172 Zielstellung und Durchführung der Einsatzvorbereitung 172 Einsatzstudie 174 Prozeßanalyse 175 Entwurf des Prozeßrechnersystems 176 Besonderheiten des Entwurfes dezentralisierter Automatisierungssysteme 181 Vorbereitung und Durchführung der Investition . 185

7.

Rechnergestützte Planung, Überwachung und Steuerung der Produktion in einem Betrieb mit diskontinuierlicher Fertigung 186

7.1. 7.2. 7.2.1. 7.2.2. 7.2.3. 7.2.4.

Aufgabenstellung, Charakterisierung des Betriebes Ziele, Aufgaben, Aufbau und Arbeitsweise des Betriebes . . . • Langfristige Konzeptionen und Strategien Mittelfristige Planung, Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise des Betriebes Prozesse der Jahres-, Monats- und Tagesplanung Die operative Planung, Steuerung und Überwachung der Produktion im Bereich E

186 187 187 187 194 204

X

Inhaltsverzeichnis

8. Schlußbemerkungen

206

9.

Anhang

207

A 1.

Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik diskret verteilter vektorieller Größen Simulation des Verhaltens einer Fertigungszelle Beispiele für die Simulation von Bedienungsprozessen Bedienung von drei unterschiedlichen Arten von Forderungen auf einem Bedienungskanal Bedienung unterschiedlicher Objekte in einem Bedienungsnetz Simulation der Produktionsprozesse in einer Betriebsabteilung

A 2. A3. A 3.1. A 3.2. A 4.

207 219 231 231 233 241

10.

Literaturverzeichnis

248

11.

Autoren Verzeichnis

257

12.

Symbolverzeichnis

260

13.

Sachwortverzeichnis

261

1.

Analyse und Modellierung diskontinuierlicher Fertigungsprozesse

1.1.

Eigenschaften von Systemen der diskontinuierlichen Fertigung

In Betrieben und Betriebsabteilungen sehr vieler Industriezweige werden gleichzeitig beziehungsweise räumlich und zeitlich gestaffelt unterschiedliche Erzeugnisse (Materialien, Halbfabrikate, Finalerzeugnisse) in Losen unterschiedlicher Größe gefertigt. Die Bearbeitung der Erzeugnisse erfolgt arbeitsteilig auf einer großen Anzahl unterschiedlicher Arbeitsplätze, Automaten und in autonomen flexiblen Fertigungszellen. Die Arbeitsgänge laufen in relativ kurzen Zeitabschnitten ab, d. h., die Produktion erfolgt diskontinuierlich. Die Eigenschaften der Produkte und der Produktionsprozesse werden in jedem Zeitpunkt oder in diskreten Zeitintervallen durch eine Anzahl von technischen und technologischen Parametern beschrieben. Auf den Fertigungsprozeß wirken spontane und bewußt herbeigeführte steuernde Einflüsse. Unvermeidbare, unvollständig kompensierbare Störungen, menschliche Leistungsschwankungen usw. führen zu zufälligen Schwankungen der Erzeugnis- und Prozeßeigenschaften, d . h . , sie sind stochastisch. Sich ändernde Aufträge, technische und technologische Innovationen, zunehmende Erfahrung und Qualifikation der Beschäftigten führen zu E n t wicklungen im Fertigungsprozeß, die seine Reaktionen auf spontane und steuernde Einwirkungen beeinflussen. Der Prozeß ist nichtzeitinvariant. Die Fertigung ist hierarchisch gegliedert. Die Arbeit erfolgt arbeitsteilig in Teilsystemen (Arbeitsplätze, Fertigungszellen, Betriebsabteilungen usw.) und Hierarchieebenen (Arbeitsplätze, Meisterbereiche, Betriebsabteilungen, Hauptabteilungen usw.). Die Teilsysteme und Hierarchieebenen sind flexibel miteinander gekoppelt und handeln in vorgegebenen Grenzen nach vorgegebenen Richtlinien selbständig und eigenverantwortlich. Die Arbeit der Teilsysteme und Hierarchieebenen wird entscheidend durch das Verhalten der in ihnen tätigen Menschen bestimmt. Der Fertigungsprozeß wird gesteuert. Das Steuerungssystem ist Bestandteil des Fertigungssystems. Es plant die Ziele und Aufgaben des Fertigungssystems und seiner Teilsysteme und überwacht und steuert die Teilprozesse und ihr koordiniertes Zusammenwirken. Im Steuerungssystem wirken Menschen und technische Einrichtungen zusammen. Die Steuerung erfolgt ebenso wie die Fertigung arbeitsteilig in einem hierarchischen System, in das eine im Verbund arbeitende Rechnerhierarchie integriert ist. Die SteuerungsVorgänge beeinflussen das Verhalten von Menschen und technischen Einrichtungen. Das Fertigungssystem muß flexibel sein. Es muß sehr schnell auf Bedarfsänderungen, Kundenwünsche, technische und technologische Entwicklungen usw. reagieren können. Es muß eine hohe Produktivität besitzen und kostengünstig arbeiten. Durch die hohe Reaktionsgeschwindigkeit wird es möglich, sehr kurzfristig Bestellungen zu realisieren, bedarfsgerecht zu produzieren und damit personelle, finanzielle und mate-

2

l. Diskontinuierliche

Fertigungsprozesse

rielle Ressourcen mit hohem Effekt einzusetzen. Diese Forderungen werden auf folgende Weise erfüllt: 1. Die Fertigungsvorbereitung und -durchführung erfolgt rechnergestützt mit Hilfe eines durchgängigen Informationssystems (CAD — Computer Aided Design, CAP — Computer Aided Flanning, CAM — Computer Aided Manufactoring). 2. Die Erzeugnisse werden so strukturiert, daß eine große Anzahl unterschiedlicher Erzeugnistypen und Typenvarianten aus Standardteilen und einem möglichst geringen Anteil an erzeugnisspezifischen Teilen kombiniert werden kann. 3. Die Arbeitsplätze, Maschinen, Einrichtungen und Fertigungszellen können unterschiedliche FertigungsVorgänge durchführen. Sie sind leicht umstell- und umrüstbar. Die Arbeits-, Umstell- und Umrüstungsvorgänge erfolgen automatisch oder rechnergestützt mit Hilfe von Mikroprozessoren und Prozeßrechnern. Die Arbeitsplätze, Maschinen und, Fertigungszellen sind flexibel im allgemeinen über Pufferspeicher gekoppelt. Die Kopplung erfolgt mit itilfe von Transporteinrichtungen, Handhabeeinrichtungen und Robotern. Die Kopplungsvorgänge werden mit Hilfe von Rechnern gesteuert. 4. Im Fertigungssystem sind nahezu vollständig integriert — — — — —

das Be- und Verarbeitungssystem, das Transport- und Lagersystem, das Übergabe- und Handhabesystem, das Informations- und Steuerungssystem, das Ver- und Entsorgungssystem (für Medien, Prozeßhilfsstoffe und Abprodukte) — das Qualitätsüberwachungs- und Meßsystem und — das System der rechnergestützten Fertigungsvorbereitung. Theoretische Grundlagen und Beispiele zu diskontinuierlichen, integrierten, flexiblen Fertigungssystemen sind u.a. in [1.1-VO], [1.1-WI], [1.1-AU], [1.1-JU], [1.1-LA], [1.1-BA] enthalten. 1.2.

Grundmodell eines Fertigungssystems; Ziel und Grundstrategien der Steuerung

Die Grundlage für den Entwurf und die Steuerung zu schaffender Systeme beziehungsweise für die wissenschaftliche Beschreibung und Steuerung von existierenden Systemen ist ihre Modellierung. Das zu modellierende System (Original) ist ein relativ abgegrenzter Teilbereich der Realität, der eine bestimmte Funktion erfüllt und aus Teilsystemen zusammengesetzt ist, die untereinander und mit der Umwelt des Systems in Wechselwirkung stehen. Die Gesamtheit der zwischen den Teilsystemen bestehenden Wechselwirkungen, das Kopplungsnetz, ist die Struktur des Systems. Werden die Teilsysteme wiederum in Teilsysteme gegliedert, heißt das System hierarchisch strukturiert. Ein Modell eines Systems (Originals) ist ein materielles oder ideelles System, das die für den jeweiligen Untersuchungszweck wesentlichen Eigenschaften des Originals mit auf den jeweiligen Untersuchungszweck bezogener hinreichender Genauigkeit wiedergibt.

1.2.

Grundmodell,

Ziele,

Grundstrategien

3

Es ist eine Gesamtheit von Aussagen, die die für den jeweiligen Untersuchungszweck wesentlichen Eigenschaften des Originals hinreichend genau wiedergeben. Zu den wesentlichen Eigenschaften gehören die Struktur und das Verhalten des Systems, seine Wirkung auf die Umwelt und seine Reaktion auf äußere Einflüsse. Der Modellierende nimmt die Abgrenzung des Systems zu seiner Umwelt vor. Er untersucht, welche Eigenschaften mit welchen Mitteln und mit welcher Genauigkeit abgebildet werden können, und entscheidet, mit welchen Mitteln und mit welcher Genauigkeit sie abgebildet werden sollen. Es ist nicht Ziel der Modellierung, ein Modell eines Fertigungssystems zu erhalten, das möglichst viele Eigenschaften des Originals möglichst genau wiedergibt. Die Modelle sind so aufzustellen, daß sie die und nur die für den jeweiligen Untersuchungszweck wichtigen Eigenschaften mit hinreichender Genauigkeit wiedergeben. Bei der Modellierung eines Fertigungssystems müssen die in 1.1. skizzierten Eigenschaften berücksichtigt werden. Sie können zusammenfassend charakterisiert werden durch — den diskontinuierlichen Charakter der Fertigung, — die gleichzeitige und raum-zeitlich geschachtelte Fertigung unterschiedlicher Erzeugnisse in Losen unterschiedlicher Größe, — das gleichzeitige Wirken einer Vielzahl von Eingangs-, Ausgangs- und Steuergroßen. — den dynamischen, nichtzeitinvarianten, stochastischen Charakter des Systems, seiner Teilsysteme und seiner Struktur, — die nur teilweise Formalisierbarkeit und Algorithmierbarkeit der im System ablaufenden Prozesse, — die hierarchische Gliederung, in der die Teilsysteme und Hierarchieebenen nicht starr gekoppelt sind und im Rahmen vorgegebener Grenzen und Richtlinien selbständig und eigenverantwortlich handeln können. Wird ein Fertigungssystem S beobachtet, so kann sein Verhalten durch endliche Folgen von Eingangsgrößen-, Ausgangsgrößen- und Steuergrößenvektoren X = x ( i x ) , x(t2), y

x(t3),

=y(ii),y{k).yik)>

... , x(iN) -

,

.y(h),

w = w f e ) , w(/2), w(/3), ... , w ( ^ )

(1.2-1) (1.2-2) (1.2-3)

beschrieben werden. Die Vektorenx(^), y ( ^ ) und w ^ ) stellen die Eingangs-, Ausgangsund Steuergrößen zum Zeitpunkt ti dar. S kann das Gesamtsystem oder ein beliebiges Teilsystem einer beliebigen Hierarchieebene sein. Die Vektorenx, y und w werden nur zu diskreten Zeitpunkten ti beobachtet. Durch geeignete Wahl der Zeitabstände ti+1 — t{, Vi = 1, ... , N, läßt sich das Verhalten eines Fertigungssystems S theoretisch mit jeder gewünschten Genauigkeit beschreiben. Praktisch werden die ti+1 — ti durch den Zeitaufwand und die Kosten für eine Beobachtung nach unten begrenzt. Da jede Beobachtung nur mit einer endlichen Genauigkeit erfolgen kann, wird angenommen,

x

y

Abb. 1.2-1 Schematische Darstellung des beobachteten Verhaltens eines Systems

4

l . Diskontinuierliche

Fertigungsprozesse

daß die Vektoren x, y und w nur endlich viele Größen annehmen können, d. h., daß =

(1.2-4)

Y

y(ti)e{v\v\...,v }=y,

(1.2-5)

w(\ oi2, ... , tow} = W

(1.2-6)

gilt, wobei die hochgestellten Indizes die Elemente der Menge numerieren. Die endlichen Mengen 3C, I f , W sind abstrakte Alphabete. Ihre Elemente sind die Buchstaben der abstrakten Alphabete. Endliche Folgen, wie z. B. i=x(i1),x(g,x( 1 ist, dann sind alle Varianten „günstigste", für die yj, = . = = ... = max. S: 1 gilt. Sollen bei y}* Ji 1 unabhängig voneinander yj* und Gy« möglichst groß werden, liegt ein Problem der Polyoptimierung [1.3-PE 1] [1.39-PE 2] vor. In Abb. 1.3-7 sind für 12 Varianten j = 1 ... 12 die und eingetragen. Die Varianten 1 und 5 kommen wegen y • sj 1 nicht als günstigste in Frage. l I

XJ i I j 6i "J

Î

t

! x/l Üf2 I _LJ 1

*s X3

*Wt

X7

X^ x12

*8

Abb. 1.3-7 Optimierung des Gebrauchswertes und des Gebrauchswert-Kosten-Verhältnisses

22

i. Diskontinuierliche

Fertigungsprozesse

Die Varianten 4, 6, 10 und 11 erfüllen die Forderung, daß und G- gleichzeitig möglichst groß und ~/j S; 1 sind. Diese Varianten sind im Sinne der Polyoptimierung gleichberechtigt und stellen eine Kompromißmenge dar. Um entscheiden zu können, welche der Varianten aus der Kompromißmenge verwirklicht werden soll, sind zusätzliche Argumente erforderlich.

In analoger Weise ist vorzugehen, wenn die Eignung von technologischen Ausrüstungen, Verfahren öder Prozessen für die Erreichung bestimmter Ziele beurteilt werden soll. Es wird hier in der Regel erforderlich, das Dekompositionsprinzip mit zu nutzen. Zu den entscheidenden Fragen, die bei der Analyse der Ziele und Maßnahmen geklärt werden müssen, gehören: 1. Was soll mit welchem Ziel automatisiert werden ? 2. Wie und in welchem Umfang soll automatisiert werden ? 3- Wie wird das Zusammenwirken von Menschen und Automaten im System gestaltet ? Grundlage für die Beantwortung dieser Fragen ist eine Analyse der Automatisierungsfähigkeit und Automatisierungswürdigkeit von Prozessen in den Teilsystemen, den Hierarchieebenen und der Steuerung ihres koordinierten Zusammenwirkens im Gesamtsystem. Die Automatisierungsfähigkeit wird allein durch die Algorithmierbarkeit der Prozesse und technische Argumente bestimmt. Automatisierungsfähig sind alle Prozesse, deren wesentliche Eigenschaften mit technischen Mitteln gemessen werden können und für deren Steuerung ein Algorithmus angegeben und mit technischen Mitteln (Rechner, Regler) realisiert werden kann. Die ermittelten Steueranweisungen werden unmittelbar durch Stelleinrichtungen ausgeführt oder dienen zur Beeinflussung menschlicher Handlungen. Die Automatisierungswürdigkeit wird durch sozial-ökonomische Argumente bestimmt. Prozesse sind automatisierungswürdig, wenn durch die Automatisierung — der Gesamtaufwand an lebendiger und vergegenständlichter Arbeit, d. h. an Lohn, Materialkosten, Abschreibungen usw. für die Herstellung eines Erzeugnissortimentes verringert wird und/oder — die Qualität der Erzeugnisse erhöht wird und/oder — die Arbeitsbedingungen der Werktätigen verbessert werden. Bei der Festlegung der Automatisierungsstrategie sollte stets davon ausgegangen werden, daß durch die Automatisierung eine völlig neue Qualität der Fertigung erreicht werden muß. Die Erfahrung hat gezeigt, daß i. allg. kein ausreichender Effekt erzielt werden kann, wenn nur solche Vorgänge automatisiert werden, die auch ohne Automaten realisiert werden können, d. h., wenn die Automaten nur als eine Art von Verstärkern menschlicher Organe eingesetzt werden (Steinzeittechnologie). Es ist erforderlich, neue Technologien zu entwickeln und Aufgaben zu stellen, die erst durch Einsatz von Automaten verwirklicht werden können. Mit Hilfe von Automaten lassen sich z. B. sehr schnell ablaufende Prozesse beherrschen, umfangreiche Optimierungsprobleme lösen, eine sehr hohe Flexibilität der Fertigung bei geringem Aufwand an Umlaufmitteln erreichen usw.

1-3- Analyse von

Fertigungssystemen

23

A u t o m a t e n sind nicht vorrangig m i t dem Ziel einzusetzen, menschliche A r b e i t s k r a f t zu ersetzen. E s k o m m t darauf an, die A u t o m a t i s i e r u n g so vorzunehmen, d a ß sich die Eigenschaften der Menschen, ihre Intuition, ihre E r f a h r u n g , ihre Initiative, ihr V e r antwortungsbewußtsein usw. u n d die E i g e n s c h a f t e n der A u t o m a t e n , ihre Schnelligkeit, ihre E x a k t h e i t , ihre F ä h i g k e i t , große D a t e n m e n g e n sicher z u speichern, gegenseitig ergänzen. D a s Z u s a m m e n w i r k e n v o n Menschen und A u t o m a t e n ist so z u organisieren, daß die Menschen die A u f g a b e n erfüllen, die Menschen besser können, und die A u t o m a t e n die A u f g a b e n bearbeiten, die A u t o m a t e n besser können. D a b e i sollen Menschen und A u t o m a t e n sich so ergänzen, d a ß grundsätzlich neue A u f g a b e n gelöst werden können. E i n W e g dazu ist der A u f b a u v o n Dialogsystemen zwischen Menschen und hierarchisch strukturierten Rechnernetzen (Recknerverbundsystemen).

1.3.3.

A n a l y s e der E i n g a n g s - , A u s g a n g s - und Steuergrößen, der Struktur und des Verhaltens

D i e A n a l y s e der Ziele des Fertigungssystems, der zu ihrer E r r e i c h u n g notwendigen Maßnahmen u n d die Modellierung des S y s t e m s ist mit der A n a l y s e seiner Eingangs-, Ausgangs- u n d Steuergrößen, seiner S t r u k t u r u n d seines V e r h a l t e n s z u verbinden. F ü r diese A n a l y s e wird die durch A b b . I.3-2 veranschaulichte Vorgehensweise empfohlen. V o r ihrem B e g i n n ist es notwendig, m i t Hilfe der in 1.3.2 beschriebenen Methoden die Ziele der wissenschaftlichen Untersuchungen a m G e s a m t s y s t e m möglichst präzis z u formulieren und seine S t r u k t u r festzulegen. D a s Ziel der A n a l y s e ist, ein Modellsystem zu schaffen, mit dessen Hilfe die wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt werden können, die notwendig sind, u m die definierten Ziele z u erreichen. In jeder Hierarchieebene, auch in der E b e n e des Gesamtsystems, werden f ü r unterschiedliche Untersuchungsziele unterschiedliche Modelle v e r w e n d e t . D a d u r c h entstehen für die einzelnen Untersuchungsziele Modellsysteme. W e n n erforderlich, .wird ein gesondertes Modell (oder Modellsystem) entwickelt, das das Z u s a m m e n w i r k e n der Modellsysteme beschreibt (s. i . 3 . 1 ) . Sind ein Untersuchungsziel i und die S t r u k t u r festgelegt, werden die auf das G e s a m t s y s t e m wirkenden E i n f l u ß g r ö ß e n aufgelistet. Z u ihnen gehören eingehende Bestellungen, Material- und Energiezuführungen, Umwelteinflüsse usw. A u s dieser L i s t e werden die Größen herausgezogen, die für die Realisierung des Untersuchungszieles i wesentlich sind. E s sind die E i g e n s c h a f t e n dieser Größen, wie Änderungsbereich, D y n a m i k , Streuung usw., z u ermitteln u n d in einem Signalmodell z u erfassen. E i n solches Signalmodell k a n n allgemein durch eine Folge zufälliger V e k t o r e n beschrieben werden. Anschließend sind die Ausgangsgrößen aufzulisten. Sie beschreiben die W i r k u n g des S y s t e m s auf seine U m w e l t und enthalten A n g a b e n über Liefermengen, Qualitätsparameter der produzierten Erzeugnisse, Informationen an V e r t r a g s p a r t n e r usw. A u s der erhaltenen Liste werden wieder die Größen herausgezogen, die für die Realisierung des Untersuchungszieles wesentlich sind. Ihre Eigenschaften werden ermittelt u n d evtl. in einem Signalmodell zusammengefaßt. F ü r die Ausgangsgrößen ist ein zulässiges oder angestrebtes Gebiet (Zielgebiet) z u definieren, in das sie fallen sollen. 3

Voigt/Cramer

24

l . Diskontinuierliche

Fertigungsprozesse

Relativ problematisch, aber sehr wichtig, ist die Analyse der Steuergrößen. Es ist prinzipiell so vorzugehen wie bei den Eingangs- und Ausgangsgrößen. Dabei sind aber gleichzeitig die Fragen zu klären: 1. Welche Größen sind steuerbar und nicht bereits durch Systemeigenschaften festgelegt ? 2. In welchen Bereichen können die Steuergrößen geändert werden ? 3. Welche Größen sollten unter welchen Bedingungen von außen beeinflußt werden und welche sollten idurch systeminterne Steuerungsvorgänge bestimmt werden ? Es sind bei der Analyse im weiteren Sinne meßbare Merkmale zu berücksichtigen. Wenn nötig, sind aus den klassifikatorischen komparative oder metrische Merkmale abzuleiten. Nach Abschluß der Analyse der Eingangs-, Ausgangs- und Steuergrößen des Gesamtsystems sind gesetzmäßige Zusammenhänge, d. h. Relationen zwischen den Folgen von Eingangsgrößen-, Ausgangsgrößen- und Steuergrößenvektoren, zu ermitteln. Die Gesamtheit dieser Vektorfolgen und der zwischen ihnen bestehenden Relationen ist ein Grobmodell des Systems. Es wird dann zur Hierarchieebene n = 1 übergegangen. Da alle Hierarchieebenen ab n = i in Teilsysteme TS gegliedert sind, muß die Analyse der Eingangs-, Ausgangs* und Steuergrößen und die Modellierung für jedes Teilsystem und für die gesamte Ebene durchgeführt werden. Der Analyse- und Modellierungsvorgang wird bis zur Ebene n — N fortgesetzt. Anschließend werden, mit der untersten Ebene n — N beginnend, Feinmodelle der Teilsysteme entwickelt. Diese werden durch Aufbau eines Kopplungsnetzes (einer Struktur) zu einem Feinmodell der Ebene zusammengefaßt. Das Verhalten der TS und der Ebene wird an den Modellen mit Hilfe von Digitalrechnern simuliert. Die Simulation erfolgt für eine endliche Menge von Steuerstrategien. Sie dient der Ermittlung des Verhaltens der Systeme, günstiger Steuerstrategien und der Prüfung, ob die vorgegebenen Ziele mit den gegebenen Systemelementen und der gewählten Struktur erreichbar sind. Ist n = 0 erreicht, wird das Zusammenwirken der für die Teilaufgaben i = i,... , I aufgestellten Modellsysteme modelliert und geprüft, ob die Ziele von S erreichbar sind. Ist dies nicht der Fall, müssen die Zielstellungen, die Systemelemente und die Struktur verändert und der Zyklus erneut durchlaufen werden. Die Prüfung, ob die Ziele des Systems erfüllt werden können, geschieht nicht an einem einzigen „Supermodell", sondern erfolgt unter konsequenter Anwendung des Dekompositionsprinzips stufenweise. Zuerst wird geprüft, ob die Teilsysteme der untersten Hierarchieebene die ihnen vorgegebenen Aufgaben erfüllen können. Anschließend wird an dem durch Kopplung der TS entstandenen Modell der untersten Hierarchieebene geprüft, ob diese ihre Aufgaben erfüllen kann. Dabei erfolgt gleichzeitig eine Aggregation von Größen aus den Teilsystemen, die bewirkt, daß nicht mehr alle Einzelheiten aus den Teilsystemen im Modell der Hierarchieebene erfaßt werden. Dieses Verfahren wird für jede Aufgabe i bis zur Ebene 0 fortschreitend durchgeführt. In der Ebene 0 wird dann das Zusammenwirken der einzelnen Aufgaben i überprüft. Ergeben die Untersuchungen an den Modellen, daß die Ziele von S mit hinreichender Sicherheit erreicht werden können, erfolgt die Realisierung des Systems und/oder der Steuerstrategien und eine Erprobung am Original. Treten bei der Erprobung Unzulänglichkeiten auf, müssen Teile

i .3. Analyse

von

Fertigungssystemen

25

der Analyse und Modellierung überarbeitet und Änderungen am Original und an den Steuerstrategien vorgenommen werden. In den folgenden Kapiteln werden die bisher skizzierten Probleme und Lösungswege schrittweise präzisiert. Es werden für die Untersuchung von Fertigungsprozessen geeignete Modelltypen und ihre Eigenschaften beschrieben. Verfahren zur Modellierung und zur Simulation des Verhaltens von Fertigungssystemen und zur Ermittlung von Steuerstrategien werden angegeben.

3*

2.

Theoretische Grundlagen der Modellierung von Fertigungsprozessen und Fertigungssystemen

2.1.

Problemstellung

Im ersten Kapitel wurde gezeigt, daß Fertigungseinheiten, insbesondere der Kleinund Mittelserienfertigung, i. allg. sehr komplexe, dynamische, nicht zeitinvariante, stochastische, hierarchisch strukturierte Systeme sind. Sie bestehen aus Teilsystemen, Hierarchieebenen und einem Kopplungsnetz. Die Teilsysteme und Hierarchieebenen sind Systemelemente des hierarchischen Systems. Die Eigenschaften der Systemelemente werden in jedem Zeitpunkt th durch Vektoren beschrieben. Die Komponenten dieser Vektoren können klassifikatorische, komparative oder metrische Größen sein. Das Systemverhalten wird wesentlich durch menschliches Verhalten bestimmt. Wegen der Komplexität des Systems, der Rolle menschlichen Verhaltens und der Forderung, eigenverantwortliches menschliches Entscheiden und Handeln zu ermöglichen, können oft die Systemeigenschaften, das System verhalten, die Steuerungsziele und die Steuerungsanweisungen nur mit einer gewissen Unbestimmtheit, d. h. Unschärfe, beschrieben werden. In den Modellen sind die genannten Eigenschaften der Originale zu berücksichtigen. Um dieser Forderung gerecht werden zu können, müssen zur Modellierung unterschiedliche mathematische Disziplinen und in natürlichen oder künstlichen Sprachen formulierte Sätze herangezogen werden. Das beobachtete Verhalten eines Fertigungssystems läßt sich immer durch Folgen von Vektoren (s. Abb. 1.2-1) x = xfo), xfo)

x(y ,

y = yfe),y(*i),...,y(fo). w = wfo), w f o ) , . . . , w(t N ) oder mit ufo) = durch

(2.1-2) (2.1-3) (2.1-4)

mtk))

ü=ufo),ufo)

(2.1-1)

u(tN),

y = y('i).y(y. - , y ( V )

(2.1-5)

(2.1-6)

hinreichend genau beschreiben. (2.1-1) bis (2.1-6) stellen zu den Taktzeiten tk „Momentaufnahmen" des Systems dar. Häufig wird es sich als zweckmäßig erweisen, Vektorfolgen ü = ufo), ufo), ... ,u(tN), (2.1-7) ä = z f o ) , zfo)

zfo v ),

y = yfo),yfo), ...,y(t N )

zur Darstellung der Beobachtungen zu verwenden.

(2.1-8)

(2.1-9)

2.1.

Problemstellung

27

Die Vektoren x , y, w, u, z können jeweils endlich viele Merkmalswerte annehmen. Die Werte der Merkmalsvektoren sind Buchstaben abstrakter Alphabete. E s ist x(y

€ j r = {|i,s», . . . , f * } ,

y(tk)

=

(2.1-10) (2.1-11)

w ( y e W = {to 1 , (O2, ... , o i w ) ,

(2.1-12)

U(th) € n = {(Ä) ,

Vju e {1, ... , m} ,

(2.2.2-19)

2.2. Diskontinuierlich-diskrete Prozesse

39

betrachtet. Diese Gesamtheit ist eine Stichprobe aus einer Grundgesamtheit X(k) = X|(£), ... , Xn(k)

(2.2.2-20)

von Stichproben vom U m f a n g n. Die Grundgesamtheit X(k) heißt mathematische Stichprobe. X(k) ist eine Zufallsgröße. Die Elemente X{(k) von X(k) sind voneinander unabhängige, identisch entsprechend der Grundgesamtheit X verteilter Zufallsgrößen. Es gilt entsprechend (2.2-4) = r ) = . . . = P(X„(Ä) = r ) = ?{x(k) = r ) , v r e r (2.2.2-21) oder mit (2.2.2-13) =

= ... P(X„(Ä) =

= P(X(Ä) = §) .

(2.2.2-22)

Aus jeder Stichprobe x ^ ( k ) lassen sich Schätzungen W ) =•

Pt\k) von

P(X(ä) =

§*)

V|» i SC ,

fi €{!,...

,m}

(2.2.2-23)

erhalten. Die p ^ \ k ) können die Werte

P^H?, k) =pf\k)

= n\k)

e

2 | o , 1 , | , ... , 1 J , n

/x e {1, ... , m}

r e sc,

11 0.9 dB 01 1 as i as ¿(ß) ak 0 0 = n> für die Wahrscheinlichkeiten P(X(£) = §*) aus m Stichproben, /i e {1, ... , m} ist die Nummer der Stichprobe

annehmen. In der Gesamtheit xM(k), Vfi e {1, ... , m}, t r i t t p f H k ) , mit der relativen Häufigkeit h{p^{k)

= nj{k)) m

auf.

h{(k)

h\{k)

(2.2.2-25)

ist eine Schätzung

Pi(k) f ü r pi(k). p{(k),

=

m m

(2.2.2-26)

€ SC, V7t>{k) € -|o, ~ , ... , 1 j ist f ü r festes i die Wahrscheinlichkeits-

verteilung der Schätzwerte n'(k). Aus einer konkreten Stichprobe und der Verteilung 4 Voigt/Cramer

2. Theoretische Grundlagen der

40 i-

nr 20 n '10

4.

»(r-*J) m

!; Pi

20 2

Modellierung

*

*

lU

y ^ ^ 0 0,1 0.2 0,1 tk 0.5 Ofi 0? QS 0,9 1 Abb. 2.2.2-3 Verteilung der relativen Häufigkeiten der

) = ri>

p1i(k), i1 e SC läßt sich ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit (1 — a) die Größe pf(k) = p{§", k) in einem vorgegebenen Intervall A.minW ^ Pi(k) ^ Pi.mzJk) (2.2.2-27) liegt. Die Wahrscheinlichkeit 1 — a dafür, daß pl(k) in (2.2.2-27) fällt, ist die statistische Sicherheit der Schätzung (Konfidenzniveau). Das Intervall (2.2.2-27) ist das Konfidenzintervall. Zur Abschätzung des Konfidenzintervalls gibt es zwei Möglichkeiten. Der Verteilungstyp pt{k) = P(X(Ä) = §*), V ^ € SC ist bekannt. Die Parameter pi(k) sind unbekannt. Aus einer konkreten Stichprobe werden p{(k), V|4 € SC geschätzt. F ü r die Verteilungen mit pi, m i n (k) und pi im3 . x (k) wird die Wahrscheinlichkeit a dafür berechnet, daß p[(k) Werte vorkommen, die — in der Verteilung mit pi>m¡^ft) größer als pi(k) sind bzw. — in der Verteilung mit pi_m^{k) kleiner als p{ (k) sind. (1 — «) ist dann die statistische Sicherheit dafür, daß (2.2.2-27) gilt. Dieses Vorgehen führt für i Sg 2 zu erheblichen mathematischen Schwierigkeiten. Ein zweites der i. allg. verfügbaren Rechentechnik und Technikern gemäßes Verfahren besteht im folgenden. E s wird eine Verteilung p{ (k) = P(X(k) — f ) , V^ e SC aus einer Stichprobe vom Umfang n geschätzt. Mit einem Rechner werden m Folgen x'")(Ä) = xjf>(A) ... x(Ä) ,

it = 1, ... , m

(2.2.2-28)

erzeugt, die Realisierungen der Verteilung X(k) = X^k) ... Xn(k) mit

(2.2.2-29)

" = f ) = ... = P(*„(Ä) =£••) = P(X(£) = f ) = Pi(k)

(2.2.2-30)

sind. Aus d e n x M ( ^ ) werden pf\k) geschätzt. Liegen 100(1 — a ) % der pfik), e SC in einem vorgegebenen Bereich, dann kann dieser als Schätzung eines Konfidenzbereiches benutzt werden. Beispiel 2.2.2-2 a: Eine Grundgesamtheit X enthält Erzeugnisse I 1 = a und £2 = b. Es ist die unbekannte Wahrscheinlichkeit P(X = a) = p durch Entnahme einer Stichprobe vom Umfang n = 10 zu schätzen. Es soll angegeben werden, mit welcher statisti-

2.2.

Diskontinuierlich-diskrete

41

Prozesse

sehen Sicherheit 1 — a die Wahrscheinlichkeit p in einem Konfidenzintervall Pmin (k)

S

P(k)

^

Fmax

(k)

liegt. Die E n t n a h m e erfolgt so, d a ß jedes Element nach seiner E n t n a h m e und Registrierung in die Grundgesamtheit zurückgelegt wird (s. Anhang 1). Die Zufallsgröße H(k) : = zufällige Anzahl der Elemente a in der Stichprobe unterliegt der BinomialVerteilung. Es gilt p ( h = ¿) =

- py-* = j ^ — r P H i

-

.

E s wird eine Stichprobe mit H = i = 8 entnommen. Aus dieser Stichprobe wird mit (2.2.2-23) p{k) = 0,8 geschätzt. F ü r p(k) = p(k) = 0,8 wird P(H = 8) = 0,302 erhalten. Wird angenommen, daß die Stichprobe einer Grundgesamtheit mit p{k) = pmia{k) = 0,5 entstammt, d a n n ist die Wahrscheinlichkeit dafür, in irgend einer konkreten Stichprobe H(k) = i zu finden P(H

=

i)

=

( p ^ y

(1

-

.

Die Wahrscheinlichkeit dafür, ein H(k) ;> i zu finden, ist X

( f y (PutSnY

(1

-

P m i n )

n

-

j



F ü r pmin = 0,5, i = 8, n = 10 ergibt sich 10

/io\

E I . i-8

\ J

0,5 10 = 0,0546 .

/

Wird angenommen, daß die Stichprobe einer Grundgesamtheit m i t p(k) stammt, dann gilt mit p(k) — pm3.%{k) = 1 f ü r die Wahrscheinlichkeit, ein H

=

ent8 zu finden,

pmxz[k) ^

i

Die Wahrscheinlichkeit f ü r 0,5 ö

p(k)

S 1

ist 1 — 0,0546 > 1 — 0,06 = 1 - a . Mit einer statistischen Sicherheit von l — a = 0,94 k a n n auf Grund einer Stichprobe mit H = 8 angenommen werden, daß in der Grundgesamtheit 0,5 S p(k) 1 ist.

„?

«t* /Y«*y

0,1

>

?1 1I 1? ]i 1 11

1

-

? 11 f T i 1 T 0,2

0,k

0,6

) (

1 -


U

-G O

in

3

V ^ O W

.M

1 H

+

3 Ih o

> w

£

¿H CS

t IUI

' CD «

(f)

O. u -* I—t Ö 'S

s

+ Q.

* £

c rt -B

Hrt

. rß

1 faß r3

S . *

BD

m, J'r II t ««

CM

•o; — V + * 1 •J -S

bß Ih CD J5 P 4) T3

S : -

^

2.2. Diskontinuierlich-diskrete

Ö > o M

m I

&

*

+

—iL^ a. - I ao * J e Iii P -t-> i-i t« iL £ a. U w u* iu i>j -O ^ a S* o D>S 4-

&

ä"

!

60 " e n s g 2 3 '5cb Ä 'S c bo 1 3 II o e > o > O g " 3 +J g jj Ii .s * • ^ « T3 .SP « 60 bo X : > . N CT ö . r«. "C + tcr^ä « £ o je i • ö * o 81 8 fe; ¡3 SP s 4- >{(Ä) + 0,8/4(A)

(2b)

pi"(*, k + 1) = 0,95p{(k) + OA$p{{k) ,

(3 a)

h + 1) = 0,05p{(k) + 0,55pk{k) .

(3 b)

piW,

Wegen p{\(k, k + 1) + p{l(k, k + 1) = pß(k, k + 1) + p{i(k, k + 1) = 1 und p{(k) + + Pl(k) = 1 sind jeweils (2a) von (2b) und (3 a) von (3b) linear abhängig. Die Gleichungen (2b) und (3b) können gestrichen werden. Aus (2a) und (3 a) wird p'n(k, k + 1) = o,79p{(k) + 0,2

(4)

Pzi(k, k + 1) = 0,5p{(k) + 0,45 •

(5)

Für p[(k + 1) wird mit (2.3-2-l6a) und p\{k) = 0,8, pl{k) = 1 - p\(k) = 0,2 p{(k + 1) = 0,8(0,79p{{k) + 0,2) + 0,2(0,5p[(k) + 0,45) = 0,732p{{k) + 0,25 . (6) Für p{(\) = 1 sind in Tab. 2.3.2-3 ^'(A)-Werte angegeben. Für die Erwartungswerte fi(k) gilt wegen ? 2 = 0 = Zp\(h)? =p[{k) . J=i Die Kovarianzfunktion ist (Tab. 2.2.2-1)

(7)

m

E[{Z(k + 1) - E(Z(k + 1))) (Z(k) - E(Z(k)))] = Sz(k, k + 1) z z = E E (C - m ) (f - M* + 1)) PH*- * + 1) pfAk) j=1 i=i 2

= E

2

E (V - m )

(C - mV* + 1)) p'iiV-

k

+ 0 P'i (*) •

(8>

Dabei ist (s. (2.3.2-19)) Pfi,(*. k + 1) = E pfoik. k + 1) pt(k) . »=1 Mit pi(k) = 0,8, pl(k) = 0,2 ergibt sich aus (9) Pll{h, k + 1) = 0,982 , ! P2i(k, * + 1) = 0,25 ,

(9)

p{2(k, k + 1) = 0,018 , I Pks{k. k + 1) = 0,75 •

(10)

Wegen * p%(k, k) = P(Z(k) = V n Z(k) = C

iP (Z(k)=ii) = \ V [ 0

= P(Z(k) = V | Z(k) = T) P(Z(k) =

für für

i=j) . ^ .[ » =j=^J

= pij(k, k) Pi(k)

2.3- Prozesse mit Eingangs- und Ausgangsgrößen

63

Tab. 2.3.2-4 Kennfunktionen der Fertigungszelle k

1

2

3

4

00

p{k) = z(k) o*(k) = Sz(k, k) Sz(k, k + 1) Suz(k, k + 1 ) $uz(k,k + \) ff«ff

1 0

0,982 0,018

0,969 0,03

0,959 0,039

0,933 0,125

0,0132

0,0127

0,022

...

0,006

0,005

0,006

...

0,065 0,003

0,111

0,072

0,075

...

0,02

gilt Pii(k, k) = pL(k, k) = 1 , p{2(k, k) = p>21(k, k) = 0 . Aus (1), (7), (8), (10) und (11) werden die in Tab. 2 . 3 . 2 - 4 eingetragenen = Sz{k, k) und Sz{k, k + 1) erhalten. Für die Kreuzkovarianzfunktion gilt 2

S u z ( k , k + \) = E

(11) /i(k),a2(k)

2

S

»=1 ¡=1

(C -

ß(k + 1 ) ) (9* -

5 ( Ä ) ) #>4T(Ä. A + 1 ) I ? ( Ä ) .

(12)

Weiterhin ist ü(k) = tfp FF® =

(1 -

=

p\ =

0,8)

2

0,8 ,

• 0,8 = 0,16 .

Mit ( 1 2 ) und ( 1 3 ) werden die Suz{k, h + 1) und Suz(k, h + \)jaua in Tab. 2 . 3 . 2 - 4 erhalten. 2.3.3.

Simulation probabilistischer Prozesse mit Eingangs- und Ausgangsgrößen

Jeder probabilistische Prozeß m i t Eingangs- u n d Ausgangsgrößen läßt sich durch eine Gesamtheit von n Trajektorien (s. (2.3-3) ü„ = u,(1) ... ur(N)

,

y, = y,(i)...

,

VJ» e {1, ... ,

(2.3.3-1)

11}

modellieren. Aus dieser Gesamtheit lassen sich empirische K e n n f u n k t i o n e n (s. Tab. 2.2.2-1, Tab. 2.3.2-2) f ü r ü, y und z berechnen. Aus ihnen werden die K e n n f u n k tionen der Grundgesamtheit von Prozessen geschätzt. Die Trajektorien (2.3.3-1) werden mit Hilfe eines Rechners aus einem Prozeßmodell gewonnen. Wie das Beispiel 2.2.2-1 a zeigte, lassen sich in vielen Fällen die K e n n funktionen des Prozesses nicht oder n u r m i t extrem hohem A u f w a n d analytisch aus dem Prozeßmodell berechnen. Das wird bei der Behandlung von Bedienungsprozessen im nächsten Abschnitt besonders deutlich werden. Die Simulation des Prozesses auf einem Digitalrechner ist dann eine sehr wirkungsvolle Möglichkeit, wichtige Prozeßeigenschaften zu ermitteln. Die Simulation eines Prozesses kann grundsätzlich jeweils n u r f ü r ein konkretes Problem erfolgen. Die zur Simulation verwendete Methode ist f ü r probabilistische

64

2. Theoretische Grundlagen der Modellierung

Prozesse allgemein anwendbar. An einem Beispiel (s. Beispiel (2-3.2-2)) wird das bei der Simulation eines probabilistischen Prozesses verwendete Prinzip erläutert. Der zu simulierende Prozeß wird mit x = 0 durch (s. S. 58) P(Z(k + 1) = $ | Z(k) = Q, U(k) = V*) = ph,

(2.3.3-2a)

Z(k) = Y(k) ,

(2.3.3-2b)

vg',

€ i£, k = 1 , . . . , N - 1 ,

€ jr,

(2.3.3-2c)

beschrieben. (2-3-3-2a) bringt zum Ausdruck, daß, wenn in einer von einem Rechner erzeugten Trajektorie zv(k) = gegeben ist, von ihm eine Eingangsgröße = 0, 7 € {/ — \ , l , l -[- 1}

p\(k + 1) = Xp{_i(k) + (1 — X — I ß ) p l ( k ) + ( / + ! ) fipf,+i(k) p{(k + 1) = X p ' ^ k ) + (1 - A - S f i ) p{(k) + s ß p { + 1 ( k ) ,

,

K s , (16b) s. (16c)

2. Theoretische Grundlagen der Modellierung

74

Aus dem System (16) lassen sich die p{(k + 1) bei bekannten p[( 1) für alle k > 1 und alle / ^ 0 rekursiv berechnen. Für den stationären Betrieb p{(k + 1) = p[(k) = p[ wird (16) gelöst durch (l ^ i ^ s) , f

Pi =

(17) s-Po

s ts'~

(s «) = pzm

V£'yeV„.y,

(2.4.1-1 a)

,

(2.4.1-1 b)

,

(2.4.1-1 c)

c^eW...«.

(2.4.1-1 d)

ist die Menge möglicher Steuerungsmaßnahmen, die aus den Zuständen der Folgesysteme abgeleitet sind. "Solche Zustände sind z. B . „aufnahmebereit", ,,be-

2.4- Kopplung von Systemen

77

setzt", „Warteschlangenlänge beträgt A-Einheiten". Aus (2.4.1-1 b) und (2.4.1-1 c) folgen =

=

Z

E

P(F«.„ = » i l w...« = O»4) W . . . « = « * ) .

v«,« ..., Vviey...« P(X.„ =

=

E

E

(2.4.1-2a)

pyi?,P(Y...* = vi\W...x = o>i)P(W...x =

Vviey...«

oi). (2.4.1-2b)

Beispiel 2.4.1-1: Eine Verzweigung ist charakterisiert durch y...a{k) 6 {vi, e {& fß. vi= vi 0} vi , = 0} , e {{J. & «J = 0} , W...« € { « 1 , *>*}

Abb. 2.4.1-3 Beziehungen zwischen Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen einer Verzweigung in Abhängigkeit von Steueranweisungen und die in Abb. 2.4.1-3 dargestellten Beziehungen. In Abb. 2.4.1-3 bedeutet z. B. der Pfeil von nach daß falls die Steueranweisung W„_x(k) = to l gegeben wird, F.. a (A) = «* in -X...0 = || = « j übergeht. Gleichzeitig wirdX... y = g® = 0. Aus Abb. 2.4.1-2 ist leicht zu erkennen, daß gilt p

{(P%?)) =

und

((PuD)

wf

p

wf

p

w

f

PZf Plf

PZf pflt

Piif psf

PZf

pit

PZf

0 0 0 0 = 0 1 0 0

1 0 0 0 1 0 0 0

0 1 0 0 0 0 0 0

0 1' 0 1 1 0 0 1 0 1 0 0 1 0 0 1

0' 0 1 1 0 1 1 1

(1)

(2)

Ist F..«(A) unabhängig von W...«(Ä) gilt, P(F... a = v>x | W „ = «2) = |

(4)

und (2.4.1-2) wird

P(r...« = «1) \ P(F...« = vi)

(P(X...ß = vl)\

P(x...ß = vi) j = 1 ;

;

-

;;

,

Div Ü\\ / T P( a = Wa) P(*..., = «-)\ / p(F a = v 3 P(X... y == wj) vi) I = I . v 1 1

|

. P(F...« = »1) ++ | P(V...« P ( r . . .=a -vi)«*)

(5)

1



(6)

Das Beispiel soll die allgemein anwendbare Methode demonstrieren. Im vorliegenden einfachen Fall kann das Ergebnis (5) und (6) auf direktem Weg erhalten werden.

Die Vereinigung zweier Teilströme wird beschrieben durch P(X.„. = £ = vi) = P(y =

?{Y...ß

=

= vj, n (F...y = 0 | Y_..ß = vj,)) (2.4.1-3a)

vjß) ,

P(*...« = Ii = v>) = P(F...y = w> n ( F . , = 0 | F.. y = „>)) = Pir...^ = vi) , + 0, '

(2.4.1-3b)

P(.X...« = 0) = P(F..„ = 0 n F...y = 0) ,

(2.4.1-3 c)

Vv'ß e y„.ß,

\/v'Y e y

,

Vi'ie

=

u|/..,.

(2.4.1-3d)

Beispiel 2 . 4 . 1 - 2 : y.../3 : vßvß0vß

ooujjo,

y...y : 0 0 t)y 0 VyO

0

X...«

ß

0

,

.• VßV 2 ßVyV 2 1ßVy4 3_ 3„ 0v 0 .

Aus den Kopplungsbeziehungen und den Modellen der Bedienungsanlagen wird das Modell der Struktureinheit zusammengesetzt. Die Größen Y ^ k ) sind Ausgangsgrößen und die Größen X_ß(k) sind Eingangsgrößen der Struktureinheiten S u n d S ß . Die zu den Prozessen Y _ x gehörenden Kennfunktionen können bei bekannten Eingangsgrößen, z. B. mit Hilfe der Simulation des Verhaltens von S . „ auf einem Rechner geschätzt werden. Soll z. B. das Verhalten von S u in Abb. 2.4.1-1 berechnet werden, muß Xn bekannt sein. Durch Simulation kann dann die Ausgangsgröße Y211 von S 211 ermittelt werden. Daraus läßt sich bei festgelegten Funktionen der Verzweigungs- und Vereinigungselemente F212 berechnen. Mit Xn, F m und Y212 wird XZ13 ermittelt und anschließend durch Simulation F213 erhalten. Mit r m , F2]2 und F2l3 wird F u , d. h. die Ausgangsgröße von S u , bestimmt. Im stationären Betrieb werden die Y_x(k) und X_ß(k) von k unabhängig.

2-4- Kopplung von Systemen

79

Das Systemverhalten kann auch mit Hilfe eines einheitlichen Simulationsprogrammes ermittelt werden, das die Simulation des Verhaltens der Teilsysteme und der Funktion der Kopplungselemente umfaßt. Im Anhang 3 wird die Simulation des Verhaltens einer Fertigungseinheit dargestellt. In parallel arbeitenden Bedienungsanlagen werden Teilerzeugnisse für unterschiedliche Finalerzeugnisse gefertigt, die in einer folgenden Bedienungsanlage montiert werden. Die in (2.4.1-2) und (2.4.1-3) vorkommenden Wahrscheinlichkeiten P ( F Jk) = vi), P{X.,.ß(k) = P(X..„(Ä) = P(X...x(k) = P(Y... ß (k) = vi) und P(F.'.'„(£) = v7y) sind die Wahrscheinlichkeiten (die Erwartungswerte) dafür, daß in der Periode kT0 ^ t < (k + 1) T0 ein Element bzw. Ijj usw. das Kopplungselement durchläuft. Sind alle diese Wahrscheinlichkeiten bekannt, dann ist das Verhalten des Systems durch ein nicht zufälliges Modell beschrieben, das die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten der § und u für jedes k enthält. Wird T0 so festgelegt, daß in kT0 t < (k + 1) T0 nicht nur ein Element, sondern n Elemente das Kopplungselement durchlaufen, dann ist n P ( F .„(A) = vi) = niyx(k) , = nlXß(k) , ... .

nP(X,„ß(k) = w

(2.4.1-4)

n

y,*(^)> x ß (k) usw. sind die Erwartungswerte der Stückzahlen gleicher Elemente vi, iß usw., die in kT0 iS t < (k + 1) T 0 das Kopplungselement durchlaufen. Beispiel 2 . 4 . 1 - 3 : Das Verhalten von S Abb. 2.4.1-4 ist zu modellieren. E s werden 3 Teilearten I 1 , g2, | 3 in S eingesteuert. Es gilt

/»*:i(*)\

/«yi(*)\

h

0 0\

n

= ( xi(k) ) . Wxi(k)/

n yi (Ä) = I n*Y1(k) ), nX2(k) = ( Q A \n3Y1(k)/ \ 3 fny 2 nxa(k) = (| "- T3 - ") nY{k) = | nY2 + « n ) nY1{k) , \0 0 1 / \tty3

0

) /

'

(1)

nY1(k + 1) = f ^ n ^ k ) , n x l (h)) ,

(2)

n y 2 (Ä + 1) = f 2 (n y 2 (Ä), n X 2 (k)) ,

(3)

ny 3 (Ä + 1) = f,(n y 8 (Ä), n X 3 (k)) •

(4)

Die Beziehungen zwischen iixi(£), nX2(k), nX3(k) und n y i ( £ ) , nY2(k) und n y 3 (A) sollen durch die in Abb. 2.4.1-5 dargestellten Sprungantworten charakterisiert sein. Werden die g l , £2, | 3 mit den Stückzahlen n\i(k), nXi(k), nxi(k) wie in Abb. 2.4.1-6a eingesteuert, dann wer-

den für nY1, n\i, nY1, n\2(k), nY2(k) und nY3(k), nY3(k) die in Abb. 2.4.1-6 gezeigten Ver-

läufe (die Linien sind bedeutungslos) erhalten. E s wird durch (1), (2) und (3) festgelegt, daß I 1 nur in S 2 und £3 nur in S 3 weiterbearbeitet wird. Von £ 2 sollen entsprechend einer vorgegebenen Steuerstrategie -§- in S 2 und in S 3 bearbeitet werden.

Die in (1) des Beispieles 2.4.1-3 auftretenden Matrizen ((ci;)) heißen matrizen. Sie beschreiben die Kopplungen =

((>=i

(3-2.1-lOb)

u2v(k)

= L K - 2mm, + u) = Z u% - nu' , V=1 V —1

n

(3.2.1-11 a)

n

E K - «) (yt -y°)

= £

-

(3.2.1-11 b)

und K„ = — ! — i n —1

(u, - S)«

(3.2.1-llc)

wird daraus

bJk) = yy°(£) —— «(Ä) oK y ' > (n - 1) Ku(k) K '

v

(3.2.1-12 a) )

und = "-TT—THTTm ' (n — 1) K„(Ä)

(3-2.1-12b)

Unter Beachtung von Tab. A 1.2 (Anhang 1) geht (3.2.1-12) über in b0(k) = y°(k) -

u(k) ,

(3.2.1-13 a) (3-2.1-13 "b)

Da die betrachteten n Prozesse eine Stichprobe aus einer Grundgesamtheit darstellen, sind b0(k) und b^k) Realisierungen von Zufallsgrößen B0(k) und B^k). Ist aus theoretischen Überlegungen oder aus Erfahrung bekannt, daß für das Original gilt y°t(k) = b0(k) + \{k) uv{k) + sf(k) ,

(3-2.1-14)

dann wird aus (3.2.1-9) £{{b0(k)

-b0(k))

+ (b^k) - b^k)) ur(k) + sv(k)} = 0 ,

(3-2.1-15a)

r=l

i { Hk) V=1

- b0(k)) + (b^k) - b^k)) uv(k) + sp(k) u,(k)} = 0

(3.2.1-15b)

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3. Modellbildung und

Parameterschätzung

und daraus E (uv{k) - ü(k)) (s,(A) b0(k) - b0(k) = '-=1 s

s(k)) u(k) - S(k)

E («, -

«)*

- m ) -

(s,(Ä) - 5(*))

(3.2.1-l6a)

und z b^k) - b,(k) = ^

k w

(3.2.1-16b)

E («. -

uf

V=1 Ab„(k) = b0{k) — b0(k) und A&,(£) = b^k) — bx(k) sind Realisierungen von AB0(k) = B0(k) - b0(k) ,

(3.2.1-I7a)

AB^k) = B^k)

(3.2.1-17b)

- bt{k) .

(3-2.1-16b) kann (s. Anhang 1) umgeformt werden in 71

E

_

2 *